|| [ID00001]
|| [ID00002]
|| [ID00003]
|| [ID00004]
|| [ID00005]
D. VALENTINI Natu̅r- u̅nd Materialien- Kammer /
Auch Ost-Indianische Send- Schreiden Und RAPPORTEN.
|| [ID00006]
|| [ID00007]
VALENTINI NATUR- ünd MATERIALIEN Kammer Xüch Ost-Indianische Hend-Schreiben ünd RAPPORTEN
|| [ID00008]
|| [ID00009]
MUSEUM MUSEORUM, Oder Vollständige Schaü-Bühne Aller Waterialien
und Specereijen Nebst deren Natürlichen Beschreibung / Election, Nutzen und Gebrauch
/ Aus andern MATERIAL-Kunst- und NATURALIEN-Kammern / Oost- und West-Indischen Reiß-
Beschreibungen / Curiosen Heit- und Lag-Registern / Natur und Artzney-Ründigern / wie auch
selbst-eigenen Erfahrung / Zum Vorschub Der Studirenden Jugend / Materialisten /
Apothecker und deren Visitatoren / Wie auch anderer Künstler / als Jubelirer / Mahler
/ Färber / u. s. w. also verfasset / und Mit etlich hundert sauberen Kupfferstücken
Unter Augen geleget
Von
D. MICHAEL BERNHARD VALENTINI,
Jhro Hoch-Fürstl. Durchl. der verwittibten Frau Landgräffin zu Hessen-
Darmstadt / Leib- und Hof-Medico, der Artzney und Natürl. Wissenschafften Prof. Ord. zu
Giessen / auch verschiedener Curiosen Academien in Teutschland und Italien Collegâ.
Franckfurt am Mäyn /
In Verlegung Johann David Zunners.
Im Jahr 1704.
|| [ID00010]
|| [ID00011]
Der Durchläuchtigsten Fürstin und Frau / Frau̅ Elisabethen Dorotheen /
Landgräffin zu Hessen / Fürstin zu Versfeld / gebohrnen Hertzogin zu Sachsen / Jülich / Elev
und Vergen / sc. Bräffin zu Eatzen. elnbogen / Dietz / Tigenhain / Ridda / Schaumburg /
Osenburg und Büdingen sc. Wittwen / Meiner Gnädigsten Fürstin und Frau.
|| [ID00012]
Durchläuchtigste Fürstin / Vnädigste Fürstin und Frau.
ES sind allbereit 16. Jahr / dasz Lur Hochfürstl. Durchl. bey dero sehr glücklichen Regierung
und Hochfürstl. Vormundschafft / auff hiesiger Löbl. Universität / mir Professionem Physicae
Ordinariam gnädigst zu deferiren und vor Andern zu gönnen geruheren.
Ob nun Durchläuchtigste Fürstin und Frau / in wärender Zeit solcher Bedienung von mir also
seye vorgestanden worden / dasz wolgemeldter Universität einiger Ruhm und Aufnahme dadurch
angewachsen seye / auch die Studirende Jugend den verhofften Nutzen darvon gespüret habe? darob
lasse alle unpassionirte Gemüther billich judiciren.
|| [ID00013]
Zum wenigsten bin in meinem Gewissen versi chert / hoffe auch von jedem unpartheyischen
Patrioten das unverfälschte Zeugnusz zu bekommen / dasz binnen solcher Zeit mein Leben nicht
mir faullentzen zugebracht / sondern auch mit Hindansetzung der Gesundheits-Pflege und meiner
ohne das schwachen Leibes-Disposition, sowohl in mündlicher Unterrichtung der studirenden
Jugend / als auch offentlichen Schrifften alles das jenige contribuiret habe / wodurch ein
Löbl. Academie in ihrem Flor erhalten / und die mir anvertraute Professiones ferner möchten
erbauer werden; Und ob ich zwar anfänglich von einigen miszgünstigen Hertzen auch meiner Lehr
wegen viele Verfolgung habe erduldten müssen: so ist mir doch immer ein groses Soulagement
gewesen / daszunsere Hoch-Fürstliche Herzschafftein gnädigstes Vergnügen an meiner wenigen
Arbeit gehabt / auch deszwegen mir immer grösere Gnade erzeiget haben / indem nicht allein Lur
Hoch-Fürstl. Durchl. Herz Sohn / Der Durchlauchtigste Fürst und Herz / Herz ERNST LUDWIG /
Landgraf zu Hessen / Fürst zu Hersfeld / Graf zu Latzenelnbogen / Dietz / Ziegenhain / Nidda /
Schaumburg / Ysenburg / [ID00014] und Büdingen sc. Mein auch Gnädigster Land- und
Lehen-Herr mir nachmahlen zugleich die Professionem Medicinae Ordinariam gnädigstzu-zulegen /
sondern auch Lur Hoch-Fürstl. Durchläuchtigkeit selbsten ohnlängsten Dero Geheiligte Hohe
Person und sämbtl. Hoch Fürstl. Hofe mir anzuvertrauen und zu Dero Leib- und Hof-Medico mich
anzunehmen gnädigst geruhen wollen.
Weilen dann nechst Gott Lur Hoch Fürstl. Durchl. mein und der meinigen Fortun eintzig und
allein zuzuschreiben und in aller Unterthänigkeit zu dancken habe; so hab von der Zeit an immer
fügliche Gelegenheit gesucht / wie die jenige Devotion / womit Lur Hoch-Fürstl. Durchl.
demüthigst verbunden bin / auch in offentlichen Schrifften an Tag legen könte: Welches dann bey
Ausführung gegenwärtiger Natur- und Material-Kammer in Obacht nehmen und Lur Hoch-Fürstl.
Durchl. selbige zugleich in tieffer Reverenz unterthänigst consecriren wollen.
Wann dann aus verschiedenen Gnädigsten Discursen zur Genüge verstanden / dasz Lur
Hoch-Fürstl. Durchl. so wohl von der [ID00015] gleichen Schätzen der Natur / als auch
gewissen / auserlesenen und durch die Erfahrung offt bewährten Artzney-Mitteln ein besonders
hohes Vergnügen nehmen; so habe eine desto grösere Confidence und beständigern Muth gefasser
vor Lur Hoch-Fürstl. Durchl. mit dieser meiner Arbeit unterthänigst zu erscheinen und solche in
tieffer Devotion zu offeriren / der gewissen Zuversicht lebend / Lur Hoch-Fürstl. Durchl.
werden nicht sowohl auff die Würdigkeit der Sachen / als das sich darunter versteckende
danckbahre Gemüth gnädigst reflectiren: ohne welches mir nichts weitersübrig ist / als dasz
Gott den Geber alles guten inbrünstig bitte / Er wolle Lur Hoch-Fürstl. Durchl. sambt
demgantzen Hoch-Fürstlichen Hause / bey unverruckter und beständiger Gesundheit / auch allem
Hoch-Fürstlichen Wolwesen ferner gnädiglich erhalten und ob Dero Landen / bey diesen so
gefährlichen und sehr weit aussehenden Kriegs-Troublen / mit seinem Vätterlichen Gnaden-Schutz
immer walren: Deszen Allmacht und Seegen Lur Hoch-Fürstliche Durchläuchtigkeit treulichst in
Dero beharzliche Gnade und Huld aber mich demüthigst empfehlend / verbleibe lebenslang Lur
Hoch-Fürstl. Durchläuchtigkeit
Unterthänigster Knecht D. Michaël Bernhard Valentini.
|| [ID00016]
Auffmunderende Blückwünsche nachbenahmter Gönner und Freunden. INSERVIENDO ALIIS
CONSUMIMUR!
SO geht es in der Welt / so geht es mit den Schrifften
Die zum gemeinen Nutz mann suchet offt zu stifften /
Ein Fiebergen gar bald die Feder legen kann
Eh mann sichs nicht versiht / ligt Schrifft mit sambt dem Mann.
Viel nehmen sich zwar vor sehr groß- und schwere Sachen
Allein der höchste GOtt pflegtes dann wohl zu machen /
Daß mann recht sehen kann / es gehe so und so
Und nicht nach Menschen-Sinn / nicht nach unserm Propo.
Das hat Er auch Mein Freund! ohnlängsten müssen spüren /
Da Er das grosse Werck der Schau-Bühn thäte zieren /
Mit allerhand Gemähld und schönen Kupfferstück /
Ich mein es gienge bald den Krebßgang und zurück.
Morbona störte es und hätte bald verdorben /
Was sein geübter Sinn erfahren und erworben /
Wann nicht Achates noch / der Euch zur Seiten stund /
Als ein erfahrner Artzt gefunden hätt den Grund /
Den Grund der Maladie, den Grund der Artzeneyen
Und was zu guter Cur sonst kon???te wohl gedeyen:
Der höchste gabe Glück und segnete die Kunst /
Er gabe neue Krafft auß Vätterlicher Gunst.
Wie frölich waren da der Weisen Musen Söhne /
Auff der Academi zu Giesen an der Löhne /
So kurtz zuvor der Ruff von Eurem Todt erschreckt /
Nachdem die Warheit bald ein anders hat entdeckt /
Wie frölich stelten sich der jenigen Gemüther /
So forschen die Natur und alle fremdte Güter
Der Curiosen Welt: Es kam ein neuer Blick
Der Hoffnung / als sich nun sich bessert das Geschick /
Das ungeschickt Geschick / das so viel Händel machte /
Daß Euch vor grosser Hitz das Leben bald verschmachte;
Doch gnug! es ist vorbey / die Kranckheit ist geschwächt /
So zuvor schwächen wolt den Stamm von dem Geschlecht
Der Theuren Valentin; drumb kan Er sich von neuen
Uber dem schönen Werck der Schau-Bühne erfreuen.
Doch schwächt Euch nicht zu sehr / schont doch des Leibes Krafft
Damit sich nicht verzehr der warme Lebens-Safft.
Du aber Grosser GOtt / du Brunquell guter Gaben /
Erhalt doch diesen Mann / und laß Ihn stets erlaben
Mit neuer Stärck und Krafft: Auch sagen mannigfalt
Die Arbeit seiner Hand / daß man sie sehe bald
Aus kommen an das Licht: Laß doch zu deinen Ehren /
Und zu des Nechsten Nutz abzielen alle Lehren /
So da gelehret sind / in diesem gantzen Werck /
Dem Lehrer aber gib deins Geistes Krafft und Stärck. Hiemit wolte seinem vielgeliebten Herrn Collegen zu wieder erlangten Gesundheit und der vorhabenden Natur- und Material-Kammern wohlmeynend gratuliren. D. ERNEST FRIDEMAN SCHELHASS, Des Sochpreislichen Kayserl. Cammer Gerichts zu Wesflar Archiater Juratus und der Leopoldinischen So cietät der Naturkündiger Collega.
|| [ID00017]
Inclytum Polyhistorem DN. D. MICHAELEM BERNHARDUM VALENTINI, ad maturandam
Musei Museorum editionem hortatur JOHANNES CONRADUS BECKER Phil. & Med. D.
Phys. Alsfeld.
Quae ingenii tui alacritas est, non veterum solum nostrique temporis Doctorum monumenta
excutis, sed tuis etiam scriptis medicinam adauges, antiqua novaque illa quidem rariffima, à
multisque ne unquam lecta aut visa, in publicum promis, ut parum vel nihil ignorare videaris.
Quid enim est, quod naturae bonitate consequi nequeas? Facis, quod solent curiosi, curaque
nocturna aeque ac diurna rerum omnium arcana detegis, animique impetus eo convertis omnes, ut
ne medicina stet inculta, sed tuo inprimis studio proficiat & ad perfectionem
deducatur. Ad artis nostrae tuamque pertinere existimationem putas, si quoad ejus fieri potest,
excellenti ingenii magnitudine caveas, necum Helmontio non profecisse medicinam quis
conqueratur. Quamobrem vel publico nomine Deo gratias ago devotissimas, quod vitam tibi
prorogaverit, teque ad amplificandum medicinae decus servarit superstitem. Musae, cum haut ita
pridem graviter aegrotares, tristes stare, atque ex periculo tuo discrimen adire videbantur.
Fugato nunc morbo prae gaudii magnitudine exsiliunt, tantoque decoris sui assertore superbiunt.
Gratulantur Dillenio, cujus opera secundum Deum levatus febri maligna es; Tibi, quod divino
judicio longiori dignus vita videris; Sibi quod ex salute tua non spernendam gloriam eximiumque
se consecuturas decus sperant. Scire videntur, quam naturae dona divinitus tibi concessa, ad
unius honorem Dei communemque utilitatem conferre soleas, ac posteritatem literarum erudire
monumentis possis. Quem enim vel industria vel eruditione tecum comparabimus, quem scimus omni
liberali doctrina politissimum? Quis Museum Museorum res quasque memorabiles non uno dicam
volumine comprehendere, sed colligere ausurus fuisset, si te vis eripuisset morbi? Perfice
igitur & absolve quod coepisti opus, quodve maturius emissurum te nobis
recepisti. Magni quidem & otii & ingenii res est, quam moliris;
illo certe non abundas, hoc veroad omnia summa te armari, armatumque evolare scimus altius. Ad
ingenii vero laudem doctrinae industriaeque gloriam adjicis: res rarissimas vastis dispersas
voluminibus, nisi indefesso studio non notandas, strictim colligis, atque exiguam velut florum
omnium constituis manipulum, &, ut memoriae consulas, Museum Museorum conficis.
Idoneum sane scriptum est, quod nomen tuum titulumque ab oblivione asserat, teque vivum faciat
celebrari. Quamobrem quae animi tui ingenuitas est, non patieris, ut quae tuo unius labore erui
possunt, perpetuo immersa tenebris sint, eaque supprimantur opera, quorum desiderium
tenetuniversos. Tevero Vir Excellentissime hortor regoque, ut officiorum tuorum amorisque
nostri conscientia ad explendum scriptorum tuorum desiderium adduci te patiaris, credasque,
sitim philiatris te melius restinguere neminem. Eocelerius autem ad umbilicum opus perduces,
quo saepius aliquot adhuc morborum generibus vitae expertus fragilitatem es, ne morte
praeventus, mutam posteris informationem puteris invidisse. Ego Deum rogo, ut te nobis quam
diutissime superstitem praestet, faciatque, ne laus tua unquam intermoriatur. Vale.
Alsfeldiaeipsis Idibus Januar. Anno MDCCIII.
|| [ID00018]
An den Auctorem Dieser vollständigen Schau-Bühne:
Belehrter Valentin! Du Beyspiel kluger Sinnen
Wie bricht dein Ehren-Licht mit hellem Glantz hervor!
Wann dein geübter Geist durch löbliches Beginnen /
Durch Kunst und Wissenschafft sich schwingt noch mehr empor.
Dein Ruhm hat sich bereits der Welt genung gezeiget /
Nun sieht man daß er gar die Sternen übersteiget.
Du stellst uns wiederum ein herrlich Muster für:
Dein unermüdter Fleiß und feurige Begierde
Gibt deiner Trefflichkeit ein wahres Zeugnüß heit
Und zeigt sich überall in recht vollkomner Zierde.
Umsonst legt man dir nicht schon längst das Urtheil bey
Daß nichts dann treffliches an dir zu finden sey.
Es ist nicht eine nur von den gelehrten Scharen /
Die deinem klugen Kiel sich höchst verbunden acht /
Fast alle haben schon und werdens noch erfahren /
Was dein erweckter Geist zu ihrem Nutz erdacht.
Artzney-Kunst / Metßheits-Lehr / natürliche Geschichte
Und Rechtsgelahrtheit spieln durch dich mit hellerm Lichte.
Die Lugend die dich treibt leid keine Säumnüß nicht /
Du samlest ohne Ruh die Warheits-Frucht wie Bienen /
Was unergründlich schien bringst du ans helle Licht /
Arbeit muß dir zur Lust / Müh zur Ergetzung dienen /
Gleichwie ein Zimmet Baum so ist dein muntrer Geist
Der gleich nach jedem Schnitt die frische Rinde weist.
Ihr die Ihr der Natur Geheimnüß zu ergründen
Durch Meer und Wellen dringt biß in die andre Welt /
Ihr könt nun ohn Gefahr und ohn Beschwernuß finden
Was Ost / Süd / Nord / und West kostbares in sich hält:
Die Früchte Indiens in den beblümten Auen
Läst Doctor Valentin auff dieser Bühne schauen.
|| [ID00019]
Aegypten / Asien / das reiche Morgenland /
Eröffnen willig hier die Vielheit ihrer Schätzen.
Dort sieht man Wunder-Thier am Nil und Niger-Strand;
Da kan Guineens Schmuck und Zeilans Frucht ergetzen /
Bengala haucht uns an mit Bisem und Zibeth /
Molucca zeiget was auff seinen Jnsuln steht.
Malacca bringt herbey die besten Specereyen /
Und wann uns China setzt sein Thee und Coffe für /
Kan Banda mit Muscat- und Cocos-Nüß erfreuen.
Auch lässet Ormus sehn der schönsten Perlen-Zier
Sampt Steinen edler Art / die klar’sten Diamante
Und was man seltnes sind an diesen reichen Kante
Ja was die Neue Welt in ihrem Umkreiß hegt
Und Peru fliessen läst in seinen Balsam-Wäldern:
Was gar die wilde See in ihrem Schose trägt:
Was in Europa wächst auff Wiesen Berg und Feldern /
Was Welschland / Spanien / Deutschland und Norden hat /
Das alles zeiget uns hier diß gelehrte Blat.
Es sollen nun nicht mehr wie vor im Dunckeln stecken /
Die Gaben der Natur; woher ihr Ursprung sey /
Will dieser werthe Mann uns auß dem Grund endecken /
Der Perlen gantz Geschlecht legt Ihm das Zeugnüß bey /
Dann dieses Muschel-Thau's nie recht erkandtes Wesen
Gibt Er nicht ohne Grund in diesem Buch zu lesen.
Nun prange Niederland! erhebe dich forthin!
Verberge Kammern voll von vielen Seltenheiten:
Seh’ her wie Hessens Ruhm Herr Doctor Valentin
Sie kan zu unserm Nutz und seinem Lob außbreiten.
Du aber Deutsches Reich indem du solches list
Vergiß nicht daß du Ihm darfür verbunden bist.
|| [ID00020]
Erkenne deinen Schatz der dir in Ihm verliehen
Und ruff den Höchsten stets vor seine Wohlfart an /
Daß / was man Unglück nent / mög ferne von Ihm fliehen /
Wo aber diß dennoch Ihm was versetzen kan:
So müsse doch sein Hauß dem Myrrhen Baume gleichen /
Dem Wunde Schnitt und Sturm zu neuem Safft gereichen.
Höchst wohl-verdienter Mann der Himmel segne dich /
Und schütte über dir die Schaalen seiner Güte
Mit viel Vergnügen auß / daß mein Gemüthe sich
Erfreu ob deinem Wohl / und höchst-vollkommnem Blüthe /
Wann dir nun dein Verdienst die halbe Welt verbindt
Und deinen Glückes-Bau auff Ertz und Marmel gründt. JOHANN MELCHIOR Verdriess. Med. Licent.
|| [ID00021]
Ergönnet mirmein Herr und Lehrer meiner Jugend /
Daß ich mit wenigem / was man von seiner Tugend
An frembden Orten spricht / erwehne: was die Welt
Von seinem stetem fleiß und vielen Schrifften halt.
Man redet von dem Buch / darin Er derer Schatzen
Natur und Nutzen zeigt wormit sich die ergetzen/
So GOtt in der Natur verehren mit der That /
Anch samblen was darzu noch viele Kräfften hat.
So laßet dann einmahl die Preße fertig machen
Das rare Cabinet: die Schaubühn solcher Sachen/
Die bald Verwunderung erwecken / bald darbey
Ein Irthumb laßen stehn / was jedes davon sey?
Den allen abzuthun ist allen nicht gegeben/
Es will ein Mann darzu / der in dem gantzen Leben
Nichts anders hat gesucht / nichts anders hat Studirt,
Als was GOtt und Natur in diese Welt geführt.
Das ist nun des Herrn Thun von Jugend auff gewesen/
Nachdem Sie kaum allhier des Lebens sind genesen/
Als man im vorigen Jahr hundert hat gezehlt/
Funfftzig und sieben Jahr und sie der Kirch vermählt.
Man konte alsobald in dero Kinder Jahren
Vorher mit Augen sehn / was man biszher erfahren
Dann was ein Häcklein gibt / das krümmet sich bey zeit/
Die Jugend zeigetschon das Glück und Art der Leut.
Kaum waren sie mit fleiß die Schulen durch gegangen /
Als mit Verwunderung sie sich bald unterfangen
Zu schreiben eine Schrifft / ein Streitschrifft / wie man sagt
Da mann auff offenem Catheder sich gewagt /
Da legten sie den Grund der Welt Weisheit und Tugend /
Wormit man dazumahl zubrachte seine Jugend /
Datz die Philosophie dem Lauff der Artzeney/
Ein festes Fundament und Grundsch blib und sey.
Zwar pflegen heu??? zu Tag die memste diese Sachen/
Aus einem Aberwitz und falschem Wahn verlachen/
Man gebe aber acht / wie bald in k???rtzer Zeit/
Es mang- und fehlen wird an rechtsgelahrten Leut/
Vorhin wars nicht also lich halt es mit den Alten/
Mit welchen Er mein Herr / es damahln hat gehalten/
RUDKAUF der klug Kopff / der schärffte die Vernunfft/
STRAUß, WEIß und PHASIAN warn auch in dieser Zunfft.
KAHLERUS lehrte sie Mathesin und die Schlüße
So unbeweglich stehn / auch die so klage Flüße /
Wormit CARTESIUS erfrischt der Weisen Land /
Da hat Er nicht umsonst Schwetz und Fleiß angewand.
Zwar wolte man darumb Ihm alles Glück versagen
Und den Carthesian gar aus dem Lande jagen:
Sie aber stunden fest / Wahrheiterhilt den Platz /
Sie hielt und muste wohlerhalten ihren Satz.
Doch kont das Wort gezänck Ihn weiter nicht erhalten/
Er schwunge sich empor / was höhers zuverwalten/
Die kunst der Artzeney und was darzu gehört
Hat sie HEILANDUS, TACK und ETTMÜLLER gelebrt.
|| [ID00022]
Bald gab man Ihm Licentz mit Ruhm zu Doctorirn /
Wodurch Er Lufft bekam die Kunst recht zu vollführn /
Zu bringen an den Mann / der Hülff und Raht bedarf/
Diß war der Zweck worauff man die Gedancken warf.
Weil aber ein Prophet im Vatterland gar selten
Und bey dem Landes Volck der Seinigen zu gelten
Pflegt: zog Er über Rhein / umb in dem Pfältzer-Land
Die Praxin anzufahn / mit GOtt in eurem Stand
Die Proben schlugen an / ohn den Kirchhoff zu füllen /
Es gienge alles wohl nach dero Wunsch und Willen /
Drum folgete gar bald die erst Vocation,
Nach Philipsburg am Rhein / vons Käysers Garnison.
Der kluge STAREMBERG, fo das Commando führet/
Hat Ihren stäten Fleiß und glücklich Hand gespüret /
Doch sind Sie nicht lang hier in dem sehr bösen Nest
Das so viel Blut gekost / geblieben und gewest.
Zu reysen stund der Sinn / zu suchen solche Dinge/
Darvon Er jetzo schreibt / wo dero Glück anhienge.
Es gieng den Rhein Hinab in Hol- und Engeland /
Franckreich und-weiter hin / wie Ihm gar wohl bekandt.
Da macht man connoisance mit vielen wackren Leuten /
Von deren renommée man thäte viel außbreiten:
HERMANNUS, DRELINCOURT, SENGUERDUS und zuletzt
VOLDERUS Ihm sehr offt haben den Stuhl gesetzt.
Herr NUCKIUS im Haag und der Van SOLINGELN,
Die liesen Ihn niemahln ohn Lehre leer hingehn.
Herr REUSCH in Amsterdam / zu Leyden MUSCHENBROEK
Zeigten die Handgriffe / zu Delpht Herr LEWENHOECK.
Der große BOYLE zu Londen E???ch erwiese /
Viel Ehr und Höfflichkeit / zeigtebald die / bald diese
Machinen auff pell mell: der Alte SYDENHAM
Der so berühmte Artzt klagte sein Podagram.
Was die Societät des Königs Hier besitze /
Fast meine Feder nicht / ob sie gleich täglich schwitze
Dem schwartzen Gallen Safft: die Schätze der Natur
Die wimmeln im Colledge Gresham bey ihrer Spur.
Dergleichen findt man auch beym Königlichen Garren
In Franckreich zu Pariß / da thäten Sie erwarten
Den Curiosen Mann / Herm TOURNEFORT: dabey
Du VERNY Du HAMEL zeigten auch mancherley.
Herr LEMERY, VERDUC die thäten ihre Proben /
Auch pflegte MALEBRANCHE sen Recherche zu loben /
Das Observatoire Sie führte Himmel an
Und zeigte auch bey Tag die Stern an diesem Plan.
Das gröste aber doch / das Euch jewahln begegnet
Und Mich zu wünschen Glück offtmahlen hat beweget /
Ist / daß der Theure Fürst / Ernst Ludwig Engeland
Zu eben solcher Zeit erreicht / daß Er die Hand
Des Gnädigsten Lands-Herrn wohl hätte können küßen /
Wann nicht Unpäßlichkeit es Hätte thun vermißen /
Doch war es ominos, daß printz Georg / zu Pariß/
Der Tapffre Held sich auch bald von Euch sehen ließ.
|| [ID00023]
Waskonte man daraus wol anderst propheceyen/
Als was Ihm kurtz hernach im Rückweg thät gedeyen/
Da lauter Huld und Gnad der Fürstin Ihn empfing /
Ja fast noch auff dem Weg gnädigst entgegen gieng.
Kaum hatte man erreicht Elsaß die Teutsche Gräntze /
Kam Zeitung daß man Euch abwesend Doctors-Kräntze
Zu Giessen zugelegt und zwar daß unter Neun
Doctorn Er must der erst allda creiretseyn.
Kaum funden Sie den Ort worvon Sie erst gezogen/
Franckfurt am Mayn ich meyn / da hatte man erwogen/
Was Sie biszher gethan: Es kam Vocation
Da man Euch aßignirt ein Neu Profeßion.
Da gieng der Lermen an / da brennts in allen Gaßen /
Die Competenten diß ohnmöglich konten faßen /
Daß ein Hoch-Fürstlich Hauß solt kom̅en zu dem Schluß/
Die Helffers-Helffer auch die Sache sehr verdruß.
Allein es blieb darbey / man sahe nach Meriten/
Und ob Er schon darum niemahlen hat gestritten /
So hat die Schickung doch es wunderlich geschickt /
Daß es vor andern Euch / wie billich / hat geglückt.
Nun hatten Sie recht Platz den Krahm wohl außzulegen/
Und was vor unbekandt in Giessen / zuerwegen
Das Wort-Gezänck war auß / es gieng bund über Eck
Und die Scholastici flohen mit Säck und Päck.
Da führten Sie nun ein viel Neu Experimenten /
Man sahe hier und dar viel schöne Instrumenten:
Tubos, Barometra, Laternas Magicas
Die Lufft-Pomp Bren-Spiegel und AEolipilas.
Fonteinen stiegen auff: Das waren Bömsche Oetter
Denen so sich zuvor geschlept mit blosen Wörter /
Man zeigte auch darbey viel rare Ertz und Stein /
Wurtzeln und Erd-Gewächs / viel Thiere groß und klein.
En fin: was die Natur in Waßern / Lufft und Wäldern /
Was an dem Himmel steht / und unten in den Feldern /
Das wurde vorgelegt: Da samlete man auff
Was Er in diesem Buch jetzt zeigt bey einem Hauff.
Doch blieb es nicht darbey / es musten auch die Kräffte
Und Nutz zur Artzeney / Exatract, Essentz und Säffte
So man von allen macht / da außgeleget seyn /
Wie man sich soll darzu / in Praxi schicken drein.
Deßwegen zog man Sie zu andern Functionen
Der höhern Facultät / umb Ihnen zubelohnen /
Den unermüdten Fleiß und was man hat praestirt/
Zum Ruhm der hohen Schul die Er bißher geziert.
So offt Ihr Rector wurd / so offt Ihr Dechant waret
Hat man kein Müh noch Fleiß noch Sorgfalt je gesparet /
Wie manch Programma zeigt / wie manch Oration
In offentlichem Druck zur Gnüge zeugt darvon.
Zur Gnüge zeugen auch davon so viele Schrifften
So der gelährten Welt so grossen Nutzen stifften /
Der Cursus Medicus, Pandecten und Physic,
Was auch noch sonsten mehr gehört zu diesem Stück.
|| [ID00024]
Was hat Er nicht gethan in dem berühmten Orden
Der unter LEOPOLD dem Grossen grösser worden ?
Adjunctus wurdet ihr / nachdem Er lang zuvor
Euch als Collegam hat gesehn in seinem Chor.
Ja was noch weiter folgt / so kam auß frembden Landen
Von padua ein Brieff / von nicht geringen Handen /
Worin ihr in die Zunfft der Ricovraten kahmt /
Und die Possession in Welschland auch einnahmt.
Da wurde Euch der Weg von neuem wohl gebahnet
Zu der Correspondentz / worzu Euch angemahnet
Herr CAROLUS PATIN, der sehr berühmte Mann /
Der Euch schon lang zuvor gegrüsset dann und wann.
So macht man sich bekannt / so kan man Freundschafft stifften
Auch in der frembden Welt durch offentliche Schrifften/
Dergleichen Er so viel möcht geben an das Licht
Daß man sie / ob man wolt / doch könt erzehlen nicht.
Nur bitt ich dieses noch / daß doch / wie viele sorgen/
Die Schaubühn der Natur nicht länger bleib verborgen:
Es wartet männiglich gar sehr auff dieses Stück /
Drum bitt ich noch einmal / last es doch nicht zurück.
Damit es aber bald ans Lichte möge eylen /
So wünsche noch zuletzt in diesen rohen Zeilen /
Daß Sie der Höchste GOtt erhalten mög gesund /
Ersegne Leib und Seel / jetzt und zu aller Stund! Demingen den 3. May 1703. Dieses bittet und wünschet seinem Hochgeehrten Herrn Vettern und ehemahligen Gutthätern auß schuldigster Observantz M. JOHANN CASPAR Metzger / p. t. Pfarrherr zu Deiningen im Fürstenthum Oettingen.
|| [ID00025]
Einleitung oder Vorbericht / Von Den Natur- und Material-Kammern auch denen sich
darinn befin- denden Simplicien ins gemein.
MErckwürdig und überaus nachdencklich ists / wann mann im Buch der Schöpffung lieset / daß /
als der höchste GOTT nach Hervorbringung aller Dingen ein jedes Geschöpff augesehen habe /
dasselbige immer gut befunden worden: Welches nicht allein zum fünfftenmal ven jeder Art
absonderlich zulesen ist / sondern es wird auch solches zuletzt nochmahlen von allen über haupt
mit einem fonderlichen Nachdruck wiederhohlet / indem der H. Geist im 31. Vers des i. Capitels
Geneseos setzet: Und GOTT sahe an alles was er gemacht hatte / und sihe / es war sehr gut. Es
wuste nemlich der Allerweise GOTT schon längst aus seiner ewigen Providentz / daß sich der
undanckbare Mensch nach dem leidigen Sündenfall endlich auch dahin würde verleiten lassen / daß
er seine so herrlich gute und wohl gebildete Geschöpff auff allerhand Art und-Weist zumeistern
oder wohl gar zuverbessern trachten werde: Zu dessen Uberzeugung der Heil. Geist die
vollkommene Gürigkeit aller und jeden Geschöpiffen so offt und nachdrücklich ausgesprochen hat.
Ich will jetzo nicht sagen / daß die eitele und Tag so sehr einreisende Goldmacher hier ihren
Text schon finden / als welche die geringere Merallen / so ihnen nicht gut genug sind / in die
edlere und köstlichere / als Gold und Silber zuerhöhen / und also Gottes Geschöpffe auch
zuverbessern suchen: Indem ihre wunderliche und sehr verblümte Schrifften (davon jüngsthin zu
Genev eine gantze Bibliotheca Chymica zusammen gedrucket worden) zur Genüge bekand sind / auch
die tägliche Erfahrung dezeuget / daß ihre von lauter Gold
und Panaceen geschwängerte Berge endlich kaum ein lächerliches Mäußlein gebähren; vielmehr
gebe jetzo dieses zu überlegen / ob sich diejenige Aertzte nicht auch dieser Sünden
theilhafftig machen / welche die von GOTT so weißlich erschaffene natürliche Mittel oder so
genandte Simplicia wo nicht gar hindansetzen / doch nicht mit zulänglicher Sorgfalt auffsuchen
/ sondern an deren Stell entweder nur lange Galenische Rece???t: oder durch Chymische Kunst
daraus gezogene Quint Essentzen / Spiritus, Olea, Salia, extracta und dergleichen gebrauchen /
und solches alles unter dem zwar scheinbahren aber doch nichtigen Vorwand / daß sie purum ab
impuro oder das Reine von dem Unreinen / das Gute von dem Bösen scheiden thäten. Heiset das
nicht auch des Allerhöchsten Geschöpffe meistern und verbessern? Wie reimet sich aber dieses
mit der Heil. Schrifft / welche bezeuget / daß alles was GOtterschaffen hatte / valdè bonum und
sehr gut gewesen seye: Gut nach dem Wesen / gut nach den Kräffren und Würckungen. Wolte man
vielleicht sagen / daß doch gleichwohl augenscheinlich ein grosser untauglicher Unrath zurück
bliebe / welchen sie deswegen caput mortuum / ja gar terram damnatam schelten: so ist zu wissen
/ daß dieser so genandte todte Satz in solcher Gestallt mit nichten in denen Simplicibus
gestocken / sondern von den Menschen durch das Feuer also gemacher werde / welches der gelahrte
Helmont deswegen nicht unbillich mortem in manu ar???tier, das ist: den Tod in des Künstlers
Hand genennet hat. Man lasse sie nur in ihrer Textur und Zusammensetzung unter dem andern
Theilgen / wie sie der Allweise Schöpffer zusammen gefüget und geflochten hat / so werden sie
nicht weniger eine lebendige und viel bessere Krafft haben / als alle gekünstelte Salia,
Spiritus, Olea und dergleichen. Wann man aber dasjenige / was Gott zusammen gefüget und
gleichsam vermählet hat / aus menschlicher Aberwitz scheiden thut / so macht man alsdann aus
denen irdischen und in der Vermischung sehr guten Theilgen lauter capita mortua, terras
damnatas & inutilia terrae pondera. Glaube mir / mein lieber Pyrophile daß
dieses eine von den grösten Ursachen seye / daß man heut zu tag so viel unheilbahre
Kranckheiten (von welchen Seidelius ein gantzes Buch geschrieben) zehlet / gegen welche der
höchste Gott ohn allen Zweiffel auch gewisse Mittel / so aus der Erden wachsen / gestiftet hat
/ wann man sie nur mit gehörigem Fleis und Sorgfalt auff / suchte / und wie sie Gott geschaffen
/ unverändert brauchen thäte. Nachdem man aber mehr auff einen menschlichen Mischmasch / oder
durch das Feuer zerzerrete Mittel bauet / hergegen diejenige Simplicia, welche Gott aus der
Erden geschaffen / und ein Vernünfftiger nicht verachten solte / fast gäntzlich hindan setzet:
so ist nicht wunder / daß die edle Heil Kunst von so vielen Jahrhunderten nicht allein wenig
oder gar nichts zugenommen / sondern von ihrer alten Würde und Adel sehr abgenommen habe. Man
sehe doch nur ein wenig in die alte Zeiten (da sich die erste Meister in der Medicin, als
AEsculapius, Hippocrates und andere fast einig und allein an die Simplicia oder einfache
Artzneyen gehalten) zurück so wird sich befinden / daß sie damahlen viel grössere Thaten / und
Curen gethan / als die heutige Chymisten: auch deßwegen in solchen Ehren gehalten worden / daß
man ihnen zur Zeit der Noth soviel Geld und Gut / als sie nur haben wollen / angebotten / die
gröste Ehr erwiesen / ja endlich / auff heydnische Art und Weise / gar vergöttert hat. Man [ID] frage auch die heutige Erfahrung um Raht / so wird es sich zeigen / daß
diejenige Kranckheiten so offters durch viele und sehr grosse Recepte, Tincturen / Essentze und
Quintessentze durchaus nicht konten gehoben werden / endlich durch ein eintziges und schlechtes
Mittel / so Gott und die Natur gegeben / glücklichvertrieben und gezwungen worden seyen. Der
obbelobte Niederländische Edelmann van Helmont hat es an seinem eigenen Leib erfahren / auch
ohnerachter er ein vortrefflicher Chymicus und (wie er sich öffters nennet) Philosophus per
ignem gewesen / selbsten gestehen müssen / daß / da keine vermischte Artzueyen bey ihm
auschlagen wollen / er endlich durch ein eintziges schlechtes Simplex curiret worden. Es hatte
nemlich dieser gute Helmontius einsmahlen / als er noch ein junger Cavalier gewesen / eine
vornehme / aber kratzige Dame, von welcher er damahlen Abschied nahme / eine Zeitlang bey der
Hand gehalten / und mit derselben Handschu gespielet: worauff er sich diese Galanterie auch an
Hals gezogen und das gemeine Sprichwort wahr befunden:
Morbida facta pecus totum corrumpit ovile. Als er nun derselben abzukommen eiuige vornehme
Medicos zu Raht zoge liese man ihm zur Ader / man purgirte und exercirte ihn also / daß ihn
fast die Füsse nicht mehr tragen konten: und als er hernach wie zuvor der krätzige Helmont
verbliebe / brauchte er endlich nur den gemeinen rohen Schwefel äusserlich / und wurde davon
alsobald gesund / wie er diesen Casum wohl zweymahl in seinen Schrifften / als Part. I. Tr.
Scab. & Vlcera Schol. §. 3. und im andern Theil Tr. de febribus §. 10. mit
mehrern Umbständen erzehlet hat.
Damit aber niemand meyne und etwa zu einem Gegenwurff vorwenden möge / daß dieses alle in von
denen so genandten Galenischen und gemischten Artzneyen / nicht aber von den Chymischen
Zubereitungen zuverstehen sey: So wil noch ein andere / auch allen Doctoribus wohlbekandte
Histori, so sich am Königlichen Hof zu Versalien in Franckreich zugetragen hat / hinzu rhun /
allwo der Dauphin oder Königliche Erb-Printz mit einem Quartan Fieber befallen wurde. Nun kan
ein jeder gleich erachten / daß sobalden alle Königliche Archiatri und Archiatrorum Comites
beruffen worden seyen / welche dann alle kostbahreste elixirien, essentzen und antifebrilischen
extracta ein lange Zeit verschrieben haben / denen doch das hartnäckichte Fieber nicht weichen
wollen. Endlich stelte sich der hierdurch so berühmte Talbotius aus Engeland mit seiner Chinà
Chinae ein / brachte damit obbemeldten Kön. Printzen in sehr wenig Tagen zur vorigen Gesundheit
/ und truge nicht allein wegen seiner Cur einig tausend Loys d'or davon / sondern bekame noch
ein sehr grosses Geld / daß er dieses arcanum entdeckte / welches der König Ludovicus XIV.
nachmahlen seinen Unterthanen zum Besten (wie noch vor kurtzer Zeit auch mit der Ruhrwurtzel
Ipecacuanha geschehen) in offentlichen Druck heraus geben lassen; wie solches vor einigen
Jahren auch unsern Hessen zum besten / in einer absonderlichen Disputation allhier weitläufftig
beschrieben habe.
Wer wolte dann nun nicht zugeben und gestehen / daß dergleichen natürliche Simplicia und
Specifica einen viel grössern effect, als andere daraus gekünstelte Vermischungen / nach sich
ziehen solten? Und ob ich zwar weder diese noch andere Chymische Zubereitungen gäntzlich
verwerffe / vielweniger dieses zu ihrem Nachtheil geschrieben haben will / in dem dieselbe offt
auch seldsten verordne: So soll und muß man die vorige und einfache Artzneyen deswegen nicht
geringer halten oder wohl gar hindansetzen / sondern mit grösserm Fleis / als bis daher
geschehen / aufzusuchen trachten: zumahlen sie nicht allein dent Nutzen nach / sondern auch in
Ansehen der jenigen Ergetzung / so curiose Gemüther aus deren Anschauen empfinden / den
letzteren weit vorzuziehen sind. Man setze einmahl alle Salia, Spiritus, O???täten und
dergleichen bey einander und sehe / ob dieselbige so wohl lassen / als die in so vielen Kunst-
und Naturalien Kammern spielende Simplicia, so in allerhandgläntzenden Ertzen / schön
gebildeten Steinen / Muscheln / Wurtzeln / Blumen / fremden Thieren / Vögeln / Fischen und
dergleichen bestehen. Und ob zwar der berühmte D. Major im 6. Capitel seines unvorgreifflichen
Bedenckens von den Kunst- und Naturalien-Kammern insgemein (welches wir aus Mangel der
Exemplarien diesem Buch angehänget haben) fast zweiflen will / ob irgendwo in der Welt ein
gantz vollkommene und in gehöriger Ordnung stehende Naturalien-Kammer zufinden seye? so wird
man doch in einer jedweden etwas antresfen / woran sich ein curioses Gemüth erfreuen und
vergnügen kan / so gar / daß der allerweiseste König Salomon in seiner grösten Herrlichkeit das
meiste Vergnügen an dergleichen Naturalien gehabt hat / indem er im 1. Buch der Königen am 4.
Capitel im 33. Vers nicht sowohl von grosser Macht und politischer Herrlichkeit / als von
Bäumen / vom Ceder an zu Libanon / bis an den Ysop / der aus der Wand wächset: wie auch vom
Vieh und Vögeln / vom Gewürm und Fischen discurriret habe; und weilen er auch anderstwo /
nemlich Eccl. 2. §. 4. selbsten rühmet / daß er sich Weinberge / Gärten / Teiche und
dergleichen gebauet / auch alle Geschlechte von Kräutern gepflantzet habe: So ist nicht
zuzweifflen / er werde sich auch eine dergleichen Kunst- und Natural en-Kammer angeschaffet
haben. Wünschte nun der berühmte teutsche Redner D. Schupp zu seiner Zeit / daß er Salomonis
Physic (so er soll geschrieben haben) sehen und lesen möchte; so wünschte ich vielmehr dessen
kostbahres und unschätzbahres Museum und Cabinet gesehen zu haben. Noch deutlichere Spur und
Nachricht findet man in Heil. Schrifft von des Königs Hiskiae Naturalien-Kammer / nemlich im
20. Capitel des andern Buchs der Königen / allwo nebst dem Gold und Silber / so in des Königs
Schatz-Kammer gezeiget wurde / auch allerhand Specerey und Oel gesehen worden; wie dann auch
von andern heydnischen Königen in Orient dergleichen Schätze und Raritäten auffgehoben und in
gewisse Behaltern verwahret worden. Also lieset man von Inga dem König in Peru, daß er alle
Thiere / Vögel / Menschen / Bäume samt den Blättern und Früchten von purem Gold habe nachmachen
und auffhe [ID00027] ben lassen. Nicht weniger soll Montezuma ein Mexicanischer
König / dergleichen Bildnusse in Gold und Edelgesteinen abgebildet / auch sonsten allerhand
rare Thiere / Vögel und dergleichen in gewissen Behältern und Theriotrophiis, zu seiner
Ergetzung ernehret haben. Was aber der grosse Mogol in Indien zu Agra vor herrliche
undkostbahre Raritäten in 8. grossen Gewölben gehabt habe / beschreibet Erasmus Francisci im 3.
Theil seines Ost- und West-Indianischen Lust-Garten pag. 1438.
Gehen wir von dannen in Africam so finden wir / daß der Aegyptische König Ptolomaeus
Philadelphus, so gegen das Jahr 3666. nach Erschaffung der Welt / oder 283. Jahr (ohngefehr vor
Christi Geburt floriret hat / auch viele kostbahre Schätze gesammlet / und wo nicht eine
vollständige Raritäten-Kammer / doch ein und andere Behältnüsse zu seinen kostbaren Sachen
müsse gehabt haben / von welchen der Judische Geschicht-Schreiber Josephus lib. 12. Antiq. Ind.
c. 2. handelt. Von des Ibrahim Bassae Raritäten zu Constantinople will jetzo nicht viel Wesens
machen / in dem vieles / was von ihm geschrieben wird / mehr einer Romaine, als der Warheit
ähnlicht ist.
So köstlich nun diese vorbesagte Schätze der Heydnischen Königen auch scheinen mögen / so
sind dennoch die jenige Kunst- und Naturalien-Zimmer / welche man heut zu Tag in Europa, nicht
allein an hoher Herren Höfen und bey vornehmen Collegiis oder Societäten / sondern auch bey
einigen Privat-Personen findet / weit nützlicher und curioser, indem man hierinnen nicht nur
grosse Goldkiumpen und daraus formirten Kunststücker / kostbahre Jubelen und bergleichen /
sondern auch sonst allerhand Naturalia von fremden und ausländischen raren Gewächsen / Thieren
/ Steinen / Bergarten und dergleichen zusehen hat / aus welchen Gottes Allmacht und Weisbeit
immer klärlicher hervor scheiner. Dieses bezeuget das so kostbahre und sehr rare Museum am
Käyserlichen Hof zu Wien / aus welchem auff gnädigen Befehl Ihro Käys. Maj. des Siegreichen und
unüberwindlichen LEOPOLDI MAGNI verschiedene Abrisse in das jährliche Zeit- und Tag-Register
der allgemeinen Teutschen Academie der Natur-Kündiger einverleiber worden. Es bezeuget dieses
auch das Königliche-Danische Museum zu Coppenhagen / welches Herr D. Oliger Jacobaeus sehr
artig beschrieben / und mit schönen inscriptionibus gezieret hat; Welchem die vor diesem so
berühmte Gottorffische Kunst-Kammer / so vom Herrn Oleario in Druck gegeben worden / sehr nahe
kam / nachmahlen aber ziemlich distrahiret und verkleinert wurde; Und obschon die gleichfals
Weltberümbte Dresnische Kunst-Kammer in Sachsen mehrentheils aus sehr raren und künstlich aus
gearbeiteten Meisterstücken / als allerhand Uhrwercken / Gewehr / Medaillen und dergleichen
bestehet / so fehlet es doch auch darinnen nicht an verschiedenen Naturalien und daraus
praeparirten Chymischen Artzneyen / wieaus des Zeileri Handbuch pag 475 zu ersehen ist.
Was siehet man aber nicht vor seltzame und Verwunderungswürdige Geschöpffe zu Ambsterdam im
Theatro Anatomico der Barbierer? Was findet man nicht zu Leyden im Umbgang des Lust-Gartens
oder Horti Medici, wie auch in dem Ein- und Umbgang der Schney-Kammer: worvon man die
Auffzeichnung und Register gnugsam haben kan? Welche herrliche Raritäten und Naturalien sam̅let nicht die Königlich-Englische Societät zu Londen im Gresham Colledge, davon
auch ein grosses Buch im offentlichen Druck zusehen ist? welchem das Theatrum Scheldonianum zu
Orfortwenig nachgibt / so mit dergleichen exoticis rundaus behangen und gezieret ist. So fehlet
es auch in Franckreich / absonderlich zu Paris nebst dem Th???arro Anatomico vor dem Königl.
Garten / wie auch in dem Kön. Schatz zu S. Denys an dergleichen Raritäten garnicht / indem auch
einige Beschreibungen darvon im Druck heraus kommen sind.
In Italien finder man zwar wenig dergleichen vollständige Musea Publica / ausser was etwa in
dem Weltberümbten Laboratorio des Groß Herzogen von Florentz / zu Pisa bey der Medicinischen
Facuität und in dem Collegio Medico zu Rom noch zu sehen ist; Allein es sind doch jederzeit
sowohl darinn / als auch in den benachbarten Königreichen Neapel und Sicilien sehr curiose und
meistentheils Gelahrte Privat Personen gewesen / welche sich dergleichen Naturalien in grosser
Menge zugeleget haben. Unter solchen rühmen die Reisenden des Edlen Herrn Johannis Francisci
Habelae, des Geistlichen Ritter-Ordens von Jerusalem und Vice-Cantzlars der Insul Malthae
Museum Melitense, dessen Herr Niederstatt in Beschreibung dieser Jusul Cap. 5. pag. 17.
gedencket / item D. Petri Castelli Raritäten Zimmer zu Messina, welches Thomas Bariholini in
verschiedenen Briefen rühmet: Pauli Bocconis und des Edlen Vincentii Cioffi, Joh. Vincentii
Portae, Donati des Einsiedlers und Fabii Columnae Raritäten zu Neapel: So dann des so fleiss
gen Jesuiten Athanasii Kircheri in Rom / allwo auch die Barberini Burghesii, Farnesii disfalls
bekandt gewesen. Nicht weniger Raritäten sahe man vor diesem zu Bononien bey dem Vlysse
Aldrovando: zu Veron bey Ludwig Moscardo (dessen Museum in Italianischer Sprach gedrucket ist)
zu Mayland bey Manfredo Septala: zu Padoa, bey Herrn Sala, Speronio, Vrsato und dann zu Venedig
bey dem Herrn Rosino, Fosearino Grimani und in S. Marcus Kirche.
Indessen bat man eben nicht vonnöhten alle diese außländische Musea mit grossen Kosten
auffzusuchen / in dem man in Teutschland und denen benachbahrten Ländern hin und wieder
dergleichen auch bey vielen Privat-Personen findet / davon man einen langen Catalogum in des
obbelobte̅ D. Majors unvorgreifflichen Bedencke̅ von den
Kunstun̅ Naturalien-Kam̅ern sehen wird; dahero auch D. Willius in
seine̅ artige̅ Büchlein de Philiatrotum Germanorum Itineribus
de̅ Teutschen Medicis rathen wil / daß sie vielmehr in Teutschland / und dessen
benachbahrten Lande̅ / als in Italie̅ / Franckreich und andern
Ländern herumb reisen möchten. Wir wolle̅ anjetzo nur derjenigen gedencken /
welche bis daher im offentlichen Druck her auß gekom̅en sind / worunter das so
berümbte Museum Wormianum wohl den Reyhen führen kan / welches eines vo̅ den
Volständigste̅ ist / und gleichsam vor ein Muster unter alle̅ kan
gehalte̅ werde̅ / nachdem es von dem Authore selbsten / Hn. D.
Olao Wormio, Königl. Leib-Medico und Professore in Coppenhagen zusammenge lesen / und sehr
accurat beschrieben worden Nach diesen können der beyvem Nürnbergischen Herrn Beslern
Gazophylacia, so aus lauter schönen Kupffern bestehen / den nechsten Sitz einnehmen / welche
doch bey weitem so vollkommen nicht sind / wie das vorige. Diesem folget das Straßburgische
Museum Brackenhoferianum, welches von Hn. Bockenhofen in schönen Inscriptionen unter Augen
geleget worden; wiewohlen zuwünschen wäre / daß solches von dem Seel. Authore selbsten hätte
können beschrieben werden / welcher einen grossen apparat eigenhändig MSS. und zum Theil
gestochenen Kupfferstücken hinterlassen hat / welche des offentlichen Drucks desto mehr wehrt
wären / weilen bey allen ein recht außführliche Beschreibung zusinden ist / welche an dem Museo
Petiveriano (so jetzo noch in Engeland continuiret, und zu. Hanover gedruckt / in den
Monatlichen Außzügen A. 1701. Mens. Jan. p. 88. gerühmet wird) meistentheils fehlet. Von den
übrigen hat man nichts / als nur einige Register in offentlichem Druck gesehen / worunter der
Catalogus über Burgemeister Lorentzen zu Leiptzig vorhandenen Naturalien-Kammer und der Index
Musei Speneriani noch zusehe̅ sind; welches letztere doch / nach des seelige̅ Hn. Speneri Todt hin und wieder zertheilet und distrahiret worden: nicht anderst /
als es auch mit deß berümbten Hermanni Museo Ceylonico zu Leyde̅ in Holland / und
noch kürtzlich mit des Herrn. Peikenkams Kunst und Naturalien-Kammer zu Marburg in Hessen
geschehen ist / ob deß Hn. Rumphii Amboinsch Rariteit-Kam̅er welche Frantz Halma
in Amsterdam zum Druck bereiten wollen / würcklich beraus gekommen seye / hab noch nicht
erfahren können.
|| [ID00028]
Hierzu kan man billich die jenige Specerey-Kammern / welche in den Oost- und West-Indischen
Haüsern zu Ambster dam / wie auch bey den Grossirern in den vornehmbsten Seehäfen zusehen sind
/ referiren / welche nicht zum blosen Anschauen allein / sondern auch zu dem gemeinem besten
gewidmet sind / da sonsten von den vorhergehenden wohl jemand sagen möchte:
Quid juvat aspectus, si non conceditur usus. Und eben deswegen sind auch die so nützliche Material-Kammern / welche man in den grossen Handel-Städten / als Lübeck / Hamburg / Leiptzig / Franckfurt und Nürnberg findet / vor beste Musea zuhalten / zumahlen auch darinnen offt sehr viele raritäten angetroffen werden. Dahero dan einige Curiose Materialisten und Apotheker entweder nur die rareste Naturalien, oder zugleich alle Materialien beschrieben haben. Unter den Ersten sind die beyde Imperati zu Neapel / als Ferdinandus Imperatus und desen Sohn Franciscus, welcher deß Vatters naturalia durch Beyhülff des Colantonij Stelliolae beschrieben hat. Ingleichen hat Franciscus Calceolarius zu Veron sein Museum durch Benedictum Cerutum heraußgegeben. Unter den Teutschen aber hat Christophorus Vielheuer eine Beschreibung frembder Materialien, mit einigen Holtzstichen / und Gottfried Nicolai ein Museum Cuiosum durch D. Christian warlizen heraus gegeben. Zu der andern Class gehören die bekandte Nürnberger Materialisten, nemblich Schurzius und Marxius, welche beyde zwar alle materialia u̅. Specereyen teutsch beschriebe̅ habe̅ / aber doch bey weite̅ so accurat nicht sind / als der zu End des vorigen Seculi zu Paris von Mons. du Blegny geschriebne Traité des Drogues und des Pomet Histoire des Drogues oder Beschreibung frembder Materialien: in welcher letztere̅ der Scribent sich deß berümbten und aller Simplicien fehr kundige̅ Hn. Tourneforts, Rath und Hülff bedienet / und also es den andern Materialisten weit zuvor gethan hat. Weilen aber in diesem sonst schönen und kostbahren Buch noch viele Mängel / Fehler und Gebrechen zufinden: die vorgemeldte Teutsche Material-Kammern auch guten theils sehr falsch gedrucket und von dem Ursprung / Wachsthum und Natur der Simplicien offt gantz irrige Meynungen führen; so bin einsinahlen auff die Gedancken gerathen / daß mandem gemeinen Besten keinen geringen Dienst und Vorschub thun würde / wan sie jemand unter den Eruditis die Mühe nehmen wolte / und eine vollständige / auch in der Natur wohl gegründete Material-Kammer in offentlichen Druck herauß gehen liese. Als nun vor einigen Jahren diesen Vorschlag unter andern Discursen Herrn Johann David Zunnern / wohl-vornehmen und umb das gemeine Besten sehr meriurten Buchführern in Franckfurt am Mayn entdeckte / hat Er sich nicht allein sobalden zu aller Bey-Hülffe erbotten / sondern auch mich zugleich ersuchet / solches Werck zuübernehmen / und wie es mich am besten zuseyn düncket / einzurichten / nach gehends aber dessen Distraction Ihm vor andern anzuvertrauen. Nachdeme dan in denen 20. Jahren / welche in der Welt belobten Academia Leopoldina Naturae Curiosorum gestanden / die meiste Authores, so von diesem oder jenem Gewächs en particulier geschrieben / in meiner Historiâ Liteririâ Curiosorum recensiret und zusammen gezogen / auch auff hiesiger Löbl. Universität zu Giessen bey die 17. Jahr / als Professor Physices und Medicinae Ordinarius gelebet hatte / und mir dergleichen Materie nothwendig bekandt machen müssen; so hab mitdesto grösserem Bestand das Werck zur Hand genommen / allerhand Musea oder so genandte Kunst-Kammeren / Curiose Zeit- und Tag-Register / Reis-Beschreibungen und andere Bücher der Naturkündiger zu dem End noch einmahl conferiret / den wahren Ursprung / Wachsthum und Eigenschafft der Simplicien herausgezogen / derselbigen Selectum aber / und was sonsten zur Handlung gehöret / aus obberührten Materialisten beygefüget / auch endlich den Nutzen und Gebrauch aus der bewehrtesten Medicorum Schrifften hinzugethan: zugleich aber die sauberste und mit der Natur recht übereinstimmenden Kupfferstücken und Abbildungen aller Orthen auffgesuchet / wordurch in wenig Jahren einen zulänglichen apparat zu diesem Werck herbey gebracht; und ob es gleich an vieler Mühe und Unkosten / wie sich ein jeder / so dieser Sachen kundig ist / leicht einbilden kan / nicht ermangelt hat / so habe doch alles mit sonderbahrer Vergnügung und Ergötzlichkeit bezwungen / zumahlen Ichempfunden / daß durch sonderbahre Vorsorge GOttes / als des allgütigen Schöpffers und Erhalters der Natur / sich es also schicken müssen / daß fast alle hierzu gehörige Subsidia sich ohne sonderbahre Sorge darzu auffgeworffen haben / indem nicht allein obbelobter Herr Zunner einige sehr theure und kostbahre Bücher / als den Hortum Malabaricum, Plukenet, Rudbeckij Atlanticam, Tournefort, Willougby, sambt verschiedenen Muscis, theils auffseinen / theils auff meinen Kosten an die Hand geschaffet hat / sondern auch umb eben diese Zeit Herr Johann Gottfried Vitus / jetziger Zeit Materialist und Handels-Mann in Wormbs / von seiner Keyß auß Oost-Indien kam / und nicht allein einen grossen Vorrath von allerhand Naruralien und raritäten / sondern auch einen zimlichen convolot von Holländischen MSS. aus des Herrn Herberti de Jagers Verlassenschafft mit sich brachte. Nun konte zwar bey seiner ersten Ankunfft / da Er noch etwas wunderlich und griedlich war / solche weder umb Geld / noch umb gute Wort von Ihmerhalten: als ich aber nach mahlen Ihme meine Intention schrifftlich entdeckte / auch ein ehrliches dafür offerirte, hat Er mir solche nicht allein überlassen / sondern ist auch von freyen Stücken zu mir naber Giessen gekommen / umb einige Tige lang selbsten mündliche Instruction von einem oder andern mit zutheilen / zumahlen die mit so vielen abbreviaturn geschriebene Brieffichafften ohne vorhergehenden Unterricht nicht wohl zulesen waren. Bald hernach hatte auch das Glück [Tit. ] Hern D. Engelbrechr Kempffern [welcher kurtz zuvor auch von seiner Persianischen Reyse zurück gekommen war] allhier in meinem Hauß zusprechen / welcher dan vieles / so mir Herr Vitus mündlich erzeblet hat / confirmirte und bestättigte. Was mir nun dieselbige noch vor ein Licht in diesen Sachen haben gegeben / wird der günstige Leser auß dem Anhang dieses Buchs / nemblich den Oost-Indianischen Send-Schreibe̅ und darbey gefügten beschwornen Rapporten selbsten judiciren können. Zum wenigsten hat man hier etwas zuverlässiges / weilen es von grundgelehrten / erfahrnen und darzu bestelten Leuten (deren eigene Hand ich noch besitze) herrühret / welche alles mit Augen gesehen haben und desto mehr Glauben meritiren. Was endlich den Method oder Schreib-Arth / deren Mich in diesem Werck bedienet habe / anlangen thut / so habe Mich meistens an die Haupt-Sache und realia gehalten / indem vor un̅öthig und verdrieslich erachtete / so viele Namen / welche de̅ Materialien in allerhand Sprachen beygeleget werden / vorher zusetzen / weilen dieselbige in des Schroederi Pharmacopoeiâ (so in aller Apothecker Händen schwebet) weitlaüfftig zufinden sind / auch gantze Lexica davon handlen. Daß aber nicht alle raritäten und Naturalien, so hin und wieder in denen Cabinetten und Museis gefunden werden / diesem Buch einverleibet habe / ist deswegen geschehen / weilen vor dismahl nur die jenige materialia, so einigen Nutzen in der Artzney und andern Handthierungen haben / melden wollen / als welches deswegen billich von sich sagen kan: ET PROSUM ET DELECTO Ich Nutze und Ergetze. Solte Ich aber mercken / daß Curiosen Gemüthern mit den Ubrigen auch gediener wäre / so könten dieselbige künfftig wohl ein neuen Tomum abgeben; wie Ich dan auch nicht ungemeynet bin alle diejenige Machinen und Instrumenten, deren sich die heutige Natur-Kündiger in ihren Collegiis Curiosis Experimenta ibus bedienen / in dem III. Tomo, unter dem Titul eines Armamentarii Naturae oder Rüst-Kammer der Natur hinzu zuthun. Alles zu GOttes Ehren! welchem den günstigen Leser hiermit treulichst empfehle / und wan Er etwa auch ein- oder andere Curiositäten dem Publico mittheilen und Mir zu jetzt bemeldten neuen Schrifften anvertrauen wolte / aller Danckbahrkeit und remuneration versichere / D. Giessen den 20. Martij Anno 1704.
|| [ID00029]
CONSPECTUS LIBRORUM ET AUTORUM ALLEGATORUM, Oder Entwurff Aller
Bücher und Scribenten / welche in diesem Werck ange- zogen und gebraucht worden sind.
- ABbatius de admiranda Viperae Natura.
- Achigenes de Usu Spongiae.
- Acostae Histor. Nat. Indiae Orientalis.
- Acta Eruditorum Lipsiensium.
- Hafniensia.
- Philosophica Soc. Reg. in Anglia.
- Adami Disp. de Osse Cordis Cervi.
- Agricola de Re Metallicâ.
- Albrecht Disp. de Ictero ex Calculis.
- Aldrovandi Dendrologia.
- Historia Avium.
- Monstrorum.
- Piscium.
- Quadrupedum.
- Insectorum.
- Museum Metallicum.
- Alpini de Plantis AEgypti.
- Exoticis.
- Ammanni Antiquartium Peruvianum.
- Character Plantarum Nat.
- Materia Medica.
- Andreae Tr. de Balsamatione Veterum
- Anonymi Auffgefangene Brieffe.
- Descriptio Anatomique d'un Cameleon, d'un Castor &c.
- Farb-Büchlein.
- Historia von Hhamzas.
- von dem Holtz deß H. Creutzes.
- Journal van de Reyse der Hollandschen Schepen in Ost-Indien.
- Journal de Siam.
- Laboratorium Ceylonicum.
- The manner of making of Caffe.
- Monatliche Auszüge.
- Unterredungen.
- Aphrodisaei Problemata.
- Apini Febris Epidemicae A. 1694. Historica Relatio.
- Apuleji Lib. de virtutibus Herbarum.
- Arndtii Paradiß-Gärtlein.
- Avicennae Opera.
- Axtius de Arboribus Coniferis.
A.
- Baccius de Bestia Magna.
- Vini Generibus.
- Unicornu.
- Baglivius de Tarantulae Morsu.
- Balbini Historia Naturalis Bohemiae.
- Baldaei Beschreibung der Küsten.
- Malabar und Coromandel.
- Balduini Aurum Aurae.
- Baldus de Verb. Vitruvianorum Significatione.
- Bansae Catalogus Materialium.
- Bapst vom Wachholder.
- Barbette Anatomia Practica.
- Barosii Decades.
- Bartholeti Encyclopaedia Medica.
- Bartholini (Casp.) de Lap. Nephritico.
- Bartholini (Erasmi) Experim. Crystalli Island.
- Bartholini (Thom.) Epistolae.
- Histor. Anatom.
- de Unicornu Obs. Nov.
- Banderonii Pharmacopoeia.
- Banhini Sinax.
- Banschii Tr. de Lap. AEtite & Haemat.
- de Unicornu Fossili.
- Baylei Problemata Physica.
- Beccheri Physica Subterranea.
- Beckers Hollunder- und Wachholder-Apotheck.
- Belli Descriptio Anisi Stellati.
- Bellonius de Agaricô.
- Benancius de Fraudibus & Error. Pharmacopoeorum.
- Besleri (Mich. Ruperti) Gazophylacium.
- Besleri (Basilii) Continuatio Rariorum aeri incisorum.
- Biblia Germanica Lutheri.
- Blegny Traité des Drogues.
- Zodiacus Medico-Gallicus.
- Blasii Observationes Anatomicae.
- Breynii (Jacobi) Cent. I. Exoticorum.
- Breynii (Joh. Phil.) Disp. de Rad. Nisi.
- Boccone Recherches & Obs. Naturelles.
- Museo di Fisica.
- Bockenhoferi Museum Brackenhoferiani.
- Bocharti Hietozoicon.
- Bocks Kräuter-Buch.
- Bootii Tr. de Lapidibus.
- Bohnii Collegium Physicum Experim. Ms.
- Bontekoe Kort Tractaat van de Kragten en't goude Gebruyk van de Coffi.
- Bontii Histor Nat. Indiae Occidentalis.
- Borelli Observationes.
- Borrichii Disc. de Somno & Somniferis.
- Tr. de Usu Plantarum.
- Boylei Tr. de Coloribus.
- de Fundo Maris.
- de Utilit. Philos. Experim.
- Boymii Flora Sinica.
- Brancatii Diatribe de Usu Chocolatae.
- Brand de Ovo Cometico.
- Bravonis Opera.
- Brunneri Consilia.
- Bruno de medicam. ex homine.
- Buchanani Res Scotiae.
- Buonanni Ricreatio del occhio & della mente.
- Burggraf de Malo Sinensi Aureo.
- Burrhi Consilia Mss.
- Busbequii Epist. Legationis Turcicae.
- Busschofii genau untersuchte und ausgefundene Podagra.
- Buttlerus de Apibus.
B.
- de Cabriere Nova Herniarum Cura.
- Caesalpini Lib. de Metallis.
- Camelli Epistola de Fabis S. Ignatii.
- Camerarii (Joachimi) Obs. De Bolo Armena.
- Camerarii (Rud. Jac.) Epist. ad D. Valentini.
- de Sexu Plantarum.
- Disp. de Infuso Ligni nephrit.
- Caneparius de Atramentis.
- Cardanus de Rad. Chinae.
- Cartesii Dioptrica.
- Epistolae.
- Castelli Tr. de Gutta Gambodiâ.
- de Hyaenâ Odoriferâ.
- Catelanus vom Einhorn.
- vom Bezoar-Stein.
- Ceruti Museum Calceolarii.
- Charas Histoire Naturelle desanimaux, des plantes & des mineraux, qui entrent la composition de la Theriaque.
- Charleton de Spiritu Gorgonicô.
- Chaumont Ambassade de Siam.
- Chevalier Description de la Pierre d' Ambre gris, que la Chambre d' Amsterdam à Receue des Indes Orientales.
- Cieca Chronicon Peruanum.
- Clauderi Inventum Cinnabarinum.
- Cleyeri Epist. ad D. Schefferum.
- Clusii Historia rariorum & Exot.
- Coleri Oeconomia.
- Columna de Purpura.
- Commelini Comment, ad Hort. Malab.
- Cromerus de Poloniâ.
C.
|| [ID00030]
- Dale Manuductio ad Mat. Medicam.
- Deckeri Exercitat. Practicae.
- Deusingius de Agno Vegetabili.
- Anseribus Scoticis.
- Lapide de Bezoar.
- Mandragora.
- Unicornu.
- Dexbach Disp. de Casiâ & Malabathrô.
- Diezii Disp. de Nuce Moschata.
- Digby de Pulvere Sympathetico.
- Scripta adhuc inedita.
- Dioscoridis Opera.
- Dolaei Epist. Amoeboeae.
- Döringius de Usu & Qualit. Opii.
D.
- Eichovii Lib. Insignium aliquot itinerum.
- Eichstadius de Confect. Alkermes.
- Eißlingers Italianischer Weeg-Weiser.
- Elsholzii Flora Marchica.
- Ens Histor. Ind. Occidentalis.
- Tr. de Singularibus in Italiâ.
- Entzels Corpus Juris Metallicum.
- Erast. Ep. de Lapidibus Sabulosis Palatin.
- Erkeri Probier-Buch.
- Etienne la Maison Rustique.
- Ettmülleri Opera.
- Everarti Comment. de Tabacco.
E.
- J. F. Spicilegium Antiquitatum Palatinarum.
- Faber (J. M) de Pilâ Marinâ.
- Fabri (Joh.) Annot. in Nardi Hist. Nov. Hisp.
- Fallopius de Composit. Medicamentorum.
- Morbô Gallicô.
- Febure Cours de Chymie.
- Fehrii Tr. de Absinthiô.
- de Scorzonerâ.
- Ferrarii Cultura & Usus Malorum Aur.
- Florum Cultura.
- Ferretii Musae Lapidar. Antiquorum.
- Flacourt Histoire de Madagascar.
- Fonseca Tr. de tuenda Valetud. & produc. Vita.
- Foresti Observationes.
- Fracassati Epist. ad Malpigh. de Linguâ.
- Fragosus de Utriusque Indiae Simplicibus.
- Franckii (Georgi) Lapicidina Microcosmi.
- Franckii (Joh.) Veronica Theizans.
- Francisci Ost- und West-Indianischer Lust-Gart.
- Franzii Hist. Animalium Sacra.
- Freheri Origines Palatinae.
- Freytagii Aurora Medicinae.
- Fricks Ost-Indianische Reise.
- Friedels Disp. de Caryophyllis Aromaticis.
F.
- Gaffarelli Curiositates Inauditae.
- Galeni Opera omnia.
- Garzoni Schau-Platz aller Künsten / Professionen und Handwerckern.
- Gassendi Vita Peireski.
- Geierus de Cantharidibus.
- de Glossopetris Alzeiensibus.
- Geilfusii (Joh. Godofr.) Unterricht vom Sauer- und Brodel-Brunnen zu Langen-Schwallbach.
- Unterricht vom Wieß-Baad.
- Tr. von der Laubachischen Terra Sigillata.
- Geilfusii (Bernh. Wilh.) Disp. de Moxâ.
- Gesneri Historia Animalium.
- Tr. de Rerum fossilium fig. & similit.
- Gilbertus de magnete.
- Glauberi Furni Philosophici.
- Goebelius de Alce.
- de Succino.
- Golii Lexicon Arabicum.
- Goris Medicina Contempta.
- Grabae Elaphographia Curiosa.
- Gräffin wunderbahre Verwandelung der Raupen.
- le Grand de Carent. sensus in brutis.
- Historia Naturae.
- Greneri Animadversiones in Helvetii. Descriptionem
- Ipecacuanhae.
- Grevv Museum Societ. Reg. Londinensis.
- Grimmii Historisch-Medicinalische-Relation:
- Grützmann de Avibus Paradisiacis.
- Guiberti l' Apothicaire Charitable.
- le Medicin Charitable.
- Tr. du Sené.
- Güldenklee Epistolae Medicae.
G.
- A. C. V. H. Ars Chymica Nat. aemula.
- Hambergeri Disp. de Barometris.
- Hamelii Historia Reg. Scientiarum Academiae.
- Tr. de Corp. Affectionibus.
- Hannekenius de Museo terrestri clavato.
- Happelii Theatrum Exoticorum.
- Harsdorfferi Delitiae Mathematicae.
- Gespräch-Spiel.
- Hartmanni (Joh.). Praxis Chymiatrica.
- Hartmanni (Phil. Jac.) de Succino Prussiaco.
- Harvei Ars curandi morbos expectatione.
- Hayns Unter-Irrdische Kunst-Krammer Msc.
- Heer de Fontibus Spadanis.
- Heilbrunnenses Medici de Cremore ???.
- Helmontii Opera.
- Helvetii Novum Medic Antidysentericum.
- Tr. de Usu Chinae Chinae in Clyst.
- Helvici Theatrum Historicum.
- Hermanni Catalogus Horti Lugdunensis.
- Collegium de Mat. Medica Msc.
- Hermandez Rerum Med. Nov. Hisp. Thesaurus.
- Hertodtii Crocologia.
- Hieble Tr. von den Bezoar-Steinen.
- von Hochberg Adeliches Feld-Leben.
- Hoechstetter de Gummi Gamandra.
- Hoefferi Hercules Medicus.
- Hoffmanni (Frid. Patris) Clav. Pharm. Schroederi.
- Hoffmanni (Frid. Fil.) Disp. de Bals. Peruvianô.
- de Terebinthinâ.
- Hookii Micrographia.
- von Hornigk. Epist. de Camphorae Qualitat.
- Nützliche und curiose Fragen die Apothecker und Materialisten betreffend.
- Horstii (Joh. Dan.) Embser Baads-Beschreibung.
- Beschreibung der Sauer- und Brodel-Brunnens zu Schwallbach.
- Hortus Academicus Lugdunensis.
- Giessensis.
- Oxoniensis.
- Eystettensis.
- Hortus Malabaricus.
- Med. Amstelodamensis.
- Regius Blesensis.
- Parisiensis.
- Hospiniani Lib. de Usu & Abusu Templorum.
- Hülsii Holländische Schiffarth in Ost-Indien.
H.
|| [ID00031]
- Jacobaei Museum Regium Hafniense.
- Jacobus (Rex Aug.) de Abusu Tabaci.
- Jageri Send-Schreiben.
- Imperati Historia Naturalis.
- Jonstonii Histor. Nat. de Avibus.
- Insectis.
- Piscibus. Quadrupedibus.
- Josephi Antiq. Judaicae.
- Journal des Scavans.
- Isnar Tr. des Vers à Soye.
- Jungii Doxoscopia Physica.
- Historia Vermium.
I.
- Kauppers Disp. de Nat. & Praestantiâ Vini Rhenani.
- Kempferi Decas Observ. Exoticarum.
- Reiß-Beschreibung Msc.
- Kentmanni Nomenclatur Fossilium in Misnia.
- Kerckringii Spicilegium Anatomicum.
- Kesleri Processus Chymici.
- Kircheri China Illustrata.
- Magnetica Ars.
- Mundus Subterraneus.
- Oedipus AEgyptiacus.
- Kirchmayeri Disp. de Draconibus.
- Historia Ambrae.
- Tr. deArb. Philosoph & Ramo aureo Virgineo.
- Klobii Historia Ambrae.
- Königii Regnum Animale.
- Kunckels Ars Vitraria Experiment. oder vollkommene Glaßmacher-Kunst.
K.
- Lachmundi Hildesheimensis.
- Tr. de Lapide Judaico.
- Laetii Historia Nat. Indiae Occidentalis.
- Langii Epistolae.
- Tr. de Thermis Carolinis.
- à Lapide Comment. in Acta Apostolorum.
- Ledesma von der Chocolaten.
- Leibnizii Epist. de Novo Remed. antidysent.
- Lemeri Cours de Chymie.
- Levvenhoeck Anatome Rerum.
- Arcana Naturae detecta.
- Libavius de Succino & Gagate.
- Licetus de Lapide Bononiensi.
- Ligonis Histor. Nat. Insulae Barbados.
- Limbergs Itinerarium.
- Lindenius de Scriptis Medicorum.
- ???inschoth Orientalische Schiffarth.
- Lippenii Bibliotheca Med. Realis.
- Lipsii Syntagma de Bibliothecis.
- Listerus de Araneis.
- Lomeierus de Bibliothecis.
- Lopez Histor. gener.
- Lorentzens Naturalien-Kammer.
- Ludolfi Historia AEthiopica.
- Commentar. in Hist. AEth.
- Ludovici Diss. de Moderatione Taxarum.
- Pharmacia mod. seculo applicand???.
- Tr. de Volatilisat. ???
- Lusitani (Zac.) Medicorum Principi Hist.
- Lyseri Observationes post Cultr. Anat.
L.
- Maëtii Prodromus Chym. Ration.
- Magnenus de Manna.
- Tabaco.
- O. Magni Histor. Septentrional.
- Majoris Comment. in Columnam de Purpura.
- Majoris Diss. de Calculo Sperlingiano.
- Histor. Anatomiae Chiloniensis primae. [mein. von den Kunst- und Materialien-Kam̅ern insge-Vorstellung etlicher Kunst-Kammern in America, Asia, Africa, &c. &c.
- Tr. de Marga.
- Maji Historia Animalium.
- Mallet Beschreibung deß gantzen Welt-Krävß.
- Mandelslo Itinerarium.
- Manitius de AEtatibus Zedoariae.
- Marggravii Hist. rerum naturalium Brasil.
- Marii Castorologia.
- Maroneus de Amomo.
- Marsigli Tr. de Fosforo Minerale.
- Notitie di Constantinopoli.
- Sopra la pianta del Caffé.
- Martel Pierre de Mexique.
- Martens Itinerarium Spizbergicum.
- Martini Atlas Sinensis.
- Marxens Teutsche Material-Kammer.
- Matthioli Commentarius in Dioscoridem.
- Mayovv de Nitro aëreo.
- Meisters Ost-Indianischer Lust-Gärtner.
- Merreti Anmerckungen über deß Nevi Glaßmacher-Kunst.
- Meürsius de Luxu Romanorum.
- Mayerus de Volucri Arborea.
- Mezgeri Ambrologia.
- Michaëlis Opera Medico-Chirurgica.
- Micr???lii Syntagma Historicum.
- Mindereri Aloëdarium.
- Miscellanea S. R. I. Acad. Nat. Cur.
- Moebii Anatomia Camphorae.
- Molitor de Thermis Artificialibus.
- Monardes Tr. de Simplicibus ex Occid. India.
- Monconnys Voyages.
- Montanus von der Goldbergischen Terra Sigillat???.
- Morisonii Hortus Blesensis.
- Mortoni Opera Medica.
- Moscardi Museum Italicum.
- Mynsichti Armament. Medico-Chym.
M.
- Neandri Sassafrasologia.
- Syntagma de Medic. Laud.
- Tr. de Tabaco.
- Nebelii Disp. de Malo Citreo.
- Notae ad Ammanni Charact. Plan???.
- Negotien-Bücher der Niederländischen Compagnie.
- Neri Ars Vitraria.
- Nicolai Museum Curiosum.
- Niederstätts Beschreibung der Insul Maltha.
- Nieuhofii Itinerarium ad Chinam.
N.
- Oleandri Orientalische Reiß-Beschreibung.
- Jürgen Andersen.
- Olearii Annotat. ad Itinerarium Mandelslo
- Gottorpische Kunst-Kammer.
- Persianische Reiß-Beschreibung.
- Oppiani s. de Nat. Piscium.
- ab Ortu Tr. de Aromatibus.
- Oviedo Histor. Nat. Ind.
O.
- Palmarius de morbis contagiosis.
- Panarolli Observationes.
- Paracelsi Opera.
- Paulini (Fab.) de Viperis in Trochise. pr???
- Paulli Digress. de Febrib. Malignis.
- Quadripartitum Botanicum.
- Tr. de usu & abusu Tabaci.
- Paullini de Asino.
- Jalappa.
- Pechlini Tr. de Purgantibus.
- Theologia.
- Pedemontani Lib. de Secretis.
- Plikenkamp de Arboribus Philosoph.
- Petiveri Museum.
- Pflaumeri Mercur. Ital.
- Pharmacopoeia Bateana.
- Pisonis Histor. Nat. Brasiliae.
- Mantissa Aromatum.
- Placotomi Disc. de Santalis.
- Plateri Praxis.
- Photii Historia Natur. Agri Oxoniensis.
- Plukenet Phytographia.
- Plumerii Description des Plantes d' Amerique.
- Polisii Myrrhologia.
- Pomet Histoire des Drogues.
- Porta Magia Naturalis.
- Ptolomaei Geographia.
P.
|| [ID00032]
- Radzivil (Principis) Reiß-Beschreibung.
- Raji Historia Plantarum.
- Methodus Plantarum Nova.
- Rau Wolfii Reiß-Beschreibung.
- Redi Experimenta Naturalia.
- de Generatione Insectorum.
- Observat. de Viperis.
- de Regio Tr. de Capsicis.
- Reiskii Dissert. de Glossopetris Lüneburg.
- Renodaei Institutiones Pharmaceuticae.
- Reudenius de Gummi Guttae.
- ???en Rhyne Dissertatio de Arthritide.
- Ringelbergii Experimenta.
- Rivini Introductio Gen. in Rem Herb.
- Rivii Historia Navalis.
- Robertson Lexicon Concord.
- Rochus de rebus min. s. metall.
- Rondeletius de Piscibus.
- Rudbeckii Atlantica.
- Rulandi Lexicon Alchymicum.
- Rumphii Amboinsche Rariteit-Kamer.
- Ambonisches Kräuter-Buch.
- Send-Schreiben.
R.
- Saar Ost-Indianische Kriegs-Dienste.
- Sachsii Ampelographia.
- Gammarologia.
- Monocerologia.
- Salae Tartarologia.
- Salmasii Exercitat. ad Solin.
- Sanfelicius Tr. de Campaniâ.
- Saruzenus de Notis Bezoar.
- Scaligeri Exercitationes.
- Scapula Lexicon Graeco-Latin.
- Schambergers Japonische Reiß-Beschreibung.
- Scharffii Curiosa Juniperi Descriptio.
- Schefferus de Militiâ Navali.
- Scheuchzeri Histor. Nat. Helvetiae.
- Schicsai Persianisches Rosen-Thal.
- Schmuckii Secreta Chymica.
- Schotti Opera Varia.
- Schreyeri Neu-Ost-Indianische Reiß-Beschreibung.
- Schroeckii Historia Moschi.
- Schroederi Pharmacopoeia Medico-Chym.
- Schroëeri brevis in Nat. Opii inquisitio.
- Schulzii Triga Cinnaber.
- Schuppii Salomo.
- Schurtzens Neu-eingerichtete Material-Kammer.
- Schweiggers Reiß nach Constantinopel und Jerusalem.
- Schwenckfelds Catalogus Fossilium Silesiae.
- Seidelius de Morbis Incurabilibus.
- Seneca de Tranquillitate animi.
- Sennerti Paralipomena.
- Praxis.
- Serapionis Practica s. Breviarium.
- Sereni Lib. de Re Medicâ.
- Seutteri Disput. de Nuce Vomicâ.
- Sibbaldi Scotia Illustrata.
- Tr. de Anseribus Scoticis.
- Soleysel le Parfait Marescal.
- Sorbaiti Opera Medica.
- Speneri (Ioh. Iacobi) Disputatio de Usibus Gemmarum superstitiosis.
- Index Musei Speneriani.
- Speneri (Christ. Maxim.) Eipist. ad D. Valentini de Mutibus Marinis.
- Spleissii Annotat. ad Zapat. Mirabil.
- Sponii Aphorismi Novi
- Stahlii Disput. de Lapide Manati.
- Metallurgia.
- Stenonis Anatome Piscis Carchariae.
- Rajae ad Pisonem.
- Sterrbecc Theatrum Fungorum
- Citri Cultura.
- Stisserus de Machinis Fumiductoriis.
- Feb. Intermitt. Consider. Nova.
- Stockhusius de Fumo Lithargyrii noxiô.
- Stockhusius Von der Berg-Katze.
- Strobelbergeri Tr. de Cocco-Baphia.
- de Foeniculo.
- Mastichologia.
- Stubbe Tr. de Chocolata.
- Sturmii (Ioh.) de Rosa Hierochuntinâ.
- Swertii Florilegium.
- Sydenham Epist. de Lue Venereâ.
- de Morbis Acutis.
- Sylvii (de le Boë) Praxis.
- Sylvii (Iucobi) Tr. de Delectu Medicam.
S.
- Tachenii Clav. Hippocr. Chym.
- Tackii Manuale Manuser.
- Triplex Phas. Soph.
- Talanders Reiß-Beschreibung durch Italien.
- Tavernier Itinerarium in Indiam.
- Temple Essay du Moxa contre la Goute.
- Terrentii Notae ad Ant. Recchum.
- Tertre Histoire. des Antilles.
- Thevenot Itinerarium.
- Tillingii Tr. de Opio.
- Rhabarbarologia.
- Scrutin. Cinnab, miner.
- Torck Disput. de Cervo ejusque partibus.
- Transsylvanus de Moluccis Insulis.
- Tournefort Instit. Botanicae.
- Tulpii Observationes.
T.
- Valentini (Bus.) Currus Triumph. Antim.
- Valentini (Mich. Bernh.) Diss. Epistolicae.
- de Filtrolap.
- Histor. Liter. S. R. I. Acad. H. C.
- Naturalis Hassiae.
- Medicina Nov. Antiqua.
- Novellae Medico-Legales.
- Pandectae Medico-Legales.
- Polychresta Exotica.
- Praxis Med. Infallibilis.
- Von den Sauer-Brunnen in Oberund Unter-Hessen.
- Vallemoot. de Magnete in Turri invent.
- Valleriolae Observationes.
- Vannini Amphitheatrum Providentiae Divinae.
- Velschius de AEgagropilis.
- Hecatoste Observationes.
- Pinacotheca Univers. Mscr.
- Verulamii Historia vitae & mortis.
- Vesalii Epist. de Rad. Chinae.
- Veslingii Observationes in Prosp. Alpinum.
- Vielheuers Beschreibung frembder Materi???.
- Virgilii Georgica.
- Vitruvii Architectura.
- Volkameri Opobalsami Orient.
- Examen.
- Volderi Disput. de Aeris Gravitate.
- Veorn Museum Indicum.
- Vossius de Ort. & Propr. Idololatr.
- Ej. Etymologicon.
- Vriesiii Groënlandia Antiqua.
- Urbini Türckisches Stadf-Büchlein.
- Ursini Arboretum Biblicum.
- Tr. de Gemmis Biblicis.
V.
- Wagneri Hist. Nat. Helvet.
- Waldschmidii Monita de Opio.
- Epist. Amoeboeae.
- Wedelii Opiologiâ.
- Disp. de Camphora.
- Musco terrestri.
- Sale Ammon.
- Weckeri Antidotarium.
- Wigandus de Succino.
- Willii Dissert. de Itineribus Philiat. Germ.
- Willisiii Opera.
- Willugby Ornithologia.
- Piscium Historia.
- Wittichs Beschreibung verschiedener Simplicen.
- Wormii Museum.
- Wurfbainii Salamandrologia.
W.
- Zacchi??? Quaest. Medico-Legales.
- Zaluzanii Methodus Herbaria.
- Zeileri Hand-Buch.
- Italianische Reiß-Beschreibung.
- Zobelius de Tartaro.
- Zwelferi Animadv. in Ph. Aug.
- Apolog. contra Tachen.
Z.
|| [ID00033]
INDEX SIMPLICIUM ET MATERIARUM IN MUSEO MUSEORUM RECENSITARUM.
- ABelmoschi
- Acacia vera
- vulgaris
- Acetum vini
- scilliticum
- Achiotl
- Acidulae nat. & artificiales
- Acmella
- Adamas
- Adamica terra
- Adianthum album
- nigrum .
- vulgare .
- AEgagropila .
- AErugo
- AEs caldarium
- ustum
- AEtites
- Agallochum
- Agaricus mineralis
- quercus
- trochiscatus
- vegetabilis .
- Agnus Castus
- Schythicus vegetab.
- Alabastrum
- Alcali Sal
- Alcanna
- Alce
- Alga Saccharifera Island.
- Alkermes
- Alquifoux Gallorum quid?
- Aloe caballina
- hepatica .
- lucida
- succotrina .
- Aloes lignum
- Alumen botryoides
- catinum
- faecum
- plumosum .
- rubrum spurium
- verum .
- rupeum seu de rocca
- saccharinum .
- scajolae seu scissile
- ustum
- Zigenhainense .
- Ambra grysea vera
- cruda
- nigra
- Amethystus
- Ammi
- Amomum
- Dioscoridis
- Plinii
- racemosum
- Ammoniacum gummi
- sal
- Amydum vel Amylum
- Amygdala amara
- dulcia
- Ampelitis
- Anacardia
- Ananas
- Anatrum
- Anchusa
- Angelica
- Anil
- Anisum
- stellatum
- Anleres Scotici fabulosi
- veri
- Antipathes
- Authora
- Anthraces
- Antimonium crudum
- diaphoreticum
- Antimonii butyrum .
- crocus metall.
- flores .
- hepar
- minera
- Regulus simplex
- Martialis .
- medicam. .
- sulphur auratum
- vitrum hyacinth.
- nigrum .
- purpur. .
- Antihecticum Poterii
- Antophylli
- Aphronitrum
- Aper
- Indicus .
- Mexicanus .
- Apti dentes
- Aqua benedicta Rulandi
- fortis
- Regia .
- Aquila
- Arabicum Gummi
- Aracus aromaticus
- Arbor regundorum finium
- Philosophi
- Arcanum corallinum
- duplicatum
- Areca
- Argentum
- foliatum .
- in musculis .
- Musicum .
- Vivum
- Argilla
- Aristolochia vid. Rad. arist.
- Armena bolus
- Arsenicum album
- citrinum
- nativum an detur?
- rubrum
- Arum
- Asarum
- Asparagi semen
- Asphaltum
- Assa dulcis
- foetida
- Astroites lapis
- Atramentum commune
- Sinense
- Avanturine
- Aves Paradisiacae
- Aurantia
- Sinensia
- Auripigmentum
- Aurum
- albicans
- foliatum in libellis
- libris
- finum
- mistum
- Fulminans
- in musculis
- Aurum Musicum
- Potabile
- Sophisticum
- Axungia humana
- Lunae
- Solis
- Taxi
- vitri
- ursi
A.
- BAccae alkekengi
- juniperi
- lauri
- myrthi
- myrtillorum
- Badian
- Balanus Myrepsica
- Balaustia
- Balsamum alb. Perav.
- de Copaiba
- nigrum Peruvian.
- Saturni
- verum
- Banillia
- Barometra unde conste???t
- Basaltes
- Bazgendge
- Bdellium
- Beculo Beloculo vid.
- Been album
- rubrum
- Belemnites
- Benzoe
- Bergerac
- Berniclae
- Bexugillo
- Bezetta coerulea
- rubra
- Bezoar equinum
- Germanicum
- mulinum
- occident.
- orientale
- simiarum
- Bezoarticum animale
- minerale
- Bismuthum
- Bitumen Judaicum
- Blanc d' Espagne
- de Perle
- Blatta Bizantina
- Bois de Palile
- Boleti
- Bolus Armeniae
- Leiningensis
- Toccaviensis
- Bombax
- Boramez
- Borrax Venet.
- Botargum
- Botritis cadmia
- Brasiliense lignum
- Broullamini
- Bryonia communis
- Indica vid.
- Butyrum ???
B.
|| [ID00034]
- CAccao
- Cadmia fossilis metallica
- nativa metalli expers
- Cadmia factitia .
- Cagosanga vid.
- Calambac
- Calaminaris lapis
- Calamita bianca
- Calamus aromaticus
- sacchariferus
- Calbahar
- Calculus humanus
- Callimus lapis
- Calloti
- Camphora
- Borneana
- Japanensis
- Cancamum
- Canella
- alba
- de Milano
- Canelle matte
- Cancri fluviatiles
- matini
- Cancrorum marinorum chel???
- oculi
- Canna saccharifera
- Cantharides
- Capilli Veneris
- syrup.
- Capoc
- Cappares
- Capsicum
- Carabe
- Caranna
- Caraquen
- Carbunculus
- Cardamomum majus
- maximum
- minus
- Carduus benedictus
- Carizae
- Carlina
- an delasset?
- Carneolus
- Carpo-Balsamum
- Carthamus
- Carui semen
- Caryophilli aromatici
- Regii veri
- spurii
- Cassia AEgyptiaca
- Brasiliensis
- Caryophillata
- Cinamomea
- fistula
- lignea
- pro clysteribus extr.
- Cassonada
- Cassutha
- Castaneae
- Castoreum
- Casuarius
- Cataputia
- Catechu
- Cajous
- Caviaro,
- Cedrus
- Libani
- Cedria
- Cera alba
- citrina
- flava
- rubra
- sigill. Hispan.
- Chinensis
- Cerasorum gummi
- Ceratonia
- Ceraunia
- metallica
- Cervus
- Cervinum bezoar
- cornu
- lachryma
- os de corde
- sebum
- Cerussa
- antimonii
- nigra
- Ceterach
- Chalcitis
- Chalybs
- Chagrin
- Chaquerille
- Chamepythis
- Chamomilla Romana
- vulgaris
- Charta Hispanica
- Chermes
- China
- China Chinae
- Spuria
- Chocolata
- Chrysocolla .
- Chrysolithus
- Cicer
- Cichorium
- Cinamomum
- Cinnabaris antimonia
- factitia
- nativa
- Cingulum Mercuriale
- Cineres clavellati
- jovi???
- Cinis infectorius
- Citrus
- Citrulli semen
- Clincant
- Cnicus
- Coatli
- Cobathum
- Coccinilia
- Coccognidium
- Cocos
- Maldaviensis
- Cocculi di Levante
- Coffi
- Colcotar vitrioli
- Colocynthus
- Colophonium
- Colla piscium
- Colubrinum lignum vid.
- Conchites
- Confection???s variae
- Contrayerva
- Copal
- Corallia alba
- nigra
- rubra
- Corallina
- Cordis Cervi ossa
- Coriandrum
- Cornua Ammonis
- Cornu Alcis
- Cervi
- Rhinocerotis
- Cortices capparum
- caryophyllod.
- granatorum
- ligni sancti
- mandragorae
- mezerei
- Wintheran.
- thymiamatis
- Cosmeticum Cluvii
- Costa sartoria
- Costus albus
- amarus
- corticosus
- dulcis
- ventricolus
- Cranium humanum
- Crayon
- Craye de Briancon
- Creta
- Umbria
- Crodilaster cristatus
- Crocus
- Martis
- Metallorum
- Crystallus
- montana
- Crystalli aeris
- Lunae
- Tartari
- Cubebae
- Cucumeris semen
- Cucurbitae semen
- Culilavvan
- Cuminum
- AEthiopicuna
- Cupressus
- Cuprum
- Cuscuta
- Cutis humana
- Cymolia terra
- Cyperus longus
- rotundus
- Cysteolithus
C.
|| [ID00035]
- DActyli
- Daucus Creticus
- nostrâs
- Dentalium
- Dentes apri
- castorei
- elephanti
- hyppopotami
- Diagridium
- Dictamnus albus
- Creticus
- Diphryges
- Diphyes
- Doronicum
- Dudaim
D.
- EBenum
- Ebur
- fosssile
- Philos. calcin.
- Emplastrum Norimberg.
- Elaterium
- Electrum vid.
- Elemi
- Elephas
- Elleborus albus
- niger
- Encardia lap.
- Emula
- Entali
- Equinum bezoar
- Equi Lusitanici
- Marini an vento concipiant?
- Persici
- Epithymum
- Eringium
- Esula
- Euphorbium
E.
- FAbae
- S. Ignatii
- Marinae
- D. Thomae
- Faufel
- Fernambuc
- Fel tauri inspissatum
- terrae
- vitri
- Figurae Talisman.
- Filtrum lapis
- Florée d' Inde
- Flores aeris
- auriculae
- cassiae
- granatorum
- jovis
- marcasitae
- Martis
- Varii
- Flores metallici
- Foeniculum
- stellatum
- Folia acmellae
- Ind.
- lauri
- sennae
- Folliculi sennae
- Fontes Soterii
- Fritta quid?
F.
- GAgates
- Galanga major
- minor
- Galbanum
- Galena
- Gamaicu
- Gallae
- Turcicae
- Gemmae
- Nucis Maldiv.
- Gentianae radix
- Geodes lapis
- Gialappa
- Gin-sem radix
- Glastum
- Glacies Mariae
- Glans unguentaria
- Glycirrhiza
- Glossopetrae
- Alzeienses
- Gossypium
- Grana d' Avignon
- chennes
- Paradisi
- Granatilli
- Granatus arb.
- lapis
- Grapp
- Gratiola
- Groesin
- Guajacum
- Gummi Ammoniacum
- anime
- Arabicum
- carannae
- cerasorum
- elemi
- guttae
- hederae
- laccae
- sandaracha
- senica
- serapinum
- Gypsum
G.
- HAEmatites
- Hepar antimonii
- lapidis album
- rubrum
- Herba Thée quid?
- Herbae variae offic.
- Hermodatilis
- Hirculus
- Hostiae
- Honatte
- Hydragyron
- Hydrotites lapis
- Hysterolithus
- Hypocystis
H.
- JAsminum
- Jaspis
- Ichthyocolla
- Imperatoria radix
- Inde flottante
- Indigo Dominico.
- lauro
- platto xerquies
- quatimalo
- Ipecacuanha
- Iris Florentina
- lapis
- Isatis sativa
- Judaicum bitumen
- Judaicus lapis
- Jujubae
- Juncus odoratus
- Juniperus major
- minor
- baccae
- Malvaticum
- sal
- spiritus
I.
- LAcca
- Florentina
- in globulis
- Lac Lunae
- Lacmus
- Ladanum
- Lapis Aetites
- Amianthus
- Armenus
- Asbestus
- Astroites
- Bononiensis
- Bufonius
- Calaminaris
- Caymanum
- Contrayervae
- filtrum
- Florentin.
- fulminaris
- metallicus
- Gamaica
- haematites
- hystericus
- infernalis
- Islebiensis
- Judaicus
- Lazuli
- Lygdius
- Lyncis
- Manati
- medicamentosus
- Mexicanus
- mirabilis
- molybdites
- nephtiticus
- Ophites
- Parius
- pavonius
- porcinus
- prunellae
- sabulosi Palatin.
- schistus alb.
- Lapis Schistus commun.
- pellucidus
- Schvvarzvvaldensis cum Fig.
- plantarum
- Serpentinus
- Specularis
- Spongiae
- Thracius
- Variolatus
- Violaceus
- Laserpitium
- Lavendula
- Lauri bonae
- folia
- oleum
- Lazuli lapis
- Levisticum
- Lichen
- Lignum Acajoux
- agllochum
- aloes
- ambratum
- asphalatum
- Brasilium
- buxi
- Campesche
- Camphoratum
- Carabaccium
- Cedri
- Colubrinum
- Ebenum
- Fernambuc
- Fustel
- Guajacum
- de Japon
- Lamen
- lentiscinum
- litertum
- nephriticum
- Panava vel Pavana
- Rhodinum
- Sambaram
- Sanctum
- Sandalum album
- flavum
- rubrum
- Sapan
- Sassafras
- Tamarisci
- Lilium convallium
- Limatura Martis
- Lini semen
- Linguae Melitenses
- Liquidambra
- Liquiritia
- Lithargyrium argenteum
- aureum
- Lucerne
- Ludus Helmontii
- Lupini
- Lycium
- Lycopodium
- Lyncurius lapis
L.
|| [ID00036]
- MAcis
- oleum .
- Magnesia
- Magnes
- Magisterium jalappae
- jovis
- marcasitae
- terrae sigillatae
- Majorana
- Mala aurantia
- Sinensia
- Citria
- Punica
- Malabathrum
- Malachites
- Maltha
- Malva
- Manati
- Lapis
- Manna Calabrina
- Mastichina
- Montis
- Mandragora
- Manigette
- Manucodjata
- Mss. Digbaei ubi lateant
- Marchasita
- argentea
- aurea
- Marcasitae magisterium
- Marga saxatilis
- Margaritae occident.
- orientales
- sunt ovula
- Margaritas minores majores reddere
- Margaritarum piscatio
- Maroquin
- Massicots
- Mars
- Martis mineta
- Solaris
- Marum verum
- Mastiche
- rubra
- Mater perlarum
- Mazatli
- Mechoacanna alba
- nigra vid.
- Melanteria
- Melaquette
- Mel
- Melissa
- Melligette
- Melonum semen
- Mercurialis aqua
- cingulum
- Mercurius dulcis
- praecipitatus
- resuscitatus
- sublimatus
- virgineus
- vitae
- vivus
- Mexachuchitl
- Merzereum
- Milium Solis
- Minera ??? Hassiaca
- Mercurii
- Minium
- Misi
- Molochites
- Momordica
- Moschus
- Moxa
- Mumia
- alba
- nativa
- Muminahi
- Muris Montani axungia
- Musa
- Muscerda
- moschade
- Muscus arboreus
- cran. hum.
- fontanus
- terrestris
M.
- NAphtha
- Napi semen
- Nardus Celtica
- Indica
- Nasturtii semen
- Natrum AEgyptiacum
- Nephriticum lignum
- lapis
- Nicotiana
- Nigella
- Nihilum album
- Nitrum
- fixum
- praeparatum
- Spiritus
- anticolicus
- Noir d’ Allemagne
- d' Espagne
- Nux avellana
- Ben
- Cocos
- Maldiv.
- Indica condita
- Lampertiana
- moschata mas
- foemina
- Regia
- Pinea
- Ponticae
- Vomica officinar.
- vera Antiq.
N.
- OBlatae
- Ochra
- plumbaria
- factitia
- Oculi cancri
- serpentum Melitenses
- Oesypus
- Oleum de Cade
- cinamomi
- laurinum
- nucistae destill.
- expressum
- olibani
- olivarum
- Omphacinum
- palmae
- petrae album
- nigrum
- rubrum
- Rhodinum
- terrae
- Olivae
- Omphacium
- Onosma
- Opalus
- Opium
- Ophites
- Opobalsamum
- Opopanax
- Orcanette
- Orichalcum
- Orseille de Lyon
- Orleana humida
- sicca
- Oriza
- Os de corde bovis
- cervi
- sepiae
- Osteocolla
- Hassica
- Ostracitis cadmia
- Ostrutii radix
- Ova struthionum
- Oxicedus
O.
|| [ID00037]
- PAlma
- Palmites
- Panacea Mercurialis
- Pancratium
- Pancopal
- Panis Aëtiticus
- Papaver album
- nigrum
- rhoeas
- Paradysi grana
- Paneira brava
- Passulae majores
- minores
- Pedra del porco
- Perelle
- Perigueur
- Persicorum flores
- nuclei
- Petroleum
- Petroselinum hortense
- Macedon.
- Peucedani radix
- Phosphorus
- Pierre pretieuse de Grenoble
- Pilae Damarum
- marinae
- Pilulae Francofurtenses
- Pimenta de Chiapa
- Pinea Indica
- Pini nuces
- resina
- Piper AEthiopicum
- album
- Hispanicum
- Jamaicense
- longum
- nigrum
- Tabasci ,
- Pissaphaltum
- Pisselaeon
- Pistacia
- Pix
- Placitis
- Plumbago
- Plumbum
- matinum .
- minerale
- ustum
- Poleponze
- Polium montanum
- Pompholix
- Porphyrites
- Potelot
- Poudre Duc 293
- Pruna de Brignole 323
- Damascena 323
- Sylvestria vid. Acac.
- Pulmo vulpis 452
- Pulmonaria arborea 228
- Pulpa Cassiae 342
- Pulvis bez. Anglicus 167
- Imperialis 92
- Pyrius 91
- Sympatheticus 22
- Pumex 59
- Venetus 60
- Purpurine 75
- Pyrethrum 191
- Pyrites 88
P.
- RAdix acori adult. 180
- nostr. 181
- anthorae 177
- aristotoch. longae 193
- rotundae ibid.
- arthanitae 161
- behen alb. 190
- rubr. ibid.
- Cardopatiae 172
- Carlinae ibid.
- Chinae 169
- Contrayervae 166
- Cyclaminis 160
- Cyperi longi 187
- rotund. ibid.
- Curcumae 189
- doronici 76
- galangae maj. 187
- min. ibid.
- Radix hellebori albi 158
- nigri ibid.
- jalappae 154
- ipecacuanhae alb. 147
- nigr. 148
- ireos Florent. 179
- nostr. ibid.
- mechoacannae 153
- meu 174
- Ninsing 163
- Pareirae bravae 159
- Pistolochiae 195
- Pulsatillae 171
- Pyrethri 191
- Rhabarb. 149
- Monach. 151
- Rhapont. 152
- Rhodia 202
- Rub. Tinctor. 197
- Sarsaparillae 168
- serpent. virgin. 165
- thymeleae 159
- variae officinales 201
- viperina Virgin. 165
- Zedoar 185
- Rasura ligni sancti 261
- Realgar 38
- Remora 488
- Rhinoceros 424
- Rhus 226
- Risigallo 38
- Rochetta 26
- Rosa Hierochuntina 109
- Rosette 276
- Rosmarinus 246
- Ros solis ibid.
- Rubia tinctorum 197
- Rubinus 42
- Rubrica 8
- Ruscus 201
- Rusma 38
R.
- SAbina 246
- Saccharum Canariense 243
- Candum album 244
- rubrum ibid.
- Maderiense 243
- de Mambu 241
- penidium 245
- Thomaeum ibid
- Saturni 83
- Saffia 39
- Safranum 237
- de Gatinois 236
- Sagapenum 362
- an venensum? ibid.
- Sal alcali 25
- ammoniacum 428
- commune fontanum 14
- matinum ibid.
- gemmae commune 13
- rubrum 14
- Indum 14
- Jovis 79
- pettae 18
- pyramid. AEgypti 14
- vitri 27
- Sandaracha miner. 56
- vegetab. 273. 274
- Sandix 82
- Sanguis Draconis 386
- Martis Geilf. 86
- Santalum alb. 270
- citrinum 271
- coetuleum 266
- rubrum 271
- Santonicum 132
- Sapo communis 433
- Venetus 434
- Saponetto odorifero 139
- Sapphirus 43
- Sarcocolla 365
- Sarda 44
- Sarsaparilla 168
- Sassafras 265
- Scammonium 385
- Scascarilla 252
- Schagren 431
- Schoenanthum 238
- Ambonicum ibid.
- Seilla 200
- Scinci marini 471
- Sebesten 210
- Secco 317
- Selenites 46
- Semen agni casti 128
- ammeos 11
- anisi 115
- bombacis 354
- carni 118
- carthami 237
- cinae 132
- crithmi 122
- coriandri 123
- cumini 119
- dauci cret. 111
- flore cauli 134
- foeniculi 121
- foenugraeci 135
- lycopodii 228
- Magaleppae 138
- Semen mannae 141
- nigellae 120
- orizae 141
- petroselini Macedon. 114
- ricini 345
- santonici 132
- saxifragiae 127
- seseli 113
- staphisagriae 131
- thlaspios 130
- Semina varia officin. 143. 144
- Sena 222
- Serapinum gummi 362
- Sericum 512
- Serpentani Virgineana 165
- Sesamum 145
- Seseli 113
- Sileris semen ibid.
- Siliqua 313
- Siliquastrum 300
- Smalta 40
- Smaragdus 43
- Smectis 78
- Schmiris 49
- Soldanella 224
- Solen 500
- Sophisticatio Virginum 16
- Soude 24
- Sory 23
- Speanter 89
- Specularis lapis 46
- Sperma ceti 477
- Spica Caltica 234
- hortensis ibid.
- Indica 233
- Spiritus nitri 8
- terrae sigillatae 3
- vini 317
- rectificatus ibid.
- Vitriol. Philos. 92
- Spodium 422
- Spongia Lunae 52
- marina 103
- solis 52
- Squilla 201
- marina 494
- Stracte 364
- Stalactites 67
- Stannum 78
- cinereum 88
- Stil de grain 305
- Stinci marini 506
- Stoechas Arabica 239
- Storax Calamita 369
- liquida 370
- Struthio 460
- Suber 257
- Succinum album 35
- flavum ibid.
- nigrum 35
- Succolada 283
- Succus liquritia 178
- Sulphur auratum antim. 92
- caballinum 30
- flavum ibid.
- scissile 31
- virgineum 30
- vivum 29
- Sulphuris balsamum 31
- flores ibid.
- lac ibid.
- spiritus 31
- Sulphuris spiritus coagulatus 20
- oleum per camp. 3
- Sumae 224
- Syrupus 242
- violarum adult. 12
S.
|| [ID00038]
- TAbacinus clyster 219
- Tabacum ibid.
- Tabaxir 241
- Tacamahaca 274
- Talcum argenteum 51
- aureum ibid.
- an oleum fundet ibid.
- Tamarindi 343
- Tamarisci cortex 266
- lignum 266
- Tarantula 514
- Tartarus albus 319
- chalyb. 320
- emeticus. 92
- ruber 319
- vitriolatus 320
- Tartari cremor 319
- crystalli ibid.
- sal 320
- oleum p. d. ibid.
- Terebinthina com. 488
- Cypria 407
- Veneta 407
- Terra Aceldema 5
- Adamica 2
- alba 7
- antiscorbutica 4
- Catechu 2
- Chia 2
- Citria 6
- Coloniensis 8
- Cymolia 2
- Japonica 5
- Ilsania ibid.
- Norimberg. rubra 7
- Terra Sigillata 2
- Arabica 2
- Bohemica ibid.
- Gallica 3
- Greiffensteinensis 2
- Hierosolymitana 2
- Laubacensis ibid.
- Lemnia ibid.
- Lignicensis ibid.
- Livoniensis ibid.
- Melitensis 2. 66
- Strigoniensis 2
- Turcica ibid.
- Ungarica ibid.
- Terrae Sigillatae magisterium 3
- spiritus 3
- Terra viridis 7. 77
- vitrioli dulcis 24
- Umbria 8
- Thee appropriatum 210
- boye 209
- commune 208
- Thermae 100
- artificialea 101
- Thora 177
- Thus 366
- Thymiama 369
- cortex 370
- Thymus 246
- Tinctura Benzoini 358
- Lunae 72
- Tinctura Martis 86
- Solaris 4
- Topasius 43
- Tormentilla 203
- Torna sanguinis asinini 438
- Solis 226
- Tornesol en pate 226
- Torpedo 488. pierre ibid.
- Tragacanthum album 400
- nigrum 401
- Tripolis 7
- Trochisci allandal 545
- alkekengi 350
- hedichroi 215
- de viperis 345
- Tuba baccifera 327
- Turpethum 156
- minerale 97
- Tutia 75
T.
- VAinigliae 286
- Venus ut dealbetur 84
- Veratrum 158
- Verdello 56
- Vermicelli 143
- Vermillon 95
- d’ Espagne 96
- Vernix 411
- Victorialis longa 203
- rotunda ibid.
- Vinum Alonense 317
- Hispanicum ibid.
- de Thin ibid.
- Vipera 504
- Viperina Virginiana 165
- Viride aeris 76
- Viride montanum 7. 77
- Viscum Alexandrinum 337
- aucuparium ibid.
- corylinum ibid.
- quernum ibid.
- Visnaga 112
- Vitri fel 27
- Vitriolum album 22
- Anglicum 22
- de Cypro ibid.
- Goslariense 22
- Pisanum ibid.
- Romanum 22
- Salisburgense ibid.
- Scanicum 22
- Suecicum 22
- Ungaricum ibid.
- Vomitivum 23
- Vitrioli sal 23
- Spiritus ibid.
- nocumenta ibid.
- Vitrum Venetum 28
- Umbilicus marinus 500
- Veneris 246
- Ungula alcis 429
- Unguentum armarium 22
- Unicornu fossile 482
- verum maria. 481
- Urucu 8
- Usnea cranii hum. 420
- Vulpis pulm. 452
- Indica ibid.
- Ultramarinum 85
- Uvae Corinthiacae 317
- Damascenae 316
- passae 315
V.
|| [ID00039]
Zweytes Register Uber die Teutsche Nahmen aller ???aterialien.
- ACmellen Blätter 206
- Adler-Stein 63
- Agstein / wo er eigentlich herkom̅e? 35
- Alabaster-Stein 56
- Alaun 17
- Alaun-Zucker 17
- Aloe 376
- Alkermes-Safft 304
- Alraun 199
- Altzcyer Schlängen-Zungen 60
- Am???er-Kraut 213
- Amber die graue / was es seye? 479
- die rothe 479
- die schwartze 479
- Ammey-Saamen 11
- Ammiac 428
- Amomum 109
- Anchovies 486
- Anime das Hartz 367
- Aniß 115
- Holtz 278
- Arabisch Hartz 390
- Armenier-Stein 57
- Armenische Bolus-Erde 3
- Arsenie das gelbe 37
- rothe 38
- weise / wie es gemacht werde? 37
- Asand 357
- Asur-blau 57
- Auripigment 38
A.
- BAlsam aus Aegypten 403
- Indien der schwartze 404
- der weisse 404
- Tolu 405
- Baumwoll 353
- Saamen 354
- Bauren-Senff-Saamen 130
- Boellim 372
- Beerlapp-Saamen 228
- Behrn-Wurtzel / die rothe 190
- die weisse 190
- Beinbruch-Stein 59
- Bentzoin 357
- Berg-Zinober 95
- Berg-Chryftall 45
- Grün 7. 77
- Bertram-Wurtzel 191
- Bezoar der Occidentalische 446
- der Orientalisch 444
- von Pferdten 438
- Biber-Geile 473
- sind keine Geilen 474
- Biesam 442
- Körner 107
- Blau zu färben 12. 277. 349
- Blech 85
- Bley 79
- Bley-gelb 6. 80
- weiß 81
- Blumen Kohl-Saamen 134
- Blut-Stein 48
- Bocks-Blut 450
- Horn-Saamen 135
- Borres 20
- Braunstein 41. 48
- Brusken-Wurtzel 201
- Brust-Beeren / die rothe 311
- schwartze 310
B.
- CAffe 283
- Farb 278
- Caliatur-Holtz 271
- Cameel 426
- Heu-Blumen 238
- Capern 334
- Baum-Rinde 334
- Caranna 371
- Cardamömlein die grosse 125
- kleine 125
- Carniol 44
- Cassien in Röhren 341
- Cassonat-Zucker 242
- Castanien 323
- Cedrenbaum 273
- Hartz 273
- Chermes-Beer 303
- Safft 304
- China Chinä-Rinden 255
- China-Wurtzel 170
- Chocolaten / wie sie zumachen? 283
- Chrysolith-Stein 44
- Citronen 305
- Coccionellen / was sie seyn? 516
- Coffi ist keine Bohne 282
- Cocos-Nüsse 324
- Coccel-Körner / wordda sie herrühren? 327
- Coeman 502
- Colophonium 410
- Coloquinten 344
- Cometen-Ey 462
- Copal-Hartz 368
- Corallen wie sie gesischet werden 104
- die rothe 105
- schwartze 105
- weisse 105
- Corallen-Mooß 106
- Coriander 123
- Corinthen 317
- Wein 318
- Cretischer Diptam 213
- Thym-Seyde 218
- Vogelnest-Saamen 111
- Crystall 45
- de montaigne 46
- Cubeben 30
- Cyperwurtz die Lange 187
- Cyperwurtz die runde 187
- Cypressen-Nüsse 246
C.
- DAtteln 312
- Diagrydium 386
- Diamane-Stein 44
- dessen Preiß 45
- Dinte / die gemeine 23. 232
- die Chinesische 23
- Diptain / der Einheimische 245
- Cretische 213
- Donnerkeil / der gemeine 54
- metallische 54
- Drachen-Blüt 386
- wo es herkonie? 386
- Drath 87
- Dudaim 213
D.
- EBenholtz 278
- Eberzahne 454
- Eberwurtzel 172
- ob sie andere Leut müde mache? 173
- Egyptischer Schlottendorn-Safft 389
- Eichenmistel 337
- Eiderdunen 467
- Einhorn das gegrabene 842
- rechte / woher es rühre? 481
- Eisen 85
- Blum 86
- Holtz 279
- Elephanten-Lauß 301
- Zähne 421
- Englisch braun-roth 8
- Erd-Flachs 50
- wie er zu spinnen? 51
- Esel 438
- aus Aethropien 439
- Esels-Blut 439
- Milch 438
- Essig 318
- zumachen 187
- Euphorbium 381
E.
- FEderweiß 17
- Feigen 322
- Feigbohnen 144
- Feld-Kümmel 119
- Fenchel-Holtz 265
- Saamen 135
- Ferber-Röthe 197
- Fieber-Rinde 255
- Firnuß 274
- Fischbein das weisse 484
- schwartze 484
- Fisch-Körner 327
- wo sie herrühren? 328
- Fleischleim 365
- Flöh-Saamen 144
- Florentiner-Lac 517
- Seiffe 139
- Steine 50
- Frantzosen-Holtz 264
- Frauen-Eyß 46
- Frauen-Haar 216
- Syrup 217
- Fuchs der gemeine 452
- Indianische 452
- Lungen 453
- Latwerg 453
F.
|| [ID00040]
- GAlban 361
- Galgant 187
- Gallis 336
- Gallmey 59
- Gelbe Erd 6
- Gelb zu färben 191. 278
- Gemsen-Kugel 448
- Gentian-Wurtzel 201
- Gicht-Körner 144
- Gifft-Wurtz 166
- Glaß-Gall 27
- Glaß-Kraut 25
- Glaß-Schleiffen 7
- Gold 68
- Büchlein 69
- Tinctur 70
- Gold-Glett 83
- Granaten 232
- Blüthe 232
- Safft 333
- Schalen 233
- Stein 43
- Grapp 197
- Grüne Farb 12
- Grieß-Holtz 267
- Steine 44
- Grünspan 76
- Gummi gutt 286
- Gurckern-Kerne 144
G.
- HAarstrang-Wurtzel 202
- Haselnüsse 332
- Haselwurtz 202
- Hausen-Blasen 486
- Blumen zu machen 487
- Heidelbern die einheimische 247
- welsche 248
- Heintzelmäncher 200
- Helffenbein 422
- gebrandte 423
- gegrabene 423
- Hermodatteln woher sieeigentlich entstehen? 161
- Hirschhorn 430
- Hirsch-Kreutzlein 431
- Hirschzungen 246
- Hohlwurtz die lange 193
- runde 193
- teutsche 193
- welsche 193
- Honig 509
- Hunde zu tödten 328
- Hütten-Rauch 37
- Hyacinth-Steine 43
H.
- IAlappa 154
- Iapponische Erde 5
- Tabac 219
- Indianischer Balsam 405
- Indianische Nüsse 292
- schwartze Dinte 23
- Vogel-Nester 468
- Indig / wie er gemacht werde? 12
- Ingber der graue 183
- weisse 184
- Iohanns-Brod 313
- Ipecacuansa 147
- Iuden-Leim 32
- Stein 53
- Iungfern-Milch 358
I.
- Kalmus 181
- Kermes 303
- Kesselbraun 8
- Kichern die rothe 144
- weisse 144
- Kienrauch 410
- Kockel-Körner 327
- woher sie kommen? 327
- Kostenwurtz die bittere 176
- süsse 175
- weisse 175
- Krähen-Augen die gemeine 327
- schwartze 328
- Krafft-Mehl wie es zu machen? 142
- Krebs-Augen 439
- zu fangen 357
- Kreiden 7
- Kuchenschell 171
- Kugel-Lac 517
- Kümmel der Römische 119
- schwartze 120
- Kupffer 73
- gebrandt 74
K.
- LAbacher Siegel-Erd 2
- Lack 397
- von Florentz 397
- in Kugeln 517
- Lac-Kunst 398. 411
- Lacmus 225
- Ladanum 392
- Land-Gummi 391
- Lasur-Stein 57
- Lavendel-Blumen 247
- Lauß-Saamen 131
- Lerchen-Schwamm 338
- Letterhout 278
- Lorbeern 321
- Blätter 321
- Dehl 322
- Luchsen-Stein 54
- S. Lucien-Holtz 278
L.
- MAgaley-Saamen 138
- Magnet-Stein 47
- Mägden-Holtz 279
- Mohn-Saamen 144
- Safft aus Egypten 394
- Majoran-Saamen 143
- Maltheser Sigill-Erd 2. 66
- Seylangen-Zungen 65
- Mandeln die bittere 329
- süsse 329
- Mamna wovon sie herrühre? 378
- Marien-Milch 2
- Mäuß-Dorn 201
- Gifft 37
- Meister-Wurtz 202
- Meer-Ballen 102
- Bohnen 500
- Hirschen 144
- Saltz 14
- Schwämme 500
- Zwiebeln 200
- Meng 81
- Menschen-Hirnschale 425
- Metall 54
- Mortadellen 455
- Mücken-Gifft 37
- Mumien 417
- so natürlich ist 419
- Muscaten-Blüth 293
- Nüsse 290
- eingemacht 292
- samblung 291
- Muscheln 500
- Deckel aus Indien 501
- Mutter-Näglein 295
- Zimmet 250
- Wyrrhen 364
- Myrobolanen 340
M.
- NAeglein wie sie wachsen 294
- Zimmet 249
- Nasen-Horn 424
- Nattern 504
- Nießwurtz schwartz 158
- weiß 158
- Nürnberger Pflaster 81
N.
- OChsen-Sall 432
- Steine 433
- Oblaten wie sie zu machen? 143
- Oelbaum 333
- Oliven 333
- Operment 38
- Opopanax 363
- Orlean wie er gemacht werde? 9
O.
- PAradiß-Körner 120
- Vögel / ob sie Füsse haben? 463
- Perlenmutter 495
- Perlen sind Eyer der Muscheln 495
- Pfauen-Spiegel 462
- Pfeffer der lange 299
- rothe 300
- schwartze 297
- weisse / ob er natürlich wachse 398
- Pimper-Nüsse 330
- Pimsen-Stein 60
- Pocken-Stein 52
- Wurtzel 170
- Polixander-Holtz 27
- Pomerantzen 306
- Blüth 306
- Schalen 307
- aus Sina 308
- Pomerantzen-gelb zu färben 9
- Portugiesische Schmincke 196
- Purgier-Körner 346
- Printz-Metall 54
- Prunellen 223
P.
- QUecksilber 93
- so praecipitiret 96
- sublimiret 96
- Quendel der Römische 246
- Quendel der welsche 246
- Quittenkern 144
Q.
|| [ID00041]
- Rhabarber 149 der Mönchen 151
- weisse 153
- Rhapontic die gemeine 202
- Pontische 152
- Raupen-Klee 137
- Reiß 141
- Rheinblumen 239
- Rhinocer-Horn 424
- Rohren-Caßien 241
- Röhmischer Kümmel 119
- Rose zu Jericho 109
- Rosinen 315
- die Heine 317
- Rosmarin 247
- Röthe 198
- Roth zu färben 197. 198. 276
- Rubin auß Böhmen 42
- Orient 42
R.
- SAfflor 237
- Saffran 235
- Saffian-Leder 398
- Sagapenum 362
- Salmiac 427
- Salpeter 18
- Santel gelb 271
- roth 271
- weiß 271
- Sandel-Taffet 271
- Saphir 43
- Sardellen 486
- Sarsaparillen 168
- Savonette 180
- Scammonien 385
- Scharlach-beer 303
- weid 304
- Schaaf-Indig 12
- Schagren wie es zu machen? 439
- Schell-Hartz 409
- Schieferweiß 81
- Schlangen-Augen 66
- Küchlein 505
- Zungen 65
- Schmack 226
- Schmaragd 43
- Schmeltzglaß 75
- Schnecken-Klee 137
- Schnupp-Tabac 221
- Schottendorn-Safft auß Aegvpten 389
- Schrecksteine 57
- Schwaden 141
- Schwefel 30
- Schwein-Zähne 454
- Scorzonern-Wurtzel 203
- See-Mäuse 491
- Seidenheußlein 512
- Seiffe wie sie zu sieden? 434
- Die Venedische 434
- wohlriechende Italianische wie sie zu machen? 139
- Senett-Blätter 222
- Schotten 223
- Sessel-Saamen 113
- Siegel-Erd 2
- War 398
- auß China 360
- Silber 71
- Silberglett 83
- Spanisch roth 196
- weiß 89
- Spießglaß / ob es roh zu brauchen? 90
- Spic 234
- Stahl 85
- Stanniol 78
- Stärckmehl wie es zu machen? 142
- Steingrün 777
- Stintzi 502
- Stöchas-Blumen 239
- Storar 269
- der weiche 370
- Strausen-Eyer 461
- Sumach-Saamen 224
- Süß-holtz 177
S.
- TAbac 219
- Elystier 220
- Tacamahaca 374
- Talck 51
- öhl 52
- Tamerinden 343
- Tamarisken 266
- Terpenthin 408
- Teer 410
- Teuffelskoht 356
- Theé 208
- Thym-Seide 218
- Traganth 400
- Trippel- Erd 7
- Trusen-Asche 24
- Turbith das mineralische 97
- vegetabilische 156
- Tutien 75
T.
- WAchholder Hartz 274 War 509
- Waffen-Salb 420
- Wallraht 477
- Wallroß Zähne 470
- Weid / wie er gemacht werde? 225
- Weid-Asche 24
- Weinstein 319
- Weiß Fischbein 484
- Nicht 75
- Weiß-wurtz 202
- Weyrauch 366
- Rinden 370
- Wilde Schwein auß Indien 453
- einheimische 454
- Zahne 453
- Wißmuth 88
- Wohiriechende Seiffe 139
- Wolle 488
- Wundbaum-Holtz 378
- Wurm-Saamen 132
- Wurtz-Nelcken 294
W.
- ZEller-Nüffe 333
- Zibeth 448
- Zimmet der lange 250
- Weise 175
- Zinnober 95
- Zitter-Fische 488
- Zittwar 185
- Saamen 144
- Zucker wie er gemacht werde? 242
- von Alaun 17
- Bley 83
- candirt zu machen 244
- penid zu machen 244
Z.
|| [ID00042]
Register Uber alle Branckheiten / gegen welche dienliche und bewährte Mittel in
diesem Werck beschrieben sind.
- Abgehauene Elieder zu heilen 352
- Afftergeburth zu fördern 20. 46
- Alte Schäden und Löcher 59. 169
- an Füssen 199
- Angefressene Beine 382
- Angesicht glantzent zu machen 51
- roth zu machen 197
- weiß zu machen 17. 46 358
- Ansteckende Kranckheiten zu verhüten 255
- Angst des Hertzens zu stillen 374
- Appetit zu stärcken 15. 186. 298. 334
- zu Kalck und Kreyden 154
- Auffblöhung der Mutter von eusserlicher Lufft 292
- Auffwallung des Geblüts 271
- Augen der Kinder in Mutter-Leib ???lar zu machen. 122
- Entzündung 268 gegen die Blattern zu praeserviren 232
- Gebrechen 44. 76. 136. 271
- Rebel 184
- Aussfall des Affters 101. 349
- der Mutter 101. 337. 349
- Aussatz 30. 101
A.
- BAngigkeit des Herssens 374
- Bärmutter zu stillen 57. 451. 475
- Bauchflüsse 232. 340
- der Kinder 269
- Bauchgrimmen 221
- der Kinder 451
- Beinbrüche 59
- Beisen der Augen 366. 391
- Bergkatze 83
- Bien stich 64
- Blattern der Kinder 52. 366. 323
- Blutiger Harn 48. 216
- Blutspenen 35. 48. 56. 311. 332. 366
- Blutstürtzung 3. 16. 48. 87. 105. 231. 258 337. 349. 420. 388. 395
- in Flecke???ficbern 3
- der Mutrer cum abortu 20
- Böse Grind 332
- Bräune 19. 454
- Brechen zumachen 91. 92
- so ubermäßig / zu stillen 269. 302. 332
- Brüche ohne Schnitt zu heilen 15
- Brust-Schwachheiten 31. 116. 122 178. 180. 244. 310. 311. 317 328. 452
- der kleinen Kinder 478
B.
- CAtarrhen 265
- Chiragra 162. 230
- Colic 15. 57. 118. 125. 156. 210
- Colic mit der innerlichen Gicht 164
- Contractur der Glieder 164. 325. 368. 419. 453
C.
- Darmgicht 35. 164. 289. 362
- der kleinen Rinder 70. 116
- Darmzwang 289
- Dickwanst oder Corpulentia nimia 169
- Donner-Schlag zu curiren 56
- zu praeserviren 106
- Dorne außzuzichen 214
- Dorne-Stich zu heilen 419
- Durchbruch 3. 4. 35. 56. 141. 227 231. 237. 252. 332. 337. 395
- in hitzigen Fiebern 3
- Der Kinder 293
- Durst / so übermäsig ist / zu stillen 19
D.
- Eckel des Magens 302. 334
- Engbrüstigkeit 201. 310
- Entzündung 212
- Erbrechen zu stillen 269. 395
- Erfrohrne Glieder 34
- Erhartete Nerven 363
- Erkältete Geburts-Glieder 443
- Erstarrendmachende Bisse 287
- Erstickung 289
- der Mutter 192. 221. 356
E.
- FAllende Sucht 72. 92. 164, 462
- der klemen Kinder 70
- Fallen von oben 198. 422. 449
- Fäulung zu verhindern 307. 308. 317 365. 403
- Faul Fleisch in den Wunden 16. 76
- Feuer-Wahler 273
- Freber 75. 279. 257. 289. 292. 456
- m???t Cly???irn xu euriren 257
- Filtz-Läuse 94
- Finnen im Gesicht 83 210. 320
- Flechten 320
- Flecken im Angesicht 89
- der Haur 232
- Flecken-Fieber 167. 254. 256. 456
- Fliegen zu tödten 37
- Fliegende H???tze 98. 319. 344
- Fliesende Schäden 80
- Flug der Kinder 289
- Flüsse 35. 265. 274. 311 313. 358 367. 392
- Fontanellen Küglein 162
- zu setzen 72
- Frantzosen zu heilen 91. 94. 96. 169 170. 263
- Frucht im Leib zu stärcken. 292. 308 313. 329
- zu fördern 323
F.
- GAllen-Fieber 310
- Geblut zu reinigen 213
- Geburt zu trelben 20. 46. 119. 214 304. 421
- Gedächtnüß zu stärcken 118. 125 164. 260. 301. 302
- Gegröß-Adern zu öffnen 218
- Geilheit der Manner zu mindern 19 129. 164. 203
- zu stärcken 285
- Gelbsucht 55. 56. 159. 170. 266. 320 419. 556
- von Steinen 189. 420
- Geronnen Geblut 152. 422
- Geschwär innerlich und äusserlich 31
- Geschwulst des Zahnfleisches 323
- Gicht 30. 95. 210. 289.
- Gichtflug 289
- Ginx-Husten 289
- Gifftige Thier-Bisse 234. 287
- Gifft zu treiben 67
- Glieder-Kranckheiten 95. 98. 101 274. 332. 344
- Glied-Schwämme 273. 401
- Grind 320
- Gülden-Ader / so zu sehr mütet 352
- so zu sehr fliesset 373
- Guten Athem zu machen 117. 239
- Geruch in die Kleider zu mach???r 16
- Geschmack in Mund zu erregen 112
G.
- HAar außzurotten 30. 385
- gelb zu ???achen 38
- Milben außzurotten 228
- poudre 180. 228
- zu befestigen. 103
- Harnen / so zu überflüßig 35
- zu machen 112. 207
- Harte Bruste 478
- Harte Geschwär 332
- Leiber 317. 325
- Haupt-Flüsse 474
- Haupt-Schmertzen 361
- vom Magen 184. 280
- Schwachheit vid. Hitzige Fieber Wundin 374
- Haupt zu stärcken 285
- Hectic 228
- Hefen-Mutter 57
- Heiserkeit 310 37 098
- Hertzens-Angst und Bangigkeit 289. 374. 372
- Hertz Geblüth 337
- Hertz-Gespann 289. 374. 372
- Hertz-Klopffen 252. 304. 443
- Hertz-Weh und Zittern 252. 304
- Hertz-Wurm 28
- Hexerey 105
- Hitzige Fieber 3. 19. 276. 289. 307 361. 456
- mit verschlossenem Leib 344
- Leber 319. 344
- Schäden und Wunden 83
- Hollenzöpffe 228
- Hüfftwehe 130
- Hunds-Bisse 166
- Hüner-Augen 303
- zu todten 330
- Husten 30. 178. 285. 310. 311. 313. 358. 370. 401
- Der Kinder 180. 244. 329
- so langwierig 216
H.
|| [ID00043]
- Innerliche Schaden und Wunden 195
- Iucken an heimlichen Oertern 228
- der Haut 91. 100
- Irrigkeit 361
- Iungfrauschafft wieder zu bringen 161. 279
I.
- KAlte Brand 212
- Firber 75
- Pisse 274. 350
- Keichen 30. 178. 344
- Knollen am Halse 401
- Kopffwehe 361
- so langwierig 344
- Krätz??? 30. 87. 94. 96. 100. 170. 263 266
- Krebs-Schäden 3. 169. 303. 405
- Kröpffe 60. 103
- Kupffer-Handel 210
- Kurtzer Athem 201. 362
K.
- Lähmigkeit 30. 34. 98. 102. 127. 254
- nach der Colic 164. 289. 362
- vom Scharbock 98 der Zungen 292. 302
- Langes Leben zu machen 201
- Langwierige Kranckheiten 86. 218
- Lauffende Gicht 30. 91. 98. 228
- Läuse der Kinder zu vertreiben 131. 385
- Lauß-Sucht 94. 131
- Leber zu reinigen 198. 214 218
- kühlen 271
- so sie verstopfft / zueröffnen 228
- Lendensucht 19
- Lenden-Stein 98 112 wehe 310. 350
- Liebes-Träncke 167. 289
- Lungensucht 30 48. 122. 170. 216. 228. 285. 310. 311. 317. 329. 330. 358
- welche Saurbrunnen sie leiden könne? 98
- Lungen-Verletzung 358
L.
- MAgen-Angst 252. 372
- Erkältung 57. 173. 174. 255. 295. 298
- Geschwär 56
- Sauer 320
- Stäckung 115. 285. 329. 330
- wehe 15. 308. 372
- Mähler un Angesicht 303
- Mannheit zu stärcken 115. 210. 285. 329. 330. 4???. 471
- Masern 52. 166. 365
- Mäuse und Ratten zu todten 37
- Melancholey 57. 86
- Milch zu vertreiben 258. 478
- Milch zu zeugen 2. 4. 9. 45
- Miltz-Beschwerung 4. 158. 216. 218 266. 320. 335
- Härte 161
- Verschleimung 214
- Missgewächse und Monkälber zu treiben 194
- Monatliche Reinigung zu fördern 5. 173. 186. 194. 198. 207. 236. 289. 319. 322. 362. 395.
- in den Flecken-Fiebern zu stillen 3
- so überflüssig ist 337
- Motten zuvertreiben 78. 212
- Mutter-Erstickung 362. 363. 474
- Flüsse 392
- Schmertzen 59. 91. 102. 112 174. 221. 255. 296. 306. 356
- Verwundung und Ritze 352
M.
- NAbel-Wurm 28
- Nachgeburt zu treiben 287. 362 365
- Natürliche Wärme zu stärcken 281
- Nasenbluten 16
- Verstopffung 161
- Nerven-Kranckheiten 96. 101. 453
- vom Scharbock 101
- von Dornen gestochen 423
- Nieren- und Lendengrieß 98. 112. 128. 178. 207. 268. 350 461. 476
- mit gar zu groffen Schmertzen 221
- Nieren- und Lendenweh 228
N.
- OFfene Schäden zu heilen 59
- Ohnmachten 164. 259. 252. 294 304
- der Schährenden 164. 304
- der Schwangeren 252
- Ohren-ausfliesen 161
- Geschwär 161
- wehe 354
O.
- PEst zu curiren 30. 167. 172. 307 308. 361
- verhüten 173. 274
- Pestilentzialische Drüsen 38
- Fieber 237
- Pferde zu ???uriren 91. 92
- so Bauchbläsicht / zu heilen 178
- Pocken 52. 365
- Podagra 101. 162. 170. 230. 449
- Purgterung der Gall 151. 342. 346 370. 380
- des Gewässers 155. 159 180. 224
- Der Melancholn 158 218. 223
- des Schleims 157. 338 344. 346
- durch äufferliche Mittel 161
- Purgierung / so übermäßig / zu stillen 269
P.
- RAserey 166
- Reinigungen der Kindbetterinnen zu fordern 121. 474
- Rötheln 323
- Rothe Augen 17. 106. 366
- Rothlauff 7. 17. 80. 228. 462
- Rothe Ruhr 8. 16. 56. 87. 105. 148. 251. 292. 332. 340. 366
R.
- SAamen-Fluß 35. 406
- Sauerbrunnen / wie sie zu brauchen 98
- durch Kunst gemacht 99
- Sauer im Leib zu versüssen 105
- Scharbock 420. 98. 210. 255. 307
- Schaben und Motten zuvertilgen 212
- Scharffer Urin 391
- Schlaff zu bringen 199
- zu vertreiben 283
- Schlaff-Sucht 192. 254
- Schlag-Fluß 34. 166. 215. 239. 255 302. 382
- Schlag / gantz und halb 72. 454
- Schlangen-B sse 166. 279
- Schmertzen von unbändigen Winden 374. 355
- Schnupffen 121. 358
- Schrunden an Brüsten 352
- dem Mund 352
- heimlichen Oertern 352
- Schulter-Schmertzen 374
- Schwartze Gall 266
- Schwartze Unteinigkeit der neugebor nen Kindlem zu purgiren 329
- Schwerer Athem 216
- Geburt 46. 64 250
- Noth 192. 230. 337. 344. 419. 455.
- im Leib 35
- Schwindel 35. 184. 218. 239. 285 295. 301. 344. 449. 463
- Schwinden der Glieder 50. 302
- Schwind- und Lungen-Sucht 170. 285. 325. 408. 449. 40
- Schwitzen / so überflüssig 56. 349
- Schwürungen der Gebährenden zu fördern 252. 287. 289. 365
- See-Kranckheit 307
- Seitenstechen 19. 57. 449. 454
- Good 4. 8. 314
- Splitter im Aug 44
- Sracheln aus dem Leib zu ziehen 214
- Stein zu curiren 151. 160. 274. 408 420
- treiben 281. 320. 350. 454. 476
- Steinschmertzen 44. 55. 57. 102 329 350. 476
- der Kinder 54
- Stinckende Arme 16
- Athem 117
- Füsse 16
- Stösse zu heilen 198 449
S.
- TAubsucht und hart Gehör 354
- Tertian-Fieber 256. 279
- Tobsucht 57. 158. 230
- Todte Frucht zu treiben 287. 322. 470
- Toller-Hund-Biß 166
- Trieffende Augen 212
- Trippert 350. 406
- Trübe Augen 122
- Wasser klar zu machen 61
T.
|| [ID00044]
- UBerbein 373
- schiessende Gall 476
- Verrenckung 198
- Verschlossener Harn 207
- Verschluckte Ring 141
- Verwundung der Geburts-Glieder 195
- Unfruchtbarkeit der Männer 211
- Weiber 111. 451
- Ungarische Kranckheit 19
- Unzeitige Geburth zu erforschen 110
- zu verhüten 64
- Unrath an Ochsen / Pferd und Schafen 273
- Urin zu treiben 188. 322. 323
U.
- WAnd-Läuse zuvertreiben 94
- Warme Bäder wie sie zu brauchen? 101
- durch Kunst zubereitet / 102
- Wartzen zu vertreiben vid. Hüner-Augen.
- Wasser klar zur machen 61
- Wasserscheu 166
- Wassersucht 86. 71. 115. 170. 180. 224. 279
- zu verhindern 188
- nach Fiebern zuverhüten 172
- Wasser zum Bart butzen 261
- Wechsel-Fieber 20. 256. 361
- Wehen der Kindbetterinnen / welche falsch sind / zu vertreiben 119
- Weisser Fluß der Weiber 111 296. 422
- Weisse Haut zu machen 17. 46. 78. 87 89
- Narbe zu machen 59
- Ruhr 16
- Welcker Magen 334
- Wespen-Stich 64
- Windsucht 308
- Winde zu zertheilen 287. 289
- Wölffe zu tödten 177
- Wunden 552 405
- Wundigkeit der Kinder 59
- Würme der Rinder 49. 106. 138. 157 161. 279. 256. 289. 454
- so breit und lang 346
- Wurm-Fieber 133. 256
- Wüterich oder cicute zu widerstechen 113
W.
Bedeutung aller Chymischen und Jedicinalischen Zeichen / welche in diesem Buch zufinden
sind.
ENDE
|| [ID00045]
Der vollständigen NATUR- und MATERIALIEN Kammer Erstes Buch / Von
denen MINERALIEN und METALLEN Das I. Capitel Von der Siegel-Erde / Bolo Armenâ,
Margâ und andern dergleichen Medicinalischen Erden.
§. 1.
DIe Siegel-Erde / oder TERRA SIGILLATA, ist ein fetter und schwerer Thon / welcher
gemeiniglich in runde Küchlein formiret und mit gewissen Siegeln und Bildern bezeichnet wird:
eines anhaltenden Geschmacks / erdichten Geruchs / und bald roth / bald gelb / braun / weise /
oder von anderer Farb: wird theils in Teutschland / theils in andern Ländern gegraben und
heraus gebracht / von welchen sie insgemein ihre Beynahmen bekommet.
§. 2.
Von dieser gestegelten Erde gibt es ver [2] schiedene Arten / deren
wohl 9. biß 10. von Samuel Dale in Manud. ad Mat. Med. pag. 45. erzehlet worden sind / über
welche doch in des Wormii und anderer Kunst- und Naturalien Kammern noch weit mehrere geschen
werden: worunter die rechte und wahre
TERRA LEMNIA
vor die beste und rareste gehalten wird / so gar / daß sie dem Gold gleich geschätzet ist.
Diese wird in der Insul Lemnos gegraben / und weilen solche der Heydnischë Göttin Dianae
gewidmet war / so wurde vor diesem deren Idolum, nemlich eine Geise / von der Dianae Priestern
darauf gedrucket: Heutiges Tages aber wird des Türckischen Kaysers Pittschafft / nemlich ein
halber Mond mit 3. Sternen / oder auch andere Türckische Characteres darauf gepräget; Und
weilen sie von dem Groß-Türcken in so grossem Werth gehalten wird / daß sie nicht darff ausser
Land geführet werden / so ist sie fast gar nicht / als durch hoher Herren Abgesandte zu
bekommen / denen sie zuweilen verehrt wird: ist entweder gantz roth oder auch weiß. Ohne diese
aber werden auch noch andere / mit Türckischer und Arabischer Schrifft bezeichnete /
Siegel-Erden gebracht / davon jene TERRAE SIGILLATAE TURCICAE, diese aber TERRAE SIGILLATAE
ARABICAE genennet werden / so entweder bleich-roth / grau / oder weiß sind. Ja es kommen auch
einige auß dem Heiligen Land / von Jerusalem / welche insgemein weiß sind und TERRAE
HIEROSOLYMITANAE genennet werden / worauf gemeiniglich ein Crucifix, oder der PP. Jesuiten
Symbolum stehet / wie oben in der Fig. zu sehen ist. Ich habe zwey Stück unter meinen Raritäten
/ darunter eines / mit dem Crucifix und vielen Creutzen bezeichnet / die Marien-Milch genandt
wird / welche auß einer Höhle nahe bey Bethlehem gekommen / worinnen die Heil. Maria sambt
ihrem JEsus-Kindlein verborgen soll gewesen seyn / und wird den säugenden Weibern zur
Vermehrung der Milch gebraucht. Allein ich förchte / es lauffe zuweilen viel Aberglauben mit
unter.
§. 3.
Nach denen Türckischen Siegel-Erden folget nicht unbillich die
TERRA SIGILLATA MELITENSIS,
welche auß der Insul Maltha, theils in grossen runden / aber doch dünnen / theils kleineren
Küchelein oder andern Figuren kommet / wie oben ----zuschen: Sind alle weiß / wie Kreyden / und
stehet gemeiniglich S. Pauli Bildnus / mit einer Schlangen darauf / gegen welche solche auch in
denen Beschreibungen angerühmet wird / wie in des Wormii Museo pag. 7. kan gelesen werden.
§. 4.
Weilen aber jetztbesagte Erden / wie auch die TERRA SAMIA, CHIA und CYMOLIA, welche alle weiß
und fett / nicht allein sehr rar, sondern auch sehr theuer sind: so gebrauchet man sich an
deren statt derjenigen / so bey uns in Teutschland zu finden sind / darunter zweyerley vor
andern sehr bekandt und fast in allen unsern Apothecken zu bekommen sind / nemlich die
Strigische Siegel-Erde oder
TERRA SIGILLATA STRIGONIENSIS,
welche gelb / und mit 3. Thürnen gezeichnet / und von Johanne Montano (welcher sie erfunden)
in einem besondern Tractätlein A. 1585. beschrieben worden: und die Goldbergische Siegel-Erde
oder
TERRA SIGILLATA LIGNICENSIS,
ausf welcher ein Adler stehet / sonsten aber entweder roth / oder weiß / oder auch gelb
anzusehen ist. Beyde werden in Schlesien gegraben und wird die erste auch AXUNGIA SOLIS, die
zweyte aber AXUNGIA LUNAE genennet / weilen die erste Gold-haltige / die andere aber
Silber-haltende Theilgens in sich haben soll.
§. 5.
Gleich wie nun auch in Liffland / Böhmen / Ungarn und andern Ländern dergleichen Siegel-Erden
gefunden und heraus gebracht werden / also hat man derselben desto weniger allhier in Hessen
vonnöthen / je näher und wohlfeiler die bey uns umd Greiffenstein und Laubach zu findende
Siegel-Erden zu haben sind / worunter die
TERRA SIGILLATA LAUBACENSIS,
oder Laubachische Siegel-Erde auch an frembden Orten sehr bekandt ist / nach dem dieselbige
von dem alten Herrn D. Geilfus, Hoch-Fürstl. Hessen-Darmbstädtischen Leib-Medico, in einem
besondern Tractätlein beschrieben worden. Man gräbet sie in unser Nachbarschafft bey Laubach /
so ein kleines Städtlein ist / und denen Herrn Grafen von Solms zugehöret: ist an couleur
theils dunckelgelb / theils weiß / darbey gantz fett und nach den übrigen Qualitäten der
frembden und Türckischen TERRAE SIGILLATAE in allem gleich: welches auch von der TERRA
SIGILLATA GREIFFENSTEINENSI zu halten ist / so in einer Minera Martis in langen und spitzen
Zacken lieget.
§. 6.
Alle diese Erden werden vor gut gehalten / wann sie wohl ziehen / fest an die Zunge kleben
und nachdem sie naß werden / in viele Stücker zerfallen. Unter den Frembden wird die Terra
Lemnia vor die beste gehalten / welche von Galeno so hoch geschätzt worden / daß er auch
zweymahl in die Insul Lemnos soll gereiset seyn / damit er sie ja recht und ohnverfälschet
haben möchte. Unter den gemeinen wird die Strigische Siegel-Erd der Goldbergischen vorgezogen.
Doch können in Ermanglung deren die [3] jenige wohl gebrauchet werden
/ welche am nechsten und besten zu haben / dafern sie nur im übrigen gut und probat sind / als
bey uns die Laubachische und Greiffensteinische: Zu Nürnberg die gemeine graue / welche bey
einem nach Nürnberg gehörigen Städtlein / nahmens Velden / gegraben wird und der Schlesischen
gantz ähnlich ist / wie Marxius in seiner Material. Kammer pag. 207. berichtet. In Franckreich
findet man umb Blois auch eine solche Erde / welche Charras, wo die Lemnia nicht recht zu haben
/ gar unter den Theriac zu nehmen sich nicht scheuet / wie auß dessen Histoire Naturelle des
animaux, des plantes & des Mineraux, qui entrent dans la composition de la
Theriaque pag. 191. zu sehen ist.
§. 7.
Den Gebrauch und Nutzen deren Siegel-Erden betreffend / so wird ihnen von allen Medicis eine
anhaltende und zugleich Gifft-treibende Krafft zugeschrieben; weßwegen sie hauptsächlich in
denen Flecken-Fiebern und andern dergleichen grassirenden Kranckheiten / wann darbey ein
Durchbruch gespüret wird / mit grossem Nutzen gebrauchet werden: und ist deßwegen der so
genandte Pulvis Pannonicus Ruber in so grossem Werth und Gebrauch. Es haben auch ohne Zweifel
die Alten ein Absehen hierauf gehabt / wann sie die Terram Sigillatam Lemniam mit unter den
Theriac gezogen haben. Gleichen Nutzen schaffen sie in denen Blutstürtzungen und Haemorrhagiis,
welche sich offters bey dergleichen hitzigen Flecken-Fiebern zeigen / und nicht geringere / ja
wohl grössere Gefahr mit sich führen / als der obbesagte Durchbruch / so gar / daß wann die
monatliche Reinigung der Weiber sich alsdann einfindet / die Patienten gemeiniglich ihr Leben
einbüssen müssen / wo nicht mit aller Macht gesteuret wird / wie mich die Erfahrung etlichmahl
gelehret hat. Von den Teutschen Siegel-Erden wird die Terra Sigillata Strigoniensis, wegen
ihrer Solarischë Eigenschafft mehr in denjenigen Kranckheiten / so das Hertz und das Geblüt
einnehmen / gebrauchet. Die Terra Lignicensis aber wird vielmehr in denen Haupt- und
Glieder-Schwachheiten gelobet / welche absonderlich auch gegen die Philtra oder Liebes-Träncken
gebrauchet wird / wie solches in D. Ettmüllers Comment. in S'chroed. pag. 831. auß andern
Practicis angeführet ist. Euserlich soll man auch die Terram Sigillatam mit Nutzen in alten
Schäden und Löchern / ja dem Krebs selbsten gebrauchen können / wie solches Schvvenckfeldius in
Catalogo Fossilium Siles. pag. 395. mit mehrerem beschreibet. In Sachsen machet man schöne
Krüge / Schüsseln und dergleichen Haußraht aus der Terra Sigillata, wie davon ein Abriß in des
Besleri Gazophylac. Rerum Nat. fol. 14. zu finden ist. Die Apothecker aber destilliren ein
säuerliches Wasser darvon / welches sie SPIRITUM TERRAE SIGILLATAE nennen und von dem alten D.
Horsten offt in hitzigen ansteckenden Fiebern mit Nutzen gebrauchet worden / muß aber in groser
dosi ab ???. ad ???. in denen Mixturis verschrieben werden. Das Magisterium, welches sie mit
den sauren Spiritibus davon machen / tauget im Grund nicht und verderbet vielmehr die Sach; wie
dann auch das viele Abwaschen solcher Medicinalischen Erden von Zvvelfero in seinen Animadv. in
Disp. Aug. nicht ohne Ursach verworffen worden. Es wäre deßwegen zu wünschen / daß alle Terrae
Sigillatae, wie sie gegraben werden / zu bekommen wären / ehe sie zuvor mit Wasser
abgeschwemmet und zu Küchlein (wie es damit zu geschehen pfleget) formiret würden. Von dem Oehl
/ das einige daraus erzwingen wollen / kan Hoffmannus in Clav. Schroed. pag. 133. gelesen
werden.
§. 8.
Mit diesen Terris Sigillatis hat der
BOLUS ARMENIAE,
oder Armenische Rohtstein / so wohl am Geschmack / als übrigen Qualitäten eine grosse
Verwandtschafft: ist gemeiniglich blaß-roth / fett und schwer / und wird also genennet / weilen
er vor diesem auß Armenia soll gebracht worden seyn. Heut zu Tag aber hat man dessen nicht
vonnöthen / indem hin und wieder in Europa dergleichen Bolus-Erde in den Bergwercken / und
absonderlich in den Eisen-Grubë gefunden wird / weßwegen man auch davor hält / daß er viel von
Eisen participire und in sich halte. In Franckreich graben sie umb Blois, Saumur und nicht weit
von Paris guten Bolus, welcher theils roth / theils grau / theils gelb seyn soll / dessen
letzteren sich die Goldschmiede und andere Künstler zum Gold-Grund / im übergülden / an statt
des Levantischen Boli gebrauchen / wie Pomet im V. Buch seiner Material-Kammer pag. 113.
bezeuget. Also hab vor zwantzig Jahren in der Graffschafft Leiningen-Hartenburg eine schöne
Bolus-Ader in einer Eisen-Grube gefunden. In unsern Teutschen Apothecken hat man insgemein den
Würtenbergischen / oder auch den BOLUM TOCCAVIENSEM, welcher von Toccay aus Siebenbürgen kombt.
Gilt also gleich / wo er gefunden werde / dafern nur die rechte Qualitäten daran zu finden und
er die Prob hält / welche darin bestehet / daß er zart und glatt sey / nicht sandicht oder rau
/ gläntzend / an der Zung fest anziehe / und nachmahlen / wie Butter / im Mund zergehe / wie
solches Schroederus in seiner Pharmacop. Medico-Chym. lib. 3. c. 2. p. 7. lehret. Weßwegen er /
nach dessen Außgrabung / zu erst in Wasser zerlassen / abgeschwemmet und nachgehends zu
viereckichten Säulen oder Stücklein / wie ein Finger formiret wird / welche letztere einige
Materialisten BROUILLAMINI nennen; wiewohlen obbemeldter Schroëderus und andere Medici den
un [4] gewaschenen Bolum, wie er mit der Erden kombt / vorziehen
wollen. Er wird sonsten in der Medicin in allem / wie die Terra Sigilata, mit welcher er
(ausser der Gifft-treibenden) einerley Kräfften hat / gebrauchet / und werden auch eben
dergleichen praeparata davon gemacht. Eusserlich machen die Balbierer die Dürrbände oder
Defensiv-Pflaster davon. Mehrere Information hiervon findet man bey Joach. Camerario, in seinen
Observationen de Bolo Armena.
§. 9.
Hieher gehöret auch die
MARGA SAXATILIS,
Mergel oder Gteinmarck / welches eine dergleiche fette Erde ist und wie die vorigen fest an
der Zunge klebet / ist aber doch weicher / und wird zwischen den Felsen (wovon sie den Nahmen
Lithomarga hat) in den Böhmischen Gebirgen und in andern Orten unsers Teutschlands gefunden:
Siehet entweder Fleischfarbicht-roht / oder gantz weiß auß / welche gemeiner und bekandter ist.
Dale gedencket auch eines gelben und sandichten Mergels / dessen sich in Holland die Bauren zur
Dunge und Besserung der Aecker gebrauchen / vid. ejus Pharmacol. pag. 48. Sonsten aber wird die
weisse Art deß Mergels auch LAC LUNAE oder Mond-Milch / von andern aber AGARICUS MINERALIS
genennet / weilen sie nicht allein mit der Farb beyderseits übereinkommen / sondern auch
zwischen den Felsen / von den Mineralischen Dünsten / gleichwie der Lerchen-Schwamm von des
Baumes Außfaulungen / gezeuget wird / wovon D. Major in einem besonderen Lat. Tractat von dem
Steinmarck sehr artlich handelt. Ein guter Freund schickte mir ohnlängst zweyerley fette Erde /
davon er eine / so dunckel-roht / hepar lapidis rubrum, und die andere / so grau-weiß / hepar
lapidis album nennete / welche beyderseits nichts anders / als ein Mergel zu seyn scheinen. Dem
Gebrauch nach kommer das Steinmarck mit der Siegel-Erden sehr überein / hat eine anhaltende und
kühlende Krafft / versüsset die sauere Schleimigkeit / und zertheilet das geronnene Geblüt;
weßwegen man sich dessen nicht allein in allen Bauch- und Blut-Flüssen / sondern auch / wann
einen der Sood brennet / nützlich bedienen kan. So jemand ein schweren Fall oder sonst sich
wehe gethan hat / so kan man die Margam entweder allein / oder mit Krebs-Augen vermischet
nehmen. Es wird solche auch in Nieren-Schmertzen und gegen den verschlossenen oder scharffen
Harn gebrauchet / wie auch in denen Beinbrüchen innerlich und äusserlich / in der schweren Noth
/ und absonderlich der weisse Mergel oder Lac Lunae zu Vermehrung der Milch bey den Säugenden /
allwo man etwas von praeparirten Crystallen darunter mischen kan. Eusserlich trücknet und
heilet der Mergel alte und frische Schäden / und zwar ohne eintzigen Schmertzen und
Beissen.
§. 10.
Was den gemeinen Thon oder Töpffer-Erde / welche
ARGILLA
genennet wird / anlanget / so wird selbige bey denen Materialisten nicht gesuchet / noch auch
in der Artzney sonderlich gebrauchet / weßwegen auch wenig hier davon zu melden / ausser daß
die bekandte TABACS Pfeiffen davon gemacht werden / unter welchen die so genandte Englische
glatte Pfeiffen die Beste sind / welche doch nicht in Engeland / sondern zu Gouda in Holland in
grosser Menge gemacht werden. Solche kauffen die Materialisten mit Grossen / davon eine jede
zwölff Dutzent hält / dabey man zusehen muß / ob sie noch gantz oder sehr zerschmettert
seyen.
§. 11.
Mit mehrerem Recht kan man die Norwegische Schaarbocks-Erde oder
TERRAM ANTISCORBUTICAM
anhero setzen / deren zum erstenmahl Henricus Petraeus, ehemahliger Prof. zu Marburg / in
Diss. Harmon. de Scorbuto p. 38. und nach diesem / Olaus Wormius in Mus. pag. 16. Meldung
gethan haben. Dieses ist eine rothe und der Terrae sigillatae nicht ungleiche Erde / welche umb
Bergen in Norwegen gefunden und vor ein gewisses Mittel gegen den Schaarbock gehalten wird /
ohne Zweiffel / weilen sie wie die Martialia, die Säure im Geblüt und absonderlich im Magen
versüssen kan / dahero sie auch in dem Malo hypochondriaco gerühmet wird. Sie nehmen ein halb
oder gantz Quint ein und schwitzen darauf: Ist bey uns noch unbekant / und nimmt D. Hoffmannum
in Clavi pag. 139. nicht ohne Ursach wunder / daß diese Erde nicht auch in andere Länder
verhandelt wird.
§. 12.
In Ermangelung aber vorgemeldter Erden / können wir hiesiger Orten eine andere in dergleichen
Kranckheiten nützlich gebrauchen / welche in unserm Hessen-Land zu finden ist und die
Casselische Gold-Erde / Terra alis und
MINERA MARTIS SOLARIS
genennet wird. Diese findet sich an verschiedenen Orten / am meisten aber bey dem Dorff
Allmerod / wo die Casselische Glaß-Hütte ist / hinter Salfeld / wie auch bey Naumburg / umb
Streel herum: stecket gemeiniglich in einem Letten oder Thon / in runden Stücken; wie Eyer
formirt / weßwegen sie auch von einigen Ovum Philosophicum genennit wird: ist schwartz-grau /
mit gläntzenden Ertzsstücklein / wie das ??? vermischet und hat einen recht Vitriolischen
Geschmack / woraus bald zu sehen / daß was sonderliches darhinter stecke / worinn Glauberus
(welcher fast am ersten dieser Erden in seinen [5] Furnis Philos. gedacht)
genau inquiriret und solche zu vielen Gebrechen dienlich befunden hat / welche von Herrn D.
Wolffen in Miscellan. Acad. Germ. Cur. Dec. 2. Ann. 7. pag. 359. auß eigener Erfahrung
angeführet sind. Am meisten dienet diese Erde gegen das üdermässige Brechen / verlohrnen
Appetit, Miltzbeschwerung / Spulwürm und dergleichen / und gibt man 20. biß 30. Gran darvon
ein. Sonsten aber wird die Tinctur davon gebraucht / welche Tinctura ???. Solaris genennet und
also zubereitet wird: Im Frühling / umb Walpurgis, setze diese Mineram an die freye Lufft /
wann sie zuvor mit etwas May-Thau angefeuchtet ist / und wann nach etlichen Tagen weisse oder
gelbe Crystallen darauf gesehen werden / giesse entweder blossen oder destillirten Mayen-Thau
oder auch den ???. Ror. maj. darüber / welcher solche Flores solviret / filttire es per
chartam, so hast du eine schöne Gold-gelbe Tinctur, welche in Morbis chronicis und allen
denjenigen Kranckheiten / in welchen die Saurbrunnen sonsten gerühmet werden / vortrefflich
ist. In Verstopffung der Monatlichen Reinigung hab sie offters sehr bewährt gefunden. Man darff
die einmahl gebrauchte Erd nicht wegschmeissen / welche immer wieder zu gebrauchen ist und
gleichsam wie ein Magnet den allgemeinen Welt-Geist an sich ziehet / worvon D. Balduin in
seinem Auro Aurae zu sehen ist. Wann die rohe Minera, destilliret wird / bekombt man einen
Schwefel davon. Sie soll auch etwas Gold halten / weßwegen sie auch die Gold-Erd genennet
wird.
§. 13.
Ohne diese lassen sich einige die rohte TERRAM SOLAREM auß den Gold-Gruben in Ungarn bringen
/ welche sie mit dem ???. solviren und eine Tinct. ??? darauß bringen / welche von D. Micheln
in den Flecken-Fiebern / so mit Bluten oder Durchlauff angreiffen / glücklich gebrauchet
worden. Man gibt sie auch rohe ein / wie die ??? alia, worvon Hoffmannus in Clav. Schr. p 139.
zu sehen ist / bey welchem auch noch einige andere Medicinalische Erden / als TERRA ILFANA
Livoniensis, (welche in Febribus malignis und Gichten der Kinder von den Würmen / gerühmet
wird) TERRA ADAMICA, ACELDEMA und andere können gelesen werden.
§. 14.
Weilen auch letzlich die also genandte Japponische Erde oder
TERRA CATECHU
insgemein unter die Medicinalische Erden gezehlet wird / so hab dieselbe auch allhier nicht
gäntzlich mit Stillschweigen vorbey gehen wollen. ES ist aber dieses ein gummosischer und hart
auffgetruckneter Safft / eusserlich röthlich-schwartz / inwendig aber röthlich-braun / eines
Anfangs herben und anhaltenden / nachmahlen aber etwas süssen und annehmlichen Geschmacks:
kommet auß Japponien; weßwegen sie auch Terra Japponica, und von dem andern Nahmen Teutsch
Catschau oder Cassu genennet wird; obwohlen die Apothecker insgemein die mit Bisam und Amber
praeparirten Terram Japponicam nur Catechu oder Catschau nennen / die Erde selbsten aber Terram
Japponicam heissen / wie Dale in seiner Pharmacol. pag. 349. wohl observiret.
§. 15.
Ob aber dieses eine rothe Erde sey / wie es eusserlich scheinet / und anfänglich davor
gehalten wurde / oder ob es vielmehr ein Compositum aus Süßholtz / Calmus und Areca seye / wie
viele andere meynen / davon sind gar verschiedene Meynungen / welche in Miscellan. Acad. Germ.
Cur. Dec. 1. A. 2. obs. 128. pag. 209. & seqq. von Herrn D. Wedeln weitläufftig
erzehlet worden: zu deren Entscheidung sich durch allerhand Proden und Experimenten D. Hag
endorn sehr bemühet / auch ein besonderes Curioses Tractätlein de Terra Catechu geschrieben /
worinnen er doch endlich des berühmten Hermanni Gedancken sehr nahe kombt / welcher dieses
Simplex durchaus vor keine Erde / sondern vielmehr vor einen puren und sehr hart gemachten
Safft hält / welcher aus der Areken-Frucht und der Rinde eines Indianischen Baums / Catechu
genandt / außgepresset und zu solcher Härte abgekochet worden: welcher Meynung auch Helbigius
und andere / so selbsten in Indien gewesen / beypflichten / zumahlen diese also genandte Terra
Catechu im Wasser gantz zerlassen und allzusambt durch ein Filtrum gestehen werden kan /
welches an keiner Erden zu sehen ist. Indessen kan wohl seyn / daß noch andere anhaltende
Säffte darzu kommen / als Succus acaciae Orient. welchen D. Cleyer in einem Brieff an D. Seb.
Scheffern pro basi hielte: worvon im Anhang dieses Buchs / nehmlich in denen Ost-Indianischen
Send-Schreiben noch ein mehrers zu finden ist.
§. 16.
Man stehet derselben zweyerley Sorten: Eine so purer und sauberer ist / welche so bald man
sie an die Zunge hält / gleichsam schmeltzen thut / anbey eusserlich dunckel-roth / inwendig
aber hell-roth / gläntzend und nicht verbrand scheinet / welche der ander immer vorzuziehen /
so viel härter und unsauberer ist. Der Unterscheid kommet vornehmlich daher / weilen zu der
ersten mehr von dem gutem Succo arecae genommen wird / als zu der andern.
§. 17.
Jhre Kräfften und Würckungen betreffend / so hat sie eine adstringirende Krafft / und ist
deßwegen in allen Durchbrüchen / Erbrechen / Blutstürtzungen / Flüssen und der [6] gleichen ein sehr gutes Mittel / wie obgemeldter Herr Hagedorn in
seinem Büchlein nach der Länge davon zu sehen ist / wo auch viele andere Praeparata und
Composita darvon zu sehen sind / unter welchen die Muscerda Moschata oder Catschu der
Apothecker am gemeinesten ist / so auß der Terra Japponica mit Bisem und Amber durch Tragant
und dergleichen zu kleinen Trochiscis, wie Mäußdreck anzusehen / formiret wird / welche je
kleiner sie sind / je besser sie gehalten werden. Sie machen einen guten Athem und dienen
absonderlich gegen die blutende und wacklende Zähne.
§. 1.
UNter den jenigen Erden / welche nicht so wohl zur Artzney / als zu den Farben und andern
Handthierungen gebrauchet werden / ist die
OCHRA
oder Berg-gelb fast die vornehmste / welche nichts anderst als ein gelber oder auch
weiß-gelber Thon ist / und gleich anderer Erden einen etwas anhaltenden Geschmack hat: kame
anfangs theils auß Franckreich / theils auß Engeland / welche letztere von einem gemahlenen
Stein herrühren und derowegen viel trockener seyn soll / als die Frantzösische / weßwegen jene
ohne diese nicht wohl verarbeitet und unter die Olitäten gemischet werden kan / wie Pomet in
seiner Frantzösischen Material-Kammer art. 3. lib. V. cap. IV. pag. 113. berichtet. Heut zu Tag
aber findet sich solche auch hin und wieder in Teutschland / als in Ungarn / umb Hildesheim /
in Hessen / zwischen Alßfeld und Einbeck / auch anderen Orten.
§. 2.
Man hat deren verschiedene Species, nachdem sie entweder also auß der Erden gegraben / oder
durch Kunst zubereitet sind. Der Natürlichen haben die Materialisten 3. Sorten / nehmlich die
Gemeine / die Mittelgattung / und die Feine / welche letzte zart und licht in der Farb seyn
muß. Auß diesen wird durch ein starckes Reverberir-Feuer die rothe Ochra zubereitet: Gleich wie
man auch eine gelbe Ochram artificialem hat / welche auß Reiß-Bley gebrannt und gemeiniglich
OCHRA PLUMBARIA oder Bley-gelb genennet wird. Andere bey uns noch unbekandte Species sind bey
dem Wormio in Museo zu finden.
§. 3.
Alle diese Species werden zu den Farben gebrauchet und bedienen sich davon die Weiß-Gärber /
das Leder gelb damit zu färben; wiewohlen bey uns hierzu die TERRA CITRINA oder gelbe Erde /
welche die Nürnberger mit der Rothen häuffig bringen / mehrentheils gebrauchet wird. Die
Säckler in Engeland aber färben die schöne gelbe Englische Handschuhe vor das Frauen-Zimmer nur
mit der Ochra. Zur Artzney werden sie langsam / als nur eusserlich / gegen die so genandte
Glied-Schwämme / gebraucht.
|| [7]
§. 4.
Sonsten wird die Tripel-Erde /
TERRA TRIPOLITANA oder TRIPOLIS
auch vor eine Ochram gehalten / und deßwegen von einigen
Englisches Ocher-Gelb
genennet / wie bey Sam. Dale in Pharmacol. Part. I. Sect. 2. p. 47. zu sehen ist; wiewohlen
diese Erde mehr über Welschland kommen und umb die Stadt Tripoli (worvon sie den Nahmen hat)
gegraben werden soll / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 208. schreibet. Es ist ein
weicher zarter Thon / welchen einige / wiewohl unrecht / vor einen Stein halten: wird weiß und
gelb gefunden / und muß schön rein und nicht sandicht seyn / wann es anderst vor gut passiren
soll. Man probiret es mit der Zunge / ob es keine Räse habe / wie die Aschen / sondern weich
wie Woll seye / dergleichen vor das Beste gehalten wird.
§. 5.
Den Gebrauch anlangend / so wird diese Tripel-Erde in der Medicin gar nicht gebraucht /
ausser daß die Chymici und Apothecker dieselbige zuweilen / wiewohl gar selten / an statt des
Töpffer-Thons unter die Salia mischen / wann sie die ??? acidos davon destilliren / damit sie
im Feuer nicht fliessen / wie solches Schroederus und der Apothecker Vielheuer in der
Beschreibung frembder Materialien p. 58. anmercken. Die Kupffer-Schmiedt machen das Kupffer-
und Messing-Geschirr schön blanck und hell damit: Gleich wie die Gold- und Silber-Schmidt /
Stein-Schneider und dergleichen solche auch zu ihren Arbeiten brauchen. Absonderlich aber wird
diese Erde von denen Brillen- und Perspectiv-machern sehr gesuchet / welche ihre / an gewisse
Handhaben angeküttete Gläßlein / zuvor in grossen und kleinen messingen Schüsseln / mit rein
gestossenem Schmergel / entweder hohl (Concava) oder hohlbäuchicht (Concavo-Convexa,) oder auff
beyden Seiten bäuchicht (Convexo-Convexa) schleiffen / und alsdann zuletzt die geschliffene
Glässer oder Lentes mit dem klein geriebenen Trippel auff einem Hirschfell oder Filtz
außpoliren. Weilen aber dieses eine langweilige und sehr beschwerliche Arbeit ist / so hat der
berühmte Frantzösische Philosophus Renatus des Cartes eine sehr artige Machine zu solchem
Glaß-Schleiffen erdacht / in welchem das Rad / wormit die Gläßlein geschliffen werden / stetig
durch ein mit Schmergel oder dergleichen angefülltes Tröglein gehet und damit immer
angefeuchtet wird / wie auß dem Abriß / welcher in dessen Dioptrica Cap. X. pag. 148. zu finden
ist / kan gesehen werden.
§. 6.
Hieher könte man einiger Massen die gelbe Schweffelichte Mahler-Farb / so die Frantzosen
Jaune de Naples heissen / beysetzen / weilen es dergleichen erdichte Materie oder mürbe
Steinlein sind / welche der Feuer-speiende Berg AEtna außwerffen soll / wie Pomet l. c. pag.
93. l. 3. berichtet.
§. 7.
Ferner muß die
TERRA VIRIDIS,
welche sonsten auch Viride Montanum, Chrysocolla, Berg-grün / Stein-grün und Schiffer-grün
genennet wird / allhier besehen werden / so gemeiniglich in denen Berg-Wercken / wo Kupffer /
Silber und Gold-Ertz gegraben wird / zu finden ist. Dieser hat man öffters 3. Sorten bey denen
Materialisten / und soll die beste auß Ungarn kommen / deren Farb / wie Marxius meynet / andere
bey weitem nicht gleichen sollen: wiewohlen Pomet in seiner Hist. des Drogues pag. 114. lib. 5.
diejenige vor die beste hält / welche umb Veron in Italien gefunden und deßwegen La terre de
Veron genennet wird. Sie muß steinicht seyn und nicht viel Erd-Adern in sich haben. Je grüner /
je besser: wird nur zu den Farben gebraucht.
§. 8.
Hierher gehöret auch die weisse Kreyde / welche Lateinisch
CRETA
genandt worden / weilen man sie Anfangs auß der Insul Creta, so heut zu Tag Candia heisset /
gebracht hat: ist aber nun allenthalben in Europa zu finden / so gar / daß in Franckreich /
absonderlich zu Chalon in Champagne, gantze Städte darvon gebauet werden / wo sie die grosse
Klumpen mit Sägen zu Quarter-Stücken zerschneiden / und ihre Häusser darvon auffrichten /
welche doch unten mit der Zeit mürb und vermodert werden. Sie ist gleichsam ein von der Natur
zubereitetes Bley-Weiß / mit welchem es auch in den Kräfften sehr überein kommet und versüsset
alle böse Säure; weßwegen sie innerlich gegen das brennende Auffsteigen des Magens oder den
Sood gebraucht wird / gegen welche Beschwernuß Mynsicht ein bekandtes Pulver davon gemacht hat
/ so man Species diacretae Myns. heisset. Eusserlich dienet sie gegen den Rothlauff und andere
Entzündungen der Glieder / kühlet und trucknet alle böse Schäden und dienet auch zum Einstreuen
/ wann die kleine Kinder wund zwischen den Beinen werden. Sonsten aber dienet sie den
Schneidern / und vielen anderen Mechanicis zum Abzeichnen / worzu auch die schwartze Kreyde /
die SMECTIS, Craye de Briançon und andere Arten davon [8] gebrauchet werden
/ von welchen Wormius in Museo pag. 4. und obberührter Pomet pag. 106. mit mehrerem zu sehen
ist.
§. 9.
Man hat auch eine Art brauner Kreyden / welche
CRETA UMBRIA,
Terra Umbria oder Umber genennet wird / weilen sie auß einer Landschafft in Italien / so vor
diesem Umbria geheissen / numnehr aber Ducatus Spoletanus ist / gebracht worden; wiewohlen sie
auch in verschiedenen Stücken auß Egypten und Orient kommen soll. Die Beste ist in grossen
Stücken / schön zart und von einer recht braunen Couleur. Sie wird zur Mahlerey gebraucht /
zuvor aber gebrant / ehe sie mit Oehle angemacht und auch zu den Handschuhen gebrauchet wird /
allwo man sich von dem Dunst und Rauch zu hüten hat / welcher sehr stinckend und schädlich
ist.
§. 10.
Mit dieser Umber-Erde hat die Cöllnische Erd oder
TERRA COLONIENSIS
eine grosse Gleichheit / welche doch viel dunckelbrauner ist als jene. Sie muß ingleichem
zart und zerreiblich / auch rein / und so viel möglich / mit keinem kleinen Unrath vermischet
seyn: wird auch zur Mahlerey gebrauchet.
§. 11.
Man hat auch verschiedene rothe Erden in den Material Stuben / unter welchen die rothe
Nürnberger Farb oder
TERRA RUBRA NORIMBERGENSIS
am gemeinesten und wolfeilesten ist: wird bey Pätzenstein / einem Nürnbergischen Städtlein /
benebenst der gelben Erden / viel Klaffter tieff unter der Erden gegraben / im Backofen
gedörret und Fuder-weiß nach Nürnberg verkaufft: von dar aber viel hundert Sentner-weiß
verschicket. Sie muß recht trocken und nicht steinicht seyn / worvon der Nürnbergische
Materialist Marxius pag. 206. in seiner Material-Kammer zu sehen ist.
§. 12.
Dergleichen rothe Farb gibt auch der Röhtelstein oder
RUBRICA FABRILIS,
welcher doch viel härter / und einem Stein fast ähnlicher / als einer Erden siehet / ist auch
schwerer / dunckel-roth und eines anhaltenden Geschmacks. Diese Erde kombt fast mit dem
Blutstein überein / wird auch in denjenigen Kranckheiten / wo der Blutstein gut ist / gebraucht
/ als im übermässigen Bluten / innerlich und eusserlich / in der Rothen-Ruhr und dergleichen /
absonderlich bey armen unvermögenden Leuten. Daß sie sonsten von den Zimmerleuten und anderen
zum Abzeichnen gebrauchet werde / ist jederman bekandt. Ohne die gemeine Sorte / hat man noch
eine zärtere / welche sich spalten / und / wie das Reiß-Bley / in Holtz einfassen lässet / wie
es auß Engeland zum Zeichnen gebracht wird.
§. 13.
Endlich hat man noch eine andere rothe Farb / welche inßgemein
Englisch Braunroth
genennet wird / ob sie wohl billicher Indianisch-Roth heissen solte / indem es eine
Persianische Erde seyn soll / wie Pomet lib. cit. pag. 115. meldet. Die beste und kostbahreste
ist / so in kleinen und hoch-rothen Steinen / von einer mittelmässigen Härte / bestehet: wird
aber fast zu nichts anderst / als zu denen Absätzen an denen Weibs-Schuhen gebrauchet / welche
die Schuhmacher roth damit färben / nachdem sie solche Erde zuvor mit Eyer-Weiß angemachet
haben.
§. 14.
Das so genandte
Kessel-braun
brauchen die Kupffer-Schmiedte / den neuen Kesseln und Gefässen eine braune Farbe damit zu
geben.
§. 15.
Endlich rechnen die Färber auch den so bekandten
ORLEAN
unter die Erd-Farben / welcher doch nichts anderst ist / als eine Faecula oder häfichter Satz
einer Tinctur, so von einem frembden Saamen gemachet wird: hat eine dunckel und röthlich-gelbe
Farbe / Violen-Geruch und etwas anhaltenden Geschmack; kombt auß West-Indien theils in
viereckichten Kuchen / theils in runden Klumpen.
§. 16.
Ermeldter Saame rühret von einem kleinen Baum her / welchen die wilden ACHIOTL, auch URUCU,
die Holländer aber Orellana nennen: hat einen Stamm / wie der Pomerantzen-Baum / welchem er
auch an der Gestalt und der Grösse nahe kombt / mit einer eusserlich gelben und inwendig grünen
Rinde umbgeben / dessen Aeste / mit rauhen und grünen Blättern / wie die Rusten-Bäume gezieret
sind: träget weisse und etwas röthliche Blumen / wie der Helleborus Niger, so inwendig voller
gelben und oben roth-gespitzter Fäserlein ist / nach welchem rauhe / doch nicht stechende Igeln
oder Schooten / in der Grösse einer grünen Mandel folgen / so in obiger Figur Lit. A. zu [9] sehen sind. Diese Igeln blatzen endlich von sich selbsten auff und zeigen
kleine Körner oder Saamen Lit. B. welche fast wie die Steinlein in denen Weintrauben anzusehen
und schön roth sind. Diese werden im Frühling gesamlet / nachdem der Baum das gantze Jahr grün
geblieben / welchen die Indianer sehr hoch halten und neben ihre Häuser pflantzen / indem sie
auß dessen Rinde Seiler / so viel stärcker als unsere auß Hanff gemachte Stricke sind / winden
/ das Holtz aber / so gar hart / zum Feuer schlagen brauchen sollen / wie Hernandez alles Lib.
3. Rerum Medic. Nov. Hispan. pag. 74. schön beschrieben / allwo auch die Abbildung des Baumes
zu sehen / welche doch viel sauberer in des Plukenet Phytograph. Tab. CCIX. Fig. 4. zu sehen
ist / wormit die oben im Anfang dieses Capitels gesetzte Figur ziemlich übereinkommet.
§. 17.
In eben diesem Kupfferstück wird auch einiger Massen unter Augen geleget / auff was Art und
Weiß der Orlean gemacht und zubereitet werde / welches also geschiehet: Es werden nehmlich von
den Americanern / absonderlich denjenigen / so die Insul S. Domingo bewohnen / obgedachte
Körner / wann sie reiff sind und einen röthlichten Staub umb sich haben / in warm Wasser
eingebeitzet und so lang darinnen durcheinander geschlagen / biß sich die Farb alle davon in
das Wasser gezogen / welches nachmahle abgegossen und so lang auff Seite gesetzet wird / biß
die Farbe darvon zu Boden sincket / und sich wie Hefen gesetzet hat / eben auff die Art / wie
sonsten der Indig auch gemachet wird / worvon in folgendem Capitel soll gehandelt werden. Wann
nun diese Faecula recht trucken worden / so stossen sie solche in gewissen Mörseln zu einer
Mass / und formiren sie zu Kuchen oder Ballen von unterschiedlicher Grösse / wie sie zu uns in
Europa gesandt werden. Einige vermeynen / es würden die Körner zuvor in Mörseln zerstossen /
ehe sie ins warme Wasser kämen / welches man an seinen Ort gestellet seyn lässet. Daß aber Du
Blegny an einem gewissen Ort dafür halten will / daß der Orlean nichts anderst seye / als der
Safft / so man auß den Körnern gepresset / eingekochet und auffgedörrer habe / ist schon von
dessen Lands-Mann Petro Pomet in Hist. Gen. simplic. Lib. IIX. pag. 303. widerleget worden.
Weßwegen dann auch anstehe / ob diese Farb unter die Succos Concretos zu rechnen sey / wie von
Sam. Dale in Offic??? simpl. oder Register seiner Pharmacologiae geschehen ist.
§. 18.
Sonsten findet man zweyerley Orlean bey denen Materialisten und Apotheckern / nemlich die
Weiche / oder Orleanam humidam, und die Truckene / oder Orleanam siccam. Der erste ist wie ein
dicker Teig / von Orangien-Farb und ist viel wolfeiler / als der truckene / dessen man wieder
verschiedene Sorten bringet / indem ohne die gemeine / so in grossen viereckichten Broden / wie
Seiffen / oder in runden Klumpen kommet / auch kleine Küchlein / wie ein Frantzösischer Thaler
/ davon kommen / welche gar fein sind / und deßwegen auch in der Artzney innerlich gebrauchet
werden können; da die andere hergegen offters übel conditionirt und fast stinckend sind / auch
deßwegen zur Artzney nicht dienen / wie obgemeldter Pomet l. c. berichtet.
§. 19.
Der beste ist / welcher wie Violen-Wurtzel riechet / recht trucken und hoch an der Farb ist /
dergleichen meistens von Cayenne kommet. Der schimlichte / feuchte / garstige und nach dem
Gewölbe riechende Orlean aber muß gäntzlich verworffen werden / indem er nicht einmahl zu einer
guten Farb / vielweniger zur Artzney gebrauchet werden kan.
§. 20.
Seine Kräffte und Tugenden betreffend / so ist der Orlean kühl und etwas anhaltendt / wird
von den Americanern in der Artzney gegen die Hitze von Fiebern herrührend / und gegen die
Rothe-Ruhr innerlich: gegen die Geschwulst aber eusserlich gebrauchet; weßwegen sie nicht
allein kühlende Julep / sondern auch dergleichen Umbschläge darvon machen / wie Hernandez l. c.
berichtet. So stärcket er auch den Magen und vermehret die Milch / absonderlich wann er mit
Cacao genommen oder im Chocolat (worzu er auch kommet) genossen wird. Sonsten aber brauchet man
ihn meistens zur Pomerantzen-Farb / indem nicht allein die Mexicaner die Gräntzen der
Landschafften auff ihren Geographischen Mappis damit bezeichnen und unterscheiden / (dahero
Scaliger diesen Baum Arborem regundorum finium oder den Gräntz-Baum genennet / wie Joh.
Terrentius in Not. ad Hernand. Pag. 75. berichtet) sondern es wird auch jährlich eine grosse
Quantität davon in Teutschland von denen Färbern / Wolle / Strümpff und Leinen-Zeug damit
Orangiengelb zu färben / consumiret. Diese Farb nun wird also angestellet / wie ich selbsten
zugesehen: Nimb Orlean ¼. ??? stosse ihn gantz klein / thue das Pulver in 3. Züber voll gute /
reine und klare Laugen / lasse alles in einem Kessel steden / und wann es etwas eingesotten /
thue die Wolle / Strümpff / leinen Garn oder Zwirn hinein / lasse es ein wenig beitzen /
hernach ziehe es herauß / und hencke es auff / daß es trucken werdewird schön Pomerantzen-gelb;
und weilen sich der Orlean in die Höhe gibt und oben auff der Lauge schwimmet / so wird das
erste Zeug immer schöner / als was nach demselben eingestecket wird. So viel ist zum wenigsten
zu 6. ??? [10] Wüllen oder Leinen genug / kan auch noch ein mehreres damit
gefärbet werden / aber das letzte wird mehr Haarfarbicht / als Pomeranden-gelb. In Franckreich
sollen sie auch das Wachs / wann es zu bleich ist / gelb darmit färben / wie Pomet in
obangezogenem Buch l. c. schreibet / wie dann auch denen verblasten güldenen Galaunen die
vorige Gold-Farb damit wieder gegeben werden kan. Ob aber diejenige rothe Schmüncke / so man
Spannische Wolle nennet / damit tingiret werde / wie Dale l. c. auch vorgibt / kan deßwegen
nicht wohl glauben / weilen diese Farb nicht roth / sondern gelb färbet und also kein lebhafft
Angesicht machen würde.
§. 1.
Zu den vorigen Erd-Farben kan man auch nicht unrecht die bekandte blaue Farb / nehmlich den
Indig zehlen / ob er wohl / wie auch der Orlean, nicht zu den Mineralien gehöret / sondern
vielmehr eine auß den Kräutern zubereitete Faecula und erdichter Satz zu nennen ist. Dieser
Indig oder INDIGO nun ist eine erhartete truckene blaue Farb / an grob- und kleinen Stücken /
welche theils auß West-Indien / theils auch auß Ost-Indien gebracht und allda von einem
gewissen Kraut außgezogen und gesotten wird / wie bald mit mehrerem soll gemeldet werden.
§. 2.
Das Kraut selbsten wird von den Indianern Anil geheissen / wächset ohngefehr zwey Schuh hoch
/ hat auff beyden Seiten der Stengel dicke / oben dunckel-grüne und unten gleichsam versilberte
runde Blätter / welche in allem nicht viel grösser sind / als der Nagel am kleinen Finger ist.
Die Blüte ist der Erbsen-Blüt [11] nicht viel ungleich / von röthlichter
Farb / nach welcher lange / dünne und etwas umgebogene Hülsen wachsen / in welchen ein kleiner
Saamen / an der Grösse wie Rüb-Saamen / und an der Farb wie Oliven, zu finden / wie alles aus
der Figur / welche Pomet in seiner Hist. des Drogues pag. 181. vorstellet / zu sehen ist.
§. 3.
Die Art solches zu pflantzen beschreibet P. Du Tertre in seiner Historie der Antillen-Inseln
p. 107. und soll also geschehen: Man erwehlet zuvor ein sehr reines und von den Rissel-Steinen
gantz gesaubertes Erdreich / wie auch ein feuchte Witterung / welche die Fortpflantzung
befördert. Hierauff stecket man das Körnlein in kleine mit dem Finger gemachte Löchlein / je
ein Schuh weit von einander / welche alsdan??? mit der Erden wieder zugescharret werden. Wann
nun das folgende Wetter feucht und das Erdreich gut ist / so kommen sie in vier oder fünff
Tagen hervor / und können in Zeit eines vierthel Jahrs abgeschnitten werden: wiewohlen zuweilen
ein gewisses Ungezieffer / so diesem Kraut sehr gefährlich seyn soll / dessen Abnehmung vor der
Zeit verursachet / indem die Americaner solches merckend / das Kraut geschwind mit dem
Ungeziffer abschneiden und zusammen in den Kessel thun sollen.
§. 4
Auß diesen Kräutlein wird der India hernach in den Indig-Hütten auf folgende Manier
zubereitet: Eine jede Indig-Hütte oder Indigoterie ist mit einem sehr grossen Becken / zweyen
Kuffen / welche sie die Einweichungs-Gefäß (trempoires) / einem andern / so die Schlag-Bütte
(Batterie) und noch einem andern / das sie Reposoir oder den Ruhe-Zuber heissen / versehen und
zugerichtet. Alle diese Gefässe sind gleichsam als in Stock-Wercke eingetheilet / und stehet je
das eine höher / als das andere Man trägt darauf die Pflantzen zusammen / legt sie fein
ordentlich in unter schiedliche Bett oder Lager in den Eintauchungs-Zuber und tritt sie mit
Füssen: gleich nach diesem thut man ein Rahme darüber / damit sie in Ordnung liegen verbleiben:
alsdann läst man das Wasser so lang auß dem grossen Becken darauf fallen / biß daß es die Höhe
der aufgelegten Rahmen erreichet. Dieses Wasser / nachdem es etwas erwarmet / fänget an
aufzugieren und fast zu sieden / da es dann aus der Pflantzen die Materie heraußziehet / auß
welcher der Indig (so die Faecula von diesem Kraut ist) gemacht wird. Auß dem
Einweichungs-Gefäß läst man hiernechst das Wasser in den Zuber / die Schlag-Bütte genannt / in
welcher ein sechseckichtes Stück Holtz liegt / welches mit einer Handhabe / damit man es hin
und wider bewegen kan / und sechs länglicht-runde Pyramidische-Kübel / welche an vielen Orten
durchlöchert sind / versehen ist. Gemeldtes Wasser nun / indem es in dem Schlag-Zuber zugleich
beweget / in die Höhe gezogen und vielmahl durch die Eymer oder Kübel wieder hinunter gelassen
wird / säubert und reiniget sich gantz und gar / und steigen auch aus demselben solche böse und
ungesunde Dämpffe hervor / die gar offters die Arbeiter zu ersticken pflegen. Wann es nun ein
geraume Zeit also gestampfft worden / so wird fast eine dicklichte Materi / gleichsam als die
Wein-Hefen daraus / welche die Indianer in leinen Säcken aufhängen / damit das Wasser
abfliessen könne / und der Indig allein übrig bleibe / welcher alsdann in kleine Kästlein
geschlagen und in den Gewölbern aufgehoben wild / wie Mallet solches aus obigem Scriptore im
siebenden Buch seiner Cosmograph. pag. 177. beschrieben hat. Auff was Art und Weiß aber der
Indig in Ost-Indien gezogen und zubereitet werde / kan man im Anhang dieses Buchs / nach denen
Ost-Indianischen Send-Schreiben weitläufftig und umbständlich sehen.
§. 5.
Nachdem nun der Indig entweder von den Blättern des Krauts allein / oder zugleich aus den
Stengeln gemacht und zubereitet wird / auch von verschiedenen Oertern herkommet / so wird er in
verschiedene Sorten unterschieden. Denjenigen / welcher aus den blosen Blättern gemachet ist /
nennen die Frantzosen l Inde, den andern / welcher aus den Stengeln und Blättern praeparirt ist
/ l' Indigo. Im Teutschen aber heissen sie beyde Indig / und werden nur an den Stücken
unterschieden / indem die erste Art in dünnen- und kleinen platten Stücker kommet / und auch
fein Platt-Indig / oder (wie ihn Marxius in seiner Teutschen Material-Kammer p. 106. heisset)
Platto Xerquies, von Pomet aber l’ Inde Serquisse genennet wird. Die andere kommen alle in
dicken Stücken und Glumpen / und haben insgemein ihren Nahmen von den Orten / wo sie
zugerichtet werden / als der Indigo Guatimalo, Guadimale oder Gontimal-Indig, Doming-Indig,
Caribisch und dergleichen.
§. 6.
Nun fragts sich / welche Sorte unter diesen allen vor die beste zu halten sey? Hier zu Land
halten die Färber insgemein den Indigo Guatimalo oder Gontimal-Indig vor den besten / welches
auch fast die Materialisten und Apothecker / als Marxius, Schurzius und Vielheur in ihren
Material-Kammern glauben / ohne Zweiffel / weil dieser Indig hier zu Land am meisten abgehet.
Allein / an andern Orten verstehen es kluge Färber viel besser / welche nicht / wie unsere
Leute / nach der Wolfeilung sehen / sondern den theuresten Indig aufsuchen / weilen sie mit
diesem [12] wohl noch zweymal so viel / als mit dem Gontimal und andern
Indig färben können / und derowegen hautement sagen / daß sie mit dem wolfeilen Indig sich arm
färbeten / wie mir ohnlängst ein Materialist aus Hamburg erzehlete. Nun gibt es die Vernunfft /
das der Platto Xerquies viel besser sein müsse / als der Indigo Guatimalo, weilen solcher noch
einmahl so theuer gehalten wird als dieser / ob sie schon von einem Ort kommen. Und weilen
jener von den blossen Blättern / dieser aber von den Stengeln und Blättern zugleich gemacht
worden / so kan man leicht schliessen / daß in jenem mehr Krafft seye / als in dem letzten.
§. 7.
Unterdessen hat auch der obgemeldte beste Indig oder
PLATTO XERQUIES
noch einigen Unterscheid / nachdem er von der ersten / zweyten und dritten Einsamlung der
Blätter gemacht wird / worunter die ersten immer die besten sind / indem die junge und zarte
Blätter ein lebendigere und gläntzendere Farbe geben. Er muß insgemein in platten Stücken von
einer mittel-mässigen Dicke kommen / ohngefehr einen Zoll breit und anderhalb Zoll lang / nicht
zu hart und nicht zu mürb seyn / hoch an der Farb und Violet, anbey leicht und auf dem Wasser
schwimmend / daher er auch von den Frantzosen Inde Flottante oder schwimmender Indig genennet
wird. Wann er zerbrochen wird / müssen keine weisse Flecken / sondern gleichsam wie Silber
anzusehende Streiffe darinn seyn / und wann man ihn auf einem Nagel reibet / muß er seine Blöhe
in eine rothlicht-küpfferne Farbe verändern / auch keine Kleinigkeit und Staub bey sich
führen.
§. 8.
Diesem kommt der
INDIGO LAURO
sehr nahe / welcher zwar in kleinen Glumpen kommet / doch auch guten Theils aus den Blättern
gemachet wird / oder die oberste Blum von dem Guatimalo ist / und derowegen mit dem vorigen
auch in einem höhern Preiß stehet / wie aus dem Prix Courant zu ersehen. Er färbt etwas
dunckeler / als der Guatimal-Indig / wann man zu einem ???. Woll / ??? Indig nimmt.
§. 9.
Unter den übrigen Sorten / welche aus den Stengeln und Blättern zugleich gemacht werden / hat
der Gontimal-Indig / oder
INDIGO GUATOMALO
billich den Vorzug / welcher mittelmässig hart / doch leicht und schwimmend / auch auf dem
Nagel kupffericht seyn muß. Mit einem Wort: Je näher er den vorigen kommet / je besser er ist.
Welches auch von dem
INDIGO DOMINICO
zu mercken / dessen Farb nicht so lebhafft und kupffericht ist; und weilen beyde offters
verfälschet und mit Sand und Erde gemischt werden / kan man ihn durch das anzünden probiren /
indem der gute Indig / wie das Wachs / verbrennet und der Unrath zurück bleibet. Der
CARI???bische und andere Sorten werden nicht viel gesucht.
§. 10.
Aus diesem letzten machet man mit zuthun des blauen und weissen Stärckmehls und Gummi-Wasser
eine massam, welche zu grossen Tafeln geschnitten und
Gemein Indig /
von einigen auch Platt-Indig genennet wird / dessen man sich die Schaafe zu zeichnen bedient.
Doch verkauffen die Betrieger solchen auch vor rechten veritablen Indig; welcher Betrug an der
grün-blauen Farb und durch dessen solvirung in Wasser / (worinnen sich die blaue Stärcke
praecipitirt) zu sehen ist.
§. 11.
Der Gebrauch des Indigs ist den Blau- und Weid-Färbern bekannt / welche Wüllen- und Lein-Tuch
/ Strümpff und dergleichen damit färben / nachdem sie ihn mit Urin angemacht haben. Die Mahler
und Weiß-Bender machen daraus mit dem Operment die grüne Farb. Die betrogene Apothecker aber
färben damit den falschen Violen-Syrup / den sie auß blossem Zucker und Viol-Wurtz nachmachen.
|| [13]
§. 1.
DAs Stein-Saltz oder so genanntes SAL GEMMAE ist ein sehr hartes / helles und durchsichtiges
Saltz / eines scharffen / saltzichken und etwas anhaltenden Geschmacks / und weilen es also aus
der Erden gegraben wird / so nennet man solches auch
SAL FOSSILE:
kommet meistentheils aus dem kleineren Polen / allwo es so hart seyn soll / daß sie es auch
zu den Hausern und Gebäuen employren können / wovon Cromerus Tr. de Polonia zu sehen ist.
Ingleichem findet man es in Calabrien / wie Bartholinus in Cent. 1. Epist. 54. pag. 231.
schreibet. So gibt es auch viel in Catalonien / allwo man allerhand Figuren / als Crucifix /
Rosen. Cräntz / Laub- und Blumen-Werck daraus formiret / dergleichen mir ein Stück von einem
guten Freund / welcher vor einigen Jahrenmit einem Hoch-Fürstl. Hessen-Darmstädtischen Envoyé,
als Secretarius, in Spanien gereiset / mitgetheilet worden; wie zu Aldrovandus in Mus. Metall.
dergleichen Figur / als obgesetzte Tafel mit Linien / darvon unter Augen geleget hat. Diese
Figuren sollen sie dem Stein-Saltz unter der Erden / wo es viel weicher als in der freyen Lufft
seyn soll / mit gewissen Modellen eindrucken / wiewohlen es zu weilen von sich selbsten in
Sträuchlein und andere Figuren auffchieset / dahero die Flores ??? entstehen / worvon
Aldrovandus, c. l. zu sehen ist. Anbey ist merckwürdig / daß es auch in der Erden viel leichter
seyn soll / so gar / daß ein Stück / welches ein Mensch aus der Grube hat tragen können /
nachmahlen / wann es etliche Tage in der freyen Lufft gelegen / kaum von 4. Männer soll können
weggetragen werden / welches absonderlich von dem Polnischen Stein-Saltz in Miscell Acad. Germ.
Cur. Dec. l. Anno 2. observ. 78. pag. 153. erzehlet wird.
§. 2.
Man finder daselbsten unterschiedliche Species, unter welchen immer eine heller / als die
andere ist: Entweder weiß / grau / oder roth / dergleichen oben ein Stück aus des Aldrovandi
Museo zu sehen ist. Diese Farben entstehen daher / wann dem Stein-Saltz in der Erden etwa ein
Bolus oder andere Unreinigkeiten untermischet werden / wie Mons. Tournefort bey dem Pomet
vernünfftig darvon raisonniret / welcher 4. dergleichen Species in Catalonien observirt hat /
darvon in dessen Hist. Generale des Drogues P. 3. L. 2. c. 31. pag. 69. zu lesen ist.
Unterdessen findet man bey denen Materialisten nur das gemeine / klare und durchsichtige
Stein-Saltz / welches vor das beste gehalten wird / wann es in schönen grossen und
Crystallinischen Stücken kommet / welche doch leicht zerspringen und sich in viereckigte
Stücklein schiffern / auch durchsichtig seyn müssen.
|| [14]
§. 3.
Sein Gebrauch ist hier zu Land denen Färbern mehr / als in der Küchen / bekannt / obwohlen
anderstwo es auch zerstossen und wie unser gemeines Saltz zu den Speisen gebraucher wird / mit
welchen es einerley Kräfften hat. In der Artzney aber wird es meistens äusserlich zu denen
Clystiern gebrauchet / weilen es etwas besser stimuliret / als das gemeine; weßwegen es auch
die Chymici zu Eröffnung der Metallen lieber haben. Einige machen einen Balsam davon / die
Brüche damit zu curiren / welchen Schroëderus (aber nicht recht) beschrieben / dahero
Ettmüllerus in seinem Comment. p. 901. das übrige hinzugethan. Heut zu tag brauchet man an
dessen Stell / nach der Frantzosen Manier / den ???. com. worvon bald mit mehrerem soll
gehandelt werden.
§. 4.
Hierher gehöret das
SAL INDUM,
dessen die Alten / als Plinius lib. 21. cap. 7. Matthiol. lib. 8. Com. in Diosc. c. 88.
gedencken; heut zu tag aber ist es bey denen Materialisten nicht zu finden / welches fast zu
verwundern / indem Mons. de Fustica bey dem Pomet. p. 70. c. l. bezeuget / daß in Indien ein
gewisses Königreich Dançal, oder / in unser Sprach / das Saltz-Land genennet jährlich so viel
Stein-Saltz gebe / daß damit 600. Cameelen beladen würden / und soll man dasselbige in Egypten
an statt der Müntz gebrauchen; wie dann auch Boccone ein gelahrter Italiäner / in seinen
Frantzöischen Brieffen: Recherches & Observations Naturelles genandt / mit
Verwunderung dergleichen Egyptischen Saltzes gedencket / so immer in Gestalt eines kleinen
Pyramids in der Erden gefunden werde / welches er deßwegen SAL PYRAMIDALE Aegypti heisset /
dessen Abriß oben im Anfang des Capitels zu sehen ist / welches in meinem geringen Museô auch
in Naturâ zeigen kan. / Ob es aber was sonderliches und mehrers / als das gemeine Stein-Saltz /
dessen es eine Art zu sein scheinet / praestiren könne / lasse dahin gestellet seyn / in dessen
Ermangelung man sich des gemeinen und bekannten bedienen kan.
§. 5.
Von diesem bißher gemeldeten Stein-Saltz soll nach etlicher Gelährten Meynung auch das
SAL COMMUNE
oder
Das gemeine Küchen-Saltz
seinen ersten Ursprung haben / wann nehmlich dasselbige von den unter-irrdischen Flüssen und
dem Regen-Wasser auffgelöset und entweder in das Meer (wo alle Wasser hinlauffen) oder in die
Saltz-Brunnen geführet wird / dahero das SAL Marinum oder das Meer-Saltz und Fontanum, das ist
/ das Brunnen-Saltz herrühren.
§. 6.
Daß das Meer-Saltz oder
SAL MARINUM
von dem ??? Gemmae herrühre / suchet der berümbte Englische Philosophus Robertus à Boyle
darmit zu behaupten / weilen das Meer-Wasser am Grund und Ufer des Meer es viel saltzichter /
als in der Mitten ist / wie er mit vielen Experimentis in einem eigenen Buch de Salsedine Maris
S. 11. c. 1. erwiesen. Worzu annoch dieses kombt / daß es an Stärcke dem Stein-Saltz sehr nahe
komme / welche in dem Brunnen-Saltz durch die Filtration per poros terrae nachlässet; weßwegen
auch die Chymische Praeparata besser aus dem Meer-Saltz gemacht werden. Es kombt sonsten
meistentheils aus Spanien und Franckreich / worunter jenes vor das beste gehalten wird. Auf was
Weise aber dasselbige aus dem Meer-Wasser zubereitet werde? (denn es selten und auch gar wenig
von sich selbsten sich an dem Ufer crystallisiret) solches beschreibet Mons. L’ Emery in seinem
Cours de Chymie pag. 345. und aus demselben Pomet in seiner Frantzösischen Material-Kammer pag.
3. lib. 2. p. 70. Sie machen nemlich zu Rochelle und andern Orten gewisse Saltz-Teiche / welche
etwas tieffer liegen als das Meer und einen lettichten Grund haben / welcher das Saltz-Wasser
besser hält / als das sandichte Land. In diesen Saltz Teichen lassen sie über Winter das
Meer-Wasser stehen / welches sie bey der Sonnen-Hitze durch gewisse Canäl daraus lauffen lassen
/ wordurch es reiner gemacht und nachmahlen durch der Sonnen-Hitz coaguliret wird. Will man es
säuberer haben / so solvirt man es und bringt es entweder zu kleinen Crytallen oder lässet das
Wasser gar abrauchen / welches je öffter es geschiehet / je weisser das Saltz wird. Dahero man
zweyerley Meer-Saltz findet / nemlich / das schwartze grobe / und das weisse. Dieses wird zu
Volaterran gar schön gemacht / jenes aber auch anderstwo / welches doch zu der Glasmacher-Kunst
viel besser / als das weisse ist / wie Anthonius Neri in seiner Glasmacher-Kunst pag. 4.
berichtet.
§. 7.
Wie das
SAL FONTANUM
aus den Saltz-Brunnen gebracht und gesotten werde / ist jederman bekannt / und lässet sich
nicht so wohl beschreiben / als es auff den Saltz-Sooden augenscheinlich kan gesehen werden /
dergleichen zu Lüneburg / Hall in Sachßen / Friedberg / Nidda und Wisselsheim in der Wetterau /
Türckheim an der Hard / und andern Orten zu finden sind / welche vor rechte Gold-Gruben zu
halten / woraus die so genannte Saltz-Herren unsäglichen Reichthum sammlen; [15] weßwegen auch der König in Franckreich aus dem Saltz-Handel ein Königlich Monopolium
gemacht / das Jährlich viel Millionen einträgt. Will man sonsten etwas gründliches von dem
Saltz-Sieden lesen / kan man des Beccheri Physicam subterraneam zur Hand nehmen / allwo man
pag. 92. gute Nachricht findet.
§. 8.
Das Meer- und Brunnen-Saltz wird meistens in der Küchen zum saltzen und einsaltzen gebrauchet
/ und ist solches das beste Gewürtz und Balsam aller Speisen / in dessen Ermanglung leichtlich
Fäulungen und hitzige Kranckheiten entstehen / wie öffters in den Heerlagern und belagerten
Orten geschiehet. In der Medicin brauchet man äusserlich das geröstete Saltz oder Sal
decrepitatum zu den erwärmenden Säcklein und Fomentis in dem Magen-Wehe Colic und dergleichen.
Innerlich aber brauchet man den Spiritum Salis, welcher grünlichtgelb seyn muß / wann er recht
gut und dephlegmiret ist. Weilen er aber etwas zu scharpff ist / so nimbt man den Spiritum Vini
rectif. darzu / wordurch ihm die Schärff benommen wird / daß er hernach ??? dulcis genennet
werden kan: ist gut zum verlohrnen Appetit und Schlaff-Welck machen / dienet auch die Brüche zu
heylen / wann er nach des P. de Cabriers Method gebrauchet wird / welcher auff des Königs in
Franckreich Lud. XIV. Befehl in offentlichen Druck kommen und in meinen Polychrestis Exoticis.
Disp. de Herniis kan gelesen werden. Er nimbt auch den schwartzen und gelben Weinstein an den
Zähnen weg / und ist der Zahn-Aertzten bestes Secret und Arcanum, muß aber behutsam gebrauchet
werden / daß er weder das Zahn-Fleisch / noch die Wurtzel der Zähnen anfressen und erodiren
könne.
§. 1.
DEr Alaun oder ALUMEN ist ein saur und sehr herbes mineralisches Saltz / welches von dem
sauren Erd-Geist und von demselben durch fressenen Steinen gezeuget wird / nach deren
Unterscheid er vielerley Gestalt und Farben an sich nimbt / wie Jungius in seiner Doxo [16] scopiâ Phys. Part. 2. Sect. 206. XI. nicht ohne Grund davon
raisonirt: kommet meistentheils aus Italien und Engeland / wiewohlen auch jetzo in Teutschland
zu Luyck und zu Saalfeld / Zigenhain in Hessen und anderstwo dessen ein grosse Quantität
gemachet wird / wie solches Vielheur selbsten gesehen und in seiner Beschreibung frembder
Materialien pag. 20. bezeuget: und hat man destoweniger des West-Indischen vonnöthen / dessen
Hernandez in Hist. Nov. Hisp. pag. 342. gedencket.
§. 2.
Gleichwie aber unser jetziger und gemeine Alaun / welcher aus gewissen Steinen und Minere,
(wie bald gezeiget soll werden) künstlicher Weiß verfertiger wird / denen alten Scribenten
unbekannt gewesen / weilen sie noch keinen solchen Bescheid / wie die heutige mit der Chymie
gewust: also sind hergegen die natürliche Species vom Alaun / welche von denselben hin und
wieder beschrieben worden / heut zu Tag gantz unbekannt / indem auch die geschickteste
Materialisten den runden / fleissigen / oder vielmehr weissen und schwartzen Alaun / deren
Dioscorides und Galenus gedencken / niemahlen gesehen / wie Pomet in seiner Material-Kammer
Part. 3. lib. 2. pag. 80. ungefoltert gestehet. Unterdessen sind doch einige curiose
Natur-Kündiger / welche solche auffgesuchet / wie dann Bartholomaeus Maranta, ein gelahrter
Italianer; nicht allein obgedachte drey Arten / sondern auch das Alumen scissile, in den
Berg-Wercken umb Neapolis gefunden / wie solche Aldrovandus in Museo Metallico pag. 331. in
obgesetzter Figur unter Augen leget: welchen das Alumen Botryoides noch könte zugethan werden /
dessen Ferd. Imperatus in Hist. Nat. l. 13. c. 10. & 20. gedencket.
§. 3.
Alle diese überlassen wir den Gelährten / und wollen anjetzo nur deren gedencken / welche
noch heut zu Tag bey den Materialisten und Apotheckern zu finden / worunter das
ALUMEN RUPEUM,
oder der gemeine Alaun der bekandteste ist / welcher von den Italianern auch Alumen di Roccâ
(Rotz-Alaun) genennet wird / weilen er aus gewissen Steinen gebrandt und außgelauget ist; und
ob schon einige / als Sam. Dale, diesen letzten Nahmen nur dem röthlichten und so genannten
Stein-roth Alaun / welcher bey den Lateinern Alumen Romanum heisset / beylegen wollen / so sehe
doch nicht / warumb nicht auch der gemeine und Englische also zu benahmen seye / indem er eben
so wohl aus gewissen Steinen und auff eine Weise gemachet wird / die P. Kircherus in Mundo
subterraneô T. 1. Cap. de Alum. pag. 314. weitläufftig beschrieben hat / welcher in Anno 1639.
zu Tolfa (wo der beste Felsen-Alaun in Europâ zu finden ist) sich auffgehalten / und die
Zubereitung des Alauns selbsten gesehen hat / welche also zugehet: Erstlich werden die
Alaun-Steine gebrochen / darauff in einem Kalck-Ofen gebrandt: nachdem werden sie Hauffen-Weise
an geraume Plätze geführet / wohl einen Monat lang alle Tage vier mahl mit Wasser besprenget /
darauff in grosse Kessel gethan / Wasser darüber gegossen / mit stetem rühren gekochet / biß
die Alaun-Schärfe außgezogen ist: Hernach wird das klare Wasser von der Häfen abgelassen und in
Eichen-höltzern Geschirr gethan / umb darinnen zu Crystallen anschiessen zulassen / welche
gemeiniglich acht-auch zehen-eckicht sind / wie oben in der Figur zu sehen. Auff diese Weise
wird nicht allein der Römische Alaun umb Civita Vecchia in Italien / sondern auch der Englische
in Engeland / und der unserige Teutsche zu Saalfeld gemacht. Daß aber der Römische röthlicht
scheinet / ist Ursach / weilen die Stein / daraus er gezogen wird / rothlich sind / weßwegen
diese Farb nicht allein außwendig / sondern auch von innen an demselben zu sehen ist / woran er
von dem nachgemachten rothen Alaun zu erkennen ist / welchen einige aus dem Englischen und
gemeinen nachmachen / indem sie ihn äusserlich etwas röthlicht färben / wie Pomet in seiner
Histoire Generale des Drogues, Part. 3. Lib. 2. cap. 46. pag. 87. zeiget.
§. 4.
Der grosse Nutzen des Alauns ist den Färbern meistens bekandt / welche die Wolle und Tücher
darinn beitzen / daß sie alle Farben desto besser annehmen / und wird deßwegen auch Alumen,
quasi dans Lumen, genennet. Andere machen auch falsche Perlen und andere Galanterien darauß. So
brauchen ihn auch die Müntz-Meister / Gerber / Buchbinder und andere Künstler. In der Artzeney
aber stopster er in der Weissen- und Rothen-Ruhr / auch anderen Blutstürtzungen / wo er auch
äusserlich mit der Lacca in Globulis vermischet / gut thut. In dem Zahn-bluten mischet man ihn
mit gestossenen Mußcaten. Einige thun andere ??? fixa darunter und curiren damit die
Wechsel-Fiebern. So wirder auch zu Wiederbringung der verlohrnen Jungfrauschafft (pro
Sophisticatione Virginum) mißbrauchet / worvon Doct. Hoffmann und Ettmüllerus in Comment. ad
Schroed. zu sehen sind. Die Barbierer brauchen ihn zum abätzen in äusserlichen Schäden /
absonderlich das ALUMEN USTUM, welches auß dem gemeinen und in einem Löffel so lang
geschmoltzenen Alaun / biß er in einen weissen Kalck zerfället / gemacht wird: nimbt das faule
Fleisch in den offenen Schäden hinweg / und saubert sie. Vornehme Leut thun ihn zerstossen
unter die Arme / oder in die Fußsohlen / wann [17] ihnen die Füsse und
Achseln übel riechen / wobey aber behutsam zu gehen. Alaun mit Bley-Weiß und Rosen-Wasser
zerschlagen / stillet den Roth-Lauff und rothe Augen.
§. 5.
Auß dem gemeinen Alaun wird auch das
ALUMEN SACCHARINUM
gemacht / wann dasselbige mit Rosen-Wasser und Eyer-Weiß zu gehöriger Consistentz gekochet
und zu kleinen Pyramiden / wie Zuckerhüt / formiret wird / von welcher Gestalt ihm der Nahmen
gegeben worden: wird fast nirgends gebrauchet / ausser daß das Frauen-Volck solches zum
Schmincken employiret.
§. 6.
Warumb aber die Weid-Asche ALUMEN CATINUM und weßwegen die Trusen-Asche ALUMEN FAECUM
genennet worden? kan ich mir nicht einbilden / dann sie weder an Gestalt noch Qualitäten einige
Gemeinschafft / sondern viel eher einige Widrigkeit hägen / indem der gemeine Alaun zu den
sauren: diese aber zu den laugichten und alcalischen Saltzen zu rechnen sind.
§. 7.
Vielweniger ist das so genandte ALUMEN SCAJOLAE unter dergleichen Salia zu rechnen / welches
gantz keinen Geschmack hat / auch sich nicht im Wasser solviren lässet / sondern vielmehr eine
Art Schiffer-Stein zu seyn scheinet / welcher nur so genennet soll werden / weilen er sich in
Scajas oder Squamas theilen lässet / wie Aldrovandus in Mus. Metall. p. 680. redet / worinnen
er etwa eintzige Gemeinschafft mit dem O. scissili der Alten hat. Sonsten wird es mit besserem
Grund Lapis Schistus albus & pellucidus fermè in des Wormii Museo pag. 57.
genennet / und in Norwegen in den Silber-Gruben gefunden. Vid. loc. cit.
§. 8.
Viel anderst verhält es sich mit dem
ALUMINE PLUMOSO,
oder
Feder-Weiß /
welches bißdaher unverantwortlicher Weise mit dem Amianthô oder Flachs-Stein confundiret
worden; und ob schon D. Ettmüllerus in seinem Comment. Schroed. Pag. 909. unter diesen beyden
einen Unterscheid machet / so will er doch das Alumen plumosum allda vor keine Art Alaun
erkennen / sondern vergleichet sein Wesen mit dem Flachs-Stein / welches doch der Erfahrung
zuwider ist / indem ich ein Stück von der Minera dieses Aluminis plumosi besitze / welches mit
dem hervorschiessenden Feder-Weiß einen recht saltzichten / herben und aluminosen Geschmack hat
/ auch im Munde sich sol viret und zergehet. Weßwegen ich der gäntzlichen Meynung bin / daß es
ein recht natürlicher Alaun sey / kan mir auch nicht einbilden / daß man es zu Faden spinnen /
und / wie auß dem Flachs-Stein / etwas darauß wircken könne; Und wann es schon geschehen könte
/ so wäre es doch im Feuer nicht unverbrenlich / wie Aldrovandus und andere schon längst
bekennet haben. Glaube also / daß den Materialisten an statt des rechten und veritablen
Aluminis plumosi etwa eine Art von dem Stein-Flachs sey obtrudiret und auffaehänget worden /
welcher der bißherigen Confusion, daß nehmlich das Feder-Weiß und der Stein-Flachs vor ein Ding
oder zum wenigsten vor gleichmässige Cörper gehalten werden / grossen Anlaß gegeben / auch
verursachet habe / daß das rechte Feder-Weiß biß daher nicht auffgesucht und erkandt worden.
Weßwegen dann biß daher auch wenig von dessen Nutzen und Gebrauch zu lesen und zu finden ist /
welcher doch mit dem gemeinen Alaun in vielen wird zusammen stimmen / weilen sie fast einerley
Geschmack haben / dergleichen an dem Talc, dem es obgemeldter Ettmüllerus vergleichet / gar
nicht zu mercken ist.
|| [18]
§. 1.
DEr Salpeter oder SAL PETRAE ist ein weisses Erystallinisches Saltz / eines scharffen und
etwas bitteren Geschmacks / und wird insgemein auch Lateinisch NITRUM genennet / welcher Nahme
ihme doch gantz nicht zukommet / indem das rechte Nitrum, dessen die Alten gedencken / ein
gantz anderes und von unserem Salpeter unterschiedenes Saltz gewesen / dessen wir heut zu Tages
kein Splitterlein mehr haben / wie Joachimus Jungius, zu seiner Zeit ein sehr gelährter
Natur-Kündiger zu Hamburg / in Doxoscopiâ Phys. Part. 2. Sect. 2. cap. 7. auß dem Bellonio,
Matthiolo und andern stattlich erwiesen hat. Weßwegen er unter dem Halinitro oder Salpeter /
und dem rechten Nitro, so wohl in Ansehen des Orts / woher sie kommen / als in Ansehen der
Qualitäten einen grossen Unterscheid machet. Jenes wird bey uns aller Orten auß einer
saltzichten und fetten Erden gesotten / und hat einen saurichten Geschmack: Dieses aber hat man
also natürlich in AEgypten gefunden / weßwegen es auch NATRUM AEGYPTIACUM und ANATRUM heisset /
und hat vielmehr einen laugichten lixiviosen Geschmack / (wie die ???ia fixa auß den Kräutern)
welcher dem vorigen zuwider ist / gehabt / so gar daß man es an statt der Seiffen gebrauchet /
und noch kürtzlich zu Paris den Wäschern an statt der Pott-Asche verkaufft hat / wie Pomet in
seiner Material. Kammer p. 73. berichtet. Ja man kan solches auch auß einigen Schrifft-Stellen
/ als Pr???v. 25. §. 20. schliessen / wo das Nitrum als eines dem Essig zuwider lauffendes
Saltz angeführet / und derowegen von Luthero durch die Kreyde verdollmetschet wird / worvon wir
anderstwo weitläufftiger discuriret haben. Ob aber solches auß dem Nilo herrühre / wie
insgemein dafür gehalten wird / lasse an seinen Ort gestellet seyn; zum wenigsten kan dieses
bezeugen / daß als mir der berühmte AEthiopische Historiographus, Herr Ludolf, Kayserl. Rath zu
Franckfurt / von der jenigen ???. Nilotica, die er auß AEgypten bringen lassen / ein Glaß voll
zu versuchen gegeben / ich nichts saltzichtes daran schmecken können / indem es wie ein
gemeines süsses Wasser zu kosten war.
|| [19]
§. 2.
Was aber unsern Salpeter anlanget / so wird er in Teutschland aller Orten auß der gemeinen
Erde / welche in alten verlegenen Schaaf-Ställen / alten Mauren und Kellern zu finden ist /
außgelauget und gesotten / welche zuvor von denen Salpeter-Siedern also probiret wird / daß sie
etwas davon außlaugen / in einem kleinen Schälchen über einem Liecht abrauchen und verkochen
lassen / und wann es viel Saltz hinterlässet / welches nicht blatzet / auch wann dasselbige
verbrennet wird / keinen Satz zurück lässet / so wird sie vor gut und reich an Salpeter
geachtet. Wann sie nun den Salpeter in grosser Quantität darauß ziehen wollen / so machen sie
in grossen Bütten / mit doppelten Boden (wie sie die Seiffen-Sieder haben) und so groß seyn /
daß zwey Schubkarn voll Erden darein geführet werden können / mit gemeinem Wasser die starcke
und schwache Lauge / welche sie gewisser Massen einkochen / hernacher wieder durch Büchen- oder
Thänninne-Aschen durchlauffen lassen / damit die Asche der Lauge ihre Fettigkeit benehme und
frech zum wachsen mache. Wann nun solches geschehen / so wird alsdann diese Lauge auß der
Bütten E. in den Kessel B. nach und nach gelassen und so lang gesotten / biß der
Salpeter-Sieder C. vermercket / daß sich das Saltz an seine Kelle anhänget / so schöpffet er
solches in das übergesetzte Schien-Körbgen D. lässet alles in der Laugen-Bütte A. erkalten /
nachgehends das helle ablauffen / und in tieffen Kesseln und Trögen / so in die Erden gegraben
und mit G. und F. bezeichnet sind / wachsen / da man alsdann den rohen Salpeter findet /
welchen man in eben diesen Gefässen / durch wiederholtes solviren und kochen / läutern und
rafiniren kan / wie in obgesetzter Figur solches alles einiger Massen unter Augen gestellet und
dabey sehr weitläufftig von Lazaro Erckero in seinem Probier-Buch pag. 104. et seqq.
beschrieben wird. Nachdem er nun mehr oder weniger rafiniret worden / kommen dessen vielerley
Sorten herauß / welche Pomet in seiner Histoire des Drogues P. 3. l. 2. cap. 35. pag. 74. vor
andern schön beschrieben hat. Der Beste ist / welcher roth / weiß / in langen und breyten
Crystallen und recht trucken ist / auch kein gemein Saltz (welches sie den Schalck nennen) in
sich hat / so man an dem Blatzen spüret. Die Prob ist / wann man ihn anstecket und gantz
verbrennet / so ist er gut: Bleibt aber ein grosser Satz zurück / so ist er verfälschet.
§. 3.
Man findet auch bey uns einen natürlichen Salpeter / welcher sich an den alten Mauren und
Gewölben anhänget. Diesen nennet man
APHRONITRUM
oder SPUMAM ???, mit welchem Nahmen auch offters der Schaum / welchen man bey dem
Salpetersieden abgenommen hat / beleget wird / so aber hieher nicht gehöret. Dieses Aphronitrum
bestehet auß kleinen subtilen Crystallen / so wie eine Blume anschiessen / weßwegen er auch
FLOS ??? heisset / kommet dem rechten Nitro etwas näher / als der gemeine Salpeter / und suchen
einige was verborgenes darinnen.
§. 4.
Den Nutzen und Gebrauch des Salpeters betreffend / so wird dessen jährlich ein
ohnbeschreibliche Quantität zu dem Büchsen- und Schieß-Pulver verbraucht / worvon anderwerts
soll gehandelt werden. So wird auch nicht wenig zu dem Scheid-Wasser und andern Sachen von den
Laboranten verthan / von welchen bald ein mehrers folgen soll. In der Artzney-Kunst hat er auch
keinen geringen Nutzen / absonderlich in hitzigen Schwachheiten / worinnen das ??? nicht allein
refraichiret und kühlet / und derowegen von dem Englischen Mortis pag. 105. das kalte Gewürtz
genennet wird: Sondern es erhält auch daß Geblüt im Fluß und stetiger Circulation, verhinderend
/ daß es sich nicht glundere und coagulire; weßwegen der gereinigte Salpeter in den hitzigen
Fiebern / Ungarischen Kranckheiten / Wund-Fiebern / Bräune und Seitenstechen / im ordentlichen
Getränck zerlassen / ein herrliches Mittel ist / wann nur kein blöder Magen / Durchbruch oder
scharffes Serum vorhanden / welche dessen Gebrauch verbieten. Er zertheilet auch die Winde / in
der windigen Melancholi oder Malo hypoch. und wird deßwegen unter die Species diaspoliticon
Galeni genommen. In übermässiger und beschwerlicher Geilheit ist kein besseres Mittel / wie
Timaeus von Güldenklee an einem Trompeter Lib. 3. Consil. 52. pag. 197. erfahren hat.
Ingleichen kühlet es das von übermässigem Brandenwein-Sauffen erhitzte Geblüt / nach D. Simon.
Paulli Erfahrung in Digress. De Febr. Malign. pag. 53. Endlich treibet er auch den Stein und
Harn.
§. 5.
Unter denen Praeparatis, welche auß dem ??? gemacht werden / befindet sich erstlich der
LAPIS PRUNELLAE
oder praeparirte Salpeter-Küchlein / welche deßwegen so genennet werden / weilen sie in der
Bräune oder Prunella offt verordnet werden / wiewohlen andere den mit Laugen corrigirten
Salpeter mit dem Keslero vorziehen / weilen in Zubereitung des Lap. Prunellae der Salpeter mit
der scharffen Säure des Schwefels mehr verdorben als gebessert wird. Muß sonsten [20] schön weiß / trucken und frisch gemacht seyn / auch auß rafinirtem und
nicht rohem Salpeter bestehen / welches auß der Weise zu sehen ist. Daß er aber mit Alaun
verfälscht werden könne / ist gantz falsch / indem sich der Salpeter eben so / wie der Zucker /
mit dem Alaun nicht vereinigen lässet / wie Pomet l. c. pag. 76. zeiget. Wird sonsten innerlich
wie der Salpeter / und äusserlich in den Gurgel-Wassern gebrauchet. Wann man den Salpeter ohne
Schwefel mit einer glüenden Kohle anstecket / und dieses so offt widerholet / biß er nicht mehr
zischet / so bekombt man das
NITRUM FIXUM,
woraus Glauberus seinen Liquorem Alkahest machet / welches ein trefflich Menstruum ist.
Destilliret man aber den rohen Salpeter mit truckenem Thon oder Lette / auß einer Retort in
einen grossen Recipienten / so gehet ein roth feuriger Nebel über / welcher sich in einen
hellen und weissen Spiritum coaguliret / welcher
SPIRITUS NITRI
genennet wird: muß klar / wie Wasser seyn und immer rauchen / wann er gut ist; woran auch zu
sehen / ob er aus Scheid-Wasser bestehe / womit er von den Canaillen verfälschet wird. Ist
sonsten gar corrosiv, weßwegen er wie der ??? mit dem Spiritu Vini dulcificiret wird / welcher
alsdann den Urin und Stein treibet / auch die Winde zertheilet / absonderlich / wann man
denselben über die Römische Camillen und andere carminativa abtreibet und also D. Michels
SPIRITUM ANTICOLICUM daraus machet. Diesen ??? machen die Laboranten in Thüringen in grosser
Menge / und wann sie zu einem Theil ??? zwey Theil ??? nehmen und destilliren / so gehet das
Scheid-Wasser oder so genandte
AQUA FORTIS
herüber / welches doch nichts anderst / als der ??? ist / indem vom ??? wenig oder gar nichts
übergehet / und thut der ??? so viel / als das Scheid-Wasser. Dieses dienet das Silber und
andere Metallen zu solviren / und wird von den Kupfferstechern / Goldschmieden / und andern
gesuchet. Thut man das ??? * darzu / hat man die AQUAM REGIAM, welche das Gold solviret. Aus
dem Cap. Mortuo des Scheid-Wassers kan man ein Saltz elixiviren / welches
ARCANUM DUPLICATUM,
??? latum, Panaca Holsaticea &c. genennet wird; weilen man aber das ??? nicht
immer haben kan / so macht es Dan. Ludovici c. solut. ???, wie in dessen Pharmaciâ Mod. Seculo
appl. pag. 427. zu sehen: Ist ein vortrefflich digestiv in den Wechsel-Fiebern / Scorbuto und
andern Kranckheiten.
§. 6.
Im übrigen sind einige / welche den Borres oder Venedischen
BORRAX
vor eine Art Salpeter halten / ohne Zweiffel / weilen Nitrum in der Arabischen Sprach Baurac
heisset / woher das Wort Borrax herzukommen scheinet. Dieses ist ein hell-weisses Saltz / wie
Eyß und Alaun anzusehen / hat einen scharffen / laugichten Geschmack / und wird meistens aus
Venedig überschicket / wo es zum ersten refinirt worden. Man bringt zwar auch Borres aus Holl-
und Engeland / er will aber nicht allerdings verrichten / was jener thut. Die Holländer sollen
ihn aus Ceilon bringen / wie Marxius in seiner Teutschen Material-Kammer pag. 43.
schreibet.
§. 7.
Was aber der Borres eigentlich seye? ob es ein natürlich oder gemacht Werck zu nennen? davon
sind die gelährten Naturkündiger noch nicht eins. D. Schroëder hält es vor ein gemachtes Saltz
/ welches zu Venedig auß ??? *, ???, ??? com. und Tartaro ???n. zubereitet würde: Andere meynen
/ es bestehe auß ??? und ??? wie in gemeldten Authoris Pharmacopoeia p. 208. zu sehen ist.
Allein seine Außleger / als D. Hoffmann und D. Ettmüller, gehen hier von ihm ab / und halten
davor / daß der Borrax eine natürliche Minera sey / welche in Indien soll gefunden werden.
Pomet nennet solche rohen Borres / und schreibet / daß dessen zwey Species auß Indien kämen /
eine so eine röthlichte Fettigkeit umb sich hätte: die andere aber graulicht / welche die
Venetianer in Wasser solvirten / und über Baum-Wollen Seilern oder andern Stänglein zu
Crystallen machten. Jungius hergegen gibt in seiner Doxoscopia c. l. vor / daß es ein weisser
Stein sey / welcher keinen Geschmack hätte / auch sich im Wasser nicht solvirenlasse /
sonderndurch die Calcination einen Geschmack / wie die buchene Aschen bekomme / auch wie
dieselbe einen Geruch von sich gebe / wann sie gekostet werde. Dem sey nun wie ihm wolle / so
ist doch dieses in Acht zu nehmen / daß der Borrax grob / weiß / schön hell und durchsichtig
seyn müsse. Man gebe auch Achtung / daß er nicht mit Alaun vermischet sey / welcher im Feur
nicht so auffschwält / wie der Borrax.
§. 8.
Diesen Borres brauchen die Goldschmiede sehr / das Gold und Silber damit zu löthen / da es
dann bey der Goldlöthung grünlicht / wie ein Salpeter wird. Feines Silber greiffet er allein
an. So aber Kupffer untermischet ist / thut man Glas-Galle hierzu und bleibet er alsdann
weisse. Er soll auch den Metallen den Fluß geben. In der Artzney dienet er vortrefflich die
Geburt zu befördern / worinnen ich dessen Effect etlichmahl mit gutem Successerfahren hab /
absonderlich / wann bey einer gewaltigen Blutstürtzung der Mutter ein Abortus fortzutreiben
ist; worvon (ob GOtt will) in meiner Prax. Infallibili mit mehrerm soll gehandelt werden.
|| [21]
Das VII. Capitel Von dem Kupffer-Wasser oder Victril, Galitzen-Stein / wie auch
gemeiner und Chinesischer Dinten.
§. 1.
DAs Kupffer-Wasser oder VITRIOLUM ist nichts anderst / als ein Metallisches Saltz / welches
aus den rohen und von dem Schwefel-Geist durchfressenen Metallen und Ertzen entstehet / und
entweder in- oder ausser der Erden zu durchsichtigen Crystallen anschiesset: Hat einen sauren /
herben und anhaltenden Geschmack und verschiedene Farben / nachdem der Schwefel entweder auff
Eysen oder Kupffer trifft / deren jenes ein grünes / dieses aber ein blaues Kupffer-Wasser
gibet / wie von Angelo Sala in einem besondern Tr. Vom Vitriol und von Minderero, Disp. de
Chalcantho weitläufftig erwiesen ist.
§. 2.
Diese Saltz förmichte Crystallen werden entweder von der Natur also praepariret gefunden /
welches doch selten geschiehet / oder werden aus besondern Ertzen und Metallen künstlicher
Weise zugerichtet / welches letztere gemeiniglich also geschiehet: man lässet die hierzu
dienliche Ertze (welche gemeiniglich ein Art Marcasit, Quis oder Feur-Stein sind) entweder
gantz / oder gröblich zerstossen / an der freyen Lufft so lang liegen / biß sie von sich
selbsten in einen grünen oder blauen Kalck zerfallen oder sich einige Crystallen zeigen. So
bald er sich nun arbeiten lässet / schüttet man ein gehörige Quantität Wassers darzu / umb das
saltzichte Theil heraußzuziehen / lässet das Wasser abrauchen und alsdann die Crystallen in
höltzernen Kasten anschiessen / fast auff die Art und Weiß / wie der Alaun in Engeland / und
der Salpeter hiesiger Orten gemacht werden.
§. 3.
Ob nun ein Vitriol von dem Eysen oder Kupffer herrühre / kan man durch folgendes Experiment
erforschen: Streiche deinen Victril an eine mit Speichel angemachte Messer-Klinge: wird diese
nicht angegriffen und nicht rothlicht / so ist es ein Zeichen / daß der Victril auß dem
Kupffer-Ertze herrühre / wie der Römische und Englische: Greiffet es aber das Eysen an / und
wird das Messer rothlicht / so ist es ein ??? alischer Victril, wie der blaue Cyprische und
Goßlarische / worvon Pomet in seiner Frantzöischen Material-Kammer Part. 3. lib. 1. cap. 57.
pag. 36. zu sehen ist.
§. 4.
Die Sorten deß Victrils werden gemeiniglich von den Ländern / daraus sie kommen / genennet /
worunter das
|| [22]
VITRIOLUM ROMANUM
oder der Römische Victril der rareste und auch fast der theureste ist: kombt auß Italien und
wird nur der Stadt Rom zu Ehren also genennet / ob er schon nicht allda / sondern in andern
Orten des Welschlandes gemachet worden. Er ist sonsten in grossen Stücken und grünen Crystallen
/ woran er vor dem Englischen / wormiter offters verwechselt und verfälschet wird / erkennet
werden soll / als welcher letztere viel kleinere und grüne Crystallen hat. Er wird sehr zu dem
PULVERE SYMPATHETICO und dem UNGUENTO ARMARIO oder Waffen-Salb gesuchet / welche beyde auß dem
an der Sonnen calcinirten Römischen Vitriol gemacht werden / wie solches der Englische Graff
Digby in einigen besondern Schrifften davon gezeiget hat / welche nebst andern in dem so
genandren Theatrô Sympathetico zu finden sind: wiewohlen noch viele particularia darvon in
seinen übrigen sehr schönen MSS. welche die Ochfische Erben zu Franckfurt in Versatz haben /
enthalten sind.
§. 5.
Nebst diesem kombt noch ein ander Kupffer-Wasser von Pisa auß Italien / nemlich das
VITRIOLUM PISANUM,
welches dem Römischen an der Farb fast gleichet / ausser daß es grüner und kleiner / aber
auch wolfeiler ist; weßwegen es von den Schwartzfärbern / Hutmachern und dergleichen mehr
gesuchet und verbrauchet wird.
§. 6.
Mit diesem hat der Englische oder das
VITRIOLUM ANGLIUM
ein grosse Gleichheit / welches auß einem gelben Ertz in Engeland zubereitet wird: muß schön
klar und durchsichtig grün / auch recht trucken seyn. Welches kleine und weisse Stücklein hat /
tauget nichts: dienet ingleichem den Färbern / von welchen es besser / dann das Schwedische und
Sächsische / zum färben gehalten wird.
§. 7.
Unter den blauen Kupffer-Wassern ist der Cyprische ??? oder
VITRIOLUM CYPRIUM
das beste und theureste / dessen 2. Sorten bey den Materialisten zu finden / eines in grossen
Stücken / welches Cyprischer Vitriol von der Compagnie genennet wird / weilen die Indianische
Compagnie solchen verhandelt: die ander der geschnittene / welcher in kleinen Stücken / so wie
Diamanten spitzig außgeschnitten sind / kommet Beyde müssen recht Himmel-blau seyn /
absonderlich / wann sie zerbrochen werden / indem sie von aussen gar leicht mit einem gelben
Rost anlauffen / welchen Wormius in Museo p. 28. vor das Misy hält; doch gehet derselbe leicht
ab / wann man ihn auf der Zung naß machet und abwischet. Dieser Victril wird insgemein von den
Storgern vor die Augen verkaufft / worzu er / wie der weisse Victril, gut thut. Einige melden /
daß hierauß ein ??? könte destilliret werden / welcher alle Gläser zermalme und penetrire. Er
heilet auch die Wunden und stillet das Bluten. Man kan in Ermanglung des Römischen Victrils den
Pulv. Sympatheticum darauß machen.
§. 8.
Mit diesem kombt das
VITRIOLUM UNGARICUM
sehr über ein / welches auch schön Himmel-blau und Meer-grün außstehet: wie auch das
VITRIOLUM SUECICUM, NORWAGICUM und SCANICUM, von welchen Wormius in angezogenem Ort zu sehen
ist.
§. 9.
Am gebräuchlichsten aber ist hier zu Land der Sächsische Victril oder das
VITRIOLUM GOSLARIENSE,
welches blau-grün / hell und durchsichtig ist und zu Goßlar häuffig crystallisirt wird: muß
aus schönen grossen / klaren und durchsichtigen Crystallen bestehen / wenig klein Gemeng in
sich haben und so viel möglich trucken seyn / wann er anderst vor gut zu halten. Dieses
gebrauchen sich die Färber und Hutmacher bey uns am meisten / weilen es das wohlfeileste ist /
und werden auch die meinste Medicamenta von den Chymicis darauß verfertiget: kan in den
Blut-Stürtzungen an statt des Cyprischen Vitriols gebrauchet werden / obwohlen dieser letztere
viel besser darzu ist.
§. 10.
Hierauß wird der weisse Victril,
VITRIOLUM ALBUM,
oder
Galitzen-Stein
gemacht / welcher biß daher insgemein vor einen natürlichen Vitriol gehalten worden: Allein /
Pomet bezeuget in obgerührtem Buch p. 37. daß der weisse Vitriol nichts anderst / als der
gemeine Goßlarische / aber starck calcinirte Victril sey / welcher nachmahlen wieder in Wasser
solviret / coaguliret / und zu grossen Kucken / von 40. bis 50. ???. formiret / und also den
Materialisten und Specerey-Händlern über schicket werde. Dieser muß schön weiß / wie Zucker /
fest und firm seyn / auch nicht an der freyen Lufft gehalten werden / welche ihn außwendig
gantz gelb machet: Wird nicht allein vor die Pferde / sondern auch den Menschen in bösen Augen
gebrauchet / worzu er sehr dienlich ist / absonderlich wann man 2. Theil reinen Zucker zu einem
Theil weissen Vitriol thut. Die Chymici machen die so genandte GILLAM Paracelsi darauß / wann
sie [23] ihn in Wasser zergehen und wieder anschiessen lassen: ist eine
Vomitiv, gleich wie das ??? Vitrioli Vomitivum.
§. 11.
Auß dem gemeinen Goßlarischen Vitriol wird auch bey uns die Dinte zum schreiben / oder
ATRAMENTUM SCRIPTORIUM
gemacht / wann man zu einem Theil guter Galläpffel / den halben Theil Gummi Arabici, und den
vierdten Theil Kupffer-Wasser nimbt / und alles gröblich zerstossen in acht Theil Bier schüttet
/ etliche Tägen stehen lässet und offt umbrühret: welches Dinten-Pulver von einem alten Medico
in folgendem Disticho abgefasset worden:
Uncia sit Gallae, semisque sit uncia Gummi, Vitrioli pars quarta: His addas octo Falerni.
Das ist:
Wilt du zum Schreiben dir ein gute Dinte machen /
So nimb zu acht Loth Bier / wie nöthig / diese Sachen:
Galläpffel bey zwey Loth / ein Loth Arabici
Gummi: thu noch darzu zwey Quint Vitrioli.
Mehrere Beschreibungen findest du bey dem Canepario Tr. de Atramentis. Wann man aber Dinten
mit über Feld nehmen will / so kan man sich der Chinesischen Dinten oder des
ATRAMENTI SINITICI
bedienen / welche die Sinenses auß einer schwartzhartzichten Erde / oder wie Trigautius
meynet / auß dem Ruß und Rauch von Baumöhle verfertigen / und entweder zu länglichem schmahlen
Täfelein / ohngefehr 2. Zoll lang / und I. Zoll breit / oder in runde Küchelein formiren und
mit ihren Characteren bezeichnen / wie im Anfange des Capitels auß der Figur zu ersehen. Wann
sie damit schreiben wollen / machen sie solche Küchelein mit Speichel oder Wasser naß / und
feuchten damit kleine Penßlein an / wormit sie an statt der Federn schreiben. Sie ist zum
Reissen sehr dienlich / bestehe davon Wormium in Mus. pag. 376. Einige sollen diese Dinte gegen
die Rothe-Ruhr / und Wunden gebrauchen / wie Tavernier im III. Tom. seiner Reiß-Beschreibung
meldet. Die Holländer sollen sie heut zu Tag nachmachen / aber bey weitem nicht so schön und
gut; der Unterscheid ist daran zu erkennen / daß die Holländische graulicht-schwartz auß stehet
und auß blatten Stückern bestehet / da hergegen die recht Sinesische schön gläntzend schwartz
und in Fingers-dicken Stücken kommet / Vid. Pomet l. 6. pag. 96.
§. 12.
Was die übrige PRAEPARATA, so auß dem ??? gemacht werden / anlanget / so sind dessen PHLEGMA,
SPIRITUS und OLEUM bey den Materialisten auch zu bekommen / welche sie hier zu Land von denen
Thüringer Laboranten in der Meng einhandlen und wieder verkauffen: Sind sonsten fast einerley
Wesens / und ist das so genandte Oleum nichts anderst als ein concentrirter ???, indem es nicht
auff Wasser schwimmet / sondern darein zergehet. Der Spiritus muß schön klar / wie Wasser seyn
/ säuerlich / und wann man ein wenig auff weiß Papier thut und solches im Feuer schwartz wird /
so ist er gut. Er wird zu Erfrischung und zu kühlen in der Medicin gebraucht / kan aber doch in
grosser Dosi Leib und Leben schaden / wie davon ein mercklicher Casus (so sich kürtzlich in
Zell zugetragen) in meinen Novellis Medico-Legalibus soll beschrieben werden. Der volatilisirte
??? wie auch der ??? Epilepticus sind noch besser und werden von Doct. Ettmüllern in Comment.
in Schroed. Chymia und andern Büchern weitläufftig beschrieben. Das Caput Mortuum dieses ???,
welches eine braune Erde ist / wird
COLCOTHAR
genennet / welches auch in der Medicin sehr gerühmet / und an statt des so genandten
CHALCITIS von vielen zum Theriac genommen wird. Auß diesem Colcothar wird das SAL VITRIOLI
VOMITIVUM elixiviirt, und wann es calciniret wird / bekommet man die TERRAM VITRIOLI DULCEM,
welche an statt des LAPIDIS MEDICAMENTOSI und LAPIDIS MIRABILIS, (welche beyde auch von Vitriol
gemacht werden /) in cusserlichen Schäden dienet.
§. 13.
Der jetzt gedachten CHALCITIS aber noch mit wenigem zu gedencken / so wird sie insgemein vor
ein durch das unter-irrdische Feuer von der Natur roth calcinirtes Vitriol gehalten / und
hauptsächlich zu Verfertigung des Theriacs gesuchet; wiewohlen einige ihm eine giffrmässige
Qualitär zuschreiben / und deßwegen lieber auß der Composition des Theriacs außschliessen
wollen / zumahlen es auch rar und vielen unbekandt ist. Wann es älter wird und sich verändert /
wird es auch MISY, MELANTERIA und SORY genennet / obwohlen andere diese alle vor absonderliche
Berg-Arten erkennen wollen / worvon Pomet l. c. pag. 35. zu sehen ist. Die rechte Chalcitis muß
in hübschen braun-rothen Stücken seyn / welche wie ???, schmecken / und leichtlich in Wasser
zergehen.
|| [24]
§. 1.
DEmnach die Weid-Asche / Pott-Asche und Soude, wegen ihrer Gleichheit / offters confundiret
und eines vor das andere will genommen werden / doch aber noch ein grosser Unterscheid unter
diesendreyen saltzichten Cörpern ist / so will nöthig seyn / daß man hiervon auch absonderlich
und klärlich handele; derowegen zu mercken / daß die so genandte
Weid-Asche
oder
CINIS INFECTORIUS
nichts anderst / als die calcinirte Wein-Hefe sey / welcher dieser Nahme gegeben worden /
weilen sich die Weid-Färber derer sehr bedienen / und derowegen auß Franckreich und anderst
woher in grossen Fässern und Einschlägen gebracht wird: muß noch in schönen Stücken und Steinen
/ auch frisch gemacht seyn / eine grünlicht-weisse Farb und einen saltzicht-bitteren Geschmack
haben / wann sie vor gut passiren soll. Sie muß auch auß guter truckener Wein-Hefen zubereitet
/ und nicht von den Essigmachern gekaufft worden seyn.
§. 2.
Den Gebrauch und Nutzen betreffend / so ist sie zu den Weid-Kiepen / die Lauge damit zu
bereiten / sehr nöthig / und schärffet man zuweilen den Jndig auch damit / weilen sie die Farbe
anfällig machet und für Flecken-bewahret. So brauchen sie auch die Seiffen-Sieder /
absonderlich / welche die grüne Seiffen machen. In der Medicin aber werden sie nicht gesuchet /
ausser daß man darauß ein Saltz und auß diesem ein Oleum per deliq. machen kan / welche dem ???
Tartar und ??? Tartar per deliq. an Kräfften gleich kommen / doch etwas stärcker und corrosiver
sind; weßwegen dann / mit Zusetzung des lebendigen Kalcks / der so genandte LAPIS INFERNALIS
oder Etzstein / zu Setzung der Fontanellen / darauß kan gemacht werden / welchen die
Materialisten auch zuweilen verkauffen / wie Pomet in seiner Material-Kammer Lib. 7. cap. 71.
pag. 255. davon gelesen werden kan.
|| [25]
§. 3.
Was aber die
Pott-Asche
oder
CINERES CLAVELLATOS
anlanget / so bestehen dieselbige auß einem weissen und etwas blaulichten calcinirten-Saltz /
welches Anfangs auß den Tauben oder Clavellis derjenigen Fässer und Potten / worinnen die
Weid-Asche kommet / gemacht / und derowegen Cineres Clavellati und Pott-Asche genennet worden
sind / wie Jungius in Doxoscop. Phys. Part. 2. Sect. 2. cap. 12. §. 3. lehret; Und weilen
dieses Saltz auß denen zu Aschen verbrandten Fässern außgelauget und nachmahlen in grossen
Kesseln abgesotten wird / heissen es einige auch Kessel-Asche. Nachdem aber solche Potten und
Clavellae in solcher Menge nicht zu haben sind / daß man so viel Pott-Asche / als jährlich
consumiret wird / darvon machen können / so hat man nachgehends auch das blosse Eichenholtz /
worauß sie bestehen / darzu genommen / welches bey uns die Pott-Aschen-Krämer in grosser Menge
zu Aschen verbrennen und das Saltz herauß laugen / welches nachmahlen in grossen darzu
bereiteten Oefen ferner calciniret wird / dergleichen in dem berühmten Closter Haina / im
Casselischen / zu sehen sind / wo die Pott-Asche in grosser Menge verfertiget / und so wohl ins
Reich / als in Holland und anderstwo geführet wird. Es kommet auch auß Polen und Moscau / über
Dantzig / eine grosse Quantität in Holland / Engeland und Franckreich.
§. 4.
Die Art und Manier / wie alles damit zugehe / beschreibet vor andern Merret und Kunckelius am
Ende der Anmerckungen über des Neri Glaßmacher Kunst pag. 347. und stellet alles in obiger
Figur unter Augen. Wann nehmlich eine genugsame Quantität Aschen von Eichen oder andern Bäumen
vorhanden ist / thut man solche in eine droben mit I. bezeichnete Bütte / welche entweder einen
doppelten und durchlöcherten Boden / oder ein dichtes Gerüst von Stroh hat / dergleichen sich
die Seiffen-Sieder zu ihren Laugen bedienen: Stampffet die Asche wohl auffeinander und schüttet
alsdann so viel Wasser darauf / bis daß es über die Aschen gehe. Nachdem nun solches eine Nacht
gestanden / so zapffet man die Laugen in den darunter stehenden Zuber K. ab / und hebet sie /
als die Stärckere / besonder auff. Alsdann kan man noch einmahl Wasser über die Asche giessen /
und eine schwächere Lauge machen / welche an statt des gemeinen Wassers nachmahlen auff frische
Aschen gegossen werden kan. Wann man nun dieser Laugen genug und so viel / als man will /
bekommen hat / so thut man sie in einen starcken eissernen und eingemaureten Kessel D. also /
daß der Kessel nur den dritten Theil voll ist / lässet sie wohl abrauchen / und damit immer so
viel wieder zufliesse / als abrauchet / setzet man eine kleine Bütte A. über den Kessel / auß
dessen Krahn oder Zapffen B. das Wasser so dick / als ein Stroh-Halmen / immer in den Kessel
nachfliesse / biß alle Laugen abgerauchet und endlich ein trocken Saltz darauß wird. Wann nun
dieses erkaltet / so schläget man es mit einem eissernen Meyssel auß dem Kessel; und wann man
dieses schwartz-grauen Saltzes so viel beysam̅en hat / als die Mühe verlohnet /
so wird es in dem Ofen A. C. also calciniret / daß es nicht schmeltze / sondern durch und durch
wohl glüe. Will man nun wissen / ob das Saltz durch und durch gut und rein sey / so nimbt man
eines von den grösten Stücken herauß / lässet es kalt werden / und schläget es alsdann
voneinander. Ist das Stück nun inwendig / wie aussen / gantz weiß / so ists ein Zeichen / daß
es recht und gut. Wo aber nicht / so muß man es länger calciniren / biß es schön weiß / und zum
Theil von der Hitze etwas blaulicht werde / woran sonsten die Pott-Asche erkandt wird.
§. 5.
Diese Pott-Asche nun ist viel stärcker / als die vorige Weid-Asche / mit welcher sie im
übrigen einen Nutzen hat / und von den Weid- und andern Färbern / Seiffen-Siedern und
Glaßmachern häuffig gebraucht und verthan wird. So hat sie auch in der Chymie einen grossen
Nutzen / und wird allda insgemein verstanden / wann man des Salis Alkali schlechterdings
gedencket. Und ob man schon auß allen Kräutern auff eben diese Manier ein dergleichen
lixivioses Saltz außlaugen kan / so werden sie doch insgemein von dem Kraut / davon sie
herrühren / benahmset / als ???. Absinthii, Centauril &c. Wiewohlen gewiß / daß
unter allen solchen Fixen und urinosischen Saltzen die Cineres clavellati und das ??? Tartari
(an dessen Stell sie offt gebrauchet werden) den Vorzug haben / auch viel besser und wolfeiler
zu haben sind.
§. 6.
Inzwischen ist wohl zu mercken / daß das recht veritable und eigentlich so genandte
SAL ALCALI
wieder etwas anderst / als die Pott-Asche / sey / indem es nicht auß Eichen- oder anderm
Holtz / sondern einem frembden Meer-Kraut / welches die Alten Kali geniculatum, die heutige
Kräuter-verständigen Anthyllida heissen / gemacht und auff den Glas-Hütten insgemein
SOUDE
Lateinisch SODA, Solicornia, Salsol, Alumen [26] Catinum, das ist:
Soer-Saltz / Schmaltz-Saltz / Aschen-Saltz / genennet wird / wie in des Merret Anmerckungen
über des Neri Glasmacher-Kunst / pag. 246. und Schurtzens Material-Kammer p. 89. zu ersehen. Es
ist sonsten ein weißgraues Saltz / in Steinen von unterschiedlicher Grösse / und wird in
Spanien (wo das Kraut längst dem Meer wächset) nicht durch Außlaugung / wie die vorige /
sondern durch blosse Calcination gemachet / wiewohlen es / wie die Pott-Aschen / in Wasser kan
zerlassen werden / wie D. Jungius in Doxoscop. Phys. l. c. meldet: doch kan man auß dieser
Soude auch ein ??? elixiviiren / welches billicher ??? Alkali, als die Soude selbsten zu nennen
ist.
§. 7.
Die Art und Weise selbiges zu machen / ist folgende: Es wird nehmlich mitten im Sommer das
Kraut abgeschnitten / an der Sonnen getrocknet und auff einen Hauffen gesamblet: Nachgehends
wird ein Gebund nach dem andern über einem eisernen Rost verbrant / da dann die Aschen herab in
die Grube fället. Nachmahlen wird die Grube zugeschlagen / und wann alles ein Zeit lang darinn
gelegen / wird es zu einem harten Glumpen wie Stein / welchen die Einwohner voneinander
schlagen / und unter diesem Nahmen hin und wieder verhandeln.
§. 8.
Man findet deren in Europa wohl vier Sorten / als erstlich die Alicantische oder SOUDE d'
ALICAN, welche aber wieder unterschiedlich ist. Die beste muß schön trucken und klingend /
blaulicht-grau / in- und außwendig mit vielen Löchlein und Augen gezieret seyn / auch wann man
darauff speyet / nicht nach Morast riechen: Soll keine grüne Crust haben / noch mit Steinen
vermenget seyn; weßwegen zuzusehen / daß die Ballen nicht auffgeschnitten / gute Stücker herauß
und böse hinein gestopffet seyen. Man hält auch mehr von derjenigen / welche auß kleinen
Stücken / wie Kissel-Stein / bestehet / und derowegen CALLOTI genennet wird / als von den
grossen Stücken. Zweytens / die Cartagenische oder SOUDE de la Cartagene, welche etwas geringer
/ nicht so blau ist und kleinere Löchlein hat / auch in grösseren Ballen kombt. Die dritte /
als SOUDE DE BOURDE, und die vierdte SOUDE DE CHERBOURG sind feucht / steinicht und nichts
nutz; vielweniger die jenige / welche die Seiffen-Sieder verkauffen / so gar außgelauget und
entkräfftet ist: worvon Pomet in seiner Histoire des Drogues Generale Lib. 6. c. 21. pag. 169.
mit mehrerm zu sehen ist. Die Alexandrinische Soude, deren Eichovius in seinen Reisen pag. 181.
gedencket / kommet so weit nicht herauß / sondern wird von den Venetianern meistens
verthan.
§. 9.
Diese Soude wird in grosser Menge auff die Glas-Hütten verkauffet / weilen ohne dieselbe kein
recht helles und sauberes Crystallinisch Glas zu machen ist / wie davon Kunckelius in der
Glasmacher-Kunst zu sehen / welcher auch die Prob bey der Einkauffung / pag. 249. cit. loc.
mittheilet. In Franckreich bedienen sich auch die Wäscherinnen und Bleicherinnen derselben zu
ihren Laugen / welche aber von den Seiffen-Siedern offters so angeführet werden / daß sie die
gantze Wäsch und Bleich verderben / weilen solche Kalck unter ihre außgemergelte Soude
mischen.
§. 10.
Hieher gehöret auch die so genandte
ROCHETTA
und das
Orientalische Pülverlein
der Glasmacher / welches nichts anderst / als die Orientalische Soude ist / so auß Syrien
kombt / und in grauen Säcken gebracht wird / welche besser ist / als die von Tripoli, so in
blauen Säcken kombt. Die gantze Stücke heissen Roquette, und gestossen das Orientalische
Pülverlein / davon Pomet pag. 171. und Neri in der Glasmacher-Kunst zu sehen sind.
|| [27]
§. 1.
DIe so genandte Glas-Galle oder FEL VITRI ist ein weiß-graues scharffes Saltz / am Geschmack
dem Salpeter nicht ungleich / und wird von der Feuchtigkeit der Lufft gar leichtlich aufgelöset
/ daß es schmeltzen thut: kommet von den Glas-Hütten / allwo sie auff der Materie oder Metall /
worauß das Glas geblasen wird / wie ein Fett oder Schaum schwimmet / und auch also abgeschaumet
wird; weßwegen sie auch von einigen AXUNGIA und SAL Vitri, von den Frantzosen aber SUIN de
Verre genennet wird. Und weilen dieses Saltzes Ursprung eigentlich von der Soude oder ander ???
alkalibus herrühret / auch mit diesen sehr übereinkombt / so nennen es andere auch ??? alkali,
??? anatron, &c. ist gemeiniglich in Scheiben gegossen und gibt ein Topff /
welcher deß besten Glas-Metalls 200. ???. thut / ohngefehr 80. ???. dieses alkalischen Saltzes
/ wie es Merret in seinen Anmerckungen über deß Neri Glasmacher-Kunst pag. 262. außgerechnet
hat.
§. 2.
Hiervon finden sich dreyerley Sorten bey denen Materialisten / als erstlich / die
Italiänische / welche schön weiß und die beste ist. Zweytens / die Einheimische / welche zu
Nürnberg gegossen wird. Drittens / die Holländische / welche die schlechteste ist / wie
Schurzius in seiner Teutschen Material-Kammer p. 35. Marxius p. 95. und Vielheur in
Beschreibung frembder Materialien pag. 29. einmühtiglich davor halten. Alle aber müssen an
einem trockenen Ort gehalten werden / in grossen schwartzen Stücken / auch in- und außwendig
gleichsam wie Marmor anzusehen seyn; da hergegen die schwartze und feuchte zu verwerffen / wie
in Pometi Histoire des Drogues Lib. 6. c. 22. pag. 169. zu sehen ist.
§. 3.
Was den Gebrauch dieses Saltzes anlanget / so brauchen es die Einwohner in Franckreich nicht
allein zum Einsaltzen der Speisen / sondern [28] es wird auch in der
Artzney-Kunst gegen die Wassersucht und den Stein gebrauchet / wie Hoffmannus in Clav.
Schroederiana pag. 92. lehret. Eusserlich aber dienet es die Zähne zu säubern und allerhand
Grind und äusserliche Schäden zu heilen / wie bey Sam. Dale in Pharmacol. p. 140. zu sehen ist.
So brauchen es auch die Roß-Aertzt zu den Augen der Pferde. In der Chymie und Scheid-Kunst
machet es die Metallen fliessen / und brauchen es auch die Goldschmiede zum Löten / und die
Porcellin-auch andere Töpffer zur Glasur.
§. 4.
Weilen nun dieses nutzbahre Saltz von der Glas-Materie abgeschaumet / auch sonsten in denen
Apothecken das Venedische Glas zur Artzney auffgehoben wird: so habe nicht vor undienlich
gehalten / hier kürtzlich etwas von dem Glas selbsten zu melden / welches auff folgende Manier
zugerichtet / und auff den Glas-Hütten geblasen wird: Erstlich machen die Glasmacher vor allen
Dingen ein Gemeng / auß sehr reinem und sauberem weissem Sand oder Kissel-Stein / mit der
Soude, Pott-Asch / Rochetta oder deren Saltz / wiewohlen ein jedes Saltz / so von der Aschen
der Kräuter gemachet wird / hierzu dienlich ist / indem Kunckelius durch die Erfahrung gelernet
/ daß die Saltzen in denen Kräutern und Gewächsen einerley seyen / wie er in den Anmerckungen
über das erste Buch Anthon. Neri von der Glas-Kunst pag. 50. lehret. Alle diese Stücke werden
alsdann / (doch jedes allein) sehr klein gestossen und durch ein subtiles Sieb geschlagen / ehe
sie zusammen calcinirt und geschmoltzen werden / indem nach der Glasmacher Sprich-Wort: An
einem engen Sieb und dürren Holtz die gantze Zierde der Kunst gelegen / Vid. Neri im 8. Cap.
seiner Glasmacher-Kunst pag. 19. Dieser also praeparirte Sand wird alsdann mit einem von obigen
Saltzen in gebührender Proportion vermischet und zu einer Massa geschmeltzt / welche man auff
den Teutschen Glas-Hütten das Gemeng / in Franckreich und Italien aber FRITTA, von dem
Italiänischen Wort frittare (welches so viel als gefrieren heisset) zu nennen pfleget.
§. 5.
Von diesem Gemeng hat man unterschiedene Gattung auf den Glas-Hütten / nach deren Güte das
Glas hell oder dunckel wird / indem zu der Crystallinischen Arbeit die Crystallen / so auß
gutem Sand und dem Levantischen Pülverlein bestehen / gemacht worden. Zweytens / die ordinari
Fritta, welche aus der Soude oder der Aschen des Levantischen Pülverleins und sauberem Sand
bestehet / und drittens / die gemeine Fritta, welche auß allerley Aschen und härtlichen Sand
bereitet / und zum grünen Glas verbrauchet wird / wie in des Merreti Anmerckungen pag. 261. zu
sehen ist.
§. 6.
Nachdem man nun ein sauber Crystallinisch oder nur gemeines Glas machen will / so nimbt man
eine von den obigen Gemengen / und lässet solche in kleinen Tiegeln oder Töpffen (deren jeder
Glasmacher eines vor sich allein haben soll) im Werck-Ofen schmeltzen / und wann das Metall
gnugsam außgekochet ist / so stecket der Arbeiter ein hohles Eisen oder Rohr in solchen Topff /
drehet solches etwas herumb / und nimbt des Glases so viel / als er zum Geschirr vonnöthen hat
/ dann das geschmoltzene Rohe-Glas oder Metall hänget sich an das Eisen / gleich einem zähen
oder klebrichten Safft / nicht anders / (wiewohl etwas fester /) als Terpentin. Die Form aber
des Glases / welches an dem Rohr hanget / ist rund. Solches walgert der Arbeiter / indem er es
hält / auff einem Marmer hin und her / damit es sich recht vereinige. Nach diesem bläset der
Arbeiter gemach in das eiserne Rohr / so bläset sich das Glas von dem Athem als eine Blase auff
/ wie in der Figur Lit. C. zu sehen ist. So offt aber der Arbeiter in das Eisen bläset / so
offt setzet er das Blas-Rohr behend vom Mund an die Wangen oder Backen / damit er mit dem Athem
keine Flamme nach sich ziehe. Alsdann thut er das Blas-Rohr hinweg / drehet es rings umb den
Kopff herumb / erlängert und erkältet das Glas / und druckts in Modellen. Letztlich über gibt
er es dem Glasmacher Lit. A. welcher es mit seinen Instrumenten vollends zurecht bringet und
formiret / biß es endlich mit einer Gabel in den Kühl-Ofen oder obersten Theil des Ofens /
damit es erwärme / und von der Kält nicht springe / gesetzet wird / wie alles weitläufftiger an
obgemeldten Orten zu lesen ist.
§. 7.
Was nun absonderlich das Venedische Glas oder VITRUM VENETUM anlanget / so wird es nach des
Eichovii Reiß-Beschreibung p. 183. in Murano eben auf vorige Manier gemacht / ausser daß an
statt des Sandes oder Sand-Steinen der Berg-Crystall oder sonst reine Steine auß den Pado, und
die beste Soude (dergleichen von Alexandriâ viel dahin gebracht wird) darzu genommen werden /
welche auch so leicht nicht alle davon abgehet / und dahero Ursach seyn mag / daß es so gerne
von sich selbsten in der Lufftrissicht wird. Ob es deßwegen auch vor anderm Glas eine besondere
Krafft habe / lasse dahin gestellet seyn. Indessen ist bekandt / daß der gemeine Mann solches /
als ein sonderlich Specificum gegen den so genandten Hertz- und Nabel-Wurm / zu Pulver stosse /
mit Bien-Honig vermische und den Kindern / so damit behafftet / auff den Nabel binde.
|| [29]
§. 8.
Letzlich errinnert auch Pomet im Anhang seiner Frantzöischen Material Kammer / daß sie in
Pariß auch mit andern Glas-Scheiben und zerbrochenen Stücker handelten / solche von
verschiedenen Orten verschrieben / und wieder auff die Glas-Hütten unter dem Nahmen
GROESIN
verkauffen thäten / allwo sie unter das Metall geschmoltzen und zu neuen Trinck-Geschirren
formiret würden. Bey uns in Teutschland hergegen wissen die Materialisten von diesem
Scherbe-Handel nichts / sondern überlassen solchen den Glasern / welche die zerbrochene oder
abgeschnittene Stücker Glas auch zuweilen samlen und denjenigen Kauffleuten / bey welchen sie
ihre Scheiben einkauffen / an Bezahlung geben / indem sie doch sonsten zu nichts taugen / als
die Mäuß-Löcher damit zuzustopffen.
§. 1.
DEr Schwefel / oder SULPHUR ist ein irrdisches fettes Hartz / mit etwas Vitriol vermischet /
von unterschiedlicher Farb / nachdem er entweder also auß der Erden gegraben oder durch Kunst
zubereitet wird; dahero solcher in den natürlichen und gemachten Schwefel (NATIVUM
& FACTITIUM) unterschieden wird.
§. 2.
Der natürliche Schwefel wird sonsten auch
SULPHUR VIVUM oder der lebendige Schwefel
genennet / und stehet insgemein wie ein graue Erde / welche doch gern brennet und eine blaue
Flamme von sich gibt: muß zart und leicht zu zerbrechen seyn / in- und außwendig gläntzend /
auch nicht viel kleine Stücklein / noch Sande in sich haben. Auß diesen und noch andern
Speciebus, als rothem Sandel / Coriander / Muscaten / und dergleichen wird der Schwefel- [30] Span / damit die Wein-Fässer eingebrennet werden / gemacht. Einige
betrügliche Apothecker sollen ihn gestossen unter das Scammonium oder Diagridium mischen / wie
Pomet solches in seiner Histoire des Drogues P. 3. l. 3. pag. 88. offenbahret. Sonsten aber
wird er in der Artzney langsam verschrieben / er seye dann gar fein und sauber / gleichwie man
zuweilen auß Indien / Engeland und der Schweitz einen natürlichen Schwefel bekommet / welcher
gantz durchsichtig und grünlicht-gelb / wie der Agstein ist / dergleichen mir ein Stücklein zu
Handen kommen; worvon Worm. in Mus. p. 27. Hoffmann in Clav. Schroed. p. 368. und hauptsächlich
Wagnerus in Hist. Nat. Helvet. zu sehen ist. Solchen nennen einige SPIRITUM SULPHURIS
COAGULATUM, und machen ein groß Geheimnuß darauß / die gemeine und lauffende Gicht damit zu
curiren; nicht anders / als wie der bekannte Burrhus auch auff Chymische Weiß einen ???
Sulphuris coagulatum gemachet / welcher doch nur wie ein weisser Kalck ist / und noch biß dato
von seinen Verwandten in Rom verkauffet wird. Sonsten ist nicht zu zweiffeln / daß so wohl
dieser / sonsten gar rare, als auch der gemeine lebendige Schwefel / eben die jenige Kräffte
habe / welche dem gemeinen Kramer-Schwefel zugeschrieben werden.
§. 3.
Es wird aber der gemeine Kramer-Schwefel oder
SULPHUR FLAVUM
in denen Schwefel-Hütten entweder auß gewissen schwefelichten Feuer-Steinen (welche gelblicht
/ gläntzend und leicht zu schmeltzen sind) durch Gewalt des Feuers gebrandt / oder auch auß
schwefelichten Wassern gekocht / und wann er alsdann in solche lange Forme zu den Magdaleones
oder Röhren gegossen und erkaltet ist / zum Verkauff verwahret / wie Vielheur in Beschreibung
frembder Materialien p. 56. zeiget. Viele geben vor / er werde auß dem Sulph. vivo gemacht /
welches Pomet l. c. deßwegen vor lächerlich hält / weilen das Sulph. vivum viel theurer / als
der Kramer-Schwefel ist. Er kombt meistens auß Ißland / Böhmen / Türckey und von Goßlar;
wiewohlen zu Neapoli auch dergleichen gemacht wird. Auß Persien kombt viel Schwefel in
Ost-Indien / welcher zuweilen auch von dannen in Europam gebracht wird / wie Schurzius in der
Teutschen Material-Kammer pag. 90. berichtet.
§. 4.
Man findet dessen zweyerley Sorten / erstlich den gemeinen / in langen Röhren oder
Magdaleonen, welche schön gelbe / leicht / zerbrüchlich / inwendig gläntzend und gleichsam
crystallisiret seyn / auch wann man dieselbe in die Hand nimbt / knacken und gleichsam Schläge
von sich geben müssen / wann sie gut und außerlesen seyn sollen / wie Pomet und Vielheur l. c.
lehren. Hernacher einen bleichen und sehr feinen / welcher in runden Kuchen ist / und von
einigen SULPHUR VIRGINEUM genennet wird / weilen solchen das Frauen-Zimmer in Italien / die
Haare damit gelb zu rauchen / brauchen soll / wie D. Wormius in Museo pag. 28. meldet;
wiewohlen auch der gemeine Schwefel von denen Wüllen-Webern und Hosen-Strickern hiezu emploiret
wird / daß sie die weisse Wolle damit räuchern / und solche alsdann bleichen und weisser
machen. Der rothe Schwefel / dessen Jungius in Doxoscopia Part. 2. Sect. 2. cap. 13. gedencket
/ hat seine Farbe von dem Eisen / indem der Schwefel-Stein oder Pyrites, wann er in einer
eisernen Retorte getrieben wird / einen röthlichen Schwefel / und eine Pomerantzen-gelbe Farbe
gibt / dessen sich die Mahler gebrauchen.
§. 5.
Der unreine Satz / so nach Verfertigung des gelben Schwefels übrig bleibet / und nachmahlen
entweder allein oder mit der Squama ferri in gewisse Krüge oder Form gegossen und mit gelbem
Schwefel überzogen wird / gibt den Roß-Schwefel oder
SULPHUR CABALLINUM,
welcher Nahme ihme deßwegen gegeben worden / weilen man die Räudigkeit der Pferde damit
curiret: muß an gantzen Stücken gekaufft werden Vid. Schurzius c. l.
§. 6.
Was den Nutzen und Gebrauch des gemeinen gelben Schwefels anbelanget / so ist er innerlich
der Brust und Lungen / äusserlich aber der Haut und aller Glieder Balsam / indem er davon mit
seinem sauren Spiritu allen Schleim auff der Brust aufflösen / die Verletzung der Lungen mit
seinem balsamischen Oehl heilen / und also den Husten / Keichen und Lungesucht vertheilen: Hier
aber mit einer alcalischen Erde das fressende Acidum in der Haut enerviren / und also die
Krätze / Außsatz und dergleichen heilen kan. Ja es praeserviret auch der Schwefel vor der Pest
und ansteckenden Seuch / so wohl äusserlich angestecket / als innerlich / wann man ihn mit
Theriac vermischet täglich einnimbt / wie solches D. Gendronij Arcanum bey dem Du Hamel de
Corp. Affect. l. 2. pag. 188. gewesen. So man aber schon inficirer ist / thun die Potus
Sulphurati und schwefelichte Träncke ein grosses zur Cur / wie solches auß dem Hippoc. Helm.
und Cnoefel. D. Ettmüller in Schroed. Diluc. pag. 928. zeiget. Die Krämer machen ihre
Schwefel-Fäden und Schwefel-Spän davon / wie ihn auch andere Mechanici gebrauchen.
|| [31]
§. 7.
Unter den Praeparatis, welche auß dem gelben Schwefel gemacht und von den Materialisten auch
/ nach bißherigen Observantz / (doch mit Unwillen der Apothecker) geführet werden / sind
erstlich die Schwefel-Blumen oder
FLORES SULPHURIS,
welche auß dem gemeinen Schwefel in viele übereinander gesetzte Töpffen sublimiret werden /
und sind nichts anderst / als ein / auff Chymische Art / subtil gemachter und pulverisirter
Schwefel: werden häuffig in Holland gemacht und in kleinen Broden oder Kuchen verführet. Doch
machen sie solche auch zu Marseille, Rouan und Paris. Vid. Pomet. Die Landstreicher verkauffen
davor nur sauber pulverisirten / und durch einen dünnen Flor geriebenen Schwefel / nur daß sie
es umb ein Schand-Geld geben könen. Die gute und rechte Flores sind mehr weiß und bleich / als
gelbe / leicht und recht zart / auch von gutem Geruch. An einigen Orten sublimirt die Natur den
Schwefel von sich selbsten / durch das unter-irrdische Feuer / dahero der so genandte
Trieb-Schwefel oder SULPHUR SCISSILE entstehet / welcher sowohl nechst Cracau in Pohlen / als
auch im Königreich Neapel / bey Puzzoli gefunden wird / wie Marxius in seiner Material-Kammer
p. 57. berichtet. So werffen auch die Feuer-speyende Berge / als AEtna, Vesuvius
&c. dergleichen Schwefel auß / wie in obiger Figur I. zu sehen: Haben alle mit
dem gemeinen Schwefel einerley Kräfften.
§. 8.
Auß den Schwefel-Blumen / wann man sie mit dem Weinstein-Saltz in Wasser gekochet hat / wird
das Magisterium oder so genandtes
LAC SULPHURIS
mit Essig niedergeschlagen; welches doch bey weitem nicht so gut / als die Flores selbsten /
indem der Essig dem Schwefel die beste Krafft benimbt / wie Zvvelfferus in Mantiss. pag. 401.
erwiesen hat: kommet sonsten in den Kräfften / dem Schwefel etwas bey / und wird in den
Brust-Schwachheiten gebraucht.
§. 9.
Wie der SPIRITUS SULPHURIS PER CAMPANAM gemacht werde / ist auß der im Anfang gesetzten und
auß des Le Feb. Chymie Tom. 2. pag. 1176. hierher gesetzten Figur 2. zu ersehen. Er muß schön
hell wie Wasser und von einer lieblichen Säur seyn: Wird häuffig in Thüringen gemacht und von
den Laboranten herauß gebracht / welche aber zuweilen den ??? in Wasser giessen / und vor den
??? Sulphuris verkauften / wie Pomet. c. l. warnet. Wann man ihn soweit dephlegmirt / biß er
gelb wird / so bekommet man das so genandte ??? Sulphuris, welches doch kein Oehl / sondern ein
concehtrirter ??? ist.
§. 10.
Wann man ferner den Schwefel oder dessen Flores in gewissen destillirten Olitäten solviret /
bekommet man den
BALSAMUM SULPHURIS,
welcher von den Oehlen seinen Beynahmen enklehnet / und wann er mit dem ???. Anisi gemacht
worden / Balsamum Sulphuris Anisatum, mit dem ???. Tereb aber Balsamum Sulphuris
Terebinthinatum genennet wird. Beyde werden zu Schmalkalden in grosser Menge verfertiget / und
in andere Länder mit der Beschreibung gesendet: Dienen alle gegen innerliche und eusserliche
Geschwär / Wunden und Fäulungen / müssen aber mit Behutsamkeit gebrauchet werden.
§. II.
Endlich wird auch das gemeine Schieß- und Büchsen-Pulver
auß dem Schwefel / mit dem Salpeter und Kohlen vermischt / gemachet / dessen man verschiedene
Sorten hat / als grob und rein Pulver / davon jenes zu den Stücken- und Mußqueten / dieses aber
zu Flinten- und Pistolen-Schüß gebrauchet wird / und hält man hier zu Land das Straßburger
Pulver / welches schön granulirt ist / vor das beste. Doch probiret man es zuvor mit den
Pulver-Proben / deren man verschiedene Gattungen hat / so anderstwo beschrieben werden sollen.
|| [32]
§. 1.
DEr Juden-Leim / Juden-Pech oder ASPHALTUM ist ein schwarz / hart und dürres Hartz / welches
auß Babylon gebracht wird: Findet und ergiesset sich auff einem Lac in Judäa / wo sonsten Sodom
und Gomorra gestanden / weswegen es BITUMEN JUDAICUM genennet wird: Soll / wann es sich häuffig
darauff gesamlet / einen solchen Gestanck in der Lufft erwecken / daß die Vögel / so darüber
fliegen / todt herunter fallen; weßwegen die Einwohner (welche auch nicht lang leben /)
genöthiget werden / solches Hartz abzufischen und an das Land zu bringen / dessen übeler Geruch
ohne zweisfel Urscach ist / daß dieser Lacus keine Fische oder Thiere leidet / und deßwegen das
todte Meer genennet wird; doch soll das Hartz auch anderwerts / als in West-Indien / in
Reu-Spanien gefunden werden / wie Hernandez in Beschreibung desselben pag. 336. bezeuget.
§. 2.
Weilen aber dieses Hartz / wann es veritabel und ausfrichtig / sehr rar und theuer ist / so
muß man wohl zusehen / daß es nicht mit dem Pissasphalto oder auch dem Schwedischen schwartzen
Pech verfälschet werde / welchem es sehr gleich siehet / ausser daß es härter und nicht so übel
riechet / wie gemeldtes Pech / obwohlen es auch nicht gäntzlich ohne Geruch ist / welchen es
auch andern Erden und Steinen anhänget / wie Boccone ein gelahrter Italianer eines Steines
gedencket / welcher darnach riechet / und deßwegen von demselben in seinen Frantzösisch
beschriebenen Unterforschungen der Natur p. 219. Bitumen fossile genennet wird. Vid. suprà
Figur I. Das recht auffrichtige muß Purpurfarbicht-schwartz und schön gläntzend seyn / vid.
cit. loc. daß aber die jenige Sachen / so damit geleimet werden / mit nichts anderst / als mit
einem in Menstruo Mulierum genetzten Faden können von einander gerissen werden / scheinet einem
Mährlein nicht ungleich.
§. 3.
Den Gebrauch des Asphalti betreffend / so gebrauchen sich die Morgenländer dessen an statt
des Schiff-Pechs / und hält man davor / daß der Babylonische Thurn und Mauren damit gemauret
gewesen seyen. In Sina und Japon aber sollen die Einwohner ihre Sänfften / Schiffe / Häusser
und allen haußrath mit diesem Hartz bestreichen / und grossen Lusten daran suchen / wie Maxius
in seiner Material-Kammer pag. 22. auß andern vorgibt. In der Artzney-Kunst warden der
Schlag-Balsam und einige Unguenta damit schwartz gefärbet / wiewohlen das gebrandte Helffenbein
darzu tüchtiger wäre. Plinius gedencket an einem Ort / daß / wann man das Hartz anzünde / es
die Schlangen vertreibe / welches deßwegen wohl zu glauben / weilen viele Thiere und
Ungezieffer des gemeinen Schwefels Geruch nicht vertragen können.
§. 4.
Ohne dieses hat man noch ein ander dergleichen Hartz / welches so rar nicht ist / und hin und
wieder in Europa unter der Erden gefunden wird: Hat einen vermischten Geruch / so theils nach
gemeinem Pech / theils nach dem Juden-Leim riechet / und deßhalben
PISSASPHALTUM
genennet wird; weßwegen auch viele auff die [33] Gedancken gerathen / es
wäre auß dem Asphalto und gemeinen Pech durch Kunst zubereitet / wie Plinius zum ersten davor
gehalten: Allein daß dieses nicht seye / zeiget Dalechampius in des Aldrovandi Mus. Metall.
pag. 369. daher / weilen das gemeine Pech mit einem Bitumine und Erd-Hartz sich nicht
vereinigen lässet. Ist also der Warheit äynlicher / daß es ein natürlich Erd-Hartz seye / und
nur also geheissen werde / weilen es (wie oben gemeldt) einen vermischten Geruch hat / auch
theils schwartz / wie das Asphaltum, theils gelblicht-weiß / wie Pech außsiehet / und gleichsam
vermischte Adern zeiget / wie in obiger zweyten Figur zu seyen ist: Muß / wie das Asphaltum,
auff dem Wasser schwim̅en??? / auch nicht viel Erd- und Steinichtes in sich haben
/ wann es gut seyn soll: wird wie das vorige gebrauchet / auch demselbigen offt
substituiret.
§. 5.
Wann dieses Pissasphaltum noch weich und ???liessig ist / so wird es
MALTHA
genennet und quillet an etlichen Orten so häuffig auß der Erden / daß die Reisende davon
gleichsam angepichet warden / und nicht wohl fortkommen können: hat einen überauß starcken und
übeln Geruch / weßwegen es einige Teuffels-Dreck nennen. Vor einigen Jahren qualle eine grosse
Quantität davon in Westphalen auff einem Hügel / dessen mir in Häflein voll zu Handen kame /
und wurde von den Fuhr-Leuten zu Wagen-Schmeer gemacht und gebraucht. In der Medicin aber ist
es unbekannt / wiewohlen ich nicht zweiffele / daß es äusserlich eben das thue / was das
Petrolcum praestiret / dessen es ein Art zu seyn scheinet. Pomet gedencket in seiner Histoire
des Drogues Part. 3. lib. 3. pag. 94. daß einige Landstreicher dieses sonst zähe und weiches
Hartz auffdörreten und an statt des Asphalti verhandelten; welches doch verständige
Materialisten und Apothecker an dem starcken und übeln Geruch leicht mercken können /
dergleichen an dem Asphalto nicht zu spüren ist.
§. 6.
Das feineste und rareste unter den fliessigen Erd-Hartzen ist die so genandte
NAPHTHA,
welches ein sehr subtiles mineralisches Oehl ist / und vor andern diese Eigenschafft hat /
daß es die von ihm noch etwas entfernete Flamme gleichsam an sich ziehet und sich von sich
selbsten anzündet / weßwegen behutsam damit umbgegangen warden muß: ist anfangs auch auß
Babylonien gekommen / wird aber nun auch in Italien / absonderlich in dem Hertzogthum Modena
gefunden / da es auß einem Felsen dringet / wohin es durch gewisse unter-irrbische Gänge
fliesset / von dannen es durch küpfferne Röhren in einen dergleichen Kessel geleitet wird / wie
Pomet l. c. pag. 96. gemeldet hat; wie es dann auch noch heut zu Tag umb??? Babylon oder
Baghdaad auß dergleichen unter-irrdischen Bächen / durch sehr tieffe Brunnen auffgefangen / und
täglich mohl zu 100000. ???. außgeschöpffet / auch zum Liecht-Brennen gebrauchet wird / wie Hr.
D. Kempfer in Dec. Obs. Exot. §. 2. als Testis oculatus berichtet. Mau hat es von
unterschiedlichen Farben / als das Weisse / welches das beste ist / und zu der Perser Finus
gebraucher wird: hernacher roth / dann gelb / grün / und endlich auch schwartz / welche
letztere die schlechteste Sorte ist / und insgemein unter das Petroleum gemenget wird. Das
erste und beste ist sehr rar und wird langsam in den Ossicinen gesehen: kombt an den Kräfften
mit dem Asphalto und Stein-Oehl überein / welche alle einerley Wesen / und nur unterschiebliche
Consistentz haben / so gar / daß das subrileste Bitumen Naphtha: Die mittlere Sorten ??? Petrae
& ??? Tertae: die dickeste aber Asphaltum heissen soll / welches gleichsam der
Satz und Remanentz der übrigen ist / wie Wormius in Mus. pag. 30. schreibet.
§. 7.
Das Stein-Oehl oder
PETROLEUM
quillet gleicherweiß auß den Bergen und Felsen / und fliesset von dannen auff die Quellen und
Brunnen / dergleichen nicht allein in Italien und Sicilien / sondern auch in Bayern von D.
Welschio in Hecast. 1. pag. 78. wie auch im Elsas von einem Mitt-Glieb der Soc. Reg. Londin.
Vol. 1. pag. 101. observiret worden. Das meinste aber kommet auß der Provintz Languedoc in
Franckreich / wo es bey einem Dorff / Gabian genandt / wochentlich alle Montag gesamblet wird:
ist von einer mittelmässigen Consistentz / eines sehr starcken Geruchs und schwartzer Couleur,
wie Pomet in seiner Hist. des Drogues l. c. p. 95. bezeuget; woraus zu sehen / daß man in
unsern Officinen das rechte Stein-Oehl kaum zu sehen bekommet / indem das gemeine OLEUM PETRAE
RUBRUM nach jetztgemeldten Authoris Meynung insgemein nicht auffrichtig / sondern vermischet /
das OLEUM PETRAE ALBUM oder weisse Stein-Oehl aber eine Art von der Naphtha ist / weilen es das
Feuer gleichfals an sich ziehet / und an den übrigen Qualitäten mit demselben auch überein
kombt.
§. 8.
Sonsten ist das gemeine Stein-Oehl der Storget und Landfahrer Panacaea, welche sie gegen alle
Kranckheiten in- und äusserlich den armen einfältigen Leuten auffhängen / und da sie es gantz
wolfeil bey denen Materialisten einkauffen / hernach unter tausenberley Titul so theur
verkauffen. Unterdessen geben es rechtschaffene Medici wegen seiner penetranten Hitze und
Wär [34] meinnerlich nicht gern ein / ob schon einige 10. bis 15.
Tropffen in Obstructione mensium, und in Baum-Woll gegen das Zahnweh vor ein gewiß Remedium
halten. Eusserlich aber ist das weisse eben so gut als das Bornstein-Oehl / und ist auch das
gemeine in allen Nieren- und Glieder-Kranckheiten / als Zittern / Lahm???igkeit / Schlagflüssen
und dergleichen ein gutes Mittel. Es verhütet auch das erfrieren der Glieber im hohen Winter:
treibet äusserlich den Urin und Stein / absonderlich / wann man das Scorpion-Oehl darunter
mischet.
§. 9.
Letzlich ist auch das
OLEUM TERRAE
nicht zu vergessen / welches von dem Stein-Oehl nur darinnen unterschieden ist / daß dieses
auß den Felsen / jenes aber auß der Erden quillet und von dannen sich in die Bäche ergiesset /
daneben auch einen lieblichen Geruch hat: ist zweyerley / roth und schwartz. Das erste wird in
Ost-Indien gefunden / aber von den Wilden so hoch gehalten / daß es bey Lebens-Gefahr nicht
darff weggeführet warden; weßwegen die Engel- und Holländer zuweilen heimlich erwas wegbringen
/ wie Jacobus Bontius in Not. ad Garc. ab Ort. pag. 22. und auß dem selben Hoffmannus in Clav.
Schroed. pag. 38???. berichten. Das schwartze wird PISSELAEON genennet / und kommet auß
West-Indien / Vid. Sam. Dale Mineral. pag. 55.
§. 10.
An Kräfften kombt es mit dem Stein-Oehl überein / ist aber penetranter / und soll in der
Lähmigkeit der Glieder Wunder thun / auch in der lauffenden Gicht nicht undienlich seyn / wie
Schroederus bezeuget Absonderlich aber wird es alsdann vor gut und probat gehalten / wann sich
allerhad humores und Feuchtigkeiten in die Fläcsen und Nerven gezogen / und dieselbe zuweich
gemachet haben / worgegen Barbette in seiner Anat. Pract. pag. 31. ein besonder Pflaster
gemacht hat / worunter das Erd-Oehl auch zu sehen ist. Ob man aber das rechte und veritable
Oleum Terrae in unseren Officinen finde? lasse an seinem Ort gestellet seyn.
§. 1.
DEr Bornstein / SUCCINUM oder CARABE ist ein wohl-riechendes und in dem Meer erhartetes Hartz
/ von unterschiedlicher Couleur: wird sonsten auch Agstein genennet / und kommet meistentheils
auß Preussen / wo der König ein Monopolium, [35] welches ihm jährlich ein
sehr grosses einträgt / davon hat / so doch gemeiniglich unter gewissen Gesetzen und
Bedingungen verpachtet wird.
§. 2.
Was es aber mit dem Agstein vor ein Bewandnus habe und woher sein Ursprung zu führen sey?
davon sind gar verschiedene Meynungen unter den Gelährten. Viele halten es vor ein Hartz oder
Gummi / welches auß den Fichten und Thannen in das Meer fliesse und von dessen Saltz-Wasser
also coaguliret würde. Andere und zwar die meinste halten es vor ein Erd-Hartz oder Bitumen,
welches in dem Baltischen Meer also erhärtete. Unterdessen können beyde wohl vereiniget warden
/ indem solches Erd-Hartz auch gemeiniglich an solchen Orten zu finden ist / wo viel
Fichten-Bäume stehen / von welchen es gleichsam seine Nahrung haben kan. Dahero Boëtius de Boot
in seinem Buch von den Edelsteinen pag. 323. zweyja breyerley Bornstein setzet / deren einer
von den Baum-Säfften / der ander von dem Erd-Hartz / der dritte von Fettigkeit der Thiere
(welche sich wohl immisciren) herrühren thäte; von welcher Strittigkeit Goebelius, Hartmannus
und Wigandus (welche eigene Bücher de Succino geschrieben /) können nachgesehen warden.
§. 3.
Sonsten hat man insgemein zweyerley Species des Bornsteins in denen Officinen / nehmlich den
weissen und gelben Agstein / davon beyderseits die Materialisten verschiedene Sorten führen /
nehmlich in gantzen und feinen Stückern / in feinen und mittelmäsigen Corallen / in fragmentis,
rasura, ad praeparandum, praeparatum, tostum und dergleichen. Ob aber der weisse / oder der
gelbe und durchsichtige mehr zu aestimiren sey? Fraget sich hinwiederumb? Insgemein halten sie
den weissen vor besser: Allein ich halte es mit dem Ettmüller, welcher in seinen Anmerckungen
über den Schroeder pag. 934. lehret / daß die weisse Farbe dem Bornstein von Natur nicht
zukomme / sondern von dem Meersatz herrühre; wie dann Schroederus schon gezeiget hat / daß man
den gelben leicht weiß machen könne / wann er in Saltz-Wasser gesotten würde; weßwegen in der
Medicin, und sonsten der gelbe und durchsichtige dem weissen vorzuziehen wäre. Nur muß man
zuschen / daß er nicht verfälschet sey / indem man solchen mit dem Gummi Arabico, Copal und
Eyer-Gelb nachzumachen suchet: welcher Betrug daran zu erkennen ist / daß der auffrichtige
Bornstein in grossen Stücken komme und klein zerhackt Stroh / wie der Magnet das Eissen / ziehe
/ welches derjenige so auß Gummi nachgemacht ist / nicht thut / auch auß kleinen runden Stücken
bestehet / wie in Pomet Histoire des Drogues Part. 3. Lib. 3. c. 1???. p. 84. zu sehen ist.
§. 4.
Im übrigen wird der meiste Agstein in Oestreich / Pohlen / und nacher Venedig verhandelt /
allwo er in grossem Werth gehalten wird / absonderlich in der Lombardey / längst dem Poo-Fluß /
wo keine Weibs-Person seyn wird / welche nicht ein / oder mehr Reyhen / grosse oder kleine
Agstein-Körner umb den Halß trage / weilen sie wegen des bösen Wassers den Flüssen und Kröpffen
sehr unterworffen sind / gegen welche sie den Agstein dienlich zu seyn erachten. Man machete
auch andere Galanterien / als Messerstiel / Becher und dergleichen darvon / welche nach der
Grösse bezahlet werden; wie dann diejenige Stücker / welche von Natur einige Figuren in sich
haben / vor kostbar und sehr rar gehalten werden / auch deßwegen an höhern Preiß kommen /
worvon Boëtius de Boot lib. cit. pag. 333. zu lesenist. In der Artzney-Kunst hat das Succinum,
wegen seines flüchtigen Saltzes / und Balsamischen Oehls / eine besondere Krafft / die scharffe
saltzichte Lympham zu zertheilen und zu besänfftigen / und derowegen alle Flüsse und daher
rührende Kranckheit zu curiren / als da sind der gantze und halbe Schlag / die Schlaff-Sucht /
Schwindel / Krampff und schwere Noth im Leibe / gegen welche es nicht allein so roh / in den
eusserlichen Rauchwercken / sondern auch innerlich dessen Praeparata, als die Pilulae de
Succino Cratonis, das praeparirte Succinum, dessen säuerlichtes Sal volatile, Tinctur und Oehl
sehr dienlich sind. So hat es auch eine anhaltende Krafft in gar zu vielem Harnen /
Durchflüssen / Blutspeyen und Saamen-Fluß / gegen welche die so genandte Trochisci de Carabe
sehr gut thun / absonderlich weilen einige Natcotica darzu kommen. Kerckringius hat die Abortus
damit überzogen und balsamiret / daß man solche durch das durchscheinende Succinum schön sehen
können.
§. 5.
Hier wollen wir auch des SUCCINI NIGRI oder FOSSILIS gedencken / welches insgemein
GAGATES
Oder
Berg-Wachs
genennet wird / und nichts anders / als ein schwartz-gläntzendes und sehr hartes Erd-Hartz
ist / welches also auß der Erden gegraben und vor diesem umb einen Fluß dieses Nahmeng in
Thracien gefunden worden / daher es auch LAPIS THRACIUS geheissen. Heut zu Tag findet man es in
Teutschland / Schweden / Irrland und Franckreich / und halten es etliche vor eine Art
Stein-Kohlen / weilen viel hartzichtes darinnen / daher es auch wie Pech brennet / und einen
dicken Rauch von sich giebet. Es muß schön schwartz und gläntzend / auch hart seyn / wann es
gut ist. Die Armen gebrauchen sich dessen an statt des Agsteins. In der Artzney aber wird es
sonderlich nicht gebraucht / ob schon ein [36] Oehl daraus zu bringen / das
fast so gut als das Agstein-Oehl ist. Boëtius will damit zeigen können / ob ein Wetbs-Bild noch
Jungfer sey oder nicht. Dann wann dieselbe das Pulver in Wein zu sich nimbt und den Urin halten
kan / so hat sie nicht beygeschlaffen. Ist sie aber geschwächet / so wird sich die Vettel naß
machen. Ob es infallible sey / kan vor mich nicht betheuren / relata refero.
§. 6.
Man hat noch ein ander dergleichen steinichtes Hartz / welches
AMPELITIS
Oder
Erd-Hartz /
auch Terra Ampelitis genenner wird. Dieses ist dem vorigen sehr gleich / ausser daß es nicht
so gern brennet / noch also nach Hartz rieche / auch viel leichter / sich in Schieffern
zertheilen lässet: wird an einigen Orten in den Wein-Garten umb die junge Reben gestreuet /
weilen es die kleine Würme / so die Augen daran abfressen / tödtet. In der Medicin aber ist
dieses simplex sonderlich nicht bekandt. Doch kan Libavius in Tr. de Succino &
Gagate von diesem und dem vorigen mit mehrerem gelesen werden.
§. 7.
Letzlich kan man auch die
ANTHRACES
oder
Stein-Kohlen
hieher referiren / welche eine dergleichen Consistentz haben / und eine harte / auß Erd-Hartz
und Schifferstein bestehende, Substantz haben / welche nach einiger Meynung ein Satz oder
Mutter des Stein-Oehls oder Olei Petrae ist / so durch das unter-irrdische Feuer davon
abgeschmoltzen und getrieben werde: welches daher fast probabel scheinet / weilen man ein
dergleichen Oehl davon übertreiben kan / so dem gemeinem Petroleo oder Stein-Oehl in allem
gleich ist / auch eben desselben Tugenden hat. Sie kommen meistentheils auß Engeland / allow
man dabey kochet und die Stuben damit heitzet / geben aber einen sehr bösen und corrosiven
Rauch von sich / welcher der Brust und Lungen sehr gefährlich / und ohne Zweiffel Ursach daran
ist / daß / wie der berühmte Engeländer Willisius an einem gewissen Ort meldet / der dritte
Theil zu Londen an der Schwind- und Lungensucht sterbe; weßwegen sich die Teutschen auch den
Winter über allda nicht gern auffhalten / absonderlich wann sie nicht gern auffhalten /
absonderlich wann sie nicht gar just auff der Brust sind. In Nieder-Sachsen umb Hildesheim und
anderstwo soll man der gleichen auch zuweilen finden / wie Lachmundus in ??? Hildesh. zeuget.
Sonsten dienen sie den Schlossern und Schmieden / das Eissen zu schweissen / weilen sie eine
starcke Hitz geben und solche länger halten / als unsere gemeine Kohlen.
§. 81.
Der Cobolt oder COBALTHUM der Apothecker ist nichts anderst / als ein grau oder braunes
Pulver / welches sehr gifftig und corrosiv ist / so gar / daß es sich in keinem Papier halten
lässet: und weillen es die Mücken und andere Thiere tödtet / so wird es von dem gemeinen Mann
Fliegen- oder Mücken-Pulver genennet: kommet auß Sachsen / wo es in Johann Georgen Stadt
häuffig gebrandt und zu der blauen Stärcken gebrauchet wird / Vid. Marxii Material. Kammer pag.
77.
§. 2.
Das Ertz / worauß der Cobolt gebrandt wird / führet den den Berg-Wercken eben den Nahmen und
wird von andern auch Zincken-Ertz / von den alten Lateinern aber CADMIA NATIVA, FOSSILIS ET
METALLICA geheissen: Ist ein grauer mit weissem Kiß unterwachsener Stein / welcher einem
weiß-güldenen Ertz nicht ungleich ist / und von den Thüringern Gänglern offt herauß gebracht /
und / die Fliegen damit zu tödten / verkauffet wird. Es bricht neben einem Glantz zu
Kupfferberg / nicht weit von Goßlar / wie Frid. Hoffmann. In Clavi Schroed. p. 328. berichtet.
Andere halten es vor ein Marcasit und Silberhaltendes Ertz / weilen zuweilen etwas Silber
darauß gebracht wird / in Aqua forti sisch solviren lässet und einen blauen Kalck gibt / wie
Hr. D. Bohn in Colleg. Exper. Phys. Schliesset; Dahero auch Schmuckius in seinen Secret. Chym.
einen ??? und endlich Silber darauß zu machen suchet: welcher Proces aber von D. Ettmüllern vor
falsch gehalten wird / indem der Cobolt zu flüchtig und wenig zurüct lässet / wie in dessen
Comment, in Schroed. pag. 894. zi sehen / allwo auch der Process, wie der Cobolt auß seiner
Minera gebrandt werde / also beschrieben wird: Sie nehmen das oben beschriebene Ertz / pochen
es zu Pulver / welches gewaschen / und wieder gerieben wird. Nachwahlen brennen sie das Pulver
in einem Ofen / daß das Arsenicum (dessen Ertz es auch genennet werden kan) abrauche: Was aber
zurück bleibet / wird nachmahlen wieder gestossen und Cobolt genenet; dessen Gebrauch ist / daß
er zu der Smalt oder Blöhe verletzet / auch von dem gemeinen Mann unter Milch gerühret und den
Fliegen zu geniessen außgesetzet wird / welche / so bald sie was davon genossen sterben müssen.
In der Artzney aber tauget der Cobolt nichts / obwohlen einige ein Mittel gegen die schwere
Noth darauß zu machen trachten / dessen man nicht bedürfftig und mit sicherern medicamenten
versehen ist.
§. 3.
Was aber das obenberührte und von dem Cobolt abrauchende
ARSENICUM
anlangek / so wird dasselbe in Nativum oder das natürliche / und FACTITIUM oder gemachtes
Arsenic unterschieden / deren jenes also in denen Berg-Wercken gefunden / dieses aber durch
gewisse Kand-Griff sublimiret wird. Von beyden hat man in den Material-Kammern dreyerley
Species, nemlich / das Arsenicum, album, flavum & rubrum oder das Weisse /
Gelbe und Rothe / von welchen allen absonderlich zu handlen seyn wird.
§. 4.
Der weisse Arsenic wird insgemein Mäuß-Gifft und Ratten-Pulver geheissen / und bestehet in
weissen Stücken / welche außwendig matt weiß wie ein Kalck / inwendig aber wie ein weisses Glas
anzusehë / anbey eines scharffen und ätzenden Geschmacks sind / und werde̅
entweder von dem unter-irsdischen Feuer natürlicher Weiß auß dem Cobolt also sublimiret / wie
sie zuweilen (aber gar selten) auß den Kupffer-Bergen gebrochen werden: oder werden durch die
Kunst also zubereitet. Jener ist sehr rar und selten zu bekommen; da hergegen all das Arsenicum
album, welches man in den Apothecken und Material-Kammern findet / das Factitium ist / so gar /
daß Schroederus gar auff die Gedancken gerachen / es gebe kein natürliches / worinnen er doch
zuweit gegangen ist.
§. 5.
Woraus aber und wie dasselbige gemache werde / ist vielen / absonderlich denen Außländern /
noch sehr unbekannt / wie solches der Frantzöische Materal ist Pomet in seiner Material-Kammer
Part. 3. lib. 2. c. 27. p. 67. hautement gestehet. Einige wollen darfür halten / es werde auß
dem Operment mit gemeinem Küchen-Saltz sublimiret / welches auch Sam. Dale in setner Mineralog.
pag. 53 vorgegeben. Allein hiest es verte & fiet calceus, indem das
Auripigmentum auß dem Arsenico und nicht dieses auß jenemn entstehet / welches Pomet auß dem
Tar und Preiß schliessen könte / indem das ??? viel wolfeiler ist / als das Operment: und
wundert mich / daß Hr. D. Hoffmann in seinem Clavi Schroed. auch solches statuiret / welcher
sonsten eine grosse Wissenschafft der Mineralien und Metallen in seinen Schrifften an den Tag
geleget hat. Weßwegen dann kunckelius, ein berühmter Sächsischer Chymicus, sich nicht länger
enthalten könne die warhafftige Art und Weise / wie das Arsenicum gemachet werde / zu entdecken
/ wann er in seinen schönen Anmerckungen über des Neri Glasmacher-Runst pag. 59. zeiget / daß
man den jenigen Rauch / welcher bey der ersten calcination des Cobolts auffgeflogen und sich
angehänget hat / abermahlen in einem besondern und im Anfang dieses Capitels abgerissenem Ofen
auß den Capellen D. D. D. sublimiret / da sich alsdann das Arsenicum in die eiserne und mit dem
Deckel F. bedeckte Röhren E. E. E. anhänget / von welchen das warhafftige Arsenicum in solchen
dicken Stücken / wie sie bey denen Materialisten zu finden / abgeschlagen wird / welche je
grösser / je besser find.
|| [38]
§. 6.
Dieses Arsenicum ist eines von den schädlichsten Gifften / welches in sehr geringer Quantität
einen Menschen töbten kan / und derowegen immer vor tödtlich gehalten wird / wie in meinen
Pandect. Medico–Legalibus Part. 2. zu sehen ist. Weßwegen auch fast in allen Medicinal
Ordnungen in Teutschland verbotten solches offentlich zu verkauffen / es habe dann der Käuffer
ein Zettul von der Obrigkeit / oder gebe ein Certificat von sich: so gar / daß auch deßwegen /
Vermög eines Königlichen Edicts in Franckreich / nur der Apothecker oder Materialist selbsten
dergleichen Gifft (welche sie immer verschlossen halten müssen /) nicht aber die Gesellen und
Jungen verkauffen dörffen / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues Part. 3. lib. 1. p. 18
melder. Das meiste brauchen die Färber und die Land-Leure / die Ratten und Mäuß damit zu tödten
/ welches doch nicht allemahl sicher und rathsam ist / indem die Ratten es per vomitum in die
Korn-Hauffen speyen können / wodurch grosser Schaden geschehen könte. Item: die Chymici, welche
das Kupffer weiß / wie Silber / darmit machen. In der Artzney unterstehen sich einige / das
Arsenicum innerlich gegen das Reichen und Lungensucht zu gebrauchen: aber wie gefährlich und
undienlich solches seye / lehret D. Ettmüllerus loc. cit. pag. 926. Eusserlich machen einige
zur Pestilentz-Zeit ein Amuler darauß / welches das Gifft an sich ziehen soll; allein daß
dieses auch nicht sicher und zu rathen sey / zeiget Guibertus, ein Frantzöischer Medicus, mit
vielen Gründen / und glaubet / daß solches auß einem Mißverstand und Unwissenheit der
Arabischen Sprach / in welcher durch das Wort Sandarach (wormit die Griechen das Arsencicum
rubrum bedeuten) Canel oder Zimmet verstanden wird / wie in dessen Medico Charitat. Disc. De
Peste pag. 568 zu lesen ist. Weßwegen an statt des rohen Arsenici der so genandte Magnes
Arsenicalis A. Salae und ein darauß gemachtes Pflaster in den Pestilentatischen Drüssen zu
gebrauchen / welche beyde in des Zvvelfferi und Moysis Charras Schrifften beschrieben merden.
Von dem Butyro Arsenicali, Regulo ??? und dergleichen / besiehe Ettmüllerum l. c.
§. 7.
Das gelbe Arsenicum ist nichts anderst / als das
AURIPIGMENTUM
oder
Operment /
welches gleichfals entweder auß den Sächsischen Berg-Wercken gesamblet / oder durch Kunst
praeparirt wird / nachdem es entweder von der Natur in der Erden auß dem Cobolt und Schwefel /
oder auß dem vorigen Arsenico, mit dem gelben Schwefel / künstlicher Weise sublimiret wird /
worvon das erste auch REALGAR und von den Italiänern RISIGALLO genennet worden. Dieses ist gar
unterschiedlich / und findet sich zuweilen sehr schön / rein / gelb und gläntzend / als Gold /
welches / so es in grossen Stücken / mürb und leicht zu zerbrechen ist / vor das beste gehalten
wird: kommet gemeiniglich auß Oestreich über Wien und auß Venedig / wie Marxius in seiner
Material-Kammer pag. 30. berichtet. Bißweilen ist solches hart / stein- und kissicht / auch mit
rothen oder grünen Streiffen untermenget / welche Sorte zu verwerffen ist / wie Pomet c. l.
pag. 66. lehret: daher die Materialisten gemeiniglich zwey Sorten / das gemeine und feine /
beyde aber entweder gantz oder in pulvere führen: Wird von den Mahlern und Weiß-Bendern zur
gelben und grünen Farb gebrauchet / welche letztere auß Indig und Operment besteher. Zu Rouan
färben sie / nach Pomets Bericht / die höltzerne Kämme gelb damit / daß sie wie Buxbbaum
außschen. In der Medicin brauchen es die Roß- und Vieh-Aertzte und find auch einige Medici,
welche ein Haar-fressend Medicament darauß machen / welches doch auch gefährlich ist / und wäre
zu wünschen / daß man das jenige Ertz / welches die Türcken zu diesem End gebrauchen / und von
denselben
RUSMA
genennet wird / haben könte / welches in Galatien gefunden / und den Eisen-Schlacken gleich
sehen soll / worvon offtgemeldrer Pomet lib. cit. pag. 65. nachzuschlagen ist.
§. 8.
Endlich ist das rothe Arsenicum noch übrig / so von den Griechischen Medicis.
SANDARACHA
genennet wird / welcher Nahme von den Araden zuweilen dem Zimmet / insgemein aber dem
Wacholder-Hartz beygeleget worden; weßwegen Simon Paulli in seinem Quadripartito Botanico pag.
53. treulich rathet / daß / allen gefährlichen Irrthumb und Mißverstand in den Apothecken zu
vermeiden / dieser Nahmen nur allein dem Arsenico rubro gelassen / das Wacholder-Hartz aber
schlechter Dings Gummi Juniperinum genennet möchte werden. Der Mineralische Sandarachck aber
kommet in dunckel-gelben und röthlichten Stücken / welche scharff und corrosiv sind: werden
entweder so in der Erden gefunden / oder werden auß dem Arsenico und sonsten einer Minera, dem
Cobolt nicht unähnlich / (welche man Kupffer-Nickel nennet) mit dem gemeinen Schwefel
snbiimiret; weßwegen dieses rothe Arscnicum auch rother Schwefel / Feuer-Schwefel und roth
Operment genennnet wird. Vid. Ettmüller c. l. p. 925. Einige vermeynen / man möchte ihn auß
dein gelben Arsenico, wann man dieses länger im Feuer hielte / welches doch dem offt-belobten
Pomet, wiewohlen er es mit Fleiß probiret / nicht angegangen. Sein Gebrauch ist den Mahlern
auch bekandt / welchen es auch zu einer besonderen Farbe dienet.
|| [39]
§. 1.
DIe SAFFRA, ZAFFERA oder (wie es die Berg-Leut heissen) Zofloer, ist ein blauichter
mineralischer Stein / womit dem Glas und so genandten gemeinen Porcellein die blaue Farb
gegeben wird; deßwegen ihn die Holländer sehr auffsuchen / welche ihn alsdann weiter in
Franckreich / Engeland und anderstwo verschicken und verhandeln: wird von dem Sapphiro, einem
blaulichten Edelstein / (wegen Gleichheit der Färb) also geheissen.
§. 2.
Was nun diese Saffra für ein Stein sey / und woher sie komme? verlangen die Außländer mit
grosser Sorgfalt zu wissen / wie auß Anthonij Neri, eines Italiäners / Glasmacher-Kunst und
dabey gesetzten Anmerckungen D. Merreti, des gelährten Engeländers / pag. 265. zu sehen ist /
allwo auch des Cardani, Caesalpini, Aldrovandi und Ferd. Imperati Meynungen erzehlet werden /
welche doch alle die Sache nicht getroffen. Vielweniger ist dem Frantzöischen Materialisten M.
Pomet hier Beyfall zu geben / welcher die Saffra vor ein Ost-Indisches Ertz / so über Surato
käme / gehalten / wie auß dessen dritten Theil / im zweyten Buch pag. 65. zu sehen ist. Am
wenigsten aber trifft es Sam. Dale, welcher in seiner Mineralogia pag. 70. die Zaffery vor
sublimirte Flores hält. Diesen allen nun auß dem Traume zu helffen / hat sich Kunckelius,
einerfahrner Teutscher Laborant, in seiner vollakommenen Glasmacher-Kunst pag. 57. nicht
verdriessen lassen diese Sache / gründlich und deutlich also zit beschreiben: Es wird ein
Ertz-Stein zu Schneeberg in Meissen von denen Berg-Leuten auß der Erden gebracht / den sie
Cobolt nennen / weilen solcher gantz kein gut Metall gibt / ohne daß manchmahl der Centner ein
Loth / mehrentheils aber gar nichts hält. Dieser Cobolt wird anfänglich in einen darzu
behörigen Ofen (dessen Abriß im Anfang dieses Cap. Lit. B. zu sehen) geworffen / welcher einem
Back-Ofen gleich und also auffgesetzet ist / daß das Holtz oder Flammen-Feuer / so an der
Seiten lieget / über dem Cobolt zusammen schlagen könne. So bald nun solcher anfänget zu giüen
/ so raucht ein weisser Rauch Lit. A. davon / welcher in einem darbey gebauten höltzernen Gebäu
/ in welchem er sich allenthalben anhänget / auffgefangen und ferner zum Arsenico zubereitet
wird / wie andersiwo gezeiget worden: der zurückgebliebene / [40] abgerauchete und geröstete Cobolt nun wird alsdann in einer darzu gehörigen Pochmühle gepocht
/ alsdann wieder calcinirt und ferner gepocht / auffs kleineste durch ein enges Sieb / (welches
mit einem Riemen im Schwange gehet / auch sonsten gnugsam verwahret ist / daß es nicht stäuben
kan) gesiebt und in Verwhrung genommen. Von diesem Cobolt-Meel nimbt man ein Theil / und
darunter wohl zwey oder mehr Theil rein gestossener Kißlinge (so die Berg-Leute Guärtz nennen)
welche alsdann gemischt / angefeuchtet / und in Tonnen geschlagen werden / allwo diese Massa so
hart und fest in einander sitzet / wie ein Stein / also / daß / nachdem es lange gestanden /
solche endlich wieder mit eisernen Schlägeln voneinander muß geschlagen werden. Der Sand wird
in Missen bloß derentwegen darunter gemischet / daß man in andern Ländern die blaue Smalt oder
Stärcke nicht nachmachen könne.
§. 3.
Diese also zugerichtete Materie wird so fort denen Holländern und andern Nationen zugesandt /
und Zaffera oder Teutsch Zepher-Farb genennet / deren man zwey Sorten bey denen Materialisten
findet / nemlich / die gantze / und die zu Pulver gestossene / von welchen jene die Feine /
diese aber die Gemeine genennet wird / weilen sie ohne Zweiffel mit noch mehrerem Sand
verfälschet und derowegen auch schwerer / als die gantze wird / wie Pomet l. c. klaget. Sie muß
beyderseits eine schöne blaulichte Couleur haben / und weilen man an der zerstossenen sonst
keine Prob haben kan / sind die Materialisten obligiret / solche den Werck-Leuten zuvor zur
Prob zu geben / ehe sie dieselben kauffen. Vid. c. l.
§. 4.
Der Gebrauch dieser Zaffera ist gleich anfangs bemercket worden / daß nemlich auff den
Glas-Hütten (allwo sie in grosser Quantiät verbrauchet wird) damit den Gläsern die blaue Farb
gegeben werde. Die Holländer mahlen damit das gemeine Porcellin, dergleichen auch zu Hanau viel
gemacht und aller Orten verkauffet wird.
§. 5.
Der obgemeldten blauen Stärcken nun mit wenigem noch zu gedencken / so wird dieselbe von den
Mahlern
SMALTA
und von den Wäscherinnen Blöhe genennet: deren Zubereitung ingleichem den Außländischen
unbekandt ist. Oden gemeldter D. Merret schreibet in seinen Annot. pag. 294. daß ihm ein
Glasmacher / welcher sie selbsten in Teutschland bereiten helffen / entdecket / daß sie auß der
Zaffera und Seiffen-Sieder-Aschen durch nochmahlige Calcination gemachet werde. Pomet hält es
vor eine Vitrification, welche auß der Saffer / Sand / Soude d' Alican und Pott-Aschen gemachet
werde / wie in dessen Histoire des Drogues Part. 1. Lib. 5. pag. 170. zu sehen ist. Mein beyde
sind wieder gantz unrecht daran / indem die Smalta nicht auß der Saffera / sondern deren Mutter
/ nemlich / dem abgerösteten Cobolt zubereitet ist / welcher mit einem gewissen Theil Sand und
Pott-Aschen wieder versetzt und zu einem dunckeln und dicht-blauen Glas geschmoltzen wird /
welches gar subtil gestossen und auff einer gewissen Mühl zwischen zwey sonderlich harten
Steinen zu einem Meel gemahlen / alsdann geschlemmet und in unterschiedliche Sortementen / da
immerzu eine feiner als die andere / getheilet und gestellet wird. Hierinnen nun stehet ein
grosser Handel / welcher den Meißnern und Sachsen viel einträget; weßwegen den Factoren auch
sehrhoch verbotten ist den Cobolt so rohe wegzuschicken / damit die Blöhe anderwerts nicht
nachgemacht werde und dem Land dieser Nutzen entgehen möge. Wer unterdessen einen reinen Cobolt
haben will (da ein Theil mehr / als drey oder vier Theil Zaffera thun) muß ihn absonderlich in
Meissen suchen und desto theurer bezahlen. Vid. Kunckel. l. c.
§. 6.
Diese blaue Stärcke / wann sie zum erstenmahl zum Glase gebracht wird / setzet sie insgemein
einen König oder Regulum; welchen dieselbe Arbeiter Speisse nennen / so wieder ein blaues Glas
und vielleicht die schlechteste Blöhe gibet. Die Gemeine wird in Sortis genennet / ohne welche
man die Mittel und Feine hat / welche gar zart und recht blau ist; wiewohlen die Holländer noch
eine Sort von der Allerbesten haben / welche bleichlicht / aber sehr rein und dem Ultramarin
fast gleich ist / dahero es die Franzosen auch Ultramarin commun ou d' Hollande nennen Vid.
Pom. pag. 170.
§. 7.
Der Nutz und Gebrauchs der blaue Stärcken ist allen Weibern bekandt / welche das weisse
Geräth damit blöden / die weisse Stärcke auch deßwegen damit färben. So dienet sie auch den
Mahlern und Weißendern; wird auch zu einer gewissen Farb / wormit man die Schaafe zeichnet /
und in Täffelein verkauffet wird / gemenget und gemein oder Platt. India genennet / worvon in
dem Cap. von dem Indigo zu lesen ist.
§. 8.
Weilen im übrigen einige die bißher außgelegte Zaffera mit der so genandten
MAGNESIA
confundiren / auch diese mit jener fast einerley Nutzen zur Glasmacherey hat / so wollen
wir [41] derselben auch mit wenigem gedencken / welche nichts anderst / als
ein schwartzlichtes Ertz / dem ??? nicht ungleich / aber viel mürber und mit kleinen Streiffen
begabet ist: kommet auß; Piemont / in Stücken von unterschiedlicher Grösse / und zwar in zwey
Sorten / deren eine grau / welche sehr rar, die andere aber schwartzlicht / wie ein
Magnet-Stein (worvon sie auch den Nahmen hat) anzusehen ist: Muß schön gläntzend / zart und
wenig steinichtes in sich haben / wann sie gut seyn soll / wovon Pomet. cit. loc. pag. 64. zu
sehen ist.
§. 9.
Der Gebrauch der Magnesien ist zur Reinigung des Glases gewidmet / indem diesem die grüne und
blaue Farb dadurch genommen wird / dahero sie mit gutem Fug eine Seife / welche das Glas
reiniget / genennet wird; dann so man von solcher Magnesie nur ein wenig mit dem geschmoltzenen
Glas vermenget / so reiniget es dasselbe von aller frembden Farbe / und machet das Glas helle:
Nimbt man aber der Magnesien zu viel / so bekombt das Glas ein Purpur-Farbe / worvon in D.
Merrets Anmerckungen über das erste Buch des Neri Glasmacher-Kunst pag. 208. mit mehrerem
verdienet gelesen zu werden.
§. 10.
In Teutschland in den Meißnischen Ertz-Gebürgen wächset auch ein Magnesie / welche eben das
jenige ist / was die Glasmacher
Braun-Stein
nennen / welche auch ein Seife des Glases ist. Ingleicken kommet ein andere Art auß Vöhmen;
beyde umb einen sehr billichen Preiß / ob sie schon ebenmässig und ja so wohl das ihrige / als
die Piemontesische thun / und derowegen die Teutschen der Piemontesischen wohl entbehren könten
/ wie Kunckelius in seinen Anmerckungen über das erste Buch des Anthon. Neri von der Glas-Kunst
pag. 55. weitläufftiger zeiget.
§. 11.
Letzlich hat man in Franckreich noch ein ander dergleichen Mineral, welches man dorten
PERIGUEUR
nennet / welches auß einem schwartzen und schweren Stein bestehet / und sich nicht gern zer
stossen lässet: kombt auß Dauphiné und Engeland / und wird von den Häfnern und Emailleurs
gebraucht / wie Pomet davon l. c. schreibet.
§. 1.
DIe Edel-Gesteine oder GEMMAE sind sehr harte und zum Theil durchsichtige / zum Theil
undurchsichrige / aber doch schön-gefärbte Steine / davon jene auß einem hellen Wasser / diese
aber zugleich auß einigen irrdischen oder metallischen Cörperlein / von dem Stein-Geist oder
??? lapidifico gezeuget werden / wie der berühmte Engelander Boyle in seinem Buch von den
Edel-Gesteinen stattlich er???biesen hat. Beyde kom [42] men meistens
auß Ost- und West-Indien / wie auch Böhmen und andern Ländern / unter welchen die erste immer
besser und theurer sind; wie von deren Erkäntnüs und Werth Boëtius de Boot. (welcher dieser
Materie wegen vor diesem alle Kayserliche und Königliche Höfe und Schätze durchkrochen hat) in
seinem Tr. de Gemm. wie auch Kunckelius in einem Send-Brieff von der Art / Unterschied und Güte
der Edel-Gesteinen / würdig zu lesen sind. Wie aber die Orientalische rohe Edel-Gesteine
gegraben und verkauffet werden / ist im Anhang dieses unsers Buchs / nach den Ost-Indischen
Sendschreiben zu sinden.
§. 2.
Sie werden füglich in die recht - austrichtige und falsche getheilet / darvon die letztere
entweder von Natur so wachsen / als die so genandte Flüsse oder FLUORES METALLICI, welche in
denen Berg-Wercken gefunden werden / wie sie oben in der Figur abgebildet sind / und von den
rechten (welchen sie sonsten an Durchsichtichkeit und Farbe offters so gleich sind / daß auch
die Verständigste sich daran versehen können) darinnen leicht zu erkennen sind / daß sie im
Feuer fliessen. Oder sie werden von der Kunst auß dem Crystall und Glas nachgemachet / worvon
der obenangeführte Kunckel vor andern deutlich handelt.
§. 3.
Von dem Nutzen und Gebrauch der wahren Edel-Gesteinen in der Artzney machet vor anderen
Helmontius in seinem Tr. In verbis herbis & lapidibus magnalatet vis, ein
grosses Wesen; allein / wann man es bey dem Liecht ans???ehet / so kombt das meinste auff einen
blossen Aberglauben an / wie nicht allein D. Amman in seinen, Büchlein de Mat. Med. sondern
auch der junge Herr Spener, weyland Profess. zu Halle / in seiner Gradual-Disputation, de
Usibus Gemmarum Superstitiosis offentlich gezeiget haben. Unterdessen will die Welt betrogen
seyn / welche fast keine Artzney vor kräfftig hält / sie werde dann mit Gold und Edel -
Gesteinen beglissen / obwohlen sie offters an deren statt nur Krebs-Augen und garstige Muscheln
schlucken müssen / ohnerachtet nur die kleineste Steinlein und Fragmenata zur Artzney genommen
werden / indem die super-feine zu den Jubelen kommen.
§. 4.
Ob schon aber nur die so genandte V. Lapides pretiosi, als Granaten, Hyacinthen, Sapphir,
Carneol und Schmaragd in den Apothecken meistens gebräuchlich sind; so hat man doch vor gut
befunden / der übrigen auch mit wenigem zu gedencken / worunter der Diamant / Demant oder
ADAMAS
der härteste / schwereste und helleste Stein ist / dessen überauß-grosser Preiß / theils bey
obbemeldtem Boëtio zu sehen / theils auch darauß abzunehmen ist / was in verwichenem 1697 Jahr
/ den 16. Febr. auß Venedig in den ordentlichen Zeitungen mit diesen Worten geschrieben wurde:
Der Diamant / welchen ein Armenianer hier vor 36000. Ducaten verkaufft / ist von hiesigen
Künstlern geschliffen und fast so breit / als ein halber Thaler: Und weilen dergleichen an
allen Höfen in Europa nicht zu finde̅ / als wird diser Monarch der Diamanten (so
80. Karat wigt) auf 200000. Ducaten werth gehalten. Doch ist dieses nur von den recht
Orientalischen zu verstehen. In Böhmen findet man auch viele / aber schlechtere Demanten und
andere Edel - Steine / weßwegen die Italiäner / Frantzosen / und die Juden dahin reisen und sie
auff suchen / wo die Küh-Hirten offters einen Stein nach den Kühen werffen / welcher mehr werth
als die Kuh selbsten / wie Balbinus in seiner Böhmischen Hist. lib. I. c. 29. schreibet. Ober
aber in der Atzney-Kunst einigen Nutzen habe / wird von den Medicis noch disputiret. Einige
halten ihn vor schädlich / wo nicht gifftig / weilen er die Därme verwunde und die rothe Ruhr
verursache / wann er innerlich genossen werde / wie Sennertus in Paralip. pag. 130. meldet.
Andere hergegen / als Wormius in Mus. pag. 130. hält den pulverisirten Demant vor ein
Medicament gegen solche Kranckheit. Ettmüllerus thut endlich den Außpruch also / das er den
recht sauber und rein gestossenen Demant vor dienlich / den gröblich gestossenen aber vor
schädlich hält / wie in dessen Comment. ad Schroed. p. 787. zu sehen ist. Man kan aber dessen
wohl entbehren / indem die Krebs-Augen eben das / oder ein noch mehrers praestiren / als der
Demant. Unterdessen erhellet darauß / daß es falsch sey / daß der Demant nicht zerschlagen oder
zerstossen / sondern nur in Bocks-Blut erweichet werden könne.
§. 5.
Nechst diesem machet man von dem so genandten Carfunckel - Stein oder
CARBUNCULO.
welcher des Nachts leuchten und röthlichte Strahlen werffen soll / viel Werckes: allein
niemand will biß daher einen dergleichen Stein / so des Nachts strahlt / gesehen haben / wie
Boëtius de Boot. l. c. wohl und auffrichtig angemercket; weßwegen einige entweder den Rubin
oder die Granaten / andere aber alle röthlich-strahlende Edelgestein also nennen. Er wird
sonsten zu den Pestilentz-Blattern / welche auch Carbunculi heissen / gerühmet / umb welche er
zu reiben wäre.
§. 6.
Folget also der Rubin oder
RUBINUS,
welches ein durchsichtiger Stein / von einer reinen Scharlach oder Carmesin-Farb / und je
feuriger / je besser er ist. Wann er aber eine Gelbe an sich hat / so wird er von einen Granat
oder [43] Hyacinthen aestimiret: kombt auß Zeilon / ist sonsten / wann er
groß / auch an hohem Werth / und kenne ich eine gewisse hohe Stands-Person / welche einen frey,
gefasten Rubin / etwa eines Weiß-Pfennigs groß / auff der Stirn trägt / auff welchen eine
andere hohe Person 50000. Rthlr. bieten lassen: wird in gifftigen Fiebern / vor ein
Hertz-Stärckung gehalten / und kommet mit unter das Elect. de Gemmis, welches in dergleichen
Kranckheiten dienlich ist.
§. 7.
Der Granat-Stein oder
GRANATUS
ist gleichfals ein durchsichtig- und wie der Granat-Apffel-Safft röhtlichter Stein / darvon
die grössere auß Orient und der Mohren-Land / die kleinere / doch härtere und schönere / auß
Böhmen kommen. Sie gehören unter die fünff medicinalische Edelgesteine / und werden vor ein
Hertz-stärckendes und Melancholey-vertreibendes Mittel gehalten. Einige machen auch eine
Tinctur davon / welche gegen die rothe Ruhr gerühmet wird. Das Magisterium ist ein
nichtswürdiger Kalck.
§. 8.
Eine erwas hellere Röthe hat der Hyacinth oder
HYACINTHUS,
welches ein durch sichtig- und an der Farb Goldgelb-röthlicher Stein ist / so gleichsam wie
eine Feuer-Flamme scheinet; wiewohlen etliche wie Scharlach auß sehen / welche die Frantzosen
Hyacinthe la Belle nennen / und vor den besten halten: wird in Indien und Mohren-Land gefunden
/ wiewohlen auch in Böhmen einige derselben wachsen / welche an der Farb dem Vitro ??? nicht
ungleich sind. Sie werden in- und äusserlich gegen die Pest und andere ansteckende Seuche
gelobet / dahero auch eine Hertz-stärckende Lattwerg / welche Confectio de Hyacintho genennet
wird / darauß mit andern kostbahren simplicien verfertiget wird / welche gelb-röthlicht und
frisch seyn / auch ihre rechte Consistentz haben muß / wann sie anderst vor gut passiren soll;
und weil ein grosser Betrug damit vorgehet / soll man sie von auffrichtigen Materialisten und
Apotheckern / und nicht von den Land-Streichern kauffen / welche solche mit Honig / Bolus und
Metall nachmachen / wie Pomet in seiner Hist. des Drogues Part. 3. l. 4. pag. 99. entdecket.
Man hat sie complet, mit Bissem und Amber / und incomplet, ohne diese / weilen das Frauenzimmer
die erste nicht immer vertragen kan.
§. 9.
Ferner gehöret auch der Amethist oder
AMETHYSTUS
zu den röthlichten Steinen / welcher durchsichtig und wie Pfirsching-Blüt anzusehen ist /
kommet auch auß Indien und Arabien / welchem der Böhmische bey weitem nicht gleich ist. Dieser
dienet ausser denen Aberglauben gegen die Trunckenheit und böse Gedancken / hat aber sonsten
keinen Gebrauch in der Medicin.
§. 10.
Nach den röthlichten Edelgesteinen folget der blaulichte / nemlich / der Sapphir oder
SAPPHIRUS,
welches ein durchsichtiger / blauer und dem Gesicht annehmlicher Stein ist / von einer
grossen und dem Demant nahe kommender Härte / dahero auch die weißlichte Sapphiren vor
Diamanten passiren und verkauffet werden. Die besten kommen auß Orient / die geringere auß
Böhmen und Schlesien: werden auch gegen die Pestilentz-Blattern gebraucht / und welche darmit
ein Circul gezogen wird; wie sie dann auff gleiche Weiß in Entzündung der Augen / und diese vor
den Blattern und Masern zu defendiren gebrauchet werden / worvon Ettmüllerus in Comm. Schroed.
pag. 789. zu sehen ist.
§. 11.
Der Schmaragd oder
SMARAGDUS
hergegen ist ein durchsichtig und grüner Stein / mit blitzenden Glantz-Strahlungen / wird bey
seiner stets-währender Kält im Mund / wie auch seiner Schwerigkeit und Härte erkandt / und ist
der Scytische immer vor den besten gehalten worden / welcher doch allda nicht so groß als in
Böhmen zu finden ist: wird sonsten sehr nach gekünstelt. Dieser soll die Augen stärcken / wie
alle grüne Sachen / und wird gegen die Gichter und schwere Noht gerühmet / weßwegen auch die
Schrecksteine der kleinen Kinder davon gemacht werden. Andere rühmen ihn auch gegen die rothe
Ruhr und andere Kranckheiten / worvon Boëtius l. c.
§. 12.
Alle der vorigen Farben finden sich in dem Opal oder
OPALO,
welcher / gleich einem Rubin / subtile und feurige Flammen strahlet und darbey mit einer
reinen Purpur- und Meer-grünen Farb / gleich einem Amethyst und Smaragd / durchzogen ist /
weßwegen er auch nicht / wie andern / nachgemachet werden kan / und wird von einigen vor den
schönsten Edelgestein unter allen gehalten. Er findet sich in Indien / wie auch in Ungarn / und
wird auch gegen Ohnmachten und Melancholie gerühmet / aber langsam gebrauchet.
§. 13.
Ingleichen hat der Topas / Lateinisch
TOPASIUS
Genandt / unterschiedlich-vermischte Farben / [44] welcher ein
durchsichtiger Stein / von einer bleich-grünlichten Farb ist / so das Ansehen hat / als ob er
einen Zusatz von einer gelben Couleur hätte. Wann er aber gelb-grün ist / wird er Chrysopras
genennet: werden beyde in Arabien gefunden und erreichen die schönsten am Werth die Helfft vom
Diamant / und werden von einigen gegen die Melancholy / Kleinmühtigkeit und Hexerey
gerühmet.
§. 14.
Dieser wird zuweilen mit dem Chrysolit oder
CHRYSOLITHO
confundiret / weilen die Alten ihren Topas auch so geheissen / heut zu Tag aber ist der
Chrysolit ein viel anderer / nemlich / ein hell und durch sichtiger Stein/mit einer
fürtrefflichen Gold-Farb / gleich einem Sonnenschein / darbey sehr hart: wird in Mohren - Land
am besten gefunden / und kombt an Kräfften mit dein vorigen über ein.
§. 15.
Unter denen dunckeln und nur etwas durchscheinenden Steinen ist der
JASPIS
sehr benahmt / welcher hin und wieder röthlichte und auch grüne Flecklein hat; wird gegen das
übermässige Bluten / auch gegen den beförchtenden Abortum gerühmet / wiewohlen diejenige Art
davon welche der Lendenstein oder
LAPIS NEPHRITICUS
genennet wird / am meisten im Gebrauch ist / welcher ein blau-grünlichter und gleichsam wie
Talc oder Fett anzugreiffender Stein ist: kommet auß Indien / und wird also genennet / weilen
er vor ein gewisses Mittel gegen die Stein-Schmertzen gehalten wird / welche derselbe / so er
gut und auffrichtig ist / auch nur äusserlich angebunden / gewiß curiren soll / wie ohnlängst
Herr D. Petersen, vornehmer Materialist in Franckfurt / solches erfahren / bey welchem ich ein
sehr grossen und raren Lapidem Nephriticum, nebst vielen andern dergleichen geschliffenen und
ungeschliffenen Steinen gesehen Hab. Man hänget ihn an Hals / oder macht Armbänder davon / oder
bindet ihn an die Hüffte / so soll er den Schmertzen gleich stillen / worvon Wormius in Mus.
und Casp. Bartholinus in einem besondern Tr. de Lap. Nephrit. mit mehrerem zu sehen ist. Man
muß aber zusehen / daß er nicht verfälschet sey / indem einige Betrieger den grünen Marmor /
MALAQUITTE genandt / davor verkauffen. Er wird auch zu innerlichen Medicamenten / als dem Liq.
und Magist. Nephritico gebraucht / worvon Hoffmannus in Calv. Schroed. pag. 154. zu sehen
ist.
§. 16.
Unter den gantz dunckeln und nur gefärbten Edelgesteinen ist der Türckis oder TURCOIS, wie
auch der CARNIOL, SARDA oder SARDUS noch übrig / unter welchen der erstere ein schöne
licht-blaue Farb hat / und äusserlich gegen das Fallen: der letztere aber Fleisch-farbicht ist
und gegen alle Blutstürtzungen gerühmet / doch aber meistens heutiges Tages zu Signetten und
Pitschafften emploiret wird.
§. 17.
Einer von den dunckelen und undurchscheinenden Steinen meritirt noch mit wenigem gedacht zu
werden / nemlich / der Frantzöische Augen-Stein / welcher und Grenobel gefunden und deßwegen
La Pierre pretieuse de Grenoble
genennet wird: ist ein kleines / sehr glattes und plattes Steinlein / fast wie ein Linse /
von Figur und couleur, anzusehen / welches / wie hier zu Land die Perlen / dorten in die Augen
gethan wird / so etwa unversehens ein Staub oder Splitter hinein geflogen / dergleichen etliche
mir von einem guten Freund zu Handen gekommen sind.
|| [45]
§. 1.
DEr Crystall oder CRYSTALLUS ist ein weiß-heller / durchsichtiger und nicht so gar harter
Stein / wie ein Stück Eiß (worvon er im Griechischen den Nahmen hat) anzusehen: wird hin und
wieder in Europa / auff dem Alpen-Gebürge / in Böhmen / Ungarn und vielen andern Ländern
gefunden und Zweiffels ohn auß einem hellen Stein-Wasser gezeuget / indem man zuwellen in
dessen Mitten noch einen Tropffen Wassers siehet / wie Herr D. Bohn in seinem zu Leiptzig
gehaltenem Collegio Physico Experimentali bezeuget.
§. 2.
Ob nun wohl alle durchsichtige und weichere Edelgesteine unter diesem Nahmen stehen / so hat
man doch absonderlich vier Species bißdaher in Acht genommen / als nehmlich I. den gantz hellen
Crystall / wie ein Eiß / welcher sonsten auch CRYSTALLUS MONTANA genennet wird. 2. Den
sechseckichten / welcher IRIS genennet worden / alldieweilen er verschiedene Farben / wie ein
Regenbogen zeiget / wann man ihn über das Auge hält und dadurch siehet / nicht anders / als die
dreyeckichte Gläser / welche die Optici prismata heissen. 3. Den gelbichten / und 4. den
halb-runden / welcher unten plat und oben gewelbt / auch deßwegen wie ein Brenn-Glas zu
brauchen ist: und weilen er viel härter als die übrige ist / so wird er vor den besten Crystall
gehalten und der falsche Demant oder PSEUDO-ADAMAS genennet / wie solches Boetius Lib. de Lap.
pag. 179. und auß demselben Wormius in Mus. pag. 100. weitläufftiger verfolgen; nebst welchen
Erasmus Bartholimus auch hiervon kan gelesen werden / so ein eigen Buch davon geschrieben
hat.
§. 3.
Was dessen Gebrauch anbelanget / so werden nicht allein viele kostbahre Geschirre / als
Schüsselein / Gläser / falsche Edelgesteine und dergleichen darauß verfertiget / sondern er hat
auch in der Artzney einigen Nutzen / wo ihme eine kühlend- und anhaltende Krafft beygeleget
wird. Weßwegen nicht allein in hitzigen Fiebern der gantze Crystall unter der Zungen gegen den
Durst / und in der Hand gegen die Hitze gehalten / sondern auch derselbe gegen die Rothe-Ruhr
und andere Bauch-auch Mutter-Flüsse zu Pulver gestossen eingegeben wird; wie er dann auch den
Säugenden die Milch vermeh [46] ren soll. So wirder auch als ein
Alexipharmacum gerühmet / wann jemand den ??? eingenommen / wiewohlen ihm allein in solchem
Fall nicht zu trauen ist / sondern andere oleosa; als Milch und dergleichen mitzugeben sind.
Weilen aber seine Krafft meistens darin bestehet / daß er die böse Säuer in dem Magen und
Gedärme versüsse und in sich schlucke / so ist er nur zu Pulver gestossen meines Erachtens viel
besser / als andere daraus gemachte Salia, Magisteria, Olea, Tincturae &c.
welche bey dem Schroedero und dessen Außlegern / als D. Hoffmann und D. Ettmüllern, zu finden
sind.
§. 4.
Dem Crystall ist an der Farbe und Durchsichtigkeit das so genandte Moscovische Glas / wie
auch das Frauen-Eiß nicht viel ungleich / welche beyde von denen meisten Naturkündigern
confundiret und vor ein Ding gehalten werden / indem sie doch bey erstem Anblick sehr
unterschieden anzusehen sind / weilen das Frauen-Eiß sich in viele Blätter und laminas gar
leicht zertheilen / und wie ein Talc angreiffen läst / welches beydes an dem Moscovischen Glas
nicht zu mercken ist. Weßwegen wir auch von beyden absonderlich handeln wollen.
§. 5.
Das Moscovische Glas
oder
LAPIS SPECULARIS
ist ein weisser / außwendig dick und ungleicher / inwendig streifficht und gläntzender Stein
/ welcher gegen das Liecht gehalten etwas durchscheinet: kommet häuffig auß der Moßcau / und
wird deßwegen auch Rysch-Glas / quasi Russen-Glas / geheissen; wiewohlen es auch in Spanien und
anderstwo zu finden. Es hat in der Medicin sonderlich keinen Nutzen / ausser daß auß demselben
/ wann es zuvor calciniret wird / eine Schmincke vor die Frauen und Jungfrauen gemacht werden
könne.
§. 6.
Das Frauen-Eiß
oder
GLACIES MARIAE
hergegen ist ein platter / doch auch weisser und wie Glas durchsichtiger Stein / welcher in
viele dünne Täffelein und Blätter kan zerleget und gerissen werden / so an statt des Glases zu
Fenstern können gebrauchet werden / dergleichen in etlichen Kirchen zu sehen sind; wie dann
auch ein gemeiner Aberglauben ist / daß die Mutter Gottes dergleichen Glas gehabt habe / daher
es Marien-Glas und bey andern Sperr-Glas heisset; und weilen sich auch der Mond / wie andere
Sachen in diesem Stein spiegeln / so ist er vor diesem auch SELENITES benahmset worden / und
mag darvon der gemeine / doch falsche Wahn entstanden seyn / daß er nach dem Mond zu- und
abnehme: wächset insgemein in einer länglicht - viereckichten Figur / als ein Rhombus, wie oben
auß der Abbildung zu sehen ist / allwo zugleich Achates selenites stehet.
§. 7.
Einige meynen / daß das so genandte Alumen Scajolae nichts anderst / als das Frauen-Eiß sey:
allein es ist unter beyden noch dieser Unterscheid / daß ob schon beyde in dünne Blättlein
leichtlich können getheilet werden / jenes doch viel härter / als dieses / auch nicht so
durchscheinend ist / ehe es zertheilet worden. Uber diß kan man durch das blosse Fühlen den
Unter scheid mercken / indem das Frauen-Eiß viel zarter und fast wie Talc anzugreiffen ist /
daheiro es auch von vielen vor eine Art Talc gehalten / auch der rothe Talc offters vor das
Frauen-Glas gegeben wird.
§. 8.
Was seine Qualitäten anlanget / so ist es in der Artzney-Kunst innerlich gegen die schwere
Geburts-Arbeit / wie auch die todte Frucht wegzutreiben gebräuchlich; zu welchem Ende es mit
dem Vorres / Myrrhen und dergleichen verschrieben wird / weilen es gewaltig treibet und
stimuliret: weßwegen es auch die Monatliche Reinigung der Weiber befördern kan. Eusserlich wird
es gleicherweis zum Schmincken gebrauchet. Auß den Blättern machen die Closter-Jungfern aller
hand Galanterien und legen solche gemeiniglich über ihre Bilder und Heiligthümmer. Ein gewisser
curioser und mir wohlbekandter Freund hat sich auch unterstanden einen grossen Brenn-Spiegel
darmit zu verfertigen / indem er die hole Seite einer auß Gips gemachten Scheiben damit belegen
wollen. Ob er aber dieses Werck zur Perfection gebracht habe / ist mir noch nicht kund gethan
worden. Zum wenigsten ist wohl zu glauben / daß ein solcher Spiegel die Radios solares mit eben
solcher Vehemens reflectiren könne / als ein anderer metallischer Brenn. Spiegel.
|| [47]
§. I.
DEr Magnet-Stein (MAGNES) ist ein schwartz-grauer / harter / doch nicht so gar schwerer Stein
/ welcher (nach gemeiner Art zu reden) das Eisen an sich ziehet und sich immer nach den Polis
wendet: wird häuffig in dem Joachims-Thal und zu Schneeberg in Meissen / umb die Eisen-Gruben
gefunden / weßwegen er auch in der Grichischen Sprach SIDERITIS genennet wird; Wiewohlen in
Franckreich in der Spitz eines Glocken-Thurns auch ein Magnet gefunden worden / worvon M.
Vallemont einen Curio sen Tractat geschrieben. Vid. Pomet. Hist. simpl. P. 3. l. 2. pag. 6.
§. 2.
Der Unterscheid dieses Steins wird entweder von denen Landen / worauß er kommet genommen /
welcher doch auch an der Farb zu erkennen ist / indem der beste / so auß AEthiopien kommet /
schwartz / aber sehr rar ist: Der Ost-Indianische auß China und Bengala, Leber-farbicht: der
Arabische röthlicht: und der gemeine auß Schweden / Dennemarck und Teutschland Eisen-farbicht
außsieher; wie sich dann auch ein weisser Magnet-Stein finden soll / welcher von den Italianern
CALAMITA BIANCA genennet wird. So machet auch der Effect und die Krafft keinen geringen
Unterscheid des Magnets / in Ansehen deren der gemeine das Eisen ziehet und sich zugleich nach
dem Pol-Stern wendet: die zweyte Art sich allein nach dem Pol-Stern wendet / aber kein Eisen
ziehet / welche uff S. Georgen-Berg in Böhmen gegraben wird / wie auß des Balbini Hist. Boh.
Lib. I. pag. 82. zu sehen ist: die dritte einen andern Magneten ziehet: welchen andere die
vierdte Art zugesellen / so das Eisen nicht ziehet / sondern von sich stösset / dergleichen
Magnet-Stein THEAMEDES und in Teutscher Sprach ein Bleser genandt wird / wie ihn Boëtius de
Boot Tr. de Lap. ac Gemm. Lib. ???. cap. 249. pag. 441. nennet.
§. 3.
Diese Kräfften des Magneten bestehen nicht in dessen Grösse und Quantität / sondern in
gewissen Adern / indem man zuweilen einen kleinen Magneten antrifft / welcher ein viel grösser
Gewicht hält / als ein grosser / welches an derjenigen Magnet-Kugel / so zu Londen im Gresham
Colledge gezeiget wird / zu sehen ist / so eben kein sonderlich grosses Gewicht hält / ob sie
schon 60. ???. schwer ist / wiewohlen sie die Nadeln uff 9. Schuh weit beweget / wie die Herrn
Lipsienses in ihren Actis A. 82. Mens. Febr. auß dem Grevv wohl observiren. Weßwegen dann auch
der Preiß dieses Steins nicht nach der Grösse / sondern nach den Qualitäten angesetzet wird /
und ein Magnet / welcher 20. ???. hält / neulich in Holland vor 1000. Gulden verkauffet worden
ist / wie mir der berühmte Mechanicus zu Leyden / Herr Muschenbroeck geschrieben hat. Woher
aber die so wunderbahre Würckungen des Magneten herrühren? wird noch heut zu Tag von den
Naturkündigern erforschet / und hat Gilbertus davon einen besondern Tractat geschrieben /
welche Subtilitäten auff den Catheder und nicht in die Material-Kammer und Apothecken gehören.
Dieses nur ist zur Conservirung desselben zu wissen nöthig / daß man den rohen Magneten immer
in Feilstaub halte / dem gefasten Magneten aber immer seyn Gewicht lasse / sonst ersterben sie
bald. Man muß sie auch sauber halten und nicht mit Fette oder anderm Unrath beschmieren /
sonsten verderben sie oder ziehen so generos nicht / wie zuvor; daß aber solches auch von dem
Knobloch-Safft / wie insgemein davor gehalten wird / geschehe / wird von Borello in Hist.
& Obs. Cent. 2. Obs. 88. vor [48] erdichtet und fabulos
gehalten. Ein Gelährter / Fortius Ringelbergius, schreibet in seinen Experim. pag. 609. daß man
dem Magneten die verlohrne Kräfften wieder bringen könne / wann man denselben in das Blut eines
Widders lege / welches zu probiren stünde. Dieses ist gewiß / daß zu Vermehrung derselben sehr
dienlich sey / wann man dem gefasten Magneten täglich sein Gewicht mit einem kleinen Zusatz
vergrössert.
§. 4.
Der Nutzen und Gebrauch des Magnetsteins ist unbeschreiblich groß / wann man nur den gemeinen
und Schiff-Compas ansiehet / welcher gleichsam die Seele aller Seefahrt / und ein Band der
ober- und unter-irrdischen Welt ist. Was die Kunst-Erfahrne und curiose Naturkündiger vor
Wunder- und Erstaunungswürdige Experimenten damit anstellen können / ist in des Welt-berühmten
P. Kirchers Tr. de Magnete und dessen Nachfolgers P. Schotti Schrifften zu sehen; auß welchen
ein gelährter Franzos in einem absonderlichen Buch / genandt Traîte de l' Aiman vieles in
schönen Kupffern unter Augen geleget hat. In der Artzney-Kunst hat er / wie der Blut-Stein /
eine anhaltende und außtruckende Krafft / wird aber nur äusserlich gebrauchet / indem er
innerlich von einigen gefährlich und gifftig gehalten wird / wie Wormius in Mus. pag. 63.
zeiget. Daß aber viele Doctores und Barbierer denselben zu Pulver stossen und unter ihre so
genandte Magnetische Pflaster / wodurch sie eiserne Spitzen / verschluckte Messer und der
gleichen auß dem Leibe ziehen wollen / mischen / ist ein grober Irrthumb / indem der Magnet
kein Eisen ziehet / wann er zerstossen oder mit Wachs vergleistert wird. Solte derowegen etwas
bey den beruffenen Messer-Schluckern außgerichtet worden seyn / muß es mit dem gantzen Magnet
geschehen seyn. Der Aberglauben / welche mit dem weissen Magnet (so gemeiniglich falsch ist)
getrieben werden / mag nicht gedencken / Vid. Wormius l. c.
§. 5.
Mit diesem biß daher betrachteten Magneten hat der Blut-Stein oder
LAPIS HAEMATITES
eine grosse Verwandtschafft / indem dieser nicht allein / wie Jener / in den Eisen-Gruben
gefunden wird / sondern zuweilen auch das Eisen an sich ziehet / wie der seel. D. Bauschius,
erster Praeses der curiosen Teutschen / in einem besondern Buch de Lap. Haemat. in Acht
genommen / dessen Inhalt ich in meiner Hist. Literar. Acad. Leopold. Cont. II. kürtzlich
erzehlet habe: Ist sonsten ein dunckel-rother / harter und schwerer Stein / auß langen
Streiffen gleichsam zusam̅en gesetzet: wird umb Hildesheim im Joachims-Thal und
andern Orten in Teutschland gefunden. Der beste kombt von Compostell auß Spanien: muß in
schönen streiffichten Stücken bestehen / und recht roth seyn. Er kan auch durch die Kunst
nachgemachet werden / wie in den Miscellan. Acad. Germ. Cur. Dec. I. zu sehen ist.
§. 6.
Ohne den rechten und wahren Blut-Stein hat man auch einige Bastarden davon / mit welchen er
offt verfälschet wird: worunter der so genandte
SCHISTUS
der vornehmste ist / welcher dem Blut-Stein sehr gleichet / doch aber hieran noch von
demselben erkandt werden kan / weilen der Blut-Stein gemeinlich in stumpffen Stückern / der
Schistus aber spitz und wie ein Keil anzusehen ist. Jener hat ungleiche Streiffen und
zerspringet auch in unebene Stücker: dieser zertheilet sich in gleiche Tafeln / und scheinet in
gleiche Streiffen geschieden zu seyn / weßwegen er auch Lapis scissilis genennet wird / nicht
deßwegen / als ob er leicht gespalten könte werden / sondern weilen er nach seinen Streiffen
also gespalten scheinet.
§. 7.
Noch eine andere Art davon findet man bey denen Materialisten / welche sie
Braun-Stein
nennen / welcher nicht so hart ist / wie die vorige sind / und färben die Häfner an etlichen
Orten ihre Gefäse damit / wovon Boëtius in seinem Buch von den Gemeinen und Edelsteinen pag.
390. zu sehen ist. Ob aber dieser Stein einerley Art mit dem jenigen Braunstein / dessen wir
oben bey dem Glasmachen gedacht / seye? kan vor gewiß nicht bestreiten.
§. 8.
In der Artzney-Kunst haben alle diese Blut-Steine eine anhaltende und stopffende Krafft /
absonderlich in den Blut-Stürtzungen und Blut-Flüssen / so wohl innerlich / wann man solche zu
einem subtilen Pulver zerstösset / und mit Muscaten oder Muscaten-Oehl eingibt: als äusserlich
/ wann man solches Pulver in die Wunde streuet oder den blossen Stein in der Hand hält /
welches im übermässigen Nasen-Bluten zwar gut thut / doch muß man zusehen / daß man mit den
Spitzen dieser Steinen sich nicht verletze / weilen sie gefährliche Wunden mache / wie Pomet in
seiner Material Kammer Part. 3. l. 2. pag. 62. davor warnet. Man sublimiret auch auß dem
Blut-Stein mit Salarmoniac rothe Flores, welche einige Aroma Philosophorum oder das
Philosophische Gewürtz nennen: Auß welchen mit dem Spiritu Vini die R. Lap. Haemat. oder
Blut-Stein-Tinctur gemacht wird / welche gegen das Blut-Speyen / Lungen-Sucht / Blut-Harnen /
Nasen-Blu [49] ten und dergleichen Kranckheiten sehr gerühmet wird.
Die Goldschmiede brauchen den Blut-Stein zum vergulden.
§. 9.
Hier ist auch des Schmergels nicht zu vergessen / welchen obbelobter Boëtius c. l. auch vor
eine Art Blut-Stein / andere aber vor einen steinichten Marcasit halten: wird sonsten
Lateinisch
SMIRIS
genennet / und ist ein sehr harter eisenfarbichter Stein / welcher theils auß Spanien /
theils auß Schweden und Engeland gebracht wird. Der erste hat hin und wieder Gold-Adern in sich
/ welches auch darauß zu bringen seyn soll / und ist derowegen von dem König in Spanien sehr
hoch verbotten / solchen auß dem Land zu führen. Der Schwedische kombt auß den Kupffer-Gruben
und siehet etwas röthlicht auß / wird zuweilen vor den Spanischen verkaufft / ist aber leicht
daran zu erkennen / wann er keine Gold-Adern hält. Der letztere ist der gemeine und
gebräuchliche / welcher in Engeland auff gewissen Mühlen auch zu Pulver gestossen und gemahlen
wird / welches / wie auch der gantze Schmergel / bey den Materialisten zu finden.
§. 10.
Was desen Gebrauch anlanget / so wird der Spanische Schmergel von den Alchimisten sehr
aestimiret / und zu dem Goldmachen und Philosophischen Stein gebraucht / weßwegen er auch dem
Gold gleich bezahlet wird / und ist doch nicht wohl zu bekommen. Der gemeine Schmergel wird /
wann er noch in gantzen und darzu geschliffenen Stücken bestehet / von den Gläs???ern zum
Glas-Schneiden gebraucht / dann er / wie der Diamant die Gläser ritzet. Man reisset auch
Figuren damit in Marmor und andere Steine. Der Smiris in Pulvere oder Schmergel-Pulver wird von
den Renovanten / Waffen- und Messerschmieden / die Harnisch und Pantzer / Degen / Messer /
Metallische Brennspiegel und dergleichen damit zu poliren gebrauchet. In der Artzney-Kunst hat
er sonderlich keinen Nutzen / ausser daß das Pulver von einigen unter die Zahn-Pulver gemischet
werde.
§. 1.
DEr Stein- oder Erd-Flachs (so von den Lateinern
LAPIS AMIANTHUS und ASBESTUS
genennet wird) ist ein zaselichter schwartz-grünlicht-schifferichter Stein / welcher sich wie
Federn voneinander reissen lässet (dahero er auch bey einigen Feder-weiß heisset) und von dem
Feuer nicht verbren̅et noch verzehret / sondern nur weisser und säuberer wird:
kombt meistens auß Indien und Türckey; und ob schon auch in Italien dergleichen was gefunden
werden soll / so ist es doch so kurtz und zerbrüchlich / daß es sich / wie der rothe
Stein-Flachs / nicht spinnen lässet / wie Boëtius Tract. de Lap. pag. 383. bezeuget. Viel
weniger aber ist das Alumen plumosum vor eine Art dieses Steines zu halten / welches so wohl
von dem Feuer / als gewissen Menstruis kan gezwungen werden / da hergegen der Flachs-Stein
beyden widerstehet / und da dieser ein Beissen an der Haut erwecket / so thut es jener nicht /
wie anderwerts schon erwiesen hab.
§. 2.
Dieses ist derjenige Stein / worauß die alle Römer ihren unverbrennlichen Leinwad gemacht
haben / worinnen der Königen und anderen Magnaten Leiber verbrandt und also die Aschen
conserviret wurde / indem derselbe also zubereitet werden kan / daß man ihn zu Faden spinnen /
und wie auß unserm Flachs Leinwad darauß weben könne / welcher im Feuer nicht verbrennet /
sondern nur weisser und von aller Unreinigkeit gesäubert wird / als oben in der Figur zu sehen
ist. Wie aber dieses alles zubereitet werde / ist heut zu Tag sehr wenigen bekandt / und wird
vor ein groß Arcanum gehalten; Und ob zwar Jo???. Bapt. à Porta Lib. 4. c. 35. und Wormius in
Museo pag. 55. die Art und Weiß den Stein-Flachs zu spinnen beschrieben / so ist doch jener gar
schwer zu verstehen / dieser aber nicht zulänglich. Indessen ist doch die Sach an sich selbsten
gewiß / indem ich dergleichen Faden zeigen kan / auch der seel. D. Ettmüller in seinem Comment.
ad Schroed. pag. 797. erzehlet / daß er zu Mayland in dem Museo Septaliano einen Geld-Beutel
darauß gesehen / welchen desselben Besitzer selbsten gewircket hatte: anbey bezeugend / daß als
sie einige Müntze darein gethan / und ins Feuer geworffen / die Müntze zerschmoltzen / der
Beutel aber unversehret blieben seye. Ingleichem sind vor diesem die Dachten zu den
ewigbrennenden Liechtern hiervon gemacht worden. Ob man aber auß gewissen Kräutern einen
dergleichen Dacht und unverbrennlichen Leinwad machen kön̅e / wie Pomet in seiner
Material Kammer Part. 3. lib. 2. c. 48. pag. 81. behaupten will / lasse an seinen Ort gestellet
seyn. Glaublicher ist / was Vielheuer in der Beschreibung frembder Materialien pag. 21. von Hr.
Kisten erzehlet / welcher einen Dacht erfunden / so von zarten Faden auß dem klaresten / doch
auff sonderliche Art geschmoltzenem / Gold gezogen war: worauff er ein Oehl auß dem ??? und
Naphtha, und einem nicht so gar unbekandten Kraut gemacht / gegossen / welches zwar viel gethan
/ aber nach Verfliessung vier Wochen / doch beynahe eines Strohhalmes breit in dem Gefässe
hatte abgenommen.
§. 3.
Seinen Gebrauch zur Medicin belangend / so wird er innerlich gegen den weissen Fluß der
Weiber / in Wein oder Brandtenwein gerühmet. Eusserlich kan er in der Lähmigkeit und Schwinden
der Glieder an statt der Nessel-Cur gebrauchet werden / indem er auch also beisset und brennet
/ und deßwegen von einigen Schälcken andern als das juckende Juc Juc der Landstreicher / in die
Hembder gestreuet wird. In den Apothecken hat man ein Sälblein oder Linimentum de Amiantho
gegen den bösen Grind / welches Boëtius cit. loc. miraculosum oder Wunderens-würdig genennet
und von D. Schroederô lib. 2. cap. ult. pag. 306. beschrieben worden. Man findet auch eine
andere Salb darvon in des Aldrovandi Museo Metallico pag. 646. wormit man die Hände salben und
nachmahlen das Feuer ohne Schaden angreiffen soll / welche Ettmüllerus in seinem Commentario
Schroed. pag. 797. auß demselben beschrieben hat.
§. 4.
Nicht viel anderst verhält es sich mit dem
TALC,
welcher gleichfals ein grünlicht-gläntzend- und schifferichter Stein ist / äusserlich wie
Fett anzugreiffen / ob er schon gantz trucken und schwer ist / auch wie der Stein-Flachs sich
in dem Feuer sehr hartnäckicht erzeiget. Er kombt meistens auß Venedig / wo er wächst /
wiewohlen auch in Engel- und Teutschland dessen viel zu finden ist. So gedencket auch Pomet in
seiner Histoire des Drogues Part. 3. lib. 4. c. 14. pag. 108. eines rohten Talchs / so auß
Moscovien und Persien komme / und in grosse durchsichtige Blätter könne getheilet werden /
welche die Nonnen an statt des Glases über ihre Bilder und Agnos Dei legten; welcher doch
vielmehr vor den Lapidem Seleniten oder Frauen-Eis zu halten ist / wie Wormius in Mus. pag. 57.
auch muthmasset.
§. 5.
Unterdessen ist doch nicht ohne / daß man unterschiedene Sorten davon finde / indem auch
Paracelsus Tr. de Min. schon vier Species, als den rothen / weissen / gelben und schwartzen
erzehlet. Bey den Materialisten findet man iusgemein den [51] zweyerley /
als Talcum aureum & argenteum, den Gold- und Silber-Talc. Der beste ist so
grünlicht-weiß / in grossen Stücken / glatt und wann er zerbrochen wird / wie Silber gläntzet /
auch wann er zu Blättern gerissen wird / hell und durchsichtig ist. Man muß aber Achtung geben
/ daß er durch und durch also sey / dann in den grossen Stücken sich zuweilen gelbe und rothe
Adern finden / welche gemeiniglich etwas Erde bey sich führen / so den Talc unwerth und
unannehmlich machen. In Ansehung der Landes-Art / ist der Venedische der beste: nachgehends der
Englische / und letzlich der Moscowitische.
§. 6.
Dem Nutzen und Qualitäten nach wird der Talc nur äusserlich zum Schmincken tüchtig erachtet /
und bestrebet sich das Frauenzimmer sonderlich umb das so hoch-gerühmte TALC-Oehl / welches
gleichsam ein Engelisches Angesicht machen / und wann davon nur ein Tröpfflein über die Nase
gesalbet werde / dasselbige gantz hell und gläntzend machen soll; weßwegen manche Dame es
zehenmahl theurer als Gold bezahlen solte / wann es nur zu haben wäre. Dahero die Frage unter
den Gelährten und Laboranten erstanden / ob man auch das so sehr verlangte
OLEUM TALCI oder Talc-Oehl
darauß machen könne oder nicht? Die meisten halten es vor unmöglich / indem der Talc weder
gestossen / noch durch das Feuer oder aufflösende Wasser kan gezwungen werden / wie Ettmüllerus
l. c. pag. 810. zeiget. Andere aber wollen das Gegentheil behaupten / und bemühen sich sehr
darum; wie dann in dem Schroeder und andern Scriben???en ein grosser Haufe Beschreibungen davon
zu finden ist / welche doch gemeiniglich mehr Geschrey als Wolle mit sich führen / und wann man
endlich ein Oehl darauß erzwinget / so rühret es nicht von dem Talc / sondern von andern Sachen
/ so man hinzugethan / her / oder steckt sonst ein Betrug darhinder; wie dann der berühmte und
auffrichtige Zvvelferus von dem sonsten auch Welt-bekandten Tackenio einen artlichen Streich in
seiner Refut. Tacken. Part. 1. c. 1. pag. 33. erzehlet / welcher die so genandte Terram
foliatam Tartari lange vor einen Talc außgegeben / und dessen Liquorem vor das Talc-Oehl
verkauffet hat: Als aber obgemeldter Zvvelferus unter andern Processen jetzgemeldte Terram
foliatam auch gefunden / und es nachmahlen dem Tackenio gezeiget hatte / konte dieser endlich
die Finesse nicht läugnen / sondern sagte zu Zvvelfero: Si scis, bene, tacebis, oder: Ist es
euch kund / so haltet reinen Mund. Geschicht das am grü-Holtz / was will am dürren werden? Thun
das die Gelährte? was solten die Verkehrte / als Storger / Laboranten und Betrüger? En fin! Die
Welt will betrogen seyn.
§. 1.
DEr Pocken-Stein oder LAPIS VARIOLATUS, ist ein dunckel-grüner und sehr harter Stein /
welcher auff einer Seite etwas erhabene und hell-grüne Flecken / gleich den Kinder-Pocken hat /
so auch auf der andern Seiten und inwendig etwas / aber [52] nicht also
erhaben / zu sehen sind / dahero er in Europa seinen Nahmen davon bekommen hat: ist anfänglich
von den PP. Jesuiten auß Indien gebracht worden / wo er eigentlich
GAMAICU
heisset / unter welchem Nahmen mir ein Stück einer Castanien groß zum Praesent verehret
worden / woran obige Gestalt und Qualitäten accurat zu sehen sind. Solle sonsten gar rar und
hoch gehalten werden / wie Pomet im Anhang seiner Histoire des Drogues pag. 15. bezeuget /
welcher diesen Stein nicht ohne Grund vor eine Art Rissel-Stein hält: wird auch in Schottland
gefunden / wie Sibbaldus in Hist. Scot. Nat. Lib. 4. Part. 2. pag. 149. bezeuget.
§. 2.
Gleichwie man aber zweyerley Pocken an den Kindern observiret / nemlich / die einfache und
zusammen-fliessende / wie Sydenham vor andern Medicis in seinem Tract. de Morb. Acutis??? schön
gelehret hat: Also stehet man diesen Unterscheid auch mit Verwunderung an den Steinen selbst /
an welchen die Flecken auch theils zusammen-fliessen / wie oben in der erften Figur zu ersehen:
theils von sich Unterschieden sind / wie die andere Figur zeiget. So soll auch an der Farb ein
Unterscheid seyn / indem einige grün / einige gelbicht / andere anderst sollen gefärbet seyn /
wie Ulysses Aldrovandus in seinem Museo Metallico Lib. IV. Cap. LXVII. pag. 883. bezeuget.
L' Usage du Gamaicù.
FAitez tiedir de l' eau & trempez le dite pierre dans l' eau tiede. Alors
frottez tout le visage de l' enfans ou grande Personne & personne ne sera gasté
de la dite maladie. Mais il faut troisfois le jour frotter la personne. Des autres font
boüillir de l' orge & tremper la pierre dans la dite decoction.
§. 4.
Nebst diesem hat man noch einen andern frembden Kisselstein / welcher auff den Hügeln und
Bergen umb Bononien in Italien gefunden und deßwegen der Bononische Stein
oder
LAPIS BONONIENSIS
genennet wird: ist ein schwerer graulicht- und gläntzender Stein / an der Gestalt dem Lapidi
Nephritico oder Nieren-Stein nicht viel ungleich / welcher vor andern diese Eigenschafft hat /
daß wann man ihn auff gewisse Art und Weiß calciniret / und an die Sonnen oder bey einem Feuer
leget / er nachmahlen in der Nacht leuchtet und einen Schein von sich gibt; weßwegen er auch
von P. Kirckero PHOSPHORUS, von andern aber SPONGIA SOLIS & LUNAE benahmset
wird / und findet sich davon ein Abriß in Miscel. Acad. Nat. Cur. Dec. II. A. VII. pag. 3.
§. 3.
Was dessen Nutzen anbelanget / so sollen die Hirten in Indien diesen Stein dem Viehe anhängen
/ daß sie von den Blattern / welchen sie unterworffen / befreyet bleiben möchten; weßwegen er
auch gegen die Pocken der kleinen Kinder vortrefflich gut seyn soll / so gar / daß wann er nur
äusserlich an den Hals gehänget wird / daß er das Hertz-Grüblein berühre / die scharffe
gifftige Materie so balden auß dem Leib gezogen / und die Kinder ausser Gefahr gesetzet werden
sollen. Und ob zwar solches etwas abergläubisch scheinen möchte / so hält doch obgedachter
Ulysses Aldrovandus c. l. solches der Warheit ähnlich / indem die Araber / der äusserlichen
signatur wegen / die Linsen gegen diese Kranckheit nicht ohne Nutzen so hoch recommendiret /
welche doch an diesen Steinen klärlicher zu sehen ist. Und weilen auch insgemein die Medici,
die Augen der kleinen Kinder / wann sie die Blattern bekommen / mit Gold und andern Sachen zu
praeserviren suchen / so hält er vor besser / daß mau diesen Stein / wann er bey Handen / mit
mehrerem Fug umb die Augen reiben oder in gewisse destillirte Gewässer legen und solche darumb
streichen könne. Ja es soll auch dieser Stein die Kinder vor den Gruben und Narben preaserviren
/ wie in der Franköischen Beschreibung / so mir bey obgemeldtem Stück zu Handen kommen /
vorgegehen wird / welche also lautet:
Gebrauch des Blatter-Steins.
MAn machet laulicht-warmes Wasser und leget den Steindarein. Nachmahlen reibet man das gantze
Gesicht der Kinder oder auch grosser erwachsenen Personen damit / so wird niemand davon ein
heßlich Angesicht bekommen. Allein das reiben muß alle Tag dreymahl geschehen. Andere sieden
ein Gersten-Wasser und legen den Stein darein.
§. 5.
Man hat dessen wohl fünfferley Species, als nemlich eine / welche sich / wie das Fraueneis /
in Schalen oder Täffelein zerlegen lässet: Andere haben weißlichte und gläntzende Streiffen /
wie das Antimonium: Andere haben eine rauhe Kruste: und endlich sind etliche schwartz und mürb
/ wie solche von Wormio in Museo pag. 46. erzehlet / und von dem Curiosen Graffen Luigi
Ferdinand. Marsigli in einem Italiänischen Tractat Del Fosforo Minerale in schönen Figuren
unter Augen geleget werden.
§. 6.
Die Art und Weise / wie er calcinirt und zum leuchten praeparirt werden muß / beschreiben
heyde jetzt-belobte Autores loc. cit. wie auch Hoffmannus in Clavi Schroed. p. 19. Es wird
nehmlich dieser Stein enrweder gantz / wanner sauber [53] und gut ist / in
einem darzu bereiteten Ofen calcinirt / oder wird zuvor zu kleinem Pulver gestossen / von
andern Impuritäten gesäubert und mit Ever-Weiß oder Leinschmaltz wieder zusammen geschlagen.
Wann er nun durch die erste Calcination das äusserliche Liecht nicht annimbt / noch im Finstern
wieder von sich gibt / so wird die Calcination wiederholet / biß er tüchtig darzu worden /
welches auß einigen Körnlein / welche als ein Thau sich äusserlich zeigen und die
Sonnen-Strahlen meist in sich fassen / abzunehmen ist. Wann er recht praepariret ist / so wird
er in ein Büchslein gethan / welches gegen die Sonn oder Feuer zu setzen und des Nachts in eine
dunckele Ecke zu legen / so wird er wie feurige Kohlen leuchten und anzusehen seyn / in dessen
Ursach an obberührtem Ort auch weitläufftig nachgesuchet wird.
§. 7.
In der Artzney-Kunst soll er die Haar außfallen machen / wann man nur den Ort damit reibet;
welches auch die Lauge / die man von dem calcinirten Stein machet / praestiren soll. Das Pulver
davon / oder auch gemeldte Lauge soll auch ein Erbrechen oder Vomitum verursachen / wie in
obigem Ort zu sehen / über welchen Licetus auch in einem eigenen Tractat davon zu lesen
ist.
§. 1.
ZU den jenigen Steinen / welchen die Natur eine gewisse und beständige Figur und Gestalt
gegeben / gehöret auch der Juden- und Luchsen-Stein. Jener wird in den Apothecken
LAPIS JUDAICUS
|| [54]
genennet / weilen er anfangs auß Judäa gekommen / wird aber heut zu Tag auch in Schlesten /
item: umb Hildesheim und anderstwo gefunden / und ist ein länglicht-runder Stein / wie eine
Oliv anzusehen / mit vielen und der Länge nach gesetzten Linien und Streiffen umb und umb
gezieret / welche eine gleiche Distantz haben / als wann sie abgezirckelt wären: Siehet grau
auch bißweilen röthlicht auß / und hat keine sonderliche Härte / und wann er voneinander
geschlagen wird / so scheinet er inwendig weiß-grau und gläntzend / wie ein Kisselstein /
dessen er ein Art seyn soll; wiewohlen Samuel Dale in seiner Mineralog. pag. 90. auff die
Gedancken gekommen / ob es irgend die zu Stein gewordene Strahlen von dem Meer-Igel wären /
deme diese Steine äusserlich nicht ungleich scheinen.
§. 2.
Es ist aber zu wissen / daß der Juden-Stein nicht allemahl einerley Länge und Grösse habe /
sondern es gibt ohne den Gemeinen auch einen langen und schmahlen / welchen einige das Mänlein
/ und den andern das Weiblein nennen. Jener soll mehr gegen den Nieren-Stein: dieser aber gegen
den Blasen-Stein dienen / wie Boëtius de Boot. de Lap. pag. 409. vorgibt: sintemahl der
Gebrauch dieses Steines hauptsächlich den Harngängen zu gut kommet; weßwegen er nicht allein zu
Pulver gestossen / und mit candirtem Zucker vermischet den kleinen Kindern gegen den Stein und
verschlossenen Harn mit Nutzen gegeben wird / wie Hoffmann. in Comment. Schroed. pag. 180.
zeiget; sondern er kombt auch unter den bekandten Liquorem Nephriticum D. Michaëlis, wie auch
unter dessen Magisterium Nephriticum.
§. 3.
Diesem wird insgemein der so genandte
LYNCURIUS,
LAPIS LYNCIS oder Luchsen-Stein zugesellet / deme seyn Nahme von den Luchsen gegeben worden /
weilen man vor diesem gemeynet hat / er werde auß derselben Urin gezeuget; welches doch gantz
falsch und vielleicht daher kommen ist / weilen einige darvon (S. V.) wie Katzen-Seich riechen.
Besser aber wird dieser Stein / wegen seiner Figur / BELEMNITES oder Schoßstein und Alpschoß
geheissen / weilen er länglicht / rund / schmal und wie ein Pfeil außgespitzet ist / wie auß
der Figur zu ersehen ist. Sonsten findet sich dieser Stein von unterschiedlicher Farb / weiß /
gelb / schwartz / bald gantz / bald halb durchscheinend / und insgemein mit einer Linien
gleichsam unterschieden / wo er leicht zu spalten ist / welcher letzte / wann er klein ist /
vor den besten gehalten wird: Theils scheinet er gleichsam mit Silber / theils mit Gold
überzogen / wie obangeführter Boëtius loc. cit. pag. 478. weitläufftig davon handelt. Er wird
aller Orten in Teutschland / absonderlich / umb Hildesheim / umb Königsberg in Preussen / in
der Schweitz / umb Paris und auch in Sicilien gefunden / wie Boccone in seinen natürlichen
Untersuchungen bezeuget.
§. 4.
Seine Kräfften betreffend / so werden ihm eben diejenige Tugenden / den Stein und Harn zu
treiben / wie dem vorigen / zugeschrieben / über welche sich doch Ammannus de Mat. Med.
weidlich mocquiret / indem er zweiffelt / ob es in Warheit einige Steintreibende Artzneyen
gebe? welcher Streit aber auff den Catheder gehöret. Mit mehrerem Recht könte jemand von dieser
Macht zweiffeln / womit er den Alp und Nachtschrecken verjagen soll / und derowegen Alpschoß
genennet wird / es seye dann / daß er durch das blose anhangen und anrühren die Leute von dem
übermässigen und gar zu tieffen Schlaff erwecke und munter erhalte. Sonsten aber rühmet ihn
Hoffmannus in Clavi Schroed. pag. 182. gegen die Gelbsucht / Wechsel-Fieber und Seitenstechen /
ein halb Quint darvon eingenommen.
§. 5.
Obgemeldtem Luchsen-Stein kommet an der äusserlichen Figur und Außspitzung der so genandte
Donner-Keil/
CERAUNIA
oder
LAPIS FULMINARIS
etwas gleich / welches ein schwartzer / harter und sehr schwerer Stein ist / welcher
gemeiniglich an dem Ort / wo sein AEquilibrium ist / ein Loch hat und entweder auch gespitzet /
oder unten wie eine Art geschärffet ist / dahero er auch offters ein Donner-Art genennet wird /
dieweilen der gemeine Mann nicht allein / sondern auch wohl die gelährteste Leut darvor halten
und bestreiten wollen / es werde dieser Stein in den Wolcken gezeuget / und wann es einen
harten Donnerschlag gebe / herunter auff die Erden geschossen; dahero sich auch viele
unterstanden an den jenigen Orten / wo das Wetter eingeschlagen / viel Klaffter tieff unter die
Erde zu graben / und solchen Douner-Keil auffzusuchen. Nun ist es zwar nicht ohne / daß die
Acker-Leut offters dergleichen Steine auß der Erden hervorarbeiten und finden: Ob aber
dieselbige in der Lufft gezeuget und mit dem Donnerschlag herunter geschossen würden? davon
findet man weder bey den alten Naturkündigern / noch in der Natur selbsten gnugsame und
zulängliche Gründe. Unter jenen hat der bekandte Arabische Medicus und Philosophus Avicenna
diese Meynung zum erstenmahl auff die Bahn gebracht / welcher aber sehr viele abergläubige
und [55] fabulöse Dinge lehret / und derowegen so blosser Dings nicht zu
bestreiten ist. Die Natur selbsten zeiget viel ein anders / indem alle Effectus, so von dem
Donnerschlag entstehen / ein viel subtilere Materie / worvon dieselbe herrühren / unter Augen
legen / welche ohnmöglich von solchem dicken und groben Stein herfliessen können. Es ist
männiglichen bekandt / wie so wunderliche / krause und subtile Ritze und Strieme das Wetter an
einem Baum / in welchen es schläget / erwecke / wie sie Schlangenweiß in so subtilen Linien
herumb lauffen / daß es kaum zu sehen ist: wie ein Degen in der Scheide davon schmeltze / daß
es dieser nicht schade / und was dergleichen Dinge mehr sind / welche unmöglich von einem so
dicken und groben Stein herkommen können. Ist derowegen der Warheit viel ähnlicher / daß diese
so genandte Donner-Keile / gleich andern Steinen / in der Erden gezeuget / und durch spielen
der Natur eine solche Form und Gestalt gewinnen.
§. 6.
Der Unterscheid dieser Steine wird entweder von der Materie / worauß sie bestehen / genommen
/ da man in Ost-Indien auch Metallische Donner-Keil findet / deren Herr Rumphius in den
Ost-Indianischen Send-Schreiben (welche im Anhang dieses Buchs zu finden/) wie auch in den
Miscell. Cur. German. an einem Ort gedencket / welches desto ehe zu glauben / weilen auch in
Teutschland dergleichen zuweilen gefunden werden / wie D. Crüger in Misc. German. Cur. Dec. 3.
A. 8. erwiesen hat: Oder leitet man denselben von der äusserlichen Figur her / nach welcher
einige wie Keil anzusehen: Andere wie ein Art: Andere wie ein Pflugschaar: Andere wie ein
Hammer / welche Straalhämmer genennet werden: Andere wie ein Schlegel; welche doch alle so hart
sind / daß man sie auch nicht feilen kan.
§. 7.
Mit allen denselben Steinen werden grosse Aberglauben an Menschen und Viche von dem gemeinen
Mann getrieben. Jene soll er von dem Donner und Wetter bewahren / wann er entweder in den
Kleidern getragen / oder in dem Hauß gehalten wird. Diesen soll er die verlohrne Milch
wiederbringen / wann man die Euter damit streichet / und was des Zeugs mehr ist / welches mich
hier zu referiren verdriest. In der Artzney-Kunst aber ist dieser Stein nicht gäntzlich zu
verwerffen / wann er zu Pulver gestossen und ein halb Quint davon eingenommen wird; wormit D.
Michaël, ein Welt-berühmter Practicus zu Leipzig / zu seiner Zeit die Gelbsucht curirete; und
hat man diese Krafft dem darinn verborgenen Schwefel zuzuschreiben / mit welchem er / wie alle
Feuer-Steine (dessen er ein Art zu seyn scheinet) angefüllet ist / wie D. Ettmüller davon in
Comment. ad Schroeder. pag. 802. zu lesen ist.
§. I.
DEr Marmor-Stein (MARMOR) ist ein harter und glatter Stein / von vielerley Couleur, nach
deren Unterscheid derselbe mit verschiedenen Nahmen beleget wird / indem der weisse und weiche
/ Alabaster / der schwartze / Lapis Lydius, der rothe / Porphyrites, der grüne / Malakit, der
grün-buntige Serpentin-Stein / andere anderst benahmset werden: Wird hin und wieder in Europa
gegraben / und findet man denselben in der Graffschafft Idstein und Wißbaden in grosser Menge /
von dannen er in Holland und anderstwo verführet wird.
§. 2.
Was den weissen Marmor anlanget / so finden sich derselben unterschiedene Species, deren
einige hart / als der so genandte
LAPIS PARIUS,
welcher von einem alten Künstler / so die Venus zum erstenmahl darauß gehauen / seinen Nahmen
hat: einige aber sehr zart und weich sind / als der Alabaster oder
ALABASTRUM,
worauß nicht allein allerhand Geschirr und Haußrath gedrehet / sondern auch einige Artzneyen
/ als das bekandte Unguentum Alabastrinum gemachet werden; und wann er zu einem Kalck gebrenner
und calciniret wird / so bekommet man den so genandten Spat oder Gypß / Lateinisch
GYPSUM,
wie in des Wormii, Mus. pag. 64. und auß demselben bey dem Dale pag. 87. zu sehen. Wiewohlen
andere auch den geringeren Alabaster-Stein selbsten SPATUM oder GYPSUM heissen / wie bey dem
Agricola und Christoph Entzeln / in Corpor. Jur. Metall. pag. 55. zu sehen ist; wie dann Graff
Marsigli in seiner Epistel del Fosforo Minerale noch verschiedene Gypß-Steine erzehlet hat.
Dieser Gypß nun dienet hauptsächlich zur Stockatur-Arbeit in Fürstlichen und andern vornehmen
Gemächern / und wird auch von dem gemeinen Mann innerlich gegen die rothe Ruhr und andere
Bauch-Flüsse mit Nutzen genommen / indem er die böse Säure versüsset / außtrucknet und stopffet
/ wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 797. zeiget. So dienet er auch gegen das
Blut-Speyen / übermässiges Schwitzen und andere Gebrechen / wie obbelobter Marsig. l. c.
schreibet.
§. 3.
Zu dem schwartzen Marmor gehöret der bekandte Probier-Stein oder
LAPIS LYDIUS,
welcher zum erstenmahl auß Lydien gebracht / und deßwegen so genennet worden: dienet das
Silber und Gold darauff gegen die Streich-Nadeln zu probiren / über welche man noch einen
andern eisenfarbichten Marmor-Stein hat / so in länglichten Stücken und Stangen wächset / und
der Meißnische Probier-Stein / Lateinisch
BASALTES
genennet wird / dessen Figur in des Boëtij de Boot Tr. de Lapid. pag. 497. zu sehen;
gleichwie die Italiäner einen grünen Marmor / den sie VERDELLO nennen / an statt unsers
Probir-Steins gebrauchen / worvon Wormius in Muse??? pag. 43. kan nachgesehen werden.
§. 4.
Der rothe Marmor oder
PORPHYRITES
ist ein sehr harter Stein / welchem durch das Reiben nichts oder sehr wenig abgehet /
weßwegen er auch zu denen Mörsern und Reibsteinen / worauff die Mahler ihre Farbe / und die
Apothecker ihre praeparata klein reiben / angewendet wird / und siehet man in Italien viele
kostbare Seulen davon / Vid. Boetius de Boot. l. c. p. 506.
§. 5.
Zu dem grünen Marmor-Stein gehöret der so genandte
MALACHITES, MOLOCHITES, LAPIS PAVONIUS
oder
MALAQUITTE,
dessen Pomet in seiner Histoire des Drogues Part. 3. l. 3. pag. 100. und 104. gedencket / und
bey denen Materialisten in unterschiedenen Sorten geführet wird; wiewohlen andere diesen Stein
vor eine Art Jaspis halten: ist dunckel-grün / wie die Malva / daher er genennet / und wird
nach den Adern die er führet unterschieden. Er wird gegen den Donnerschlag / Magen-Geschwär /
schwere Geburt / Krampff und schwere Noth gerühmet / und kommet am Preiß dem Achat gleich /
besiehe davon Boët. pag. 265. & Ettmüller. c. l. pag. 807.
§. 6.
Unter denen bunten und von Natur gemahlten Marmor-Steinen sind die
LAPIDES FLORENTINI
oder die Florentinische Marmor-Steine wohl am schönsten / in welchen die Natur viel artige
Figuren / als Bäume / Häusser / Städte und dergleichen abgebildet / wie in denen Figuren / so
im Anfang dieses Capitels beygesetzet / zu sehen ist; dergleichen Steine auch auff dem Berg
Sinai sollen gefunden werden / wie in des Worm. Mus p. 44. davon bericht zu hohlen ist:
wer [57] den zu allerhand schönen Tafeln / Kästlein und Cabinetten
emploiret. Doch sind diejenige Ertz-Steine / welche in verschiedenen Teutschen Berg-Wercken
gefunden werden / und entweder die Figur gewisser Kräuter / als im Thüringer Ambt Schwartzwald
/ oder Fische / als zu Eißleben / führen / noch curioser / von welchen andersiwo soll gehandelt
werden.
§. 7.
Hieher gehöret auch der Serpentin-Stein oder
OPHITES,
welcher also wegen seiner Flecken / dergleichen auff den Schlangen-Häuten zu sehen sind /
genennet worden: siehet sonsten grün auß / mit eben dergleichen / aber etwas dünckelen /
Flecken bemahlet / und wird in Meisen häuffig gefunden / allwo man Krüge / Flaschen / Becher /
Schüsseln / Schreckstein und andere Sachen darauß formiret / und von dar mit folgender
Beschreibung hin und wieder verschicket und verhandelt:
Warhafftiger Bericht / von der Krafft und Tugend des Edlen Serpentin-Steins.
Seine Krafft und Tugend ist / daß er erwärmet und verzehret die Feuchtigkeit / zertheilet und
vertreibet das Reissen / die Schmertzen des Leibes und aller Glieder Solche seine Tugend und
Krafft beschreiben die hochgelährte und weitberühmte Naturkündiger / als Plinius lib. 36. cap.
7. Galenus lib. 9. cap. 7. Dioscorid. lib. 5. 119. Dieser Edle Serpentin-Stein leidet kein
gifftiges Würmlein / wie dann umb und in den Stein-Brüchen kein gifftiger Wurm oder Ungeziffer
ist gefunden oder gesehen worden. Er dienet auch für nachfolgende Gebrechen: Erstlich / wider
die Colic / Bärmutter oder Hefeninutter. Zweytens / wider das Stechen in der Seiten. Drittens /
wider das Reissen im Leibe. Vierdtens / wider einen bössen erkälteten Magen. Fünfftens / wer
etwa einen bösen Trunck gethan / oder etwas undauliches gegessen hätte. Sechstens / lindert den
Schmertzen des reissenden Steins. Zum Siebenden / lindert den Schmertzen des Podagra oder
Zipperleins. Für solche Beschwerungen soll man beydes auß diesem edlen Serpentin-Stein trincken
/ auch denselben wärmen / und also warm auff die Brust / Seiten / Bauch oder wo der Schmertzen
ist / legen sc. Ob er aber solches auß einer sonderlichen und eigenen Krafft / oder nicht
vielmehr durch die äusserliche Wärme verrichte / lasse einen Vernünfftigen judiciren / und im
übrigen einen jeden seine Waare loben. Das beste find die Grimmen-Steine / so darauß gemachet
werden / welche in Cardialgia, Colic / Mutter-Schmertzen und dergleichen sehr gut thun.
§. 8.
Damit man aber den farbichten Steinen zusammen abhelffe / so wollen wir in diesem Capitel
auch des Armenier- und Lasursteins noch gedencken / zumahlen Ettmüller. l. c. pag. 797. solche
vor eine Art Marmor hält. Jener wird
LAPIS ARMENIUS
oder der Armenier-Stein genennet / weilen er anfangs auß Armenien kommen / wird aber nunmehr
in Tyrol und anderstwo auch gefunden. Es ist ein grün-blauer Stein (weßwegen er auch Teutsch
Berg-blau und Frantzöisch Verdazur genennet wird) in der Grösse einer bleyernen Kugel / und ist
hin und wieder mit kleinen gläntzenden Sand-Körnlein / gleich als mit Diamanten versetzt / wie
er von Pomet. loc. cit. pag. 102. beschrieben wird. Er wächset offt nebst dem Chrysocolla oder
Berg-grün / wie Boëtius pag. 293. in Acht nimbt / welcher ein Stück hat / worauff beyde Steine
zugleich gewachsen sind. Dem Gebrauch nach hat er eine purgirende Krafft / und wird von den
Arabern gegen die Melancholy / Wahnsucht und schwere Noth gelobet / dahero man auch die Pilulas
de Lapide Armeno in vielen Apothecken findet. Allein Ettmüllerus loc. cit. hält dieses Mittel
nicht unbillig vor suspect, zumahlen man andere und viel bessere in solchen Fällen hat. Dienet
derohalben mehr zur Mahlerey / indem das so genandte
COERULEUM MONTANUM
oder
Berg-blau
darauß gemachet wird / nachdem der Stein gemahlen / gewaschen und also von dem Sand und
kleinen Steinlein gesäubert wird darvon man vier Sorten / immer eine feiner als die andere /
bey den Materialisten findet. Die beste / so am ersten abgenommen wird / muß hoch an der Farbe
/ fein und recht trucken seyn. Mit den übrigen wird das Berg-Grün offt verfälschet / welcher
Betrug aber durch das blose Gefühl bald zu entdecken ist / wie Pomet l. c. zeiget.
§. 9.
Mit diesem hat der Lasurstein oder
LAPIS LAZULI
eine grosse Gleichheit und Verwandtnus / welcher auch ein blauer / aber doch viel härterer
und mit viel güldenen Täfelein und Strichlein gezierter Stein ist: wird in den Gold- und
Kupffer-Bergwercken gefunden. Er kommet theils auß Orient / theils auß den Teutschen
Bergwercken und wird derowegen in zwey Sorten / nemlich / den Orientalischen und
Occidentalischen unterschieden. Jener behält seine Farbe in dem Feuer und wird derowegen Fixus
genennet: dieser aber bestehet nicht im Feuer / sondern ver [58] wandelt seine Farbe in eine Grüne / weßwegen er non-Fixus genennet wird / wie bey dem
Boëtio de Boot. pag. 275. und Ettmüllern in Comm. Schrœder. pag. 805. zu ersehen ist. Sonsten
aber wird der schwereste und rechte Indigblaue vor den besten gehalten / absonderlich / wann er
durchauß also / inwendig und außwendig / anzusehen ist / sintemahl ihm offt außwendig ein
dunckele Farb mit Oehl gegeben wird. Viele halten auch den vor besser / welcher viel schöne
güldene Adern hat: Allein Pomet zeiget in seinem Buch pag. 101. daß solcher vor den besten
nicht passiren könne / weilen man befunden / daß er viel weniger Ultramarin gebe / als der
recht blaue / ohne viel Adern; dann zu solcher Farb er am meisten dienet / indem er heut zu Tag
in der Artzney-Kunst langsam gesuchet wird / ausser daß er unter die Conf. alkermes geschmissen
/ und im übrigen wie der Armenier-Stein gebrauchet wird.
§. 10.
Was nun das jetztgemeldte
ULTRAMARIN
anlanget / so ist es die schöne und wegen seiner sehr mühsamen Zubereitung gar theure blaue
Farb / welche von dem Lasur-Stein gemacht und also genennet wird / entweder weilen sie erstlich
über Meer / in der Insul Eypro oder Engeland erfunden worden / oder weilen seine Farb viel
blauer als das Meer scheinet: ist nichts anderst / als ein sehr zarter Schlich / welcher von
dem calcinirten Orientalischen Lasur-Stein zubereitet / mit einem gewissen Pflaster abgefeimet
und nachmahlen von diesen wieder abgewaschen wird / wie solches Boëtius de Boot. loc. cit. pag.
280. & seqq. weitläufftig beschrieben. Man hat unterschiedene Sorten davon /
indem das jenige / so am ersten separiret wird / immer besser / als die folgende Pulver sind /
derohalben bey dem Einkauff zuzusehen ist / daß es hoch an der Farb / wohl gestossen und
præpariret sey / welches leicht zu sehen / wann man etwas davon unter die Zähne nimbt und
versuchet / ob es sandicht sey oder nicht? Ob es aber verfälschet sey / kan man / wie oben zu
sehen / durch das Feuer probiren / worinnen der gute seine Farb behält: wird zu Oehl-Farben und
der Miniatur-Arbeit gebrauchet.
§. 11.
Auß dem Teutschen / Occidentalischen und nicht Fixen Lasur-Stein wird eine andere dergleichen
Farb / welche
Asur-blau
genennet wird / auff eine gleiche Manier zubereitet / welche aber nicht beständig ist /
sondern / wie das Berg-blau / mit der Zeit grün wird. Doch mischen es die Mahler offt mit der
vorigen.
Vid. Boëtius loc. cit.
§. 12.
Man hat auch noch ein andere dergleichen Farb / welche
Esch-blau
genennet / und auch auß einem gewissen Stein bereitet wird / deren Schurzius in seiner
Material-Kammer pag. 71. und Pomet loc. cit. pag. 103. gedencken: Muß schön zart / hoch an
Couleur und recht trucken seyn / welches auch zur Mahlerey dienet.
§. 1.
UNter den löcherichten und porosen Steinen wollen wir des Galmeyes oder
LAPIDIS CALAMINARIS,
am ersten gedencken / welches ein Ertzichter Stein ist / eines weiß-gelben oder röthlichten
Ansehens und erdichten Geschmacks / und wird besser CADMIA NATIVA METALLI EXPERS (zum
Unterscheid der Cadmiae metallicae oder Cobolts) genennet / weilen das Wort Calaminaris vor ein
verdorben Latein gehalten wird / wie solches von D. Stahlen auß dem Caesalpinô in Disp. de
Metallurg. pag. 72. erinnert worden.
§. 2.
Es finden sich indessen zwey Sorten bey den Materialisten / davon die eine weiß-grau / dem
grauen Bolo nicht ungleich / aber härter: Die andere aber röthlicht oder gelb / mit weissen
Adern durchsäet ist / an welcher schwere / runde / und harte Körnlein / wie der Pfeffer zu
finden sind: wird hin und wieder in Teutschland gefunden / obwohlen der beste von Achen über
Cölln herauff kombt / welcher keinen Bleyglantz führet / da hergegen derjenige / so von Goßlar
oder Westphalen kommet / einen dergleichen Bley-glantz bey sich hat / wie Marxius in seiner
Material-Kammer pag. 77. in Acht genommen hat. Sonsten aber wird auch ein Galmey in den
Brenn-Oefen oder Schmeltz-Hütten gefunden / allwo man viel Spiauter und Bley schmeltzet /
worvon sich solche Materia anhänget / und weilen sie dem Galmey gleich stehet nicht allein
Cadmia factitia und Lap. Calaminaris factitius genennet / sondern auch das Kupffer dadurch zu
Messing gemacht werden kan. Vid. c. l.
§. 3.
Dem Gebrauch nach hat der Galmey eine außtruckende / anhaltend- und heilende Krafft / und
wird derowegen der zuvor klein geriebene oder praeparirte Galmey nicht allein zu den
Streu-Pulvern / wormit die kleine Kinder / wann sie wund seyn / oder auch diejenige so von
vielem Reiten frat seyn worden / gestreuer werden / gebraucht / sondern er heilet auch alte
Schäden und Wunden; weßwegen nicht allen die bekandte Salb auß Galmey / Weinessig und Baumöhle
/ sondern auch einige Pflaster / als das Zelten-Pflaster oder Empl. è lap. calam. darauß
gemachet werden / wie in dem Schroedero und Zvvelfero nachzusehen. Notabel aber ist / daß wann
der Galmey allein gebrauchet wird / die Narbe an den Wunden roth werde: Wann er aber mit Oehl
oder Fett vermischt wird / so wird sie weiß / wie die andere Haut / welches Ettmüllerus in
Comment. Schroed. pag. 801. in Acht genommen. Sonsten wird sehr viel zu dem Messing verthan /
worvon anderstwo gehandelt wird.
§. 4.
Gleich wie nun jetztgemeldter Stein äusserlich eine vortreffliche Krafft zu heilen hat / also
gibt demselben der so genandte Bruch-Stein/
Stein-Bruch
oder
OSTEOCOLLA
innerlich wenig nach / welches ein weisser oder grauer und weicher Stein ist / in gestalt
eines Beines / worvon er den Nahmen hat: wird hin und wieder in Thüringen / Schlesten /
absonderlich aber im Darmstädter Land / auff der Bergstraß / biß nach Heidelberg und Speier /
wie auch in der Wetterau umb Butzbach und Friedberg in grosser Menge gefunden / allwo er in den
holen Wegen gleichsam Glumben-weis auß den hohen lättichten Rainen quillet und zu Stein wird /
wie ich offt gesehen hab; und hält derowegen Worminus in Mus. pag. 53. nicht ohne Ursach dafür
/ daß es ein Species Margae seye / welche also auß der Erden dringe und zu einem Stein
erhärte.
§. 5.
Dieser Stein hat eine sehr wunderliche und heilende Krafft / wann man ein Bein / Rippe und
dergleichen gebrochen hat / so gar / daß der berühmte Tackenius einsmahlen Doct. Ettmüllern
Seel. erzehlet / daß er einen Schiffer zu Venedig / welcher von dem Mastkorbe gefallen und zwey
Rippe zerbrochen / mit diesem Stein allein cutiret habe. Ja Hildanus meldet in seinem Chir.
Obs. C. 1. Obs. 91. daß so ein junger Mensch dessen zu viel einnehme / der callus an den
gebrochenen Enden gar zu dick und ungestalt wachse. Andere als Timaeus à Güldenklee rühmen ihn
auch in dem weissen, Fluß der Weiber. Gegen die Wechsel-Fieber und dergleichen wird davon ???j.
oder auch ??? auff einmahl gegeben. Ein gewisser Bauer hier zu Land curiret auch daß Vieh
darmit / wann es ein Bein vertretten / gebrochen oder sonsten einen Schaden hat.
§. 6.
Unter den porosen und zugleich leichten Steinen ist der
PUMEX
oder
Bymstein
sehr gemein / welches ein Spongioser / durchlöcherter und gleichsam von Natur calcinirter
Stein ist; weßwegen er entweder von den Feuerspeyenden Bergen / als AEtna und Vesuvio
außgeworffen wird / wie Boccone aux Recherches Nat. pag. 54. gedencket; oder wird an den
je [60] nigen Orthen / worumb es warme Bäder gibt / als umb
Coblentz ohnweit dem Embser Bad / gefunden / indem das unter-irrdische Feuer solchen calciniret
und also leicht brennet / daß / wann er durch Uberschwemmungen und andere Wege in das Meer
gebracht wird / er allda schwimmend getrieben und an daß Ufer / wo man ihn auch findet / auß
geworffen wird / von welchem er seinen saltzichten Geschmack entlehnet / dergleichen man
offters an ihm spüret.
§. 7.
Man hat dessen zweyerley Sorten in denen Material-Kammern / nehmlich den gemeinen grauen und
den weissen Venetianischen / welcher inwendig gläntzet und viel zarter als der ander ist. Beyde
sind von unterschiedenen Formen und Gestalten / nehmlich rund oder plat / klein oder groß /
darvon die grossen und zugleich leichte vor die beste gehalten werden / absonderlich von den
Pergament-Machern / welche eine grosse Quantität darvon verthun; da hergegen die Kannengiesser
die kleine suchen / weilen sie solche doch zu Pulver stosen müssen; und weilen auch die
Weißgärber und Löber die abgedeckte / und die Bader die lebendige Häute damit zureiben pflegen
/ so ist fast kein Stein oder Simplex, das in so grosser Menge abgehet / als der Bimsenstein /
wie Pomet in seiner Histoire des Drognes Part. 3. Lib. 4. pag. 108. gestehet.
§. 8.
In der Artzney wird der Bymstein innerlich gegen die Kröpffe im abnehmendem Liecht genommen.
Die Söffer nehmen ihn auch gegen die Trunckenheit / welches doch lächerlich und aberglaubisch
ist. Am meisten wird er äusserlich zu den Zahn-Pulvern gebraucht / wann er zuvor gebrandt und
in Milch oder Wein etlichmahl abgelöschet wird; dahero man den Pumicem ustum oder gebrandten
Bymstein auch in den Apothecken findet. Man kan ihn aber auch ohne solchen Ceremonien entweder
allein / oder mit Corallen und dergleichen zu einem Zahn-Pulver machen und gebrauchen / welches
den Weinstein an den Zähnen wegnimbt und alle Säuer daran tödtet.
§. 9.
Ein dergleichen leichter Stein wird in den Bad-Schwämmen gefunden / welcher dahero
LAPIS SPONGIAE
oder
Schwamm-Stein
genennet wird: Ist ein poroser und zerreiblicher kleiner Stein / wie eine Mandel anzusehen /
entweder grau oder weiß; welcher gleichfals innerlich gegen die Kröpffe / wie auch gegen den
Stein gebrauchet wird / dahero ihn auch einige CYSTEOLITHUM nennen / wie bey dem Boëtio de Boot
Tr. de Lap. ac Gemm. pag. 408. zu sehen: kombt unter die Liq. Nephriticos. Andere geben ihn
auch gegen die Spulwürme der kleinen Kindern / wie Pomet c. l. Part. l. Lib. V. pag. 165.
bezeuget.
§. 10.
Hier muß dem gelahrten und curiosen Leser zu gefallen noch eines / bey uns noch gantz
unbekandten / doch aber sehr nutzbahren Steines gedencken / welcher auch eine Art eines
Stein-Schwammes seyn und in West-Indien / an etlichen Orten des Mexicanischen Meer-Busems
gefunden werden soll; und weilen man das gemeine Wasser dadurch gleichsam filtriren und von
allen Unteinigkeiten reinigen kan / so wird er in Franckreich und anderstwo
FILTRUM,
wie auch LAPIS MEXICANUS genennet / dessen Natur und Gebrauch auß folgender Beschreibung /
welche mir von Mons. Schatz, einem geschickten und curieusen Advocaten von Straßburg / (dessen
darinnen gedacht wird) selbsten im Frantzdischen also communiciret / und von mir nicht allein
in einer absonderlichen Disput. De Filtro Lapide abgehandelt / sondern auch andern der
Lateinischen und Frantzöischen Sprach unkündigen also verteutschet worden:
Memoire
Sur le Filtre, ou Pierre de Mexique, curieuse &
extraordinaire pour sa grosseur.
IL croist naturellement dans quelques endroits du Golfe de Mexique une espece de champignon medicinal, a environ cent brasses de profondeur sous l'eau, sur la roche vive, lequel se petrifie par luy mesque à l'air, dont les Espagnols d' Ametique transportent a grands frais les plus grosses pieces jusqu'a la mer du Sud, d'ou ils les embarquent pour le Jappois, ou ces sortes de
Beschreibung Eines Mexicanischen Steins / FILTRUM genandt / so wegen seiner
Grösse und Dick sehr rar und curioß ist.
ES wächst an etlichen Orten des Mexicanischen Meer-Busems / ohngefehr 100. Claffter unter dem Wasser / an den Felsen / von Natur eine Art Schwämme / zur Artzney nicht undienlich / welche von sich selbsten in der Lufft erharten und zu Stein werden: deren gröste Stücke von den Spaniern / nicht ohne grosse Unkosten / auß America an das Suder-See gebracht / und von dar nach Japponien in Schiffen geführet werden/
|| [61]
pietres, sur tout lors qu'elles sont grosses, sont tres estimées & se vendent au poid de l'or, parce qu'ils estiment, que l'impression de ce Cham pignon petrifié sert a la longue vie.
Les Japponois le font creuser en forme des pots ou des mortiers, pour pouvoir contenir les liqueurs & particulierement l'eau pour boire, dont ils sont grands amateurs.
L'eau commune se filtre & passe au travers de cette pierre poreuse & quelque claire qu'elle paroisse, lors qu'on la met dans ce filtre, elle y depose toujours une quantité de faisses imperceptibles, au point qu'elle devient sensiblement plus legere & par consequent plus pure, meilleure & plus propre à la santé, puisque l'eau, n'estant de soy qu'un air condensé, de mésme que l'air etant une eau rarifiée, il est de bons sens de conclure, que la bonne eau, qu'on boit à l'ordinaire, fait le même effet, que le bon air, qu'onrespire.
C'est pour cela, que ces Insulaires, (qui ne scavent ce que c'est que gravelle, ny maux des reins dans leur pays & qui preferent leurs santé a tous les autres biens de la vie,) principalement les Princes, les Mandarins & les autres Gens de qualité ont dans leurs maisons des armoires ou bufets, faits expres, dans lequels ils tiennent enfermez ces filtres sur des trespieds propres, ou passe continuellement l'eau pour leur usage personnel, dont ils ne confient la clef à personne, pas mésme à leurs femmes, ny à leurs enfants. Ils disent vulgairement, que c'est leur tresor. Ce qu'il y a de certain, est que cette eau, ainsi depurée, conserve sans glace beaucoup plus long temps sa fraicheur naturelle & quelle ne se corrompt plus quelque long temp, qu'on la puisse garder.
Il est à remarquer, que les Grands Seigneurs Espagnols ne reviennent presque sans rapporter avec eux en Europe, ou pour leurs usages particuliers, ou pour donner a leurs amis (qui est selon eux un present magnifique,) quelquunes de ces pierres de Mexique, dont le plus grosses ne contiennent guere, que cinq ou six pintes d'eau, tout au plus, parce qu'en effet les plus grandes pieces sont, comme il est marqué cy dessus, pour le commerce du Jappon & de la Chine, qui leur est tres avantageux, par le grand profit, qu'ils font sur ces pierres, lors qu'elles sont fort grosses.
A Cadix, à Seville & à Madrid même il y a des Seigners, qui ont chez Soy deux ou trois de ces filtres proprement agencées l'un sur l'autre:
allwo diese Art Steine / absonderlich / wann sie groß und dick sind / sehr hoch gehalten und dem Gold gleich verkauffet werden / indem sie der gäntzlichen Meynung sind / daß diese zu Stein gewordene Schwämme eine Krefft das Leben zu verlängern empfangen hätten.
Die Japponenser aber lassen dieselbige wie Töpffen oder Mörser formiren / daß man allerhand Liquores, absonderlich das gemeine Wasser / so man trincket / darein schütten könne / von welchem letztern sie grosse Liebhaber sind.
So klar nun das Wasser auch scheine / so wird es doch immer etwas unreines und gleichsam gantz unsichtbahre Häfen zurück lassen / nachdem es sich durch die enge Löchlein und poros dieses Steines gezwungen und filtriret hat; da es dann endlich ein merckliches leichter und folglich viel reiner / besser und zur Gesundheit viel dienlicher wird / indem das Wasser an sich selbsten nichts anderst / als eine zusammen geronnene Lufft / und die Lufft nichts anderst / als ein dünn gemachtes und außgetheiltes Wasser ist / und dahero leicht zu schliessen / daß das Wasser / so man täglich trincket / eben solche Würckung thue als die Lufft selbsten / so man durch das Athemholen schöpffet.
Dieses ist die Ursach / warumb die Einwohner dieser Insulen / (welche in ihrem Land weder von dem Stein / noch anderer Nieren-Gebrechen ichtwas wissen / auch ihre Gesundheit allen andern Gütern des Lebens weit vorziehen) absonderlich ihre Könige / Mandarins und andere Stands-Personen / eigene und hierzu allein gemachte Schräncke und Thresuren in ihren Häussern haben / worinnen sie diese Filter-Steine auff artlichen Dreyfüssen verwahren / wodurch sich das Wasser / so sie brauchen / stetigs läutert und durchseyhet / worzu sie keinem Menschen / ja auch ihren eigenen Weibern nicht die Schlüssel anvertrauen sollen. Sie sagen insgemein / daß dieses ihr bester Schatz seye. Dieses ist gewiß / daß das Wasser / so also gereiniget und filtriret worden / ohne Eiß viel länger frisch und natürlich kalt verbleibe / auch sich viel länger als andere Wasser halten lasse.
Merckwürdig ist / daß auch die vornehmste von den Spaniern fast niemahlen wieder in Europa kommen / das sie nicht etliche dieser Steine / entweder zu ihrem eigenen Nutzen / oder ihre Freunde (indem sie es vor ein kostbahr Präsent halten) zu verehren mit sich solten bringen / von welchen die grösten doch zum höchsten über fünff / biß sechs / Schoppen Wasser nicht halten / weilen die gröste Stücke davon / wie schon oben gemeldt ist worden / in Japponien und China verhandelt werden / allwo sie sehr g. ossen Profit darvon ziehen / absonderlich / wann sie sehr dick und groß sind.
Zu Cadix / Seville und zu Madrid selbsten gibt es vornehme Herren / welche zwey oder drey dergleichen Filter-Steine besitzen / so gar genau
|| [62]
Mais ils conviennent tous, qu' une seule de ces plus grosses pierres de Mexique seroit de beaucoup preferable en sa qualité naturelle, en ce, quelle fait sensiblement un tout autre effet pour la santé, ce qui se peut aisement verifier par le moyen du Pese-liqueures.
Une Personne, qui vouloit se menager de la faveur aupres de Feu Monsieur de Louvois (qui aymoit passionnement la bonne eau) ayant cru, ne pouvoir rien presenter à ce Ministre, qui luy fut plus considerable, ny pust mieux convenir à un Sur-Intendant General des Bastiments du Roy, qu'une pierre ainsi pretieuse pour la santé, a fait la depense d' en faire achepter une d'une grosseur enorme en ce genre, puis qu'elle contient environ quatre seaux; mais comme ce Ministre s'est trouvé mort à arrivée de cette pierre, la personne la voudroit bien faire passer à quelque Grand Seigneur d' Allemagne, qui eut assez de soin de sa santé, pour en faire la depence; pour cela elle offre de la faire venir à Strasbourg, pour la mettre a Mon. Schaz, son particulier Amy, lequel en pourra disposer ainsi, qu'il jugera à propos, soit pour la presenter à quelque Prince, ou pour en faire tel autre usage, qu' il luy plaira, êtant certain, qu' il n' en est par encor venue en Europe de la grosseur de celle, dont il s'agit & par consequent de plus considerable & si pretieuse.
Le Pere de Martel, Jesuite, fameux Autheur, a fait imprimer à Blois une Dissertation sur la qualité de cette pierre de Mexique & sur les vertus, qu' il dit avoir soigneusement examinées sur une de cette pierres de mediocre grandeur, qu'il avoit recovrée.
auff einander schliessen. Unterdessen sind sie alle hierinn einig / daß ein einiger von diesen Mexicanischen Steinen / so recht dick ist / allen anderen vorzuziehen sey / weilen er von besserem Effect und Qualitäten ist / und ein merckliches mehr zur Gesundheit contribuire; welches vermittelst eines Wasser-Wägers leichtlich unter Augen zu legen ist.
Ein gewisse Person / welche des Monsieur de Louvois (so ein gut Wasser über die Massen sehr liebete) Gunst und Gewogenheit zu gewinnen suchte und sich flattirte / daß er diesem Minister nichts angenehmers anbieten / auch einem solchem General-Intendant der Königlichen Gebäuen nichts würdigers seye / als ein solcher kostbahrer und zur Gesundheit dienlicher Stein / hat deßwegen keine Kosten gesparet einen dergleichen von einer ungemeinen und sehr grossen Dicke einzuhandeln / indem er ohngefehr vier Eymer in sich hält. Weilen aber dieser Minister bey Uberkunfft dieses Steines schon todtes verblichen / als möchte erwehnte Person solchen wohl einem hohen Haupt in Teutschland / so vor seine Gesundheit sorgete / gönnen; weßhalben sie sich erbotten solchen nach Straßburg an Hr. Schatzen / als einem ihm vertrauten Freund zu übermachen / welcher darmit nach Belieben und wie es ihn am besten zu seyn düncket / verfahren und entweder einem Fürsten und Herru unterthänigst praesentiren / oder sonsten emploiren kan; anbey gewiß versicherende / daß noch kein dergleicher Stein / von solcher Dicke und Grösse / in Europam kommen / auch dieser deßhalben vor den kostbahrsten und merckwürdigsten zu halten sey.
Sonsten hat P. de Martel, ein Jesuit und berühmter Scribent, zu Blois einen eigenen Tractat von der Krafft und Tugend dieses Mexicanischen Steines trucken lassen / als welche er selbsten an einem von mittelmäßiger Grösse (wie er zu bekommen gewesen) untersuchet und erfahren hat.
|| [63]
§. 1.
VNter andern natürlichen Cörpern / welche sich in unserem Hessen-Land befinden / ist der noch
wenigen bekandte Mutter-Stein oder
HYSTEROLITHOS
nicht der geringste / welches ein schwartzer / bißweilen auch weiß und gleichsam verrosteter
Stein ist / in der Grösse einer Welschen Nuß / auff der einen Seiten rund gewelbet / auff der
andern Seiten / wie die äussere Geburts-Glieder der Weiber anzusehen / weßwegen er von Cardano
Hysteropetra oder Lapis Hystericus genennet wird; und weilen zuweilen unter voriger Figur auch
das männliche Glied daran zu sehen (wie solches Wormius in seinem Mus. p. 84. an den von D.
Horsten ihme zugesendeten Steinen unter Augen geleget hat) so kan man ihn mit Recht auch vor
den DIPHYEN halten / dessen Plinius lib. 37. c. 10. gedencket. Er wird umb das Fürstl.
Hessen-Darmstädtische Schloß zu Braubach / wie auch umb die Vestung Ehrenbreitstein / bey
Cobolentz / gefunden / wie Gesnerus an einem Ort erwehnet hat.
§. 2.
Von seinem Gebrauch findet man noch wenig bey denen Scribenten, ausser daß obgemeldter D.
Horstius, weyland Hochfürstl. Hessen-Darmstädtischer Leib-Medicus, auß der äusserlichen
Signatur schliesset / daß er gegen die Mutter-Schwachheit und deren Erstickung gut seye / auch
wann etwa den Männern die Mannheit und deren Ehe-Weibern die Fruchtbarkeit durch Hexerey
benommen worden / dargegen helffen möchte / zumahlen auch die Heyden vor diesem den Priapum an
statt eines Amulets angehänget haben. Ja er glaubet auch / daß wann dieser Stein an Händen
angehänget werde / derselbige Venerem in beyderley Geschlecht erwecken könne / worvon Wormius
c. l. pag. 84. zu sehen ist.
§. 3.
Solte nun dieser Stein oder dessen Antitypus etwas gutes gewürcket haben / so ist billich /
daß man den guten Weiblein noch einen andern Stein in Garten werffe / womit sie die schwere
Geburts-Arbeit erleichtern können / welches insgemein Adler-Stein / sonsten
LAPIS AETITES
genandt / zugeschrieben wird. Dieser aber ist ein brauner oder grauer und äusserlich rauer
Stein / insgemein länglicht rund / von unterschiedlichet Grösse / welcher in seiner inwendigen
Höhle noch einen andern Stein in sich hält / und dahero / wann er beweget wird / klappern thut;
weßwegen er auch von andern der Klapper-Stein genennet worden: findet sich hin und wieder auff
den Aeckern / Bergen und an den Flüssen / allwo er auch wächset / mit nichten aber in den
Adlers-Nestern / wie der gemeine Mann davor gehalten / auch deßwegen diesem Stein solchen
Nahmen gegeben / weilen der Adler durch dessen Beyhülff besser hecken solle.
§. 4.
Von diesem Stein findet man viele unterschiedene Arten / indem einige sehr groß / einige
mittelmässig / einige (als wie der Orientalische) kleiner sind: einige sind weiß: einige
röthlicht [64] braun: einige sind grau / einige rauh und sandicht.
Der vornehmste Unterscheid aber wird von den inneren Dingen und contentis genommen / in Ansehen
deren man dreyerley Adler-Stein findet: Als erstlich denjenigen / welcher einen andern Stein /
Callimus genennet / in sich hat / deme vor andern der Nahme Aëtites gegeben wird. Zweytens /
einen andern / welcher an statt des Steines Sand oder Erde in sich hat / und GEODES genennet
wird. Drittens / noch einen andern / welcher Wasser in sich hält und HYDROTITES heisset / wie
davon Boëtius de Boot. Tract. de Gem. & Lap. pag. 380. & seqq.
zu sehen ist. Uber welche Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 796. eines andern gedencket /
so wie Violen riechet und LAPIS VIOLACEUS genennet wird.
§. 5.
Seinen Nutzen und Gebrauch belangend / so wird insgemein darvon gesagt / daß wann ein
schwangere Frau diesen Stein an den Arm binde / er eine zu frühe Geburt oder Abortum
verhindere: hergegen an dem dicken Fleisch über dem Kuie die Geburt beschleunige / auch selbige
so starck anziehe / daß / wann er nachgehends nicht bald hinweggethan werde / die Gebär-Mutter
herabgerissen und zugleich außgetrieben werde. Weilen aber dieses letztere allen / so in der
Anatomie erfahren und jemahlen gesehen / wie fest die Gebär-Mutter mit ihren Banden angebunden
sey / ohnmöglich scheinet / so macht dieses den gantzen Handel verdächtig / daß andere fast
alles vor Aberglauben halten / wie Sam. Dale auß dem Ammanno p. 89. Mineralog zeiget; es seye
dann / daß durch das blosse anrühren und drucken er etwas contribuiren könne. Viel weniger ist
zu glauben / daß wanner unter den Teller geleget werde / dadurch verhindert würde / daß man
keine vergifftete Speise geniesse. Am allerwenigsten aber / daß wann man solchen unter das Brod
mische / die Diebe / (welche solches nicht sollen schlucken können) dadurch entdecket werden
könten / wie von solchem Aëtitico Pane und der Griechen Aberglauben Hoffmannus in Clav.
Schroed. pag. 172. weitläufftig gehandelt hat. Besser ists / wann man entweder den Stein zu
Pulver stosset und so wohl in-als äusserlich gegen die schwere Noth gebrauchet; auff welche Art
er auch die Geburt befördern und die Milch vermehren kan. So ist auch die inwendige Erd gegen
die Pestilentialische Fieber wohl so gut / als ein Siegel-Erde / und dienet auch gegen die
jenige rothe Ruhr / wo ein ansteckend- und hitziges Fieber darbey ist: Wie von diesen und noch
vielen andern Tugenden dieses Steines der seel. D. Bauschius, ehemahliger Praeses der curiosen
Teutschen / in einem besondern Tractat de Lap. Haemat. & Aëtite weitläufftig
handelt / dessen contenta im Frantzöischen Tag-Register (Journal des Sçavans) Anno 1666. Eph.
XXXVI. und in meiner Historiâ Literar. S. R. I. Acad. Nat. Curios. zu finden sind.
§. 6.
Was ferner vor aberglaubische Meynungen von dem so genandten Krotten-Stein /
BATRACHITE oder LAPIDE BUFONINO,
hin und wieder geheget worden / wie er nemlich entweder im Gehirn der alten Kröten gezeuget /
oder auff den König der Kröten von andern gespien / nachmahlen aber von solchem / wann er auff
ein roth Tuch gesetzet werde / außgeworffen würde / ist männiglichen bekandt und erzehlet alles
auß den alten Naturkündigern vor andern Hoffmannus in Clav. Schroed. p. 646. gar schön: daß
aber solches falsch und ohne Grund sey / zeiget Boëtius l. c. pag. 301. welcher selbsten eine
Krotte auff rothen Scharlach gesetzet / aber nichts weniger als solchen Stein bekommen hat;
weßwegen derselbe mit den heutigen Naturkündigern davor hält / daß diese Steinlein / wie andere
Edelgesteine auß der Erden kommen / und gleichsam wie Schwämmlein an andern Steinen und Felsen
wachsen / als Wormius in Mus. lib. 2. c. 18. pag. 107. schreibet: wiewohlen Merret, ein
berühmter Engeländer / in Act. Soc. Angl. Vol. 1. pag. 301. behaupten will / daß solche nichts
anderst / als die Backen-Zähne von dem See-Wolff oder Lupo Marino seyen / wie dessen Worte
selbsten in des Sam. Dale Zoologia pag. 513. zu lesen sind.
§. 7.
Man findet deren zweyerley Arten / eine rund / die andere länglicht-rund oder oval-förmige.
Beyde sind gelb-braun / wie Haar-Farb / oben gewelbt und glatt / unten aber entweder etwas hohl
/ oder platt / wie auß den obigen Figuren zu ersehen ist. Sie werden wie andere Edelgesteine in
Gold und Ringe eingefasset / und nachdem sie einen Liebhaber finden / bezahlet / indem sie an
sich selbsten nicht kostdahr sind. Vid. cit. Boëtius.
§. 8.
Was die Qualitäten solcher Steinlein anlanget / so will man sie sonderlich gegen dië Bien-
und Wespen-Stich rühmen / dabey sie alle Inflammation und Entzündung verhüten sollen / wann sie
nur darauff gehalten werden / welches auch wohl ein Messer oder sonsten was hartes praestiret.
Daß er aber schwitzen und gleichsam weinen solle / wann ihm Gifft zu nahe kommet / ist ziemlich
abergläubisch und fundiret sich in obiger falschen Meynung von deren Ursprung. Andere rühmen
ihn gegen die Stein-Schmertzen / wie auch gegen die Wasser-Sucht / worvon Ettmüllerus in seinen
Anmerckungen über des Schroeders Pharmacopoeiam Medico-Chym. pag. m. 772. zu lesen.
|| [65]
§. 1.
DIe Natter-Zünglein oder
GLOSSOPETRAE
sind dreyeckicht-zugespitzte Aschen-farbichte Steine / oben glatt und unten mit einem rauhen
Satz versehen / so am meisten in der Insul Maltha gefunden und deßwegen von denen gelährten
Linguae Melitenses oder Malthesische Otter-Zungen / von den Teutschen aber Stein-Zungen genandt
worden / obwolen sie mehr der Zungen einer Alster oder Azel / als Schlangen-Zungen gleich sehen
/ indem bekandt / daß die Nattern und Schlangen keine breite und einfache / wie diese / sondern
sehr spitzige und gespaltene Zungen haben. So findet man auch dergleichen anderstwo / und in
Teutschland / umb Lüneburg und Hildesheim / in Ungaren und in der Schweiß / wie nicht allein
Lachmundus in Hildesheimensi, sondern auch Reiskius in einem besondern
Tractat de Glossopetr. Lunaeburg. Geierus de Glossopetris Alzeiensibus und Misc. Germ. Cur.
Dec. II. A. VIII. p. 303. lehren.
§. 2.
Beydes nun machet gleich Anfangs dem gemeinen Wahn einen grossen Verdacht / in welchem
diejenige stecken / welche diese so genandte Malthesische Natter-Zünglein vor rechte und in
Stein verwandelte Schlangen-Zungen halten / welches man demjenigen Wunder-Werck / so der
Apostel Paulus / als er die Otter / so ihm an die Hand geschossen / ohne Schaden von sich
geschlenckert / zuschreiben und zugleich vorgeben will / es wäre dazumahlen allen Schlangen in
dieser Insul das Gifft genommen / als wann sie gleichsam zu Steine verwandelt wären / wie nicht
allein die Einwohner solches in Italiänischen und Frantzöischen Zettuln und Beschreibungen /
(dergleichen Herr Niederstet in seinem alt- und neuen Maltha, und auß demselben Reiskius von
den Lüneburgischen Otter-Zungen wiederhohlet /) sondern auch einige vornehme Theologi, als
Cornelius à Lapide in Comm. ad Acta, Sam. Bochartus in Hieroz. und andere fast glauben wollen.
Allein / weilen die H. Schrifft hiervon nichts bezeuget / auch keine Folgerung machet: Paulus
hat eine Schlange vom Finger geschleudert / deßhalben hat er alle Schlangen verflucht /
deßhalben sind sie zu Stein worden sc. wie Herr D. Major in seiner Vorstellung etlicher Kunst-
und Naturalien-Kammern in Africa und an Gräntzen Euro [66] pae, Cap.
IX. zeiget / so kan man diesem Vorgeben so blosser dings keinen Glauben zu stellen.
§. 3.
Andere / als Gesnerus, Boëtius, Königius in regno animali &c. halten dar für
/ daß diese Natter-Zungen von der spielenden Natur / gleich dem gegrabenen Einhorn / auß einer
fetten Bolarischen Erden gezeuget / und entweder in Gestalt dieser Zungen oder Schlangen-Augen
/ dergleichen in obangeregter Insul Maltha und anderstwo auch gefunden werden / gebildet
würden: wie sie dann auch eine gleiche Gifft-treibende Krafft mit der Malthesischen
Siegel-Erden haben. Ja es sind einige welche mit dem Plinio diese Stein mit dem Donner-Keil
vermischen und dafür halten / daß sie endlich dieses letzten Gestalt gewinnen / wie Boëtius de
Boot. in seiner Historie von den Edelgesteinen solches p. 341. bezeuget. Nun ist zwar nicht
ohne / daß man dieje so genandte Zungen / gleich wie andere Steine / zum öfftern in ihrer
Mutter und Erden fest sitzend antreffe / wie solche nicht allein Thom. Barthol. in der Insul
Maltha gefunden zu haben / im vierten Hundert seiner Historien bezeuget / sonder auch D. Major
an oben-angeführtem Ort abmahlet. Allein / dieser Meynung stehet entgegen / daß die
Schlangen-Zungen / so man sie durchs Feur probiret / gleich andern Beinen / zuvor zu einer
Kohlen werden / ehe sie in Kalck oder Aschen zerfallen: da hergegen alle Steine niemahlen zu
Kohlen / sondern so bald in Kalck verwandelt werden / wie solches Fabius Columna in seinem Buch
de Purpura, wie auch obbelobter D. Major in seinen Anmerckungen über dasselbige observiren.
§. 4.
Weßwegen andere curiose und sehr gelährte Naturkündiger / als Andr. Caesalpinus lib. 1. de
Metal. c. 44. Fabius Columna im Anhang seines Buchs de Purpurâ, Steno in Anat. Pisc. Carch. und
andere auß vielen Ursachen dafür halten / daß diese so genandte Zungen nichts anderst / als
gewisse und in Steine verwandelte Zähne seyen / welche von einem Fische oder See-Hund /
Carchatia genandt / herrühren / und entweder zur Zeit der Sünd-Flut oder durch andere grosse
Uberschwemmungen in die Welt außgestreuet / auch in der Erde gleichsam zu Stein worden seyen;
wie dann gleich bey dem ersten Anblick der Figur dieses Fisches / so wohl vierhundert Zähne im
Munde hat / und von einem berühmten und curiosen Edelman in Sicilien / Nahmens Boccone, aux
Recherches & Observations Naturelles pag. 314. unter Augen gestellet worden /
eine sehr grosse Gleichheit unter dessen Zähnen und den Natter-Zünglein verspüret wird / so gar
/ daß Wormius in seiner Kunst- und Naturalien-Kammer pag. 67. solches zwar nicht zu verneinen
getrauet / doch aber der vorigen Meynung nicht gäntzlich gute Nacht zu geben / einige
Natter-Zungen auß der Erden / etliche aber von solchen Zähnen herleitet. Und obgleich dieser
Meynung einige Schwürigkeiten in Weg zu stehen scheinen möchten / so hat doch obgemeldter
Columna und nebst ihm Hr. Bocconius in oben angeführten Orten alle schon gehoben und mit
solchen Gründen widerleget / daß auch Hr. Reiskius im Anhang seines Tract. von den
Lüneburgischen Natter-Zungen über allen angewandten Fleiß solchen noch nicht gnug thun
können.
§. 5.
Ob schon aber diese Steine nicht theur / sondern (wie Boëtius pag. 342. loc. cit. bezeuget)
noch gutes Kauffes sind / so muß man doch zusehen / daß man sie ohnverfälscher bekomme. Die
beste sind die Malthäsische / und zwar die Aschen-farbichte / wie Joh. Frid. Abela, so von Hr.
D. Hoffmann in seinen Anmerckungen über den Schroeder. pag. 131. angezogen wird / lehret. Sie
müssen auch fein glatt und mürb seyn / nicht hart / sonder daß man sie / wie gebrant
Helffen-Bein / mit den Zähnen zermahlen könne. Andere Zeichen der Güte haben wir oben schon
gedacht.
§. 6.
Ihre Krafft und Nutzen belangend / so erhellet derselbige auß obgedachten Italiänischen und
Frantzöischen Zettuln / so man bey Verkauffung der Natter-Zungen mit gibt / und von
offt-berühmtem Wormio in seiner Naturalien-Kammer am siebenden Blat Lateinisch gegeben worden /
welche nebenst dem Teutschen hier angefüget sind:
Vires Lapidis S. Pauli, Linguarum, item: Oculorum Serpentum pretiosorum, qui in Jnsula Melitâ
reperiuntur:
TErra quae S. Pauli vocatur, in Insula Melita reperta, in ipsa Specu D. Pauli, colore albo est, exque ea fiunt imagines, tabellae, vasa &c.
Linguae coloris sunt fusci, Oculi Serpentum lutei, atque per totam Insulam inveniuntur eâ, qua venduntur forma. Krafft und Tugend des Steins S. Pauli / Schlangen-Zungen und kostbahren Natter-Augen / so in der Insul Maltha gefunden werden:
DIe von S. Paulo benahmte und in der Insul Maltha / in S. Pauli Höhl gefundene Erde ist weiß / und werden darauß Bilder / Täfelein etc. gemacht
Die Zungen sind braun: die Schlangen-Augen gelb / und werden durch die gantze Insul also / wie sie zu Kauffe sind / gefunden.
|| [67]
Mirae sunt virtutes tam Terrae, quàm Linguarum & Oculorum, dum omni veneno resistunt, à morsibus venenatis non solùm defendunt, sed & curant, aliisque morbis medentur.
Usus hic est: Annulis includuntur Oculi dicti, ita ut gestantis tangant carnem & instar aliarum gemmarum digitis sint ornamento.
Linguas collo aut brachiis appendunt.
Parum dictae terrae vino aut aquae miscent, ut bibatur.
Linguas & Oculos itidem aquae aut vino infundunt, ut ebibatur liquor.
Vasis ex hâc terra fabricatis si vinum vel aqua infundatur, ac ubi vim eorum absorpserunt, ebibantur, multis affectibus medebuntur.
Sed ante omnia attendendum, ut dictae Linguae & Oculi sint veri, ex Melita per fide dignos transportati, ne fraus aliqua contingat.
Die Erde so wohl / als die Zungen und Augen haben recht wundersame Kräffren / indent sie allem Gifft widerstehen / von gifftigen Bissen nicht allein bewahren / sondern selbige auch curiren und viele andere Kranck heiten heilen.
Sie werden also gebrauchet: die so genandte Augen werden in Ring gefasset / doch daß sie die blose Haut berühren und zwar die Finger / wie andere Jubelen.
Die Natter-Zungen hänget man an den Hals oder träget sie an den Armen.
Von der Erden thut man etwas in Wein oder Wasser / solche zu trincken.
Nicht weniger leget man die Zungen und Augen in Wein oder Wasser / daß der liquor nachmahlen davon getruncken werde.
So schüttet man auch Wein oder Wasser in die von solcher Erde gemachte Gefässe / und wan̅ sie deren Kräffte an sich gezogen und getruncken werden / vertreiben sie viele Schwachheiten.
Unterdessen muß man vor allen Dingen zusehen / das besagte Zungen und Augen ohnverfälschet seyen / und durch glaubwürdige Leut auß Maltha gebracht worden seyen.
§. 7.
Letzlich findet man in den curiosen Kunst- und Naturalien-Kammern noch einig andere seltzame
und artig figurirte Steine / worunter auch
die
Ammons-Hörnlein
oder
CORNUA AMMONIS
der
Schnecken-Steine
oder
CONCHITES
der
Rogen-Stein
oder
STALACTITES
der
Hertz-Stein
oder
ENCARDIA
der
Stern-Stein
oder
ASTROITES
die
Pfältzische Sand-Pfeiffen
oder
LAPIDES SABULOSI
(wovon Thom. Erastus einen curiosen Brieff geschrieben) und noch viele andere gehören; weilen
aber dieselbige weder von denen Materialisten in Handlung geführet / noch auch zur Medicin
gebrauchet werden / so wollen wir uns bey denselben nicht auffhalten / sondern etwa anderstwo /
solche weitläufftiger / (ob GOtt will) abhandlen. Der curiose Leser kan inzwischen davon
insgemein einige Nachricht in des Aldrovandi Museo Metallico und des Bootii Tr. de Gemmis
& Lapidibus finden: Absonderlich aber werden die jenige / so man in Bayern und
der Schweitz findet / von D. Velschio in Hecatost. Observ. D. Wagnern und D. Scheuchzero in
Historiâ Helvet. Naturali: die in Meissen von Joh. Kentmanno in Nomenclat. rerum fossilium in
Misnia: die in Nieder-Sachsen von Frid. Lachmund. In Hildesheimensi: die in
Schlesien von Caspar. Schwenckfeld in Catal. Fossil. Silesiae: die in Böhmen von P. Balbino in
Hist. Bohem: und die in Schottland von Sibbaldo Hist. Nat. Scotiae beschrieben. Es kombt doch
mit diesen Steinen auff eine blose Curiosität an / indem diejenige Tugenden und Qualitäten / so
ihnen von Gaffarello in Curiositatibus Inauditis Cap. 5. p. 138. zugeschrieben werden /
meistens aberglaubisch sind / wie der Königliche Probst zu Flenßburg / Michaëlis in seinen
Notis über die Gaffarellische Curiositäten auffrichtig bekeunet: so gar / das J. C. Vaninus,
ehe er auff den Atheistischen Irrweg gerathen / nicht unrecht geschrieben / daß ein eintziger
Floch mehr Krafft habe / als alle kostbahre Steine mit ihren Stein-Figuren / Vid. ejus
Amphitheatri aeternae providentiae Divino-Magicae Exercit. 6. p. 46. Vielweniger aber ist denen
mit Hebräischen Characteren und so genandten Figuris Talismanicis bezeichneten Steinen
zuzuschreiben / auff welche ein gewisser vornehmer Freund vor diesem ein solche Confidence
setzte / daß er sich damit gleichsam unsterblich zu machen getrauete: ist aber in seiner
Meynung also betrogen worden / daß ob er schon fast alle Glieder damit beleget hatte / doch ad
plures gehen und seine so theur erkauffte Steine (wormit nach seinem Todt die Kinder im Hauß
gespielet haben sollen) nebst andern Curiositäten / lachenden Erben hinterlassen müssen.
|| [68]
§. 1.
INter allen Metallen wird das Gold / ??? oder Aurum vor das edleste gehalten / weilen es an
sich selbsten das allerreineste / dauerhafftigste / dichteste und schweresie ist: hat inßgemein
eine gelbe Farb / obwohlen zuweilen auch ein weisses Gold gefunden wird / welches von jederman
vor Silber gehalten werden solte / wann es nicht an der Schwerigkeit / Geschmeidigkeit und
andern dem Gold nur zukommenden Eigenschafften erkandt würde; dergleichen umb Prag in Böhmen zu
finden ist / wie solches Balbinus, ein gelahrter Jesuit / in seiner Historia Bohemiae Part. 1.
cap. 14. pag. 40. beschrieben hat: wie dann auch auff Chymische Art und Weiß dem gemeinen Gold
seine gelbe Tinctur bald genommen / bald wieder gegeben werden kan.
§. 2.
Es findet sich aber das Gold entweder gantz pur und gediegen / dergleichen nicht allein in
Guinea und anderstwo zuweilen auß der Erden gegraben / sondern auch häuffig in den
Goldreiche̅ Flüssen als Tago, Pactolo und dem Rhein unter dem Sand gefunden wird
/ welches die darzu bestellte Gold-Wascher auffsuchen und vermittelst des ??? oder Quecksilbers
das Gold daraus zu bringen wissen / wie hiervon Münsterus in seiner Cosmographie, Georgius
Agricola de Re Metallic. Erckerus im Probier-Buch p. 101. absonderlich aber Marquardus Freherus
P. 2. Originum Palatinarum cap. 17. und I. F. Spicilegium Antiquitatum Palatinarum cis Rhenum
zu lesen sind: Oder stecket annoch in seinen Mineris und Gold-Ertzen / welche gemeiniglich
grau- und asch-farbicht außsehen / wie beym Agricola lib. 5. de Re Metallica p. 26. zu sehen /
und dergleichen von Beslero in Gazophylacio Fol. 1. in obgesetzter Figur abgebildet sind;
obwohlen zuweilen dieselbige auch von anderer couleur sind / nachdem viel oder wenig von andern
Metallen / als Silber / Kupffer und dergleichen darunter stecket / von welchen es durch die
Mercurialische Amalgamation, das Scheid-Wasser / Caementen und andere Handgrieffe geschieden
und separiret wird / wie in des obberührten Agricola, Caesalpini und anderer Schrifften zu
sehen ist.
§. 3.
Ob nun das Gold recht lauter pur und unverfälschet seye? solches kan man entweder durch den
Strich / oder durch das Feuer und die Wasser-Wag erfahren. Der ersteren Prob bedienen sich die
Gold-Schmiede / welche das Gold auff dem Probier-Stein gegen ihre Streich-Nadeln examniren /
deren Zubereitung in des Erckeri Probier-Buch pag. 123. zu finden ist. Die Gold-Schmiede aber
legen soviel Müh nicht an / sondern schneiden ein Stücklein von einem Ducaten / von einer Krone
und von einem Rheinischen Gülden / löten ein jedes an einen kupffernen Stifft / darnach sie das
Gold zu streichen pflegen. Der zweyten Prob ge [69] brauchen sich die
Wardeinen und Müntz-Meister / welche das Gold entweder durch den ??? auff der Capell / oder
durch das ??? passi???en lassen / oder auch durch die quartation zu examiniren pflegen / von
welchen Ettmüllerus im Colleg. Chym. und Comment. in Schroederum, wie auch Borrichius und
Erckerus in ihren Probier-Büchern weitläufftig handeln. Sehr curioß aber ist die dritte Prob /
durch die Wasser-Wag / welche von Archimede erfunden und darinnen bestehet / daß wann zwey
Stücker Golds oder zwey güldene Müntzen / so ausser dem Wasser einerley Gewicht haben / und
nachmahlen entweder mit zwey gemeinen Wag-Schaalen oder dem gläsernen Wasserweger / dessen sich
die Saltz Factors bedienen / unter dem Wasser gewogen werden / das jenige Stück so unverfälscht
ist / das andere / so schlechtere Metallen bey sich führet / mercklich überwieget.
§. 4.
Das recht pure und unverfälschte Gold suchen absonderlich die Gold-Arbeiter und Goldschläger
/ deren jene auß dem dritten Theil eines grans, vermittelst ihrer Draat-Zügen / oder Modellen
einen Gold-Draat von 134. Schuhen ziehen: Diese aber auß einer Untzen Gold wohl 1600. Blätter /
deren jedes 37. Quadrat-Linien in sich hält / schlagen können: daher das
AURUM FOLIATUM,
oder das
Geschlagen Gold /
welches die Material sten und Apothecker auch führen / entspringer / und von den
Goldschlägern zwischen Pergament oder Ochsendärmen (welche die Frantzosen Baudruche heissen)
mit breiten Hämmern geschlagen und theils in grösseren / theils kleineren Büchlein verkauffet
wird / deren jenes die Materiahsten AURUM FOLIATUM IN LIBRIS, dieses AURUM FOLIATUM in LIBELLIS
(dergleichen die Sinenser auch in noch viel kleineren seidenen Papier-Büchlein haben) nennen /
von welchen beyderseits 2. Sorten in den Apothecken zu finden: Eine ist AURUM FOLIATUM FINUM
oder geschlagen fein Gold: das andere AURUM FOLIATUM MISTUM oder Zwisch-Gold / welches auff der
einen Seite weiß außsihet / und weilen es kein pur Gold ist / kaum halb so theuer als das
andere ist. Unterdessen pflegen die Goldschläger auch das Feine in unterschiedene Sorten zu
theilen / deren sie wohl 3. oder 4. haben: Die erste / als die beste / halten sie vor die
Schwerd-Feger / welche solche zu den Damascenirten Klingen brauchen: die zweyte vor die übrige
Waffen-Schmiede / die Harnisch und andere Waffen zu vergülden: Die dritte vor die Buchbinder /
so Bücher zu übergülden / und die vierdte vor die Chymicos und Apothecker / umb solche unter
die medicamenta zu mischen / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues Part. III. Lib. I. cap.
3. pag. 3. schreiber.
§. 5.
Von den abfallenden kleinen Stücklein des geschlagenen Golds wird das
AURUM IN MUSCULIS
oder
Muschel-Gold
zubereitet / wann es mit Jungfern Honig klein zerrieben und in kleine Muscheln oder so
genannte Krebs-Schüsselein eingetheilet wird / welches nachmahlen mit Gummi-Wasser angemachet
und entweder zu den Gülden-Schrifften oder zum Mahlen kan gebrauchet werden / worvon Thom.
Garzon im allgemeinen Schauplatz aller Kunst- und Handwerckern / pag. 1051. zu sehen ist.
§. 6.
Uber dieses hat man in den Material-Kammern auch das
AURUM MUSICUM,
welches doch nichts / als den Nahmen mit dem Gold gemein hat / und nicht so wohl auß diesem
Metall / als auß Zinn / Wißmuth / gelben Schwefel und dergleichen zubereitet wird / wie
Kunckelius im Anhang des Andern Theils seiner vollständigen Glaß-Kunst pag. 95. beschrieben:
wird zum Glaß und andern Illuminir- und Mahlwercken / auch zum Türckischen Papier und vielen
Dingen gebrauchet.
§. 7.
Ingleichen kommet an nichts als der blosen Farb das
AURUM SOPHISTICUM
mit dem Gold überein / welches auß einem halben ???. Grünspan / acht Loth Tutiae, Borras und
Salpeter vier Loth und ???, mit Baumöhl impastiret / in einem glüenden Smeltztiegel /
vermittelst einem starcken Feuer / geschmoltzen wird / wie A. C. V. H. in Arte Chymica Naturae
AEmula fol. 17. solches beschrieben hat.
§. 8.
Was endlich den Nutzen und Gebrauch des Goldes anlanget / so ist selbiges mehr eine rechte
Panacaea gegen einen leeren Beutel / als gegen allerhand Kranckheiten des Menschlichen Leibes /
und halte ich dafür / daß man mit grösserem Nutzen Gold auß medicamenten / als medicamenten auß
Gold machen könne; und obschon bißdaher nicht allein das Aurum Foliatum unter viele Composita
gemischet / sondern auch Pillen und andere Sachen damit übergüldet worden / so wird doch nicht
sowohl das krancke Hertz / als der Reichen und Grossen Aberglau [70] ben hierdurch gestärcket / indem die Medici biß auff den heutigen Tag noch nicht eins
sind / ob das geschlagen Gold in dem Magen und Leib könne auffgeschlossen und zur Würckung
gebracht werden / von welchem Streit Doct. Hoffmann in Clavi Schroederiana pag. 200. vor andern
zu sehen ist. Vielweniger hat man sich in dem Auro Potabili, Gold-Tincturen / Panacaeis
Solaribus und dergleichen zu vertieffen / deren Effect gemeiniglich nicht dem Gold / sondern
dem menstruo zuzuschreiben. Unter allen Praeparatis aber hat das
AURUM FULMINANS
etwas sonderliches an sich / welches auß dem (mit der ???.) solvirten Gold durch das ???
Tart. ??? oder ???. darnieder geschlagen wird / und ausser seiner donnerenden und schlagenden
Gewalt (welche von dem Gold-Schwefel und Salpeter der ??? herrühret) die von Winden herrührende
Grimmen und Schwere-Noth der kleinen Kindern vertreibet / auch theils laxiret / theils auch den
Schweiß befördert / darvon Schroederus und andere zu lesen sind.
§. 1.
DAs Silber (???. oder Argentum) folget an Geschmeidigkeit und Schönheit dem Gold stracks nach
/ obwohlen es am Gewicht und der Farb demselben nicht zuvergleichen ist / indem es nicht gelb /
sondern weißlicht scheinet: wird fast in allen Landen / besonders auch in Teutschland / in
Sachsen und anderstwo in denen Berg-Wercken gefunden / in grösserer Quantität aber von den
Spaniern mit der Silber-Flotte auß Peru / und von den Holländern auch auß andern Theilen der
Welt / sowohl Ost-als West-Indien / herauß gebracht.
§. 2.
Es wird aber das Silber entweder gantz pur und gediegen in denen Silber-Gruben angetroffen /
es seye gleich in Gestalt silbernen Haaren / Sträuchlein oder Bäumlein / wie oben in der Figur
zu sehen ist / oder auch in grossen Glumben / dergleichen vor diesem bey Annaberg in solcher
Grösse gefunden worden / daß Hertzog Albert sich dessen an statt eines Tisches bedienet / wie
Münsterus in seiner Cosmogr. Lib. I. c. 9. berichtet: Oder wird auß denen Silber-Ertzen /
nachdem solche die Wardeynen erstlich auff [71] Silber probiret und mit
ihrem Centner Gewicht (so sie in den Gefächlein des Kistleins A. bey sich tragen) sich deren
halt erkundiget haben / geschmoltzen und abgetrieben / welche deßwegen gepucht / zu Schlichen
gebracht / geschmoltzen und auff verschiedene Art geschieden werden / wie bey dem Agricola,
Erckero und andern zu sehen ist: allwo auch unterschiedene Species der Silber-Ertzen /
absonderlich das so genandie Glass-Ertz und Rothgülden-Ertz beschrieben werden / deren jenes
viel Schwefel / dieses aber etwas von Arsenico bey sich führet; wie dann auß Vermischung des
Magnetis Arsenicalis und ??? ein recht Rothgülden-Ertz: Auß Schwe???l und Silber aber ein
natürliches Glaß-Ertz künstlicher Weiß kan nachgemacht werden / ???ie Ettmüllerus in seinem
Comment. Schroederiano pag. 832. erwiesen hat.
§. 3.
Nachdem aber das auß den Ertzen geschmolzene Silber gemeiniglich noch an???ere Metallen /
absonderlich aber Kupffer in sich hält / (welches durch die Streich-Nadeln Lit. B. auff dem
Probierstein Lit. C. kan gesehen wer???en) hierdurch aber / sowohl zur Artzney / als ardern
Arbeiten untüchtig wird / so muß man ??? olche entweder durch das Scheid-Wasser oder auff der
Capell / vermittelst des ???. darvon br???gen / als welcher alle andere Metallen in sich
???isset / das Silber und Gold aber allein zurück ässet / welches alsdann
Capellirt-Silber
genandt / und zum Draat-Ziehen / gesch???genen Silber und andern dergleichen Arbeiten
gebrauchet wird.
§. 4.
Das geschlagene Silber
oder
ARGENTUM FOLIATUM
wird auff eben die Manier / als das geschlagen Gold zubereitet / indem das Silber-Blech
offters ins Feuer gehalten und zwischen zwey ledern zu dergleichen dünnen Blätlein getrieben
wird / welche nachmahlen in denen Büchlein verkauffet werden; und weilen auch a???hier viele
Schnitzlein abgehen / so werden diesellige auch mit Gummi gerieben und angemachet / worauß das
ARGENTUM IN MUSCULIS
oder
Muschel-Silber /
zum schreiben und der Mahlerey entstehet.
§. 5.
Das so genandte ARGENTUM MUSICUM, hat mit diesem Metall nichts zuschaffen / indem es nur auß
Zinn / Wißmuth und Quecksilber gemachet wird / wie die Beschreibung darvon in Johannis
Kunckelii Glaßmacher-Kunst / und absonderlich im Anhang des zweyten Buchs / im zweyten Theil
pag. 96. zufinden / auch dessen Gebrauch zur Mahlerey allda zu sehen ist.
§. 6.
Sonsten aber werden auß dem Capellirten und wohl gereinigtem Silber noch einige vortreffliche
und kräfftige Artzneyen gemacht / unter welchen die
CRYSTALLI LUNARES
oder Silber-Crystallen nicht die geringste sind / welche auß dem in ??? oder ???.
auffgelöstem und nachmahlen zur gehörigen consistens abgerauchtem Silber entstehen / worauß der
berühmte Engeländer Robertus à Boyle seine Pilulas Lunares oder Silber-Pillen gemacht / nachdem
er dieselbige etlichmahl calcinirt / solvirt und wieder coagulirt hat / wie er dieselbige im
Anhang seines Tr. De Utilitate Philosophiae Experiment. pag. 361. und auß demselben Du Hamel
Lib. de Affect. Corp. pag. 395. beschrieben: sind vortrefflich gut die Wassersichtigen zu
purgieren / indem auch nur gr. ij. von den Crystallen in Brod oder sonsten etwas eingenommen /
das unnatürliche Gewässer häuffig treiben können / wie bey dem Ettmüllero in Comment.
Schroeder. pag. 833. zu schen ist.
§. 7.
Fast auff gleiche weisse wird das bekandte Corrosiv, welches die Frantzosen La Pierre
infernale,
LAPIDEM INFERNALEM,
das ist / den Höllischen-Stein zu nennen pflegen / auß dem Silber zubereitet / wann man
nemblich das im ??? auffgelösete und zu Crystallen gebrachte Silber im Feuer so lang schmeltzen
lässet / bißes wie ein Oehl im Schmeltz-Tiegel fliesse / welches nachgehends in einen warmen
und inwendig mit Unichlitt geschmierten Einguß gegossen wird / worinnen die Materia wie ein
Stein erhartet; dessen Prob ist / wann er braun ist und gleichsam eine Eisen-Farbe hat / weder
die Finger noch Papier brennet / wann er nicht feucht und naß ist / auch nicht leicht an der
Lufft schmeltzet: sobalden aber anbrennet / wann er nur ein wenig naß gemachet wird. Derjenige
/ so grün außsihet / auch das Papier / worinnen er gewickelt / grün schmutzet / ist
zuverwerffen / weilen er von vermischtem Silber oder Kupffer gemacht ist / auch leicht in der
freyen Lufft schmeltzen thut. Einige machen ihn auch von außgebrandtem Faden-Silber / allein er
ist auch so dauerhafft nicht / als welcher von Capellirtem Silber gemacht worden. Die kleine
Stücker / etwa eines [72] Fingers lang / so zu gleich trucken und solid sind
/ werden vor die besten gehalten: muß schwartz von Couleur seyn. Vid. Pomet Histoire Simpl.
Part. 3. lib. 1. cap. 10. pag. 7. Er ist sonsten sehr dienlich Fontanellen damit zu setzen /
wann man nur einer Erbsen groß auff die Haut setzet; nicht weniger etzet er das faule und wilde
Fleisch in denen Wunden hinweg; wo man doch Achtung zu geben hat / daß das gesunde Theil nicht
angerühret und dem Patienten dadurch ohnnöthige Schinertzen verursachet werden. Man kan auch
aller hand Figuren damit auff Marmor schreiben und mahlen / welche so in das inwendige dringen
/ wie sie von aussen anzuseben sind.
§. 8.
Letzlich hat man auch cine auß diesem Metall außgezogene Tinctur in den Apothecken / welche
man
TINCTURAM LUNAE
heisset / ist gemeiniglich Himmel-blau oder grünlicht / welche Farb aber entweder von dem
solvirenten Spiritu oder Menstruo, als ???, *, oder andern dem Silber noch anhangenden Metallen
/ absonderlich dem Kupffer / zuzuschreiben / weßwegen solche nicht vor genuine gehalten wird /
so lang sie diese Farb an sich hat; da hergegen das recht pure- und von andern Metallen
durchauß geläutertes Silber keine Tinctur, sonder eine helle Solution, wie Wasser von sich
gibet / wie D. Bohnius in seiner Dissert. Chymico-Phys. XIV. §. 34. gezeiget: wird sonsten in
der schwere Noth / gantzen und halben Schlag / auch andern haupt-Kranckheiten zu 15. bis 16.
Tropffen gebrauchet.
§. 9.
Zur Beygab und Erlustigung der curiosen Gemüther thun wir mit wenigem noch etwas von dem
ARBORE PHILOSOPHICA
oder Philosophischen Baum melden / welcher auch auß Silber gemachet und also zubereiter wird:
Rec. Lunae cupelatae ???.
??? dieses solvire man.
Nachgehends Rec. ??? viv. j. l???sse es auch solviren /
und wann auch dieses geschehen / so schütte beyde Solutiones zusammen und thue noch darzu
??? viv. ???
??? font. ???
Th???e alles in ein länglicht Glas / und setze es an einen temperirten Ort / so wird ein
Bäumlein an???hiessen / welchem man mit einem gewissen Zu???atz auch güldene Aepfflein anhängen
kan / welhes gar artlich anzusehen. Der vor etlich Jahren verstorbene Hr. Peikenkamp, ein sehr
curi???ser Philosophus Experimentalis zu Marburg in Hessen / hat ein gantzes Buch davon
geschrieben / welches des Drucks wohl werth wär: vor diesem aber hat Fabricius Bartholetus, ein
glährter Italiäner in seiner Encyclopaed Medica ???avon gehandelt / welche doch rar ist; wie
dann auch Hr. Kirchmayer nach diesem einen eigenen Tractat davon geschrieben hat.
|| [73]
§. 1
DAs Kupffer (??? oder Cuprum) ist unter den schlechten Metallen das geschmeidigste / glüet
lang im Feuer / ehe es zum Fluß zu bringen ist / und lässet sich / nebst dem Gold und Silber /
sehr außdähnen und treiben: wird in Europa / absonderlich / aber in Schweden und Denneinarck
häuffig gefunden / obwohlen auch in Teutschland / und besonders in Kleeberg und Franckenberg /
dessen eine ziemliche Quantität gegraben wird.
§. 2.
Von diesem Metall findet man wenig pur und gediegen / ausser daß in etlichen Silber-Gruben
dessen etwas gefunden wird / aber gemeiniglich nur in kleinen Tröpfflein / oder Blättlein / so
an den Ertzen hangen / wie beym Agricola lib. 8. de Fossil. pag. 603. und ind des Wormij Mus.
pag. 125. zu sehen ist Insgemein wird es auß seinen eigenen Ertzen gebracht / welche in
geschmeidig- und weichflüssige / (dergleichen das Kupffer-Glas-Ertz ist) und strenge oder
hartflüssige Kupffer-Ertze unterschieden werden. Beyde haben meistens grüne oder auch blaue
Flecken und Adern / dergleichen oben in der ersten Figur zu sehen sind / außgenommen der
schwartze Schiffer / welcher auff den Manßfeldischen Gebürgen und [74] umb
Eißleben gefunden wird / an welchen gelbe goldachtichte Flecken / und von der Natur artlich
eingeprägte Bildnussen von Häring und andern-Fischen zu sehen sind / deren Abriß in des Ulyss.
Aldrovand. Mus. Metall. und in obiger zweyten Figur zu sehen ist. Woher aber diese Bildnussen
der Fische in den Manßfeldischen Schieffern entstehen / und welches deren rechter Ursprung
seye? ist noch eben so wenig biß dahero außzugründen gewessen / als die Kräuter-Figuren auff
denjenigen Schieffern / welche in der S. Andreas Stollen / im Kräuter-Gebürge des
neu-auftgerichteten Sachsen-Gothaischen Berg-Wercks im Thüringer Walde / im Ambt Schwartzwald /
gefunden werden / worauff das Farenkraut / Engelsüsse / Katzen-Wedel und dergleichen recht
artlich von der Natur abgebilder sind / wie solche in des Anonymi aufgefangenen Brieffen
zweyter Ravage, im fünfften Paquet, pag. 431. unter Augen geleget worden. Ob nun Hr. Friederich
Hayn in seiner Unterirrdischen Kunst-Kammer (welche er meditiren soll) diese Schwürigkeit heben
werde / wie Hr. D. Grimm in seiner Historischen Physicalischen und Medicinischen Relation cap.
4. wie auch Hr. D. Kirchmayer in Tract. De Arb. Philosophic â Ramo??? Aureo Virgin. c. 1. §. 3.
die Hoffnung von ihm schöpsfen / wird die Zeit geben.
§. 3.
So bald nun diese Minerae auß der Erden gekommen / so müssen sie / ehe das Kupffer darauß
geschmoltzen wird / vor das erste von allen Unreinigkeiten gewaschen / und von dem
überflüssigen stinckenden Schwefel / durch das Rösten / gesäubert werden; worauff sie
geschmoltzen und das Kupffer in verschiedene Formen gelassen wird. Dieses wird nachmahlen zum
zweytenmahl in andere / in Sand gemachte / Formen geschmoltzen und in Kuchen oder noch
ungleiche Platten gegossen. Soll es dann ferner dahin gebracht werden / daß es sich schlagen
lasse / so wird es zum drittenmahl geschmoltzen und zu andern Kuchen formiret / welche
ohngefehr 15. Zoll im Diameter und 3. Zoll in der Dicke haben. Auß diesen gantzen oder
geviertheilten Kuchen werden nachmahlen auff den Kupffer-Mühlen (dergleichen eine bey Alsfeld
in Hessen zu sehen ist /) die Kupffer-Platten geschlagen / auß welchen die Kesselmacher mit
denen Füssen / welche mit Schaaf-Beltz angezogen sind / die Kessel formiren / die
Kupfferschmied aber noch viele andere Geschirr und Haußrath zubereiten.
§. 4.
Sonsten wird das Kupffer von einigen in das schwartze / rothe und gelbe getheilet. Die zwey
erstere Sorren / als das schwartze und rothe Kuppffer / sind nicht anderst unterschieden / als
daß jenes nicht so pur und sauber / als dieses ist: sind aber beyde geschmeidig und
zertreiblich. Das gelbe hält noch andere Metallen in sich / und wird in Ansehung desselben
entweder AES CALDARIUM, oder Glocken-Speiß / oder ORICHALCUM, das ist messing genennet.
§. 5.
Das AES CALDARIUM oder die Glocken-Speiß
Ist nichts anderst al seine Vermischung der Metallen / worinnen Kupffer und Zinn die Oberhand
haben / sie werde nun von der Natur in der Erden also zusammen vermischet / oder durch die
Kunst zusammer geschmoltzen. Die Franzosen nennen solches La Bronce, und machen nicht allein /
wie bey uns / die Glocken und Mörser davon / sondern giessen auch ihre Statuas und Monumenta,
als Königliche Pferde und dergleichen darauß. Zu Paris werden die Sols marqués darvon gepräget.
Hiervon rühret auch her / was die Artzte
DIPHRYGES
nennen / welches gleichsam die Hefe und Unflat von der Glocken Speise ist: Wurde vor diesem
zuweilen in der Medicin gebrauchet / heut zu Tag aber ist es fast unbekant und weiß man in den
Apothecken nichts davon. Wann man sauber Wasser über die geschmoltzene Glocken-Speiß giesset /
und ein eiserne Platte über die Röhren / dadurch es fliesset / leget / so gerinnen von dem
Rauch kleine / rothlicht-gläntzende Körnlein / welche
FLORES AERIS
genennet werden / deren bey dem Hippocrate und audern alten Medicis offt Meldung geschiehet.
Wann aber mehr Zinn unter das Kupffer gemischet wird / als ohngefehr 12. oder 25. pro cento, so
wird die Mixtur schlechter dings
METALL
genennet / worauß saubere Degen-Gefäß / Löffel und dergleichen gemacht werden / so offt vor
silbern Geschirr angeschen werden.
§. 6.
Was das ORICHALCUM oder Messing
anlanget / so fragt sichs / ob solches auch Natürlich in der Erden gefunden werde? Kircherus,
der berühmte Jesuit meldet in seinem Mundo Subteraneo pag. 218. daß man zuweilen solches finde
/ welches auch wohl möglich seyn kan; indessen ist doch gewiß / daß es selten geschehe / und
insgemein das Messing durch künstliche Vermischung des Kupffers und Gallmey-Steins entstehe /
wann nemlich zu vier theil alt Kupffer / ein Theil Gallmey geschmoltzen wird / gleichwie auch
auß sechs Theil Kupffer und ein Theil Zinck / das so genandte Gelb-Kupffer oder Printz-Metall
gemachet wird / dessen D. Stahl [75] in Disp. de Metallurgia pag. 73
gedencket. Hierauß wird nachmahlen das so genandte
Rausch-Gold
oder
CLINCANT
verfertiget / wann nemblich das Messing zu solchen Blättern / als Papier geschlagen /
zusammen geleget und in dickem Papier verschicket wird. Wann aber solches noch dünner und zu
gar subtilen Blättlein / wie das geschlagen Gold / geschlagen und in dergleichen Büchlein
eingetheilet wird / so werden die geschlagene Metall-Gold-Blätter / oder METALL darauß / welche
die Frantzosen Or d’ Allemagne oder Teutsch-Gold nennen / weilen es zu Augspurg in Teutschland
häuffig gemacht / und daher auch von andern Augusta genennet wird / wie Pomet in seiner
Histoire des Drogues pag. 29. meldet. Was davon unter dem Schlag abfället / wird vollends zu
Pulver gerieben / und entweder also verkauffet / oder zu dem schlechten Muschel-Gold
angemachet: dienet den Mahlern und andere Sachen zu überziehen. Die Venetianer machen auch das
so genandte PURPURINE von dem Messing / welches vor diesem die Carossen zu übergülden
gebrauchet wurde. Ingleichen wird das AVANTURINE der Jubelirer und Glasmacher von dem Messing
gemacht / worvon obgemeldter Pomet loc. cit. zu sehen ist. Nichts weniger wird der so genandte
Gold-Drat / instrument-Seiten / Hohl und Platt-Gold / und dergleichen auß dem Messing gezogen
und geschlagen / deren sich die Goldspinner und Goldsticker bedienen; gleichwie auß dem Kupffer
selbsten der Kupffer-Drat gezogen wird.
§. 7.
Wann das Messing zubereitet und gegossen wird / so hänget sich oben an die viereckichte
eiserne Stangen / welche den Schmeltz-Tiegel bedecken / wie auch an die Zangen der Arbeiter /
ein leichtes weisses Pulver an / welches nichts anderst ist / als der Apothecker
POMPHOLIX
oder
Weisser Galmey /
welcher sonsten auch NIHIL ALBUM, weisser Nicht und Augen-Nicht genennet wird / welches
Schroeder und dessen Außleger Hoffmann und Ettmüller vor die rothe Tutiam der Alten oder
Cadmiam Capniten halten / weßwegen beyde Simplicia offters confundiret werden. Heutiges Tages
ist unter diesem Medicament und unter der Tutia Offcinarum ein grosser Unterscheid / indem
diese nichts anderst / als die Cadmia factitia, so von dem Metall und Glocken-Speiß herrühret.
Jenes aber nur von dem Messing entspringet. Es muß sonsten schön weiß / leicht / sauber und
zart seyn / dergleichen auß Holland kommet / wo es am saubersten colligiret wird: dienet zu
äusserlichen Krebs- und andern Schäden und allerhand Augen-Kranckheiten. Ein gewisser
Rothgiesser hat dem Frantzöischen Materialisten / M. Pomet, erzehlet / daß einige solches bey
ihm gegen das, Fieber suchten / und in Wein einnehmen sollen / allein / weilen es ein gar
violente operation hat / so warnet er billich / daß man behutsam damit umgehe / vid. ejus Hist.
Simplicium Lib. 3. Part. 1. cap. 49. pag. 29.
§. 8.
Man hat auch ein ander und diesem sehr gleiches simplex, welches
SPODIUM GRAECORUM.
oder
Grauer Nicht
geheissen und von dem vorigen nur darin unterschieden wird / daß jenes sich oben / dieses
aber wegen seiner Schwerigkeit sich unten im Schmeltztiegel anhängen soll / und wird nach
Unterscheid der Farben mit vielen Namen / nehmlich grau / gelb / schwartz oder grüner Hütten-
und Zechen-Rauch vom Agricola und andern beleget / wie in des Herrn Doct. Hoffmanni Clav.
Schroed. pag. 331. zu sehen ist: hat mit dem vorigen einerley Kräfften.
§. 9.
Was aber die
TUTIEN
oder
TUTIAM ALEXANDRINAM OFFICINARUM
anlanget / so rühret dieselbige keines weges von dem Messing her / wie einige vermeinen /
sondern von dem Metall und Glockenspeiß / indem unter wärendem fliessen und giessen derselben
sich / wie die vorige von dem Messing / ein Dampff oder Rauch oben an die höltzerne Waltzen /
welche zu dem Ende über die Schmeltzöfen der Rothgieser geleget werden / anhänget und dieselbe
in Form einer Rinde oder Schale umbgiebet / welche inwendig glatt / außwendig aber rauh und wie
Chagrin anzusehen ist / wie solches fast an allen Stücken der Tutien zu sehen ist. Sie wird
sonsten auch CADMIA FACTITIA genennet / und nachdem sie äusserlich entweder eine Traube /
Schnecke oder Muschel und dergleichen praesentiret / wird sie CADMIA BOTRITIS, OSTRACITIS oder
PLACITIS benambset / deren die erste und beste in der Mitten / die zweyte gantz unten und die
dritte oben in den Oefen gesamlet warden soll. Sonsten aber wird diejenige Tutia vor die beste
gehalten / welche auß schönen dicken Schaalen bestehet / so inwendig bleich-gelb / außwendig
mäußfahlicht granulitet / nicht leicht zerbrichlich ist und nicht viel kleine Stücklein /
vielweniger andere Unreinigkeiten / untermischet hat. Dieje [76] nige
/ so von Orleans kombt / ist die berümbteste. Sie wird auch nur in äusserlichen Schaden /
absonderlich zu den Augen gebraucht / worzu sie aber wohl praepariret seyn muß.
§. 10.
Unter denjenigen Stücken aber / welche von dem Kupffer selbsten praepariret werden / ist zum
ersten das
AES USTUM
oder
gebrandt Kupffer
zumelden / welches durch Hülffe des Schwefels also gemachet wird / daß auß kleinen Stücklein
Kupffers und dem Schwefel (welchem ein wenig Meer-Saltz zu vermischen ist) ein Stratum super
Stratum, in einer Gieß-Buckel geleget und alles in ein starck Kohlfeuer gesetzet werde / und
wann der Schwefel alle verbrandt / man das Kupffer herauß nehme / welches von aussen graulicht
/ wie Eisen / inwendig aber roth-gläntze̅d anzusehen / und gantz zerbrüchlich
ist: Muß / wann es probat und gut seyn soll / von einer mit-telmäsigen Dicke seyn und nebenst
obiger Couleur, wie Zinnober / roth scheinen / wann ein Stück an das ander gerieben wird;
welches doch nicht zu observiten / es werde dann etwas Saltz darzu gethan. Und dieses ist
bißdaher der Holländer Geheimnuß gewesen / welche lange Zeit das AEs Ustum besser / als die
Frantzosen / gehabt und verkaufft habe̅. Sein Gebrauch ist äusserlich gut / indem
es die Wunden sauber hält. Einige / so sich dessen bedienen / glüen es im Feuer neummahl auß
und löschen es allemahl in Leinöhl / stossen es hernach zu Pulver / welches das faule Fleisch
in den Wunden weg nehmen soll. Dieses also praeparirte aes ustum wird auch Crocus ???
genennet.
§. II.
Nechst diesem hat auch das VIRIDE AERIS, der Grünspahn
oder AERUGO von dem Kupffer seinen Ursprung / welcher entweder von Natur in der Erden
gefunden / oder durch gewisse Handgriffe Künstlicher weisse zubereitet wird. Jener / nemblich
der natürliche Grünspahn / ist zwar sehr rar / finder sich aber doch zu weilen in den
Kupffer-Gruben und ist ein grünlichter Marcasit, den Schlacken nicht unähnlich / welche sich
ingleichem in den Kupffer-Bergwercken finden lassen. Dieser aber / nemblich der gemachte
Grünspahn / bestehet auß blau-grünen metallischen Glundern / welche auß Franckreich / von
mompelier und andern Orten / in Blasen und Häuten / herauß gebracht und in zweyerley Sorten /
nemblich in Form eines gröblichen Pulvers / oder in Kuchen / ohngefehr von 25. ??? verkauffet
wird: Ist eine gefährliche und den Specerey-Händlern offt schädliche Waar / indem sie
dieselbige nicht allein naß und mit andern Sachen vermischet einkauffen / sondern auch die
Häute / worinnen sie kommet / dem Grünspahn gleich bezahlen müssen / wodurch sie nach gehends
fast einen Trittel verlieren / indem ein Stück / so naß und weich 25. ??? gewogen / und
ohngefehr 20. Alb. gekostet / sie nachgehends / wann es trucken und leicht worden / biß 28.
Alb. zu stehen kombt. Wäre derowegen besser gethan / wann mann das beste und truckene kommen
liesse / solte es auch viel theurer bezahlet werden.
§. 12.
Von seiner Zubereitung sind gar diverse und verschiedene Meynungen / und ist deßwegen vor
diesem unter dem Tackenio und Zvvelfero ein grosser disputat gewesen. Jener hielte mit dem
Boyleo davor / daß auß den Kupfferblantten und Weintrester ein S. S. S. gemachet / und also
durch die saltzichte Theilger der Trester das Kupffer zu einer solchen Substantz durch fressen
werde / dahero er den ???. aeruginis vor nichts anders als ein acetu̅ destillatum
fortissimum gehalren. Dieser hergegen wolte behaupten / daß zu solchem S. S. S. etwas Essig und
Urin / ja auch ??? und O. hinzu gethan und also der ???. was mehrers hinter sich habe / wie von
diesem Streit ein mehrers in des Zvvelf. Apolog. contra Tracken. pag. 203. zu lessen ist. Pomet
hergegen / welcher des Grünspahns Zubereitung selbsten gesehen / versichert / daß kein Essig /
sondern der beste Wein auß der Provintz Languedoc darzu genommen werde: Berichtet anbey / daß
dessen Zubereitung eine schwere und sehr niedliche Sache seye / deren Beschreibung er in der
zweyten Edition seiner Histoire des Drogues, Part. 3. Lib. 1. cap. pag. 31. c. l. zu geben
versprochen hat.
§. 13.
Seine Güte und Prob bestehet darin / daß er schön hart / trucken auch recht grün sey und
wenig weisse Flecken und Stücker in sich habe. Bey uns / (schreibet der Nürnbergische
Materialist Joh. Jacob Marx in der Teutschen Material-Kammer pag. 31.) ist er offt probirt /
aber niemahlen richtig befunden worden. Die Ursach ist oben gemeldet: Wird sonsten in grosser
Meng von den Färbern / Kirschnern / Hutmachern / Schmiedten und Mahlern gesuchet / auch in der
Chymie und Artzney-Kunst zu weilen gebraucht / worinnen der ???. Spiritus Asthmaticus D. Mich.
Ens ??? Helmontii und andere SAchen darauß praepariret werden / von welchen Ettmüllerus, Boyle
und andere mit mehrerem handeln. Warumb aber die
CRYSTALLI AERIS
oder
Grünspahn-Blumen und Crystallen
von den Schmieden und Mahlern destillirter Grünspahn genennet werden / kan ich nicht
fin [77] den / indem solche durch keine destillation, sondern von
den Apotheckern auff gemeine Weisse crystallisiret werden / wann nemblich der Grünspahn in
destillirtem Essig solviret / filtriret / abgerauchet und im Keller crystallisiret wird.
Unterdessen sind die jenige Crystallen / so auß Holland und von Lion kommen / viel schöner /
welche auff die Art / wie der candirte Zucker / über gewisse Stöcke anschiessen und demselben
auch / (die Farb außgenommen) gantz gleich sehen: Muß auß schön grossen / klaren und
durchscheinenden Crystallen bestehen / wohl außgetrucknet und nicht mit Holtz vermischet seyn.
Andere solviren das Kupffer in ???, evaporiren und crystallisiren es / welches nichts anders
als das ??? ist. Die vorige Crystallen aber werden von den Mahlern zur Miniatur-Arbeit / und in
der Medicin die Wunden von dem faulen Fleisch zu saubern gebrauchet.
§. 14.
Ob das
VIRIDE MONTANUM
Berggrün / Steingrün / Schiffergrün /
(welches sonsten CHRYSOCOLLA genennet wird) auch hierher gehöre / und wie einige meinen) von
dem Kupffer gemacht werde? ist noch ungewiß. Die meiste Materialisten halten es vor eine
natürliche und steinichte Erde / dahero es auch von andern TERRA VIRIDIS genennet wird: Ist ein
grünlichtes und auß kleinen / dem Sand ähnlichen / Körnern bestehendes Pulver / welches in den
Ungarischen Gebürgen gefunden wird / so von Preßburg biß in Pohlen reichen. Es ist eine
kostbare Waare / und findet man unterschiedene Sorten / fein / mittel und gemein. Das beste muß
trucken / schön grün und körnericht seyn / woran man das natürliche von dem auß Grünspahn und
Bleyweiß nachgekünstlete unterscheiden kan: wird zur Mahlerey und zur graß-grünen Farb
gebraucht.
§ 1.
DAs Zinn (???. oder Strannum) ist ein weich- und leichtflüssiges / weisses Metall / welches
nebst vielen schwefelichten Theilen auch etwas ??? rii in sich zu halten scheinet / indem es
(wie das Quecksilber) die Würine und ander Geschmeiß tödtet / auch das Peltzwerck von den
Motten und Schaben praeserviret: wird meistens auß Engeland gebracht / ob schon in Teutschland
und andern Orten dessen auch / doch in geringerer Güte und Quantität gefunden wird.
§ 2.
In den Bergwercken findet man dessen zweyerley / entweder Gediegen / oder in den Ertzen und
Zinn-Graupen. Jenes findet sich entweder an den Canälen der Wässer / an welche es sich wie Sand
anhänget / welches Boyleus in Trans. Phil. Angl. 29. ???. granulatum nennet: oder in gantzen
Stücken und Glumpen / dessen Matthesius Sarept. Conc. 9. gedencket / auch hier-oben eine Figur
auß des Besleri Kunst-Kammer zu sehen ist. Dieses wird entweder auß den weissen metallischen
Flüssen geschmoltzen / dergleichen oben in der Figur einer zu sehen / oder wird auß den andern
Zinn-Steinen / welche man Zwitter- und Zinn-Graupen nennet / gebracht / davon Agricola,
Matthesius und das Corpus Juris Metallicum pag. 25. zu lesen sind.
§. 3.
Unter allen aber wird das Englische Zinn vor das beste gehalten / dessen man doch wider
verschiedene Sorten hat / worunter das recht pure / wie es auß den Zinn-Gruben kommet / und von
den Frantzosen l'etain plané oder das glatte Zinn genennet wird / vor das allerbeste zu halten.
Nach demselben ist das klingende Zinn zu setzen / welches doch schon mit Bißmuth / Zinck /
Kupffer und dergleichen vermischet ist / als welche Sachen ihm den Klang geben. Endlich ist das
gemeine und schlechte Zinn noch übrig / worunter etwas Bley gemischet wird / wie Pomet in
seiner Material-Kammer davon zu sehen ist / allwo auch die Probe davon zu finden / unter
welchen die gemeinere ist / daß man verschiedene Arten Zinnes in eine Kugel-Forme giesset /
davon hernach die leichteste vor die beste gehalten wird. Die Kannengiesser probiren es mit den
Zähnen / ob es krache oder nicht. Das Teutsche Zinn soll gemeiniglich auß dem jenigen / was bey
überziehung des Blechs untüchtig ist / bestehen v. c. l.
§. 4.
Von den ersten und besten Sorten wird das
STANNIOL oder STANNUM FOLIATUM
geschlagen / welches in kleinen Schachteln verkauffet wird / deren jede ein Groß / oder
zwölff Dutzend solcher Blätter in sich hält. Man hat es nicht allein weiß / sondern auch
gefärbet / welches STANNUM FOL. COLORATUM genennet wird: ist roth / gelb / schwartz und von
andern Farben zu finden. Das beste Stanniol ist / welches gantze dichte / glatte und
wohl-gerollte Blätter hat. Es wird zu den Wachs-Fackeln in Promot. Doct. Wappen bey Adelichen
Leichen / zu Außziehrung der Häusser und Tächer / auch andern Sachen gebrauchet.
§. 5.
Hieher gehöret auch
die Zinn-Asche / Zinn-Kalck oder CINERES ???.
welche nichts anderst sind / als ein calcinirtes Zin̅ / bestehend auß einem
graulichten Pulver / dessen sich die Porcellain- und gemeine Töpffer / wie auch die
Glas-Schleiffer zum poliren gebrauchen. Diese Cineres dienen absonderlich die metallische
Brenn-Spiegel sauber zu poliren. Wann man sie so lang calcinirt / biß sie gantz weiß werden /
so wird ein Pulver darauß / welches einige Cerussam ???, andere Bezoardicum ??? ale nennen: ist
nichts anders als der Frantzosen Blancd' Espagne oder das Spanische Weisse / welches zum
Schmincken mißbrauchet wird.
§ 6.
Wann man aber dieses Metall mit sauberem Sande und Soude d'Alican zu einem Glase brennet /
und mit unterschiedenen Metallen tingiret / wird mancherley
Email, Schmeltz-Glas oder Schmeltz-Werck
welches einige Materialisten (wiewohl unrecht) SMECTIS heissen / darauß / welches in kleinen
und mit vielerley Zeichen marquirten Kuchen auß Venedig und Holland kommet / unter welchen das
Weisse gleichsam eine Mutter der anderen Farbichten ist / und wird nicht allein von den
Porcellin-Töpffern / sondern auch von den Jubelirern und Goldschmieden zu dem Schmeltz Werck
und veramuliren gesucht / welche die Prob am besten zu nehmen wissen.
Das Blaue Schmeltz-Glas wird mit Kupffer und Cyprischem Vitriol gefärbet.
Das Fleisch-Farbe mit Periguer.
Das Gelbe mit Feil-Staub.
Das Grüne mit Nadel-feilig und Messing. Andere mit andern Metallen / worvon Pomet loc. cit.
pag. 27. und Kunckelius im zweyten Theil seiner Glasmacher-Kunst Lib. 2. pag. 93. nach zu sehen
sind.
|| [79]
§. 7.
Unter den Artzneyen / welche von dem ???. gemachet werden / ist das so genandte
ANTIHECTICUM POTERII
das gebräuchlichste / welches entweder auß dem Regulo ??? Joviali, so mit drey theilen
Salpeter zu verpuffen / oder auch auß dem blossen ??? und Englischem Zinn / welche beyde im
Feuer zu Schlacken zu bringen / und nachgehends gleicher-weise mit dem ??? zu detoniren sind /
praepariret wird / worvon Dan. Ludov. in Pharm. Mod. Sec. Applicandâ pag. 355. zu sehen ist:
wird nicht allein gegen die Hectic, sondern auch andere hitzige Fieber / Kinder-Blattern und
dergleichen gebrauchet.
§. 8.
Einige sublimiren das Zinn mit dem ??? oder ??? umb die
FLORES ???.
Zu haben / auß welchen sie nachmahlen
das MAGISTERIUM ???.
praecipitiren / welches an statt einer Schmincke gebrauchet wird; worzu letzlich auch das
SAL JOVIS
emploirt wird / welches auß dem Zinn selbsten (so doch zuvor auff den höchsten grab calcinirt
seyn muß) mit dem schärffesten aceto destillatô gezogen wird / und so es rechtmässig sein soll
/ schön weiß / trucken / leicht und in kleinen Spitzlein sein muß: wird unter die Pomaden und
andere Unguenta gethan / und gegen die Zittermähler nützlich gebrauchet.
Das XXIX. Capitel Von den Bley-Ergen / Wasser- und gemeinem Bley / Mengen / Bleyweiß
/ Silberglett und dergleichen.
§. 1.
DAs Bley (???. oder PLUMBUM) ist das weicheste und flüssigste Metall unter allen / doch
nechst dem Gold das schwereste: welche Eigenschafften von der Vielheit der ??? rialischen
Theilger / mit welchen es vor andern begabet ist / herrühren: wird hin und wieder / so wohl
Gediegen / als in seinen Ertzen gefunden / deren jenes entweder hart / als das Polnische Bley /
oder etwas weicher / als das Teutsche zu seyn pfleget.
§. 2.
Nicht weniger werden auch die Bley-Ertze in die weichere und härtere unterschieden. Jene sind
an der Farb wider unterschiedlich / in Ansehung deren sie in weise / rothe und gelbe Bley-Ertz
getheilet werden / welche letztere man Bley-Schweif nennet. Das beste aber unter denselben ist
das Glantz-Ertz / oder Glantz / dessen sich die Häfner zu ihren Glasuren bedienen / wird von
den alten Lateinern GALENA und PLUMBUM MINERALE, von den Frantzosen aber ALQUIFOUX geheissen.
Dieses ist ein sehr schweres Ertz / welches leicht [80] zu zerstossen / aber
schwer zu schmeltzen ist / wird in Stücken von verschiedener Grösse auß denen Berg-Wercken
gegraben / welche theils sauber und pur / theils auch mit Kis und Steinen vermischet sind / und
wann sie von einander gebrochen werden / so gläntzen sie / wie das Antimonium, sind auch an der
Farb bleich-schwarzt: ist zwar keine Waare von grosser consequence, jedoch müssen sich die
Materialisten in dem Verkauf wohl fursehen / die Häfner alle Stück auffbrechen und sich
nachgehends einen Revers, daß sie content damit gewesen seyen / geben lassen / dann hiermit sie
alle gerichtliche Process ablehnen können / welche die Häfner ihnen sonsten leicht an den Hals
werffen möchten / wann sie irgend dergleichen Stücker darunter solten bekommen / welche ihr
Töpffer- und Glasur-Werck verderben könten. Sonsten werden die grössere Stücker / welche schwer
und gleichsam fetticht und zart zu tractiren sind / auch schöne gläntzende Schuppen haben / vor
die beste gehalten / welche dem Wißmuth fast gleich sehen. Diejenige Stücker hergegen / so viel
Kis und Stein in sich haben und mit vielem hartem Bley-Ertz vermischet sind / taugen nichts.
Die harte Kissichte Bley-Ertz aber sind insgemein nicht so schwer / wie die vorige / aber viel
härter / und wann sie auffgeschlagen werden / sehen sie Mäuß-fahl und sehr Hartkörnericht auß:
sind derowegen bey weitem nicht so gut / als die vorige / und werden von den Töpffern wie Brand
gemeidet / weilen sie ihre Hand-Arbeit leichtlich ruiniren können.
§. 3.
Zu diesen Bley-Ertzen gehöret auch das Wasser-Bley
welches sonsten PLUMBAGO, CERUSSA NIGRA, oder schwartz Bleyweise (vid. Marx. p. 78.) und von
den Außländischen CRAYON und POTELOT genennet wird: ist nichts anderst / als was andere Lapidem
Molybditen heissen / welchen Caesalpinus am besten beschrieben hat. Die Alten haben solches
Plumbum Marinum und Wasser-Bley genennet / weilen sie vermeinten es würde auß dem Grund des
Meers gelanget; allein die tägliche Erfahrung bezeuget ein anders / indem es hin und wider in
den Berg-Wercken gefunden und besser vor ein Bley-Ertz gehalten wird / welches die Außländer /
absonderlich die Italiäner / rohe von den Teutschen handeln / und wann sie das Reiß-Bley davon
gemacht / uns wider verkauffen. Beydes aber ist zweyerley / feines und gemeines. Die feine
Sorte muß leicht / schwartz und gleichsam versilbert / gläntzend / dicht und nicht körnicht /
in mittelmässigen Stücken / doch lang / nett und leichtlich zu zerschneiden / und deßwegen
nicht zu hart und auch nicht zu weich seyn / dann dasjenige Wasser-Bley / woraus das längste
Reis-Bley kan geschnitten werden / am meisten aestimiret wird / und kan ein Handels-Mann
solches so hoch verkauffen / als er will / weilen dasselbige von den Ingenieurs, Baumeistern
und Mahlern sehr gesuchet wird: kommet gemeiniglich auß Engeland. Das Gemeine hergegen
überschicken die Holländer in andere Länder / welches doch die Nürnberger sehr starck
nachkünstlen / obwohlen / nach der auffrichtigen Bekantnuß des Nürnberger Materialisten Marxij
pag. 78. in seiner Material-Kammer / der Grund ihnen noch fehlet / und wird nur die saubere
Tafeln damit zu reiben gebrauchet. Die Kessel-Flicker reiben und poliren das alte Eisenwerck
damit / daß es vor neu passire: welcher Betrug doch leicht zu erkennen / wann man entweder die
Finger daran reibet / welche davon gefärbet werden: oder man lässet nur Wasser darüber lauffen
/ welches das Wasser-Bley so bald abwischet / indem fast nichts eher das Wasser an sich nimbt /
als dieses Metall. Das beste ist / welches noch in gantzen Stücken ist / und keine Schlacken
noch Stein oder andere Unreinigkeit in sich hat / wann es auffgeschlagen wird; un übrigen gilt
es gleich viel / ob es hart oder zart / grob oder kleinkörnicht sey. Man hat es auch in Pulver
gestossen / welches doch von bekandten und honnêten Leuten zu kauffen / weilen durch
Vermischung anderer Sachen grosser Betrug mit unterlauffet. In der Artzney wird es / wie die
andere Saturnina, nur äusserlich in fliessenden Schäden / Rothlauf und heissem Brand gebrauchet
/ worvon Hoffmannus in Clav. Pharm. Scbroed. pag. 243. zu sehen.
§. 4.
Auß diesen obbeschriebenen Bley-Ertzen / besonders aber den ersteren / wird das Bley selbsten
gegossen / und wann es entweder durch offteres abschäumen oder durch Seife und andere
Fettigkeit gereiniget wird / so giesset man es in gewisse Formen zu den Bley-Glumben und
Kennel-Bley / von unterschiedlicher Grösse und Gewicht / welche am meisten aestimiret werden /
wann sie leicht zu schneiden / schön weiß und gläntzend sind. Der Schaum aber / welchen
diesenige / so das Bley giessen und reinigen / oder auch Mußqueten-Kugeln und andere Sachen
darvon machen / den Materialisten überschicken / wird den Häfnern unter dem Nahmen der
Bley-Aschen oder Bley-Schaumes verkauffet.
§. 5.
Wann aber obgedachtes Bley-Ertz oder Glantz zu Pulver gestossen und durch ein starckes Feuer
calciniret wird / so entstehet anfangs die OCHRA PLUMBARIA FACTITIA oder das so genandte
Bley-gelb / welches ein Mahler-Farb ist / darauß: nachgehends aber wird durch ferneres brennen
das
|| [81]
MINIUM oder Menning
darvon gemacht / welches andere bißher von dem Bley selbsten auff besondere Art gemacht zu
seyn vermeynet haben / da doch der geringe und sehr leidliche Preiß der Menning viel ein anders
hätte lehren können / welcher vielmehr Glauben machet / daß das Minium nicht so wohl auß dem
geschmoltzenen Bley / als dessen Ertz gebrandt worden sey / zumahlen das Bley auch in dem
stärckesten Feuer so roth nicht wird / als das Bley-Ertz / wie Pomet in Hist. Simpl. Gen. Part.
l. 1. c. 71. p. 43. mit mehrerem zeiget. In Teutschland wird die Meng nirgends schöner und
zärter / als in Nürnberg gemacht / deren Hütten nur zwey in dem gantzen Römischen Reich seyn
sollen / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 130. erwehnet. In Engeland wird sie zwar
auch häuffig gebrennet / und in Franckreich und andere Orten verschicket / allein dieselbe ist
sehr grob. Die beste Menning ist / welche eine hohe Farb hat / meistens auß Pulver bestehet /
und so viel möglich sauber ist. Man muß auch Achtung geben / daß sie nicht gewaschen sey /
welches an der weißlichten Farb zu sehen / und wann sie in kleinen Ballen kombt. Müssen also
die Sorten wohl erkennet und unterschieden werden / davon man eine feine / mittelmässige und
bißweilen schlechte bey denen Marerialisten findet. Sie werden alle zur Mahlerey und von denen
Töpffern zum rothen verglassuren gebracht. In der Artzney-Kunst aber werden einige Salben und
Pflastern davon gekochet / absonderlich / das Emplastrum de Minio und das so berühmte
Nürnberger Pflaster / welches auß drey Stücken / nemblich auß dem Minio, Rosen-Oehl und Campfer
bestehet.
§. 6.
Auß dem Bley selbsten wird erstlich das Bley-Pulver gemacht / welches nicht nach Art der
Apothecker zu verfertigen / welche das Bley klein feilen und in einem Mörser klein zu
zerstossen sich unterstehen: sondern man lässet das Bley in einem irrdenen oder eisernen Gefäß
zer gehen und zerschmeltzen / rühret kleine gestossene Kohlen darunter / welche nachmahlen
wieder darvon abgewaschen werden. Auff diese Manier kan man ehe ein Centner Bley zu Pulver
machen / als eine Untz im Mörser. Es ist eben nicht viel gebräuchlich / ausser daß die Häfner
auch damit verglassuren. Vid. Pomet. c. l.
§.7.
Noch besser aber lässet sich das Bley zu Pulver stossen / wann es zuvor gebrennet wird /
welches
PLUMBUM USTUM oder gebrandt Bley
in den Apothecken genennet wird. Hierzu aber nimbt man Bley zu dünnen Blech geschlagen /
machet damit / und mit dem gemeinen Schwefel / in einem Topff / ein stratum super stratum
lässet es außbrennen / so wird ein braunes Pulver darauß / welches offters abzuwaschen und wohl
zu trucken ist: wird zu einigen außtrucknenden Salben und Pflastern gebraucht.
§. 8.
Hiernechst wird auch
das Schieferweiß
auß dem gegossenen Bley gemacht / wann nemblich dieses zu dünnen Blättern geschlagen /
hernach also / daß eines das andere nicht anrühre / zusammen gerollet und in einem Topff /
worinnen guter Essig enthalten / über kleine Stänglein geleget / endlich mit dem also
angefüllten und wohl verstopfftem Topff in einen Misthauffen verscharret und dreysig Tage allda
gelassen wird / nach welcher Verfliessung der Topff herauß gelanget werden kan / worinnen das
Bley von dem Essig-Dampff also durchfressen und corrodiret zu finden ist / daß es gantz
zerbrüchlich und von gantz weisser Farb ist. Sobald man die also zubereitete Blätter
heraußgenommen hat / werden sie in Stücker zerbrochen und an der Lufft getrucknet. Solche
müssen schön zart / auß- und inwendig weiß / in außerlesenen Stückern / und mit keinen
schwartzen Schieffern / vielweniger anderem kleinen Unrath vermischet seyn. Der Gebrauch aber
ist den Mahlern und Weißbendern / welche es mit Oehl oder Wasser anmachen / am meisten
bekandt.
§. 9.
Wann nun dieses so gemachte Schifferweiß entweder in dem Mörser oder darzu gehörigen Mühlen
zerstosen / mit Wasser zu einer Massa und in gewissen Formen zu kleinen Kuchen oder Kegeln
getrucknet ist / so wird es
CERUSSA oder Bleyweiß
genennet: kommet zwar gemeiniglich in blauem Papier auß Holland und Engeland / allein das
beste und auffrichtigste kommet auß Venedig / und wird auch das Venetianische genennet / indem
die Venetianer fast die ersten gewesen / welche diese Marchandise erfunden. Weilen indessen
dieses letztere wegen seines grossen Wehrtes und Preyses sehr rar und nicht wohl zu haben ist /
so führen die Materialisten meistens das Holländische Bleyweiß / welches die [82] Mahler fast eben so gern / als das Venedische kauffen / ohnerachtet es mit Oehl oder
Wasser angemacht und nicht lange die Weisse hält / indem es sehr viel Krayden in sich hat; da
hergegen das Venedische Bleyweiß eine dauerhaffte Farbe gibt / welches auß blossem Bleyweiß
bestehet. Weßwegen dann auch diejenige / so einige Medicamenten / als Saccharum ???. und
dergleichen auß der cerussa machen wollen / keine andere Sorte / als die Venetianische darzu
employren sollen / oder können auch an statt des praeparirten Bleyweisses / das rohe und
gemahlene Bleyweiß nehmen / welches man doch von gewissenhafften und bekandten Leuten kauffen
soll / indem auch dasselbige vielfaltig verfälschet werden kan. Die Holländer sollen nur das
staud- und mehlichte / so von dem Bleyweiß / wann es in Stücker gebrochen wird / abgehet / zu
ihrer Cerussa nehmen / und weilen solches nicht sufficient ist / eine dergleichen Quantität /
als darzu vonnöthen / und hin und wieder verthan wird / darauß zu machen / so sollen sie eine
Art weisser Kräyde darunter mischen. Das Englische soll noch schlechter seyn / weilen noch mehr
Kräyden darunter stecket / wie Pomet, ein Frantzöischer Materialist in seiner Histoire des
Drogues Part. 3. Lib. I. cap. 73. pag. 45. von beyden judiciret. Die Prob aber ist / daß es
außbündig weiß / zart / doch hart und recht trucken / aucht nicht brüchicht sey; was aber gern
voneinander fället oder sonsten andern Unrath in sich hat / muß man nicht annehmen / weilen es
gemeiniglich nicht wohl getrucknet worden / ehe es eingepacket worden. Es wird nun auch in
Franckfürt und Nürnberg gemacht / wie Marxius in seiner Material Kammer pag. 78. geschrieben:
Ist sonsten nicht allein denen Mahlern und Weißbendern / sondern auch den Medicis, Apotheckern
und Barbierern zu verschiedenen außtrucknend- und heilenden Salben und Pflastern / als
Unguentum camph. alb. Empl. alb. coctum, de ranis c. & s. ???.
&c. sehr dienlich und gebräuchlich.
§. 10.
Auß diesem Bleyweiß entstehet das so genandte
SANDIX,
welches ein rothes Pulver und nichts anderst / als ein calcinirtes Bleyweiß ist / und kommet
an der Farb und Gebrauch mit dem Minio sehr überein; daher es auch kommen mag / daß einige
davor gehalten / es wäre die Menning auß dem Bleyweiß per calcinationem praepariret / welche
doch weit fehlen / indem das Bleyweiß auß Holland / das minium aber auß Engeland kommet /
dieses auch immer viel wohlfeiler ist / als das Bleyweiß; weßwegen dann auch das Sandix gar
selten gebraucht wird / indem das Minium eben das praestiret / was davon zu hoffen / auch viel
besseres Kauffs ist.
§. 11.
Wann aber das Bleyweiß nicht starck im Feuer gedrennet / sondern nur gelind geröstet wird /
so entstehen darauß einige andere Farben / welche inßgemein
MASSICOTS oder MASTICHOTS
genennet werden / wie Pomet c. l. davon meldet; obwohlen Kunckelius im zweyten Theil der
Glaßmacher-Kunst pag. 53. einige andere Beschreibungen / welche auß Zinn-Kalck / Soda und
dergleichen bestehet / an Tag gegeben hat. Die Holländer überschicken wohl drey biß vier Sorten
/ nemblich die gemeine / mittel und feine / welche von unterschiedenen Farben sind / nachdem
sie durch viel oder wenig Feuer gegangen. Lässet man das Bleyweiß oder Zinn-Kalck nur eine
wenige Zeit im Feuer / so wird es etwas gelblicht / welches das weisse Massicot genennet wird:
lässet man es länger darinnen / wird es recht gelb und gibt das gelbe Massicot: Treibt man das
Feuer stärcker / so bekombt es ein gold-gelbe Farb davon es auch den Nahmen hat. Und auff
solche Manier könte man noch die vierdte Art Massicot zu wegen bringen / wann man das Bleyweiß
solang im Feuer arbeitete / biß es gantz roth würde / welches doch nichts anderst als das obige
SANDIX oder gemeine Vermillon wäre. Sonsten aber müssen alle Massicots schwer seyn / doch auß
einem zartesten Pulver bestehen / hoch an der Farbe / nachdem es die Art und Sort erfordert:
werden zur Mahlerey gebrauchet.
§. 12.
Letztens rühret auch das
LITHARGYRIUM
Glette oder Silberglette
von dem ???. her / welches nichts anders als ein zu Schlacken calcinirtes Bley ist / und
bestehet auß solchen Stücken und Schieffern / wie das Schiefferweiß / welche etwas röthlicht
und zerbrüchlich sind; wird entweder von Natur zu bereitet in der Erden gefunden / welches doch
sehr rar und fast unbekandt: oder wird durchs Feuer also gemacht / wann man das Gold oder
Silber durch das Bley reiniget: kombt auß Dantzig / Schweden und Dennenmarck herauß / wird aber
doch auch wohl in Teutschland gemachet; dahero Pomet in seiner Frantzöischen Beschreibung der
Materialien Part. 3. Lib. 1. cap. 77. pag. 47. schliessen will / daß, das Lithargyrium, welches
die Materialisten führen / vielmehr von demjenigen Bley herrühre / welches zur depuration des
Kupffers gebrauchet worden / zumahlen die Goldschmiede die Glette / so bey Scheidung oder
purificirung des Golds und Silbers entstehet / langsam oder gar nicht zu verkauffen / sondern
wieder zu Blen zu schmeltzen pflegen / welches sie immer wieder zu der [83] gleichen Arbeit gebrauchen / auch auff solche Manier dasjenige / was etwa von
Gold oder Silber noch darinnen zurück geblichen / wieder bekommen. Weßwegen dann auch die beyde
Species, als LITHARGYRIUM AUREUM & ARGENTEUM nicht deßwegen so genennet werden
/ als ob dieses zu Reinigung des Silbers / jenes aber zur Reinigung des Golds gebrauchet worden
/ wie viele bißdaher dafür gehalten / sondern weilen jenes gelb / dieses aber weißlicht
außsiehet: welche Couleuren von dem Feuer entstehen / indem eben die Glette / so anfangs
weißlicht oder bleich-gelb außsiehet / hald gold-gelb und röthlicht werden kan / wann sie
länger und stärcker im Feuer exerciret wird; hahero es andere auch auß blossem Bley also
verfertigen können / mit welchem es einerley Qualitäten hat. Das beste ist / so hoch an der
Farbe und ist das Dantziger inßgemein besser als das Englische. Die kleine und dünne Stücker
sind besser als die dicke / weilen sie mehr calciniret und derowegen auch eine lebendigere Farb
haben / lassen sich auch eher solviren Es wird sonsten zu vielen Sachen / nicht allein in der
Artzney / zu den außtrucknenden und kühlenden Salben und Pflastern / sondern auch zu der
Häfner-Glasur / zum Firnuß der Mahler / von Färbern und Kirschnern und andern dergleichen
gebrauchet; daß sich aber die Wein-Wirthe dessen auch zu Versüssung der sauren Weinen
gebrauchen / ist ein höchstschädlicher Mißbrauch / indem es etwas gifftmäsiges und
corrosivisches bey sich heget / wie nicht allein Samuel Stockhusius in seinem Tract. de
Lithargyrii fumo noxio und dessen Anhang von der Berg-Katze stattlich gezeiget / sondern auch
noch vor kurtzen Jahren die klägliche Erfahrung im Würtenberger Land erwiesen / wo durch
dergleichen mit der Glette versüssete Weine / eine gichtmäsige Colic und andere gefährliche
Kranckheiten im gantzen Lande eingeführet worden / wie auß verschiedenen damahlen
heraußgegebenen Teutschen Schrifften so wohl / als auch den Miscellan. Ac ad. Germ. Cur. Dec.
3. Ann. 4. Obs. 30. pag. 77. seqq. hier von mit mehrerem zu lesen ist.
§. 13.
Was endlich andere / auff Chymische Art auß dem ???. oder Bley zubereitete Artzneyen / (deren
einige die Materialisten auch zu weilen führen) anlanget / so ist darunter das SACCHARUM
SATURNI sehr bekandt / welches entweder auß dem Minio oder auß dem Schiefer- und Bleyweiß /
durch wiederhohlte solution und coagulation mit destillirtem Essig zubereitet wird: Ob aber
diese salstchte Erystallen von den ??? ninis oder dem Essig herrühren / davon wird unter den
Gelährten sehr disputiret / wie bey D. Hoffmann. in Clav. Schroed. pag. 245. der Länge nach zu
lesen ist. Das beste ist recht süß / schön weiß / leicht und in kleinen Crystallen / welche das
Wegrich-Wasser gantz weiß machen: kühlet vortrefflich in- und außwendig des Leibes. Die
Materialisten haben es in Crystallen und am Pulver / welches letztere wohlfeiler. Wann man
solches im Keller von sich selbsten zergehen lässet / oder auch in Terpentin-Oehl solviret /
bekombt man den BALSAMUM SATURNI, welcher auch hitzige Schäden und Wunden sicher heilet. Lässet
man aber das Saccharum ???. in halb Wasser und halb destillirten Weinessig zergehen / so kan
man es an statt der Jungfern-Milch gebrauchen / auch die Finnen im Angesicht damit curiren /
wann man wenige Tropffen davon in Wasser tropffet und sich damit abwäschet. Man kan auch das
MAGISTERIUM ???. darauß praecipitiren / wann man das ??? Tart. per deliq. darinnen tröpfflen
lässet / welches eben den Effect thut. Doch ist zumercken / daß ob schon diß Magisterium eine
weisse Couleur habe / solches doch / wie andere metallische weisse Pulver / die Haut nicht weiß
/ sondern schwartz mache und daher so trucken nicht zu gebrauchen seye. Von den übrigen besiehe
den Scroeder und Ettmüller.
|| [84]
§. 1.
DAs Eisen (??? oder Ferrum) ist ein sehr hartes / ungeschlachtetes und nicht gern flüssiges
Metall / welches sich doch treiben lässet: wird in verschiedenen Ländern / absonderlich aber in
Schweden und Teutschland häuffig gefunden / und wird nicht allein auß den Eisen-Steinen
geschmoltzen / sondern fliesset auch zuweilen von sich selbsten in der Erden; dahero offters
pure und geschmoltzene Eisen-Körner oder auch gantze Stücker davon in den Eisen-Gruben gefunden
werden / dergleichen mir eines zu Handen kommen. Absonderlich aber soll sich in Norwegen
dergleichen gediegen Eisen offters finden / als Wormius in seinem Museo pag. 123. erzehlet. Ja
es schreibet Rulandus in Lex. Alchym. pag. 266. daß in der Steyermarck dergleichen Eisen-Körner
auch in einigen Flüssen gefunden würden.
§. 2.
Am meisten aber wird es auß den Ertzen und gegrabenen Eisen-Steinen geschmoltzen / welche
gemeiniglich braun oder wie verrostet Eisen außsehen; wiewohlen der beste und gar reiche
Eisen-Stein auch ein blaulichte Farb hat / und dem gediegenen Eisen nahe kombt / vid. Ercker.
im Probier-Buch pag. 83. Beyde werden zu erst an einem fliessenden Wasser von denen noch
anhangenden Erdichten Unreinigkeiten gewaschen / nachmahlen auff den Schmeltz- Hütten in
grossen darzu bereiteten Schmeltz-Ofen / darunter das Feuer durch zwey grosse / von einem
Mühlen-Rad getriebenen Blas-Bälgen angeblasen wird / geschmoltzen / diß es wie geschmoltzen
Bleye anzusehen / da alsdann die Schlackeu davon abgeschaumet / die Blas-Bälge gehemmet / und
der Ofen unten mit einer Stang Eisen durchstossen wird; worauff das geschmoltzene Eisen / wie
ein feuriger Strohm / in die darunter gemachte lange Löcher und Gies-Formen / durch das Loch
herauß fliesset / und also zu denen so genandten
Goesen
formiret wird / welche gemeiniglich 6. bis 7. Schuh lang und einen Schuh dick sind. Will man
aber Stück-Kugeln / Oefen / Mörser / Gewicht-Stein / Hiepen- und Waffeln-Eisen giessen / so
werden darzu eigene Formen in Sand oder Eisen gemacht / worinnen man das geschmoltzene Eisen
fliessen lässet / oder auch mit grossen Löffeln einträget. Allwo zu mercken / daß je feiner und
sauberer die gegossene Gefässe werden sollen / je länger das Eisen im, Fluß zu erhalten / also
/ daß da zu den Goesen und groben Sachen solches nur 12. Stund im Feuer [85] zu lassen / zu den sauberen es wohl 15. bis 18. Stund fliessen müsse.
§. 3.
Diese Goesen werden nachmahlen auff die Eisen-Hämmer geführet / allwo sie durch die von dein
Wasser getriebene grosse Blas-Bälge in der Esse ferner außgeglüet / durch offteres bewegen
geschmeidiger gemacht / und nachmahlen auff einem grossen Ambos / durch einen sehr grossen /
von dein Wasser gleichfals ge triebenen / Hammer zu den
Eisen-Stangen oder Stäben
geschlagen wird / allwo alle unreine erdichte Materie wegspringet / und also das Eisen zum
feilen und andern Arbeiten zubereitet wird. Will man aber solches so bald zu Pflug-Eisen /
Pflug-Schaaren / Hopfen-Eisen und dergleichen formi haben / so können damit die Hütten-Knecht
so bald an die Hand gehen.
§. 4.
Auß diesen Stangen oder Stäben werden nachmahlen die eiserne Ruthen / und auß diesen der
Eiserne Drath
von den Drathziehern / auff den Drathzügen gemacht / wann dieselbe erstlich durch die
grössere und hernachmahlen durch kleinere Löchlein gezogen werden / nachdem der Drath dick oder
dünne werden soll / welcher alsdann zu grossen Ringen gewickelt / und also verkauffet wird.
§. 5.
Nicht weniger werden aus denen offters außzuglüenden Stäb-Eisen auch verschiedene Sorten von
Blech
geschlagen / welches entweder in grossen und doppelten / oder kleinen und einfachen Platten
bestehet: auß welchen nachgehends mit kleinen Hämmern das dünne und überzinnte Blech geschlagen
wird / dessen sich die Spengler bedienen / so am allerbesten in Teutschland gemachet und allda
ein guter Handel damit getrieben wird. Sie machen es zwar auch in Franckreich / welches aber so
sehr nicht aestimiret wird / als das Teutsche / indem jenes leichtlich verrosten thut.
§. 6.
Ingleichem wird auch der
Stahl
viel besser in Teutschland / als anderstwo gemacht / so gar / daß auch die Frantzosen ihre
Scheer-Messer / Lancetten und andere Chirurgische Instrumenten auß dem Teutschen Stahl /
absonderlich demjenigen / welchen sie l' acier de Carne nennen / zu machen pflegen; von welchem
auch die Damascener Klinge̅ herrühren. Er wird aber nicht anderst gemacht / als
wann das Eisen offt außgeglüet und in besondern Säfften von volatilischen Kräutern wider
abgekühlet wird; dahero auch die Schmiede das glüende Eisen offters an die Pferds-Hüfe halten /
und solches durch das darinn verborgene volatilische Saltz zu mehrerer Härtung bringen. Zu
meiner Zelt war ein Messerschmied zu Leyden in Holland / welcher eine gewisse Härtung von dem
berühmten Cartesio solte bekommen haben / dahero er insgemein der Cartesianische Messerschmied
genennet wurde: machte zwar vortreffliche Scheermesser und andere Instrumenten / liesse aber
sich alles theuer genug bezahlen. Doch bezeuget Rulandus in Lex. daß am Fustelberg in Voigtland
auch natürlicher Stahl in der Erden gefunden werde / welchen Paracelsus ???. Marem, das Eisen
hergegen ???. Foeminam nennet.
§. 7.
Unter denen Artzneyen / welche von Eisen und Stahl herrühren / ist der Feil - Staub
oder
LIMATURA ???.
das erste / welche am besten von denjenigen Künstlern / so in Stahl arbeiten / absonderlich
von den Nadelmachern zu haben / und ist die Prob davon / daß man sie ans Liecht hatte / all wo
diejenige / so nur bis an die Helfft brennet und das Liecht außlöschet / vor untüchtig und mit
Eisen gemenget gehalten wird / wie Pomet in seiner General Historie der Materialien Part. 3.
Lib. 1. cap. 17. pag. 10. zeiget.
§. 8.
Auß dieser Limamtuâ ???. kan man leichtlich den so genandten
CROCUM ???. APERITIVUM CUM SULPHURE
praepariren / wann man gleich so viel Schwefels darunter mischet und im Feuer wohl außbrenen
lässet; welche andere auch also verfertigen / daß sie ein Stück Stahls bey einer Esse recht
glüend machen / ein Stück gantzen Schwefel daran halten / worvon der Stahl wie Butter
zerschmeltzet und ins Wasser fället / welchen man in ???. reverberii so lang außglüet / bis ein
rothes Pulver darauß wird. Andere setzen den Feil- Staube an das Thau-Wetter / oder feuchten
ihn mit Regen - Wasser zum verrosten an / daß sie den Crocum ???. aperitivum erlangen / allein
es gehet viel Zeit darauff.
§. 9.
Der
CROCUS ???. ADSTRINGENS
wird durch blose calcination des ???. gemachet / und kan man solchen in der Menge auff den
Eisen-Hütten umbsonst haben / worinnen er sich häuf [86] fig
anhänget. Man findek ihn auch an den Stählen und Eisen / welche unsere Weiber zu dem Biegeln
offt außglüen.
§. 10.
Unter den Stahl-Tincturen und Essentien ist heut zu Tag die
TINCTURA ???. CUM SUCCO POMORUM
sehr gebräuchlich / welche recht zu haben / wann man die Limaturam ???. erstlich mit dem
Borstorffer-Apffel-Safft auff dem warmen Ofen infundiret / bis alles schwartz / wie Dinten
außsiehet: hernacher koche den Safft zum Extracto ???. welches abermahlen mit dem Spiritu Vini
oder ???. cochleariae solviret und also zur ???. oder Essentz bereitet wird. Von andern ???
alibus, als ???. Sanguine ???. oder ???. cum Terra fol. Tartari, Marte Diaphoretico und
dergleichen / besiehe den Schroederum und dessen Außleger / Hoffmannum, Ettmüllerum und
andere.
§. 12.
Der Gebrauch derjenigen Artzneyen / so auß Stahl und Eisen gemacht werden / ist in
langwierigen Kranckheiten / so insgemein von Verstopffung der Leber und Miltzes hergeleitet
worden / als Wassersucht / Gelbsucht / windigen Melancholey / Bleichsucht der Kinder / Jungfern
und Weibern sc. sehr bewährt / ohnerach???tet ein gewisser Engeländer / Gedeon Harveus in
seinem Buch de Arte curandi morbos expectatione Cap. V. solche ziemlich durchgezogen / welchen
nicht allein andere gelährte Medici, sondern die Erfahrung selbsten zur Genüge wiederlegen.
§. 1.
DIe Eisen-Blum oder FLOS FERRI ist noch bey wenigen Materialisten und Apotheckern zu finden /
sondern man siehet solche nur in einigen curiosen Naturalien-Kammern; ob schon zu wünschen wäre
/ daß sie bekandter bey uns würde / weilen sie in verschiedenen Kranckheiten eine herrliche
Artzney abgiebt: Ist sonsten nichts anderst / als ein Schneeweisser oder zuweilen
Silber-farbichter mineralischer Stein / so in den Berg-Wercken auff einigen Ertzen und
besonders auff den Eisen-Steinen in die Höhe schiesset / und entweder wie geschmeidige Aestger
/ Corallen-Zincken / gestreiffte Crystallen oder in andern Figuren anzusehen / wie sie von
Beslero in dessen schönem Gazophylacio fol. 8. und von der Kayserlichen curiosen Societät in
Miscell. Acad. Nat. Cur. Dec. 2. Ann. 6. pag. 297. abgemahlet wird.
§. 2.
Diese so genandte Blume wächset sonderlich in der Ober-Steyermarck / so an Oestreich gräntzet
/ und zwar bey einem Dorff / welches [87] wegen menge der Eisen-Gruben /
Eisen-Ertz genandt wird / in dessen Berg-Wercken diese Eisen Blumen häuffig gefunden und von
dannen den curiosen Liebhabern überschicket werden / welche desto angenehmer und besser sind /
wann sie gantz weiß und mehr durchsichtig als dunekel und mit anderen mineralischen Dinge
vermischet sind.
§. 3.
Auff was Art und Weisse aber dieselbe generiret und hervorgebracht werde / und auß welcher
Materie sie bestehe? davon sind verschiedene Meynungen. Die Einwohner des Orts sagen / es würde
die Eisenblum von und auß ei nein besonderem Stein-Wasser / so durch die Erde und Wände der
Eisen-Gruben tröpffele und so gleich zu Stein werde / gezeuget. Woher aber dieses Wasser solche
Krafft habe / ist von andern / so ein grösseres Einsehen hierin haben / nachmahlen entdecket
worden / welche in Acht genommen haben / daß alle Eisen-Adern dasiger Gegend von einem harten
Kalckstein bedecket seyen / welcher das Regen- oder Schnee-Wasser / so ihn gleichsam löschet
und auffschliesset / in sich schlinget und ihm solche Schärffe mit theilet / daß es nachmahlen
die Eisen-Steine durchdringen könne / auß welchen es durch die Bergdünste und Treibgewalt der
Lufft hervor getrieben und in solche Blumen figuriret wird. Und weilen dieses Wasser zuvor
durch die enge Löchlein der Erden gestegen und gleichsam filtriret wird / so ist diese Blum /
gleich dem Crystall und den Edelgesteinen durchsichtig / doch aber nicht so hart / sondern wie
die Kalckstein selbsten zuweilen mürb und weichlicht.
§. 4.
Hierauß erscheinet nun / daß der Eisenblumen Ursprung mehr obgedachten Kalcksteinen / als dem
Eisen-Ertz zuzuschreiben sey / zumahlen ein berümbtes Mittglied obbelobter Teutschen Societät
der Naturkündiger / Doct. Oehmb durch sehr viele Proben / so er so wohl von dem obgedachtem
Stein-Wasser / als der Eisenblum selbsten genommen / alles dasjenige observiret / was der
berümbte Sächsische Leib-Medicus D. Ludovici durch allerhand Chymische Experimenten auß dem
Kalck gebracht / und in oben angeführten Miscellaneis Dec. I. Ann. VI. et VII. Obs. 244.
beschrieben hat. Wiewohlen nicht zuläugnen / daß auch etwas vom Eisen selbst darin verborgen
sey / wie vermittelst eines Magnets leichtlich kan gezeiget werden / auch dessen anhaltende und
adstringirende Krafft solches behauptet.
§. 5.
Indessen darff man sich doch nickt scheuen diese Eisenblume auch wohl innerlich zu gebrauchen
/ indem bekandt / daß auch das Kalckwasser selbsten (Decoct. calcis vivae) von dem berümbten
Willisio und andern innerlich in desperaten Kranekheiten mit gutem Erfolg gebrauchet worden.
Weßwegen dann auch D. Hoefferus in Hercule Med. Lib. 3. cap. 5. pag. 169. den innerlichen
Gebrauch der Eisenblum in allen Blutstürtzungen / absonderlich aber in der Rothen-Ruhr höchlich
recommendiret. Ja es bezeiget der sehr berümbte Augspurgische Medicus, Herr Doct. Velschius in
Observ. Phys. Med. Hecatost. I. Obs. 37. daß wann er / nach Unterschied des Alters / ein halb
Quint oder zwey Scrupel der gestossenen oder auch calcinirten Eisenblum in der Rothen-Ruhr
gegeben habe / es allemahl mit der Cur einen glücklichen Außgang gewonnen habe.
§. 6.
Viel sicherer kan man sie äusserlich gegen allerhand Räudigkeit / Krätze / böse Geschwär und
andere Verletzungen der Kaut gebrauchen / indem sie eine sehr außtrucknende und heilende Natur
hat und deßwegen in allen Fällen / so sonsten die Aqua Calcis Vivae recommendiret wird / auch
verschrieben werden; und zweiffle ich nicht / daß sie wegen ihrer schönen weissen Farb auch dem
Frauen-Zimmer eine gute Schmincke abgeben könne / indem die Eisenblume viel schöner und fast
auch zährter ist / wie das Magisterium Marcasitae, so sonsten die weisse Schmincke abgiebet.
|| [88]
§. 1.
MArcasit (MARCASITA) ist nichts anders / als ein unzeitiges ??? rialisches und sehr flüssiges
Metall / von unterschiedlicher Couleur, doch meistens gelblicht: wird sonsten inßgemein von
einigen auch Wißmuth oder BIS MUTHUM geheissen / welcher Nahme doch von andern nur derjenigen
Marcasit, so auß den Zinn-Gruben kommet / beygeleget wird / wie in des Herrn Pomets General
Historie der Materialien Part. 3. Lib. 1. cap. 6. et 25. zu sehen ist.
§. 2.
Gleich wie nun ein jedes Metall seine eigene Marcasitam hat / also ist leicht zu dencken /
daß man vielerley Arten davon finde / und solches domehr / weilen fast ein jedes unbekandtes
Metall vor ein Marcasit will gehalten werden; dahero man zuweilen vielerley Sorten bey den
Materialisten antrifft / als graue / schwartze / gelbe / und solche entweder in runden /
viereckichten und platten Stückern. Inßgemein aber führen sie zwey biß drey Sorten / als I. die
MARCASITAM AUREAM, Gold-Kieß / welche auß kleinen / runden / sehr schweren und nicht leicht
zerbrüchlichen Kugeln bestehet: 2. MARCASITAM ARGENTEAM oder Silber-Marcasit, welche fast eben
so figuriret ist / doch aber weniger Tinctur hat / und 3. die jenige / so auß den Kupffer-Minen
herkombt / welche auß grossen Kugeln / wie ein Ball / doch gemeiniglich uneben / auch zuweilen
auß länglichten Stückern bestehet. Diese letztere Marcasit, ist zwar sehr hart / dennoch wann
sie an einem feuchten Ott gehalten wird / so zerfället sie leichtlich und wird in ein Vitriol
von der Feuchtigkeit / welche sie durchdringet / soiviret.
§. 3.
Sonsten hat man auch noch eine Art von Kupffer-Marcasit, welche Lateinisch
PYRITES
und von den Frantzosen MONDIQUE genennet wird: ist ein schwerer und grauer Stein mit gelben
und gläntzenden Flecken und Adern / worauß auch Vitriol gemachet wird.
§. 4.
Die bekandteste unter allen ist die
Zinn-Marcasit oder
das BISMUTHUM,
welches sonsten auch STANNUM CINEREUM und von den Frantzosen L' êtain de glace, zu teutsch
Wißmuth / und per excellentiam vor andern in den Apothecken Marcasit genennet [89] wird / weilen es alle andere an der Schönheit und Güte übertrifft. Ob es aber also
natürlich in den Zinn-Gruben gefunden werde / will obgemeldtem Frantzöischen Materialisten
Pomet c. l. sehr zweiffelhafftig vorkommen / dieweilen alle und jede Materialisten / mit
welchen er entweder schrifftlich oder mündlich deßwegen conferiret / bekennen / daß der Wißmuth
/ wie sie ihn heut zu Tag verkauffen / eine künstliche Mixtur auß Zinn / Weinstein und Salpeter
sey. Die Engeländer sollen etwas Kupffer darunter mischen / dahero derselbige etwas röther oder
gelber wird. Weßwegen ihn obiger Author vor ein Regulum ???. halten will. Andere hergegen
wollen versichern / daß der Wißmuth in der Erden generiret und auß seiner Minera entweder vor
dem Blaßbalg / oder durch den Wind / getriebenes Feuer in gewisse Schüsselein geschmoltzen
werde / wie solches Erckerus im Probier-Buck Part. 4. p. 74. in obiger Figur zeiget / und
Ettmüllerus in seinem Comment. in Schroed. pag. 895. bestättiget. Scheinet also daß Herr Pomet
durch die geschmoltzene Figur dahin geleitet worden / daß er ihn vor einen Regulum hält: Muß
sonsten in hübschen grossen Stücken / welche weiß und leicht zu zerbrechen seyn / bestehen /
und dem Regulo ??? gleich sehen.
§. 5.
Was den Gebrauch der Marcasiten an langet / so werden sie sonderlich von den Chymicis und
Alchymisten gesuchet / am meisten aber der Gold-Kieß / welcher gleichsam der Saame des Goldes
ist / wie die andere Marcasiten der andern Metallen sind. Die gemeine Marcasit oder Wißmuth
aber wird auch sehr von den Kannen-Giessern / an statt des Reguli ???. gebrauchet und in der
Artzney werden einige äusserliche Mittel / als weisse Schmineke / darauß gemacht / so nichts
anderst ist / als das
MAGISTERIUM MARCASITAE,
welches einige auch BLANC de PERLES und BLANC d’ ESPAGNE auff Frantzöisch nennen. Dieses wird
also gemacht: Man solviret den Wißmuth in ???. rectif. und praecipitiret es nachgehends mit
fliesend Wasser / nicht aber mit Brunnen-Wasser / welches alles trüb machet. Andere schlagen
die Solurion mit dem ??? Tart. per deliq. darnieder / und bekommen also des so genandte
COSMETICUM CLUVII, welches gegen allerley, Flecken des Angesichts dienet / und dasselbe schön
weiß machet. Es wird beydes also gebrauchet / daß man es den Fetten Personen mit Bohnen-Wasser
/ den Mageren aber mit Jasmin-Oehl oder Pomade anmache und dieselbige damit anstreichen lasse.
Die Perruquen-Macher sollen die rothe Haar weißlicht oder blau darmit färben / welches aber im
Regen den Strich nicht hält; wie dann auch die Apothecker dieses Magisterium nicht in grosser
Quantität machen sollen / weilen es leichtlich gelblich wird / wann es alt ist. Diejenige aber
/ welche es von andern kauffen / müssen es von redlichen und bekandten Leuten kauffen / dann
ein grosser Betrug darmit unterlauffen kan. Einige machen es auch auß den
FLORIBUS MARCASITAE,
welche von dem calcinirten und mit Salarmoniac sublimirtem Wißmuth zubereitet werden. Diese
Flores in Wasser zerlassen und mit dem ???. oder auch ??? Tart. p. d. niedergeschlagen / geben
ingleichem ein dergleichen weisses Pulver und Magisterium, welches wie das vorige gemitzet
wird.
§. 6.
Letzlich ist der
Zinck
noch übrig / welcher sonsten auch Speauter genennet / und in viereckichten dicken Kuchen /
worzu er / wann er gereiniget wird / in eine Form gegossen / kommet: findet sich häuffig umb
Goßlar / wo das Kupffer-Wasser oder Vitriol herkommet und ist eine Art Bley-Ertz / aber viel
härter / weisser und gläntzender / als das gemeinen. Einige / als M. Charas vermeinen / es
würde der Zinck auß Bley und Arsenic, mit Salpeter und Weinstein gemachet: allein, Pomet,
dessen Mittbürger / hat offentlich gezeiget / daß solches sich nicht thun lasse / und also
dieses ein natürlich / wiewohl unvollkommenes / Metall sey. Das beste ist schön weiß / in
grossen Stückern und nickt leicht-brüchig. Je länger es im Feuer gewesen / je schöner es ist /
welches an den kleinen Sternlein darauff zu sehen / wann es wieder gegossen und zu kleinen
Stücklein formiret wird.
§. 7.
Es wird dieses Metall in grosser Quantität von den Kannen Giessern, verthan / nachdem sie in
Acht genommen / daß das Zinn viel besser dadurch / als durch den Feilstaub der Nadelmacher von
seinem Unflat zusaubern sey. Einige stehen in den Gedaneken / sie vermehreten das Gewicht des
Zinnes damit; allein daß dem nicht so sey / erhellet darauß / indem sie unter einen Centner
Zinns / kaum ein ??? Zinc nehmen: und ist zu verwundern / ras der Zinck das Zinn also reinige /
als das Bley das Gold / Silber oder Kupffer. Es dienet auch den Rothgiessern und zum Löthen:
allwo man doch wohl zu sehen mus / daß der Zinck gut sey / sonsten verdirbt man die gantze
Löthung. Zinck gibt dem Kupffer eine Gold-Farbe / absonderlich wann man etwas Curcuma darzu
thut / zwingt auch das Kupffer nicht anders / als Arsenicum, wann man das weisse Kupffer
machet: Oder auch wie der Gallmey Kupffer in Messing verändert / und der Ungarische Vitriol das
Eisen in Kupffer tingiret / wie / Pomet auß den Act. Soc. Regiae Londin l. c. wohl angemercker
hat. Von dessen Praeparatis, als Floribus Zinci, besthe Ettmüllerum l. c. pag. 896.
|| [90]
§. 1.
DAs Spieß-Glas / ???. oder Antimonium, wie es bey denen Materialisten gefunden wird / ist ein
hartes / schweres / doch zerbrichliches Metall / schwartzlicht wie Bley anzusehen / und mit
langen gläntzenden Streiffen / auch (wann es vom besten) röthlichten Tüpfflein begabet: wird
insgemein Antimonium Crudum, oder Rohe Spiesglas genennet / welches doch unrecht ist / indem es
nicht rohe auß den Berg-Wercken / sondern in Klumpen und also gegossenen Kuchen gebracht wird /
welche auß der Minera ???. oder dem rohen Spiesglas durch Hülff des Feuers gezwungen werden:
kombt meistens auß Franckreich und Teutschland / nachdem das Ungarische (welches das beste)
nicht mehr wohl zu haben ist.
§. 2.
Diese Minera ???. findet sich in vielerley Gestalt / und bestehet insgemein auß schwartzen
und etwas gläntzenden Ertz-Steinen / oder wächset an gewissem Schiefer-Sand und andern Steinen
/ hat auch zuweilen durchsichtige Flüsse und metallische Crystallen über sich / wie Ulysses
Aldrovandus in seinen Museo Metallico pag. 188. durch obgesetzte Figuren zeiget. Und obwohlen
Plinius lib. 33. cap. 6. diese Mineram in das männliche und weibliche Geschlecht getheilet und
die letztere vor die beste gehalten hat / so will doch Pomet auff solchen Unterscheid wenig
geben / noch gesehen haben / ob er schon vieles ???. sein Lebtag durchtrieben / wie seine
Historie Generale des Drogues Part. 3. lib. 2. pag. 54. außweisset. Man sehe nur zu / daß sie
schwer / reich und lauter von Kissen sey / welche auch Marxius in seiner Material-Kammer pag.
27. vor die beste hält: absonderlich wann sie auß Ungarn zu haben / welche Gold-reich / aber
heut zu Tag sehr rar ist; doch findet man auch in Teutschland vieles ???. welches auch nicht zu
verwerffen ist.
§. 3.
Auß diesen Mineris wird das gemeine Spiesglas also geschmoltzen: man nimbt zwey irrdine
Töpffe / gräbt den einen in die Erde / bedeckt denselben mit einem eisernen Blech / wie ein
Schaumlöffel durchlöchert / stürtzet alsdann den andern / welcher mit der zerstossenen, Minerâ
???. angefüllet / das unterst zu oberst / darüber / umgib beyde Töpffe mit einem starcken Feuer
/ so tropffet das ???. in den untersten Topff zu solchen Kuchen und Kegele / wie es gebracht
wird: das Blech aber verhindert / daß der Kieß und, Steine von der Minerâ zurück bleiben.
§. 4.
Der Gebrauch des so genandten Antimonii Crudi ist gar vielerley / indem man es nicht allein
auff den Schmeltz-Hütten / andere Metallen zum reinen Fluß zu bringen / emploiret / sondern
auch in den Schrifft-Giessereyen zu den Buchstaben der [91] Drucker sehr
nöthig hat. So brauchen sich auch dessen die Roß- und Vieh-Aertze / absonderlich / zu den
Pferdten / denen man solches unter das Futter menget / und einen Schweiß da durch zu wegen
bringt / wordurch sie vortrefflich curiret werden / wie in den Actis Societ. Reg. Londin. davon
geschrieben wird. Ob man aber solches den Menschen geben könne oder dörffe / davon ist immer
unter den Artzney-Doctoren, ein grosser Disputat gewessen? Gewiß ist es / daß vor dem zwölfften
Seculo solches innerlich nicht gebrauchet worden; nachdem aber Basilius Valentini, ein
vermeinter Münch / dessen Tugenden erfahren und in seinem so genandten Currutriumphal. ???. so
höchlich angerühmet hat / ist es so bekandt worden / daß einige Medici darauß eine
Apotheckgegen alle Kranckheiten zu machen sich unterstehen. In Franckreich allein /
absonderlich zu Paris / hat es sehr widrige und wunderliche Fata gehabt / wo im Jahr 1566. das
Parlament den Gebrauch des ???. offentlichen verbotten / auch einen Medicum, Besnier genandt /
Anno 1609. auß der Facultät außgeschlossen / weilen er darwieder gehandelt / biß endlich Ann.
1637. dieses wider auffgehoben und nur den Medicis erlaubet worden die ??? alia wieder zu
gebrauchen; dahero heut zu Tag nicht allein viele Praeparata darvon täglich gebrauchet /
sondern das ???. crudum in den Holtzträncken zuweilen verschrieben wird; welches auch einige zu
etlich granen in Substantiâ gegen die schwere Noth / Jucken der Haut / und die Frantzosen
eingeben / welches doch grössere Behutsamkeit vonnöthen hat.
§. 5.
Unter den PRAEPARATIS ??? alibus (deren sich die meiste auch in denen Material-Kammern
finden) ist erstlich das
VITRUM ANTIMONII,
welches nichts anders als ein calcinirtes und von seinem gifftigen Schwefel befreyetes
Spiesglase ist. Man findet solches zuweilen von der Natur selbsten unter der Erden praeparirt /
und hab ich selbsten eine Mineram ???. in Handen / an welcher ein Purpur-farbes Vitrum ???. zu
sehen ist. Weilen aber solches sehr rar ist / so wird es durch eine künstliche und starcke
calcination unter eine̅ grossen Camin verfertiget / worbey man sich sehr vor dem
gifftigen Rauch zu hüten hat. Es kommet insgemein auß Holland / wo sie einen grossen apparat
darzu haben / und hält man davor / daß die Holländer gemein Glas unter das fliessende ???.
mischen thäten / damit die Schwärtze des ???. geändert werde. Das gemeine ist dunckel-braun in
dicken / auch dünnen Stücken / ohne welches die Chymici auch ein Purpur-farbes / gelbes und von
andern couleuren zu machen wissen. Ben dem Einkauffe erkiese man die Platte / rothlichthelle
und durchsichtige Stücker / worunter kein oder wenig kleines / schwartzes u̅n
graues Gemirbel sey: wird zu erbrechenden und purgirenden Artzneyen gebraucht / wann man es
über Nacht in Wein leget. Man kan auch purgirende Becher darauß machen lassen / wann man es
entweder selbsten dazu giesset / oder streuet es gröblich zerstossen unter das noch frische
Hartz / wormit die hierzu gemachte höltzerne Becher gehärtzet werden. Im Krieg sollen sie
vergiffrete Kugelen darauß machen / deren eine unter meinen raritäten habe / welche in eines
Frantzosen Musquet gefunden worden.
§. 6.
Einige calciniren das gestossene Spiesglas gelind an der Sonnen / vermittelst eines
metallischen oder auch gemeinen Brennspiegels / wodurch nicht allein der gifftige Schwefel von
demselben geschieden / sondern auch durch concentrirung und Vereinigung der Son̅en-Strahlen ihm was sonderliches zugeleget wird / welches von des Vermehrung des Gewichts
abzunehmen ist; kan also das ???. hindurch figiret werden / daß es mehr ein Schweiß-treibend-
und Hertz-stärckendes Mittel / als ein Vomitiv abgebe / wie solches Le Febure in seinem Tract.
de la Chymie Tom. 2. pag. 996. & seqq. weitläufftig abhandelt / und die gantze
Operation in obiger Figur vorstellet. Was aber Bartholetus vor ein Geheimnuß darauß mache / kan
bey dem Ettmüller in Comm. Schroed. ad h. l. gesehen werden.
§. 7.
So man ferner das ???. mit Wein-Stein und Salpeter calcinirt und zum Fluß bringet / in eine
fett gemachte Gießpuckel giesset / und so lang an diese mit dem Hammer klopffet / biß sich der
schwere metallische Theil zu Boden gibt / so bekombt man den
REGULUM ???. COMMUNEM,
welcher / so er recht gut und wohl gerathen / auß schönen gläntzenden Stücken / wie Wißmuth /
bestehen muß. Wann er aber noch nicht schön ist / muß er von neuem mit dem ???. gegossen und
gereiniget werden: dienet auch zum Erbrechen und Purgiren / über Nacht in Wein geleget. Man kan
auch Becher darauß giessen lassen / worinnen ein Glas Wein über Nacht gegossen Morgends
purgiret. Andere machen de einer Schmied-Esse silberne Kugeln / Ringe und dergleichen darauß /
legen sie über Nacht in Wein: oder machen immerwährende Pillulen darauß. Vor diesem haben ihn
die Engeländer unter das Zinn gemenget / an dessen statt sie jetzt den Wißmuth gebrauchen.
Nimbt man an statt des Salpeters gemein Küchen Saltz und Wein-Stein / bekombt man den REGULUM
???. MEDICINALEM, dessen rechte Beschreibung in des Vigani Medulla Chym. p. 20. zu finden ist,
Nimbst du aber Feil-Staube oder Huf-Nägel zu dem ???. und ???. so bekombt man den REGULUM [92] MARTIS STELLATUM, welchen einen desto schöneren Stern-Glantz bekombt / je
länger er im Feuer gehalten und die gläntzende Streiffe des Spießglases dadurch an den Rand
getrieben werden. Wie mit andern Metallen die Reguli zu machen seyen / findet man in dem
Schroedero und dessen Außlegern.
§. 8.
Uber diesen Königen oder Regulis setzen sich die Schlacken oder Scoriae in der Gießpuckel /
auß welchen das
SULPHUR AURATUM ANTIMONII
praecipitiret wird / wann man die Schlacken in Wasser auffsiedet und mit Essig darnieder
schläget / allwo nach einem hefftigen Gestanck sich ein rothes Pulver zu Boden setzet / welches
wegen der Farb das Sulphur Antimonii Auratum genennet / und je offter es praecipitirt ist / je
besser gehalten wird: treibet den Schweiß und wann es auffs höchste gebracht wird / so curiret
es die schwere Noth / zu 1. bis 3. Gran eingegeben / worvon Ettmüllerus in Valetudinar. Infant.
Tit. de Epil. zu sehen ist. Man macht auch eine Tinct. ???. davon.
§. 9.
Lässet man aber das mit gleicher quantität Salpeter vermischtes Antimonium so gleich durch
Anzündung der Mixtur verpuffen und detoniren / so bekommet man das so genandte
HEPAR ANTIMONII:
ist ein Leber-farbichtes Pulver / von welcher Farb es so genennet wird / welches / so es
offters mit warm Wasser abgeschwemmet / von dem Salpeter befreyet und also außgesüsset wird /
gelblicht wie Saffran außsiehet und derowegen
CROCUS METALLORUM
genennet wird: auß dessen Infusion die Vina Emetica oder Brech-Wein / Aqua benedicta Rulandi,
Tartarus emeticus Myns. und dergleichen den Medicis wohl-bekandte Emetica oder Brech-Mittel
verfertiget werden / worvon Dan. Ludovici in Pharm. Mod. Seculo applicanda Tit. de Vomit. Min.
zu sehen. Dieses wird auch Lothweis den Pferden eingegeben / und ist der Grund des so genandten
Pulveris Imperalis vor die Pferde / worvon Soleysel in einem Frantzöischen Tractat von den
Pferd-Curen zu sehen ist.
§. 10.
Vermischet man aber drey Theil Salpeter mit dem gestossenen Spießglas und detoniret es
entweder auff einmahl / oder noch und nach / so bekommet man das
ANTIMONIUM DIAPHORETICUM,
so ein vortrefflich Schweiß-treibendes Mittel ist / und wann man an statt des gemeinen
Antimonii, dessen Regulum nimbt / wird es vor besser gehalten / auch CERUSSA ANTIMONII
genennet: muß beyderseits abgesüsset werden / und hat man alsdann auß dem abgeschwelten Wasser
das ??? atum umbsonst / welches auch bey Verfertigung des Croci metallorum in Acht zu nehmen
ist.
§. 11.
Wann man das Spießglas ohne Zusatz in einem Kolben oder Topff in die übergesetzte Hüte oder
Aludel sublimiret / so bekommet man die
FLORES ANTIMONII,
deren sich die Charlatans zum vomiren / aber offters mit gröster Lebens-Gefahr bedienen / und
kenne ich einen Empiricum, welcher die schwere Noth damit perfect curiret / aber auch manchen
schlaffen leget. Gibt ordentlich 3. Gran davon.
§. 12.
So man endlich das Antimonium mit dem Mercuriô sublimiret / so gehet erstlich das BUTYRUM
ANTIMONII, welches man zum Fontanell-Setzen gebrauchet / über / und folget alsdann der so
genandte
CINNABARIS ANTIMONII,
welcher in schönen grossen Stücken und roth / mit gläntzenden Streiffen / seyn soll / nicht
schwartzlich: muß etlichmahl sublimiret werden. Derselbe ist ein vortrefflich
Schweiß-treibendes und Nerven-stärckendes Medicament. Man bekombt auch etwas von dem Mercuriô
resuscitato bey dieser Operation, davon anderstwo gesagt worden. Will man das BEZOARDICUM
MINERALE haben / so lässet man das Butyrum Antimonii in Wasser zergehen / praecipitirt darauß
den MERCURIUM VITAE, ziehet darüber den ???. also hat man das verlangte Bezoardicum, welches so
gut ist / als das Antimonium diaphoreticum, auch nur in halber dosi. Das überbleibende Wasser
etwas abgerauchet gibt den ??? Philosophicum: welche Praeparata in denen gemeinen
Apothecker-Täxen so hoch angeschrieben sind / daß so man vor 1. Rthlr. Spießglas hierzu
anwendet / nicht viel weniger als 100. Rthlr. dadurch zu gewinnen sind / wie es Daniel Ludovici
Tract. de Moderatione Taxarum außgerechnet hat.
|| [93]
§. 1.
DAs Queck-Silber / oder ARGENTUM VIVUM ist ein sehr schwerer / flüssig - und flüchtiger
metallischer Safft / gleich als ein gläntzender silbener Fluß anzusehen / weßwegen es auch
Griechisch Hydrargyrum, wegen seiner Unbeständigkeit im Feuer aber ???, oder MERCURIUS genennet
wird: kommet heut zu Tags meistentheils auß Oestreich und Hungarn über Holland / in ledernen
Schläuchen von Schaaf-Fellen / welche in höltzerne Stäncher geschlagen und das übrige spatium
mit Sägspänen oder Hexel außgefüllet werden. Ist also der Warheit gantz nicht gemäß / daß
einige davor halten wollen / es wäre das Quecksilber / umb solches desto besser in andere
Länder zu führen / erstlich fast alle zu Zinnober gemacht / aus welchem es nachmahlen wieder
resuscitiret und außgeschmoltzen werde; indem wohl ehe 1000. ??? Quecksilber oder so viel
praeparirter Zinnober anderstwo verführet werden / als 50. ??? roher Zinnober / und würden die
Holländer viel eher den ??? coaguliren als zu Zinnober bringen / wann er nicht in Natura
fortzubringen wäre.
§. 2.
Es findet sich aber das Quecksilber entweder also pur und fliessend in den Bergwercken /
welches ??? VIRGINEUS genennet und vor den reinesten geachtet wird; wiewohlen auch derjenige
??? / welcher entweder aus dem Cinnabari artificiali oder andern Chymischen Praeparatis
resuscitiret und ??? RESUSCITATUS geheissen wird / ihm an Gütigkeit sehr nahe kommet: Oder wird
auß seinen eigenen Ertzen und Mineren gebracht / welche gemeiniglich röthlicht sind / wie ich
dergleichen habe / oder etwas graulicht / mit gläntzenden Streiffen / wie das ??? anzusehen /
dergleichen MINERA ??? oben in der Fig. abgebildet ist. Eine solche soll sich fast nur in
zweyen Ländern in gantz Europa finden / nemblich in Spanien und Hungarn. In Spanien zwar wird
das beste Quecksilber gefunden / welches das Silber ubergülden soll und deßwegen von den
Alchymisten sehr aestimiret wird: Ist aber sehr rar und übel zu haben / indem der König in
Spanien verbotten solches in andere Königreiche zu führen / ausser denen Indien / allwo es zu
Scheidung und Reinigung des Goldes und Silbers employiret wird. Muß also fast alle das
Quecksilber auß Ungarn und Siebenbürgen / allwo in Histria, fünff Meilen von Labach / an den
Venedischen Gräntzen / ein so reiches Ertz zu finden / daß 4. Centner desselben 3. Centner
Quecksilber und Zinnober geben / wie Marxius in seiner Material Kammer pag 28. schreibet;
träget also solches Bergwerck Ihro Majestät dem Römischen Kayser jährlich etliche Millionen ein
/ von welcher es die Holländer heut zu Tage in Bestand haben / und weilen ihnen jetzo das
Monopolium zukombt / so haben sie den Preyß darvon umb ein merckliches gesteigert.
§. 3.
Unter denjenigen Anzeigungen und Signis, wordurch die Quecksilber-Adern entdecket werden /
ist hauptsächlich ein dicker Dunst / welcher sich morgends früh im Aprill und May-Monath kurtz
bey der Erden sehen lässet / und wegen seiner Schwerigkeit nicht weiter in die Höhe [94] steiget: An welchen Orten alsdann die Bergleute ansetzen / absonderlich /
wann sie gegen den Nordwind streichen / auch viel Wasser umb sich haben. Die außgegrabene Ertze
aber thun sie in grosse eisserne Retorten / und destilliren darauß den ??? in andere mit Wasser
angefüllte Excipienten / oder auch in zwey auff einander gesetzte Töpffen per descensum: Und
wann sie das Quecksilber empfangen / so wird hernach solches durch ein Leder gedrucket und also
von seinen Unreinigkeiten befreyet.
§. 4.
Das also verfertigte Quecksilber muß schön / weiß / sauber / recht lebendig und fliessend wie
ein helles Wasser seyn. Das jenige aber / so in einer kupffernen Schaale gleichsam wie Bley und
dunckel anzusehen ist / sich auch / als ob es fett wäre / zihet / oder an den Händen hangen
bleibet und sich daran in runde Kugeln formiret / ist zu verwerffen / weilen es entweder durch
Betrug oder von ohngefehr mit Bley vermischet und also den Spiegelmachern / Goldschmieden und
andern / welchen es zu den Foliis, übergülden und dergleichen meistens consumiren / grossen
Schaden zufügen könte. Die Prob davon ist / wann man den ??? destilliret / oder in einem
silbernen Löffel über dem Feuer abrauchen lässet: Gehet er dorten gantz über / oder lässet hier
einen gelben Flecken hinter sich / so ist er gut. Lässet er aber nach dem destilliren ein
Sediment und nach dem Abrauchen einen schwartzen Flecken hinter sich / so ist er verfälschet.
Einige können die Güte des Quecksilbers durch das Gewicht erforschen / an welchem es nechst dem
Gold alle andere Metallen über trifft / so gar / daß ein stück Eisen von 50. ??? auff einer
Quantität Quecksilber / wie sie auß Holland kommet und ohngefehr 160. oder 125. ??? wieget /
nicht untergehet / sondern wie Holtz auff dem Wasser schwimmet. Nach Außrechnung einiger
Mathematicorum wieget ein gevierter Schuh ??? 947. ??? da hergegen ein solcher Schuh Wassers
nur 62. ??? wieget; welches mit einem kupffernen und hohlen Cubo, dergleichen sich die
Philosophi Experimentales im Wasserwägen bedienen / einem jeden gleich unter Augen kan
gestellet werden. Die Gelährten / so fernere Nachricht hiervon haben wollen / können davon des
berühmten Holländischen Philosophi, Burch. de Volder Disp. de Aëris Gravitate p. 55.
& seqq. nachschlagen / allwo sie am Ende die Proportion des ??? gegen des
Wassers Schwerigkeit finden werden.
§. 5.
Den Gebrauch des ??? betreffend / so thut er / über jetztberührten Nutzen / den er den
Spiegelmachern / Goldschmieden / Wardeinen und andern bringet / den Medicis in der Artzney auch
grosse Diensten / indem sie nicht allein viele Praeparata, (davon unten ein mehrers) darauß
verfertigen / sondern auch den rohen und crudum ??? offters / so wohl in-als äusserlich / gegen
einige sehr hartnäckichte Kranckheiten gebrauchen / welche fast nicht anderst / als dadurch
zuheben und zubändigen sind. Obwohlen sie noch nicht einig sind / ob der ??? kalter oder warmer
Natur sey / darvon das erste der Warheit ähnlicher ist / indem der ??? auch äusserlich so kalt
ist / daß man ohnmöglich die Hand darin / nur ein Viertelstund / halten könne. Innerlich zwar
wird das Quecksilber manchmahl in grosser Quantität gegen die Darmgicht / welche sonsten Passio
Iliaca und Miserere Mei genennet wird / eingegeben / so gar / daß Doct. Erbenius, vor diesem
Königlicher Pohlnischer Leib- und Feld-Medicus, nachmahlen Physicus zu Speyer / einsmahl 3. ???
davon eingegeben / wie Ettmüllerus in Comm. ad Schroed. berichtet. Es muß aber alsdann der
Patient in der Stube hin und her gewältzet werden / damit der ??? wieder durch den Stuhlgang
fortgehe / sonsten dörffte es schlimme Händel setzen. Man reibt ihn auch mit Hutzucker in einem
höltzernen Mörser solang / biß der Zucker schwartz wird / oder schüttelt entweder gemein Wasser
oder ??? hyperici damit ab / und gibt beydes ohne das Quecksilber gegen die Würme der kleinen
Kinder / welchen er / gleich allem andern Ungezieffer / als Läuse / Wand- und Filtzläuse sc.
ein rechter Gifft ist; dahero er auch in der gemeinen Läuß- und Reuter-Salbe das meinste thut.
Eusserlich wird das rohe Quecksilber ferner gegen die Frantzosen zu der Salivation und Spey-Cur
gebraucht / wann es mit Schweinen-Schmaltz zu einer Salb gemacht und in einer warmen Stube in
alle Gelencke gerieben wird / welche Cur der berümbte Englische Practicus D. Sydenham in einem
besonderm Brieffe de Cur. Luis Venere??? vor andern kurtz / auffrichtig und deutlich
beschrieben hat / und hab ich sie also zu Straßburg im Blatter-Hauß selbst mit erwünschtem
Success appliciren gesehen-Gleicher gestalt wird es auch gegen alle Räudigkeit und Krätze /
aber in geringer Quantität gebrauchet / auch in einen Gürtel von weissem Müller-Tuch gerieben /
welchen man CINGULUM ??? RIALE oder den Mercurialischen Gürtel nennet / und umb den Leib
gürtet; wo doch beyderseits grosser Behutsamkeit vonnöthen / von welcher D. Hoffmann in Clavi
Schroed. p. 263. zu lesen ist. Die Naturkündiger brauchen ihn auch zu den Barometris oder
Wetter-Glässern / dadurch man die Schwerigkeit der Lufft / und also böß oder gut Wetter ersehen
kan / welche in einem Frantzöischen Tractätlein und in einer Disputation De Barometris von
Herrn Prof. Hambergern schön beschrieben und abgemahlet sind.
§. 6.
Alle diese Kräfften sind auch demienigen ???, welcher auß dem Zinnober resuscitiret wird / [95] zuzuschreiben / und weilen derselbe viel reiner und besser als der
gemeine / so wird er von den Chymicis zu der ??? rialischen Panacaee, zum Goldmachen und andern
Sachen vor besser gehalten. Der Zinnober aber ist zweyerley: nemlich der natürliche und
gemachte Zinnober. Der erste nemlich
CINNABARIS NATIVA oder der Berg-Zinnober
ist eine Art von Quecksilber-Ertz / und bestehet auß einem rothen / schweren und gläntzendem
Stein / welcher gleichsam von der Natur selbsten auß den ??? rialischen und schwefelichten
Dünsten / welche durch das Unter - irrdische Feuer sublimiret sind / mit dem Stein - Saamen
zusammen gesetzt und gezeuget worden: Findet sich häuffig in Spanien / wie auch verschiedenen
Orten in Franckreich und Teutschland / als zu Altzey in der Pfaltz / bey Marburg in Hessen / in
Ungarn und andern Orten / wo zu Winters-Zeit der Schnee roth wird / und nachdem er viel oder
wenig steinichtes und hart ungeschlachtetes Wesen führet / wird er vor besser oder schlim̅er gehalten; wie man dann bey den Materialisten verschiedene Sorten findet /
entweder steinicht / oder pur / in Körnern oder in Granis, welcher letztere so schlechter Dings
kan gestossen und gerieben werden / da der erstere vieler Reinigung bedarff.
§. 7.
Der beste ist der veritable Spanische Berg-Zinnober / welcher hoch an der Farbe und schön
gläntzend ist / auch nicht zu viel steinichtes hat. Solte aber derselbe nicht zu haben seyn /
kan man auch sonsten einen saubern und absonderlich den Ungarischen / so eine Gold-artichte
Natur hat / brauchen.
§. 8.
Auß diesem Zinnober pflegt man an einigen Orten / vermittelst zweyer Töpffen / das
Quecksilber per descensum zu destilliren und heraußzubringen. Ob man aber denselben auch sicher
zur Altzney innerlich gebrauchen könne? wollen einige / als Hoffmanaeus in Clav. Schroed. pag.
291. zweifflen / deme doch andere schon ein Genüge gethan / und zeiget die Praxis selbsten /
daß man sich dessen freylich in den Gichtern und andern Nerven - Kranckheiten / Glieder- und
Mutterschmerzen sc. wohl bedienen könne / absonderlich / wann er wohl gesäubert und
abgeschwemmet. Daß ihn aber andere durch öffteres sublimiren zuvor säubern wollen / ist mehr
schädlich als dienlich / wie Schulzius in Triga Cinnaber. schön erwiesen hat. In den Recepten
sehe man nur zu / das keine Salia darunter gemischet werden / welche den ??? darinn schärffen
und gleichsam einen ??? darauß machen können / welches grausame Tormina und andere Unfällen
causiren kan. Eusserlich wird er auch zuweilen in Salben und Pflaster gebraucht. Was aber
sonsten vor Medicamenten darvon gemacht / und in welchen Kranckheiten sie gut seyen / hat
Clauderus in seinem Invento Cinnab. und auß demselben Tillingius in Scrutin. Cinnab. Min.
weitläufftig gezeiget.
§. 9.
Der gemachte Zinnober oder
CINNABARIS FACTITIA
wird durch die Kunst auß dem Quecksilber und Schwefel gemacht / wann man nemblich zwey Theil
wohlgereinigten Quecksilbers in einen Theil schönes / compacten und gelben Schwefels / welcher
in einen glasirten Hafen gelind geschmoltzen / incorporirt und gradatim sublimiret: oder wann
man den ??? zuvor in Scheidwasser solviret / mit dem Schwefel vermischet / hernacher das
Scheidwasser per dest. abziehet und das übrige sublimiret / wie beyde Wege von Lazaro Erckero
im Probier-Buch Lib. 4. pag. 93. beschrieben sind. Insgemein sublimiren sie von der mixtur XXV.
??? auff einmahl / und wann solches geschehen / wiederum so viel / biß das Gefäß voll ist;
dahero es kombt / daß die Kuchen oder Stücker / darinn der gemachte Zinnober auß Holland
gebracht wird / Schichtweis an einander hangen und nachmahlen 3. bis 4. Centner wiegen / wie
Pomet. in Hist. Simpl. Gen. Part. 3. Lib 1. c. 28. p. 17. in Acht genommen hat: Muß von schöner
hoher Farb und schönen Streiffen seyn.
§. 10.
Nebst dem gantzen Zinnober / welchen / wie gesagt / die Holländer an grossen Stücken schicken
/ kommet auch der von ihnen gestossene und entweder mit ???. oder Spiritu Vini praeparirte /
welchen die Frantzosen
VERMILLON
nennen / dessen die Holländer zwey Sorten machen / nemblich die rothe oder die bleiche:
welcher Unterschied nur daher rühret / nachdem der Zinnober mehr oder viel gemahlen oder
gestossen wird; dann je mehr er gestossen wird / je bleicher und besser ist er / absonderlich /
vor diejenige / so das Sigil-lac oder Spanisch-Wachs damit färben. Sonsten aber wird der
praeparirte Zinnober vor den besten gehalten / welcher gantz subtil, trucken und nicht erdicht
ist / welchen die Holländer vor andern zu praepariren wissen / und müssen einen sonderlichen
Handgrieff haben / oder etwas darunter mischen / weilen ihr Vermillon so bald trücknet / da
hergegen der rohe Zinnober / wann er gestossen und angefeuchtet wird / gar langsam und
schwerlich wider trucken wird.
§. 11.
Der Gebrauch des gemachten Zinnobers / so wohl des gantzen / als des praeparirten / kom [96] met hauptsächlich den Mahlern / und denjenigen / so das
Spanische-Wachs / Oblaten und dergleichen damit färben / zu gut. Zuweilen unterstehet sich das
Frauenvolck rothe Backen damit zu machen / welches gar eine gefährliche Schmincke wegen des ???
ist / und mögen solche ehe das Vermillon d' Espagne brauchen / welches von Safrano oder
Orientalischen Safran gemacht wird. In der Medicin wird der gemachte Zinnober innerlich nicht
gebrauchet / ausser daß den Pferden Pillen davon gemacht werden. Eusserlich brauchet man ihn
zum räuchern in der Spey-Cur. Die Chymici resuscitiren mit Feil-Staub und Kalck den ??? darauß
/ welcher schòn weiß und flüssig seyn muß.
§. 12.
Unter den übrigen Mercurialischen Praeparatis, welche die Materialisten führen / ist erstlich
der ??? SUBLIMATUS
oder der sublimat, welcher auß dem mit Scheidwasser und andern saltzichten Cörpern / als ???
comm. und der gleichen geschärfftem und sublimirtem Quecksilber gemacht wird: kombt meistens
auß Holland und Venedig / allwo die Gelegenheiten darzu gebauet und er in grosser Menge
zubereitet wird. Man bringt auch einen Sublimat auß Smyrnen, welcher aber nicht viel tauget. Am
sichersten aber ist es / daß man den Mercurium Sublimatum selbsten praeparire / weilen der
frembde offters mit dem Arsenico verfälschet wird; weßwegen man ihn durch folgende Proben gehen
lässet: man giesset nehmlich ein wenig vom ??? Tartari per deli quium darauff / oder reibt ein
wenig mit dem Weinstein-Saltz: wird er alsdann gelb / so ist es ein gewiß Zeichen / daß er vom
Quecksilber gemacht und gut sey: wird er hergegen schwartz / so ist es ein böß Zeichen und
tauget nichts. Alexius Pedemontanus hat in seinen Secretis Part. III. pag. 21. diese Prob:
Schütte den Mercurium ??? auf glüende Kohlen / ist er gut / so wird er so gleich brennen und
eine blaue Flamme geben: gibt er eine andere Farbe / so ist er nicht zum besten: En fin, er muß
auß schönen Crystallen / so nicht nur hell / sondern auch Schnee-weiß / gläntzend und nicht
schwer / noch dicht sind / bestehen: der schwere und welcher viel Spiegelstücker hat / ist zu
verwerffen. Er wird von den Goldschmieden / Schmieden und Barbieren nur äusserlich gebraucht.
Innerlich kan man ihn ohne Lebens-Gefahr nicht geben / dann es eines von den ärgsten und
stärcksten Gifften ist: ob schon einige Bößwichter die Salivation damit zu erzwingen suchen /
welche offters wackere Leut darmit schlaffen legen / wie kürtzlich ein Exempel zu Giessen
geschehen ist.
§. 13.
Auß diesem Sublimat wird der so genandte
??? DULCIS
durch widerholte sublimation des Mercurii ??? mit dem gemeinen Quecksilber praepariret /
welches mit seinen runden Kügelein die Spitzen des Sublimats verstecket und unkräfftig machet:
muß zum wenigsten dreymahl sublimiret werden / sonsten er böse und dem Mercurio ??? to ähnliche
Würckunge nach sich ziehet / wie dergleichen Exempel in den Pandectis Medico-Legalibus zu
finden sind. Er muß auß schönen weissen / gläntzenden / kleinen / doch harten / Crystallen
bestehen / welche auff der Zunge ohne Geschmack seyn / und wann er gestossen wird / etwas
gelblicht werden: ist ein vortreffliches Mittel gegen die Frantzosen / Krätz / Würme der Kinder
und andere Kranckheiten / innerlich und äusserlich gebrauchet. Wann er auß dem Mercurio
resuscitato gemacht und achtmahl sublimiret wird / so wird
die PANACAEA MERCURIALIS
darauß / deren Gebrauch in der Frantzosen Cur auß einer Frantzöischen Beschreibung / so zu
Paris gedruckt worden / zu sehen / welche in meinen Polychrestis Exoticis auch zu finden
ist.
§. 14.
Endlich ist auch der Praecipitat oder
MERCURIUS PRAECIPITATUS
in denen Material Kammern nicht unbekandt / und zwar erstlich der weisse oder Mercurius ???
albus, welcher auß des Mercurii solution cum ??? mit dem gemeinen Küchen-Saltz nieder
geschlagen / hernacher abgesüsset und getrucknet wird. Soman aber das Menstruum ohne
Niederschlag abrauchen lässet / so bekombt man zweytens den rothen ??? oder Mercurium ???
rubrum, welcher am gebräuchlichsten ist und zugleich auß Holland in andere Länder geschicket
wird / wo er am besten gemachet wird. Die Prob davon hat Schurzius in seiner Material-Kammer
pag. 60. mit diesen Worten: Wann man von dem ein wenig auffs Kohl-Feuer legt / und die Glut
denselben verzehrt und wegnimmet / so ist er gut: was aber übrig bleibt / ist Meng. Pomet reibt
ein stück Goldes damit / und wann solches weiß wird / hält er den ??? vor gut: wird es aber
schwartz / so ist er mit Meng vermengt: Ist in äusserlichen Schäden / welche er von faulem
Fleisch reiniget / den Barbieren sehr gebräuchlich. Innerlich aber wird er nicht gebrauchet /
es seye dann / daß er zuvor offt und zum wenigsten sechs mahl mit guten Brandtenwein
abgebrennet werde / da alsdann das
ARCANUM CORALLINUM
darauß entstehet / welches von einigen auch innerlich gegeben wird. Ingleichen wird auch
drittens der gelbe ??? LUTEUS oder
|| [97]
TURBITH MINERALE
zum öfftern innerlich / die Salivation damit zu erwecken gegeben / welches auß dem
resuscitirten und in ??? solvirtem ???. mit laulichtem Wasser praecipitiret / auch wie die
andern gewaschen und getrucknet wird: ist ein gewaltig Vomitiv und Purgans, welches in der
Frantzosen Cur sehr gebräuchlich ist / wie in des Sartorij Frantzosen-Artzt mit mehrerem zu
sehen ist. Man kan auch dem ??? noch andere Farben geben / wann der ???. mit allerhand Metallen
solviret und ???tirt wird / welche (wie auch andere ??? rialische Sachen mehr) bey dem
Schroedero und dessen Außlegern Ettmüllero, Hoffmanno, auch andern Chymicis zu sehen sind.
§. 1.
DIe Sauer-Brunnen / Sauer-Wasser oder ACIDULAE sind schöne clare und helle mineralische
Gewässere / von unterschiedenem Halt und Geschmack / doch insgemein säuerlich / und werden so
wohl in andern von uns entlegen Ländern / als in Teutschland / innerlich und äusserlich / gegen
vierlerley Kranckheiten mit Nutzen gebrauchet.
§. 2.
Alldieweilen aber die Krafft und Tugend derer Sauer-Brunnen meistens von denen Mineralien /
welche sie in sich halten / herrühren / diese hergegen sehr unterschiedlich sind: Als gibt es
auch unter den Sauer-Brunnen einen sehr grossen Unterschied / indem diejenige / so Eisen und
Vitriol führen / mehr eröffnen und in langwierigen Kranckheiten gut thun: Andere so ein ???
oder Salpeter führen / gegen den Stein und Nieren-Weh: diejenige aber / so einen Schwefel bey
sich haben / zu der Brust auch dienlich sind: wie nicht allein diejenige / so von allen
Sauer-Brunnen insgemein geschrieben / als Theodorus Tabernaemontanus im neuen Wasser-Schatz /
Rulandus in Hydriatico &c. sondern auch andere / welche von diesem und jenem
Sauer-Brunnen absonderlich gehandelt (deren sehr viele gezehlet werden) längsten erwiesen
haben. Allwo doch zu mercken / daß der allgemeine Welt-Geist oder Spiritus Mundi auch ein
grosses contribuite / und zuweilen in den so genandten
Gesund- und Heil-Brunnen
offters sehr wundersame Würckunge thue / welche von diesen und jenen Mineralien nicht
dependiren können / wie Hr. D. Tackius, weyland Hoch-Fürstl. Hessen-Darmstädtischer
Leib-Medicus in seiner Beschreibung des zwischen Griß [98] heimb und
Godelau entstandenen Heil-Bronnes gar schön erwiesen hat; Und gleichwie dieser Welt-Geist
unsichtbar ist / also können auch die Mineralien, welche in den Sauer-Brunnen stecken / nicht
bald unter Augen geleget werden / weilen sie zu flüchtig und gleichsam nur die innerliche
Essentz der Mineralien sind / doch aber durch allerhand Proben erforschet werden können / von
welchen Dietericus in Beschreibung der Schwallbächer Sauer-Brunnen und Henricus ab Heer de
Fontibus Spadan. zu sehen sind.
§. 3.
Die Art und Weiß solche zu gebrauchen ist schon von sehr vielen Medicis beschrieben worden /
und stehet man noch täglich neue / aber meistens anffgewärmte / Büchlein darvon / nachdem sich
ein jeder damit bey den Brunnen bekandt zu machen suchet. Alles kombt Hauptsächlich auff 3.
Stück an / (welche vor 20. und mehr Jahren in meinen Erinnerungen von dem rechten Gebrauch der
Sauer-Brunnen in Ober- und Unter-Hessen allbereit in Druck gegeben habe) wie man sich nemblich
1. vor
2. in
3 nach
der Cur
zu halten habe. Was das erste anlanget / so ist vor angefangener Cur hochnöthig / daß man in
langwierigen Schwachheiten zuvor einen rechtschaffenen und gelahrten Medicum consulire / ob
solche durch die Brunnen-Cur könten gehoben oder gelindert werden? und welcher Sauer-Brunn
absonderlich darzu dienlich sey / indem / wie oben schon gesagt worden / darinnen ein grosser
Unterschied ist und nicht alle einem jeden wohl bekommen; inmassen dann gewiß / daß der
Schwallbacher Sauer-Brunn denen Lungensüchtigen oder welche zu dieser Kranckheit geneiget sind
/ sehr gefährlich sey und gleich ein Blutspeyen errege / welchen der Selterer hergegen mehr
dienlich als schädlich ist. Zu Wildungen ist auch dem gemeinen Mann nicht unbewust / daß der so
genandte Stadt-Brunn Schwind- und Lungensüchtigen keinen Schaden zufüge: da hingegen der
Thal-Brun / so eine Stunde davon entspringet / dem Schwallbacher gleich / denenselben schon zu
starck ist / als welchem er so wohl am Geschmack als andern Eigenschafften im geringsten nichts
nachgeben wird / wie jhn vor diesem selbsten allda probiret habe. Nicht weniger ist gewiß / daß
das Frauenzimmer auß gewissen Ursachen den Schwallbacher nicht allemahl vertragen könne / wohl
aber den Tönnessteiner / ob gleich dieser in grösserer Quantität zu nehmen ist: welcher dann
auch in denen so genandten obstructionibus viscerum den Meister spielet / da hingegen der
Schwallbacher in denen Scorbutischen Kranckheiten / als lauffenden Gicht und Lähmigkeit der
Glieder die Oberhand hat: welchem doch in der fliegenden Hitz der Selterer widerumb weit
vorgezogen wird. So ist auch wohl zu erwegen / ob ein Patient die Cur recht außstehen und
vollführen möge? dann wo Lung und Leber / auch übriges Eingeweid / nicht wohl beschaffen ist /
so heist es Manum de Tabulâ! die Hand von dem Glase: und thäten solche Patienten besser / wann
sie an statt der Brunnen jährlich eine gute Kräuter- oder Mayen-Cur hielten: Dergleichen sich
vor diesem der Kayserliche General und Commendant in Philipsburg / Graff Starenberg / mit
grossem Nutzen bedienete. Wann man sich aber zu der Brunnen-Cur resolviret / so muß alsdann der
Leib zuvor recht zubereitet und gereiniget werden: allwo man sich doch vor den starcken
purgirungen höchstens vorzusehen hat / welche zu nichts anderst taugen / als daß sie die schon
schwache Lebens-Geister mehr darnieder werffen und die Stärcke oder Tonum des Magens dermassen
schwächen / daß er das Wasser hernach nicht vertragen kan; zu geschweigen / daß Helmontius,
Holterhof und andere / so vom langen und gesunden Leben geschrieben / ohne Scheu bekennen / daß
sie das menschliche Leben verkürtzen / so gar das Gehema solche in einem besonderen Tract. vor
grausame Medicinische Mord-Mittel außgeschrien. Ich an meinem wenigen Ort halte viel von den
Senet-Träncklein / welche / wie offt erfahren / auch diejenige / so durch die stärckeste
purgirungen nicht zu gegewinnen / wohl bewegen können. Zu dem End auch die ???. laxativa
Viennensis in wohlbestelten Apothecken immer zu finden ist.
§. 4.
Hierauff kan man zweytens zu dem Werck selbsten schreiten und in währender Cur Zeit / Maß /
Art und Weiß des Wasser-trinckens wohl in obacht nehmen. Was das erste betrifft / so bestehet
die beste Zeit in den 3. Sommer-Monaten / Junio, Julio, Augusto, weilen alsdann die Brunnen
ihre rechte Stärcke haben / und so wohl die Mineralische Witterungen / als auch der so genandte
allgemeine Welt-Geist und geheime Lebens-Speiß darinnen häuffig concentiret sind: wiewohlen im
Fall der Noth ein verständiger Medicus am End des Maji und Anfang des Septembris noch
dispensiren kan. In den übrigen Monaten aber gilt der Holländer Reime: Mensibus in quibus R.
non debes bibere Water. In Ansehan der Quantität muß man zweytens seinen Magen zu Rath ziehen /
und zu Anfang so viel zu sich nehmen / als derselbe ohne Beschwerung und Auffblöhung vertragen
kan. Man fänget insgemein etwa mit einem oder zwey Schoppen an / und steiget auff ein / zwey /
biß drey Maase / nach Unterscheid der [99] Brunnen und Personen / wornach man
sich im Absteigen auch zu richten hat. Und weilen das Wasser mit seiner Kälte dem Magen offt
schadet / so kan man es nach der heutigen Medicorum Art entweder etwas warm machen / oder die
Citron- und Magen-Marsellen / überzogen Kümmel / Fenchel / Aniß / Calmus / und dergleichen
dabey gebrauchen / auch wohl gar die ???. Carminat. ???. Physogon. Zedoariae und andere Sachen
dabey geniessen. Auch muß drittens das Wasser nicht auff einmahl eingeschüttet werden / sondern
fein gemach / nach und nach / mit unter- und nachgesetzter Bewegung / welche gleichsam die
Seele der Brunnen ist / und die Natur dergestalt secundiren kan / daß sie das Wasser nicht
allein durch alle Adern des Leibes zertheilen / sondern auch nach gethaner Würckung wieder
außtreiben könne: wie sie dann gemeiniglich die erste Woche durch den Stuhlgang / die zweyte
durch den Harn / und die dritte durch den Schweiß zu würcken pfleget / welches doch nicht
allemahl angehet; weßwegen man immer auff ihre Würckung Acht zu geben und wo sie hingehet / zu
helffen hat. Solte dann der Leib sich halßstarrig erzeigen / kan man zuweilen den praeparirten
Wein-Stein / den Tartarum solub. auch wohl gar die Fol. Sennae in Sauer-Wasser infundiren /
oder die Franckfurter / Mayntzer-Jesuiter / oder Doct. Bechers Pillen bey die Hand suchen. Doch
muß man solche Sachen unter wärender Cur nicht gar zu offt und ohne Noth gebrauchen / viel
weniger sich stärckere Purgierungen auffschwatzen lassen / welche dasjenige wieder umbreissen /
was etwa das Sauer-Wasser gebauet hat / welches Sydenham auch bey der Stahl-Cur wohl erinnert
hat. Mit grösserem Nutzen aber kan man mit dem Brunnen solche Sachen mischen / welche
denselbigen zu den Harngängen und Schweißlöchern führen können / als R. ???. Tartari ???. und
bey vornehmen Leuten R ???. B. Valentini. Worbey doch vierdtens noch aller Medicorum Klage auch
zu hören / wie daß nemblich unter hunderten kaum zehen der Diaet und Leibes-Verpflegung recht
abwarten / welche doch wohl in Acht zu nehmen / wo man anderst gedeylichen Effect verhoffen
will. Weßwegen durchauß keine debauche zu machen / welche als eine vergüldete Pille ihre
Bitterkeit verborgen führet / bald aber hernach / wo man sichs am wenigsten verstehet / ihr
Gifft an Tage leget.
§. 5.
Und eben dieses muß auch drittens nach vollbrachter Cur / irgend noch ein vierthel Jahr /
continuiret / und also die gewiß erfolgende Nachwürckung der Brunnen befördert werden. Was aber
endlich die mancherley Zufälle und Symptomata, welche denen Brunnen-Gästen zuzustossen pflegen
/ anlanget / so können hiervon andere / welche von den Sauer-Brunnen und deren Gebrauch
geschrieben / absonderlich Theodorus Tabernaemontanus, Rochas, Langius, Rhumelius, Camerarius,
Horstius, Geilfusius, Mogius, Wolffius, Ellenberger, Tileman, Ramlov, Melchior, Gladbach, und
andere mehr gelesen werden.
§. 6.
Nachdem endlich nicht jedermans Gelegenheit ist denen Sauer-Brunnen nachzuziehen / solche
auch / wann sie anderstwo verführet werden / bey weitem nicht so kräfftig / als bey der Quelle
selbsten sind / sie mögen auch so wohl verwahret werden / als immer möglich ist: So machen und
bereiten andere auch
künstliche Sauer-Brunnen
oder
ACIDULAS ARTIFICIALES,
wann man entweder eine gute Stahl-Tinctur, R ???. oder andere dergleichen auff eben solche
Art gebrauchet / worvon D. Ettmüllerus in seinem Comment. Schroed. pag. 678. kan gelesen
werden.
|| [100]
§. 1.
DIe warme Bäder / THERMAE genandt / bestehen auß einem Mineralischen Wasser / so von Natur
entweder laulicht oder gantz warm ist / und weilen sie allerhand mineralische Säffte und
Theilgens mit sich führen / werden sie zu vielerley Gebrechen des menschlichen Leibes
gebrauchet: find nicht allein in Teutschland an vielen Orten / als zu Aachen / Embs / Wißbaden
sc. sondern auch in Ungarn und Türckey / als zu Ofen: wie auch in Engeland und anderstwo
häuffig zu finden.
§. 2.
Nun fragts sichs / wo die Wärme dieses Wassers herkomme? worvon nicht einerley Meynung unter
den Gelährten geheget wird. Viele leiten solche Wärme von dem unter-irrdischen Feuer her:
welches doch andere nicht zulassen / indem ohne Lufft / und wo diese nicht hinkommen kan /
nicht leicht ein Feuer oder Flamme entstehen kan. Weßwegen andere die Hitze der warmen Bäder
von einer unter-irrdischen Gärung und Bewegung der Mineralien herleiten / welche entweder von
verschiedenen und wiedrigen metallischen Säfften und wann der saure Erdschwefel die Metallen
naget / entstehet / wie Helmont. de Febr. cap. 9. §. 25. meinet / oder wann ein Kalckmässige
Marcasit in dem Wasser auffgeldset und wie der gemeine Kalck gelöschet wird / dergleichen ein
gelahrter Engeländer / Etmundus Meara umb die warme Bäder in Engeland angetroffen / wie auß
dessen Send-Brief an D. Brugam in des Childray Histor. singul. Natur. Angl. zuersehen ist;
dahero es dann kein wunder ist / daß offters mitten in einem kalten Fluß dergleichen warme
Quelle springet / wie zu Embs in der Lahne zu sehen ist / weilen an solchem Ort dergleichen
Gärung nur entstehet: Wiewohlen auch andere Mineralien / als Alaun / Salpeter / Schwefel /
Vitriol, Saltz / Eisen und dergleichen auff subtile Art und Weiß das ihrige beytragen können /
wie D. Horstius in Beschreibung des Embser-Bades / pag. 1. meinet.
§. 3.
Hierauß ist nun leicht zu schliessen / daß in Ansehen dieser viel- und mancherley
ingredientien auch unter den warmen Bädern ein grosser Unterscheid sey / welcher nicht allein
von einer gelinderen oder stärckeren Wärme / sondern auch hauptsächlich von obgemeldten
Mineralien herrühret / deren etliche mehr in diesen / etliche mehr in andern warmen Bädern zu
finden sind. Weilen dann zum Exempel in dem Carls-Bad nicht allein eine dergleichen
Kalckmässige und schwefelichte Ader / sondern auch etwas von dem ???. oder Eisen enthalten /
wie Langius de Therm. Carolin. cap. 3. bezeuget: Andere aber als die Thermae Teplicenses, das
Embser- und Wißbad / auch Alaun und Salpeter bey sich führen / wie D. Geilfus Seel. auß
gewissen davon genommenen Proben im klärlichen Unterricht vom Wißbad pag. 9. erwiesen hat: Als
kan es nicht wohl anderst seyn / sie müssen nothwendig auch andere Würckungen thun; wiewohlen
fast in allen der Schwefel den Vorzug hat / krafft dessen sie eine zertheilende / reinigende /
heilende / anziehende und erwärmende Tugend haben / und auch mehr den feuchten und
melancholischen / als hitzigen Naturen dienlich find.
§. 4.
Dem Nutzen und Gebrauch nach heilen sie alle Gebrechen und Käudigkeit der Haut / Krätze /
Aussatz und dergleichen: stärcken die erkältete und zitterende Glieder / sambt deren Lähmigkeit
und Contracture / absonderlich wann sie auff die Colic erfolget / gegen welche sie zugleich [101] sehr dienlich sind: lindern den Stein-Schmertzen / das scorbutische und
gemeine Gliederweh / Gicht und Podagra / wann es noch nicht lang gewäret / noch zu tieff
eingewurtzelt / da sie sonsten mehr schaden und die nodos mehr verhärten könten; und weilen
etliche zugleich sehr adstringiren und anhalten / so curiren sie das Außfallen der Mutter und
des Affters / welches schon lang gewäret und von andern medicamenten nicht hat können gehoben
werden / wie noch vor kurtzen Jahren der Hochfürstliche Hessen-Darmstädtische Leib-Medicus,
Herr D. Hert / an einer hohen Stands-Person auß Norwegen erfahren hat / welche gegen der
gleichen Außfallen des Affters schon alle ersinnliche Mittel von den berümbtesten Aertzten in
Teutschland vergebens gebrauchet / und endlich in dem Embser Bad curiret worden: Allwo sehr
merckwürdig / daß als gedachte vornehme Person zum erstenmahl in das Bad gekommen / das Wasser
ihr den Affter wohl Spannlang mit Gewalt herauß gezogen: Als sie es aber dennoch continuiret /
nach und nach wieder so eingezogen und endlich fast an seinem Ort gehalten / daß sie
nachgehends mercklich curiret / und von solcher Beschwerung befreyet worden.
Zarte Personen
§. 5.
Die Art und Weisse die warme Bäder zu gebrauchen / ist in Beschreibung dieses oder jenes
Bades absonderlich von verschiedenen geschickten und erfahrnen Practicis, als Horstio,
Geilfusio, Langio, Melchiore, und andern weitläufftig beschrieben worden / welche alle darinnen
einig sind / daß man vor dem Gebrauch des Bades nicht allein den Leib durch gelinde Laxierungen
reinige / sondern auch durch andere zertheilende und Schweiß treibende Mittel zuvor praeparire
/ daß die Bäder hernach desto besser würcken können / sonsten können böse Fieber / Räudigkeit
des Leibes und dergleichen darauß entstehen; weßwegen dann auch die warme Bäder nach vorher
gebrauchter Sauerbrunnen Cur weit bessern Effect thun / als sonsten / wie D. Ettmüllerus in
seinen Anmerckungen über den Schroeder pag. 780. lehret. Wann nun der Leib also zubereitet ist
und der Patient etwas außgeruhet hat / kan er nach Unterscheid des Bades zum erstenmahl nur ¼.
Stund hinein gehen / und nachgehends nach den vorgeschriebenen Bad-Ordnungen auff und
absteigen. Zu Embs und Wißbaden hält man insgemein diese Ordnung:
Starcke Personen
So bald man aber auß dem Bad kommet / soll man ohngefehr enie halbe Stunde im Bett liegen und
den Schweiß / da er zu leiden / erwarten und also nach einer Stunde Mahlzeit halten / gesunde
verdauliche Speisse geniessen / auch nach der Mahlzeit nicht ehe wieder baden / biß 3. gute
Stunde zum wenigsten vorbey / sintemahl das Baden mit ledigem Magen geschehen soll. Nach
vollbrachter Cur pfleget man wieder ein gelind Laxativ zu nehmen und nicht eher / als bey gutem
Wetter abzureissen / worvon obgemeldte Authores mit mehrerem handeln / bey welchen auch zu
sehen / wie allen Zufällen bey dem Bad zu begegnen sey.
§. 6.
Man brauchet auch die warme Bäder offt innerlich und trincket das Wasser / wie die
Sauerbrunnen / gegen obbeschriebene und viele andere Kranckheiten / worzu sonsten das
Sauerwasser auch gebrauchet wird; wie dann jetziger Zeit sonderlich das
Embser Brünngen
sehr berümbt ist / welches die Gäste inßgemein in wehrendem Baden auch zu trincken pflegen:
Fangen mit einer Aechtmaß an und steigen auff anderthalb Maaß / mehr oder weniger / nach dem es
die Natur leiden kan und die Kranckheit erfordert / worvon obbenambte Büchlein und
Beschreibungen zu lesen sind.
§. 7.
In Ermangelung dieser natürlichen warmen Bäder können die von allerhand mineralien
nachgemachte Bäder oder
THERMAE ARTIFICIALES
auch nützlich gebrauchet werden / von welchen man verschiedene Beschreibungen in des Fuchsii,
Capivaccii, D. Michels und andern vornehmen [102] Practicorum Schrifften
findet / welche D. Joh. Horatius Molitor in seinem Tr. De Thermis Artificialibus VII.
Mineralium Planet arum cap. 1. pag. 1. zusammen gefasset und mit den seinigen beschrieben hat.
Doch gefallen mir diejenige fast am besten / welche auß wenigen und doch zulänglichen Stücken
bestehen / dergleichen in des Kayserlichen Leib-Medici, Doct. Paul Sorbaits Schrifften pag.
312. zu finden sind / welcher ein ??? lebendigen Schwefels und ein ??? lebendigen Kalcks in
acht ??? Wassers siedet: den andern Tag ein Bad auß warmen Wasser zubereiten lässet / solches
mit voriger Lauge abkühlet und die Patienten also einsitzen lässet; welches Bad / so schlecht
es auch anzusehen / gemeldter D. Sorbait lange Zeit in geheimb gehalten / und in vielerley
Glieder-Beschwerungen / Stein- und Mutter-Schmertzen / Lähmigkeit und andern Zufällen /
worgegen die natürliche warme Bäder sonsten verordnet werden / mit gutem Success gebrauchet
hat. Will man aber gute und zu den Kranckheiten dienliche Kräuter darzu thun / kan es alsdann
nichts schaden und nach jedes Belieden auch geschehen.
§. I.
DIe Meer-Ballen oder PILAE MARINAE sind gelb-braune / runde oder länglichte / doch über all
haarichte rauhe Ballen / welche meistens auß dem Mittelländischen Meer über Venedig in
verschiedener Grösse kommen; obwohlen sie auch in dem grossen Meer / ja gar in stehenden
Wassern gefunden werden / dahero sie auch von Wormio in Museo pag. 139. Pilae Stagnales
genennet werden.
§. 2.
Was es nun eigentlich vor eine Bewandnus mit diesen Ballen habe / und woher sie entspringen?
ist biß uff den heutigen Tag noch sehr ungewis. Der Nürnbergische Materialist Marxius hält in
seiner Teutschen Material-Kammer pag. 162. davor / sie seyen nichts anders / als ein mit vielen
See-Hunds Haaren / Sand / Muscheln und dergleichen vermischter Meerschaum / welchen die
Einwohner zu Ballen machten. Allein weilen zum wenigsten gewiß / daß diese also formirte Ballen
in dem Meer gefunden und von dessen Wellen an das Ufer getrieben werden / so halten die
Gelährten es vor ein natürliches Wesen / obwohlen noch nicht außgemacht / was es eigentlich
seyn möge. Einige / als Tabernae-Montanus will es vor einen Schwamm erkennen / mit welchen er
doch keine Gleichheit hat. Andere vermeinen es wären excrementa von einem Seekalb oder dem
Meerochsen / Hippopotamus genandt: Allein es will auch diese Opinion bey andern wenig statt
finden / weilen es ohnlaug [103] bahr / daß dieses Thier nur in dem
Nilo zu finden / wie an gehörigem Ort soll erwiesen werden: da hergegen die Meerballen fast in
allen Meer-Wassern zu finden sind; weßwegen einige glauben / daß sie auß dem Schilff / Haaren
und dergleichen durch die stetige Wallung und Zusammenschlagung der Wellen also / wie der
Huthmacher Filtz mit Händen und Füsen / zusammen gestossen und zu solchen runden Ballen
formiret würden. Allein es hat diese Meynung auch ihre Schwürigkeit / indem erstlich die Materi
an den Ballen immer einerly ist / auch die runde Form so schlechter dings von der ungleichen
Bewegung des Meers nicht wohl kan hergeleitet werden Derohalben Herr D. Faber, berümbter
Würtenbergischer Medicus und ein Mittglied der Academae Natur. Curios. endlich am
glaubhasffsten zu sein vermeinet / daß sie in dem Magen eines gewissen Fisches oder anderen
Thiers im Meer gezeuget würden / welches erwa den Schilff oder andere Kräuter also klein kaue /
woraus dann nachmahlen diese Ballen / gleich der Hirsch- oder Gemsen-Kugel in dem Magen
coaguliret / und von dem Magenschleim zusammen geleimet würden: indem er durch genaue
Untersuchung dieser Ballen gefunden / daß sie alle auß dergleichen Fibris oder Zasseln / so von
einem Rohr oder Schilff herrühren mögen / zusammen gestossen und inwendig Sand / kleine
Muscheln und dergleichen (welche zugleich verschlucket würden) in sich hielten / wie er solches
in einem besonderen Tractätlein de Pilae Marinae Anatome gar schön und curieus beschrieben hat
/ welches im Anhang der Miscellan. Acad. Nat. Cur. Dec. II. Ann. X. pag. 197. seqq. zu sehen
ist.
§. 3.
Ob nun schon / wie oben gemeldet / die Meerballen nicht einerlen Figur oder Gestalt haben /
indem einige gantz rund / andere erwas platt / und zusammen gedruckt: andere auch länglicht
seyn; so hat doch solcher Unterscheid nicht viel zubedeuten / wann sie im übrigen nur schön
leicht und trucken seyn.
§. 4.
Den Gebrauch dieser Ballen betreffend / so werden sie jetziger Zeit nicht sonderlich
aestimiret und fast gar nicht verordnet; doch wird ihnen eine erwärmende Krafft im Appendice ad
Schroederum pag. 28. von andern aber eine außtrucknende Tugend zu geschrieben / dahero sie
gegen die Kröpffe und andere Kranckheiten der Kaut dienen sollen. Galenus leget ihnen eine
Krafft die Haare zubefestigen zu / und bezeuget l. c. cap. 2. de Compos. Med. daß er einen
Baumschneidler wisse / welcher von einem Baum gefallen und fast alle Knochen zerbrochen /
dennoch aber hiermit curiret worden sey; welches mit eben diesen Worten wormius in mus. Pag.
139. von sich selbsten redet.
§. 5.
Damit aber der Unterscheid unter den Meerballen und den Meer-Schwämmen desto mehr gesehen
werde / so ist männiglichen bekandt / daß die
SPONGIAE MARINAE
oder
Bad-Schwämme
auß weichen / löcherichten und leichten Stücken bestehen / welche entweder gelb / oder
weißlich sind und keinen sonderlichen Geschmack oder Geruch haben: wachsen also an den Felsen
in dem Mittel-Ländischen und auch andern Meeren und kommen von Venedig.
§. 6.
Man findet deren verschiedene Sorten bey denen Materialisten / nemblich gar-groß / mittelgroß
/ mittel / mittel klein / klein / gar-klein / wie sie Schurtzius in seiner Material-Kammer pag.
100. unterschieden hat. Andere / als Pomet theilen sie in feine und gemeine. Jene müssen schön
gelb / leicht / zart und mittel-mässig groß seyn / kleine und hart zusammen gesessene Löchlein
und wenige Stein in sich haben / besihe dessen Histoire de Drogues pag. 165. und Marxii
Material-Kammer pag. 193. Von diesen letzteren brauchet man die grosse zum baden und wäschen;
die kleine Stücklein aber werden calciniret und zu Pulver verbrennet.
§. 7.
Die Feine werden auch in der Artzney und Barbier-Kunst gebraucher / aber nur eusserlich /
indem sie in dem Magen nicht können auffgelöset werden / sondern nur auffschwellen und entweder
über oder unter sich wieder außgestossen werden / weßwegen sie von Samuele Dale in Part. II.
Mat. Med. pag. 109. zu den gifftigen Sachen gezehlet worden sind. Eusserlich aber stillen sie
das Blut / und machen die Barbierer auch ihre Meissel oder turundas davon / wormit sie die enge
Wunden erweitern; weßwegen man auch den zu Stücken geschnittenen / und in weissem Wachs
eingeweichten Schwamm bey einigen Materialisten praeparirt haben kan. So hat man auch die
calcinirte Schwämme in den Apothecken / welche unter die Zahn-Pulver können genommen werden;
worvon Achigenis Fragmenta de Usu Spongiae mit mehrerem zu lesen sind.
§. 8.
Von dem LAPIDE SPONGIAE oder dem Stein / welcher sich in den Schwämmen findet / ist
anderwerts schon zur Genüge gehandelt worden / dessen man sich allhier wieder bedienen kan.
|| [104]
§. 1.
DIe Corallen oder CORALLIA sind steinichte harte Zweigen / von unterschiedlichen Farben /
welche im Grund des Meers / wie kleine Bäumlein / offt etliche Schuh hoch in die Höhe wachsen.
Ob sie aber so groß / als unsere Kirsch-Bäum und so hoch / daß die Zincken auß dem Meer hervor
stehen / zu finden seyen? wie Vielheur in Beschreibung frembder Materialien pag. 28. auß dem P.
Kirchero vorgeben will / scheinet einem Mährlein / als der Warheit ähnlicher: kommen sonsten
meistentheils auß dem Mittelländischen Meer; doch sollen sie sich auch in Ost-Indien umb Bantam
/ absonderlich die weisse und schwartze Corallen finden lassen / worvon im Anhang dieses Buchs
/ nach den Ost-Indianischen Send-Schreiben / ein außführlicher Bericht zu lesen ist. Ja es
schreibet Balbinus in seiner Historiâ Bohemiae Lib. 1. cap. 29. pag. 77. daß in Böhmen / unter
dem Hügel Scheberle / in einem Fluß Corallen zu finden seyen / welche an der Farb den andern
nichts nachgeden: daß also die Corallen nicht allein im Meer / sondern auch in Flüssen
wachsen.
§. 2.
Nun fragt sichs / ob die Corallen unter die Kräuter zu rechnen? auch ob sie / wie insgemein
dafür gehalten wird / unter dem Wasser gantz weich seyen / allein ausser dem Meer hart würden?
von welchem Streit D. Hoffmann in seinem Clavi Schraed. p. 158. seqq. weitlä???tig handelt /
und es mit dem berühmten Boyle zum wenigsten nicht vor unmöglich hält / daß die Corallen unter
dem Wasser weich seyen. Allein beydes verneinet auß eigener Erfahrung ein curioser Italianet /
nahmens Boccone, welcher auß Sicilien bürtig und der Corallen-Fischerey umb Messina selbsten
beygewohnet / auch in seinen Recherches & Observations-Naturelles Ep. 1.
& 2. auffrichtig bezeuget hat / daß er die Corallen unter dem Wasser so hart /
als ausser demselbigen / gefunden / außgenommen oben an den runden Enden / in welchen ein
weisse Feuchtigkeit / wie Wolffs-Milch / zu finden. Und ob schon diese Milch (welche einen
säuerlichten anhaltenden Geschmack hat / und wo sie hin fält einen Ansatz von Corallen
verursachet) von einigen als Gassendo in vitâ Peireskij der Corallen-Saamen / und obgemeldte
runde Ende (welche in gewisse Höhle und Cellulas unterschieden) Flores Coralliorum
|| [ID00149]
|| [ID00150]
|| [105]
oder Corallen-Blumen genenner werden / so kan er sie doch vor keine Pflantzen oder
Vegetabilia erkennen / weilen sie weder Wurtzel / Blätter / noch einige Folia haben / wodurch
sie / wie andere Kräuter / könten genehret werden; Und ob sie schon äusserlich auch eine
schleimichte Haut (welche dem gemeinen Irrthumb / daß die Corallen unter dem Wasser weich seyen
/ Ursach gegeben) umb sich haben / so ist doch solche vor kein natürlich Häutchen / wie an den
Kräutern / zu halten / sondern vor eine Unreinigkeit des Meers / welche sich umb die Corallen
anhänget / worvon der berühmte Svvammerdam in einer Epistel an obbelobten Bocconem c. l. pag.
177. gar schön handelt. Was aber Plinius von seinen rothen Beeren gedrucket / ist im Grund
erdichtet / wie Wormius in Mus. pag. 231. erwiesen hat.
§. 3.
Die Corallen-Fischeren geschiehet von Anfang des Aprilis bis zu End des Julii, und werden
offters 200 leichte Fahrzeuge darzu gebrauchet / welche mit grossen Seegelen versehen sind /
auf daß sie den Corsare̅ und Türckischen Galeeren entwischen können. Damit sie
nun die Corallen / welche unter hohen Ritzen und Felssen tieff im Meer wachsen / hervorbingen
mögen / so fügen die Fischer zwey Zimmer-Höltzer Creutz-weiß zusammen / setzen in die Mitte ein
groß Stück Bley / das Holtz damit sinckend zu machen: alsdann binden sie Hanf oder langen
Flachs umd die Höltzer / und lassen denselben also zottig / eines Fingers dick herab hangen:
das Kreutz-Holtz aber binden sie mit zwey langen Seilern an das forder und hinder Theil des
Schiffs / und also fahren sie neben den Felsen. So bald nun der Flachs oder Hanf an einen
Corallen-Zweig kombt / wickelt er sich umb denselben und ziehet ihn mit fort. Wann dann das
Kreutz-Holtz soll gehoben werden / müssen wohl 15. bis 20. Schiffe darzu helffen / das sie
dasselbe mit den Corallen hervorbringen / von welchen doch viele abbrechen und wieder in das
Meer fallen / wie solches Tavernier in seiner Reiß-Beschreibung und auß demselben Pomet pag.
163. und Marxius in der Teutschen Material-Kammer pag. 82. beschreiben. In der Barbarey aber
sollen so geschickte und verwegene Wasser-Taucher seyn / welche die Corallen mit Händen
abreissen und vor den Augen Brillen-Gläser haben / daß sie auch unter dem Wasser sehen können /
wie Mallet solches in seiner Welt-Beschreibung Part. 1. pag. 1159. zeiget / und in einem
Kupffer-Stuck unter Augen geleget hat.
§. 4.
Sonsten werden die Corallen in Ansehen der couleur in rothe und weisse Unterscheiden. Zu
jenen gehören auch die eine bleichere Färb / wie Rosen haben; jedoch je röther sie sind / je
besser sie gehalten werden. Einige thun noch die dritte speciem, nemblich die schwartze
Corallen hinzu / welche doch etwas anders zu seyn scheinen / indem sie viel zäher und wie Horn
anzusehen sind / auch lang und strack wachsen / daß man sie an statt eines Stocks brauchen kan
/ wie mir neulich ein dergleichen Stück von Hn. Vito / welcher sie auß Ost-Indien gebracht /
verehret worden ist. Diese Art heisset sonsten Antipathes, dessen Abriß oben in der Figur zu
sehen. Doch setzet Pomet auch in seiner Figur ein veritabel schwartzes / welches doch nie
gesehen hab. Indessen kan man von beyden gewisse Nachricht auß des Hn. Rumphen Beschreibung des
Calbahars, im Anhang dieses Wercks / finden. Von den beyden ersten haben die Materialisten noch
verschiedene Sorten / nachdem sie auß etwas schonen oder mittelmäsige̅
Corallen-Zincken / oder auch Fragmenris bestehen / welche viel wolfeiler sind / als die Zincken
/ ob sie wohl einerley Krafft haben. Das Gewicht aber / da die Corallen in Genua oder anderstwo
ins groß verkauffet werden / ist umb 15. pro cento grösser / als sonsten das ordinari, nemblich
115. ???. Genueser Corallen ???. thun 100. ???. Nürnberger. Deßgleichen ist auch zu Antorff /
Bruck und Bergen das Corallen-Gewicht umb 5. pro Cento grösser / dann das Cölnische Gewicht /
wie Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 25. erwehnet. Die Dicke werden rarer und theurer
gehalten / welche die Japponeser sehr aestimiren / vid. Franc. Calceolarius in Mus. Sect. I.
pag. 3.
§. 5.
Was ihre Kräfften und Tugenden belanget / so haben sie eine versüssende Krafft / wormit sie
alle Säuer im Leibe lindern und versüssen / und also alle Auffwallung und effervescens in den
Gedärmen und dem Geblüt verhindern: halten auch etwas an und stopffen in der rothen Ruhr / Blut
Stürtzungen und dergleichen; weßwegen sie in sehr vielen Kranckheiten des gantzen Leibs
gebraucht werden / wie Gansius in einem besondern Buch von den Corallen weitläufftig gezeiget
hat / dessen Begriff kürtzlich in meiner Historiâ Literariâ, in Append. Miscell. Acad. Nat.
Cur. Dec. 2. A. 2. zu finden ist. Einige wollen sie auch gegen die Hexerey und
Zauber-Kranckheiten rühmen / und so wohl auß verschiedenen Welt- berühmten Scribenten / als
Zoroast. Metrodori, Orphei, Alberti Magni, Paracelsi, Libavii und anderer Schrifften / als auß
der täglichen Erfahrung solches behaupten; wie dann obbelobter Gansius einen gewissen Medicum
kennet / welcher viele dergleichen Kranckheiten mit folgendem Recept, darinnen die rothe und
weisse Corallen den Reyhen führen / soll curirt haben:
Rec. Corall. rubr.
alb.
|| [106]
Dent. hom. demort. ??? Zj.
Herb. & Sem. anthirrin. Zij.
M. F. Pulv. wormit die bezauberte Glieder so lang zu räuchern sind / biß die Kranckheit
nachlasse. Daß aber die Corallen den Donner- und Hagel-Schlag / auch andere Gewitter verhüten /
alles Ungeschmeis vertreiben / und die Reisende davor praeserviren sollen / ist ein blosser
Aberglaub. Wie dann auch gantz falsch zu seyn scheinet / daß wann sie nur am Hals oder an den
Armen getragen würden / das Frauenvolck zur Geilheit und Unzucht dadurch beweget würde. Auff
solche Gefahr können die darvon gemachte Hals- und Arm-Bänder schon sicher getragen werden /
wann man sich nur vor denjenigen Corallen / so in dem Meer der kleinen Welt zu finden / hütet /
auff welche die Alten / so diese Meynung am ersten auff die Bahn gebracht / ihr Absehen mögen
gehabt haben. Sonsten ist am besten / wann man sie nur zu einem subtilen Pulver stosset und
also gebrauchet / indem das ???. coralliorum nur ein solution, das Magisterium ein verdorbener
Kalck / auch andere dessen praeparationes nicht viel Nutz sind / absonderlich die so sehr
gerühmte Corallen-???ctur, deren ein gewisse Person über 300. Beschreibungen zehlet / wiewohlen
die meiste / so mit sauren ???. geschehen / der Corallen Krafft castriren und verderben / wie
D. Ettmüller in einer besondern Disp. de R. Corall. und im Comm. Schroed. lehret / Conf. Hoffm.
in Clav.
§. 6.
Hieher gehöret auch die
CORALLINA
oder
Corallen-Mooß /
welches nicht viel anderst / als die Corallen sich im Meer an die Meer-Felsen / Muscheln und
die Corallen selbsten / als ein Mooß anhänget und wächset / dahero es auch Meer-Mooß genennet
wird. Dieses bestehet auß dünnen / haarichten und gleichsam von vielen kleinen aneinander
hangenden Schüplein zusamen gesetzten Stengelein / welche bißweilen weiß / bißweilen röthlicht
/ zum offtern aber grünlicht außsehen; weßhalben dessen verschiedene Arten gefunden werden /
unter welchen diejenige / welche von C. Bauhino in Pin. pag. 364. Muscus coralloides squamulis
loricatis genennet ist / zur Medicin erlesen wird. Sie muß schön grünlicht seyn / auch nicht
viel kleine Stücklein und Staubichtes in sich halten / wann sie vor gut passiren soll / wie
Pomet in seiner Material-Kammer p. 165. lehret. So hält man auch solche vor besser / welche
auff den Corallen gewachsen und in deren Ermangelung / diejenige welche von den Felsen gekommen
/ vid. Hoffmannus in Clavi Schroed. p. 452. kombt sonsten auch auß Italien und Franckreich /
auß dem Mittelländischen Meer.
§. 7.
Den Gebrauch betreffend / so adstringiret sie und hat eine sonderliche Krafft die Spul-Würme
der kleinen Kinder zu tödten / so gar / daß D. Ettmüller in seinem Comment. in Schroed. pag.
553. Ed. novis. das Corallen-Mooß dem bekandten Wurm-Saamen vorziehet / wann es nur noch frisch
und nicht zu all ist. Es wird davon ???j. Zß. biß auff Zj. gegeben.
§. 8.
Alle diese See-Bäumlein wachsen (wie oben gemeldet /) entweder an den Klippen oder auff denen
so genandten
Corallen-Steinen /
von welchen der begierige Leser einen außführlichen Bericht im Anhang dieses Buchs / nach den
Ost-Indischen Send-Schreiben finden wird / wo auch von den Corallen selbsten und einigen andern
See-Gewächsen noch weitläufftiger gehandelt wird.
ENDE des Ersten Theils.
|| [107]
Der vollständigen NATUR- und MATERIALIEN-Kammer Zweytes Buch / Von denen
Saamen / Wurtzeln / Kräutern / Blumen / Bäumen und Früchten Erste Abtheilung Von
denen Medicinalischen Saamen. Das I. Capitel Von den Biesam-Körnern oder Abel-Moschi.
§. 1.
DIe Biesam-Körner / oder Abel-Moschi-Saamen / sind kleine / braungraue und äusserlich rauhe
Körner / wie kleine Nieren formirt / deren Geruch gleichsam auß [108] Biesem
und Amber miscirt ist / weßwegen dieser Saamen auch von den Frantzosen l' Ambrette genennet
wird.
§. 2.
Das Gewächs / daran sich diese wohl-riechende Körner finden / ist in Ost-Indien / Egypten /
America / in den Antillen-Insulen / und besonders in der Insul Martinique anzutreffen / welches
letztere die besten Körner gibet: Ist eine Art Fellriß und wird deßwegen auch von den Botanicis
Alcea Indica Villosa, von andern aber Althaea AEgyptiaca genennet: wächset gerad über sich /
hat breite / grosse und grüne Blätter / so wie Sammet anzugreiffen: trägt gelbe Glocken-Blumen
/ nach welchen dreyeckichte / außwendig braune und inwendig weisse Hülsen / eines Fingers lang
folgen / welche den Saamen in sich halten / wie alles gar schön im zweyten Theil des Horti
Malab. Fig. 38. unter Augen geleget wird.
§. 3.
Weilen aber diese Körner mit der Zeit ihren Geruch verlieren / so muß man zusehen / daß man
keine alt - verlegene und wurmstichichte Waare überkomme / sondern nach dem noch frischen
Saamen / welcher doch recht außgetrucknet sey / auch vollkommene und dicke Körner und einen
noch guten Geruch habe / trachte.
§. 4.
Was den Gebrauch dieser Körner anlanget / so werden sie in der Medicin noch sonderlich nicht
verschrieben / und findet man auch wenig oder gar nichts von ihren Qualitäten und Tugenden bey
den Scribenten / ausser daß Ettmüllerus mit sehr wenigen Worten in seinem Comment. in Schroed.
setzet / daß man diesen Saamen in Spiritu Vini lege / und demselben einen Biesem-Geschmack
damit zuwegen bringe. Unterdessen warnet und erinnert Mons. Pomet in seiner Historiâ Simpl.
pag. 29. daß wann man nicht wohl wisse damit umbzugehen / man diese Körner nicht leicht unter
andere Dinge mische / solchen einen Geruch damit zu machen / weilen an statt eines
Biesems-Geruch man leichtlich alles verderben könne. Sonsten aber bedienen sich die Parfumirer
in Italien dieses Saamens / welcher auch eingeschnürt und zu Rosen-Kräntzen / Hals- und
Arm-Bändern (welche vornehme Damen des guten Geruchs wegen tragen) zubereitet und also von den
Gänglern und Italiänern hin und wider verkauffet wird.
§. 1.
ISt etwas unter allen Materialien dessen sich die Herrn Medici und Naturkündiger noch
zuweilen befleissigen / auch darunter vielerley Meynungen führen / so ist es der Alten Amomum,
welches eine Art Saamen und Gewürtz ist / so zum Theriac mitgenommen wird. Maroneus hat einen
gantzen Tractat davon geschrieben / auß welchem Samuel Dale ein Engeländer XII. Meynungen in
seiner Pharmacol. pag. 327. erzehlet. So sind auch die Apothecker hierinnen gantz ungewiß /
welche bald den Paradiß-Körnern / bald den grossen Cardamömlein / bald den grossen runden
Körnern / so von der Cassia Caryophillata herkommen und Piper de Jamaica und Amomum Plinii
heissen / diesen Nahmen geben; weßwegen dann andere an statt des Amomi veri entweder den Calmus
/ oder die Nägelein zum Theriac gebrauchet haben / wie beym Schrödero, Schurtzio, Vielhäuer und
andern zu sehen. Hergegen machet Charas, ein Frantzöischer Apothecker / in seinem Tractat von
des Theriacs Ingredientien pag. 180. diese Sach gantz leicht / und vermeinet mit grösserem
Bestand davon judiciren zu können / indem ihm das rechte Amomum noch an seinen Trauben hangend
in seine Apotheck gebracht worden / welches auch sonsten bey verständigen Materialisten in
gantz Franckreich häuffig zu haben sey / und hält also das Amomum Racemosum vor das rechte
Amomum Dioscoridis; worinnen Pomet in seiner Material-Kammer pag. 39. mit ihm eins ist / auch
diese unsere Figuren deßwegen mitgetheilet hat. Dieses Amomum bestehet auß Purpur-Fardichten
und bey nah viereckichten Saamen Körnlein / welches so Accurat zusammen gesetzet sind / daß sie
einige runde Köpfflein formiren / welche mit einer runden und weißlichten Hülsse umbgeben / und
also einem Trauben-Kern ähnlich sind. Diese Köpfflein und Hülßlien hangen auch / wie die
Trauben / aneinander an einem Stiel / worauff sie gleichsam / wie der Pfeffer / hart angeleimet
sind: werden auß Indien in Holland gebracht / und von dannen in Europam zertheilet.
§. 2.
Bey dem Einkauff sehe man zu / daß / so viel es seyn kan / das Anomum noch frisch und nicht
alt oder verlegen sey / runde weiß-gelbichte / schwere und mit Körnern wohl angefüllte Hülssen
habe / auch groben und kernhafften Saamen / welcher scharff / aromatisch und den Cardamömlein
gleich sey / in sich halte. Die leichte / auffgerissene und mit schwartzen Körnern anfüllte
Hülssen-Köpff oder Trauben nehme man nicht an.
§. 3.
Diese also erlesene Körner werden zum Theriac gesuchet / da alsdann die Hülssen auffzumachen
/ die schwartze runtzelichte Körner wegzuschmeissen / die schwere / lebhafftige und gewürtzte
außzulesen / und damit die dünne Häutlein / wormit sie unterschieden / wegbleiben möchten /
reibet man sie zwischen den Händen und schwinget sie auff einem Papier wohl auß.
§. 4.
Was aber die
Rose von Jericho /
worinnen dieses Gewürtz nach einiger Meynung soll wachsen / anlanget / so hat sie diesen
Nahmen von einem müsigen und ungelahrten Münch bekommen / indem / (wie Bellonius an einem Ort
zeiget) sie nicht umb Hiericho, sondern in denen Arabischen Wüsten / an den Ufern des rothen
Meers / auß dem Sand hervor wächset: wird sonsten in Italien auch Rosa Sancta: Mariae, Rosa,
Hierici, inßgemein aber Lateinisch Rosa Hierichuntina genennet.
§. 5.
Sie bestehet auß einem fast Handbreiten Stäudlein / hat viele sich in einander flechtende und
holtzichte Aestlein / kleine / länglichte und schmahle Blätter / träget in der Mitten runde
Körner oder Früchten / und ist inßgemein selbsten rund / ehe sie sich voneinander thut /
welches in warmen Wasser geschiehet.
§. 6.
Von ihren Tugenden hat Joh. Sturmius, Prof. zu Löwen ein eigenes Büchlein / aber voller
Aberglauben / geschrieben. Der gemeine einfältige Mann glaubet / daß sie sich in der
Christ-Nacht auffthue / sie möge so dürr sein / als sie wolle: allein es ist eine Fabel und
Mährlein. Thut sie sich auff / kombt es von des Winters Feuchtigkeit und kan solches auch in
den andern Nächten geschehen / wie Wormius in seinem Museo pag 152. nechst der Erfahrung
zeiget. Vid. Dn. Nebelius in Not. ad Amm. Charact. Plant. pag. 546. Die übrige Kräfften werden
in einem Zettul / so die Charlatans und andere Läuffer außstreuen / also beschrieben:
Krafft und Würckung der Rosen von Jericho.
1. Wann solche Rose in ein glaßvoll Brunnen-Wasser diß zu Ende der gantzen Wurtzel gethan
wird / thut sie sich in Zeit einer 1/2. biß I. Stund außbreiten und eröffnen; und da man sie
auß dem Wasser nimbt / wird sie sich nach wenig Stunden wieder in vorige Form zusammen krümmen.
Diesen Effect wird sie täglich [110] thun / sie mag so alt werden / wie sie
will.
2. Gebrauchen solche die Morgenländische Weiber in Judäa und gantz Asien / den gebährenden
Weibern / wann solche nicht genesen können / und werffen diese Rose in das Getränck oder Wasser
/ und geben davon zutrincken / soll gute Hülff leisten.
3. Wann man solche der Gebährer in auff den Kopff oder auff den Leib hält (verstehet sich mit
der gantzen Wurtzel in der Hand) oder ihr selbsten in die Hand gibt / oder aber die Rosen in
ein Trinckglaß mit Wasser (wie oben gemeldt) stecket / und wann sich selbe nach wenig Zeit
eröffnet / soll es ein Anzeig seyn / daß solche genese; da es sich aber nicht eröffnet / solle
sie nicht genesen und des Lebens nicht sicher seyn.
§. 1.
DEr Ammey-Saat / oder SEMEN AMMEOS wird fast von allen Scribenten als ein sehr kleiner /
runder und gestreiffter Saamen beschrieben / so dem Sand gleich seye / davon ihm auch der Nahme
ist gegeben worden / und soll also viel kleiner / als der Petersilien-Saamen seyn. Allein wann
man denjenigen / so man heut zu Tags in den Apothecken und Materialien. Kammern antrifft /
genauer ansihet / so kombt er mit solcher Beschreibung gar nicht über ein / weilen solcher
länglich und fast dem Kümmel nicht ungleich / und also nicht so gar klein ist; wie dann auch
der in AEthiopien wachsende Ammey-Saamen deßwegen Cuminum AEthiopicum genennet wird. Weßwegen
der berübinte Ettmüller in seinem Comment. über Schroed. Pharm. Tom. I. pag. 512. nicht
unbillich zweiffelt / ob man heutiges Tages den rechten und auffrichtigen Ammey-Saamen bey uns
antreffen könne: welchem Hermannus, Dale und andere gleichfals Beyfall geben.
§. 2.
Indessen sind fast alle darin eines / daß dessen Kraut gleich dem Fenchel / Dill und andern
Kron-Kräutern auffwachse / und nach dem es weisse kleine Blümcher getragen / dessen Saamen
herfür bringe: Und ob schon dessen vielerley Gattung in verschiedenen Ländern gefunden / auch
in vornehmen Gärten erzielet werden / als das gemeine / das Alexandrinische / das Cretische /
so werden doch die letztere nur auffgesuchet / und wann man solche nicht haben könte / rathen
einige an deren statt den gemeinen Kümmel zugebrauchen; zumahlen dieser Saamen / gleich wie bey
uns / in AEgypten in dem Brodt gebacken wird / wie solches auß des Marxii Material-Kammer
Christoph Vielhäuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 72. angemercket hat.
|| [111]
§. 3.
Die Güte dieses Saamens wird auß seinem scharffen und aromatischen Geschmack und starckem
Geruch / welcher theils nach Dosten-Kraut oder Origano, theils nach Thymian riechet / erkandt /
welchen man vor andern an dem Cretischen spüren kan: und muß zugleich der Saame kernhafft und
vollkommen / frisch und sauber seyn / vid. Charas l. c. pag. 228.
§. 4.
Seine Tugenden und Gebrauch anbelangend / so kombt er nicht allein mit zum Theriac / sondern
wird auch unter die vier kleine erwärmende Saamen / oder vier Sem. calida minora, Ammeos,
Amomi, Apii, Dauci, gezehlet / weilen er warmer und truckener Natur ist und die Winde in der
Colic / Mutter-Stein- und andere Schmertzen zertheilet. Absonderlich machen einige davon
grosses Wesen / das Weisse oder Weissen-Fluß der Weiber zu curiren / auch derselben
Unfruchtbarkeit zu heben / wor gegen D. Freytag in Aurorâ Medic. cap. 49. pag. 846. diesen
Saamen selbsten in Wein oder Fleischbrüh allezeit über den andern Tag ein Quint recommendiret /
und zwar mit der condition, daß alsdann der Mann sich der Frauen entohnige: Simon Paulli aber
darbey zugleich ein Mutter-Clystier / auß eben diesem Saamen und andern ingredientien mit
Nutzen gebrauchet / welches er in Quadripartito Botanico pag. 195. beschrieben hat.
§. 1.
DEr Cretische Mohren- oder Vogelnest-Saame / Daucus Crenticus genandt / ist ein länglicht und
außgespitzter grauer Saame / mit einer beltzichten Schale umbgeben / eines guten Geschmacks und
starcken Geruchs: wird auß der Insul Candia über Venedig in Teutschland gebracht / und ob schon
derselbe auch auff den Alpen-Gebürgen in der Schweitz und anderstwo gefunden wird / so kombt er
doch an seinen Qualitäten und Tugenden dem Cretischen nicht bey / vielweniger der zahme und
wilde Mohren-Saamen / so bey uns aller Orten sonsten häuffig zu finden ist; weßwegen der
Cretische nur zum Theriac gesuchet wird.
|| [112]
§. 2.
Daß Kraut selbsten wächset zwischen den Felsen / an steinichten Oertern anderthalb Schuh hoch
/ auß einer Fingers-dicken Wurtzel: kommet / den Blättern nach / dem Fenchel etwas gleich /
trägt an den Spitzen der Stengel unterschiedene / und mit weissen Blümcher gezierte Kronen /
nach welchen der Saame selbsten / gleich wie der Kümmel / zu wachsen pfleget / wie auß des
Pomets Figur zuersehen / welche doch / den Blättern nach / der Botanicorum, absonderlich
Paullini Beschreibung nicht gar ähnlich scheinet / und deßwegen von dem Plukenet verbessert
wird.
§. 3.
In seiner Krafft und Tugend hat er eine grosse Gemeinschafft mit dem Kümmel und Angelic
Wurtzel / wie D. Ettmüller in seinen Anmerckungen über Schro̅deri Pharmacop. pag.
562. lehrer. Hat derowegen eine sehr erwärmende Krafft / zertreibet die Winde / stillet die
Mutter-Schmertzen / und treibet den Stein und Harn; weßwegen der Aeltere Helmontius in seinem
Tractat von dem Stein / cap. 1. §. 19. cap. 7. §. 14. wie auch Charleton, ein Englischer
Medicus in seinem Buch von dem Steinmachenden Spiritu pag. 177. ein groß Wesen davon machen.
Dahero dann auch die Engeländer noch heut zu Tag ein gewisses Bier damit gegen den Stein machen
/ gleich wie sie dergleichen auß dem Löffelkraut gegen den Schaarbock / guß der Wurtzel China
gegen die Frantzosen / auß Citronen-Schaalen gegen die Colic sc. zubereiten / wie oben
angeführter Herr Ettmüller weitläufftiger davon zu lesen ist. Der berümbte Dänische Botanicus,
Doct. Simon Paulli lobet diesen Saamen auch gegen beygebrachtes Gifft / und andere gegen den
Spinnen-Stich / welches unter andern die Ursach seyn mag / weßwegen er von den Alten zum
Theriac genommen worden.
§. 4.
Weilen unterdessen der Saame offters sehr alt wird / ehe er auß Candia durch Italien zu uns
übergebracht werde / so mus man wohl Achtung darauff geben / daß / wann man ihn einkauffet /
derselbe noch frisch / kernhafft und kräfftig / auch von allem Staub und Schaalen wohl
gereiniget sey: und wann ja derselbe also nicht zu finden wäre / kan man auch wohl denjenigen
Vogelnest-Saamen / so in Italien wächset / an dessen Stelle gebranchen / wie Schroederus in
seiner Pharmacopoeâ Medico-Chymicâ zu seiner Zeit gerathen hat.
§. 5.
Diesen und andern Kron-Kräutern kommet die heut zu Tag auch bekandte
VISNAGA
etwas gleich / welche vom Ammanno in Char. Plantarum Nov. pag. 615. vor eine species Gingidii
gehalten wird: hat Blätter wie der Fenchel und einen länglichten gestreifften Saamen / an
langen Stengeln und Spitzen / welcher auß Türckey gebracht wird / obwohlen dieses Kraut auch zu
Paris in Franckreich im Königlichen Garten und anderstwo gezogen wird. Diese Spitzen werden nur
an statt der Zahnstörer gebraucht / und lassen einen guten Geschmack im Mund: müssen schön groß
/ gelb und noch gantz seyn / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 188. davon zu sehen
ist.
|| [113]
§. 1.
DEr Frantzöische Sessel-Saame / oder Semen Seseleos Massiliensis ist ein länglichter /
platter und eckichter Saame / so in Franckreich / absonderlich in der Provintz Languedoc umb
Marseille und derselben Gegend / häuffig wächset / und dem wilden Fenchel nicht ungleich
scheinet; wie dann auch dessen Kraut vor eine Art Fenchel gehalten wird / welches die Lateiner
Foeniculum tortuosum, oder den gewundenen Fenchel nennen / weilen die Stengel gleichsam als
gewunden wachsen: Findet sich sonsten aller Orten an den Wegen und ungebaueten Plätzen / so
wohl auff dem flachen Land / als auff den Bergen: blühet im Sommer und bringet kleine weisse
Blümcher hervor / welche (wie auch der Saame) gleich den andern Kron-Kräutern einen Krantz
formiren / wie solches auß der Figur zu sehen / welche uns der Frantzöische Materialist / Herr
Pomet an die Hand gegeben hat.
§. 2.
Zwar finden sich anderstwo mehrere Species dieses Krauts / als das Cretische / AEthiopische
und dasjenige / so auff den Wiesen zu finden ist / wie solches Doct. Hoffmann in seinen
Anmerckungen über den Schroederum mit mehrerem anziehet: Es wird aber doch keines / als das
Massilische / und zwar nur dessen Saame unter die Materialia gerechnet / obwohlen Monsieur
Charas bezeiget / daß die Wurtzel und die Blätter nicht weniger sehr aromatisch seyen / als der
Saame selbsten. Solte man aber den Cretischen auch gutes Kauffs und auffrichtig haben können /
so ist derselbe dem Frantzöischen wo nicht vorzuziehen / doch gleich zu schätzen / indem alle
Kräuter so auß Candia kommen / wegen der Landes Art / kräfftiger als andere sind / wie Doct.
Ettmüller solches in Comm. ad Schroed. Tom. I. pag. 663. bezeuget.
§. 3.
Im übrigen muß man zusehen / daß dieser Saame in seiner Zeitigung / bey gutem truckenen
Wetter gesamblet werde: Und wann man ihn einkauffet / gebe man Acht / daß er recht kernhafft /
grünlicht-bleich / eines scharffen und aromatischen Geschmacks sey: den blassen und bleichen
aber verwerffe man / als welcher gar zu lang auff dem Stengel gesessen und krafftloß / gleich
wie der kleine leicht und unvollkommene nicht recht zeitig worden ist / wie obgemeidter Charas
in Beschreibung der Theriac-Ingredientien p. 219. lehret.
§. 4.
Man braucht diesen Saamen hauptsächlich zum Theriac / und hat fast eben die Qualitäten / als
der Macedonische Petersilien-Saame / ist aber doch zugleich in allen Brust-Schwachheiten sehr
dienlich / und wird darbeneben vor ein sonderliches Gifft-treibendes specificum gegen den
Wüterich oder Cicutam gehalten / wie auß des Schröders Pharmacopoeiâ solches der Engelische
Medicus Samuel Dale in seiner Pharmacologiâ pag. 182. wohl erwehnet hat.
|| [114]
§. 1.
DEr Macedonische Petersilien-Saame oder Semen Petroselini Macedonici ist nach dem
äusserlichen Ansehen dem Ammi Saamen nicht ungleich / längslichter / als der gemeine
Petersilien-Saame / doch schmaler / klein / streifficht und lockicht / schwartz-grüner Farb /
eines scharffen und aromatischen Geschmacks und starcken Geruchs: hat seinen Nahmen von dem
Königreich Macedonien / worinnen er häuffig hervorkommet / und von dannen in Europa gebracht
wird / dann der Saame allein in unsern Landen zur Artzney gebrauchet wird.
§. 2.
Was das Kraut selbsten anlanget / so ist es unserm Cellery fast gleich / wofür es Samuel Dale
in seiner Pharmacologia pag. 198. halten will / von welchem es mit den übrigen heutigen
Botanicis unter die Cron-Kräuter gezehlet wird / dann es die Blüth und Saamen / dem Fenchel
gleich / in einer Cron herfür bringet / und soll es nach des Marxii Bericht in Franckreich bey
schatticht- und feuchten Orten eines Manns hoch wachsen / wie in dessen Material Kammer pag.
152. zu lesen ist. Unterdessen wissen die Frantzosen / als Pomet, Charas und andere seldsten
hiervon nichts / sondern rathen vielmehr diesen Saamen auß seinem rechten Vatterland zu
erhandeln / welches sie nicht thun würden / wann er in Frankreich zu haben wäre; dahero unser
Cellery vor den rechten Macedonischen Petersilien schwerlich gehalten / noch demselben kan
substituiret werden.
§. 3.
Vielweniger wollen sie den gemeinen Petersilien-Saamen demselben gleich gehalten haben / wie
sonsten der berühmte Dänische Medicus Simon Paulli in seinem Quadripartito Botanico pag. 428.
und Dan. Ludovici in Pharm. Moderno Sec. appl. pag. 408. darauff dringen: Indem der
Macedonische den gemeinen an seiner Schweiß- und Gifft-treibenden Tugend weit übertrifft / wie
solches nicht allein der Gelährte Ettmüller Oper. Tom. 1. pag. 626. bestättiget / sondern auch
der Geruch / Geschmack und andere Qualitäten Augenscheinlich zeigen; dahero auch Moyses Charas,
ein bekandter Apothecker in Paris / in einem gewissen Frantzöischen Buch / worinnen er die
vornehmste Species, so zum Theriac kommen / beschreibet / pag. 161. einem gewissenhafften und
Ehr-liebenden Materialisten und Apothecker räthet lieber so viel vor eine Untze des
Macedonischen Petersilien-Saamens zu geben / als davor man sonsten wohl ein ???. des gemeinen
haben könte.
§. 4.
Man muß auch nicht jedweden Saamen [115] dieses Nahmms ohne Unterscheid zu
dem Theriac nehmen / sondern wie mit den übrigen Ingredientien geschiehet / auch hier den
besten erwehlen / keinen alten verlegenen sich von den Materialisten auffhencken lassen /
sondern zusehen / daß er frisch / kernhafft / aromatisch und von gutem Geruch sey / auch so er
staubicht / auff einem Papier wohl außschwingen und säubern lassen.
§. 5.
Der vornehmste und gemei???este Gebrauch dessen ist / daß man ihn zum Theriac, Antidot.
Matthioli und einiger Medicorum Tinct. Bezoard. verlange / weilen ihm ein Gifft-treibende
Eigenschafft zugeschrieben wird; wiewohlen Galenus selbsten Lib. 1. de Antidot. cap. 30. pag.
304. diesen Saamen nicht so wohl solcher Tugend halben / als daß er den Magen stärcke und denen
Wasser-Süchtigen zu hülff käme / lobet / indem er gleich dem gemeinen Petersilien den Urin
gewaltig treibet / vid. Schroederus in Pharm. Med. Chym. pag. 119. Doch ist auch wohl zu
glauben / daß er die enervirte Mannheit stärcken könne und der Holländer Sprich-Wort auch hier
statt finde:
Peterlely helfft the Man to Paerdt Ende the Vrouven onder the Aerdt.
§. 1.
DEr gemeine Anis oder ANISUM ist ein länglicht-runder / kleiner und gestreiffter Saame /
grünlicht-gelber Couleur, eines süssen und aromatischen Geschmacks und guten Geruchs: wird zu
Bamberg un Franckenland häustig gezogen und in Teutschland aller Orten geführet. Es wird auch
eine Art davon auß Italien über Venedig in andere Länder gebracht / welche aber viel kleinere
Körner / als der Teutsche hat / davon Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 82. zu sehen
ist.
§. 2.
Das Kraut / worvon der Anis herrühret / gehöret unter die Cron-Kräuter und blühet wie der
Fenchel / Kümmel / Angelica und dergleichen mit welchen es in Ansehung der Qualitäten und
Würckungen auch ziemlich übereinkommet: hat rund-zerkerbte Blätter / welche je höher sie
steigen / je schmäler sie werden / wie beystehende Figur solches unter Augen stellet. Sonsten
wird das Kraut zu nichts in der Medicin gebraucht / welche sich mit dem Saamen vergnügen
lässet.
|| [116]
§. 3.
Wann er gesamblet oder auch eingekauffet wird / so muß man zusehen / daß er graulicht und
nicht zu alt falle / doch recht trucken und nicht naß sey / sonsten wird er schwartz und hält
sich nicht. Der groß- und dickkörnerichte / welcher einen piquanten und atomatischen / doch
süssen und keinen bittern Geschmack hat / wird vor den besten gehalten / er braucht auch keiner
weiteren Zubereitung / als daß er von den Stengeln und andern Unreinigkeiten wohl gesaubert und
außgeschwungen werde / welcher sonsten den Venedischen und Malthesischen Anis unscheinlich
machen. Wie schädlich und übel aber diejenigen mit dem Anis umbgehen / welche ihn / ehe er zum
Theriac genommen werde / zu rösten pflegen / hat Charas schon zu seiner Zeit in seinem Büchlein
von den Theriac-Ingredientien pag. 207. klärlich gezeiget / indem durch diese unnöthige und
lächerliche Praeparation die beste und volatilische Theilcher in die Lufft gejaget / die übrige
aber unnützlich verbrandt werden.
§. 4.
Es hat aber dieser Saame / entweder allein oder mit Zucker überzogen / wegen seinen vielen
öhlichten Theilcher / eine sehr erwarmende Krafft und wird deßwegen von den Medicis unter die
vier grössere erwärmende Saamen gezehlet. Er stärcket und erwärmet alle Glieder des Haupts /
der Brust und des Bauchs: zertheilet die Winde / verhütet und heilet die Bauch-Grimmen der
kleinen Kindern / wann er entweder von den Säugenden (denen er die Milch zu gleich vermehret)
fleissig genossen / oder den kleinen Kindlein / mit Krebs-Augen vermischet / in dem Brey oder
Milch eingegeben wird / und ist dieses merckwürdig / daß das Pulver von dem Anis eines scrupels
schwer die kleine Kinder zu laxiren pflege / ohne zweiffel / weilen er die Winde und
Krampff-mässige Außdähnung der Gedärme besänfftiget.
§. 5.
Von gleichmässiger Würckung ist auch das destillirte Anis-Oehl / obwohlen nicht zu läugnen /
daß der Saame selbsten / so darauß ein Tranck gesotten wird / viel eher die Winde zertheile /
als das künstlich davon zubereitete Oehl; wordurch dann / mit dem berühmten Holländischen
Medico D. Heurnio, Simon Paulli in seinem Kräuter-Buck pag. 103. bewiesen / daß die Simplicia
viel kräfftiger und gewisser zum curiren seyen / als der Apothecker Mischmasche und
Schmieralien. Als der Höchste GOTT die Kräuter und andere Creaturen erschaffen / und sie ansahe
/ da war alles gut / aber die armseelige Menschen wollen es immer noch besser machen und ziehen
ihre erbärmliche Spiritus, Essentzen / Tincturen und dergleichen des Schöpffers Mixturis vor /
dahero es dann kombt / daß noch so viel unheilbahre Kranckheiten gezehlet werden / davon
Seidelius ein gantz Buch geschrieben / wie im Eingang dieses Buchs schon erwehnet worden.
Unterdessen kommen wir wieder zu unserem Anis-Oehl / welches deßwegen eben nicht gäntzlich
verwerffe / sondern auch in seinem Werch lasse / indem es freylich auch ein herrlich und
penetrantes weisses Oehl ist / welches durch eine kleine Kält gefrieret / aber auch durch eine
gelinde Wärme wieder dünn und flüssig wird; kan Tröpsflein-Weiß den purgierungen zugemischer
werden / umb die Grimmen zu verhüten. Zu Schmalkalden in Thüringen machen sie davon den
Balsamum Sulphuris anisatum, in den Apothecken aber den ??? anisatum, welchen man wegen seiner
herrlichen Tugend in dem Keichen und kurtzen Athem / so sich absonderlich vor den Röthlen der
Kinder einfindet / den Brust-Spiritum oder Spiritum pectoralem zu nennen pfleget. Charas der
obbelobte Frantzöische Apothecker hat in seiner Königlichen Apotheck gezeiget / daß man auch
ein grünlichtes Oehl auß dem Anis außpressen könne / welches fast eben so gut / als das
destillirte sey / und von einigen die Quint-Essentz von dem Anis geheissen wird: beyde aber
werden auch in vielen Stücken äusserlich / so wohl von den Medicis, als den Parfumirern zum
guten Geruch ihrer Savonetten / Säcklein und der gleichen gebraucher: wie dann D. Ettmüller
seel. eine gewisses Kunst-Stücklein offenbahret / welches man in die Handschuh reiben / sich
damit Balsamiren und einen guten Geruch geben kan / welches also gemacht wird: Rec: Zibethi,
Moschi ??? gr. j. mische es mit dem ???. Anisi, dessen gebrauch ist / wie gesagt worden;
besiehe dessen Anmerckungen über Schroed pag. 515.
§. 6.
Sonsten ist bey kurtzen Jahren ein gewisser Saame auß Indien gebracht wordn / welcher am
Geschmack und Tugend dem Auis fast gleich kommet / und deßwegen
der Stern-Anis
genennet wird / weilen er zugleich an der äusserlichen Gestalt einen Stern abbildet / indem
er auß 6. 7. und wohl mehr Zacken bestehet / welche alle auß einen Centro hervorschiessen und
wann sie oben auffspringen / so viel Körner zeigen / als sie Strahlen haben: hat äusserlich ein
gelb-braune Farb / gläntzet inwendig und hält einen länglickt- und gläntzenden Saamen / wie
Lein-Saamen in sich / obwohlen er noch viermahl grösser ist / hat einen gleichsam auß Anis- und
Fenchel-vermischten Geschmack und sehr guten Geruch / und wird auch von andern der Sinesische
Fenchel / Zinghi, Badian und von D. Leonhardo Ursino Anisum Canadense &c.
genennet: kombt auß [117] den Philippinischen und Syberischen Insulen / wie
Barthol. Belli in der Beschreibung des Anisi Stellati zeiget.
§. 7.
Das Kraut dieses Saamens wachset in Sina und der Tartarey / und weilen es keine Gleichheit
mit dem Anis hat / so will Simon Paulli pag. 102. auch den Saamen vor keinen Anis erkennen /
obwohlen er unter diesem Nahmen schon längsten von dem Clusio in Hist. rariorum plantarum cap.
25. beschrieben / auch heutiges Tages noch also verkauffet wird. Vielweniger kan es vor ein Art
des Fenchels gehalten werden / weilen es keine Cron-Blumen hat / auch einen andern Saamen trägt
/ wie davon Nebelius in Not. ad Amman. Char. Plant. pag. 284. mit mehrerem zu lesen; ist also
ein besonderes und nicht gar bekandtes Gewächs / und wird nur von dem Geschmack also
genennet.
§. 8.
Seine Tugenden anbelangend / so will zwar Franciscus Redi in seinen Experim. Nat. so er an P.
Kircherum geschrieben / pag. 172. demselben wenig mehr Kräfften als dem gemeinen Fenchel und
Aniß zuschreiben: Allein Pomet judiciret viel anders davon / wann er in dem Anhang seiner
Materialien pag. 10. lieber 1. ??? dieses Sinesischen Aniß / als des gemeines 10. ???.
erwählet; wie dann auch der berümbte Hermannus in Ansehung des sehr annehmlichen Geschmacks und
Geruchs / den ersten dem letzten weit vorziehet / ob sie wohl sonsten in den übrigen Qualitäten
überein kommen / auch eben sowohl ein Oehl auß dem Stern-Aniß / als auß dem gemeinen
destilliret werden kan. Die beste Krafft bestehet in den Zacken und eusseren Schalen: Der
innere Saame ist fast ohne Geschmack. Die Chinenser bedienen sich dieser Früchten bey Gebrauch
des Cosfe, Thee, und nach Tisch / sich damit einen guten und wohlriechenden Athein zu machen.
Ingleichen schneiden sie denselben mit der Wurtzel Ninzin in warm Wasser / welches sie / gleich
dem Thee einnehmen und sich damit stärcken / weilen dieser Saamen den Magen und übrige Viscera
sehr erwärmet und stärcket / auch den Nieren-Stein mit seiner balsamischen Krafft praeserviren
und treiben soll. Sie machen anitzo einen Aniß-Brandewein darauß / welchen die Holländer
ANIS-ARAK nennen / welche ein Picol dieser Frucht (so 120. ???. hält/) in Holland vor 20. biß
30. Rthl. verkauffen.
§. 1.
DEr Wiesen-Kümmel oder Semen Carui ist ein kleiner / länglicht-gestreiffter und etwas
getrümter brauner Saame / eines scharffen und aromatischen Geschmacks und guten Geruchs;
wächset in Teutschland überall / von dannen viel tausend Pfundt in die See-Städte und andere
Orten verschicket werden / absonderlich von Nürnberg auß / wie Marxius, ein dasiger
Materialist, in seiner Teutschen Material-Kammer pag. 46. gedencket.
§. 2.
Das Kraut wächset gern in den Wiesen / dahero auch sein Nahme entspringet / hat tieffgekerbte
Blätter und treibet verschiedene eckichte Stengel eines Schuhes hoch / auff deren Spitzen
weiß-geblümbte Cronen wachsen / welche diesen Saamen / so im Julio und Junio zur Zeitigung
kommet / tragen / welcher schön grob / frisch / grünlicht / und eines gleichsam gewürtzten
Geschmacks seyn muß / wann er anderst vor gut erkandt werden soll.
§. 3.
Seine Krafft und Tugenden streichet Hieronymus Bock in seinem Kräuter-Buch pag. 169. mit
diesen Worten herauß: Dieser Kümmel ist nunmehr auch allenthalben gebräuchlich / ja auch
nutzlich in seiner Acht / als kein Wurtz auß Arabien: Helmontius aber nennet ihn / nebst dem
Fenchel und Römischen Kümmel einen Trost der Armen / welchen er in vielen Kranckheiten zu Hülff
kommet. Absonderlich stärcket er den Magen / das Haupt und das Gedächtnüß: zertheilet die Winde
/ in der Colic / Mutter- und andern Bauch-Schmertzen / absonderlich wann solche von trüben und
ungekochtem Bier / sauren Wein und dergleichen herrühren / wo dieser Saame / zu einem halben
Quintlein gestossen / bald hilfft / wie Doct. Ettmüller auß des Thoneri Observationen in seinen
Anmerckungen über des Schroederi Apothecker-Runst pag. 535. anführet. So befördert er auch den
verschlossenen Harn und stillet die Stein-Schmertzen / absonderlich wann sie / wie gemeiniglich
zu geschehen pfleget / mit der Colic vereinbahret sind.
§. 4.
Es wird aber dieser Saame auff vielerley Art / so wohl innerlich / als äusserlich gebrauchet
/ indem er entweder gantz in das Brodt / Käß und andere Speisen von uns Teutschen geknäten /
auch also mit Zucker überzogen wird / dessen man sich bey der Brunnen-Cur offters zu bedienen
pfleget: oder wird das Wasser und Oehl davon destillirt / welches letztere in etlichen Tropffen
obbemeldte Kranckheiten / absonderlich die Colic / gewiß und ohnfehlbahr stillet. Eusserlich
kan man es in die Clystiren thun; wie dann auch der Saame selbsten in ein noch heisses Brod
gethan und also warm auff den Leib geleget / die Colic stillen / der Schwaden aber davon das
Gehör wiederbringen soll / wie Doct. Simon Paulli in seinem Kräuter-Buch pag. 40. lehret.
|| [119]
§. 1.
DEr Kömische Krahm-over Garten-Kümmel / Semen Cymini oder Cumini genandt / ist wohl noch so
groß als der Wiesen-Kümmel / an Farb gelbbräunlicht / länglicht und streifficht / eines
scharffen aromatischen Geschmacks und starck-widrigen Geruchs: wächset häuffig in Apulien auff
einem dem Fenchel nicht ungleichen Kraut / und wird auß Italien in Teutschland gebracht; man
ziehet ihn auch in Negropont, welcher doch nicht so groß / auch nicht so rein ist / als der
vorige. So sollen auch in der Insul Malta noch zweyerley Arten davon gefunden werden / deren
eine scharff wie Zimmet / die andere süß als Anis schmecken soll / wie Schurzius und Marxius in
ihren Material-Kammern vorgeben; ja es will Samuel Dale in seiner Pharmacol. pag. 178. so wohl
als Pomet in der Material-Histori pag. 11. behaupten / daß auch der vorige Garten-Kümmel in
Malta gezogen werde / wo man ihn / wie bey uns die Früchte / in gantze Feldern sähen soll.
§. 2.
Seine Kräfften und Tugenden kommen mit dem Wiesen-Kümmel / Fenchel und Anis überein / indem
so wohl der Saame selbst / als dessen destillirtes Oehl die Winde in der Colic / Windsucht und
dergleichen mächtig zertheilen / auch wegen seiner aromatischen Natur die Nerven und Eingeweid
sehr stärcken. Unterdessen wird der Krahm-Kümmel in den Mutter-Beschwerungen dem Wiesen-Kümmel
weit vorgezogen / indem er die Monaten und Schwürungen nach der Geburt mehr befördert / auch
die falsche Wehen in der Geburt / so er in warmen Bier gesotten und getruncken wird /
mäch [120] tig stillen kan / wie davon Ettmüllerus über den
Schroederum pag. 557. weiter zu lesen ist Von dem Anis aber gehet er hierinnen ab / daß da
jener die Milch der säugenden Weiber vermehret / dieser solche / so wohl in-als äusserlich
vermindert / und derowegen bey Abstossung der Säuglingen gebrauchet wird. Er wird auch wegen
seiner durch dringenden und erwärmenden Krafft bey den Pferden und dem Rind-Vieh / wann es
auffstössig wird und sich auffblöhet / nutzlich adhibiret / und weilen die Taubenfänger / wann
sie diesen Römischen Kümmel unter ihre Atze thun / die Tauben sehr an sich ziehen können / so
soll an vielen Orten den Krämern verbotten seyn solchen zu verkauffen / wie Pomet solches an
abgedachten Ort unter andern auch meldet.
§. 4.
Bey dem Einkauf muß man zusehen / daß dieser Saame nicht zerstochen und Wurm-mäs-fig seye /
welches so bald kan in Acht genommen werden / wann man ihn zwischen den Fingern haltend in die
Höhe hebet und der Saame sich an einander hänget. Der beste Romanische Kümmel ist grob /
grün-gelbliche / hart / starck und fast stinckend von Geruch / rein und nicht mit Staub
vermenget.
§. 1.
DEr schwartze Kümmel wird Semen Nigellae genandt / weilen es ein sehr schwartzer / eckichter
/ und runtzelichter Saame ist / eines scharsften Geschmacks und sehr starcken Geruchs: wird
sonsten auch der schwartze und Römische Coriander genennet / theils wegen des starcken Geruchs
/ theils weilen er Anfangs auß Italien gekommen; wie dann auch heut zu Tags einige denjenigen /
welcher auß Italien gebracht wird / dem Einheimischen von Bamberg und Nürnberg vorziehen wollen
/ wie auß Pomets Material-Rammer pag. 42. zu sehen ist.
§. 2.
Das Kraut wird sonsten von den Botanicis Melanthium genennet / wächset ohngefehr zwey Schuh
hoch / mit schwancken / zerschnittenen grünen Blättern / grosse weiß-blauen und auch weissen
Blumen / welche entweder einfach oder gefüllt sind / wie auß dem Kupffer oben zuerse [121] hen; nach welchen ein grosser und in fünff Höhle außgetheilter /
auch mit so viel Hörnern gezierter Hülssen-Knopff erfolget / in welchem der Saame sich befindet
/ so nicht gelb oder grau / wie Pomet schreibet / sondern sobalden schwartz in den Schalen ist
/ auch davon seinen Nahmen bekommen hat.
§. 3.
Diesen Saamen soll man immer frisch haben und zu sehen / daß er dick-körnericht und wohl
außgewachsen sey / einen starcken und gleichsam gewürtzten Geruch ha???e / und ist wohl Achtung
zugeben / daß an statt des schwartzen Corianders niemanden die schwartze Raden / oder Semen
Nigellastri auffgehänget werde / welcher obige Qualitäten nicht hat / auch deßwegen nicht in
der Medicin gebrauchet wird / wie solches Simon Paulli entgegen und wieder Doct. Schroederum am
391. Blat seines Kräuter-Buchs erwiesen. Conf. & Hoffmann. Clav. Schroed. pag.
514.
§. 4.
Seine Krafft ist erwärmend / trucknend und zertheilend / weßwegen er den Umblauff des
Geblütes und anderer natürlichen Feuchtigkeiten befördern / und deßwegen innerlich die
Monathliche und Kindbetter-Reinungen treiben kan / wie solches nicht allein Forestus in seinen
Observationen lib. 28. Obs. 4. an den Menschen / sondern auch der gemeine Mann an dem Rind-Vieh
/ welchem sie / nach dem es der Kälber loß wird / schwartzen Coriander zu dem Ende in dem
Getränck gibt / bestättigen. So geben auch einige den Saamen die Milch der Frauen zu befördern
/ und die Würme zu tödten. Eusserlichen aber wirb er täglich von den bewehrtesten Medicis gegen
die Catarrhen und den Schnupffen / in den Riech-Knöpfflein glücklich gebrauchet / welche bey
dem Hartmanno, Tabern???montano, Ettmüllero und andern zu finden. Man rühmt ihn auch / daß er
äusserlich das quartan und andere Fieber curire.
§. 5.
Ob er aber einige gleichsam gifftige Malignität bey sich führe / wie etliche vorgeben /
zweiffelt nicht unbillich der berümbte Hermannus in seinen MSS indem andere ihn vielmehr gegen
das Gifft loben: und kommet solches vielleicht daher / weilen er / wann er noch gantz frisch /
den Mund angreifft und gleichsam entzündet / welches doch / wann er älter wird / nicht zu
beförchten: und ist deßwegen auch so hoch nöthig nicht ihn mit dem Essig zu corrigiren / oder
vielmehr zuschwächen. Das Wasser und Oehl / so man davon destilliret / werden langsam
verschrieben / und finden sich deßwegen nicht in allen Officinen.
§. I.
DEr Fenchel oder FOENICULUM ist ein sehr bekandter / länglichter und außgestreiffter Saame /
auff der einen Seite etwas eingebogen: eines süssen und etwas scharffichten Geschmacks und
annehmlichen Geruchs; gehöret unter die vier grosse erwärmende Saamen der Apothecker / und
kommet unter den Kräfften und Qualitäten mit dem Anis mehrentheils über ein.
§. 2.
Das Fenchel-Kraut selbsten wird aller Orten in Teutschland in den Gälten gezogen: wiewohlen
derjenige Fenchel / so in Italien umb Florence, und in Franckreich in der Provintz Languedoc
häuffig gesäet wird / einen viel annehmlicheren und gantz aromatischen Geschmack hat / und
deßwegen vor andern von dem Frantzöischen Apothecker Moyse Charas zum Theriac erkohren wird /
wie in dessen Tractat von denjenigen Simplicibus, so zu dem Theriac kommen / pag. 209. zu lesen
ist: Obwohlen in dessen Ermangelung der Teutsche auch gut ist.
§. 3.
Was den Nutzen und Gebrauch des Fenchels betrifft / so wird nicht allein der Saame / sondern
auch das Kraut selbsten sambt der Wurtzel vielfaltig zur Artzney gebraucht / welches in Wasser
oder Wein abgesotten / einen vortrefflichen Trunck vor die säugende Weiber gibt / indem es die
Milch sehr vermehret / auch derselbigen einen Balsamischen Geschmack mittheilet / und derowegen
von Amato Lusitano, Hartmanno, Ettmüllero und andern vortrefflichen Practicis sehr gerühmet
wird. So soll auch eben dieser Tranck den Harn und die verstopffte Monatliche Reinigung
befördern. Sonsten aber brennet man ein Wasser darauß / so den trüben und dunckelen Augen wohl
zu statten kombt / auch die Fell an den Augen und andere Gebrechen heilen und vertreiben soll;
welches auch der Thau / so auff die Cron und Blumen fället / praestiret / absonderlich wann man
etwas Zucker in einen hohlen Fenchel-Stengel thut und solchen über Nacht darinnen / biß er von
dem Thau und Feuchtigkeit des Fenchels zu einem dünnen Wasser auffgelöset wird / stecken lässet
/ daß dieser Gebrauch des Fenchels zu den Augen von den Schlangen seye entdecket worden / wie
D. Strobelberger in einem absonderlichen Schrifftlein de Foeniculo davon zu sehen ist.
§. 4.
Was aber der Saame vor eine herrliche erwärmende / balsamische und Wind-zertreibende Krafft
habe / ist jederman bekandt / und wild derowegen auch zu den Magen-stärckenden den Artzneyen
fleissig gebrauchet. So wird derselbige auch in allen Leib- und Bauch-Grimmen nicht ohne Nutzen
verschrieben / indem er die Winde nicht allein zertheilet / sondern auch die Krampff-massige
Zusamenziehung der Gedärmen lindert / und derowegen mit den Purgierenden Artzneyen öffters
vermischet / auch gegen das Zittern der Glieder / so von dem Gebrauch oder Verarbeitung des
Queck-Silbers herrühret / von Hn. D. Hoffmann / in den Notis ad Schroederum pag. 476. gerühmet
wird. Absonderlich aber ist dieler Saame auch in allen Brust-Beschwerungen ein vortrefflich
Mittel / löset den Schleim / so die Lungen vergleistert / auff / und kommet denjenigen zu gut /
so das Keichen und kurtzen Athem haben: stillet den Husten / absonderlich bey den schwangern
Weibern / welche den Fenchel-Saat desto fleissiger gebrauchen sollen / weilen man glaubet / daß
die Kinder in Mutter-Leib sehr klare Augen davon bekommen sollen / worvon D. Ettmüller in
seinen Anmerckungen über den Schroederum weitläufftiger handelt.
§. 5.
Dieses alles vermag auch das Oehl / so man auß dem Fenchel destilliret / wann man einige
Tropffen unter Zucker mischet und geniesset; worbey man auch das destillirte Wasser um???sonst
haben kan / welches zu den Augen-Wässerlein offt verschrieben wird. Einige machen die Blumen
oder Cronen auch in Zucker ein / und verkauffen dieselbige umb einen guten Athem und Geruch zu
geben; wie dann dieselbige auch mit Oliven, Cucumern und dergleichen eingemachet werden. Die
Zucker-Becker und Confiturirer aber überziehen den Saamen mit Zucker / und nachdem er dick oder
dünn überzogen wird / pflegen sie denselben zu fortiten und mit einem gewissen Numero zu
bezeichnen: Wird / wie der überzogene Kümmel / bey den Sauer-Brunnen fleissig gebrauchet / und
unter dem Wasser-Trincken genossen.
§. 6.
Zu allen diesen Zubereitungen muß man den noch frischen / dickkörnerichten / langen und
günlichten Saamen erlesen / welcher einen guten und Zucker-hafften Geschmack hat / und von
allen Spitzen und Unreinigkeiten wohl gesäubert ist.
§. 7.
Nebst diesem gemeinen Fenchel hat man noch ein ander Gewächs dieses Nahmens / welches man den
Meer-Fenchel
zu nennen pfleget / dessen Abbildung im Anfang des Capitels bey dem gemeinen zu sehen.
Solcher wird von den Hn. Doctoribus Crithmum [123] genennet / und wächset
gern an den Glippen im Meer und anderstwo / daher er auch den Nahmen hat. Und ob wohl dieses
Gewächs in den Apothecken selten gebrauchet und nur zu des Jouberti Syrupo Nephrocatharctico
verlanget wird / so werden doch die eingemachte Cronen und Blumen davon an vielen Orten / und
absonderlich in Franckreich von vornehmen Herrn bey dem Essen an statt der Capern gebrauchet /
welche auß Spanien gebracht und von einigen Materialisten / welche es Frantzöisch Fenoüil marin
nennen / verkauffet worden. In Frankreich werden sie mit den kleinen Cucumern in Essig
eingemacht / welchen sie einen sehr angenehmen Geschmack geben.
§. 8.
Den Effect dieses Meer-Fenchels betreffend / so wird er gleichfals den Harn zu befördern
gerühmet. Ingleichen soll er gegen die Gelbsucht dienlich seyn / wie davon wei???läufftiger bey
D. Simon Paulli in dem vierfachen Kräuter-Buch pag. 278. zu lesen.
§. I.
DEr Coriander oder SEMEN CORIANDRI ist ein runder dunckelgelbicht- und gestreiffter Saame /
dessen inwendiges Marck unter einer dünnen Schale in zwey Theil getheilet ist: hat einen
süßlichten / doch scharffen und aromatischen Geschmack / und wann er nicht zu frisch / einen
guten Geruch; wird von den Griechischen Scribenten K??? genennet / weilen das Kraut / wann es
noch grün ist / nicht anderst als eine Wandlauß riechet / worvon Scapula in Lex. Graco - Latin.
pag. 849. zu lesen ist.
§. 2.
Das Kraut / so diesen Saamen trägt und in den Gärten wächset / ist anfänglich an den Blättern
dem Fenchel / zuletzt aber den Chamillen-Blumen gleich / hat auch wie die wilde Chamillen /
einen sehr starcken wiedrigen Geruch / und träget ein weisse / mit Purpurfarb vermischte
Cron-Blum / wornach die Knöpffger / so den Saamen geben / folgen; und ob zwar auch ein
dergleichen Kraut von sich selbsten hervorwächset / so der wilde Coriander genennet wird / so
braucht man doch des vorigen Saamen nur in den Apothecken / welcher auch allein auffgesuchet
wird: Soll von Venedig und von Magdeburg häuffig überbracht werden / wiewohl der letztete
kleiner als der erste ist / wie Schurzius in seiner Material Kammer zeiget.
|| [124]
§. 3.
Wann er eingesamlet wird / so muß man ihn nicht so gleich einfassen und einschliessen /
sondern zuvor auff dem Speicher auß einander breiten und wohl außtrucknen lassen / sonsten / wo
nur etwas davon noch nicht recht außgedorret ist / das übrige all angehen und gäntzlich
verderben kan. Nachgehends muß man diesen Saamen vor den Ratten und Mäussen wohl verwahren /
welche demselben sehr gefährlich sind / wie beydes Pomet in seiner Material Histori pag. 18.
wohl anmercket und zugleich guten Unterricht gibt / welcher vor andern zu erkiesen / nemblich /
der noch frische / vollkommene und dick-körnerichte / so von allen Unreinigkeiten wohl
gesäubert ist.
§. 4.
Sonsten pflegen ihn auch die Apothecker insgemein so lang / diß er zischet und gleichsam
blatzet / in Essig zu legen und ihm den Gifft dardurch zu nehmen / weilen von vielen davor
gehalten worden / daß er etwas böses und dem Haupt schädliches bey sich führe; welches Simon
Paulli pag. 277. zwar in so weit gelten lässet / weilen ein überflüssige Vorsorg nicht schaden
könne: Allein weil eben dieser Author, wie auch andere vornehme Medici, von einer solchen
Gifft-mässigen Krafft des Corianders nichts wissen wollen / ausser daß wegen überflüssiger
Feuchtigkeit das noch grüne Kraut dergleichen wiedrigen Geruch bey sich führet / welcher doch
durch das Außdörren von sich selbsten verlöschet: Der Essig auch diesem sonst vortrefflichen
und Balsamischen Saamen die Kräfften nehmen kan / so hat der in den Apothecken berühmte
Zvvelferus schön längsten denen Apotheckern deßwegen eine gute correction in seinen
Anmerckungen über das Augspurgische Dispensatorium pag. 410. gegeben / welchen auch gegen
andere Hn. D. Hoffmann Comment. in Schroed. p. 433. zu vertheydigen suchet / wo von diesem
Streit ein mehrers zu finden ist.
§. 5.
Im übrigen wird der Coriander vielfältig mit Nutzen gebrauchet / indem er in der Hauß-haltung
dem Bier / Brod und Bratwüsten einen sehr annehmlichen Geschmack gibt / in der Artzney aber den
Magen und das Haupt stärcket und deßwegen entweder mit Zucker überzogen / unter dem Confect,
oder in den Magen-Treseneyen dienlich gebrauchet wird / wie beym Schroedero pag. 50. zu
ersehen. Einige machen darauß auch einen purgierenden Confect, dessen Beschreibung in des
Ettmüllers Anmerckungen über je???gemeldten Schroeder pag. 553. zu finden ist.
§ 1.
VOn den Cardamömlein hat man zweyerlen Art in den Apothecken / darvon eine Cardamomum Majus,
die andere Cardamomum Minus genennet wird.
CARDAMOMUM MAJUS
oder die grosse Cardamömlein sind eckichte kleine und graue Körner / eines aromatischen
Geruchs und Geschmacks / welche beyde doch nicht so starck sind / als bey den kleinen
Cardamönlein: werden gar selten in den Apothecken gefunden / allwo man die grana Paradisi dafür
halten thut / wie in vorigem Capitel schon erwehnet worden. Sie kommen auß Ost - Indien von
Cananor, Java und der Insul Ceilon.
§. 2.
Das Kraut dieses Saamens soll bey den Indianern Endzal heissen / wie der berümbte Hermannus
in seinem Coll. MSS. berichtet. Wie aber solches wachse / darinnen sind die Indianische
Scribenten noch nicht einig. Garcias ab Orta schreibet es würden diese Körner wie Erbsen gesäet
/ wächsen auch so auff / und berichten andere / daß das Kraut auff dem Feld wie Heiden-Korn
auzusehen sey. Andere / als Jacobus Bontius wollen auß dem Augenschein behaupten / daß es ein
Art Rohr seye / welches Hoffmannus auß desselben Commentario in seinen Clavi Schroederiana pag.
429. weitläufftig beschreibet; Doch gestehen alle / daß die Körner in dreyeckichten Schooten
oder Hülssen wachsen / und wohl dreymahl länger seynen / als der kleinen Cardamömlein /
weßwegen sie auch die grössere: Die Paradieß-Körner aber / in Ansehung der dicksten Hülssen /
die gröste genennet werden: Vid. fig. aenea.
§. 3.
CARDAMOMUM MINUS
oder die kleine Cardamömlein werden gemeiniglich in ihren kleinen / dreyeckicht- und etwas
länglichten Hülssen auß Indien / über Holland / zu uns gebracht / welche außwendig weiß-grau /
streifficht und mit einem kleinen Stiel versehen sind. Solche werden in einen Sack gethan / und
darauff mit runden Brügeln solang geschlagen biß die Hülssen auff und abgesprungen / welche
abgeschwungen und durch das Sieb gereiniget werden / wie Schurtzius in seiner Marterial. Kammer
pag. 85. zeiget. Die also gesauberte Körner aber sind kleine eckichte und graue Körnlein /
eines aromatischen scharffen Geschmacks und sehr guten / gleichsam nach Campher riechenden /
Geruchs.
§. 4.
Das Gewächs oder Kraut / worvon sie gesamblet werden / ist noch sehr unbekandt / ausser daß
Pomet beygesetzte Figur davon gegeben / aber doch vor gewiß nicht außgeben kan: die Zeit wird
ein gewissers darvon lehren / und muß man sich indessen mit der Frucht begnügen lassen / welche
/ soviel möglich / frisch / vollkommen / schwer und nicht durchstochen seyn mus.
§. 5.
Dieser Saame wird insgemein verstanden / wann der Cardamömlein schlechter dingsgedacht wird /
zumahlen die vorige Species sehr rar und nicht wohl zu haben ist; weßwegen dann die kleine in
der Medicin und anderstwo fast allein gebrauchet werden / indem doch beyde fast einerley
Kräfften haben / ausser daß die kleinere etwas stärcker und durchdringender sind. Sie haben
aber / wie alle Gewürtze / eine erwärmende Krafft / welche doch viel temperirter als in den
andern ist / und in dem fast alle aromata den Mund und den Schlund gar zu sehr angreiffen und
gleichsam entzünden / hat man sich dessen von den Cardamömlein nicht zu beförchten. Sie
stärcken den Magen / zertheilen die Winde in den Gedärmen / und dienen also gegen die Colic und
Mutter - Schwachheit So thun sie auch im Schwindel und andern Haupt-Schwachheiten / so auß dem
Magen entstehen / trefflich gut / stärcken das Gedächtnus / wie Ettmüllerus davon weiter in
seinem Schroedero Dilucidato pag. 532. kan gelesen werden.
|| [126]
§. I.
DIe Paradieß-Körner / oder Grana Paradisi sind dreyeckichte kleine Körner / außwendig
röthlich-braun / inwendig gantz weiß / eines scharffen und beissenden Geschmacks / dem Pfeffer
nicht viel ungleich: werden von einigen Cardamomum maximum oder die gröste Art Cardamömlein
genennet; dahero ohne zweiffel der Irrthum in den Apothecken entstanden / daß diese
Paradieß-Körner vor die grosse Cardamömlein / welche eigentlich auß der Mittel-Art bestehen /
gehalten werden / da unter deyden doch ein grosser Unterscheid ist. Unterdessen will doch der
berümbte Frantzoß Moyses Charas in seinem Tractat von den Theriacs-Ingredientien p. 215.
behaupten / daß diese Frucht unter die Cardamömlein gehöre / und in Ansehen der grossen Hülssen
/ worinnen sie wächset / vor das gröste Cardamomum könne passiren.
§. 2.
Das Gewächs / woran die grana Paradisi wachsen / wird Malaguetta genandt / dahero die
Frantzosen die Frucht selbsien auch Maniguette oder Melligette heissen: hat schöne grüne
Blätter und träget ziemlich grosse Hülssen-Knöpff / so dick und an der Figur wie Feigen / auch
schön roth auzusehen sind. In diesen wachsen die Körner / welche entweder wegen deren Schönheit
/ oder wegen des sehr angenehmen Geruchs / so die noch frische Früchte von sich geben / Grana
Paradisi genennet werden. Melaquette aber heissen sie die Außländer / weilen sie erstlich auß
der Stadt Melega in Africa sollen kommen seyn / wiewohlen sie heutiges Tages von unter
schiedenen Orten über S. Malo heraußommen: und wollen einige vorgeben / man finde das Gewächs
auch in Franckreich / worvon doch der Frantzöische Materialist / Mons. Pomet, nichts wissen
will.
§. 3.
Diese grana Paradisi kommen / ihren Qualitäten und Eigenschafften nach / dem Pfeffer sehr
nahe / ausser daß sie etwas gelinder und nicht so hitzig sind: werden in allen Lähmungen der [127] Glieder und Nerven zustärcken gerühmet / sonsten aber nicht viel zur
Artzney gebrauchet. Die Würtz-Krämer / so hin und wieder herumb streichen / wie auch einige
vortheilhaffte Apothecker pflegen sie unter den gestossenen Pfeffer zumischen / indem sie viel
wolfeiler sind / und da man jetzo 15. biß 18. alb. vor das ???. Pfeffer geben mus / kan man das
???. von den granis Paradisi wohl umb 3. Batzen kauffen; weßwegen man wohl thut / wann man das
Gewürtz ungestosen einkauffet.
§. 1.
DEr also genandte Steinbrech-Saame oder Semen Saxifragiae bestehet auß runden und röthlichten
Knötlein / einer kleinen Erbsen groß / so an der Wurtzel des Krauts wachsen / und derowegen
auch von dem Schraederô denen Wurtzeln zugerechnet wird / obwohlen sie sowohl bey den
Materialisten als Apotheckern den Nahmen eines Saamens bißdaher behalten haben / weilen in den
rothen Schälcher kleine und einem Nachen gleich außgehöhlte Körnlein gefunden werden / welche
ihm villeicht den Nahmen eines Saamens zuwegen gebracht haben.
§. 2.
Ob nun gleich sehr viele Kräuter Steinbrech genennet werden / welche entweder unter den
Steinen hervor wachsen / oder auch den Lenden und Blasen-Steinen zermalmen und forttreiben
sollen; so wird doch insgemein der weisse Steinbrech mit runden Blättern und weissen Blümcher
(Saxifraga alba foliis rotundis) dadurch verstanden / von welcher auch das Steinbrech. Wasser /
so in denen Apothecken fleissig verschrieben wird / herrühret: wächset häuffig in den
Wiesen.
§. 3.
Den Gebrauch und Nutzen dieses Saamens zeiget der Nahme selbsten an / indem er also genennet
wird / weilen er die Steine in den Nieren und der Blasen / (welche beyde neben dem Kraut
abgemahlet sind) zermalmen und dieselbe / nebst aller schleimichten Materie / so die Nieren
verunreiniget / außführen und durch den Harn / den er zugleich befördert / [128] außtreiben soll; wie dann zu diesem End das Wasser / so man von dem Kraut selbsten
destilliret / täglich verschrieben wird: allein der berühmte Ettmüller will eben kein groß
Wesen davon machen / sonden hält vielmehr davor / daß beyde hierinnen wenig taugen; wie dann
insgemeine diejenige Medicamenten / so den Stein im Leibe zermalmen sollen / den Strich nicht
halten / so gar / daß bey denen gelährten Medicis noch sehr in disputat gezogen wird / ob auch
in der gantzen Welt dergleichen Stein zermalmende Artzneyen / welche sie Lithontriptica nennen
/ zu sinden seyen?
§. 4.
Wann unterdessen doch dieser Saame zuweilen noch gesuchet wird / und derowegen von den
Materialisten und Apotheckern auffgehoben werden muß / so soll man zusehen / daß derselbe immer
frisch zu haben sey / welcher etwas schärffe auff der Zunge zurück lässet / davon Pomet in
seiner Material-Historien pag. 10. zu sehen / welcher doch das rechte Kraut / weder im Abriß /
noch in der Beschreibung unter Augen geleget hat.
§. 1.
DEr Schaafmillen-Saamen oder Semen Agni Casti bestehet auß runden Körnern / welche fast wie
Pfeffer anzusehen / aber doch kleiner sind: sitzen über die Helfft in einem grauen hütgen wie
die Eicheln / an sich selbsten aber sind sie schwartz-braun / eines scharffichten und etwas
anhaltenden Geschmacks: werden meistens auß Welschland gebracht / obwohlen man das Gewächs auch
in Teutschland in einigen Gärten findet.
§. 2.
Der Strauch oder Bäumlein / woran dieser Saame zu finden / wächset gern an den Wassern / wie
auch in den Gärten: hat dünne [129] zähe und schwancke Reiser und Blätter
wie die Weyden / dahero er auch Vitex geennet wird: und weilen man erehlet / daß einige fromme
Dames zu Athen / in steter Keuschheit zu leben / auff den Blättern dieses Bäumges geschlaffen
hätten / auch deßwegen die Mönche in den Clöstern dieses Bäumchen ziehen sollen / so ist es biß
daher Agnus Castus genennet worden / kan auch wohl seyn / daß man dahero diesen Saamen hernach
in den Saamen-Flüssen und andern Venerischen Kranckheiten gebrauchet und verschrieben hat: ist
sonsten zweyerley Gewächs / indem eines zerkerbte / das ander gantze Blätter träget.
§. 3.
Bey dem Einkauff dieses Saamens hat man dahin zu sehen / daß er frisch / dick und
grob-körnericht sey und auß warmen Ländern / auß Italien und Sicilien gebracht werde / dann er
in andern kalten Ländern nicht so wohl zur Zeitigung kommen kan / auch nicht so kräfftig
ist.
§. 4.
Seiner Kräfften und Qualitäten halber sind die Medici biß auff diese Stund noch nicht unter
einen Hut zu bringen / indem ihm gantz wiedrige Würckungen zugeschrieben werden / wann
Schroederus schreibet / daß er die Monatliche Zeit der Frauen treibe / dessen Außleger D.
Hoffmann zugleich ihm eine Milch-vermehrende Krafft zueignet / die meisten aber den mänlichen
Saamen zu vermindern oder dessen Auffwallung damit zu zwingen und zu verhindern suchen;
derowegen sich bey den Gelährten ein Streit erhoben / ob dieser Saame eine erwärmende oder
erkaltende Natur habe? Unterdessen ist der Außschlag leicht zu geben / wann man seine scharffe
und aromatische Natur betrachtet / welche dem Pfeffer etwas gleich kommet / und deßwegen auch
dieser Saame der Münch-Pfeffer ist genennet worden. Gleichwie nun alle scharffichte Kräuter und
Saamen eine erwärmende Krafft haben / so kan man auch nicht anders von diesem Saamen judiciren
/ welcher deßwegen auch die erkaltete Natur der Männer stärcken und die ???. und Geilheit
vermehren kan / wie dessen ein gewisses Zeugnuß und Exempel von D. Simon Paulli inseinem
Kräuter-Buch pag. 189. beygebracht worden. Wann er derowegen das Gegentheil würcken und die
Keuschheit befördern solte kan solches anderst nicht / als daß er die Feuchtigkeiten zu sehr
außtrockne / geschehen und begriffen werden / worvon an jetztberührtem Ort mit mehrerem zu
lesen ist.
§. 1.
DEr Bauren-Senff oder SEMEN THLASPIOS ist ein kleiner / länglichtrunder / schwartz-brauner
Saame / welcher im Munde gehalten und gekäuet / nebst einiger Schleimigkeit / einen scharffen
Geschmack gleich dem Kressen. Saamen / hinterlässet: ist Anfangs etwas röthlich anzusehen /
welches bey dessen Einkauff in Acht zu nehmen / wo nach dem frischen / röthlichen / scharffen
und sauber gereinigten zu trachten / auch selbiger nicht bey den gemeinen Saamen-Krähmern zu
hohlen ist / welche offters eine Art Kressen- oder andere Saamen darvor außgeben oder zum
wenigsten alte verlegene Wahr verkauffen: weßwegen auch alle andere Saamen vielmehr bey
redlichen und raisonablen Leuten / als bey dergleichen Landstreichern und Cutrenten
auffzusuchen sind.
§. 2.
Das Kraut / worvon der Bauren-Senff gesamblet wird / nennet man Besem-Kraut / Lateinisch
Thlaspi, mit welchem fast alle Kräuter / so ihre Saamen in kleinen Täschlein. zeugen / benennet
worden / wie solches D. Ettmüller in seinen Anmerckungen über den Schraed. p. 673. bezeuget. Es
wächset aller Orten und in allen Lauden / auch auff ungebaueten Stellen und wie Moyses Charas
in der Theriac Histor p. 123. in Acht genommen / meistens auff dem Rand der Wasser-Gräben /
ohngefehr eines Fusses hoch / hat länglicht / unten breite / und oben außgespitzte Blätter:
theilet sich in viele Aestlein auß / welche erstlich kleine weisse Blümlein / nach diesen aber
viele Täschlein tragen / deren jedes zwey Körnlein von dem Saamen in sich hält / welcher
erstlich gelb-roth / nachgehends braun / und wann er alt / gar schwartz-braun anzusehen ist /
so fast allein zur Artzney gesuchet wird / indem das Kraut mehr zum färben / als zur Artzney
gebräuchlich ist / wie Ettmüller an obigem Ort bezeuget; ob schon einige dasselbe auch unter
den Salat zu mischen pflegen.
§. 3.
Nachdem aber so viele Species von diesem Kraut gefunden werden / ist die Frage entstanden /
von welcher der Saame eigentlich zu colligiren sey / besonders derjenige / welcher zum Theriac
zu nehmen? Einige / denen die frembde mehr als einheimische Sachen gelten / beliebten den
Cretischen: Allein / weilen dieses frembde Gewächs vielen nicht besser / als dem Hund das Graß
essen / bekommet / wie D. Simon Paulli solches mit einer von Adriano Spigelio beschriebenen
Histori in seinem vierfachen Kräuter-Buch pag. 503. an Tag geleget hat / so sind heut zu Tag
fast alle Authores darinn einig / daß man denjenigen Saamen / so bey uns zu finden / darzu
gebrauchen solle / welcher mit des Dioscoridis Beschreibung gantz übereinkommet / vid. cit.
loc.
§. 4.
Seine Krafft und Tugenden bestehen in einem subtilen und flüchtigen Saltz / wormit er
erwärmet und außtrucknet: wird innerlich sehr gegen das Hüfften-weh gerühmet / und weilen er
den Urin gewaltig treibet / so hält man davor / daß er den Stein zermalme und das geronnene
Geblüt zertheile / wie Pomet in seiner Material-Histori pag. 7. anzeiget. Merckwürdig aber ist
/ daß er deßwegen auch die rothe Ruhr und Wasser-Sucht curire / wie der obberühmte D. Simon
Paulli und auß demselben Doct. Hoffmann über den Schroederum pag. 559. zeigen. Er soll auch die
Monatliche Zeit befördern / so gar / daß Schroederus in seiner Pharmacopaeiâ Galeno-Chym. pag.
160. schreibet / daß er die Frucht in Mutter-Leibe tödten könne und deßwegen solchen den
Schwangern zu geben höchlich verbietet. Eusserlich rühmen auch etliche diesen Saamen in
fliessenden Schäden / welche er außtrucknen soll / ziehet alle Feuchtigkeit durch die Nase ab /
wie andere ptarmica und scharffe Kräuter / als Bertram Wurtzel und dergleichen zu thun pflegen.
|| [131]
§. 1.
DIe Stephans-Körner oder Semen Staphisagriae, sonsten auch Staphisander genandt / sind rauhe
und schwartzgraue Körner / wie Schagren anzusehen / beynahe dreyeckicht / eines scharffen und
brennenden Geschmacks und eckelhafften Geruchs: werden auß Welschland und Franckreich in
Teutschland gebracht; wiewohlen auch das Kraut bey uns von einigen Garten-Liebhabern zuweilen
gezogen wird.
§. 2.
Die Staphisagria selbsten wird sonsten Herba Pedicularis genandt / wächset gern am Ufer des
Meers: hat grosse und grüne Blätter / tieff gekerbt und gleichsam zerschnitten / wie die wilden
Reben: trägt Himmel-blaue Blumen / so auff einem besondern Stiel wachsen / nach welcher
Abfallung die grüne Schöttlein folgen / darinnen die Körner so accurat zusammengefüget liegen /
daß man kaum mit grosser Müh sehen kan / wie sie von einander geschieden seyen: sind inwendig
weiß / und außwendig Braungrau / voller Düpfflein / wie unten an der Figur zu sehen ist.
§. 3.
Es muß aber dieser Saame / so viel möglich / frisch angeschaffer werden und zwar der recht
zeitig und dick-körnericht ist / auch keine Unreinigkeiten an sich hat; welches alles auch die
obige Qualitäten mehr an Tag geben werden.
§. 4.
Ob nun schon vor diesem dieser Saame auch innerlich / als eine laxierend- oder purgierende
Artzney eingegeben worden / wie Ettmullerus in seinen Erinnerungen über den Schroederum pag.
668. bezeuget: So ist doch heutiges Tages solches wegen seiner Schärffe gantz nicht mehr
gewöhnlich / so gar / daß auch einige nicht zugeben wollen / daß man ihn nur in den Mund nehmen
könne / da sonsten diese Körner in Essig gesotten und die Brüh gegen das Zahn-Weh im Munde
gehalten wird / welches er durch Abzapffung vieles Schleimes stillen soll / wie bey Sim.
Paulli, Schroedero, Dale und andern zu sehen. Weßwegen diese Körner jetzo nur äusserlich / die
Läuse auf den Köpffen der Kinder zu tödten / adhibiret werden / indem die Mütter entweder
solchen zerstossen in Laugen sieden / und hiermit die Köpffe waschen / oder aber das Pulver mit
ungesaltzener frischer Butter zu einem Sälblein machen / und damit die Köpffe schmieren:
wornach sich das Ungeziefer entweder so bald retiriret oder fast Zusehens getödtet wird; wie
dann auch diese Körner das Haupt-Stück unter der gemeinen Läus-Sald der Apothecker abgeben.
Andere bedienen sich auch des Pulvers in alten Schäden / welche es sauber halten und kein faul
Fleisch wachsen lassen soll.
|| [132]
§. 1.
DEr Wurm-Saame oder SEMEN SANTONICI, sonsten auch Lateinisch Semen contra Vermes oder nur
Semen contra genandt / ist ein kleiner länglicht- und gelbgrünlichter bitterer scharffer Saame
eines starcken Geruchs / welcher in den täglichen Gebrauch bey den Materialisten und
Apotheckern so gemein und abgängig ist / daß ihn der berühmte Pomet in seiner
Frantzöisch-geschriebenen Material-Kammer oben angesetzet hat. Andere nennen ihn Sementinam
oder auch Semen Cinae vel Sinae, in Meynung er kähme nur auß dem Königreich Sina und den
äussersten Enden der Indien / wie Christoph Vielheuer / ein Apothecker / in der gründlichen
Beschreibungen frembder Materialien pag. 151. redet: welchem doch der berühmte und gelahrte
Kauff-Herr Herbertus de Jager keinen Beyfall gibt / sondern / weilen man diesen Saamen viel
näher hat / solches vor erdichtet hält / vid. Miscell. Acad. Nat. Cur. Dec. II. A. III. Obs. 1.
pag. 206. Ob es aber dergleichen Bewandtnus auch mit dem andern Wort Santonico oder Semine
Sancto habe? und ob solches nicht so wohl a Terra Sancta, wo es Rauvvolfius und andere gesehen
zu haben vermeinen / als Xantonicum, von dem Land Xantonge in Franckreich / allwo es häuffig
wächsen soll / zu nennen sey? wie Hoffmann. in Clav. Schroed. in voc. Santon. p. 541. und
Elsholzius Misc. A. N. C. D. I. Anno 6. 7. Obs. 227. p. 169. davor halten / stehe noch an
meinem wenigen Ort an / weilen der oben belobte Frantzöische Materialist über allen angewandten
Fleiß davon nichts erfahren können / sondern auffrichtig bekennet / daß all der Wurm-Saame so
sie darvon verkauffen / auß Persien (wo es in den Wäldern wächset) und Moscovien zu ihnen
gebracht würde / indem die Persianer solchen in ihren Caravanen oder grossen Wallfahrten / zu
welchen sich die Kauff-Leute gesellen / nach Aleppo, Alexandrien und Smirnen brächten / von
wannen er ferner in Holland / Engeland und Franckreich über geführet würde / weßwegen mir der
Unterscheid / den der sonsten berühmte Medicus D. Ettmüller in seinen Operibus Tom. 1. pag.
653. unter dem Alexandrinischen und Frantzöischen machet / annoch sehr zweiffelhafftig
vorkommet / zumahlen auch Johann Jacob Marx in seiner Teutschen Material-Kammer pag. 54. nur
des Alexandrinischen Meldung gethan hat.
§. 2.
Mehrere Schwürigkeit machet das Kraut / welches diesen Saamen zeuget. Der ältiste
Kräuter-Mann Dioscorides hielte es zu seiner Zeit vor eine Art Wermuths / weßwegen auch der
seel. D. Fehr. pag. 14. in seinem Lateinischen curiosen Buch von dem Wermuth solches darzu
zehlet / und weilen auß eben dessen und anderer Erfahrung unser Wurm-Saame / wann er hier zu
Land gesäet wird / keine Wermuths-Art / sondern ein ander Kraut hervorbringet / so kombt er
auff die Gedancken / daß wir heut zu Tag der Alten wahren Alexandrinischen Wurm-Saamen nicht
hätten / sondern ei [133] nen andern / und (wie Ettmüllerus loc. cit.
vermeinet) nur den Frantzöischen zu bekommen pflegten; weßwegen dann die Welt-belobte Kayserl.
Societät der Natur-Kündiger / welche die Medici in Teutschland auffgerichtet / vor gut befunden
hat / sich durch den Teutschen Medicum in India / Hn. D. Cleyerum, zu erkundigen / was es doch
mit diesem Kraut vor eine Bewandnus habe / welcher auch an oberwehnten Hn. de Jager deßwegen
geschrieben / aber doch nichts gewisses erhalten können / indem er nicht recht Achtung auff das
noch wachsend- und grünende Kraut gegeben / doch aber davor hält / es seye eben dasjenige Kraut
/ welches Rauvvolfus umb Bethlehem im H. Land gefunden und nachgehends in seiner Orientalischen
Reiß-Beschreibung im dritten Theil cap. 22. im offentlichen Truck abgemahlet hat / auch
obbenahmter Marxius vor genuin hält: die heutige vornehinste Botanici aber / als der berühmte
Herman, Dale und andere mit dem Hn. de Jager vor eine speciem Abrotani oder eine Art Stab-Wurtz
halten / wie auß den Ost-Indianischen Send-Schreiben Num. 3. erscheinet: Und hat man dessen
zweyerley Species, wie auß dem IX. Ost-Indianischen Send-Schreiben zu sehen ist.
§. 3.
Auff was Art und Weise dieser Saame von den Persianern eingesamblet werde / zeiget Mons.
Tavernier in seiner Reiß-Beschreibung pag. 384. Weilen er nemblich gar gern außfallen thut /
auch wann man ihn mit den Händen samlen wolte / unsauber würde / so nehmen sie ihn mit einem
Löffel ab: den übrigen Theil aber / so in den Stengeln bleibet / samblen sie mit zwey Wannen /
so sie in den Wiesen gehend von einer Hand zur ander schlagen und nachmahlen ferner zu säubern
wissen.
§. 4.
Weilen aber der rechte Wurm-Saame offters durch andere dergleichen bittere Saamen /
insonderheit mit dem Stab-Wurtz- oder Reinfahren-Saamen verfälschet wird / wie solches der
offters-belobte Hr. Pomet wohl erinnert / so muß man wohl zusehen / daß man ihn recht sauber /
dickkörnericht / länglicht / grünlicht und frisch / auch von gutem und starcken Geruch erlese:
sintemahl der falsche viel leichter und gelblichter ist / auch mehr klein-geschnittenem Hexel
oder Stroh / als einem Saamen gleich siehet / und weilen die Materialisten gemeiniglich den
altverlegenen viel wohlfeiler als den frischen verkauffen / daß sie dessen nur los werden / so
wird ein rechtschaffener Apothecker hier sein Gewissen in Acht nehmen und immer die beste Sorte
sich anschaffen / die schlechte aber den Storgern und Land-Streichern / welche das arme
einfältige Volck damit betriegen / überlassen.
§. 5.
Den Gebrauch anbelangend / so ist derselbe so bekandt / daß es fast nicht nöthig etwas davon
zu melden / hat auch deßwegen den Nahmen bekommen / weilen er bey uns den Kindern gegen die
Würme gegeben wird / welchen er so zu wieder ist / daß auch der seel. Ludovici, weyland
Sächsischer Leib-Medicus, in seinem sehr herrlichen Buch / de Pharm. Mod. Sec. applicanda
(worinnen er hauptsächlich auff Abschaffung der unnöthigen und frembden Artzneyen dringet) dem
Santonico seinen Platz noch vergönnet / wann er nur nicht mit Essig und andern Einbeitzungen
entkräfftet ist. Die Perstaner / ja auch die Holl- und Engeländer selbsten / mischen ihn /
gleich dem Aniß / überzogen unter ihre Trisenet / dann er den Magen stärcker und aller Fäulung
wiederstehet: weßwegen man sich billich über den sonst gelahrten Frantzosen Mons. Rochas
verwundern muß / daß er in seinem Tr. de Rebus Min. s. Metall. zu den Gedancken kommen / es
würden die Spul-Würme durch Gebrauch des Wurm-Saamens vielmehr erzeuget / als getödtet / weilen
er durch putrificirung des Saamens einiges Ungeziefer hervorgebracht; da doch auff solche
Manier auß einem jeden Kraut / auch von dem Wermuth selbsten einige Würmer können erwecket
werden / welches / wie ein jeder bekennen muß / den Spul- und anderen Würmen Augen-scheinlich
zuwieder ist. Vielleicht ist gemeldter Scribent durch der Land-Streicher Betrug / den
Tabernaemontanus in seinem Kräuter- Buch an Tag geleget / dahin bewogen worden / welche die
außgetriebene und zu Pulver gestossene Spul-Würme den Kindern eingeben / auß welchem bald ein
grosser Wust dergleichen Würmer hervor kommet / und durch andere Mittel von ihnen / mit
Verwunderung des Pöbels / außgeführet wird / wie dann solches auch auß Faulung der Würmer
kommen kan.
§. 6.
Diesem aber vorzukommen / so ist sehr nöhtig / daß manden Wurm-Saamen nicht allein / sondern
mit andern laxirenden medicinen, als Rhabarb. Spec. diaturbith. c. Rhabarbaro und dergleichen
eingebe / daß / so bald sie getödtet und gestorben sind / sie auch außgeführet werden möchten:
anderst sie zur Fäulung im Leibe gerathen und dadurch ein heßlich-stinckender Athem /
Wurm-Fieber und dergleichen bey den Kindern erreget werden / wie solches offters gesehen und
erfahren habe; wie dann auch durch Zuthuung dergleichen andern Pulvern die wiedrigkeit des
Saamens in etwas gemindert wird / daß man nicht so bald nöthig hat solchen mit vielem Zucker zu
Confect, Morsellen / Leckkuchen / Zucker-Bletz zu machen / und in andere Formen zu giessen /
welches / so es bey gar zu delicaten Kindern vonnöthen ist / doch leichtlich mit den laxirenden
Zusätzen auch geschehen kan.
|| [134]
§. 1.
DIeweilen der Blumenköhl-Saame fast nirgens als in der Insul Cyprus zur rechten Zeitigung
kommet und derowegen von den Gärtnern und andern bey den Materialisten pfleget eingekauffet zu
werden / so hat man denselben auch nicht übergehen wollen / obwohlen er sonsten in der Medicin
gar nicht gebrauchet wird. Es ist ein kleiner runder Saame / dem Cappes-Saamen nicht ungleich /
aber etwas kleiner / auch nicht so braun / sondern graulicht / wird über Massilien in
Franckreich und von dar in Teutschland gebracht. Mann will ihn wohl auch zu Genua in Italien
erziehen / allein er kombt dem von Cypro nicht bey / sondern ist viel schlechter.
§. 2.
Man muß aber wohl zusehen / daß er frisch / nicht verfälschet und von der rechten Art sey;
weßwegen auch die Materialisten / wann sie solchen einhandeln / sich ein Attestatum von
denjenigen Orten und Handels- Leuten müssen zeigen lassen / von wannen er gesendet wird / daß
er nemblich auffrichtig / frisch und von dem Jahr sey / wann sie anderst ihren Glauben bey
denen Gärtnern und andern ehrlichen Leuten nicht verlieren wollen / welchen die Materialisten
an einigen Orten / als in Franckreich / darvon rêpondiren und nicht allein vor den
Krauffschilling / sondern auch vor alle Unkosten / von der Zeit an / biß er auffgehen pfleget /
gut seyn müssen / wie solches der berühmte Materialist zu Paris / Mons. Pomet in seiner
Histoire Generale de Drogues p. 17. selbsten bekennet. Wer dann nicht betrogen seyn will / der
kauffe den Blumenköhl-Saamen nirgends / als bey den Materialisten / solte er ihn auch etwas
theurer zahlen / als bey den Läuffern und Saamen-Krämern.
§. 3.
Der Blumenköhl selbsten (welcher von den Lateinern Brassica Cypria und Flore-Caulis und von
den Italianern Caulifiori genennet wird) muß also erzogen werden: Der Saame wird un Frühling /
wann die Sonn in Steinbock gehet / bey vollem Mond in ein gut Mist-Bett gesähet und wann die
Pflantze groß gnug ist / so versetzt man ihn / eben auch im Stein-Bock / in ein fettes
wohlgedungtes Land: Nach dem Herbst werden die gantze Stöck / welche im Land ihre vollkommene
Blumen noch nicht bekommen / in dem Keller / in Sand oder Erden versetzet / allwo sie auch
mitten in dem Winter ihre völlige Blumen bekommen.
§. 4.
Sein Gebrauch ist den Köchen bekandt / welche den Blumenkohl / wann er sauber gewaschen und
wie der gemeine Kohl gebrühet / mit Fleisch- oder Hüner-Brüh / Gewürtz / Saltz [135] und Butter anzumachen und entweder so allein oder über junge Hüner und Tauben
anzurichten wissen. Man brauchet ihn auch in Potagen und Pasteten: ist vor Krancke und Gesunde
ein gutes angenehmes Essen.
§. 5.
Sonsten gedencket der seel. Hermannus in seinen MSS. eines Kohl - Saamens / dessen man sich
in der Artzney bedienen kan / welchen die Lateiner Semen Oleris Atri nennen: Ist ein runder
schwartzlichter Saame / eines bittern und scharffen Geschmacks / dessen Kraut man Brassicam
fimbriatam nennet: wird vor ein besonder Mittel im Scorbutischen Stein-Schmertzen gehalten /
wann man den Saamen mit Cichorien - Wasser zu einer Milch oder Emulsion stösset und eingiesset.
Ist er nicht zu haben / kan man Steckrüben - Saamen / welcher Bunias heisset / an dessen statt
nehmen.
§. I.
DEr Griechische Heu - oder Bockshorn - Saame / Lateinisch Semen Foenugraeci genandt / ist den
Fuhr - Leuten / der Pferden wegen / eine bekandte und angenehme Frucht / hat kleine / gelbe /
eckichte und oben gleichsam umbgebogene Körnlein: wird in Franckreich so wohl / als in
Teutschland zwischen Bamberg und Nürnberg häuffig gezogen und beyderseits Centner - weiß in
Holland und andere Länder verkauffet / wie Pomet in seiner Frantzöischen pag. 20. und Marxius
in der Teutschen Material. Kammer pag. 93. schreiben.
§. 2.
Das Kraut hat zweyfache Blätter / wie der Klee / doch länglicht und etwas zerkerbt / und wann
die kleine weisse Blümcher abgefallen / träget es lange krum - außgespitzte Hülsen / darinn der
Saame wächset / welche einem Horn nicht ungleich sind / weßwegen es von den Griechen Bucera
oder Ageoceras, von den Teutschen aber Bockshorn genennet wird.
§. 3.
Der Saame muß schön groß / hart / reckt dürr und hell - gelb an der Couleur seyn / wann [136] er anderst frisch seyn soll / da hergegen derjenige / so röthlicht oder
braun außsiehet / schon zu alt und untauglich ist: hat einen starcken und fast wiedrigen Geruch
/ welcher auch andere Bestien / so neben den Pferdten / welche diesen Saamen unter ihrem Futter
gefressen / entkräfften und ermünden kan; dahero die Fuhr - Leute von ihren Mittgespannen und
Gesellen nicht leiden können / daß sie den Pferdten Foenugraecum geben.
§. 4.
Sein Gebrauch ist mehrentheils äusserlich / ausser daß die Roßkämme und Fuhrleute diesen
Saamen den Pferden geben / daß sie desto starcker / fetter und ansehnlicher werden sollen;
welches doch andere / so es probiret haben / nicht loben wollen / indem er keine gute Nahrung
geben kan. In äusserlichen Artzneyen aber wird sowohl der Saame / als dessen Mehl oder Pulver
in den erweichenden und zertheilenden Auffschlägen mit Nutzen gebrauchet. So wird er auch sehr
offt zu denen Clystiren genommen / indem er die Winde zertheilet und alle Erhärtung erweichet /
obwohlen bey dem Frauenzimmer / wann demselben ein Clystier zuverordnen / dieser Saame
außzulassen / weilen einige von dem Geruch mit der auffsteigenden Mutter überfallen werden /
wie Simon Paulli in seinem Kräuterbuch p.306. in Acht genomnen hat.
§. 5.
Sonsten ziehet man mit gemeinem oder destillirten Gewässern einen Schleim auß diesem Saamen /
welchen obbelobter D. Simon Paulli in bösen flüssigen Augen nicht gnugsam loben kan / so gar
daß er auch ein mit Blut unterloffenes Aug (so von der Schwere - Noth hergekommen) damit
glücklich curiret habe; dahero es dann D. Schroeder und dessen Commentatores D. Hoffmann, D.
Ettmüller und andere auch hierin recommendiren. Benzo ein Indianischer Reißbeschreiber bezeuget
/ daß in Peru dieser Saame in solcher Menge wachse / daß die Einwohner dorten einen Wein (oder
vieleicht Brandenwein) davon machten.
§. I.
OHne den gemeinen Klee - Saamen / wormit einige einen grossen und sehr profitablen Handel
führen / werden zu weilen bey den Materialisten zwey hier zu Land noch unbekandte Klee-Saamen
auffgesuchet / deren eine der Schnecken-Klee / der ander der Raupen-Klee genennet wird: haben
fast einerley Figur und werden auch von den Gärtnern gemeiniglich bey einander gesäet /
obwohlen deren Kräuter gantz keine Gleichheit und Gemeinschafft mit einander haben.
§. 2.
Der Schnecken-Klee wird also genennet / weilen die Blätter dem Klee-Blat / die Hülsen aber
einer Schnecken gleich sehen: wird Lateinisch Medica genandt / weilen die Griechen / als sie
den Darium, der Perser - König / bekriegten / den Saamen auß Medien in Griechenland gebracht /
und denselben von seinem Vatterland also genennet haben. Die Frantzosen nennen dieses Gewächs
Lucerne, und ziehen es in der Provintz Languedoc und in der Normandie in grosser Meng / wie bey
uns der Klee gezogen wird / weilen sie das Kraut in einem Jahr wohl 5. biß 6. mahl abgrasen und
die Pferde / Maul-Eseln und Rind - Vieh (welche es gar zu gerne fressen sollen) damit
außbringen und mesten können / wie der Frantzölsche Materialist / Mons. Pomet in seiner
Materialien Historie Pag. 21. bezeuget: hat Blätter wie der Klee und purpur-blaue Blümcher /
wie die Pappel-Blumen anzusehen.
§. 3.
Der Saame wächset in den Schneckichten Hülsen / (welche / absonderlich in dem Englischen
Schnecken - Klee oder Medicâ Anglicâ sehr artlich gestaltet) wie ein halber Mond / doch klein
und bleich-gelbe / wann er noch gantz frisch / rötlich aber und etwas braun / wann er älter
wird / am Geschmack scharfficht / wie Kressen-Saame doch nicht so starck. Wann man ihn saen
will / mus er in ein gut Land / welches man auch wässern kan / gesäet werden: alsdann wird das
Kraut sehr fett und kan sehr offt abgemähet werden / weilen es eine grosse und fast einer Ehlen
lange Wurtzel hat / welche die Nahrung in der Menge zu sich ziehet; und weilen sie über Winter
bleibet / so dauret das Kraut / wann es einmahl gesäet worden / eine lange Zeit / wann nur das
Land zuweilen gedünget und gewässert wird. Es kombt aber langsam zur Zeitigung / deun das Kraut
und Stengel sonst zu hart / und von dem Vieh nicht angerühret werden; daher es dann kombt / daß
der Saame desto theurer ist / und nachgehends bey den Materialisten mus geholet werden; welchen
man doch vorkommen könte / wann davon etwas auff ein eigen Land gesäet und solches zur
Zeitigung gebracht würde.
§. 4.
Der Nutzen ist droben schon gemeldet / dann weder das Kraut / noch der Saame in der Medicin
gebrauchet / sondern das Vieh nur damit gemester wird / welches doch mit Behutsamkeit geschehen
soll / dann das Vieh es so gern frisset / daß es davon zerbärsten könte / wann man ihm zu viel
davon geben oder zulassen würde / absonderlich / wann es noch grün und nicht dürre gemacht
ist.
§. 5.
Das andere Kraut / welches einige Gärtner den
Raupen - Klee
nennen / ist eigentlich kein Klee - Kraut / indem es kein dreyfaches / sondern eintzeles Blat
/ fast wie junger Binetsch hat / so schmahl und länglicht ist: blühet gelb / wie der Ginster /
und träget nachdem schwartze und graue / gekrümte / haarichte oder stachelichte Raupen / fast
grauerlich anzusehen / weßwegen es das Raupen - Kraut / und von den Botanicis Scorpioides
genennet wird. In dieser Raupen steckt der Saame / welcher dem Schneckenklee - Saamen nicht
ungleich / doch etwas kleiner ist / wird auch / wie derselbige / gesäet / und von vornehmen
curiosen Leuten in den Gärten zur Rarität und zum Lusten erzogen / welche die Raupen bey ihren
Gastereyen auff und unter das Gemüß mengen / damit sie ihre Gäste / welche es vor natürliche
Raupen ansehen / damit erlustigen können. Sonsten haben sie keinen Nutzen. Die Figur davon hat
Theod. Tabermont. in dem zweyten Theil seines Kräuter - Buchs pag. 575.
|| [138]
§. I.
MAgalep, oder Sem. Magaleppae, ist ein Kern von kleinen Früchten / welcher einem Kirschkern
nicht unähnlich scheinet: lieget in einer grünen und sehr dünnen Schaale / und wird am meisten
auß Engeland / Franckreich / auch Teutschland gebracht und von den Materia listen
verkaufft.
§. 2.
Diese Frucht wächset auff einem Strauch / so einige vor eine Phylliaream, andere vor ein
speciem Cerasi petreae halten: hat grosse breite und oben außgespitzte Blätter / wie ein
gemeiner Kirsch - Baum / da immer zwischen zweyen die Frucht am Stengel hervor kommet / wie auß
der hier beygefügten Figur zu ersehen ist.
§. 3.
Es müssen aber diese Körner noch frisch / dick und grob - körnericht / und von der äusseren
Schaale wohl gereiniget / auch eines guten Geruchs seyn / anderst kan man sich deren nicht wohl
bedienen.
§. 4.
Sein Gebrauch ist den Parfumierern wohl bekandt / welche den Magalep - Saamen zu der
kostbahren und wohlriechenden Savonette, welche zu Florence sonsten so theuer muß bezahlet
werden / gebrauchen / es seye nun / daß sie solchen in gemeinem oder Rosen - Wasser einweichen
/ und ein wohlriechendes Wasser / womit sie die Seiffen waschen / darvon destilliren / wie
Mons. Pomet in seiner Material-Kammer p. 24. meldet / oder daß sie dessen Pulver unter die
Seiffen mischen / wie auß folgender wahren Beschreibung obgemeldter Savonetten / welche ein
vornehmer und gelahrter Italianer auß Padoa, Bonelli mit Nahmen / vor diesem / Herrn Doct.
Schellhas, berümbten Kayserl. Medico bey dem Hochpreißlichen Cammer-Gericht zu Wetzflar / in
einem Italianischen Brieff mitgetheilet hat / und hiermit dem curiosen Leser wohlmeynend
vergönnet wird:
|| [139]
Saponetto Odorifero
oder
Wohlriechende Seiffe.
SI pigli lissivio, fatto con due parti di calce viva & una di cenere di
quercia, con acqua sufficiente, lib. XX. grasso ò sevo vaccino liquefatto e colato per panno
lib. X. si metta à bollire detto lissivio in vaso di rame capace, e bollendo si aggjunge tutte
le lib. X. di sevo, e si và dimenando con un bastone ronde, continuandole sin tanto, che
mettendone un poco sopra un marmo resti in forma rappresa eben conglutinata. Si ripone in vasi
di terra vetriati, ampli e larghi, (ove si cuoce la carne in casa di Signori) e si mette al
Sole per tutta l'està, voltandole spesso, & ogni volta, che diverra asciutto
bene e duro, si aggjunge tante acqua commune, che torni liquido: e cosi si và ripetendo per un'
anno, acciò si separi la mala qualita nauseosa del sevo e resti ben purgato. Dopo, che sara di
nuovo asciutto bene e duro, si aggjunge altra quantità sufficiente d' acqua stillata di fiori
di Triboli seu Trifoglio odoroso, e si liquefacci come prima, e si vadi dimenando al Sole del
secondo anno, e dopo fatto un' altra volta duro al Sole, si aggjunge altra quantità d' acqua di
fiori di mortella, e si facci liquido come prima, e resti al Sole, semper dimenandolo, e quando
sarà indurito, si aggjunge altra quantità d' acqua di rose, di quelle di centofoglie solutive,
che in Toscana chiamano incarnate & in Napoli Damascene. Asciutto che sarà, e
che odori bene, e che non si senta piu quel sito cattivo del sevo, ma odori bene dell' acque
sudette, allora se aggjunga quattro oncie di un certo seme, che usano Profumieri, rotondetto,
conforme questo, che viene incluso, chiamato MACALEPO. Questo sia ben pistato con un poco d'
Ireos Florentino, acciò più facilmente si polverizzi, e non venghi oliginoso, e si mescoli bene
nel sapone. Dopò faccisi trè in quattro libre d' Acqua d' Angeli, nella quali si stemprino
???iijj di Muschio perfettissimo, e ???iij. Zibetto ottimo, in questo modo: Si mettino il
Muschio e Zibetto in un mortajo piccolino di bronzo netto, e con esse circa un' oncia di
Zucchero bianco asciutto, e si spolverizzino assieme, e poi si meschino con la detta Acqua
d'Angeli dentro un vaso ò di rame à forma di cucurbita alta
NEhme Laugen / so auß zwey Theil ungelöschten Kalcks / und einem Theil Eichene Asche̅ mit gehöriger quantität Wasser getropfft worden / ???. 20. zerlassenes und durch
ein Tuch gesiehenes Rinder - Unschlitt ???. 10. lasse gedachte Lauge in einem, grossen Hafen
warm werden / und wann sie heiß ist und siedet / so thue die zehen Pfund Unschlitt darzu / und
rühre es mit einem runden Holtz continuirlich so lang umb / biß daß ein wenig davon auff einen
Stein oder Marmer gethan zusammen geronnen und gleichsam zusammen geleimet stehe. Lasse dieses
in grossen und weiten irrdenen Töpffen (worin man in vornehmer. Herrn Häuser das Fleisch
kochet) welche inwendig gläsirt sein müssen / stehen / stelle es an die Sonne / den gantzen
Sommer durch / und rühre es offters durcheinander: So offt es aber hart und geronnen wird / thu
so viel Wasser darzu / biß es wieder flüssig werde / welches ein gantzes Jahr lang zu
wiederholen / damit das Unschlitt den bösen äckelhafften Geruch verliere und wohl gereiniget
werde. Wann es alsdann von neuem wieder erhartet / so thue wieder / so viel nöthig sein wird /
von dem destillirten Siebengezeit - Wasser darzu und mache es / wie zu vor / damit weich und
setze es das zweyte Jahr durch an die Sonne. Nach dieser Zeit / sobald es wieder hart worden /
nehme wieder so viel von destillirtem Myrthenblumen-Wasser / erweiche es / wie das vorige /
setze es an die Sonne / rühre es offt und wann es wieder erhärtet und geronnen ist / thue so
viel Rosen-Wasser / welches von den Centifolien / welche in Italien incarnate, und zu Naples
Damascenische Rosen heissen / destiliret ist / darzu. Wann es nun wohl zusammen geronnen / wohl
riechet und kein Geruch des Unschlitts mehr zu spüren ist / sondern nach den obigen Wassern
riechet / so thu acht Loth von einem gewissen Saamen / den die Perfumierer brauchen / und wie
beykommender / rundlich außsihet / MAGALEP genandt / darzu / welcher mit einem wenig Pulver von
Viol-Wurtz / damit er sich leichter zu Pulver stosen lasse / und nicht öhlicht werde /
zermalmet / und mit der Seiffen wohl vermischet werden mus. Nach diesem schaffe man sich drey
bis vier Pfund von der ???. Angel. ???iij, von dem besten Biesam / und ???iij. von dem besten
Zibeth auff diese Weis zu misciren: Man thu??? den Biesam und Zibeth in ein kleinen und
sauberen messingen Mörser / und stösset dieselbe mit ohngefehr zwey Loth vom harten und weissen
Zucker / misciret als [140] con bocca stretta, ò di terra invetriato
& il mortaio se lavicon detta acqua, e si meschi nell'istesso vaso, quale si
cuopre bene la bocca e si mette in calore moderato, per cinque ò sei hore, che sia in modo, che
non bolla, acciò la parte svave non svapori, e questa compositione cosi calda si deve meschiare
in tutta la quantita del sapone, quale deve stare unito in un solo vaso vetriato di terra, e
ben coperto si lasci stare al Sole per molti gjorni, e si vadi da quando in quando dimenando, e
serà fatto. Poi si lasci cosi, e quando piu si riposa, tanto piu si fermenta e perfezziona
nella fraganza.
Avertimento.
LA bonta de lissivio si conozze, che si vuovo fresco resti voverto dal lessivio, ma non al
mezzo, ò al fondo, ma alla parte di sopra, e vadi natando.
dann dieses Pulver mit der ???. Angel. In einem Gefäß / welches wie ein langer
destillir-Rolbe formiret ist und oben einen engen Mund hat / etwa von überglassurter Erden /
wascher den Mörser mit eben dem Wasser auß und schüttet es in eben solches Gefäß / stopster es
oben wohl zu und setzer es 5. bis 6. Stund in eine gelinde Wärme / doch daß es nicht koche oder
siede / und der beste und angenehmste Geruch wegfliehe; Endlich wird diese noch warme
Composition mit der gantzen quantität von der Seiffen misciret / in ein eintziges
überglassurtes irrdines Gefäß gethan / wohl verwahret und zugebunden viele Tage in die Sonne
gestelt / zuweilen gerühret und alsdann ist alles fertig. Dieses hebet man so auff / und se
länger es stehet und fermentiret / je besser wird der Geruch.
Erinnerung.
DIe Güte der Laugen wird dadurch erkandt / wann ein frisches Ey / (so darin geworffen wird)
von der Laugen bedecket wird / doch also / daß das Ey nicht in der Mitten oder im Grund schwebe
/ sondern oben in der Laugen treibe und gleichsam schwimme.
§. 1
DEr Reitz oder Semen Oryzae ist eine sehr wohl bekandte Frucht / welche so wohl in Ost-Indien
und der Tartarey / als in gantz Europa / doch in einer Landschafft mehr als in der ander / zu
finden ist. In Teutschland wird er sonderlich in der Schweitz und in dem Franckenland / umb
Bamberg und anderen Orten gezogen: In Italien im Maylän dischen Gebiet und in Piemont / wo die
Pferde / an statt der Habern / damit gefüttert werden. In Franckreich will er sich gar nicht
ziehen lassen / dieweilen das Erdreich allda zu trucken ist / da hergegen der Reiß einen
feuchten / nassen Grund und Boden haben will / und derowegen auch hier zu Land gern umb die
Teiche wachsen thut.
§. 2.
Der Halm / worauff der Reiß wächset / ist einer Elen lang / mit Gewerben und Geleychen
unterschieben / hat Blätter wie Lauch und gewinner am ober-Theil rothe Blumen wie die Hirschen
/ darauß werden langlichte Hülsen wie kleine Säcklein / darinnen der Reisz zu finden / und hat
dieses Gewächs vor andern diese Art an sich / daß wann es blühet / es zugleich in den Kern
wächset.
§. 3.
Der beste und dauerhaffte Reiß muß schön / rein / frisch / grob / weiß und lauter seyn: auch
keinen schimlichten Geruch von sich geben. Der rothlicht-gelbe und klein-körnerichte passirt
nicht vor Rauftmans-Gut und wird derowegen immer wohlfeiler gegeben. Der Italiänische und
besonders der Piemontesische ist insgemein weisser und schöner / als der Spanische / welcher
letztere röthlicht scheinet und einen unartigen Geschmack hat.
§. 4.
Der Gebrauch des Reisses dienet mehr zur Nahrung als zur Artzney / und leben in vielen
außländischen Orten die Leute fast einig davon / als in Trückey und der Tartarey / allwo man
auch die vornehmste Ambassadeurs, ja den Türckischen Kayser selbsten mit dem Reiß / (welcher
bald weiß / bald gelb / bald braun / und zwar mit oder ohne Zucker gebacken / oder bald dick /
bald dünn gesotren / und asso auff vier- oder fünfferley weiß auff einmahl auffgetragen wird)
tractiret / wie Schvveigerus in setner Reiß-Beschreibung nach Constantinop. pag. 148.
berichtet. Hier zu Land wird er entweder mit guter Fleisch-Brüh zu einer Suppen / oder mit
süsser Milch zu einem Brey gekocht; welche beyde denjenigen / so mit einem Durchbruch oder
rothen Ruhr behafftet / gar dienlich sind / auch wann von den Kindern Nadeln / Ringe / Knöpff
und dergleichen eingeschlucket werden / sehr gut thun / weilen der gleichen Sachen darinnen
gleichsam verwickelt und wieder ohne Schaden per alvum weggehen.
§. 5.
Einige destilliren auch ein Wasser davon / welches aber / wie alle andere nährende Destillata
wenig Kräfften hat / indem die beste nährende Krafft zurück bleibet / wie Zvvelferus schon
längsten gezeiget. So hat auch der Brandewein / den man in Orient davon destilliret / vor
unserm gemeinen Frucht-Brandewein keinen Vorzug / und wäre derselbe hier zu Land viel zu
kostbar zu praepariren.
§. 6.
Nebst dem Reiß verkauffen auch einige Materialisten Hirschen / unterschiedliche Art
Perlen-Gersten / Schwaden oder Semen Mannae und dergleichen. Weilen aber jene hiesiger Orten
gar zu bekandt / und derowegen ohnuöthig ist solche zu beschreiben / so ist von dem letzteren
nur dieses zu melden / daß der kleine Mann-Saame auff einem Graß / so Gramen Mannae genennet /
und von Tabernaemontano pag. 544. Lib. 1. abgebildet wird / in Pohlen und den See-Städten
wachse: ist anfänglich in der Hülsen schwartzlicht / aber wann er geschelet wird / schön weiß;
kombt dem Nutzen nach mit dem Hirschen und Reiß überein / ist aber gesünder / weilen er etwas
kühlet.
|| [142]
§. 1.
WAs die weisse Stärcke / Krafft- oder Amelmehl / Lateinisch Amydum oder Amylum genandt / seye
/ ist auch allen Wäscherinnen und alten Weibern bekandt. Wie es aber zubereitet und gemacht
werde / auch welches vor das beste zu halten / dörffte wohl manchem noch ziemlich unbekandt
seyn; weßwegen auch hiervon etwas zu melden / und was sonsten vor Apothecker-Waaren darauß
gemacht werden / zu berichten ist.
§. 2.
Es wurde nemblich Anfangs das Krafft- oder A???ehl auß einer gewissen Frucht / so von den
Teutschen Amelkorn / von den Botanicis aber Frumentum Amyleum und Far Candidum genennet wird /
gemachet / welches theils mit der Speltzen / theils mit dem Weitzen über einander kombt; weilen
aber solches nicht aller Orten gezogen wird / so wird heutiges Tages die weisse Stärcke auch
auß Speltzen und gutem Weitzen / auff folgende Manier zubereitet: Man nimbt die beste und
vollkommenste Körner von obigen Früchten / und nachdem dieselbige sauber gewaschen / so
schüttet man sauber Bach-Wasser darüber / lässer sie darinnen liegen / und geusset täglich das
Wasser ab und wieder frisches darüber: wann solches etwa 5. ober 6. Tage gescheschehen und die
Frucht gantz weich worden / lässet man das letzte Wasser in ein sauber Gefäß ablauffen /
drucket das übrige durch ein Tuch / und damit der Marck alle heraußkommer / schüttet man immer
von dem letzten Wasser etwas zu / lässet nachgehends sich alles setzen / giesset offt
gemächlichen das Wasser / so sich oben setzet / ab / und trucknet das übrige an der Sonnen /
lässer es in Klumpen zusammen / so hat man ein gutes Stärckmehl.
§. 3.
Diese Waare wurde vor diesem häuffig in Meissen / Thüringen (woher sie noch heutiges Tages zu
uns gebracht wird) zubereitet / und von dar in Holland / Franckreich und andere Länder
verführet; allein es haben sich auch nun die Außländische daran gemacht / und wird nunmehr das
beste Krafftmehl auch zu Pariß verfertiget / wie Pomet in seiner Material. Rammer p. 19.
bezeuget. So wird es auch in Nürnberg gar schön gemacht / wo man dreyerley Sorten findet / nach
Unterscheid der Schwerigkeit und der Früchten / worauß es gemachet wird / wie Joh. Jacob Marx
in seiner Teutschen Material-Rammer pag. 17. meldet. Das beste ist / so auß groben und doch
leichten / gantz weissen Klum [143] ben bestehet / welche wohl
abgedorret / krauß und ain Geschmack nicht sauer / auch so man die Stitcke von einander bricht
/ nicht schimlicht / sondern inwendig / wie außwendig / schön weiß sind. Sie müssen auch zart
und nicht zu hart seyn / welches letztere geschiehet / wann das Mehl nicht an der Sonnen /
sondern auff dem Ofen / wo es auch graulicht wird / gedörret ist.
§. 4.
Was den Gebrauch anbelanget / so werden nicht allein allerhand Kräfftige und zu den
Bauchflüssen dienliche Breylein davon gemacht / sondern es gebrauchen sich dessen auch in
vielen Stücken die Zucker-Becker zu dem schlechten Confect, auch zu dem auffgeblasenen Zucker /
dessen Zubereitung in des Theod. Tabernaemon. Kräuter-Buch pag. 638. zu finden / allwo von der
Stärcken innerlichen und äusserlichen Gebrauch weitläufftig gehandelt wird. Jetzo wollen wir
nur noch zweyerley gedencken / so darauß gemacht werden / nemblich der Italiänischen Würmcher /
welche Vermicelli, mille fanti &c. genennet warden und dann der Oblaten, so man
zu den Briessen und sonsten gebrauchet.
§. 5.
Die VERMICELLI werden entweder auß dem Krafftmehl oder anderem Vorsprung / so mit Wasser
geknäten / und durch eine mit vielen Löchlein unten durchbohrte Sprätze getrieben wird /
zubereitet und zu aller hand Essen geleget: warden insgemein von den Italiänern herauß gebracht
/ könten aber in Teutschland eben so wohl gemacht werden.
§. 6.
Die HOSTIEN und OBLATEN werden gleichfalß auß dem Stärckmehl gemacht / wann man darauß mit
Wasser einen dünnen Teig machet / und entweder also weiß in denen Kupffer-Hostien-Eisen / oder
zuvor mit Minien oder Cinnober roth / oder mit Kienrauch schwartz färbet / in den Oblaten oder
Hiepen-Eisen backet / nachmahlen mit grossen / mittel-mässigen / kleinen / runden und hohlen
Eisen außstichet und zu denen Oblaten, wormit man die Briefe zumachet / formiret; welches
gewißlich ein sehr profitable Waare ist / und kenne ich einen guten Freund / welcher / nachdem
er von den Türckischen Galeren befreyet / aber Blut-arm in Hessen gekommen / durch diesen
Oblaten-Handel sich also erhohlet hat / daß er jetzo ein sehr reicher Mann worden ist.
Beschlusz.
SO viel von den jenigen Saamen / so unsere Materialisten meistens von den Außländern erlangen
und einhandeln; üder welche sie auch noch viele Einheimische führen / deren Kräuter / Wachßthub
/ Nutzen und Gebrauch in allen Kräuter-Büchern beschrieben / auch guten Theils dem gemeinen
Mann nicht unbekandt sind: weßwegen es ohnnöthig zu seyn scheinet / darvon allhier grosses
Wesen zu machen; doch wollen wir der Saamen selbsten auch mit wenigen gedencken / welche nach
der Ordnung des Alphabets also solgen:
Semen Acetosae oder Saur-Ampfer-Saame ist ein kleiner / dreyeckichter und Castanien-brauner
Saame.
Semen Althaeae, Eibisch-Saame ist ein gelb-brauner Saame / wie ein halber Mond formiret / hat
einen schleimichen Geschmack / aber keinen Geruch.
Semen Anethi, Dill-Saame ist ein platter dünn und häutichter Saame mit drey Striemen / eines
scharffen aromatischen Geschmacks und gleich einschläffenden Geruchs.
Semen Angelicae, Angelic-Saame ist ein weisser / breiter Saame und hat gleichfals einen
starcken Geschmack und Geruch.
Semen Apii, Eppich-Saame oder wie er in den See-Städten heisset / Marckt-Saame ist ein
kleiner Saame / streifficht / wie Petersilien-Saame anzusehen / eines scharffen / erwärmenden
Geschmacks und guten Geruchs.
Semen Aquilegiae, Ackeley-Saame ist ein kleiner länglichter runder / doch etwas eckichter /
schwartz- und gläntzender Saame / eines wiedrigen und wie alt Oehl lasfenden Geschmacks / ohne
Geruch.
Semen Artischocki, Artschocken-Saame ist etwas groß / fast wie Pinien anzusehen / länglicht /
grau und sprenglicht / und wird der Poloneser vor den besten gehalten.
|| [144]
Semen Asparagi, Spargeln-Saame bestehet auß dunckel-rothen Beerlein / einer Erbsen groß /
welche unter dem äusserlichen Häutlein oder Hülse drey kleine schwartze und sehr harte Kernlein
/ so einen scharffen Geschmack haben / enrhalten sind / und inwendig an einander sitzen.
Semen Atriplicis, Milten-Saame bestehet auß dünnen häutichten Blättlein / worinnen ein
platter Saame / ohne sonderlichen Geschmack und Geruch / enthalten.
Semen Bardanae, Groß-Kletten-Saame ist ein langer und etwas rundichter brauner Saame / mit
schwartzen Streifflein gemahlet / hat einen etwas bittern Geschmack.
Semen Basiliconis, Basilien-Saame ist ein kleiner / schwartzer und mit rothen Kernlein
vermischter Saame / eines schleimichten Geschmacks.
Semen Brusci, Mäußdorn-Saame bestehet auß grossen Körnern / so den Jujuben nicht viel
ungleich: haben äusserlich eine dürre Schale / worinnen zwey weisse an einander gedruckte Kern
liegen / deren jeder wie eine grosse Erbs / aber auff einer Seiten platt / anzusehen ist.
Semen Cannabis, Hanff-Saame ist ein kleiner runder und graulichter Saame / eines etwas
süßlichten Geschmacks.
Semen Cardui benedicti, Cardobenedicten-Saame bestehet auß länglicht runden gestreifften
Körnlein mit einer stachelichten Bürst / sind bitter von Geschmack.
Semen Cardui Mariae, Marien-Distel-Saame sind länglichte und etwas zusammen gedruckte braune
Körner / ein wenig grösser / als der Cardobenedicten-Saame / eines bitteren Geschmacks.
Semen Chaerefolii, Körbel-Saame ist ein langer / schwartzer / dünner und außgespitzter Saame
/ eines etwas scharffen Geschmacks.
Semen Ciceris albi, weisse Küchern sind weisse runde Körner / etwas grosser als Erbsen / aber
nicht so rund und schmecken wie die andere Hülssen-Früchte.
Semen Ciceris rubri, rothe Küchern sind röthlicht braune Küchen-Erbsen / etwas kleiner / wie
die weisse / aber viel eckichter.
Semen Cichorei, Megwart-Saame ist ein kleiner schwartz-länglichter Saame / den Endivien nicht
ungleich / und wann er noch in den Schalen stecket / ist er Schwartz und weiß.
Semen Citrulli, Citrullen-Körner sind schwartze und platte Saamen / wie die Kürbskörner /
aber etwas krauß und am Rand mit einer erhöheten Linien versehen; kommen meistens auß Indien
über Welschland herauß. Sie müssen frisch und nicht bitter oder Oehlicht seyn.
Semen Coccognidii, Kellers-Halß-Saame sind braune oder schwartz-graue runde Körner / etwas
grosser als der schwartze Pfeffer / eines sehr scharffen brennenden Geschmacks.
Semen Cucumeris, Gurcken-Saame ist ein langlichter / platter und weisser Saame / ohne
sonderlichen Geschmack und Geruch.
Semen Cucurbitae, Kürbs-Kerne sind grosse länglichte und platte weisse Kerne / so mit den
Citrullen sehr über einkommen / werden bald rantzicht / und müssen deßwegen immer frisch seyn
und warm gehalten werden / wie Marxius pag. 48. warnet.
Semen Cydoniorum, Quitten-Kern sind röthlicht-braune Kerne / wie die Apffelkern / und haben
einen sehr schleimichten Geschmack. Die beste / so auß Franckreich kommen / müssen schön roth
seyn: wann sie aber schwartz und mit Schimmel angelauffen / taugen sie nichts.
Semen Dauci vulgaris, wild Vogelnest-Saame ist ein zusammen gebruckter Saame / etwas kleiner
/ wie der Cretische Vogelnest-Saame / am Rand zotticht / eines guten Geruchs und am Geschmack
nicht gar so aromatisch als der frembde.
|| [145]
Semen Ebuli, Attich-Körner sind röthlich schwartze Beerlein / wie die Hollunder Beeren und
werden sonsten auch Lateinisch Grana, actes genandt / worauß die bekandte Tinctura granorum
actes gemacht wird.
Semen Endiviae, Früh-Salat-Saame ist etwas weiß und schwartzlicht / wie der Cichorien-Saame.
Semen Erucae, weisser Senff-Saame bestehet auß sehr kleinen runden und gelben Körnlein / so
einen sehr scharffen Geschmack haben.
Semen Fraxini, Esch-Saame oder Vogel-Zunge bestehet auß langen / platten und wie eine Zunge
außgespitzte Blättern / in welchen ein gelb-brauner und fast eben so formirten Saame / (so aber
viel kleiner ist) lieget und einen etwas scharffen und bitteren Geschmack hat.
Semen Fumariae, Feldrauten-Saame ist ein kleiner / runder und grüner Saame / bitter am
Geschmack.
Semen Genistae, Pfriemenkraut-Saame bestehet auß kleinen / etwas platten und wie ein
Hertzlein formirten Saamen-Körnlein / so Anfangs etwas süßlicht / zu letzt aber bitter
schmäcken.
Semen Graminis Mannae, Schwaden oder Mann ist ein sehr kleiner weisser Saame / so von einer
Art Grase gesamblet und auß den See Städten zu uns gebracht wird / worauß man Suppen und
Breylein machet.
Semen Hyoscyami albi, Pilsen-Saame ist ein gelb-brauner kleiner platter und krauser Saame /
fast wie kleine Nieren formiret / eines öhlichten und etwas bitteren Geschmacks.
Semen Hyperici, S. Johanneskrauft-Saame ist ein kleiner schwartzbrauner / länglicht und wie
ein Cylinder formirter Saame / eines bitteren Geschmacks und hartzichten Geruchs.
Semen Hyslopi, Ysop-Saame ist ein kleiner schwartzer Saame / so in kleinen Häußlein wächset.
Semen Lactucae, Lattich ober Salat-Saame ist ein kleiner länglichter und platter weisser
Saame / so auff beyden Seiten außgespitzt ist und einen wässerichten Geschmack hat.
Semen Lapathi acuti, Mengel oder Grindwurtz-Saat ist ein brauner dreyeckichter Saame / eines
anhaltenden Geschmacks.
Semen Lavendulae, Spicanarden-Saame ist ein runder / kleiner und schwartzer Saame / so einen
sehr guten Geruch hat / an welchem man im Reiben sehen und erkennen kan / ob er frisch sey.
Semen Levistici, Liebstöckel-Saame ist ein länglichter / platter und gestreiffter Saame / dem
Dill Saamen nicht gar ungleich / allein noch halb so lang / eines scharffen und aromatischen
Geschmacks und guten Geruchs.
Semen Lini, Lein-Saame ist ein kleiner / platt-klatter und gläntzender Saame eines öhlichten
Geschmacks / ohne Geruch.
Semen Lupinorum, Feig-Bohnen find grosse weisse Körner / wie Kücher-Erbs / aber nicht so
eckicht / sondern runder und auff beyden Seiten bäuchicht / jedoch daß jedweder Bauch etwas
eingebogen.
Semen Majoranae, Majoran-Saame ist ein kleiner röthlicht-brauner und wohlriechender Saame
eines aromatischen Geschmacks.
Semen Malvae, weisser Pappeln-Saame bestehet auß weiß-grauen / runden und mit einem
außgekerbten Rand versehenen Küchlein / worinnen ein brauner Saame / wie der Eibisch-Saame /
aber viel kleiner / anzusehen.
Semen Melonum, Melonen-Kern / sind wie Cucumern-Kern / aber dicker und vollkommener / muß
nicht alt noch rantzicht seyn.
Semen Milii Solis, Meer-Linsen ist ein klein runder und sehr glatter Saame / so gantz
gläntzend weiß und etwas kleiner dann Hanff-Saame ist: wird sonsten auch Meerhirschen genandt.
Semen Napi vel Buniadis, Steckruben-Saame ist ein kleiner runder und röthlich-schwartzer
Saame / so einen scharff-bitteren Geschmack hat.
Semen Nasturtii, Kressen-Saame ist ein kleiner / länglicht-runder / und gelbbrauner Saame /
eines scharffen und darbey sehr schleimichten Geschmacks und starcken Geruchs.
|| [146]
Semen Orobi, Wicken / sind röthlicht braune und etwas runde Körner / wie Erbse schmeckende.
Semen Papaveris albi, weisser Mag-Saame ist ein kleiner sehr weisser Saame / eines öhlichten
süssen Geschmacks und schärffichten Geruchs. Nigri, grauer Mohn / ist ein dergleichen aber
grauer Saame.
Semen Perfoliatae, durchwachs-Saame ist ein schwartz-brauner länglichter Saame / so auff
einer Seiten bäuchicht / auff der ander etwas platt mit einem Kerblein gezeichnet / eines etwas
scharffen Geschmacks.
Semen Petroselini vulgaris, Petersilien-Saame ist ein kleiner länglichtrunder und etwas
eingebogener / auch gestreiffter Saame / eines scharffen aromatischen Geschmacks.
Semen Plantaginis, Wegbreit-Saame ist einer von den kleinesten Saamen / etwas länglicht und
hellbraun / wie Flöhe anzusehen / hat einen schleimichten Geschmack / wie der Welsche
Flöh-Kraut-Saame.
Semen Poeoniae, Gicht-Körner / sind schwartze runde und gläntzende Körner / so inwendig einen
weissen Kern haben.
Semen Portulacae, Purtzelkraut-Saame ist ein klein und schwartzer Saame.
Semen Psyllii, Welscher Flöh-Kraut-Saame ist ein länglichter schwartzbrauner Saame / fast wie
Flöh anzusehen / hat Anfangs einen sehr schleimichten / nachgehends aber etwas scharffen und
wiedrigen Geschmack.
Semen Rosarum, Rosen-Saat / ist sehr klein und röthlich-braun / wie Purpur anzusehen.
Semen Rusci, Mäußdorn-Saame bestehet aus röthlicht-braunen runden Beerlein / etwas grösser
als Spargel-Saame / am Geschmack süßlicht.
Semen Rutae, Rauten-Saame ist ein kleiner schwartzer krum-gebogener Saame / wie einhalber
Mond / hat einen scharff-bittern Geschmack und starcken Geruch.
Semen Scariolae, Scariol-Saame ist dem Lattich-Saamen nicht ungleich / nur daß dieser
mehrentheils schwartz und ein wenig weiß darunter: der Lattich-Saame hergegen gantz weiß ist:
wird auch Endivien-Saame genandt.
Semen Sesami, Canarien-Saat ist ein kleiner länglicht-runder Saame / mit einem Streiffgen /
hat einen schleimichten und nach Knobloch schmeckenden Geschmack. Es gibt zweyerley / lang und
rund: doch wird der lange nur den Vögeln gegeben / vid. Schurzius pag. 84. kombt meistens auß
alexandria über Venedig herauß / wie Marxius pag. 174 berichtet.
Semen Sinapi, Senff ist ein kleiner runder und brauner Saame / kommet am Geschmack mit dem
weissen Senff überein.
Semen Sophiae Chirurg. Besem-Kraut-Saame ist ein sehr kleiner gelber und länglicht-runder
Saame / eines schleimichten und etwas scharffen Geschmacks / wie der Kressen-Saame.
Semen Sumach, Gerber-Baum-Körner sind kleine röthlich-braune Beeren / welche inwendig einen
braunen platten Kern / so oben rund und unten bäuchicht ist / in sich haben: außwendig aber
etwas beltzicht sind.
Semen Thymi, Thymian-Saame ist ein sehr kleiner / dunckel-brauner und runder Saame / eines
schleimichten Geschmacks.
Semen Trifolii, Klee-Saame ist ein weißgelber und länglichter runder Saame / außwendig gantz
glatt / eines etwas anhaltenden Geschmacks.
Semen Violarum, Veylen-Saame ist ein kleiner weisser und runder Saame / wie Hirschen / so an
einem Ort etwas außgespitzet ist.
Semen Urticae, Nessel-Saame / ist ein dunckel-brauner gläntzender und platter Saame / eines
etwas scharffen Geschmacks.
ENDE des zweyten Buchs erster Abtheilung / von den Saamen.
|| [147]
Desz zmeyten Buchs zweyte Abtheilung Von Allerley Wurtzeln. Das I. Capitel Von
der Brasilianischen Ruhr-Wurtzel IPECACUANHA.
§. 1.
DIe Wurtzel Ipecacuanha ist ein kleine Fingers-lange äusserlichschwartz-braune / und
gleichsam Gliederweiß gedrehete Wurtzel / welche vor gar wenig Jahren bekandt worden und gegen
die rothe Ruhr in Franckreich starck gebrauchet wird: heisset in West-Indien / absonderlich in
Brasilien (von wannen sie durch die Portugiesen und Holländer in Europam gebracht worden)
Ipecacuanha, Hypoacanna und Cagosanna: bey den Spaniern / Bexugillo, Beguquelle, Beculo
Beloculo: bey den Portugiesen / Cipo de Cameras, und bey den Frantzosen / Becouquille ou Mine
d' or, das ist / Gold Ertz / weilen sie sonderlich umb die Gold-Gruben soll gefunden werden /
allwo sie von denjenigen / so zu den Berg-Wercken verdammet worden / aufgesuchet wird / unter
welchen doch der allerfleissigste in einem gantzen Jahr nicht mehr als 12. ??? soll samlen
können / welches sie auch so theuer machet / daß in Holland das ??? auff 30. fl. kommet / ja
darumb nicht könte verkauffet werden / wann sie dieselbe nicht vor andere Wahren von den
Indianern außtauscheten.
§. 2.
Was das Kraut und Gewächß dieser Wurtzel anlanget / so zehlet solches der sehr berühmte
Botanicus, D. Hermann. seel. unter die kriechende [148] und auff der Erd
liegende Gewächse / welches von Rajo in Hist. Plant. Tom. 1. L. 13. cap. 17. p. 669. Herba
Paris Brasiliana genennet wird: Pomet aber in seiner Frantzöisch-geschriebenen Historie der
Materialien (auß welcher unser Abriß genommen) schreibet / daß solches theils auff der Erd
krieche / theils aber in die Höhe wachse / hätte länglichte-außgespitzte Blätter / wie die
Parietariae oder Tag und Nacht / auch weisse Blümcher und gelbe Beerlein / welche / wann sie
reiffworden / dunckel-roth seyen. Wo es aber eigentlich in West-Indien zu finden seye / davon
sind unter denen Kauff-Leuten und Indianischen Scribenten verschiedene Meynumgen. Grenerius,
ein Kauffmann von Paris / schreibet in seinen Anmerckungen über des Helvetii Gebrauch dieser
Wurtzel / daß man sie auß Peru, überkomme / hergegen Piso und Marggravius, und andere sagen /
daß sie in Brasilien / umb die gegend Rio de Genecyn gefunden werde. Pomet endlich gibt vor /
daß die braune und weisse auß Brasilien: die gelbe aber auß Peru, über Cadix herauß gebracht
werde. Unterdessen kan es wohl seyn / daß dieses Kraut in allen beyden Provintzen gefunden /
oder die Wurtzel auß einer in die andere gebracht und verkauffet werde / wie der berühmte Hr.
Leibnitz beyde Meynungen in seinem Brieffe / so er an die curiose Teutsche Societàt von dem
neuen Americanischen Medicament gegen die rothe Ruhr im Lateinischen herauß gegeben / zu
vereinigen suchet.
§. 3.
Sonsten gibt es unterschiedene Gattungen von dieser Wurtzel / dann schon Piso in seiner
Histor. Nat. & Med. Brasiliae Lib. 4. cap. 53. p. 131. zweyerley benambset /
nemblich die schwartzbraune und die weisse. Jene ist die gemeineste / so zu uns gebracht wird:
diese aber / so von den Portugiesen Ipecacuanha Blanca genennet wird / ist viel rarer und in
Europa nicht im Gebrauch / soll wie das Been album oder wie die weisse Diptam-Wurtzel außsehen.
Welcher obenberührter Herr Pomet in dem Anhang seiner Materialien-Historie, die dritte Gattung
/ nemblich / die Gelbe hinzusetzet / welche in der Höhe der Gold-Bergen gefunden werden soll /
weßwegen solche die beste / doch auch die rarest- und theureste von ihm gehalten wird.
§. 4.
Bey Einkauffung und Verschreibung dieser Wurtzel ist wohl in Acht zu nehmen / daß die glatte
Zasern davon abgesöndert / und nur dasjenige / was rauh und viele Ringlein hat / außerlesen
werde / indem jene keine Krafft haben und doch das Gewicht und Preiß vermehren. Es muß auch die
Wurtzel nicht zu alt / sonder zähe / dicht / fleischicht und hartzicht seyn / weßwegen
diejenige am besten ist / so eine dicke Schale oder Rinde hat / und wann sie die rothe ist / so
hat und führet sie nebst einem scharff- und bittern Geschmack etwas schleimichtes / so man sie
im Munde kauet / mit sich und gehet mitten ein Fäserlein / gleich einem dicken Zwirn-Faden
dadurch / welches eben den Geschmack hat.
§. 5.
Was deren Nutzen und Gebrauch anlanget / so pfleget sie zwar oben herauß durch Erbrechen zu
purgiere / doch aber also / daß sie eine zusammenziehend- und anhaltende Krafft zurück lasse
und zu gleich durch die Schweislöcher außtreibe; weßwegen sie dann hauptsächtlich in der rothen
und weissen Ruhr / sie seye auch so gifftig und ansteckend als sie wolle / vortreffliche
Würckung thut / und dadurch in dem letzteren Krieg bey der Frantzöischen Armee und von dem
berühmten Holläudischen Medico D. Helvetio in Pariß viele hundert Personen sind erhalten worden
/ obwohlen demselben / da er sich die Erfindung dieses Mittels zugemessen / von einem Kauffman
zu Pariß ein grosser Process an Hals gehänget / und endlich durch einen Außspruck des
Parlaments geschlichtet worden / darvon weitläufftiger in meinen / Polychrestis Exoticis, und
absonderlich in der Disputation von dieser Wurtzel c. 1. §. 2. gehandelt wird. Der seel. Hr. D.
Hermann, weyland Prof. Bontan. zu Leyden hat sie in denen Wechsel-Fiebern auch sehr gut
befunden / wie er in seinem berühmten geschriebenen Collegio über die Materialien bezeuget /
und pflege ich sie auch in andern Kranckheiten / wo eines Brechmittels vonnöthen / entweder
allein / oder mit andern Artzneyen zu verschreiben / dann sie gar gelind würcket und den Leuten
nach dieser Wurtzel Gebrauch gantz wohl und ruhig ist / wie Piso schon zu seiner Zeit in Acht
genommen hat.
§. 6.
Ehe man aber diese Ipecacuanham denjenigen so mit der rothen und weissen Ruhr behafftet sind
verordne / muß man zuvor zusehen / ob der Magen Gedärme und übriges Eingeweid noch nicht
entzündet oder gar mit einer Fäulung und kalten Brand angestecket seyen / welches auß einem
cadaverosen und abscheulichen Gestanck abzumercken; dann den solchen Umbständen dieses
Medicament keine statt findet / wie Doct. Helvetius in seinem Bericht davon wohl anmercket /
welcher doch hierinnen sick zu irren scheinet / wann er vorgibt / man solle nach Einnehmung
dieser Wurtzel das Erbrechen mit Gewalt zurück halten / indem solches vielmehr zu befördern als
zu hemmen ist. Man soll auch nicht erschrecken / wann so bald drauf ein Eckel / Bangichkeit und
dergleichen erfolgen / dann wo dieses nicht ist und auch weder Erbrechen oder Stuhlgang darauff
erfolget / wird der Krancke gemei [149] niglich drauff gehen / indem
das Gefühl in dem Eingeweid schon erstorben ist / wie Hr. D. Hermann. loc. cit. lehret.
§. 7.
Man gibt diese Wurtzel entweder gestossen / Morgens einen Scrupel / oder dritten Theil eines
Quintes / oder auch / in starcken Personen / ein halb Quint in Tormentill-Wasser oder warmem
Bier / und wann die Ruhr darauff nicht nachlässet / wiederhohlet man es noch ein oder zwey mahl
/ so wird sie gewiß nachlassen. Will man es lieber in Form eines Tränckleins nehmen / so thut
man zwey Quint in rothen Wein / lässet es über Nacht am warmen Ort stehen / seiget es durch und
gibt es dem Krancken. Andere brauchen sie auch in Clystiren.
§. 8.
Letzlich ist wohl in Acht zu nehmen / daß bey und nach Gebrauch dieses Medicaments ein gute
Diaet gehalten / und nichts als weiche Speise genossen werden / indem viele Soldaten so dieses
nicht in Acht genommen / ohnerachtet ihnen die Ipecacuanha verschrieben worden / doch drauf
gegangen sind / wie der berühmte Obrecht von Straßburg solches kurtz vor seinem Todt gegen
einem vornehmen Freund gedacht und wohl errinnert hat.
§. 1.
DIe Rhabarbal-Wurtzel oder RHABARBARUM (welches in allen Sprachen so genennet wird) ist eine
grosse länglicht- und knollichte Wurtzel / etwas schwammicht / doch ziemlich schwer dabey /
äusserlich gelb / inwendig aber wie eine Muscat anzusehen / eines scharff-bittern und
eckelhafften Geschmacks / so eine anziehende herbigkeit zurücklässet und einen starcken und
fast aromatischen Geruch von sich gibet: wird in grossen Stücken / welche mitten durchbohret
sind / eingefäselt und auß Sina nacher Venedig gebracht / von wannen sie in alle andere Länder
verführet wird.
§. 2.
Je bekandter aber diese Wurtzel in denen Apothecken ist / je unbekandter und ungewisser ist
das Kraut / davon sie herrühret / indem biß auff den heutigen Tag man noch keine gewisse und
unwiedersprechliche Abbildung und Beschreibung dessen hat / sondern was einige vor Rhabarbarum,
außgeben / das halten andere vor das Rhaponticum; welches vielleicht daher kom [150] met / weilen kein verständiger Medicus das Kraut an seinem eigenen
Ort gesehen / sondern hierin alles auff der Reissenden und Handels-Leuten Erzehlungen ankommet
/ welche gemeiniglich mehr auff ihre Interesse, als Erforschung der Natur zu sehen pflegen.
Unterdessen sind doch alle geschickte Botanici hierinnen eins / daß dieses Kraut eine Art
Grind-Wurtz oder Lapathi seye / welches Neuhoff in der Gesandschafft nach China bestättiget.
Morison, ein berümbter Engeländer nennet es Lapathum per excellentiam, in Horto Bles. pag. 340.
Myntingius aber Lapathum Chinense longifolium: wird insgemein beschrieben / daß es grosse
Blätter habe / welche untenher schmahl / oben hinaus aber breit seyen / und einen wollichten
Rand habe / Blumen an der grösse wie Violen trage und auß einer dicken Wurtzel / so offters
eines Arms dick und etlich Spannen lang ist / hervor schiesse / welche doch andere kleine
Zäserlein umb sich hat / wie Doct. Hoffmann in seinem. Clav. Schroederiana pag. 615. hiervon
weitläufftig handelt.
§. 3.
Die beste Zeit / da sie gesamlet wird / ist der Anfang des Frülings ehe die grüne Blätter
sich sehen lassen und also der Safft in der Wurtzel gleichsam eingesperret ist: und hat man in
Acht genommen / daß in der Wurtzel / so im Sommer gegraben worden / die rothe fleischfarbichte
Strieffen / welche an der guten Rhabarbar zu sehen / sich nicht finden / auch die Wurtzel viel
leichter seye. Wann sie nun gegraben / schneidet man die kleine Fäßlein ab / das übrige wird in
grosse Stücker getheilet / welche auff Bretter an einem schattichten Ort vier Tag lang /
täglich drey oder viermal / umbgewendet werden / damit der Safft nicht heraus fliesse / sondern
darin gleichsam anwachse / wie solches Wormius, Hoffmannus und andere an berührten Oertern
beschrieben. Sonsten lässet sie sich in Hirschen oder Leinsaamen ambesten halten.
§. 4.
Man hat verschiedene Sorten von der rechten Rhabarbar-Wurtzel in den Material-Kammern /
welche entweder nach den Ländern / woher sie kommen / genennet / oder nachdem diese Wurtzel alt
oder frisch ist / unterschieden werden. Den Ländern nach hat man die Sinesische oder
Levantische welche die beste / die Türckische / und dann die Moscovische / welche zwar von
einem Kraut herrühren / aber an Kräfften sehr unterschieden sind / wie Wormius c. l. anmercket.
Pomet gedencket auch einer Americanischen in seiner Histoire des Drogues pag. 52. allein solche
ist nichts anderst / als Rhabarbarum Monachorum, davon Hernandez p. 217. seines Buchs handelt.
Von der Moscovischen hat man vor diesem nichts gewust auch / wie noch / davon nicht viel
gehalten / weßwegen sie unter die Levantische verstecket wird. Dem Alter nach theilen einige
Materialisten solche in Rhabarbarum electum, oder den außerlesenen / medium die Mittelgattung
und das commune oder gemeine / so offt gar in stücklein ist / welche aber alle rechtschaffene
Apothecker nicht ansehen / sondern immer die außerlesene nehmen sollen.
§. 5.
Wie aber alle diese zu unterscheiden seyn / und was man sich im Einkauff der Rhabarber vor
Proben bedienen müsse / solches haben verschiedene und hierinnen wohl erfahrne Materialisten /
als Marxius, Schurtz, Pomet und andere schon wohlmeynend erinnert. Die Moscovische ist unter
der Levantischen leicht zuerkennen / weilen sie nicht so schön roth und gelb gestriemet /
sondern meistens auß schwartzen / schweren und ungeschickten Stücken / in wenig Theil zerstückt
/ auch mürb ist: Und damit sie möge vor gute verkaufft werden / färben sie solche äusserlich
gelb / welches doch daran leicht zu sehen / wann solches gelbe Pulver sich an die Finger
hänget. Die rechte Levantische und außerlesene Rhabarbar hergegen ist mit Fleisch-farbe / gelb
/ grün oder einer schönen Haar - Farbe / oder sonst allerhand Farben gezieret / mus auch
Mittelmässig schwer seyn. Ist sie zu schwer / so hat sie viel Holtz: ist sie leicht / so ist
sie nicht viel nutz und kan also auß dem Gewicht unauffgeschlagen erkennet werden / indem die
Materialisten / ja auch die Grossierer nicht immer zu geben / daß man sie auffschlage / weilen
sie eben so wohl als andere damit können betrogen werden; weswegen einige nur an dem
schadhafften Ort / oder wo der Strick durchgehet / solche mit einer Nadel sondiren oder ein
Messer hinein stecken / daß sie sehen / ob sie zähe und also noch frisch seye / dann offters
die Alte wieder gefärbet und von aussen / wie die Moscovische begleistert wird. Wann aber es
erlaubet zum wenigsten an einem Strang ein Stück auff zuschlagen / so hat man diese Prob: die
beste ist / so da recht trucken / ein wenig schwer am Gewicht / und so man solche auffbricht
muß ein Streiff Goldgelb / der andere Saffran- gelb / der dritte weiß seyn. Nimbt man ein wenig
in den Mund und zerkäuet es / so muß es bitter und anziehend / auch sonsten nicht verlegen /
noch wurmstichicht seyn / und einen guten Geruch haben / auch so es auff Papier gestrichen wird
/ färbet es wie Saffran. Wann diese nicht in doppeltem Preiß gehalten wird / kan man im
Einkauffen wohl bestehen. Die verfälschte ist zuvor außgekocht und also die beste Krafft hinweg
und ist derowegen leicht / obwohlen einige sie wieder schwer machen können. In der Farb ist sie
dem unreiffen Saffran oder Ockergelb gleich: Hat [151] weder weisse / noch
gelbe Streiffen / und wann man solche im Mund zerkäuet / so gibt sie eine verlohrne schwartz -
gelbe Farb.
§. 6.
Was die Kräffte / Nutzen und Gebrauch des Rhabarbars anlanget / so sind dieselben sehr
weitläufftig und bey nahe durch alle Kranckheiten in einem besondern Buch / so den Tit.
Rhabarbarologiae Curiosae hat / von D. Tillingio Prof. zu Rinteln / beschrieben worden. Ihre
vornembste Krafft ist / daß sie die Gall und auch andere böse humores außtreibet und gelind
purgieret / und da sonsten fast alle purgirende Artzneyen etwas schädliches an sich haben / so
sagt man von der Aloë und der Rhabarbar, daß sie allein nichts gifftiges mit sich führen;
darbey hat sie doch auch eine anhaltende Krafft hinter sich / in Ansehen deren sie in der
rothen Ruhr biß daher Anfangs gebrauchet worden / insonderheit wann sie zuvor etwas geröstet
ist / da sie alsdann Rhabarbarum Tostum genennet wird: An dessen statt doch Pomet in seiner
Frantzöischen Material. Kammer pag. 51. das schwartze / so umb die Löcher / wodurch die Stricke
gegangen / von der Rhabarbar, zu dem Durchbruch und rothen Ruhr recommendiret / welches sonsten
/ als verdorben / verachtet und weggeschabet wird. Ferner alteriret und corrigiret dieselbe
auch die Gall / wann sie etwa zu dick oder öhlicht ist / weßwegen sie auch anima hepatis oder
die Seele der Leber genennet / und in der Gelbsucht und dergleichen Kranckheiten angerühmet
wird. Ja es lobet dieselbe Paracelsus, daß wann schon die purgirende Krafft darvon geschieden
wäre / sie doch den Stein curire / und kennet D. Ettmüller eine gewisse Person / welche alle
Woche ein Quint davon genommen und damit verhütet / das so keine grosse Steine mehr von ihr
gegangen; davon in dem Schroed. Dilucid. p. 752. zu lesen; wiewohlen solches auch daher
geschehen / weilen die böse Feuchtigkeiten immer außgeführet werden / welches auch andere
laxirende Sachen / als Aloe und dergleichen würcken können. Sie tödtet auch die Würm und treibt
sie zu gleich auß.
§. 7.
Wie vielerley Medicamenten von den Alten auß dieser Wurtzel gemacht worden / und in den
Apothecken zu finden seyen / als Syrupi, Trochisc. pil. Extr. &c. beschreibet
Doct. Schroëder in seiner Pharmacop. Medico. Chym. Heutiges Tages ist die Tinctur, welche man
Animam Rhabari nennet / und der Syr. de Cichorio cum Rhabarbarô, oder der Rhabarbar-Safft noch
im Gebrauch / davon der letztere das schwartze böse Zeug von den neu-gebohrnen Kindlein treibet
/ und sie also von allem Schrecken und der schweren Noth praeserviret: Die erstere aber wird
von Herrn Doct. Wedeln in den Teutschen Curiosen Tag- und Zeit-Registern / oder Miscell. Acad.
Nac. Cur. in App. & ad Ann. 4. 5. beschrieben. Am meisten aber wird die
Rhabarb. mit den Senetblättern in Wasser oder Quetschen-Brüh / (so mit dem Weinstein-Saltz
geschärffet ist) über Nacht eingeweicht und Morgends warm getruncken; und kan man also
diejenige / so mit den starcksten Purgantien sonsten nicht zu bewegen sind / ohnfehlbar laxiren
/ wie solches sehr offt probiret hab. Wie ungereimbt aber die Rhabarbar unter die Pflaster
genommen werde / zeiget / Ludovicus in seiner Pharmac. pag. 143.
§. 8.
Weilen indessen die rechte und veritable Levantische Rhabarbar zu weilen gar hoch am Werth
ist / so bedienen sich an deren statt einige der
Münch-Rhabarbar
oder
RHABARBARI MONACHORUM,
welches eine lange und starcke Wurtzel ist / zasicht / wie die Angelica, aber schwerer und
dichter / äusserlich schwartz und gleichsam wie Chagrin, inwendig geib / doch nicht marbriret
oder mit rothen und weissen Striemen vermischet: wird sonsten auch Patienten-Kraut Wurtzel
genennet / wie bey Saem. Dale in seinem Buch de Mat. Med. pag. 131. zu sehen.
§. 9.
Das Kraut dieser Wurtzel ist eine Art der Grind-Wurtzel und wird von den Botanicis Lapathun
hortense latifolium genandt / hat grosse / lange und außgespitzte Blätter / wie auß der dritten
Figur zu ersehen ist. Einige nennen dieses Kraut Patientia, welches zwar nicht in allen / doch
auch in den Tautschen Gärten, wächset / ob es schon in grösser abundantz in West-Indien zu
finden / wie Hernandez in Hist. Plant. Mexican. p. 217. bezeuget. Warumb es aber
Münch-Rhabarbar geheissen werde / davon sind verschiedene Meynungen. Einige geben vor / daß als
vor vielen Jahren den Türcken erlaubet worden sich des See-Havens zu Marseille zu bedienen /
dieselbe den Saamen von dem rohten Alexandrinischen Rhabarbar etlichen Frantzöischen München
verehret hätten / woraus nachmahlen dieses Münch-Rhabarbar entsprossen sey; allein obbelobter
Hernandez hält dieses nicht unbillich vor ein Märlein; weßwegen glaublicher ist / daß solcher
Nahm von denjenigen München entsprossen / welche über den Mesuem geschrieben und in Mangel des
rechten Rhabarbari diese Wurtzel an deren Statt gebrauchet / wie Ettmüllerus in seinem
Erläuterten Schroederô. pag. m. 752. dafür hält.
§. 10.
Den Kräfften nach kommet diese Wurtzel mit der Levantischen-Rhabarbar überein / [152] indem sie ebenfals gelind purgieret und mit ihrer adstringirenden Krafft
/ so sie zurück lässet / den Magen und übrige Eingeweid / ja auch die schlaffe Leber stärcket;
weßwegen nicht allein Hernandez sie der rechten Rhabarbar an Kräfften gleich achtet / sondern
es zweiffelt der berümbte Teutsche Practicus Dan. Ludovici in oben berührtem Ort gar nicht /
daß man eben so viel damit außrichten könne / bekennet auch frey heraus / daß er sein Lebtag
kaum ein Untz von der rechten und so theuren Rhabarbar verschrieben / doch aber seine Patienten
glücklich curiret habe. Unterdessen wird von allen Scribenten erinnert / daß man die
Münch-Rhabarbar in doppelter dosi nehmen müsse; und ist derohalben fast einig in den Träncken
(Decoctis und Infusis) zu gebrauchen / dann des Pulvers auff einmahl zu etlich Quint
einzunehmen beschwerlich und widrig fallen dörffte.
§. 11.
Die
RHAPONTIC
betreffend / so hat dieselbe Wurtzel mit der Rhabarbar eine so grosse Gleichheit / daß auch
einige davor halten / es kämen beyde Wurtzeln von einem Kraut her / und käme der Unterscheid
nur von zweyerley Ort und Erdreich / worinnen sie gepflantzet würden / wie Paulus Hermanni
selbsten in seinem MSS. de Mat. Med. davor halten thut. Andere aber halten es vor zwey
unterschiedene Kräuter / obwohlen in Beschreibung derselben noch grosse Schwürigkeiten übrig
sind.
§. 12.
Solchen nun vorzukommen ist nöthig zu wissen / daß man zweyerley Rhapontic bey den
Materialisten finde / nemblich die Pontische Rhapontic und die gemeine Rhapontic. Die Pontische
Rhapontic wird Lateinisch RHAPONTICUM VERUM THRACICUM genennet / weilen es in Thracien auff
einem Berg wächset / worvon Prosper Alpinus einen eigenen Tractat geschrieben / und ist dessen
Kraut welches in obgesetzten Figuren das mittelste ist / dem rechten Rhabarbar so gleich / daß
Tournefort es vor das Levantische Levantische Rhabarbar gehalten / wie Pomet l. c. pag. 52.
bezeuget; und daher mag es wohl kommen / daß die rechte auffrichtige Pontische Rhapontic selten
in den Apothecken zu finden / sondern wann man dieselbige nothwendig haben soll und mus / so
wird man sie wohl eher unter der rechten Rhabarbar finden / worunter sie / wegen der grossen
Gleichheit / so beyde Wurtzeln mit einander haben / vermischet und verkauffet wird. Wie aber
beyde zu unterscheiden seyen / zeiget vor andern Pomet c. l. klärlich an / wann er schreibet /
daß / da die Levantische Rhabarbar gemeiniglich in grossen und breyten runden Stücker komme /
und inwendig überzwerche Striemen habe / die Pontische Rhapontic hergegen auß langen Stücken
bestehe / und inwendig auch lange und rothe Striemen habe. Uberdiß kan man den Unterschied noch
besser auß dem Geschmack haben / indem die rechte Rhabarbar keine Viscosität oder Schleimigkeit
im Mund zurück lässet / dergleichen die Rhapontic von sich spüren lässet. Sonsten ist sie an
der Farbe ebenfals gelb außwendig / und inwendig marbrirt.
§. 13.
Die gemeine Rhapontic ist eine länglichte Wurtzel / außwendig braun und inwendig gelblicht /
eines bittern und anhaltenden Geschmacks: wird auß Savoyen und Italien / wie ingleichen auch
auß Littauen und Reussen heraus gebracht / und lässet sich lang halten / wann sie nur an einem
truckenen Ort auffgehalten wird. Das Kraut nennen die Botanici Rhaponticum folio helenii
incano, und weilen die Blume endlich einen Flocken und beltzichte Bürste zurück lässet / wird
es von den heutigen Kräuter-Verständigen unter die Cyanos gerechnet / worvon D. Amman in
Charact. Plantarum Novô P. 544. zu sehen ist.
§. 14.
Sonsten kommen alle beyde an denen, Kräfften sehr überein / in Ansehen deren sie mehr
adstringiren / als die Rhabarbar und sind derowegen vor diesem nicht allein in den
Blutstürtzungen / sondern auch in Verwundungen und schweren Fällen gegen das geronnen Geblüt
innerlich und äusserlich gebrauchet worden. Heutiges Tages werden beyde langsam und fast gar
nicht gebrauchet / ausser daß die wahre Rhapontic Wurtzel zum Theriac genommen / und deßwegen
von Moyse Charas auch weitläufftig davon in der Frantzöisch geschriebenen Histori derjenigen
Kräuter / Thieren und Mineralien / so zum Theriac erfordert werden / gehandelt wird.
|| [153]
§. 1.
DIe weisse Rhabarbar oder MECHOACANNA ist eine grosse und leichte Wurtzel / so in runden und
mit vielen Cirelen gezierten Scheiblein auß West-Indien gebracht wird / welche Anfangs in- und
außwendig gantz weiß sind / mit der Zeit aber weiß-grau werden: wird sonsten auch die
Indianische Zaunrübe und Frantzöisch Rhamindique genennet / weilen sie / wie diese / gelind
purgieret. Sie ist von einigen München / welche von dem König in Spanien / ein Closter in der
Province Mechoacam auffzurichten / in Neu-Spanien gesandt waren / bekandt worden / nachdem
derselben P. Provincial von einem Indianischen Medico glücklich darmit curiret wurde / welche
diese Wurtzel von dem Land / darin sie wächset / Mechoacanna genennet haben / wie die Authores
der Frantzöischen Oeconomie, deren Titul: La Maison Rustique, in einem besonderen Discours von
dieser Wurtzel pag. 129. seqq. weitläufftig berichten.
§. 2.
Ob nun wohl die Wurtzel den Zaunrüben gar gleich sibet / so ist dennoch das Kraut derselben
keine Art der Bryonien / sondern ein Convolvulus, wie nicht allein jetzt ermeldte Authores
solches in vornehmen Gärten offt gesehen / sondern auch Hernandez solches also abmahlet / wie
in dessen Beschreibung der Gewächsen in Neu-Spanien pag. 164. zu sehen. Ammannus nennet es in
seinem Charact. Pl. auß des Pisonis Hist. Brasiliana Convolvulum Americanum Jeticu dictum. Hat
Blätter wie ein Hertz / und trägt kleine Beerlein.
§. 3.
Schroederus gedencket zweyerley Gattung von der Wurtzel / deren eine auß der Insul Mechoaca:
die andere aber auß dem festen Land Nicaragua komme / welche letztere viel kräfftiger sein
soll. Zu weilen kommet auch das Pulver darvon auß America in Spanien / welches aber bey weitem
nicht so wohl purgiret / wie die Wurtzel selbsten / wie in obbemeldtem Buch la Maison Rustique
lib. 2. fol. 129. erinnert wird.
§. 4.
Die beste ist diejenige / so inwendig und außwendig weiß / und an hübschen / grossen und [154] recht außgetruckneten Scheiben ist / welche je schwerer / und
gummosichter / je besser zu halten. Sie muß auch fast ohne eintzigen Geschmack seyn / wodurch
man leichtlich erkennen kan / ob sie mit der Raß-Wurtzel oder Rad. bryoniae verfälschet sey /
welche einen bitteren und steinichten Geschmack hat / da hergegen die Mechoacanna zart und ohne
Geschmack auff der Zungen sitzet. Es hat auch diese letztere viel mehrere und nähere Circulen /
als jene. Die Wurmstichichte ist leicht zu erkennen und zu meiden. Sie lässet sich in Hirschen
besser halten.
§. 5.
Ihre Tugenden sind / daß sie sehr gelind alle wässerichte und schleimichte Feuchtigkeiten auß
den Gedärmen und gantzen Leib außführet / weßwegen sie vor diesem die Purgier-Wurtzel genennet
worden: war auch deßwegen in grossem Preiß / welcher nunmehro sehr gefallen / wie Marxius in
seiner Material-Kammer Pag. 116. erwehnet; welches ohne Zweiffel daher gekommen / weilen die
Jalappa nachgehends bekandt worden / welche starcker ist und in weniger Quantität genommen
wird; weßwegen dann auch heut zu Tag die Mechoacanna bey Erwachsenen fast gar nicht mehr
verschrieben wird / es sey dann daß man das Frauenzimmer / wann es einen unnatürlichen Appetit
zu Kalck oder Kreyden hat / damit betriegen wolle / wie es dem Seel. Herrn D. Febrio geglücket
/ besage dessen Tractat de Absinthio pag. 98. Am meisten braucht man sie / die kleine Kindern
zu laxiren / weilen das Pulver ohne Geschmack und wie Mehl ist / auch deßwegen unter den Brey
und andere Speisse kan gemischt werden. Den gar kleinen gibt man 10. biß 20. gran, den grössern
Zj. den erwachsenen Zij.
§. 6.
In den Apothecken machet man auch einen Extract von dieser Wurtzel / welche Schroederus und
andere mit dem Spiritu Vini extrahiren / und rechnet der Apothecker Vier Heuer auß / daß man
auß einem Pfund der Wurtzel 2. bis 3. Loth Extracti machen können. Allein es zeiget Ettmüllerus
in seinem Commentario über des Schroederi Pharm. pag. 750. daß solcher Extract mit dem Spiritu
Vini gemacht gar nichts nutz seye / indem die Mech. gummos und also durch einen wässerichten
Schlüssel muß eröffnet werden / wie bey obbelobten Auth. weiter zu sehen / welcher auch noch
andere Medicamenten / so daraus gemacht werden / auffgezeichnet hat.
§. 1.
DIe JALAPPA / GIALAPA oder JALAPIUM ist eine länglichte / dicke und hartzichte Wurtzel /
welche in runden Scheiben zerschnitten zu uns gebracht wird: ist der Mechoacanna nicht sehr
ungleich / doch schwartzer und schwerer / hat einen scharffichten und widrigen Geschmack: wird
auß Weft-Indien / absonderlich aus der Insul Madera / wo sie häuffig wächset / in Europam
geführet / und sehr fleisig zur Artzney gebrauchet.
§. 2.
Von dem Kraut dieser Wurtzel sind biß auff den heutigen Tag noch verschiedene Meynungen.
Anfangs / als sie bekandt worden / (welches noch so gar lang nicht ist) meinete man / es wäre
eine frembde Art der Bryonien oder Zaunrüben / zumahlen sie offters auch Mechoacanna Nigra
genennet und also vor eine Species der Mechoacannae gehalten wird / welche sonsten auch vor die
Americanische Bryonien will gehalten werden. Andere halten sie vor eine Art Nachtschatten /
welche der Frantzöische Botanicus, Mons. Tournefort Solanum Mexicanum, magno flore, semine
ruzoso, jalapium existimatum nennet / welche mit der Mirabili Peruviana oder Peruvianischen
Wunderblum übereinkommet / davon Ettmüllerus in Com. in Schro̅d. p. 748. diese
Wurtzel auch herleitet. Plukenet, ein Engelländer / nennet es Convolvulum Americanum, sub
Jalapae nomine receptum und setzet den Abriß davon in Tab. XXV. N 1. welche einige Gleichheit
mit des Hernandez Figur / so er in seinem Buch p. 164. Mechoacannam Foeminam nennet / zu haben
und also die beste scheinet. Pomet aber hat einen andern Abriß / welcher gleichsam auß beyden
bestehet / aber doch auch der Flori admirabili gleich kommet / deren Wurtzel wann sie bey uns
gezogen wird / auch purgiret / doch nicht so starck / wie die Jalappa Americana, vid. Ettum. c.
l.
§. 3.
Die Güte dieser Wurtzel kan man unter andern daran erkennen / wann sie sich an glüenden
Kohlen oder an einem Licht gleich anzünden lässet / und hat man immer die gröbste Stücker / so
mit den Händen nicht leicht zerbrochen / doch aber mit dem Hammer bald zermalmet werden /
außwendig schwartz-grau / inwendig aber gläntzend und resinos anzusehen / eines scharffen und
widrigen Geschmacks / zu erkiesen; man mus auch zu sehen / daß keine andere Wurtzelen / als die
Bryonia und dergleichen untermenget seyen. Man kauffe sie aber immer in gantzen Stücken / nicht
zu Pulver gestossen / welche gemeiniglich alt und verlegen ist.
§. 4.
Der Gebrauch dieser Wurtzel ist männiglichen bekandt / indem fast keine Purgirung gemacht
wird / da die Jalappa nicht den Meister spiele. Sie purgiret das Gewässer / doch zugleich auch
die Gall / Schleim und andere böse humores, wie dessen Nutzen fast durch alle Kranckheiten D.
Paullini ohnlängst in einem besondern Buch de Jalappa weitläufftig beschrieben hat. Indessen
mus man sich mit der Dosi nach dem Alter / sowohl der Person / als der Wurtzel / richten. Der
Person nach giebt man den Kindern so viel Gran / so viel Jahr sie alt sind / Erwachsenen aber
20. Gran / wann die Wurtzel frisch und resinos: Ist sie schon alt / kan man ein halb Quint und
mehr geben / dann mit der Zeit die resina darin auch enerviret wird. Eusserlich ziehet sie das
Gewässer auß der Nase / davon Paullini c. l.
§. 4.
Man kan sie auff vielerley Manier gebrauchen: Gemeiniglich aber wird sie nur zn Pulver
gestosen / welches desto besser und mit wenigen Schmertzen operiret / je subtiler es ist; doch
stärcket man es gemeiniglich mit seiuer eigenen RESINA oder MAGISTERIO JALAPPAE, welche mit dem
Spiritu Vini rectif. daraus gezogen und entweder mit Wasser praecipitiret oder per
abstractionem Spiritus Vini zubereitet wird: mus schön weißgelb und gläntzend seyn: sihet es
wie Colophonium auß / so taugt es nicht und hat viel vom Extract bey sich / welches von dem
übrigen noch kan außgezogen werden. Ein Pfund Jalappae gibt ???. biß ???. resinae / wie
Vielheuer in seiner Beschreib. frembder Materialien p. 115. solches außgerechnet hat. Von
dieser Resina kan man 10. Gran in Spiritu Vini oder Spir. Carmin. aufflösen / so hat man eine
angenehme Purgirung / besonders wann es süß gemacht wird / dergleichen vor delicate Jungfern
und andere zu Breßlau / Halle / Leipzig sc. sehr gebräuchlich seyn soll / wie D. Major in Obs.
Anat. de Calcul. Sperling. schreibet; doch mus man nicht so gleich eine Suppe darauff nehmen
oder trincken / sonsten praecipitirt sich es wieder im Leib und machet Grimmen. Boyle macht mit
Tragant kleine Pillen daraus / so auch leicht zu nehmen sind: vid. ejus Tr. de Utilit. Philos.
Experiment. Viele verschreiben sie auch in den Mixturen / aber ohne Effect, es komme dann ein
Spiritius darzu; wie dann die Wurtzel selbst in denen Infusis oder Laxir-Wein nicht wohl
verschrieben wird / indem sie Resinos und nur mit einem Spiritu kan auffgelöset werden / wie
den Chymicis bekandt ist.
|| [156]
§. 1.
DAs Vegetabilische TURBITH ist das äussere Theil einer länglichten dicken und resinosen
Wurtzel / äusserlich grau und inwendig weißlicht anzusehen / eines scharffichten und
eckelhafften Geschmacks / wird Lateinisch Turpethum Vegetabile genennet: damit es von dem
Mineralischen Turbith, welches die Chymici auß dem ???. zubereiten / unterschieden würde.
§. 2.
Von welchem Gewächs diese Wurtzel herkomme / sind gar verschiedene Meynungen / welche
Hernandez de Rebus Med. Nov. Hisp. pag. 178. und auß demselben Frid. Hoffmannus in Clav.
Schroed. pag. 636. weitläufftig erzehlen. Unterdessen hat D. Paulus Hermanni, weyland Prof. und
Inspector des Horti Medici zu Leyden / welcher vor diesem dasselbige in Ost - Indien selbsten
gesehen / den Außschlag gegeben und in seinem Catalog. Horti Lugd. pag. 78. gezeiget / daß es
ein Indianische Winde sey / welche er Convolvulum Indicum alatum maximum folio Ibisci, daß ist
/ die grosse geflügelte Indianische Winde nennet / weilen sie sowohl in Ost-als West-Indien
wächset und die Blätter / so dem Eibischkraut gleich kommen / gleichsam wie Flügel anzusehen
sind / wie auß der Figur zu ersehen: wächset gern an feuchten Oertern / nahe an dem Meer / hat
Fleisch-farbichte glatte Blumen wie die Winde / und wann es außgeblühet / trägt es in seinen
Hülssen vier schwartze Körner / so halb rund / und an der Grösse dem Pfeffer gleich sind.
§. 3.
Die Materialisten führen dieser Wurtzel zweyerley Sorten / deren eine sie Turpethum finum
oder die beste Turbith: die andere aber medium oder auch die graue Turbith nennen / wie in
Herrn Bansae Catologo Francof. zu sehen. Die erstere ist diejenige / welche wir oben
beschrieben. Die andere ist nichts anderst als die Thapsten- oder Fenchelgert Wurtzel / welche
auß der Insul Sicilien kommet und offters von betrüglichen Leuten unter die Turbith gemischet
wird / besihe Schurzii neu-eingerichtete Material-Kammer pag. 77.
§. 4.
Wie aber der Betrug zu entdecken und beyde zu unterscheiden seyen / zeiget Pomet in seiner
Histoire des Drogues Lib. 1. pag. 59. Die rechte Turbith nemblich ist außwendig röthlich-grau /
inwendig aber graulicht / ziemlich schwer und zähe / daß sie nicht leicht zu erbrechen ist. Die
Thap [157] sien Wurtzel hergegen ist leicht / runtzelicht und von
aussen silber-farbicht grau / eines so scharffen und brennenden Geschmacks / daß sie Blasen am
Munde zihet / absonderlich wann sie frisch ist. Damit aber bey der rechten und wahren Turbith
auch die Wahl wohl getroffen werde / so ist in acht zunehmen / daß sie sauber voneinander
gespalten und das holtzichte Hertz herauß genommen sey. Sie muß auch nicht wurmstichicht
sondern durchaus hartzicht seyn; diejenige aber / so nur an den Enden hartzicht scheinet / ist
entweder allda in Hartz eingetaucht / oder von den Indianern geröstet worden / dadurch sie das
hartzichte an die Ende treiben / welche nichts tauget / absonderlich wann sie weiß / leicht und
zerbrichlich ist. Die mittelmäsige Stücker sind auch besser / als die grösten.
§. 6.
Ihre Kräfften sind / daß sie den Schleim und andere böse Humores aus dem Gedärme / Brust und
anderen Theilen mächtig purgiret / so gar / daß die Medici ein Sprichwort führen: was der
Agaricus nicht treibet / das greiffet Turbith an: was Turbith nicht angreiffet / das
durchtreiben die Coloquinten &c. Es tödtet diese Wurtzel auch die Würme
gewaltig und hält man davor / das nechst dem Quecksilber kein besser Mittel dargegen seyn / als
die hieraus gemachte Species diaturbith cum rhabarbaro, wie bey Doct. Ettmüllern in Comment.
Schroed. pag. 755. weitläufftiger zu finden ist.
§. 7.
Einige machen auch einen Extract oder Resinam c. Spiritu Vini daraus / allein es gibt sehr
wenig und aus einem gantzen Pfund kaum 2. Loth. Was aber sonsten vor Composita von dieser
Wurtzel herrühren / ist bey dem Schroeder in Pharmacop. Med. Chym. p. 236. zu ersehen.
§. 1.
DIe schwartze Nieß-Wurtzel oder Radix Hellebori Nigri bestehet auß vielen / dünnen /
zasselichten und an einem Gnoden hangenden Wurtzeln / außwendig schwartz und inwendig weiß /
eines bittern / scharffen und beissenden Geschmacks und unannehmlichen eckelhafften Geruchs:
ist eines von den uhralten Purgir-Mitteln / so dem Hippocrati und andern alten Medicis sehr
gebräuchlich gewesen. Sie wird sonsten auch Christ-Wurtz genennet / weilen das Kraut umb das
Christ-Fest zu blühen pfleget. Die Lateiner nennen sie auch Veratrum, à vertendo, weilen sie
den verrückten Verstand wieder ändert und zurecht bringet.
§. 2.
Es finden sich aber unterschiedliche Arten dieses Krauts / welche nicht allein in den Kräuter
- Büchern / sondern auch bey D. Ettmüllern in Comment. Schroed. können gelesen werden. Das
rechte / worvon der Materialisten Nieß-Wurtz herkommet / hat schöne Rosen / Anfangs weiß und
endlich bleich-roth und zerkerbte Blätter wie auß der Fig. zu ersehen: Wächset in dem
Schweitzer und Tyroler Gebürg / aber häuffig in der Steyer-Marck / dahero es auch Helleb. niger
Stiriacus genennet wird.
§. 3.
Die Materialisten verkauffen sie entweder bloß oder in Säcklein / welche von Nürnberg kommen
/ allwo man 144. oder 12. Dutzend in einen Bund machet und in Säcklein thut / wie der
Buchhalter Schurzius pag. 74. in seiner Material. Kammer meldet. So wissen sie auch die
kleinere von den grössern zu sortiren / unter welchen die letztere die beste find /
absonderlich wann sie zu gleich lang / wohl gedört und sauber sind / daß sie sich lang halten
können. Unterdessen mus man sich wohl fürsehen / das man an deren statt nicht die Radices
aconiti, welche gemeiniglich an einem Ort wachsen und der Nieß-Wurtz sehr gleich sehen /
einsamble / und an statt einer Artzney dem Krancken Gifft beybringe / worvon Hildanus in
Prafat. Oper. kan gelesen werden.
§. 4.
Dieser Wurtzel gebrauchet man sich den sauren und melancholischen Schleim und Feuchtigkeit /
worvon die so genandte Miltz-Beschwerung / Melancholie, Tobsucht und dergleichen herrühren /
auß dem Leib zubringen. Ist auch sonsten in allen Haupt-Kranckheiten / Krätz und andern
affectibus curtaneis ein gut Ding: wird entweder in den Purgir-Wein und Säcklein gebraucht /
oder macht man auß dem Extracto Helleb. Nigri und andern Sachen Pillen / worvon Schroederus und
dessen Commentatores, Doct. Hoffmann, Ettmüller und andere weitläufftig handeln. Die Schmiede
curiren den Wurm an den Pferden mit dieser Wurtzel; wie dann auch
Die weisse Nieß-Wurtz
mehr den Pferden und räudichten Schaafen / als den Menschen dienlich ist / obwohlen einige
Medici in der Tobsucht oder Mania auch solche innerlich gebrauchen / und ein starck Erbrechen
dadurch zu erregen suchen; weswegen der von diesem berümbdte Sächsische Medicus Doct. Michel
eine Essentz daraus verfertiget; zum wenigsten mus man sehr behutsam damit verfahren / sonsten
es leichtlich eine hypercatharsin geben kan. Wie es Herr D. Ettmüllern damit ergangen / als ein
Apothecker Gesell an statt des verschriebenen helleb. nigri den weissen genommen / kan in
dessen Comment. Schroeder. pag. 745. gelesen werden. Eusserlich aber kommet sie unter den
Schnupff-Tabac.
§. 5.
Die beste ist wann sie dicke und starcke Wurtzeln hat / mit vielen weissen Zasseln umbfasset
/ außwendig gelb / und inwendig weiß / anbey scharff und etwas bitter / auch eines
äckelhafftigen Geruchs ist.
|| [159]
§. 1.
DIe Seidelbast-Wurtzel oder Radix Thymelaeae ist eine holtzicht- und zasselichte Wurtzel /
von unterschiedlicher Grösse / außwendig röthlich / und inwendig weiß: schmäcket anfänglich süß
/ lässet aber eine solche Schäffe auff der Zunge zurück / daß es wie Feuer brennet /
absonderlich wann sie frisch gegraben ist. Sie wird aber selten gantz in den Apothecken
gefunden / sondern nur die eussere Rinde / wie es mit der Wolffs - Milch Wurtzel oder Radice
Esulae sonsten auch zu geschehen pfleget; weswegen sie dann auch von andern unter dem Nahmen
Corticum Mezerei zu den Rinden gezehlet wird.
§. 2.
Auß dieser Wurtzel entsprosset ein Sträuchlein mit schön - grünen und gläntzenden Blättern /
wie Lorbeer-Blätter anzusehen / weswegen es auch Laureola genennet wird: trägt rothe Blümlein /
woraus die Bienen einen gifftmäsigen Honig saugen / und nach denselben Beerlein / welche
Anfangs grün / zuletzt aber roth seyn / und in den Apothecken Granum Gnidium, Coccus Gnidius,
Sem. Coccognidii oder Kellers-Hals Saamen genennet werden. Es wächset auch bey uns in Wäldern
und Gärten / doch kommen die beste Wurtzeln auß Italien von Pisa, Rom / und Neapolis / wie
Marxius in der Teutschen Material-Kammer / pag. 49. vorgibt.
§. 3.
Beyde / nemblich Wurtzel und Saamen haben einerley Kräfften / treiben und purgiren gewaltig
das böse Gewässer in der Wassersucht / weswegen man in den Apothecken auch die Pilulas de
Mezereo zu solchem End verfertiget hält / mit welchen aber / wie auch mit der Wurtzel und den
Körnern selbsten / gar behutsam zu verfahren und brauchen deswegen eine gute correction und
sichere dosin, darvon beyderseits D. Ettmüller in seinem Comment in Schroeder. kan gelesen
werden. Doct. Hoffmann will damit gar nichts zu thun haben / Vid. ejus Clav. Schroed. pag. 624.
Eusserlich aber thut die Wurtzel in bösen flüssigen Augen sehr gut / wann man das Ohrläplein
durchbohret / und ein Stück davon in das Loch stecket / daß sich die böse Flüsse dadurch heraus
zihen mögen.
|| [160]
§. 4.
Sonsten hat man vor kurtzer Zeit eine Wurtzel auß Indien gebracht / welche dem eusserlichen
Ansehen nach der Seidelbast-Wurtzel ziemlich gleich sihet und von den Portugiesen
PAREIRA BRAVA
genennet wird / welches so viel als eine wilde Weinrebe heisset / weilen auß die ser Wurtzel
eine dergleichen Rebe / so sich an die Gemäuer und Bäume anhänget / hervor schiessen soll / wie
Pomet solches in seiner Hist. des Drogues pag. 69. auß anderer Relation schreibet. Hermannus
nennet so wohl das Kraut als die Wurtzel Botnam / und beschreibet sie in seinem Mssc. de Mat.
Med. daß es eine lange und Daumens-dicke Wurtzel sey / etwas gewunden und gleichsam gedrehet /
außwendig schwartz und mit vielen erhöheren Ringlein und Gnödlein geziret / inwendig graulicht
und circulirt / eines scharffichten und füssen Geschmacks / dem Süßholtz nicht ungleich /
wächset in Brasilien und kostet das Pfund ohngefehr drey Gulden.
§. 5.
Ihre Kräffte betreffend / hat sie ingleichem viel mit dem Süßholtz gemein / praeserviret und
curiret den Stein / welchen sie gewaltig treiben soll; weswegen sie auch in Portugal fast in
allen Apothecken zu finden und viel gebräuchlicher / als die Ipecacuanha, seyn soll. Die Dosic
davon ist ??? ad ???. wird pulverisirt und Morgends nüchtern in Wein eingenommen. Andere
infundiren sie in heiß Wasser und wann die Krafft heraus gezogen ist / nehmen sie es wie Thee
oder Coffi ein.
§. 1.
DAs Säubrodt oder RADIX CYCLAMINIS ist eine dicke / runde und sehr fleischichte Wurtzel /
außwendig schwartzlicht und inwendig weiß / eines scharffen / und wann sie noch frisch ist /
recht beissendund brennenden Geschmacks / aber ohne Geruch: wird in Teutschland in vornehmen
Gärten der Blumen wegen gefunden; sonsten aber wächset es wild auff hohen Bergen.
§. 2.
Das Kraut wird von den Griechen und in den Apothecken
ARTHANITA
geheissen / welches breyte und runde Blätter hat / so unten erwas purpur-farbicht sind:
Blühet im September und trägt artliche und wohlriechende / purpur-rothe Blümlein / deren
Blättlein herumb gebogen / und inwendig gleichsam zusammen gefüget sind / wie alles oben auß
der Figur am besten kan gesehen werden.
§. 3.
Die Wurtzel (welche davon allein gebräuchlich ist) kombt in ansehen der Kräfften mit der
Hasel-Wurtz oder Radice Asari sehr überein / welcher auch das Gewächs nicht viel ungleich
sihet: wird deswegen unter die stärckeste Purgantia, gerechnet / so gar / daß sie innerlich
mehr den Schweinen (wovon sie den Nahmen hat) als den Menschen dienlich ist; weswegen sie
mehrentheils eusserlich / die Monatliche Reinigungen / die todte Frucht der Weiber und
dergleichen zu treiben / gebrauchet wird: zu welchem End dann auch das in den Aporhecken
bekandte UNGUENTUM de ARTHANITA daraus gemacht worden / welches auch eusserlich purgiret / und
wann es mit Aloe, Ochsen-Gall und dergleichen vermischet wird / die Würme der kleinen Kinder
(welche etwa innerlich nichts einnehmen wollen) weg treibet / dafern es nur auff den Unter-Leib
gerieben wird. Andere machen auch ein Miltz-Pflaster davon / welches dessen Härte und andere
dergleichen Scirrhos zertheilen soll / wovon D. Ettmüller in Comment. Schroed pag. 557. zu
sehen ist. Sonsten aber wird auch der Safft von dieser Wurtzel zu den Geschwären und Außfliesen
der Ohren / wie auch Verstopffung der Nasen gebrauchet; wann man aberden Safftnicht haben kan /
so brauchet man an dessen Stell das Decoctum Radicis, so gar / daß solches auch offt zu dem
obbeineltem Unguent. de Arthanitâ genommen wird / wie Simon Paulli in seinem Quadripartito
Botanico pag. 527. bezeuget. Von dem zweyfachen Oehl / welches Petraus und Doct. Hoffmann von
diesem Gewächs machen / kan obbelobter Ettmüllerus c. l. mit mehrerem gelesen werden.
§. 4.
Weilen aber / wie oben schon gemeldet / diese Wurtzel innerlich nicht wohl zu gebrauchen ist
/ so kan man sich an deren statt der Hermodattel-Wurtzel gebrauchen / welche viel gelinder
purgiret. Diese
HERMODACTYLI
aber sind länglicht-runde / breyte und gleichsam zusammen gepreste Wurtzeln / wie ein Hertz
anzusehen / außwendig röthlich-weiß / inwendig aber gantz weiß / eines süßlicht- und
scharffichten Geschmacks / ohne Geruch: werden auß Syrien über Smirna, und Aleppo herausser
gebracht. Und ob zwar Schur???ius in seiner Material-Kammer pag. 20. vorgeben will / daß solche
auch in den Wäldern umb Nürnberg und anderstwo wachsen solle; so widerspricht ihm doch Marxius,
ein anderer Nürnberger Materialist p. 102. in seiner Material-Kammer / so gar / daß er solches
einem Unverstand zuschreibet.
§. 5.
Wovon nun die rechte und wahre Hermodactyli herrühren / und was sie eigentlich seyen / wird
noch uff den heutigen Tag unter den Gelährten nachgeforschet. Pomet, der Frantzöische
Materialist, scheuet sich nicht in seinem Buch pag. 210. allen Botanicis zu widersprechen / und
da diese einmüthig dafür halten / daß die Hermodatteln gewisse Wurtzel seyen / will er
behaupten / daß es vielmehr Früchte eines frembden Baums wären / obwohlen er niemahlen erfahren
können / wie die Blumen und Blätter desselben beschaffen wären / welches ich ihm wohl glauben
will. Andere hergegen halten sie vor Wurtzeln / welche doch wieder nicht eines Sinnes sind.
Viele meinen sie kähmen von dett Zeitlosen oder Colchicis: Andere von dem Cyclamine oder
Säubrodt. Gleich wie aber ein jedweder gleich auß dem Augenschein sehen kan / daß diese beyde
Meynungen nicht statt finden können: Also kommet mir D. Ammanni Meynung am glaubhaffsten vor /
welcher in seinem Charact. Plantarum Nov. pag. 420. mit andern da für hält / das die rechte
Hermodactyli nichts anderst / als die Wurtzel von einer frembden Art Schwertel-Blumen / welche
Iris tuberosa, folio anguloso, flore obscurè viridi Svvertii genennet / in Hortô Oxoniensi pag.
348. beschrieben / von Eman. Svvertio in Florilegio abgemahlet / auch bey Anfang dieses
Capitels von uns deswegen beygesetzet worden / daß man sehen könne / wie die Hermodactyli
mitten auß der Wurtzel genommen worden / und derowegen oben und unten abgebrochen scheinen.
§. 6.
Die besien müssen groß / vollkommen / dicht und schwer / außwendig röthlicht / inwendig weiß
/ noch frisch / aber doch so viel möglich / [162] wohl auffgedörret sey.
Inwendig müssen sie kein Mehl haben / und weilen diese Wurtzeln gar leicht wurmstichicht werden
/ müssen sich die Materialisten und Apothecker darmit nicht zu sehr überladen.
§. 7.
Ihre Würckung und Tugenden bestehen in einer purgirenden Krafft / wormit sie den zehen
Schleim und scharffes Gewässer von den Gliedern abführen sollen / und deswegen von unsern
Vorfahren Anima Articulorum, das ist / der Gliedmassen Seelt genennet worden find; weswegen sie
gegen das Zipperlein / Chiragram und Podagram von Schroedero und dessen Commentatoribus,
Ettmüllero, Hoffmanno, wie auch Dale und andern gerühmet werden; worgegen dann auch die Pillen
davon / oder Pilulae de Hermodact. von den Alten gebrauchet worden. So kommen sie auch unter
des Paracelsi Glieder-Pulver / welches D. Hartmannus in Prax. Chym. cap. 230. ???. 17.
beschreibet. Ingleichen werden sie unter das Electuarium Marocostinum Mindereri gezogen.
Eusserlich kommen sie zu den Fontanell-Kügelein / welche ein vornehmer Doctor in der
Graffschafft Oldenburgauß dem Turbetho, Agaricô, Iva Arth. Hermod. und Wachs zubereitet / und
an etlichen Orten fleissig gebrauchet werden / wie Vielt-Heuer in Beschreibung frembdter
Materia. lien pag. 114. berichtet / wo deren Beschreibung und Recept zu finden ist.
§. 1.
NInsing ist eine länglichte / und eines kleinen Fingers-dicke Wurtzel / wie
Petestlien-Wurtzel oder Pastinack (aber kleiner) anzusehen / welche gemeiniglich mit zweyen /
offters auch mehr Zacken versehen / in- und außwendig bleich-gelb / und auff der eussersten
Rinde mit kleinen schwartzen Strichen / Circkuln und Adern gezieret / auch wie die Mandragora
gleichsam in Beine zertheilet / inwendig aber mit einem hartzichten Circkul bezeichner ist: Hat
einen etwas scharffen / doch süssen / mit einer nicht unangenehmen Bitterkeit melirten
Geschmack / wie die Liquiritien, auch sehr annehmlichen Geruch; wird von den Japonensern Nisi,
von den Wilden Canna, von den Sinensern aber Ninsing und besser Gin-sem (welches letzteres Wort
eines Menschen Gleichheit bedeutet / wie es D. Menzelius in Misc. Acad. Germ. Cur. Dec. II. A.
V. p. 74. auß Pisonis Mantissa Spagyricâ außleget) genennet / weilen diese Wurtzel zuweilen
gleichsam Arme und Beine / wie ein Mensch / hat / obwohlen dergleichen nicht in der gemeinen
Leuten Hände kommen / sondern in China selbsten von den vornembsten Personen zur Rarität
auffgehoben werden soll / wie Herr Rumphius, aus Ost-Indien / in einem Brieff an wohlermeldten
D. Menzeln berichtet / welcher an eben gemeldtem Ort pag. 74. zu finden ist.
§. 2.
Diese Wurtzel findet man häuffig in dem eussersten Nordischen Theil von Sina, in der Provintz
Leautung und in der Insul Corea; und obwohlen sie auch in Japan wachsen soll / so hält man doch
die Coreanische vor weit besser als die Japonische / welche hierin von der vorigen zuerkennen /
das sie eusserlich auff der Rinde keine Circkel und Linien hat / inwendig weis und hart ist /
auch so keinen kräfftigen Geschmack und Tugendte hat / wie die vorige. Was es aber mit dem
Kraut dieses Nahmens vor eine Bewandnus habe / davon sind unterschiedene Meynungen. Wormius
hielte es zu seiner Zeit vor eine Art Manns-Treu / weilen die Wurtzeln an Gestalt und Geschmack
übereinkommen / obwohlen er in seinem Museo pag. 157. selbsten gestehet / daß er die Blätter
nie gesehen. P. Martin. Martini wurde gleichfals durch die Gestalt der Wurtzel dahin geleitet /
daß er das Kraut vor eine Alt Alraun oder Mandragorae hielte / auch andere / als Kircherum,
Blumentrostium &c. solches zu glauben verursachte; allein es hat auch derselbe
das Kraut niemahlen zu sehen bekommen / wie in dessen Atlante Sinico zu lesen. Der Seel. D.
Hermannus, berümbter Professor Botan. zu Leyden / hält es in seinem Collegio in Mat. Met. vor
das Sisarum Montanum, indem er aus dem Saamen / so er aus Japonien davon bekommen / ein
dergleichen Kraut erziehlet hat / obwohlen er gestehet / daß die Wurtzel so kräfftig nicht
gewesen / als Ninseng, welches er der Lands-Art zuschreibet. Unterdessen ist gewiß / daß die
Figur / welche in der Japaner und Sineser Kräuter-Bücher, gefunden und von Hr. D. Menzeln dem
Miscell. Cur. D. 2. A. V. Obs. XXXIX. einverleibet ist / mit Sisaro Montano eine grosse
Gleichheit habe: Allwo D. Rumphius auch diß Kraut / wie es ihm von einem Chinesischen Burger
mitgetheilet worden / also beschreibet: daß es ein kleines Kraut seye und an einem schmalen
Stengel auff beyden Seiten Blätter wie Mayer trage / eines Fingers-breit / durch deren mitten
eine gerade Ader gehe / welche kleine Fäselein auff beyden Seiten werffe / wie solches auch aus
der Figur / so wir aus dem Englischen Botanico, Hr. Plukenet Tab. CI. n. 7. entlehnet / zu
sehen / welche der Junge Herr Breynius in Disput. de Rad. Nisi vor andern aestimiret / obwohlen
die seinige spitzigere Blätter hat / wie in der Figur zu sehen.
§. 3.
Die Einsamlung dieser Wurtzel ist sehr curios und merckwürdig / und wird von obbelobtem Herrn
Rumphen an gemeltem Ort beschrieben: weilen nemlich diese Wurtzel in den 3. Winter-Monathen /
November, December und Jenner / da sich das Kraut schon gantz verlohren / mus gegraben werden /
so geben die Einwohner bey nächtlicher Zeit genau Achtung / wo sie auff der Erden eines
Glantzes gewahr werden / welchen die Wurtzel / so erwas aus dem Erdreich hervor gewachsen / von
sich gibt und etwan von dem Thau / oder von seiner eigenen Feuchtigkeit / oder auch von der
Sonn / wie ein Phosphorus, empfangen hat. Auff diesen Glantz streuen sie etwann Kalck oder
Aschen / und wo sie des andern Morgends dieses Merckmahl antreffen / graben sie die grössere
Wurtzel aus / und bedecken die kleinere wieder mit der Erden. Die ausgegrabene müssen sie ihren
Herren bringen / welche die schönste und wie ein Mensch formirte Wurtzelen vor sich zu behalten
/ die andere aber ihren guten Freundten zuverehren und den Frembden keine zuverkauffen pflegen;
weswegen alle diejenige / die in Europam gebracht werden / heimlich gegraben und verkauffet
müssen werden. Und daher mag es gurhen Theils kommen / das sie in Holland so rar und theur
gehalten wird / so gar / daß der berümbdte Materialist / Mons. Pomet in Ainbsterdam vor die
Untze 25. livres zahlen und solche nur bey einem eintzigen Droguisten finden können / wie er im
Anhang seiner Historien pag. 5. meldet. Jetzt gilt die Untz 20. Gülden Holländisch / und hat
vor diesem woh 50. Reichsthaler gelten müssen / wie ich noch kürtzlich von Herrn D. Spenern auß
Ambsterdam berichtet worden bin.
|| [164]
§. 4.
Was ihre Krafft und Tugend anlanget / so wird sie von den Sinensern vor eine rechte Panacae
gehalten / weilen sie nicht allein von aussen einem Menschen ähnlich / sondern auch eine
sonderliche Gemeinschafft mit desselben Geblüt und Lebens-Geistern haben soll / wie Hermannus
in seinem Msc. redet / und deswegen von dem Pisone in Mantiss. Arom. dafür gehalten wird / daß
sie die natürliche Wärme oder Calidum innatum mit ihrer temperirten Wärme stärcke und erhalte /
so gar / daß P. Martini in seinem Atlante Sinico vorgiebt / man könne die gantz krafftlose und
mit dem Todt schon ringende damit solang erhalten / biß sie Zeit gewinnen auch noch andere
Mittel zugebrauchen; weswegen sie dann vor eine sonderliche Hertzstärckung in Ohnmachten und
dergleichen gehalten und deßhalben so wohl von den Sinensern und Japoniern, als auch einigen
vornehmen grossen Herrn in Europa sich eine besonder Stärcke damit zuwegen zubringen /
gebraucht wird / absonderlich von denjenigen / welche bey dem Venerischen Frauenzimmer sich
Heldenmäsig zeigen wollen. Von den Medicis wird sie sonderlich in der Colicâ Convulsivâ oder
kramffmäsigen Colic, wie auch daraus öffters herrührenden Lähmung und Contractur, im Schwindel
/ geschwächten Memori und andern Haupt-Kranckheiten sehr gerühmet / ja auch alsdann / wann die
Gebährende nach außgestandener grosser Arbeit gantz abgemattet liegen / welche dadurch sehr
gestärcket werden / indem sie die Lebens-Geister gleich besänfftiget / und derowegen von Doct.
Blumentrost unter die Ruheund Schlaffbringende Mittel in Miscell. Acad. Germ. Cur. Ann. VIII.
Dec. II. pag. 487. gezehlet wird.
§. 5.
Die Art und Weiß dieselbe zu gebrauchen und zu geniessen / kommet mit dem Thée fast überein /
indem man diese Wurtzel in kleine Stücker zerschneidet und in warmem Wasser außbeitzet /
welches hernach früh und nüchtern genossen wird. Man bedienet sich auch derjenigen Gefässen /
die sonsten zum Thée gebrauchet werden / welche P. Martini durch das Balneum Mariae (wodurch es
passiren müste) verstanden / wie solches auff Begehren Herrn D. Menzels der obig belobte Herr
Rumphius l. c. expliciret. Unterdessen ist wohl zumercken / daß die Wurtzel Ninseng ein gut
Theil länger im Wasser liegen müsse / als der Thée, kan auch wieder auffgetrucknet und noch
einmahl gebrauchet werden. Andere nehmen diese Wurtzel mit der Brüh von den Indianischen
Vogelnestern oder mit gekochtem Reiß. Wann sie aber von den Medicis verschrieben wird / so
werden gemeiniglich andere zu der Kranckheit dienliche Mittel darzu gethan / weilen wegen des
sehr hohen Preysses keine grosse dosis kan verschrieben werden / welche sonsten nach
Beschaffenheit des Alters reguliret wird / wie auß dem Journal de Siam solches Pomet an
citirtem Ort pag. 4. zeiget. Doch nehmen die Indianer gemeiniglich ein oder 2. Quintger zu ein
paar Becher Wasser / welche biß zur Helfft einsieden müssen.
§. 6.
Man kan sie aber auch zu Pulver stossen und entweder also eingeben / oder zu einer Latwerg
vermischen; wie dann noch vor kurtzen Jahren ein vornehmer Raths-Herr in Leyden / welcher
schwere Convulsiones gehabt / mit 20. gran. davon befreyet / und nach dem solche wieder kommen
/ und dieses Medicament alle 6. Stund widerholet worden / davon durch Herrn Doct. Decker,
berümbten Practicum zu Leyden in Holland / gäntzlich curiret worden: Als welcher auch noch
ferner einer Tinctur und Extracts, so mit dem Spiritu Vini daraus zumachen / gedencket / davon
in dessen Exercit. Pract. Pag. 669. 670. wie auch obberührete / und unter dessen Praesidio Anno
1700. zu Leyden / durch Herrn Joh. Phil. Breynium gehaltene Disputation De Rad. Ginsem, seu
Nisi, pag. 9. & seqq. kan nachgeschlagen werden. Allwo doch zu mercken / daß
dieser Extract behutsam zu brauchen / indem Herr D. Cleyer in einem Brieff an D. Scheffern
Seel. berichtet / daß einer / so ???. damit stimuliren wollen / davon gestorben sey.
|| [165]
§. 1.
DIe Virginische Schlangen-Wurtzel / oder SERPENTARIA VIRGINIANA ist eine dünne zasselichte
Wurtzel / deren Fäserlein alle an einem Stämlein hängen / außwendig grau-braun / inwendig aber
gelb anzusehen / eines scharffen Geschmacks und guten aromatischen Geruchs sind: heisset
sonsten auch Viperina Virginiana, weilen sie gegen alle Schlangen-Bisse / und besonders gegen
eine gewisse klingende Schlange / so man in Virginien Boicininga nennet / und eine Art von
Vipern ist / ein bewehrtes Mittel abgibt; weswegen sie auch von andern Contrayerva Virginiana
genennet wird.
§. 2.
Das Kraut / von welchem sie herrühret / wird von einigen vor eine Art Diptam oder auch Poley
gehalten / wie dann Pomets Abbildung beynah dahin zielet / welche in dessen Histoire Generale
des Drogues Lib. 2. cap. 3. pag. 49. zu sehen. Allein es scheinet / daß dieser sonst curiose
Materialist, wie in verschiedenen / also auch hierinnen andern / welche ihm dieses oder jenes
so vorgemahlet / zu viel geglaubet habe / indem ein gelahrter Engeländer Leonhardus Plukenet in
seiner sehr schönen und kostbahren Phytographi das rechte und wahre Gewächs dieser Wurtzel viel
anderst / in drey unterschiedenen Speciebus unter Augen leget / welche doch alle eine Art der
Osterlucey oder Aristolochiae sind / und deswegen auch Aristolochiae oder Pistolochiae
Virginianae in dessen Tab. XV. LXXVIII. und CXLVIII. genennet worden; welcher Meynung der
berümbdte Holländische Botanicus P. Hermannus in seinem Parad. Bat. p. 219. wie auch Sam. Dale
in Pharmacol. pag. 260. beypflichten. Es wächset in Jamaica und gehöret unter die kriechende
und sich windende Kräuter / und ist vor etwa 40 Jahren schon bekandt worden / obwohlen die
Wurtzel bey wenigen Jahren bey uns in Gebrauch gezogen worden / welche einige Materialisten /
auß Unwissenheit / unsern Apotheckern vor die [166] Ipecacuanham verkauffet
haben / ehe die letztere recht bekandt worden.
§. 3.
Wo die Wahl davon zu haben / muß man diejenige erwehlen / so dicke und vollkommene Zasseln
oder Wurtzeln habe / nicht alt und verlegen / sondern eines scharff-beissenden und etwas
bitteren Geschmacks und aromatischen Geruchs sind / welcher dem Baldrian oder auch dem
Vincetoxico gleich / aber viel lieblicher ist. Man muß auch zu sehen / daß nicht andere
Unreinigkeiten untermischet seyen / weilen diese Wurtzel ohne dem theuer / und das Pfund auff
fünff biß sechs Holländische Gulden kombt.
§. 4.
Den Nutzen und Gebrauch dieser Wurtzel anlangend / so gehöret dieselbe unter die
Alexipharmaca oder Gifft- und Schweiß - treibende Mittel: wird heutiges Tags in allen Fiebern
sehr gebrauchet / und in den kalten Fiebern mit der China Chinae, in den hitzigen
Flecken-Fiebern mit der Rad. Contrayervae und Salibus volatilibus verschrieben / welches auch
ein gewisses Mittel in den Blattern und Röteln der kleinen Kinder ist / welche / wie ich
selbsten gesehen / dadurch gewaltig außgetrieben werden. Man braucht sie auch im Schaarbock /
Schlagflüssen und Lähmigkeiten mit andern hierzu dienlichen Medicamenten. Absonderlich aber
wird sie in den Schlangen-Bissen / und der tollen Hund - Bissen sehr gerühmet / und soll die
hieraus entstehende Hydrophobiam verhindern. Man gibt darvon 10. biß 20. Gran auff einmahl in
Wermut-Wein. Andere infundiren davon ein oder andere Quintlein in Wein / und wann die Krafft
außgezogen / trincken sie solchen in obgemeldten Kranckheiten. So kan man auch ein liebliches
Oehl davon destilliren / welches doch bey uns noch unbekandt und vielleicht zu theuer fallen
dörffte.
§. 1.
DIe Gifftwurtz / CONTRAYERVA genandt / ist ein länglichte / gnodichte und mit vielen
Zäserlein umbhängte Wurtzel / außwendig röhtlich-braun / wie Caneel-Farb / inwendig aber
weißlicht anzusehen / eines anziehenden und aromatischen Geschmacks; wird sonsten auch Drakena
von Fr. Drake, einem Frantzosen / so sie zu erst in Europam gebracht / und von andern Cyperus
longus inodorus genennet / weilen sie einige Gleicheit mit der lange̅ Cyper-Wurtz
zuhaben scheinet: wiewohln die Gelährten von den beyden letzten Nahmen noch sehr disputiren /
wie bey Hoffmanno in Clav. Schroed. p. 450. und VVormio in Mus. p. 154. zusehen. Kommet auß
Peru über Holland in Teutschland und andere Oerter.
§. 2.
Das Kraut dieser Wurtzel wurde anfangs vor eine Art Caryophillaten von Sim. Paulli in
Quadrip. Botan. p. 41. gehalten; gleichwie andere dieselbe unter die Cyper-Wurtzeln zehleten /
wofür sie auch Ettmullerus in seinem Commentario in Schroederum außgab. Andere halten es vor
eine speciem Anthorae Ind. Vid. Amman. in Ch. Plant. p. 348. Es hat aber Franciscus Hernandez,
welcher fast alle West-Indische Gewächs gar eigentlich und mit sonderbahrem Fleiß beschrieben /
in seinem kostbahren Thesauro Rerum Medic. Novae Hisp. p. 301. gezeiget / daß es viel ein ander
Gewächs und der Passions-Blum / Granadill genandt / nicht ungleich sey / welches von P.
Hermanno Clematis Peruana genennet wird: Hat Blätter / wie Huf-Eysen und windetsich mit den
Stengeln umb andere Dinge in die Höhe / wie auß der Figur, welche der Wahrheit viel ähnlicher /
als des Pomet 5. Abriß / zu sein scheinet / klärlich zu ersehen.
§. 3.
Die beste Wurtzel ist / welche noch frisch / schwer und dick ist / viele Fäserlein umb sich
hat / und einen scharffen und gewürtzten Geschmack von sich gibt; und wann sie vielleicht also
nicht zuhaben / oder andere / in Ansehen daß die Blätter dieses Krauts gifftig sein sollen /
sich darvor scheuen / so kann man entweder die Zittwar Wurtzel an deren statt gebrauchen /
welche fast dergleichen Kräfften hat / wie Ludovicus in seiner Pharmacie p. 253. vermeinet:
oder auch die Rad. Vincetoxici, so häuffig bey uns zu finden / substituiren.
§. 4.
Sie wird hauptsächlich gegen alles Giff??? (worvon sie den Nahmen hat) gelobet / wiewohlen
Olaus VVormi???s l. c. den ???. sublimatum außnimbt / welcher gar zu corrosiv ist. Gegen die
andere / wie auch gegen die Liebes-Träncke nimbt mandes Pulvers ein halb oder eingantz Quint
ein und erwartet einen Schweiß darauff. So wird sie auch gegen alle grassirende hitzige
Kranckheiten / Flecken-Fieber / Pest und dergl. gebrauchet und komt deßwegen zu der bekandten
Tinctura bezoardica. Andere mischen sie mit der China Chinae gegen die Wechsel-Fieber / und mit
der ipecacuanha gegen die grassirende rothe Ruhr; Und weilen sie auch in dem Seitenstechen /
Gliederweh und allen andern Schwachheiten / wo man eines Schweisses vonnöthen hat / von Joh.
Terrentio in Not. ad Hernand. l. c. sehr gerühmet wird / so hat man nicht allein diese Wurtzel
unter das heutiges Tages so berühmbte Englische Gifft-Pulver / oder Pulv. Bezoart. Anglicum
genommen / sondern man hat auch einige übergüldete Kugeln darauß gemacht / welche LAPIDES
CONTRAYERVAE genennet / und in der Engeländer Pharmocopoeiâ Bateanâ pag. 86. also beschrieben
werden:
R, Magister. CC. Corall. alb. rubr. Margagarit. Succin. alb. Ocul. ??? ana zii. Rad.
Contrayerv. ??? Apic. nigr. chel. ??? pulv. & commist. adde Gelatin Vip. q. s.
F. Globuli, Fol. ??? obducendi & siccandi. Addunt alii Ambr. ziß.
Von diesen gibt man einen halben Scrupel biß uff ein halb quint in Taubenkropff- oder
cardobenedicten Wasser / in allen hitzigen und ansteckenden Kranckheiten / Kindtesblattern /
Röteln und dergl. mit grossen Nutzen.
|| [168]
§. 1.
DIe SARSAPARILLA bestehet auß vielen langen Reb-artichten Wurtzeln / welche so dick wie ein
Federkiel sind und alle auß einem Gnoden herauß wachsen: sind außwendig falticht und
runtzelicht / von braun-fahler Farb / aber inwendig weiß. Sie hat keinen sonderlichen Geschmack
oder Geruch uud wird auß America über Spanien herauß gebracht.
§. 2.
Das Kraut dieses Nahmens ist eine Art von der stechenden Winde / welches bey den heutige
Kräuter-Verständigen SMILAX ASPERA PERUVIANA heisset: hat lange / breite und oben außgespitzte
Blätter / weise Stern-Blümlein und rothe säuerlichte Beerlein / hänget sich mit seinen
Zäserlein an die Bäume oder Mauren / wie in obengesetzter Figur zuschen ist. Sie wächset in
West-Indien / an feuchten Orten / und wird auch in Italien dergl. gefunden / deren Wurtzel fast
eben die Kräfften hat.
§. 3.
Man findet aber verschiedene Sorten dieser Wurtzeln bey den Materialisten / indem ohne die
Spanische auch eine Art auß Holland / in kleinen Schachteln / gebracht wird / welche an beyden
Enden beschnitten ist / aber von verständigen Materialisten nicht viel geachtet wird. So bringt
Mann auch eine andere Art aus Franckreich / in langen Kistlein / so außwendig röthlicht ist /
welche etwas besser und der Spanischen sehr nahe kommet. Es wissen sie auch die Droguisten nach
dem sie alt sind / zu sortiren und in die Feine / Mittele und Gemeine zu unterscheiden /
darunter immer die Feinere / ob sie gleich theurer / einzukauffen / willman etwas damit
außrichten.
§. 4.
Die beste ist die Spanische / welche lange Zasern hat / so außwendig grau-braun und inwendig
weiß / mit zwey röthlichten Strichen anzusehen auch leicht zu spalten ist / aber doch nicht
stäubet / wann man sie spaltet / welches ein Zeichen / daß sie wurmstichicht ist. Wann diese
gesotten wird / so gibt sie dem Wasser eine rothe couleur. Sie muß nicht feucht sein /
mittelmässiger Dicke / wie ein Federkiel / dann die gar dünne nichts taugen; Vielweniger ist
die Falsche Sarsaparilla zu brauchen / welche einige / wiewohl unrecht / die Moscowitische
Sarsaparillen nennen / da sie vielmehr von Marignan kommet und in beygesetzter Figur zusehen
ist. Es ist auch vorträglicher / daß man diese Wurtzel ungebunden kauffe / als in Bündlein /
weilen in diesen gemeiniglich viel klein Zeug und Unreinigkeiten eingemischet werden / wie in
des Marxen Material-Kammer p. 175. angemercket wird.
|| [169]
§. 5.
Was die Kräffte dieser Wurtzel anbelanget / so ist sie durchdringender und subtiler Art / und
komt derowegen D. Simon Paulli nicht ohne Ursach ungereimt vor / daß Hernandez derselben eine
kalte Natur zuschreibet. Sie treibt nicht allein den Schweiß / sondern purgiret auch dabey /
welches ausser dem Fallopio fast bey keinem Scribenten zulesen / doch aber auch von mir in der
That selbsten observiret worden; Weßwegen dann diese Wurtzel ein vortrefflich remedium gegen
die gar zu feiste Wänste oder corpulentiam nimiam zu halten ist. Absonderlich aber heilet sie
alle gefährliche und alte Schäden / ja den anfangenden und verborgenen Krebs selbsten und wird
deßwegen von einigen die Heilwurtz genennet. In den Frantzosen oder Lue Venereâ ist sie viel
gewisser / als das Frantzosen Holtz / welches Fallopius in seinem Buch de Morbo Gallico pag.
723. auffrichtig bekennet / auch einige Exempel anführet / daß / da nach gehaltener Holtzcur
noch einige Geschwär / Schrunden im Affter / Lahmbeülen und dergl. zurück geblieben / solche
durch diese Wurtzel vollends vertrieben worden. So kenne ich auch einen gewissen und sehr
versuchten Chirurgum, so zugleich bey einen Hohen Fürstl. Hauß Cammerdiener ist / welcher eine
gewisse Cur die Frantzosen / welche von andern nicht können gezwungen werden / zu heilen hat /
die er vor sehr geheim hielte und vor kein Geld wolte mittheilen. Als ich aber mit ihm eine
gewisse Adeliche Person in der Cur gehabt / hab ich in acht genommen / daß es die blosse
Sarsaparilla sey / und bestunde sein Geheimnuß in der coction, welche ihm doch auch abgesehen /
auch zum Theil in obangezogenem Ort des Fallopii und noch deutlicher in des Cardani Tr. de rad.
Chinae. p. mihi 1619. zufinden ist. Uuterdessen ist wohl in acht zu nehmen / daß zu dieser
Curimmer die beste Sarsaparilla zunehmen seye / sonsten man wenig wird außrichten können.
§. 1.
DIe so genandte Pocken-Wurtzel oder Radix CHINAE ist eine dicke / gnodichte / glatte und
holtzichte Wurtzel / außwendig gelb-braun / inwendig röthlich-weiß / ohne Geruch und Geschmack
/ obwohlen sie frisch einen glebrichten und scharffen Geschmack von sich gibt. Sie komt auss
Ost-Indien und absonderlich auß China, worvon sie auch den Nahmen hat / und wird theils rohe /
wie sie auß der Erden komt / theils von der eusserlichen Schale gesäubert herauß gebracht.
§. 2.
In Ansehen des Gewächses / woher sie entspringet / gehöret sie mit der Sarsaparilla unter ein
Geschlecht / dahero sie beyde auch einerley Kräffte haben / dann es ingleichen eine Art der
stechenden Winde ist / welche von dem Seel. Hr. D. Hermanno und andern berümbten Botanicis
Smilax aspera Chinensis, LAMPATAM dicta, genennet wird / besihe davon Sam. Dale Pharmacol. p.
239. absonderlich aber das 3. Ost-Indianisch Sendschreiben im Anhang dieses Buchs / wo das
Gewächse und dessen Gebrauch gar schön beschrieben werden; wie dann auch die Mexicanische China
Wurtzel / welche auß West-Indien gebracht wird / so wohl von dem Hernandez als auch Plukenet
vor eine Art der stechenden Winden gehalten und von jenem Lib. 6. cap. 55. p. 212. Thes. Rerum
Med. Nov. Hisp. von diesem aber Tab. CX. n. 4. beschrieben und abgemahlet worden: obwohln auch
die Alte Indianische Scribenten / als Garcias ab Horto, Acosta, Monardes und andere deren schon
gedacht haben. Dieses Gewächs soll theils in Gärten erzogen / theils wild wachsen / und sollen
der letzten Wurtzel nur in Europam kommen / indem die zahme / als die beste / von den Sinensern
behalten werden.
§. 3.
Ohne diesen Unterscheid der Ost- und West-Indischen Pocken-Wurtz pflegen die Materialisten
dieselbe noch zuweilen in die Feine / Mittel-Gattung und die Gemeine zu sortiren / davon die
Gemeine gemeiniglich als alt verlegen und wurmstichicht gar nichts / die mittel-Gattung wenig
nutz / die Feine aber die rechte ist. Diese / als die beste / wird daran erkennet / wann sie
schwer und resinos ist / nicht leicht zerschnitten werden kan und inwendig nicht zu roth / wie
die Mexicanische und wilde / sondern röthlich im weiß anzusehen ist. Man muß auch wohl in acht
nehmen / daß sie nicht wurmstichicht und die Löchlein nicht wieder verstopffet und vergleistert
seyen / welche schöne Kunst der Buchhalter Georg Nicolaus Schurtz in seiner Neu-eingerichteten
Material-Kammer / als ein sonderliches Kunststücklein offentlich in Druck zugeben sich nicht
gescheuet hat / wann er pag. 73. also schreibet: Wann solche wurmstichicht worden / so muß man
die China klein nehmen und stossen. Alsdann mit Gummi Tragant angemacht / in der Dicke wie ein
Kitt: darnach muß die wurmstichichte China ins Wasser getaucht und der Kitt in die Löcher
eingeschlagen / hernachmahls die China wieder gleich geschnitten / ein wenig mit Umbra
angestrichen und mit Venedischer Seiffe geschmieret und gerieben werden. Allein mein lieber
Mensch / werhat dich solches gelehret? Ist dieses auch raisonabel und gewissenhafft gehandelt?
O nein! ein gewissenhaffter und auffrichtiger Materialist wird sich dergl. und andern Künsten /
welche D. Ludvvig von Hornick in unsern Pandectis Medica-Legalibus Part. I. Sect. VI. Cas. 6.
guten theils entdecket hat / niemahlen unterfangen und sich deßwegen auch mehr Glücks
zugetrösten haben.
§. 4.
Den Gebrauch der China-Wurtzel betreffend / soll derselbe zu erst Anno 1535. Carolo V.
bekandt worden und nachmahlen von vielen Gelährten Medicis in besonderen darvon geschriebenen
Tractaten gezeiget seyn / worunter Cardanus de Rad. Chinae und Vesalius in einem Brieff davon
am meisten bekandt sind. Sie trucknet sehr und treibet den Schweiß / heilet die Wassersucht /
böse Schwären / Grind und die Frantzosen / worinnen sie denen Sarsaparillen nahe komt / doch
temperirter ist. Sie curiret auch die außgedörrete und schwindsüchtige Leute / wann die
Kranckheit von scharffen bösen Feuchtichkeiten herrühret / da sie alsdann nutzlich mit den
kleinen Rosinen gekocht wird / wie bey D. Ettmüllern in Com. Schroed. de Rad. Chinae zusehen.
Jngleichen dienet sie gegen alles Gliederweb / Podagram und dergl. Es wird ein Decoctum davon
gemacht / wie man mit der Sarsaparilla verfähret / und nimt man nach Unterscheid ???zj. ad.
???iij. zu XV. ??? Wasser / wird 24. Stund eingeweicht / und in einem verdeckten Hafen solang
gekochet / biß der dritte Theil eingesotten / wie Cardanus l. c. es zubereitet. Schroederus
spricht / daß 2. Loth der Wurtzel zu 9. ???. Wasser schon gnug seyen: besihe dessen Pharm. Med.
Chym. lib. IV. p. 44.
|| [171]
§. 1.
INter andern herrlichen medicamenten, welche bey uns häuftig wachsen / aber nichts geachtet /
oder gar nicht auffgesuchet werden / ist auch die Wurtzel der Küchen-Schell oder Radix
Pulsatillae, so gar / daß / als einsmahl ein Charlatan, der sie unter seinen Orvietan verlangte
/ allhier in den Apothecken darnach fragte / die Apothecker auch deren Nahmen nicht wusten /
vielweniger in ihrem Augustano und Schroedero solchen finden kunten; weswegen ich derselbe auch
hier gedencken wollen / zumahlen so wohl die Grösse als eusserliche Gestalt dieser Wurtzel
anzeigen / daß was sonderliches darin verborgen seye / indem sie fast eines Schuhes-lang /
auffgerissen wie die Eber-Wurtzel / am Geschmack süßlicht / und einer gelinden Schärffe ist:
daß sie also einen rechten medicinischen Geschmack führet.
§. 2.
Diese Wurtzel bringet im angehenden Frühling kleine / rauhe und zer spaltene Blätter herfür /
so / wann sie grösser worden / wie der Fenchel / doch etwas breiter / sich vertheilen:
Darzwischen wächset der Stengel einer Spannen-lang / worauff im Martio schöne purpur-braune
Blumen (auff jedem Stengel eine) floriten / welche mitten gelbe Fäserlein haben / und wird
solche Blume im Mayen zu einem haarichten Knopff wie ein Jgel / worinnen der Saame ist / womit
es sich häuffig besaamet und gantze dürre Heiden und Plätze einnimbt / wie in dem Wald zu
Franckfurt am Mayn zusehen ist.
§. 3.
Die Krafft und Eigenschafft der Küchen-Schell kommt mit den Hanenfüsen oder Ranunculis
überein (dahero sie auch von einigen zu denselben will gezehlet werden) indem sie also hitzet
und brennet / daß es sogleich Blasen giebt: weswegen das Kraut nur äusserleich in dem Hüfftweh
/ Podagra, Chiragra und dergleichen / wie andere vesicatoria, auch die Runtzeln an den Nägeln /
Wartzen / Zittermahlen und Flecken der Haut wegzuetzen / gebrauchet wird; wie dann die Blumen
auch dergleichen Schärffe / doch etwas gelinder / bey sich führen / mit welchen sonsten in der
Pfaltz die Oster-Eyer schön grün sollen gefärbet werden / ob schon die Blume eine viel andere
couleur hat.
§. 4.
Mit der Wurtzel aber hat es eine viel andere Bewandtnus / welche bey weitem nicht so hitzig /
sondern viel temperirter ist / doch aber auch eine erwärmende / austrucknende / ja Gifft- und
Schweiß-treibende qualität hat; dahero sie innerlich gantz sicher und mit Nutzen gegen die
Pestilentz und alles Gifft gebraucht / auch des wegen von dem berümbten Theodoro Tabernamontano
unter das Gülden-Ey gemischet wird / [172] wie er in seinem grossen
Kräuter-Buch pag. 28. Part. 1. lehret. Andere nehmen es anch unter den Orvietan, wiewohlen
diese Wurtzel in den vier Beschreibungen / so theils von Thomâ Bartholinô, theils von andern
dem guten alten Simoni Paulli mitgetheilet und desse vierfachen Lateinischen Kräuter-Buch pag.
124. & seq. einverleibet worden / nicht zu finden ist.
§. 5.
Wer sich nun dieser Wurtzel auch auff andere Art bedienen will / der kan entweder ein
Quintlein davon in halb Wein und halb Essig zur Zeit der Pestilentz einnehmen und darauff
schwitzen: Oder lege die Wurtzel in Wein und trincke darüber zum praeserviren: Oder stosse die
frische Wurtzel mit Zucker zu einer Conserv und nehme davon einer Castanien groß. Andere
destiliren auch ein Wasser von dem Kraut und brauchen solches gegen das viertägige Fieber /
welches es curiren und die darauf erfolgende Wassersucht zurück halten soll; und glaube ich /
das man einen guten ???. abstractitum davon haben könne / welcher im Schaarbock und andern
Unreinigkeiten des Geblüts nicht undienlich seyn solte.
§. 1.
DIe Eber-Wurtzel oder Radix Cardopatii ist eine Daumens-dicke lange Wurtzel / außwendig braun
und voller langen Schrunden / inwendig aber weiß / eines starcken Geruchs und
ziemlich-angenehmen / doch etwas scharffen / Geschmacks: wird sonsten auch CARLINA genennet /
weilen vorgegeben wird / diese Wurtzel seye vor diesem Carolo Magno durch einen Engel gezeiget
worden / daßer damit seine armee von der Pest habe befreyen können: wird auß der Schweitz und
dem Schwartz-Wald überbracht.
§. 2.
Das Kraut dieser Wurtzel ist eine Art von Disteln / welche sonsten Chamaeleon albus genennet
wird / hat grosse / tieff und Wellenweis zerkerbte Blätter / mit Stacheln versehen / welche
sich rund auff der Erden außbreiten. In der mitten dieser Blättern bricht eine grosse und
ohngefehr 5. Zoll breyte Blume hervor / so ohne Stengel hart auff der Wurtzel sitzet / weswegen
auch von den Botanicis dieses Gewächs Chamaeleon acantos magno flore C. B. genennet wild / und
weilen die Blume weiß ist / wild die gemeine Eberwurtz / so wir in denen Apothecken haben /
auch die weisse Eberwurtz oder Carlina alba genennet; nebst deren noch eine andere / nemblich
die Carlina nigra gefunden wird / welche einen hohen Stengel treibet und eine blaue Blu [173] me trägt / dessen Kraut Chamaeleon niger flore coeruleo heisset /
welche alle beyde auß dem Kupffer-Stück erkennet werden können.
§. 3.
Die beste ist / welche noch frisch / vollkommen und wohl außgedörret ist / auch einen süssen
Geschmack und guten aromatischen Geruch hat. Anbey aber ist wohl Achtung zu geden / daß sie
nicht mit andern Wurtzeln vermenget sey / wormit offtmahlen / wann diese Wurtzel theuer ist /
ein Betrug vorgehet.
§. 4.
Den Kräfften nach ist unter der schwartzen und weissen Eberwurtz kein sonderlicher
Unterscheid / und sind beyde leicht darinnen zu erkennen / daß die schwartze gemeintglich halb
offen / und gleichsam gespalten / auch nicht so schwer / wie die weisse / ist. Sie sind beyde
vortrefflich gegen alle gifftige und pestilentzialische Kranckheiten / erregen den Schweiß /
treiben den Urin und das Monatliche Geblüt / tödten auch die Spuhlwürme. Ferner stärcket diese
Wurtzel den Magen / und vertreibet die Blöhungen und Bauchgrimmen. Ob sie aber zugleich eine
Magnetische und anziehende Krafft habe / so gar / daß wann sie entweder gekäuet oder nur einem
Menschen und Thier angehänget wird / andern / so neben diesen sick befinden / die Kräfften
entziche und jenem mittheile / wie Paracelsus, Helmontius, Tenzelius, Staricius und andere
vorgeben wollen / lasse ich an seinen Ort gestellet seyn. Unterdessen kan man auch den Herrn
Doct. Ettmüllern Seel. davon lesen / welcher in seinem Comment. über den Schroeder pag. 530.
obiger Scribenten Meynungen kürtzlich erwehnet. Ist es geschehen daß andere davon matt worden /
mag es von dem Geruch / den sie etwa nicht dulten können / geschehen seyn. Diejenige aber / so
die Wurtzel käuen / stärcket sie wegen der aromatischen Krafft / so die Lebens-Geister
ermundert. Sonsten sollen die Landes-Leut in der Schweitz und umb die Pyreneische Gebürge / wo
diese Wurtzel zu finden ist / sich nicht allein der Wurtzel / sondern auch der Blumen in denen
Speissen bedienen / indem die letztere wie Artischocken schmäcken und auch also zubereitet
werden können.
§. 1.
DIe Bärwurtzel / welche Lateinisch RADIX MEU heisset / ist eine lange Wurtzel / welche oben
ein Hauffen dünner Fäserlein / einem Barth gleich zusammen gesetzet / zeuget / außwendig braun
und wie Eissen-Flecken / inwendig aber weißlicht anzusehen / am Geschmack der Angelic-Wurtzel
nicht sehr ungleich / doch nicht so scharff und eines penetranten Geruchs / welcher etwas
lieblicher als vom Liebstöckel ist: wird gleichfals von den Alpen und Pyreneischen Gebürgen
heraus gebracht und Bärwurtzel genennet / entweder weilen die Fäserlein den Haaren an der
Bärenhaut gleich sehen / oder weilen man sie gegen die so genandte Bärmutter zngebrauchen
pfleget / dahero sie auch Mutterwurtz und Hertzwurtz genennet wird.
§. 2.
Das Gewächs dieser Wurtzel kommt dem Dill oder Fenchel sehr nahe bey / und wird deswegen auch
Bärendill und Bärenfenchel / von den Botanicis aber Meum foliis anethi genennet / welches ein
Myrrhis ist / wie Amman in seinem Char Pl. pag. 475. zeiget. Es treibet einen Stengel / welcher
Schuhes-hoch ist / kleine zerkerbte Blätter / und ein Kronen-Blume träget / wie der Dill / nach
welcher der Saame folget / welcher etwas dicker als der Fenchel ist: wird zuweilen auch bey uns
in den Lust-Gärten erzogen.
§. 3.
Man braucht aber nichts weiters in denen Apothecken als die Wurtzeln dieses Krauts / welche /
ehe das Kraut hervorschiesset / sollen gegraben / wohl gewaschen und gedörret werden. Je dicker
und wohl gewachsener sie sind / je besser sie zuhalten / wann sie nur noch frisch / scharff und
aromatisch schmäcken.
§. 4.
An den Kräfften und Tugenden kommet diese Wurtzel mit den Radicibus Angelica: und Levistici
überein / erwärmet den Magen und andere Eingeweid / absonderlich auch die Mutter: und ist
derowegen nicht allein gegen die ructus, so von einem verdorbenen Magen herrühren / ein
bewehrtes Mittel / sondern stillet auch alle Leibs-Schmertzen und Grimmen / absonderlich die
grosse Mutter-Schmertzen / so gar / daß wann die hystericae solche nur unter der Zungen halten
oder im Mund käuen / dieselbe sobalden von den grausamen Mutter-Schmertzen befreyet sollen
werden / wie Bock in seinem Kräuter-Buch Tom. I. cap. 148. pag. 165. schreibet. Uberdiß hat sie
auch ein Schweiß- und Gifft-treibende qulität / weswegen sie auch mit unter den Theriac
genommenwird. Ja sie soll auch den Stein und Urin befördern / weswegen sie auch vor alters
schon unter die Species Lithontript. Nicol. gezogen / und von Mesue zu dem Diacroco gemischet
worden / weilen sie auch die Lunge von allem anhangenden Schleim und Wust befreyen soll / davon
Hoffmannus in Clav. Schroeder. pag. 503. zu sehen ist.
|| [175]
§. 1.
DIe Arabische Costus-Wurtzel oder COSTUS ARABICUS ist eine lange und dicke Wurtzel / an der
Farb wie Buchsbaum anzusehen / eines scharffen und etwas bittern aromatischen Geschmacks und
guten Geruchs / welcher der Viol-Wurtz nahe kommet: wird etwas hohl und krum gewunden aus
Syrien, Arabien und andern Orientalischen Ländern in Europa gebracht und zum Theriac
gebrauchet.
§. 2.
Das Gewächs dieser Wurtzel ist noch sehr unbekandt / weswegen Theod. Tabernaemontanus die
blosse Wurtzel ohne das Sträuchlein setzet. Pomet hat die heygesetzte Figur in seiner Historie
der Materialien l. 2. c. 8. welche den Zweigen und Blättern nach eine sehr grosse conformität
mit der H. Christophoriana hat / deren Wurtzel einige auch Costum Nigrum, oder die Schwartze
Costwurtzel nennen / wie bey jetztgemeldtem Tabernaem. pag. 483. des andern Theils seines
Kräuter-Buchs zu sehen ist. Stehet also dahin / ob es vor daß rechte Sträuchlein / worvon der
erste herrühren soll / zuhalten oder nicht?
§. 3.
Sonsten hat man vornehmlich dreyerley Species der Costwurtzel / deren eine Costus Arabicus
Verus, die Arabische Costwurtzel: die zweyte Costus dulcis oder die süsse Costwurtzel / und die
dritte Costus amarus, oder die bittere / genennet werden / welche doch alle von einerley
Gewächs herkommen / also daß unter der Arabischen und süssen Costwurtzel gar kein Unterscheid
ist / wie der Herr Commelin, Inspector des Horti Medici zu Ambsterdam in Comment. ad Tom. XI.
Horti Malab. zeiget. Ja es halten die Indianische Natur- und Reiß-Beschreiber / als Garcias ab
Horto, Acosta, Bontius, Clusius und andere davor / daß auch der dritte / nemblich der dittere
Costus von denselben nicht zu unterscheiden sey / indem die Arabische und anfangs süsse
Costus-Wurtzel mit der Zeit bitter werde. Und weilen die zwey erstere bey uns sehr rar sind /
so gebrauchet derowegen Charas den dritten zum Theriac / weilen er daran alle gehörige
qualitäten befunden / wie in dessen Frantzöischen Historie der Theriac-Ingredientien pag. 125.
zu sehen. Heut zu Tag haben sich einige unterstanden canellam albam, oder den weissen Zimmet
vor den rechten Costum Arabicum zu halten / welchen sie Costum corticosum oder Ventricosum
nennen / wie in des Wormii Museo pag. 166. zu sehen: Allein daß dieses keine Art vom Costo sey
/ sondern ex ignorantia von den Hamburgern und Leip [176] tzigern
Materialisten so genandt worden / zeiget Paulus Hermanni in seinem Coll. Msc. soll auch im
Theriac deswegen nicht substituirt werden.
§. 4.
Auß obigem Discurs kan ein jeder leicht ermessen / daß je frischer die Costwurtzel / je
besser sie zu halten seye. Sie muß auch dicht und compact, wohlriechend und aromatisch seyn;
Und wann der Geschmack auß einer Süsigkeit und Bitterkeit gleichsam temperiret ist / kommt er
denjenigen qualitäten / so Dioscorides beschreibet / desto näher / besiehe davon Samuel. Dale
Pharmacol. pag. 330.
§. 5.
Ihre Kräfften sind auß dem Geschmack leicht zuerkennen. Sie erwärmet und trucknet / eröffnet
und zertheilet / und wird in Magen-Leber-Mutter und Nieren-Beschwerungen gebraucht / vid. cit.
loc.
§. 6.
Was für Composita davon gemachet werden / als Oleum Costinum, Pilulae, Elect.
&c. kan bey dem Schroeder und dessen Außlegern D. Frider. Hoffmanno in Clau.
Pharm. p. 498. und D. Ettmüllern in Schroed. Diluc. pag. 554. Part. l. Op. gesehen werden /
allwo auch deren Gebrauch zu finden ist.
§. 1.
DIe Gembs- oder Schwindel-Kraut-Wurtzel / Radix Doronici genandt / ist eine länglichte runde
und knodichte Wurtzel / außwendig gelbicht und inwendig weiß / eines süßlicht und etwas
adstringirenden Geschmacks / welcher zuletzt eine kleine aromatische Bitterkeit und viscosität
zurück lasset: wird von seinen eusserlichen Zasseln gesäubert aus Italien / Piemont und der
Schweitz gebracht und in Franckreich / Teutschland und andere Orten verführt.
§. 2.
Das Kraut wird Doronicum Romanum, zu Teutsch Schwindel-Kraut genennet / wächset auff den
Alpen-Gebürgen / hat runde / breyte Blätter und gelbe Stern-Blumen / wie aus der Figur
zuersehen. Bey dieses Gewächses Wurtzeln (welche in der Erden eines Scorpions-Schwantz ähnlich
sind) soll man jederzeit einige Quecksilber-Körnlein / wie Perlen finden / und wann von
denselben der Safft gepresset und des Nachts an die Lufft gestellet wird / so soll [177] sich dasselbe auch zum Theil in Quecksilber verwandlen / absonderlich
wann es hell und klar Werter ist; welches als etwas sehr nachdenckliches von Marxio in der
Teutschen Material. Kammer p. 85. angemercket und jetzo an seinem Ort gelassen wird.
§. 3.
Im Einkauff muß man zusehen / daß sie nicht mit Gips oder andern Sachen weiß gemacht / alt
und verlegen / noch wurmstichicht sey. Die gröste Stücker sind am besten / welche inwendig
schön weiß und eines scharffichten aromatischen Geschmacks sind.
§. 4.
Von den Qualitäten dieser Wurtzel ist unter den Gelahrten ein grosser Streit / indem einige
dieselbe vor gifftig halten / weilen man erfahren / daß Hunde und andere Thiere davon gestorben
seyen; dahero Simon Paulli in seinem vierfachen Kräuter-Buch pag. 84. dieselbige auß den
bekandten Compositionibus: Spec. diambr. diamosch. elect. de gemm. bannisiren will. Andere
hergegen halten sie vor ein Giffttreibendes Mittel / wie dieser Streit weitläufftig von Doct.
Wormio in Mus. pag. 145. angeführet wird: welchen D. Hoffmannus in Clav. Schroed. p. 468. also
zuschlichten suchet / daß es wohl sein könne / daß diese Wurtzel den Thieren schade / hergegen
dem Menschen eine dienliche Artzney abgebe / dann nicht eine Natur gleich wie die andere
beschaffen sey. Ausser dem hält man sie vor ein sonderlich Mittel gegen den Schwindel / dahero
auch die Seil-Täntzer ein besonderes Pulver darvon im Gebrauch haben sollen / welches Ettmüller
in Com. Schroeder. pag. 563. beschreibet; wie dann auch die Gembsen-Kugeln oder AEgagropilae,
so auß dieser Wurtzel in den Gembsen gezeuget werden / darwieder gut sind / worvon D. Welschius
einen besondern Tractat geschrieben / und von uns anderwerts soll gehandelt werden.
§. 5.
Sonsten bringet man ingleichen von den Alpen-Gebürgen eine andere Gifft-treibende Wurtzel /
welche deswegen
Anthora und Gifft-Heil
genennet wird: wächset in zweyen Theilen / den Rapuntzeln gleich / länglicht-rund / ist
außwendig braun mit einigen Fäserlein / inwendig weiß / eines bittern und scharffen Geschmacks
und wiedrigen Geruchs.
§. 6.
Das Kraut ist dem Napello oder Eisen-Hüttlein nicht ungleich / gegen welche diese Wurtzel
auch / als ein Alexipharmacum gebrauchet wird. Absonderlich aber dienet sie gegen ein ander
gifftiges Kraut THORA genandt / dessen Bildnus auch darbey gesetzet ist / mit dessen Safft man
die Pfeile / wormit die Wölff / Füchs und dergleichen getödtet werden / vergifftet. Schroederus
recommendiret die Anthoram auch gegen alle gifftige Bisse / welchem aber Samuel Dale in
Pharmacol. p. 252. eben keinen grossen Glauben beymessen will.
§. 1.
DAs Süßholtz / Lateinisch Radix Liquiritiae, oder Glycirrhizae, ist eine sehr lange
rebenmäsige Wurtzel eines Fingers dick / außwendig braun / inwendig gelb und hat einen süssen
Geschmack: Wird in Candiâ und in Teutschland umb Bamberg in grosser Menge gezogen und in andere
Länder geführet; und wird diese Wurtzel gemeiniglich zu grossen Cräntzen gewunden / auff welche
Art sie auch sicherer als in Püschlein geschnitten / gekauffet wird / weilen in diesen viel
Unflath / so nichts taugt / eingebunden wird / wie Marxius in seiner Teutschen Material-Kammer
p. 98. wohl anmercket.
§. 2.
Diese Süßwurtzel oder Süßholtz kommet von einem Strauch her / so auß runden und holtzichten
Gärten oder Stengeln / 2. oder 3. Ehlen hoch / mit schwartz-grünen und klebrichten Blättern
bekleidet / bestehet. Die Blumen / so den Linsen und Wicken Blumen fast ähnlich / sind Leibfarb
/ und blühen im Julio / nach welchen kurtze und länglichte Hülsen folgen / in welchen drey oder
4. Körner / wie Linsen / zu finden: Wurtzelt sehr umb sich / wo es einmahl gepflantzet worden /
kan aber weder Küh-noch Roß-Mist wohl vertragen / wie Tabernaem. im andern Buch von den
Kräutern C. XXXIV. zeiget / worinnen zweyerley Geschlecht / nemlich die echinata und siliquosa
abgemahlet sind / unter welchen die erste bey den Alten / die letzte heut zu Tag gebräuchlich
ist / besthe hiervon Sim. Paulli in Q. B. p. 324.
§. 3.
Wann man das frische Süßholtz einkauffet / muß man zusehen / daß es dicht und glatt / eines
Fingers dick / außwendig röthlich braun / inwendig aber schön Gold-gelb / anbey eines recht
süssen und annehmlichen Geschmacks sey / und leicht zerschnitten werden könne. Unterdessen muß
man es wohl inacht nehmen / damit es nicht verderbe / dann es gar bald angehet und gleichsam
den Brand krigt / welcher / so es nur an einem Ort angegriffen wird / gar bald die Wurtzel
verderben kan; und geschiehet dieses leichtlicher / wann es durch Regen oder Hagel geführet
oder im Keller gehalten wird. Weßwegen auch Pomet in seiner Hist. des Drogues L. 1. C. 35. p.
90. Niemanden rathen will / daß er sich mit dieser Wurtzel zu handeln unterfange / wofern er
nicht alles wohl verstehe / dann es eine grose Sorgfalt erfordert solche zu conserviren / und
anzubringen. So muß man auch in Kauffung der dürren Wurtzeln zusehen / daß es keine Außwürffe
seyen / welche gemeiniglich schwartz und verlegen sind. Die beste muß auch schön gelb und recht
trucken seyn / welche sich wohl 2. Jahr halten lässet.
§. 4.
Der Nutz und Gebrauch dieser Wurtzel ist männiglichen bekandt / indem sie gegen alle
Brust-Beschwerung / Husten / Keichen und dergl. ein allgemeines Mittel ist / und ist deren
Süssigkeit auch den Miltz-süchtigen und scharbockischen / welche alles Zuckerwerck / wegen der
verborgenen Säur / nicht vertragen können / unschädlich / wie Ettmüllerus in Com. Schroed. p.
577. wohl erinnert. Sie dienet auch sehr gegen den Nieren und Lendenstein / wegen ihrer
balsamischen Krafft: kan entweder mit gestossenen Krebs-Augen genommen / oder mit Venedischem
Terpentin zu Pillen gemacht werden / wie Sim. Paul. l. c. lehret. Die Roß-Täuscher geben das
Pulver mit gleichem Theil Schweffel oder Schweffel-Blumen den Pferden zu jii. biß IV. Untzen
unter dem Futter / 8. Tag lang / täglich zweymal und curiren sie damit / wann sie Bauchbläsig
sind. Es soll auch verhindern / daß man es in etlich Tagen nicht mercke / wann sie damit
beladen sind / dafern sie zuvor davon genossen / weßwegen solches die Pferd-Händler in acht zu
nehmen haben.
§. 5.
Auß diesen Wurtzeln wird der Succus Liquiritiae oder Süßholtz-Safft
gemacht / wann man entweder die Wurtzel kocht oder nur eine Zeit lang in Wasser einweicht /
den Safft außprest / und auff dem Ofen oder an der Sonn außrauchen lässet: wird Theils auß
Spanien und Candien über Venedig, theils auß de̅ Bamberger-Land in andere Länder
verführet / wiewohlen man bey uns des Frembden nicht vonnöthen hätte / indem zu Bamberg ein
solcher Vorrath gemacht wird / daß von dar eben soviel dieses Bamberger Saffts über Nürnberg
nach Venedig geschicket wird / als dessen von Candiâ nach Venedig kommet / allwo sie ihn in
grosse Kuchen von I. ??? machen / da hergegen der Bamberger in kleinen runden Küchlein kommet /
oder doch in kleinen Stücken von etlich Untzen.
§. 6.
Der beste muß außwendig recht schwartz und inwendig recht gläntzend schwartz / auch leicht
zerbrichlich seyn und ein angenehmen Geschmack haben. Der weich-röthlichte taugt nichts /
absonderlich wann er inwendig zäserlicht und sandicht ist / auch nach dem Brand schmäcket. Wird
in eben den Zuständen gebraucht als das Süßholtz selbsten: umb mehrer Sicherheit aber zerlassen
ihn einige in Hyssop-Wasser / damit alle Unreinigkeiten davon kommen mü [179] sten / wovon Ettmüller an angezogenem Ort zu sehen ist.
§. 7.
Letztlich macht man auch
das gebacken Süßholtz
oder LIQUIRITIAM COCTAM auß dem Süßholtz Pulver / wann es mit Zucker / Stärckmeel und
Violwurtz vermischet und zubereitet wirb / welches in obigen Kranckheiten auch gebraucht und
öffters mit den Flor. Sulph. oder Schweffel-Blumen versetzet wird / obwohlen andere das Extr.
oder Süßholtz-Safft solchen verzuckerten Dingen nicht ohne Ursach vorziehen.
§. 1.
DIe wohlriechende Viol-Wurtzel oder Radix Iridis Florentinae ist eine länglichte / knottichte
und etwas zusammen gedruckte Wurtzel / ohngefehr eines Fingers dick / weiß an couleur, scharff
von Geschmack und eines annehmlichen und den Mertz-Violen ähnlichen Geruchs: wird auß Italien /
von der Insul Rhodô, Cyprô, Dalmatien und andern Orten überbracht.
§. 2.
Das Kraut darvon ist eine Art von der Iride Sylvestri, oder wilden Schwerdt-Lilien / welche
in Italien von sich selbsten wächset: hat lange grüne Schwert-Blätter und eine weise Blume:
bekomt unterschiedliche Beynahmen / nachdem sie in diesem oder jenem Land gefunden wird;
weßwegen die Italianische / so umb Florentz auch zu finden / Florentina, die Wendische aber
Illyrica heisset / obwohlen es einerley Kraut und einerley Wurtzel ist.
§. 3.
Nachdem aber fast alle Kräuter / so in wärmeren Ländern wachsen / immer vor die beste
gehalten werden / so wird auch die Florentinische und Italianische Iris, absonderlich welche
auß Dalmatien komt / der Wendischen oder Illyricae [180 ] (welche über
Venedig komt und deßwegen auch die Venedische genennet wird) weit vorgezogen / absonderlich /
wann sie an feinen grossen Stückern / so zugleich dick und dicht sind / herauß kommer / wohl
außgedörret und doch nicht zerbrüchlich ist; die dünne runtzelichte / magere und weiche / so
fast keinen Geruch hat und Wurmstiche zeiget / ist kein Kauffmans-Gut. Je weisser und säuber
sie ist / je besser ist sie: Dann auch diese keine weitere Zubereitung bedarff / weilen sie in
Italien zuvor gescheelet und gesäubert wird; solte aber dieselbe an einigen Orten röthlich oder
trüb scheinen / kan man es leichtlich so weit mit einem Messer abschaben.
§. 4.
Der innerliche Gebrauch dieser Wurtzel ist hauptsächlich in allen Brustbeschwerungen / welche
von einem Zähen Schleim herrühren / sehr dienlich / indem derselbe hierdurch auffgelöset und
zum Außwurff bequem gemacht wird / welches in der kleinen Kinder Husten / Grimmen und andern
affecten mit desto grösserem Nutzen geschiehet / weiln das Pulver darvon in wenig Granen
zuweilen auch ein gelindes Erbrechen in denselben verursachet. Man kan es mit etwas rein
gestossen Schweffel und gebacken Süßholtz vermischen / so hat man ein vortreffliches
Brust-Pulver zu vielen Kranckheiten zu gebrauchen. Eusserlich wird diese Wurtzel zu dem so
genandien Haar-Pouder, welches die Apothecker Pulv. de Cypro nennen / wie auch zu den
Savonetten und andern wohlriechenden Dingen gebrauche; weßwegen nicht allein die Parfumierer /
sondern auch die Färber sich derselben bedienen / daß sie den bösen Oehl-Geruch auß den Tücher
bringen. Sie komt auch unter den gantz kleinen Confect, welchen die Frantzosen Nompareille
nennen.
§. 5.
In den Apothecken macht man ein Extract davon / und gibt ein Pfund der Wurtzel 6. Loth des
Extracts, wie es der Apothecker Vielheuer in der Beschreibung frembder Materialien pag. 115.
observiret hat. In Italien machen sie auch diese Wurtzel ein / welches Conditum bey uns nicht
bekandt / noch gebräuchlich ist. Die Species diaireos hergegen sind in der Artzney sehr
gebräuchlich / deren Zubereitungen in denen Dispensatoriis gelesen werden.
§. 6.
Einige Materialisten coufundiren die Florentinische Viol-Wurtz mit den blauen Lilien oder der
Iride Nostrate, wie in des Schurtzen und Pomets Material. Kammer zusehen / unter welchen der
letztere in dem Anhang seines / sonsten schönen / Buchs einen Wiederruff thut und solches vor
einen groben Fehler achtet / wie es dann in der That selbsten ist / sintemahl die Blumen zeigen
/ daß
IRIS NOSTRAS,
sonsten die blaue Schwert-Lilien genandt / von der Violwurtz unterschieden seye / in dem
diese weise / jene aber blaue oder mit andern Farben versetzte Blumen trägt; So haben auch die
Radices Ir. Nostratis so keinen lieblichen Geruch und werden nur frisch gebrauchet / da
hergegen die Violwurtz mehr dürr zugeniesen ist.
§. 7.
Es wird nemblich die Blau-Lilien Wurtzel oder Rad. Ireos Nostratis wegen ihres Saffts von den
Medicis gebraucht / welcher das Gewässer in Hydrope gewaltig treibt / so man ein paar Loth
davon mit Spanischem Wein vermischet und einnimbt: auß welchem sich auch ein meelichtes Pulver
praecipitiret / so Faecula ireos genennet wird / aber nicht viel tauget. So ist auch der Syrup
darauß nicht viel werth / weilen im Rochen die purgirende Krafft weggehet. Eusserlich komt er
zu dem Empl. diachylon. So wird auch auß den blauen Blumen von den Mahlern eine kostbahre Farb
oder Lacca extrahiret / welche die Frantzosen Verd d' Iris nennen und zur Mignatur-Arbeit
gebrauchen / deren Zubereitung in dem Frantzösischen Büchlein / welches von der Mignature
handelt / be schrieben ist und mit dem Carmin und andern Laccen übereinkommek. Das Oleum Irinum
oder Violwurtz-Oehl wird auch auß dieser Wurtzel / und nicht auß der rechten Violwurtz gemacht.
Vid. Dispens. Augustan. Zvvelf. pag. 319. Ist in Verstopffung der Naßen / Schnupffen und dergl.
ein gut Ding / wie Ettmüller in Comment. Schroed. p. 588. schreibet.
§. 8.
Hierher gehören auch die gelbe Schwert-Lilien / deren Wurtzel insgemein
ACORUS ADULTERINUS
genennet wird: ist eine erwa Fringers dicke länglichte Wurtzel / außwendig braun und inwendig
roth: wird in runden Scheiblein zerschnitten und auffgehoben / und hat einen anhaltenden und
herben Geschmack.
§. 9.
Diese gelbe Schwerdt-Lilien wächset in sumpffichten Orten und Gräben / weßwegen sie auch Iris
lutea palustris und von andern Pseudo-iris genennet wird; wie dann auch Ettmullerus l. c.
dieselbe vor keine Iridem erkennen will / sondern gladiolum luteum nennet / welches zu erörtern
hier zu weitläufftig und ohnnöthig seyn würde.
§. 10.
Diese Wurtzel wird von einigen sehr zur Rothen-Ruhr gerühmet / wie dann auß dem [181] Geschmack selbsten zu schliessen / daß sie darin und andern
Bauch-Flüssen nicht undienlich sey. Ob sie aber in gewissen Constellationen und Zeichen des
Himmels zu colligiren / und alsdann eusserlich als ein Amulet angehänget / zu eben diesen
affecten so dienlich seye / wie Paracelsus und andere fabuliren / lasse an seinen Ort gestellet
seyn. Heut zu Tag ist man mit der neuen Ruhr-Wurtzel / oder Rad. Ipecacuanhâ besser verwahret /
welche den Medicum so wohl als den Krancken nicht bald im Stich lassen wird / wie oben darvon
weitläufftig gehandelt worden.
§. 1.
DEr gemeine Calmus oder CALAMUS AROMATICUS VULGARIS ist eine länglichte / etwas platte
Wurtzel / welche an der äusserlichen Schale in Geleiche abgetheilet und grau-röthlicht /
inwendig aber weis und schwammicht ist / eines scharffen und bittern Geschmacks und
aromatischen Geruchs: wird besser Radix Acori oder Acker-Wurtz genennet / dann es der rechte
Calmus der Alten nicht ist / welcher bey uns fast unbekandt und eine Art Binßen ist: dieser
aber ist eine Wurtzel und wächset bey uns allenthalben; wiewohlen auch viel 1000. ??? auß
Böhmen / Pohlen und Thüringen / so wohl grün gescheelt / als auch dürr heraus gebracht werden /
welche man zu Nürnberg und andern Orten mit Zucker überziehet und wieder verhandelt; wie dann
auch die weisse gescheelte anderwerts verschicket wird / worvon Marxius pag. 54. zu sehen
ist.
§. 2.
Diese Wurtzel hafftet gern in sumpffichten Teichen / stösset lange grüne Blätter / wie die
Schwerteln und nach diesen einen schwartzen sammeten Kolben / wie der lange Pfeffer anzusehen:
ist ohngefehr 3. Zoll lang.
§. 3.
Die beste Wurtzel ist / welche noch frisch / vollkommen / zähe und von den Zasseln wohl
gesäubert ist: muß eine frische Farb / einen lieblichen und aromatischen Geruch und nebst
der [182] Schärffe eine nicht wiedrige Bitterkeit haben / auch wohl
verwahret werden / dann sie gar leicht wurmstichicht wird / wie Moyses Charas in seiner Histori
des Theriacs pag. 183. lehret.
§. 4.
Ihre Tugenden sind auch dem gemeinen Mann bekandt / indem nicht allein die Wurtzet selbst /
sondern auch der überzogene Calmus / der Extract darvon / das Elect. diacorum, ???. dest. und
andere davon den Magen trefflich stärcken / worvon Ettmüllerus in Com. Schroed. unter diesem
Titul weiter zusehen. Die Parfumirer brauchen ihn auch sehr zu ihren Galanterien.
§. 5.
Was aber den rechten und wahren CALAMUM AROMATICUM oder den
wohlriechenden Calmus
anlanget / so ist zwar vor diesem unter den Gelahrten ein groß Wesen gemacht worden / ob
derselbige von unserm Calmus zu unterscheiden sey oder nicht? ob es eine Wurtzel oder Ried?
worumb wir uns jetzo nicht bekümmern wollen und kan darvon Wormius in seinem Museo p. 144. und
Frid. Hoffmannus in Clav. Schroed. p. 426. gelesen werden. Die heutige vornembste Botanici und
Materialisten als Hermannus, Charas, Pomet und andere sind darin eins / daß es keine Wurtzel /
sondern dünne und mit Geleichen ausgetheilte Stengelein seyen / welche auswendig gelb /
inwendig aber weiß sind und ein leicht - schwammichtes Marck in sich haben / welches einer
zusammen gewundenen Spinn-Webe nicht ungleich scheine / eines scharffen und mit einer
lieblichen Bitterkeit vermengten Geschmacks / und vortrefflichen aromatischen Geruchs: Ist zwar
sehr rar / wird aber doch zuweilen in Holland und anderstwo bey curiosen Materialisten
gefunden; wie dann auch Tabernamontanus in seinem ersten Buch von den Krätern cap. 40. pag.
598. erwehnet / daß er solchen zu Metz bey des Caroli V. Hoff-Apothecker gesehen / und bezeuget
auch Pomet, daß dieser Calmus zuweilen über Marseille in kleinen Potten komme / die er in
obiger Figur abgerissen.
§. 6.
Dieses Gewächs wächset in AEgypten und Syrien und nennet es Alpinus in seinen Exot. Cassabel
Darrira, welches Ettmüllerus vor ein Speciem Gladioli hält wiemohlen Herr Herbertus de Fager in
dem III. Ost-Indianischen Sendschreiben zweifflen will / ob dieses das rechte Gewächse sey /
welches er vor ein Reid hält / vid. c. l. hat einen langen geraden Stengel / so dicke wie ein
Feder-Kiel / wo immer 2. Blätter gegen einander stehen / theilet sich oben in kleine Aestlein
und trägt sehr kleinen schwartzen Saamen.
§. 7.
Der beste ist / welcher dicke frische Stengel hat und von den kleinen Nebensprößlein wohl
gesäubert ist / wornach auch in den Schachteln zusehen. Er ist auch besser / wann er auswendig
etwas röthlich ist und inwendig ein weisses Marck hat / welches / so er alt wird / gelb sihet
und meelicht wird / als wann es von Würmen zerstochen wäre; besihe Pomet in seiner Histoire des
Drogues Lib. I. cap. 37. p. 92.
§. 8.
Sein Gebrauch ist / daß er zum Theriac gesuchet wird / wiewohlen in dessen Ermangelung man
sich mit dem gemeinen Calmus begnügen lassen muß / mit welchem er an Kräfften übereinkommet.
|| [183]
§. 1.
DEr Ingber / Imber oder ZINGIBER, ist ein sehr bekandt Gewürtz / welches auß einer
gnodicht-ästichten und etwas zusammen gedruckten Wurtzel bestehet / der Zitwer-Wurtz nicht
ungleich / aber ästichter und mit mehren Zäserlein durchwachsen: siehet außwendig grau oder
weißlicht / inwendig aber gelb und braunicht aus / hat einen scharffen aromatischen und
brennenden Geschmack und starcken Geruch. Er ist vor diesem auß Ost-Indien / absonderlich auß
Malabar, Bengala, Sina &c. von den Persiern herausgebracht worden: Nachdem er
aber in den Antillen-Insulen und S. Dominico in America auch gepflantzet worden / wird der
meinste dahero in Europam geschicket; besihe davon Ximenem und Sansonem d' Abbeville in Descr.
Amer. p. 169.
§. 2.
Die Pflantze dieser Wurtzel wird von den Gelährten verschiedentlich beschrieben und
abgemahlet. Einige beschreiben sie als eine Art Rohr / welche die Americaner Chilli heissen
sollen / wie Hernander. in seinem Buch von den Kräutern in Neu-Hispanien p. 169. berichtet /
mit dessen Figur beygesetzter des Herrn Pomets Abriß überein kombt / welchen einige Botanici
Arundinem humilem clavatam radice acri nennen / andere unter eine eigene Claß mit der Zedoaria
setzen. Hermannus hergegen hält es [184] mit dem Morison, und meient es ware
Iris latifolia flore albo deren Figur hierhey zu sehen. Es können aber wohl beyde recht haben /
und scheinet daß der gemeine graue Ingber von dem ersten: der weisse aber von dem zweyten
herrühre / welches doch vor gewis noch nicht behaupten will.
§. 3.
Im außgraben dieser Wnrtzel brechen die Indianer das öberste / wie bey uns an dem Meer-Rettig
/ ab und stossen es wieber in die Erde / so bekommen sie über ein Jahr neuen Ingber: das übrige
dörren sie an der Sonnen / und verwahren es im Leymen / damit es seine natürliche Feuchtigkeit
nicht verliere / auch nicht wurmstichicht werde / welches dem Ingber gar gefähr und gemein ist.
Bißweilen trucken sie den Ingber auch auff dem Ofen / welcher aber gar hart und trucken ist /
wie man ihn zuweilen findet.
§. 4.
Die Materialisten haben unterschiedene Sorten / welche entweder von dem Land / wo sie
herkommen / genennet werden / als Brasilischer / Bengalischer und Sinesischer / darunter der
letzte der beste / wie Vielheuer pag. 566. judiciret. Andere nennen die Sorten Puli, Belledin,
Portorisch / Portoriche, Domingo, wie in des Schurtzii Material. Kammer pag. 112. zu sehen.
Ober es wird der Ingber der Farb nach weiß / schwartz / roth oder gerbelirt genennet; dann vor
diesem zu besserer conservirung der Ingber theils mit Kreyden weiß / theils roth gefärbet wurde
/ von welchem damahlen viel gehalten worden / wie ermeldter Schurtzius die Farb l. c. auch
beschreibet. Nachdem aber heut zu Tag der schwartze Ingber in Flor gekommen / ist dieser
rothgemachte und inwendig sehr weisse Ingber in Abgang gekommen / indem jener das schönste und
gelbste Mehl gibt / und nicht so leicht wurmstichicht wird.
§. 5.
Der beste Ingber ist / welcher noch frisch-getrucknet und vollkommen ist / auch nicht leicht
zerbrochen kan werden: außwendig röthlicht grau / inwendig hartzicht außsihet / und einen
scharffen und beissenden Geschmack hat. Der weisse und fasselichte Ingber auß Engelland taugt
nicht viel / und wird gemeiniglich bald wurmstichicht / dahero das übrig fasselichte böß zu
pulverisiren ist / wie Pomet pag. 61. zeiget. Doch hält er sich einige Jahren / wann er in
einem truckenen Ort auffgehalten wird. Der Ingber-Staub ist noch weniger nutz / dann derselbige
voller Sand / und ist darauff / wie auff alle pulverisirte Materialien / wohl Achtung zugeben /
wie Schurtzius an obigem Ort wohl erinnert.
§. 6.
Die Kräfften des Ingbers sind / daß sie hauptsächlich den erkalteten Magen und Gedärme sehr
erwärmen / die Dauung befördern / alle cruditäten verzehren / auch in allen Haupt-Kranckheiten
/ so auß dem Magen entstehen / als Schwindel / Schwer- und Düsterkeit des Haupts / und wann es
einem so neblicht vor den Augen ist / gute Hülffe verschaffen; wie dann der Ingber auch
eusserlich in den Augen-Kranckheiten dienlich ist / wie bey Herrn Ettmüllern in Comm. Schroed.
pag. 173. zu sehen.
§. 7.
In solchen Fällen ist der Indianischeingemachte Ingber
ZINGIBER IN INDIA CONDITUM
vortrefflich gut / welcher am besten in Bengala und China gemacht wird / alwo sie die frische
und gröste Wurtzeln in Honig oder Zucker einmachen / nachem sie dieselbige zu vor gescheelet
und etwas in Essig geweichet / wie Hermannus in Clav. Schr. pag. 570. zeiget. Der beste ist /
welcher nicht fasselicht / sondern weich / auß grossen goldgelben Stücken bestehet / eines
angenehmen und nicht zu scharffen Geschmacks / und dessen brodium weiß und wohl gekocht ist.
Man hat auch eine andere Sort / welche in Teulschland verfertiget wird / ist aber dem vorigen
nicht zuvergleichen / doch aber nicht gäntzlich zuverwerffen. Die übrige Composita suche in des
Schroeders Pharmacopoeiâ pag. 173. & seqq.
|| [185]
§. 1.
DIe Zittwer-Wurtz oder ZEDOARIA ist eine gnodichte und etwas zusammen gedrückte Wurtzel /
außwendig weißgrau / inwendig etwas brauner / eines scharffen / etwas bittern und aromatischen
Geschmacks und guten Geruchs: wird auß Ost-Indien / absonderlich auß Bengala und Malabar, wo
sie von sich selbsten wächset / in Europam gebracht.
§. 2.
Von dem Gewächs diefer Wurtzel sind verschiedene Meynungen. Der Nürnbergische Materialist
Georg Nicol. Schurz meynet sie komme vom Sandanischen Wermuth / dessen viel in der Insul Ceilon
gefunden würde / laut dessen Material-Kammer pag. 78. Andere / so der Kräuter besser kundig
sind / beschreiben das Kraut / daß es dem Ingber gleich wachse / und nennen auch eine Art
darvon den wilden Ingber oder Zinziber latifolium sylvestre, wie bey Paulo Hermann. Cat. Hort.
Lugd. Zu sehen / welcher in seinen Colleg. Msc. Das rechte Kraut auch Zedoariam Chinensem
heisset. Solches treibet auß einer Wurtzel zweyerley Stengel / einen vor die Blätter / den
andern vor die Blumen / welche auff einem länglichten Boltzen / wie der Cannae Indicae Blüth /
doch kleiner wachsen / und nachdem deren 5. Blätter abgefallen den Saamen von vielerley Gestalt
in einer zäckichten Hülse geben; dahero die Botanici diese Wurtzel weder zu der Cyper-Wurtz /
noch zu den Rohren / sondern zu einem eigenen Geschlecht / worinnen der Ingber / Curcuma,
Galanga und dergl. auch gehören / rechnen / welches sie / nach dem heutigen method,
pentapetalam coniferam tricapsularem nennen.
§. 3.
Ob man nun gleich in den Apothecken gemeiniglich nur einerley Zittwer / nehmlich die lange
findet / so werden doch von den Gelährten noch verschiedene Species benahmet / welche D. Samuel
Gotthilff Manitius in einem besonderen sehr artigen Büchlein de AEtatibus Zedoariae am besten
abhandelt. Die gemeineste sind 1. Zedoaria longa oder die lange Zittwerwurtz 2. Zedoaria
rotunda die runde und 3. Zedoaria tuberosa oder knodichte Zittwer-Wurtzel: welche 3. aber eben
dieser Author nicht anders zu unterscheiden weiß / als daß es verschiedene Theile einer Wurtzel
seyen / indem das obere runde Theil abgeschnitten / und Zedoaria rotunda das übrige lange Stück
aber / worauff dieselbe gesessen / Zedoaria longa genennet wird; worinnen auch Pomet pag. 62.
mit ihm eines ist. Andere thun 4. der Arabier Zerumbeth hinzu / welche doch nach des
Schroeders, Manitii und Pometi Meynung nichts anders als die runde Zittwer ist / und zuweilen
in runden Scheiben / wie die Jalappa herausser komt: obschon Hoffmannus in Clav. Schroed. p.
569. hierinnen wiederspricht. Diejenige aber / so Geidvvar Avicennae genennet wird / ist ein
ander Species, aber in Indien selbsten sehr rar. Letzlich hat obbelobter Herr Manitius bey
Herrn Hermanni und D. Ruyschen auch eine Art davon gesehen / welche wie Campher gerochen / und
derowegen Zedoaria Ceylanica Camphoram redolens genennet wird.
§. 4.
Es muß aber aller Zittwer schön hart / schwer / trucken und nicht wurmftichicht seyn / in-
und außwendig grau / zähe und nicht zerbrichlich / eines heissen und gewürtzten Geschmacks: je
weniger Fasseln sie hat / je delicater ist sie inwendig. Unterdessen müssen sich die
Materialisten und Apothecker damit nicht überladen / weilen eben so grosser Abgang davon nicht
ist und diese Wurtzelen leichtlich wurmstichicht werden.
|| [186]
§. 5.
Den Kräfften nach erwärmet und trucknet der Zittwer: ist wegen seiner Bitterkeit dem Magen
und wegenseiner flüchtigen und öhlichten theilgen zur Eröffnung der Mutter sehr dienlich und
hat eine gifft-treibende Gewalt: Wird deßwegen in kalten und hitzigen ansteckenden Fiebern (wo
Manitius eine schöne Tinct. Bezoardicam darauß machet) in verlohrnem Appetit, Colic, erkalteten
Mutter und Verstopffung der Monat-Zeit / in den erkalteten / Nerven und dergleichen
gebrauchet.
§. 6.
Man macht einen Extract darvon / welcher mit dem ???. dulc. die Würine der Kinder tödtet. So
erwehnet auch Herr Manitius, daß die Indianer eine Massam darauß backen / welche er Panem
Zedoariae oder Zittwer-Brod nennet / und gegen die erkaltete und verlohrne männliche Krafft
oder Impotentiam sehr heraußstreichet. Was aber vor andere Compositiones daher entspringen /
und wie sie zugebrauchen seyn / kan theils im Schroedero, theils in dessen Außlegern / D.
Ettmüllern gelesen werden.
§. 1.
OB man schon in unsern Apothecken selten mehr als eine Art von der Galgant-Wurtzel findet /
so führen dennoch die Droguisten deren zweyerley Species, davon eine Galanga Major oder die
grosse Galgant-Wurtzel / die andere Galanga Minor, oder die kleinere dieses Nahmens genennet
wird: Kommen beyde auß Ost-Indien / Syrien und von Alexandria in Europam.
§. 2.
GALANGA MAJOR.
ist ein knollichte Wurtzel / eines Daumens dick und auch wohl drüber / voller Gnoden /
außwendig braun / und durch runde Circulen gleichsam in gewisse Geleiche außgetheilet /
inwendig bleich / eines scharffen aromatischen und bitterichten Geschmacks und guten Geruchs:
wird auß Java und Malabar herauß gebracht / allwo sie von sich selbsten wächset und Blätter /
wie die Iris, treibet / welche auß beygesetzter Figur zusehen und von D. Frid. Hermanno in
Clav. Schroed. pag. 478. beschrieben wird.
§. 3.
GALANGA MINOR
oder
die kleine Galgant-Wurtzel aber kommet von einem Sträuchlein her / dessen Blätter dem Myrtho
gleich sollen seyn / und wird von Paulo Hermanno in seinen Msc. Ragonti genandt. Diese Wurtzeln
nun sind dem eusserlichen Ansehen nach der vorigen gantz gleich / ausser daß sie kleiner / in-
und außwendig röthlicht und eines schärffe [187] ren brennenden
Geschmacks seyn: wächset in Chinâ von sich selbsten.
§. 4.
Beyde müssen schwer von Gewicht / wohlriechend und scharff an Geschmack / aber nicht
wurmstichicht seyn / noch Staub von sich geben / wann man sie zubricht; Und weilen die kleine
Galanga meistens gesuchet / auch deßwegen mit der Grossen offt vermenget wird / so kan man den
Betrug leicht so wohl am Geschmack / als der Farb erkennen / indem die Kleine viel schärffer in
die Zunge beisset und gleichsam ein Brennen zurück lässet / auch röthlich außsihet / welches
beydes an der grossen Galanga nicht zufinden. So sind auch die Stücker der Kleinen / wie sie
uns gebracht werden / selten grösser als ein kleiner Finger / da die andere wohl eines Daumens
Dicke hat.
§. 5.
Die Kräfften beyder Wurtzeln kommen mit der Zedoariae und des Calmus Tugenden über ein /
haben wegen ihres flüchtigen Saltzes und aromatischen Oehls eine erwärmende Krafft / und werden
von den Indianern deßwegen an statt des frischen Ingbers in den Salaten / auch an statt der
Capern in den Sauçen genossen / welche sie Alhar, nach Bontii Relation nennen. Absonderlich
dienen sie in allen Magen-Beschwerungen / machen guten appetit und verzehren die cruditäten /
welche sonsten das Haupt per consensum anfeinden / auch Schwindel und dunckele Augen
verursachen / wo die Species diagalangae ein sehr gut Mittel abgeben. Paracelsus nennet umb
dieser Ursachen willen die Rad. Galangae den eusseren Magen oder Ventriculum externum, weilen
auch die Wurtzel in eusserlichen Bähungen den Magen stärcken soll. Sonsten aber sollen sich die
Essig-Händler dieser Wurtzelen zum Essigmachen bedienen / wie Pomet in Histor. fimpl. Gen. pag.
65. Lib. 2. erwehnet.
§. 1.
DIeweilen die beyde Cyper-Wurtzeln von einigen die wilde Galgant Wurtzeln genennet werden /
so setzen wir solche billich anhero; unter welchen
die Lange Cyper-Wurtzel
oder CYPERUSLONGUS aus langen / dünnen / knodich- und in Geleiche zertheilten schwartzlichten
Wurtzeln bestehet / eines lieblichen / doch scharfficht- und aromatischen Geschmacks und guten
Geruchs: kommet / wie die runde / aus Italien / absonderlich von Verona, obwohlen sie besser in
Asien und Ost-Indien zu finden.
§. 2.
Sie entspringet von einem Rohrmäsigen Wasser-Gewächs / so eine Art von den Gla [188] diolis ist / wächset in sumffichten Gräben nnd längst den Bächen / wie
Calmus und andere dergleiche scharffe / aromatische und volarilische Wurtzeln mehr / wie
Ettmu̅llerus in Comment. Schroeder. p. 560. bemercket.
§. 3.
Die runde Cyper-Wurtzel
oder
CYPERUS ROTUNDUS.
ist eine aus vielen dicken Gnoden zusammen gesetzte Wurtzel / wie ein Rosencrantz anzusehen /
wann sie eben aus der Erden komt / wie aus der Figur zuersehen: In den Material-Kammern aber
sind die Knöpsfe separiret und weilen sie wie kleine Büchslein anzusehen / so wird diese
Wurtzel von den Griechen genennet / vid. Wormius in Mus. p. 154. ist
auswendigbraun / inwendig grau / eines aromatischen und etwas anhaltenden Geschmacks und guten
Geruchs: komt über Holland und Engelland aus Syrien und AEgypten, allwo sie ebenfals an den
Flüssen wächset / und dreyeckichte harte Stengel treibt / welche mitten unter den Blättern
hervorschiesen und röthlichte Binsen-Blumen tragen / wie aus beygesetztem Abris zu schen
ist.
§. 4.
Von beyden Cyperus sind die grosse / schwece / harte und vollkommene Stücker am besten /
müssen aber nicht schimlicht riechen / noch wurmstichicht aussehen / worzu sie sehr geneigt
sind: und damit man nicht angeführet werde / so warnet Pomet in seiner Historia Simpl. p. 66.
daß man nicht nur die öberste Handvoll in den Säcken beschaue / sondern tief hinunter greiffe /
welches auch in anderer Sachen Einkauff in acht zunehmen ist. Sie müssen in Schachteln
auffgehoben werden / daß sie nicht verriechen.
§. 5.
An den Kräfften und Qualitäten ist die runde etwas temperirter / als die lange / wird auch
deswegen mehr in der Artzney gebrauchet; da hergegen / die lange den Parfumirern / so die
wohlriechende Romanische Handschuh machen / zn gut kommet. Sie stärcken beyde den Magen /
zertheilen die Winde in den Gedärmen / und wann sie in Wein gesotten und getruncken werden /
curiren sie die Colic, treiben den Urin und die Monatliche Zeit und werden deswegen von D.
Schroedern die anfangende Wassersucht zuverhindern gerühmet. Sie sind auch gegen den Schwindel
und werden von Palmario Tr. de morb. contag. p. 485. unter die Gifft-treibende Mittel gezehlet.
Im Munde gekaüet befestigen sie die Zähne und machen einen guten Athem vid. Hermann. in Coll.
Msc. de Mat. Med. & ex eo Dale. p. 335.
§. 1.
DIe Gilb-Wurtz / oder CURCUMA ist ein langlicht. runde / gnodichte und dem Ingber nicht
ungleiche Wurtzel / in- und außwendig gelbicht anzusehen / eines etwas scharffen und
bitterichten Geschmacks und ziemlichen Geruchs: wird theils von Araber / Perser und den Türcken
über Babilon / theils von der Ost-Indianischen Compagnie auß Indien gebracht; weßwegen sie auch
Cyperus Indicus oder Indianische Cyper-Wurtz / und Crocus Indicus, oder Indianischer Saffran
genennet wird. Sonsten aber heisset sie bey den Apotheckern auch Terra Merita, welches
vielleicht daher kommet / weiln sie zu Pulver gestossen der gelben Ocher-Erd nicht ungleich
fibet.
§. 2.
Das Kraut dieser Wurtzel wird von den Indianern Cahae oder Kua genennet / welches soviel als
Saffran heisset: hat schöne breyte grüne Blätter / welche an dem Stengel gegen einander über
wachsen und trägt eine Blume / so der Spica nicht ungleich kommet / wie am besten auß
beygesetzter Figur, welche der Seel. D. Hermanni ni Catalogo Horti Lugdunensis mitgetheilet /
und in dem Horto Malabarico in natürlicher Grösse zusechen ist / erhellet.
§. 3.
Einige / als Samuel Dale zehlen deren zweyerley Species, die lange und die runde / wie in
dessen Pharmacologie pag. 324. zu lesen ist: allein weilen man fast nir gend oder an wenigen
Orten dieselbe alle beyde findet / mag es vielleicht seyn / wie mit der Zittwer-Wurtz / da die
lange und runde verschiedene Theile einer Wurtzel sind / wie an gehörigem Ort zusehen ist. Zum
wenigsten will der berümbte Frantzösische Materialist / Ms. Pomet von keinen zweyen speciebus
wissen / und hält es vor einen grossen abus, daß etliche zuweilen nach der rothen Curcuma
fragen / deren es keine gibt / ausser daß die gemeine und gelbe Curcuma mit der Zeit / wann sie
veraltet / braun wird / und so man diese stösset / ein etwas röther Pulver gibt / als die
frische / wie auß dessen Histoire generale des drogues Lib. 2. C. 12. pag. 66. erhellet.
§. 4.
Die beste ist / welche noch frisch / hartzicht und in grossen und schweren Stückern komt /
auch nicht leichtlich zerbrochen warden kan. Die Wurmstichichte und mit vielem Staub angefülte
ist zur Artzney nichts nutz / ob sie schon in dem Färben nicht gäntzlich zuverwerffen ist.
§. 5.
Den Gebrauch der Curchmae betreffend / so wird sie von den Medicis gar fleissig in der
Gelbsucht gebrauchet / dahero sie auch die Gelbsucht-Wurtzel genennet wird: worinnen sie dann
destomehr zu rühmen / weilen sie auch die Stein-Gelbsucht und den Lenden-Schmertzen / so von
kleinen Steinen in der Gallen Blaßen herrühren / curiret und die Steinlein befördert / wie
davon ein sehr merckwürdiges Exeinpel bey D. Frid. Hoffmann pag. 463. Clav. Schroederian.
zusehen. So dienet sie auch gegen die Wassersucht / Miltz-Beschwerung und andere langwierige
Verstopffungen / absonderlich wann das Pulver oder die Species diacurcumae mit den
Stahl-Pulvern / ???. diaphor. ???. ali und dergleichen vermischet wird. In Indien gebrauchen
sie sich der Curcuma aß statt des Saffrans / färben den Reiß / Fisch / Fleischbrühe und andere
Speißen damit. In unsern Landen färbet man damit allerhand Waaren / und gebrauchen sich
derselben nicht allein die Tuch- und Zeug-Färber / sondern auch die Säckler und Parfumierer /
die Rothgieser und Knöpffmacher / welche die höltzerne Knöpff / so mit gesponnen Goldfaden zu
überziehen sind / damit anstreichen / damit das Holtz nicht durchscheine.
|| [190]
§. 1.
VNter denjenigen frembden Artzneyen / deren Gewächse annoch unbekandt und derowegen vielerley
Meynungen unter den Gelahrten erreget haben / sind die beyde BEEN-Wurtzeln auch begriffen /
deren eine die weisse und die andere die rothe Been-Wurtzel / sonsten auch Gliedweich- und
Wiederstos-Wurtzeln genennet worden; von welchen beyden die alte Arabische Scribenten zwar ein
groß Wesen gemacht haben / ist aber heut zu Tag der Mühe kaum werth / daß man sich so sehr
darumb bekümmere / indem sie fast gar in Abgang gekommen und von niemanden gebrauchet werden.
Weilen sie aber doch bey den Materialisten und Apotheckern noch gefunden werden / wollen wir
dieselbe auch kürtzlich beschreiben.
§. 2
Was dann nun die weise
BEEN-Wurtzel
oder BEHEN ALBUM anlanget / so kombt dieselbe an der Gröse der rechten Bertramwurtz sehr nahe
/ ist auswendig graulich und inwendig etwas weiser: hat anfänglich fast gar keinen Geschmack /
juletzt aber lässer sie doch eine ziemliche Bitterkeit zurück; soll vor diesem auß Syrien und
America gebracht seyn worden / obwohlen die heutige Botanici, als Hermannus, Ammannus und
andere darvor halten / daß es die Wurtzel von den Marien-Rößelein seye / welche Lateinisch
Lychnis Sylvestris und Papaver Spumeum genennet wird / und von Tabermont. p. 12. L. 2. besser
als in des Pomets Figur / so hierbey zusehen / abgerissen ist.
§. 3.
Die grosse Wurtzeln / welche nicht wurmstichicht / sondern zähe und noch frisch sind / werden
vor die beste gehalten / absonderlich / wann sie den obbeschriebenen Geschmack auch haben. Sie
sind in langen Stücken / wie die Figur zeiget.
§. 4.
Die
rothe Behen-Wurtzel
oder BEEN RUBRUM hergegen wird in runden Scheiben / wie die Jalappa, aus eben denen [191] Ländern überbracht: ist auswendig braun und inwendig röthlicht / hat
einen erdichten und etwas anhaltenden Geschmack; und soll die gantze Würtzel / wann sie eben
aus der Erden kommet / wie grosse Rettich anzusehen seyn / welche breite lange Blätter / wie
das Limonium, treibet / dessen species es sein soll.
§. 5.
Die beste sind / so hoch an der Farb / wohl getrucknet und doch noch frisch sind / auch nebst
dem adstringirenden Geschmack etwas aromatisch schmäcken: werden leicht wurmstichicht.
§. 6.
Was ihre Tugenden betrifft / so wird der weisen eine Hertzstärckend- und Gifft-treibende
Krafft zugeschrieben. Die rothe aber ist von den Alten gegen alle Bauch-Flüsse / absonderlich
aber gegen die rothe Ruhr / auch alle Blutstürtzungen und den weissen Flus der Weiber gebraucht
werden / wie bey dem Avicenna davon weitläufftig kan gelesen werden. Heut zu Tag wird man beyde
selten in einem Recept sehen / indem man andere medicamenten an der Hand hat / von denen man
bessere Kundschafft und Versicherung findet.
§. 1.
DIe Bertram-Wurtzel / Radix Pyrethri genandt / ist eine lange und dicke Wurtzel / eusserlich
schwartz-röthlich / inwendig aber weiß anzusehen / eines sehr beissenden und gleichsam wie
Feuer brennenden Geschmacks; dahero auch der obige Lateinische / oder vielmehr Griechische
Nahme herkommet: heisset sonsten auch Speichel-Wurtz / weilen sie im Munde gekäuet den Speichel
herbey zihet.
§. 2.
Man findet deren zweyerley bey den Materialisten / erstlich die rechte / welche aus dem
Königreich Tunis über Italien gebracht wird / und derowegen auch die Italianische genennet
wird: und dann eine andere Art / welche auch in Böhmen und Teutschland umb Magdeburg wachsen
soll / und deßwegen die Teutsche genennet wird. Die erste ist eines Fingers dick / da die
andere kaum halb so dick ist / welche zugleich oben von den kleinen abgeschnittenen Zasseln
gleichsam einen Bart oder Bürste hat / wie die Bär. Wurtz / und wird in unsern Apothecken ehe /
als die recht Italianische / gefunden.
|| [192]
§. 3.
Das Kraut dieser beyden Wurtzeln ist der Chamillen nicht sehr ungleich / wiewohlen die Blumen
sehr unterschiedenen sind / indem des ersteren Blumen fast wie die Maßliebger / oder vielmehr
wie das Chrysanthemum außsehen / das andere aber eine Cron-Blume trägt; weßwegen auch jenes
Pyrethrum flore bellidis genennet / und von Ammanno in Char. Plant. den Chrysanthemis
zugerechnet: dieses aber Pyrethrum Umbelliferum genennet wird. vid. cit. libr. p. 534.
§. 4.
Die beste Bertram-Wurtzel ist / welche noch frisch / vollkommene / starcke und wohl gedörte
Wurtzeln hat / sich nicht leicht brechen lässet / und so wohl an Farb als Geschmack sich also
findet / wie sie oben beschrieben worden.
§. 5.
Beyde Wurtzeln sind sehr hitzig und von einem subtilen durchdringenden Wesen / und ist die
dünne fast schärffer / als die dicke oder Italianische: werden wegen ihrer Schärffe selten
innerlich gebraucht / ausser daß einige solche unter die geilmachende oder Venerische Mittel
mischen. Eusserlich aber ist diese Wurtzel vortrefflich gegen die Lähmigkeit der Zunge. Wann
derowegen diejenige / so von dem Schlag gerühret sind / nicht recht reden können / so wird sie
sehr dienlich im Munde gekäuet oder unter der Zunge gehalten. Sie dienet auch also gegen das
Zahnwehe / weswegen sie auch von einigen die Zahnwurtzel genennet wird: ziehet mit dem Speichel
die böse scharffe Flüsse gewaltig aus. Auch thut man diese Wurtzel unter die scharffe und
erweckende Clystiren / welche denen / so die Schlaffsucht / schwere Noth und Erstickung der
Mutter leiden / oder auch vom Schlag gerühret sind / gegeben und von Ettmüllern in Com. Schroed
in Beschreibung der Betram-Wurtz beschrieben werden.
§. 6.
Man hat auch noch eine
wilde Bertram-Wurtzel /
dessen Kraut PTARMICA genennet und bey uns aller Orten auff den Wiesen gefunden wird / ist
aber in den Apothecken nicht gebräuchlich; wiewohlen sie an den Kräfften der rechten
Bertram-Wurtz ziemlich nahe kombt / und in deren Ermanglung wohl auch gebrauchet werden könte.
|| [193]
§. 1.
DEr runden Holl-Wurtz oder ARISTOLOCHIAE ROTUNDAE hat man dreyerley Arten bey den
Materialisten / worunter die erste und vornembste Aristolochia rotunda vera oder die
Welsche runde Hollwurtz
genennet wird: ist eine dicke / runde / knodichte und runtzelichte Wurtzel / außwendig grau
und inwendig gelb: eines überaus bittere̅ Geschmacks und etwas aromatischen
Geruchs. Diese wird aus Italien und den hohen Schweitzer-Gebürgen gebracht / allwo das Kraut
mit vielen zähen und biegigen Stengeln / einer Ehlen hoch / mit Hohlkehlen gezieret / wächset /
so zum Theil auff der Erden flattern. Die Blätter sind wie Ephew / doch runder. Die Blumen sind
schwartzbraun und lang wie spitze Hüte: die Frucht ist wie eine Birn formiret / darinnen der
Saame / wie ein Hertz gestaltet lieget / so sich sehen lässet / wann die Frucht zeitig ist und
von sich selbsten auffpringt.
§. 2.
Weilen aber diese nicht allemahl zuhaben / so wird offters an deren Stell
die gemeine Hollwurtz /
oder ARISTOLOCHIA ROTUNDA VULGARIS NOTA gebraucht / welche nichts anders ist / als Radix
Fumariae bulbosae, welches Kraut eine Art Taubenkropff ist / welchem es mit den Blättern und
Blumen gleichet: wird bey uns in der Menge gefunden / und ist die Wurtzel in- und auswendig
graulicht / gantz [194] hohl / auch voller Sand und Erden / welcher im
Herbst und Frühling / wann sie gegraben / herausgeschwemmet wird: ist bitter wie die
vorige.
§. 3.
Uber diese hat man noch eine andere Art / welche ARISTOLOCHIA FABACEA und kleine runde
Hollwurtz genennet wird / weilen diese Wurtzel einer Bohnen groß / auch unten und oben platt
anzusehen ist: kommet auch von einer Fumaria bulbosa her / und wird von der vorigen daran
unterschieden / daß sie so keine grosse Höhle hat. Sie wird auch langsam in denen Apothecken
gebraucht / obwohlen sie schon fast eben die qualitäten hat.
§. 4.
Die Wahl der runden Hollwurtz betreffend / so ist die beste / welche schwer / hart / fest /
gnodicht und inwendig fein gelb außstehet. Je bitterer / je besser sie ist. Alle aber müssen
wohl ausgetrucknet und dörr gemacht seyn.
§. 5.
An den Kräfften kommen sie zwar alle überein / doch hat die Italianische den Vorzug: sie
erwärmen und zertheilen das gesteckte Geblüt in der Brust und absonderlich der Mutter / treiben
die Monathliche und Kindbetter-Reinigungen / welche man Lochia nennet / dahero auch diese
Wurtzel Aristolochia, qs. heisset. Wird derowegen täglich mit gutem success
in Obstructione mensium und andern Weiblichen Kranck heiten / in dem Kräuter-Wein und andern
Artzneyen verschrieben. Sie treibet auch die todte Frucht und andere Mißgewächs / welche man
sonsten Molas heisset. Eusserlich kan man sie unter die Mutter-Zäpfflein thun / gleich wie sie
in den scharffen Clystiren, welche man denjenigen / so vom Schlag gerühret sind / oder die
Schwere-Noth haben / zuverordnen pfleget / auch gute Würckung thun.
§. 1.
OBschon die runde Hollwurtz von sehr vielen auch Osterlucey Wurtzel genennet wird / so geben
doch einige / als Dale in seiner Pharmacol. pag. 259. und Marx in seiner Material. Kammer pag.
15. diesen Nahmen absonderlich der langen Hollwurtz oder ARISTOLOCHIAE LONGAE, welche eine
länglichtrunde / dicke und runtzelichte Wurtzel ist / auß [195] wendig grau-braun und inwendig gelbicht / eines bittern und scharffen Geschmacks und
ziemlichen Geruchs: komt auch auß Italien / obschon das Kraut auch bey uns gezogen wird.
§. 2.
Das Gewächs dieser Wurtzel ist der Welschen runden Hollwurtz nicht gar ungleich / ausser daß
die Blätter nicht so rund und die Blumen grün-gelb sind / welchen eine Frucht / wie kleine
Birnlein folgen; ohne welches noch zwey andere Kräuter sind / deren Wurtzeln auch unter die
lange Hollwurtzelen gerechnet werden / worvon das eine ARISTOLOCHIA CLEMATITIS, das andere
ARISTOLOCHIA TENUIS oder PISTOLOCHIA genandt worden: haben beyde schmale dünne Wurtzeln /
welche doch nicht im Gebrauch sind / absonderlich da heut zu Tag die Serpentaria Virginiana
bekandt worden / welche eine Art von der Pistolochiâ ist / und mit grösserem Recht und Nutzen
unter den Theriac könte gezogen werden / als die Aristolochia Tenuis, welche Charas darzu
erwehlet / wie in dessen Tr. von denjenigen simplic. so zum Theriac kommen pag. 232. zusehen
ist.
§. 3.
Wann diese Wurtzel gut ist / so mußsie compact, hart und nicht wurmstichicht seyn. Je dicker
und vollkommener sie ist / je besser sie ist; da hergegen die / so gar runtzelicht / fast
nichts als eine blosse Schale und nichts nutz ist / worvon Jacob Sylvius Lib. 1. de delectu
medic. zusehen wäre.
§. 4.
Es werden aber von der langen Hollwurtz nicht allein die Wurtzeln / sondern auch die Blätter
zur Artzney gebrauchet: haben beyde eine heilende Krafft und werden deßwegen nicht allein zu
eusserlichen / sondern auch innerlichen Schäden und Verwundungen gebrauchet. In jenen hat der
alte Practicus Simon Paulli von diesen Wurtzeln verschiedene treffliche Probe genommen / indem
er damit sehr alte Löcher an den Füssen auß dem Fundament geheilet / wie in dessen vierfachen
Krauter-Buch pag. 22. zusehen. In diesen / nemblich den innerlichen Verwundungen findet man bey
Hoffmanno in Clavi Schroed. pag. 414. eine besondere Cur gegen die Schwind- und Lungensucht /
da man täglich über die Blätter der langen Hollwurtz trincket / und mit denselben / gleich wie
in der Saurbrunnen Cur auff und absteiget. So brauchet man auch einen Tranck darvon gegen die
Grätze. Ja sie soll auch die Geburt und nachfolgende Reinigungen treiben / so gar / daß
Valleriola Lib. 1. Obs. 1. pag. 8. solche der runden Hollwurtz weit vorziehet; welches
vielleicht daher komt / weilen sie zugleich mit ihrer heilenden Krafft die Verwundung der
Geburts-Glieder / welche gemeiniglich alsdann nicht ungewöhnlich ist / heilen thut. Daß die
Rad. Aristol. tenuis zum Theriac genommen werde / ist droben schon gemeldet worden.
|| [196]
§. 1.
DIe rothe Ochsen-Zung-Wurtzel oder RADIX ANCHUSAE (welche die Frantzosen ORCANETTE heissen)
ist eine lange / dicke und holtzichte Wurtzel / außwendig blutroth und inwendig weiß / eines
herben und anhaltenden Geschmacks / ohne Geruch: wird sonsten auch ALCANNA genennet / weilen
sie an statt einiger kostbahren Blätter / welche vor diesem auß Ost-Indien unter diesem Nahmen
gebracht worden / zum Färben gebraucht wird: wächset häuffig umb Montpelier in Franckreich /
obwohlen die beste auß Italien herbey geschaffet wird.
§. 2.
Das Krautdieser Wurtzel oder die ANCHUSA wird bey uns Teutschen die rothe Ochsen-Zunge
genennet / wächset auch bey uns an dürre Orten / und wird absonderlich dessen nmb Mayntz viel
gefunden: hat Blätter / wie die rechte Ochsen-Zung und kleine blaue Blümger; indessen ist die
Wurtzel bey uns zu dem Färben fast untauglich / und gibt so keine Röthe / wie die frembde / wie
Marxius in seiner Teutschen Material Kammer pag. 13. zeiget.
§. 3.
Die beste ist / welche nochfrisch und zähe / doch aber wohl außgetrucknet ist / außwendig
recht blut-roth / inwendig aber weiß ist / und wann sie entweder trucken oder naß gerieben wird
/ auffdem Nagel / oder der Hand selbsten / eine schöne rothe Farbe gibt; und weilen die Tinctur
nur in der eusse???en Rinde stecket / so hat man die kleine und dünne Wurtzeln hier viel lieber
/ als die grössere.
§. 4.
Was den Gebrauch dieser Wurtzel anbelanget / so wird sie in der Artzney nicht sonderlich
genutzet / ob sie schon innerlich gegen den Durchbruch / Rothe-Ruhr und Blutstürtzungen nicht
undienlich ist. Eusserlich aber wird sie mit gemeinem oder Stein-Oehl extrahirt / wormit die
frische Wunden geheilet werden. Am meisten aber wird sie in den Apothecken ander medicamenten /
oder auch den Aquavit roth damit zu färben gebrauchet; wie dann auch die rothe Butter oder
Unguentum rubrum potabile damit gemacht wird. Eusserlich wird diese Farb zum Schmincken
mißbrauchet und hält Simon Paulli nicht unbillich davor / daß die so genandte Portugisische
Schmincke oder Charta Hispanica davon gemacht werde / besihe dessen Quadripartitum Botan. p.
198. Sonsten wird sie von den Wachs - Poussirern sehr gesucht / welche das Wachs damit [197] roth färben; wie dann auch die Färber den rothen Tuch / die Mahler auch
Holtz und andere Sachen damit zu tingiren wissen.
§. 5.
Pomet, der Frantzöische Materialist / gedencket noch einer andern Anchusae, welche über
Constanstinopel herauß komt und die
ORIENTALIsche ORCANETTE
genennet wird: ist eine dicke / gleichsam auß vielen Blättern / wie Tabac / zusammen
gesponnene rothe Wurtzel / welche zwar wenig im Gebrauch / doch viel besser als die gemeine
gehalten wird / weilen sie ein schönere und bessere Röthe geben soll / besihe dessen Histoire
Generale des Drogues Lib. 1. pag. 84.
§. 6.
Man findet auch bey uns noch eine Art Wilder Rothen Ochsen-Zungen / welche Matthiolus in
seinem Kräuter-Buch / und Tabernamontanus nach demselben
ONOSMA
nennet: hat viel rauhe und doch weiche Blätter / wie die kleine Ochsen-Zung / vier zwerch
Finger lang / eines Fingers breit / liegen auff der Erden rings umbher außgebreitet: bringt
keine Stengel / auch kein Blüt. Die Wurtzel ist lang und dünn / gibt einen Blut-rothen Safft /
welcher auch nur in der eusseren Rinde stecket; Weswegen sich denn dieser Wurtzeln die gemeine
Bürgers-Töchter zu gebrauchen wissen / welche solche über Nacht in Rosen-Wasser oder
Brandenwein legen und sich Morgens damit waschen / daß sie fein clar und roth scheinen / wie
mir neulich dergleichen Dirnen eine selbsten gestanden / welche es das Schminck-Würtzelgen
nennete. Die Fig. davon findet man in D. Jacobi Theodori Tabern???montani andern Buch von den
Kräutern pag. 551.
§. 1.
DIe Färber-Wurtz / oder Radix Rubiae Tinctorum ist eine dünne / lange und safftige Wurtzel /
mit einigen Gnoden und Geleichen unterschieden / in- und außwendig roth / ohne Geruch und gibt
anfangs einen süßlichen / zuletzt aber bittern und etwas herben Geschmack.
§. 2.
Das Kraut oder Rubia Tinctorum selbsten (welches die Botanici ad plantas bacciferas
stel [198] latas referien) wird in Flandern und Seeland häuffig
gezogen / dann die Holländer mit der Wurtzel / so sie zu der Färber-Röth und Grapp mahlen /
einen sehr grossen und profitablen Handel führen / welchen vor diesem die Böhmen gehabthaben /
ist aber durch den 30. jährigen Krieg vor dar in Schlesien gekommen / wie der gelährte Jesuit
Balbinus in seiner Böhmischen Histori Lib. 1. Cap. 45. erzehlet; wie dann gewiß ist / daß diese
Wurtzel umb Breslau in Schlesien auch häuffig wachse / doch nicht mit solcher Sorgfalt / wie in
Seeland excoliret werde; weßwegen auch die Schlesinger Grapp nicht so gut / als die
Seeländische ist / davon der Anhang an des Schröders Apothecker-Kunst gelesen werden kan.
§. 3.
Ob nun wohl diese Wurtzel meistens zum Färben gebraucht wird / (davon sie auch den Nahmen
hat) so wird sie doch öffters auch in der Artzney nützlich gebraucht / indem sie unter die
fünff eröffnende Wurtzeln gerechnet wird. Sie reiniget die Leber / Miltz / Nieren und Mutter /
heilet die Gelb- und Miltzsucht / treibt das dicke Gewässer und hauptsächlich das Monathliche
Geblüth / zertheilet das geronnene Geblüth / so von Fallen und Stossen sich gesetzet; wie dann
auch deßwegen die gemahlene Wurtzel in Verrenckung des Rückgrads / wann man sich wehe gethan /
gebrauchet wird / davon Ettmüllerus in Com. Schroed. pag. 645. zusehen. Einige färben den Wein
damit.
§. 4.
Die gemahlene Färb-Wurtz oder GRAPP wird in Seeland und Flandern zubereitet und werden die
beste Sorten alle Jahr umb Pfingsten im Kau-Marckt verkauffet und zwar nach dem Centner / in
Ballen von 900. ??? deren jeder sein eigen signum hat / wo er gemacht werde / wie Georg. Nic.
Schurtz und Marx. in der Material - Kammer pag. 90. lehret. Also komt darvon jährlich sehr viel
ins Reich / in Franckreich und andere Länder.
§. 5.
Zumercken aber / daß bey einigen Materialisten zweyerley Gtapp zu finden / davon die eine von
uns schlechter Dings die Färber-Röth / die andere aber eigentlich Grapp genennet wird / welche
von den meinsten confundiret werden.
Die Färber-Röth
wird auß der gantzen Wurtzel / wie sie gegraben / zubereitet / und wird derowegen von den
Frantzosen Garance non robé genennet.
Die Grapp
aber wird nicht auß der gantzen Wurtzel gemacht / sondern es wird erstlich die eussere Rinde
und der inwendige holtzichte Kern darvon genommen / das übrige aber wird hernacher zu einem
gröblichen Pulver gemahlen und also verführet: diese nennen die Frantzosen allein Grappe, oder
auch Garance robbé, wie Pomet in seiner Material-Kammer Lib. 1. pag. 85. zeiget.
§. 6.
Der beste ist die rechte und letzte Grapp, absonderliche die Flemmische und nach dieser die
Seeländische: Muß anfänglich eine schöne gelb-hochrothe Farb und guten Geschmack haben / welche
mit der Zeit / so sie alt wird etwas dunckel rother wird. Muß in Säcken / doch trucken und wohl
verwahret auffbehalten werden.
§. 7.
Was den Nutzen anlanget / so haben beyde in der Medicin eben die Kräffte / als die Wurtzel
selbsten. Doch werden sie am meisten von den Färbern gesuchet / welchen das ??? umb 12. alb.
verkauffet wird. Unterdessen muß Niemand sich von dem Nahmen dahin verleiten lassen / daß er
eine rothe Farb von der Grapp allein zu erzwingen suche / welche nur dunckel gelb färbet / wann
man sie in Wasser siedet und die Wolle / Tücher / Strümpff und dergleichen (welche doch zuvor
mit alaun und Weinstein müssen gebeitzet sein) darinnen siedet / zu etlichmahlen abkühlet und
wieder einwindet. Will man aber dergleichen Sachen roth färben / muß man entweder das Gefärbte
in Laugen tauchen oder Presilien Spän oder Ferneboc darzu thun / so wird es schön roth / wie in
den Färb-Büchlein hin und wieder zulesen / welchen aber nicht immer zutrauen ist.
|| [199]
§. 1.
VOn der Allraun-Wurtzel oder MANDRAGORA, hat man in den Apothecken und Material Kammern
mehrentheils nur die Schale oder Rinde / welche man meistens brauchet: ist eine graue / runde
und dicke Schale / welche inwendig weißlicht / eines bitteren Geschmacks und gifftigen Geruchs
ist. Sie kombt auß Franckreich und Italien / und werden zuweilen die Wurtzeln in kleinen
Scheiben / wie die Jalappa, darunter mitgebracht / welche aber so viel nicht im Gebrauch / wie
die Schale sind / indem das mittele theil oder Hertz der Wurtzel wenig Kräfften hat.
§. 2.
Der Mandragorae selbsten hat man zwey Geschlecht / nemblich Marem & Foeminam.
Das Männlein hat grosse breite Blätter / wie Mangolt, aber zart / bleich-grün / glatt / mit
vielen Adern durchzogen / welche sich auff der Erden außbreiten / ohne Stengel: trägt
bleichgelbe Blumen / nach welchen ziemlich grosse saffran-färbichte Aepffel mit weissen breitem
Saamen / eines starcken Geruchs erfolgen / welche einige vor die Dudaim halten / deren Gen. 30.
gedacht wird: worinnen doch der berümbdte Ludolf in seiner Hist. AEthiopica ein gewisseres
zeiget. Das Weibgen hat schmälere und kleinere Blätter und Aepffel / inwendig voller Saamen.
Beyde aber haben eine Wurtzel / so bißweilen Arms-dick / welche offt dem Untertheil eines
Menschen mit zwey Füssen gleich sehen. Sie wachsen häuffig in Franckreich umb Montpellier und
in Italien auff den Pyrenaeischen Gebürgen.
§. 3.
Cortex Mandragorae muß immer frisch gesuchet werden / so viel es möglich ist und zwar der
beste / welcher außwendig röthlicht grau und mit seiner dünnen Schale / welche etwas krauß und
Schagreniret / versehen / inwendig aber grau-weiß ist / wie solche Pomet in seiner Histoire
Generale des Drogues Lib. IV. Cap. 7. p. 135. vor andern erkieset. Marxius hergegen räthet
diejenige / so gantz weiß und wohl außgetrucknet ist / außzulesen / wie in dessen
Material-Kammer pag. 120. zu sehen ist.
§. 4.
Was den Gebrauch anlanget / so hat man vor diesem diese Rinde in Wein geleget oder gesotten /
und wegen ihrer narcotischen und Schlaaff-bringenden Krafft denjenigen / welchen ein Arm oder
Bein sollte abgenommen werden / gegeben / damit sie den Schmertzen nicht fühlen sollten. Allein
weilen solches sehr [200] gefährlich ist / so wird es heut zu Tag nicht mehr
gedultet / wie bey Doct. Ettmüllern in Comment. Schroed. pag. 600. zu sehen. Es wird deswegen
jetzo nur dessen Oehl (worvon Schroederus zu sehen) eusserlich in harten Geschwulsten
gebrauchet / welche es erweichen und zur Zeitigung bringen kan. Es stillet auch den Schmertzen
und bringet eusserlich den Schlaaff; weswegen auch die Blätter mit unter das Unguentum
Populeonis kommen / an deren Stelle in Notis Dispensat. Augustani, die Wurtzeln von Bilsenkraut
oder Hyosciamo substituiret werden / wo die Mandragora nicht zuhaben wäre: welches aber Pomet
c. l. gewissenhafften Apotheckern wiederräthet / sondern vielmehr haben will / daß man diese
Salb alle Jahr frisch von Montpellier solle kommen lassen / weilen solche über ein Jahr ihre
kühlende Kraffe nicht behalten soll / wie Bauderon in seiner Pharmacop. pag. 136. gezeiget hat.
Allein es scheinet / daß er der Materialisten interesse hier beobachten wollen / da hergegen
man dieses Unguenti eher gar entbehren / als solches / der conf. alkermes gleich / einen so
weiten Weg her holen solle / zumahlen man wohl 100. andere Mittel hat / welche eben den effect
thun können. Was sonsten die Storger und ander Gesindlein vor Aberglauben und Hexereyen mit der
Wurtzel treiben / indem sie selbige so wohl als die Bryonien zu denen so genandten
Heintzel-Mänchens zu bilden wissen / ist gnugsam bekandt / und theils von Deusingio in einem
besonderen Dificurs De Mandragora, theils in Miscell. Acad. Germ. Cur. Dec. I. A. I. Obs. 48.
p. 123. beschrieben; scheinet noch von den Heyden hergekom̅en zu seyn / bey
welchen die CIRCE sich dieses Gewächs auch soll bedienet haben / weswegen es auch CIRCAEA
genennet wird / wie bey D. Hoffmann in Clav. Schroed. pag. 499. zu sehen. Vor einigen Jahre hab
dergleichen Männlein bey Herrn Peikenkamp, einem sehr curiosen Physico zu Marburg gesehen / so
auff der Cantzley einem verdächtigen Mann war abgenommen worden / welchem es Geldt soll
gebracht haben; Allein dem ehrlichen Herrn Peikenkamp wolte es nichts bringen / indem er mit
dem armen Teuffel nichts zu thun hatte.
§. 1.
DIe Meer- oder Mäuß-Zwibel / Lateinisch
SCILLA
genandt / ist eine frembde grosse Zwibel / einer Faust dick / hat einen sehr scharffen und
bitteren / doch schleimichten Geschmack / aber keinen Geruch: wird aus Spanien überbracht /
allwo sie an dem Meer und dabey gelegenen Orten wachsen soll / daher sie also genandt
worden.
§. 2.
Es gibt derselben zwey-biß dreyerley Art / nemlich die weisse und rothe / welche einerley
Grösse haben und dann noch eine grössere / die PANCRATIUM genennet wird; diese letztere hat
zwar breitere Blätter / aber sie trägt weder Blumen / noch Saamen. Die erstere treiben zuvor
einen schönen langen / runden und glatten Stengel / daran schöne weiß gelbe Blumen auff beyden
Seiten wachsen: wann aber dieselbe verdorren und abfallen / so kommen über etliche Tage hernach
breite dicke Blätter / ohne Stiel / wie an den weissen Lilien / wie oben aus dem Kupfferstück
zusehen ist.
§. 3.
Die beste sind / so noch frisch / schwer / hart und wohl gewachsen / und muß man Achtung
haben / daß sie an der Seite des Kopffs nicht angestossen und faulicht seyen / worzu sie sehr
geneiget sind / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues p. 179. wohl erinnert. Sie sollen auch
wohl und trucken mit Stroh verwahret seyn / doch daß keine die andere berühre / sonsten wachsen
sie aus und vergehet die Krafft / welches Marxius in seiner Material-Kammer p. 176.
berichtet
§. 4.
Ihre Kräfften betreffend / so ist sie einer sehr hitzigen austrucknenden Natur und von
solcher Schärffe / daß / wann man sie rohe und frische mit den Händen tractiret / an denselben
Bläßlein verursachet; weswegen die frische von etlichen vor gifftig gehalten werden / so gar /
das wann man sie brauchen will / solche in Stücken zerschnitten und an der Lufft getrucknet
werden müssen / wordurch sie die Schärffe etwas verlieren. Es pflegen auch deswegen die
Apothecker umb diese Zwiebeln einen Taig zuschlagen und als ein Brodt im Back-Ofen zubacken /
nachmahlen mit einem höltzern Messer davon wieder abzusondern und Schichtweis zertheilet
auffzutrucknen / wie nicht allein der Apothecker Vielheur in Beschreibung frembdter Materialien
p. 145. berichtet / sondern auch im Dispensatorio Augustano befohlen wird. Allein weilen
hierdurch ihr flüchtiges Saltz (worinnen die Kräffte meistens bestehen) wegrauchet und die
Zwibel mehr verdorben als gebessert wird / so verwirffet nicht allein Zvvelferus solche
correction in Pharm. Reg. pag. 146. sondern sie mißfället auch andern vornehmen Medicis, als
Hoffmanno und Ettmüllero in Comm. Schroed. p. 547. 659. Sonsten hat sie eine sehr zertheilend-
und aufflösende Krafft und bringet den zähen harten Schleim von der Brust / worvon die
Engbrüstigkeit und kurtzer Athem meistens herrühren; weswegen das bekandte OXYMEL SCILLITICUM
und LOCH de SCILLA in solchen Kranckheiten sehr gut thun / wie ingleichen das ACETUM
SCILLITICUM oder Meerzwiebel-Essig / welcher auch de̅ Schleim im Magen und Gedärm
aufflöset und wegführet und vom Pythagora (dessen ersten Erfinder) vor ein Panacea und
dergleichen Mittel / welche zu einem langen Leben dienet / gehalten worden / wie in des
Tabernaemontani andern Buch von den Kräutern p. 342. zulesen. Ja es soll jetzt gemeldter
Pythagoras diese superstition davon gehabt haben / daß / so man eine dergleiche Zwiebel über
die Hauß-Thür hänge / keine schädliche Artzney ins Hauß kommen könne. Man macht auch Trochiseos
davon / so mit zum Theriac kommen. So kombt sie auch unter einige eusserliche Mittel / als das
Althä-Pflaster und Diachyl. magnum.
Beschlusz.
SO viel von den raresten und meistentheils Außländischen Wurtzeln / welche einig und allein
bey denen Materialisten zu finden und allda von den Apotheckern / wie auch andern Künstlern /
auffzusuchen sind. Indessen führen dieselbige auch noch viele einheimische Wurtzeln / welche
alle allhier / auff vorige Art und Weisse / zubeschreiben und abzubilden gar zu weitläufftig
fallen dörffte; weswegen man derselben nur kürtzlich gedencken wird / indem sie in allen
Kräuter - Büchern zu finden / auch den gemeinen Wurtzel-Gräbern und Gärtnern nicht ohnbekandt
sind / und folgen nach dem A. B. C. einander also:
Radices Althaeae, Eibisch - Wurtzeln sind längliche / weiß geschabte und zerschnittene
Wurtzeln / so einen schleimichten Geschmack haben.
Radices Angelicae, Engel- oder Brust-Wurtz ist eine braune / scharffe und etwas bittere
Wurtzel / von gutem Geruch / welche im Elsaß / [202] Breißgau und Lothringen
häuffig wächset. Wann solche frisch ist / muß man sie in Wermuth legen / damit sie nicht
wurmstichicht werde / worvon Schurzius in seiner Material-Kammer pag. zu 71. zu sehen.
Radices Apii, Eppich-Wurtzel ist ein Daumens. dicke Wurtzel / welche oben einen Knopff und
unten viel kleine Zincken oder Fasseln hat; dahero sie wie ein Schweitzer-Barth anzusehen: wird
aber gemeiniglich in dünne Scheiblein zerschnitten / und also von den Apotheckern verwahret.
Hat einen etwas scharffen Geschmack.
Radices Aronis, Aron-Wurtzel ist eine weisse und runde Wurtzel / fast halb so groß / als die
Hermodactyli, und hat einen sehr scharffen Geschmack: muß allezeit in Schachteln gehalten
werden.
Radices Asari, Haselwurtz ist eine kleine / zasselichte und verwirte Wurtzel / eines widrigen
und scharffen Geschmacks und lieblichen Geruchs / so den Narden fast gleich kommet.
Radices Asparagi, Spargel-Wurtzeln sind lange weisse und zasselichte Wurtzeln / so aus einem
Knopff schiessen / eines süßlicht-schleimichten Geschmacks: werden in Büschlein gebunden und an
einem truckenen Ort auff den Boden gehalten / da die Lufft durchstreichen kan: wächst zwar auch
in Teutschland / kombt aber meistens aus Spanien und Franckreich.
Radices Asphodeli, Goldwurtzeln bestehen aus gelbichten Schalen oder Stücker von der Zwibel
dieses Krauts / und haben einen schleimichten Geschmack.
Radices Barbae Caprinae, Geißbarth-Wurtzel ist dick / außwendig schwartz / inwendig roth /
mit vielen Zasseln behenget / eines guten Geruchs.
Radices Bardanae, groß Kletten-Wurtzel ist eine länglichte dicke Wurtzel / außwendig schwartz
/ inwendig weiß / eines süßlichten / doch etwas scharffen Geschmacks / ohne sonderlichen
Geruch.
Radices Bistortae, roth Natter-Wurtzel ist eine länglichte Wurtzel / so dick als ein Daume /
außwendig braunschwartz / inwendig bleich-roth / eines anhaltenden Geschmacks.
Radices Borraginis, Borragen-Wurtzel ist eine lange / oben stracke und unten zasselichte /
Wurtzel / außwendig braun / und inwendig weiß / eines süßlichten Geschmacks.
Radices Brusci, Mäußdorn - Wurtzel ist eine gar kleine zähe Wurtzel / an gantzen Büschlein /
auß- und inwendig weiß-grau: muß auff dem Boden gehalten werden.
Radices Bryoniae, Gicht-Rüben-Wurtzel ist eine sehr grosse und dicke / in- und außwendig
weisse Wurtzel / mit vielen Circkeln / eines scharff-bitteren Geschmacks und widrigen Geruchs:
wird in Stücker und Scheiben zerschnitten und auffgehoben.
Radices Buglossae, Ochsen - Zungen Wurtzel kombt mit der Borragen Wurtzel / so wohl dem
Ansehen / als Kräfften nach / überein / wiewohlen sie etwas dickere Zasseln hat / als jene.
Radices Caryophillatae, Caryophilloten Wurtzel ist eine sehr wohlriechende Wurtzel / welche
oben einen Knopff hat / woraus viel Zasseln wachsen / hat einen etwas scharffen Geschmack / und
riechet wie Näglein / worvon sie den Nahmen hat.
Radices Cervicariae, Halßkraut-Wurtzeln sind lange / weisse und knodichte Wurtzeln / mit
wenig Zäsern / am Geschmack lieblich und süß.
Radices Chelidonii, Goldwurtz / ist ein gelbraune / oben dicke und unten dünne bittere
Wurtzel.
Radices Cichorii, Hindlauff - Wurtzel ist eine dicke / lange und mit vielen Sprossen besetzte
Wurtzel / außwendig braun und inwendig weiß / eines etwas scharffen und anhaltenden Geschmacks.
Radices Consolidae majoris, Wallwurtz ist ein lange Fingers dicke Wurtzel mit vielen Sprossen
/ außwendig schwartz und inwendig weiß / eines [203] süßlichen und
schleimichten Geschmacks.
Radices Cucumeris Asinini, Esels-Cucumer-Wurtzel ist eine weisse scharffe Wurtzel / so
ziemlich breit und deßwegen in Scheiben zerschnitten / gedörret und also an die Materialisten
verhandelt wird: wächset gern in hitzigen Landen / sonderlich in Italien; wird abez doch auch
in Teutschland gezogen.
Radices Cynoglossae, Hundszungen-Wurtzel ist eine lange Fingers-Dicke Wurtzel / eines
anhaltenden Geschmacks.
Radices Dictamni albi, Aesch-Wurtz bestehet in den Officinen auß den Schalen der Wurtzel / so
wie Röhren anzusehen und gantz weiß sind / eines etwas bitteren Geschmacks.
Radices EbuIi, Attich-Wurtzeln sind lange Wurtzeln eines bitteren / etwas scharffen und
widrigen Geschmacks.
Radices Enulae, Aland-Wurtzel ist eine ziemlich dicke / braune und wohlriechende Wurtzel /
etwas bitter und scharff; wird in Scheiben geschnitten / gedörret und an einer Schnur
auffgehänget: Wächset gern in feuchten Gründen und Wiesen / und ist ein recht aromatische
Wurtzel / so gar / das einige ein flüchtig Saltz / dem Campher nicht viel ungleich / davon
destilliren.
Radices Eringii, Manstreu-Wurtzel ist ein gelb-braune Wurtzel / eines scharfichten und
anfangs bitteren / nachmahlen süssen Geschmacks.
Radices Esulae, Wolffsmilch-Wurtzel ist zweyerley / klein und grosse / worvon diese so dick
als ein Daume / scharff und widrig schmäcket: Jene zwar kleiner ist / aber dergleichen Kräffte
hat: werden in Thüringen gegraben / und wird der inwendige Kern außgeschnitten / das andere
gedörret und verkauffet.
Radices Farfarae, Hufflattich-Wurtzeln sind kleine dünne Wurtzeln eines scharffen und
schleimichten Geschmacks.
Radices Filicis, Fahrenkraut-Wurtzeln sind schwartz-braune stracke Wurtzelen / von
mittelmälsiger Dicke / eines anhaltenden und wenn sie noch frisch / schleimichten Geschmacks.
Radices Filipendulae, Roth-Steinbrech / Wurtzel ist eine knodichte Wurtzel / außwendig braun
und inwendig röthlich gelb / eines anhaltenden Geschmacks. Die Knollen hangen an langen dünnen
Zasern / dahero der Lateinische Nahme gekommen ist.
Radices Foeniculi, Fenchel-Wurtzel ist eine lange und nicht gar zu dicke weise Wurtzel / so
einen süssen Geruch und einen schleimichten / doch etwas aromatishen / Geschmack hat.
Radices Gentianae, Entzian-Wurtzel ist eine lange dicke und glatte Wurtzel / euserlich
lichtbraun und inwendig gelb / eines sehr bitteren Geschmacks.
Radices Gentianae, albae, weise Entzianwurtzel ist die Welsche Haarstrang - Wurtzel / so gar
nicht im Gebrauch ist.
Radices Graminis, Graß-Wurtzeln sind lange und dünne quecken / mit vielen Geleichen / eines
etwas scharffen Geschmacks.
Radices Hyosciami, Bilsenkraut-Wurtzel ist eine dicke und so wohl eusserlich als innerlich
gelbichte Wurtzel / eines sehr bitteren und scharffen Geschmacks.
Radices Hirundinariae, Schwalben-Wurtz ist eine kleine mit vielen weisen Zasern behängte
knollichte Wurtzel / so einen süßlichten und etwas scharffen Geschmack / auch einen guten
Geruch hat.
Radices Imperatoriae Meister - Wurtzeln find ziemlich dicke und rauhe Wurtzeln / eusserlich
dunckelbraun und inwendig weiß / eines scharffen und sehr aromatischen Geschmacks und guten
Geruchs: Kommen meistens auß der Schweitz und absonderlich dem Walliser Gebieth in Bündelein /
wie Schurzius in seiner Material-Kammer p. 73. bezeuget.
Radices Lapathiacuti, Grindwurtz / ist eine stracke / braune Wurtzel eines anhalten
Geschmacks.
Radices Levistici, Liebstöckel-Wurtzel ist ein Daumens-Dicke lange Wurtzel / so [204] sich in dicke Zasern außtheilet / außwendig braun / inwendig bleich /
eines scharffen und aromatischen Geschmacks / auch guten Geruchs: wird gar leicht
wurmstichicht.
Radices Liliorum alborum, weise Lilien-Wurtzelen bestehen auß schuppichten Zwibelen / so
einen schleimichten Geschmack haben; werden aller Orten in den Gärten gezielet.
Radices Malvae, Pappelnwurtz ist ein lange / weise und schleimichte Wurtzel.
Radices Morsus Diaboli, Teuffels-Abbiß / ist ein zäserlichte Wurtzel / welche oben einen
dicklichen Knollen hat / so unten stumpff scheinet / als ob etwas abgebissen wäre / dahero sie
auch den Nahmen hat.
Radices Nymphaeae, Seeblumen-Wurtzel / ist ein dicke und schwammichte Wurtzel / so einen
anhaltenden herben Geschmack hat.
Radices Ononidis, Hechelwurtz ist eine lange / zackicht- und holtzichte Wurtzel / anfangs
etwas bitter / nachgehends aber süßlicht.
Radices Petasitis, Neunkräfften oder Pestilentz-Wurtz ist eine sehr hartzichte Wurtzel /
welche daher einen aromatischen und etwas bitteren Geschmack / auch guten Geruch hat; wächset
gern an den Bächen und deren Ufern.
Radices Pentaphylli, fünff Finger Kaut-Wurtz ist eine lange stracke Wurtzel / außwendig
Zimmet-roth / inwendig bleich / zeiget einen Stern / wann sie in Stücken zerschnitten wird; es
wird aber gemeiniglich der Kern herauß geschnitten und die dicke Schale / so zu Röhren zusammen
lauffen / in denen Apothecken gefunden / welche einen anfangs anhaltenden / nachmahlen etwas
durchdringenden Geschmack haben.
Radices Peucedani, Haarstrang Wurtzel ist eine lange dicke Wurtzel / in- und außwendig weiß /
eines hartzichten Geruchs und eines scharffen / etwas bitteren und schleimichten Geschmacks.
Radices Phu Pontici, Groß Baldrian-Wurtzel ist ein zäserichte Wurtzel oben mit einem Knopff /
außwendig lichtbraun / inwendig bleich: eines aromatischen und etwas scharffen Geschmacks und
guten Geruchs. Sie muß vor den Katzen bewahret werden / welche sich gern darauff wältzen.
Radices Pimpinellae, Bibenell-Wurtzel ist eine lange Wurtzel / so dick als ein grosser
Feder-Kiel / eines scharffen Geschmacks.
Radices Poeoniae - Poeonien-Wurtzelen sind ziemlich dicke und wohl einer Hand lange Wurtzeln
/ eusserlich braun / werden aber geschabt / daß sie in den Apothecken in- und außwendig weiß
außsehen / haben einen süßlichten / doch etwas scharffen und gelind-anhaltenden Geschmack.
Radices Polypodii, Engellsüß ist eine rauhe / lange Wurtzel / in der Dicke eines kleinen
Fingers / hat einen sehr süssen und doch etwas scharffen Geschmack. Wann sie fein braunlicht
gedörret / im Brechen inwendig gelblicht / und von aussen nicht schwartz ist / wird sie vor gut
gehalten.
Radices Rhodia, Rosenwurtz / ist eine knollichte mürbe Wurtzel / außwendig braun und inwendig
weiß / wie die Rosen (davon sie den Nahmen hat) riechend / gleich dem Ligno Rhodino, mit
welchem sie doch nicht confundiret werden soll.
Radices Satyrii, Stendel-Wurtz bestehet aus länglicht runden Knollen / eines süßlichten
Geschmacks / nach Schweiß riechend.
Radices Saxifragiae, Steinbrech-Wurtzeln sind lange Wurtzeln / eines kleinen Fingers - dick
und scharffen Geschmacks.
Radices Scabiosae, Scabiosen Wurtzel sehen gantz wie Teuffels-Abbiß / nur daß sie brauner
sind.
Radices Scorzonerae, Schlangenmord-Wurtzel sind Fingers-dicke Wurtzeln / so an ihren eusseren
Rinde [205] röthlicht-weiß / inwendig gantz weiß außsehen und einen süssen
Geschmack haben: wachsen umb Jena.
Radices Scrophulariae, Braunwurtz ist eine dicke / ungleiche und wartzichte Wurtzel /
außwendig schwartzbraun / und inwendig bleich / eines scharffen / bitteren und etwas
anhaltenden Geschmacks.
Radices Sigilli Salomonis, Weißwurtz / ist eine ziemlich dicke und lange Wurtzel / auß- und
inwendig weißlicht anzusehen / eines süßlichten und etwas schärfflichten Geschmacks.
Radices Tormentillae, Tormentill-Wurtzel ist eine kurtze knollichte Wurtzel / außwendig
dunckelbraun und inwendig röthlicht / eines anhaltenden Geschmacks.
Radices Victoralis, Aller-Manns Harnisch-Wurtz ist zweyerley / nemblich Rotunda, die runde /
und Longa die lange: kommen beyde aus Tyrolen und dem Saltzbürger Gebürg / und werden von den
Marckschreyern zu allerhand Aberglauben gesuchet: Sonsten aber von den Medicis langsam
gebrauchet: kommen an den Kräfften mit dem Knobloch überein.
Radices Urticae, Nessel-Wurtzeln sind sehr lange und in viele Geleiche außgetheilte Wurtzeln
/ wie Stroh anzusehen / eines etwas scharffen Geschmacks.
|| [206]
Desz zweyten Buchs dritte Abtheilung Von den Frembden Kräutern und Blumen.
Das I. Capitel Von den ACMELLEN-Blättern.
§. 1.
DIe Acmellen-Blätter oder Folia Acmellae sind zarte und zerkerbte Blätter / an der Grösse und
Gestalt den Taub-Nesseln nicht sehr ungleich / welche bey kurtzen Jahren / nemblich 1690. durch
die Ost-Indianische Compagnie erst aus Ost-Indien in Holland gebracht worden und in Teutschland
noch nicht sonderlich bekandt sind / obwohlen nicht zu zweifflen ist / daß sie noch / wegen
ihrer angerümbten Eigenschafften / bey uns auch werden auffkommen: haben sonsten einen etwas
subtilen und erwärmenden / doch nicht scharffen Geschmack.
§. 2.
Es wächset aber dieses Kraut Acmella meistens in der Insul Ceylon, und wird von denen
Kräuter-Verständigen Chrysanthemum bidens oder Bidens Zeylanicum genennet: trei [207] bet aus einer weissen zasselichten Wurtzel einen bey nah
viereckichten Stengel / etwa eines Schuhes hoch / viele Aestlein / mit länglichten
ausgespitzten und gekerbten Blättern / wie aus beyden Figuren zuersehen / deren eine mir von
Herrn D. Spenern in seinem Brieffe / so er von den See-Mäussen aus Ambsterdam Anno 1700. durch
offentlichen Druck an mich abgelassen / und zugleich der erste von diesen Blättern offentlich
geschrieben / communiciret worden; und obgleich dessen Figur von andern angefeindet worden / so
ist er doch leicht zu excusiren / dieweilen man anfänglich nicht so bald alle minutissima von
solchen frembden Gewächsen erfahren kan und sich offters mit anderer Relation begnügen muß. Die
andere Figur ist bald hernach in eben diesem Jahr von dem jungen Herrn Breynio (welche sie von
Herr D. Ruyschen zu Ambsterdam bekommen) in einer besonderen / zu Leyden gehaltenen /
Disputation vorgebildet und von den Herren Leiptzigern denen Actis Eruditorum Anno 1701. Mens.
Jan. pag. 31. einverleibet worden / in welcher die kleinere Figuren sub Lit. A. das Blümchen
allein / Lit. B. das angehenckte Schüpgen und dann Lit. C. dessen Saamen abbilden.
§. 3.
In Ausfsuchung dieser Blätter muß man in Acht nehmen / daß / soviel es möglich ist / sie noch
frisch und nicht zu alt seyen / dann ihre Kräfften mehrentheils in subtilen flüchtigen Theilgen
bestehen / durch welche sie den Urin / so sehr er auch gesteckt sey / gewaltig treiben und also
den jenigen / die auch schon viele Jahr her mit dem Nieren- und Lenden-Stein / auch andern
affecten beladen gewesen / wohl zustatten kommen / sintemahl dieselbige auch von den
vornembsten Einwohnern in Ceylon vor ein sonderlich Mittel gegen den Nieren und Blasen-Stein /
Verschliessung des Harns und dergleichen gehalten werden; wie sie dann auff eben diese Manier
die Monathliche Reinigung der Weiber befördern sollen.
§. 4.
Gleich wie nun diese Acmellen-Blätter an der Gestalt dem gemeinen Thee nicht gar ungleich
scheinen / auch in dergleichen blechinen Büchsen anffgehalten werden / also kommen sie dem
Gebrauch und Rutzen nach dem Medicinal-Thee, welcher von einigen Thee-Boeye genennet wird /
sehr nahe / indem sie von den Indianern auff eben solche Art in warm Wasser infundirt werden /
und dieses / nachdem es die Krafft ausgezogen hat / also warm genutzet wird.
§. 5.
Uber dieses aber wird auch aus diesen Blättern ein besonderer Brandenwein und Spiritus
gebrennet / wann man nemblich den Liquorem Arack darüber schüttet und nachmahlen wieder
abziehet / welches eine Art Brandenwein ist / so die Indianer entweder aus Reiß / wie Pomet in
dem Anhang seiner Material-Kammer vermeynet / oder / wie andere berichten / aus Zucker und
Palmen-Wein destilliren. Ich halte aber man könne eben sowohl unsern Brandenwein oder auch
einen andern dienlichen Spiritum hierzu nehmen und über offtgedachte Blätter abziehen / daß man
deren Spiritum überkomme / von welchem / so er recht gemacht ist / 12. biß 20. Tropffen den
Urin gewaltig befördern / wie solches obgemeldter D. Spener an berührtem Ort mit seinem eigenen
Exempel bezeuget.
§. 6.
Indessen muß man sich in Acht nehmen / daß man ihnen nicht grössere und gantz fabelhaffte
Tugendten zuschreibe: daß nemblich / wann man diese Blätter mit einem Kisselstein käue / dieser
davon gantz erweichet und zermalmet werde / wie einige sich davon träumen lassen; dann
obbelobter Herr Breynius auffrichtig bekennet / daß / da er solches probiret / in seiner
Hoffnung wäre betrogen worden. Sonsten aber führet er verschiedene schöne Curen an / welche der
berümbte Herr D. Dekker in Stein-Schmertzen / verschlossenem Harn und dergleichen damit gethan
/ unter dessen Praesidio er obberührte schöne Disputation de Radice Ginsem &
Chrysanthemo Bidente Zeylanico, Acmella dicto, gehalten / welche hiervon mit mehrerem handelt.
|| [208]
§. 1.
DIe THEE-Blätter sind heut zu Tage so bekandt / daß es fast ohnnöthig scheinet / solche
weitläufftig zubeschreiben. Damit aber doch auch demselben sein Recht geschehe / so ist
zuwissen / daß der Thee, wie er den Europäern zu Handen kommet / aus schwartzen oder
dunckel-grünen / und zusammen gerolten Blätterlein bestehe / welche eines etwas bitteren /
aromatischen und gelind adstringirenden Geschmacks / auch eines anmuthigen und gleichsam nach
frisch gemeyhetem Heu riechenden Geruchs sind: Wird aus Ost-Indien in grossen metallischen
Capsulen und Einschlägen (welche aus Calin / einem gewissem Metall / so nicht so gut als Zinn /
aber viel besser als Bley ist / bestehen / und damit ja nichts von der Krafft weggehe / umb und
umb mit Indianischem Papier eingefasset sind) zu ¼, ½. und gantzen Centner durch die Compagnie
in Holland und Engelland gebracht / bey uns aber in kleinen blechinnen Büchsen von ¼. oder ½.
Pfund hin und wieder verkauffet.
§. 2.
Kaum waren diese Blätter kund worden / so bestrebeten sich die Natur- und
Kräuter-Verständigen zuwissen / von was vor einem Gewächs sie herrühren möchten? Einige /
welche am ersten davon geschrieben / nahmentlich Bontius, Varenius, Olearius, Mandelslo und
andere gaben vor / es wäre ein Kraut. Als aber einige PP. Jesuiten Trigautius, Rhodius, Martini
&c. als Missionarii in Chinam und Japponien gekommen / haben sie in Acht
genommen / daß es kein Kraut / sondern ein kleines Bäumlein oder Strauch sey / welches die
Zähigkeit der Blätter selbsten zeigen konte. Hiermit aber waren die Gelahrten noch nicht
vergnüget / sondern griebelten weiter nach / ob nicht dergleichen Sträuchlein und Gewächs auch
in Europa / und vielleicht in Teutschland selbsten zu finden sey / daß man nicht nöthig habe /
das dazumahl noch gar zu theure Thee-Gewächs aus Ost-Indien kommen zulassen? Da dann der
berümbte Dänische Medicus, D. Simon Paulli uff die Gedancken kame / es wäre dieses Bäumlein
nichts anders / als der Chamaeleagnus, teutsch Post genandt / welche Meynung er in einem
besonderen Tractat de Abusu Tabaci & Herb. Thée weitläufftig zu behaupten
suchete / und einer gantzen Medicinischen Facultät zu Paris zu dijudiciren übersandte. Als er
aber kurtz darauff auch Herrn Lic. Cleyern, Proto-Medico in Neu-Batavien / durch seinen Sohn /
Herrn Joannem Joachimum Paulli (welcher dazumahlen selbsten in Ost-Indien reissete) begrüssen /
und umb die wahre Beschaffenheit befragen liesse / antwortete dieser / sonsten in allen seinen
Relationen gar redliche und auffrichtige Freund / daß / ob schon der Thee und die Blätter vom
Chamaeleagno an der eusseren Gestalt etwas gleich kämen / so wäre doch unter beyden Gewächsen
noch [209] ein gar zu grosser Unterscheid / wie auß der im Anfang dieses
Capitels gesetzten Figur (welche wohlgemeldter Herr Cleyer in Japan von dem lebendigen Strauch
nehmen lassen und in den Act. Med. Hafniensibus Vol. IV. pag. 2. auch zu finden ist) zusehen
war: Anbey berichtend / auff was manier derselbe gepflantzet und wie der Thee davon gesamler
werde. Es machen nemblich die Einwohner in China und Japan (wo es eigentlich wächset) eine
Grube in die Erde und werffen darin 40. biß 50. Saamen-Körner / scharren alsdann alles zu und
bedecken es mit Strohe. Hiervon entspringen ohngefehr 6. 8. 10. biß 14. Sträuchlein / welche
sie alle zusammen auffwachsen lassen / weilen sie gern dick stehen. Solche lassen sie also 3.
Jahr ruhen / ehe sie die Thee-Blätter davon samblen / und wann solche vorbey / so samblen sie
im April die neu-hervor schiessende junge Blättlein (welche von den alten / so der Strauch
nicht abwirffet / und deßwegen gelbicht werden / leicht zu unterscheiden sind) bey hellem
Wetter / darunter die dünne und schmale / so nur 3. oder 4. Tage alt sind / vor die besten
gehalten werden / wiewohlen auff fetten und wohlgebaueten Aeckern auch die breite in solcher
Zeit wachsen können.
§. 3.
Hier aber ist sehr merckwürdig / daß der also frische Thee eine narcotische und gantz dum-
und trunckenmachende Krafft habe / welche biß daher von Niemanden unter so vielen Authoren,
welche von demselben geschrieben haben / meines Wissens / observiret worden. Indessen hat mich
dessen vor wenigen Jahren ein damahlen auß Ost-Indien kommender und in diesen Sachen sehr
erfahrner Mann / Nahmens Herr D. Kempffer auß Westphalen (welcher sich lange Zeit bey
obgemeldtem Herrn Cleyero in Ost-Indien auffgehalten und in dieses Nahmen vor etwa 16. Jahren
einen Brieff in duplo an mich schreiben / auch einige Curiositäten schicken müssen / so mir
aber wegen Ver-Unglückung des Schiffes nicht zu Handen gekommen) mündlich versickert / und kann
auch theils auß der praeparation, welche durch das Rösten geschiehet / theils durch seine
Krafft / wormit es den Schlaaff (wie andere in gar geringer dosi genommene opiata) verhindert /
leicht geschlossen und geglaubet werden. Damit nun die frische Blätter davon befreyet und zum
täglichen Gebrauch praepariret werden möchten / so thun sie dieselbige in eine grosse eiserne
oder kupfferne Pfanne und wältzen sie darin mit der Hand / über dem Feur / hin und her / biß
der Safft etwas hernach gehe: hernach wältzen sie andere auff einem Banck zu Bützger / welche
wieder / wie zuvor / etlichmahl geröstet und gerollet werden: dann nachdem sie weniger oder
mehr also gearbeitet werden / je wohlfeiler oder theurer sie sind / wie solches nicht allein
obbelobter Herr D. Kempffer mündlich / sondern auch Herr Cleyerus in seinem Brieff an D. Simon
Paulli berichtet / welcher in den Act. Hafniensibus l. c. kan gelesen werden.
§. 4.
Sonsten hat man verschiedene Sorten von dem Thee, welche entweder nach der Blättern Grösse /
oder nach der Farbe unterschieden werden. Der beste ist recht hell grün / hat einen guten
Geschmack und Geruch / wie der Japonische insgemein zu seyn pfleget / welcher nicht allein
rarer und besser / sondern auch viel theurer ist / und mag vielleicht derjenige seyn / welchen
wir hier zu Land
Kayser-Thee oder auch Thee Boye
nen̅en: mit welchem Nahmen doch in Indien nur die Blüth (welche der Käyser
meistens trincket) beleget wird / wie Georg Meister indem Ost-Indischen Lust-Gärten p. 176.
berichtet: und kan man den Unterscheid auch an dem Thee-Wasser sehen / indem der frisch- und
gute Thee eine grünlichte / der schlechte aber eine gelbe couleur und Tinctur gibt: wiewohlen
auch viel an der Zeit gelegen / wie lang man ihn extrahiren lässet. Pomet gedencket über dieses
auch der
Thee-Blumen /
welche vielmehr einer Blum / als Blättern gleich sehen / eine schwartz braune couleur haben
und von den Holländern dem Gold gleich sollen geschätzet werden / worvon dessen Frantzöische
Material-Kammer pag. 144. zu sehen. In Indien selbst soll ein Catjen 100. Thaler kosten / wie
Georg Meister schreibet.
§. 5.
Nachdem aber diese Thee-Blätter so theur gehalten und noch heutiges Tages das ???. unter 5.
Rthlr. langsam zu bekommen ist: als haben verschiedene Medici darvor gehalten / daß man wohl
bey Uns audere gute Kräuter finden könne / welche eben den effect thun würden; derohalben
einige die Beronien / welche dem Thee fast gleich sihet: Andere den Ehrenpreyß / welchen sie
derowegen Veronicam Theeizantem in eigenen Büchlein genennet / als Francus und Pechlinus:
Andere den Roßinarin / als Ettmüllerus in Comm. Schroed. pag. 673: Noch andere die Salbey an
dessen statt recommendiren / welche letztere nicht allein in der letzteren Campagne von den
Officirern mit Nutzen getruncken / sondern auch von den Indianern gegen den Thee also
außgetauschet wird / daß sie der Ost-Indischen Compagnie vor I. ???. Salviae 2. ???. und wohl
mehr Thee geben; welches die Ursach seyn mag / daß der Thee bey uns wohlfeiler / als in
Indien [210] selbsten / zuhaben ist. Will man aber jedoch des Thee nicht
gäntzlich entohniget seyn / so kan man mit dem berümbten Olao Borrichie noch andere und zu
jeder Kranckheit dienliche Kräuter darzu mischen und also ein Thee appropriatum darauß machen /
dergleichen in dessen Tr. de Usu Plantarum zu finden ist.
§. 6.
Beyder / nemblich des eintzelen und vermischten Thee Gebrauch ist / daß man ein oder oder 2.
quint, oder soviel beliebig / in siedheissem Wasser extrahiren lasse / biß solches grünlicht
werde / welches alsdann in die porcelline Köpger gegossen und also eingeschlurffet wird. Die
Kesselein und andere Thee-Geschirr / welche nicht allein die Indianer / sondern auch die
Leutschen in den Coffi - Häussern brauchen / findet man in oben allegirtem Tr. de abusu Tab.
& herb. Thee, D. Simon Paulli, in schönen Abrissen und Figuren. Will man es
lieber süsse haben / so thut man geflossenen Canarien Zucker darein / so viel beliebig ist / an
dessen statt die Indianer den Stern-Aniß gebrauchen / welchem man hier zu Land den Gemeinen /
oder auch das Süßholtz substituiren kan.
§. 7.
Was endlich seine Kräffte und Qualitäten anlanget / beschreibet dieselbige in drey Stücken
sehr kürtzlich und nervôs der Author des Atlantis Sinici Novi, nehmlich P. Martinus / Martini,
indem er pag. 106. schreibet / daß das Thee 1. das Haupt erleichtere 2. den Magen stärcke / und
3. die Nieren von Sand und Stein befreye. Seine übrige Tugenden sind von einem guten Freund in
folgenden Reymen abgefasset:
Krafft / Ligenschafft und Würckung des Edlen Thees.
1.
WIltu der Gesundheit pflegen
Und vor Kranckheit mancher Art
Biß ins Aller seyn verwahrt /
Laß dir diß seyn angelegen:
Recipe
Edlen Thee /
Der verschafft durch seine Tugend /
Daß wir werden wie die Jugend.
2.
Wo der Magen ist geschwächet /
Wo dein Blut entzündet ist /
Und du kranck im Haupte bist /
Wann du auch zuviel gezechet /
Recipe
Edlen Thee /
Der befreyet Haupt und Magen
Gar geschwind von allen Plagen.
3.
Hastu Noth von vielen Winden /
Ist der Darm so voll gepfrofft /
Die Passage ist verstopfft /
Daß der Außgang nicht zu finden /
Recipe
Edlen Thee /
Der wird besser als Clystiren
Auff den rechten Weg es führen.
4.
Will dich Gicht und Scharbock quälen /
Greifft das Zipperlein dich an /
Daß kein Artzt dir helffen kan /
Dieses Mittel wird nicht fehlen:
Recipe
Edlen Thee /
Der wird deinen lahmen Füssen
Jhre Schmertzen bald versüssen
5.
Flecken / Finnen / Eyterbeulen /
Kupffer-Nasen / und Gesicht
Da der Wein mit Macht außbricht /
Wilstu auß dem Grunde heylen /
Recipe
Edlen Thee /
Der wird von Gesicht und Nasen
Solchen Unflat bald weg blasen.
6.
Macht die Colic dir viel Schwertzen /
Zeucht der Krampff die Sennen an /
Daß dir niemand rathen kan /
Und betrübest dich von Hertzen /
Recipe
Edlen Thee /
Der wird alles bald curiren
Und das Hertz zur Freude führen.
7.
Ist der Vater dir gestorben /
Wolte gerne seine Pflicht
Legen ab / und kan doch nicht /
Und die Mutter auch verdorben /
Recipe
Edlen Thee /
|| [211]
Der wird ihn zu Liebes-Wercken
Kräfftig / auch die Mutter / stärcken.
8.
Hat der Ehftand dir versaget
Einen Erben anzusehn /
Und thust traurig einhergehen /
Ey nur nicht zu bald verzaget /
Recipe
Edlen Thee /
Der wird in die Nieren lauffen /
Daß du bald wirst lassen tauffen.
9.
Summa, alles was da kräncket
Unser Leib und Glieder all /
Deren beyden ohne Zahl
Und was nur zur Kranckheit lencket /
Nimbt ohn Weh
Weg der Thee;
Drum so preyse seine Kräffte /
Höher als die Lebens-Säffte.
10.
Diß nur hab Ich wahr genommen /
Daß wer Noth an Würmen spührt /
Und davon will seyn curirk /
Nicht muß an diß Mittel kommen /
Weil ich seh /
Daß der Thee /
Mehrt die Würme fast mit Hauffen /
Denen die Jhn täglich sauffen.
§. 1.
DAs Indianische Blat / FOLIUM INDUM oder
MALABATHRUM
ist ein ziemlich grosses / länglichtes / dick / glattes und breites / doch oben außgespitztes
Blat / wordurch der Länge nach drey starcke fibrae oder Fasseln gehen / eines guten Geruchs und
etwas aromatischen Geschmacks: hat mit den Blättern von dem Zimmet oder Caneel-Baum eine grosse
Gleichheit / ausser daß das Indianische Blat in der Mitten etwas breiter / auch unten an dem
Stiel nicht so, aromatisch schmäcket / wie das Zimmet-Blat; wie solcher Unter scheid vor andern
von Fabio Columna, in seine Anmerckungen über des Hernandez Histor. Rerum Med. Nov. Hispan.
pag. 864. wohl angemercket und gezeiget worden. Wiewohlen Herr Herbert de Jager am End des VI.
Ost-Indianischen Send-Schreibens es vor das Caneel-Blat hält / und solches gewiß wissen
will.
§. 2.
Von dem Gewächs dieses Blats findet man verschiedene Meynungen / indem unsere [212] alte Vorfahren / als Dioscor. und Avicenna darvor gehalten haben / sie wüchsen und
schwimmeten auff den stehenden Wassern / wie die Nymphaea; Dahero Ettmüllerus in Comment.
Schroed. pag. 599. fast zweifflen will / ob man heutiges Tages der Alten Malabathrum habe /
nachdem gewiß ist / daß unser Indianisch Blat von einem gewissen Baum in Indien herrühre /
welcher nach einiger Scribenten Meynung an denen Wassern umb Cambaja wachsen / und einem
Citronen-Baum an der Grösse nicht ungleich fallen / auch einige Beerlein / wie der Caneel-Baum
/ doch kleiner / tragen soll; wie dann auch unter den Blättern zuweilen kleine Bläßlein
hervorschiessen sollen / wie beydes aus obgesetzter Figur zuersehen / welche Pomet in seiner
Material-Kammer pag. 142. abgemahlet. Noch andere von den neuesten Botanicis halten vor gewiß /
daß dieses Blat von der Canella Malabarica, oder demjenigen Baum herrühre / worvon die Casia
Lignea genommen wird / wie solches D. Dexbach in Disp. Inaug. de Casia &
Malabathro pag. 7. 16. zu behaupten suchet; welche letztere Meynung fast am
allerwahrscheinlichsten ist.
§. 3.
Die Blätter selbsten müssen schön groß und breit / auch so viel möglich / frisch und noch
grün- scheinend erlesen werden. Sie sollen auch noch gantz / und nicht zerrissen oder zermalmet
seyn / welche ihre Kräffte besser erhalten. Die alte / verlegene und zerstossene hergegen
verlieren sowohl ihren Geschmack / als guten Geruch / welches die Ursach ist / daß man offters
an diesem Blat weder Safft oder Krafft spüret / so gar / daß obgemeldter Materialist / M. Pomet
sich verwundert / warumb man doch solches vor diesem und annoch unter den Theriac mische.
§. 4.
Sonsten kommen seine Kläffte und Würckungen mit den Nardo überein. Es machet einen guten und
wohlriechenden Athem / treibet den Stein und Harn / stärcket den Magen / und wird auch
eusserlich / wann es in Wein gekocht und auffgelegt worden / gegen die Entzündungen und
trieffende Augen gerühmet. Es soll auch die Kleider vor Schaben und Motten praeserviren / wie
solches Wormius in Mus. pag. 162. vor andern am besten beschrieben. Endlich kan man auch ein
Oehl aus diesen Blättern destilliren / welches dem Zimmet-Oehl gleich kommen / aber etwas
schwehr seyn soll: stärcket den Magen und andere Glieder.
§. 5.
Auff Veranlassung des Indianischen Blats kan nicht unterlassen des allergrösten Blats / so in
der Welt mag gefunden werden / allhier mit wenigem zugedencken / welches von einem sehr
wunderlichen Gewächs / so in Syrien und Abyssinen zufinden ist und insgemein Mautz oder
MUSA
genennet wird / herrühret und gemeiniglich so lang und breit ist / daß eine ansehnliche
Person mit dem gantzen Leib darauf liegen kan / wie D. Rauwolff (welcher dergleichen umb Tripol
gesehen) in seinem Jtinerario meldet / und kan ich selbsten bezeugen / daß ich vor diesem bey
Herrn / Sebastian Scheffern Seel. zu Franckfurt ein dergleichen Blat gesehen / welches eint
sehr hohe Thür an einem grossen Bücher-Schranck gäntzlich bedeckete / und ist zubedauren / daß
nach seinem Todt solches nebst seinen schönen und raren curiosen Büchern umb ein bagatel an die
Juden verkauffet worden.
§. 6.
Man hat sich aber desto mehr über die Grösse dieser Blätter zuverwundern / weilen sie nicht
an einem Baum / sondern an einem Kraut wachsen / welches der Weltberümbte Jobus Ludolfi in
seiner Historia AEthiopica Lib. 1. cap. 9. aus dem Horto Malabarico in einer gesetzten, Figur
unter Augen geleget / auch in seinem sehr curiosen Commentario. pag. 141. 142. aus des Fürsten
Radizivils, Rauwolffen und andern Reiß-Beschreibungen gründlich und deutlich beschrieben und
zugleich derjenigen Irthumb wiederleget hat / welche dieses Gewächs vor einen Baum gehalten /
da es kaum ein Staude genennet werden kan / weilen es gantz kein Doltz hat und jährlich
entweder abgeschnitten wird / oder gar verdorret. Dem eusserlichen Ansehen nach ist es wie ein
Federpusch anzusehen / wächset 1 1 / 2. biß weilen auch 2. Mann hoch / von aussen glat / schön
grün und fast wie ein Rohr mit Blättern bekleidet anzusehen / welche von den Winden offters so
zerrissen und zerfetzet werden / daß nichts als die blose Stengel und Fäserlein darumb hangen /
wie Wormius solches aus Clusii Not. ad Garc. p. 163. Mus. weitläufftig beschrieben hat.
§. 7.
Die Früchten / (welche dieses Gewächse nur einmahl / so lang es stehet / träget) werden in
der Radzivilischen Reiß-Beschreibung also abgemahlet: Auff einer Stauden / daran die Frucht
wächset / hangen unterweilen solcher in einem Büschel wohl 50. beyeinander / die sich dann /
wegen des grossen Gewächs / wie die Melonen auff das Erdreich ausbreiten / und wo man sie lang
liegen lässet / verfaulen: sehen unsern Cucumern nicht unähnlich / ausser daß sie etwas dicker
/ krummer und länger gestalt ist. D. Rauwolff aber thut hinzu / daß sie [213] von aussen glatt / mit einer dicken Schelffe überzogen seye / und ob sie schon erstlich gelb
wäre / doch / wann sie wenig Tage gelegen / schwarzfaulicht werde / auch wie die frische Feigen
sich abziehen liese / wäre auch / wie diese / süß und gut zu essen, Obbelobter Herr Ludolf hat
dergleichen vor einigen Jahren aus Orient bringen lassen / bey welchem auch solche selbsten
kosten zukönnen das Glück gehabt: waren noch von gutem Geschmack / ob sie schon lang
eingesaltzen gewesen.
§. 8.
Der Gebrauch und Nutzen ist wegen der grossen rarität hiesiger Orten gantz unbekandt. Es ist
aber zu vermuthen / daß sie mit den Feigen sehr übereinkommen; wie dann das Gewächs von Acosta
auch FICUS INDICA genennet wird. Und weilen diese Frucht die Natur bey Mann- und Weibs-Personen
/ wegen ihrer guten Nahrung / sehr stärcket / so ist sehr probabel, daß sie nichts anders / als
die
DUDAIM,
deren Gen. 30. §. 14. 15. & seqq. gedacht wird / seyen / wie nicht allein
Herr Ludolf solches an obbemeldten Stellen stattlich erwiesen / sondern auch schon von
Guilandino und andern dem Gewächs selbsten deßwegen dieser Nahme beygeleget worden ist.
§. 1.
ALldieweilen obige drey Kräuter mit unter den Theriac kommen / auch aus Frembdten Landen
gebracht werden / so müssen sich die Materialisten vor andern auch damit versehen. Von allen
aber braucht man nur das Kraut oder Blätter: und ob man gleich von dem gemeinen Diptam auch die
Wurtzeln in den Apothecken findet / so braucht man doch dieselbige von dem
Cretischen Dictam
oder
DICTAMNO CRETICO
gar nicht / sondern es bestehet dieser in den Officinen as dicken / weissen und gleichsam
gantz wollichten Blättern / eines scharffen und aromatischen Geschmacks und starcken
Geruchs.
§. 2.
Dieses Kraut wächset häuffig in Candiâ oder Cretâ, (davon es seinen Nahmen hat) zwey oder
drey Schuh hoch / hat runde und auff beyden Seiten wollichte Blätter und schöne wohlriechende
purpur-farbe Blümelein / wie Hopffen zusammen gefüget / mit schwartzen Stengeln: wird in
Teutschland gar nicht / in Italien aber / absonderlich im Horto Medicô zu Padua nur zuweilen
gefunden; und muß derowegen aus obgemeldter Insul Candien gebracht werden.
§. 3.
Man muß aber zu sehen / daß diese Blätter noch frisch / breit und wollicht / auch eines guten
Geschmacks seyen und zugleich noch mit der Blüt kommen; woran man sich vorsehen soll / daß sie
nicht mit dem falschen Cretischen Diptam verfälschet seyen / welcher dem rechten an den
Blättern ziemlich gleich ist / aber eine andere Blüte und weisse Stengelu hat / da der rechte
hergegen an schwartzen Stielen wächset / mit welchen er doch nicht vermenget seyn soll /
absonderlich bey dispensation des Theriacs, wo die beste simplicia erfordert werden.
§. 4.
Seine Qualitäten sind erwärmend und wird derowegen von dem berümbten Casp. Hoffmanno de med.
offic. p. 269. zu dreyen Stücken hauptsächlich gerühmet / daß er nemlich 1. alle Dorne und
Stacheln auß dem Leibe ziehe / oder vielmehr treibe / 2. die Geburth gewaltig befördere und 3.
dem Gifft widerstehe / weswegen Er auch unter dem Theriac genommen worden. So Er aber nicht
zuhaben wäre / so substituiret ihm Sim. Paulli in Quad. Bot. pag. 286. den gemeinen Poley: die
Pharmaec. Augustana aber das Scordium oder Lachen Knoblauch.
§. 3.
Gleich Tugenden rühmet man von dem Berg-Poley oder
POLIO MONATANO,
dessen öberste Blätter / samt der Blüte / in den Apothecken zu finden / worvon jene klein /
dicke und zerkerbt / auch oben und unten mit einer gelben Wolle umbgeben sind: Diese aber
Goldgelbe und an kleinen Sternlein zusehen sind; beyde eines etwas scharffen und aromatischen
Geschmacks und starcken Geruchs: Wird von Montpelier gebracht.
§. 6.
Dieses Kräutlein wächset häuffig in der Provintz Languedoc in Franckreich / und zwar auff
hohen Bergen / ohngefehr eines Schuhes hoch: Blühet im Sommer / darinnen es auch gesamlet und
in kleinen Schachteln / mit einer andern Art / welche auff der Ebene / längst den Wegen / im
Sand und andern truckenen Dertern wächset / heraußgebracht wird / worvon doch das rechte bald
zu unterscheiden / indem jenes viel kleinere Blatter hat / auch nicht so wollicht / au dem
Geschmack aber viel bitterer und gantz weiß ist / wie Pomet in seiner Frantzöischen Material.
Rammer Part. 1. Lib. V. c. 2. pag. 140. zeiget.
§. 7.
Man muß gleichfals nur das frische und mit der Blüte noch versehene Polium Montanum choisiren
/ welches einen bitteren und beynahe widrigen Geschmack hat; und weilen es hauptsächlich zum
Theriac verlanget wird / so muß man es bey dessen dispensation wohl von den Stengeln saubern
und von den obgedachten weissen Blättern (als welche an der Krafft viel schwächer seyn)
absondern.
§. 8.
An den Kräfften und Qualitäten ist es ein volatilisches / durchdringend- und erwärmendes
Kräutlein / welches den Urin und die Monat-Reinigungen gewaltig treibt / auch sonsten allen
Mutter-Leber und Miltz Verschleimungen gut thun soll. Man rühmt es auch gegen die Gelb- und
Wassersucht. Ja die Alten haben es auch gegen die Schwere Noth sehr herauß gestrichen / so gar
/ daß Apulejus de Virtut. Herb. c. 7. pag. 182. auch dessen eusserlichen Gebrauch solche Krafft
zuschreibet. Doch ist unter den Critischeu Grieblern noch ein grosse dispute, welches das
rechte Polium Theophrasti und Galeni seye / von welchem Streit. Salmasius in Exercit. ad Solin.
Polyhist. pag. 1067. gelesen werden kan. Weilen unterdessen solches auch gegen vergifftete
Thiere-Biß gelobt wird / so ist es vor diesem auch zum Theriac gekommen.
§. 9.
Nicht weniger sind die Botanici und Kräuter-Verständige bekümmert / eigentlich zu wissen /
welche das
|| [215]
MARUM VERUM,
oder
Das rechte Amber-Kraut
sey? dessen wohl viererley Species in des Tabernaemontani Kränter-Buch Part. 2. p. 56. zu
finden sind. Wir wollen uns aber damit nicht auffhalten / sondern vergnügen uns mit demjenigen
/ so biß daher in den Material Kammern ist passiret worden / dessen gebräuchliche Blätter sehr
klein / grün / auch wie die eisserne Spitzen an den Piquen gestaltet sind und einen sehr
bitteren und widrigen Geschmack haben / in Ansehen dessen es auch Marum, quasi amarum, genandt
worden ist.
§. 10.
Dieses Kräutlein wird insgemein vor ein Art Majoran gehalten: allein der erste Anblick dessen
zeiget / daß es mehr mit dem Thymian übereinkomme / von dessen species es beynahe von D.
Ammannen in Char. Plantarum Nat. pag. 470. gehalten wird: wachset in Franckreich umb Toulon,
trägt purpurfarbichte und wohlriechende Blümlein / welche als kleine Aehren / wie die
Lavendel-Blumen / hervorkommen / Vid. Pomet. l. c. p. 141.
§. 11.
Die beste Blätter sind / welche noch nicht alt / schön grün und ihre Blumen noch haben / auch
einen starcken Geruch von sich geben; und wann sie zum Theriac kommen / müssen sie von ihren
Stielen gesäubert und außgelesen werden.
§. 12.
Der Gebrauch kommet mit dem Majoran und Thymian überein und wird dieses Kraut wegen seines
aromatischen und erwärmenden Geschmacks in den Schlag- und andern Flüssen sehr gerühmet / so
gar / daß es billich zu allen hauptstärckenden Spiritus und Essentzen kommen solte / wie
Ettmüllerus in Comment Schroed. pag. 601. darvon judiciret. Weilen es aber hier zu Land
ziemlich rar ist / so wird es auch langsam verschrieben / ausser daß es zu zweyen Compositis
gesuchet wird / nemblich zu den so davon genandten Pil. Marocostinis Mindereri und zu den
Trochiscis Hedychroi, welche sonsten unter den Theriac kommen.
Das V. Capitel
Von den Linheimischen und Frembden VENUS-Haaren / wie auch der
Mauer-Rauten.
|| [216]
§. 1.
DAs Kräutlein / so in den Apothecken Frauen-Haar / Venus-Haar oder
CAPILLI VENERIS
genennet wird / bestehet auß kleinen und tieff zerkerbten Blättern / dem jungen Coriander
Solche bleiben den gantzen Winter grün und haben einen erdicht-adstringirenden / hinten nach
etwas süßlichten Geschmack / aber keinen Geruch: werden theils in Teutschland gefunden / theils
auß Spanien und Franckreich gebracht.
§. 2.
Das Gewächs selbsten hat zäserlichte und haarichte Wurtzeln / auß welchen dünne und kürtze
Stengel / so gläntzend und starricht seyn / ohngefehr eines Schuhes hoch / bißweilen auch nur
Fingerslang / in die Höhe schiessen / daran gar viel bey einander stehen / und mit ihren
zerkerbten Blättern gezieret sind / wie oben auß den Figuren zu ersehen; und weilen dessen
verschieden Species zu finden / welche zwar verschiedene Nahmen haben / aber wegen ihrer
Gleichheit öffters confundiret werden / so wollen wir von allen und jeden absonderlich mit
wenigen handeln.
§. 3.
Die rechte und wahre Capilli ???. oder Venus-Haar werden von den Botanicis oder
Kräuter-Verständigen
ADIANTHUM VERUM & VULGARE
genennet / welches gar dünne und gantz schwartze Stengel hat / aber hier zu Land nicht wächst
/ sondern entweder auß Indien / als das ADIANTHUM BRASILIANUM und CANADENSE, oder auß Italien
und Franckreich / als das ADIANTHUM MONSPELIENSE gebracht wird / deren Abbildung bey Anfang
dieses Capitels zusehen. Wann derowegen die Capilli Veneris so schlechter Dings von den Medicis
in ihren Recepten verschrieben werden / so müssen die Apothecker dieses Kraut verstchen und vor
andern darzu nehmen / welches sie sonsten auch Adianthum album heissen / welcher Nahme doch
lieber der Mauer-Rauten von andern beygeleget wird / wie in des Sam. Dale Phytolog. pag. 119.
zu sehen ist.
§. 4.
Diese Mauer-Rauten oder
ADIANTHUM ALBUM
aber wird auch bey uns häuffig / an alten Mauren / Thürnen und Altanen gefunden / wächset
nicht so hoch als der vorige und hat auch etwas breytere und stumpffere Blätter / wie auß der
Figur zu sehen: wird sonsten auch SALVIA VITAE genennet. Muß also diese verstanden und von den
Apotheckern genommen werden / wann die Medici das Adianthum album verschreiben.
§. 5.
Die dritte Art wird
ADIANTHUM NIGRUM
geheissen: hat einen schwartze Stiel / auch dickere und längere Blätter / als die vorige /
welche insgemein mit einem gelben Staub auff der einen Seite besprenget sind: und weilen
solches insgemein an schattichten Hügeln und umb die Wurtzeln der Bäumen / wie das Fahren-Kraut
wächset / so wird es von einigen Onopteris mas und Esels-Fahren benahmset; und obgleich viele
Apotheckern es auch Frauen-Haar nennen / so sollen doch dieselbige dieses allein nehmen / wann
das Adianthum nigrum schlechthin verschrieben wird.
§. 6.
Im übrigen werden sich die Apothecker vorzusehen wissen / daß ihnen die Einheimische nicht
vor die Frembde auffgehänget werden möchte / worzu die genaue Betrachtung obiger Figuren dienen
kan. Alle Species aber sollen frisch / schön grün und an gantzen Blättern eingekaufft werden.
Doch müssen sie wohl auffgetrucknet seyn / auch keinen schimlicht- und dumpffichten Geschmack
haben / wie Marxius in seiner Teutschen Material. Kammer pag. 44. wohl erinnert.
§. 7.
In Ansehen ihrer Wülckung und Qualitäten kommen sie fast alle über ein / sind gar temperirt
und trucken / dahero sie auch eine Krafft zu trucknen und zuzertheilen haben; weswegen sich
dann der Herz Ettmüllerus in seinem Comm. Schroederiano pag. 506. nicht unbillich verwundert /
daß / wie einige melden / aus 1. ???. dieses Krauts fast eben soviel Saffts soll außgepresset
werden können / worvon einige Nachricht im Anhang der Miscellan Acad. N. Cur. A. 4.
& 5. Dec. 1. zu finden ist. Es werden aber diese Kräutlein am meisten zu den
Brust-Träncken gebraucht / indem sie den groben Schleim zertheilen und auß der Brust raumen /
und deßwegen gegen den schweren Athem / wider das Keichen / langwürigen Husten und Lungensucht
verschrieben werden. Anbey werden sie auch gegen andere langwürige und hart???ückichte
Schwachheiten / als gegen die so genandte Milßsucht / Wassersucht und dergleichen von den Alten
gerühmet; wie sie ingleichen gegen das Blutharnen / absonderlich aber gegen das versteckte und
geronnene Geblüt in den Harngängen mit Nutzen gesotten und genutzet werden. Wo aber etwa Stein
und Sand vorhan [217] den / kan man denselben etwas von den
Juden-Kirschen und Meerhirschen zugesellen. In welchen Fällen auch der Gafft davon / das ist
der
SYRUPUS CAPILLORUM VENERIS,
oder
Capillair-Syrup
sehr gebräuchlich ist / welcher deswegen offt von Montpelier auß Franckreich / ja gar von
Canada verschrieben wird; wie dann auch in Franckfurt bey den beyden Parfumeurs, Daniel Brusson
und Jean Rey dergleichen wohl 3. biß fünfferley Sorten / als der Capillair-Syrup mit
Pomerantzen-Blüth / der Parfumirte / Gemeine und andere zu finden: wiewohln man solche eben so
gut in Teutschland praepariren kan / und der Frembden so hoch nicht vonnöthen hat. Solten sich
aber vornehme oder curieuse Personen gar zu sehr darin verliebet und dieselbe mit Gewalt auß
Franckreich verschrieben haben wollen / so muß man zusehen / daß man den rechten und veritablen
bekomme / welcher eine schöne gelbichte Farb hat und doch klar und durchsichtig ist / einen
guten Geschmack und rechte consistentz hat: der saur???chte aber und schimlichte / wie auch der
gantz weisse / ist als verdächtig zuverwerffen: und sollen einige vortheilhafftige Apothecker
zu Nisme und Monipelier solchen auß denen schon einmahl gekochten und wider auffgetrockneten
Kräuter nachmachen / wie Pomet. solches in seiner Histoire des Drogues Gener. pag. 149.
entdecket, Sonsten hat man in den Apothecken auch noch einen vermischten Safft oder Syrupum
Capillorum Veneris Compositum davon / dessen Zubereitung in dem Dispensatoriô Augustanô zu
finden ist. Die Conserv, (welche einige auch von Montpelier kommen lassen) ist nicht von
grossem Abgang / worvon doch jetztgemeldter Materialist c. l. zu sehen ist.
§. 1.
DAs so genandte Filtz-Kraut oder CUSCUTA bestehet aus dünnen und langen Fäserlein / welche
sich umb andere Kräuter schlingen und verwickeln / von welchen es auch immer anderst genennet
wird / als Epistoeba, wann es auff der Stoebe, Epipolion, wann es auff dem Polio wächset / wie
Simon Paulli in seinem Quadripartito Botanico pag. 281. weiter zeiget; worbey doch zumercken /
daß / wann die Cuscuta schlechterdings und ohne Beynahme von den Medicis verschrieben wird /
solche dasjenige Filtz-Kraut verstanden haben wollen / welches entweder auff den
Nesseln-Hopffen oder Flachs zu finden ist / von welchen es auch Flachs-Seiden genennet
wird.
§. 2.
Ob nun gleich diese Fäserlein nur eine Außwachsung von andern Kräutern sind / auch davon ihre
Nahrung haben; so vermehret sich doch dieses Gewächs nicht desto weniger auch durch seinen
eigenen Saamen / welcher sehr klein / wie Magsaame ist / und in kleinen runden Schöttlein
wächst: trägt keine Blätter / sondern kleine Fleisch-farbichte Blümlein / welche gliedweiß
längst den Fäserlein hervorkommen / wie Mons. Tournefort solches in des Pomets Histoire des
Drogues pag. 181. mit mehrerem beschrieben hat.
§. 3.
Dieses Filtz- oder Miltz-Kraut wird von den Kräuter-Verständigen in das grössere und kleinere
(CUSCUTAM MAJOREM & MINOREM) getheilet / nachdem es entweder an grossen oder
kleinern Kräutern zu finden ist / und hält man deswegen die gemeine Cassutham vor die grössere
/ und den Epithymum oder Thym-Seide vor die kleinere Art.
§. 4.
Insgemein aber sind diese Gewächse Nitrosischer Art / weswegen sie auch eine eröffnende /
aufflösende und reinigende Krafft haben / wie Ettmüllerus in Colleg. Schroederiano pag. 558.
aus dem Hoffmanno wohl angemercket hat; und weilen sie nicht allein den Tartarischen Wust und
Schleim in denen Gedärmen und Eingeweid / wie auch Leber / Miltz und Gegröß gelind durch den
Stuhlgang abführen / sondern auch den Grieß und Sand aus den Nieren und Harngängen treiben; so
werden sie von den Aertzten sehr fleissig in denen Laxier-Püschlein und Kräuter-Weinen mit
andern verschrieben / und gegen die schwartze und gemeine Gelbsucht absonderlich gerühmet /
gegen welche Crato fast kein besseres Mittel gefunden hat / wie in seinem 110. Brieff bezeuget
wird. Andere brauchen die Cuscutam in der anfangenden Wassersucht / langwierigen Fiebern und
dergleichen. Einige machen auch einen Syrupum davon / welcher aber nicht so gebräuchlich / als
der Syrupus de Epithymo oder Safft von der Thym-Seiden / welche auch eine species der Cuscutae
ist.
§. 5.
Was nun absonderlich diejenige Cuscutam, welche auff dem Thymian wächset / anlanget / so wird
dieselbige davon die Thym-Seide und
EPITHYMUM
genennet / und bestehet aus sehr dünnen und braunen haarichten Zäserlein / eines sehr guten
aromatischen Geruchs / und wird aus den warmen Ländern / als Candien und Italien überbracht /
indem es bey unserm Thymian nicht wohl zu finden ist.
§. 6.
Denen Materialisten sind dessen zweyerley Sorten bekandt / nemblich das Cretische und
Venedische Epithymum. Jenes / nemblich das Cretische hat viel kleiner- und dünnere Fäserlein /
welche braun von couleur und eines sehr guten Geruchs sind: Dieses / nemblich das Venedische
ist zwar etwas länger und starcker an den Fäserlein / aber bey weitem so aromatisch nicht / als
das Cretische. Beyde aber sollen noch frisch / wohlriechend und nicht zermalmet seyn / wann sie
vor gut passiren wollen / wie Pomet in obangeführter Stell vor audern erinnert.
§. 7.
Seinen Kräfften nach wird es unter die Laxierend- und gelind purgierende Artzneyen / welche
den harten und sauren Schleim / so sich in denen Eingeweid und Gegröß-Aederlein offt anleget /
gelind abwischen und außführen / gerechnet; und wird deswegen mit den Senet-Blättern und
dergleichen gegen die windige Melancholey / Scharbock / Schwindel und andere Haupt-Kranckheiten
/ welche per consensum aus dem Magen entstehen / nicht ohne Nutzen verschrieben. Allwo doch
wohl in acht zu nehmen / daß dieses zartes und flüchtiges Kräutlein nicht gekochet / sondern
über Nacht nur infundiret und eingeweichet werde / dann sonsten zu besorgen / daß die beste
Krafft durch das kochen verrauche / wie Forestus im dritten Buch seiner Curen / Observ. 32.
angemercket. Weilen auch dieses Mittel wegen seiner hitzigen und aromatischen Stärcke / Durst
und Hitz erwecken könte / so gibt Fernelius anbey den Rath / daß man es nicht allein / sondern
mit kleinen Rosinen oder Violen-Safft vermischen und ein [219] nehmen
solle. Der Safft davon oder SYRUPUS de EPITHYMO ist ein sehr weitläufftiges und aus vielen
Stücken zusammen gesetztes Compositum, dessen Kräffte mehr den übrigen purgierenden Zugaben /
als Agarico, Tamarinden und dergleichen zu zuschreiben / und vielleicht wenig von der
Thym-Seiden (deren Krafft in dem Kochen wegfliehet) behalten haben: Wird aber doch auch zu eben
denjenigen melancholischen Kranckheiten / dargegen dieses Kräutlein oben gerühmet worden /
zuweilen verschrieben.
§. 1.
DEr TOBACK oder TABACUM bestehet aus langen / breiten und meistens oben zugespitzten /
weichen und fetten Blättern / tines scharfen Geschmacks und gruficht-Schlaafbringenden Geruchs:
heiset eigentlich PETUM, wird aber von einer Insul dieses Nahmens / wo er am häuffigsten
gezogen wird / TABACUM und von einem Portugiesischen Abgesandten Joh. Nicot NICOTIANA genennet
/ alldieweilen derselbige die heilsame Kräfften dieses Gewächs an seinen Dienern zuvor in
Indien erfahren und nachgehends vor ohngefehr 150. Jahren zum erstenmahl heraus in Europam
gebracht hat / wie davon die gantze historie weitläufftig und sehr artlich von den beyden
Frantzosen Charle Estienne und Jean Liebault Lib. II. de la maison rustique pag. 123. erzehlet
wird.
§. 2.
Dieses Kraut und Gewächs (welches jederman so bekandt ist / daß es weitläufftig zu
beschreiben gantz ohnnöthig zu seyn scheinet) wird allhier zu Giessen / wie auch zu Butzbach
und umd Hanau sonderlich und häuffig aus einem [220] seht kleinen Saamen
auff folgende Art gezogen: Der Saame wird umb Peters-Tag gegen den Frühling ein paar Tag in
Bier eingeweicht / in einen Hafen voll guter / schwartzer und fetter Erden gemischet und so
lang in eine warme Stube gestellte / biß der Saame auffzublatzen beginnet. Hierauf wird er
alsdann mit solcher Erden auff eine wohl zugerichtete Mist-Kutsche gesäet / welche mehr auß
Pferds-Dung / als Kühemist bestehen soll / damit es besser treibe und die Pflantzen desto eher
auffgehen und groß wachsen möchten; zu welchem End einige auch noch Hühner und Taubenmist
darüber schütten und fleissig begiesen. Sobald nun die Pfläntzlein sich zeigen / müssen sie
fleissig gegäten oder von dem Unkraut befreyet werden / damit sie darunter nicht ersticken.
Wann sie aber groß gnug seyn / werden sie in ein wohl-gebautes und wohl-gedungtes Land also
gesetzet / daß jede einen Werckschuh von der andern entfernet stehe und also denen Blätter
gnugsamer Platz zum Wachsthumb gelassen werde; welches doch bey nassem Regen-Wetter geschehen
soll / damit die Pfläntzlein so gleich begleiben und nicht so offt begossen werden müssen /
dann sonsten verdorren sie / indem sie so jung gantz keine Hitze vertragen können / so gar /
daß man sie bey gar dürrem Wetter anfänglich mit grosser Müh offters mit Mooß zudecken muß.
Wann nun selbige etwas grösser worden / so wird auff beyden Seiten mit kleinen und breiten
Häcklein die Erde umb sie herumb gehäuffet / welches man hier zu Land das Räuschen nennet:
worauff sie augenscheinlich besser in die Höhe treiben und täglich ein merckliches zunehmen.
Damit aber die Blätter desto breiter und länger werden möchten / so muß man die kleine und
schmahle Neben-Schößlein / welche man den Geitz heisset / fleissig abreissen / und wie man
redet geitzen / auch wann das Kraut oben schosset und blühen will / solche Stengel außbrechen
und nur etliche Stengel zum Saamen stehen lassen / welcher wohl in Acht zu nehmen ist / indem
er wegen einbrechenden Frostes nicht alle Jahr gerächet / und alsdann manchmahl umb das Geld
nicht zu haben ist. Wann nun die Blätter fein dick und ledericht sind / einen starcken Geruch
von sich geben / an den Spitzen gelb werden / und also zur Zeitigung kommen / so werden sie biß
auff die unterste Sand-Blätter (welche à part gesamlet und vor halb Gut verkauffet werden)
abgebrochen und nach Hauß getragen / und nachdem sie einige Tage an den Betten außgeschwitzet /
fein gelb und zähe geworden / so werden sie in gutes und starckes Bind-Garn mit den
Tabacs-Nadeln eingeschnüret / und so lang an die Dächer (wo er offt mit Besemen gekehret wird /
damit es kein Brand-Gut gebe) angehänget / biß er recht dürr worden. Worauff er bey feuchtem
Wetter / vor dem Mertz / wieder abgenommen und auff grosse Hauffen geschlagen wird. Auff welche
Weiß auch mit dem Geitz / so hernach wächst / verfahren wild.
§. 3.
Dieser also gesamlet- und gedörrete Tabac nun wird entweder also rohe und ungemacht Centner
weiß an die Frembden verkauffet und von hier nach Brenen / Hamburg und gar in Holland verführet
/ so daß man hier vor den centner 3. 4. 5. 6. biß zehen Thaler / nachdem es schöne grosse /
gelb-braune und zähe Blätter (welche man Spinn-Gut nennet) oder nur gemeine / grünlichte und
keine Blätter sind / bezahlet: Oder wird zu runden und platten Stangen (welche öffters hier zu
Land mit Eisen-Wasser / anderswo aber mit Syrup schwartz gefärbet werden) gebunden und
gepresset / welche dem gemeinen Mann gantz oder zu Stücken geschnitten von den Vorhäcker
verkauffet werden: Oder wird in den Tabacs-Stuben (welche auch hier zu Land zu Franckfurt von
den Hn. Flammerdingen / und zu Hanau von Herr Grayen und andern unterhalten werden) zu Rollen
gesponnen / und was etwa abfället und zerrieben worden / zum Brieff-Tabac gemacht: welches
letztere gemeiniglich in absonderen Gemächern / welche sie die heimliche Arbeit nennen /
geschiehet / damit niemand die Heimlichkeit ersehe und lernen könne; Und hat man sich wohl
höchstens über die Einfalt der Teutschen Tabacs-Brüder zu verwundern / daß da diese Rollen und
Tabacs-Brieffger in grossen Fässern und Einschlägen von Hanau zuvor in Holland gesendet werden
/ eben diese nachmalen wider von den Holländern theurer gekauft und mit grossen Kosten und
schwerem Fracht herauff auß Holland verschrieben und vor einen besondern / rarern und bessern
Tabac getruncken werden. Sind das nicht Albertäten! Was mögen wohl die Holländer von dieser
Teutschen Einfalt hallen?
§. 4.
Uber diesen findet man auch bey denen Materialisten den Ost- und West-Indischen Tabac: davon
jener / als der Japponische / der beste und lieblichste / aber auch der rareste ist / weilen Er
wegen Weite des Wegs / und weilen sie drey Tage unter der Sonnen fahren müssen / verderbensoll
/ wie Vielheur solches in Beschreibung frembder Materialien pag. 133. zeiget. Unter dem
West-Indischen ist der Virginische / so dick und trucken / der beste: Diesem nach der
Presill-Tabac, welcher schwartz und Fingers dick ist / wie Pomet. in seiner Material-Rammer p.
157. lehret; ohne welchen der Canaster-Tabac / (wie ihn Marx. in seiner Material-Rammer pag.
136. nenet) wie auch [221] der so genandte Species-Tabac bey den Apotheckern
noch bekandt ist / welcher letztere auß Tabac und wohlriechendem Rauchwerck vermischet wird;
wie dann gemeldter Marxius pag. 198. eines Fluß-Tabacs gedencket / worunter er den Thee mischet
und 1. ???. vor 30. Kreutzer gibt. Die Indianer haben sonderlich vier Species, als den grünen
und Amazonen Tabac, welche runde Blätter haben und den Vermischen und Zungen Tabac / welche
lange und außgespitzte Blätter haben: worvon Mallet im 8. Buck seiner Welt-Beschreibung pag.
178. mit mehrerm kau gelesen werden.
§. 5.
Nicht weniger Sorten werden von dem so genandten und bekandten
Schnup-Tabac
bey denen Materialisten und Apotheckern gefunden / nachdem Er entweder auß blossem
gestossenen oder granulirten Tabac / oder andern Kräutern und Blumen bestehet / auff vielerley
Art gefärbet / oder auch mit Biesem und Amber angemachet wird / dessen die Parfumcurs viele
Sorten / als den ambrirten und bisamirten Tabac de Pogibonci, den Ambrirten und Bisamirten de
Franchipane, beydemit Blumen / den ambrirten und bisamirten Maltheser oder Spanischen / den
Tabac de Neroli &c. führen und verkauffen.
§. 6.
Die Art den Toback zu rauchen und zu schmauchen ist nach Unterscheid der Nationen
unterschiedlich. In Ost-Indien sollen die Einwohner das Blat nur oben weit und unten eng /
gleich eine Dutte drehen / oben anstecken und so lang das Blat glimmet und sie es im Mund
halten können / den Rauch nach sich ziehen / ohne eintzigen Gebrauch der Tabacs-Pfeiffen: Ja
sie sollen den säugenden Kindern / wann sie gesogen haben / ein Blat also ins Maul stecken und
solchesobalden schmauchen lehren / wie auß dem Georg Nic. Schurzio solches Vielheur in
Beschreibung frembder Materialien pag. 133. vorgibt. In West-Indien / absonderlich in der Insul
Floride, hangen sie kleine Hörnlein von Rohr oder Palmen an ihre Hälse / wordurch sie den Tabac
rauchen / wie in einem besonderen Discurs von diesem Kraut / welcher in des Estienne und
Liebault zweyten Buch der Frantzöischen Haußhaltung pag. 125- zu finden / berichtet wird. Die
Türcken und Ehinenser brauchen sehr lange Pfeiffen von vielen / in einander zuschiebenden
Röhrlein / mit einen Kopff von Thon: Oder an statt der höltzernen / eine lange über Drath
gewundene lederne Röhr / welche man umb die Hände wickeln kan. In Europa hergegen hat man die
weisse / und entweder schöne glatte / oder gemeine Tabacs-Pfeiffe / von welchen anderswo schon
gemeldet worden ist.
§. 7.
Was die Tugendt und Qualität des Tabacs anlanget / so hat er eine außtruckende / zertheilende
und Schlaaf-bringende Krafft / deren jene von seinem volatilischen Saltz: Diese aber von seinem
stillenden und narcotischen Oehl herrühren. Krafft der ersten zertheilet er den zähen Schleim
auff der Brust / und wird derowegen auch ein Safft oder Syrup davon gegen das Keichen / Husten
und dergleichen in einigen Apothecken gefunden: zertheilet auch damit die scharffe Flüß / und
ist deßwegen denjenigen / so feuchter Complexion sind vor andern dienlich / erwerde gleich
gerauchet / oder wie andere pflegen gekäuet. Krafft des 80. und Sulph. Narcotici machet er
truncken und sollen sich der Indianer Pfaffen damit zuvor toll machen / ehe sie von künfftigen
Dingen weissagen, wie obgemeldte Authores, pag. 187. de l' Agriculture berichten; gleichwie er
auch damit alle Schmertzen / absonderlich die Erstickung der Mutter / stillet / wie nicht
allein an jetztgemeldtem Ort zu sehen / sondern ich in der That selbsten erfahren / daß ein
Weib in der Pfaltz fast mit nichts anders / als den Tabacs-Rauch curiret werden können. Noch
viele andere dessen Würckungen werden von verschiedenen Gelährten / welche eigene Bücher davon
geschrieben / als Everhardo, Magneno, Neandro und andern weitläufftig beschrieben; Da hergegen
auch andere dessen Mißbrauch zur Genüge bezeiget / als der König Jacob in Engeland in einen
besondern Buch / wie auch D. Sim. Paulli Tr. De Abusu Tabaci. Merckwürdig ist / daß der
Groß-Hertzog zu Florentz eine Essence auß dem Tabac gehabt haben soll / damit man eine Taube
gleich hat tödten können / wann man nur einen Faden darin gefeuchtet / und durch den einen
Flügel gezogen. Von andern praeparatis, ???. Oehlen / Ungt. und anderen Compositis können D.
Ettmüller inseinen Comm. ad Schroed. p. 616. und Hoffmannn in Clavi Schroed. p. 514. gelesen
werden.
§. 8.
Die Engeländer haben auch den Rauch mit Nutzen in Clystiren gebraucht und ein eigen
Instrument darzu erfunden / welches von Bartholino in Epist. und Obs. Anatom. Stisser. in Disp.
de Machinis fumiductoriis abgerissen und auch in meinen Polychrestis Exoticis Disc. de Clyst.
Tabacino zu finden ist. Dieses thut sehr gut / in allen Bauch- und Mutter Schmertzen / wie auch
Nieren- und Blaßen-Stein / wann die Schmertzen zu groß und fast unleidlich find. Der Rauch in
die Nasse geblassen ermundert diejenige so die Schwere Noth haben.
|| [222]
§. 1.
DIe Senet-Blätter oder FOLIA SENAE sind länglicht-außgespitzte und von ihren Stengeln
abgestreiffte Blätter / eines bitteren / etwas scharffen und also widrigen Geschmacks / von
gelb-grüner Farbe: kommen aus Orient und werden derowegen von einigen Medicis auch FOLIA
ORIENTALIA genennet.
§. 2.
Das Kraut / woran die reckte Senet-Blätter wachsen / ist ein Sommer-Gewächse / welches keinen
Frost leiden kan; weßwegen es auch in den wärmeren Europaeischen Theilen vor dem Majo nicht
gepflantzet werden kan / und müssen auch die Blätter früh im Herbst / wegen der Kälte gesamlet
werden / wie Tabernaemont. im Andern Buch von den Kräutern pag. 230. aus Lobelio und Andern
meldet; dahero es ein grosser Irrthum ist / wann einige vermeinen / die rechte Senet-Blätter
wächsen wie die Colutea, welches ein Baum ist und in unsern Gärten lange Jahre stehet / wie
solches Guibertus in einem eigenen Frantzöischen Tractat von der Senna pag. 272. weitläufftiger
gezeiget hat. Indessen findet man doch verschiedene Geschlechte davon / worunter das erste /
die Sena Orientalis oder die AEgyptische und Alexandrinsche vor die beste gehalten wird: hat
dünne runde Stengel / wie der melilotus, anderhalb Schuh hoch / mit länglickten / schmalen /
spitzigen und grünlichten Blättern / auff beyden Seiten / wie das Süßholtz Bäumlein / besetzet
/ welche bleich-gelbe Blu [223] mem mit röthlichten Aederlein / und
nach diesem platte (nicht wie die Colutea vesicaria auffgeblasene) Schöttlein tragen / in
welchen ein braunlichter und grau-farbichter Saame verschlossen ist. Das andere Geschlecht ist
die Welsche Sena oder Sena Italica, so der ersten fast gleich ist / ausser daß sie kurtzere /
breitere und rundere Blätter und einen schwartzen Saamen hat / und der vorigen an Kräfften
nicht beykommet.
§. 3.
Hier ist aber zumercken / daß die Orientalische oder Alexandrinische Senet-Blätter wieder in
zwey Sorten kommen / darvon die erste MECHINA heisset / weilen sie von Mecha kommet und die
allerbeste ist: hat länglichte / schmale / etwas spitzige und dicklichte Blätter / welche an
der Farb grünlicht mit gelb vermischet sind / und werden sonsten von den Frantzosen Sene de la
Palte genennet / weilen deswegen ein grosser Zoll (welchen die Türcken Palte heissen) an den
Groß-Türcken zu zahlen ist / weßwegen sie auch rar und theuer sind. Die andere wird von dem Ort
/ da sie wächset / SAETTO genennet / welche aus grünen Blättern bestehet / so den vorigen an
der Güte nicht gleichen / doch aber besser dann die Welsche sind / wie Marxius in seiner
Teutschen Material-Kammer pag. 171. meldet. Unterdessen will Pomet in, seiner Hist. de Drogues
pag. 147. noch nicht glauben / daß in Italien solche wachsen / sondern meinet sie kämen auch
aus Orient über Tripoli, und möchte diese Meynung daher entstanden seyn / weilen die wilde
Senet-Blätter oder Colutea Vesicaria in Italien häuffig zu finden seyen.
§. 4.
Aus obigem Unterscheid wird nun leicht zu entscheiden seyn / welche Senet-Blätter die beste
und vor andern zuerlesen seyen? Einige halten diejenige / welche aus grossen / breiten und
recht grünen Blättern bestehen / vor die beste und dringen auch wohl bey Visitation der
Apothecker darauff. Allein obgemeldter Pomet sagt allen diesen hautement ins Gesicht / daß sie
hiervon schlechte Wissen schafft hätten / und bezeuget anbey / daß ihm ein gantz Sträuchlein /
(dessen Abriß oben Fig. I.) von der rechten Orientalischen Senâ aus Alepo, gesandt worden / aus
welcher zuersehen / daß dieselbe mittelmäsige / etwas außgespitzte und gleichsam wie eine
Spitze an den Piquen gebildete Blätter habe / welche gelbicht anzusehen und einen starcken
Geruch haben und gelind anzugreiffen sind: von welcher Sort er auch eine grosse Parthy
durchtrieben und verhandelt habe: müsse aber doch von ihren Stengeln und anderem Unrath wohl
gesaubert werden / wie solches auch in der andern Sort in Ermangelung der besten) in Acht
zunehmen ist. Die Fragmenta hergegen und Staub darvon (welchen die Landstreicher auch à part
verkauffen) sind gäntzlich zuverwerffen.
§. 5.
Warumb man aber die Bälg- oder Schöttlein / welche Lateinisch
FOLLICULI SENAE
heissen / so gar ausser Acht und Gebrauch lasse / da sie doch viel gelinder / als die Blätter
purgiren / auch / weilen sie weder Geschmack und Geruch haben / besser einzunehmen sind / ja
deßwegen von einigen weltbelobten Medicis, als Fernelio, Fallopio, Jac. Sylvio. Guiberto und
andern den foliis senae vorgezogen werden / hat man sich nicht ohne Ursach zu verwundern / und
meritirten sie billich auch verschrieben zu werden / wann sie nur recht zeitig und
hübsch-vollkommene Saam-Körnlein haben / nicht schwary und zerrissen / sondern gantz / grün und
noch frisch sind.
§. 6.
Was nun den Gebrauch der Senet-Blätter anbelanget / so ist einmahl gewiß / daß sie eine
vortreffliche und wann sie recht gebraucht werden / sehr gelinde Krafft zu purgiren haben / und
alle scharffe / saltzichte / saure und schleimichte Feuchtigkeiten außführen / absonderlich
aber in allen langwierigen Kranckheiten sehr gut thun; Und ist merckwürdig / daß / wie ich offt
erfahren / diejenige / welchen die stärckste Purgierungen sonsten nichts thun / von den
Senet-Träncklein beweget werden. Unterdessen muß man ihnen doch nicht zu viel trauen / indem
sie bißweilen wunderliche Händel machen / wie neulich ein guter Freund / welcher sonsten, kein
Medicus, aber bißweilen in der Artzney gern zu stimpeln pfleget / an sich selbsten aus Fürwitz
erfahren / indem er nicht allein die über Nacht eingeweichte Senet-Blätter starck außgepresset
/ sondern auch noch etwas von dem Pulver in substania darzu genommen / wodurch er den Magen so
zugerichtet / daß er vier gantzer Wochen einen gefährlichen Durchlauff / mit Gefahr des Lebens
/ erfahren müssen; wie dann fast dergleichen effect vor kurtzer Zeit an einer Adelichen
Fräulein erfahren / welcher ein Wund-Altzt das Pulver davon gegeben hatte. Weßwegen am
allersichersten ist / daß man die Senet-Blätter nur infundire, auch nicht hart außdrucke /
weilen die Grimmen und übrige Ungelegenheiten von dem zähen Wesen / das sie bey sich führen /
herrühren / wie Doct. Ettmüller in Comment. Schroeder. pag. 753. nebst andern zeiget. Daß
Pulver wird sehr langsam verschrieben; und ob man zwar ein gewiß vermischtes Pulver davon in
den Apothecken findet / welches Pulvis Senae Montagnanae genen [224] net wird / so wirdes doch von niemanden recht verschrieben. Ingleichen wird der Extract
davon auch wenig aestimiret / dessen man sonsten ohngefehr ???ij. auß einem ???. haben kan /
wie es Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 157. außgerechnet hat.
§. 7.
Weilen man im übrigen nechst den Senet-Blättern noch ein andere Art purgirende Blätter in den
Officinen findet / welche Meer-Kohl / Meer-Winde oder
SOLDANELLA
genennet wird / so wollen wir derselben auch mit wenigen gedencken. Es sind nemblich runde
Blätter / eines scharffen / saltzichten / dabeneben etwas bitteren und also widrigen
Geschmacks: kommen von einem kleinen Kräutlein / welches Blätter wie die Holwurtz hat / ausser
daß sie kleiner und dicker sind / und tragen purpurfarbichte Glocken-Blümlein wie die Winde.
Sie wachsen in dem Alpen-Gebürgen / unib Inspruck und Ravensburg / wie auch in Oestreich und
der Steiermarck / werden aber mehrentheis auß Italien und Franckreich gebracht / weilen des
Krauts auch viel längst dem Meer wächset / dahero es den Nahmen hat. Die Blätter müssen frisch
und gantz nichtzerrissen seyn / wann sie vor gut passiren sollen.
§. 8.
Der Kraft und Würckung nach ???eiben sie durch den Stuhlgang alle rohe wässerichte
Feuchtigkeiten / so gar / daß Erastus räthet / daß dieses Kräutlein nie unter denjenigen
Purgirungen / welche den Wassersüchtigen verschrieben werden / außzulassen sey: wird sowohl in
substantiâ, als infuso, gebraucht / worden Ettmüllerus l. c. p. 754. zu sehen ist.
Das IX. Capitel
Von der Weid-Fard / LACMUS, TORNESOL und SUMAC.
DEr Weid ist ein blaue Farb / wie der Indig / aber viel unsauberer / erdichter / so in sehr
harten Stückern / ohngefehr einer Welschen-Nuß groß / kommet und meistens in Thüringen (wo
immer ein grosser Handel damit getrieben worden) mit [225] grosser Mühe
zubereitet; wiewohlen in Geldern und dem Gülicher Land / wie auch in Franckreich umb Tolouse-
solcher auch / aber nicht so gut / als in Thüringen / gemacht wird.
§. 2.
Das Kraut / worvon diese Waar gemachet wird / hat im Leutschen eben den Nahmen Weid / und
heisset bey den Botanicis JSATIS, auch GLASTUM, und bey den Frantzosen Guesde und Pastel: hat
lange / unten breit und oben außgespitzte Blätter / gelbe Blümlein und breite / platte und
stumpffe Schöttlein / worinn ein gelb Saamen-Körnlein / dem Gersten-Korn nicht ungleich / aber
nicht so dick und vollkommen / wächset / auß welchem es auff folgende Manier gezeuget wird: Der
Acker muß ein schwastzes / fettes und fruchtbahres Land haden / welches noch vor dem Winter
oder zum wenigsten in der Fasten einer Ehlen tieff geackert / geäget oder gegraben wird,
Herrach wirfft man den Saamen in das frische Erdreich / welcher bey den warmen Nächten /
zwischen Ostern und Pfingsten / 3. oder 4. Blätter / wie Klee gewinnet / biß er den wohl 10.
oder mehr stösset. Diese junge Sträuchlein müssen von dem Unkraut offt be freyet werden / biß
sie recht auff gewachsen / daß es abgenommen werde.
§. 3.
Wie aber das Kraut abgenommen und nachmahlen die Farb darauß zubereitet werde / beschreibet
Colerus sehr weitläufftig in seiner Oeconomiâ Rurali & Domest. lib. 6. cap. 86.
pag. 155. seqq. Es wird nemblich solches im Jahr dreymahl von der Wurtzet / die eines kleinen
Fingers dick und eines Schuhes tieff in die Erde gewurtzelt / mit einem scharffen Eisen /
ohngefehr einer Hand breit / abgestossen / welches gleich nach dem Fest der H. Drenfaltigkeit
zum ersteninahl geschiehet. Darnach wird es an kleine Bäch lein geführet / sauber abgewaschen
und auff einem grünen Wasen / bey Sonnen-Schein / durch offteres Umbwenden / geschwind
auffgedörret / doch also / daß es noch etwas von dem Safft in sich behalte- Hierauß wird es
auff Windoder andern Mühlen klein gemahlen und feucht mit den Händen zu Ballen gedruckt /
welche auff Hurden an der Sonne gedörret und nachmahlen offentlich auff dem Marckt / mit dem
Weid-Maaß / (deren jedes gemeiniglich 10. Schock Ballen hält) verkauffet werden Die Prob davon
ist / daß man sie auff ein Papier reibt / wo sie insgemein einë schwartz grünen Flecken machen;
wann er aber dunckel blaue ist / so werden die Ballen vor besser und theurer gehalten. Diese
Weid-Ballen werden nachmahlen von den Weid-Häuffern auff einen gebretterten Boden Ehlen hoch
auff einander geschüttet / allwo sie auff einander erwärmen und verrauchen / diß sie endlich
gantz träge und weißlicht von aussen und so hart wie ein Stein werden / auch uff die Helfft
einschrumpffen. Nach Michaelis, werden alsdann sehr starcke Arbeits Leute gedungen / welche
solche grosse Hauffen der Weid Ballen mit höltzernen Hämmern zerschlagen und von einander
brechen / daß sie zu Stücker wie die Welsche Nüsse werden / welche wider auff einen Hauffen
geworffen und mit Wasser begossen werden / wodurch sie auffs neue erhitzen und biß das Wasser
wieder verrauchet und verzehret worden / eine gewisse Zeit liegen müssen: worauff solche
Hausten mit grossen Hacken von einander gerissen und wieder klein zerrieben werden / welches
wohl dreymahl geschehen muß / ehe er zur Farb zubereitet und von den Weid Herzn auff der
Leiptziger Messe / wie auch andern grossen Iahr-Märckten verkauffet werden kan: Welche
denselben in Fässern / da eines etwa 6. Tonnen hält / in frembde Länder verschicken / deren
jedes 36, biß 40. Fl Meißnischer Müntz kommen soll / nach dem die Farb davon / auffs Papier
gestrichen / gut ist.
§. 4
Dessen Gebrauch belangend / so wirb er von den Schwartz- und Weid-Färbern meistens gebraucht
/ die Wolle / müllene Tücher Strümpff und dergleichen damit zu färben / dann der Weid ein
fundament der schwartzen Farb ist / und die schwartze saubere Tücher nicht so leicht Flecken
setzen oder gar abschiessen / wann sie mit Weid gefärber sind. Wann nun der Weid im Weid-Kübel
zum färben angesetzet wird / so find sich ein Schaum oder Gescht dar auff / welchen die Färber
abschaumen und auff trucken / auch nachlmahlen unter dein Nahmen der
Weid, Blumen /
Frantzöisch FLOREE D'INDE, auffheben / welche schön blau / wie Indig außsehen / auch öffters
vor Indig von Unverständigen erkaufft worden; weßwegen dann Pomet in seiner Material Kammer
pag. 155. nicht ohne Grund davor hält / daß / so der Weid also wie der Indig / auß dem Kraut
gezogen werde / man eine Farb dem Indig gantz ähnlich darauß machen könne. In der Artznen
machen etliche mit dem zugerichteten Weid in Brunnen-Wasser ein Gurgel Wasser gegen die Bränne
/ so doch gleich im Anfang gebraucht werden soll.
§. 5.
Uberdiß hat man noch eine andere blaue Farb / welche in den Teutschen Aporhecken und Materia
Kammern
LACMUS
genennet und gemeiniglich in viereckichten und etwas viol-blauen Stückern kommet und bey den
Mahlern, sonsten Turnis heisser / ohne Zweif [226] fel weilen es von
einem Kraut / welches die Frantzosen Tornesol nennen / gemacht wild; weßwegen auch die
Frantzosen diese Farb selbsten TORNESOL en Pate, ou en pierre nennen: Kommet meistens auß
Holland und Flandern wo man es zubereitet / und wird deßwegen auch von den Welschen Pers de
Flandre genant / wie Vieheut in Beschreibung frembder Matertalien pag. 31. schreibet.
§. 6.
Obgemeldtes Kraut heisset sonsten HELIOTROPIUM TRICOCCUM oder Son̅en Wende /
wächset mit eine̅ Stengel / fast eines Schuhes hoch / mit außgebreiteten Aestlein
/ an welchen schwartze und weiche Blätter / dem Nachtschatten gleich / hervorkommen: Trägt
Gold-gelbe Blümlein und dreyeckichte / rauhe und schwartzlichte Schöttlein / in welchen ein
äschfarbichter Saame lieget / wodurch sich das Kraut alle Jahr selbsten besaamet. Es wächset in
Franck-reich und Italien. Hiervon nun sollen die Holländer mit Urin / Kalck und einer
graulichten Erde / Perelle genandt / auff gewisse Art eine massam machen / und in kleine
Fäßlein von ohngefehr 30, ???. schlagen / welche die Frantzosen TORNESOL EN PATE heissen.
Weilen aber diese Art selten herauß komimet / sondern zuvor in viereckichte Stücker oder Kuchen
formiret / auffgerrucknet und also verschicket wird / so nennen sie solche TORNESOL EN PIERRE,
wie Pomet in seiner Histoire Generale des Drogues pag. 157. meldet Bey uns heisset es insgemein
LACMUS.
§. 7.
Weilen unterdessen der truckene Lacmus viel wohlfeiler ist / als der obgemeldte weiche und
derohalben zu muthmassen / daß er durch Sand und allerhand Unreinigkeicen verfälscher werde: so
muß man zusehen / daß man etwas gutes bekomme / welcher recht trucken / etwas viol blau außsehe
und wann er auffs Papier gerieben wild / mehr blau / als röth licht schmutze.
§. 8.
Sein Gebrauch und Nutzen ist den Zucker-Beckern / Carten- und andern Mahlern zur Genüge
bekandt / dann es nur mit Wasser kan angemacht werden; Betrügliche Apochecker färben in
Ermangelung der Mertz Violen den zum Syrup gekochten Zucker damit / und vertauffen solchen vor
den rechten Violen-Safft oder Syrup, Violarum, wie mir ein gewisser Apothecker allhier zu
Siessen selbsten gestanden. Vor 16, Jahren fiele einem Apothecker zu Glünstadt in der Pfaltz
ein groß Gefäß mit dem Syr. Viol. entzwey / solchen raffet er auft / schmiß ein gut quantität
Zucker darzu / und macht also wieder einen herrlichen Veilen-Safft das sind
Practiquen-Macher.
§. 9.
Wann man über diese Farb etwas sauers giesset / so wird sie roth; weßwegen auch zu Lyon in
Franckreich nicht allein ein rothe Farb (ORSEILLE de Lyon) davon gemachet wird / von welcher
Pomet l. c. pag. 157. zu sehen: sondern es hat auch die bey uns so genandte
TORNA SOLIS
davon ihren Ursprung / welche auß langen / schmahlen / dunckel-rothen und zusammen gerolten
Lappen bestehet und von der Frucht des obgemeldten hehotropii tricocci also tingiret worden:
Kommer auß Holland und Franckreich / und muß fein trucken seyn / nicht verschimlet außschen /
auch voll von dem Safft seyn / wann sie vor gut paffiren soll. Sie muß auch das Wasser nicht
Viol farbicht / sondern roth färben / wann man ein Stücklein zum Versuch darein wilffet.
§. 10.
Diese Tornesol wird insgemein darzu employirt / daß man dem Wein / aquavit und andern
liquoren eine schöne rothe couleur damit gebe. Allein Simon Paulli solte einem wohl schlechten
appetit darzu machen / wann er in seinem Quadripartitô Botanicô pag. 329. schreibet / datz sie
offters auß, leusichten und garstigen Lappen und Lumpen bestehe / und derowegen sehr auff die
Mundschencken und Kellermeistere fulminiret / daß sie auch wohl hohen Häuptern damit das
Getränck färben: Weßwegen man dergleichen wohl auch bey uns auß andern rothen Säfften,
zubereiten möchte; wiewohlen die flores pap, errat, oder Klapper Rosen Blätter / Kirschen und
dergleichen eben das praestiren können.
§. 11.
Letzlich brauchen auch die Färber, und Gerber noch eine andere fremdde Farb / welche
SUMACH
oder
Schmack
genennet wird / und von einem frembden Baum / so RHUS SUMAC, und Teutsch der Färber-Baum
heisset / herrühret: bestehet entweder auß denen zerstossenen Stengeln und Blättern / oder
dessen rothen Zapffen oder Früchten / deren Figur auß der im Anfang des Capitels gesetzten
Abriß zu sehen. Man hat dessen zweyerley / nemblich den Portoportischen und Malgischen. Jener
ist der beste / hat einen lieblichen Geruch und ist röchlich / [227] hat
jedoch wenig Stengel / sondern viel Körner, Dieser hat viel mehr Stengel und ist weiß / darumb
ist er nicht so gut / wie Schurtz in seiner Material Kammer pag. lehret. Der beste ist der
frische und grünlichte / welcher zur schwatzen Farbe dienet / Vid. Pomet c. l. Wird in der
Medicin auch zu Stopffung des Durchlauffs und andern affecten gebrauchet.
Das X. Capitel
Von den Wost-Kräutern / als Beer-Lapp / Stein-Leber- und
Jungen-Kraut.
Ist noch etwas in dem grossen Welt- und Natur- Buch übrig / so den Botanicis oder
Kräuter-Verständigen zu schaffen machen kan / so sind es gewitzlich die Neben und
Aussen-Gewächse / als die Schwämme und allerhand Mooß / welcher sich an Bäume / Steine und
andere Dinge hangen thut. Von jenen / nemblich den Schwämmen / hat ein gelehrter
Niderländischer Priester / nahmens Sterrebek ein sehr curioses Buch / Theatrum Fungorum genandt
/ in seiner Mutter-Sprach geschrieben / worinnen doch noch einige rare Schwämme ermangelen: Von
den vielen Mooß- Kräutern aber hat noch niemand ex professo geschrieben / welche wohl einen
eigenen Tractat erfüllen könten / wann sich jemand die Mühe nehmen wolle davon zu handeln.
Inzwischen aber muß man sich mit des Zaluzanii Eintheilung vergnügen / welcher den Mooß
hauptsächlich in zweyerley Art theilet / nemblich den schmaal- und breit-blätterichten /
(angustifolium & latifolium) worvon dessen annoch sehr rares Buch oder Methodus
Herbaria Lib. 2. cap. 3. zu lesen ist.
§. 2.
Unter dem ersten Geschlecht dörffte wohl einer der vornembsten und nützlichsten derjenige
seyn / welchen man in den Material-Kammern und Apothecken
LYCOPODIUM,
sonsten aber MUSCUM TERRESTREM CLAVATUM und in unser Mutter-Sprach / Beerlapp / Gurtel-Kraut
/ Sau-Tannen / Schlangen-Mooß sc. nennet / worvon der berümbte Sächsische Medicus und
Professor. Herr D. Wedel, ohnlängst eine schöne Disputation zu Jena / Respondente Hannekeniô
Jun., gehalten hat. Dieser Mooß nun kriechet mit vielen Reben auff der Erden / so wegen ihren
schuppichten Blättlein wie die Tannen anzusehen sind / trägt auch ein dergleichen Kölblein mit
Schuppen / zwischen welchen [228] nicht allein die Nieren-formige Schöttlein
/ mit einem sehr subtilen Saamen / hervorsckiessen / (welche Tournefort Tab. 326. Instit. Rer.
Herb. sehr artlich abgemahlet hat) sondern es hat auch dieser Mooß vor dem Saamen seine eigene
Blüt / deßwegen er von dem berümbten Engeländischen Botanico Morison ein vollkommener Mooß oder
Muscus Perfectus geheissen wird.
§. 3.
Jetztgemeldter Saame oder
SEMEN LYCOPODII
nun ist eben dasjenige / welches diesen Mooß so berümbt machet / und bestehet aus einem sehr
subrilen / leichten und gelben Staub / fast wie Schwefel-Blumen anzuschen / hat auch eine
dergleiche schweffelichte Art / indem er / durch ein Licht geblasen / blitzet und eine grosse
Flamme gibt / obwohlen er auff Kohlen geworffen nicht so / wie der Schwefel / brennet: Gibt
aber auch einen acidum und ein schwartzes Oehl von sich / wann man den Mooß durch eine Retort,
treibet / wie obbelobter Herr Wedelius erfahren hat; und weilen er also eine balsamische Art an
sich hat / ist er sehr dauer hasst und lässet sich über 30. Jahren halten; und ob man schon
anfangs diesen Saamen meistens aus Pohlen und Moscau (allwo sie ihn Plaun nennen) beschreiben
müssen / so findet man ihn doch nun auch allenthalben in Teutschland / daß man in
Friedens-Zeiten ein gantzes Pfund umb einen Gülden haben kan.
§. 4.
Auß obbemeldten schwefelichten Theilgen fliessen die so belobte Kräffte und Tugenden dieses
Stäubleins her / welches nicht allein den Schweiß und Urin / ja auch zuweilen den Stuhl-Gang
befördern kan / sondern auch eine besansitigende und stillende Krafft hat und deßwegen gegen
die schwere Noch und andere Haupt-Kranckheiten / absonderlich aber gegen das Alp-drucken sehr
gerühmer wird. So ist auch nicht zu zweifflen / daß er in denen Scorbutischen
Nerven-Kranckheiten / lauffenden Gicht / Nieren und Lenden-Weh / guten Effect thue / wie Herr
D. Wedel versichern will / indem er von dem berümbten Ludovici gegen den Stein selbsten mit
Nutzen gebrauchet worden. Absonderlich aber ist dieser Balsamische Saame / wegen seiner
heilenden Krasft auch in allen Brust-Schwachheiten / als Lungensucht / Blutspeyenund
dergleichen gut / und rühmet ihn Ettmüllerus auch gegen die Hectic. In Pohlen brauchen sie ihn
gegen die Hollen-Zöpffe oder Plicam Polonicam, als ein specificum, worvon in den Miscellan.
Germ. Cur. Dec. 1. An. 2. Obs. 52. pag. 94. zulesen ist. Was er aber eusserlich un Blutstillen
der Wunden vermöge / bezeuget der Seel. Doct. Feht Tr. de Scorzon. pag. 12. Er heilet auch
allerley Räudigkeit / Verwundungen / Rothlauff / Jucken an heimlichen Oertern / absonderlich
wann die kleine Kinder allda wund werden. Man kan diesen Saamen auch zum Haar-Pouder gebrauchen
/ weilen ersehr leicht ist und die Haar von den Milben befreyet So wird er auch zu den Kunst.
Feuern oder Feuer, Wercken gebrauchet / allwo er nur blitzet / und keinen Knall von sich gibt /
man mische dann gestosen Bircken-Laub darunter / wie Olearius in seiner Persianischen
Reiß-Beschreibung L. 4. cap. 25. lehret. Doch kan man auch aus den Büchsen damit schiessen /
wie solches vor diesem Hertzog ???rnst / der Fromme genandt / zu Gotha / in beysein Herrn Doct.
Wedels, aus sonderlicher Culiosität probiren lassen / wie in obgemeldter Disputation zu sehen /
worinnen auch allerhand Composita, so von diesem Pulver können gemacht werden / beschrieben
sind.
§. 5.
Zu den breit-blätterichten Mooß-Kräutern gehöret das Stein-Leber-Kraut / wie auch das
Lungen-Kraut / welche beyde auch gedörret in den Apothecken auffgehoben werden. Das erste /
nemblich das Stein-Leber-Kraut wird Lateinisch
LICHEN
genennet / weilen es gleichsam wie ein Außsätziger Grind eufferlich an den Felssen in tieffen
Brunnen sitzet / und bestehet aus breiten / tieff außgekerbten fetten Blättern / zwischen
welchen mit der Zeit kleine Stengel mit gesternten Blümlein hervor kommen / wie oben aus der
Figur zu sehen ist: wird innerlich gegen einige langwierige Kranckheiten / so vor diesem von
Verstopffung der Leber hergeleitet worden / als gegen die Gelbsucht / Krätze und dergleichen
von den Alten gerühmet / wiewohlen die heutige Medici, als Ettmüllerus, und andere kein grosses
Werck davon machen. Eusserlich soll es das Blut in Verwundungen stillen / wie Hoffmannnus in
Clau. Schraed. p. 496. bezeuget.
§. 6.
Was endlich das
Lungen-Kraut /
oder
PULMONARIAM ARBOREAM,
sonsten auch Muscum Arboreum genandt / anlangen thut / so bestehet dasselbige aus breiten
lederichten Lappen / so an den alten Eychen und andern Bäumen gefunden werden: hat eine
außtructnende und etwas anhaltende Krafft / weßwegen es in der Lungensucht / so von über
flüssiger Feuchtigkeit und Flüssen herrühret / in denen Brust- Träncken / innerlich gebrauchet
werden kan. Eusserlich stillet es ingleichen das Bluten / zu Pulver gestossen und
eingetruncken.
|| [229]
§. 1.
Die Moxa ist ein bunb-graues wollichtes Medicament welches vor etwa zwantzig Jahren auß
Ost-Indien / mit länglichten und schwartzen Stänglein / eines kleinen Stroh-Halmens dick / in
Teutschland gebracht worden und alle beyde bey denen Materialisten auch zu finden find;
wiewohlen heut zu Tag wenig Nachfrag deßwegen geschiehet / nachdem sie theils den angerümbten
effect nicht gethan / theils auch in unsern Landen nachgemacht worden ist.
§. 2.
Der erste / so dieses simplex den Europäern entdecket hat / ist ein Holländischer Domine oder
Priester bey der Ost Indianischen Compagnie, nahmens Buschoof, gewesen / welcher diese Moxam,
als ein gewisses und bewährtes Mittel gegen das Podagram, in einem besonn deren und in
Holländischer Sprach geschriebenen Büchlein / recommendiret / auch verschiedene Exempel
erzehlet / dadurch solche gantz rasend-tolle Leut / auch diejenige / so mit der fallenden Sucht
beladen gewesen / glücklich curiret worden seyen. Als nun dieses Büchlein dem Seel. Herzn Erico
Mauritio, Weyland Höchstmeritirtem Assessori bey dem Hochpreyßlichen. Cammer-Gericht zu Speyer
/ zugeschickt worden / liesse er solches sobalden seinen damahlen vertrauten Freund / Herzn. D.
Scheffern [230] berümbten Medicum in Franckfurt / wissen / welcher es der
sämbtlichen Curiosen Societät in Teutschland / in deren jährlichem Zeit-Register oder Miscell.
Germ. Cur. Dec I. An. VI. Obs. 218. zu wissen thäte / denen auch D. Elsholz kurtz hernach den
Inhalt obgedachten Büchleins einverleibet hat: und weilen sich bald darauff ein Streit unter
den Gelahrten erhobe? Ob dieses Mittel auch den Alten und absonderlich dem Hippocrati bekandt
gewesen seye? So hielte Herr D. Geilfus, nachmahlen Leib-Medicus bey Ihro Durchl. der Fr.
Hertzogin in Ost-Frießland und Professor zu Franecker, eine schöne Disputation zu Marburg in
Hessen davon / dahero sie auch bey andern desto mehr bekandt gemacht wurde.
§. 3.
Nun ware noch übrig / daß man auch erfahren möchte / was dieses Gewächs eigentlich sey?
weilen Herr Buschoof in seinem Büchlein nichts davon gemeldtet oder nur verblümt und dunckel
davon geschrieben hatte. Einige meineten es wäre eine Art Schwämme / so also wachsen thäte /
wie obberührter D. Geilfusius solches außdrücklich davor hielte. Als aber andere solches etwas
genauer und mit kleinen Perspectiven oder Vergrösserungs-Glässern betrachteten / wurden sie
einiger kleiner Blätter / unserm Beyfuß nicht ungleich / gewahr / und hielten derowegen dafür /
es wäre die Moxa nichts anders / als das weissen wollichte und einer Spinnen-Webe nicht
ungleiches Häutgen / so eusserlich an dem Beyfuß zu finden / auch von dem gedörten Kraut
selbsten / wann die Stengel heraußgerieben werden / zu praepariren ist: Wie dessen Zubereitung
von Herrn Cleyero in Misc. Dec. 2. A. 4. Obs. 1. und dessen AEmulo, ten Rhyne in Disp. de
Arthrit. pag. 108. offenbahret wird. Damit man aber dessen eine Gewißheit hätte / so schriebe
deßwegen obbelobter Herr D. Scheffer in Ost-Indien an Herrn Cleyerum, damahligen Medicum der
Ost-Indischen Compagnie, ob sich es mit der Moxâ also verhielte / welcher es auch auffrichtig
gestande / wie auß dessen Antwort in angeregten Miscellan. Germ. Dec. II. Ann. IV. zu sehen
ist; weßwegen ich dann bewogen wurde / nochmahlen einen eigenen Brieff von der Moxa und dem
Podagra an jetzgedachten Herrn Cleyerum nach Batavia Nova in die Insul Bantam zu schreiben /
welche damahlen zu Leyden in Holland drucken liesse / bin aber unglücklich gewesen / daß seine
doppelte Antwort / welche er durch Herrn D. Kempffern, seinen damahligen Domesticum an mich
abgefertiget / mit den beygefügten raren Muscheln und andern Curiositäten Schiffbruch gelitten
/ wie jetzt berührter Herr D. Kempffer, als er auß den Indien zurück kahme / mündlich
berichtete. Als man nun der Sach gewiß ware / zeigete Herr D. Wedel zu Jena / daß man der
Indianischen Moxa wohl entrathen und alles mit der Teutschen Moxa außrichten könte / was man
von der Frembden bißdaher gehoffet hatte; Wie dann andere gar gemeine Wolle / Baumwolle /
geschabte Lunten und dergleichen an deren statt gebrauchten; davon die Miscellan. Germ. l. c.
zu sehen sind.
§. 4.
Was den Gebrauch und Nutzen dieser Moxae anbelanget / so macht man spitze und länglichte
Stäblein / gleich einem Rauch-Kertzgen darauß / setzet solche in der Tobsucht und Schwere Noth
umb den Kopff / in dem Chiragrâ und Podagrâ aber auff Hände und Füsse / (wie die Fig. Lit. A.
B. C. D. zeiget) und stecket solche mit dem wohlriechenden Stängelein Lit. C. an / so brennet
sie ohne sonderlichen Schmertzen eine Krust / davon der Schmertze und die Kranckheit von Stund
an nachlässet. Unterdessen müssen alle die Bedingungen / welche bey den gemeinen Cauteriis und
Brennungen (für welchen die Moxa eben so grossen Vorzug nicht hat / wie Sydenham de Podagra
schreibt) angemercket werden / auch hier in acht genommen seyn: Und hat die Moxa, wie dieselbe
/ mehr in der so genandten kalten Gicht / so von wässerichten und schleimichten Feuchtigkeiten
herkomt / statt / als wo eine Entzündung und Röthe an den Gliedern sich befindet / wo die Moxa
grosse und gefährliche Ungelegenheit causiren könte / wie solches von dem berümbten Alten
Medico Herrn D. Joh. Daniel Horsten an verschiedenen vornehmen Personen observiret worden.
Dafern man aber vorsichtiglich damit umzugehen weiß / so ist dieses Mittel nicht zu verwerffen
/ welches an sich selbsten Mons. Temple, ein vornehmer Edelmann / gut befunden und deßwegen in
einem besonderen Frantzöischen Tractaetgen: Essay du Moxa contre la goutte sehr gerühmet hat;
Besihe dessen Büchlein: Les Oeures melêes de Mons. le Chevalier Temple Tom. I.
|| [231]
§. 1.
OBschon die Materialisten sowohl die Blüt / als die Frucht von dem Granat-Baum führen / so
kommen doch beyde nicht von einem Baum / sondern die Aepffel oder Frucht von dem zahmen / die
Blüt aber von dem wilden Granat-Aepffel-Baum / indem sich die Blumen von dem zahmen / sonsten
CYTINI genandt / nicht sowohl / als von dem wilden halten lassen / wie Pomet in Histor. Simpl.
pag. 180. berichtet. Diese wilde Granat-Aepffel Blumen nun werden von den Apotheckern insgemein
FLORES BALAUSTIORUM
geheissen / welche aus schönen licht-rothen und wohlaußgedörten Rosen bestehen / welche von
dem wilden Granat-Baum / BALAUSTIUM genandt / herrühren / und theils aus Orient von Carthago,
theils aus Italien / Spanien und andern warmen Ländern heraus gebracht werden.
§. 2.
Von diesen Blumen findet man zweyerley Sorten / nemblich die Feine und Gemeine. Jene bestehen
aus den gantzen Blumen: diese aber nur aus dem untersten Theil oder Bälcklein / worinnen die
Blume gleichsam eingeschlossen ist; welche letztere nicht viel taugen und derowegen wenig
gesucht werden. Weßwegen die volle und feine zu erwehlen / welche noch frische / aber wohl
gedörrete / schöne breite und mit einer hochrothen Sammet-Farb gezierte Blume haben / und von
allem Staub und kleinem Gemirbel gesaubert seyn sollen.
§. 3.
Dem Nutzen und Gebrauch nach sind sie nicht allein zum färben sehr dienlich / wie Schurtzius
in seiner Material. Kammer pag. 30. berichtet / sondern haben auch in der Artzney-Kunst eine
grosse Krafft zusammen zu ziehen und außzutrucknen; weßwegen sie nicht allein innerlich gegen
alle Durchbrüche / Rothe-Ruhr / sondern auch eusserlich in Blut-Stürtzungen und dergleichen
sehr gebraucht werden. So kommen sie auch zu den anhaltenden und zurücktreibenden
Gurgel-Wassern / worvon Ettmüllerus in Commentar. Schroederiano pag. 578. zu lesen ist. Andere
nehmen sie unter die Zahn. Pulver / absonderlich wann das Zahnfleisch blutet und Schaarbockicht
ist / worzu sie sonderlich vom Tabernaemontano pag. 760. gerühmet werden.
|| [232]
§. 4.
Uber diese Blumen brauchet man auch die Granat-Aepffel
oder
MALA PUNICA,
welche groß und rund / außwendig rothlichtbraun / inwendig aber gelb / mit viel rothen /
eckichten / safftigen und harten Körnlein besetzet sind / in Ansehen deren sie von denen
Frantzosen Migraine oder millegraine genennet werden: kommen aus Spanien / Italien und der
Provintz Languedoc.
§. 5.
Diese Aepffel wachsen nur auff dem zahmen Granat-Baum / dessen Blätter dem Myrthenlaub bey
nahe gleich / schmal / dick und gläntzend sind / von einer saatgrünen Farb mit rothen Aederlein
durchzogen: ist ein Gewächs wie Citronen und Pomerantzen-Bäume / so die Kälte nicht vertragen
kan; weßwegen es in Teutschland (wo es in vornehmen Gärten auch in Kasten gezogen und erhalten
wird) keine Früchte trägt / ob es schon zu weilen blühet / wie Vielheuer in Beschreibung
frembder Materialien pag. 123. in Acht genommen hat.
§. 6.
Diese Granat-Aepffel werden von wegen des Geschmacks in drey Geschlechte abgetheilet / also /
daß einige süß / einige sauer / andere aber weinsäurige Granaten genennet werden / welche
letztere einen vermischten Geschmack haben / und also einer mitleren Art sind. Die Süße
stärcken das Hertz und bekommen auch der Brust wohl. Die Saure kühlen und halten an / stärcken
den Magen und Appetit / gleich denen Citronen und Limonen. Die Weinsäurige refraichiren vor
andern in hitzigen Fiebern und stärcken das Hertz; weßwegen dann auch der bekandte
Granaten-Wein
oder
VINUM GRANATORUM
mehrentheils aus diesen gepresset und zu eben dem Gebrauch auffgehoben wird: wiewohlen auch
von den andern der Safft oder
SUCCUS GRANATORUM
also gepresset und zu uns gebracht wird / dessen Qualitäten mit der Frucht selbsten
übereinkommen.
§. 7.
Gleiche Bewandtnus hat es auch mit dem Syrop oder
SYRUPO GRANATORUM
dessen Zubereitung Theod. Tabernaemontanus im dritten Buch von den Kräutern p. 761. vor
andern wohl beschrieben hat: ist sonderlich gegen das so genandte Hertz-Geblüt / oder
Haemorrhagiam Uterinam bey den Weibern in grossem Werth; wiewohlen dem Zucker nicht immer zu
trauen ist.
§. 8.
Endlich hat man auch die Schalen oder
CORTICES GRANATORUM
in denen Officinen / welche aus dunckel-braunen harten Rinden bestehen / so eusserlich rauh
und wie alt Leder (daher sie auch MALICORUM heissen) anzusehen / inwendig aber bleich-gelb sind
/ und einen herben zusammen ziehenden Geschmack haben: müssen aber wohl gedörret seyn und nicht
schimlicht schmäcken; weßwegen die gantz-gedörrte Granaten nicht leicht anzunehmen sind /
welche insgemein inwendig gantz verschimlet und von so einem bösen Geschmack seyn / daß man
einen Patienten wohl mehr damit schaden / als dienen könne / wie Pomet in seiner Frantzöischen
Material-Kammer l. c. wohl erinnert hat.
§. 9.
An ihrer Krafft kommen die Schelffen gäntzlich mit den Gall-Aepffeln überein / so gar / daß
man auch aus denselben (wie auch der Granaten-Blüt) mit dem Victril eine schwartze Dinte machen
kan: Haben eine sehr zusammenziehende Qualität / wormit sie die Blumen übertreffen / und werden
derowegen in allen Bauch-Flüssen und Blut-Stürtzungen mit grossen Nutzen gebraucht. Daß sie
aber zugleich die Menses oder Zeit der Weiber befördern können / wie der berümbte Thomas
Bartholinus in seinen Histor. Anat. Cent. 4. Obs. 39. in Acht genommen / kommet daher / weilen
diese Schelffe die böse Säuer im Leib / welche das Geblüt stecken kan / versüsset oder
verzehret; wiewohlen dieses anbey nicht zu vergessen / daß man alsdann nicht so wohl die Schale
selbsten und wie man redet / in substantiâ eingebe / sondern nur die Brühe oder Decoctum davon
nehme / welches auch eusserlich zur praeservirung der Augen in denen Kinds-Blattern gerühmet
wird. So dienet es auch die wacklende Zähne fest zu machen / und wehret dem blutenden und
abfaulenden Zahn-Fleisch.
|| [233]
§. 1.
DEr Spicanarden findet man zwar vielerley Arten in den Kräuter-Büchern / worunter doch nur
die zwey vornembste / nemblich die Indianische und Welsche Spic von denen Materialisten und
Apotheckern geführet werden. Jene / nemblich die Indianische Spic, heisset Lateinisch
NARDUS INDICA,
oder auch SPICA INDICA, welche nichts anderst / als der öberste und haarichte Theil der
Gangetischen Cyper-Wurtzel / und gleichsam auß den Rippen vieler zerribenen Blättern zusammen
gewickelt anzusehen ist / wie es der berümbte Hermanni in seinem Msc. de Mat. Med. beschreibet:
Ist etwa Fingers lang und auch beynahe so dick / röthlich-braun / eines scharffen / bitteren
und gewürtzten Geschmacks und an Geruch der Cyper-Wurtzel nicht viel ungleich. Sie kommet dürr
auß AEgypten von Alexandriâ, samt andern Specereyen / soman jährlich gen Venedig bringet / wie
Marxius in der Teutschen Material-Kammer pag. 172. und Vielhener in Beschreibung frembder
Materialien pag. 158. bezeugen.
§. 2.
Es gibt deren zweyerley Species, nemblich die kleinere und grössere / davon die erste Pomet
vor andern in seiner Histoire Generale des Drogues pag. 187. schön beschrieben und in obiger
Figur unter Augen geleget hat / anbey aber nicht leugnend / daß diese sehr rar und wegen ihres
grossen Preysses langsam gesucht werde; daß man also nur die grosse in den Officinen findet:
Und ob zwar von diesen auch zwey Sorten / als die Feine und Mittel-Gattung bey denen
Materialisten zu haben sind / so müssen doch beyde / wann sie zum Theriac genommen werden / von
den mittelsten bleichen Rippen und allem staubichtem Wesen wohl gesaubert werden / damit der
beste aromatische Theil nur zurück bleibe / wie Moyses Charas in Beschreibung derjenigen
Materialien / so zum Tberiac genommen werden / pag. 138. lehret.
§. 3.
Die beste muß schön kurtz / leicht / vielhääricht / gelb-braun / frisch / fest und
wohlrie [234] chend seyn / auch am Geschmack dem Galgant oder
Cyper-Wurtzel gleich kommen / Vid. Marxius c. l. Und weilen solche offt mit der Frantzöischen
und falschen Nard vermischet wird / so ist wohl zu mercken / daß die Frantzöische Spic (sonsten
Nard de Montagne oder Berg-Nard genandt) in der Mitten der Aehren einige harte und holtzichte
Fäserlein hat / woran sie gar leichtlich zu erkennen ist / wie obberührter Frantzöischer
Apothecker Charas in angeführtem Ort zeiget. Die Andere falsche Nardus (so auch auß Franckreich
kommet und Nardus Narbonensis heisset) hat gar keinen aromatischen / sondern Moosichten Geruch
/ wie Theod. Tabernaemontanus im andern Buch von den Kräutern pag. 572. beweiset.
§. 4.
Ihre Kräfften sind erwärmend / zertheilend und etwas anhaltend. Sie stärcket de̅ Magen und zertheilet die Winde: treibet den Urin und Monathliche Reinigung / wird aber
allein nicht gar offt verschrieben / sondern kommet meistentheils zum Theriac; doch hat man
auch ein zweyfaches Oehl davon in den Apothecken / nemlich das Oleum Nardinum Simplex
& Compositum, oder das Gemeine und vermischte Narden-Oehle / welches gegen den
Krampff und Lähmung der Glieder sehr gerühmet und von Schroedero und andern beschrieben
wird.
§. 5.
Die Welsche Spic oder
NARDUS CELTICA
bestehet auß langen schuppichten und mit vielen Fäserlein behängten Würtzlein / sambt den
öbern gelbichten Blättern / eines scharffen / bitteren und aromatischen Geschmacks / und
starcken Geruchs: kommet in Püschlein gebunden / theils auß Welschland (dahero sie den Nahmen
hat) theils auß Tyrolen / Kärnten und der Steyrmarckt / allwo sie auff den hohen Gebürgen zu
finden ist.
§. 6.
Das Gewächs selbsten wird von denen heutigen Botanicis vor ein Art Baldrian gehalten / hat
länglichte bleich-gelbe Blätter und treibt einen dünnen Stengel mit gelben Blümelein / wie oben
auß der Figur zu sehen / welche mit der Valeriana oder Baldrian ein grosse Gleichnuß hat und
derowegen von dem berümbten Hermanno in seinem Msc. und Sam. Dale in Pharmacol. pag. 172. in
einer Class mit derselben abgehandelt worden.
§. 7.
Weilen aber auch diese Celtische Nardus mit einem andern Gewächs / welches ihr an der
eusseren Gestalt fast gleich kommet und von den Kräuter-Verständigen HIRCULUS oder Geißböcklein
genandt ist / verfälschet wird: so ist zu wissen / daß dieses letztere Kraut weissere Blätter /
ohne Stengel habe / die Wurtzel aber nicht bitter sey / auch einen unfreundlichen und fast
stinckenden Geruch habe / weßwegen es Hirculus genennet worden. Die rechte und auffrichtige
Welsche Nardus aber hat einen wohlriechenden aromatischen Geruch und etwas bitteren Geschmack /
gleich wie die Indianische / und muß die beste schön gelb und roth seyn / einen frischen Geruch
haben und wie oben schon gemeldet worden / in kleinen Püschlein gebunden seyn / wie in des
Nürnberger Materialisten Marxii Material. Kammer pag. 172. zu sehen ist.
§. 8.
Gleichwie nun diese Celtische Nardus an der eusserlichen Gestalt mit dem Baldrian überein
kommet / also hat sie auch dergleiche Tugenden und Kräfften an sich / wie Rajus in Histor.
Plantarum pag. 391. zeiget; weßwegen sie nicht allein erwärmet und wie die Indianische die
Winde und böse Feuchtigkeiten zertheilet / sondern auch wider gifftige Thier-Bisse und alle
giffmässige pestilentialische Fieber gerühmet / auch deßhalben mit zum Theriac genommen wird.
Ehe man aber dieselbe zur dispensation auffsetzet / muß sie zuvor von allen abgeschmackten
Fäserlein und Unsauberkeit wohl gereiniget und deßwegen auff einem Papier zuvor an einen
feuchten Ort gestellet werden / damit sie etwas Feuchtigkeit anziehe und die Wurtzel nicht in
viele kleine Stücklein unter dieser praeparation zerspringe / wie eben dieses der Frantzöischer
Apothecker Charas im 40. Capitel seiner Histoire von den Theriacs-Ingredientien pag. 185.
lehret.
|| [235]
§. 1.
DEr rechte und gute Saffran / im Lateinischen
CROCUS
genandt / bestehet aus den inneren Fäserlein einer Blume dieses Nahmens / welche eine
rothgelbe Farb / einen scharffichten / etwas bitteren und öhlichten Geschmack / und sehr
durchdringenden Geruch haben: wird theils aus Orient, am meisten aber aus Spanien / Franckreich
/ Engeland und Oestreich in Säcken heraus gebracht / und sowohl gantz / als gestossen zu
vielerley Gebrauch angewandt.
§. 2.
Diese Blume wächset aus einer Wurtzel / wie eine graue Zwibel / und zwar ohne Blätter / wie
die Zeitlosen / denen sie auch gleich sind / aber von unterschiedenen Farben. Mitten in den
Blumen finder man den blutrothen Saffran / wie ein schmales Zünglein / mit drey. Fäserlein /
welche zwischen andern 6. Fäserlein oder gelben Zäpfflein (wie in den weissen Lilien) hervor
schiessen. Wann die Blumen vergangen seynd / so kom̅en alsdann sehr schmale und
lange Blätter hernach / so den gentzen Winter über grün bleiben / aber gegen den Sommer werden
sie welck. Im vierdren Jahr / gegen dem Früling / gräbt man die Wurtzel aus / so findet man bey
einer Wurtzel fünff oder sechs junge Zwieblein / welche in der Lufft / aber nicht an der Sonnen
/ sollen gedörret werden. Diese werden alsdann im Früling wieder Reihenweis / wie die Weinstöck
in die Erde gesteckt / welche aber im ersten Jahr nichts / als die blosse Blätter tragen: das
zweyte Jahr kommen die Blumen und Fäserlein / welche im September oder October vor der Sonnen
Auffgang gesamlet / und wann sie wohl gesäubert / über dem Feuer getrucknet werden. Den andern
Tag und so ferner werden die jenige / so über Nacht hervor geschossen / auff gleiche Manier /
abgeschnitten / biß die Zwibeln nichts mehr hervor schiessen lassen / welche sonsten / nicht
ohne Verwunderung / binnen 24. Stund wieder neue Blumen gaben / wormit eine grosse Handlung
getrieben wird.
§. 3.
Ist aber eine Specerey, deren man viele und verschiedene Sorten hat / so ist es gewißlich der
Saffran / nachdem er entweder aus Türckey und andern Orientalischen Ländern / als Persien / aus
der Insul Madagascat und dergleichen gebracht wird / oder aus Spanien / Franckreich / Engeland
und Oestreich herkommet / deren jede wieder ihre besondere Sorten hat. Zwar dem Türckischen
Saffran will man heut zu Tag nicht viel guts zuschreiben / sondern vor den geringsten halten;
dann [236] ob er schon an sich selbsten nicht unrecht wäre / so sollen doch
die Türcken solchen den Christen nicht gantz zukommen lassen / sondern sollen die beste essentz
zum Färben außziehen und nachgehends mit Honig wieder anschmieren / dahero er zum mahlen oder
stosen untüchtig ist: wird sonsten zu Venedig mit current Geld eingekaufft / welches 20. pro
Cento geringer / dann Banco-Wehrung ist / und kombt in ledernen Säcken oder Puti, deren jeder
30. Pfund Nürnberger Gewicht schwer ist / wie theils Schurtzius, theils Marxius in den
Teutschen Material-Kammeru pag. 72. berichten. Von dem Spanischen Saffran hat man sehr viele
Sorten / als den Adler Saffran oder Zima de Aquila: den Maglianischen / Aragonischen /
Puglianischen / Ruschavoca, Catalonischen sc. unter welchen die erstere am besten sind / und
wird der Aragonische wieder in fein / mittel und gemein Gut unterschieden. Sie werden alle von
den Land-Leuten auff gewissen Jahr-Märcken zum Adler / zu Albiges und anderstwo in Spanien /
entweder nach der Voce, oder nach eigemen Accord verkaufft / wie Schurtzius hiervon in seiner
Material-Kammer pag. 17. & seqq. einen sehr weitläufftigen Bericht erstattet.
Unterdessen will auch von dem Spanischen Saffran Pomet in seiner Frantzöischen Material-Kammer
pag. 178. deßwegen kein groß Wesen machen / weilen sie / aus der Meynung / daß er sich sonsten
nicht halten liesse / Oehl darunter thäten und also denselben untüchtig machten; weßwegen er
den Frantzöischen Saffran / absonderlich denjenigen / welcher SAFRAN du GATINOIS heisset /
allen andern vorziehet / welchen auch Charas deßwegen zum Theriac erkohren / doch also / daß er
den Oranien-Saffran demselben gleich halte / wie in dessen Histoire Nat. des animaux, des
Plantes & des Mineraux, qui entrent dans la compos. de la Theriaque pag. 129.
zu sehen. Die andere aber als Safran de Toulose, d' Angoulême &c. sind nicht so
gut. Der Englische Saffran ist wie ein grosser runder Teller zu sammen gepresset / wird in
Engeland in 4. Saffran Märckt / zwischen Michaelis und Allerheiligen verkaufft / und wann er
schön trucken und roth von Farben / so ist er gut. Jetziger Zeit aber wächst und ist der beste
Saffran in Oestreich unter dem Fluß der Ens / und heisset deßwegen CROCUS AUSTRIACUS, welcher
am berümbtesten / und nicht allein alle andere Europäische Saffran / sondern auch den
Orientalischen übertrifft / wie obgemeldte Materialisten / absonderlich aber Georg Nic.
Schurtzius (welcher diesen Handel selbsten getrieben und am besten verstehet) pag. 17. in
seiner Material-Kammer bezeuget / welchem auch Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien
pag. 99. beyspringet. Einige als Tabernaemontanus wollen vorgeben / es wächse auch umb Landau /
Wormbs und andere Orten am Rhein dergleichen Saffran; allein solches wird von dem falschen oder
wilden Saffran zu verstehen seyn / welcher von diesen Orten in Franckreich und anderstwo
geführet wird / wie Pomet cit. libr. pag. 179. berichtet.
§. 4.
Die Prob des Saffrans ist / daß er 1. eine breite / lange und starcke Blume hat / welche 2.
licht-roth an der Farb / auch 3. einen guten und starcken Geruch hat. 4. Soll er nicht zu viel
weisse oder gelbe Ende an der Blume haben / 5. nicht putzicht noch zapfficht / 6. nicht
schmiericht / kleberig / noch schwartz / noch 7. feucht oder naß seyn. Alle alte Saffran geben
mehr Meel als der neue / aber die Farb ist bey weitem nicht so schön. Er will in einem leinen
oder wüllenen Sack hart auffeinander gepackt / und in eine Kist oder Faß geleget seyn / daß
keine Lufft darzu kommen könne: dann an einem truckenen Ort er 2. biß 3. Jahr gut bleibt. Es
können zwar betrügliche Leut dem abgestorbenen Saffran auch wieder helffen / allein der Betrug
ist aus obigen Proben leicht zu erkennen / Conf. Schroederus pag. 54.
§. 5.
Seine Kräffte und Qualitäten sind so vortrefflich und vielfaltig / daß er vor ein Gewürtz der
Weisen / König der Vegetabilien, ja gar vor eine Panacee will gehalten werden / wie in des
Hoffmanni Clavi Schroed. pag. 459. zu sehen. Absonderlich ist er wegen seiner theils
aufflösenden / theils stillender und balsamischen Natur der Lungen sehr dienlich / und wird
derowegen Anima Pulmonum oder die Seeleder Lungen genennet: Stärcke anbey das Hertz und
Lebens-Geister / und wird derowegen in sehr vielen Kranckheiten mit Nutzen gebraucht / wie
solches Doct. Hertodt in seiner Crocologie weitläufftig erwiesen / dessen Begriffe man in
meiner Historia Literaria, in Appendic, Miscellan. Acad. Nat. Cur. Dec. II. Ann. III. pag. 582.
lesen kan. Unterdessen muß man dem Ding nicht zu viel thun / dann er sonsten übermäsig genommen
bey den Weibsleuten durch sein sehr volatilisches Saltz die Monatliche Reinigungen gar zu sehr
treiben und eine Blut-Stürtzung verursachen / bey andern aber durch seine öhlichte und zum
theil narcotische Theilger truncken und gar närrisch machen kan; wie dann Dörin̅gius in seinem Tr. de Usu Opii pag. 108. aus dem Amato Lusitano erzehlet / daß ein Kramer /
welcher zu viel Saffran in das Essen gethan / dadurch in ein so übernatürliches Lachen gefallen
/ daß er bald davon hätte sterben müssen. Ein anderer ist gar gestorben / als er die Nacht
durch auff den Saffran Säcken geschlaffen / welches dann auch [237] einem
geitzigen Kauffmann widerfahren / welcher einige Säcke in seine Kleider verstecket / daß er
keinen Zoll bezahlen dörffte / wie der Cantzlar Baco de Verulamio in Hist. Vit.
& Mort. pag. 211. berichter. Ja es sollen auch die Pferde / so den Saffran
tragen davon unkräfftig werden. Weßwegen dann andere viele Praeparata darauß machen / als ein
Extractum, dessen man ein halb ???. von einem ???. Saffran mit dem Spiritu Vini, nach
Vielheuers Außrechnung haben kan: welches doch D. Ettmüller in Comment. Schroed. pag. 555.
nicht aestimiren will / weilen durch Außrauchung die beste Krafft wegfliehet; weswegen die
Tinctura Croci besser ist / deren Zubereitung auch allda zu sehen. Die Alten haben das
Electuarium de Ovo davon gemacht. Eusserlich wird er in Auffschlägen zu erweichen und Eyter zu
machen gebrauchet / und ist das Empl. Oxycroceum daher berümbt und bekandt / welches zu
Nürnberg Crucifix heisset / Vid. Sim. Paulli de Croco.
§. 6.
Weilen im übrigen der rechte und veritable Saffran öffters mit dem so genandten
SAFFLOR oder Wilden-Saffran
verfälschet wird / so hat man auch dessen / dem Betrug desto eher zu begegnen / mit wenigen
gedencken sollen / zumahlen auch derselbige von den Färbern sehr gebrauchet wird. Solcher aber
ist die Blume von einem Kraut / CARTHAMUS oder CNICUS genandt / welches eine Art Distel ist /
so ohngefehr 2. Schuh in die Höhe wächset / lange / grüne und stachlichte Blätter hat / und
auff jedem Aestgen am End einen kleinen runden Knopff träget / welcher sich in kleine rothe und
gelbe Fäserlein auffthut / so den Namen des wilden Saffrans bekommen / weilen er die Speise und
andere Sachen auch also färbet / ob er schon so aromatisch nicht ist / wie der rechte Saffran:
Wird im Elsaß und am Rhein / auch anderswo im Reich häuffig gezogen und verführet / weswegen
ihn die Frantzosen auch den Teutschen-Saffran nennen. Er soll zum Spanisch-Roth gebraucht auch
von den Feder-Schmückern / Färbern und andern zum färben gesucht werden. Der Beste kommet von
Straßburg und Franckfurt. In der Artzney-Kunst aber wird der Saame oder SEMEN CARTHAMI mehr als
die Blume genutzet / welcher auß weisen / länglichten und eckichten Körnern bestehet / und
unter einer harten Schale einen weisen Marck / so von süssem Geschmack ist / eingeschlossen
hält: Muß schöne / dicke und wohlgewachsene Körner haben / auch noch frisch und doch recht
trucken seyn / wann er vor gut passiren soll; und weilen einige Betrüger die Melonen und
Cucumer-Kern also schneiden können / daß sie dem gescheelten semini carthami ähnlich kommen und
davor verkauffet werden / so ist zu wissen / daß der rechte Saame hiervon an einem End rund /
an dem andern aber spitzig ist / auch nicht so weiß außfihet / wie die Melonen und
Kurcken-Kern. Er hat eine purgierende Krafft und dienet deßwegen zu den purgierenden
Emulsionen. Man hat auch die Species diacarthami davon / darinnen er das Hauptstück abgibt.
§. 7.
Letzlich gedencket auch Pomet in seiner Histoire des Drogues p. 179. noch einer andern Art
des wilden Saffrans / so auß Levant / von Alexandrien / herausser komme und
SAFRANUM
genennet werde. Solcher soll auß sehr kleinen / krausen und röthlichten Fäserlein bestehen
und auch von einer gewissen und kleineren Art des Carthami herrühren. Wird zu Lyon und andern
Orthen in Franckreich von den Färbern in grosser Menge gebraucht und zu den feinen und hohen
Farben / als Incarnadin d' Espagne, angewendet.
|| [238]
§. 1.
DAs Kameelstroh oder SCHOENANTHUM bestehet auß gelben und harten Stengeln und Blättern / wie
Stroh anzusehen / eines scharffen und etwas bittern / boch Lieblich-aromatischen Geschmacks und
sehr annehmlichen Geruchs: Komt theils auß AEgypten / theils Arabien von Alexandriâ, über
Marseille, in kleinen Potten oder Schachteln / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag.
173. berichtet.
§. 2.
Das Gewächs / worvon es herrühret / ist eine Art Bintzen-Graß dahero es auch von andern
JUNCUS ODORATUS genennet wird: hat eine kleine un̅ zaselichte Wurtzel / worauß
lange / steiffe und außgespitzte Bintzen-Blätter wachsen / welche untenher dicke / wie die
Wasser-Bintzen sind und wann sie dürr werden / fahl oder roth-gelb außsehen. Zwischen solchen
Blättern wachsen runde Stengel hervor / fast eines Schuhes lang / anderen Obertheil kleine
geährte wollichte Blümelein zwischen kleinen Blättlein herauß wachsen / welche Leib-farbicht
und sehr schön anzusehen sind / aber selten mit herausser kommen / weilen die Kameelen solche
mit den öbersten Gipffeln wegfressen sollen / wie Tabernaemontanus in seinem ersten Buch von
den Kräutern pag. 583. geschrieben. Herr Herbertus de Jager hat in Persien auff der Küsie
Choromandel gantze Felder davon angetroffen / auch dessen rechte Gestalt und Nutzen schön
beschrieben / welche im III. Ost-Indianischen Sendschreiben zu lesen sind.
§. 3.
Man findet dessen zweyerley Sorten in denen Material-Kammer / nemlich das Feine / und Gemeine
oder Mittel-Gattung. Jenes ist Feuer-röthlich / mit vielen Blumen wohl bestzet / welche doch
offters auch à part kommen / dahero an der Mittel-Gattung fast keine zu sehen / welche auß
blossen Stengeln und Blättern bestehen. Beyde aber sollen / so viel es möglich ist / noch gantz
und frisch seyn / welches theils auß der röthlichen Farb / theils auß dem aromatischen und
lieblichen Geschmack abzunehmen / welcher den Blumen gleich kommen soll. Die Blumen aber werden
in Jahres Frist unkräfftig / weilen ihre Krafft in einem sehr flüchtigen Saltz bestehet /
dahero sie nichts mehr taugen sollen / wann sie zwey Jahr alt werden: Wiewohlen Charas in
Beschreibung der Theriac-Ingredientien pag. 140. das Gegentheil behaup [239] ten will. Sie kommen auch zuweilen etwas unsauber und müssen alsdann von denen
Apotheckern mit einem Tuch durch grosse und verdrießliche Mühe gesäubert werden / absonderlich
welche zum Theriac zu erlesen sind / worvon Pomet und Charas loc. cit. zu sehen. Man muß auch
wohl Achtung geben / daß dem rechten und veritablen Kameelheu nichts von dem falschen Kameelheu
oder SCHOENANTHO ADULTERINO, wie öffters geschiehet / untermischet sey / welches an den langen
Fuchs-Schwantz-Blumen / die es trägt und Ermangelung des recht aromatischen Geschmacks zu
erkennen / wie beyde auß des obbelobten Tabernaemontani Beschreibung und Figur l. c. pag. 586.
zu ersehen.
§. 4.
In Ansehung solches aromatischen Geschmacks und Geruchs hat das Schoenanthum eine erwärmende
und etwas zusammen ziehende Krafft: Stärcket das Haupt und den Magen: Treibet den Urin und
Monathliche Reinigung / machet einen guten Athem und ist vor diesem den purgierenden Mittelen
zu einer correction beygesellet worden / wie Ettmüllerus in Commentariô Schroed. pag. 657. in
Obacht genommen. Am meisten aber wird es zum Theriac employirt / worzu man immer die beste und
außerlesenste Sorte und wann es möglich ist / die Blumen selbsten nehmen soll / wie Charas l.
c. darauff dringet. Solten aber dieselbige nicht zu bekommen seyn / so muß man alsdann die
beste Sort von dem Kameelheu selbsten suchen. In Arabien soll solches nicht allein den Kameelen
zum Futter dienen / sondern soll denselben auch untergestreuet werden / weßwegen es diesen
Nahmen bekommen.
§. 5.
Zu eben diesem Gebrauch und Zubereitung des Theriacs werden auch die Blumen von dem
Arabischen Stoechas, oder
FLORES STOECHADIS ARABICAE
angewendet / welche in länglicht-runden / schuppichten und und oben mit Helm-Blümmelein
gezierten Köpfflein bestehen und einen scharffichten / auch etwas bitteren Geschmack und
starcken Geruch haben: kommen heutiges Tags auß der Provintz Languedoc in Franckreich und
können derowegen nicht mehr von ein Arabisch Gewächs / wie vor diesem / gehalten werden / wie
Pomet in obangeregter Material - Kammer p. 187. bezeuget; doch glauben andere / daß auch noch
heutiges Tags diese Blum zuweilen auß Orient gebracht werde.
§. 6.
Das Kraut dieser Blumen soll in verschiedenen Insulen (welche Stoechades heissen und 2. Tag
Reise von Massilien abgelegen sind) in solcher Menge wachsen / daß die Einwohner solches dörren
und die Stuben damit einheitzen können / wie Hoffmannus in Clavi Schroed. p. 553. auß anderen
Scribenten berichtet: Ist sonst mit Wurtzeln / Stengeln und Blättern dem Lavendel nicht viel
unähnlich: hat eine holtzichte Wurtzel und viele dergleiche Aestlein / langlichte / dicke und
graue-äschen-farbichte Blättlein / auch oben am Stengel hat es einen geährten Kolben / auß
vielen kleinen blauen Blümlein zusammen gesetzt / wie auß der Figur zu ersehen. Es trägt ein
klein Säämlein / wie Melissen / auß welchem es zwar auch bey uns auffgehet / aber selten Blumen
oder Saamen träget / wie D. Theod. Tabernaemont davon im andern Buch von den Kräutern pag. 91.
geschriehen hat.
§. 7.
Es müssen aber diese Blumen / absonderlich wann sie zum Theriac gesuchet werden / noch auß
gantzen Aehren und Knöpffen bestehen und ihre blaue Farb noch haben / welchen sie leicht
verlichren; wiewohlen die Frantzöische Apothecker solchem auch zu remediren wissen / indem sie
die zuvor außgetrucknete Blätter in gewisse Bücher legen / und also die Farb conserviren / wie
Pomet in seiner Material-Histoire pag. 181. berichtet; Weswegen dann auch der Geschmack und
Geruch darbey zu examiniren / welcher zeigen kan / ob die Blumen frisch oder alt?
§. 8.
Was die Kräfften dieser Blumen anlanget / so haben sie in Ansehen ihres sehr flüchtigen
Saltzes und aromatischen Oehls eine sehr erwärmende und zertheilende Tugend und werden deßwegen
in allen Haupt- und Nerven-Kranckheiten sehr gerühmet; weßwegen sie auch von den Alten in viele
Hauptstärckende Artzneyen gemischet worden / welche sonsten gegen den Schlag / Schwindel /
Haupt-Schmertzen und dergleichen sehr gerühmet werden / als da sind der Syrupus de Stoechade
Simplex & Compositus. So sind sie auch vordiesem in den Brust-Schwachheiten /
Mutter-Beschwerungen und dergleichen im Gebrauch gewesen / worvon Ettmüller in Comment.
Schroed. pag. 669. zusehen. Einige haben in Acht genommmen / daß sich die Seyden-Würme gern an
dieses Kraut anhängen und dessen Geruch sehr lieben / wie Charas in der Historie der
Theriacalischen Ingredientien pag. 159. bezeuget.
§. 9.
Die bey uns wachsende
STOECHAS CITRINA oder
Rhein-Blumen
sind so bekandt und gemein / daß ich vor unnöthig achte dieselbige / sampt deren Tugenden /
weitläufftig zu beschreiben / zumahlen sie auch langsam innerlich / sondern mehr eusserlich zum
streichen oder räuchern gegen die Flüsse gebraucht und deßwegen auch Streich-Blumen genennet
werden. Sie sind sonsten gar dauerhaffte Blumen / welche ihre Farb und Glantz / wie die
perpetuel-Blümlein / viele Jahr halten und erhalten.
|| [240]
§. 1.
DAs Zucker-Rohr oder CALAMUS SACCHARIFERUS ist ein dickes und in viele Geleiche außgetheiltes
Schilff oder Rohr / von sieben / biß acht / Schuh lang und gemeiniglich zwey Daumen dick /
außwendig grünlich-gelb / und inwendig weiß und voll süsses Marcks / gleich dem Hollunder Marck
anzusehen: kommet aus Ost- und West-Indien / absonderlich aus Brasilien und den Antillen-Insuln
/ wo es zwar auch wild auffwächset / doch mehr von den Einwohnern gepflantzet und des Saffts
oder Zuckers wegen gezogen wird; und obgleich Doct. Olaus Borrichius in den Actis Hafniensibus
Vol. 1. pag. 119. auch eines Meer-Grases oder Algae Sacchariferae gedencket / welches das
Ißländische Meer in Norden zuweilen außwerffe / und dessen Saffts sich die Einwohner an statt
des Zuckers bedienen / so weis man doch noch von keinem Zucker / so davon gemacht oder heraus
gebracht werde.
§. 2.
Was die Pflantzung anbelanget / so wird vor allen dingen ein gutes / feistes und feuchtes
Land darzu erfordert / welches / so es wohl gebauet / in kleine Hügelein gefälget und
eingetheilet wird / darzwischen die Zucker-Röhre reihen-weis geleget und alsdann mit Erden
bedecket werden. Bald hierauff schiessen aus einem jedweden Knopff und Geleich neue Röhren
hervor / mit langen / grünen und schneidenden Blättern versehen / welche alle drey Monathen zum
theil müssen abgeschnitten und wie der Tabac gegeitzet werden / damit sie den Rohren den Safft
und Nahrung nicht entziehen; welches so offt zu widerholen / biß das Rohr etwas groß worden und
zur Zeitigung kommet / welche aus dessen gelben Farb außwendig zuerkennen / und gemeiniglich
nach 8. biß 12. Monathen geschiehet / wie solches alles der berumbte Engelländer / Joh. Rajus
in seiner Historiâ Plantarum Tom. 2. Lib. 22. pag. 1278. seqq. wie auch Mallet im fünfften
Theil seiner Welt-Beschreibung pag. 175. aus andern Indianischen Scribenten weitläufftig
erzehlen.
§. 3.
Diese also erwachsene Zucker-Röhre sind gemeiniglich ein-biß zwey Daumen-dick; dieje [241] nigen hergegen / welche als ein Arm in der Dicke hinaus schlagen /
nehmen / je dicker sie werden / je mehr an Gütigkeit ab. Ehe sie aber zur Zeitigung gelangen /
treiben sie oben / recht mitten aus den öbersten Blättern / einen sehr langen Stengel / auff
dessen Spitze eine lange Silberfarbe Blume / wie ein Feder-Pusch anzusehen / wie gleichfals aus
obiger Figur zu ersehen.
§. 4.
Sobalden nun die Zucker-Röhr zur Zeitigung gelanget sind / werden sie von Americaner
abgeschnitten / von den Blättern gelöset / in Büchlein zusammen gebunden und zur Trapiche /
(Trapetti) oder diejenigen Häusser und Hütten / allwo man den Zucker heraus presset / getragen
/ wie in folgendem Capitel soll gezeiget werden. Die öberste Stengel und Binsen aber brauchen
die Wilde zu ihren Bogen und Pfeilen / deren sie sich auff der Jagt und in den Kriegen
gebrauchen.
§. 5.
Sonsten ehe man die Art den Zucker heraus zu pressen gewust / haben sich die Alten nur des
Saffts / so von sich selbsten aus den Röhren gedrungen / von der Sonnen-Hiß allda erhärtet /
und von einigen Saccharum de Mambu, Tabaxir genennet wird / gebrauchet; obwohlen andere / als
Wormius in Museo pag. 141. diesen von der Cannâ Saccharifera arborescente oder Zuckerbaum von
den Indianern Hakra genandt / herleiten / und den Safft der gemeinen Zucker-Röhr mit dem
Avicennâ Mel Cannae nennen wollen; und kan also der Gelährten Streit: Ob der heutige Zucker mit
der Alten Zucker eines sey? leicht geschlichtet werden / worvon der berümbte Salmasius in
Exerc. Plin. in C. Jul. Salin p. 926. weitläufftig handelt.
I.
AUs dem vorhergehenden Capitel ist schon zur Genüge zu ersehen / daß der Zucker nichts
anderst sey / als ein süsser Safft / welcher aus den Zucker-Röhren gepresset / auch künstlicher
weis zur gehörigen Consistentz gesotten und gesäubert worden. Damit man aber zugleich eine
kleine Nachricht habe / wie solches alles geschehe / so hat man vor nöthig geachtet dessen
Zubereitung etwas genauer zu beschreiben / damit man hernacher die verschiedene Sorten und
Species Sacchari desto besser zu unterscheiden wisse.
§. 2.
Die Expression des Saffts nun erstlich betreffend / so geschiehet dieselbige auff besonderen
hierzu erbauten Mühlen / deren die Holländer an manchem Ort 10. biß 12. auffgerichtet haben.
Diese Mühlen bestehen aus dreyen höltzernen und außwendig mit eissernen Blechen umbgebenen
Rollen oder Waltzen / davon die Mittelste wohl noch so lang / als die andere ist / wordurch
oben zwey lange Bäume durch passiren / welche von zwey Ochsen gezogen das gantze Werck treibet
/ wie aus der Figur am besten zu ersehen ist. Je nachdem nun diese Waltzen sich umbdrehen / so
werden von benen sich dabey befindenden Mohren die oftt bemeldte Zucker-Röhre zwischen
dieselbige häuffig hinein gestossen / da dann die Rollen dieselbige zerknirschen und zugleich
zur andern Seiten außwerffen: Der Safft indessen rinnet in ein sehr grosses Gefäß / welches
darunter stehet / von dannen er durch Hülffe eines kleinen Canals oder Rinne in den ersten und
grössern Kessel geleitet wird.
§. 3.
Unter diesen Kessel macht man ein gantz gelindes Feuer / nur damit er ein wenig warm werde /
und man ihn ohngesorten abschäumen könne / und geben nachmahlen die Indianer den Schaum ihrem
Vieh zu fressen. Nachdem man ihm also die meiste und gröbste Unreinigkeit genommen / thut man
ihn wieder in einen etwas kleinern Kessel / in welchem er mit Beyhülff eines weit grösseren
Feuers gantz hefftig sieden muß / auff daß er desto besser geläutert werden könne. Wann dieses
verrichtet / so schüttet man etliche grosse Löffel-voll einer gewissen Laugen / welche aus
Disteln gemacht / oder auch / wie andere meinen / Kalck-Wasser / wonrinen Eyerweiß zerschlagen
/ darein / und thut noch über das etliche Tropffen Oel darzu / welche die Gewalt des Sudes oder
Walle außlöschen und des Saffts Außlauff verhindern. Wann man dann siehet / daß er anfängt dick
zu werden / so läst man ihn durch ein Tuch rinnen / und theilt ihn in noch kleinere Kessel aus
/ welche gemeiniglich von Bronçe oder Metall sind / in denen man ihn wieder sieden macht und
ohnauffhörlich umherrühret / biß so lang er gantz und gar außgekocht / welches daraus
abgenommen wird / wann er / indem man ihn in die Höhe zieht / im herniederfallen fast
aneinander hangen verbleibet. Nach diesem wird er wieder in frische Kessel gethan / in welchen
man ihn erkühlen läst / jedoch also / daß er noch allezeit so lang umgerühret werde / biß daß
man gantz eigentlich in seinem Syrop kleine Körnlein / gleich wie Sand / siehet / welche ein
ohnfehlbahres Kennzeichen des völlich zubereiteten Zuckers abgeben.
§. 4.
Wann nun der Zucker in soweit zur Perfection gekommen / so schüttet man ihn / dieweil er noch
warm ist / in gewisse Formen / welche unten ein zugestoptes Loch haben / und wann er darinnen
erhartet / (welches gemeiniglich in Zeit von vier und zwantzig Stunden zu geschehen pfleget / )
so tragen ihn die Schwartzen mit den Formen in ihre Hütten und Wohnungen / und nachdem sie das
untere Loch eröffnet und den Zucker zuvor durchstochen haben / so setzen sie die Formen über
kleine Töpffen / damit der SYROP herunter lauffe und darinnen auffgefangen werde.
§. 5
Dieser
SYROP
wird in Tonnen heraus in Europam gebracht / und weil er stätig weich / wie ein dünner Honig
bleibet / so wird er von denen Materialisten und Simplicisten Remel, Mel Saccharinum, Teutsch
Zucker-Honig und Frantzöisch Doucette und Mellage genennet: wird in Ambsterdam / Hamburg und
dergleichen Handel-Städten gar wohlfeil verkaufft / und weilen er noch besseres Kauffs / als
der Honig ist / so wäre er in vielen Dingen an dessen statt nützlich zu gebrauchen / wann nicht
sonsten viel Betrugs damit unterlief. Unterdessen brauchen ihn die Haußleute in der Küchen: wie
ingleichen die Lebkuchen-Becker an einigen Orten sich dessen mit Vortheil bedienen. Ja es
sollen auch einige Materialisten und Apothecker andere medicinalische Syrupos und Electuaria
damit amnachen / welches doch ein schändlicher Betrug ist / so durchaus nicht zu dulten. Man
feuchtet anderstwo den Tabac auch damit an / und soll man auch einen Branden-Wein daraus
brennen können.
§. 6.
Wann nun der Syrup alle abgeflossen / so hauen sie die Zucker-Hüt (welche anfänglich gar groß
sind / daß wohl einer zwantzig Pfund wieget / wie Vielheuer in Beschreibung frembder
Materialien pag. 148. bezeuget) in grosse Stücker / und wird dieser Zucker alsdann [243] grauer MOSCOVADE, Frantzöisch Moscovade grise ou Sucre des Isles non
atteré genennet / und ist gleichsam das Fundament und diejenige materie, auß welcher alle
andere Sorten des Zuckers gemacht werden: Muß weiß-grau trucken / nicht fett und schmiericht
seyn / auch soviel möglich nicht nach dem Brand und Feur schmäcken / soll er anders gut seyn.
Wird also roh nicht viel gebraucht / ob er wohl zu dem syrupisiren und rothen Confituren nicht
untauglich ist.
§. 7.
Auß diesem Moscovade wird nachmahlen der so genandte
CASSONAD-Zucker
sonsten auch CASTONADA und Cassaun-Zucker genandt / zubereitet / welches Wort einige daher
deriviren / weilen dieser Zucker gemeiniglich in Kasten überbracht wird: welches doch nicht
allemahl geschiehet / indem fast eben soviel in kleinen Tonnen ankommet / wie Pomet in seiner
Histoire des Drogues Lib. 2. pag. 96. bezeuget. Andere heissen ihn Farin-Zucker / weilen er
nicht an Hüten / sondern grossen und kleinen Stücker kommet. Die Frantzosen nennen ihn auch
Sucre des Isles atteré, zum Unterschied des vorigen. Seine Zubereitung bestehet darin / daß sie
den Moscovade Zucker abermahl zerlassen / wohl läutern / durch ein Tuch seyhen / und wann er
wider zum Flug gekocht / in die Formen giessen / auch wie mit dem vorigen / wieder verfahren.
Wann alsdann der Syrup abgeflossen / so thun sie eines Zolls dick weise Erde oder mit Wasser
angefeuchtete Kreyde darauff / damit das Wasser sich durch den Zucker ziehe und was noch
unsaubers darinnen ist / mit sich nehme. Sobald nun alles ab- und durchgeflossen / thut man den
Zucker auß den Formen und theilet ihn in drey Theile / welche von den Americanern also sortiret
werden / daß sie den untersten Theil allein / den mittelsten auch allein / und das oberste auch
à part legen / welcher letztere der schlechte ist. Wann auch dieses geschehen / so breiten sie
alles auff grosse Tücher / lassen es vollends an der Lufft außtrucknen und schlagen es
nachmahlen in Kasten und Tonnen / worinnen sie uns gebracht werden Der allerbeste Cassanade
aber komt auß Brasilien / welcher schön weiß / trucken / eines guten Geschmacks ist / und
gleich nach Violen riechen muß / dergleichen der unterste Theil zu seyn pfleget. Er wird von
den Conditern und Confiturirern sehr gebraucht / weilen er sich nicht so balden candisiret /
und die Confituren schön weiß davon werden / auch sich besser haltenlassen.
§. 8.
Zu wissen aber ist / daß auch ein gut Theil von dem Moscowade clarificirt und zu Hüte
gegossen in blau Papier herauß gebracht werde / welchen die Frantzosen Sucre de sept livres
oder den Sieben-Pfund-Zucker nennen / wiewohl ihm solcher Nahme nicht so gar wohl zukommet /
indem diese Hüte gemeiniglich 12. Pfund wiegen / wie Mons. Pomet. l. c. selbsten bekennet:
Gleichwie die Holländer dergleichen grosse Hüte an statt des Papiers in Palmen-Blättern
verschicken / welche auch Sucre de palme oder Palm-Zucker genennet werden. Unterdessen werden
auch von diesen verschiedene Sorten gefunden / nach dem sie recht weiß oder auch Flecken oben
haben: Ist eine Waar vor die gemeine Leut / dann er nicht so kostbar und doch viel süsser machr
/ als der kostbahre / indem fast jederman bekandt / daß jemehr der Zucker rafiniret werde / je
mehr er an Süssigkeit verliehre.
§. 9.
Auß diesen obgesetzten Zuckern werden nachmahlen durch wiederhohltes rafiniren die kleinere
Zucker-Hüte verfertiget und in 2. 3. 4. biß 6. Pfündige sortiret. Je kleiner die Hüte sind / je
besser der Zucker ist / und wird der allerfeineste von den Frantzosen Sucre Royal genennet /
nach welchem der Demy-Royal, welches bey uns die beste Canarien-Zucker sind. Die andere werden
bey uns Refinat genennet und haben wieder verschiedene Sorten. Es wird nunmehr in Holland /
Hamburg und dergleichen Orthen auch viel Zucker refiniret / und findet sich der Hamburger viel
härter als der Amsterdammer: so ist er auch viel weiser als der Italianische / weßwegen er auch
mehr aestimirt wird; dann je härter und weiser der Zucker ist / je besser er ist / absonderlich
wann er zugleich dicht / gläntzet und gleichsam wie ein Glaß klingt / so man mit den Fingern
daran schläget.
§. 10.
Sonsten pfleget man den Zucker auch nach den Orten / woher er kommet / zu unterscheiden /
nach welchen
I. SACCHARUM MADERIENSE
oder der Madery-Zucker den Vorzug hat / und also von der Insul Madera, worauß er kommet /
genennet wird: ist der beste und feineste Zucker / welcher noch über den Canarien-Zucker ist /
aber langsam an uns kommet. Diesem kommet
II. SACCHARUM CANARIENSE
oder der Canarien-Zucker sehr nah / dessen doch die Specerey-Händler auch verschiedene Sorten
haben: wird von den Canarien-Insuln so genennet / obwohlen nicht zu zweifflen / daß sie auch
andern Zucker also zubereiten können. Also hat man auch
III. SACCHARUM MELITENSE
|| [244]
oder den Melis-Zucker / so auß der Insul Maltha kommen soll / welcher offters an der Härte
dem Canarien-Zucker sehr nahe komt / obwohln er grauer und nicht so weiß ist und derowegen auch
von Tabernaemontano in 1. Buch der Kräutern pag. 600. diesem gleich nachgesetzt und dem Refinat
vorgezogen wird. Dieser wird gemeiniglich in Essen-Speissen gebrauchet und ist auch ein guter
Melis in den Apothecken nicht zu verwerffen / dann man auch verschiedene Sorten davon findet.
Was
IV. SACCHARUM THOMAEUM
oder den Thomas-Zucker anlanget / so zweiffle auch / ob derselbe alle auß der Insul Thomä
gebracht werde / wie insgemein davor gehalten wird / indem Pomet an obberührten Ort pag. 97.
meldet / daß dieser Zucker auß dem Syrup der grossen Zucker-Hüte gemacht werde / und also eine
Art der Cassonade sey: Ist gemeiniglich roth / und wird auch deßwegen Saccharum rubrum oder der
rothe Zucker genennet. Der beste ist / welcher fein trucken / und nicht nach Brand schmäcket:
Wird nur eusserlich in den Clystiren gebraucht. Daß aber einige Apothecker denselben auch zu
den Medicinalischen Syrupen gebrauchen und vermeinen es seye diejenige Materie, worauß all der
Zucker gemacht und gebracht werde / ist ein sehr grober Irzthumb.
§. II.
Alle diese Zucker haben innerlich genutzet eine besänfftigende Krafft / die böse und scharffe
saltzichte Feuchtigkeiten / so die Gurgel und die Lungen anfeinden und wund machen / zu
besänfftigen / und kommen derowegen in allen Brust-Kranckheiten hauptsächlich gut; wiewohlen
auch in andern Magen- und Gedärm-Verwundungen / in dem Nieren- und Blaßenstein und dergleichen
der Zucker und was davon gemacht / auch gut thut; weiln aber doch in dem Zucker eine scharffe
Saüre stecket / welche so gar die Zähne schwartz frisset / so muß man auch das Zucker. Werck
nicht so sehr brauchen / besthe hiervon Ettmüllerum in Com. Schroed. ad h. l. Euserlich heilet
der Zucker alle Wunden und Löcher und ist zu den Augen / rinnenden Ohren und der gleichen ein
gut Mittel / vid. cit. loc.
§. 12.
Dieweilen aber aller Hut-Zucker noch sehr schleimet / so hat man denselben noch zu grösserer
Reinigkeit bringen und den
CANDIRTEN-Zucker
oder SACCHARUM CANDUM darauß machen wollen / dessen man zweyerley / nemblich den Weisen und
Braunen / in den Material-Kammern und Apothecken findet.
Der Weise
oder
SACCHARUM CANDUM ALBUM
wird von dem besten Maderi- oder Canarien-Zucker gemacht / welcher geschwind mit Wasser über
dem Feuer zerlassen und syrupisiret / alsdann in ein / mit vielen zwerch Höltzlein belegtes
Gefäß geschüttet und 15. biß 20. Tag in eine warme Stube / wohl zugedeckt / gesetzt wird / in
welcher Zeit der Zucker sich anhängt und sich schön candisiret: der übrige Safft wird weiter
gekocht und wie zuvor übergeschüttet / wie solches Tabernaemontanus Lib. 1. pag. 604. schön
beschrieben und kan man in Teutschland / wo schöner Wasser ist / diesen Zucker viel klarer
machen / als anderswo; weswegen auch der Holländische immer theurer ist / wie der Frantzöische
/ wie Pomet selbsten gestehet / dann seine Güte darin bestehet / daß er schön weiß und
durchscheinend seye. Von dem letzten / welcher zu offt und zu viel gekocht wird / entstehet
der rothe Cannel-Zucker
oder
SACCHARUM CANDUM RUBRUM,
welcher doch auff eben solche Manier auch auß dem rothen Zucker oder Saccharo Thomaeo gemacht
wird: Dienen beyde zu obigen Kranckheiten.
§. 13.
Weilen unterdessen der Cannel-Zucker vor die kleine Kinder gar zu hart ist / so macht man vor
dieselbige einen sehr gelinden Zucker / welcher
PENID-Zucker
oder SACCHARUM PENIDIUM genennet wird. Solcher lässet sich von gemeinem Hut-Zucker oder auch
gar Cassaun-Zucker machen / welcher mit Brunen-Wasser überm Feur durch Eyerweiß clarificitet
und so lang / biß er zerbrichlich und nicht an den Zähnen hangen bleibt / gekochet /
nachgehends auff einem mit Mandel-Oehl angemachtem Marmor zu einem Taig gewältzet / an einen
Hacken geworffen / und mit Stärck-Mehl zu langen Seylern gewunden wird / wie es
Tabernaemontanus an obigen Ort auch schön beschreibet: Wird den kleinen Kindern / wann sie
husten und keichen gegeben. Der Gersten-Zucker wird nicht viel anders gemacht.
§. 14.
Sonsten machen die Zucker-Becker noch allerhand CONFECT auß dem Zucker / welcher entweder
glatt oder krauß ist: werden beyde im Conficir-Kessel / welcher über einem Wind-Ofen hanget /
also gemacht: Man thut Fenchel / Aniß / Cubeben / Mandeln / zerschnittene Citronen-Schalen /
Nägelein sc. in den Kessel / schüttet syrupisirren Zucker darüber / stosset den Kessel hin und
her / biß sich der Zucker angehenckt hat; solches wird offt wiederhohlet / nach dem man es dick
oder dünn überzogen haben will. Bißweilen thut [245] maln etwas Stärck-Mehl
darzu / und wann der Confect krauß werden soll / muß der Syrup gantz hoch eingeschüttet werden
/ daß es tretschet und kleine Glundern gibt. Nachdem nun der Confect dick oder dünn überzogen
ist / viel oder wenig Mehl hat / entstehen viele Sorten daraus / welche die Zucker-Becker mit
allerhand Nahmen und Num. bezeichnen / wie in deß Pomets / Material- Kamme pag. 100. zu sehen.
Die Zimmet-Mandeln werden in einer Schachtel im Zimmet gewältzet / wann sie noch nicht trucken
worden. Das auffgeblaßene Zucker-Werck wird mit schönem weissen Tragant angemacht / und in der
Pasteten- oder Tarten-Pfann auffgezogen. Wie die rothe Saurach-Küchlein / Manus Christi,
Rosen-Zucker sc. gemacht werden / findet sich in allen Dispensatoriis. Die Portugiesische
Biesem-Stengel / Biesem-Kugeln und dergleichen werden mit Amber und Biesem angemacht / und
entweder im Conficir Kessel oder mit Tragant formiret / welches alles bey den Zucker-Beckern
deutlicher kan gesehen werden.
Beschlusz der Kräuter und Blumen.
UNter den übrigen gemeinen und einheimischen Kräutern und Blumen / so nicht allemahl in den
Material-Kammern zu finden / sondern von den Apotheckern durch die Wurtzel-Gräber und
Kräuter-Weiber selbsten gesamlet / auch in allen Kräuter-Büchern abgemahlet und beschrieben
werden / sind die folgenbe mehr im Gebrauch:
HERBA Abrotani Stabwurtz-Kraut.
Absinthii Wermuth.
Acetosae Sauer-Ampffer.
Acetosellae Sauerklee.
Agrimoniae Odermennig.
Alceae Zellriß.
Alchimillae Sinau.
Alsine Hünerdarm.
Althaeae Eybischkraut.
Anagallis Gauchheil.
Anethi Dill.
Anserinae Gänserich.
Antirrhni Hunds-Kopss / Kalbs-Nase.
Apii Eppich.
Aquilegiae Ackeley.
Ari Aronblätter.
Aristoloch. longae Osterlucey.
Artemisiae Beyfuß.
Atriplicis Melten.
Auriculae muris Mäußöhrlein.
Barbae caprinae Geißbart.
Beccabungae Bachpungen.
Bellidis prat. Gänßblumen.
Betae albae Weiß Mangolt.
???rubrae Roth Mangolt.
Betonicae Braune Betonien.
Bifolii Zweyblatt.
Boni Henrici Hundsmilten.
Borrag. Borretsch.
Brancae ursinae gemeine Bäran-Klau.
Brassicae Kohl-Kraut.
Bruoniae Leuffels-Hirschen.
Buglossae Ochsenzungen.
Bursae pastoris Leschelkraut.
Calaminthae Ackermüntz.
Calendulae Ringelblumen.
Cardiacae Hertzgespann.
HERBA Cardui benedicti Cardebenedicten.
Centaur. min. Lausend-Gülden-Kraut.
Cerefolii Körbel.
Chamaedrios Gamanderlein.
Chamaemeli Chamillen.
Chelidon. maj. Schellkraut.
??? min. Schaarbocks-Kraut.
Cochleariae Löffelkraut.
Consolidae regalis Ritter-Sporn. Saracen. Heidnisch Wund-Kraut.
Cynoglossae Hunds-Zungen.
Dentis Leonis Pfaffen-Röhrgen.
Draconis hortensis Dracun-Kraut.
Ebuli Attich-Blätter.
Endiviae Endivien.
Epat. nobilis Edel-Leber-Kraut.
Ericae Heide
Eryngii Mannstreu.
Erucae sativae Senffkraut.
Erysimi Wilder-Senff.
Esulae Wolffsmilch.
Eupatorii Leberbalsam.
Euphrasiae Augentrost.
Farfarae Huff-Lattich.
Filicis Fahrenkraut.
Filipendulae rother Steinbrech.
Foeniculi Fenchelkraut.
Fragariae Erdbeerkraut.
Fraxinellae Weisser Diptam.
Fumaria Laubenkropff.
Galegae Geißrauten.
Gallii Megerkraut.
Gallitrichi Garten-Scharlach.
Hederae arb. Eppich.
??? terr. Gundelreben.
|| [246]
HERBA Herniariae gelb Harnkraut.
Hirundinariae Schwalben-Wurtz-Kraut.
Hyperici S. Johannis-Kraut.
Hyssopi Ysop.
Jaceae Dreyfalrigkeit-Kraut.
Intybi Endivien.
Ivae arthet. Schlagkraut.
Juniperi Wacholder-Kreiß.
Lactucae Lattich.
Lapathi acuti Grindwurtz-Kraut.
Lappae maj. grosse Klettenkraut.
Lavendulae Lavendel.
Lepidii Pfefferkraut.
Levistici Liebstöckel.
Ligustri Reinweibe.
Linariae Leinkraut
Linguae cervinae Hirschzung.
Lupuli Hopffen.
Lysimachae Wiedrich.
Majoranae Majoran.
Malvae Pappeln.
Marrubii weisser Andorn.
Matricariae Metern.
Matrisylvae Waldmeister.
Meliloti Stein-Rlee.
Melissae Melissen.
Menthae Balsamkraut. Saracenicae Frauenmüntz.
Mentastri wilde Wüntze.
Mercurialis Bingelkraut.
Milii solis Meerhirschenkraut.
Mororum Maulbeerblätter.
Morsus Diaboli Leuffels-Abbiß.
Nasturtii aquat. Brunn-Kreß.
???hort. Gartenkresse.
Nepetae Katzeninüntze.
Noli me tangere Springsaamenkraut.
Nummulariae Pfeningkraut.
Nymphaeae Seeblätter.
Ononidis Heuhechel.
Ophiogloffi Natterzungen.
Origani Dostenkraut.
Papav. errat Klapper-Rosenkraut.
Paralyseos Schlüsselblumen Kraut.
Parietariae Tag und Nacht.
Pentaphylli Fünff-Fingerkraut.
Perfoliatae Durchwachs.
Persicariae Flöhkraut.
Petasitidis Pestilentz-Wurtzkraut.
Petroselini Petersilien.
Pimpinellae Biebenell.
Plantaginis Wegerich.
Polygoni Weg-Graß.
Polygonati Weißwurtz-Kraut.
Polytrichiaurei Gülden Widerthon.
Portulacae Portulac.
Prunellae Braunellen.
HERBA Ptarmicae Wilder Bertram.
Pulegii Poley.
Pulmonariae Lungenkraut.
???maculosae fleckicht Lungenkraut.
Pyrolae Wintergrün.
Rorismarini hort. Roßmarin.
Sylv. wild Roßmarin.
Roris Solis Sonn-Thau.
Rubi vulg. Brombeerblätter.
Rutae hortens. Rauten.
???murar. Mauer-Rauten.
Sabinae Siebenbaum.
Salicis fol. Weidenblätter.
Salviae Salbey.
Sambuci fol. Hollerblätter.
Saniculae Sanickel.
Saponariae Seiffenkraut.
Saturejae Saturey.
Saxifragiae Steinbrech.
Scabiosae Scabiosen.
Scariolae klein Endivien.
Sclareae Scharlach.
Scordii Scordien.
Scrophulariae Braunwirtz-Kraut.
Sedi maj. Haußwurtz.
min klein Haußwurtz.
Senecionis Kreutzkraut.
Sigilli Salom. Weißwurtz-Kraut.
Solani Nachtschatten.
Sonchi Säu-Distel.
Spinachiae Spinat.
Talictri Beruffkraut.
Tanaceti Reinfarn.
Taraxaci Pfaffen-Röhrgen.
Thymi Thymian.
Tiliae Lindenblätter.
Tithymali Wolffsmilch.
Tormentillae Tormentill.
Tussilag. Hufflattich.
Valerianae vera Theriac-Kraut.
???vulg. Baldrian.
Verbasci Wullkraut.
Vermicularis klein Haußwurtz.
Veronicae Ehrenpreiß
Vesicariae Judenkirschen.
Vincae pervincae Wintergrün.
Vincetoxici Schwalbenkraut.
Violariae Violenkraut.
Virgae aureae Heydnisch Wundkraut.
Vitis Weinlaub.
Volubilis Wegewinde.
Umblici ♀??? Nabelkraut.
Urtic. maj. groß Kletten-Blätter.
min. klein Klettenkraut.
Rom. Römische Nessel.
Uvular. Zapffenkraut.
|| [247]
FLORES Acatiae Schlehen-Blüt.
Anethi Dillblüte.
Anthos Roßmarinblüte.
Aquilegiae Ackeleyblumen.
Bellidis Maßliben.
Beton. Betonienblüte.
Borragin. Borragenblumen.
Buglossae Ochsenzungenblumen.
Calendulae Ringelblumen.
Centaur. min. Tausend Gülden-Kraut-Blumen.
Chamom. Rom. Römische Chamillen. vulg. Chamillen.
Cheiri gelbe Violen.
Cichorei Wegwartblumen.
Consol. Regal. Ritter-Sporn Blumen.
Cyani Kornblumen.
Enulae Alandtblüte.
Epat. nob. Edel Leberkraut-Blumen.
stellat. Sternlebenkraut-Blumen.
Fabarum Bognenblüte.
Farfarae Hufflattichblumen.
Genistae Pfriemenkraut-Blumen.
Hyperici S. Johans-Blumen.
Jaceae Dreyfaltigkeit-Blumen.
Lavendulae Ladendelblüt.
Lilior. alb. weisse Lilien.
convall. Mayblumen.
Lupuli Hopffen.
FLORES Malvae arbor. Munbrosen.
???vulg. Pappelnblumen.
Matricariae Meternblumen.
Meliloti Steinkleeblumen.
Melissae Ital. Welsch Melissen-Blumen.
Nymphaeae Seeblumen.
Ononidis Heuhechelblumen.
Papav. errat. Klapper-Rosen.
hortens. Mohnblumen.
Paralyseos Schlüsselblumen.
Persicorum Pfersingblüt.
Poeoniae Poeonien-Rosen.
Primul. veris Schlüsselblumen.
Pruni sylvestris Schlehenblüte.
Rosar. albar. weisse Rosen.
rubrar. rothe Rosen.
sylvestr. wilde Heckenrosen.
Salviae Salbey-Blumen.
Sambuci Hollerblüte.
Saxifragiae Steinbrech-Blumen.
Scabiosae Scabiosen-Blumen.
Tanaceti Reinfahrnblumen.
Tiliae Lindenblüte.
Tunicae hort. Graßrosen.
sylv. Donner-Nägelein.
Tussilaginis Hufflattich-Blumen.
Verbasci Wullkraut-Blumen.
Violarum blaue Violen.
|| [248]
Desz zweyten Buchs vierdte Abtheilung / Von den Rinden und Höltzern. Das I.
Capitel Von der Holtz-Caszie oder Caszien-Rinde / wie auch der Cassiâ Caryophillata.
§. 1.
DIe Cassien-Rinde oder CASSIA LIGNEA ist eine zusammmen gerolte Rinde / etwas dicker als der
Zimmet / doch am Geschmack und Geruch bey weitem nicht so starck und scharff / sondern etwas
schleimicht im Munde / ist auch viel röther als der Zimmet und ingleichem von seiner eusseren
Schale gereiniget: Wird auß Ost-Indien Teutschland und andere Oerter gebracht und von einigen
Mutter-Zimmet genennet / welcher Nahme doch besser dem dickern Zimmet beygeleget wird.
§. 2.
Woher und von welchem Baum diese Rinde komme / davon sind unterschiedene Meynungen / welche
beym Schroedero in Pharm. Medico-Chym. pag. 45. zu sehen. Viele meineten sie käme von eben dem
Baume / da der Zimmet von gescheelet wird / dessen eussere und dickere Rinde CASSIA LIGNEA, die
mittlere aber CINAMOMUM geheissen würden / wie Hernandez selbsten in seinem Americanischen
Kräuter-Buch pag. 35. vermeinet. Andere hergegen hatten mit besserem Grund davor / daß bende
Rinde von gantz unterschiedenen Bäumen herrühren / welche doch sich einander gleich
schienen. [249] Pomet. der Frantzöische Materialist vermeinet / es käme
vielleicht dieselbe von der Canella Sylv. oder dem wilden Canellen-Baum / welcher in folgendem
Capitel abgehandelt zu finden und unter denen rechten Zimmets-Bäumen wachsen soll. Allein Sam.
Dale zeiget in seiner Pharmacologie pag. 386. ein anders / und hält mit grösserem Recht dafür /
daß solche von einem andern Canelbaum herrühre / welchen er Arborem Canelliferam Malabaricam
nennet / weilen er in der Insul Malabar, Java &c. wächset / und von denen
Wilden Garva genennet wird / dessen Figur in dem kostbahrm Horto Malabarico T. 1. Fig. 107. zu
sehen ist.
§. 3.
Nach Unterscheid dieser Bäumen Hat eben gemeldter Dale auch zwey Arten der Voltz-Caßien /
eine / so in dünnen / aber doch sehr glatten Rinden und Rohren bestehet / und die andere / so
dickere Rinde und Pfeiffen hat / welche gemeiniglich in unsern Apothecten zu finden / da
hingegen die erstere zum offtern mir unter den Zimmet gemischet wird / vor welchem sie doch
bald zuerkennen / indem sie einen viel gelinderen Geschmack und Geruch hat / in dem Mund gantz
schleimicht wird / auch darinnen fast gäntzlich zergehet: da hingegen bey dem Zimmet kein
schleimichter Geschmack zu finden ist / auch immer von der Rinde etwas zurück bleibet.
§. 4.
Die besie ist / welche frisch und hoch an der Farbe / auch am Geschmack und Geruch aromatisch
ist / dem Zimmet nahe kommet / auch im Munde zergehet / wie Charas in seiner Hist. der
Theriacs. Ingredientien pag. 134. lehret. Die breyte und bicke / so nicht anders als Holtz
schmäcket / tauget nichts und ist zu verwerffen.
§. 5.
Jhre Kräfften betreffend / so kom̅en solche mit dem Zimmet überein / und
solches desto mehr / je besser sie ist: wird auch deswegen mit zu dem Theriac gezogen. Daß sie
aber darzu mißbrauchet und unter dem Zimmet verkauffet wird / ist nicht rechtschaffen gehandelt
/ sondern betrüglich / indem ein ???. gutes Zimmets so viel kostet / als 4. ???. von der Cassiâ
Ligneâ.
§. 6.
Ein gleicher Betrug gehet mit dem
Nelcken-Zimmet
oder
CASSIA CARYOPHYLLATA
vor / wormit die gestossene Nägelein sehr offters verfälschet werden. Diese Schale ist unsern
Vorfahren gantz unbekandt gewesen / indem solche vor etwa 60. biß 70. Jahren zu erst von den
Portugiesen / wie nunmehro durch die Engeländer / auß America gebracht worden / und bestehet
auß einer dünnen / röthlicht-braunen und von den eusseren Schalen gesäuberten Rinde / welche /
wie der Zimmet / in länglicht-runde Röhre gerollet ist: hat einen scharffen / beissenden und
aromatischen Geschmack und einen guten Nelcken-Geruch- Sie kommet auß Brasilien und Madagascar,
in Binsen-Körben / nachdem sie zuvor in schöne grosse Blätter eingewickelt ist / welche nichts
anders sind / als Arum hederaceum foliis bisectis, rigidis & scutatis, worinnen
sie sich lang halten lässet / Vid. Pomet. pag. 131. Ob aber derjenigece CORTEX CARIOPHYLLODES,
welchen der berümbte Ost-Indianische Botanicus / Herz Georg Everhard Rumphius in seinem
Ambonischen Kräuter-Buch Lib. 2. Cap. 22. beschrieben / und CULILAWAN genennet hat / ein Ding
mit der Cassia Caryophillata seye und von einem Baum (den er dorten beschrieben) herrübre /
zweiffele deswegen / weilen diese letztere viel dicker als jene ist. Unterdessen hab einem
Extract von obbemeldtem Buch hiervon unter des Herberts de Jager Mss. gefunden und am End
dieses Tr. nach den Ost-Indianischen Sendschreiben beygefüget.
§. 7.
Der Baum dieses Nelcken-Zimmets ist eine Art der Nelcken-Bäume und wird von Plukenet in
seiner Phytographie Tab. CLV. Fig. 3. Caryophillus Aromaticus Ind. Occid. fruct. rot. genennet
/ allwo er zwey Figuren abgebildet hat / deren eine mit der obigen übereinkommet. Hernandez
heisset ihn pag. 30. nach der Americaner Sprach Xocoxochitl, Caninga, Piper Tavasci: Franciscus
Redi Piper Chiapae, andere Pimenta: hat Blätter wie der Lorbeer-Baum / (aber wie der
Myrrhen-Baum außgespitzet / weswegen er auch von D. Hermann in Mss. M. M. Myrtus arborea
Americana genennet wird) und bringet an statt der Frucht schwartze. aromatische Beerlein /
etwas grösser dann Pfeffer-Körner / welche am Geschmack und Geruch den Neleken gleich kommen
und inwendig 2. Körner / wie die Bisem-Körner anzusehen / in sich haben / wie solche bey
obgedachtem Plukenet neben der Figur zu sehen sind.
§. 8.
Die beste ist / welche dünne Schalen hat und von der euseren Rinde / welche gemeiniglich grau
und rau ist / wohl gesäubert ist / röthlichbraun / eines scharffen und recht gewürtzten
Geschmacks??? / welcher nebst dem Geruch den Nelcken gleich kommet. Man muß auch Achtung geben
/ daß sie nicht nach Schimmel riehe und die Päcke nicht mit der dicken euseren Rinde / welche
ohne Geruch und Geschmack ist / wie offters geschiehet / gefüttert seyen.
|| [250]
§. 9.
Den Gebrauch und Nutzen dieser Rinden anbelangeud / so kommet sie darin mit den Nägelein über
ein / stärcket das Haupt / Magen / Nerven und alle nervose Theile des Leibes / absonderlich
auch die Mutter / und wird deßwegen in schwerer Geburts-Arbeit / wie auch der Wassersucht sehr
gerühmet. Einige ziehen mit dem Spiritu Vini eine Tictur oder Essentz darauß und verkauffen sie
vor die Nelcken-Essentz / welches ein Betrug ist / so wenig Seegen bringet. Die Zucker Becker
überziehen sie auch mit Zucker / oder mischen sie an statt der Nägelein unter die Tragaeas
grossas. Daß aber die Würtz-Krämer das Pulver davon unter die gestossene Nägelein mischen / ist
ein schändlicher Betrug / indem die gestossene Nägelein wohl 4. biß 5. mahlen theurer sind /
als die Rinde: Weßwegen auch diese Waar in Nürnberg gar nicht passirlich seyn soll / sondern
wird auff der Schau verworffen / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 68. berichtet.
§. 10.
Die Frucht von diesem Baum ist noch von niemanden recht beschrieben worden / ausser daß
Franciscus Redi, ein gelehter Italianischer Edelman / deren in seinen experimentis natur. pag.
168. unter dem Nahmen PIMENTA de CHIAPA oder PIPERIS TAVASCI gedacht: Andere heissen sie
AMOMUM PLINII,
und scheinet eben dasjenige Gewürtz zu seyn / welches Pomet in seiner Frantzöischen Material
Kammer pag. 120. auff dem Campeschen-Baum wachsen / an einem andern Orr pag. 195, aber unter
dem Nahmen des PIPERIS JAMAICENSIS beschreibet / welche beyde an Gestalt und Kräfften mit der
Frucht der Cassiae Caryophillatae gäntzlich über einkommen / und macht der Geschmack und Geruch
schon ein grössere praesumption, daß beyde von jetzbeschriebenem Baum und nicht sowohl von dem
Campeschen-Holtz herrühren / welches dergleichen Geschmack oder Geruch nicht hat. Diese Frucht
hat eusserlich auch das Ansehen wie die Cocculi de Levante, weßwegen sie auch im Museô der
Königl. Englischen Societät Cocculi Indi aromatici genennet werden.
§. 11.
Diese Körner haben eben die Kräfften / welche der Nelcken-Zimmet selbsten bat / können auch
in allen denjenigen Kranckheiten / worinnen diese gerühmet worden / füglich gebraucht
werden.
§. 1.
DEr Zimmet / welcher Lateinisch CINNAMOMUM, CASSIA CINNAMOMEA und CANELLA genennetwird /
bestehet auß einer dunnen / von seiner eusseren Schale gesäuberten und in langen Röhren
zusammen gerolten Rinde / so gelb-röthlicht ist und einen scharff-beisenden / süßlichten und
aromarischen Geschmack / auch einen sehr angenehmen Geruch hat: wird auß Ost-Indien /
absonderlich auß der Insul Ceylon, über Holland [251] ins Reich und andere
Länder gebracht / indem er sonsten nirgends weder in Africa / Sina, Persien / noch andern
warmen Ländern / viel weniger gegen Norden und gar in Finnland / als einige vorgeben / wächset
/ wie Olaus Rudbekius im dritten Theil seiner Altlanticae, cap. 12. pag. 506. bekennet und
gegen Diodorum behauptet.
§. 2.
Den Baum dieser Rinde nennete P. Hermannus (welcher selbsten in Ceylan gewesen) anfänglich
Laurum Zeylanicum baccis calyculatis, hat sich aber nachgehends in Cat. Horti Lugd. Bselbsten
cotrigiret und hält ihn vor ein besonder Baum-Geschlecht / von welchem er in seiner Mss. M. M.
schreibet / daß der Stamm eines Linden-Baums Dicke und Grösse habe / und mit breiten grossen
und immer-grünenden Blättern / wie Citronen-Blätter und nach Näglein riechend / gezieret sey /
durch welche der Länge nach 3. Nerven gehen / und immer 2. gegeneinander stehen (wiewohlen
Plukenet eine andere Art abmahlet / da die Blätter fast viereckicht sind): Trägt kleine weisse
sechs-blätrerichte Stern-Blümlein / und nach diesen kleine Eycheln / wie Oliven und wächset aus
einer Wurtzel / so nach Campher riechet / so gar / daß man mit Wasser auch Campher davon
destilliren kan / wie solches Tavernier in seiner Keiß-Beschreibung / Acta Soc. Angl. Vol. 1.
pag. 724. und die Acta Hafniensium Vol. 3. pag. 37. bestättigen / auch noch weitläufftiger und
klärer in einer Disp. Inaugurali, so Herr Dexbach A. 90. zu Marburg in Hessen de Casia
Cinnamomea & Malabathro gehalten / gezeiget wird.
§. 3.
Es taugen aber nicht alle Bäume hierzu / daß man den Zimmet daran erziehe / sondern nur die
junge / als drey- und vier-jährige; Weßwegen die Indianer die alten Zimmet-Bäume / wann sie
junge Sprossen dabey finden / abwerffen und den jungen damit Lufft und Platz machen; und wann
ja die Rinden von den alten Bäumen auch unter die andern geschelet werden / werffen sie solche
doch nachgehends auß und destilliren das Oehl davon. Das Holtz aber / so wohl an jungen und
alten / kan weder dergleichen Geschmack noch Geruch geben / welche beyde nur an den Rinden in
solcher Stärcke zu spühren.
§. 4.
Wie es mit der Einsamblung und Abschelung der Rinden hergehe / wird von Sn. Herberto de Fager
weitläufftig in einem besondern Bericht beschrieben / welcher im Anhang dieses Tractats zu
finden ist. Sie geschicher nembelich des Jahrs zweymahl / als im Februario und Augusto, zu
welcher Zeit eine gewisse Feuchtigkeit zwischen dem Stamm und der Schale zu finden / und also
desto leichter zu separiren sind. Wann nun diese Zeit herbey kommen / so schelen die Nigriten
und Zimmerscheler (deren etlich hundert hierzu employiret werden) die erste und mittel-Rinde ab
/ ohne daß sie die dritte verletzen dörffen / dann sonsten der Baum Noth leiden müste: Also
setzet alsdann der Baum in ???1½. Jahr allzeit wieder neue Rinden / welche zärter und
kräfftiger werden / als die erste oder diejenige / so selten abgelöst werden. Die Ablösung aber
gesch ehet nicht anders / als hier zu Land eine Rinde von einem Baum abgezogen wird /
ohnerachtet sie also rund eingekrümmet sind / welches darumb geschiehet / dieweilen sie
erstlich noch grün sind und nachmahlen von der Sonnen also eingebogen werden / welche durch
ihre Hitze nicht allein ihre Kräfften und Geschmack mehr erhöhet und hervor treibet / sondern
auch ihr die schöne röthliche Farb giebt / da sie von dem Baum gantz braun und rauh kommet.
Einige sagen / daß der Zimmet erst noch ein Monath / oder gar nach ein Jahr seine rechte
Kräffte bekomme / so doch nicht wohl glaublich ist / denn ja alle Gewächs frisch am stärcksten
sind.
§. 5.
Ob aber der also gesamlete und auffgetrucknete Zimmer umb einen so schlechten Preiß an die
Außländische verkauffet werde / wie Schurtzius in seiner Material-Kammer pag. 26. vorgibt / so
gar / daß man des besten Caneels ein Quintal / das ist 128. ???. in Ceilon umb 2. Holländische
Gülden kauffen könne / ist deßwegen nicht wohl glaublich / weilen die Holländer ein grosses
daran wenden / und nicht allein die zu dieser Arbeit destinirte Leut gemeiniglich mit 15. biß
1600. Soldaten bedecken / sondern auch wol ein gleiche Anzahl Arbeiter das gantze Jahr durch
unterhalten müssen / welches den Preiß des Zimmets nothwendig sehr vermehren und erhöhen muß /
wie Tavernier davon mit mehrererm zu lesen. ist.
§. 6.
Ohne den gemeinen und oben beschriebenen Zimmet kommet zuweilen aus Holland eine andere Art /
welche aus breiten und sehr dicken Schalen bestehet / welchen die Alten mit den Arabern
Darcheni und die Frantzosen Canelle matte nennen / wie Pomet in seiner Histor pag. 126.
berichtet. Dieser rührer von dem wilden Zimmet-Baum oder Canella sylvestri-so Katou Karva
genennet wird / her dessen Raius in. Hist. Plant. Tom. 2. fol. 1562. gedencket: ist gegen den
Zeylanischen vor Pusch-Zimmet zu halten / wie G. Meister. im Ost-Indianischen Lust-Garten pag.
78. redet. D. Amman nennet ihn in seinem Tract. de Mat. Med. Mutter-Zimmer / welchen Nahmen
sonsten [252] die Cassia lignea auch hat. Unterdessen halten ihn alle vor
schlechter / als den gemeinen / indem sein Geschmack nur in dem inwendigen dünnen Häutgen
stecket / und wann dieses abgeschabet wird / hat das übrige weder Safft noch Krafft / weder
Geschmack noch Geruch.
§. 7.
Die Prob des Zimmets ist / wann die Rinde dünne und zart / auff der Zunge sehr scharff / doch
mit einer anhaltenden Süssigkeit vermischet ist / einen guten Geruch und hochrothe Farb hat.
Die dicke Rinde / wie auch diejenige / so weisser und schwartzer Farb ist / werden verworffen.
Der Zimmet an langen Pfeiffen und Röhren wird auch mehr aestimiret / als der kurtze Zimmet /
welchen man Spolett und Frantzöisch Escavisson nennet / dessen 2. ??? vor I. ??? langen im
Verkauffen gegeben werden / wie Schurtzius cit. loc. bezeuget. Welche eine grosse partie davon
einkauffen / müssen zusehen / daß keine Rinden / davon das Oehl schon abgezogen ist /
untermenget seyen / welches schwer zu erkennen / man koste dann eine Röhre nach der ander;
wiewohlen die Betrüger allhier zu remediren wissen / indem sie mit einer gewissen Beitze
solchen Rinden den scharffen Geschmack wieder zu geben wissen: weßwegen am besten / daß man
sich an bekandte auffrichtige Leute halte / und die verlauffene Landstricher und Bündel-Träger
meide. Einige stecken den Zimmet in den Pfeffer / wo er sich befser halten soll. Die Cassia
lignea ist am Geschmack leicht zu unterscheiden / welcher klebricht und bey weitem nicht sol
scharff als der Zimmet ist.
§. 8.
Was den Nutzen und Gebrauch anbelanget / so erquicket der Zimmet mit seinen flüchtigen
aromatischen Theilgens die Lebens-Geister / und stärcket mit seinen übrigen erwärmenden und
mässig-anhaltenden Krafft den Magen / Mutter und andere Glieder / und wird derowegen in
Obnmachten / Hertz-klopffen / Magen-Weh und Bangigkeit / vornehmlich aber in allen
Mutter-Beschwerungen und Schwachheiten der Schwangeren nützlich gebrauchet; wiewohlen
vernünfftig in diesen damit umbzugehen / weilen er zugleich treibet / und also / wann man
dessen den Schwangern zu viel oder zu offr geben wolte / eine Blutstürtzung der Mutter oder
unglückliche Geburth vor der Zeit zuwegen gebracht würde; wie dann deßwegen der Zimmet / und
was davon gemacht wird / die Geburth / Nachgeburth und Schwürungen befördern kan / und den
Gebährenden deßhalben zu verschreiben / absonderlich / wann sich Ohnmachten und Schwachbeiten
zeigen wollen. So ist auch der Zimmet in den Haupt-Kranckheiten / als dem Schlag / Flüssen und
dergleichen sehr dienlich / absonderlich denjenigen / welche aus dem Magen herrühren.
§. 9.
Zu diesem End brauchet man den Zimmet nicht allein bloß zu Pulver gestossen / sondern man hat
ihn auch dürr mit Zucker überzogen / welchen einige Canellam de Milano nennen; wie dann auch
die Holländer den noch frischen Zimmer in Indien zu condiren und zu überziehen wissen / dessen
sie sich doch mehr zur See gegen den Scharbock / als hier zu gebrauchen pflegen. So verkauffen
auch die Materialisten an einigen Orten das Zimmet-Wasser / den Syrup / rothe und weisse
Essentz zum Hippocras und dergleichen / welche sie müssen von Montpelier kommen lassen /
obwohlen solche auch bey uns in Teutschland gemacht werden; Gleichwie man auch das Zimmet-Oehl
oder
OLEUM CINAMOMI
bey uns wohl destilliren kan / welches am besten über einem Lampen-Feuer kan getrieben werden
/ da man ohne das gemeine / rothe und dicklichte Oehl / welches zu letzt kommet / erstlich ein
sehr subtiles, durchdringendes und leichtes Oehl überkommen kan / welches oben auff dem
destillirten Wasser schwimmet / da bergegen das gemeine gleich zu Boden sincket / wie davon in
D. Ettmiilleri Comment. in Schroed. p. 548. weitläufftig zu lesen ist. Weilen aber es hier zu
Land selbsten zu destilliren gar zu kostbahr fället / indem aus einem Pfund Zimmet kaum ein
Quintlein Oehls zu bringen / wie Lemery in seinem Cours de Chymie, und Dielheuer in
Beschreibung frembder Materialen pag. 94. außrechneu: Die Holländer hergegen einen gewissen
Vortheil hierin wissen sollen / von welchem Pomet loc. cit. p. 128. sonderlich geschrieben; als
kauffen gemeiniglich die Materialisten dieses Oehl von denselbigen mit grösserem Profit; Allein
man muß sich wohl fürsehen / daß man nicht angeführet werde / indem viele Betrüger dieses Oehl
mit dem Spiritu Vini Rectificatiffimo vermählen und vermischen sollen / daß da man vermeinet
eine Untz von dem Oehl zu haben / nachmahlen kaum die Helfft darunter ist. Der Betrug ist aber
also zu entdecken / daß man das Glase / worinnen das Oehl kommet / wohl schüttele und zusche /
ob man kleine Bläßlein / oder Perlen darin in Acht nehme / welche eine wässerichte ??? ose
Feuchtigkeit darinnen bedeuten; oder aber duncke die Spitze von dem Messer hinein und halte es
an das Feuer: Brennet das Oehl so balden / so ist von dem rectificirten Branden-Wein darunter.
Ist aber das Oehl pur / so wird es nicht gleich brennen / sonndern nur einen Rauch von sich
geben. Dieses Oehl ist die rechte Quintessentz von dem Zimmet / welches man leicht mit etwas
Canarien-Zucker zu einem Elaeosaccharo bringen / und in oben berührten Kranckheiten dienlich
brauchen kan. [253] Es kommet auch zu dem Turinischen Rossoli, welcher nach
Doct. Spleissen Annot. Ad Zapat. Mirabil. pag. 39. also gemacht wird: R. ???. Cinam. Caryoph.
Lign. Rhod. Ana ??? Moschi, Ambr. ana gr. iij. Sacch. ??? Ros. Spiritus Vini ana lib. j. M. S.
A. filtrentur. Von andern Compositis, als Speciebus Diacinam. Balsam. &c.
findet man die Beschreibungen in den Dispensatoriis, wie auch bey dem Schroedero und dessen
Außlegern Doct. Hoffmann, Doct. Ettmiillern und andern Seribenten.
§. 1.
UNter die bißher erzehlete aromatische Rinden gehöret nicht unbillich der so genandte CORTEX
WINTERANUS, welcher aus einer dicken und dichten zusammen gerolten Rinde bestehet / so
eusserlich mit einer Asch-farben / mosichten und von vielen Rissen gespaltenen ungleichen
Schaale umbgeben / inwendig aber braunlicht anzusehen ist / eines scharffen aromatischen
Geschmacks und sehr wohlriechenden Geruchs: kommet aus West-Indien / allwo er zum erstenmahl
von einem Englischen Ritter / nahmens Wilhelmo Wintero gefunden und in Engeland gebracht worden
/ von welchem er den Nahmen hat: wird auch von etlichen CHAQUERILLE oder SCHACHARILLA genennet
/ welches Wort sonsten in Spanischer Sprach eine Rinde bedeutet / welche deßwegen auch die
Chinam Chinae Cascarillam de la Oja, das ist / die Fieber-Rinde heissen soll / wie Stisserus in
Febr. Intermittentium Consid. Nová cap. 16. pag. 95. schreibet.
§. 2.
Den Baum dieser Rinde nennen einige Kräuter-verständige Canellam Laurifoliam Magellanicam
cortice acri, welche Samuel Dale p 379. Phytol. vor das Pericly menon odoratum hält: Trägt
Blätter / wie der Lorbeer-Baum / wohlriechende weisse Blümlein / und nach diesen grünlichte
Beerlein / wie etwa die erste Figur / welche Pomet in seiner Material-Kammer pag. 125. bat /
zeigen möchte.
§. 3.
Viele stehen in der Meynung es wäre der Cortex Winteranus nichts anders / als der weisse
Zimmet / welcher sonsten auch Costus Ventricosus genennet wird; wie dann jetztgemeldter Pomet
selbsten auch in den Gedancken stehet: allein dieses findet sich gantz falsch / indem diese
zwey Cortices gantz von einander unterschieden sind / von zwey unterschiedenen Bäumen herrühren
/ auch sich dem Ansehen nach gantz nicht [254] gleich kommen / ob sie schon
den Kräfften nach einige Verwandschafft haben / welche doch in dem Cost. Ventricoso viel
durchdringender sind; weßwegen auch der berümbte D. Paul. Hermanni in seinem Msc. unter beyden
diesen Unterscheid machte / daß er diejenige Rinde / die wir jetzt beschrieben / CORTICEM
WINTERANUM VERUM, den weissen Zimmet aber CORTICEM WINTERANUM SPURIUM genennet / welchen die
Apothecker offt substituiren / wann sie den rechten nicht haben.
§. 4.
Die Kräffte des Corticis Winterani veri belangend / so hat er eine erwärmende und
zertheilende Qualität / wormit er den Magen stärcken / auch das dicke scorbutische Geblüt
flüssig und zur Circulation tüchtig machen kan: weßwegen er auff der See gegen die
Seekranckheit / den Scharbock und dergleichen affecten sehr dienlich ist; wie dann der berümbde
Willisius ihn zu gleich sehr in Paralysi und Lähmigkeit der Glieder rühmet / welche er wegen
der volatilischen Schärffe und durchdringenden oleosischen Theilger sehr stärcken kan. Wird von
10. biß 15. gran pulverisiret gegeben / und wann man nur eine Infusion oder Decoctum davon
machen will / kan man ???j. biß ???zij. nehmen. Man destilliret auch ein Wasser davon / wormit
das Oehl übergehet / aus welchem mit gestossenem Zucker leicht ein Elaeosaccharum in obbesagten
Kranckheiten zu machen. Eusserlich kan man diese Rinde in die scharffe Elystieren thun / welche
in den Schlag-Flüssen / Schlaaff-Sucht und dergleichen appliciret werden. Die Taback-Schmäucher
stecken ein Stücklein dieser Rinde in die Pfeiffe unter den Taback / welches einen guten Geruch
gibt / und wie eitel Nelcken riechet. D. Alpinus substiruiret sie der Chinae Chinae, und hat
nicht allein die Wechsel-Fieber / sondern auch die Flecken-Fieber damit curirt / wie in seiner
Historica Relatione Febris Epidem. A. 94. & 95. zu sehen ist.
§. 5.
Der Frantzdische Materialist Pomet gedencket auch eines Hartzes oder Gummi / so aus dem Stamm
des Baumes fliessen solle / welches die Drogisten Gummi ALOUCHI nennen / so doch bey uns noch
unbekandt ist. Die Americaner sollen es unter ihre Rauchwercke thun.
§. 6.
Was aber den CORTICEM WINTERANUM SPURIUM oder CANELLAM ALBAM,
den weissen Zimmet
betrifft / so ist derselbe von dem Cortice Winterano vero leicht zu unterscheiden / indem
derselbe wohl noch so dicke Rinde hat / als dieser letzte / auch gemeiniglich von der eusseren
Schaale gesäubert kommet. Solche Rinden sind so wohl außwendig / als inwendig weiß / sind auch
viel dichter und zäher / und haben einen sehr scharsten aromatischen Geschmack / auch einen
sehr guten Geruch. Bißweilen ist die eusserliche Schaale entweder gantz oder zum theil noch
daran / welche viel schwammichter als die innere / voller Runtzeln / rauhe und so wohl in die
Länge als Breite geritzet / und also gleichsam wie der Holler cusserlich anzusehen ist / wie
Herr D. Olaus Wormius in seinem Mus. pag. 176. geschrieben: kommet mit andern Gewürtzen
zusammen gebunden / in Schelsten / aus Indien / und wird in unsern Apothecken insgemein COSTUS
VERUS, COSTUS CORTICOSUS ALBUS oder weisser Costus genennet / obwohlen er mit dem Costo verô,
ausser denen Kräfften / nichts gemein hat / welcher eine Arabische Wurtzel ist / wie anderstwo
gezeiget worden; weßwegen auch Charas nicht zugeben will / daß man diese Rinde im Theriac
substituire / Vid. ejus Tr. Gall. de Ingred. Ther. pag. 125.
§. 7.
Von was vor einem Baum diese Rinde herkomme? sind gar verschiedene Meynungen / welche bey
gedachtem Wormio loc. cit. zu finden. Die vornembste Botanici aber sind heut zu Tag darinnen
eins / daß dieselbe von einer Art Cassien-Bäume / welchen sie Cassiam Ligncam Jamaicensem
nennen / herrühre / welcher ingleichem Blätter / wie der Lorber-Baum / purpurfarbe Blümlein und
eine Frucht / als kleine Eichelntrage / wie solchen Samuel. Dale pag. 383. beschreibet /
Plukenet aber in seiner kostbahren Phytographie Tab. LXXXI. Fig. Fig. I. abmahlet und in oben
gesetztem Kupffer unter Augen leget.
§. 8.
Im Einkauff dieser weissen Zimmet-Rinde muß man nach den weissen und glatten Röhren sehen /
welche von der eusseren ungeschlachteten Schaale wohl gesäubert seyen / einen recht scharften
und gleichsam von allen Gewürtzen mêlirten Geschmack haben / welcher an der Schärffe den
Pfeffer / am Geruch und Anmüthigkeit die Mußeaten-Nüß übertreffe / oder wie Hermannus solchen
beschreibet / gleichsam aus Näglein / Löffelkraut und Zimmet vermischet und zusammen gesetzet
sey; weßwegen auch Marxius in seiner Material-Kammer schreibet / daß dieser so genandte Costus
alles gute Gewürtz gantz allein in sich habe.
§. 9.
Seinen Qualitäten nach kommet er in vielen mit dem Zimmet überein / wiewohlen er so viel Oehl
nicht in sich hat. Unterdessen [255] hat er doch eine viel grössere und sehr
durchdringende Schärffe und wird deßwegen unter die antiscorbutische Artzneyen gerechnet / kan
auch dem Cortici Winterano, wo derselbe nicht zu haben / substituiret werden. Sonsten aber
stärcket er / wie alle Gewürtze / den Magen / Haupt und Nerven / absonderlich in Schlag-Flüssen
/ worinnen er ein vortrefflich Mittel ist. So dienet er auch in der Colic und Mutter-Schmertzen
/ absonderlich wann man etwas von frischem Theriac und Castorco dabey gebrauchet. Einige Medici
käuen ihn zum praeservativ wann sie die Krancken bey ansteckenden Seuchen besuchen.
§. 10.
Man kan ihn nicht allein zu Pulver gestosseu brauchen / sondern macht auch eine Essentz /
Lattwerg / ??? dest. simpl. & comp. Pilulen sc. davon / welche theils bey dem
Schroedero, theils in D. Ettmülleri Comment. pag. 554. zu sehen sind.
§. 1.
DIe Fieber-Rinde China Chinae, oder / wie es andere außsprechen / Kinkina ist eine bittere
und anhaltende Schlae eines Baums / eusserlich grau-gelb und etwas mosicht / inwendig aber wie
Zimmet anzusehen / und wird also genennet / nicht als ob sie in Chinâ wachse / indem sie nicht
auß Ostsondern West-Indien gebracht wird: sondern weilen des Spanischen Vice-Re in Peru, Grafen
del Cinchon, Gemahlin damit vom Fieber curiret / und also zuerst den Europäern bekandt worden;
und weilen diese Rinde in Anno 1650. von dem Cardinal de Lugo, Jesuiter Ordens / zum erstenmahl
in Europam gebracht und das Pulver von den PP. Soc. Jesu gegen das Fieber in einer besonderen
Beschreibung gerühmet worden / nennen es einige das Jesuiter-Pulver. Sonsten aber wird sie
Lateinisch besser Cortex Peruvianus und Cortex Febrifugus, das ist / die Peruvianische
Fieber-Rinde tituliret: und weilen das Quartan-Fieber sonderlich damit vertrieben wird /
heisset es D. Amman in einem besonderen Tr. Antiquatium Peruvianum.
|| [256]
§. 2.
Der Baum / worvon diese Rinde geschälet wird / heisset bey dem Bontio Gannanaperide, wächset
in America / absonderlich in dem König-Reich Peru, in der Provintz Quitto, nechst der Stadt
Loxa, und zwar auff den Gebürgen / ist an der Grösse beynahe einem Kirschen-Baum gleich / trägt
runde Blätter / wie ein Pflaumen-Baum / welche doch darbey zaserlich sind / samt einer langen
rothen Blüte / wie die Balaustia oder Granaten-Blüt. Ob aber darauff ein Frucht folge oder
nicht? davon sind verschiedene Meynungen Viele geben vor / es gehöre dieser Baum unter die
Unfruchtbahre / weilen er nichts als die Blumen hervor bringe: Hergegen Mons. Pomet, ein
Frantzöischer Materialist / dessen schon offt Meldung geschehen / versichert / daß er von einem
Doctore Medicinae, so offters in West-Indien gewesen / gehöret habe / daß dieser Baum freylich
auch eine Frucht trage / worinnen eine Mandel / mit einer dünnen Schale umbgeben / zu finden
sey. Dem seye aber / wie es ist / so ersetzet doch die herrliche und sehr nützliche Rinde schon
alles / in Ansehung derer einige diesen Baum Arborem Vitae oder den Baum des Lebens zu nennen
pflegen: Die Spanier aber nennen dessen Holtz Palo de Calenturas, das ist Fieber-Holtz /
wiewohlen sie die Rinde selbst auch so heissen.
§. 3.
Die Rinde pflegen sie in Indien also zu sortiren / daß diejenige / so entweder unten an den
Bergen oder sonst in niedrigen Oertern wächset / vor die geringste: Diejenige so oben auff den
Gebürgen gesamlet wird / vor die Mittel-Gattung: und dann die / welche mitten an den Bergen zu
haben / vor die beste gehalten werde / indem die erste zu viel Nahrung und Feuchtigkeit hat und
deßwegen dicker uud inwendig bleicher außfihet: die zweyte hat etwas zu wenig Nahrung /
weßwegen sie viel zarter / doch auch höher an der Farbe ist: Die letztere aber ist die beste /
weilen sie nicht zu wenig noch zu viel Feuchtigkeit in sich ziehet und deßwegen die bitterste
und bräuneste / doch zugleich vor andern die rareste ist / davon Mons. Pomet in seiner Hist.
pag. 133. zu sehen.
§. 4.
Uber diese 3. Soxten findet man noch eine andere Art bey einigen Materialisten / welche sie
die Bastard-China nennen / ist außwendig gantz grau / rau und mosicht / inwendig schwartz /
welche entweder von andern Rinden mit der aloe gefärbet und bitter gemacht wird / wie diesen
Betrug ein gewisser Apothecker zu Rom entdecket / oder aber die alte und verfaulte China China
ist / weßwegen sie auch viel wohlfeiler / aber bey weitem so kräfftig nicht ist / wie die wahre
und ohnver fälschte. Damit dann Niemand so leicht damit angeführet werde / so ist wohl in acht
zu nehmen / daß die rechte Peruvianische Fieber-Rinde hart / wichtig und trucken seyn müsse /
auch nicht durchs Wasser verdorben und mit andern Unreinigkeiten vermenget / wie zuweilen die
jenige Stücker / so unten in den Päcken gefunden werden / außsehe: Von aussen muß sie gleichsam
wie Schagren seyn / braunichte und hier und dar weißlichte Mooß-Flecken haben / inwendig aber
nicht gantz roth / wie die Faule / sondern röthlicht und wie Caneel außsehen: welche Farb doch
euserlich nicht zum besten ist / obschon einige der Sachen nicht recht verständige solche vor
andern aestimiren. So sind auch die kleine und feine Stücklein die besten / welche zwar leicht
gebrochen werden / doch aber kein Mehl und Staub von sich geben / auch nicht zaserlicht
inwendig sind. Der rechte Geschmack ist bitter und etwas aromatisch: der Geruch lieblich und
doch gleichsam etwas schimlicht / aber nicht widerlich / welchen Geruch der berümbdte Englische
Medicus. D. Morton vor ein gewiß Zeichen der rechten China Chinae hält. Solten einige mit der
Aloe verfälschte Stücker darunter seyn / wird man sie leicht an der gantz widrigen Bitterkeit
und zähen Schleim / welchem sie im Mund zurück lassen / erkennen. Daß aber die Cassia
Caryophyllata vor die rechte China Chinae nicht passiren könne / hat D. Hoffmann in Com. über
den Schroederum pag. 443. schon gezeiget.
§. 5.
Was die Krafft und Tugend dieser Rinden anlanget / so ist sie bißdaher fast einig und allein
gegen alle Wechsel-Fieber / absonderlich aber gegen das Quartan gebrauchet worden / ausser daß
kürtzlich auch von einigen der Teutschen Käyserl. Societät in acht genommen worden / daß solche
die Spul-Würme gleich andern bitteren Kräuter tödte und außtreibe / wie davon deren Miscellan.
Cur. Dec. II. A. VII. zu sehen sind. Heut zu Tag brauchen es etliche / als D. Hermann und
Apinus, auch in den hitzigen und Flecken-Fiebern / thut aber doch mehr / wo ein Wechsel-Fieber
mit verstecket ist. Es ist deswegen zu verwundern / daß dieses vortreffliche Medicament gleich
nach dessen Erfindung von einigen so verdächtig und verhast gemacht worden / daß solches wohl
30. biß 40. Jahren in Europa fast gar nichts geachtet worden / biß endlich Talbotius, ein
Engeländer / solches wieder in Auffnahm gebracht / nachdem er den Dauphin zu Pariß damit vom
Fieber befreyet und ein grosses Geld von dem König gestrichen / daß er es offenbahret hat / wie
davon weitläufftig in mei [257] nen Polychrestis Exoticis Disp. de
Chinâ Chinae gehandelt worden. Das vornembste Geheimnuß komt auff die Art und method an / wie
es einzugeben und zu gebrauchen ist / welcher auff Befehl des Königs LUDOVICI XIV. in
Frantzöischer Sprach herauß gegeben und nachgehends auch im Italianischen und Lateinischen
nachgedrucker worden. Vid. cit. loc.
§. 6.
Man braucht diese Rinde unter mancherley Gestalt / indem solche zu Pulver gestossen und
entweder in Wein eingebeitzet und zugleich mit demselben eingetruncken wird / wie obgemeldter
Engeländer solche zu geben pflegte: Oder mischet man ein paar Loth unter einen Syrup / Honig
oder Rosen-Zucker und machet eine Lattwerg darauß: Ober kan man auch Pillen darauß formiren /
und wann diese zuwider wären / ziehet man die Tinctur, Essentz und Extract herauß / davon
Thomas Barthol. Cent. V. Hist. 50. kan gelesen werden. Ja man hat vor wenigen Jahren gefunden /
daß / so einige Leut gar zu zart und eckelha???tig seyen / daß sie nichts davon einnehmen
könten / noch wolten / die China Chinae in Clystiren die Fieber auch perfect curire / wie
solches in einem besonderen Tractätgen von dem jungen Herrn Helvetio, berümbten Practico zu
Pariß / ohnlängst entdecket und kund gethan worden ist. Indessen müssen solche Clystiren
offters wiederhohlet und die Rinde nicht gesparet werden / will man anders seinen Wunsch
erreichen; wie dann bey dem innerlichen Gebrauch dieses wohl in acht zu nehmen / daß /
ohnerachtet das Fieber schon getilget worden / der Gebrauch des Medicaments noch eine Zeit lang
continuiret / oder kurtz hernach wiederhohlet werde / wodurch man verhüten kan / daß kein
Recidiv oder Umbschlag des Fiebers (wie offters geschiehet) nach der Cur erfolge. Den Armen
gibt man die Entzian-Wurtzel auff solche Manier / welche die Europäische Kinkinna genennet wird
/ wie Pamet pag. 74. erwehnet hat.
§. 1.
DIe Korck / welcher fast männiglichen bekandt und Lateinisch SUBER genennet wird / ist nichts
anders / als die eussere Rinde von dem Stamme eines frembden Baumes / welcher häuffig in
Spanien und einigen Frantzöischen Provintzen zu finden ist / von dannen er in grossen Stückern
und Taffeln herauß gebracht wird.
§. 2.
Der Korck- oder Pantoffel-Baum aber (so an der Grösse und Dicke unsern Eich-Bäumen wenig
nachgibt) ist zweyerley / darvon der eine breite und ringsumb zerkerbte Blätter hat / und
derowegen Suber latifolium genennet wird / welcher hier oben zu sehen: Der andere aber ist mit
schmalen unzerkerbten Blättern verse [258] hen / und wird suber
angustifolium geheissen. Beyde tragen Eycheln / welche an dem schimalblätterichten auch kleiner
seyn / und haben eine sehr dicke Rinde / welche Matthiolus Ehlen-dick gesehen / so ohne
Verderbung des Baumes abgeschälet und in andere Länder verschicket wird; Besiehe davon
Tabernaemont. im dritten Theil des Kräuter-Buchs pag. 695.
§. 3.
Wann die Einwohner den Korck samblen / so spalten sie den Stamm an der Rinde von oben biß
unten / ziehen dieselbige ab / und legen sie biß auff eine gewisse Höhe übereinander in die
hierzu bereitete Wasser-Gräben / beschweren alles mit Steinen / und lassen es eine Zeit lang
darinnen liegen: Nachgehends sollen sie dieselbe herrausser thun und wiederumb also in drey
andere Gräben nacheinander schlagen / worauff alles auffgetrucknet und in Ballen anderwärts
verschicket und verhandelt wird.
§. 4.
Zu wissen aber / daß es zweyerley Korck gebe / einer / welcher der weisse und Frantzöische
genennet wird / und dann der schwartze oder Spanische / welcher deßwegen äusserlich schwartz
werden soll / weilen er in dem Meer-Wasser gebeitzet wird. Der erstere muß in schönen Tafeln
seyn / keine Knöpff oder Hügelein haben / einer mittelmässigen Dicke / außwendig und inwendig
grau-gelbicht / und wann mann ihn auffschneidet / dicht und gleich seyn. Der andere muß
äusserlich schwartzlicht / als wann er gebrandt wäre / außsehen / inwendig aber gelbicht / so
dick als er zu haben / doch leicht zu schneiden / inwendig auch dicht / aber doch leicht seyn.
Je dicker dieser / je besser er ist / dann der dünne nicht viel aestimiret wird.
§. 5.
Was den Gebrauch des Korcks anlanget / so wird er in der Medicin langsam oder gar nicht
gebraucht / ausser daß einige das Pulver von dem gemeinen oder gebrandten Korck gegen das
übermässige Bluten innerlich geben. Eusserlich aber soll der gebrandte Korck mit dem Saccharo
??? und frischer Butter vermischet die Haemorrhoides stillen. Zuweilen hängen ihn die Weiber /
so die Kinder gewehnen / an den Hals / umb die Milch zu vertreiben. Sonsten dienet er den
Schustern / den Fischern und andern Handwerckern. Die Apothecker stopffen und verwahren die
Gläser damit. Die Spanier brennen den Korck auch zu einer gantz schwartzen und sehr leichten
Farb / wie Kierauch / welches die Frantzosen
NOIR D' ESPAGNE
nennen: wird zu unterschiedlichen Künsten und Arbeiten gebrauchet: Muß recht schwartz /
leicht und nicht sandicht seyn / Vid. Pomet Histor. Gen. des Drogues pag. 137.
§. 1.
DAs Paradiß-Holtz / AGALLOCHUM oder LIGNUM ALOES, bestehet aus gewissen Holtz-Spänen / von
einem Sinesischen Baum / oder / wie Hermannus in Msc. vermeynet / von der Wurtzel dieses Baums
/ so Calambac genennet wird. Diese Späne sind dicht / hart / schwer und resinos, von
unterschiedlicher Grösse / an Farbe fast Castanienbraun / mit schwartzen hartzichten Strichen /
eines scharffen / aromatischen und bitteren aloëtischen Geschmacks (worvon sie den Nahmen
haben) und so sie angezündet werden / eines sehr annehmlichen Geruchs. Dieses Holtz wird
sonsten auch Creutz- und Augen-Holtz genennet.
§. 2.
Ob aber solche Späne / welchen man in den Apothecken diesen Nahmen beyleget / das wahre und
auffrichtige Paradiß-Holtz seyen / und ob man dieses bey uns recht ohnverfälscht haben könne?
Wollen einige sehr zweifflen / theils / weilen es entweder im Paradiß / oder doch in hohen
Einöden wachsen soll / da wegen der grimmigen Löwen / Tieger- und Panter-Thieren nicht
hinzukommen sey: Theils / weilen solches in Ost-Indien selbst viel theurer als bey uns ist /
auch bey Lebens-Verlust verbotten seyn soll / dasselbige herauß zu führen / wie D. Velschius in
Miscell. Acad. Germ. Cur. Dec. 1. An. 1. p. 293. bezeuget / und der Herr Rumphius aus Indien an
Herrn D. Menzelium ib. Dec. 2. Annot. 3. obs. 22. pag. 74. geschrieben hat. Allein es lässet
sich diese Schwürigkeit gar wohl heben / nachdem man in Erfahrung gekommen / daß dieser Baum
(welcher sonsten den Oliven-Bäumen nicht ungleich / und eine rorhe Frucht / wie Kirschen /
tragen soll) dreyerley Holtz an seinem Stam̅ und Wurtzel habe: Das erste / so
gleich unter der Schale folget / ist gantz schwartz / dicht und sehr schwer / wie schwartz
Ebenholtz / weßwegen es solcher Farb wegen auch von den Portugiesen Pao d' Aquila, oder das
Adler-Holtz genennet wird. Das zweite ist etwas leichter / voll Adern / und wie verdorben und
brandicht Holtz anzusehen / von brauner Farb / welches sonsten auch das Holtz von Calambouc,
oder das rothe Aloës-Holtz genennet wird. Das dritte ist der mittelste Kern / oder das kostbare
Holtz von Tambac oder CALAMBAC. Von diesen wird die erste Sorte zuweilen unter dem Nahmen des
Asphalati gefunden / wie in künfftigem Capitel zu sehen. Die zweyte ist unser Agallochum oder
Xylalcës. Die dritte aber ist so rar / daß sie dem Gold gleich geschätzet / auch nirgends / als
bey hohen Stands-Personen zu finden / welchen es von den Ost-Indianischen Königen zum Praesent
geschicket wird; gleichwie die Ambassadeurs von Siam (welche zu meiner Zeit / vor 16. Jahren /
zu Pariß ankamen) unter andern Geschencken dem König Ludov. XIV. auch ein grosses Lavoir mit
seiner Gieß-Kanne von solchem Holtz / auff Art der Sineser außgearbeiter / mitgebracht haben /
von welchen sich nachmahlen wegen dieses Gewächses Mons. Pomet selbsten informiren lassen / wie
in dessen Histoire Generale des Drogues Lib. 3. cap. 1. pag. 104. zu sehen ist.
§. 3.
Muß also dasjenige / so Calambouc heisset / oder das mitlere Paradiß-Holtz / zur Artzney gut
gnug seyn / und ist die Prob davon / wann es am Geschmack bitter / absonderlich / wann man es
ein Weil im Mund gehalten: auch an der Farb schwärtzlich und ein wenig mit grau vermischet
un̅ voller Adern ist: Muß nicht wurmstichicht / sondern voll Hartz seyn; wo aber
doch zuzusehen / ob dieses Hartz irgend mit Fleiß hinein gestecket / auch etwa ein ander Holtz
/ deme die Sinenser mit einer Beitze von rechtem Agallocho den Geruch und Geschmack geben
können / untermischet sey. Vid. Miscell. Acad. Germ. Cur. Dec. 2. Annot. 3. obs. 22. Auff dem
Feuer muß es nicht so balden brennen / sondern ehe an einigen Orten schmeltzen und ein Gummi
außwerffen / doch einen sehr guten Geruch / wie Ambra / geben / und wer solchen Rauch zu sich
ziehet / daß demselben der Mund voll Wasser lauffe. Es muß auch schwer seyn / daß / wann es in
einen Becher voll Wein oder Wasser geworffen wird / es zu Boden sincke. Wo aber das Lignum
Aloës zuvor gekocht / und die beste Krafft hinweg genommen worden / so ist es gar leicht /
schwimmet oben und ist die Farbe auch lichter / wie in des Schurtzen, Marxen und andern
Matcrial-Kammern zu sehen. Alle andere Höltzer / so obige Eigenschafften nicht haben / und doch
unter diesem Nahmen außgegeben werden / sind zu verwerffen und nicht anzunehmen. Vid. Pomet.
citato loco.
§. 4.
Nach Unterscheid dieser Eigenschafften und nachdem das Paradiß-Holtz in grossen Stückern /
oder nur in kleinen fragmentis ist / haben die Materialisten verschiedene Sorten / nemblich das
Feine / die Mittel-Sorte und Fragmenta, wie in deren Catalogis zu sehen. Das feine ist noch so
theuer am Werth / als die Mittel-Gattung: die Fragmenta aber sind viel wolfeiler / wovon die
Apothecker-Täx zu sehen sind.
§. 5.
Was den Gebrauch und Nutzen dieses Holtzes anlanger / so stärcket es mit seiner aromatischen
Krafft die Lebens-Geister / in Ohnmachten und andern Schwachheiten / obwohlen der frische Safft
dieses Baums vor gifftig [260] gehalten wird / wie in den Act. Anglic. Vol.
I. pag. 724. zu lesen. Es stärcket auch den Magen / absonderlich bey Alten betagten Leuten /
wie die Ambra, und bringet denselben das Gedächtnus wieder / Vid. Ettmüllerus in Com. Schroed.
Pag. 506. weßwegen dann auch die Species diaxylaloes welche meistens zu den Cucuphis kommen /
in dergleichen Kranckheiten gut thun / davon Zvvelferus in Disp. Aug. handelt; wie dann auch
ein Extract und Essentz davon gemacht werden / so in dem Schroeder und dessen Autßlegers D.
Hoffmanni Clavi zu sehen ist. I. Pfund ligni aloes gibt Resin. Zij. und etwas darunter oder
darüber / nachdem es resinos ist / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 71.
in Acht genommen hat. Eusserlich kombt es unter die Rauch-Pulver / und wird beßwegen in Indien
von denen Braminen oder Indianischen Pfaffen sehr auffgekaufft / welche es mit den
Todten-Cörpern verbrennen / und dadurch die Seele der Verstorbenen ihren vermeinten Göttern
desto angenehmer zu machen suchen.
§. 1.
DEr Rhodiser Dorn oder LIGNUM ASPHALATI ist ein holtzichter und aus vielen Adern gleichsam
gewundener Span von der inneren Wurtzel / deren verschiedene Farben sie an etlichen Orten
röthlich machen / da sie sonsten wie Buchsbaum anzusehen / auch also hart / schwer und öhlicht
ist / mit einer dicken und grauen Kinde umbgeben / welche doch langsam daran bleibt: hat einen
etwas bitteren und öhlichten Geschmack / Vid. Sam. Dale in Pharmacol. p. 467.
§. 2.
Der Baum dieses Gewächses ist noch viel unbekandter / als des Agallochi, und wird deßwegen
offters mit dem Ligno Rhodino oder Rosenholtz / deme es fast gleich siehet / confundiret /
zumahlen er auch in der Insul Rhodus wachsen soll; obwohlen andere meinen / daß dieses Holtz in
Syrien Aegypten wachse / besiehe davon Marxii Teutsche Material-Kammer pag. 22. Alpinus gibt
vor / es wäre ein Strauch / mit dichten Aesten / weissen Dornen / sey drey Ehlen lang und trage
schöne wohlriechende Blumen / wie aus dessen Buch de Plant. AEgypt. solcher in Appendice Pharm.
Schroederi p. 2. beschrieben wird.
§. 3.
Zuweilen wird auch ein gantz schwartzes und sehr schweres Holtz unter dem Nahmen Asphalati
bey den Materialisten gefunden / davon mir ein Stück zu Handen gekommen ist / welches Pomet in
seiner Frantzöischen Material-Kammer pag. 105. das rechte Lignum Aquilae oder Adler-Holtz zu
sein vermei [261] net / davon wir in vorigem Capitel gehandelt
haden.
§. 4.
Seine Kräfften kommen fast mit dem Agallocho überein / welches damit auch offt verfälschet
wird / wiewohlen es daran zu erkennen / daß das Lignum Asphalati kein Hartz in sich hat / wie
das Lignum Aloës, doch aber noch so gern brennet. Sein Gebrauch ist meistens / daß es zu den
Trochiscis Hedychroi erfordert wird / und unter diesen auch mit zum Theriac gebrauchet werde /
von welchen obangezogener Anhang des Schroederi weitläufftig handelt. Charas hält davor / man
könne auch in diesen Trochiscis das Agallochum nehmen / wann das rechte Asphaltum nicht zu
haben / besiehe dessen Theriacs-Ingred. Pag. 65. In frembden Landen machet man schöne Geschirr
/ Tisch und Sessel davon.
§. 5.
Mit diesem Gewächs vergleicht sich in vielem das so genandte
LIGNUM RHODINUM
oder
Rosen-Holtz /
so vielmehr eine holtzichte Wurtzet eines Baums oder Strauches ist / welche doch / wie Holtz
/ dicht und voller Oehls stecket: hat an dem eusseren Rand eine weisse / und mitten eine
dunckel-gelbe couleur, etwas bittern Geschmack und einen sehr angenehmen und nach Rosen
riechenden Geruch: kommet aus Ost-Indien / absonderlich aus dem Königrich Sina; wiewohlen sie
auch in den Insulen Rhodo und Cypern wachsen soll / von welchen es auch den Nahmen führet.
§. 6.
Von was vor einem Gewächs dieses so genandte Rosen-Holtz her komme / ist ingleichen noch
nicht gäntzlich außgemacht / indem auch die heutige / sonsten sehr erfahrne / Botanici darinnen
noch nicht eines Sinnes sind. Der Seel. Doct. Herman vermeinet es seye des Cytisi Canariensis
holtzichte Wurtzel / welchem doch D. Amman deßhalben widersprichet / weilen der Cytisus kein
Oehl oder Hartz von sich gibt / wie das Rosen-Holtz. Andere sagen es kähme von einem Baum /
welcher mit dem Castanien-Baum einige Gleichheit haben soll / wie solches aus P. du Tertre
Reiß-Beschreibung Mons. Pomet in seiner Histor. de Drogues pag. 105. wie oben stehet / unter
Augen stellet: von Plukenet hergegen Arbor Lucens genennet / und viel anderst in seiner sehr
netten Phytographia Tab. CCI. Fig. 3 abgemahlet wird. Muß man also die Gewißheit hierin noch
von der Zeit erwarten.
§. 7.
Im übrigen aber sind die gröste Stücker hier die beste / wann sie nur noch frisch / schwer /
dunckel-gelb und einen guten Rosen-Geruch haben / auch glatt und nicht so verdrehet
scheinen.
§. 8.
Sein Gebrauch anlangend / so will man ihm eine adstringirende Krafft zuschreiben / wird aber
des kostbahren Werths halben langsam gebraucht / ausser daß einige im Nieren-Stein einen Tranck
davon machen. Man braucht es gemeiniglich eusserlich zum Pouder und anderem Rauch-Werck; wie
dann auch die Barbierer die rasuram davon im Wasser sieden / welches sie zum Bartbutzen
vornehmer Herrn gebrauchen. Andere pflegen das Rosen-Wasser damit nachzumachen / welches sie so
viel wohlfeiler geben können / wie Pomet loc. cit. vermeinet.
§. 9.
Die Holländer destilliren ein weisses und wohlriechendes Oehl davon / welches sie unter dem
Nahmen Olei Ligni Rhodini herausser schicken / wiewohlen es bey uns auch gemacht werden könnte
/ also daß I. Pfund Ligni Rhod. ???j. olei nach Vielheuers Außrechnung gebe; obwohlen Glauberus
pag. 34. des ersten Theils seiner Op. Mit dem Spiritu Vini ein mehrers zu erzwingen lehret.
Dieses Oehl ist anfangs dünn wie Baumöhl / wird aber mit der Zeit dick und dunckel-roth: dienet
den Parfumierern und kan man die eusserliche Salben auch wohlriechend damit machen. Es ist
merckwürdig / daß D. Ludovici pag. 707. in seiner Pharmacie, dieses Holtz mit Zucker zur
fermentation zu bringen / und einen Spiritum per ferm. davon zu destilliren lehret.
|| [262]
§. 1.
DAs Frantzosen-Holtz oder GUAJACUM Officinarum ist ein sehr hartes / dichtes und schweres
Holtz / eusserlich weiß-gelb / wie Buxbaum und an dem inwendigen Kern schwartz braun und
hartzicht anzusehen / hat einen scharff-bitteren Geschmack und aromatischen Geruch: komt in
grossen und langen Stücken von 400. biß 500. ???. auß West-Indien über Venedig / und wird
sonsten insgemein auch LIGNUM SANCTUM genennet / indem viele / als Schroederus und seine
Außleger / D. Hoffmann und D. Ettmüller vermeinen / daß es einerley Holtz sey: Allein die
heutige Botanici bezeugen ein anderst / daß nemlich Guajacum und Lignum Sanctum von
unterschiedenen Art Bäumen herrübren / wie Terentius schon in Notis ad Hernandez. pag. 63.
gezeiget / auch drunten ein mehrers davon wird gemeldet werden.
§. 2.
Der Baum dieses Holtzes wächft am häuffigsten in Neu-Spanien / in der Insul S. Domingo, ist
in der Grösse eines Welschen-Nuß-Baums / mit schönen dicken und runden Blättern / welche an den
Aesten gegen über stehen / wie in der auß des Plukenet Tab. XXXV. Genom̅enen Fig.
I. zu ersehen / in welcher die Aber und Gestalt viel schöner / als des Pometi Fig. zu ersehen
sind: Trägt bleich-gelbe und an langen Stielen hangende Cronen-Blumen und eine Schote / wie die
bursa Pastoris, worinnen beygesetzter Kern zu finden / welchen obbemeldter Terentius loc. cit.
auch à part unter Augen leget und zweyen auff einander gelegenen Lupinen vergleichet.
§. 3.
Das beste ist / so von einem Baum mittelmäsigen Alters herrühret / welcher an kräfftigsten
ist / indem die jungen Bäume noch unvollkommen / die alten aber schwach und krafftloß sind.
Solche Mittelmäsigkeit muß an den Aesten betrachtet werden / dann die Mittelmäsige sind am
besten. So ist auch im Einkauffen darauff zusehen / daß es fein gleich und nicht knodicht seye.
Ie mehr schwartzen Kern es hat / je besser es ist / weilen hierin mehr Hartz zu finden. Dünne
Stücker kan man am ersten verkauffen / derowegen müssen diejenige / so nicht ins Groß handeln /
die grosse in kleine Stücke zerschneiden. Man hat es auch geraspelt / welches RASURA LIGNI
SANCTI genennet wird; darbey dieses wohl zu mercken / daß / wer sicher gehen und etwas
techtschaffenes damit außrichten will / sich die rasuram von dem Holtz selbsten feilen oder
raspeln lasse / indem die gemeine offt von den Drechslern / Schreinern und dergleichen
Handwerckern auffgekauffet wird / welche viel andere Späne und Unrath in sich hat. Viele
probiren das Holtz uff dem Wasser / dann es [263] auch / wegen seiner
Schwerigkeit / in kleinen Stückern zu Grund fället / da sonst alle andere Höltzer im Wasser
schwimmen / vid. Terentius l. c. Marxius und andere.
§. 4.
Der Gebrauch dieses Holtzes ist fast männiglichen / auch auß dem blossen Nahmen / bekandt /
indem es also genennet ist / weilen es gegen die Frantzöische Kranckheit gebrauchet wird / und
Frantzöische Kranckheit gebrauchet wird / und soll ein Spanier / Consalvus mit Nachmen / dieses
Mittel zu erst erfunden und seinen Kindern damit über 300000. Gulden erworben haben / wie
Vielheur in Beschreibung frembder Materialien pag. 109. vorgibt. Die Veranlassung und occasion
darzu beschreibet D. Hoffman in Clav. Schroed. Pap. 473. Seine Würckung ist / daß es den
Schweiß und Urin mächtig treibet / weßwegen es auch nachmahlen in vielen andern Kranckheiten /
als in Gliederweh / Flüssen / Wassersucht / Grätz und dergleichen zur Reinigung des Geblüts
gebrauchet worden. Es pfleget gemeiniglich in Wasser eingeweichet und darnach biß uff die
Helffte / oder den dritten Theil eingesotten zu werden / welches Decoctum doch im Sommer sich
über 3. Tag nicht halten lässet / wie Terentius l. c. erinnert. Mayovv ein Engeländer gibt in
seinem Tr. De Nitro pag. 37. vor dieses Decoctum walle von dem ???. auff / welches curios ist /
wodurch seine alkalische Kräfften könten werwiesen werden. Was übig bleibet / wird zum
ordinarie Tranck gemeiniglich noch einmahl gekocht / wie von beyden Sartorius im Frantzosen
Artzt kan gelesen werden. In den Apothecken macht man einen Extract davon und kön̅en auß I. ???. des Holtzes Extracti zv. Nach Vielheurs Hand-Griff l. c. gebracht werden.
Andere destilliren einen Spiritum und ???. davon / welche nebst dem ???. bey dem Schroedero pag
77. zu finden sind. Was die Ebenisten / Drechsler / Schreiner sc. davon machen / ist bekandt
und gehöret sonderlich hierzu nicht / ausser daß einige die Kugeln davon gegen die Festigkeit
rühmen / welches wir an seinen Ort gestelt seyn lassen.
§. 5.
Ferner wird auch die Rinde oder
CORTEX LIGNI GUAJAC.
unter den Materialien geführet / welche gleichfals sehr hart / holtzicht / resinos, und
gleichsam auß vielen Blechlein zusammen gesetzet ist: euserlich grau / mit grünlichten
Flecklein vermischet / inwendig etwas bleich und röthlich / hat einen scharffen und bitteren
Geschwack und guten Geruch. Diese Rinde hanget an dem noch grünen Baum so fest / daß sie kaum
mit eisernen Instrumenten davon zu bringen: mit der Zeit aber gehet sie gern ab / besihe davon
Terentium in Notis ad Hernand. Pag. 63. Sie wird sonsten dem Gebrauch nach in allen obigen
Kranckheiten auch gebrauchet / doch / daß man weniger davon / als des Holtzes nehme / welches
gemeiniglich damit gestärcket wird / weilen die Schale viel kräfftiger ist / wie bey Ettmüllero
l. c. zu sehen / ohngeachret Dale einer anderen Meinung zu seyn scheinet. vid. ejus Pharmac.
pag. 443.
§. 6.
Uber diß hat man auch ein Gummi oder Hartz davon / welches
RESINA GUAJACI
genennet wird: ist ein schwartzlichtes / doch durchscheinendes und mirbes Gummi / eines
scharffen Geschmacks und guten Geruchs: wird in ziemlichen Glumben gebracht / ist aber bey uns
etwar rar. Dieses Gummi treibet den Schweiß auch gewaltig und wird besonders sehr gegen den
Trippert oder Saamen-Fluß / (Gonorrhoeum malignam) gelobet / absonderlich wann es ein Ansatz
zur Frantzöischen Seuch geben will / allda man 6. biß 7. Gran in Wegrich-Wasser geben kann. Es
dienet auch gegen die Krätze und Luem ???. selbsten / worvon Ettmüllerus in Comment. Schroed.
Pag. 579. zu sehen ist.
§. 7.
Was nun das
LIGNUM SANCTUM
anlanget / so kombt es zwar an den Kräfften mit dem vorigen überein / allein in vielen andern
Stücken findet man doch daran einen ziemlichen Unterscheid / indem es viel gelber und weiser
ist / als da Guajacum, auch keinen so grossen Mittel-Kern oder meditullium hat / dessen es in
den Aesten keines / in dem Stam̅ aber nur ein geringes hat / welches doch wenig
schwartz und grünlicht mit blau vermischt ist / dabero es auch von den Indianern Hoaxacan
genennet wird. Der Geschmack ist viel schärffer als am Guajaco, deßwegen es auch diesem von den
Einwohnern vorgezogen wird.
§. 8.
Der Baum komt dem Guajaco ziemlich gleich / ist aber doch kleiner / wie der Pappelbaum / mit
dornichten Stam̅ und Aesten: hat kleine Blätter / welche der länge nach am Stiel
zubeyden Seiten stehen / trägt Blumen an Farb und Geschmack der Vinca pervinca gleich / wie
solches aus des Hernandez Abriß zu sehen / davon die Blätter doch viel schöner von dem
Engeländer Plukenet Tab. XCV. abgemahlet sind.
§. 9.
Den Qualitäten nach curiret es nicht allein alle obige Kranckheiten / sondern es greiffet
auch noch andere an / denen das Guajacum nicht gewachsen ist / indem es gar penetrant, wie auß
dem Decocto selbsten zu sehen / welches viel [264] bitterer / stärcker von
Geruch und auch gelber an der Farb ist: wird derowegen seiner Krafft halben Lignum Sanctum
genennet / wiewohlen es auch nicht zu viel und übermäsig zu nehmen ist / davon Terentius l. c.
zu sehen. Weßwegen dann verschiedene Scribenten eigene Bücher davon geschrieben / deren Nahmen
in des Lindenii und Lipenii Bibliotheken zu sehen sind.
§. 10.
Letzlich gedencket auch der Frantzöische Materialist Pomet eines
Falschen Guajaci
welches er Guajac de France in seiner Histoire des Drogues pag. 115. nennet und nichts
anderst zu seyn meldet / als das Buchsbaum-Holtz / so aus Spanien und Champagnen am meisten
gebracht werde. Mit diesem sollen einige Chirurgi in Franckreich sich unterstehen die
Frantzosen eben sowohl / als mit dem Guajaco zu curiren; und scheinet solches daher zu kommen /
weilen ohne zweiffel in der Rasura Ligni Sancti (welche / wie gedacht / von den Drechslern
gekaufft wird) die Schnitzlein von dem Buchsbaum (welchen sie offt verarbeiten) gefunden
worden. Ob nun wohl der Buchsbaum in allen dem Guajaco nicht gleich würcke / so ist er doch
auch nicht gäntzlich zu verwerffen / zumahlen auch das Oleum buxi ein vortreffliches Mittel
gegen das Zahnweh abgibt / worinnen auch das Oehl von dem Frantzosen-Holtz bey Doct. Ettmüllern
und andern recommendiret wird.
§. 1.
DAs Fenchel-Holtz oder LIGNUM SASSAFRAS (wie es heut zu Tag noch in den Officinen zu finden)
ist die Wurtzel eines Indianischen Baums / Salsafras genandt / hat eine mittelmäsige Schale /
so außwendig Aschen-farbicht / inwendig aber braun Eissen-farbicht ist / unter welcher eine
leichte / porose und holtzichte substantz enthalten / welche gleich unter der Schale grau /
mitten aber röthlich-weiß anzusehen ist: hat einen scharffen aromatischen / doch zugleich
süssen Geschmack (dahero es Fenchel-Holtz heisset) und [265] einen guten
Geruch: wird auß West-Indien gebracht und sonsten auch von einigen / wiewohl fälschlich Lignum
Pavanum, genennet / worvon unten soll gehandelt werden. Zu geschweigen daß dieses so genandte
Fenchel-Holtz wie obgedacht / die Wurtzel / und nicht das Holtz selber ist / welches viel
dichter und schwerer ist / wie D. Velschius schon längsten in Misc. Acad. Germ. Cur. Dec. 1. A.
1. Observ. 52. gezeiget hat.
§. 2.
Dieses so genandte Holtz kommet von einem gar schönen Baum / welcher einen langen / schönen
und glatten Stamm hat / und sollen in Florida gantze Wälder davon zu finden seyn: wird
verschiedentlich beschrieben und abgemahlet / indem Manardus die Blätter fast wie
Feigen-Blätter abmahlet / dessen Figur sowohl Wormius in Museô, als auch Pomet in seiner
Material-Kammer pag. 113. nachgemahlet / wie Fig. 2. zu sehen ist. Hernandez hergegen / welcher
die West-Indianische Gewächs allein und mit sonderem Fleiß beschrieben / mahlet ihn schon
anderst ab / wie an der 1. Figur zu finden: Am aller schönesten aber stellet die Blätter in dem
/ aus seinem Herbario vivo genommenen / Abriß der Engeländer Plukenet Tab. 222. Fig. 6. unter
Augen / welcher sonsten in dergleichen Abrissen gar accurat und proper ist.
§. 3.
In dem Einkauff muß man zusehen / daß man das Sassafras mit seiner dicken röthlichten und
rauhen Schale bekomme / welche das beste Theil von dem gantzen Baum ist / indem sie einen
scharffen Geschmack und sehr aromatischen Geruch hat / so gar / daß da die Spanier zu erst an
der Insul Florida anländeten / sie wohl zwey Meilen davon dessen Geruch empfunden / und anfangs
vermeinten / es wäre der Canellen-Baum; und ob sie schon daran betrogen waren / so schlossen
sie doch aus dem Geruch / daß dieser Baum etwas hinter sich hätte: brauchten ihn gegen die
Frantzosen / und als solches glücklich außschluge / brachten sie jährlich eine gute Menge in
Europam. Gleich wie nun die Rinde besser / als die Wurtzel schiene / also ist die Wurtzel doch
besser als das Holtz / welche / nach Schurtzii Bericht / die Materialisten am liebsten haben /
wann sie klein sind / auch im Spalten gelb-weiß fallen / weilen sie nicht allein bessere
Kräfften und Qualitäten haben / sondern auch länger behalten und erhalten werden / wie auch
Marxius in seiner Material-Kammer pag. 185. wohl erinnert. Vor diesem / als die Sassafras noch
theuer am Werth gewesen / haben sie die Betrüger nachgeäffet / Tannen-Holtz in Fenchel-Brüh
gesotten und vor das Fenchel-Holtz außgegeben / wie dieser Betrug von dem Frantzöischen
Materialisten Pomet in seiner Histoire des Drogues Lib. 3. cap. 10. pag. 115. entdecket
worden.
§. 4.
Man hat auch das geraspelte Fenchel-Holtz / welches aber immer frisch seyn muß / dann es bald
seinen Geruch verlieret und nachgehends nicht viel tauget. Man hat dabey in Acht genommen / das
diejenige / so es raspeln oder klein machen / grosse Kopff-Schmertzen von dem Geruch bekommen /
und weilen auch dergleichen nach dessem Gebrauch verspüret worden / so hat es viel von seinem
Credit verlohren.
§. 5.
Was den Nutzen des so genandten Fenchel-Holtzes anlanget / so ist es anfänglich / wie oben
gemeldet worden / gleich den andern Holtz-Träncken / gegen die Frantzöische Kranckheit
gebrauchet worden / allwo ein Loth davon in zwölff Pfund Wasser über Nacht eingeweichet und biß
uff den dritten Theil eingesotten wird / welches doch in einem zugemachten Gefäß geschehen muß
/ damit sich die beste Krafft nicht verrieche oder verkoche / wie Jo???. Terrentius Lynceus in
seinen Anmerckungen über des Hernandez Hist. pag. 62. wohl errinnert. Nachgehends hat man die
Sassafras auch in andern Kranckheiten / als verdorbenen Magen / Colic / Nieren- und
Lenden-Stein und dergleichen gut befunden / wie solches Hernandez l. c. am ersten und nach ihm
Neander in seiner Sassafrasologia weitläufftig gezeiget hat. Absonderlich aber wird dieses
Mittel in allerhand Catarrhen und Flüssen sehr gerühmet / so gar daß es von Brunnero in Consil.
Panacea Catarrhorum genennet wird / und deßwegen auch der berümbdte Sächsische Practicus, D.
Michael eine Tinctur davon gemacht hat / welche in dessen Schrifften kan gesehen werden. Andere
machen ingleichen eine Essentz, Ol. dest. und dergleichen darvon / welche in D. Ettmüllers
Schroed. Dilucid. pag. 655. zu finden sind.
|| [266]
§. 1.
DAs Tamarißken-Holtz oder LIGNUM TAMARISCI ist ein sowohl in-als außwendig weisses Holtz /
ohne sonderlichen Geschmack und Geruch / muß mit der gelben Schelffe (darinnen die Krafft
meistens stecket) noch umbgeben / doch aber von der eussersten braunen Schelffen gesäubert
seyn: kommet meistens aus der Provintz Languedoc in Franckreich / wo es häuffig wächset;
obwohlen es am Rheinstrom / nahe an Straßburg / und noch mehr oberhalb Schwaben / gegen Lindau
zu / auch soll zu finden seyn / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 203. berichtet.
§. 2.
Der Baum dieses Holtz / TAMARISCUS genandt / wächset langsam über eines Mannes Höhe / hat
kleine schmale Blätter / dem Seven-Baum oder dem Baum deß Lebens nicht sehr ungleich / trägt
schwartze Trauben-förmige Früchten und Rinde auch viele in Woll bekleidete Saamen-Körner.
§. 3.
Was den Gebrauch des Holtzes anlanget / so wird es als ein sonderliches Mittel vor alle
Miltz-Beschwerung gehalten / dessen Verstopffungen es eröffnen und das allda gesteckte
schwartze Geblüt / oder schwartze Gall zertheilen soll; weßwegen man auch vor dergleichen
Patienten kleine Fäßlein / Becher / und dergleichen aus diesem Holtz drehen lässet / daß sie
ihr ordentlich Getränck darin infundiren und daraus trincken. Andere machen gar Löffel und
anders Zeug vor dieselbe daraus. Es dienet auch zur Krätz / schwartzen Gelbsucht und andere
dergleichen affecten.
§. 4.
Viele halten mehr von den Schalen oder
CORTICIBUS TAMARISCI
welche an statt des Holtzes in vielen Apothecken zu finden sind: werden theils von dem Holtz
/ theils von der Wurtzel geschälet / wie bey Hoffmanno in Clav. Schroed. pag. 558. zu sehen
ist. Diese Schalen sind mittelmäsiger-Dicke / außwendig grau-braun / inwendig röthlich / eines
scharffen / etwas bittern und anhaltenden Geschmacks: werden nicht allein in eben den
obberührten Miltz-Affecten gerühmet / sondern sollen auch den Harn und Stein treiben / die
Nieren und das Geblüt reinigen / und an der Krafft mit den Eschen-Rinden sehr übereinkommen /
weßwegen sie auch in Träncken und andern Artzneyen offters mit einander verschrieben werden /
wie bey Ettmüllero in Comment. ad Schroeder. pag. 670. zu sehen / welcher in eben diesem Buch
pag. 655. diese Rinde auch in den Flüssen rühmet / wo sie [267] eben so gut
als das Fenchel-Holtz oder Sassafras seyn sollen. Eusserlich dienen sie gegen den bösen Grind.
Vid. Schroederus in Pharm. p. 159.
§. 5.
Die Körner und Früchte dieses Baums werden von den Färbern an statt der Gall-Aepffel
gebraucht. Mit den Zweigen aber haben sich vor diesem die Aegyptische Priester auff dem Fest
Jovis gekrönet und hernach darmit viel Aberglauben getrieben / wie in des Hieron. Bockers
Kräuter-Buch zu sehen ist.
§. 6.
In den Apothecken macht man nicht allein auß den Rinden ein Extract, sondern auch auß
denselben und dem Holtz das
Tamarisken-Saltz /
welches in schönen / truckenen Crystallen bestehen und nicht gar klein zermalmet seyn soll /
ob ihm zwar solches sehr gemein ist / wie Pomet. in seiner Material. Hist. pag. 113. lehret:
Wird auch in den Miltz-Schwachheiten gebrauchet; worinnen auch offt die Pilulae Spleneticae von
verschiedenen Authoren verordnet werden / welche gemeiniglich auch etwas von dem Tamarisco in
sich haben.
§. 1.
DAs Grießholtz oder LIGNUM NEPHRITICUM ist ein bleich-gelbes dichtes / dickes und schweres
Holtz / welches von seiner eusseren schwartzen Rinde gesäubert / in Stückern / so offters
Arms-dick sind / überbracht wird: hat einen scharffichten und etwas bitteren Geschmack und
kommet auß America / absonderlich auß Neu-Hispanien / und wird von einigen Sandalum Coeruleum
oder der blaue Sandel genennet / weilen es das Wasser blau tingiret / wie unten zu sehen seyn
wird.
§. 2.
Der Strauch / worvon es gehauen wird / wächset im Mexicanischen Land / ist ziemlich groß /
hat einen glatten dicken Sta??? / wie ein Birnbaum und Blätter wie die Ziser-Erbsen / doch
nicht so groß / trägt gelbe und länglichte Blumen / wie Hernandez denselben in Hist. Rerum Me
dicarum Nov. Hisp. pag. 119. unter dem Nahmen COATLI beschreibet. Sonsten wird er von den
heutigen Botanicis unter die Hülsen-tragende Sträuche gerechnet / wie in des Sam. Dale
Pharmacol. p. 465. zu sehen ist.
§. 3.
Wormius gedencket in seinem Museô p.171. noch eines anderen Grießholtzes / welches auß
Brasilien komme / und gleiche Kräffte mit dem vorigen habe / obschon es an der Farb mit
demselben nicht übereinkomme. Und weilen auch Po [268] met in seiner
Frantzöischen Beschreibung der Materialien Lib. 3. C. 6. pag. 110. erwehnet / daß an statt des
rechten Grießholtzes zuweilen eine Art Ebenholtz / Grenadille oder dergleichen verkauffet würde
/ so muß man bey dessen Einkauff einige Stücklein in kalt Wasser legen / welches in wenig
Stunden Himmel-blau davon werden muß / wann es das rechte uffrichtige Lignum Nephriticum seyn
soll; da hergegen die andere Höltzer das Wasser entweder gar nicht / oder nur gelbicht
tingiren; Und obwohlen Sim. Paulli in seinem Quadrip. Bot. p. 310. dergleichen couleur auch vom
Fraxino oder Eschbaum gesehen und deßwegen glaubet / daß das Lignum Neph. eine Art davon sey:
so bekennet er doch selbste̅ / daß nicht das Holtz vom Eschbaum / sondern dessen
innere Rinde diese Tinctur von sich gebe. Unterdessen ist dieses wohl darbey in acht zu nehmen
/ daß alsdann das Glaßmit der infusion nicht gegen das Licht gehalten werde / dann auff solche
Weiß das Wasser nicht blau / sondern Gold-gelb scheinen würde. Wie dann auch nichts saueres
darin muß gegossen werden / welches die blaue Farb auch verändert; wie man dann nicht allein
durch vielerley positur des Glases / sondern auch mit zuthun allerhand Saltzen diese Tinctur
auff mancherley Weiß verändern und wunderlich damit spielen kan / wie nicht allein der berümbte
Engeländer Robertus â Boyle in seinem Buch de Coloribus pag. 203. sondern auch Herr D.
Camerarius, Prof. zu Tubingen / in zweyen Disputationen de Infuso Ligni Nephritici alles
artlich unter Augen gestellet haben.
§. 4.
Den Nutzen anlangend / so dienet dieses Holtz die Nieren zu erwärmen und also zu balsamiren /
daß sowohl darin / als in der Blasen kein Stein gezeuget / oder so schon Sand und Steinlein
darinnen / dieselbige fortgetrieben werden / wann man über dieses Holtz trincket. Man legt
etliche Stücklein in frisch Wasser / biß es blau werde / welches also getruncken und eine
Zeitlang continuiret werden muß. Zu welchem End in Miscell. Acad. Germ. Cur. D. 1. Ann. 3. pag.
74. mit dem ??? auch eine Essentz davon gemachet wird. D. Cnefelius hat das Holtz nicht in
gemein Wasser / sondern in Bircken-Safft infundiret / welchem auch Helmontius grössere Kräfften
zuschreibet. Sonsten gedencket Hernandez an obangezogenem Ort / daß auß diesem Holtz auch ein
Gummi fliesse / welches gegen die hitzige entzündete Augen ein gut Mittel abgebe / und das
darin gewachsene wilde Fleisch wegnehme.
§. 1.
DAs Mastix-Holtz / oder Lignum Lentiscinum, bestehet in den Apothecken auß gnodichten
Aestlein / eines Fingers dick / welche inwendig weiß / außwendig aber mit einer Asch-Farbichten
Schale bedecket sind / haben einen hartzichten Geruch und adstring. Geschmack: Muß frisch
angeschaffet werden / dann es bald wurmstichicht wird / wie wohlen es schwer und hart ist / und
weil es offters mit dem Visco Corylino verfälschet wird / muß man es daran erkennen / daß die
Aestger vom Mastix-Baum viel gröber und dicker sind / als die Mispel / vid. Pomet. Hist. Simpl.
p. III.
§. 2.
Der Baum dieses Holtzes wird Lentiscus oder Mastix-Baum genennet / wächset in verschiedenen
Orientalischen Ländern / als AEgypten / Indien sc. wird aber doch am sorgfältigsten in der
Insul Scio, oder Chio, gepflantzet und erzogen / auch in solchem Werth gehalten / daß derjenige
/ so einen solchen noch guten und nicht verdorbenen Baum abhauen solte / sobalden die Hand
verlieren müste / indem der Einwohner Reichthumb hierin bestehet / daß sie den Mastix davon
samblen und in die Welt schicken / welcher Handel ihnen jährlich bey die 20000. Gold-Gülden
außtragen soll / wie Eichovius in seinen Reiß-Beschreibungen pag. 95. berichtet; weßwegen dann
auch im letztern Türcken-Krieg / da die Venetianer diese Insul einnahmen / die Türcken nicht
ruheten / biß sie dieselbige wieder gewonnen hatten. Im übrigen wächset der Baum so gar hoch
nicht / hat Blätter wie Myrthen Blätter / blühet im Mertz und April / trägt darnach schwartze
Beerlein / auß welchen die Italiäner (so ihn auch ziehen) ein Oehl / gleich auß den Lorbeern /
pressen.
§. 3.
Das Holtz wird zuweilen in Träncken gegen die Bauch-Flüsse / Rothe Ruhr und absonderlich
gegen den so genandten Leber-Fluß (wornach leicht ein Wasser sucht erfolget gebrauchet; an
dessen statt / weilen es rar und theur ist / D. Ettmüller das Quitten-Baum Holtz in seinem Com.
ad Schroed. pag. 593. recommendiret / welches auch in den Blut-Stürtzungen und weisem Fluß der
Mutter gut thue. In Engeland und Franckreich machet man Zahn-Stecher aus diesem Holtz / weilen
es sehr hart und fest ist / so gar / daß die Türcken auch ihre Lantzen-Stiele davon machen
sollen.
§. 4.
Je seltener aber das Mastix-Holtz in der Artzney gebrauchet wird / je öffrer wird dessen
Gummi oder
MASTIX
verschrieben / welches ein schön durchsichtiges / gelb-weises und gleichsam in runde Tropffen
zusammen geronnenes Gummi ist / eines hartzichten und adstringirenden Geschmacks und guten
Geruchs: kommet meistens auß der Insul Scio, wiewohlen auch viel auß Ost-Indien von den
Holländern und Portugiesen gebracht wird.
§. 5.
Dieses Gummi tropffet von sich selbsten bey grosser Hitze auß den dicken Aesten und dem Stamm
selbsten / wie bey uns der Vogel-Leim auß den Kirschen Bäumen dringet. Doch sollen die
Einwohner auch des Jahrs 12. mahl den Stamm ritzen / und das herabfliessende Gummi in einem /
unter dem Baum mit Fleiß gemachten / Grüblein samblen / wie auß der Figur zu sehen; Und weilen
nebst dem besten Mastix / welcher schön weiß / hell / klar / trucken und nur Tropffen-weiß
abtropffet / auch dasjenige / was hangen bleibt / oder in eine reine Stätte fält /
untereinander gemischet / und also in Sorten zu uns gebracht wird / so wird dieser bey den
Materialisten MASTIX IN SORTIS, die außerlesene schöne Körner aber MASTIX ELECTA oder in granis
genennet. Die Morgenländer sortiren ihn gemeiniglich selbsten / thun den Schlechten unten in
die Fäßger / die Mittel-Gattung / in die Mitte / und den Besten oben darauff / verkauffen aber
keine Sort allein / sondern es muß eines mit dem andern gehen. Vid. Pometi Hist. Gen. Simpl
Lib. 3. 6. 8. p. 112.
§. 6.
Der beste Mastix muß voll von schönen / lautern / gläntzenden und klingenden Körnern seyn /
welche schön groß sind / doch leicht zerrieben werden können: Muß wenig Rinden und Unreines /
kein Pulver / Staub / auch kein Holtz oder schwartz darunter haben und überall wohl riechen. Je
weisser / je besser. Wiewohlen Marxius, Schurtzius und andere Materialisten auch eines rothen
Mastichis gedencken / welcher dem andern den Körner nach gleich / aber roth seyn soll / welcher
doch hiesiger Orten gantz unbekandt ist.
§. 7.
Was den Nutzen und Gebrauch dieses Gummi anlanget / so trucknet es und zeucht mittelmäsig
zusammen; weßwegen es innerlich den welcken Magen stärcket und dessen Tonum durch seine
zusammenziehende Krafft befestiget / auch in allem Erbrechen / Bauch- und andern Flüssen /
besonders bey den Kindern / gebraucht wird / man schlucke nun die Körner zu ij. biß iv. gantz
ein / oder nehme selbige zu Pulver gestossen / gilt gleich. Man kocht sie auch in Wasser oder
Wein und trinckt die Brühe da [270] von. So hat man auch ein
destillirtes Wasser / welches Aqua Mastichina heisset und einen Spiritum davon / welche in eben
solchen Kranckheiten dienlich sind / von welchen nebst andern D. Ettmüller l. c. zu sehen ist.
Eusserlich käuet man den Mastix gegen das Zahn-Wehe / wacklende Zähne / Flüsse und der
gleichen; wie dann deßwegen die Pflaster an die Schläffe / Räuch-Werck und andere Mittel davon
zubereitet werden / welche Strobelbergerus in seiner Mastichologiä, als einem besondern Tractat
hiervon / der lägne nach beschrieben hat. Die Mahler machen einen schönen Firniß davon / dessen
Beschreibung Kunkelius im zweyten Theil seiner Glaßmacher-Kunst pag. 26. mitgetheilet hat.
§. 1.
OBschon einige der Meynung sind / daß die drey Arten des Sandel-Holtz von einem Baum
herkähmen und der Unterscheid der Farb nur von unterschiedlichen Ländern / darinnen sie
erwachsen / herfliesse; so zeigen doch die heutige Botanici, als Hermannus, Dale und andere /
daß solches mit dem rothen Sandel-Holtz keine statt habe / dessen Baum gantz unter ein ander
und von den beyden ersten gantz unterschiedene Geschlecht der Arborum siliquosarum gehöre /
welches mit dem Brastlien-Holtz mehr übereinkommet / vid. Dale Pharmac. pag. 464.
§. 2.
Was aber die andere beyde / als das weisse und gelbe Sandel-Holtz / betrifft / so entspringen
sie von einem Stamin eines Ost-Indianischen Baums Sarcanda genandt / dessen auff der Insul
Timor gantze Wälder zu finden sind: soll dem Esch-Baum nicht ungleich seyn / und Früchte wie
Kirschen tragen / welche anfangs roth / nachgehends aber / wann sie zur Zeitigung gelangen /
schwartz werden / doch aber ohne Geschmack und untauglich seyn sollen. Dieser Baum nun hat an
dem eusseren Theil des Stamms / unter der Schale ein weisses / mitten aber ein gelbes Holtz /
unter welchen jenes SANTALUM oder (wie andere nach dem Ursprung schreiben) SANDALUM ALBUM,
dieses aber SADALUM CITRINUM genennet wird.
§. 3.
SANDALUM ALBUM
oder
das weisse Sandel-Holtz
ist ein hartes / schweres und bleiehes Holtz / wel [271] ches aus
der Insul Timor in Stücken / so von ihrer Schale abgelöset und gereiniget sind / überbracht
wird / und wann es gut ist / hat es einen bitterichten und aromatischen Geschmack auch guten
Geruch / wie das gelbe; obwohlen es auff den Kohlen so keinen guten Geruch / auch kein Gummi /
von sich gibt / wie das gelbe / wie Marxius in seiner Teutschen Material-Kammer p. 152. lehret:
wird in die Feine und Mittel-Gattung sortiret / nachdein es alt und wohlriechend ist.
§. 4.
SANDALUM CITRINUM
oder
das gelbe Sandel-Holtz
ist so wohl an solidität / als den Kräfften etwas stärcker als der weisse / hat eine
gelbichte Farb / einen etwas bitteren und aromatischen Geschmack und sehr guten Geruch: wird
ebenfals in grossen Stückern überbracht / davon die schweresten am besten und deßwegen zu
erkiesen sind. Man hat auch wohl Achtung zu geben / daß es nicht mit dem falchen Sandel /
welches sonsten wegen seines Geruchs CITRONEN-Holtz genennet wird / und dem gelben Sandel sehr
gleich seyn soll / vermischet und verfälschet sey / indem solches zur Medicin untauglich und
nur den Schreinern und Drehern zukommet: ist / wann es geglättet wird / wie polirte Cocus-Nüß
anzusehen / und nennen es etliche auch Jasmin-Holtz / weilen die Blumen dieses Baums wie Jasmin
riechen sollen. Der Betrug aber ist daraus zu erkennen / daß das rechte Sandel-Holtz einen
guten und angenehmen Geschmack und Geruch hat / darbey auch nur etwas resinos: Das
Citronen-Holtz hergegen hat einen starcken und nach Citronen schmäckenden Geruch / und ist
darbey öhlicht; so sind auch die Stücker von dem Citronen-Baum viel grösser / als von dem
gelben Sandel-Holtz / indem diese insgemein über hundert Pfund nicht wiegen / jene aber biß
Tausendt Pfund kommen / wie solches Pomet in seiner Histoire Generale des Drogues Lib. III.
Cap. IV. pag. 108. erinnert. Es wird sonsten auch der güte nach von den Materialisten in die
Feine und Mittel-Gattung sortiret.
§. 5.
SANDALUM RUBRUM
oder
der rothe Sandel
endlich ist der holtzichte Kern eines Stammes / sehr hart / dicht und schwer / einer
dunckel-rothen Farb / adstringirenden Geschmacks und ohne Geruch: wird sonsten auch von den
Holländern das CALIATUR Holtz genandt / worvon doch unter dem Herrn Rumphio und Herbert de
Fager vor diesem ein grosser Streit gewesen / wie aus deren Wechsel-Brieffen unten im Anhang
dieses Buchs / in denen Ost-Indianischen Send-Schreiben weitläufftig kan gesehen werden; Und ob
schon dieses Holtz unter allen Sandel-Höltzern vor das schlechteste und wohlfeileste gehalten
werde / so geht es doch am meisten ab / dann wohl 50. Pfund des rothen un??? gestossenen
Sandels verkaufft werden / ehe man eimnahl nach weissem und gelben fraget: wird auch in grossen
langen Stücken aus der Insul Tanassarin, von der Seiten Coromandel gebracht / und wird davon
das meiste zum pulverisiren zu Hamburg eingethan / zu Nürnberg und anderstwo auff Mühlen
gestampffet und sowohl ins Reich / als andere Länder verhandelt. Vid. Schurtzii Material-Kammer
p. 81.
§. 6.
Die Materialisten führen auch verschiedene Sorten / als Feine und Gemeine. Der besie ist /
welcher hart-spaltig und nicht gern von einander springet / eusserlich schwartzlicht und
inwendig duckel oder roth-Blut-roth ist; woran er vor dem CORALLEN-Holtz / wormit der rothe
Sandel zum öfftern verfälschet wird / erkäntlich ist / welches eine viel hellere und lichtere
rothe Farb hat / darbey auch sehr leicht und inwendig streifficht ist; da hergegen das rothe
Sandel-Holtz schwer und keine dergleichen Faden oder lange Streiffen hat; worvon obgemeldter
Pomet abermahlen an citirrem Ort cap. V. pag. 109. mit mehrerem kan gelesen werden.
§. 7.
Eben dieser letzt benambte Materialist gedencket alda auch eines
Sandel-Taffets /
welcher aus Constantinopel gebracht werde / und nichts anderst / als ein mit dem gemahlenen
rothen Sandel gefärbter Taffet sey / dessen Zubereitung darin bestehe / daß der Sandel mehr mit
einigen sauren Dingen gekocht / und der Taffet eingetuncket werde; welcher je röther er ist /
je besser er ist. Sein Gebrauch aber ist / daß man ihn in den Augen-Curen / an statt des grünen
Taffets über die Augen binde.
§. 8.
Was den Nutzen und Gebrauch der Sandel-Höltzer anlanget / so sind sie vor diesem in der
Artzney zur Stärckung und Kühlung der Leber angerühmet worden / ob wohlen der Effect mehr an
dem Geblüt / dessen Auffwallung sie etwas stillen / als an der Leber zu spüren ist / doch
dieser auch / wie allen andern Theilen des Leibes / zu gut kommen kan. Einige Practici rühmen
diese Höltzer zur Lungen [272] sucht und in andern Kranckheiten / wo
die Holtz-Curen verschrieben werden / worunter man diese auch nehmen kan. Das rothe
Sandel-Holtz adstringiret etwas / und ist in Bauch- und andern Flüssen deßwegen vor andern zu
gebrauchen: Gleichwie in eben den Flüssen und davon berrührenden Haupt-Kranckheiten das gelbe
Santel-Holtz unter den Suffimigiis und Räuch-Wercken auch nicht zu verachten / deme das Weise
nicht zu vergleichen / welches deswegen auch in der Artzney langsam gebrauchet wird. Das Rothe
brauchen die Färber auch und kan man das rothe Magen-Wasser oder Aquavit damit färben; wie dann
auch eine Tinctur, it. das rothe Sandel-Pflaster und anderes Zeug in den Apothecken davon
gemachet werden / worvon Joh. Placotomus in seinem Discurs von den Santalis, Zvvelferus,
Schroederus und dessen Außleger D. Hoffmann und. D. Ettmüllerus in ihren Commentariis zu lesen
sind. Die Indianer sollen vom rothen Sandel-Holtz ihre Abgötter machen / damit sie desto
köstlicher seyen; Gleichwie dieselbe und auch andere Völcker / so allda wohnen / das weise und
gelbe Sandel-Holtz zu Pulver zerstossen / einen Brey darauß machen und sich am Leib zur Kühlung
damit anschmieren sollen / wie solches auß des Linschotts Reiß-Beschreibung der Apothecker
Vielheur pag. 151. seiner Beschreibung frembder Materialien erzehlet.
§. 1.
DAs Cedern-Holtz oder LIGNUM CEDRI ist ein sehr festes und wolriechendes Holtz / welches so
daurhafft seyn soll / daß es gar nicht faulen könne: wird auß Ost-Indien gebracht.
§. 2.
Der Baum dieses Holtzes oder CEDRUS selbsten ist ein sehr grosser Baum / welcher an der Länge
alle andere übertreffen soll / und ist dessen Stamm so dick / daß vier Mann denselben nicht
umbgreiffen können: wächset wie ein Pyramid in die Höhe / also / daß die unterste Aeste immer
grösser als die öberste: hat Blätter wie Fichten-Blätter / aber kürtzer und nicht so
stachlicht: träget auch Zirbeln / wie der Thannen-Baum / doch etwas dicker und mit weichen
Schuppen besetzet.
§. 3.
Dieses Holtz wird zwar in der Artzney wenig gebraucht / ausser daß man mit dessen Späne die
Schlangen vertreiben soll / wie Ursinus in Arbereto Biblico pag. 297. schreibet. Doch wird ein
grosser Handel damit getrieben / indem / we [273] gen seiner Härte es
zu künstlichem Schreiner-Werck / zu Lauten / Zittern und dergleichen gesuchetwird / und sollen
die alte Heyden ihre Götzen darauß geschnitzer auch / die Leiber der Verstorbenen mit dem Safft
balsamiret baben.
§. 4.
Sonsten fliesset auch bey grosser Hitze ein schön weises Hartz oder Gummi auß dem Stam̅ / welches
CEDREN-Hartz
und von einigen MANNA MASTICHINA genennet wird / wie Pomet in seiner Hist. Simpl. pag. 116.
schreibet / welches Gummi auch durch Ritzung des Baums erhalten wird: ist schön gelb-weiß /
durchsichtig / von einem sehr annehmlichen Geruch und lässet sich bald zerreiben. Es ist bey
uns sehr rar und derowegen nicht gebräuchlich.
§. 5.
Ohne diesen grossen Gedren-Baum / welcher sonsten auch Cedrus Libani heisset / gibt es noch
eine ander Art / welche
OXICEDRUS
oder der kleine Cedern-Baum genennet und mit vielen Aesten / als mit Flügeln besetzt ist: hat
ein röthlicht Holtz und reucht wie Cypressen. Die Blätter sind schmal und sehr spitzig / tragen
in der Mitte eine Frucht / den Myrthenbeern gleich / aber einer Hassel-Nuß groß / welche
röthlicht / einer guten Geruchs und süssen Geschmacks ist / und deswegen von den Einwohnern des
Lands zum Brod-Essen gebrauchet wird.
§. 6.
Auß diesem Baum fliesset ingleichem ein helles und durchsichtiges Gummi / welches der rothe
und wahre SADARACH, aber so rar ist / daß man an dessen statt sich des gemeinen Wacholder-Gummi
bedienen muß.
§. 7.
Man deftilliret auch von dein Holtz dieses Baums ein schwartzes Oehle / welches rectificiret
und alsdann CEDRIA und in Franckreich oleum de Cade genennet wird: ist aber ingleichen sehr rar
und hier zu Land gantz unbekandt / weßwegen man andere dergleichen resinosa, absonderlich den
Safft vom grossen Wacholder oder Bech-Oehl an dessen Stell gebrauchen muß: obwohlen es sonsten
vortrefflich gegen die Zitter- und Feuermähler dienen / auch allerhand Grind und Unrath an den
Pferden / Ochsen und Schafen heilen soll. Besihe des obberührten Frantzöischen Materialisten
Buch hiervon.
§. 1.
DAs Wacholder-Holtz / ode Lignum Juniperi, ist ein weißlichtes / festes und sehr
wohlriechendes Holtz / von dem grossen Wacholder-Baum und zuweilen die Wurtzel von dem
kleineren: welches letztere bey uns gnugsam zuhaben / das erstere aber wird nebst dem Gummi
Juniperi auß Schweden / über Hamburg und Engeland / in andere Länder häuffig geführet.
§. 2.
Der Juniperus, worvon es herkommet / ist / wie schon gemeldet / zweyerley / der Grosse / so
ein langer Baum ist und in den Nordischen Länder häuffig wächset: Und der Kleinere / so
vielmehr ein Strauch und in Teutschland fast in allen Wäldern zu finden ist / in Italien aber
sehr rar seyn soll / so gar / daß die Italiäner solchen den Teutschen mißgönnen. Beyde haben
ein rissige und zerfetzte Schale / welche einige Corticem Bugiae nennen: ist außwendig grau /
inwendig aber röthlich / mit spitzen schmale̅ Blättern: tragen die aller Orten
bekandte Wacholder-Beeren / werden. Solche sind viel grösser an dem Baum / als am Stauden / und
kommen derowegen viel schöner auß Norwegen / als sie in Teutchland sind.
§. 3.
Das Holtz erwärmet und trucknet sehr auß / treibet den Schweiß und Urin / und wird deßwegen
an statt des Guajaci uud Sassafras zu den Holtzträncken in der Frantzosen-Cur von D. Ettmülern
in seinen Com. in / Schroed. pag. 591. sehr gerühmet. Eusserlich zünden es die gemeine Leut an
statt des Rauch-Pulvers an / gibt einen schönen und annehmlichen Geruch. Man macht auch
Trinck-Geschirz / Büchslein zu den Praeservativen und andere Sachen davon. Die Bauren brennen
in Töpffen ein wässerichtes Oehl davon / so euserlich nicht uneben / und meinet
Tabernaemontanus dieses wäre der Frantzosen ??? de Cade.
§. 4.
Sonsten kommet von dem grossen Wacholder-Baum das bekandte Gummi Juniperi her / welches
sonsten insgemein
SANDRACHA
genennet wird / so entweder bey grosser Hitz von sich selbsten dar auß fliesset / ober wann
der Baum zuvor geritzet wird / hervor tringet: siehet dem Mastix bey nah gleich / und muß auß
schönen weisen Glundern bestehen / auch keinen Staub in sich haben / wann es gut seyn soll. Es
wird sonsten auch trucken Firniß und Glaß-Firnis genennet / indem der Firniß darauß gemacht
wird: und weilen die Griechen das Auripigmentum auch Sandarach heissen / so wird dieses Gummi
zum Unterscheid Sandaracha Arabum genennet; obwohlen Simon Paulli in seinem Quadripartito Bot.
pag. 536. treulich räthet / daß man es immer Gummi Juniperi nenne / damit kein Irzthumb in den
Apothecken vorgehe und an dessen statt Gifft oder Operment gegeben werde. Sein Gebrauch ist /
daß man es in dem Rauch-Werck und Sussimigiis gegen alle Flüsse / Nerven und Glieder-Weh
brauche. Die Buchbinder brauchen es zum palniren / und die Schreiner zum Firbiß / welcher
darauß gemacht wird / wann es in Terpenthin-Oehl zerlassen wird.
§. 5.
Was die
BACCAE JUNIPERI,
oder Wach older-Beern vor ein trefflich gut Ding seyen / ist männiglichen bekandt / und haben
auch viele Gelehrte / als Michael Bapst, Beckerus und Scharffius solches in besonderen Bücher /
so sie vom Wacholder geschrieben / an Tag geleget. Am meisten aber werden sie innerlich / wegen
ihrer balsamischen Krafft / gegen den Nieren- und Blassenstein / so wohl zu praeserviren / als
curiren gebrauchet. Stillen die Colic, die Kaltel-Piß und dergleichen Mängel. Eusserlich dienen
sie dem gemeinen Mann zu räuchern und so wohl in Pest und andern Zeiten die Lufft zu
reinigen.
§. 6.
Unter andern Praeparatis, welche darauß gemacht werden / ist I. der SPIRITUS oder
Wacholder-Wasser / welches per fermentationem gemacht wir / dund gehet alsdann das Oehl oder
OLEUM JUNIPERI deftill. mit über. 2. Das EXTRACTUM oder ROB JUNIPERI, welches auß den
gesottenen Beern gepresset und zu seiner consistentz eingekochet wird / welches etliche der
Teutschen Theriac nennen. Wann man dieses mit seinem eigenen Spiritu ausflöset / hat man 3. das
MALVATICUM JUNIPERI, welches zu Leipzig gegen den Stein sehr gebräuchlich ist. 4. Kan man das
SAL JUNIPERI entweder auß den dürren Beeren / sie seynen schon außgeprest oder nicht / oder
auch von dem Holtz und Sträuchen machen: Welche Medicamenten meistentheils alle diejenige
Kräffte / auch wohl mit mehrerer Stärcke haben / als die Wacholder-Beern selbsten / wie dovon
der schon obbelobte Herz Scharffius in seiner Curiosa Juniperi Descriptione mit mehrerem zu
lesen ist.
|| [275]
§. 1
BRASILIUM oder Brasilien-Holtz ist ein dunckel-rothes und zum theil gelbbraunes Holtz /
ziemlich hart und eines süßen Geschmacks: kombt aus Brasilien über Lißbon / Engeland / Holland
/ und wird entweder in grossen Stückern / oder geraspelt / heraus gebracht; und ob schon von
Antiglia aus West-Indien dergleichen rothes Holtz auch gebracht wird / so ist doch das
Brasilien-Holtz aus Lissabon besser.
§. 2.
Der Baum wächset 10. oder 12. Meilen von der See / Land-werts ein / in unterschiedlichen
Brasilianischen Provintzen / und zwar nicht in dichten Wäldern / sondern nur hier und da /
zwischen andern Bäumen: hat einen sehr dicken Stamm / lange Aeste / voller grünen und
gläntzenden Blättern / trägt rothe und wohlriechende Blumen / und nach diesen eine Hülsse mit
zwey platten Kernen; und ob gleich der Stamm eines Menschen oder Mannes Dicke hat / so wird
doch nur der inwendige Kern / etwa eines Beines-dick / heraus gefchicket / indem die Indianer
den eusseren sehr dicken Bast und Schale so weit davon machen / welche nicht roth / sondern
grau außsiehet / auch zum Färben untauglich ist.
§. 3.
Zuwissen aber ist / daß man gar viele Sorten des Brasilien-Holtzes bekomme / nachdem dieser
Baum an unterschiedenen Orten wächset und erzogen wird / davon er meistens den Nahmen hat. Das
erste und beste ist das FERNAMLUC, so von der Brasilien-Stadt Fernambuco, also genennet wird /
welches deßwegen am Preyß auch viel höher / dann die andere ist / und der Centner 29. biß 30.
Gülden kostet / da andere kaum II. biß 12. Gülden gelten. Nach diesem hat man Brasilium de
Japon, welches die Engeländer und Holländer das SAPAN-Holtz nennen / darvon wieder zwey Sorten
/ als das grosse und kleine zu finden. Drittens folget Brasilium de Lamon und Brasilium S.
Marthae. Worzu letzlich das Brasilien-Holtz von den Antillen-Insuln kommet / welches aber das
schlechte ist / wie oben schon gemeldet worden: Werden offters durcheinander gemischet und
unter dem gemeinen Nahmen des Presilien-Holtzes verkauffet.
§. 4.
Im Einkauffen muß man die Augen wohl auffthun / damit man kein Holtz / so von den
Saltzwassern schon außgezogen ist / überkomme / oder sonst mit faulem Kern oder altem Holtz
betrogen werde. Das Fernambuc-Holtz insonderheit muß an schönen mittelmäsigen Stämmen seyn /
und im käuen ein röthliche Farb und eine liebliche Süsse haben / worinnen es von dem Lamomer
Brasilien-Holtz / welches an viel grössern Stämmen kombt / welches an viel grössern Stämmen
kombt / zu unterscheiden ist. [276] Dieses letztere wird sonsten auch
Allerheiligen-Holtz genennet / weilen es von dem so genandten Allerheiligen Land kommet. Das
Brasilium de Japon ist gemeiniglich etwas feucht / da hingegen die andere alle trucken müssen
seyn / woran jenes von diesen zu unterscheiden. Es ist auch viel sicherer das Brasilien-Holtz
an gantzen Stücken zu kauffen / als in geraspelten Spänen / weilen offt die beste mit den
schlimmen vermischet werden / wie oben schon gedacht worden. Legt man sich aber auch diese zu /
so ist keine bessere Prob / als daß man sich an ehrliche und honête Leute halte / die sich
keines Vortheils oder Verfälschung bedienen; worvon Pomet, Marxius und andere in ihren
Material-Rammern zu sehen sind.
§. 5
Was den Gebrauch der Brasilien-Höltzer anlanget / so werden sie in der Artzney langsam oder
gar nicht gebraucht / ob sie schon an den Kräfften dem rothen Sandel wenig werden nachgeben und
ingleichem zu den hitzigen Fiebern und andern hitzigen Kranckheiten von Sam. Dale in Pharmacol.
pag. 464. gelobet werden. Am meisten werden sie zum Färben gebraucht / indem diese / (am besten
aber das Fernambuc,) schön roth färben. Und ob gleich auch andere Höltzer / so gelb / blau sc.
färben / in Brasilien wachsen / so werden sie doch mit ihren eigenen Nahmen benennet und
unterschieden. Einige melden / daß man mit sauren menstruis eine Tinctur aus dem
Brasilien-Holtz machen und davon / wie aus den Cochenillen, Carmin bringen könne. Andere machen
eine flüssige LAC zur Mignâtur-Mahlerey davon / wie auch die rothe Kreyde / so bey den
Frantzosen ROSETTE genennet wird. Vid. Pomet. c. l. p. 120
§. 6.
Gleichen Nutzen hat man von dem obbemeldtem
SCHAPPAN
oder
SAPAN-Holtz /
welches in Ost-Indien von dem Sapan-Baumgenommen wird. Dieser Baum wächset meistens in Siam,
wo er die beste couleur gibt / wie auch auff der Insul Mauritii: wächset so hoch wie ein
Linden-Baum / hat Blätter / wie der Arbor Siliquosa Brasiliana Breynii Cent. p. 14. doch etwas
grösser: hat nach seiner Blüt Schotten einer-Spannen lang und sind die Aeste stachelicht / wie
Georg Meister (welcher dergleichen Baum zu Batavia Nova auff der Chineser Kirchhoff gesehen)
solchen im Ost-Indischen Lust- Gärtner pag. 90. beschrieben bat. Sein rothes Holtz wird / wie
Presilien-Holtz (dessen Art es ist) in Teutschland zum färben gebrauchet / und ist nicht so
theuer / wie das rechte Ferneboc.
§ 1.
DAs (Campeschen-Holtz ist ein dem Brasilien-Holtz eusserlich gantz gleichförmiges Holtz /
wird aber bey uns insgemein Blau-Holtz genennet / weilen es blau färbet: kommet aus America, wo
gantze Wälder davon zu finden sind / und bringt man ingleichen nur den inwendigen Kern in
Europam / nachdem die Americaner die Rinde und das eusserliche Holtz / wie an dem
Brasilien-Holtz abgeschälet haben. Es wird sonsten auch schlechter dings das Indianisch Holts
genennet.
§. 2.
Der Baum dieses Holtzes hat nach Pomets Beschreibung einen dicken und geraden Stamm / mit
einer dünnen / glatten / silber-farbichten und theils gelben Schale / und oben mit schönen
Aesten versehen / welche lange / grüne und wie Schagren gekrausete Blätter haben / so fast wie
Lorbeeren anzusehen / und weilen dieselbe gantz aromatisch und wie Näglein schmäcken / so
nennen etliche den Baum Laurum Aromaticum Indorum. Ferner soll er auch gar schöne Blumen und
nach diesen runde und dunckel-rothe Früchte wie Erbsen tragen / welche an einem dünnen Stiele /
wie Cubeben hangen / oben eine kleine Cron und einen sehr scharffen und gewürtzten Geschmack /
wie die Näglein haben / weßwegen sie auch Grana Caryophyllorum oder Näglein-Körner sollen
genennet werden; wiewohlen sie nach Pomets Meynung besser Campeschen-Körner / oder auch Piper
de Jamaica, genennet werden / vid. Pomet. Histoire Gen. des Drogues Lib. III. Cap. XV. pag.
120
§. 3.
Hier zu Land ist das Holtz am meisten bekandt / welches nicht verfaulet / noch naß seyn soll:
Wird entweder gantz / oder gemahlen aus Holland gebracht; wiewohlen es in Hamburg und andern
Orten auch auff den Stampff-Mühlen gemahlen wird / da sie alsdann immer etwas Wasser daran
sprützen / daß es an der Farb besser scheine / wie mir ein Materialist entdecket. Hiervon wird
jährlich eine unbeschreibliche Menge von den Färbern / Huth-Machern / Leder-Händlern / Säcklern
und dergleichen / welche blau und schwartz damit färben / verthan.
§. 4.
Indessen sollen ferner die Blätter dieses Baums auch sehr gut zur Artzney seyn / indem sie an
den Kräfften fast in allem dem Folio INDO gleich kommen / ja eine grössere Krafft haben /
welchem dieselbe Pomet zu substituiren räthet. Die Americaner sollen die lahme und erkältete
Glieder darmit nicht ohne grossen Nutzen bähen.
§ 5.
Die gröste Krafft aber soll die Frucht dieses Baums haben / welche nach Pomets Meynung die
Indianer MELAQUETTE heissen und unter den Chocolat mischen: Die Holländer aber vor das rechte
Amomum, und die Engeländer vor den Pfeffer de JAMAIQUE halten sollen / welche sich dessen / als
eines vortrefflichen Gewürtzes lang sollen bedienet haben / biß endlich die Capers von S. Malo
ihnen einige Schiffe damit weggenommen / und sie den Frantzdischen Specerey-Händlern / unter
dem Nahmen der Nelcken-Körner / auch bekandt worden / weilen / wie oben gesagt / dieselbige am
Geschmack den Caryophyllis oder Nägelein gantz gleich kommen / odwohlen sie auch den Geschmack
von einig-anderen Gewürtzen an sich haben / so gar / daß wann sie gestosen und eine sauçe davon
gemachet wird / die Leute vermeinen / ob wäre nicht allein solche von Nelcken / sondern auch
von Mußeaten / Zimmet und dergleichen gemacht worden: Und weilen dem so genandten PIPERI
CHIAPAE ober TAVASCI, welchen die Spanier sonsten in Beschreibung der Chocolaten haben / von
dem berümbten Francisco Redi in Experim. Nat. pag. 170. eben dergleichen Qualitäten
zugeschrieben werden / auch dessen Gestalt und Abbildung mit diesen so vermeinten
Campeschen-Körnern gäntzlich übereinkommet / so will es fast scheinen / daß es einerley Früchte
seyen / sie mögen nun auff dem Campeschen-Holtz oder auff einem andern Baum wachsen welchen
Pomet im siebenden Buch seiner Hist. Mat. pag. 191. unter dem Nahmen Piperis de Thevet,
Plukenet Tab. CLV. Fig. 3. aber Caryophyllum Arómat. Indiae Occid. nennet / von welchem Baum
die Cassia Caryophyllata auch herkommet / wie bey dem Samuel. Dale Pharmacol. pag. 378. zu
sehen ist Es will also fast scheinen / daß der Materialist Pomet diese Bäume confundire und das
Campeschen-Holtz von einem solchen Aromatischen Baum drivire / welches vielmehr eine Art
Brasilien-Holtz zu seyn scheinet und vielleicht weder dergleichen aromatische Blätter / noch
Früchte trägt / worinnen noch zu inquiriren wäre.
|| [278]
§. 1
DAs gelbe Holtz / welches einige Lignum Fustet oder FUSTEL nennen / ist der Stam̅ und Wurtzel eines Strauches / welchen die Botanici Coggyriam Theophrasti und Cotinum Plinii
nennen / hat eine gelbe couleur und muß recht trucken seyn / wann man damit bestehen soll:
Wächset theils in Italien theils in der Provintz Languedoc in Franckreich / welches besser dann
der Welsche ist.
§. 2.
Der Strauch dieses Holtzes hat etwas runde und schön-grüne Blätter / trägt eine Blume /
welche anfangs wie eine Traube außsihet / nachgehends aber sich wie ein Son̅en-Foche außtheilet / zwischen welcher schwartze Körner / wie ein Hertz formiret / wachsen.
Der Stamm und Wurtzeln werden von den Frantzosen und Italianern zuvor geschälet / und ist
wunderlich / daß / da dieses Holtz in Franckreich wächset / zu Pariß doch selbiges wohlfeiler
auß Holland und Engeland zu habe / als wann es auß der Provence selbsten beschrieben wird / wie
Pomet in seiner Histoire Generale des Drogues pag. 122. berichtet.
§. 3.
Sein Gebrauch ist den Färbern bewust / welche dunckel-gelb und Caffe-Farb damit anstellen. So
brauchen es auch zuweilen die Schreiner zum einlegen.
§. 4.
Uber dieses komt noch ein ander gelb-Holtz auß Holland und Engeland / dessen sich die Färber
auch zu der gelben Farb bedienen. Ist in grossen Stücken zu haben / obwohlen noch nicht recht
bekandt / von welchem Baum es herkomme.
§. 5.
So kommen auch noch vielerley frembde Höltzer von andern Farben auß Ost- und West-Indien über
Holland als S. LUCIEN-Holtz / welches röthlicht / CALAMBOURG, welches grün und sehr
wohlriechend ist / so gar / daß es auch die Barbierer / wie das Rosen-Holtz / zum Bart-Wasser
gebrauchen sollen: POLIXANDER-Holtz / welches violet, das Letterhout oder LIGNUM LITERATUM,
welches von roth auff violet außsihet: Schwartz / roch- und grün EBEN-Holtz: ANIS-Holtz /
worauff der Stern-Anis / dessen Geruch und Geschmack es [279] hat / wachsen
soll; welche aber alle in der Artzney nicht gebrauchet / sondern nur von den Schreinern zu der
eingelegeten Arbeit auffgesuchet werden; von welchen theils Wormius in Mus. pag. 171. theils
Pomet lib. cit. 123. Könten gelesen werden.
§. 6.
Etlicher medicinalischen noch mit wenigen zu gedencken / so machen einige ein groß Wesen /
von dem LIGNO COLUBRINO, welches doch vielmehr ein holtzichte Wurtzel desjenigen Gewächses in
Ost-Indien ist / welches die kleine Krähe-Augen oder Nuces Vomicas Moluccanas trägt und von
andern Solanum arborescens Moluccanum genennet wird: hat eine sehr glatte / gelbichte und mit
Asch-farben Flecken gezeichnete Schale / auch einen scharffen und bitteren Geschmack / welcher
an dein Staim̅ selbsten so seht nicht zu spür en ist. Die Indianer sollen es
gegen die Schlangen-Biß gebrauchen / dahero sein Nahme entsprossen. P. Her: mannus rühmet es in
den Fiebern / soll das Tertian und Quartan curiten / wann man ein Loth über Nacht in Wein leget
und diesen trincket / welches auch gegen die Würme dienet Vornehme Kauffleute machen Becher
davon / worinnen sie den Wein schütten / dergleichen einen vor diesem bey D. Wincklern, Churf.
Pfältzischen Leib-Medicô; in seiner Gefängnuß / gesehen / welchen ihm Helvetius mit auß
Ost-Indien gebracht hatte. Andere nehmen auch etwa ein halb Ouint von dem Pulver / oder vom
Extract ???. ein / welches doch einem Drechsler bey dem Daele in Pharmac. pag. 44. nicht zum
besten bekommen ist / indem dieses Holtz etwas gifftiges mit sich fühlen soll / welches andere
nur von dem grünen und nicht von dem dürren verstehen. Besthe davon Böntium in seinein Tr. de
Med. Ind. Hort. Malabar. Tom. 7. und Hermann. Colleg. Mat. Med. Msc.
§. 7.
Ferner nühmen einige das
LIGNUM PANAVA,
welches andere auch PAVANA und LIGNUM MOLUCCENSE nenne / weilen es in der Indianischen Insul
Molucca wächset / wird in Malabar. meisten gezogen: ist ein leichtes / schwammichtes und
bleiches Holtz / mit einer Asch-fahlen Schale / eines scharff-beissenden / brennenden und
äckelhafften Geschinacks und ohne Geruch / wie es Samuel Dale in seiner Pharmacologia pag. 129.
mit des Seel. Hermanni Worten beschrieben. Es komt von dem Ricino Arborescente, davon die
Grana, Tilli herkommen / welcher Baum in dem Horto Malabarico schön beschrieben ist; weswegen
dann auch dieses Holtz / wie die Früchte selbsten / starck unten und oben auß purgiret / und
das Gewässer in Hydrope forrtreibet / absonderlich wann es noch frisch ist / lässet aber / wie
die Grana Tilli selbsten / ein grosses Brennen und Beissen in dem Affter zurück. Doch
verliehret es die Kräffte / wann es alt und trucken wird / da es viel gelinder purgiret und
zugleich den Schweiß treibet / und kan also des Pulvers ein halb Quint und wann es nur
infundiret wird / wohl ein Loth des Holtzes genommen Werden; da her gegen von dem frischen kaum
ein Scrupel in substantiâ; und wann es eingweichet / nicht über 3. quint zu nehmen ist. Einige
machen auch ein Extract mit dem Spiritu Vini darauß / von welchem sie 10. biß 15. Gran
eingeben. Hier zu Land aber ist noch alles davon still und ungebräuchlich.
§. 8.
Vor einigen Jahren brachte ein Materialist ein noch unbekandtes Holtz auß Ost-Indien /
welches gantz wie Campher riechet und schmäcket / so er
LIGNUM CAMPHORATUM
nennete: ist ein röthlicht-braunes / leichtes und gestreifftes Holtz; ob es aber von dem
jenigen Baum sey / wo der Campher außfliesset / wie es scheinet / oder ob es dessen Geruch doch
an sich habe / auch was es vor Qualitäten habe / stehet zu weiterer Erkundigung.
§. 9.
Ein ander dergleichen frembdes und nach Amber riechendes Holtz ist mir fast zu eben
derselbigen Zeit von Herrn Doct. Petersen, vornehmen Materialisten in Franckfurth am Mayn
communiciret worden / welches er LIGNUM AMBRATUM hiesse und eine Art Sandel-Holtz zu seyn
scheinet: ist außwendig grau und inwendig weiß-gelb / auch eines sehr angenehmen Geruchs;
dörffte unter die Species pro Cucupha, gleich wie das Agallochum, nicht undienlich seyn / mit
welchem das LIGNUM CARABACCIUM, dessen Baglivius in Tr. de Salivae Natura gedencket und als ein
vortrefflich Stomachicum rühmet / in der Würckung überein zu kommen scheinet.
§. 10.
Noch ein anderes schickte mir Herr Doct.
Spener vor drey Jahren auß Holland / welches der Mägden-Holtz genennet wird / weilen die
Mägde / so mit der Dinâ spatzieren gegangen / sich ihre verlohrne Jungfrauschafft damit wider
zu erzwingen suchen: Ist aber dem Ansehen nach mehr eine Rinde / als das Holtz selbsten /
außwendig grau / und inwendig braun / hat eine anhaltenden und adstringirenden Geschmack / wie
alle andere dergleichen Mittel / welche pro Sophisticatione Virginum mißbrauchet werden.
§. 11.
Pomet gedencket auch des SAMBARAM, ACAJOUX, ACOMATS und Eisen-Holtzes / deren Nahmen / (des
Gebrauches zn geschwelgen) auch hier zu Land den meisten Materialisten und Apotheckern nicht
bewust sind / weßwegen man sich damit auch nicht auffzuhalten hat.
|| [280]
Desz zweyten Buchs fünffte Abtheilung / Von Allerhand Früchten. Das I.
Capttel Von der Indianischen Frucht ANANAS.
§. I.
ANANAS ist eine sehr schöne und überaus liebliche Frucht / bey nahe wie ein Tannen-Zapffen
formiret / aber mit weichen und safftigen Schuppen begabet: ist so groß als eine Melon und hat
oben (wo sie anfangs feuer-roth / wie Zinober / nachmahlen aber bleicher ist) einen Strauß von
kleinen Blättern: kombt an dem Geschmack den Erdbeern nahe und hat einen anmuthigen Geruch:
wird aus den Americanischen Insulen gebracht / und ist davon eine / in Doct. Jacobi Voorn Museo
Indico, in dem Umbgang des Universitäts-Gartens zu Leyden / zu sehen.
§. 2.
Diese sehr herrliche Frucht wächset nicht anderst als eine Artischoc, mitten aus einem
Apffel-tragenden Kraut / welches unter dem Nahmen MATZATLI oder PINEAE INDICAE von Hermandez in
Hist. Rerum Med. Nov. Hisp. pag. 311. am besten beschrieben und abgemahlet ist / wiewohlen Piso
und Garzias auch desselben schon gedacht haben. Sie ist mit langen und breiten Blättern / wie
die Schwert-Lilien besetzet / auch auff beyden Seiten voller Spitzen / deren viele auff der
Erden / nechst der zaselichten Wurtzel / wenige aber mitten an den Stengeln entspriesen /
welcher zwey Zoll dick und anderthalbe Schuhe lang ist. Auff diesen wächset die Frucht selbsten
/ welche rund umbher mit vielen weißgelben und safftigen Bläßlein / wie mit Schuppen / besetzet
ist / auff welchen schöne |blaue Blümlein / mit drey Blättern / hervor kommen / so nachmahlen
wieder abfallen / wann die Frucht grösser und reiffer wird. Und ob zwar das Kraut [281] auch Neben-Schösselein gewinnet / welche nachmahlen Früchte tragen
können / so sollen doch diese bey weitem nicht so schön und gut seyn / als diejenige / so von
der oberen Cron / von der Frucht / erzogen wird / welche darvon abgebrochen und also ohne
Wurtzel in die Erde gesencket / in folgendem Jahr wieder Früchte tragen soll / wie in dem Museô
Wormianô pag. 185. geschrieben wird.
§. 3.
Sonsten sollen sich dreyerley Art dieser Früchten finden lassen / welche Pomet in seiner
Histoire des Drogues pag. 236. vor andern umbständlich beschrieben hat / worunter die I. die
grosse und weisse Ananas genennet wird / welche 8. biß 10. Zoll im diametro hat / und 15. biß
16. Zoll hoch ist / mit einem weissen und fasselichten Marck unter einer gold-gelben Schale
angefüllet / und wann sie recht reiff sind / soll sie nach Quitten / aber etwas lieblicher /
riechen. So groß und schön sie aber sey / so ist sie doch von so gutem Geschmack nicht wie die
andern / soll auch den Zähnen viel gefährlicher seyn und das Zahnfleisch mehr blutend machen /
als die andere. Die II. Art nennen sie den Zuckerhut (pain de sucre) weilen diese Frucht so
außgespitzt / auch längere und strackere Blätter hat. Diese ist nicht so gelb / wie die vorige
/ hat aber einen besseren Geschmack / wiewohlen sie das Zahnfleisch auch bluten machet. In
dieser hat ermeldter Author auch einige Körner und Saamen gefunden / und dadurch falsch
befunden / daß die Ananas ohne Körner seyn solle. Die III. Species ist die kleine Ananas,
welche die lieblichste und anmuthigste seyn / auch die Zähne und den Mund nicht so angreiffen
soll / wie die andere / es seye dann / daß man sie übermäsig gebrauche.
§. 4.
Ob nun gleich unter diesen dreyen Sorten (welche alle andere unter sich begreiffen) einiger
Unterscheid zu spüren ist / so kommen sie doch darinnen überein / daß sie auff einerley Art
wachsen / alle oben einen Strauß / auch inwendig ein fasselichtes Marck haben / welches doch im
Mund zu lauter Safft vergehet / so einen lieblichen aus sauer und süß vermischten / Geschmack /
theils den Quitten und Pfersing / theils den Mußcaten-Nüß gleichend / von sich geben. Sie haben
eine kühlende und stärckende Krafft / und werden deßwegen in den hitzigen Fiebern / so wohl zu
refraichiren als den Durst zu löschen von den Americanern gebrauchet / wie Hernandez c. l.
berichtet. Daß aber Wormius solche den Febricitanten und Verwundeten verbiethet / mag von den
unreiffen und corrosiven verstanden werden / welche auch meistens den Mund angreiffen und das
Zahnfleisch blutend machen / wie Pomet vermeinet. Absonderlich aber soll diese Frucht den Stein
gewaltig treiben / so gar / daß / wann solcher zu groß und die Frucht ihre Würckung thut / die
Krancken ihres Lebens nicht sicher seynd / wie Cleyerus in einem geschriebenen Brieff vor etwa
16. Jahren an Herrn D. Scheffern Seel. aus Ost-Indien berichtete / welcher im Anhang dieses
Buchs zu finden ist.
§. 5.
Zu diesem End schälen die Indianer die recht zeitige Frucht / schneiden sie in Scheiben und
hencken sie in einer glassurten und wohlverwahrten Englischen Flasche in einen Kessel voll
Wasser / worunter das Feuer gehalten wird / damit der Safft von sich selbsten heraus lauffen /
und durch das kochen alle cruditäten weggehen möchten. Von diesem Safft nehmen sie nach
belieben; doch essen sie auch bißweilen die Frucht mit Saltz / und wann sie förchten / daß sie
noch eine Schärffe bey sich habe / schneiden sie solche / wie gesagt / zu Scheiblein / und
legen sie in Spanischen Wein / welcher die beste Krafft herausser ziehet / doch aber den Mund
nicht gäntzlich unangefeindet lässet / wie bey obangeführtem Wormio zu sehen ist.
§. 6.
Ferner sollen die Americaner auch einen Wein von dieser Frucht keltern / welcher wie
Malvasier schmäcken / auch gantz truncken machen soll. Dieser Wein soll nach etwa drey Wochen
sich so verändern / daß man ihn vor abgefallen und verdorben halten solte: doch aber in kurtzer
Zeit sich also wieder erholen / daß er nachmahlen viel starcker und herrlicher wie zu vor ist /
wie Pomet c. l. vorgibt: Stärcket die Lebens-Geister und erfreuet das gantze Gemüth; doch
sollen sich die Schwangere davor hüten / weilen er die Frucht abtreibet.
§. 7.
Die Indianer sollen die frische Ananas auch in Stücken zerschneiden und einsaltzen / wodurch
sie das jenige / was sonsten leicht zur Galle werden könte / zu corrigiren suchen / wie
Hernande??? in obberührtem Ort zugleich berichtet. So hat man auch heut zu Tag in Paris und
andern Orten diese Frucht mit Zucker eingemacht / welche also aus Indien kombt: Soll ein sehr
herrlich Essen seyn / absonderlich wann es wohl condirt worden: stärcket den Magen / die Natur
/ und bringet Alten und betagten Personen die natürliche Wärme wieder / welchen auch der Wein
von dieser Frucht nicht undienlich seyn mag.
|| [282]
§. I.
DAs heutige Tages so gemeine Caffe
oder
COFFI
ist nicht anders / als der Kern einiger kleiner Nüßlein / wie Lorbeern anzusehen / welcher /
wie die Bohnen / auß zwey Theilen bestehet / so oben gewelbet und unten (wo sie gleichsam eine
Furche haben) platt sind: Von couleur braun / eines mehlichten Geschmacks und wie verbrande
Bohnen riechend: Werden auß Persten und Türckey über Massilien und andere Orthen in gantzen
Ballen herauß gebracht.
§. 2.
Diese Früchten kommen von einem frembden Baum / in der Grösse einer Linden / welcher immer
grün ist und nachdem er auß geblühet hat / diese Nüßlein träget: Wird von dem Gelehrten
Italianischen Grafen Luigi Ferdin. Marsigli in der so genandten Notitia di Constantinopoli
Sopra la pianta del Caffe am schönsten beschrieben / in welchem Buch verschiedene Species
abgemahlet werden / von welchen die vornembste allhier in der grossen Figur zu sehen ist.
Weswegen diejenige gantz unrecht dran sind / welche meynen / es kämen diese Kerne von einem
Krant her und seyen vor eine Art Bohnen zu halten; Welcher Irrthumb daher kommen mag / weilen
die Araber diese Früchte Bun, Buna, Bon oder Ban geheissen / auch solche den Bohnen an der
Figur und Geruch nicht ungleich kommen; wiewohlen der effect und ihre Würckung gantz anders
sind.
§. 3.
Die beste Caffe-Bohnen müssen grünlicht / frisch und von mittelmäsiger Grösse seyn / nicht
schimlicht riechen / auch von den harten und hohlen Schalen / so zuweilen darunter kommen /
wohl außerlesen und gesäubert seyn. Wer sie in gantzen Ballen kauffet / sehe zu / daß keine
Ecke davon naß und feucht sey / wodurch diese Früchte sobalden anziehen und verderben können.
Wer den Caffe germahlen und gebrandt kauffet / muß sich an gewissenhaffte Leute halten / dann
man leicht betrogen werden kan / indem einige Bohnen oder Korn zu rösten wissen / daß es von
dem Caffe nicht leicht zu unterscheiden ist.
§. 4.
Den Gebrauch und Nutzen des Caffe hat Doct. Laurentius Strauss, mein Seel. Antecessor auff
hiesiger Universität zu Giessen / in einer eigenen Disputation auß andern beschrieben / welche
dessen Herr Schwieger-Vatter Seel. D. Joh. Daniel Horst nachmahlen des Schroederi
Pharmacopoetae anhängen lassen / ist auch darauff in England von einem Anonymo unter dem Titul:
The Manner of making of Coffée, Tea and Chocolate Englisch herauß gegeben worden: und zeiget
obgemeldter Author, daß diese Frucht [283] vor undencklichen Jahren von den
alten Araben / als Rhase, Avicenna und andern beschieben worden; gleichwie sie heutiges Tag
noch bey denenselben und den Türcken in stetem Gebrauch ist / wie Olearius solches im V. Buch
oder Persianischen Reise-Beschreibung pag. 399. weitläufftig beschrieben hat. Sie soll den
Magen stärcken und dessen Däuung befördern / treibet den Urin und vertreibet den Schlaaff /
indem sie alle schleimichte Theilger im Geblüth zertheilet / die Lebens-Geistern extriciren und
beweget / wie es Willisius in Pharm. Rat. p. 202. außleger. Was aber Bontekoë, in seinem Kort
Tractaat van de Kragten en’t gebruyk van de Coffi, vor Wesens davon mache / ist männiglichen
bekandt. Indessen muß man der Sach nicht zuviel thun / weilen auß dem Mißbrauch leichtlich
andere Kranckheiten entstehen können / wie Sim. Paulli in seinem Quadripartito Botan. und
Commentariô de Usu & Abusu Herb. Thee weitläufftig erwiesen hat: wo merckwürdig
ist / daß nicht allein Willisius c. l. einiges Abnehmen / Lähmigkeit und dergleichen darvon
observiret habe / sondern es erzehlet auch obbelobter Olearius, daß ein Perser-König / nahmens
Sulthan Mahmud Casuin durch dessen Mißbrauch seine Männliche Krafft verlohren und seiner
Gemahlin dadurch Ursach zum Ehebruch gegeben habe / welche / als sie gesehen / daß man einen
Hengst zu wallachen niedergeworffen / solle gesagt haben: daß wäre ohnnöthig / man solte dem
Pferd nur das schändliche Cahvvae- Wasser zu trincken geben / so würde es dem König bald gleich
werden; dahero ein Persianer auff seine Sprache gewisse Verse gemacht / welche folgendes
außdeuten:
Caffe du schwartzes Angesicht /
Daß man dich doch mag leiden!
Wo du hinkompst / muß man da nicht
Die Lust und Beyschlaff meiden.
§. 5.
Die Art und Manier den Caffe zu trincken ist bekandt. Nemblich die gantze Caffe-Bohnen werden
in gewissen durchlöcherten Pfannen gebrennet und wann sie zu Pulver gestossen oder gemahlen
sind / wirfft man etwas davon in siedend-hieß Wasser / giesset es in Thee-Köpger und nimbt es
mit oder ohne Zucker. Warumb sie aber müssen gebrennet werden / leget der Seel. D. Hermanni in
seinem Colleg. de Mat. Med. also auß / damit nemblich die öhlichten Theilen dadurch herauß
gebracht und die schärffere theilger temperirt werden. Einige sollen die Caffe-Bohnen auch
kochen und wie Erbsen essen / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 205. gedencket. Die
Zucker-Becker machen jetziger Zeit auch einen braunen Confect darvon / den sie Caffee Zucker
heissen: wird wie der Tragant-Zucker angemacht und auffgetrieben.
§. I.
CACAO oder (wie es bey denen Americaner heisser) CACAVI ist der Kern einer frembden Frucht /
von verschiedener Grösse / doch gemeiniglich so groß als eine Mandel / welcher er auch an der
Form und eusserlichen Gestalt gantz gleich kommet / ausser daß die cacao etwas dicker und
auffgeblasener / auch an der eusserlichen Farb etwas röthlicher ist: Hat einen öhlichten und
etwas bitteren Geschmack / aber keinen Geruch / und wird auß West-Indien / absonderlich auß
Neu-Spanien / herauß gebracht.
§. 2.
Diese Frucht wächset auff einem Baum / welcher deßwegen ARBOR CACAVIFERA genennet / und von
Hernandez Lib. 3. Cap. XLVI. Rerum Medicarum Nov. Hisp. pag. 79. am besten beschrieben wird /
wo dessen vier unterschiedene Arthen zu sehen sind / welche auch Wormius in Mus. pag. 191. auß
demselben beschrieben hat. Sie kommen an der Grösse und denen Blättern dem Citronen-Baum nicht
viel ungleich und tragen eine Frucht wie Melonen / in welcher diejenige Kerne / so man Cacao
nennet / wie in einem Granat-Apffel zusammen liegen / und sollen deren zuweilen über sechtzig
in einer Frucht gefunden werden / wie Pomet in seiner Hist. Gener des Drogues pag. 206.
berichter / welcher deren Figur nach des Herrn Tournefort Original communiciret / wie solche
oben im Anfang dieses Capitels zu sehen ist. Weswegen dann der Seel. Herr Ettmüllerus (dafern
es seine eigene Worte sind) hierinnen unrecht daran ist / wann er die Cacao vor die Cocos Nüsse
gehalten / wie man in dessen Comment. Schroed. pag. 721. ersehen kan.
§. 3.
Nach dem Unterscheid dieser vier Bäumen hat man auch vier Sorten von der Cacao selbsten /
deren zwey die grosse und kleine CARAQUEN (weilen sie auß der Provintz Nicaraga kommen)
genennet werden: Die dritte und vierdte aber die grosse und kleine Cacao von den Insuln heissen
/ weilen sie auß den Americanischen Insulen / absonderlich S. Domingo gebracht werden: unter
welchen die allererste und so genandte dicke Caraques, absonderlich zum Chocolat, vor die Beste
gehalten werden / wie obgemeldter Pomet solches am berührten Ort vor andern gemeldet hat. Man
bringt sie auch zuweilen zu Kuchen gestossen / absonderlich die letzte / welchen aber nicht zu
trauen ist.
§. 4.
Es müssen aber die Cacao-Körner noch frisch / schwer und wichtig / auch wann es seyn kan /
von den grösten Caraquen wann sie vor gut passiren sollen: Außwendig schwartzlich / inwendig
dunckel-roth / wie gebrandte Mandeln anzusehen; wie dann Hernandez l. c. meldet / daß / weilen
sie gar zu öhlicht seyen / vor dem Gebrauch in America geröstet würden. Es mag auch wohl seyn /
daß sie also herausser kommen / wiewohlen solches vor gewiß nicht sagen kann. Sie müssen auch
nicht wurmstichicht oder schimlicht seyn / sondern einen guten Geschmack haben und nicht
zerbrochen / sondern noch gantz seyn.
§. 5.
Ihren Nutzen und Gebrauch betreffend / so hat man vor diesem in America diesen bey den Wilden
so genandten Cacavatl-Saamen an statt der Müntz gebraucht / gleich wie andere Orientalische
Völcker Muscheln / Blätter und dergleichen an statt des Gelds außgeben. In der Artzney aber ist
dieses das Haupt- und Grund-Stück des heut zu Tages so bekandten Chocolats oder Succolates,
welches eine Composition auß diesen Körnern und andern Gewürtzen ist / wie bald hernach soll
gesaget werden. An sich selbsten aber ist diese Frucht etwas kalter Natur / doch aber sehr
nahrhafftig / wie die Mandeln / so gar / daß ein gewisser Engeländer / nahmens Stubbe in einem
Tr. von der Chocolate ohngescheuet vorgibt / daß in einer Untz Cacao mehr Nahrungs-Safft stecke
/ als in einem gantzen ???. Ochsen-Fleisch; und ist merckwürdig / daß wann solche Frucht auß
einer Retorte destilliret wird / ein phlegman davon übergehen soll / welches wie Fleisch-Suppen
schmäcket: nachmahlen aber ein Oehl und ???. welche wie gebraten Fett riechen sollen / wie
Ettmüllerus solches auß des Le Feure Chymie in seinem Comment. Schroed. p. 721. erinnert hat.
Weswegen dann diese Frucht den Schwindsüchtigen sehr dienlich seyn soll / wann sie entweder
allein / oder mit Türckischem Korn in Wasser gesotten getruncken wird / und komt also hierin
mit unsern Pineln und Pimper-Nüssen überein. Die Americaner geben solchen gegen die Rothe-Ruhr
/ worzu sie auch das Gummi von dem Baum recommendiren / dessen Hernandez an obigem Ort gedacht
hat. In dem Husten sollen sie sich damit räuchern. Das Oehl / so davon gepresset wird / dienet
an statt des Schmincke.
§. 6.
Weilen aber / wie obgemeldtet / die Cacao-Körner kalter Complexion sind / so haben die
Americaner solche durch allerhand Gewürtz und Zucker zu corrigiren gesuchet / dahero das
bekandte Compositum, welches sie Chocolatl, wir aber CHOCOLATAM oder auch Succolatam nennen /
entsprungen. Diese
CHOCOLATA
nun ist einen Mass / aus Cacao, Zucker und verschiedenen Gewürtzen zubereitet / dessen
Be [285] schreibung Anton. Colmen. de Ledesma, ein Spanischer
Barbierer in einem kleinen Tractät-
???. Nucl. Cacao n. 100.
Sacch. albiss. ???.
Pip. de Tavasc. gr. XIV.
Caryophyll. ???.
Vanill. n. iij.
Sem. anis. Ziij.
Achiotl. q. s. M.
Einige nehmen auch Maitz oder Türckisch Korn / Spanischen Pfeffer und eine Americanische
Blume / welche die Spanier Flor de la Oreja, oder Florem Auriculae, das ist / Ohren-Blume
nennen / weilen die Blätter wie Ohren anzusehen / welche Hernandez auch beschrieben hat / wie
im folgendem Capitel soll gezeiget werden. Andere nehmen an statt der Cacao Mandeln / und
weilen viele von den obigen ingredientien fast gar nicht zu haben sind / andere Gewürtze / und
machen mit gutem Zucker eine dergleichen Mixtur, so der Chocolaten an der Gestalt und Kräfften
gantz gleich kommet / wie Grevv in Mus. Soc. Reg. Angl. berichtet / dessen in Act. Erud. Lips.
An. 82. Mens. Jan. pag. 1. gedacht wird: und hab ich in Holland einen Caffe-Wirth gekennet /
welcher nichts dann dergleichen Chocolaten schenckete.
§. 7.
Wann dann noch viel andere Beschreibungen des Chocolats gefunden werden / so kan man
leichtlich dencken / daß man derer vielerley Arten finden werde. Die beste wurde vor diesem aus
America und nachmahlen aus Spanien / entweder in Schachteln / wie das Quitten-Brod / oder in
dicken Zapffen herausser gebracht / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 195. und
Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 160. berichten; wie dann noch heut zu Tag
die Chocolata bey den Materialisten in Schachteln / Taffeln und runden Küchlein zu finden ist.
Nachdem man aber zu Paris / Londen / in Holland / ja in Teutschland dieselbige eben so gut
(wann die Ingredientien nur recht und auffrichtig bey die Hand geschaffet worden) gemacht
werden kan / so wird dieselbige nicht so häuffig mehr aus Indien und Spanien verschrieben /
welcher Pomet die Parisische gar vorgezogen hat. Ja man hat bey uns in Europa noch
Verbesserungs-Puncten darzugesetzet und die Ambrirte Chocolate erfunden / welche gemeiniglich
in kleineren und runden Küchlein kommet und sehr annehmlich / doch auch die theureste ist.
§. 8.
Gleich wie aber alle Composita gar schwer zu unterscheiden sind / also ist es auch gar
mißlich von der Gütigkeit der Chocolaten zu judiciren / absonderlich wann man absolut
determiniren solte / ob alle darzu gehörige Stücke darunlein von der Chocolaten also
mitgetheilet hat:
???. Hundert Cacao-Kerne.
anderthalb Pf. weissen Zucker.
Tavascen-Pfeffer gr. 14.
Näglein ein Loth.
Banillen n. iij.
Anis. 3. Quint.
Orlean so viel genug zu färben M.
ter seyen? so gar / daß auch der berümbte Bontekoe in seinem Tr. van de Kragten en’t Gebrjuyk
van de Chocolate pag. 269. sich offentlich beklaget / daß er weder unter den Lebenden / noch
unter den Scribenten jemand finden könne / der ihn entweder durch den Geruch / Geschmack oder
andere Zeichen die rechte Chocolate von der falschen zu unterscheiden lernete. Dahero so
vielerley judicia darvon lauffen / so viele Köpffe gefunden werden / indem diese die runde /
jene die viereckende Täfflein vor die beste halten. Die Beste indessen muß nicht allzu süß seyn
/ nicht bitter / nicht zu sehr nach Pfeffer oder Näglein schmäcken / und muß auch einen
angenehmen Geruch haben / hart und drucken seyn / und wann sie in Stücken gebrochen wird /
müssen einige weissen Flecken und Striemen dadurch lauffen / das übrige aber von brauner Farb
seyn.
§. 9.
Die Kräfften und Gebrauch der Chocolaten sind von sehr vielen Authoren in eigenen Büchern
beschrieben / welche Bravo in seinen Consultationibus C. XIV. erzehlet / unter welchen
Francisc. Mariae Cardin. Brancatii in seiner Diatrib. de Usu Chocol. in Zweiffel und Disputat
ziehet / ob man die Chocolate, wegen ihrer grossen Nahrungs-Krafft / auch auff die Fast-Täge
trincken dörffe? wie davon im Journal des Scavans Ann. 66. Mens. Jan. 18. mit mehrerem zu lesen
ist: bekombt sonsten dem schwachen und erkalteten Magen wohl / dienet denen Schwind- und
Lungensüchtigen / wann das Fieber nicht so starck: ist auch gut zur Brust / zum schleimichten
Husten: stärcket das Haupt / vertreibet den Schwindel: reitzet aber zugleich zum Beysehlaff;
weßwegen auch die Confect. Pacif. de Succolatâ Inda Myns. darzu verschrieben wird: wie solche
und noch viele andere Nutzen der Chocolaten von obbemeldtem Bontekoe weiter beschrieben und
gerühmet werden; allwo auch die Art und Manier dieselben zu gebrauchen / beschrieben wird /
welche darin bestehet / daß die Chocolate entweder in blossem und heissem Wasser mit einem
zackichten Holtz zu einem Schaum geschlagen und also genutzet / oder auch mit Milch also
zubereitet werde / in welche andere auch Eyer schlagen.
|| [286]
§. 1.
SObald der CHOCOLAT in Europa kund worden ist / hat man auch Vanillen oder Banillen, wie sie
einige nennen / als eines von dessen vornembsten Ingredientien bringen lassen / welche deswegen
in Holland auch gemein und wohl zu bekommen sind. Diese Vainillen oder
VAINIGLIAE
nun bestehen in langen und gleichsam zusammen gepresten Hülssen oder Schoten / welche in der
Länge sechs auch mehr Zoll / in der breite aber einen Zoll haben und gleichsam wie eine
Messer-Scheid anzusehen sind: Außwendig schwartzbraun und gläntzend / inwendig von eben solcher
Farb / voller kleiner Kernlein / wie die Feigen: eines etwas scharffen / fetten und
aromatischen Geschmacks / und dem Biesem ähnlichen Geruchs: kommen von Gatimalo und S. Domingo
aus West-Indien.
§. 2.
Das Kraut / woran diese Früchte wachsen / heisset bey dem Hernandez (welcher es vor andern
schön beschrieben)
ARACUS AROMATICUS:
ist eine Art von denen Winden und Convolvulis, und lauffet den Bäumen hinauff: hat breite
Blätter / wie unser grosse Wegrich / aber länger und fetter: trägt schwartze Blümlein (von
welchen es auch FLOS NIGER genennet wird / ) und nach diesen obbemeldte siliquas oder Hülssen /
aus welchen / wann sie gar zu reiff sind und auffblatzen / ein schwartzer wohlriechender Balsam
fliessen soll / welchen die Spanier vor sich behalten und nicht leicht herausser schicken.
§. 3.
Sobald die Hülssen zeitig sind / werden sie von den Americaner abgethan / an einem End
angebunden und damit sie dürr werden / an einen schattichten Ort auffgehencket. Wann sie dann
soweit auffgedörret sind / das sie sich halten lassen / so streichen sie dieselbe eusserlich
mit einem Oehl an / daß sie nicht gar zu starricht werden und zerbrechen / binden sie zu
Paquetlein oder Bündlein von 50. biß 100. und mehr Stücken / und verschicken sie also in andere
Länder: Und weilen der Biesem-Geruch leicht daran vergehen kan / so werden diese Früchte offt
mit dünngeschlagenem Chinesischem Zinn / welches man Calin nennet / umbgeben / auch noch mit
Indianischem Papier vergleistert / damit ja solcher gute Geruch möchte conserviret werden; wie
mir ein solches Stück aus Holland überschicket worden / allwo man eines umb einen Holländischen
Schilling kauffet.
§. 4.
Die beste sind / welche aus grossen / vollkommenen / schweren und frischen Schoten bestehen /
fein glatt und nicht runtzelicht / doch auch [287] nicht geschmieret / voll
Marck und Kernlein und von gutem Geruch sind. Man muß auch Achtung geben / daß mitten in denen
Bündlein keine kleine noch untaugliche unterschoben seyen; vielweniger können die Schoten
passiren / woraus der obbesagte Balsam gelauffen und mit schmalen Höltzlein von denen Indianer
außgefüllet seyn / welchen Betrug Pomet in seiner Histoire Gener. des Drogues p. 208. entdecket
hat.
§. 5.
Ihre Kräffte und Tugenden bestehen in einem flüchtigen Saltz und durchdringendem Oehl /
welche beyde denselben eine sehr erwärmende und zertheilende / anbey aber auch stärckende
Krafft mittheilen / wormit sie den Magen stärcken / die Winde zertheilen und dem Gehirn / der
Mutter und anderen nervosen Gliedern sehr gut thun. Sie treiben den Harn / befördern die
Monatliche Reinigung / natürliche Geburt und Schwierungen: Treiben auch die Nachgeburt und
todte Kinder fort / und kommen also dem weiblichen Geschlecht in ihren meisten Kranckheiten
wohl zu pas. Ingleichen werden sie gegen die erstarrend-machende gifftige Biß und andere
dergleichen gifftige Sachen gebrauchet / wie solches alles obbelobter Hermandez in Descript.
Rerum Med. Nov. Hispan. Lib. 2. Cap. XVI. pag. 38. beschrieben hat. Am meisten aber werden die
Vanillen zu Verfertigung der Chocolaten gebrauchet / welche sie anmutiger und kräfftiger
machen. Die Tabacks-Brüder brauchen sie auch den Taback wohlriechend zu machen.
§. 6.
Benebenst diesen Vainillen thun die Americaner auch eine wohlriechende Blume unter ihren
Chocolat, welche aus 6. Blättern / die inwendig purpur-farbicht / außwendig aber grün außsehen
/ und an der Figur / wie kleine Ohren scheinen / bestehet / weswegen sie insgemein
FLOS AURICULAE,
von den Spaniern Flor de la Oreja und von andern d’Oreje valla genennet wird; weswegen der
Frantzöische Materialist Pomet gantz ungütlich mit seinem Lands-Mann / Mons. du Blegny,
verfähret / wann er diesen in seiner Histoire des Drogues pag. 207. mit ziemlich spöttischen
Worten durchhechelt / daß er in Beschreibung der Chocolaten dieser Blumen Meldung gethan /
welche er nirgends erfragen können / ob er gleich allen möglichsten Fleiß daran gethan / und
derowegen solche vor erdichtet halten will. Es macht ja gar keine Folgerung / daß wann ein oder
der ander eine Sach nicht so gleich auffsuchen und überkommen kan / solche alsobalden vor
fabulos und imaginaire zu halten sey / indem diese und dergleichen Specereyen nicht so gleich
aus Indien herausser kommen sind. Gnug aber ist es / daß solche von glaubhafften und berümbten
Scribenten abgemahlet und beschrieben worden; wie dann auch diese Blum von dem obbelobtem
Hernandez in seinem angeführtem schönen und rarem Buch pag. 30. zur Genüge unter Augen geleget
worden.
§. 7.
Es wächset aber solche Blume auff einem besonderen Baum / welcher lange und schmale
dunckel-grüne Blätter hat / und hänget die Blume an einem langen und gleichsam verwelckten
Stengel herunter werts / welche von den Indianern in sehr grossem Werth gehalten und wegen des
vortrefflichen Geruchs sehr hoch geschätzet wird; daher es auch kommen mag / daß solche in
Europa gar rar oder niemahlen gesehen wird. Nach den Blumen kommen gewisse Hülssen oder
siliquae hervor / welche 6. Zoll lang und 1. Zoll dick sind / in welchen ein blutrother Saame
zu finden / welcher aus einiger Zusammendrückung etwas eckicht ist; wie solches alles
obberührter Scribent im vierdten Capitel seines zweyten Buchs pag. 30. in der Figur zeiget.
§. 8.
Sie hat gleichfals eine sehr erwärmende Krafft / zertheilet die Winde / wann man sie entweder
allein oder in Wasser nimbt: Löset den zähen Schleim auff / so auff der Brust und im Magen
sitzet / welchen sie auch stärcket und erwärmet. Ingleichen erfreuet sie das Hertz und
Lebens-Geister. Absonderlich aber gibt sie der Chocolaten / wegen ihres vortrefflichen
Geschmacks und sehr lieblichen Geruchs / eine grössere Anmuth; weßwegen auch die recht
auffrichtige Americanische Chocolate, wie oben gemeldet / andern Compositionen nicht unbillich
vorzuziehen ist. Könte man ihrer habhafft werden / so zweiffele nicht / daß man einen
vortrefflichen Spiritum, Oehl und dergleichen davon machen könne; welches alles die Erfahrung
nach und nach lehren wird.
|| [288]
§. 1.
VOr sehr wenigen Jahren hat man diese noch fast unbekandte Früchten oder Körner / so einer
kleinen Mußcat-Nuß groß / doch selten rund / sondern vielmehr länglich / wie ein Hühner-Hertz /
außwendig mit einen Silber-farben glatten Häutgen umbgeben / inwendig gelb braun und
durchsichtig / wie ein Horn anzusehen sind / in Europam gebracht / welche von den Indianern
Igasur und Mananavus, das ist Siegreich: Von den Spanier pepitas de Bysayas und Cathaloyan
genennet werden. Warumb man sie aber Fabas S. Ignatii geheissen habe / ist noch nicht bekandt:
ob sie vielleicht von denen Jesuiten / deren Stiffter S. Ignatius gewesen / erfunden oder zu
uns überbracht worden? Dieses aber ist gewiß / daß es keine Bohnen oder Fabae sind / indem sie
nicht auß 2. Theilen / wie die Bohnen bestehen / auch kein mehlichtes Wesen in sich haben /
sondern hart / wie ein Horn sind / weswegen sie auch eher geraspelt / als gestossen werden
können.
§. 2.
Diese so genandte S. Ignatii-Bohnen findet man sonderlich in denen Philippinischen Insulen /
worauß sie von denen Portugiesen in Europam gebracht worden: wachsen nicht auff beyden Seiten
eines Stengels / wie der Pfeffer / als ich ehemahle von einem guten Freund berichtet worden /
davon in meinen Polychr: Exot: Disp. I. Meldung gethan habe: Sondern man findet sie in einer
gewissen Indianischen Frucht / welche etwas grösser als eine Melon ist / in deren Mitten /
gleich wie in den Granat-Aepffeln / wohl 20. biß 24. dieser Körner anzutreffen und durch ein
weiches und gelbes Fleisch unterschieden sind. Die Frucht selbsten hat cuserliche ein sehr
glattes / gläntzendes und gelbgrünichts Häutgen / unter welchem ein Steinharte Schale verborgen
/ welche als eine Cocos-Nuß die Körner in sich hat. Diese Frucht wächset auff einem Kraut / von
den Indianern Catalougay und Cantara genandt / welches sich umb die höchste Bäume windet und in
die Höhe steiget / dessen Blätter / Blüthe / benebenst der Frucht und einigen Fabis selbsten P.
Camelli in einem Sendbrieff an den berümbten Englischen Botanicum, Joh. Rajum entworffen hat /
worauß sie erstlich die Königliche Societät zu Lon [289] den in Actis
Angl. Anno 1669. pag. 87. und nachmahlen auß diesen die Gelehrte zu Leiptzig in ihren Actis A.
1700. Mens. Decembr. pag. 552. uns mitgetheilet haben.
§. 3.
Ob nun gleich diese Fabae S. Ignatii, wann sie auffgetrucknet und dürr gemacht sind / sehr
hart und gleichsam wie ein Huff oder Horn anzusehen sind / auch eine ziemliche Bitterkeit /
welche dem Tausend-Gülden-Kraut nahe kombt und die Citronen-Körner darin übertrifft / in sich
hat / so kan doch beydes nicht verhindern / daß sie nicht wurmstichicht und löchericht werden /
wiewohlen solches ihnen nicht sobalden / als andern Saamen / Schaden zufüget / indem auch die
wurmstichichte num. 2. (weilenim Anfang keine andere überkahmen) noch kräfftig gnug befunden;
indessen wo die Wahl zu haben / muß man doch diejenige erkiesen / so noch gantz und nicht
löchericht sind / obschon sie noch so theuer zu zahlen wären / als die Wurmstichichte / von
welchen letzteren die Droguisten in Holland das Stück vor ein paar Schilling geben / da von den
gantzen und unverletzten das Stück wohl 4. biß 5. Schilling gelten muß / wie mich Herr Doct.
Spener, jetzo vornehmer Königl. Medicus in Berlin / auß Ambsterdam berichtet hat.
§. 4.
Ihre Krasst und Tugend anbelangend / so haben sie eine erwärmende / Gifft- und Windtreibende
/ und zugleich etwas anhaltende oder zusammenziehende Gewalt / wormit sie den Magen / das
Gedärm und Nerven stärcken. Daß sie aber von oben und unten purgiren / wie in obgedachtem
Sendbrieff gedacht wird / habe ich noch nie gesehen / wiewohlen sie auch Säugenden Kindern
eingegeben habe. So viel ist mir bewust / daß sobalden sie eingenommen werden / ein Rumpeln im
Leib erwecket werde / sogardaß einsmahls ein Knäbgen nach Gebrauch einiger Gran davon in diese
Wortherauß brache: Hört doch / wie die Würme im Leib thun: und vielleicht purgiren sie / wann
man die dosin etwas zu starck nimbt / da sie an den Spaniern gar den Krampff und Gichter
erregen sollen / welches bey den Indianern doch nicht zubeförchten ist. Wie es einem / so
genandten Domine in Holland / so die Essentz davon an statt Brandenweins genommen / ergangen
sey / findet sich in meinen Polychrestis Exot. Disp. 1. pag. 9. wo zum erstenmahl von diesen
Körnern gehandelt habe. Es bleibt einmahl hierbey: Zuviel verderbt alles Spiel.
§. 5.
Sonsten ist gewiß / daß wann diese Fabae S. Ignatii recht gebrauchet werden / sie eine
vortreffliche Artzney gegen viele und sonsten hartnäckichte Kranckheiten abgeben und kan ich
bezeugen / daß damit die kalte Fieber / besonders in kleinen Kindern perfect gehoben worden
seyen. So bezeuget auch der berümbte Med. und Professor zu Jena / Herr D. Wedel in einem Brieff
/ daß er solche auch in hitzigen Fiebern gut befunden habe. Die Indianer selbsten brauchen sie
gegen alle gifftige Seuchen / Pest / zauberische Vergifftungen / Liebes-Tränck und dergleichen
und halten die heutige Gelehrten davor / daß diese Fabae S. Ignatii die rechte Krähen-Augen
oder Nuces Vomicae seyen / welche Serapio beschreibet und mit in den Theriac genommen werden
sollen / da dißdaher in deren Ermangelung die gemeine und gifftige Krähen-Augen / nicht ohne
sonderliche Gefahr / darzu gebrauchet worden. Ob sie aber auch eusserlich als ein Amulet
angehenckt / oder auff gifftige Biß und Wunden gehalten das Gifft an sich ziehen können / wie
gesagt wird / stelle zu weiterer Erfahrung auß. Was sie ferner in den Gichtern vor eine
treffliche Würckung thun / habe neulich an einem kleinen Kind / so die Schwere-Noth des Tages
wohl sieben mahl gehabt / gesehen / welche mit ein paar Gran von diesen Fabis gestillet habe.
So hab sie ingleichen in dem Gicht-Flug der Kinder / wie auch dem gemeinen Flug oder Maculis
Volaticis sehr gut befunden. Weswegen sie auch in den innerlichen krampffmäsigen Bewegungen und
Schmertzen des Magens und der Gedärme / nemlich in dem Hertz-Gespann / Hertzens-Angst / Colic,
Darm-Gicht / Rothen-Ruhr / Darm-Zwang / Mutter-Schmertzen und dergleichen guten effect thun /
indem sie zugleich den Magen stärcken / appetit erwecken / und alle böse cruditäten darin
verzehren. Insonderheit kommen sie auch dem Haupt zu gut / wann wegen eines blöden Magens
dasselbe Noth leidet / in allerhand Schlag- und andern Flüssen / Lähmungen / Zaln-Schmertzen
und dergleichen / wann sie entweder eingegeben / oder nur unter der Zung gehalten werden / da
sie den Speichel treiben und die schon mit dem Todt ringende ermundern sollen. Sie dienen auch
in den Brust-Kranckheiten / Keichen / Gicht-Husten und Erstickungen / besonders wann sie von
spasmodischer Zusammenziehung der Lungen herrühren. Sie treiben den Urin / die Monathen und
Nachgeburt der Gebährenden: tödten die Spul-Würmer / und stillen auch eusserlich die
Blut-Stürtzungen.
§. 6.
Man gibt sie zu Pulver gestossen in geringer dosi, 2. 3. biß 6. Gran / dann ein halber
Scrupel oder zehen Gersten-Körner schwer schon purgiren sollen. Man legt sie auch ein oder zwey
Stund in ein destillirtes Wasser / biß es bitter werde / gleichwie man sonsten mit dem Pedra
Porco verfähret / welchem diese Bohnen einen grossen Stoß geben dörfften / wie Doct. Goris in
seiner Medicinâ Contempta pag. 185. propheceyet / zumahlen sie in einem Jahr an dem Preyß
die [290] Helfft abgenommen und da man solche im Anfang des 1699. Jahrs das
Stück mit 5. Gulden oder einem Ducaten in Holland zahlen müssen / nunmehr solches vor 50.
Stüber oder 1. Rthlr. habe̅ kan. Unter solcher Einweichung löset sich das
außwendige Häutgen / gleich dem Indianischen Seiden-Papier anzusehen / ab und sihet der Kern
alsdann braun-streifficht auß. Man machet auch eine Essentz davon mit dem Spiritu Vini oder
sonsten einem appropriaten Spiritu, davon man einen Scrupel, oder auch ein halb biß ein gantzes
Quintlein auff einmahl geben kan. So machen auch etliche ein Oehl darauß / wann man diese
Körner in Baum-Oehl kochet / oder auch mit Nuß-Oehl und andern vermischet / welches beyde zur
Krätze und Glieder-Schmertzen dienlich ist; besihe darvon weiter unsere oben angeführte
Polychresta Exotica.
§. 1.
DIe Muscaten–Nüsse / Nuces Myristicae oder
NUCES MOSCHATAE
sind runde / harte und dicke Kerne einer frembden Nuß / eusserlich graulicht und voller
Runtzeln / inwendig aber röthlich mit vielen Adern: Haben einen etwas bitteren / anhaltenden
und aromatischen Geschmack und guten Geruch. Sie werden auß Ost-Indien von der Compagnie nach
Ambsterdam gebracht und in andere Länder verhandelt / wie Christoph. Frick in der
Ost-Indianischen Keyse pag. 138. Linschottanus, Mercklein, Mandelslo in ihren Itinerariis und
Hülsius in Navig. in Ind. Or. p. 2. 6. 19. schreiben.
§. 2.
Diese Muscaten-Nüsse wachsen häuffig in der Insul Bandam und denen darumb liegenden Orten /
an einem Baum / welcher nach Joh. Nieuhofs Beschreibung / in 15. Cap. seiner Chinesischen Keiß
/ so groß als ein Birn-Baum ist und grünet / eine Asch-fahle Rinde / löcherichtes Holtz und
Purpur-farbichten Kern hat: Seine Blätter sollen gantz wohlriechend seyn / deren Gestalt von
Plukenetio in obiger Figur abgemahlet ist: Blühet wie die Kirschen und trägt darnach so viele
Früchte / daß sich die Bäume davon biegen sollen. Solche Früchte als sie zeitig und reiff sind
/ gleichen den Pfirschen und haben 3. Schalen / ehe man zum Kern kommet / als 1. eine weiche
und säfftige / wie die grüne Welsche–Nuß–Läuffe / welche zur Zeit der Zeitigung von sich
selbsten auffspringet / daß man alsdann 2. die Rothe (welche doch nicht gantz und gleichsam
zerschnitten ist / ) sehen kan / so insgemein Foli oder Muscaten-Blumen geheissen wird und an
dem Baum Blut-roth außsihet / wie auß der rechten Beschreibung im Anhang dieses Tractats nach
den Ost-Indischen Send- [291] Schreiben weitläufftig zu sehen ist: Unter
welchen 3. noch ein dünne / aber harte und holtzichte Schale lieget / woriunen der Kern oder
die Muscat-Nuß selbsteu stecket. Dieser Frucht sollen gewisse Vögel / welche etwas grösser als
ein Papagey sind / sehr gefährlich seyn / und sobald die eusserste Schale von einander
geborsten / die Muscat–Nuß / samt den Blumen / fressen / weswegen die Holländer solche Nuß
Esser nennen / welche die Einwohner wegen ihres sehr angenehmen und durchauß aromatischen
Geschmacks mit dem Eingeweid essen sollen. Wann sie aber solche mit den excrementis wider von
sich geben / sollen hernach die Muscaten-Bäume wild davon auffwachsen / wie H. I. Saar in dem
Ost-Indianischen Kriegs-Dienst c. 3. Neuhof l. c. und andere melden; wiewohlen die Bäume / so
davon kommen / nicht dauerhafftig sind / auch schlechtere Früchten / denn andere tragen sollen
/ welche wenig geachtet und nur umb der Foli oder Blumen willen / womit man die beste Blumen
vermischet / eingesamlet werden. Die beste Bäume aber werden auß den Nüssen gezeuget / welche
leicht Wurtzel gewinnnen und außschlagen sollen / absonderlich wann sie mit der gantzen und
halb-reiffen Frucht gesetzet werden / worvon obbelobte Beschreibung mit mehrerem handelt.
§. 3.
Die reiffe Nüsse werden von den Bandaner im April / May und August-Monath gesamlet / weilen
der Baum des Jahrs dreymal Früchte bringet. Es pflegen die Weiber die Nüsse auß den Schalen zu
machen / die Blumen herab zu lösen / und / wann die Nüsse zuvor an der Sonnen etwas gedörret /
werden solche in Kalck–Wasser / (so von Muscheln und Corallen-Steinen gebrandt ist) gewaschen /
damit sie vor aller Fäulung bewahret und über Wasser geführet werden können; wiewohlen Marxius
in seiner Material–Kammer pag. 38. nicht ohne Ursach förchtet / daß sie ein schwerer Gewicht
davon bekommen / auch solches darauff angesehen seyn möchte. Von solchen Muscaten nun sollen
die Indianer denen Holländern das Catien oder ??? 5. Stüber / thut ohngefehr das ???. einen
Meißnischen Groschen: die Blumen aber das Catien 9. Stüber / oder 3???. Groschen das ???. geben
/ jedoch / nachdem die Jahre sind I. ß. mehr oder weniger / wie Schurtzius in seiner neuen
Material–Kammer pag. 62. berichtet.
§. 4.
Wann sie nachgehends in Holland überbracht worden / so werden sie zu Ambsterdam im
Ost-Indischen Hauß außgelesen und sortiret / davon die schönste und erlesene die Feine: Wie sie
unter einander kommen / Mittel oder in sortis und die schlechteste Rumpi oder Rümpff genennet
werden; obwohlen die Materialisten von diesen Rümpffen verschiedent Meynungen führen / indem
einige / als Schurzius c. l. vermeinen / solche kämen von den wilden oder auch unzeitigen
Muscaten her / welche / wie obgedacht / von den Nuß-Essern gepflantzet werden: Marxius hergegen
solches vor nichtig erachtet / weilen die Rümpffe vielmehr vor unzettige Außwürffling und
verlegene oder wurmstichichte Nüsse zu halte̅ sind / wormit sich dennoch einige
Apothecker einen grossen Vortheil zu machen wissen / welche sie in grosser Quantität wohlfeil
einkauffen und das Oleum Nucistae daraus pressen oder destilliren / wie mir ohnlängst einer auß
Franckfurt bekennet hat.
§. 5.
Sonsten pflegen nicht allein die Gelehrten / sondern auch einige Materialiste̅
die Muscaten Nüsse in zweyerley Geschlecht / als die Männliche und Weibliche zu unterscheiden /
worvon jene / als Nux Moschata Mas länglicht und den Männer gut: Diese Nux Moschata Foemina
rund und den Weibern dienlich seyn soll; wiewohlen andere es umkehren und die lange
Mutter-Muscaten zu nennen pflegen / welches Ettmüllerus in Comment. Schroed pag. 609. vor einen
Irrthumb erkennen will / indem die Runde vielmehr so zu heissen seyen / welches auch Georg
Meister im Ost–Indischen Lust-Garten pag. 74. bestättiget. Weilen aber eben gemeldter Auhor
gestehet / daß die Indianische Scribenten / als Nieuhofius und andere diesen Unterscheid wenig
achten / auch Herr Licent. Dietz Seel. in seiner Gradual Disputation, welche er Anno 1680.
allhier in Giessen de Nuce Moschata gehalten und nachgehends vermehret herauß gegeben / pag.
16. referiret / daß / als er zu Roterdam gewesen / ein Schiffer / welcher eben auß Ost-Indien
gekommen / vor gewiß ver sichert / daß man in Indien nicht mehr als eine Art / nemlich die
gemeine Runde / hätte: Und dann gewiß ist / daß man von denen Langen langsam eine zusehen
bekommen könne; als wollen einige behaupten / daß solche keine eigene Art / so auff besonderen
und unterschiedenen Bäumen wachse / außmache / sondern etwa zuweilen / wie an andern Früchten
auch geschiehet / unter den gemeinen ohngefehr per lusum Naturae wachse; allein diese Meynung
ist gantz falsch / indem mich noch kürtzlich ein Materialist / so lang in Ost-Indien gewesen /
nahmens Herr Joh. Gottfried Vitus, jetzo in Wormbs gesessen / versichert / daß es in der
Warheit ein besondere Art seye und wären 2. Bäume darvon zu Batavia Nova im Garten bey dem
Wirths Hauß vor the Nieue Port zu sehen: von welchem er auch die von den lebendigen Blättern
/ [292] Blüt und Früchten genommene Abriß mit lebendigen Farben bekommen
hat / welche letztere nebst den gemeinen von Herrn Basilio–Beslero in Continuat. rariorum aeri
incisorum unter Augen geleget worden sind. Ja es finden sich noch andere Malabarische Mußcaten
/ so gar keinen Geschmack und Geruch haben sollen / welche deswegen nichts geachtet und bey uns
langsam oder gar nicht zu sehen sind / deren Abbildung und Beschreibung in dem Hortô Malabaricô
zu finden ist.
§. 6.
Noch rarer sind die so genandte Königs–Nüsse oder NUCES MOSCHATAE
REGIAE,
deren fast niemand / als Wormius in Mus. pag. 210. gedacht / welche an der Figur den andern
zwar gleich kommen / aber nicht grösser / als eine dicke Erbs seyn sollen; dahero wohlgemeldter
Wormius anfänglich vermeinet / es wäre diejenige / so ihm von einer jungen Person / so eben aus
Ost-Indien gekommen / gebracht und verehret worden / etwa ein unreiffes und verdorbenes Stücke.
Nachdem aber diese Person hergegen solche mitten von einander geschnitten und gezeiget / daß
sie eben die gewöhnliche Farbe / Geschmack und Geruch habe / so scheinet er solcher Relation
fast Glauben bey zu messen / obwohlen biß daher niemand der gleichen Meldung gethan hat.
Weßwegen andere meinen / daß sie zuweilen auch unter den rechten also wächsen / indem es
geschiehet / daß ausser dem gemeinen Lauff der Natur an der Grösse eine die andere übertrifft /
wie Schurtzius raisoniret. Allein auch dieses Stück kan leicht aus obangezogener Beschreibung
der Mußcaten-Nüssen gehoben werden / wo eine dergleichen Art erzehlet wird. Besiehe den Anhang
dieses Buchs.
§. 7.
Die besie Nüsse sind Aschen-farbig und gleichsam marbrirt / inwendig röthlicht / schwer /
dicht und öhlicht / auch wann sie geraspelt werden / lieblich von Geruch / müssen auch im Mund
einen scharffen aromatischen Geschmack hinterlassen. Die in Sorten müssen geklaubet werden /
und muß man zusehen daß nicht viele Rümpff und Wurmstichichte darunter seyen. Doch muß man sich
das kleine Loch / so an allen Mußcaten zu finden / nicht irren lassen / indem selbiges kein
Wurmstich / wie einige meinen / sondern von dem kleinen Häutgen / so mit der Schale hinweg
gezogen wird / entstehet / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues p. 203. erinnert.
§. 8.
Den Kräfften und Qualitäten nach sind die Mußcaten-Nüsse warmer / außtrucknender / auch etwas
zusammenziehender Natur; weswegen sie nicht allein die Nerven und das Gehirn / sondern auch
absonderlich die Gebähr–Mutter / Eingeweid und den Magen stärcken; weilen sie aber mit ihrem
Oehl den Magen-Safft gar zu sehr versüsen und mildern / so sollen deßwegen die Indianer die
frische Mußcat–Nüß / wann sie recht zeitig sind / in Saltz und Essig einbeitzen und also vor
der Mahlzeit damit den Appetit schärffen / wodurch ihr überflüssiges Oehl etwas bezähmet wird.
Zum öfftern aber werden die Mußcaten entweder auff geröstet Brod gerieben oder zu Pulver
gestossen und gegen alle Durchbrüche / rothe Ruhr und dergleichen bey Jungen und Alten
gebrauchet: wo einige auch eine gantze Mußcat-Nuß am Licht anstecken und verbrennen lassen /
nachmahlen aber eingeben / welches andere vor ein bewehrte Fieber-Artzney halten. So ist diese
Nuß auch den Schwangern Weibern / die Frucht zu stärcken und zu erhalten / sehr dienlich:
zertheilet die Winde in der Colick und wird auch sonsten in vielerley Gebrechen des gantzen
Leibs / auff vielerley Art und Weiß gebrauchet / wie solches durch die meiste Kranckheiten und
anderer Medicorum Recepten von obbemeldtem Herrn Diezen in allegir tem Tractätlein de Nuce
Moschatâ weitläufftig gezeiget worden. D. Hoffmann mercket aus Jac. Bontio an / daß die
Mußcaten auch eine Schlaaff-bringende Krafft haben / und deswegen nicht zu mißbrauchen seyen /
vid. Clav. Ejus pag. 507. Eusserlich kan man sie den Schwangern auff den Nabel mit andern
Sachen binden und die Frucht stärcken / auch wann die eussere Lufft in die Mutter gedrungen und
solche auffbläset dieselbige darmit räuchern / wie Ettmüllerus c. l. solches aus andern
Practicis gezeiget hat. Einige machen aus den gestossenen Mußcaten und Alaun mit Honig ein
vortreffliche Zahn-Lattwerg / gegen das Bluten der Zähne / welche es auch befestiget.
§. 9.
Obgemeldte Würckungen verrichten auch die eingemachte Mußcaten-Nüsse / welche gleich frisch
und unzeitig in Banda̅ mit den Schelffen / wie bey uns umb Johanni die Welschen
Nüsse / in Honig oder Zucker eingemachet und nachmahlen von den Indianern nach dem 1000.
verkaufft werden; unter welchen die gröste und in Zucker eingemachte vor die besten gehalten
werden / absonderlich wann sie noch frisch / nicht sauer oder schimlicht schmäcken / wie
Marxius loc. cit. lehret. Und dieses sind die in unsern Apothecken so genandte
NUCES INDICAE CONDITAE
oder eingemachte Indianische Nüß; wordurch nicht etwa die Cocus-Nüsse zu verstehen sind /
welche sonsten eigentlich Nuces Indicae heissen: [293] kommen aus Holland /
bißweilen mit dem Syrop oder Brodio, bißweilen trucken und sind dem Magen vortrefflich gut /
werden auch deswegen von denen Septentrionalibus oder Mitternächtigen Völckern gegen den
Scharbock sehr aestimiret.
§. 10.
In Franckreich hat man an deren statt ein trucken Pulver von Mußcaten / welehes sie
POUDRE DUC
oder Hertzogen-Pulver nennen: bestehet aus einem Pfund Zucker und zwey Untzen Mußcaten /
worzu einige etwas Zimmet thun: wird in warmen Wein gegen die Heisserkeit und Flüsse / so von
Erkältung herrühren / gebrauchet / wie der Frantzöische Materialist Pomet l. c. davon zu sehen
ist.
§. 11.
Ferner hat man auch zweyerley Oehl / so von den Mußcaten herrühret / nemblich das außgepreste
und dann das destillirte Oehl. Jenes wird insgemein
OLEUM NUCISTAE EXPRESSUM
von denen Apotheckern geheissen / welches theils aus Ost-Indien in Porcellinen Töpffen
gebracht wird / und dick / fett / an der Farb wie die Mußcaten-Blumen / und von sehr gutem
Geruch ist: Theils von denen Holländern gemacht und in viereckichten Kuchen heraus geschicket
wird / welches härter als das erste / bleicher / auch nicht so wohlriechend / wie das vorige /
und deswegen auch viel schlechter ist. Weilen aber das recht Indianische bey uns sehr rar ist /
wie Dale in Pharmacol. pag. 395. meldet: das Holländische hergegen sehr verfälschet wird / und
wie Pomet vorgibt / fast mehrentheils aus frischer Butter bestehet und deswegen von demselbigen
verworffen wird; so thun die Apothecker nicht besser / als daß sie es selbsten zubereiten /
welches sehr leicht zugehet / wann man die gröblich zerstossene Mußcaten auff einem hätinnen
Tuch über sidend Wasser hält / nachmahlen zwischen einem doppelten Haar–Tuch und einer Platt
(welche auch über dem Dampff des heissen Wassers zu erwärmen) so geschwind als es seyn kan /
außpresset: muß schön Gold-gelb und von gutem Geschmack / auch Geruch seyn. Das andere wird
destillirt und gibt ein Pfund Nüß zwey Loth destillirtes Oehl / wie Vielheuer pag. 130. in acht
genommen hat. Doct. Hermanni hat aus dieser letzten Cap. Mort. noch ein ??? erzwungen / welches
/ wie das opium, einschläffern können. Vid. ejus Msc.
§. 12.
Diese beyde Oehl haben treffliche Tugenden den Magen und andere Viscera zu stärcken und zu
erwärmen. Am meisten aber wird das außgepreste Oehl inn- und eusserlich / absonderlich bey den
kleinen Kindern / wann sie den Magen verdorben und einen Durch-Lauff haben / gebrauchet. So
dienet es auch an statt des Fundaments oder Corporis pro balsamis, alle eusserliche
wohlriechende Balsam daraus zu machen; wie dann auch der in Sachsen so berümbte
Scherzers-Balsam daraus meistens bestehet.
§. 13.
Eben diejenige Nutzen schöpffet man auch von der so genandten Mußcaten–Blüt / welche sonsten
auch von den Kauffleuten Foli und
MACIS
von den Gelehrten genennet wird: Ist eigentlich keine Blüt oder Blume / sondern die mittlere
Schale / welche die Mußcaten wie ein Netze umbgiebet: soll anfangs gantz roth / nachmahlen aber
Gold-gelbe werden und ist am Geschmack viel schärffer und aromatischer / als die Nüsse;
weswegen auch die Indianer diese Blüt zur Artzney / und die Nüsse in der Speisse geniesen
sollen.
§. 14.
Die beste oder feine Macis muß schön hoch an der Farbe seyn und aus grossen Blumen oder
Stücker bestehen. Die kleinen sind Messana, wie Schurtzius pag. 62. redet / welche zu meyden /
absonderlich / wann sie zugleich bleich sind / welches ein Zeichen / daß sie schon alt und ohne
Kräfften sind. Und weilen sie von einem Feuerspeyenden Berg schon in Indien verdorben werden /
so steiget offt deren Preyß wieder Vermuthen / wie mir ein Ost–Indien–Fahrer referiret hat.
§. 15.
Hiervon kan man auch ein Oehl pressen und destilliren; weilen sie aber nicht so öhlicht / wie
die Nüß selbsten sind und also wenig geben / trägt es die Mühe und Unkosten nicht aus. Wann man
aber das schöne / flüssige / rothe und wohlriechende OLEUM MACIS EXPRESSUM, welches aus Indien
in glässernen Flaschen zuweilen (wie Samuel. Dale l. c. berichtet) kommen soll / haben könte /
möchte man es freylich nützlich gebrauchen. Weilen aber solches rar / hergegen das gemeine /
welches einige UNGUENTUM MACIS nennen / mehr aus Unschlitt und Mußcaten-Oehl bestehet und dem
vorigen nicht beykommet / kan man sich mit dem guten Mußcaten-Oehl vergnügen lassen.
|| [294]
§. 1.
DIe gemeine Würtz-Nägelein oder CARYOPHYLLI AROMATICI sind nichts anders / als ein
länglichter Anfang oder Satz der Frucht eines Baums / wie ein Nagel formiret / welcher oben
vier Spitzlein / und in deren Mitte einen runden Knopff oder zugeschlossene Blüte hat / unten
auß aber zu gespitzet / zusammen gedrucket und etwas runtzelicht ist: Von couleur dunckel–braun
/ eines scharffen aromatischen Geschmacks und sehr annehmlichen Geruchs. Sie werden von der
Ost-Indischen Compagnie auß Ost–Indien nach Ambsterdam in das Ost-Indische Kauff-Hauß gebracht
/ allda / nebst den andern Gewürtzen außgelesen und ins gantze Reich und andere Länder
verschicket / wie Max. Transsylvanus in Epist. de Moluctis Insulis und Schicsai im
Persianischen Kosenthal pag. 117. bezeugen.
§. 2.
Der Nägel-Baum wächset heut zu Tag meistens auff Amboina in Ost–Indien / (indem die
Malabarische gantz anderst wachsen / auch keinen Geruch haben / wie Commelinus in Not. ad Hort.
Mal. l. 2. pag. 96. zeuget) ist wie ein Lorbeer–Baum / doch grösser / dessen Holtz sich mit dem
Buchs-Baum / die Blätter aber mit den Lorbeer-Blättern vergleichen: blühet erstlich weiß /
darnach grün und zuletzt roth; und obgleich die Blüth von dem Regen offt verdorben wird / so
erhohlet sich doch der Baum auff folgenden Sonnen-Schein und bekombt andere Blüth / dadurch er
seine Früchte erlanget / deren in den Spitzen zu 10. und 20. bey einander sitzen und so dick
stehen / daß wann das Jahr gut (weiches fast alle 3. Jahr geschiehet) mancher Baum 2. Baren,
deren jede 625. ???. hält tragen kan. Vid. Fig. anea. Und weilen die Holländer mit diesem
Handel ein grosses gewinnen / so lassen sie keine andere Nation darzu; weßwegen sie alle Bäume
auff den Moluccischen Insuln / absonderlich Ternaten (wo sonsten die Näglein häuffig und allein
von sich selbsten gewachsen) außgerottet und in die Insul Amboina gepflantzet haben / weilen
sie die andere Nationes hier besser zwingen können.
§. 3.
Die Näglein selbsten sind erstlich weißlichtgrün / nachmahlen röthlicht / welche also / ehe
sie reiff und braun werden / von den Insulairen mit Röhren abgeschmissen und in der Sonnen
gedörret werden / weilen in Ansehung ihres flüchtigen Saltzes die Kräfften an den Zeitigen
vergehen und diese bey weitem nicht so scharff und kräfftig sind / wie die gemeine
Würtz-Näglein: werden vom Anfang oder Mittel des Septembr. biß auff den Februar. gesamlet. Wann
sie ihnen die schwartze couleur geben / sollen sie geräuchert werden / wie Rumphius in
seinem [295] Brieff an Doct. Menzeln (so in Miscel. A. N. C. Dec. 2. Anno
1. befindlich ist) und Georg Meister im Ost-Indischen Lust-Gärtner pag. 75. schreiben
§. 4.
Die besie sollen schön schwartz und nicht roth oder taub / ohne ???. seyn / welche letztere
diejenige sind / welche noch nicht zu ihrem vollkommenen Wachsthumb kommen und mit denen
übrigen abgeschlagen worden sind / wie Georg Nic. Schurtzius in seiner Material-Kammer pag. 36.
berichtet. Anbey müssen sie recht trucken / leicht zu zerbrechen / und mit ihrem öbersten
Knöpfflein noch versehen seyn / auch wann man sie mit den Nägeln zwicket oder eine warme Nadel
hinein stecket / etwas Oehl geben. Es ist auch wohl acht zu haben / daß sie nicht feucht seyen
/ dann man sie mit Limonien-Lack Meer- und anderm Wasser feucht machen kan; wodurch sie an den
Kräfften grossen Schaden leiden / wie Ettmüller in Comm. Schroed. Pag. 536. zeiget: Welches
aber bald zu mercken / wann man sie zwischen den Nägel zerdruckt und zusiehet / ob Oehl oder
Wasser herauß gehe. Noch mehr aber hat man sich vor denen zu hüten / von welchen das Oehl schon
außgezogen / dergleichen offt unter die übrige gemischet werden / wie Pomet in seiner Hist. des
Drog. p 199. berichtet. Letzlich müssen sie auch nicht mit Staub verunreiniget oder mit
Capletten vermischet seyn / wie Marxius in der Teutschen Material. Kammer pag. 68. erinnert.
Durch die Capletten (welche sonsten FUSTI und Capeletti heissen) werden die Festucae oder
Stiehl von den Näglein verstanden / welche auß dem feinen Gut müssen außgelesen seyn. Wer die
gestossene Näglein kaufft / habe acht / daß sie nicht mit der Cassia Caryoph. oder den Fusti
(welche die Materialisten à part und sehr wohlfeil verkauffen) verfälschet seyen.
§. 5.
Diese Näglein nun haben eine sehr erwärmende / durchdringende und zertheilende Krafft /
stärcken das Haupt / Hertz / Magen und Sennen / und werden deßwegen in Ohnmachten des Hertzens
/ kaltem Magen / Schwindel des Haupts und absonderlich gegen das Zahn-Weh von kalten Flüssen
gebrauchet / worzu auch das destillirte Oehl oder
OLEUM CARYOPHYLLORUM
in grossem Gebrauch ist / welches die Holländer in der Menge darauß destilliren und herausser
bringen: muß sehr scharff und nach den Näglein schmäcken / auch auff dem Wasser schwimmen. Wann
man sorget / daß es mit dem ???. Cass. Caryoph. verfälschet sey / giesse man es auff Wasser /
da es schwimmet / das ???. Cassiae aber zu Boden gehet. Wann es frisch / muß es Gold-gelbicht
seyn / dann / wann es alt wird / roth außsihet. Will man es selbsten destilliren / kan man auß
einem ???. Nelcken anderthalb / biß dritthalb / Untzen ???. haben / wie es der Apothecker
Vielheur in Beschreibung frembder Materialien pag. 87. außgerechnet hat. Man kan es auch auß
dem Holtz des Baums destilliren / welcher überall aromatisch ist / wie Doct. Hermanni Msc.
berichtet. M. Lemery ein Frantzos / lehret ein weisses Oehl auß den Näglein durch einen
besonderen Handgrieff machen / ist aber der Mühe nicht werth. Die Parfumirer brauchen solches
in grosser Menge / nnd in der Artzney dienet es gegen den Frost in dem Fieber auff die
Hertz-Grube gerieben. Bey Dispensation des Theriacs wird es dem Opobalsamo substituiret.
Mehrere Praeparata davon findet man in Doct. Friedels Disp. Inaug. de Caryophyllis
Aromaticis.
§. 6.
Eben die vorgemeldte Nelcken / wann sie so lang an dem Baum gelassen werden / daß sie zu
ihrer rechten Zeitigung gelangen und recht vollkommen werden können / heissen nachgehends
ANTHOPHYLLI
oder
dicke Mutter-Näglein /
welche den andern zwar gleich / aber viel dicker / vollkommener und etwas schwartzer sind /
auch unter einer hartichten Schale einen länglichten braunen Kern / von einem sehr annehmlichen
Gewürtzten Geschmack haben / so zwar nicht so starck / als in den vorigen / jedoch lieblicher
ist / und sollen die rechte Mutter-Näglein ein hartes und schwartzes Hartz / von einem sehr
annehmlichen Geruch und Geschmack in sich halten / wann sie von den rechten sind / welche
bißweilen nicht viel kleiner / als ein Daumen seyn sollen / wie Pomet c. l. berichtet / ob er
wohl selbsten keine grössere / als das letzte Glied am kleinen Finger gesehen; weswegen er auch
zweiffeln will / ob die rechte Grossen herauß kähmen / weil sonderlich keine Nachfrage darnach
seye. Auff welchen Fall er denjenigen Fehler / welcher ihm in der obbelobten zu Hall gehaltenen
Disput. Inangurali de Caryophyllis Aromaticis beygeleget wird / noch disputirlich machen könte
/ als welche von keinem Hartz darinnen wissen will. Die Apothecker lesen offt an deren statt
die grössere Stück auß den gemeinen Würtz Nägelein / und verkauffen solche unter diesem Nahmen
/ wiewohlen solches deßwegen nicht zuzulassen ist / weilen die rechte Mutter-Nägelein viel
temperirter sind und also eine viel andere Eigenschafft haben / als die gemeine.
§. 7.
Auß diesen werden die Bäume fortgepflantzet / welche / so sie auff die Erde fallen / von [296] sich selbsten eine Wurtzel gewinnen und außschlagen / wie Mons.
Tournefort solches in einem Abriß in des Pomets Material-Kammer pag. 198. unter Augen leget.
Sonsten aber werden sie in der Artzney den Weibern in den Mutter-Schmertzen und andern
derselben Kranckheiten verschrieben / darvon sie auch den Nahmen bekommen haben; Weßwegen dann
auch ein Safft oder Syrup davon gemacht wird / welcher gegen das Auffblöhen der Mutter / den
weisen Fluß der Weiber / auch deren Sterilität und Unfruchtharkeit gelobet und von Doct.
Ettmüllern. c. l. recommendiret wird.
§. 8.
Uber diese vorbemeldte hat man noch eine andere Art sehr kleiner Nägelein / welche
CARYOPHYLLI REGII
oder
Königs-Näglein
genennet / und bißher von wenigen oder fast niemanden / ausser dem berümbten Wormiô, in
seinem Museo pag. 203. beschrieben worden: Sind kaum eines Gersten-Korns dick und formiren mit
ihren Zacken (davon auff beyden Seiten wohl 6. biß 8. zu sehen sind) eine Cron / welche einer
Blumen ähnlicher sind als einer Frucht / wie sie in oben gesetzter Figur (dergleichen ich zu
Franckfurt am Mayn bey Herrn Vito, als Er eben auß Ost-Indien kommen / gesehen) von Plukenetio
Tab. 155. abgemahlet worden: Sind sonsten an Farb und Geschmack / wie auch Geruch / den andern
gleich.
§. 9.
Der Baum dieser Königs-Nägelein soll von denen Einwohnern der Insul Macciam in grossen Ehren
gehalten und THINCARADOI, das ist / Caryophyllus Regius genennet werden / welchen der König
gedachter Insul mit einer Wacht bewahren soll / damit er nicht violiret werde / auch die Frucht
nicht so leicht vereussert werden könne / welche deswegen auch so rar zu bekommen seyn soll;
Wie man dann zugleich vorgibt / es wäre nur ein eintziger dergleichen Baum in der Welt zu
finden und daß andere Bäume sich gegen denselben gleichsam neigeten / auch wann er blühe / alle
andere Blüth von den andern Bäumen abfallen thäte. Allein alles dieses scheinet einem Mährlein
viel ähnlicher / als einer warhafftigen Histori (ohnerachtet es ein gewisse Person / so den
Baum gesehen haben will / obgemeldtem Wormio vor gewiß erzehlet hat) indem der Herr Rumphius,
in seinen Brieffen an Herr Herbert de Jager, versichert / daß die Bäume der rechten
Königs-Nägelein gäntzlich außgerottet worden seyen / dahero auch die grosse rarität der Früchte
entstanden ist / wie unten im Anhang dieses / auß den Ost-Indianischen Sendschreiben / zu
ersehen ist.
§. 10.
Obwohlen nun nicht zuzweifflen ist / daß diese Näglein eben solche Qualitäten und Tugenden
haben / wie die vorige / so sind sie doch viel zu rar und zu kostbahr / daß sie also in den
Speisen und Artzneyen könten employirt werden. Weßwegen sie nur in den Kunst- und
Naturalien-Kammern zur Rarität gezeiget / von den Indianern aber eingefädent und an statt der
Arm- und Halß Bändern angehenget werden.
|| [297]
Das IIX. Capitel
Von dem schwartzen / weissen / langen und Spanischen Pfeffer / wie auch von den
Cubeben.
§. 1.
UNter so vielerley Arten von dem Pfeffer ist der Schwartze oder
PIPER NIGRUM
der gemeineste und gebräuchlichste / welcher / wie männiglichen ohne dem bekandt / aus runden
/ schwartz und runtzelichten Körnern / einer Erbsen groß bestehet / einen sehr scharffen /
brennenden und gleichsam feurichten Geschmack und guten aromatischen Geruch hat: wird von der
Compagnie aus Ost-Indien gebracht und in grossen Ballen hin und wieder verschicket: Und wann
die Medici den Pfeffer ohne Zusatz oder Beynahmen verschreiben / muß der schwartze immer
verstanden werden.
§. 2.
Das Gewächse / woran der Pfeffer wächset / findet sich häuffig in Java majori: ist eine Art
der Winde oder Colvolvuli, welche breite und mit vielen starcken Adern versehene Blätter hat /
dem Betel (so eine Art des langen Pfeffers ist und im Horto Malab. Tom. 7. Fig. 13. schon
abgemahlet worden ist /) nicht viel ungleich / deren Unterscheid Fabius Columna in Annot. ad
Anton. Recchi res Nov. Hisp. pag. 876. klärlich gezeiget hat. Wann nun der Pfeffer auff die Art
und Weiß / wie im Anhang dieses Buchs nach den Ost-Indischen Send-Schreiben berichtet wird /
gesäet oder gepflantzet ist / so hänget sich das Kraut / wie der Eppich / mit seinen Krappeln
an andere Bäume / windet sich hinauff und bekommet viele Außschläge / je eine 2. oder 3.
Spannen lang. An jedem Reblein hangen etwa 6. Pfeffer-Träublein / fast eines Schuhes lang /
woran viele Kernlein / an der Farbe wie die Wein-Beeren / wann sie anfangen zu zeitigen / zu
sehen sind. Nachmahlen werden sie im Wein-Monath / wann sie noch grün sind / auff Matten von
Palmen-Blättern abgelesen und drey Tage an die Sonne geleget / allwo sie alsdann dürr /
schwartz- und runtzelicht werden / wie Marxius in der Teutschen Material-Kammer pag. 144. und
Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 142. solches aus andern beschrieben und im
Horto Malab. Tom. 7. Tab. 12. bestättiget wird.
§. 3.
Von diesem schwartzen Pfeffer nun hat man wohl dreyerley Sorten / welche Schurzius in seiner
Material-Kammer pag. 68. in grob / mittel und klein Gut unterscheidet: über welche doch auch
viel marinirter / der nemblich unten im Schiff von dessen laquirung / durch das Meer-Wasser /
Schaden gelitten hat / heraus kommet und viel wohlfeiler / als der an [298] dere verkauffet wird. Noch klärlicher aber wird der Pfeffer / nach Unterscheid
der Länder / woher er kommet / von dem Frantzöischen Materialisten Mons. Pomet in seiner
Historie Generale des Drogues Part. I. Lib. 7. pag. 139. also sortiret / daß der erste und
schöneste der Malabarische: der zweyte von Jamby und der dritte von Bilipatham herrühre:
welcher letztere / ob er schon gantz dürr / mager und klein-körnericht ist / von den Türcken
doch am höchsten aestimiret / und weilen er nicht zu hitzig / am meisten gesuchet wird;
weswegen dessen von den Holländern sehr wenig heraus gebracht wird / so die Türcken gern bey
ihrem Wahn und Glauben lassen / und hergegen mehr nach dem grob- und schwerkörnerichten Pfeffer
trachten / welchen sie von den Wilden gemeiniglich gegen andere Waaren / als Quecksilber /
Zinnober / Opium und dergleichen außtauschen; weswegen sie auch dieses Gewürtz viel wohlfeiler
/ als die Engeländer / geben können / weilen diese baar Geld geben / da die Holländer an ihren
eigenen Waaren hergegen offt Cento pro Cento gewinnen können / welche ihn in grosser Menge
heraus führen / und fast an statt des Ballast in den Schiffen gebrauchen / wie Georg Meister im
Ost-Indischen Lust-Gärtner pag. 114. schreibet.
§. 4.
Die Prob des Pfeffers betreffend / so muß solcher fein grob an Körnern / schwer in der Hand /
braunlicht / glatt und nicht zu runtzelicht seyn / auch viel weisse Körner in sich halten /
welche sich / wie die andere all / nicht leicht zerreiben lassen / sondern gantz bleiben. Man
muß auch zu sehen / daß die gröste und beste Pfeffer-Körner nicht heraus gesuchet und
außgelesen seyn / aus welchen einige vortheilhaffte Materialisten und Apothecker den weissen
Pfeffer machen; welches darmit zuentdecken / daß man die Körner in Wasser werffe und in obacht
nehme / ob sie zu Grund gehen oder oben schwimmen: Sintemahl derjenige / welcher schon in
warmen Wasser gewesen und also der weisse darvon gemacht worden / nur oben schwimmet auch sich
leichtlich in der Hand zerreiben lässet. Wo aber viel Staub unter ist / hält man nicht vor
Kauff-Manns-Gut. Weilen auch die gemeine Würtz-Krämer und Schachtel-Träger den Pfeffer meistens
gemahlen und gestosen herumb tragen / zuvor aber mit denen so genandten Paradieß-Körnern
vermischen / oder wohl gar geröst Brod oder andere Sachen darunter thun / so muß ein kluger
Hauß-Vatter ihnen nicht so schlechter dings trauen / sondern den Pfeffer / wie auch andere
Gewürtze / lieber gantz / als zerstosen kauffen.
§. 5.
Die Krafft und Tugendt des Pfeffers bestehet in einem sehr erwärmenden / zertheilenden und
außtruckenden flüchtigen Saltz und feurigem Oehl / wormit es den erkalteten Magen erwärmen und
allen Schleim darin verzehren kan; weswegen man den Pfeffer nicht allein zu allen kalten und
zähen Speissen thut / sondern auch in der Artzney fleissig gebraucht / indem einige Körner nur
gröblich zerbissen und also gantz verschlungen den schwachen Magen stärcken / guten Appetit
machen und die Winde auch zertheilen könne. Die gemeine Leut brauchen ihn fleissig gegen das
Fieber / indem sie sieben / biß zehen Körner gröblich zerstosen in einem Löffel voll
Branden-Wein vor dem Anstoß einnehmen und darauff schwitzen; welches aber nicht allemahl sicher
ist und nur bey starcken und kalten Complexionen gut thut. Sicherer ist es / daß man das Oleum
Piperis oder destillirte Oehl darvon gegen den allzugrossen Frost des Fiebers in die
Hertz-Grube oder Rück-Grad reibe. In den Apothecken hat man die Species von dem Pfeffer /
diatrion Pipereon genandt / welche zu denen Haupt- und Magen-Morsellen / Magen-Pulvern /
Tresenet und dergleichen kommen.
§. 6.
Ob aber aus besagtem schwartzen Pfeffer der so genandte weisse Pfeffer oder
PIPER ALBUM
allein durch künstliche Beitzung und Einweiung geschälet und verfertiget werde? oder ob
derselbe auch natürlich also wachse? davon sind die Natur-Kündiger und Materialisten noch nicht
einerley Meynung. Viele halten es mit der ersten Meynung / indem nicht allein Erasmus Francisci
in seinem Ost-Indianischen Lust-Garten pag. 399. sondern auch die Englische Societät in Londen
in ihren Actis Vol. 1. pag. 879. wie auch der Scribent des Horti Malabarici Tom. 7. Tab. 12.
pag. 23. versichert / daß der weisse Pfeffer von dem schwartzen herrühre / welchen Ettmüllerus,
Charas, Marxius, Schurzius und andere auch beypflichten / so gar / daß bemeldter Charas die
alte Vorfahren und andere / so da glauben / das der weisse Pfeffer also wachse / in seiner
Histori der Theriacs-Ingredientien pag. 146. mit verschiedenen Gründen zu widerlegen suchet.
Andere hergegen / als Gerard, Parkinsonius und andere so sich auff die Erkändnus der frembden
Kräuter absonderlich geleget / unterstützen das Gegentheil und beschreiben eine besondere Winde
/ welche den weiß-grauen Pfeffer trage / und in dem Kupffer-Blat oben von Pometo unter Augen
gestellet wird; welches auch weder der berümbte und hierinnen sehr erfahrne. Doct. Hermanni in
seinen Mss. Noch auch Dale in seiner Pharmacologia pag. 446. gäntzlich zu verneinen sich
getrauet haben / anbey aber dieses versicherende / daß kein natürlicher weisser Pfeffer aus
Indien in Europam komme / son [299] dern der Unserige durch Kunst
also auß dem schwartzen Pfeffer zubereitet werde.
§. 7.
Die Art und Weise der Zubereitung beschreibet Moyses Charas in obangezogenem Buch pag. 148.
Man nimbt nehmlich die gröste und schwereste Körner von dem schwartzen Pfeffer / weichet sie in
Meer-Wasser ein / biß sich die eussere Schale auffbläset und zu separiren beginnet / worauff /
wann sie an die Sonnen gesetzet werden / die eussere runtzelichte Haut sich bald ablöset und
die Körner also weiß-grau liegen bleiben; und weilen nicht allein der beste Pfeffer hierzu
genommen / sondern auch einige Mühe darzu erfordert wird; so ist der weise Pfeffer ein gutes
theurer / als der schwartze. Besihe weiter die nach den Ost-Indischen Sendschreiben angehängte
Beschreibung der Pfeffer-Plantagien / wo zuletzt auch von dem weisen Pfeffer gehandelt
wird.
§. 8.
Der besie ist der Holländische / groß- und schwer-Körnichte / welcher keine schwartze Körner
/ vielweniger fragmenta, Staub und dergleichen in sich hat. Er soll auch nicht weiß gefärbet
und durch vieles Künsteln gebleichet seyn / welches leichtlich zu sehen / wann er in den Händen
gerieben wird / da er / wann er nur ein wenig gefärbet / gleich gelb werden wird. So scheinet
auch der rechte und veritable weisse Pfeffer / als wann er auff den Seiten Striemen und
Streiffen / wie Rippen habe / und wann er gestossen wird / so ist das Meel weiß-grau.
§. 9.
Sein Gebrauch kommet mit dem Schwartzen überein und wird nechst diesem zu dem Theriac
gebrauchet. In Franckreich ambriren sie den weissen Pfeffer / indem sie denselben gröblich
zerstossen / etwas von der Essentiâ Ambrae darauff sprützen / welchem sie den Nahmen BERGERAC
geben: und bedienen sich dessen die vornehme Leute / sowohl in der Speiße / als in der Artzney
zu den Magen-Pulvern und Trisenetten / worvon Pomet c. l. pag. 192. zu sehen ist.
§. 10.
Was den West-Indianischen runden Pfeffer anlangt / dessen Hernandez. in seiner Hist. Mexicana
und Francisc. Redi in Exper. Nat. pag. 168. unter dem Nahmen
PIPERIS TAVASCI,
gedencken und von andern PIMENTA, PIPER de JAMAICA, de THEVET &c. genennet
wird / so haben wir an einem andern Ort / wo von der Caßien-Rinden gehandelt worden / dessen
gnugsame Meldung gethan; weßwegen man sich hier mit der anfangs gesetzten Figur begnügen
wolle.
§. 11.
Mit mehrerem Recht aber kan man hier des langen Pfeffers oder
PIPERIS LONGI
auch gedencken / welcher also genennet wird / weilen er auß langen / Asch-fahlen und auß
vielen Körnlein zusammen gesetzten Stänglein / so groß als eines kleinen Kindes-Finger bestehet
und so wohl am Geschmack als Geruch dem runden gleich kommet / auch also / wie andere / an
Winden wächset / welche im Horto Malabaric. Tom 17. Tab. 14. 15. 16. abgemahlet sind: Wird
ingleichen meistens auß Ost-Indien gebracht / wiewohlen auch in West-Indien dergleichen zu
finden ist / wie bald soll gedacht werden.
§. 12.
Dieser lange Pfeffer wächset auff einem viel anderen Kraut / als der runde / indem es sich
nicht anhänget und so hoch auffwindet / sondern fast wie ein Sträuchlein fest stehet und nah an
der Erden fladdert / an welchem der lange Pfeffer / wie kleine Würmer herab hangen: wie oben
auß den Figur. zu sehen. Worauß dann erhellet / daß derjenigen Meynung gar nicht statt haben
könne / welche dafür halten wollen / es wäre der lange Pfeffer nicht / anderst / als der
unreiffe runde Pfeffer / dessen Träublein / ehe die Körner groß geworden / also außsehen
thäten; welches Moyses Charas vor andern in seiner Histoire der Theriac Ingredientien pag. 72.
mit verschiedenen Gründen widerleget hat.
§ 13.
Man findet dessen auch dreyerley Species, als 1. den gemeinen Orientalischen / welcher in
Bengala häuffig gezogen wird / und recht frisch / dicht und hart seyn / auch keine wurmstiche
haben soll / worzu er sonsten / ohnerachtet er fast schäffer und bitterer / als der runde ist /
sehr incliniret; weswegen bey Dispensation des Theriacs die Stiele davon abzubrechen und alles
pulvericht- und meelichte davon abzuwischen. Nechst diesem wächset 2. eine andere Art davon in
West-Indien / welche auß sehr langen Stänglein bestehet und von den Einwohnern MECAXUCHITL
genennet wird / unter welchem Nahmen es mit unter die Chocolaten kommet: Sonsten aber langsam
und rar zu sehen ist. Worzu 3. der schwartze und lange AEthiopische Pfeffer oder PIPER NIGRUM
AETHIOPICUM kommet / welcher in Abyssinien und AEthiopien an einem kriechenden Stengel / doch
ohne Blätter und Blumen wächset / und auß langen Schotten und Hülsen / in der länge eines
kleinen Fingers / so dick als ein Schreib-Feder / bestehet / außwendig braun und inwendig
gelbicht. Diese Hülsen sind durch gewisse Knoden unterschieden / in deren jedem eine kleine
Bohn / so [300] außwendig schwartz und inwendig röthlich ist / aber weder
Geruch noch Geschmack hat / da hergegen die Hülse sehr scharff und aromatisch ist; weswegen sie
die Schwartzen gegen das Zahn-Weh / wie wir die Bertram-Wurtz / gebrauchen: Ist im übrigen
gantz rar und unbekandt.
§. 14.
Was den Gebrauch des langen Pfeffers anlanget / so bedienen sich die Indianer dessen in der
Artzney / gleichwie des runden in der Speise. Bey uns wird er langsam und fast nur zum Theriac
gebrauchet.
§. 15.
Letztens hat man auch den West-Indiantschen Pfeffer / welcher in America, absonderlich in
Brastlien häuffig wächset / und allda CHILLI, bey uns aber SILIQUASTRUM,
CASPICUM
oder
Spanischer-Pfeffer
genennet wird: bestehet auß länglichten und eines Daumens grossen Schotten / welche roth oder
gelb anzusehen und einen sehr scharffen und brennenden Geschmack haben: wurden anfangs auß Goa
und Calicut gebracht / nunmehr aber ziehet man ihn aller Orten auß dem Saamen in den Lust- und
andern Gärten.
§. 16.
Das Kraut wächset ohngefehr einer Ehlen hoch / hat schwartz-grüne / glatte und länglichte
Blätter / wie der Nacht-Schatten: Neben den Aestlein kommen weisse Blümelein herfür / welche
mitten ein grünes Näblein hahen und wann sie abfallen / so folgen Fingerslange Schöttlein /
welche erstlich grün und darnach / wann sie zeitig worden / entweder hochroth / gelb oder braun
anzusehen / in welchen inwendig ein kleiner gelbichter Saame verschlossen ist / wie oben in der
Figur kan gesehen werden.
§. 17.
Man hat dessen vielerley Arten / nachdem die Hülsen oder Schotten entweder lang oder rund /
strack oder krumb / glatt oder rauhe sind / wie deren vier Species bey Tabernaemont. in dem
andern Buch von den Kräutern pag. 559. abgemahlet sind / welche doch besser vom Hernandez in
seinem Buch de Rebus Nat. & Med. Novae Hispan. und sehr weitläufftig von
Gregoriô de Regio in Tract. de Capsicis beschrieben worden. Der beste muß noch frisch seyn und
auß gantzen / großen und recht rothen Schotten bestehen.
§. 18.
Dieser Pfeffer komt mit den Kräfften dem rechten Pfeffer sehr nahe / und stärcket den Magen;
weswegen ihn nicht allein die Americaner / sondern auch die Siamensern rohe / wie wir die
Rettich / essen. Man condirt ihn auch entweder mit Zucker oder mit Essig und Fenchel / und
gebraucht ihn bey den Braten an statt der sauçe. Die Indianer nehmen ihn auch zum Chocolat,
ihre Geilheit zu stärcken. D. Ettmüller rühmet ihn in seinen Comment. ad Schroed. p. 628. gegen
das Fieber / vor dem Anstoß eingenommen / und machet eine Essentz vor den Magen darauß. Sonsten
aber wird er am meisten von den Essig-Machern verthan und wissen auch die Brandenwein - Brenner
den schlechten Frucht - Brandenwein / wann sie zuviel lauffen lassen / darmit zu stärcken.
§. 19.
Endlich hat man der Cubeben auch allhier gedencken wollen / weilen sie / sowohl dem Ansehen /
als Kräfften nach / eine grosse Gleichheit mit dem Pfeffer haben / und derowegen von den
Frantzosen Poivre a queuë oder geschwäntzte Pfeffer genandt worden / weilen sie mit einem
kleinen Stielgen versehen sind. Diese
CUBEBAE
nun sind runde dürre Körner / wie Pfeffer anzusehen / doch offters etwas grösser und nicht so
schwartz / sondern graulicht / außwendig mit einer runtzelichten Schale und kleinem Stiel
versehen / inwendig aber etwas hohl und einen kleinen runden Kern in sich haltende / welcher
außwendig schwartz und von innen weiß ist: Von gutem Geruch / und scharff-aromatischen / auch
etwas bitteren Geschmack: Werden auß Ost-Indien / wie der Pfeffer / zu uns überbracht / allwo
sie in der Insul Java häuffig wachsen.
§. 20.
Ob aber die Cubeben von einem Baum / oder von einen Kraut herrühren? ist biß uff den den
heutigen Tag noch nicht gantz außgemacht / indem beyde Meynungen ihre Unterstützer finden / wie
bey Sam. Dale in Pharmacol. pag. 420. zu sehen ist. Einige vermeinen / sie wächsen auff einem
Baum / welchen / Plukenet Tab. 140. Fig. I. abgemahlet hat. Andere hergegen glauben vielmehr /
daß sie / wie der Pfeffer / an einem Convolvulô oder Winde wachsen / wie obe̅ in
dem Kupffer-Blat zu sehen / welcher Meynung der berümbte Hermanni in seinen Mss. de Mat. Med.
und Pomet c. l. pag. 195. beypflichtet. Beyde Theile aber gestehen / daß sie auß der Insul Java
kähmen / deren Einwohner / wie man glaubet / sie zuvor in Wasser sieden sollen / ehe sie solche
herauß schicken / damit man nicht solche in Europâ auch pflantzen und erziehlen möge / wie
Hoffmannus in Clav. Schroed. pag. 461. erwehnet. Sie müssen sonstenschön groß und wohl
gewachsen / auch nicht zu runtzelicht seyn.
|| [301]
An den Kräfften sind sie etwas temperirter / als der Pfeffer / erwärmen den Magen und
Eingeweid / stärcken die Nerven und sind dem Haupt sehr vorträglich. Absonderlich aber werden
sie gegen den Schwindel (welcher meistens aus dem Magen herrühret) sehr gerühmet / worinnen sie
an mir selbsten vortrefflich gut befunden hab. So stärcken sie auch das Gedächtnus und machen
einen guten Athem in dem Mund gekauet; weswegen man sie nicht allein also rohe kauen / sondern
sich auch des Confects davon oder der überzogenen Cubeben bedienen kan. So hat man auch ein
vermischt Pulver darvon / welches unter dem Nahmen der Specierum Diacubebarum in denen
Apothecken kommet / und zu den Haupt- und Magen-Morsellen sehr dienlich ist. Aus dem Oehl kan
man mit Canarien-Zucker ein Elaeosaccharum machen / welches in eben diesen Fällen sehr gut
thut.
§. 1.
HIer hat man Hertzen und Nieren zu prüffen / indem eine von obgesetzten Früchten wie ein
Hertz / die andere wie die Nieren außsehen. Jene wird von solcher Figur
ANACARDIUM,
und von den Teutschen Elephanten-Lauß genennet: Ist eine schwartze / gläntzende und etwas
zusammen gedruckte Frucht / wie ein Vogel-Hertz anzusehen / welche unter einer doppelten Schale
einen weissen und süßlichten Kern: zwischen den beyden Schalen aber einen dunckel - rothen /
öhlichten und scharffen Schleim wie Honig hält: werden von Cananor, Cambaja und Malabar aus
Ost-Indien gebracht.
§. 2.
Von dem Gewächs dieser Frucht sind verschiedene Meynungen. Pomet, der Parisische Materialist
/ gibt in seiner Material-Kammer pag. 210. vor / es seye eine Art Bohnen / welche den Bäumen /
wie andere dergleichen Kräuter / hinauff lauffe / wie er sie auch in dem Kupffer-Stück
vorgestellet hat. Die Gelehrte und Botanici hergegen schreiben / daß sie an einem Baum wachse /
welcher doppelte glatte Blätter / kleine gelbe Blümlein und diese Früchte trage / und in dem
schönen Horto Malabarico Tom. IV. OEPATA genennet wird; welche letztere Meynung der ersten
desto mehr vorzuziehen ist / weilen man an dieser Frucht oben noch etwas von dem Stiel / woran
sie gehänget hat / sehen [302] kan / dergleichen an keinen Bohnen zu finden
ist.
§. 3.
Die beste sind / welche schön groß / frisch und wohl außgewachsen scheinen / auch inwendig
einen schönen weissen Kern / wie eine Mandel haben. Die kleine / eingeschrumbte und
verruntzelte taugen nichts.
§. 4.
Was die Kräfften und Qualitäten dieser Früchten anbelanget / so sind sie einer sehr
erhitzenden und gleichsam brennenden Natur / so gar / daß die frische und noch grüne Anacardien
vor gifftig gehalten werden. Die gedörrete aber sind so scharff und ätzend nicht mehr / und
weilen sie ein sehr flüchtiges Saltz und Oehl in sich haben / ermundern sie die Lebens-Geister
und dienen gegen viele Haupt-Kranckheiten der Alten / nemblich den Schlag / Lahmigkeit der
Glieder / schwaches Gedächtnus und dergleichen / worgegen unsere Vorfahren die bekandte
CONFECTIONEM ANACAR??? DINAM offters verschrieben / welche heut zu Tag / wegen der vielen und
scharffen Gewürtzen / so darzu kommen / zu hitzig und derowegen nicht sonderlich gebräuchlich
ist. Den Safft / welcher zwischen beyden Schalen lieget / sollen die Indianer den Cattun zu
färben brauchen / welcher so hinein dringet / daß er sich gantz und gar nicht wieder außwaschen
lässet. So hat mich auch Herr D. Kempffer, als er vor einigen Jahren aus Ost-Indien gekommen /
versichern wollen / daß die Schnesen und Japonenser ihren schönen Firnus daraus machten / nicht
aber / wie andere vorgeben / aus dem Gummi Laccae. In Malavar brauchen sie solchen zum ätzen /
und wann man nur ein Tröpfflein davon in einen holen Zahn fallen lässet / soll es denselben
zermalmen und außfallen machen / wie Wormius in Mus. pag. 182. berichtet. Christophorus à Costa
meldet / daß etliche der Indianer die Frucht forn an die Messer - Spitze zu stecken und an ein
brennendes Licht zu halten pflegen / darauff der Safft so wunderlich soll blatzen und krachen /
auch seltzame Feuer - Funcken / von unterschiedenen Farben / von sich werffen / daß es wie ein
Blitz anzusehen wäre: worbey sie die Einfältigen bereden sollen / ob erschienen ihnen darinnen
die Geister und offenbahrten ihnen viele Heimlichkeiten. Letzlich hat man in den Apothecken
auch das so genandte MEL ANACARDINUM oder Anacardien - Honig / welcher nichts anderst / als der
obgemeldte Safft ist / so mit Wasser daraus gekochet und gebracht wird: ist vor diesem gleicher
Weiß in obbemeldten Haupt - Kranckheiten gebrauchet worden: Heut zu Tag aber wird er / wie auch
das OLEUM ANACARDII langsam verschrieben / wovon beyderseits Ettmüllerus in Comment. Schroed.
pag. 512. kan gelesen werden.
§. 5.
Die Occidentalische Anacardien werden von den Indianern
CAJOUS
und ACAJOU, von den Holländer aber CASUBEN oder KAETTSHU (wie Georg Meister schreibet)
genennet / und bestehen aus länglichten Sorten und aus Asch-farbichten Körnern / so groß wie
eine Welsche - Bohn und wie ein Nieren anzusehen: haben / wie die vorige / zwey Schalen und
zwischen denselben ein röthlichtes / beissend- und ätzendes Oehl / inwendig aber einen schönen
und Schneeweissen Kern / wie süsse Mandeln schmäckend: kommen aus Brasilien und andern
Americanischen Orten / wiewohlen sie auch in Ost - Indien zu finden / und von Georg Meistern im
Ost-Indischen Lust-Gärtner pag. 95. beschrieben / und schön abgerissen sind.
§. 6.
Der Baum / woran diese Körner wachsen / ist etwa sechs Schu hoch / aber sehr breit und
schatticht: hat ein sehr hartes Holtz / gelb-grüne Blätter und kleine Rosen-farbichte Blümelein
/ wie Träublein zusammen gesetzet. Nach diesen trägt er eine roth - gelbe Frucht / wie eine
Pomerantze oder Abricot, worauff oben diese Körner oder Cajous sitzen / wie in obgesetzter
Figur zu sehen / dergleichen auch im Horto Malabarico Tom. 3. zu finden / allwo dieser Baum
Kapamara genennet wird.
§. 7.
Es müssen aber diese Cajous dick / vollkommen / frisch und außwendig wie Oliven anzusehen
seyn. Wann die inwendige Mandel - Kerne schön weiß außsehen / so ist es ein Zeichen / daß sie
recht zeitig und gut seyen.
§. 8.
Den Nutzen und Gebrauch dieser Früchten anbelangendt / so sollen die Americaner die gelbe
Frucht selbsten von einander schneiden und mit Zucker / wie wir die Citronen / geniessen: und
weilen solche sehr guten Geschmacks sind / refraichiren und das Hertz stärcken / so sollen die
Brasilianer wegen dieses Baums offt Kriege führen / wie solches Wormius pag. 192. Mus. aus den
Indianischen Scribenten anführet. Die harte Kerne oder Cajous, so oben sitzen / werden gebraten
und sollen wie Castanien schmäcken. Man schreibet ihnen ein Magenstärckende Qualität zu / und
sollen den Eckel und das Brechen desselben stillen / wie Rajus in Hist. Plantar. pag. 1649.
meldet. Derjenige Safft oder Oehl hergegen / welches zwischen beyden [303] Schalen zu finden / ist sehr scharff und ätzend / wormit man Krebs- und andere Schäden heilen
/ auch die Hüner-Augen an den Füßen wegbringen kan. So soll er auch die rothe Flecken und
Mähler unter dem Gesicht wegnehmen / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 209. davon
berichtet. Einige haben dafür halten wollen / das die Terra Japponica hiervon entspringe / auch
deßwegen Catzu von Cajou genennet würde / welche Meynung doch Samuel Dale in seiner
Pharmacologie pag. 340. zur Genüge widerleget hat / und ist auch schon anderwerts etwas davon
gedacht worden.
§. 1.
DIe Karmasin-Beer oder Grana Chermes sind rothe / leichte und gleichsam schwammichte Körner
oder vielmehr Würm-Behälter / einer Erbsen groß / etwas scharff und bitter von Geschmack und
ziemlich gutem Geruch: werden sonsten auch Grana Tinctorum genennet / weilen sie / wie unten
soll gemeldet werden / den Färbern auch dienlich sind.
§. 2.
Das Stäud- oder Bäumlein / woran diese Dinger wachsen / ist eine Art Stech-Eichen / so Ilex
Coccigera genennet wird / hat grün-gläntzende und stachlichte Blätter / und wächset häufig in
Spanien / Portugal und absonderlich in einigen Frantzöischen Landen / in der Provence und umb
Languedoc, woraus so wohl die Körner / als der Safft darvon in Teutschland gebracht werden. An
diesen Sträuchlein wachsen / ohne die natürliche und gewöhnliche Früchten / unten schwischen
dem Stämlein und den Aesten einige runde kleine Knöpflein / wie die Erbsen anzusehen / welche
der anderen / so auff und unter den Blättern / gleich wie Gall-Aepfflein / hervorbrechen /
Mütter genennet werden / sind anfangs alle weiß - grau / werden aber nachgehends roth und
weilen darinnen / wie in allen dergleichen Neben - Gewächsen / sonderliche Würmlein wachsen /
welche den inneren Marck verzehren / so werden dieselbige von den Einwohnern mit Ansprengung
starcken Essigs vertrieben / deren Reichthumb und Nachrung fast in diesen Körnern bestehet /
absonderlich der Armen / welche [304] sonsten nichts / als die blosse Mühe
zur Einsamblung darauff wenden dörffen / davon Quiqueranus Tract. de Laudibus Gallo -
Provinciae mit mehrerem zu sehen ist. Doch sollen auch dergleichen Grana Chermes auß America
kommen / deren sich die Färber meistens gebrauchen / wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag.
534. gedencket; wie dann auch in Polen an der Wurtzel eines Krauts / Polygonum Coccigerum
genandt / dergleichen Körner zu finden / davon die Teutschen Curiosi in Miscell. Ac. N. C. Dec.
1. A. 1. p. 27. und Wilh. Robertson in Lexico Concord. mehreren Unterricht geben.
§. 3.
Nach Einsamblung der Karmasin-Beeren werden dieselbige entweder also / wie sie gewachsen /
auffgeddrret und in andere Länder verschicket: Oder man presset den Safft und Marck darauß /
welchen die Apothecker mit Zucker vermischen und also in andere Länder verkauffen / wo man die
Confectionem Alkermes darauß machet: Die zurückbleibende Häutlein aber werden gesäubert und den
Färbern verhandelt / welche den Apotheckern offters das außgelegte Geld wieder zahlen
müssen.
§. 4.
Im Einkauff der Karmasin-Beeren muß man die grosse und gantz frische / von dem letzten Jahr
erwehlen / welche recht dunckel-roth und noch marckicht sind. Die wurmstichichte
leicht-körnichte sind schon zu alt / weilen die Würme / so alsdann darinnen wachsen / das
inwendige Meel oder Scharlach-Weid verzehren und nichts / dann das Häußlein zurück lassen /
welches die Krafft der Beeren sehr vermindert. Die Frantzöische auß Languedoc sind insgemein
die beste / weilen sie groß und durch auß roth: Die Portugiesische werden so hoch nicht
aestimiret / weilen sie gemeiniglich klein / mager und schwartzlich-roth außschen. Vid. Pomet
Lib. 1. C. 26. p. 36. absonderlich aber Joh. Stephanus Strobelberger in seinem Buch von den
Coccobaphien.
§. 5.
Den Qualitäten nach wird ihnen eine etwas anhaltende und stärckende Krafft zu geschrieben /
darvon jene die verletzte Senn-Adern zu recht bringet / diese aber die Lebens-Geister in
Ohnmachten / Hertz-Klopffen und andern dergleichen Schwachheiten stärcken sollen. Man gibt sie
den Schwangeren Weiber / wann sie gefallen / auch zur Geburt arbeiten / zu Pulver gestossen in
einem Ey. Sonsten aber werden sie mehrentheils zu der kostbahrren Scharrlach-Farb und in der
Medicin zu dem Alkermes-Safft und darauß entstehenden Confection gesuchet.
§. 6.
Was die Scharrlach-Farb anbelanget / so werden nicht allen die gantze Körner darzu gebrauchet
/ sondern man ziehet auch absonderlich das zarte saubere Meel oder Pulver auß den Körnern / so
etliche
die Scharlach-Weid /
oder wie es die Frantzosen heissen / Pastel d' Ecarlatte nennen: Ist das beste Theil davon /
und kan nur auß den frischen und sehr rothen Körnern gemacht werden. Dieses brauchen die Färber
zu den kostbahren Scharrlach-Tüchern; Und wellen diese Waare von denen Betrügern offters mit
Essig angefeuchtet und also die Röthe dadurch erhöhet / auch das Gewicht vermehret wird / so
muß man bey dem Einkauff wohl in acht nehmen / daß die Waare nicht feucht sey und unannehmlich
rieche / woran der Betrug zu erkennen. Nechst dieser wird
Der Alkermes-Safft oder Syrup
zu Montpelier in der Provence mit Cassonad-Zucker verfertiget / und in kleinen Fäßlein von
weisem Holtz in Teutschland und andere Orten verschicket: Muß recht und durchauß roth Frisch
auch seyn und eine rechte consistence haben / auch nicht candisiret seyn. Wann er zu viel
Zucker hat / wird er etwas bleicher und gar zu susse seyn / ohne eintzige Bitterkeit / welche
in dem recht-auffrichtigen / doch ohne widerwillen / gekostet wird. Unter diesen Safft kan man
zur Zeit der Noth und des Gebrauchs sobalden andere Hertz-stärckende Mittel / als praeparirte
Perlen / Zimmet und dergleichen mischen und also an statt der
CONFECTIO ALKERMES
gebrauchen / zu mahlen verschiedenen Gelehrte Medici wegen einiger Stück / so entweder
eckelhafft / als die rohe Seide / oder zuweilen gefährlich / wie der Lazur-Stein / sind /
dieselbe sehl desrecommendiren und mit Dan. Ludovici eine andere dergleichen Mixtur von dem
Rosen Extract gebrauchen / wie in dessen Pharmac. pag. 708. zusehen. Wolte man aber dieselbe
den Alten und dem gemeinen Mann zu gefallen noch gebrauchen / muß man solche nach des Zwelffers
Anmerckungen verbessern / in Beysein der Medicorum, oder auch des Raths / verfertigen und nicht
von den Landstrichern / welche dieselbe / als die wahre Provintzialische von Montpelier, hin
und wieder tragen / kauffen / indem diese Betrüger lauter falsche Waare und der Materialisten
Außwürffe zusammen raspeln und andern auffhangen; weswegen Herr Pomet solches offenbahren und
an obigem Ort alle rechtschaffene Leut vor ihnen warnen wollen Der Gebrauch dieser Confection
ist bekandt: Es ist die allgemeine Hertz-Stärckung und letzte Oehlung [305] davon die completa den Manns-Leuten / die incompleta dem Weiber-Volck verschrieben wird. Sie
wird auch eusserlich auff das Hertz gerieben / ja über den Leib an den Kindern / wann sie die
Rötheln bekommen wollen / geschmieret / worinnen sie der Dänische Medicus, D. Simon Paulli
gewaltig rühmet / vid. Quadrip. Bot. pag. 69. Von den übrigen Tugendren / auch andern
Praeparatis, besihe Ettmüllerum c. l. It. Strobelbergerum, und Eichstadium: welche eigene
Bücher davon geschrieben haben.
§. 7.
Sonsten bringet man noch einige andere frembde Färb-Körner auß Italien und Franckreich /
welche man GRANA AVENIONENSIA oder GRANA d' AVIGNON nennet. Diese Körner nun sind bey uns noch
gantz unbekandt / werden aber in Franckreich sehr gebraucht und bey den Materialisten
auffgesuchet / weßwegen sie von Mons. Pomet in seiner Hist. des Drogues p. 25. auch beschrieben
und in obiger Figur unter Augen geleget worden: Sind grün-gelbe Körner / so groß als ein
Rocken-Korn / bald 3. bald viereckicht / bald auch wie ein Hertz formiret / eines herben und
bitteren Geschmacks.
§. 8.
Sie wachsen sehr umb Avenion, einer Stadt in Franckreich / dem Pabst unterthan / weswegen sie
davon genennet werden / obwohlen in der Provintz Languedoc dergleichen auch zu finden sind; und
weilen sie auch in Lycia zu finden / so wird der Strauch Lycium und in Ansehen der vielen
Dornen von andern Pixacantha genennet: hat lange Aeste / mit einer grauen Rind / gelbe und
holtzichte Wurtzeln / kleine / dicke und wie die Myrthen rangirte Blätter / an der Größe dem
Buchs-Baum nicht ungleich.
§. 9.
Solche Körner nun werden gleichfals von den Färbern gebraucht / welche gelb damit färben. In
Holland siedet man sie mit Römischer oder Englischen Alaun in Wasser und machet mit derjenigen
weisen Materie, womit sie sonsten das Bleyweiß verfälschen / einen Taig daraus / welchen sie in
kleine gedrehete Küchlein formiren und wann sie außgetrucknet / unter dem Nahmen Stil de grain
in Franckreich und anderstwo schicken.
§. 10.
Dieser Stil de grain muß schön Goldgelb / zart und zerbrüchlich seyn / nicht Sand- und
Kothicht: Wird zur Mignatur und den Oehl-Farben gebrauchet.
§. 1.
DIe Citronen oder MALA CITRIA sind aller Orten so bekandt / daß es ohnnöthig ist solche
weitläufftig zu beschreiben. Sie haben euserlich eine bleich-gelbe lederichte Schale / mit
vielen Düplein / inwendig weiß / eines scharffen / etwas bitteren und aromatischen Geschmacks
und sehr guten Geruchs: sind anfangs auß Mediâ gebracht worden / weßwegen sie auch MALA MEDICA
genennet werden: Nunmehr aber werden sie in Italien und Spa [306] nien in grosser Menge gezogen / und kommen die meinste von S. Remmes, Nissâ, Manton,
einer kleinen Stadt in Savoyen / allwo sie nur zu gewissen Zeiten / etwa des Jahrs 2. oder 3.
mahl / im Majo und Septembri, nachdem sie wohl gerathen / mit Consens des Raths verkauffet /
und alsdann zu Wasser und Land über Massilien und Lycien in andere Länder verschicket werden /
wie Pomet in seiner Histoire des Drogues lib. 7. pag. 231. berichtet.
§. 2.
Den Citronen-Baum betreffend / so ist derselbe nicht groß / sondern von mittelmäsiger Länge:
Grünet immerdar und trägt seine Frucht das gantze Jahr durch / welche ehe nicht zur Zeitigung
gelanget. Die Blätter vergleichen sich den Lorder- und Pomerantzen-Blätter / bleiben immer grün
und haben viel keine Löchlein. Die Blüt ist etwas Purpur-roth und dick / inwendig mit Fäßlein
versehen. An den Aesten sind kleine Dornen / und der Saame in denen Citronen ist fast holtzicht
/ wie Gersten-Körnlein anzusehen. Den gantzen Stamm aber beschreibet Virgilius lib. 2. Georg.
dessen Wort ins Teutsche übersetzet also lauten:
Auß Meden ist ein Frucht von Alters her entsprossen /
Die hat ein sauren Safft in ihrem Bauch verschlossen /
Es kan kein besser Tranck noch lieber Julep seyn /
Er weert der Schlangen-Gifft und dessen schwere Pein.
Solt schon der Leib von Gifft an allen Orten schwellen /
Ihn kan Citronen-Safft in besser Wesen stellen /
Er ist weit nützlicher / als ander heilsam Kraut
Und treibt den bösen Schleim gar häuffig durch die Haut.
Der Stamm von dieser Frucht dem Lorber-Baum thut gleichen /
Und so man vom Geruch kein Unterscheid erreichen
Könt: Muß es seyn der Baum / so von der Daphne kam
Und der auch / wie man sagt / nicht acht des Blitzes-Flamm
Entstehet schon ein Wind mit schrecklich grossen Sausen
Und daß ohn Unterlaß der AEolus will brausen /
Sein Blat doch bleibet vest / und acht das Blasen nicht /
Die Blüth desgleichen auch vorm Wind sich nicht verkricht.
Die Meden thun ihn hoch für allen Bäumen preisen /
Weil er den schweren Ruch des Athems kan verweisen.
§. 3.
Indessen findet sich an den Citronen ein grosser Unterscheid / welcher theils von der Grösse
/ theils von dem Geschmack genommen wird. Beyde aber rühren offters von der Zeitigung oder
Unterscheid der Ländern her / indem die Zeitige viel grösser und süsser sind / als die
Unzeitige; und ist gewiß / daß diejenige / so zu uns heraus kommen / insgemein unzeitig
abgenommen werden / dann sich die zeitige nicht so wohl halten lassen / wie Herr Doct. Nebel in
seiner Disp. Inaug. de malô Citreo pag. 19. versichert. Weswegen dann die grössere und zeitige
meistens in grosse Stücker zerschnitten mit Zucker eingemacht nnd Citronat genennet werden. Die
unzeitige Citronen werden guten theils auch eingesaltzen und alsdann Lemonien genennet /
welchen Nahmen ihnen die Wahlen sollen gegeben haben / wie auß des Hieron. Bocks Kräuter-Buch
der Apothecker Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 95. erwehnet. Die grösseste
Citronen sind die Adams-Aepffel / oder so genandte POMA ADAMI, welche ohne Zweiffel so genennet
werden / weilen sie tieffe Schrammen in der Schale / wie Menschen-Bisse / haben / von welchen
obbelobter Doct. Nebel c. l. und Theod. Tabernaemontanus lib. 3. pag. 684. seines Kräuter-Buchs
zu sehen sind.
§. 4.
Bey dem offentlichen Einkauff der Citronen sollen die Mackler in Italien einen eusernen Ring
gebrauchen / und alle Stück / so dardurch passiren / außwerffen / welche entweder den Färbern
überlassen oder den Safft darauß zu nehmen / angewendet werden / wie Pomet c. l. berichtet.
Hier zu Land suchet man die dünn-schälige / welche desto mehr Marck und Safft in sich haben /
und kan man solches durch das fühlen und drucken erkundigen. Wer die Menge einkaufft / muß sie
mit Spreu oder Hirschen-Saamen wohl verwahren und in truckenen Kellern auffhalten / auch
fleißig durch suchen / dann sie leicht angehen / wie Marxius in seiner Material. Kammer pag.
47. erfahren hat.
§. 5.
Was den Nutzen und Gebrauch dieser Früchten anlanget / so werden die grössere Citronen sehr
von den Juden auffgesuchet / weilen ein jedes Geschlecht / nach ihrem Aberglauben / jährlich
einen im Hause haben muß / solten sie auch solche noch so theuer bezahlen; weßwegen sie auch
Juden-Aepffel genennet werden. Die übrige haben sowohl in der Küche / als in der Artzney-Kunst
einen grossen Nutzen; und ob [307] gleich alle Theile an den Citronen
dem Gifft / aller Fäulung / Scharbock und dergleichen zuwider sind / so haben doch dieselbe
nicht alle einerley Qualitäten / indem die eussere Rinde erwärmend / und gantz aromatisch / das
Marck oder der Safft hergegen kühlend und sauer: die Kerne aber bitter und derowegen den Würmen
zuwider sind. Alle diese Theile aber kommen dem Magen und dem Hertzen sehr zu gut / welche sie
beyde stärcken; und weilen / wie obgedacht / sie aller Fäulung wehren / so bedienen sich deren
diejenige / welche auff den weiten Schiffarten mit dem Scorbutô angefeindet werden / nicht
allein innerlich / sondern auch ensserlich / wie beym Simon. Paulli in Quadripart. Bot. p. 383.
zu sehen ist. Was die Citronen in der letzten Pest zu Wien / wie auch zu Basel / vor Nutzen
geschafft haben / bezeuget Herr D. Nebel aus andern pag. 32. in seiner Disputation. Weswegen
dann auch in andern hitzigen Fiebern / Ohnmachten und dergleichen selbige mit gutem Success
auff vielerley Manier gebrauchet werden / worvon der gelehrte Italianer / Johann. Baptista
Ferrarius S. I. in seinem Buch de Malorum aureorum Cultura & Usu mit mehrerem
kan gelesen werden. Was aber D. Hoffmannn in Clav. Pharm. Schroed. pag. 444. von einem
Studioso, so zu Paris in des Charas Apothecken von einer Viper gebissen / und mit einer
Citronen curiret worden / erzehlet / ist mit Behutsamkeit zu lesen / und kan Charas selbsten
davon gesehen werden.
§. 6.
Gleichen Effect thun auch alle Condita und Praeparata, so darvon herrühren / als I. Die
gantz-überzogene oder eingemachte Citronen / welche aus Madera gebracht werden und sehr
annehmlich zu geniessen sind / absonderlich / wann sie wohl condirt, zart / grün und noch
frisch sind. Wann man solche hier zu Land condiren will / müssen die Kerne erst heraus genommen
werden / ehe man sie in Zucker kochet und einmachet / und ist die Brühe nicht wegzuschütten /
sondern mit Zucker zu einem Syrop zu kochen / wie Zvvelferus in Pharm. Aug. Ref. c. 14. pag.
472. unterrichtet. II. Die überzogene oder truckene und weiche eingemachte Citronen-Schalen /
welche auch aus Madera gebracht werden / müssen frisch / klar und durchsichtig / oben grün und
unten gleichsam mit Eiß überzogen / leicht zu zerschneiden / doch aber recht trucken / und mit
keinen schwartzen Flecken und Löchern geschändet seyn / welche eine Anzeigung sind / daß sie
alt und naß worden / wie Pomet pag. 232. in seiner Material-Kammer berichtet. III. Das Oehl von
den Schalen / welches insgemein die Essentz von den Italianern genennet wird / dessen man
zweyerley hat / nemblich das Feine / welches aus dem abgeriebenen gelben von der Schale mit
Wasser destilliret wird / schön weiß ist und einen sehr starcken aromatischen Geruch hat:
Hernach das Gemeine / welches aus der Häfen / so sich auff dem Grunde derjenigen Fässer und
Tonnen / wo sich der Citronen-Safft setzet / destilliret wird / zwar auch hell und wohlriechend
/ aber grünlicht ist / und berichtet jetztgemeldter Frantzöischer Materialist / daß man
insgemein aus 50. Pfund solcher Häfen drey Pfund klares Oehl haben könte / doch mehr oder
weniger / nachdem die Citronen gewesen. Sie werden beyde in grosser Menge von den Parfumierern
verthan. IV. Kan man auch ein Oehl aus dem gelben pressen / welches / aber sich so lang nicht
halten lässet / wie das vorige; doch lässet sich die Ambra gleich darin solviren / und hernach
zu vielerley gebrauchen. V. Hat man den sauren Citronen-Safft oder Acidum Citri, welcher
sonsten auch VINUM CITRI genennet wird / kombt auch aus Italien und wird von den unzeitigen und
gar kleinen Citronen gemacht. Man machet ihn auch wohl in Teutschland / aber gemeiniglich von
angesteckten Citronen / weswegen man ihn lieber selbsten machen soll / wann man was gutes haben
will. Die Türcken machen einen Tranck davon / welchen sie SOR BEC nennen und über Alexandrien
heraus senden / bestehet aus Zucker und Citronen-Safft; wie dann die Holländer und Engeländer
ein dergleichen Gemeng aus Citronen-Safft / Zucker / Muscaten und Branden-Wein machen und
Poleponze nennen / wormit sie diejenige / so auff dem Meer mit der See-Kranckheit geplaget sind
/ stärcken / auch sich damit praeserviren. In den Apothecken machet man den Syrupum
acetositatis citri darvon / welcher sehr wohl refraichirt, stärcket und kühlet. VI. Hat man in
den Apothecken das Elixir Citri, doch auch zweyerley / eines welches zur Artzney Tropffen-weis
gebrauchet wird / das andere so an statt eines Branden-Weins und Aquavits getruncken wird /
welches mehr ein infusum zu nennen ist. VII. Machen die Zucker-Becker auch allerhand Confect
von den Citronen-Schalen / welche sie entweder zu Kräntzlein winden und mit Canarien-Zucker zu
Candisirten Citronen-Schalen machen / oder diese Schalen in kleine Stücklein zerschnitten
entweder glatt oder krauß mit Zucker in dem Conficir-Kessel überziehen / woraus die
Zucker-Stengel meistens unter dem feinen Confect bestehen. So wissen auch die geschickte
Hauß-Mütter den Citronen-Biscuit, Citronen-Salat und andere Lecker-Bißlein daraus zu machen /
worvon jetzo weitläufftig zu handeln nicht nöthig seyn wird.
|| [308]
§. 7.
Wir schreiten deswegen zu denen Pomerantzen / welche die Lateiner
MALA AURANTIA
nennen / weilen doch gemeiniglich dieselbe mit den Citronen in den Orangerien bey einander
wachsen / auch meistens bey einander feil getragen werden: sind von den Citronen theils durch
die eusserliche Figur / welche nicht oval, sondern rund und etwas zusammen gedruckt / theils
durch die Farb / welche roth- oder Goldgelbe ist / unterschieden: Haben gleichfals eine dicke
lederichte Schale / voller kleiner Löchlein und übertreffen / an dem scharffen / bitteren und
aromatischen Geschmack / die Citronen. Sie kommen ebenmäsig aus Italien / Portugal und der
Provintz Languedoc in Franckreich / wo sie frey und ohne einige Gesetz oder Bedingungen
verkauffet werden.
§. 8.
Der Pomerantzen-Baum kommet mit der Grösse dem Citronen-Baum nahe / ist etwa zwey oder drey
Ehlen lang / mit vielen kurtzen Zweigen / so immer grün / auch das gantze Jahr über Frucht
träget / nachdem er zuvor im April oder Majo weisse und wohlriechende Blüte gehabt; wie dann
auch die Blätter / welche dick und den Lorbeer-Blättern gleich sind / einen ziemlich guten
Geruch haben. Man will sagen / daß die Bäume / so Früchte trügen / aus Indien müsten gebracht
werden / indem aus dem Saamen keine Frucht-tragende zu erziehen seyen. Wann sie aber auff
andere Bäume gepfropffet werden / sollen sie tragen / wie D. Hermanni in seinem Mss. setzet.
Und daher mag es vielleicht kommen seyn / daß man davor gehalten / die Pomerantzen hätten ihren
Ursprung von einem Citronen-Baum / so auff einen Granaten-Baum gepflantzet worden; welches doch
nicht glaublich / sondern ist kein Zweiffel / daß sie / wie andere Bäume / auch in der ersten
Schöpffung erstanden seyen.
§. 9.
Ihr Unterscheid wird entweder von den Ländern / wo sie wachsen / genommen / da man ohne die
gemeine / auch die so genandte Aepffel Sina unter die Pomerantzen zu zehlen hat: Oder von dem
Geschmack / in Ansehen dessen man Süsse / Saure / oder auch Wein-saure hat / welche letztere am
meisten gebräuchlich sind. Von allen aber kan man aus dem sehr schönen und raren Buch / welches
/ Ferrarius Anno 1646. zu Rom in Folio unter dem Tit. Hort. Hesperidum her auß gegeben /
mehreren Unterricht nehmen / dessen wir bey den Citronen schon gedacht haben. Pomet gedencket
auch der gantz kleinen und unzeitigen Pomeräntzlein / welche zu den Rosen-Kräntzen gesucht
werden; weswegen die Materialisten solche auch bringen lassen / wie er in seinem Buch pag. 234.
zeiget.
§. 10.
Wie Nützlich und dienlich aber diese Früchten seyen / bezeuget der Indianer Sprich-Wort /
welche sagen sollen / daß derjenigen Schwelle kein Medicus betretten soll / in deren Häusser
viele Pomerantzen-Schalen zu sehen / wie Piso von den Brasilianern in Histor. Brasil. Lib. 1.
pag. 10. erwehnet. Weilen aber an denen Früchten ein so grosser Unterscheid / als unter den
Ländern selbsten ist / so muß man in Europa behutsam damit umbgehen / absonderlich die
Teutschen / deren viele sich in Franckreich und Italien an denen Pomerantzen todt gefressen /
wie Sim. Paulli in seinem Quadr. Bot. pag. 385. bezeuget. Sonsten kommen sie den Kräfften nach
mit denen Citronen in vielem überein / doch also / daß die Schale viel kräfftiger /
aromatischer und erwärmender seyen / als die Citronen-Schalen / weswegen sie in allen Leibs-
und Mutter-Schmertzen / Windsucht / Magen-Wehe und dergleichen sehr gut thun. Dem Safft
hergegen ist der Citronen-Safft überlegen / welcher doch auch kühlet und stärcket: beyde aber
wehren der Fäulung des Scharbocks / wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 520. zeiget.
§. 11.
Zu diesem End werden vielerley Praeparata von den Pomerantzen in denen Apothecken gefunden /
als die Essentz / Tinctur, Syrup und dergleichen / welche im Schroeder und denen Dispensatoriis
zu sehen sind. Jetzo wollen wir nur derjenigen gedencken / welche die Materialisten aus den
Frembden bringen lassen: da sie dann I. mit der Orangen-Blüt einen grossen Handel treiben /
welche sie eingemacht aus Italien und der Provintz in Franckreich bringen lassen: Woher auch
II. das Pomerantzen-Blüt-Wasser oder so genandte AQUA NAPHAE herkommet / dessen sich nicht
allein die Parfumierer gebrauchen / sondern auch die Medici, indem es nicht allein das Hertz
und die Frucht in Mutter-Leibe stärcket / sondern auch gegen die Peste gelobet wird. Weilen es
aber langsam verschrieben wird / ist es gemeiniglich in denen Apothecken verdorben und
schmäcket wie schlecht Wasser / da es hergegen einen bitteren Geschmack und dabeneben einen
sehr lieblichen starcken Geruch haben / auch über ein Jahr nicht alt seyn soll: länger lässet
es sich nicht halten. Ingleichen rühret III. dasjenige wohlriechende Oehl / welches die
Parfumierer NEROLI heissen von dieser Blüt her / und ist nichts anders als das 80. destillarum
florum aurantiorum oder destillirtes Pomerantzen-Blüt-Oehl / ist schön hell und überaus [309] wohl riechend / wird am besten zu Rom und dann auch in der Provence
destilliret. Unterdessen muß man sich vorsehen / daß man an dessen statt nicht IV. das Oleum
infusum, welches mit der Been-Nuß / gleich wie das Jasmin-Oehl kan gemacht werden / überkomme /
wormit das rechte Neroli offt verfälschet wird. Nicht weniger schicken die Einwohner der
Provence auch V. zweyerley Oehl / welche von den Pomerantzen-Schalen destilliret werden / deren
eines von dem gelben der Schale / so ein paar Tag in Wasser eingeweichet wird / durch den Helm
übergetrieben wird und von gar gutem Geruch ist: das andere aber von den kleinen und unzeitigen
Pomerantzen / welche zuvor fünff oder sechs Tage in Wasser geleget werden / also destilliret
wird und Gold-gelbe außsiehet; welche beyde Oehle die Winde zertheilen / auch die Würme der
kleinen Kindern vertreiben: worzu auch das Wasser / so zugleich mit übergehet / dienlich ist
und deßwegen von den Parfumierern mit gantzen Fässern voll heraus gebracht wird und kommet das
meiste von Canetten, Nizza und andern darumb liegenden Orten. So bringet man auch VI. die
überzogene und Condirte-Pomerantzen heraus / welche entweder gantz und zuvor von den inneren
Kernen geleeret / oder in grossen Stücken sind / welche schön hell und gleichsam durch sichtig
und hoch von Farb seyn müssen und von Tours am besten kommen: der Orangeat aber ist dicker und
wird von Lyon gebracht.
§. 12.
Die süsse Pomerantzen werden guten theils Aepffel-Sin / oder POMA
AURANTIA SINENSIA
genennet / ob sie gleich Chinam ihr Lebtag nicht gesehen haben / sondern meistens aus Goa und
denen Benachbahrten Insulen / durch die Portugiesen / gebracht werden / indem Alvarus Semedus,
ein Jesuit / welcher lang in China gewesen / bezeuget / daß er dergleichen Früchte daselbsten
nicht gesehen habe / wie Ferrarius in obangeführtem Ort berichtet.
§. 13.
Gleich wie nun die vorige Pomerantzen unterschiedlicher Grösse sind / also sind die
Aepffel-Sina auch nicht einerley Grösse / sondern es gibt kleine und grosse. An diesen
letzteren haben Ihro Hoch-Fürstl. Durchl. von Hessen-Darmstadt / Herr Ernst Ludwig / Landgraf
zu Hessen / Fürst zu Herßfeld / Graf zu Catzenelnbogen / Dietz / Ziegenhain / Nidda /
Schaumburg / Ysenburg und Büdingen sc. Mein allergnädigster Land- und Lehen-Herr / vor diesem
eine Curiose Observation gehabt / indem / als sie dergleichen auffgeschnitten / einen andern
gantz vollkommenen Apffel darinnen gefunden: welche schwangere und auffgeschnittene Frucht
annoch in der sehr schönen und kostbahren Hoch-Fürstl. Bibliothec zu Darmstadt abgemahlet zu
sehen ist; allwo auch des Seel. Arndtii Paradieß-Gärtlein / so in dem Feuer soll gelegen haben
/ mit vieler Geistlicher Bedencken / auffgehoben wird / welches etlichmahl in meinen Händen
gehabt habe. Die aller gröste wachsen in Ost-Indien vor Batavia / und werden von den Holländern
Pumpelmus, sonsten aber Mazchan oder Tieger-Limonen genennet / von welchen Georg Meister im
Ost-Indianischen Lust-Gärtner pag. 84. zu sehen / allwo sie auch abgemahlet sind.
§. 14.
Den Kräfften nach kommen sie in Ansehen der Schalen mit den andern Pomerantzen über ein und
ist wohl schade / daß so viel hundert davon von den leckerhafften Leuten / so das Marck nur
daraus saugen / weggeschmissen werden / da doch solche mehrere Tugenden in sich haben / als der
mittlere Theil. Das Fleisch hergegen hat eine viel andere Eigenschafft / als der anderen Marck
/ weilen es süsse / und derohalben mehr laxieret / als anhält. Doch stärcket es auch die Natur
und Lebens-Geister und dienet zugleich gegen alle Fäulung / Scharbock und dergleichen / wie
theils bey D. Ettmüllern in Commentar. Schroederiano pag. 520. theils in Herrn Doct. Burggraffs
Disputatione Graduali, de Malo Sinensi Aureo, mit mehrerem kan gelesen werden. Von obgemeldter
grösten Art (welche Alexander der Grosse jenseit des Ganges-Fluß gefunden und admiriret haben
soll) machen die Indianer einen Wein / welcher sehr herrlich seyn soll / wie Georg Meister cit.
loc. berichtet.
|| [310]
§. 1.
DJe schwartze Brust-Beeren / SEBESTEN genandt / find kleine schwartze Früchte / wie unsere
Pflaumen anzusehen / welche oben meistentheils ein weisses Hütgen / wie die Eicheln / inwendig
aber / unter dem Honig-süssen Fleisch / ein kleines Steinlein führen: Werden auß Syrien und
Aegypten / über Alexandrien / nacher Venedig und Massilien / von dannen aber in Teutschland
gebracht / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien p. 155. auß dem Schroeder
anmercket.
§. 2.
Diese Früchte wachsen auff gewissen Bäumen / wie die Pflaumen / deren wir zwey- erley Species
bey dem sehr accuraten und annoch sehr neuen Botanico, Leonardo Plukenet Tab. CCXVII.
Phytographi??? finden: Eine wird Prunus Sebestena Domestica foliis subrotundis, oder die zahme
und rund- blätterichte Sebesten genennet: Die andere aber Prunus Sebestena Sylv. Malabarica,
welche etwas läglichte Blätter hat / wie oben auß beyden Figuren klärlich zu ersehen ist. Beyde
blühen im Früdling und geben im Herbst die Früchte / welche alle Hütger oder Calices haben.
§. 3.
Die beste sind / welche noch frisch / vollkommen und fleischicht sind / außwendig
schwartz-braun außsehen und ihr Hütlein noch haben / woran man erkennen kan / daß sie noch
frisch und nicht gewaschen / noch mit etwas angerieben find. Das Fleisch davon muß süße /
schleimicht / braun-roth und weich seyn. Diejenige hergegen so schwartzgläntzend und
auffgeblasen scheinen / auch keine Hütger mehr haben / sind nicht gut; wie dann auch die gantz
kleine / röthlichte und harte nichts taugen / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues p. 212.
lehret.
§. 4.
Ihren Qualitäten nach sind sie temperirter Natur / erweichen den zähen Schleim und lindern
die scharffe / saltzichte und beissende Feuch-tigkeiten / worvon die Flüsse und allerhand
Brust-Kranckheiten herrühren; weßwegen sie den Husten / die Heisserkeit der Kehlen / Eng.
brüstigkeit / Lungensucht / Seitenstechen und dergleichen Gebrechen mehr vertreiben. Ingleichen
dienen sie gegen die hitzige Gallen-Fieber / Nieren und Lendenweh / so von scharffem Urin
herrühren / welchen sie auch vergleistern und lindern. So hatten auch unsere Vorsahren ein
gewisse Lattwerg darvon / welche Electuatium Diasebesten Montagnanae genennet und zu etlich
Loth gegeben wurde / damit der scharffe Schleim dadurch abgeführet würde: Weilen aber solche
Lattwerg sick nicht lang halten lassen / auch langsam verschrieben worden / als ist sie heutzu
Tag gäntzlich in Abgang gekommen; will man aber solche noch gebrauchen / muß sie in geringer
quantität angemachet werden / wie Simon Paulli in Quad. Botan. pag. 44. erinnert. [311] Sonsten meldet auch Tragus inseinem Kräuter- Buch daß man in Orient ein
Vogel-Leim auß diesen Früchten mache (wie bey uns auß dem Mispel geschiehet) welchen man den
Alexandrinischen Vogel-Leim nennet und schön grün / nicht wässericht / noch stinckend seyn
soll; Worvon Pomet c. l. auch zusehen ist.
§. 5.
Die rothe Brusi-Beerlein oder welsche Hagenbutten werden in den Apothecken Ziziphae und
JUJUBAE
genennet: sind rothe Beeren / so groß als eine Olive / schmäcken beynahe wie grosse Rosinen /
und haben inwendig einen länglichten und auff beyden Enden ausgespitzten Stein oder Kern:
werden auß Italien nnd Franckreich herauß gebracht / wo sie häuffig wachsen.
§. 6.
Der Baum dieser Früchten wächset ziemlich hoch / hat einen gewundenen Stamm / mit einer
schwartz-rothen Rinde bekleidet. Das Holtz vergleicht sich dem Hagedorn: Seine Aeste sind groß
/ auß welchen andere kleine gebogene Neben-Aestlein entspringen / an welchen die Blätter doch
ungleich gegen einander gesetzet sind / welche etwas länglicht / dick / rings umb-herzerkerbt
und starck anzusehen sind Die Blumen sind bleich- gelb und mosicht / nach welchen die Beerlein
wachsen / einer Oliven gleich / erstlich grün / nachgehends / wann die zeitig werden /
hoch-roth. Der Banm ist auch überall mit spitzigen Stacheln versehen / wie Theodorus
Tabernamontanus im dritten Buch von den Kräutern pag. 758. alles beschrieben hat.
§. 7.
Wo man die Wahl haben kan / muß man die noch frische / dicke / vollkommene und marckichte /
welche doch wohlaußgetrucknet sind / erwehlen / damit sie sich zum wenigsten ein paar Jahr
halten lassen: Worauft diejenige / welche gantze Schachteln oder Einschläge voll kommen lassen
/ wohl Achtung zu geben haben / indem solche / wann sie zu bald eingeschlagen werden /
leichtlich warm werden / nachmahlen aber verfaulen und schwarß außsehen. Mann muß auch zu sehen
/ daß sie nicht feucht kommen oder an einen feuchten Ort gestellet werden / auch fleißige Acht
darauff haben / absonderlich wann sie nicht wohl gedörret oder gar zu reiff gesamlet und
eingeschlagen worden / dann man dadurch ingrossen Schaden kommen kan. So bald sie nun anfangen
warm zu werden / muß man sie außpacken und etliche Tage auff ein weiß Tuch auß einander breiten
/ auch so viel es müglich / sie fortschaffen / absonderlich / wann man gewiß ist / daß sie
wider wohl gerathen sind. Doch geschiehet es zuweilen / daß wann es wenig frische gibt / sich
der Preyßsehr vermehre. Sonsten aber / wann man versichert ist / daß sie wohl gedörret und
verwahret seyen / soll man die Ballen nicht ohne Noth eröffnen / indem sie sich verschlossen
viel besser / als in der freyen Lufft / halten lassen / wie Pomet in seinem offt allegirtem
Buch pag. 212. wohl erinnert.
§. 8.
Ihr Nutzen und Gebrauch kombt mit den vorigen sehr überein / dann sie gleicher weiß '
mästglich kühlen und humectiren: besänfftigen den rauhen Valß / zähmen die scharffe Flüsse /
von welchen der Husten / Lungensucht und dergleichen entstehen. Ingleichen stillen sie das
Blut-Speyen / so es auß solchen saltzichten Flüssen herrühret; weßwegen sie unter die
Brust-Träncke zu nehmen sind / welche nachmahlen mit dem Brust- Beern- Safft oder SYRUDO
JUJUBINO können süß gemacht werden / welcher in allen obgemeldten Kranckheiten auch täglich
verordnet wird.
|| [312]
§. 1.
DIe Datteln oder DACTYLI sind länglicht- runde Früchte / an der Grösse und eusserlichen
Gestalt den Eicheln nicht ungleich / aber etwas grösser / welche eusserlich ein dünnes
rothlich-gelbes Häutgen haben / unter welchem ein süsses und gleichsam schleimichtes Marck
enthalten / in dessen Mitte ein sehr harter / länglicht-runder Kern lieget / durch welchen der
länge nach ein Ritze gezogen ist: kommen aus Syrien / Tunis, Sale und anbern Orten / über
Spanien und Italien / wie Schurzius pag. 19. der Teutschen Material-Kammer schreibet.
§. 2.
Diese Früchten wachsen auff den Palmen- Bäumen / dahero sie auch Palmulae genennet werden.
Weilen es aber solcher Bäume vielerley Species gibt / so gar daß Plinius deren bey nahe
funfftzig gezehlet hat / wie der berümbte Wormius pag. 164. Musei aus demselben anführet: So
ist zu wissen / daß die Datteln nur an der so genandten grossen Palma zu finden / welche
deßwegen auch der Dattel- Baum genennet wird / welehen Herr D. Kempffer, aus selbst eigener
Erfahrung / in seinem Phoenice Persico, ex professo, beschrieben hat / so etwa bald an des
Tages Licht kommen dörffte. Er hat einen langen und dicken schuppichten Stamm / an dessen Höhe
viele Aeste mit grossen langen Blättern / den Schwertein gleich / hervorsprie-sen / unter
welchen die Blumen gleichsam in einem Gehäusse verstecket liegen / welches sich endlich
auffthut und erstlich die weisse Blumen zeiget / nachmahlen aber die Datteln häuffig / wie
Trauben an einander hangend / träget / wie oben aus der Figur einiger massen zu ersehen ist.
Und ob zwar viele vorgeben / daß solche Bäume allererst nach hundert Jahren Früchte trügen / so
widerspricht doch denenselben der Printz Radzevil, in seinem dritten Brief / mit diesen Worten:
„Daß etliche sagen der Dat-" tel-Baum bringe keine Frucht / dann über „ hundert Jahre nach
seiner Pfropffung / ist „ ein gantz erdichtetes Werck / denn sie gleich „ anderen Bäumen in dem
dritten oder vierd- „ ten Jahr Frucht bringen / fürnemlich / so sie „ etwas niedrig seyn. Ob
aber auch derjenigen Meynung / welche dafür halten / daß das Weiblein von dem Palmen- Baum
nicht eher Früchten trage / es seye dann von dem Staub oder Saamen des Männleins gleichsam
impraegniret worden / vor erdichtet und fabulos zu halten sey / stehe deßwegen an mit dem Po,
et zu statuiren / weilen solches nickt allein Mich. Boym in Flora Sinica, Prosper Alpinus,
Vesling. und andere von Sim, Paulli in Quadrip. Bot. pag. 544. angeführte Scribenten
glaubhafftig berichten / sondern auch in den übrigen Kräutern und Bäumen dem gemeinen Lauff der
Natur nicht zuwider ist / wie Herr D. Camerarius solches in [313] einem sehr
curiosen und an mich vor diesem geschriebenen Brieff de Sexu Plantarum startlich erwiesen /
welcher in meinen Dissert. Epistolicis zu finden ist.
§. 3.
Sonsten müssen die Datteln schön groß und vollkommen / ohne Runtzeln / außwendig röthlich
gelb und inwendig weiß / vor allen Dingen aber noch frisch / gantz und nicht zerquetscht /
vielweniger Wurm-stickicht seyn / auch einen guten und Zucker- süsen Geschmack haben. Diejenige
so von Tunis kommen / werden von / Pomet in Hist. Simpl. pag. 213. vor besser gehalten / als
die andere von Salé, welche viel magerer sind dann die vorige.
§. 4.
Was den Gebrauch der Datteln anlanget / so ist derselbe bey den Morgen-Ländern viel grösser
als bey uns / deren sich viele Millionen davon nehren. Ja es soll diese Frucht in Egypten /
Syrien / absonderlich zu Hiericho, so gemein seyn / daß sich die Säu davon nehren / wie bey uns
mit den Eicheln und Buch- Eckern / als Hieron. Bock und aus demselben Vielheuer in Beschreibung
frembder Materialien pag. 102. gedencken. In Europa bedienet man sich deren wegen ihres
linderendes und schleimichten Geschmacks / gegen die scharffe Flüsse / welche sie besänfftigen
/ und werden derowegen gegen den rauhen Halß / Husten / Schwind-Sucht und dergleichen in denen
Brust- Träncken und Tisanen / gleich den rochen und schwartzen Brust-Beerlein / gebrauchet.
Gleicher-weiß dienen sie auch gegen die Nieren- und Blasen- Mängel / so von scharffem Urin
entstehen. Sie stillen auch die Leibs- Schmertzen und den Durch- Lauff: stärcken die Frucht der
Weiber / welche doch ihrer nicht zu viel essen sollen / indem sie schwer zu verdauen sind. Sie
kommen auch mit unter eine purgierende Lattwerg / welche von ihnen Elect. Diaphoenicon.
genennet wird / obwohlen dessen Kräffte mehr dem Turbith, Diagridio und anderen zu zuschreiben
sind; besser aber kommen sie unter das Looh de Pino Mes. Ob sie in dem Emplast. Diapalma ein
grosses praestiren können / lasse an seinen Ort gestellet seyn.
§. 5.
Einige Materialisten / als Marxius und Schurtz, gedencken auch eines Palmen- Weins / von den
Indianern Terri. von unsern Gelehrten aber
PALMITES
genennet wird; welcher doch von einer andern Art Palmen- Bäume / nemblich Palma Minore
herrühret / und auff diese Manier gesamblet wird: Es haben nemblich die Indianer gewisse
Messer und Instrumenten / wormit sie die un. terste grobe Aeste am Baum ritzen / und den
heraußfliesenden Safft mit angehenckten Schläuchen und Boutellgen auffangen / wie man bey uns
das Bircken-Wasser samblet; welches zu meiner Zeit / vor etwa 16. Jahren / der berümbte und
Seel. D. Hermanni an der im Horto Medic. Lugdunensi stehenden Palma Minore zeigete: Soll ein
sehr lieblicher und stärckender Tranck seyn.
§. 6.
Ingleichen wird das
Palmen-Dehl
oder
OLEUM PALMAE
von einem andern / oben in der Figur bey gesetzten / Palmen-Vaum zubereitet / welcher gewisse
Früchte / in der Grösse eines Eyes träget / aus deren Kern das Oehl / wie das Lorbeer-Oehl aus
den Baccis Lauri gepresset wird: ist dicklicht / wie Butter / gold gelb und wann es noch frisch
/ riechet es wie Violen. Es muß schön frisch / eines süssen Geschmacks und guten Geruchs seyn /
auch eine schöne gold-gelbe Farb haben / woran man sehen kan / ob es noch frisch oder nickt /
indem das alte gantz weiß wird. Unterdessen muß man wohl zu sehen / daß es nicht mit Wachs /
Baum- Oehle / Vtol - Wurtz und Curcum- Mehl nachgekünstelt werde / welcher Betrug leicht zu
entdecken / wann man es an der freyen Lufft stehen lässet / da das rechte die Farb verändern
wird / welches an dem falschen und nachgemachten nickt in Acht genommen werden kan. So nimbt
auch das rechte / wann es weiß geworden / seine vorige Farb wieder an / wann man es über ein
wenig Feuer zergehen lässet / welches mit dem falschen auch nicht angehet. In Franckreick
besänfftiget man die Glieder- Schmertzen / so von kalten Feuchtigkeiten / Podagra und
dergleichen herrühren / mit diesem Oehl / worvon der Franßöische Materialist Pomet vor andern
in seiner Histoire de Drogues pag. 214. mit mehrerem zu lesen wäre.
§. 7.
Weilen im übrigen mit den Datteln und Brust-Beerlein die so genandte
SILIQUAE
in denen Brust-Schwachheiten offt verschrieben werden / so kan man solche hier nicht
gäntzlich vorbey gehen. Dieselbige bestehen aus langen dunckel- braunen Schoten oder Hülssen /
in der Länge eines Fingers und Daumens-breit / bißweilen strack / bißweilen krum / wie ein Horn
/ weßwegen sie auch Bocks-Hörnlein und Ceratonia genennet werden: haben einen süssen Geschmack
/ aber keinen sonderlichen Geruch und werden zu Teutsch insgemein [314] S.
Johannes Brod genennet / welchen Nahmen (wie der berümbte Herr Ludolf in Comm. ad Hist.
AEthiop. pag. 181. muthmaset) ihnen etwa vor diesem ein Storger mag gegeben haben / indem S.
Johannes davon nie gelebet hat; weßwegen andere sie besser Sooden-Brod nennen / weilen sie
gegen den Sood ein gewisses Remedium abgeben: kommen aus Syrien / Indien und heut zu Tag aus
Spanten.
§. 8.
Der Baum / woran sie wachsen / ist ziemlich groß und kan auch in Teutschland erzogen werden /
wo doch die Früchte nicht zur Zeitigung gelangen; wie dann Vielheuer in Beschreibung frembder
Materialien. pag 157. berichtet / daß er vor diesem zu Leiptzig in dem Weidmannischen Garten
dergleichen im Pomerantzen-Hauß gesehen / welcher trefflich schöne Pfirsings-Blüt-farbichte
Blumen / auch endlich grosse Schoten getragen habe / so aber nicht vollkommen reiff worden
seyen.
§. 9.
Die Schoten oder Siliquae selbsten sollen frisch und noch grün einen widrigen Geschmack
haben; sobald sie aber auffgetrucknet worden / werden sie süß und lieblich. Sie müssen wohl
gewachsen / frisch und safftig / auch nicht Wurm- stichicht seyn / denn in dem Safft und dicken
Honig / so darinnen stecket / die beste Krafft verborgen lieget; weßwegen auch die Indianer
solchen herauß pressen / und den Ingber / Tamarinden / myrobolanen und dergleichen damit
einmachen sollen. Ettmüllerus gedencket pag. 663. Comment. Schroed. daß man auch in Teutschland
nicht allein die gantze Frucht / sondern auch die Hülss??? ohne Safft gebrauche.
§. 10
Den Nutzen betreffend / so hat die gantze Frucht / da der Safft noch innen ist / eine
sonderliche Krafft die saltzichre scharste Flüsse zu besänst tigen / und bekommet deßwegen der
Brust sehr wohl; weßhalben sie auch unter den Syr. Diacod. Montani kommen. Die Hülsse aber ist
gegen den Sood und brennen des Magens dienlich / weilen sie die scharffe Säuer in sich frisset:
muß aber auch mästglich gebrauchet werden / indem sie / wie alle holtzichte Dinge / übel zu
verdäuen ist / welches Sim. Paulli in Quadrip. Bot. pag. 43. erinnert. Die Mohren essen diese
Früchte sehr gern und weilen sie in Orient häuffig wachsen / sollen auch die Schweine /
entweder mit der gantzen Frucht / oder mit den Hülssen gemestet und ernehret werden; dahero die
Außleger Heil. Schrifft dafür halten / daß durch die Trebern / wormit der verlohrne Sohn sich
bey den Schweinen beholffen / diese Siliquae zu verstehen seyen / wie Ursinus in Arboreto
Biblico pag. 558. und obbelobter Herr Ludolf. cit. loc. vor andern davon gelesen werden können.
|| [315]
Das XIV. Capitel
Von den Zibeben / grossen und kleinen Rosinen / Spanischem Wein / Secco, Weinstein und dessen
Praeparatis.
§. 1.
ALle Rosinen oder UV AE PASSAE sind nichts anderst / als künstlich auffgedörrete oder
getrucknete Wein-Trauben / von unterschiedlicher Grösse und Farb / doch meistens braun / süsse
von Geschmack und guten Geruchs: werden auß Syrien / Spanien und Italien / theils in kleinen
Centner-Fäßlein / theils in Körben gebracht und von den Specerey-Händlern eingehandelt.
§. 2.
Der Weinstock / davon sie herrühren / wie auch die grüne Trauben sind jedermann so bekandt /
daß es vielen wohl lächericht vorkommen solte / wann man dieselbe hier weitläufftig beschreiben
wolte. Dieses nur ist zu wissen / daß diejenige Weinstöck und Trauben / worvon die gröste
Rosinen kommen / so groß wie Bäume in die Höhe wachsen und berichtet der berümbte Olearius im
sechsten Buch der Persianischen Reiß-Beschreibung c. 4. pag. 699. 704. daß er dergleichen in
Persien gesehen / welche am Stamm so dick / als ein Mann gewesen; dergleichen auch zu Damasco
wachsen / und kan man in Savoyen schon eine solche Art zu sehen bekommen: Welches daher kommen
mag / weilen allda die Stöcke sehr weit von einander gepflantzet werden / daß zum wenigsten ein
Karn darzwischen fahren kan / wie Eichovius in seiner Reiß-Beschreibung pag. 203. nicht
unbillich davor hält; weßwegen man sich nicht zu verwundern hat / daß so grosse Trauben daran
wachsen / deren einige über 20. ??? wiegen sollen / wie Pomet in seiner Materail Histori p.
247. schreibet: welche doch auch nicht gar zu groß zumachen / wie von Strabone geschehen / so
denenselben eine Länge von 2. Ehlen zugemessen und derowegen von obberührtem Oleario c. l.
bezüchtiget wird / daß er ziemlich über die Schnur gehauen habe.
§. 3.
Diese Trauben nun / wann sie zu Rosinen gemacht werden / müssen an der Sonnen [316] auffgetrucknet uud eingethan werden / damit sie säfftig und fleischicht bleiben /
anderst würde man nichts als Hülsen bekommen / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 154.
berichtet. Wie aber solches zugehe / beschreibet Sam. Dale in seiner Pharmacolog. p. 426. Sie
schneiden nemlich den Stiel überzwerch / biß in die Mitte / von einander / damit der Traube
also ein guter Theil der Nahrung genommen werde: die also halb abgeschnittene Trauben lässet
man alsdann so lang am Stock hangen / biß sie von der Sonne und Ermangelung der Nahrung dörr
und trucken worden / worauff sie abgenommen und eingepacket werden. Nicht viel anders gehet es
mit den andern grossen Rosinen her / wie davon Rajus in seinem Itinerario zu sehen: Wiewohlen
einige vorgeben / daß ehe solche gedörret werden / man sie in eine Laugen von Pottasch zu
stecken pflege. Die kleine aber sollen zu erst abgenommen und auff der Erden in der Sonne
auffgedörret werden / wie Pomet l. c. pag. 248. berichtet / und bald mit mehrerm soll gezeiget
werden.
§. 4.
Was sonsten die drey Species der Rosinen / nemblich der grösten / grossen und kleinen
anlanget / so werden die letztere von denen Materialisten Wein-Beerlein oder Corinthen: Die
zwey erste aber Meer-Trauben und grosse Rosinen genennet; unter welchen die gröste
ZIBEBAE
heissen / so in halb runden Einschlägen von Damasco, einer Hauptstatt in Syrien / kommen und
derowegen UV AE DAMASCENAE genennet werden; wiewohlen Eichovius c. l. pag. 123. versichern will
/ daß derselben auch viele auß der Insul Cypern gebracht würden. Die beste müssen noch frisch /
schön groß und vollkommen seyn / und muß man Achtung geben / daß keine Spanische / Massilier
und Calabrier Rosinen darunter gemischet seyen / welches offters von einigen vortheilhafften
Specerey-Händlern geschehen soll; welcher Betrug dar an zu erkennen / daß die rechte Zibeben
dick / groß / fett / trucken und hart sind / nur 2. Kern haben / auch etwas widrig am Geschmack
scheinen: da hergegen die andere grosse Rosinen weich / gar süsse und gleichsam wie Zucker
schmäcken. So kan man auch leicht sehen / ob die Päcke auffgemacht / und die Zibeben
auffgerühret worden / worvon Pomet c. l. vor andern zu sehen ist.
§. 5.
Die gemeine grosse Rosinen
oder PASSULAE MAJORES
sind wider unterschiedlicher Art / nachdem sie entweder auß Spanien oder Italien / und zwar
in weisen höltzernen Kasten oder Körben kommen und schwartz-blau oder hell außsehen. Die
schwartz-braune sind meistens Genueser: Die blaue kommen auß Spanien über Marsilien / weßwegen
sie auch die Massilier Rosinen vom Schroedero pag. 169. genennet werden. Die Korb-Rosinen (so
die schlechtesten) kommen über Hamburg ins Reich. Sie sollen alle schön vollkommen / trucken
und doch auch säfftig / darbey zugleich fest und hart seyn / dann solche sich am besten halten
lassen / wie Marxius l. c. pag. 156. lehret.
§. 6.
Die kleine Rosinen oder PASSULAE MINORES
sind sehr kleine Träublein / in der Grösse der rothen Johannes-Beern / von unterschiedlicher
Farb / als schwartz / roth und weiß / werden theils auß Corintho (worvon sie auch UV AE
CORINTHIACAE genennet worden) theils auß der Insul Zante gebracht / allwo sie in solcher Menge
wachsen sollen / daß die Türcken jährlich 150000. Gold-Gülden nur vor Wein / kleinen Rosinen
und Oehl ziehen sollen / wie obbelobter Eichovius in seinen Reiß-Beschreibungen pag. 61.
berichtet. Weswegen dann auch die Engeländer und Holländer ihre Consules und die Frantzosen
ihren Commissarium stetig allda dieses Handels wegen halten.
§. 7.
Wie dieselbe zubereitet und accommodiret werden / beschreibet Pomet c. l. pag. 248. Wann
nemblich diese Träublein zeitig sind (welches im Augusto geschiehet) brechen solche die
Zantheser ab / lösen sie von den Stielen und dörren sie an Betten bey der Sonne. Wann sie
alsdann trucken gnug sind / werden solche in die Stadt getragen und verkauffet / allwo man sie
durch ein Loch in grosse Magazine oder Gewölber / welche die Einwohner Seraglio heissen /
schüttet / wo sie sich durch ihr eigen Gewicht so hart auff einander setzen / daß sie
nachmahlen mit grossen eisernen Hacken wieder von einander müssen gerissen werden. Nachmahlen
werden sie in Tonnen oder auch Ballen von unterschiedlichem Gewicht gepacket und durch gewisse
Personen mit den Füssen hart zusammen gestampffet / welche deswegen ihre Füsse mit Oehl
schmieren. Wann sie nun also accommodiret sind / kauffen sie die Holländer und Engeländer sehr
wohlfeil / gemeiniglich den Centner vor 1½. ??? müssen aber nachgehends den Venetianern wohl
auch so viel Zoll davon geben; weswegen zu Marseille der Centner schon uff 5. Gulden kommet. In
Venedig werden sie nach dem Ster verkaufft / so 260. ??? klein Gewicht ist und zu Nürnberg 154.
??? thut / wie Schurtzius in seiner Mate [317] rial. Kammer pag. 109.
berichtet. Und weilen die Europäer solche Früchte so häuffig auffkauffen / so sollen die
Zanteser dafür halten / man brauchte sie bey uns zum färben. Sie müssen schön frisch / klein /
in grossen Klumpen / nicht von einander gerissen / noch vielweniger mit Honig gerieben seyn.
Auch muß man Achtung geben / daß sie nicht von den euseren Enden der Ballen oder Tonnen seyen /
welche insgemein weiß und von den Milben angefressen sind; auch sollen keine kleine Spanische
Rosinlein darunter gemischet seyn / welche etwas grösser sind / als die rechte Corinthen. Sie
können zwey biß drey Jahr lang gehalten werden / wann man sie nur nicht auffreisset und keine
Lufft darzu lasset: Worvon obbemeldter Frantzöischer Materialist in angeführtem Ort mit mehrerm
kan gelesen werden.
§. 8.
Sonsten kommen fast alle Rosinen / sowohl kleine als grosse mit ihrer Krafft und Tugend sehr
über ein / haben eine recht temperirte Natur / mildren die schärffe Feuchtigkeiten und geben
zugleich gute Nahrung; weswegen sie den Schwind- und Lungensüchtigen wohl zu pas kommen:
Gleichwie sie auch zu andern Brust-Kranckheiten in den Brust-Träncken fleißig gebrauchet
werden. Sie kühlen auch und stillen den Durst in den hitzigen Fiebern und erweichen den harten
Leib; allwo doch zu mercken / daß die Rosinen alsdann außgekernt werden müssen / indem die
innere Kernlein stopffen / wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 303. erwehnet.
§. 9.
Weilen im übrigen von denjenigen Trauben / davon die grosse und kleine Rosinen entspringen /
der Spanische-Wein und der so genandte Sec oder VIN SECCO guten Theils herrühret / auch die
Materialisten und Specerey-Händler grosse Handlung damit treiben / so wollen wir derselben mit
wenigen Worten nur gedencken / indem sie fast einerley Würckung haben und insgemein hitzige
starcke Weine sind. Ohne dem gemeinen Spanischen Wein nun hat man
VINUM
CORINTHIACUM
ALCONENSE
de THIN, De TINTE
CANARIENSE
XERANUM
MALACENSE
oder
welche letztere entweder sauer und süsse kommen / worunter diese am theuersten sind. Hierher
gehöret auch der Peter Simonis oder pietersemin, welcher in Castilien gezogen und von
Teutschland zum erstenmahl dahin soll gepflantzet seyn / wie Schurzius in der Material-Kammer
pag. 109. schreibet. Item, de monte Fiascon, propter est est: Prosecker Reinfall / Rosatzer:
Item, der so genandte Frotignan, de Coste-Rotie & c. welche meistentheils in
Pfeiffen / gleichwie die Italiänische insgemein in bouteillen gebracht werden / deren doch
viele von Brixen auß Tyrol kommen / allwo ein vortrefflicher rother Wein wächset / welchen
viele Fürsten und Herrn bringen lassen / wie Eichovius in seinen Reiß-Beschreibungen pag. 28.
in Acht genommen hat. Unter den Frantzöischen oder Franschen-Weine̅ ist der
bleichrothe Champagner Wein sehr berümbt. Der weisse und rothe / welchen sie Claretum oder Vin
Clairet nennen / ist aller Orten bekandt.
§. 10.
Den Unterscheid und Würckung anderer und bey uns in Teutschland wachsenden
Corinthen-Wein /
Alicanten-Wein /
Tint-Wein /
Canarien-Seck /
Serinischen-Seck /
Mallagas-Seck /
Weinen hat Jacobus Horstius Tr. de Vite Vinif. und Sachsius à Levvenheimb in seiner
Ampelographia Cur. weitläufftia beschrieben / welchen letzteren Sim. Paulli in Quadr. Bot. pag.
558. den andern Plinium nennet; wiewohlen Ettmüllerus l. c. pag. 681. von beyden gar kaltsinnig
judiciret. Am besten aber hat Andreas Baccius Tr. de Vini generibus und noch kürtzlich Doct.
Joh. Valentin Kauppers in seiner zu Hall gehaltenen Disput. Inaug. de Natura &
Pr???stantia Vini Rhenani in Medicinâ davon geschrieben. Der gemeine Mann gibt alles kurtz in
dem gemeinen Sprichwort:
Francken-Wein / Krancke-Wein
Necker-Wein / Lecker-Wein
Rheine-Wein / Feine-Wein.
Doch ist ein guter Moseler-Wein auch nicht zu verwerffen / welchen diejenige / so das liebe
Podagra haben / vor andern suchen. Wie man aber allerley Kräuter-Wein machen solle / zeiget in
einem eigenen Tractat Mons. Guybert aux Oevres Charitables, wie auch Colerus in seiner
Oeconomie.
§. 11.
Hierher gehöret auch der SPIRITUS VINI, welchen man hier zu Land zum Unterscheid des gemeinen
Frucht-Brandenweins [318] Rheinischen Brandenwein nennet und wird entweder
von dem Wein selbsten oder der Wein-Häfen gebrennet / welcher letztere zwar viel stärcker / als
der andere ist / aber einen etwas unangenehmen Geruch hat: wird häuffig von Colmar und
Straßburg herunter gebracht / welcher hier zu Land sehr gesuchet wird / indem der / so auß
Francken komt / nicht so gut ist. In Holland und Engeland hat man die von dem Frantzen-Wein
gemachte Brandenweine / unter welchen die von Conjac, Nantes und Bourdeaux am bekandsten sind
und auff der See in der Meng getruncken werden. Der beste Brandenwein ist / welcher schön weiß
/ hell und klar / eines guten Geschmacks ist / auch die Prob, und wie man redet / die Perle
hält / das ist / welcher viele Bläßlein auffwirfft und solche lange hält / wann man ihn im Glaß
beweget. Andere zünden ihn an / und wann er gleich brennet uud nicht viel zurück lässet / ist
er gut. Man muß zusehen / daß er nicht mit Frucht-Brandenwein verfälschet sey / welchen man
hier zu Land nicht allein von Korn-Früchten / sondern auch von abgefallenen und wurmstichichten
Quetschen häuffig brennet / auch mit Fenchel / Aniß / Wacholder-Beern und dergleichen zuweilen
abläutert. So hat man auch in den Apothecken den
Rectificirten-Brandenwein oder SPIRITUM VINI RECTIFICATUM,
welcher entweder durch widerhohltes destilliren oder Abziehen / oder durch eine Schlange so
weit getrieben wird / biß er das Pulver anstecke / auch wann er angestecket wird / gantz keine
Feuchtigkeit zurück lasse und so man einige Tropffen außschüttet / solche in der Lufft zergehen
und die Erde nicht berühren / welche die drey Proben sind / wodurch er erkennet wird. Doch kan
man durch einen viel kürtzeren Weg darzu gelangen / wann man den Rheinischen Brandenwein mit
dem ??? Pottaschen / Soude und dergleichen in einem Gefäß wohl schüttelt und rüttelt / welche
alles ??? in sich schlucken / wie zu meiner Zeit den rectificirten Brandenwein auff diese
Manier zu Pariß / in dem Königlichen Laboratorio, gleichsam in einem moment habe machen
gesehen. Ist ein vortrefflich-herrliches Werck / nicht allein andere Cörper aufzulösen und
allerhand Essentzen / Tincturen und dergleichen zu machen / sondern er selbst stärcket die
Nerven und Gliedmaßen der gestalt / daß ich einen guten Freund und Anverwandten kenne / welcher
denselben vor eine Panacee hält und nur durch eusserliches Einreiben an Menschen und Viehe
damit recht glückliche Curen thut.
§. 12.
Nicht weniger wird mit dem
Wein-Essig oder ACETO VINI
ein grosser Handel getrieben und legen sich wohl eigene Personen auff das blosse
Essig-machen. Je besser der Wein / worauß er gemacht wird / je stärcker der Essig ist. Und
weilen man auch Eßig von den sauren und schlechte̅ Baum-Früchten / Bier /
Breyhahn und dergleichen machen kan / hat man sich vorzusehen / daß man solche nicht vor
Wein-Eßig kauffe. Er komt auch in Tonnen von Straßburg am besten: Hat eine kühlende und
anhaltende Krafft / treibet doch auch den Schweiß und behütet vor Fäulung; weßwegen er auch
gegen die Pest selbsten gerühmet und allerhand Bezoardische-Eßige in den Apothecken darauß
gemachet werden.
§. 13.
Ein dergleichen sauerer Safft wird auch aus den unreiffen Trauben oder Uvis agrestis
gedrucket / welchen die Apothecker
OMPHACIUM,
die Frantzosen und Holländer aber du VERIUS nennen: Hat eine anhaltende und zugleich kühlende
Krafft / stärcket den Magen / machet appetit und refraichiret diejenige / so grosse Hitze haben
/ wann er in der Speise und anderstwo genossen wird; wie dann auch deswegen ein Syrop davon zu
finden / welcher Syrupus de agrestâ genennet wird: Soll auch zur Reinigung des Wachses
gebrauchet werden. Es muß nicht mit dem ??? omphacino confundirt werden / wie Sim. Paulli l. c.
pag. 413. erinnert.
§. 14.
Letzlich muß man auch die Wein-Hefen nicht vorbey gehen / auß welcher die Kiefer guten
Brandenwein brennen / welche offters davon allein reich werden. Diejenige Wein-Händler aber /
so ins Grose handeln und die FAECES Vini nach dem Ablaß in grosser Menge bekommen / pflegen
solche nicht leicht den Kiefern zu überlassen / sondern pressen und keltern sie zuvor auß / und
bekom̅en offters noch einen ziemlichen Wein darvon: Nachgehens lassen sie solche
zu einer schwartzen Farb verbrennen / welche die Frantzosen von Franckfurt / Mäyntz und
Straßburg nach Pariß kommen lassen und
NOIR d' ALLEMAGNE
nennen: ist am besten / wann es etwas feucht / doch nicht mit Wasser naß gemacht / schön
gläntzend-schwartz / zart und leicht ist / auch keine Körnlein in sich hat / absonderlich wann
an statt des gemeinen Beins / Helffenbein damit verbrandt worden; wird uff gewissen Mühlen und
Machinen klein gemahlen. Es dienet den Kupffer-Druckern zu ihrer Farb / welche [319] sie in die gestochene Kupffer-Platten reiben und alsdann auff der Kupffer-Presse die
Kupffer-Stücke und Figuren damit abdrucken.
§. 15.
Von den übrigen Hefen / so sich in den Wein-Fässern anhängen und mit der Zeit erharten /
entstehet der Weinstein oder
TARTARUS VINI,
welchen Glauberus deßwegen auch mit grossem Profit aus der Hefen künstlicher Weisse
zubereiten weiß / worvon in dessen Buch / Teutschlands Wohlfahrt genandt / mit mehrerem
gehandelt wird. Dieser Weinstein nun ist ein Art Saltzes / welches sich wie ein Saltz-Stein
inwendig an die grosse Stück-Fässer / ein oder zwey Finger-dick / anhänget und einen
säuerlichten / auch etwas scharffen Geschmack hat: kommet meistentheils vom Rhein-Strom und aus
dem Francken-Land / und zuweilen auch aus der Provintz Languedoc, Lyon und andern Orten in
Franckreich.
§. 16.
Man hat dessen verschiedene Sorten / nemblich weiß und roth / nach Unterscheid des Weins /
von welchem er herrühret / und wird jener / nemblich der Tartarus albus dem rothen oder Tartaro
rubro immer vorgezogen / zumahlen wann er fein grob / leichtbrüchig / außwendig weiß und
inwendig gläntzend ist / nicht viel Erde / noch Staub oder Pulver untermischet hat / welcher
gemeiniglich mit den kleinen Fragmentis verkauffet wird. So hält man auch der Lands-Art nach
einen Unterscheid darunter / indem der Teutsche Weinstein auch von den Frantzosen selbsten vor
den besten gehalten wird / wie bey dem Frantzöischen Materialisten Pomet c. l. pag. 251. zu
sehen. Er ist insgem̅ein dicker / als der frembde / außgenommen der Ungarische /
welcher stetig dünn fält / aber doch von Marxio c. l. pag. 295. vor den besten will gehalten
werden: da hergegen Schurzius c. l. pag. 107. den Fränckischen Weinstein / andere den
Rheinischen / absonderlich den Straßburgischen und Pfältzischen / (dann der Ober-Ländische von
Schaffhaussen und Lindau zugleich weiß und röthlicht ist) eligiren. Nach diesem ist der
Provintzialische und endlich der Lyonische zu setzen / deren Güte nach dem Teutschen zu
aestimiren ist.
§. 17.
Was dessen Nutzen und Gebrauch anlanget / so wird der rohe Weinstein in grosser Menge von den
Färbern / Müntzern und Gold-Schmieden / welche das zuvor geglüete Silber damit weiß zu sieden
wissen / consumirt. In der Artzney aber werden dessen Praeparata, so die Chymici und Apothecker
daraus machen / mehr gebrauchet; wiewohlen auch der rohe Weinstein eine aufflösende und
gelind-laxierende Krafft hat und den sauren Schleim aus dem Magen und Gedärme abführet / man
nehme ihn gleich in der Speisse / an statt des gemeinen Saltzes / oder in einem Tranck / mit
Feilstaub / welcher zur Monatlichen Reinigung dienlich ist.
§. 18.
Gleich wie nun der berümbte Helmont die generation des Weinsteins am besten entdecket / also
werden uns dessen Praeparata von einigen Chymicis / absonderlich Angelo Sala, Zobelio
&c. in besonderen Büchern und Tartarologiis weitläufftig unter Augen geleget /
mit welchen zuweilen die Materialisten auch grosse Handlung treiben / absonderlich mit dem
CREMORE und CRYSTALLIS TART.
welche die Francken Centner-weiß nach Franckfurt bringen und den Materialisten verkauffen /
bey welchen sie die faule Apothecker / so die Mühe solche selbsten zu machen nicht nehmen
wollen / Pfund-weiß abholen; wie dann auch von Montpelier eine grosse Quantität verführet wird
/ absonderlich von den Crystallen / dann es mit dem Cremore Tartar. etwas langweilig hergehet
und endlich nicht viel dran gelegen ist / ob man nur eines von beyden gebrauche / weilen sie
einerley Kräsfte haben / auch auff eine Art zubereitet werden / wann man nemblich den rohen
Weinstein in Wasser siedet und entweder die öberste und saltzichte Haut abschäumet / oder das
übrige zu Crystallen anschiessen lässet. Die beste sind / so in grossen / weissen und
durchscheinenden Crystallen kommen / auch nicht viel kleinen und schwartzen Unrath untermischet
haben. Doch muß man sich vorsehen / daß sie nicht mit Salpeter verfälschet seyen / welchen
einige Betrüger zugleich mit anschiessen lassen / daß sie desto weisser werde̅
und sie mehr am Gewicht bekommen möchten. Sonsten kan man sie durch offtere solution und
widerholtes crystallisiren weiß gnug machen / worvon doch verständige Medici wenig halten /
indem die erste Crystallen viel mehr und besser operiren / als andere so offt depurirte /
obwohlen sie nicht so weiß scheinen. Ihre Operation aber bestehet in einer eröffnenden /
abführenden und laxierenden Krafft / durch welche sie den festen Schleim in dem Gedärme
aufflösen und deßwegen vor und mit den Purgierungen gebrauchet werden können; und weilen
dieselbe auch die fliegende Hitze / so von einigen der hitzigen Leber beygemessen wird / kühlen
und dämpffen / so haben die Sächsische Medici den so genandten Pulv. hepaticum Rubr. Dresdensem
daraus gemachet. Doch muß man dergleiche / an sich gute / Sachen nicht zu viel ge [320] brauchen und gar vor eine Panacee halten / indem viele die Säure
des Crem. Tart. nicht vertragen können; anderer Ursachen jetzo zugeschweigen / welche die
Heilbrunner Medici in einem eigenen Tractat de Cremore Tartari (welchen fie contra einem
Dorff-Pfarrer geschrieben) angeführet haben.
§. 19.
Damit aber den Weinstein-Crystallen obgemeldte Säuer in etwas benommen werde / sie auch nicht
nur in warmen / sondern auch kalten vehiculis oder Träncken genossen werden könten / hat man
den so genandten
TARTARUM SOLUBILEM
oder SAL VEGETABILE erfunden / welches aus den obbemeldten Crystallen und dem ???. Tartar.
oder Weinstein-Saltz gemachet wird / dessen Erfindung Pomet loc. cit. einem Capuciner / nahmens
F. Angelo zuschreiben will / welcher denselben zu Paris zum erstenmahl eingeführet und in
unglaublicher Quantität verkauffet / indem der gemeldte Materialist allein demselben jährlich
mehr dann zwölff Centner rohen Weinstein und wohl Tausend Pfund Crystallen verkauffet hat. Es
kan aber ermeldter Capuciner denselben wohl eher von den Teutschen überkommen haben / bey
welchen er längsten schon bekandt gewesen / obwohlen anfänglich die Beschreibung und
Zubereitung heimlich gehalten worden / welche heut zu Tag fast allen Apotheckern bekandt ist.
Er muß schön weiß / trucken und wohl saturiret seyn. Will man ihn scheinlicher machen / kan man
ihn auch solviren und zu Crystallen bringen lassen: kommet an den Kräfften mit den Crystallen
überein / nur daß er besser corrigiret ist / und wird bey der Sauer-Brunnen Cur zum Laxieren
sehr gebrauchet.
§. 20.
Gleichergestalt kan man auch den aus Weinstein mit Feilstaub gekochten TARTARUM CHALYBEATUM
zu schönen Crystallen anschiessen lassen / auch aus dem TARTARO SOLUBILI und der Stahl-Tinetur
einen TARTARUM MARTIALEM SOLUBILEM verfertigen: welche beyde in denen langwierigen
Miltz-Beschwerungen / Gelb- und Wassersucht sehr guten Nutzen schaffen.
§. 21.
Nicht weniger wird der so sehr bekandte
TARTARUS EMETICUS,
als das gebräuchlichste Brech-Pulver / aus den Weinstein-Crystallen gemacht / wann man
dieselbige mit gleicher Quantität von dem Croco Metallorum in zwölff Theil Wasser kochet oder
drey Tag an einem warmen Ort offt umbrühret / filtriret und entweder abrauchen oder zu
Crystallen anschiessen lässet; dergleichen Medicament andere auch aus dem Salpeter /
Salarmoniac und Tartaro solubili zu machen pslegen / von dessen rechtmäsigen Gebrauch Mynsich,
als der erste Erfinder / in seinem Armament: Medico-Chymic. kan gelesen werden. Man gibt hier
zu Land insgemein ij. biß iij. Gersten-Korn schwer / mit noch so viel Zucker / im Anfang der
Fieber / übergeschossenen Gall und andern Kranckheiten.
§. 22.
Wann man aber den Weinstein auß einer Retorten treibet und destilliret / so bekommet man
erstlich den
SPIRITUM TARTARI,
welcher ein gut Schweiß- und Urin-treibendes-Mittel ist: wormit zu gleich das stinckende
Weinstein-Oehl oder
OLEUM TARTARI FOETIDUM
übergehet / welches eusserlich trefflich zertheilet und zu den dicken Brüsten und andern
Geschwulsten dienlich ist; Und wann man den Satz oder Caput Mortuum, welches zurück bleibet
vollends calciniret und weiß brennet / kan man das rechte und veritable Weinstein-Saltz / oder
SAL TARTARI
davon außlaugen / und also umbsonst haben: da / wann die Apothecker den Weinstein in den
Häfner-Oeffen brennen lassen / der vortreffliche Spiritus mit dem Oehl zu schanden gehen: muß
schön weiß / trucken / etwas scharff und ein wenig bitter / auch nicht mit Salpeter verfälschet
seyn / welches leicht zu erkennen / wann es uff den Kohlen / wie der Salpeter / blatzet. Dieses
Saltz muß vor andern an einem truckenen Ort gehalten / und von der Lufft wohl verwahret werden
/ sonsten es leicht schmeltzet und sich in ein klares Wasser verwandeln thut / welches man
OLEUM TART. PER DELIQUIUM
nennet: wo sehr merckwürdig ist / daß man aus einem Pfund ???. Tartar. wohl zehen Pfund
solches Oehls haben könne / weilen es die Luffr und ???. Mundi so an sich ziehen kan / wie
Digbaeus solches in seiner Oration de Pulv. Sympathet. in Acht genommen. Es trucknet sehr aus /
heilet den Grind / Flechten / Finnen / und macht eine schöne Haut: wird auch von einigen
innerlich gegen die scharffe Säuer im Magen gegeben.
§. 23.
Wann man das ???. Tartar. ein paar Tage lang im Feuer wohl calciniret und außglüet und den
Spiritum Vini Tartarisatum darauff gieset / hat man in einem Augenblick die Weinstein-Tinctur
oder
TINCTURAM TARTARI,
welche schön roth seyn muß / wird aber endlich / wann sie zu alt ist / gelb: soll das Geblüt
reinigen und den Urin treiben.
|| [321]
§. 24.
Vor allen aber wird das flüchtige Weinstein-Saltz oder
SAL TARTARI VOLATILE
sowohl zu den geheimeren Secreten der Chymie, als auch zur Artzney gerühmet; worvon Daniel
Ludovici Tr. de Volatilisatione Salis Tartari gar schön geschrieben hat / und kan auch Charas
in seiner Königlichen Apothec (so Frantzöisch herauß gekommen /) darvon gelesen werden /
welcher selbiges auß der Wein-Hefen machet.
§. 25.
Was endlich den TARTAR. VITRIOLATUM anlanget / davon sind alle Bücher voll: Muß auß wohl
verwahret werden / wann er nicht schmeltzen soll: Ist ein gut digestiv und eröffnet die
Verstopffungen.
§. 1.
DIe Lorbeeren oder BACCAE LAURI sind länglicht-runde und schwartze Körner / welche unter
einen dünnen Schale einen braunen Kern haben / so sich in zwey Stücke zertheilet: Sind eines
scharffen / bitteren / öhlichten und gewürtzten Geschmacks / auch guten Geruchs und werden
benebenst denen Blättern auß Italien in Teutschland gebracht.
§. 2.
Die Lorbeer-Bäume / von welchen sie herrühren / sind gar unterschiedlich / zahm und wild.
Jene werden wider in die breit- und schmalblätterichte unterschieden / darvon beydes die so
genandte Weiblein nur Früchte tragen / wie davon weitläufftig in des Tabernaemontani
Kräuter-Buch lib. 3. pag. 676. seqq. nachzusehen ist. Sie haben alle länglichte harte / grüne
und wohlriechende Blätter / am Geschmack bitter / nach welchen an den Weiblein grüne Blümlein /
und nach solchen die Frucht erfolget / welche anfangs grün / und wann sie reiffen / braun
werden. Sie werden in Teutschland auch erzogen / allwo sie Kern-Früchte tragen.
§. 3.
Die beste Lorbeeren sollen noch vollkommen und wohl gewachsen / doch recht trucken und
außdörret / auch so schwartz / als es möglich ist / seyn und muß man wohl zusehen / daß sie
nicht wurmstichicht und durchfressen seyen / worzu sie sehr geneigt sind / wann sie nicht wohl
verwahret werden.
§. 4.
Ihren Qualitäten nach sind sie aromatisch und also einer erwärmenden und durchdringenden
Natur / stärcken die Glieder / zertheilen [322] die Winde im Magen und
Gedärme / treiben den Urin / die Monatliche Zeit der Weiber und die todte Frucht; weßwegen auch
Sim. Paulli den armen Kindbetterin 6. oder 7. Lorbeeren gibt / daß sie desto leichter gebähren
/ wie in dessen Quadripartito Botan. pag. 73. zu ersehen ist. Worzu dann auch das
OLEUM LAURINUM
oder
Lor-Oehl
eusserlich dienet / welches aus Mayland zu uns gebracht wird / allwo sie es auß den frischen
Lorbeeren pressen / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien p. 119. berichtet. Doch
wild auch dessen viel auß der Provintz Languedoc in Franckreick gebracht / absonderlich von
Calvisson, nahe bey Montpelier, wo sie die frische Lorbeeren in Wasser sieden / außpressen /
und wann das Oehl kalt worden / in kleine Fäßlein thun und anderstwo verführen: muß schön
frisch / wohlriechend / etwas körnicht / doch dick und hart seyn auch eine etwas gelb- grüne
Farb haben: weßwegen der gantz grüne und weiche / so nicht nach Lorbeeren riechet / zu
verwerffen / wie Pomet in seiner Hist. des Drogues p. 246. lehret. Und weilen also in diesem
Oehl / welches einige Betrüger aus Unschlitt und Terpenthin / (welche sie mit Safft-Grün färben
/) nachmachen / ein grosser Betrug stecket / muß man sich in dem Einkauft wohl vorsehen. Wird
sonsten gegen alle kalte Schmertzen / Flüsse und dergleichen an Menschen und Vieh sehr
gebrauchet und absonderlich von den Roß-Aertzen sehr consumiret. Wie dann auch das
Lorbeern-Pflaster oder Emplastrum de baccis Lauri, so in den Apothecken zu finden / dergleichen
effect thut / dessen Beschreibung / benebenst der Lattwerg und andern / in dem Dispensatoriô
Augustanô zu lesen ist.
§. 5.
Die Blätter oder FOLIA LAURI werden sehr in den Küchen zu den Wildpret-Pasteten und andern
Speisen gesuchet / auch in der Artzney gegen die Bien- und Wespen-Stich auffgeleget und kommen
an den übrigen Kräfften mit den Lorbeern überein.
§. 6.
Zu diesen und dergleichen frembden Baum-Früchten gehören auch
Die Feigen /
welche in den Apothecken CARICAE genennet werden / auß sehr marckickten und körnerichten
Früchten / von unterschiedlicher Farb / wie Birne formiret / bestehen / und eines süssen
Geschmacks / auch lieblichen Geruchs sind: werden auß Spanien / Franckreick und anderen Orten
in Körben oder Kisten herauß gebracht.
§. 7.
Der Feigen-Baum / woran sie wachsen / ist ohngefehr eines Mannes hoch / mit grossen breyten
und zerkerbten Blättern: hat fast kein Holtz und mag ehe eine Rinde oder Röhre heissen / so am
Stamm etwa einer Spannen dick ist. Ein Zweig davon hat bey 200. Feigen / welche sambt dem
Stengel / wann sie halb zeitig / nemblich halb grün und halb gelb sind / abgeschnitten und an
einen Balcken oder Posten gehencket werden / da sie in 4. oder 5. Tagen hernach gantz zeitig
und gelb werden / wie Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 35. schreibet. Wann sie nun
recht auffgetrucknet sind / werden sie von denen Außländern entweder in Bintzen-Körbe von
Palmen-Blättern oder Kisten und Schachteln geschlagen / an welchen man den Unterscheid schon
eusserlich erkennen kan.
§. 8.
Der Feigen selbsten gibt es sehr viele Sorten / welche theils mit Rosmarin, (dahero einige
Rosmarin-Feigen heissen) theils mit Lorbeer-Blättern oder grünen Anis-Cronen unterleget sind.
Die Spanische in Fäßlein oder Faß-Feigen kommen über Hamburg: Caricae de Cypro, auch in Fäßlein
/ über Venedig: Die Provintzialische Korb-Feigen in Körblein von Massilien auß Franckreich /
wie Vielheuer auß obbemeldtem Schurtzio in Beschreibung frembder Materialien pag. 85.
schreibet. Pomet aber / der Frantzöische Materialist / theilet die Provintzialische wider in
drey Sorten / nemblich I. in die Blauen / welche groß / trucken und frisch seyn müssen 2. in
die Massilier-Feigen / welche klein / weiß / frisch und trucken seyn / auch keine lederichte
Haut haben müssen / und leicht an den bunten und kleinen Körben zu erkennen sind / 3. in die
gar grosse und fette Feigen / welche in grossen Körben / wie die Spanische / kommen / sind aber
bey weitem nicht so gut / wie die andere in kleinen Körben / worvon in dessen Histoire des
Drogues pag. 257. mit mehrerm zulesen ist. Bauhinus der berümbte Kräuter-Mann erzehlet auch
drey Sorten in Pinac. l. II. Sect. I. pag. 457. davon die erste in grossen Bintzen-Körben: Die
zweyte in Kisten oder auch dergleichen Körben mit Lorbeer-Blättern gemischet und die dritte in
kleinen und länglicht-gewundenen Bintzen-Körben gebracht und die Massilier-Feigen genennet
werden / welche letztere viel süsser und besser als die andere / auch gantz dünn-häutig / ob
sie gleich nicht so groß / als die übrige sind. So findet man auch noch vier Arten in Indien /
welche Schurtzius l. c. erzehlet / aber bey uns unbekandt sind. In Italien werden die Feigen
nach dem Ster und nicht nach den Centnern ver [323] kaufft / deren
eines 220. ???. hat / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 58 zeiget.
§. 9.
Den Nutzen betreffend / so haben die Feigen eine erweichende Krafft und besänfftigen die
scharfte Flüsse / weßwegen sie zu den Brust-Träncken gebrauchet werden: Treiben zugleich den
Urin und befördern die Frucht in Mutter-Leibe / weswegen sie Simon Paulli in Q. B. pag. 300.
den Schwangeren recommendiret / weilen sie auch eine gute Nahrung geben / absonderlich wann sie
mit Mandeln genossen werden / wormit die Hamburger ihre Feigen-Käß von unterschiedlicher Grösse
machen / welche nicht schlim zu essen sind. Sie treiben auch die Blattern und Röthlen der
kleinen Kindern auß. Eusserlich aber werden sie gebraten / auff die Geschwulst des
Zahn-Fleisches geleget / worauß sie den bösen Schleim häuffig ziehen.
§. 10.
Nebst den Feigen bringen sie aus Franckreich / absonderlich einer kleinen Stadt in der
Provintz / so Brignole heisset / röthlicht-gelbe außgekernte und auffgedörte Pflaumen / in
länglichten Kistlein / oder Schachteln mit künstlich geschnittenem Papier bedecket / welche man
PRUNA de BRIGNOLES, und teutsch
PRUNELLEN
heisset: müssen schön gelb / fleischicht / recht trucken und der Zucker unter dem Papier
nicht naß oder geschmultzen seyn / woran zu erkennen daß sie gut und auffrichtig sind: haben
einen Weinsäurigen anmuthigen Geschmack. In Teutschland machet man sie auß geschälten und noch
nicht gantz reiffen Quetschen nach / welche doch nicht so gut sind.
§. 11.
Ingleichen bringen auch die Frantzosen von Lyon und andern Orten die grosse Castanien /
welche sie
MARONEN
heissen; sind viel grösser dann die Unserige / so im Elsaß und der Pfaltz wachsen / wiewohlen
sie einerley Geschmack haben: müssen aber nicht faul oder angelauffen / sondern noch frisch /
auch hart seyn. Sie werden auch mit Zucker überzogen und Marons glacez genennet / worvon Pomet
c. l. pag. 258. weiter kan gesehen werden.
|| [324]
§. 1.
DIe grosse Indianische Cocos-Nüsse sind gewisse Baum-Früchte / eines Kinds-Kopffs groß /
welche eusserlich mit einem dicken Bast und fasselichten Schale umbgeben sind / worinnen eine
sehr grosse ovalrunde Nuß / mit einem erhabenen Striemen gleichsam in drey Theile getheilet /
zu finden ist / bestehend auß einer sehr harten holtzichten / eines halben Fingers-dicken und
oben mit drey Löchern (deren einige blind fallen) bezeichneten Schale und einem weissen und
süssen Kern / welcher fast so groß / wie ein mittel-mäsig Ey / inwendig hohl und eusserlich mit
einem dünnen Häutgen bedecket ist. In diesen Kernen samblet sich allezeit ein sehr liebliches
süsses Wässerlein / welches endlich darin vertrucknet; weßwegen dann alle diejenige Nüß-Kern /
so zu uns heraus gebracht werden / hohl und leer sind: kommen meistens auß Ost-Indien /
wiewohlen auch in America eine Art zu finden ist.
§. 2.
Der Baum / worauf diese Cocos-Nüsse wachsen / wird in den Ost-Indianischen Insuln der
Klapper-Baum / CLAPPUS oder CLAPPA genennet / und vergleichet sich den Palmen / wächset sehr
hoch in die Höhe und bestehet dessen Stamm aus einem sehr harten Holtz / so gleichsam in
Geleiche unterschieden ist. Die Blätter sind groß / wie an den Palmen / doch etwas breiter /
die Blüte / wie an den Castanien-Bäumen / und hangen die Aeste gleicherweisse / wie an denen
Palmen herunterwerts gebogen / wie solche Mallet seiner Well-Beschreibung / und Georg Meister
in dem Ost-Indianischen Lust-Gärtner pag. 49. (so selbsten viel hundert gepflantzet) in einem
absonderlichen Kupffer-Stück vor gestellet hat. An den untersten kleinen Aesten / nahe am
Stam̅ / wachsen fünff / biß sechs / auch mehr / grosse Nüsse / aus welchen die
Bäume auch fortgepflantzet werden können / wann sie in ein [325] fettes und
wohlgedungtes Erdreich eingeleget werden.
§. 3.
Ob aber dieses auch in Europa angehe? hat man vor einigen Jahren in dem neu-angerichteten
Medicinischen Garten zu Ambsterdam mit gutem Success probiret / wie Hr. Dumbsdorff / ein
basiger Teutscher Apothecker / an den jüngern Herrn D. Volckamer nach Nürnberg berichtet.
Solches gienge also zu: sie legten eine grosse Cocos-Nuß im Herbst also in die Erde / daß das
öberste grosse Aug oben lage: worauf aus einem der kleineren Augen / welche unten lagen / ein
Stämlein entsprossen / welches in zwey Jahren fünff Viertel einer Ehlen hoch gewachsen ist.
Hierum kamen die Blätter hervor / welche drey Vierthel von einer Ehlen lang waren: Und wann
solche abfielen / entstunden davon einige Striemen wie Knöpffe / welches die Ursach seyn mag /
daß der Stamm solche Reifflein und Gelencke hat / wie alles aus der oben gesetzten Figur /
welche in denen Miscellan. German. Cur. Dec. 2. Ann. 7. Obs. 250. pag. 467. enthalten /
klärlicher zu sehen ist.
§. 4.
Der Unterscheid dieser Früchten wird entweder von ihrer Grösse oder eusserlichen Figur
genommen. Der Grösse nach sind einige groß / wie die gemeine: Einige kleiner / welche auff
besonderen Bäumen wachsen und von Tabernaemontano im dritten Buch von den Kräutern pag. 649
Nuculae Indicae oder Indianische Nüsselein genennet werden / obwohlen sie an sich selbsten so
klein nicht sind. Der Figur nach sind die meisten oval-rund; doch findet man zu weilen auch
länglichte / wie alles aus dem obigen Kupffer-Stück zu sehen ist.
§. 5.
Was den Nutzen und Gebrauch der Cocos-Nüsse anlanget / so haben dieselbige nicht weniger als
der gantze Baum einen überaus grossen Nutzen / indem sie nicht allein eine gute Nahrung geben /
davon sich etliche hundert Million Seelen ernehren und die Schwind-Süchtige sich erhalten
sollen: sondern auch den natürlichen Saamen vermehren / auch ihrer Fett- und Oehligkeit halben
dem Stein-Schmertzen wehren können. Weßwegen dann auch aus dem Kern ein zweyfaches Oehl von den
Indianern gepresset wird / eines aus den frischen / welches gelind laxieret und den harten Leib
erweichet: das andere aus den dürren oder etwas gerösteten Kernen / welches sie nicht allein zu
den Lampen brauchen / sondern es dienet dasselbe auch den Contracten Gliedern und
Glieder-Schmertzen / wie Wormius in Mus. pag. 209. davon meldet. So sollen sie auch aus der
obersten Rinde einen dergleichen öhlichten Liquorem pressen / welcher zu eben dergleichen
Nerven-Kranckheiten dienlich ist / auch die Würme im Leib tödten soll / wie Tabernaemontanus
pag. 649. seines Kräuter-Buchs aus dem Avicennâ gedencket. Man kan auch aus diesen Kernen / so
man sie mit Wasser zerstöset / eine Emulsion, gleich der Mandel-Milch / machen / worinnen die
Indianer den Reiß und andere Speisse kochen und delicater machen. Nicht weniger ist das süse
Wässerlein in den Kernen sehr nützlich / indem es nicht allein einen angenehmen Tränck abgibt
und sich lang halten lässet / sondern auch ein vortrefflicher Spiritus und Aquavit davon kan
destilliret werden / welcher des berümbten D. Hermanni Liquor balsamicus ist / worinnen er
allerhand rare Gewächse und Ungezieffer conserviret und zu seiner Zeit zu Leyden in seinem
Museo Ceylanico sehen liese / wie mir solches Herr Doct. Kempffer, so ihm denselben bey seiner
Retour aus Ost-Indien mitbrachte / entdecket hat.
§. 6.
Aus der harten und holtzichten Schale dieser Nüß machte man allerhand Galanterien / als
Trinck-Geschirr / Löffel / Dosen und dergleichen / absonderlich wann sie eusserlich schön
poliret werden; worzu diese Nüsse bey denen Materialisten sehr gesuchet werden / wie Pomet in
seiner Histoire des Drogues pag. 214. bezeuget. Was davon abgehet / kan man entweder zu
Dinten-Pulver brauchen / oder zu Kohlen verbrennen / welche den Gold-Schmieden sehr dienlich
sind.
§. 7.
Ingleichen dienet die eussere bastichte Rinde den Indianern zu den Schiff-Seiler / welche bey
die funfftzig Claffter lang / fast eines halben Manns-dick sind und nicht so leicht in dem
Wasser verfaulen; weßwegen sie auch die Ritze und Löcher an den Schiffen damit außstopffen: Und
weilen auch das Holtz von dem Stamme zu dem Schiff- und andern Bau sehr dienlich ist / auch die
Indianer mit den Aesten und Blättern ihre Hütten und Schiffe decken / Marten-Körbe und andere
Sachen davon machen / so ist fast kein nützlicher Baum / als dieser / in der Welt zu finden /
wie obbelobter Wormius in seinem schönen Museo pag. 209. wohl raisoniret / auch oben
angeführter Georg Meister (so viele Jahr in Ost-Indien bey dem Justitz-Rath und Medico D.
Cleyern, als ein Gärtner / gedienet hat) solches loc. cit. pag. 49. bestättiget / welcher davon
sehr umbständlich handelt.
|| [326]
§. 1.
ÜBer die gemeine und runde Cocus-Nüsse / davon wir im vorhergehenden Capitel gehandelt haben
/ gibt es noch eine andere / aber rare / Art / welche man die
Maldiver Cocus-Nüß
oder
COCUM MALDIVENSEM
zu nennen pfleget: ist den vorigen fast in allem gleich / ausser daß sie eusserlich eine
andere Gestalt hat / und da die andere bey nahe rund sind / ist diese wie ein Hertz anzusehen
und wird sonsten auch Tavarcaré genennet; Und weilen die Sinenser solche als einen Abgott in
ihren Häussern bewahren / und solche aller Orten auffsuchen / so ist sie deßwegen übel zu
bekommen / wie Herr Rumphius in dem zwölfften Ost-Indianischen Send-Schreiben unten im Anhang
dieses Buchs schreibet.
§. 2.
Dieser Frucht wird vor andern eine grosse Krafft gegen allerhand Gifft zugeschrieben / dahero
sie auch von dem berümbten Bauhino Nux Indica ad venena celebrata oder die Indianische
Gifft-Nuß genennet wird. Absonderlich aber wird die so genandte GEMMA NUCIS MALDIVENSIS, deren
Wormius in Museo pag. 203. gedencket / in Indien deßwegen hoch gehalten / und nicht allein /
wie der übrige Kern / gegen allerhand Gifft / Flecken-Fieber und dergleichen gerühmet / sondern
gar vor eine Panacée gehalten. Solche findet sich in der Mitten des Nuß-Kerns / wie ein Aug /
daraus sie wieder sprosset: ist rund / in der Grösse eines kleinen Tauben-Eyes / glatt / hart
und wie die Perlen gläntzend: hat meistentheils eine gelbe Farb / ausser daß sie an einem Theil
etwas weiß ist. An dem einen End ist ein kleines Stielgen zu sehen / wormit sie dem übrigen
Nuß-Kern angehänget gewesen: wigt ohngefehr anderthalb Quint und gehet im Wasser zu Grunde. Die
Indianer sollen sie in güldene und silberne Ringe also einfassen / daß sie die blosse Haut an
den Fingern anrühre / und halten also diese Ringe vor ein sonderbahr Amuler wieder die Zauberey
und alle Vergifftung. Unterdessen kan auch viel Aberglaubiges Wesen darunter stecken / welches
diejenige Histori bestättigen kan / deren Franciscus Redi in seinen Experimentis Naturalibus p.
35. gedencket. Als nemblich eine frembde [327] und in Africa gebohrne Person
/ unter andern frembden Raritäten diese Maldivische Coccus-Nüsse in Italien an einen vornehmen
Hofe gebracht und unter andern deren Tugendten vermeldet / daß sie alles Eisenwerck also von
sich stosse / gleichwie hergegen der Magnet solches an sich ziehe / solches aber gedachter
Scribent nicht glauben wolte / hat er es mit einem Degen probiren und bestättigen wollen /
welches aber fehl geschlagen / ohnerachter alle Umbstände / so darbey erfordert werden / in
Acht genommen worden / wie an gedachtem Ort mit mehrerm zu lesen ist. Von den übrigen
Qualitäten aber können die Indianische Natur-Kündiger und Scribenten / als Hernandez, Garz. ab
Horto, Acosta, Piso und andere auffgeschlagen werden.
§. 3.
Weilen im übrigen die bekandte Coccel-Körner auch Indianische-Nüßlein / Cocculi Indi und
COCCULAE ORIENTALES
genennet werden / so wollen wir denselben bey den vorigen Cocos-Nüssen auch abhelffen. Es
bestehen dieselbe in dunckel-braunen Körnern / so groß als eine kleine Lorbeer / aber etwas
runder: Sind mit einer runtzelichten Haut / wie die Muscaten umbgeben / sehen an einer Seiten /
woder Stiel gewachsen / wie kleine Nieren auß / und haben einen bitteren Geschmack: Werden auß
Malabar und Aegypten herauß gebracht.
§. 4.
Von dem Gewächs / worvon sie herrühren / sind unterschiedliche Meynungen. Einige vermeynen es
seye eine Art Nachschatten. Andere halten es vor eine Art Wolffs-Milch. Die heutige
Kräuter-Verständige / als Breynius und andere versichern hergegen / daß sie an einem gewissen
und sich windenden Strauch wachsen / welcher in dem Horto Malab. Tom. 7. Tab. 1. Natsiatam und
Holländisch Waterquaad heisset. Der berümbte Rumphius aber versichert / daß sie an einer wilden
und rauhen Rancke / TUBA BACCIFERA genandt / wachsen / welche er im 16. Cap. des 7. Buchs
seines Ambonischen Kräuter-Buchs schön beschrieben / wie wir aus dessen Msc. in den
Ost-Indischen Sendschreiben zeigen werden. An solchem hängen der Körner viel an einem Stiel /
wie in obiger Figur zu sehen: Sollen anfänglich weiß / dann röthlicht / endlich braun außsehen
/ wie ermeldter Stiel: Haben inwendig einen Kern / so sich in viele Theile zertheilet; und
weilen derselbe leicht wurmstichicht wird / so kommen sie meistens hohl und leer / absonderlich
wann sie alt sind.
§. 5.
Die beste sind / welche noch frisch / schwer und hoch von der Farbe / so groß / als sie seyn
können / und mit keinem Unrath vermischet / wie Pomet in seiner Frantzöischen Material-Kammer
pag. 216. unterrichtet.
§. 6.
Den Gebrauch dieser Früchten hat Codronchius in einem besonderen Buch beschrieben. Sie haben
etwas Gifft-mäsiges an sich und werden deßwegen in der Artzney innerlich nicht gebrauchet.
Riverius, ein berümbter Frantzöischer Doctor, hat sie zu seiner Zeit eusserlich gegen das
Podagram gebrauchet / wie in Append. Schroederi p. 5. zu sehen ist. Sonsten aber werden sie mit
den Stephans-Körnern zu denen Läuß-Salben gemischet. So bedienen sich derer auch die Knaben zu
dem Fichfangen / indem sie diese Körner mit faulem Käß / Campffer und andern in des Wormii Mus.
p. 197. beschriebenen Mittelen zu Pillen mischen und in das Wasser werffen / da dann die Fische
davon toll werden und oben mit den Händen können gegriffen werden; welche gekünstelte Fischerey
oder Piscatio Medica doch in denen Rechten nicht wohl gestatter wird / wie Zacchias in
Quaestionibus Medico-Legalibus pag. 473. mit mehrerm lehret.
§. 7.
Gleich wie nun diese Fisch-Körner den Fischen ein Gifft sind / also tödren hergegen
die Krähen-Augen
oder
NUCES VOMICAE
einige vierfüsige Thiere / als Hunde / Katzen und andere / so blind zur Welt kommen. Solche
bestehen in runden / zusammen gedruckten Saamen-Küchlein / so groß als ein doppelter Grosche /
eusserlich grau und etwas wollicht / wie Sammet anzugreiffen: Inwendig wie Horn / auch so hart
/ eines bitteren Geschmacks: kommen von der Insul Zeylan auß Ost-Indien.
§. 8.
Von welchem Gewächs sie herrühren / ist bißdatzer gantz unbekandt gewesen / diß endlich der
berümbte Hermanni und andere Kräuter-Verständige darhinder gekommen / daß sie von einem
frembden Baum / welcher im Horto Malabarico Tom. 1. pag. 67. unter dem Nachmen Cairam
beschrieben wird / herrühren. Worauff sie in gewissen Früchten (welche so groß als Pomerantzen
sind) in einem schleimichten Marck liegen / wie an obgemeldtem Ort / und Herrn Matth. Seutteri
Disputatione Grad. de Nuce Vomicâ mit mehrerm zulesen ist.
§. 9.
Indessen hat D. Hermanni in seinen Schrifften bezeuget / daß man deren zweyerlen Art finde /
nemlich die grössere und gemeine aus Zeilan, und [328] die kleinere ex
Insula Timorensi, welche bey weiten nicht so groß / wie die vorige / sondern dreymahl kleiner
sind / weilen auch die gantze Frucht kaum einer Muscaten-Nuß groß ist / welche samt dem Baum /
(dessen Wurtzel Lignum Colubrinum genennet wird) in Horto Malabarico Tom. 7. Tab. 2.
& seq. in verschiedenen Arten abgemahlet ist.
§. 10.
Hier zu Land sind die erstere / nemblich die grosse / mehr bekandt / welche noch frisch /
schön groß / Asch-farbicht und etwas gelbicht / nicht wurmstichicht / noch mit anderem Unrath
vermischer seyn sollen / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 216. lehret.
§. 11.
Sie haben gleichfals eine gifftige Natur / so gar / daß zwey Quint davon genommen einen
Menschen tödten sollen / wie Tabern. im dritten Buch von den Kräutern pag. 650. berichtet. In
geringer dosi machen sie erbrechen. Warumb sie aber unter die Alexipharmaca gerechnet und unter
das güldene Ey oder Elect. de ovo genommen worden / hat man sich billich zu verwundern und
mögen die Alten dadurch etwas anderst / nahmentlich die Fabas S. Ignatii verstanden haben. Die
Diebe mißbrauchen solche die Hunde / so ihnen verhinderlich seyen / zu tödten / sind auch vor
diesem von den Hoch-Fürstl. Hessischen Beambten bey denselben gefunden worden / wie in meinen
Pandectis Medico-Legalibus erwehnet hab.
§. 1.
DIe Mandeln oder AMYGDALAE sind läuglichte / etwas zusammen gedruckte und auff beyden Seiten
bäuchichte Kerne einer Stein-Frucht / außwendig mit einer röthlich-gelben Schale umbgeben / in
welcher ein Schnee-weisser Kern / auß zweyen Theilen bestehend / enthalten wird: werden theils
aus Franckreich und Italien gebracht / theils in Teutschland / absonderlich in der Pfaltz umb
Türckheim / Landau und andern Orten häuffig gesamlet.
§. 2.
Die Mandeln-Bäume / worvon sie wachsen / sind wie bekandt den Pfersing-Bäumen sehr gleich /
haben auch eine dergleiche Fleischfarbichte Blüth / wornach die Frucht erfolget / so außwendig
mit einer länglichten-grünen Schelffe / wie die Welsche-Nüsse / umbgeben [329] ist / welcher endlich / wann sie zeitig werden / auffspringet und die Mandelen in
einer andern sehr harten / mit vielen tieff eingeschnittenen Strichen gezierten Schale / fallen
lässet / welche nachmahlen zu eröffnen und die Kerne darauß zusamlen sind. Doch gibt es auch
eine Art / an welcher diese holtzichte Schale also zart ist / daß man sie mit den Zähnen
auffbeissen kan / weswegen sie auch Beiß-Mandelen genennet und also gantz bey dem Nach-Tisch
auffgetragen werden; dahero sie auch die Materialisten also gantz bringen lassen / wie Pomet in
seiner Histoire des Drogues pag. 225. erwehnet hat.
§. 3.
Es gibt aber zweyerley Mandeln / nemlich süsse und bittere.
Die süsse Mandelen
oder
AMYGDALAE DULCES
werden hinwiederumb in verschiedene Sorten getheilet / deren eine Ambrosin, die andere
Commun-Mandeln genennet werden. Jene sind grösser und höher an der Farb / werden zu Bavia, in
Pugli / Calabriâ, nach dem Cantar (welches in Venedig alla grossa 187. ??? alla subtila 294.
??? in Nürnberg aber 172. ??? thut) eingekaufft / wie Georg Nic. Schurtzius in seiner
Material-Kammer pag. 13. berichtet. Diese aber bestehen auß kleineren und nicht so schönen
Kernen. Sonsten aber werden sie auch nach den Ländern / worauß sie kommen / genennet / dahero
einige die Provintzische / einige die Valenser / andere die Barbarische genennet werden. Die
Provintzische kommen auß der Provintz Languedoc in Franckreich / welchen doch obgemeldter
Materialist diejenige / welche von Genff kommen / vorziehet. Die Valenser kommen über
Welschland / und wann sie groß sind / gehen sie den Provintzischen weit vor: wie Marxius in
seiner Material-Kammer pag. 16. lehret. Die Barbarische aber / welche gar auß Orient und Indien
kommen / sind fast die schlechteste / indem sie klein und guten Theils halb rund sind / wie
Pomet c. l. berichtet; und weilen die süsse Mandeln frisch am besten sind / so ziehet Vielheuer
in Beschreibung frembder Materialien pag. 72. allen solchen Außländischen nicht ohne Ursach
unsere Teutsche / welche immer frisch und gut zu haben sind / weit vor.
§. 4.
Sie mögen aber herkommen / wo sie wollen / so müssen die beste noch frisch / schön groß /
breit / hoch an der Farb / nicht zu blaß / inwendig schön weiß und von einem recht süssen und
angenehmen Geschmack seyn. Sie sollen auch keine Schale / keine Stücker / vielweniger andern
Staub in sich halten / sonsten müssen sie zuvor anßgelesen werden. Doch muß man unter dem Staub
die Blume nicht verstehen / welche die Mandel-Kernen erhält. Diejenige / welche gantze Tonnen
und Ballen davon einkauffen lassen / sehen wohl zu / daß sie durch und durch gut und nicht
vermischet seyen / indem einige Kauffleut zu Lyon und Pariß solche also zu dressiren und zu
packen wissen / daß man leicht Schaden nehmen kan / wann man sich nicht wohl vorsiher / wie
Pomet c. l. von seinen eigenen Lands-Leuten auffrichtig bekennet und warnet.
§. 5.
Den Nutzen betreffend / so ist unläugbar / daß die Mandeln nicht allein eine grosse Nahrung
geben und also in den Küchen zu vielen delicaten Speisen / Marcipanen / Macronen / Mandel-Milch
sc. gebrauchet werden / absonderlich aber die Frucht der Schwangeren Weiber stärcken / auch den
Männlichen Saamen vermehren / sondern auch wegen ihres temperirten Oehls alle scharffe
Feuchtigkeiten besänfftigen und deßwegen den Lungensüchtigen / Schwindsüchtigen und dergleichen
zu gut kommen. Zu welchen End dann auch das Süß-Mandel-Oehl oder OLEUM AMYGDALARUM DULCIUM
darauß gezwungen wird; und weilen solches nicht allein eusserlich / sondern auch innerlich
gebraucht wird / so muß es wohl praepariret / nicht auß alten / runtzelichten / und verlegenen
Mandeln / (worvon Schurtzius in seiner Material-Kammer pag. 65. das gemeine herführet) sondern
recht frischen und guten Kernen / und zwar kalt / ohne Feuer / außgepresset werden / sonsten es
sobalden einen andern / nach dem Feuer riechenden / Geschmack bekommen kan. Es wird innerlich
den neugebohrnen Kindlein / mit oder ohne einem purgierenden Säfftgen eingegeben / damit die
schwartze Unreinigkeiten (worvon sie sonsten Grimmen / Schwere-Noth und dergleichen bekommen)
bey Zeiten auß dem Leibe geschaffet werden. In erwachsenen Personen besänfftiget es den
Stein-Schmertzen und befördert den Nieren und Blaßen-Stein / beilet auch andere Gebrechen des
Urins: Laxiret und stillet die Colic / befördert das Außwerffen im Seitenstechen / Husten und
der gleichen. Eusserlich aber wird es von den Heb-Ammen in der Geburth und vielen andern Dingen
gebrauchet; wie dann auch der hinterlassene Taig der Schalen von dem Frauen-Zimmer gebrauchet
und die berümbre Mandel-Seiffe davon gemachet wird / wormit sie sich eine zarte Haut und
geschweidige Hände zu machen getrauen / worzu doch die bittere Mandeln viel desser sind.
Sonsten soll I. ??? Mandeln ???. olei geben / wie Vielbeuer c. l. in Acht genommen hat.
§. 6.
Die bittere Mandelen
oder
|| [330]
AMYGDALAE AMARAE
kommen an der eusserliche Gestalt mit den vorigen gantz überein / dahero / wann sie theurer /
auch mit solchen verfälschet werden / wiewohlen sie dutch den Geschmack leicht zu unterscheiden
sind / welcher in diesen gantz bitter und etwas scharff ist; in Ansehen dessen sie eine
erwärmende / zertheilende und eröffnende Krasst haben: Stärcken den Magen und treiben den Urin
/ weswegen sie beyderseits die Trunckenheit verhüten. Zu welchem Ende diejenige / welche sich
im Trincken Heldenmäsig auffführen wollen / sowohl die gantze Mandeln / als auch den biscuit,
so man davon macht / vor dem Schmaustren essen. So machet man auch ein Oehl davon / welches zu
den Gebrechen der Ohren sehr dienlich ist / auch eine schöne Haut machet / worzu ingleichen die
Kleyen davon sehr dienlich ist / welche / wegen ihrer durchdringenden und zertheilenden Krafft
/ viel tüchtiger darzu / als von den süssen Mandeln gehalten wird. Merckwürdig aber ist / daß /
da diese Früchte dem Menschen so dienlich sind / solche den Hühnern und anderem Gevögel sehr
schädlich und ein tödliches Gifft ist / so gar / daß sie auch von dem Gatz / worvon das bitter
Mandel-Oehl gepresset worden / sterben / wann sie solchen verschlucken / wie D. Lyserus, ein
Dännenmarcker in Obs. 14. pag. 239. Cult. Anat. annoch in Acht genommen hat.
§. 7.
Weilen im übrigen die Zirbel- und Pimper-Nüß / der Würckung nach / mit den süssen Mandeln
sehr überein kommen / wollen wir derselben noch mit wenigen gedencken; und zwar die
Zirbel-Nüß / Pinelen
oder
NUCES PINEAS
betreffend / so bestehen dieselbige auß länglichtrunden kleinen Kernlein / welche in- und
auswendig gantz weiß und eines öhlichten süssen Geschmacks sind: Kommen theils auß Indien /
theils auß Italien / allwo sie umb Ravenna, nicht fern vom Ufer des Venetianischen Meers und
andern Orten häuffig wachsen / wie Schurzius und Marxius in thren Material-Kammern berichten.
Zwar wachsen auch bey uns einige Fichten mit ihren Zapffen / tragen aber keine Nüßlein /
sondern diese wachsen an dem PINO DOMESTICA, welcher nur in Italien und warmen Ländern gut
thut: hat lange spitzige Blätter / wie Tauben-Rock und trägt grosse / auß vielen harten und
holtzichten Schuppen zusammen gesetzte Zapffen / unter welchen die harte holtzichte Nüßlein
stecken / deren unter jedem Schuppen 2. liegen / wie Wormius in Mus. pag. 210. berichtet.
Solche wirfft man in warme Oefen oder hält sie über das Feuer / so thun sich die Schuppen von
einander / und fallen die harte Nüßlein herauß / weiche aufgeschlagen und die Kernlein so mit
einem rothen und zartë Häutlein umbgeben sind / herauß genommen werden. Sie müssen schön weiß /
frisch / groß / süß und nicht rantzicht seyn. Ob das rothe Häutlein daran zu lassen oder nicht?
sind die Materialisten nicht einerley Meynung / indem einige dafür halten / sie hielten sich
besser darin / andere aber meynen sie wären dadurch unscheinlich Weilen aber solche sehr leicht
und am Gewicht wenig aufftragen / so kan man damit nach belieben verfahren. Wann man sie sauber
schält / werden sie sowohl in den Küchen zu Pasteten und andern Speisen / als in der Artzney
sehr gebrauchet / absonderlich vor die Schwind- und Lungensüchtige / indem sie gute Nahrung
geben und alle Schärffe / auch den Stein besänfftigen. So mehren sie auch den Natürlichen
Saamen und stärcken die Mannheit; zu welchem End auch ein Oehl darvon geprest wird / welches
ein gewisser Reichs- Fürst immer bey sich führen soll / wie Ettmüllerus Comment. Schroeder. p.
626. berichtet. Was vom Oehl übrig bleibet / machet weise Hände / wie die Mandel-Kleyen.
§. 8.
Gleiche Kräfften haben auch die Welsche
Pimper-Nüßlein
oder
PISTACHIA,
welche auß länglichten und eckichten Kernen einer Nuß bestehen / so an einem Theil etwas
höher / als an der andern / eusserlich mit einer Purpur-rothen Schale umbgeben / inwendig
grünlicht ist: kommen auß Persten / von Alexandria und Damasco über Italien / ingleichen auß
Java / Neapel und Sicilien / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 156. berichtet. Der
Baum woran sie wachsen / ist so groß / wie ein junger Nuß-Baum / an welchem die Früchte
Trauben-weiß hangen und eusserlich grün / mit roth vermischt / in der Grösse einer grünen
Mandel anzusehen sind. Uuter der grünen Schale ist die Nuß selbsten / mit einer weisen / aber
nicht so gar harten Schale / welche einen Kern / wie die Blut-Nüsse anzusehen / in sich hält.
Diese Nüßlein werden entweder gantz herauß gebracht / oder nur die Kernlein / und werden beyde
in den Material-Kammern gefunden. Jene sollen noch frisch / schwer und vollkommen seyn / deren
drey Pfund zum wenigsten ein Pfund Kern geben müssen / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues
pag. 228. lehret. Die Kern selbsten aber sollen außwendig schön roth / inwendig grün / und noch
frisch seyn / auch einen süssen / doch etwas anhaltenden / nicht rantzichten oder öhlichten
Geschmack haben. Die Materialisten lieben die grossen / die Zucker-Becker aber / welche die
Mühe nicht gerne nehmen solche im conficiren zu zerschneiden / die keinen. Alle aber sollen
mit [331] telmäsig trocken auffgehalten werden / wo sie nicht bald
rantzicht werden sollen. Wann sie in warm Wasser eingeweichet werden / gehet die rothe Schale
ab und bleiben die Pistacien Graß-grün. Dem Gebrauch nach kommen sie mit den Pineln gäntzlich
überein / mit welchen sie gemeiniglich zugleich verschrieben werden / und kan man auch das Oehl
auff obige Manier gebrauchen.
§. 1.
ARECA ist eine Frucht eines frembden Baumes dieses Nahmens / sonsten auch Pynan-Bamn genandt
/ welche eusserlich einer Muscat-Nuß nicht viel ungleich ist / nur daß sie nicht so rund /
sondern unten platt und oben aus zugespitzet ist: siehet unten / wo sie auffsitzet / weiß-grau
und oben braun: inwendig aber ist sie mit purpur-rothen und weissen Streiffen durcheinander /
wie die bunte Seiffen / gemarmelirt: hat einen etwas anhaltenden Geschmack aber keinen Geruch.
Sie wird sonsten auch
FAUFEL
genennet / und kommet aus Ost-Indien.
§. 2.
Der Baum ist den Palmen und absonderlich dem Dattel-Baum sehr gleich / wie ihn Garcias ab
Horto. Plant. Lib. 1. c. 25. und Georg Meister im Ost-Indianischen Lust-Gartner pag. 71.
beschrieben / und droben unter den Pfeffer-Figuren zu sehen ist / allwo der weisse Pfeffer
daran geleitet worden. Die Frucht aber wächset unter den Blättern nah am Stamm / in grossen und
langen Hülssen / so vier Spannen-lang sind / woran die Blumen und Früchte an ihren Stielen
liegen / und wann daß Gehäuß auffblatzet / so hänger denn die Frucht Trauben-weiß / welche in
einer wollichten Rinde oder Schale / so gleichsam güldene Fäserlein untermenget hat / lieget /
wie Wormius in Mus. pag. 199. berichtet. So lang aber die Nuß in dieser grünen Schale lieget /
ist sie viel weicher / als wann sie heraus genommen. Der Baum / daß Gehäuß mit den Früchten und
die Nüsse felbsten sind sehr schön in dem Horto Malabatic??? Tom. 1. Tab. 5. 6. 7. 8. unter dem
Nahmen Caunga beschrieben und abgemahlet.
§. 3.
Der eusserlichen Gestalt nach hat man verschiedene Species, deren Bauhinus in Pin. lib. 12.
s. 6. drey / Pomet aber nur zwey / als die halbrunde und lange Pyramidalische anführen /
wel [332] che Theod. Tabernaement. im dritten Buch von den Kräutern
pag. 646. mit und ohne den eusserlichen Schelffen abgerissen und unter Augen geleget hat.
§. 4.
Den Qualitäten nach hat sie eine außtrucknend- und anhaltende Natur oder Eigenschafft /
stärcket den Magen / wehret dem übermäsigen Brechen / Durchlauff / rothen Ruhr und Blutspeyen:
Befestiget die Zähne und stillet das bluten des Zahnfleisches; zu welchem End die Indianer
diese Frucht mit den Betel-Blättern und andern Sachen mischen und täglich käuen sollen. So
wissen sie auch einen Branden-Wein oder Spiritum Arecae zu mamen / welcher unserm
Frucht-Brandenwein sehr gleich kommet. Die unzeitige und noch rohe Frucht soll gantz truncken
machen / weßwegen diejenige wilde Leut / so gepeiniget sollen werden / dieselbige essen / daß
sie die Schmertzen nicht fühlen / wie der obberührte Wormius l. c. aus andern meldet. So sollen
auch die Indianer den Cattun damit färben und mit purpur-farben Blumen zieren / welche sich gar
nicht außwaschen lassen / wie Georg Meister c. l. pag. 72. berichtet.
§. 5.
Den Nüß-Früchte aber vollends abzuhelffen / folget das BEN-Nüßlein / welches sonsten in den
Apothecken auch
BALANUS MYREPSICA
und Glans Unguentaria genennet wird: ist ein dreyeckichte Nuß / so groß wie ein kleine
Hasel-Nuß / und hält unter einer holtzichten Schale einen gleichfals dreyeckichten weissen Kern
(so mit einem weissen schwammichten Häutgen umbgeben ist /) welches sehr öhlicht und eines
bitteren / auch etwas scharffen Geschmacks ist. Sie wild aus Indien und AEgypten gebracht.
§. 6.
Dieses Nüsselein wächset auff einem Baum / welcher sich dem Tamarisken-Baum vergleichet / wie
aus dem Ast / so in obiger Figur abgebildet / zu ersehen ist. Die Frucht aber wächset in denen
dabey abgerissenen und sonsten von den Aesten hangenden Schoten oder Hülssen / und zwar / wie
oben schon gemeldet / dreyeckicht / wie die Buch-Eckern / dahero sie auch von denen Griechen
???, das ist: Eicheln geheissen werden.
§. 7.
Es sollen derselben zweyerley Arten geben / nemblich grosse und kleine / wie Hoffmannus is
Clav. Schroed. pag. 418. gedencket / worvon doch nur eine / nemblich die grössere heraus kommet
/ dann die kleine / so wie die Ziser-Erbsen sind / gar schädlich seyn sollen. Dahero je grösser
und schwerer sie sind / je besser sie gehalten werden / absonderlich / wann der Kern schön weiß
und frisch außsiehet / wie Pomet in seiner Hist. des Drogues pag. 226. schreibet. Sehe
derowegen nicht / warumb Tabernaemontanus im dritten Buch von den Kräutern pag. 644. die alte
vor die beste hält / es seye dann / daß man nur das Oehl daraus machen wolte.
§. 8.
Den Kräfften nach sind sie hitzig und sollen oben und unten aus purgieren: Außwendig aber den
bösen Grind und allerhand Flecken der Haut vertreiben / worvon Schroederus und andere zu sehen.
Am meisten aber werden sie des Oehls wegen / so daraus gepresset wird / verlanget / welches /
???. de been
OLEUM BALANINUM
oder BEEN Nuß-Oehl genennet / und wie die Nüsse selbsten / aus Arabien / Moren-Land und
Indien über Italien gebracht wird / weilen es sich gar lang halten lässet und nicht wie andere
außgepreste Oehle / rautzicht oder stinckend wird. Ob nun wohl dieses Oehl auch eine sehr
erweichende und zertheilende Krafft habe und derowegen zu harten Geschwären / Nerven und
Glieder-Schmertzen / auch andern dergleichen Affecten sehr dienen soll / wie in dem
Dispensatorio Augustano Zvvelff. pag. 328. zu schen; so wird es doch meistens zum parfumiren
gebraucht / indem es vor andern bequem und proper ist das Jaßmin-Oehl / wie auch andere
Olitäten / als von Tuberosen / Orangen-Blüt und dergleichen (welche sonsten unter dem Nahmen
der Essentz von den Italianern verkauffet werden) darmit durch einweichen oder infusion zu
machen / weilen es sich lang hält und sonst keinen Geschmack hat. Weilen aber die Landstricher
an dessen Stell entweder schlechtes und über dem Feuer außgeprestes Mandel-Oehl oder gar
Baum-Oehl nehmen / thur man am besten / daß man es selber mache oder sich bey gewissenhafften
und raisonablen Leuten addressire.
§. 9.
Hier muß man letzlich der Hasel-Nüssen noch mit wenigem gedencken / absonderlichen diejenigen
/ welche die Materialisten zuweilen auch führen / deren Schurzius in der Material-Kammer pag.
63. dreyerley Sorten erzehlet / nemblich I. die NUCES PONTICAS oder Welsche Hasel-Nüsse aus
Italien / welche dicke und groß und beynah als ein Herß formiret sind. 2. Die Blut- oder
Lamperts-Nüsse / welche länglicht und inwendig umb den Kern eine blut-rothe Schale haben:
werden also genennet / weilen der gemeine Mann dafür hält / daß wann sie umb Lamperti Tag / es
sey kurtz zuvor oder hernach / im zunehmenden Mond [333] gesetzet werden /
sie viele und grosse Nüsse bringen. 3. Die Zeller-Nüß welche von Zell / bey Würtzburg / aus dem
Franckenland kommen und an der Grösse / Figur / wie auch der güte den Lamperts-Nüssen gleich
kommen / nur daß sie / an statt der rothen Schale / eine weißgelbichte haben.
§. 10.
Diese Nüsse dienen nicht allein zur Nahrung und auff dem Nach-Tisch zu gebrauchen / sondern
man kan sie auch / an statt der Mandeln / oder mit diesen zu den Emulsionen und Mandel-Milchen
nehmen. So könte man auch ein Oehl daraus pressen; weilen aber die gemeine hierzu gut gnug sind
/ auch die vorige nicht immer in der Menge zu haben sind / so werden sie nicht bald darzu
employrt.
§. 1.
DIe Oliven (OLIVAE) sind gelbgrüne Früchte des Oehl-Baums / ohngefehr so groß als ein
Tauben-Ey / welche unter einer glatten Haut und öhlichtem Marck einen sehr harten und rauhen
Kern in sich haben / und eines etwas bittern und anhaltenden herben Geschmacks sind: werden aus
Spanien / Italien und der Provintz Languedoc in Franckreich eingemacht heraus gebracht.
§. 2.
Von dem Oehl-Baum selbsten hat man verschiedene Species, deren einige wilde / einige zahme
genennet werden / und sind die letztere wieder unterschiedlich. Derjenige / welcher die Oliven
träget / ist nicht so groß / hat lange / schmahle Blätter und trägt weisse Blümlein / nach
welchen die Oliven selbst folgen / welche anfangs gantz grün und im December / wann sie reiff
worden / röthlicht-grün außschen. Wann sie nun so weit kommen / daß sie zum einmachen dienlich
sind / (welches gemeiniglich im Junio und Julio geschiehet /) werden sie abgelesen und von den
Bauren in die Städte getragen / von welchen sie diejenige / so sie einmachen und verhandeln /
kauffen müssen. Wann sie dieselbige nun einmachen wollen / so schütten sie solche eine zeitlang
in frisch Wasser / und nachdem sie darinnen gelegen / nehmen sie dieselbe wieder heraus und
beitzen sie in einer Lauge von Pott-Aschen oder Soude gemacht / und nachdem sie auch darinnen
ihre Zeit gelegen / werden sie in Potten und Fäßlein von unterschiedener Grösse eingetheilet /
welche vollends mit Saltz-Wasser angefüllet werden / worauff sie eine vermischte Essentz von
Nägelein / Zimmet / Coriander / Fenchel und andern Gewürtzen schütten; und weilen die gröste
Kunst in dieser Essentz bestehet / so halten sie solche sehr in geheimb / wie Pomet in seiner
Histoire des Drogues p. 241. berichtet.
§. 3.
Dieser eingemachten Oliven kommen / nach Unterscheid der Grösse und der Länder / wo sie
gewachsen / verschiedene Sorten / deren meistens dreyerley bekandt sind / nemblich I. die
Spanische / welche groß / wie ein Tauben-Ey / (weßwegen sie vielleicht die Stoltze oder
Superbae bey dem Hoffmann. in Clav. Schroed. pag. 527. heissen) bleich-grün und eines bitteren
Geschmacks sind / und derowegen nicht einem jeden anstehen. 2. Die Provintzialische / welche
sonsten auch Lucenses genennet werden und von mittelmäsiger Grösse sind: und dann 3. die
Italianische / welche die kleineste und bißweilen nur wie Capern anzusehen / aber sehr lieblich
und gutes Ge [334] schmacks sind. Die beste sind / welche noch frisch
/ hart und wohl eingemacht / auch nicht zu bitter sind / und muß man wohl zu sehen / daß die
Sauce nicht davon gelauffen seye / in deren Ermangelung sie weich und schwartz werden und nicht
vor gut passiren / woraus im Handel ein grosser Schaden entspringen kan / weilen diese Früchte
theuer sind. Unter den Provintzialischen werden die so genandte Picholines am meisten
aestimiret / welchen Nahmen sie von gewissen Personen / so picholini heissen / und die Oliven
am besten einzumachen wissen / empfangen haben: sind insgemein grüner und süsser / als andere /
so aus diesen Ländern kommen.
§. 4.
Was den Nutzen und Gebrauch der Oliven anlanget / so haben sie eine kühlende und
zusammenziehende Krafft / weßwegen sie denjenigen dienlich sind / so allezeit Wasser im Mund
haben und immer geiffern / ziehen den sehr schlaffen oder welcken Magen zusammen und stärcken
denselben / bringen Appetit und benehmen den Eckel; weßwegen sie nicht allein zeitig / sondern
auch ehe sie gäntzlich zur Zeitigung gelanget sind / eingemacht werden / damit sie desto mehr
adstringiren möchten. Sie werden hier zu Land bey dem Gebratens genossen. Sobald sie aber
rantzicht werden / thun sie dem Magen mehr schaden / als nutzen / wie Vielheuer nicht
ohnbillich in Beschreibung trembder Materialien pag. 131. erinnert.
§. 5.
Gleichmäsige Würckung thut eusserlich das so genandte
OLEUM OMPHACINUM,
welches aus denen noch unzeitigen Oliven geprest wird und gleichfals eine kühlende und
anhaltende Krafft hat / wie in dem Schroedero zusehen. Allwo Simon Paulli in seinem
Quadripartito Botanico pag. 413. wohl erinnert / daß die junge Practicanten den Safft / welcher
aus den unreiffen Weinbeeren gepresset und in den Apothecken Omphacium genennet wird / bey
Leibe nicht mit dem ??? omphacino confundiren / und eines vor das andere halten oder
verschreiben möchten.
§. 6.
Ferner wird aus denen recht zeitigen Oliven das
OLEUM OLIVARUM
oder
Gemeine Baum-Oehl
gepresset / wie solches Rajus in Hist. Plant. eigentlich und umbständlich beschrieben hat. Es
ist aber auch dieses gar unterschiedlich / nach dem es zubereitet ist und von unterschiedenen
Oertern herrühret. Das allerbeste ist / welches sobalden aus den zeitigen und frischen Oliven /
auff denen hierzu bereiteten Ohlig-Mühlen geschlagen wird / welches schön gelb / süsse und
wohlriechend ist / und wird derowegen FLOS OLEI, it. Jungfern-Oehl von Hoffmanno c. l. bey
denen Materialisten aber Cartzer- oder Garten-Seer-Oehl genennet / und vor das kostbahrste
gehalten / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 148. bezeuget. Weilen aber die annoch
frische Oliven sehr wenig Oehl geben / so lassen solche andere eine Zeit lang auff dem Boden
liegen / auch wohl gar rösten / damit sie desto mehr bekommen / wodurch man aber ein Oehl
bekommet / so einen wiederlichen Geruch und Geschmack hat: ja sie pflegen auch noch heiß Wasser
darauff zu schütten und besser außzudrucken; und dieses ist das gemeine Baum-Oehl / davon das
Italianische und Provintzialische besser und dem Cartzer-Oehl näher kombt / als das Spanische
und Lisabonnische / welche die schlechteste Sorten sind / wie Pomet c. l. davon schreibet.
Puisch ist dem Spanischen gleich: Sevillisch dem Provintzialischen. Sie werden alle besser am
Geschmack / als an der Farb erkennet / welche man ihnen leicht geben kan / wie Schurzius in
seiner Material-Kammer pag. 65. berichtet / bey welchem auch weitläufftig zu sehen / wie in
Puglia, Sevilia, und absonderlich in Botzen / auff den drey hierzu angestellten Oehl- und
Jahr-Marckten / daß Oehl ins Grose einzukauffen / einzuschiffen und herauß zu bringen sey.
§. 7.
Der Gebrauch des Baum-Oehls erstrecket sich sowohl in der Küche und Hauß-Haltung / als in
denen Apothecken / (in welchen fast kein Salbe / Pflaster sc. ohne dasselbe kan gemacht werden)
so weit / daß man es nicht alle hier enwehnen kan: ist gar temperirt / erweichet und heilet
innerlich und eusserlich / worvon Schroeder und dessen Außleger D. Ettmüller mit mehrerem
handelt.
§. 8.
Weilen im übrigen die Capern fast eben so / wie die Oliven / bey denen Braten genossen / auch
aus eben denen Ländern kommen / so wollen wir denenselben auch allhier abhelffen.
Diese Capern
oder
CAPPARES
nun sind keine Früchte / wie einige vermeinen / sondern vielmehr Augen oder unzeitige
Blumen-Knöpff eines Sträuchleins / (dessen Figur im Anfang des Capitels zu sehen ist) welche
eingemacht in kleinen Stännlein aus Spanien / Italien und Franckreich gebracht werden.
|| [335]
§. 9.
Die Art und Weiß / wie man sie einmachet hat Samuel Dale in seiner Pharmacologia pag. 430.
auff folgende Manier beschrieben: Sie nehmen die außgewachsene und vollkommene Augen oder
Knöpfflein / ehe sich die Blume auffthut / lassen sie etwa drey oder vier Stunde im Schatten
liegen / daß sie etwas welck werden und nicht auffblatzen: nachmahlen thun sie Essig in einen
Hafen darüber / decken es zu und lassen es acht Tage also stehen: Wann diese vorbey / drücken
sie die Capern etwas aus und weichen sie wieder acht Tage in neuem und frischen Essig ein /
welches also zum drittenmahl widerholet wird. Alsdann werden sie mit frischem Essig in die
Fäßlein getheilet und in andere Länder verschicket.
§. 10.
Pomet gedencket in seinem Buch pag. 245. daß die Außländer die Capern / vermittelst einigen
Siebben von unterschiedenen Löchern / in verschiedene Species sortirten / nemblich in kleine
und grosse / welche doch von einem Gewächs herrühren. Je kleiner und härter sie sind / je
besser sind sie / absonderlich / wann sie ihre Stiele noch haben. Weßwegen die Spanische /
welche groß und keine Stengel haben / nicht so hoch aestimiret werden / als die andere / so aus
Italien von Genua, Candia und Cypern kommen / wie Schurzius in seiner Material. Kammer p. 27
schreibet. Die Alexandrinische kommen mit den Spanischen: die von Majorca aber (welche zu
Friedens-Zeiten sehr abgehen) mit den Italianischen. In Franckreich brauchen sie meistens die
Provintzialische.
§. 11.
Sonsten hat man auch von diesem Gewächs die
Capern Rinden
oder
CORTICES CAPPARUM
in den Officinen / welche aus dicken / Asch-fahlen / runtzelichten und löcherichten Schalen /
welche von der Wurtzel dieses Strauches abgeschälet und wie Zimmet zusammen gerolt werden /
bestehen / und einen scharffen / auch etwas bitteren Geschmack haben: kommen aus Alexandria,
AEgypten und Apulien / wie Marxius in seiner Material- Kammer pag. 65. bezeuget.
§. 12.
Dem Gebrauch nach werden die Capern selbsten mehr in der Küche zu aller hand Speissen / als
Pasteten / Darten und bey den Braten genutzet und absonderlich den Appetit zu stärcken gelobet:
Die Kinden aber haben in der Artzney einigen Nutzen / weilen sie eine eröffnende /
durchdringende und etwas anhaltende Qualität haben / weßwegen sie zu denen Miltz-Beschwerungen
gerühmet werden; worzu auch das Capern-Oehl oder Oleum Capparum, sowohl einfach als vermischt /
die Trochisci de Capparibus, Extractum und dergleichen auch in denen Apothecken auffgehalten
werden / deren Beschreibung und Tugenden in der Pharmacopoeia Augustana Zvvelferi und anderen
zu sehen sind.
|| [336]
§. 1.
OBschon so wohl unsere / als auch andere frembde Eich Bäume oder QUERCUS durchauß und an
allen Theilen zu vielen Stücken / als zum Bauen / Bren̅en und der Mast sehr
nöthig und dienlich sind / auch das Holtz / dessen Asche und die Früchte zur Artzney gezogen
werden; so scheinet doch vor andern nöthig zu seyn / daß man anjetzo derjenigen Dingen meistens
gedencke / welche die Materialisten darvon zur Handlung ziehen und aus der Frembde bringen
lassen / worunter die sonst bekandte
Galläpffel /
GALLAE oder Galles
hauptsächlich zu beschreiben sind. Diese Galläpffel nun sind nichts anders / als ein
Neben-Gewächs / welches sich / gleichsam wie Wartzen / auff die Blätter des Eich-Baums setzet
und von der unreinen Feuchtigkeit / so darauß dringet / gezeuget wird: Sind rund und ohngefehr
so groß / wie ein grosse Muscat-Nuß / außwendig rauhe mit ungleichen Zacken besetzet / inwendig
schwam- und holtzicht und mit einem Löchelein versehen / eines herben und sehr anhaltenden
Geschmacks: kommen theils auß Türckey / theil aus Franckreich und Teutschland / und wird ein
sehr grossen Handel damit getrieben.
§. 2.
Nun gibt es zwar sehr viele Gattungen von den Galläpffeln / als klein und groß / schwartz und
weiß / glatt und knockicht / schwer und leicht / Sorianisch- und Aleppischer / Schmirnischer /
Tripolischer und Puischen-Galles: Man führet aber fast nimmer über 2. Sorten davon / nemblich
Türckisch (worunter fast alle frembde Nationen stecken) und Puisch-Gallus, wie Marxius in
seiner Material- Kammer pag. 99. berichtet. Jener / nemblich der Türckische / wird von Aleppo,
Tripoli und Smirna gebracht und richten sich verständige Materialisten nach den Ballen /
worinnen er kommet / indem die Aleppische / (welche die besten) in länglichten und stracken
Ballen: Die Smirnische und Tripolitanische aber (welche etwas schlecht) in dicken und kurtzen
Ballen kommen und ist das Pack-Tuch insgemein streifficht. Die Materialisten aber mischen
hernach alle durch einander und nennen sie Gallas in Sortis und sollen diejenige / so
dergleichen kauffen / zu sehen / daß die kleineste und schwereste nicht herauß gelesen seyen.
In Puglia und Romana soll auch guter Galles wachsen / welcher zu Venedig ins Groß verkaufft
wird / wo der Saum netto 370. ???. hält / worvon Schurzii Material- Kammer pag. 36. mit
mehreren handelt. Puischen-Gallus, als der schlechteste / komt auß Franckreich und Teutschland:
Ist insgemein groß / glatt / [337] röthlicht und leicht; da hergegen der
beste Türckische ungleich und gleichsam stachelicht (daher ihn die Frantzosen Galles à l'
epince nennen) schwartz-blau / klein / aber sehr schwer ist; beyde sollen keinen Staub noch
andere Unreinigkeiten von den Eich- Bäumen untermischet haben.
§. 3.
Hier ist zu mercken / daß auff gewisse Eich-Bäumen in Türckey noch ein ander röthliches aber
irregulaire und nicht so rund Gewächs / den Galläpffeln sonsten nicht viel ungleich / wachse /
welches die Türcken
BAZGENDGE
nennen / und wie es in der Figur oben zu sehen / offters unter den Aleppischen Galläpffeln
gefunden wird. Dieses brauchen die Türcken sehr mit Zusatz der Kutzenellen und Wein-Stein eine
schöne Scharlach-Farbe darauß zu machen / worvon Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 261.
weiter zu sehen ist.
§. 4.
Der Gebrauch der Galläpffel ist männiglichen bekandt / indem sie meistens zum schwartz-färben
und zur Schreib-Dinte gebraucht werden / wiewohlen sie auch zu vielen Farben / als der braunen
/ grauen sc. kommen / wie auß den gemeinen Farb-Büchlein zu sehen ist. Die Türckische und
schwartze Galläpffel dienen mehr die Wüllene - der Puisch-Gallus aber die Seiden-Stoffe zu
färben. In der Artzney dienen sie wegen ihrer adstringirenden Krafft zu dem Durchbruch und
Blutstürtzungen / innerlich und eusserlich / werden aber wie Eicheln und deren Hütlein (so
gleiche Kraft haben) langsam verschrieben.
§. 5.
Sonsten aber wird der Eichel-Mistel oder VISCUS QUERNUS,
so auff den Eichen zu finden / fleisiger zur Medicin gebrauchet / welcher in Gestalt eines
Struches auß den Aesten des Eich- Baums hervor sprosset / auß kleinen sich in einander
flechtenden Aestlein / welche hart und schwer / eusserlich braunlicht und inwendig weiß-gelb /
gleichsam mit einer Sonnen gezieret sind / bestehet / länglicht-runde / dicke / bleich-grüne /
aber immerwährende Blätter / und kleine weise Beerlein / so groß als die weise
Johannes-Träublein / träget / welche inwendig eine schleimichte Feuchtigkeit in sich haben; wie
alles droben in der Figur kan ersehen werden.
§. 6.
Je dicker diese Aestlein sind / je rarer und besser sie zu halten / absonderlich / wann sie
zugleich schwer und vollkommen sind. Man muß aber zusehen / daß es der rechte Eichen-Mistel
sey; weßwegen man es mit der rechten im Einkauff gleichsam confrontiren und gegen die Prob
halten muß. So ein Stücklein von Eich-Baum daran zu finden / kan man demselben desto eher
trauen. In Italien bey Folligni, zwischen Rom und Loretto soll eine grosse Menge von dem
schönsten Eichen-Mistel anzutreffen seyn / deren Pomet l. c. gedencket.
§. 7.
In diesem Eichen-Mistel ist ein sonderlichbesänfftigende und stillende Krafft verborgen / wor
mit man die wütende Lebens-Geister begütigen und also die Schwere-Noth selbsten bezäumen kan:
Muß aber in grosser dosi von einem halben biß gantzen Quint genommen werden / und hab ich einen
Empiricum auß Giessen gekandt / welcher auch langwierige und recht eingewurtzelte Epilepsias
damit curiret hat / brauchte aber zuvor starcke Vormitoria. Andere recommendiren dieses Mittel
auch zum Schlag / Seitenstechen / zu dem Hertz-Geblüt / pro-lapsu uteri und andern
Kranckheiten; und obgleich Doct. Ettmüller in Comm. Schroed. pag. 638. demjenigen Visco, so
auff einer Linden oder Haselstaud zu finden ein mehrers zuschreiben will / so hält doch Sim.
Paulli seinem Quadrip. Bot. p. 548. im Gegentheil davor / daß der Eichen-Mistel denen andern
alle vorzuziehen sey / welcher auch nur als ein Amulet am Halß getragen helffen soll / wie
solche und noch mehr Qualitäten von einem Italiäner in einem Tract. von dem Holtz des Heil.
Creutzes weitläufftig beschrieben worden.
§. 8.
Sonsten machen unsere Vogelfänger ihren
Vogel-Leym
oder
VISCUM AUCUPARIUM
auß dem Eichen-Mistel / wann sie nemblich die Beerlein solang in Wasser kochen / biß sie
auffblatzen / nachmahlen im Mörser zerstossen und letzlich solang mit Brunnen - Wasser waschen
/ biß alle Kleyen und Splitterlein herauß sind: wie Sam. Dale pag. 433. Pharm. berichtet.
Dergleichen Vogel-Leim die Egyptier von den Sebesten machen sollen / welche einige Viscum
Alexandrinum nennen / dessen Pomet c. l. pag. 212. gedacht hat. Der beste ist / welcher
grünlicht / nicht wässericht und nicht stinckend ist. Man kan ihn lang in den Kellern halten /
wann man nur immer frisch Wasser darauff giesset. Der Gebrauch ist bekandt / und kan auch in
der Artzney eusserlich zum erweichen gebrauchet werden.
§. 9.
Endlich findet man an den Eich-Bäumen auch einen Schwamm / welchen einige / als Po [338] met Agaricum Quercüs nennen / ohne Zweiffel / weilen er auff solche
Art / wie der rechte Agaricus oder Lerchen-Schwamm / wächset. Weilen aber derselbige in der
Artzney nicht gebräuchlich / sondern nur zum Zunder dienlich ist / als wollen wir jetzo an
dessen Stell den rechten
AGARICUM
oder
Lerchen-Schwamm
betrachten / welcher an dem Stamm des Lerchen-Baums (so den Tannen etwas gleich kommet und
oben in der Figur zu sehen ist) so wohl in Orient, als in Tyrolen und dem Schwartz-Wald zu
finden ist und auß runden / doch ungleichen und eckichten Schwämmen / so etwa einer Faust dicke
sind / bestehet: hat außwendig eine röthlich-graue Schale / unter welchen ein gantz weises /
sehr leichtes / mirbes Marck / mit vielen Fäserlein enthalten: gibt anfangs einen süßlichten /
zuletzt aber bitteren / etwas scharffen und anhaltenden / doch widrigen Geschmack / wie Marxius
in seiner Material-Kammer pag. 16. vor andern in Acht genommen hat. Er komt auß Holland und
Italien.
§. 10.
Dieser Schwamm wächset nicht sobalden wie andere / sondern muß ein gantzes Jahr haben / biß
er zu seiner rechten Grösse komt; worauff er von des Baumes- Rinde abgenommen wird / so bald er
dürr ist und Spalten bekommen will. Nachgehends muß vor das erste die eusserste Hautrein und
subtil abgenommen und alsdann noch einmahl beschnitten werden. Wan̅ dieses
geschehen / wird er an die Sonne gesetzet und 2. oder 3. Wochen lang / nach dem die Zeit ist /
gebleichet / ferner mit höltzernen Hämmern oder Klopffholtz geschlagen / gerieben und gekloffet
/ damit man kein Schneiden daran sehen könne. Bißweilen wird er auch mit Stärck-Mehl oder
sauberem geriebenen agaricô eusserlich angestrichen / welches doch anderen verdächtig vorkommen
will.
§. 11.
Einige von den Gelehrten setzen dessen zweyerley Species, nemblich das Männlein und das
Weiblein. Jenes ist schwer / gelb und holtzicht und wegen einer malignität nicht gebräuchlich:
Dieses aber wird von den Materialisten sortiret: nachdem es zubereitet ist. Schurzius setzet in
seiner Material-Kammer pag. II. 2. biß 3. Sorten / nemblich den Agaricum Messanum, welcher
schlecht ist / Finum und dann die Rasuram Agarici, welches die Schnitzlein sind / so zum
zweytenmahl abgeschnitten und von den Apotheckern gern gekauffet werden / weilen sie wohlfeiler
und zum Agarico trochiscato nach ihrer Meynung schon gut sind. Bey unsern Materialisten in
Franckfurt und anderstwo findet man den Agaricum crudum oder rohen Lerchen-Schwam̅ / den Agaricum albissimum oder feinen / und die Rasuram oder Schnitzlein. Der beste muß
leicht / weiß / zart und bitter seyn / nach der Regul:
Res frangi praestò pretiosus Agaricus esto, Candidus & splendens, bonus in
libra leve pendens.
Er muß im übrigen an einem trucknen Ort gehalten / und wann man vermercket / daß der Wurm
darzu komt / mit einem kleinen Börstlein gereiniget werden: bleibet sonsten viel Jahr lang gut
/ wann er wohl verwahret wird.
§. 12.
Den Qualitäten nach purgiret er alle zähe schleimichte Feuchtigkeit und Galle auß dem Magen /
Gedärme / Nerven und andern Theilen / tödtet die Würme und treibet die Menses, wie Wormius in
Mus. pag. 138. weitläufftiger berichtet. Weilen er aber etwas ungeschlacht operiret und Grimmen
machet / corrigiren ihn die Apothecker mit dem Ingber und machen ihn zu Küchlein / welche
AGARICUS TROCHISCATUS genennet werden. Man machet auch mit dem Spiritu Vini ein Extract davon /
dessen man ???v., biß ???viij. auß einem ???. haben kan / wie Vielheuer in Beschreibung
frembder Materialien pag. 65. in Acht genommen. Die Rasura Agarici dienet den Färbern Von
seinen übrigen Nutzen handelt Bellonius in einem eigenen Tract. de Agarico.
|| [339]
§. I.
OBschon sowohl bey denen Materialisten / als auch Apotheckern fünfferley Arten der
Myrobalanen zu finden sind / nemblich
Citrinus, Chebulus, Bellericus, Emblicus, Indus, so will doch Cordus ein alter Scribent
behaupten / daß derselben nur drey recht unterschiedenen wächsen / indem die schwartze / gelbe
und braune von einem Baum herrühren thäten / und nachdem sie eher oder später abgethan /
reiffer oder unreiffer seyen / bald klein / bald groß / bald schwartz / bald gelb anzusehen
wären. Hergegen versichert Garcias ab Hortô, daß diese fünff Species gantz unterschieden wären
/ indem ihre Bäume wohl sechtzig biß hundert Meilen von einander zu finden seyen: Mit welchem
es auch die meinste Gelehrte halten / so gar / daß Jacob Bontius noch der sechsten gedencket /
welche in Java rund und ohne Streiffe wachsen soll. Ja man hat auch bey uns eine Art kleiner /
gelben und roth gesprengten Pfläumlein / welche Myrabellen genennet werden. Weilen aber diese
einen andern Effect, als die Myrobalanen haben / jene aber noch unbekandt sind / so wollen wir
die obbemeldte fünff Sorten allein nach einander de sehen / welche sonsten alle aus Indien von
Bengala, Goa und andern Orten kommen / wie Marxius, Schurzius und andere bezeugen.
§. 2.
Die MYROBALANI CITRIN???E
oder
Gelbe Myrobalanen
sind länglicht-rund / schwer / vollkommen und außwendig mit tieffen Furchen gezieret / einer
gelblichten Farb / inwendig unter der fleischichten Haut mit einem harten Kern begabet: werden
von den Holländern und Portugiesen meistentheils trucken / zuweilen aber auch mit Zucker
eingemacht und in Fäßlein geschlagen aus Indien gebracht; und wann sie fein groß / schwer /
nicht leicht-brüchig / auch außwendig roth-gelb und in gewisse Theile gefalset sind / werden
sie vor gut gehalten / und muß man Achtung geben / daß sie mit den braun- und Asch-farbichten
nicht vermenget seyen.
§. 3.
Die MYROBALANI CHEBULAE
oder
Grosse schwartz - braune Myrobalanen
sind wohl noch so lang / wie die vorige / eusserlich schwartz-braun / schwer und etwas
runtzelicht anzusehen / und haben inwendig einen langen löcherichten Kern. Sie wachsen in
Bengala [340] wild auff einem Baum / so groß / wie ein Apffel-Baum / dessen
Figur oben zu sehen ist. Die besten sind groß / schwer und vollkommen: Je weniger Runtzeln sie
haben / je besser sie sind / absonderlich wann sie mehr braun als schwartz / auch gleichsam
hartzig inwendig sind / am Geschmack anziehend und etwas bitter.
§. 4.
Die MYROBALANI BELLERICÆ
oder
Bellerische Myrobalanen
sind runde / bißweilen auch eckichte Früchte / so groß wie ein Gall-Apffel / außwendig
lichtbraun / inwendig gelbicht / mit einem harten Kern: haben einen scharfficht- und etwas
anhaltenden Geschmack / deren Baum Blätter / wie der Lorbeer-Baum / haben soll: Müssen
vollkommen / wohl gewachsen und noch frisch seyn / weilen sie leicht wurmstichicht werden.
§. 5.
Die MYROBALANI EMBLICÆ
oder
Asch-farbichte Myrobalanen
bestehen aus kleinen Asch-farbichten Schnitzlein / welche eusserlich gantz krauß / wie
Schagren, außsehen / und einen ziemlich sauren Geschmack haben. Sie wachsen auff glossen Bäumen
/ welche lange rund-gekerbte Blätter haben / an welchen die Myrobalanen / in der Grösse eines
Gall-Apffels / rund und glatt wachsen; und weilen sie zur Zeit der Zeitigung von sich selbsten
in vier biß sechs Theile auffspringen / wie Theodorus Tabernamont. l. 3. pag. 641. solches
artlich zeiget / so kommen sie insgemein an kleinen eingeschrumpfften Schnitzlein ohne Kern
heraus / welche doch fleischicht / schwer und groß / auch mit sonst keinem Unrath vermischet
seyn müssen / wann sie vor gut passiren sollen.
§. 6.
Letzlich sind die MYROBALANI INDAE,
das ist /
Die Indianische oder schwartze
Myrobalanen
noch übrig / welche aus kleinen und länglichtrunden Früchten bestehen / so etwa eines
Dattel-Kerns groß / außwendig schwartz und runtzelicht / inwendig aber schwartz / glatt und
gläntzend / wie Ebenholtz / anzusehen sind: haben aber gantz keinen Kern / woran sie von den
andern leicht können unterschieden werden / obwohlen sie am Geschmack (welcher säuerlich und
anhaltend) den vorigen sehr gleich kommen. Sie wachsen in Ost-Indien (worvon sie den Nahmen
haben) auff einem grossen Baum / dessen Blätter / wie die Weiden / anzusehen sind / und die
Figur oben / nebst denen übrigen / im Kupffer-Stück zu sehen ist. Die beste sind / welche dick
und vollkommen / reckt schwartz / schwer und doch recht trucken sind und einen sauren
anhaltenden Geschmack haben.
§. 7.
Was die Krafft und Würckung dieser Früchten anbelanget / so werden sie insgemein unter die
purgierende Mittel gerechnet / und zwar also / daß man vorgeben will / die gelbe Myrobalanen
führten die Gall aus: die schwartze die Melancholey / und die Asch-farbe und Bellerische den
Schleim / wie bey dem Schrœdero und andern zu sehen ist. Andere hergegen schreiben ihnen
vielmehr eine stopffende Krafft zu / so gar / daß Marxius in seiner Material-Kammer pag. 117.
außdrücklich schreibet / sie haben / wie der Gallus eine stopffende Krafft / welche aus dero
herben und sauren Geschmack auch probiret werden könte. Solchen Streit nun suchet der Seel. D.
Ettmüller in seinem Comment Schrœd. pag. 750. also beyzulegen / daß er statuiret / die
Mytobalanen könten zwar in Ansehung ihres schleimichten Fleisches etwas erweichen und laxieren
/ wann sie über Nacht eingeweichet oder nur ein wenig gekocht würden / absonderlich die etwas
hartzicht sind / wie die grosse und schwartz-braune: wann sie aber selbsten / in substantiâ
oder auch sehr außgekocht genommen würden / thäten sie mehr anhalten und stopffen. Indessen
bekennen alle einmüthig / daß sie sehr gelind laxieren und zugleich etwas anhalten; weswegen
sie auch nur in dem Durchbruch / rothen Ruhr / wie das Rhabarbarun, oder wo von der gärenden
und auffwallenden Gall fliegende Hitze vorhanden / verordnet werden / welche sie in Ansehung
ihrer Säurigkeit stillen können. Weswegen dann auch Sennertus, Mynsicht und andere einige
Säffte oder Syrupos davon kochen lassen / welche in dergleichen Fällen verschrieben werden.
Sonsten sollen die Indianer auch einige / absonderlich die Asch-farbe / zum Leder-ferben / wie
wir hier zu Land den Schmack oder Sumach, gebrauchen.
|| [341]
§. 1.
DIe Rohr-Cassie oder CASSIA FISTULA bestehet auß länglicht-runden und Cylindrischen Schotten
von unterschiedticher Grösse / welche auswendig mit einer schwartzen / harten und holtzichten
Schale: Inwendig aber mit einem schwartzen / scharffichten und doch süssem Marck / in unter
schiedenen Gefächlein / (worinnen auch ein platter gläntzender Saame wie ein Hertz lieget)
versehen sind: kommet theils aus Ost-theils aus West-Indien.
§. 2.
Die Orientalische Cassia ist wiederumb zweyerley / indem eine Art aus Cambaja, Cananor und
andern Orten der Indien / die andere auß Egypten kommet. Jene wird schlechterdings CASSIA
ORIENTALIS oder die Levantische Cassien genennet und hat viel grössere und dickere Schotten /
als die andere / (davon die geringste eines Schuhes lang sind / wie aus der grossen
Kupffer-Tafel zu sehen ist) welche zugleich schwere und gantz seyn auch nicht schlotteren
sollen. So sollen sie auch ein Zucker-süsses Marck / welches nicht sauer noch schimlicht
schmäcket / in sich halten: Werden im Sommer in Kellern und an kalten Orten / daß sie nicht
trucken werden können / des Winters aber im Gewölb / und wann sie etwa anlauffen wollen / muß
man sie sauber abwischen und auch wohl ein wenig / doch nicht zu viel / mit Baum-Oehl abreiden
/ wie Schurzius in seiner Material-Kam???er pag. 27. lehret Die andere An von der
Orientalischen / welche auß Egypten über Alexandrien kommet und deßwegen CASSIA ÆGYPTIACA
genennet wird / hat viel dünnere / schmälere und zärtere Schlotten / welche an den übrigen
Qualitäten der vorigen gleichen sollen. Beyde aber wachsen an sehr grossen Bäumen / welche von
Wormiô in Mus. pag. 194. auß andern in etwas beschrieben und von dem Parisischen Materialisten
M. Pomet in obgesetztem Kupfferstück / welches in dessen Histoire des Drogues p. 217. zu finden
/ unter Augen geleget / noch besser aber in dem Horto Malabarico Part. I Tab. XXII. abgemahlet
worden.
§. 3.
Nicht weniger hat man von der Occidentalischen Cassien 2. verschiedene Sorten / deren eine
von Brasilien / die andere auß den Antillen-Insulen gebracht worden. Jene / nemblich die CASSIA
BRASILIENSIS, destehet auß sehr grossen / langen und dicken Röhren / welche wohl etliche Schuh
lang und einer Faustdicke sind / dergleichen obgemeldter Pomet eine bey dem Herrn Tournefort
(welcher jetzo auß bloser Curiosität noch selbsten in Orient gereiset) [342] gefehen hat; weilen aber diese Cassie eine dergleiche purgirende Krafft nicht haben soll /
wie die andere / als Thomas Bartholinus seiner Zeit auß Holland an Doct. Wormium Ep. 3. Cent.
I. pag. 8. geschrieben und Doct. Ettmüller auch gegen Doct. Schrœderum auffgezeichnet hat; So
wird auch selbige wenig oder gar nicht von denen Materialisten geführet / sondern vielmehr die
CASIA INSULARUM in Handlung gezogen / welche an Form / Gestalt / Farb und übrigen Qualitäten
der Orientalischen bey nah gleich kommet / und je näher sie derselben kommt / je besser sie ist
/ besihe obangezogenen Pomet c. l. Unterdessen muß man zusehen / daß sie sauber und nicht
unflätig seyen / indem sie von den Boots-Knechten offters in die Schiffe geschmissen / und
weilen sie umbsonst zu haben / nichts geachtet werden / zumahlen diese Eassien-Bäume in den
Antillen-Insulen in so grosser Menge sollen wachsen / daß / wann die Köhre von dem Wind
zusammen gestossen werden / nach Unterscheid derselben / und nachdem sie mehr oder weniger
Höhle in sich haben / ein solches Gethöne und Zischen davon entstehen soll / als ob tausend
Heerde Endte oder Gänse zusammen schnatterten / wie Wormius in Mus. pag. 194. berichtet;
weswegen nichts weiter uff solche Rohre darff angewendet werden / als die Mühe solche zu
samblen: daß also mit derselbe offt nur die Schiffe / als mit Steinen / beschweret auch andere
Waaren mit außgestopffet und verwahret sollen werden.
§. 4.
Was den Nutzen und Gebrauch der Cassien-Röhren anbelanget / so pflegen sie den Leib von der
überhäufften Gall und anderen scharffen flüssigen Feuchtigkeiten / zu purgiren / welches nur
von dem inneren Marck / nicht aber von der holtzichten Schale und dem Saamen zu verstehen ist /
welches letztere mehr stopffen und anhalten / wie Boyle de Orig. Form. pag. 199. bemercket;
doch sollen die innere runde Stücklein / welche die Gefächlein der Röhren / wie eine Schiedwand
unterscheiden / auch zugleich / wie das Marck / purgiren / welches an einem Affen / so
dieselbige verschlungen / wahr genommen worden / wie Doct. Pechlin, Fürstlicher Hollsteinischer
Leib Medicus in seinem schönen Buch de Purgantibus pag. 216. angeführet hat. Weilen aber dieses
Medicament durch eine Gährung würcket und also zugleich Winde und Blöhungen verursachet / so
können solches nicht alle Patienten / absonderlich die Miltzsüchtige / Scorbutische und zu der
Mutter-Erstickung geneigte Personen vertragen / in welchen es den alten Wust leicht erregen und
also mehr Schaden / als Nutzen bringen könte. Auß eben dieser Ursach thun diejenige nicht wohl
/ welche die purgierende Cassien denen Febricitanten geben / in welchen ohne dem dergleiche
Auffwallungen leicht zu befahren sind.
§. 5.
Weilen dann / wie oben gedacht worden / zu diesem End nur das innere Marck gebrauchet werden
kan / so wird dasselbe von denen Apotheckern / auff die Art und Weise / wie es Schrœderus in
seiner Pharmacop. Lib. 4. Class. 3. p. 22 vorgeschrieben hat / herauß gezogen und alsdann PULPA
oder auch
FLOS CASSIAE
genennet / welche aber immer frisch gemacht werden muß / weilen sie sich gar nicht lang
halten lässet / sondern bald sa??? wird / da es dann eine solche Schärffe gewinner / daß es
innerlich den Magen und Gedärm leicht angreiffen könte; welches Quercetanum beweget / daß er
die Cassien als ein corrosives Mittel gar verworffen. Und obgleich einige Apothecker die Pulpam
mit Zucker abkochen und also solche länger zu conserviten vermeinen / so wird doch dadurch nur
übel ärger gemacht / indem man an statt eines laxirenden Mittels ein untüchtige Lattwerg und
verzuckerten Gifft in Leib bekommet / wie Pomet in seinem Buch pag. 219. wohl erinnert.
§. 6.
Heutiges Tages wird die Cassia mehrentheils eusserlich in denen Elystiren gebraucht / indem
auß dem Marck samt andern erweichenden und laxirenden Kräutern / mit Honig / eine gewisse
Lattwerg in denen Apothecken zubereitet und
CASSIA PRO CLYSTERIBUS EXTRACTA
genennet wird / davon man etliche Loth oder Untzen unter ein Clystir zu mischen pfleget: Und
hat hat man auch noch einige innerliche Lattwerge / als Elect diacass. cum manna, Cassiam Extr.
cum & sine foliis sennae. u. s. w. darvon Schrœderus in obgemeldtem Buch zu
sehen ist.
§. 7.
Die Egyptier pflegen auch die noch grüne und unzeitige Cassien-Röhrlein mit Zucker
einzumachen und also nach Venedig zu bringen / wie Tabernaemontanus im dritten Buch von denen
Kräutern pag. 474. allschon berichtet hat. Solche müssen noch frisch / nicht sauer oder
schimlicht schmücken / auch in einem brodio oder Syrup von rechter consistence liegen: werden
von vornehmen Leuten / den Leib darmit offen zu erhalten / gesuchet und gebrauchet.
§. 8.
Letzlich ist zu mercken / daß die Schalen oder Rinden der Röhren / wann sie zerstossen und in
Wasser geleget werden / das Haar / welches zum offtern damit zu kämmen / wachsend machen sollen
/ wie Monardus solches und auß demselben Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag.
88. in Acht genommen hat.
|| [343]
§. I.
DIe TAMARINDI oder sauere Datteln sind (wie sie zu uns gebracht werden) nichts anderst / als
das inwendige Marck einer Baum-Frucht / mit vielen Häutlein / Kernen und Zaseln vermenget /
eusserlich schwartz-braun anzusehen und eines angenehmen säuerlichen / doch etwas schärfflichen
Geschmacks: kommen meistens aus Ost-Indien / von der Insul Madagascar und Ceilon, wiewohlen sie
auch in West-Indien zu finden / wie in des Her nandez Beschreibung von Neu-Spanien und dessen
Kräutern lib. 3. cap. 5. zu sehen ist.
§. 2.
Die Bäume / worauff sie wachsen / werden vor eine Art Palmen gehalten und sollen nicht
gepflautzet werden / sondern von sich selbsten häuffig in den Wäldern / und zwar schön und groß
/ mit schmalen Blättern gezieret wachsen. Sie tragen weisse Blümlein gleich der
Pomerantzen-Blüt / und nach solchen grüne Schoten oder Hülssen-Früchte / einer Hand-lang /
welche im Anfang grün / und wann sie reiffen / braun werden und zwar des Jahrs zweymahl / wie
Erasmus Francisci solches in seinem Ost-Indiamschen Lust-Garten / Alpinus von den Kräutern m
AEgypten Cap. I. auch andere beschrieben haben.
§. 3.
Wann die Früchte zeitig worden / samblen sie die Einwohner und lassen sie etwas an der Sonnen
trucknen / ehe sie solche in andere Länder senden: Sollen / wann sie übereinander liegen / wie
unsere Mispeln taig werden / weswegen man sie mit Feigen Blättern umbwickelt zu Marckt träget /
wie Georg Meister im Ost-Indischen Lust-Gärtner pag. 94. berichtet. Sie kommen aber nicht in
den gantzen Schoten heraus / sondern meistens zerquetscht und zerdruckt / in Fässer
eingestampfft / mit Stengeln / Kern und Marck. Solcher Tamarinden nun bekommen wir zweyerley
Sorten / eine Gattung braunlicht / mit vielen Stengeln und kleinen Kernen: die andere gantz
schwartz / nicht viel Stengel habend / aber mit grossen Kernen verschen. Diese letztere Art ist
viel säuerer dann die erste / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 200. in Acht genommen
hat. In Senega sollen sie die Schwartzen gar zu Kuchen formiren / nachdem sie die Kerne und
Stiele heraus genommen haben / welche aber nicht herausser kommen.
§. 4.
Aus allen werden diejenige Lamarinden vor die beste gehalten / welche gantz schwartz / mit
Kernen und kleinen langen Faßlen vermischet / auch durchstchtig sind / und wann von dasselben
ein wenig abgerissen wird / gleichsam ein wenig [344] fett scheinen / wie
Georg Nicolaus Schurzius in seiner Material Kammer pag. 106. zeiget. Man muß aber zusehen / daß
sie nicht zu naß und feucht / und etwa in Kellern gestanden seyen / welches theils an dem
Geruch / theils an den Kernen / so alsdann gleichsam auffgeblasen außsehen / zu erkennen ist.
Vielweniger sind diejenige anzunehmen / welche mit Syrop / Honig und Essig geschmieret und
verfälschet sind / welchen Betrug Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 220. entdecket.
§. 5.
Ihre Krafft und Tugend betreffend / so kühlen sie und eröffnen zugleich den Leib; weßwegen
nicht allein die Araber die noch unzeitige Schoten abbrechen / mit Zucker condiren und mit sich
auff die Reisse nehmen sollen / damit sie den Durst damit löschen und den Scharbock meiden
könten / wie Wormius in Mus. pag. 215. berichtet; sondern es sollen auch die Javaner einen sehr
lieblichen Limonat davon machen / den sie an statt des Biers trincken / dessen Composition
Bontius Hist. Ind. Or. lib. 6. cap. 4. und Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag.
162. auffgezeichnet hat. Bey uns werden sie nur zum laxieren gebrauchet und sind in solchen
Fällen vortrefflich zu gebrauchen / wann von der überflüssigen oder auffwallenden Gall etwa
fliegende Hitze (welche insgemein einer hitzigen Leber von dem Pöbel zugeschrieben wird)
vorhanden / oder in wechsel- oder hitzigen Fiebern der Leib verschlossen ist / wo man die
Tamarinden entweder allein / oder mit kleinen Rosinen / ins Geträncke legen / oder auch ein
Decoctum davon machen kan / worvon Ettmüllerus in Com. Schrœd. weitläufftig zu sehen ist. Wolte
aber ein Patient lieber eine Lattwerge haben / kan man die PULPAE Tamarindorum, oder auch der
Tamarinden-Lattwerg mit Senet-Blättern (Elect. de Tamar. c. fol. Sennae) gebrauchen.
§. 6.
Je gelinder aber die Tamarinden würcken / je stärcker und ungestümmer purgieren die oben
beygesetzte
COLOQUINTEN,
welche dicke / runde und einer Faust grossen Früchte sind / unten eine weisse lederichte Haut
/ ein sehr leichtes / schwammichts Marck und kleine blatte Kernlein / wie Cucumern-Saamen
anzusehen / einschliessen und einen überaus bitteren / widrigen / ja abscheulichen Geschmack
haben: kommen aus Orient / absonderlich von Alexandria aus AEgypten / über Massilien und andere
See-Häfen in Europam / nachdem sie von ihrer eussersten grün-gelben Schale zuvor gesäubert und
geschälet worden. Sie werden von einigen auch Pariß-Aepffel genennet.
§. 7.
Das Kraut oder COLOCYNTHIS selbsten ist eine Art von wilden Kürbsen / welche mit ihren runden
und rauhen Reben auff der Erden fladert. Die Blätter sind rauh / Aschenfarb oder grau / rings
umbher zerschnitten: trägt bleich-gelbe Blumen / welche nicht gar groß und nach denselben eine
runde Frucht / erstlich grün / darnach Citronen-gelb / welche spat und erst im Herbst zur
Zeitigung gelanget; weswegen sie auch in Europa niemahlen recht zur pecfection kommet / ob man
schon das Kraut allda auch in den Gärten auffbringen kan / wie Marxius c. l. p. 52.
bezeuget.
§. 8.
Diese Coloquinten nun müssen in noch gantzen Aepffeln kommen / wann sie vor gut passiren
sollen: wenig Kerne haben / auch groß / schön weiß / licht / schwammicht und pulposicht seyn.
Je grösser / weisser und leichter sie sind / je besser sie gehalten werden / wie Schurzius in
seinem Buch pag. 21. lehret. Die auffgeblatzte und zerbrochene werden nicht gern angenommen /
deswegen auch Pomet l. c. pag. 224. allen Materialisten / welche die Coloquinten in grosser
Quantität einkauffen / treulich räthet / daß sie solche von ihren Commissairen und
Correspondenten wohl packen und accommodiren lassen möchten / sonsten sie unter hundert Stücken
kaum vierzig gute und erlesene Coloquinten / sondern das meiste an Körner und Schalen finden
werden / welche zu nichts taugen und hinweg geschmissen werden.
§. 9.
Die Kläffte und Würckung betreffend / so werden die Coloquinten nicht ohne Ursach vor das
starckeste purgantz unter allen Kräutern gehalten / und weilen sie mit ihrem dicken Hartz
(worinnen ihre Qualität enthalten) sich an die Gedärme anhängen und grausame Bauch-Schmertzen
verursachen / so werden sie von den meisten Medicis langsam oder gar nicht verschrieben.
Nachdem aber gewiß und ohnläugbahr ist / daß sie allen zähen Schleim / welcher sich tieff in
die Sennen und andere Glieder gesencket / angreiffen und außführen / so halten wackere Medici
und absonderlich der alte Dänische Practicus D. Sim. Paulli in Quadrip. Bot. pag. 323. davor /
daß man solche in alten und hartnäckichten Kranckheiten / als langwierigem Kopffweh / Schwindel
/ Schweren-Noth / Keichen / Glieder-Schmertzen und dergleichen mit gutem Fug gebrauchen könne;
wie dann auch Helmontius, welcher sonsten von den purgierenden Artzneyen kein groß Wesen machet
/ die Coloquinten in verschiedenen Stellen zu dergleichen langwierigen Gebrechen sehr herausser
streichet / und versichern will / daß er mit denen zuvor wohl corrigirten Coloquinten [345] die Frantzosen ehe und gewisser curiren wolle / als mit allen
Holtz-Curen / indem selbige in einem Tag mehr thäten / als die Sarsaparillen oder andere
Holtz-Träncke in drey Wochen / worvon Doct. Ettmüller in Comment. Schroed. pag. 740. mit
mehrerm kan gelesen werden: welcher die urinische Salia / absonderlich aber das ???. oder
Weinstein-Saltz vor das wahre und gewisseste Corrigens der Coloquinten halten thut / von dessen
Gewißheit sonsten Doct. Hoffmann in Clav. Schroed. fast zweifflen will.
§. 10.
In denen Apothecken findet man ohne die Frucht selbsten noch drey darauß gemachte Autzneyen /
als 1. das Extractum, desen man ???j. Zj. auß einem ???. Coloquinten haben kan / wie es der
Apothecker Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 96. außgerechnet hat. 2. Das
???. diacolocynth. Quercet. oder gekocht Colocynthen-Oehl / welches mit der Aloe und
Ochsen-Gall vermischet und auff den Nabel der kleinen Kindern garieben die Würme im Leibe
tödtet und anßtreitbet. 3. Die so genandte TROCHISCOS ALHANDAL (von dem Arabischen Wort Handal,
welches Coloquinten heisset) so sehr violent purgiren und derowegen nur zu etlichen Granen
andern Purgierungen zur Verstärckung beygegeben werden. Allwo die Apothecker doch nochmalen zu
warnen sind / daß / weilen die Büchsen / worinnen diese Küchlein auffgehalten werden /
insgemein bey den Trochiscis alkekengi stehen / und wann die Wörter nur halb angemahlet werden
/ leicht verwechselt werden können (wie vor diesem hier in Giessen / da ich einem einhafftirten
Müntz-Meister Zj. Trochisc. alkekengi verschrieben und der Apothecker-Jung soviel Trochisc.
alhandal genommen / nicht ohne Lebens. Gefahr des Patienten geschehen) dannenhero darauff wohl
Achtung zu geben sey. Letzlich machen sie in Franckreich auß den bitteren Kernen auch einen
Vexir Confect, wann sie solche mit Zucker überziehen und unter andern Confect mischen / worvon
Pomet c. l. zu sehen wäre.
§. 1.
DIe Zecken-Körner oder SEMEN RICINI sind länglicht- und oval-runde / doch etwas zusammen
gedruckte Körner etwas kleiner / als eine Bohne: Haben außwendig eine graue und mit schwartzen
Strichen schön marbrirte Schale und inwendig einen [346] weisen / öhlichten
und auß zweyen Theilen zusammen gefügten Kern / welcher einen widrigen / süßlichten / doch
scharften Geschmack hat: werden also genennet / weilen sie an der eusserli chen Figur den
Hunds-Zecken oder Läusen gleich sehen.
§. 2.
Das Gewächs / woran sie wachsen / heisset RICINUS, Teutsch der Wunder-Baum / welcher sonsten
auch Palma Christi, genennet wird: ist zwar ein frembd Gewächs / wird aber doch in unsern
Gärten auch alle Jahr auß den Kernen gezogen: Hat runde breyte Blätter / zwischen welchen ein
runder / hohler / röthlichter / hoher und zarter Stengel hervorkomt / an welchem die ringsumb
tieff außgeschnittene Blätter in der Höhe am grösten und breytesten werden. An den
Neben-Aestlein wachsen traubichte und stachlichte Kolben / daran zweyerley Blüt zu sehen /
nemblich gelb und roth. Jene stehet unten und fällt ohne Frucht ab. Diese ist den
Saffran-Blumen gleich / nach welchen stachlichte Körner / mit dreyen Ecken kommen / auß welchen
/ so ste recht zeitig werden / die Zecken-Körner herauß fallen / die man klein und groß haben
kan.
§. 3.
Diese Körner haben eine sehr starcke purgierende Krafft und treiben den zähen Schleim / Gall
und andern Unrath oben und unten auß. Weilen sie aber in grosser dosi, zu 8. biß 15. zu nehmen
/ auch gar vehement würcken / werden sie fast gar nicht gebrauchet / zumahlen da die Grana
Tilli und Americanische Purgier-Nüsse bekandt worden / deren nur ein halbe gnugsam purgiren
kan. Sonsten aber sollen die Egyptier ein Oehl darauß pressen / welches sie zu ihren Ampeln und
Leuchtern / ja auch zum Essen gebrauchen / wie Theod. Tabernaemont. im andern Buch von den
Kräutern pag. 481. und Olearius in der Persianischen Reiß-Beschreibung pag 566. schreiben.
§. 4.
Was nun die jetzgemeldte
GRANA TIGLIA
anlanget / so bestehen dieselbe auß kleinen Körnern / etwa so groß wie eine Erbse / aber
länglicht-rund / sind anfangs gelb-weiß / aber wann sie recht reiff werden / schwartzlicht-grau
und eines widrigen / sehr scharffen Geschmacks: kommen auß West-Indien und werden von den
Landstrichern insgemein Italianische Pillen genennet.
§. 5.
Diese Körner sollen von eben dem Ricino arborescente herrühren / worvon das purgierende
PAUAN-Holtz / dessen wir anderwertig Meldung gethan / genommen wird; wiewohlen im 2. Theil des
Horti Malab. Fig. 33. ein ander Kraut abgemahlet wird / welches (außgenommen die Blumen) mit
des Herrn Breynii Figur Cent. 1. Exot. c. 54. ziemlich überein komt. Sie wachsen in einer
drey-fachichten Hülse: Und weilen sie an der eusseren Gestalt den Pinelen nicht ungleich sind /
auch das Gewächs von einigen Pinus Indica genennet wird / so heissen die Frantzosen dieselbe
nicht anders als pignons d' Inde, oder Indianische Pinelen / ob sie schon eine gantz andere
Natur und Krafft haben.
§. 6.
Sie müssen aber frisch / schwer und nicht mit andern Schalen und Unrath vermenget seyn. Auch
soll man Achtung geben / daß sie nicht mit den kleineren Zeck-Körnern oder sem. palmae Christi
vermischet seyen / welches an der eusseren / bunten und gleichsam gemarmelten Schale / welche
diese letztere haben / zu sehen ist / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 225. wohl
erinnert.
§. 7.
Ihre Würckung betreffend / so purgiret man ingleichen davon über- und unter sich / und weilen
sie gar starck operien / muß man damit gar behutsam umbgehen und nur sehr starcken Personen
über I. oder 2. derselben nicht geben / welche wider gantz fortgehen sollen / obwohlen sie das
ihre doch meisterlich gethan. Ein gewisser Storger hat D. Ettmüllern versichern wollen / daß
sie die. Würme trefflich außtreiben / so gar / daß er auch einen grossen breyten Wurm damit
fortgetrieden habe; Und weilen sie inwendig gar öhlicht sind / soll man auch ein Oehl darauß
pressen können / dessen I. oder 2. Tropffen mit Fleisch-Brühe oder Zucker eingenommen schon
gnugsam purgieren.
§. 8.
Uber diese hat man noch eine grössere Art / welche Simon Paulli in seinem Quadrip. Bot. (wo
er sie am besten abgemahlet und beschrieben) Semen nigrum Ricini Americani majoris, die gemeine
Leut aber
Brech- und Purgier-Nüsse
zu nennen pflegen: Sind wohl 3. biß 4. mahl grösser / als die Grana Tilli, außwendig schwartz
/ auff einer Seiten platt / und auff der andern gewölbet: Inwendig mit einem / auß zweyen
Theilen zusammen gefügtem weissen Kern / einer Mandel gleich / versehen / in dessen Mitte zwey
hoch-weise zarte Blätter zu finden / welche benebenst der Frucht selbsten von jetztbelobtem
Doct. Sim. Paulli c. l. pag. 270. in einer schönen Figur unter Augen geleget worden sind.
|| [347]
§. 9.
Der RICINUS AMERICANUS, woran sie wachsen / soll dem Feigen-Baum an der Grösse gleichen /
auch dergleichen breyte Blätter / doch ein sehr weiches und zerbrüchliches Holtz haben / woran
eine sechseckichte dicke Hülse wächset / welche nachgehends von sich selbsten in drey Theile
auffspringet / auch nur 3. Körner in sich hält / wie solches theils Marcgravius in Hist. Rerum
Nat. Brasiliae pag. 96. theils Petrus Lutzen, ein Dänischer Bedienter / bey obbemeldtem Sim.
Paulli c. l. pag. 553. weitläufftig beschrieben haben.
§. 10.
Sie kommen in Ansehen ihrer Würckung mit den vorigen überein / indem sie gleicherweiß starck
purgiren / welche Krafft nur in den dünnen weisen Häutlein / so zwischen den beyden Theilen der
Körner zu finden / bestehen soll / welche man auß 3. Kernen herauß nehmen und mit einer
Conserva einnehmen kan / wormit obgedachter Lutzen viele von dem Fieber befreyet hat. Ein
gewisser Boots-Knecht / so solche auß America in Dennemarck gebracht / mischte sie heimlich den
Hof-Dienern unter die Speise / und nachdem alle / so davon genossen / die schnelle Catharine
bekommen / kriegte er an statt des Artz-Lohnes den Farren-Wedel zu versuchen / worvon Sim.
Paulli c. l. mit mehrerm zu sehen ist. Einige machen mit Wasser oder andern Liquoren eine
purgirende Milch von den inwendigen Kernen / wodurch ihre Schärffe etwas temperiret wird / wie
Ettmüllerus in Com. Schroed. pag. 752. vermeinet. Indessen werden alle diese Sachen heut zu Tag
/ da man gelinderere und sicherere Mittel erfunden / langsam ober gar nicht mehr
verschrieben.
§. 11.
Der Frantzdische Materialist / Mons. Pomet gedencket noch einiger anderen Sorten in seiner
Material-Kammer pag. 225. nemblich der Barbarischen / welche an der Grösse den Granatillen
gleich kommet: und dann der gantz kleinen und runden Zecken-Körner / welche vielleicht von dem
Ricino Indico aromatico, dessen Ammanus in Char. Plant. nat. pag. 545. gedencket / herrühren;
weilen aber solche sehr rar und gar nicht gebräuchlich / wie obbemeldter Author selbsten
bekennet / so wollen wir auch kein weiteres Wesen davon machen.
§. 12.
Ingleichen ist es ohnnöthig von denen
Purgier-Bohnen
oder
FABIS DIVI THOMÆ
weitläufftig zu handeln / indem solche theils vom Tabernaemontano, theils von dem Wormiô auß
des Clusii Exoticis zur Genüge beschrieben worden / auch gar nicht gebräuchlich sind; Weßwegen
nur deren Abriß und eusserlichen Figur (wormit sie einem Hertzen gleich kommen) nebst dem Kraut
selbsten der obigen Figur beysetzen wollen / welche beyde Plukenet in seiner Phytographia Tab.
CCXI. Fig. 6. am schönsten abgemahlet hat.
|| [348]
§. 1.
DIe welsche Heydel-Beern oder Baccae Myrthi Italicae sind schwartze länglichte Beern / wohl
noch so groß als die gemeine Teutsche Heidel-Beeren / haben oben ein Krönlein wie andere Beeren
/ und sind voll weisser / harten und gleichsam zusammen gedruckten Körner / welche wie ein
halber Mond / dessen Spitzen inwarts gebogen / formiret und eines sehr herben und zusam̅enziehenden Geschmacks sind: werden insgemein von den Apotheckern auch / wie unsere
Heidel-Beeren / Myrtilli genennet / welches einigen sonst gelehrten Medicis und Materialisten
Anlaß gegeben / daß sie entweder wanckelmüthig worden oder gar behaupten dörffen / die
Myrthen-Beerlein in den Apothecken wären nichts anderst / als unsere gemeine Heidel-Beern / wie
solches der sonsten sehr artige Materialist zu Paris / Monsieur Pomet mit seinem eigenen
Exempel bezeuget / welcher im ersten Theil seiner Maeterial Histori im 22. cap. pag. 26. (und
zwar recht) gezeiget hatte / daß die Myrthen-Beerlein von dem Italianischen Myrtho, wie er von
Moyse Charas gehöret hatte / herrühreten: Nachmahlen aber in dem Appendice sich selbsten
ohnnöthiger weiß corrigiret / und auff Beredung des Herrn Tourneforts behaupten will / daß die
Baccae Myrthi der Apothecker nichts anders als der Teutschen Heidel-Beern / oder Baccae Vitis
Idaeae seyen; worinnen er sich mächtig verhauen / indem unsere Heidel-Beern nicht halb so groß
/ keine Kron oben haben / rund und nicht länglicht sind / sehr kleine runde Kernlein haben sc.
und hätte er also hierin eher dem Charas, als einem Apothecker / dann Mons. Tournefort glauben
sollen / indem einem jeden Künstler in seiner Kunst zuglauben ist.
§. 2.
Dieses ist unter andern auch daher zu erweissen / weilen die rechte Myrthen-Beerlein aus
Welschland und Franckreich zu uns gebracht werden / wie Marxius / Schurtz / Vielhauer und
andere Materialisten in offentlichen Schrifften bekennen / allwo sie an den grossen
Myrthen-Bäumen (deren obgedachter Chara??? auff seiner Reiß in Spanien einen / so Mannsdick
gewesen / bestiegen / wie Pomet l. c. von ihm gehöret hat) neben dem Meer wachsen: haben eine
vortrefflich und wohlriechende Blüte / [349] woraus die Parfumierer ein
Wasser destilliren / welches sie zu ihren Savonetten und andern Galanterien brauchen / wie auch
anderstwo in diesem Buch zu sehen ist: In Teutschland aber wird eben damit / wie auch mit den
Beeren selbsten kein grosser Handel geführet / nachdem man bey uns die gemeine Heidel-Beern zu
dörren und an statt der Italianischen zu brauchen angefangen / welche der berümbte Simon Paulli
in seinem Kräuter-Buch pag. 405. auch frisch / den Myrthen-Safft oder Syrupum Myrthinum
(welcher sonsten von den Italianischen gemachet wird) daraus zu praepariren lobet; welches doch
einiges Nachdencken machet / weilen unsere Heidel-Beern / besonders wann sie frisch sind / eine
böse und scharffe Feuchtigkeit bey sich führen / so gar / daß umb die Zeit / wann sie zeitig
und zu kauffen sind / gemeiniglich die rothe Ruhr grassire / wie Doct. Ettmüller in seinem
Tractat über den Schroederum meldet / und ich in der That selbsten erfahren hab.
§. 3.
Es übertreffen auch die Italianische Heidel-Beern die unsere weit an ihrer kühlenden und
anhaltend-zusammenziehenden Krafft / mit welcher sie alle Bauch- und andere Flüsse /
Blut-Stürtzungen / Außfallen des Affters und der Mutter / unnatürlichen Schweiß / Verrenckungen
der Glieder und andere Gebrechen heilen / wie aus Schroedero und andern Samuel Dale in seiner
Pharmacologia pag. 376. weitläufftig anführet.
§. 4.
Doch kan man in diesen Kranckheiten auch die
gemeine Heidel-Beern
nehmen / welche auch zum blau-färben gebraucht werden / wann man ein Hafen voll
Heideldeer-Safft / ein Becher Essig / zwey Loth gestosen Alaun und ein halb Loth Kupffer-Schlag
mit einander sieden und Garn oder Tuch darein duncken lässet / welches abgewaschen blau wird:
und wann es licht-blau werden soll / nimbt man kein Kupffer-Schlag darzu. Solte es aber
dunckeler seyn / thut man zwey Loth gepulverisirten Gallus darzu / worvon Tabernaemont: in
seinem Kräuter-Buch pag. 803. P. 11. zu sehen ist.
§. I.
DIe Juden-Kirschen sind dunckelgelbe und zusammen geruntzelte Früchte einer Kirschen groß /
welche von einem platten / runden und theils wie Nieren formirten Saamen angefullet sind: haben
einen scharffichten und etwas bitteren Geschmack und fast keinen Geruch / und werden sonsten
Baccae Alkekengi oder Halicacabi genennet / welche in den Apothecken zu verschiedenen Artzneyen
angewendet werden / wie drunten mit mehrerem angezeiget wird.
§. 2.
Das Kraut wächset gern in Wein-Gärten und schattichten Orten / blühet im Julio und trägt
hernacher groß auffgeblasene grüne Blasen / weswegen es auch Solanum Vesicarium genennet wird;
und wann diese Blasen gelbicht werden und endlich gar auffblatzen / so erscheinet diese runde
und roth-gelbe Kirsche / wie aus der Figur zu ersehen: Worbey auch der West-Indische
Halicacabus, dessen Hernande??? gedencket / mitgetheilet wird.
§. 3.
Man muß zusehen / daß man sie frisch become und nicht die Wurmstichichte übernehme / welche
keinen Safft noch Krafft mehr haben; zu welchem Ende man sie selbsten erziehen könte / daß man
sie / wie sie bißweilen verlanger werden / zugleich frisch haben könne.
§. 4.
An den Kräfften und Qualitäten kommen sie / wie auch das Kraut / darin mit dem Nacht-Schatten
überein / daß sie eine gelinde schmertz-stillende Krafft in sich haben / auch ein nitrosisches
und essentialisches Saltz mit sich führen / vermög dessen sie allen Schleim abwäschen und
abtrucknen können; weswegen sie dann fast in allen Nieren- und Blasen-Gebrechen vortreffliche
Hülffe leisten / den Harn und Stein befordern / und deswegen in der Kalten-Piß / Trippert /
Lenden-Weh und dergleichen trefflich zu statten kommen / indem sie durch die tartarische und
narcotische Theilger die krampffmäsige Zusammenziehung der Harngängen besänfftigen / durch das
Nitrosische Saltz aber alle Unreinigkeiten darinnen abwaschen.
§. 5.
Man braucht sie auff verschiedene Art und Weiß / weicht oder kocht sie entweder mit Süßholtz
in Wasser zu einem Tranck / oder macht ein destillirtes Wasser und Spiritum daraus / womit
verschiedene Essentiae aus dem Extract oder Safft der Beeren gemacht werden / wie davon etliche
Beschreibungen bey dem berümbten Ettmüllero in seinem Commentario über des Schroederi
Apothecker-Kunst p. 509. zu finden sind. Es werden auch diese Juden-Kirschen zu andern
Compositionen genommen / als unter den purgierenden Rhabarbar-Safft Syr. De cich. cum rhab.
genandt / und hauptsächlich unter der alten Trochiscos de Alkekengi; wobey dieses in den
Apothecken wohl in Acht zu nehmen / daß weilen die Trochisci de Alkekengi gemeiniglich nechst
an denen Trochiscis Alhandal stehen / die Wörter an den Büchsen / wie gewöhnlich / nicht
abbreviirt, sondern fein außgeschrieben werden / damit nicht eines vor das anderer genommen /
und wie mir ein mahl zu Giessen (da ich ??? von den Trochisc. Alkekengi verschrieben / der
Apothecker-Junge aber soviel von den Troch. Alhandal genommen hatte) widerfahren / der Medicus
in Schrecken / der Krancke aber in grosse Schmertzen / ja Lebens-Gefahr gestürtzet werde. Vid.
Miscellan. German. Curios. Dec. III. Ann. III. Obs. 78. pag. III.
|| [351]
Das XXVIII. Capitel
Von der MOMORDICA
oder
Balsam-Aepffeln.
UNter diejenige Gewächse / welche biß dahero zwar noch in wenigen oder fast keinen
Material-Kammern und Apothecken auffgehoben / doch aber offters sowohl von den Gärtnern / als
andern Liebhabern gesuchet werden / auch eine vortreffliche Krafft in der Medicin nach sich
ziehen / gehöret billich die Momordica, und zwar deren Früchte oder röthlichte Aepffel / welche
länglicht-rund wie ein Ey / doch nicht so groß sind / außwendig rauch und stachelicht / auch
wann sie reiff worden von sich selbsten auffspringen und einen gleichfals rothen und breiten
Saamen zeigen / welcher / so er trucken worden / schwartz-braun außsiehet; und weilen dieser
Saame gleichsam voller Schrunden / die zeiger die Natur gleich durch die Signatur an / daß ein
heilsame halsamische Krafft darinnen verborgen seye / dahero die Momordica auch Balsamina
genennet wird.
§. 2.
Das Kraut / so aus diesem Saamen in die Höhe wächset / hat eine kleine Wurtzel / aus welcher
dünne Reißlein mit zusammen gerolten Fäserlien hervorschiessen / mit welchen es sich an die
Stöcklein und Pfeiler / daran es gestecket wird / anhenget und in die Höhe steiget: hat Blätter
wie die Stick-Wurtz / und trägt ziemlich grosse und bleich-gelbe Blumen / nach welchen obig
beschriebene Frucht erfolget; und weilen dieses ein zartes und frembdes Gewächs / so gantz
keine Kält vertragen kan / ist / so muß es zu Sommers- und Winters Zeit in Acht genommen
werden: Zu welchem End der Kern im Früling zeitlich in eine fette Erde und an einen solchen Ort
gesteckt werden muß / da es den Wiederschein der Sonnen immer hat / und wann [352] man es fleissig mit dem Wasser / wo das Fleisch mit gewaschen wird / giesset / so
wird die Frucht desto eher zeitig / doch nicht eher als im Augusto oder September.
§. 3.
Dieses Kraut samt der Frucht ist über auß balsamisch und heilsam / weßwegen einige das Pulver
von diesem Kraut sehr in den Darm-Wunden rühmen / welche es heilen soll / obschon die Gendärme
auff beyden Seiten durchbohret seyen / wofür ich doch keinem gut wolte seyn. Sonsten wird das
Kraut selbsten innerlich nicht gebrauchet / auch die Frucht welche doch eusserlich ingleichem
ein gewisses Mittel in allen Verwundungen abgibet / wann nemblich dieselbe entweder allein
außgekernt oder mit dem Siebengezeit Saamen in Baum- oder Mandel-Oehl geleget und also das
Oleum Momordicae darauß gemachet wird / welches in einigen Apothecken auch zu finden ist.
Dieses Oehl heilet alle frische Wunden / ohne Entzündung / in wenig Tagen: Ist vortrefflich zu
allen Schrunden am Mund / an den Brüsten / Händen und heimlichen Oertern. Ja es sind einige /
die behaupren wollen / man könne ein gantzes Glied / so es vom Leib abgehauen / mit diesem Oehl
wiederumb anheilen; welches ob es wohl viel gesaget zu seyn scheinet / so finden sich doch
recht wundersame Curen / so mit diesem Oehl geschehen sind / welche auß des Wittichii Consiliis
und eigener Erfahrung von Doct. Ettmüllern in seinem Comment. in Schroederum pag. 603.
beschrieben sind. So hat auch dieses letzteren Praeceptor, Doct. Michel zu Leipzig / vor diesem
die wütende Gülden-Ader damit gestillet. Andere brauchen dieses Oehl auch in den Clystiren
gegen die Rothe-Ruhr / wie auch in den Mutter-Clystiren / wann selbige verletzet / verwundet
oder geritzet ist / auch wann die Frucht nicht folgen will; wie bey jetzbelobten Medicis mit
mehrerm zu ersehen ist.
|| [353]
Das XXIX. Capitel
Von der Baumwolle / Watte und KAPOC.
DIe Baumwolle / Cattun / GOSSIPIUM oder BOMBAX, ist ein sehr zarte und Schnee-weise Wolle /
so in kleinen Früchten / den Nüssen nicht viel ungleich / auff einem gewissen Kraut / dieses
Nahmens / wächset / und weilen nach einigen Indianischen Scribenten dergleichen auch auff
Bäumen zu finden / ist sie von den Teutschen Baumwolle genennet worden: Komt theils auß
Ost-Indien / theils auß America, wo das Kraut sehr häuffig gezogen wird; ohwohlen auch in
Maltha, Candien und den benachbahrten Insulen solche zu finden / wie Schurtzius in seiner
Material-Kammer pag. 15. schreibet.
§. 2.
Das Kraut / worvon die Baumwolle herrühret / wird von den Wilden sehr sorgfaltig gepflantzet
und hat Blätter so unserm Brom-Beer Strauche nicht unähnlich sind / träget viel schöne gelbe
Blumen / welche unten etwas Purpur-farbicht und gestreiffet sind / darinnen mitten ein ovaler
Knopff / welcher endlich wie ein Tauben-Ey groß wird / scheinet eusserlich schwartz-braun /
wann er zeitig ist / und / nachdem er von sich selbsten in drey Theile auffgeblatzet / blähet
er sich so groß als ein Hühner-Ey auff / da dann die Schnee weise Wolle gleich zu sehen ist /
wie oben auß der Figur erhellet / und müssen derowegen bey guten Wetter abgenommen werden. In
dieser Wolle liegen ohngefehr 7. schwartz-graue Saamen-Kerne / so groß als kleine Lupinen /
welche inwendig weiß / dhlicht und von gutem Geschmack sind: dienen den Einwohnern das Kraut
dardurch fortzupflantzen / welches Hernandez lib. VIII. Rerum Med. Nov. Hisp. pag. 308. in
obgestzter Figur am besten unter Augen geleget hat; nechst welchem Nieuhofius in Beschreibung
der Sinesischen Gesandschafft pag. 125. auch einen Baum oder Gossipium arborescens, welchen er
in Sina will gesehen haben / abmahlet / anbey aber gestehet / daß die Wolle davon bey weitem
nicht so gut falle / als von dem Kraut / worvon [354] Sim. Paulli in Quadr.
Bot. pag. 528. ferner zu sehen; und weilen mich Herr Joh. Gottfried Vitus auch versichert hat /
daß dergleichen Cattun- und Baumwoll-Bäume / CAPAS KIZIL genandt / (so eines Manns-groß / und
wie Quitten-Bäume anzusehen seyen) in Ost-Indien / wie er selber gesehen / häuffig zu finden
seyen / so ist wohl glaublich / daß in der eintzigen Landschafft Nanking über zweymahl hundert
tausend Wolenweber leben und soll der Sinesische Käyser jährlich von der Baumwolle 250000.
Ducaten intraden haben / wie in dem Atlante Sinico pag. 94. zu lessen ist. Was aber Vielheuer
in Beschreibung frembder Materialien pag. 80. von denen Sinesischen Hühnern / welche auch
Baumwolle auß dem Mund speyen sollen / auß dem Erasmo Francisci anführet / brauchet noch
weiterer Confirmation.
§. 3.
Sonsten gibt es dieser Zeit vielerley Sorten von der Baumwolle / nemblich die Cyprische /
welche schön weiß / zart / rein und lang: darnach die Corosanische / die ist feiner / länger
und zärter / aber knollicht: Nach dieser die Barbarische / so zapfficht / gelb und rein ist:
Alsdann die Schmyrnische / welche die geringste unter den andern ist / wiewohlen offt darunter
auch sehr feine gefunden wird: wie dann auch die von Maltha und Broda vor die beste unter der
langen gehalten werden / wie der Nürnbergische Materilist Marxius in seiner Material-Kammer
pag. 33. lehret. Je weiser / süsser und länger sie ist / je höher sie gehalten wird; und müssen
sich diejenige Materialisten / welche gantze Ballen kauffen / wohl vorsehen / daß sie nicht
angefeuchtet / faul und vermodert seyen. Wegen des Einkauffs aber gibt Schurzius l. c. guten
Unterricht / nach welches bericht die Nave das erstenmahl von Venedig nach Soria umb Woll zu
laden abgehen: das andermahl im Julio nacher Barbarien: Im April nacher Aqua morta: Im Martio
die Pilgram. Schiff: Im May ins H. Land gen Barutti: Im Augusto die Galéren nach Alexandrien
biß auff den halben September. Wie aber die Wolle von den Indianern gesponnen und zu
Cattunen-Tücher geweben werde / beschreibt Georg Meister in dem Ost-Indischen Lust-Gärtner pag.
90. allwo auch des Baumes Beschreibung zu sehen ist.
§. 4.
Was den Nutzen und Gebrauch der Baumwollen anlanget / so wird dieselbe nicht allein von den
Außländern gesponnen und also auch in Strängen herauß in Europam verhandelt (von deren Handlung
/ wie auch von den Licht-Dochten / Hanff und Bindgarn / Pomet in seiner Histoire der
Materialien pag. 239. weitläufftig schreibet) auch zu den Cattunen-Tüchern und andern Waaren
verarbeitet; sondern wird auch zuweilen in der Artzney gebrauchet / aber nur eusserlich / zum
Bluthen / welches das zu Pulver gebrandte Baumwoll hemmen soll / wie Tabernamont. im andern
Buch von denen Kräutern pag. 476. berichtet. So wird er auch mit der Ambra in die Ohren zum
Gehör gebrauchet.
§. 5.
Innerlich wird der Saame / so in der Wolle zu finden und
SEMEN BOMBACIS
in denen Officinen heisset / zuweilen gegen den schweren Athem und Husten gebrauchet /
welchen auch wegen seines Oehls gegen den Stein-Schmertzen von obbelobtem D. Sim. Paulli l. c.
gerühmet wird. Solches Oehl kan man auch darauß pressen und gegen allerhand Flecken der Haut
gebrauchen / soll ein schön Angesicht machen. Die Indianer sollen ihre Schweine damit mästen /
weilen diese Körner einen Geschmack wie Eycheln haben.
§. 6.
Uber diese gemeine Baumwolle gedencket Pomet l. c. noch einer anderen Art / welche gleichfals
auff einem Kraut / in dergleichen länglichten Früchten wachsen soll / und von ihm HOUATTE
genennet wird; und weilen diese zu nichts anderst / als die Schlaaf- und anderer Röcke damit
außzufüttern dienen soll / so scheinet / daß solches diejenige Materi sey / worauß die so
genandte Watten oder Seiden-Watten gemacht werden / welche der gemeine Mann sonsten vor eine
außgekammete Seide gehalten hat. Solches Kraut soll Apocynum Cynocrampe heissen und umb
Alexandrien in Egypten / an feuchten und morastichten Orten hauffig wachsen / dessen Figur oben
nechst der Baumwoll zu sehen ist.
§. 7.
Noch einer anderen Art Baumwolle gedencket Wormius nin Mus. pag. 205. welche in Ost-Indien
CAPOCK oder CAPAS PUSSAR
genennet wird / und gar weich / glatt und zart / wie Seiden ist / welcher sie vielmeyr / als
der gemeinen Baumwoll ähnlich ist; und weilen mann dieselbe auch nicht spinnen / sondern nur
unterzufüttern brauchen kan / so ist es dem Gebrauch nach entweder ein Ding mit der Houatte,
oder kommt derselben sehr gleich / wie an demjenigen Stück / so mir zu Handen gekommen / zu
sehen ist / woran auch noch die eusserliche graue und wie Schagren anzusehene Haut oder Schale
hänget / worauß klärlich zu erse [355] hen daß sie / wie die
Baumwolle / in einer Hülse wachse. Weßwegen wohlgemeldter Authorvermeinet / sie kähme von
demjenigen Wolltragenden Baum her / welchen Clusius Exot. Lib. 1. Cap. 14. also beschreibet /
daß es ein langer Baum voller Aesten seye / an welchem länglichte Hülsen / die außwendig mit
einer grünen und etwas runtzelichten Haut umbgeben wären und nachdem sie in 5. Theil von stch
selbsten auffblatzen thäten / eine schöne / weise und überauß zarte Wolle / wie die
Baumwoll-Nuß / zeige / doch also / daß der Saame nicht in der Wolle / sondern umb dieselbige zu
finden sey. Diesen Baum nennet Bauhinus Gossypium Javanense foliis Salicis. Die Wolle aber
selbsten soll sich entweder gar nicht / oder doch auff eine gantz andere Manier spinnen lassen
/ weßwegen sie mehr zu Küssen / Matratzen und zu den Japanischen Nacht-Röcken soll gebraucht
werden.
§. 8.
Dieser Capoc-Baum wächset durchgehends in Indien / gleichwie die Linden-Bäume in der Wildnuß
und vermehret sich durch den außfallenden Saamen oder Körner / welcher wie das Semen Bombacis
außsihet: wächset so hoch / als ein Nuß-Baum: Hat Blätter / wie der Agnus Castus, doch etwas
länger und breyter: Seine Aeste wachsen Kron-weise / einer Manns-Länge über den andern / fast
wie das Querl-Holtz: Trägt viele Früchte oder Schotten / so eines Fingers / ja offt einer Hand
lang und Daumens-dick seyn sollen / welche / so sie von der Sonnen getrucknet werden /
weiß-bräunlicht sehen / wie die Baumwoll-Nüß auffspringen und den Capoc zeigen. Wann solche
abfallen / brechen die Indianer die Schale ab / querlen die Capoc-Woll von den
schwartzen-Kernen: stecken sie in bastene Säcke / und bringen sie nach Batavia, wo man
ohngefehr vor I. Groschen in die 16. Pfundkaufft / wie Georg Meister im Ost-Indianischen
Lust-Gärtner pag. 59. schreibet / auch Herr Vitus mir bestättiget hat / welche beyde alles
selbsten gesehen haben.
|| [356]
Desz zweyten Buchs sechste Abtheilung / Von Allerhand Säfften und Hartzen. Das I.
Capitel Von dem Teuffels-Dreck und wohlriechenden Assand.
§. 1.
DEr so genandte Teuffels-Dreck / Assand oder
ASSA FOETIDA
ist ein hartzichtes Gummi / welches theils aus weissen / theils gelben / theils
Fleischfarbichten Glundern durcheinander vermischet und versetzet ist / worunter einige
gläntzende Düplein hervor leuchten: hat einen beissenden / zähen und wiedrigen Geschmack und
sehr starcken Geruch / wie der Knobloch. Er wird aus Libyen / Syrien / Meden und Persien in
Palmen-Blättern oder auch in grossen irrdinen Häfen / wie der Terpenthin / nach Londen in
Engeland gebracht / allwo er in kleinen und mit eissernen Reiffen beschlagenen Fäßlein ins
Reich und andere Länder verschicket wird: und soll sich desselben zuweilen ein solche Quantität
in Londen befinden / daß man grosse Gewölber damit angefüllet siehet / wie Pomet in seiner
Material-Histori pag. 255. berichtet.
§. 2.
Das Gewächs / worvon dieses Gummtherrühret / ist noch zur Zeit von niemanden recht
beschrieben worden: welches Herrn D. Kempffern / berümbden Medicum in Westphalen / dahin
beweget hat / daß / als er in Persien und Ost-Indien gewesen / diesem einigen Kraut zugefallen
40. biß 50. Meilen weit gereisset und [357] dasselbige selbsten in
Augenschein genommen hat; dahero nur deßwegen zu wünschen wäre / daß er seine sehr curiose
Reiß-Beschreibung / wie er vor einigen Jahr mündlich gegen mich versprochen / dermahlen in
offentlichen Druck gebe / da man etwas zuverlässiges von diesem Gewächs haben würde. Indessen
hat mich Herr Vitus, ein geschickter Materialist (so damahlen auch in Ost-Indien gewesen und
nach seinem Bericht dieses Kraut wohlermeldtem Herrn Kempffern aus Batavia in Africam, nach
Capo de bonne Esperance, nachgeschicket hat) versichert / daß es eine dicke und lange Wurtzel /
wie eine gelbe Rübe oder Möhr habe / welche oben ein haarichtes Wesen oder Börste / wie die
Alraun-Wurtzel / trage: Blätter wie Lieb-Stöckel habe / so theils auff der Erden fladderten /
theils umb den Stengel an den Aehren stünden / welcher auch ziemlich dick sey: wachse ohngefehr
so hoch / als unser Taback. Wann nun die Sclaven die Assam foetidam colligiren wollen /
schneiden sie den Stengel oben ab und samblen den heraußdringenden Safft / in dessen
Ermangelung sie den Stengel noch tieffer und kürtzer abschneiden / da er von neuem quillet;
welches sie so lang continuiren / biß sie ihn alle gesamblet haben. Sonsten vermeynen andere /
es seye das Kraut Laser, so umb Utard in Persien häuffig wachsen soll / welche Meynung auch
Jacob Sponius, der curiose Antiquarius, in seinen Aphor. Nov. pag. 368. angenommen und bezeuget
hat / daß es eine Planta Ferulacea seye / welche die Einwohner Magudarine heissen. Acosta
hergegen schreibet / daß er vor gewiß berichtet worden / das Gewächs habe Blätter wie der
Hasel-Staude / aus dessen Blättern der Safft außgezogen / von den Einwohnern in Ochsen-Häute
gefasset und / daß er sich besser halten lasse / mit Wäitzen-Mehl vermischet werde; daherd die
Kleyen / so zuweilen darunter gesehen werden / ein gewisses Merckmahl seyn sollen / daß er
uffrichtig und gut sey / wie D. Wormius in Mus. pag. 223. bemercket. Andere aber / als Pomet l.
c. glaubet / daß der Safft bey heissem Wetter von sich selbsten aus dem Sträuchlein dringe /
welches er in obiger Figur abgemahlet hat / so doch nicht genuin seyn soll / wie obgemelder
Herr Vitus versichert.
§. 3.
Man findet dessen zweyerley Sorten / nemblich die Feine und Gemeine. Jene hat viel schöne
weisse Zähren und Glundern / welche zuweilen auch außerlesen und Assa foetida in granis, oder
Frantzöisch en larmes, genennet wird / siehet anbey schön Fleisch-farbicht roth: Diese aber
bestehet entweder aus grössern und nicht so körnichten Stückern / oder ist verlegen / welches
an der Farb zu sehen / dann der frische Teuffels-Dreck roth / weich und Fleisch-farbicht / mit
grau vermenget ist: Wann er aber alt ist / so wird er hart / schwartz und stincket nicht mehr /
da sonst der frische sehr übel und starck riechet / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag.
21. in Acht genommen hat. Wormius sortiret ihn c. l. nachdem er entweder aus den Stengeln oder
der Wurtzel geflossen / und nennet jenen Scaparium, diesen Radicaceum. Der beste muß frisch /
nicht zu fett / voller Körner oder Zähren / Fleisch-farbicht / durchsichtig und stinckend seyn:
Der alte schmirichte / schwartze / dunckele / unreine und mit Sand / Rinden und dergleichen
verfälschte / ist zu verwerffen / worvon Pomet c. l. weitläufftig zu sehen ist.
§. 4.
Ob nun zwar der Teuffels-Dreck einen überaus stinckenden Geruch hat / so gebrauchen sich doch
dessen die Indianer / wo er wächset / fast in allen Speissen / welche kein Essen recht
wohlgeschmackt und Gewürtzt düncket / denen derselbe mangelt: weßwegen sie dann ihre Häfen und
Schüsseln damit bestreichen sollen / wie Erasmus Francisci im Ost-Indianischen Lust-Garten /
Olearius in der Persianischen Reiß-Beschreibung und andere melden. In Europa wird er nur zur
Artzney gebraucht / weilen et ein flüchtig- und öhlichtes Saltz in sich hält und deßwegen sehr
zertheilet: wird meistens gegen alle Mutter-Schmertzen / Erstickung der Mutter / Colic / und
dergleichen innerlich und eusserlich gebraucht; weßwegen auch einige Composita davon / als
Pilulae Foetidae, in den Apotheckenzu finden sind. So brauchen ihn auch die Roß-Aertzle in
grosser Quantität / und habe ich einen Krebsfänger in der Pfaltz gekennet / welcher durch eine
gewisse Artzeney die Krebs von weitem zusammen bringen und gleichsam bannen konte / welche (wie
er mir vertrauet) aus Teuffels-Dreck / Campher und Bibergeil bestunde.
§. 5.
Damit man aber den Unlusten von jetzt ermeldter stinckenden Materie mit einem besseren Geruch
vertreibe / wollen wir hier auch eines wohlriechenden Hartzes / nemblich des
BENZOINS
gedencken / zumahlen es fast einen Nahmen mit dem vorigen hat / und ASSA DULCIS oder
wohlriechender ASSAND genennet wird: Ist ein hartes und mit vielen gläntzenden Bröcklein
vermischtes Hartz / so theils gelb / theils weiß außsehen. Es hat einen hartzichten und fetten
Geschmack und sehr guten und annehmlichen Geruch: kommet aus Ost-Indien und absonderlich von
Siam, dahero die Bediente der Ambassadeurs von Siam An. 1697. eine grosse Quantität davon nach
Paris gebracht haben / wie Pomet in Hist. Simpl. pag. 248. berichtet.
|| [358]
§. 6.
Dieses Hartz fliesset aus einem sehr dicken und grossen Baum / welcher Blätter / wie der
Citronen-Baum / aber nicht so grün / sondern auff einer Seiten weißlicht / haben / auch Früchte
wie Mußcaten-Nüß tragen soll / und vom Grimmio in den Miscell. Acad. Germ. Cur. Dec. II. A. I.
p. 370. am besten beschrieben worden; wie dann auch Plukenet in seiner Phytogr. T. 139. Fig. 3.
4. einen Ast davon schön abgemahlet hat. Wie er aber gepflantzet und unterhalten werde / kan
der curiose Leser im Anhang dieses Buchs / nach den Ost-Indianische Sendschreiben / in einer
absonderlichen Beschreibung mit mehrerem ersehen. Dieser Baum nun wird von den Einwohnern in
Ceilon, Malme, Virginien sc. am Stamm mit fleiß geritzet / daß der Safft destomehr herauß
fliese / wie Wormius in Mus. pag. 222. aus andern berichtet: und sollen die noch junge Bäume
den meisten und besten Benzoin geben / weßwegen die Indianer solche über sechs Jahre nicht
kommen lassen / sondern als untüchtig abhauen.
§. 7.
Indessen finden sich auch hiervon verschiedene Gattungen in denen Material-Kammern / deren
Samuel Dale in Pharmacol. pag. 296. wie auch ermeldter Wormius c. l. drey erzehlet / I.
AMYGDALOIDES, welche schöne weisse Flecken / wie Mandeln / in sich hält. 2. NIGRIUS und 3.
NIGRUM. Daß erste soll in Siam: die andere in Java und Sumatra wachsen; wiewohlen Grimmius
behauptet / daß alle aus einem Stamm herzukommen pflegen. Das beste ist / welches schöne grosse
Körner hat / weiß und gelb vermenget / auch hart ist / wie Marxius in seiner Material-Kammer
pag. 21. schreibet; weßwegen auch dieses von unsern Materialisten das Feine und von den
Frantzosen Benjoin en larmes genennet wird. Das andere heissen sie das Gemeine / Commune, in
Sortis, welches doch auch sauber / mit keinem Staub / Holtz und dergleichen vermischet seyn
soll / und je mehr weisses es hat / auch dem vorigen näher kommt / je besser ist es / worvon
offt belobter Pomet am sorgfältigsten handelt.
§. 8.
Den Gebrauch des wohlriechenden Assands oder Benzoins betreffend / so hat er wegen seines
Balsamischen Oehls eine sonderliche Krafft die scharffe Flüsse zu versüssen und alle
Verletzungen der Lungen und Lufft-Röhren / so daher rühren / zu heilen; weßwegen er innerlich
gegen den Husten / Keichen / Schwind- und Lungen-Sucht: Eusserlich gegen die Flüsse /
Schnupffen und dergleichen gebrauchet wird. Innerlich zwar werden dessen FLORES gelobet / deren
man aus einem Pfund per sublimationem ???iß. ad ???ij, per coctionem aber ???j. und ???.
rectific. ???iß. haben kan / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 77.
außgerechnet und in Acht genommen hat. Eusserlich aber kommet er entweder unter die
Rauch-Pulver / Rauch-Kertzen und dergleichen / oder wird in Mußcaten-Oehl zerlassen und mit
Biesem und Amber zu einem Balsam gemachet. So wird auch die bekandte Tinctur oder
Jungfern-Milch / so die Italianer in so grosser Menge herumb tragen und dem Frauenzimmer / die
Hände weiß zu machen / verkauffen / daraus gemacht / welche nichts anderst als die TINCTURA
BENZOINI ist / und entweder auß dem Benzoin allein / oder mit Zusatz des Storax auff folgende
Manier zubereitet wird:
???. Benzoini Storac. ana oder gleiche Theil / giesse darüber 4. oder 6. Theil des
Rectificirten Spir. Vin. setze es an einen warmen Ort / rühre es offt umb / biß die Tinctur
Blut-roth werde / welche gemach abzugiessen oder zu filtriren ist. Hiervon wenige Tropffen in
Rosen-Wasser oder Weiß-Wurtz Wasser getropffet / geben eine weisse Milch / wormit das Angesicht
und die Hände zu waschen sind.
|| [359]
§. 1.
DEr Campher / CAPHURA oder CAMPHORA
ist ein Schnee-weisses und wie Salpeter durchscheinendes hartzichtes Gummi / eines scharffen
/ bitterichten / aromatischen und sehr durchdringenden Geschmacks und sehr starcken / auch
etwas widrigen Geruchs: wird auß Ost-Indien gebracht und wann es rafiniret ist / in grossen /
breiten / doch platten Scheiben / wie grosse Hafendeckel / von denen Materialisten und
Apotheckern eingekauffet.
§. 2.
Ihr Ursprung kombt von einem Baum / welcher deßwegen von den heutigen berümbtesten Botanicis
und Indianischen Scribenten / als Breynio, Hermanno, Grimmio &c. Arbor
Camphorifera oder der Campher-Baum / von den Indianern aber CUSNOKY genennet wird / welcher /
theils in der Insul Bornco, theils in Japponien in den Wildnüssen häuffig zu finden ist / und
allhier einen so dicken Stamm hat / daß ihn zwey Männer kaum umbfassen können; Und ob zwar die
Campher-Bäume in Borneo viel kleiner seyn sollen / so bringen sie doch viel besseren und
kostbahrerern Campher. Beyde aber haben ein sehr festes Holtz / worvon die Indianer schöne
Schräncke machen / auch gantze Häusser bauen / wie D. Grimmius in Miscell. Germ. Cur. Dec. 2.
A. 1. Obs. 15. berichtet / allwo auch der gantze Baum abgemahlet ist. Sie tragen Blätter / wie
der Näglein-Baum / aber rund und besser außgespitzet / welche immer grün bleiben / und wann sie
außgeblüet haben / kommen die kleine runde Nüßlein / wie Eicheln in ihrem Hütgen / worinnen ein
gespaltener Kern zu finden / wie solches Herr Jacob Breynius in seinen Botanischen Schrifften
sehr wohl beschrieben / welcher vor diesem ein Aestlein von dem Baum mit den Blättern an den
Seel. D. Sebast. Scheffern verehret hat / so mit nachmahlen zu Theil worden. Indessen ist
merckwürdig / daß man auch aus den Rinden der Zimmet-Baum-Wurtzel Campher destilliren könne /
wie aus den Act. Soc. Lond. Vol. 1. p. 724. erhellet.
|| [360]
§. 3.
Nach Unterscheid dieser Bäumen / absonderlich aber der Länder / worauß der Campher kommet /
hat man dessen zweyerley Species, nemblich den Borneischen und Japonischen / welchen letzteren
die Materialisten auch den Sinesischen nennen / wie auß Schroederi Pharm. Medico Chym. pag.
182. erhellet. Jener / nemblich die Borneana, tropffet entweder von sich selbsten auß dem Baum
/ wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. m. 696. vermeinet / oder wird auff eine andere Art
darin gesuchet / welche in des Bocconis Recherch. & Obs. naturelles pag. 268.
und noch umbständiglicher in des Arent Sylvii Rapport, so im Anhang dieses Buchs / nach den
Ost-Indischen Send-Schreiben zu finden ist / beschrieben wird / so also zngehet: Wann nemblich
die Bäume voller Campher z seyn pflegen / so halten die Einwohner bey der Sonnen Auffgang ihre
Ohren an die Bäume und wann sie ein Geräusch darin mercken / hauen sie solche ab / spalten sie
und lassen sie an der Sonne dürre werden: Nachmahlen zerbrechen sie alles zu kleinen Stücker
und suchen den Campher in kleinen Stücken herauß / welcher mit einem Sieb von allen
Unreinigkeiten gesäubert / und in verschiedene Sorten unterschieden wird / dir Garzias ab Horto
lib. 4. erzehlet. Und dieses ist der beste Campher / so die Indianer vor sich behalten /
weßwegen er so rar / daß er in Europa kaum zu sehen ist. Er soll viel heller und durchsichtiger
der Gemeine seyn / doch nicht also von der Lufft verzehret werden / wie dieser. Auff was Art
und Weiß aber der letztere / nemblich der Japonische gesamlet und zubereitet werde / hat Herr
Doct. Cleyerus, Proto-Medicus in Ost-Indien / in den Miscellaneis Acad. Germ. Cur. Dec. 2. A.
20. pag. 74. sehr schön also beschrieben: Es nehmen die Japonier die Wurtzel und junge Aestlein
von den Bäumen / schneiden sie in gantz kleine Stücklein / kochen solche in einem
destillir-Kessel N. 1. voll Wasser 48. Stund lang / da alsdann der Campher sich sublimiret und
sich oben in dem Hut N. 3. anhänget / wie alles im Anfang dieses Capitels auß des Herrn Cleyeri
Figur zu sehen ist. Man will sagen / daß er auch zu Constantinopel also gemacht werde / welcher
doch nicht so gut / als der Indianische seyn soll / wie Schurzius in seiner Material. Kammer
pag. 22. schreibet.
§. 4.
Alldieweilen aber der Campher / so auß Ost-Indien gebracht wird / guten Theils unsauber ist /
und weilen er entweder also auß den Bäumen auff die Erden geloffen / oder nicht sorgfältig gnug
praepariret worden / so wird er in Europa von neuem sublimiret und wie man redet / rafiniret /
worzu eigene Leut in Holland und zu Venedig bestellet sind / welche Refinatores oder Rafinirer
genennet werden. Wie aber solche Arbeit zugehe / ist bißdaher von keinem Chymico beschrieben
worden / worüber sich Pomet, der Frantzöische Materialist / nicht unbillich verwundert und
deswegen alles in seiner Histoire des Drogues pag. 247. deutlich und umbständlich beschrieben
hat. Wann nemblich der unreine Campher (welchen ermeldter Materialist Camphre brute,
Schroederus aber rudem, das ist / den rohen Campher nennet / so auß unreinen Glundern von
unterschiedlicher Grösse bestehet und wie Saltz anzusehen ist) auß Indien ankommet / wird er in
gewissen sublimir Gefässen oder Matrazzen über einem kleinen Feuer sublimiret; da sich dann der
Campher oben im Capitello in Kuchen anhänget / woran auch viele Körnlein zusehen sind / welche
sich sobald nicht einverleiben können. Auff dem Grund aber bleibet ein Caput Mortuum, so
meistens auß den faecibus besteher und zu nichts anders mehr tauget.
§. 5.
Der besie muß schön weiß / clar und durchsichtig seyn / keine Flecken / noch gelbe Farb /
sondern einen starcken Geruch haben / in schönen Stücken kommen / doch mit den Fingern
leichtlich zerriben / auch wann man ihn anstecket / nicht können gelöschet werden / wie
Schroederus l. c. lehret. Andere probiren ihn in einem heissen Brod / worinnen er gantz
schmeltzen muß und je ehe er schmeltzen thut / je besser er ist. Ob aber der refinirte Campher
mit Unschlitt / Mastix und dergleichen könne verfälschet werden / wie Scaliger zu seiner Zeit
vorgeben hat / davon zweiffelt obgemeldter Pomet gar sehr / indem diese Materie so clar und
sauber ist / daßman derselben nicht leichtlicht etwas zusetzen kan / sie müsse dann am
eusserlichen Schein auch Noth leiden. Er muß sonsten von der Lufft wohl verwahret und entweder
in Blasen auffgehoben werden / worinnen er sich wohl ein Jahr und länger / ohne Abgang / halten
lässet / wann sie nicht eröffnet werden / wie Schurtzius c. l. bezeuget: Oder muß in Lein-Saat
/ Pfeffer-Körnern und andern öhlichten Sachen gehalten werden / damit er sich nicht verzehre
und weg fliehe.
§. 6.
Von den Kräfften und Qualitäten des Camphers ist von langen Zeiten her biß dato noch ein
gewaltiger Streit unter den Gelehrten / ob er nemblich warmer oder kalter Natur sey? Ludovicus
von Horning, welcher eine eigene Epist. de Qualitatibus Camphorae an Doct. Greg. Horsten
geschrieben hat / will mit andern behaupten / daß die Camphora kalter Natur seye / zu [361] mahlen sie / wie andere frigida, die Geilheit vertreibe / ja die
Manns-Leute gar entkräffte und zum Bey-Schlaffe untüchtig mache / nach der Alten Vers:
Camphora per nares castrat odore mares,
Der Campher ists / der Wunder kan
Sein riechen nur entmant den Mann. Andere hergegen vertheidigen mit besserem Grund das Widerspiel / daß nemblich derselbe warmer Natur sey / welches sein Geschmack / Geruch und alle Würckungen bestättigen / indem er nichts anders als ein sehr flüchtig und öhlichtes Saltz ist / welches wie alle ???. Vol. ???. sa nothwendig erwärmen muß. Was aber von Entkräfftung der Männlichen Natur gesaget wird / befindet sich entweder falsch / indem die Rafinirer zu Venedig geil gnug, sind / auch viele Kinder zeugen / wie Tachenius in Hippocrat. Chym. pag. 183. in Acht genommen hat: Oder komt auß einem andern Fundament her / weilen er den Saamen-Fluß cuniret / wie Ettmüller in Com. Schroeder. pag. 697. vor andern mit mehrerm zeiget. So stehet auch nicht im Weg / daß er die Entzündung der Augen und anderen Theilen verhindere und zertheile / auch in den hitzigen Fiebern kühle: Indem beydes durch seine Schweiß- und Gifft-treibende Kraft geschiehet / mit welcher er die hitzige Flecken-Fieber / Pest und dergleichen curiret / so gar / daß der Campher auch nur eusserlich angehänget / die Wechsel-Fieber zu curiren pfleget. Unterdessen hat er wegen seiner öhlichten Theilger auch eine stillende und etwas einschläfferende Kraft / wormit er den Kopf- und andere Schmertzen / Nasen-Bluten / Gonorrhoeam und dergleichen stillen / auch die Irrigkeit oder Deliria in hitzigen Fiebern zwingen kan / er werde gleich innerlich / mit dem Nitr. depur. temperiret / eingegeben / oder eusserlich in Umbschlägen gebrauchet; Wie dann auch der Spiritus Vini Camphoratus, ???. Camph. und andere Praeparata zu vielen Sachen gut sind / welche in dem Schroedero und dessen Außlegern zu finden sind. Auff was Art und Weise aber alle diese Camphorata in vielen Kranckheilen des gantzes Leibes zu ordiniren und zu verschreiben seyen / oder von andern vornehmen Medicis in vielen Rececpten verschrieben worden / hat Doct. Gothofredus Moebius in seiner Anatomiâ Camphorae und Herr Doct. Wedel in Disp. De Camphorâ weitläufftig und ex professo gelehret. So wird auch heut zu Tag viel darvon zu den Feuer-Wercken und Wasser-Kugeln verthan / weilen der Campher unter dem Wasser brennet / so gar / daß so man ein Stück anzündet und in einen Schnee-Ballen stecket / dieser zwar abschmeltzet / aber der Campher fort brennet / wie Vielheur in Beschreibung frembder Materialien pag. 82. geschrieben hat.
§. 1.
DAs GALBANUM ist ein holtzichtes Gummi / so immer weich bleibet und sich wie Wachs drehen
lässet; und weilen es am Licht brennet / wie das Hartz / doch aber nur in Wasser zergehet / hat
es gleichsam ein Mittel-Natur zwischen den Hartzen und Gummi: Sihet eusserlich insgemein gelb
oder röthlich / frisch aber weißlich / hat einen bitteren und scharffen Geschmack und einen
sehr starcken / auch widrigen Geruch: wird auß Syrien über Marseille gebracht.
§. 2.
Das Krant / auß welchem es fliesset / heisset Ferula Galbanifera, welche (wie oben zu sehen)
Pomet in seiner Hist. des Drogues pag. 255. von dem Original des Herrn Tourneforts abstechen
lassen. Seine Stengel / Saamen und Blätter sind offters unter dem Galbano zu finden.
§. 3.
Es werden dessen zweyerley Sorten gebracht / nemblich 1 das granulirte oder in granis
(welches Schroederus pag. 187. P. Cartilaginosum heisset / weilen es schön weißlich / wie
Knorbel anzusehen ist /) und 2. das in Kuchen oder in Pane, welches desto besser ist / wann es
viel von dem granulirten in sich hat / schön hell / gelbicht / weich und doch nicht anglebend /
auch mit Schelffen / oder Rinden des Gewächses vermischet ist. Holtz / Stein und Sand aber
taugen nichts darin / worvon Marxius in seiner Material. Kammer / pag. 100. zu sehen ist. Das
erste muß in kleinen Stücken kommen und dem Weyrauch gleich sehen / auch schön / rein und
durchscheinend seyn / wie in des Wekeri Antidot. 1. Spec. 17. zu sehen ist.
§. 4.
Den Kräfften nach zertheilet und erweichet es den zähen Schleim / treibet die Monatliche Zeit
der Weiber / befördert die Frucht und Nach-Geburt / ermundert mit seinem starcken Geruch
diejenige / so mit der Schwere-Noth / Mutter - Erstickung und dergleichen behafftet sind und
stärcket auch eusserlich die Glieder; weßwegen das so beschreyte Galbanetum Paracelsi (so ein
davon destillirtes / doch vermischtes / Oehl ist) in der Lähmigkeit / und Darm-Gicht (worvon
solche offt herrühret) so sehr gerühmet wird / worvon Ettmüllerus in Com. Schroed. pag. 702. zu
lesen ist. So kommet es auch zu den Zugpflastern der Balbierer / Mutter-Pflastern oder Cerota
matricalia, worzu das Emplastrum de Galbano, welches in den Apothecken zu finden / auch
gehöret.
§. 5.
Gleiche Bewandnuß hat es mit dem Gummi SERAPINO, welches fast einerley Ursprung / Geruch und
Tugendten hat und sonsten insgemein
SAGAPENUM
genennet wird: Ist ein durchscheinendes Gummi / so eusserlich gemeiniglich röthlich-gelb /
inwendig aber weißlicht außsthet / einen scharffen Geschmack / sehr starcken und widrigen
Geruch / wie Knobloch / hat / in Ansehen dessen es der assae foetidae fast gleich kommet: wird
auch meistens auß Persten und Ost-Indien über Venedig gebracht.
§. 6.
Sein Ursprung rühret auch von einem Ferul-Kraut her / welches dem vorigen nicht viel ungleich
seyn soll / ausser daß die Blätter sowohl / als der Saame kleiner sind: soll häuffig in Persten
gefimden werden / und fliesset das Gummi auß dem verwundeten Stengel / wie oben in der Figur zu
sehen ist.
§. 7.
Von diesem Gummi nun gibt es auch zwey Sorten in denen Material-Kammern / nemblich in granis
und in Pane; welche beyde fast von allen Medicis und Materialisten alsdann vor probat gehalten
werden / wann sie eusserlich gelb / röthlich und durchsichtig sind / wie auß dem Schroed. pag.
204. und des Marxii Material-Kammer p. 180. erhellet. Allein allen diesen ist der Parisische
Apothecker Charas zuwider / welcher in Beschreibung der Theriac-Ingredientien pag. 230.
versichert / daß / als er in anno 1650. zu Beaucaire, in der Provintz Languedoc, auff dem
Jahr-Marckt / welcher meistens zum Verkauff der Specereyen / so auß Orient kommen / gewidmet
ist / gewesen / er selbsten einen frembdten Specerey-Händler angetroffen / welcher unter andern
ein Kistlein mit dem Gummi Sagapeno angefüllet / so ohngefehr 20. oder 30. ???. gewogen / auß
Orient gebracht / und gantz frisch zu seyn versicherte / welches inwendig und außwendig so weiß
wie Milch außgesehen / sonsten aber einen überaus starcken Geruch gehabt; weswegen ermeldter
Charas die gemeine Prob der gelben Farb verwirfft / sondern vielmehr glaubt / daß solche nur an
dem alten Sagapeno zu sehen sey / da hergegen das frische gantz weiß seyn müsse; weßwegen auch
Pomet c. l. pag. 256. das weise vor das beste hält / absonderlich wann es sauber und am Geruch
der Fichten gleich kommet.
§. 8.
Sein Gebrauch komt / wie oben schon gemeldet / dem vorigen gleich / indem dieses Gummi nicht
allein den zähen Schleim in- und eus [363] serlich sehr zertheilet /
sondern auch außführet / und deßwegen in dem kurtzen Athem / Husten und andern langwierigen
Kranckheiten die Pillulen davon / oder Pilulae de Saga peno gerühmet werden. Wegen des starcken
Geruchs dienet es auch zur Fallenden-Sucht und Mutter-Kranckheiten / und treibet die Menstrua
starck. Eusserlich ziehet es die Pfeile und andere dergleichen aus dem Leibe / weßwegen auch
Doct. Hoffmann solches vor das Hauptstücke seines Magnetischen Pflasters gegen die Brüche hält
/ wie aus dessen Comment. in Schroed. pag. 599. zu sehen ist. Doch muß man bey zarten Personen
zu sehen / ob dieselbe auch dergleichen starckriechende Dinge vertragen können / damit man sich
zum wenigsten von allen ungleichen Judiciis schützen könne / indem neulich ein Artzt dem andern
die Schuld beymessen wollen / daß ein Adeliches Fräulein V. R. (welches auff zwey oder dreymahl
kaum einen Scrupel genom̅en) darvon Todtes verblichen sey; welcher Casus auff
verschiedene Facultäten ist verschicket worden: sind excusationes excusationum in peccatis, wie
Helmont redet.
§. 9.
Damit man aber dergleichen stinckenden Säfften endlich loß werde / wollen wir noch des so
genandten Angelicken-Safftes mit wenigen gedencken / welcher insgemein
Ponax-Gummi
oder auch
OPOPANAX
genennet wird / welches ein fettes / leichtes und zerbrichliches Gummi ist / so von aussen
röthlich-gelb / inwendig aber weißlicht ist / eines bitteren und widrigen Geschmacks und sehr
starcken Geruchs. Es kombt aus Orient über Marseille in Kisten / welche wegen des sehr starck
entgegen dringenden Geruchs behutsam zu eröffnen / wie / Pomet l. c. die Materialisten mit
seinem eigenen Schaden warnet.
§. 10.
Das Kraut / so es zeuget / heisset Panax Heracleum, hat Blätter wie die Pastinaken / weisse
Kron-Blümlein und einen wollichten Stengel / auch eine weisse Wurtzel / umb welche die
Einwohner einen reinen Platz machen / legen darumb grosse Blätter / und lassen also den auß den
geritzten Wurtzeln fliessenten Safft darauff fliessen und trucken werden / welcher anfangs weiß
/ mit der Zeit aber gelbicht wird / worvon Marxius pag. 144. seiner Material. Kammes fernere
Nachricht gibt.
§. 11.
Man findet zum wenigsten zwey Sorten in denen Material-Kammern / nemblich die granulirte /
und in Brod oder Kuchen. Pomet thur l. c. pag. 257. die dritte darzu / welche er die platte
nennet / und in der Dicke und Länge eines Daumens kommen soll: Wie dann auch C. Hoff. mannus
Tract. de Med. Officin. dreyerley Species, Opopanax Heracleum, Chironium und AEsculapium
erzehlet. Das beste / welches in granis kommt / muß obige Kennzeichen haben und inwendig voll
weisser Körner seyn / auch so trucken / als es sein kan. An dem Opoponace in pane oder in Brod
ist nicht viel gutes / dann es gemeiniglich ein verfälscht Ding und ein Betrug darmit ist / und
weiß man auch bald nicht / wo der in pane gerecht solle herkommen / wie Schurzius in seiner
Material-Kammer pag. 39. bezeuget: in Ermangelung des ersten aber sehe man welches Brod am
meisten grana hat. Noch weniger hält Pomet von der dritten Sort / welche die Landstricher aus
einem sehr wohlfeilen Hartz nachmachen und unter dem Nahmen der Compagnie vor das granulirte
Opoponax außgeben; welcher Betrug gleich an der eusserlichen Gestalt zu sehen / indem die recht
granulirte in kleinen runden Glundern / die falsche und platte aber in Daumens-grossen Stückern
kommet.
§. 12.
Dem Gebrauch nach stimmet es mit dem vorigen fast in den meisten Qualitäten überein / wird
aber langsam innerlich / sondern mehrentheils eusserlich in denen Wund-heilenden Pflastern
verschrieben / und kommet deßwegen mit unter das Emplastrum Divinum.
|| [364]
§. 1.
DIe Myrrhen / oder MYRRHA, ist ein hartes und truckenes hartzichtes Gummi / in gelb-braunen
oder röthlichten Stücklein / durch welche graue oder weisse Striemen gehen: hat nebst einem
bitteren / scharffen und aromatischen Geschmack / einen ziemlich starcken Geruch: kombt aus
AEgypten und Mohrenland über Massilien in Sorten / in grossen ledernen Ballen von 4. biß 5.
Centner / wie Pomet in seiner Material-Kammer p. 253. berichtet.
§. 2.
Der Myrrhen-Baum / worvon solche herfliesset / ist noch nicht gnugsam untersuchet worden /
weßwegen noch verschiedene Meynungen darvon sind / ob es ein Strauch oder Baum seye? Die meiste
Scribenten halten sich an des Plinii Beschreibung / nach welcher er ohngefehr 5. Ehlen hoch /
dornicht / hart und gewunden seyn soll / wie in des Sam. Polisii Myrrhologia cap. 4. pag. 10.
mit mehrerem davon gehandelt ist: wird von den heutigen Botanicis ad arbores bacciferas
referiret / wie Dale in seinem Pharmacolog. pag. 434. berichtet. Aus diesen Bäumen / wann sie
noch Jung sind / fliesset von sich selbsten ein Balsamischer Liquor, welcher
STACTE
genennet wird / so aber nimmer in Europam kombt / und deßwegen zu weilen künstlich aus der
gemeinen Myrrhen / durch solution und expression, nachgekünstlet wild; dahero Dioscorides zu
seiner Zeit schon zweyerley Stacten / nemblich den natürlichen und gemachten beschrieben / wie
Schroederus in Pharm. Medico. Chym. p. 196. in Acht genommen hat.
§. 3.
Es wollen auch einige / als Fuchsius, Charas und andere zweifflen / ob die uns bekandte
Myrrha recht genuin sey / indem sie die Wahrzeichen und Eigenschafften / so Dioscorides ihr
beyleget / nicht habe: und wollen derowegen dasjenige / was heut zu Tag unter diesem Nahmen
verkauffet wird / vor das Bdellium oder sonsten ein Gummi halten. Allein obbemeldter Parisische
Materialist Pomet will solches von sich und seinen Collegen nicht gesagt haben / und versichert
/ daß es die rechte Myrrha sey / welchen auch Bauhinus und Parkinsonus secundiren: Und obgleich
einige Kennzeichen daran / die nur an der gantz frischen (welche grünlicht-roth außsiechet /
auch fett und beissend ist / wie Charas sie zu seinem Theriac hat kommen lassen) zu finden sind
/ ermangelen / so ist sie doch deßwegen nicht sogleich vor verdächtig und untauglich zu halten
/ indem sich dieses simplex sehr lang halten lässet / wie Charas selbsten in Beschreibung der
Theriac-Ingredientien p. 122. gestehet.
§. 4.
Weilen aber diese unsere Myrrha aus dem zerritzten Baum gleichsam mit Gewalt gezwungen wird /
so kan es nicht wohl anderst seyn / daß nicht etwas von den Baum-Rinden und anderem Unrath sich
darunter mische / wann sie in Sorten herausser kommet; weßwegen sie durch ein Sieb gereiniget
und die Kleinigkeiten [365] abgesondert müssen werden / daher die so
genandte MYRRHA PARVA entstehet. Das übrige wird alsdann in drey Sorten (deren Dioscorides und
aus demselben Polisius l. c. wohl sieben erzehlen) getheilet / worunter diejenige / so fein rau
/ rein und gummicht ist / MYRRHA ELECTA: die glatte / reine und helle FINA die schwartze /
hohlichte und andere unreine Stücke COMMUNIS oder MESSANA genennet werden / wie Schurzius in
seiner Material-Kammer pag. 39. zeiget. Weßwegen dann nicht allein im Außlesen fleissige
Auffsicht vonnöthen / sondern man muß bey dem Einkauff der Myrrhen in Sortis auch Achtung geben
/ ob viel von der Myrrha electa darunter seye / welche im Anhauchen flugs ein röthere Farb
bekommet / und weilen sie auch in schönen / klaren und durchscheinenden Zähren ist / nennen sie
die Frantzosen Stacté en larmes: Die Feine aber / mit weissen Strieffen / wie Nägel-Pfetzen /
Myrrhe onglée: welche beyde die beste sind / wann sie zugleich leicht und mürb / bitter und
doch lieblich auff der Zungen sind / wie Marxius pag. 119. in seiner Material-Kammer
geschrieben hat.
§. 5.
Jhre Kläffte betreffend / so hat sie eine erwärmende / zertheilende und Gifft-außtreibende
Gewalt / treibet alle Unreinigkeit aus der Mutter / und bekombt den Gebährenden / die lebendige
und todte Frucht / wie auch die Nachgebuhrt und Schwierungen zu befördern / sehr wohl: sie
treibet die Pocken und Masern der Kinder / behütet vor Fäulung und ansteckenden Kranckheiten /
weßwegen einige Gelehrte und vorsichtige Medici dieselbe bey Besuchung der Krancken immer im
Munde käuen; wie dann auch deßwegen davon viele Praeparata und Composita, als die Essentz davon
/ Essentia Salutis genandt / Extractum, ???. per deliq. Trochisci deMyrrhâ und dergleichen in
denen Apothecken zubereitet / auch solche und die Myrrhen selbsten in vielen bewehrten
Beschreibungen und Recepten / so in sehr vielen Kranckheiten zu gut kommen / täglich gebrauchet
werden / welche beyderseits sehr weitläufftig in der obbemeldten Myrrhologiâ D. Polisii, (so in
Append. Misc. Acad. Germ. Cur. Dec. 2. A. VI. zu finden) angeführet worden. So hat sie auch
eusserlich eine sehr heilende und Balsamische Krafft und hält die todte Cörper lang ohne
Fäulung; wie dann D. Ettmüller in seinem Commentario Schroed. pag. 706. erzehlet / daß er
gesehen / daß kleine verstorbene Kinder lange Jahre also in Spiritu Vini Myrrhato von der
Fäulung praeserviret worden seyne; welches denen Anatomicis in Holland / absonderlich dem
berümbdten Doct. Ruischen in Ambsterdam / nicht ungemein ist und zweiffle ich nicht / daß
dessen materia ceracea (wie er sie nennet) wormit er allerhand Viscera und Theile des
Menschlichen Leibes zu balsamiren pfleget / auch vieles der Myrrhen zu dancken habe.
§. 6.
Gleich wie nun die Myrrhen alle fleischichte Theil des Menschlichen Leibes von der Fäulnus
bewahren kan / also heilet dieselbige / wann sie gewaltsamlich zerschnitten und zerrissen
werden / ein ander Gummi / so
Fleisch-Leim
oder
SARCOCOLLA
genennet wird / welches aus Körnlein von unterschiedlicher Grösse bestehet und dem feinen
Weyrauch gleich siehet / ausser daß es viel kleine röthlichte Körnlein untermischet hat: Ist
eines bitteren und schleimichten Geschmacks / welcher doch zuletzt eine Süssigkeit / wie die
Liquiritia, zurück lässet: und wann es gestosen wird / siehet es dem Schmack gleich / wie
Schurzius pag. 40. in seiner Material-Kammer schreibet: kommet aus Persien über Marseille und
andere Seehäfen in Europam.
§. 7.
Das Gewächs / worvon es entstehet / ist gleichfals noch zweiffelhafftig / indem es einige von
einem Hülsen-tragenden Baum: andere von einem Strauch: andere von einem Kraut / welches viele
vor ein Speciem Tithymali, andere vor Argemon-Rößlein halten / herleiten / wie Sam. Dale in
seiner Phytologiâ pag. 465. erwehnet: worinnen die Zeit und der unverdrossene Fleiß der
heutigen Botanicorum vielleicht bald etwas gewisseres lehren werden. In Ermangelung aber dessen
habe im Anfang dieses Capitels des Pomets Figur mit beyfügen wollen / welchen zwey gute Freund
von Marsilien versichert / daß es ein kleiner dornichter Baum sey / welcher in dem glücklichen
Arabien häuffig wachse / wie in dessen Buch pag. 267. zu sehen ist.
§. 8.
Eben gemeldter Materialist gedencket über die gewöhnliche und überall bekandte Sarcocolla,
noch einer andern Sorte / die an einer braunen massa komme / welche entweder nachgekünstelt /
oder / wie er glaubet / marinirt / durch das See-Wasser zusammen geschmoltzen und deßwegen zu
verwerffen ist. Wie dann ingleichen diejenige / in welcher die gantz kleine Körnlein braun sind
und auch sonsten andere Kleinigkeiten und Staub untermischet haben / nichts tauget. Die beste
Sarcocolla aber ist / welche aus weissen granis, so gelb oder roth beginnen zu werden /
bestehet / leicht zerbrechlich / anfänglich bitter und zu letzt etwas süsse ist; dann welche
nicht bitter [366] schmäcke / ist gewiß verfälscht / wie Marxius in seiner
Material-Kammer pag. 181. davon judiciret.
§. 9.
Den Kräfften nach hat dieses Gummi eine anhaltende und sehr heilende Tugendt / weßwegen es
innerlich gegen die Rothe-Ruhr und das Blutspeyen gegeben wird / gegen welches Oribasius, ein
alter Artzt / ein gewisse Lattwerg darauß verfertiget / wie dann auch Pillen darauß gemacht
werden / welche im Disp. Aug. zu sehen sind. Eusserlich heilet es die Fleisch-Wunde sehr bald /
weßwegen es auch Fleisch-Leime und Sarcocolla genennet wird; Dahero die Barbierer ihre
Hefft-Pflaster davon machen / wie Ettmüllerus in Commentario Schroederiano pag. 721. bezeuget:
Und weilen es wegen seines schleimichten und leimichten Saffts die scharffätzende
Feuchtigkeiten sehr besänfftigen kan / so wird es auch zu dem Beisen und Röthe der Augen
gelobet und zu dem End in Rosen. Wasser oder Frauen-Milch zerlassen und in die Augen getropfft
/ worvon Schroederus in seinem Buch pag. 200. und dessen Außleger Fridericus Hoffmannus in
Clav. pag. 600. mit mehrerem zu sehen ist.
§. 1.
DEr Weyrauch / THUS, oder OLIBANUM ist ein bleich-gelbes / hartes / und durchsichtiges Hartz
/ so theils auß kleinen Körnern / wie der Mastix / theils auß grösseren Granis von
unterschiedlicher Gestalt bestehet / auch einen etwas bitteren und hartzichten Geschmack und
guten Geruch hat: Wird meistens aus Ost-Indien und Türckey zu uns heraus gebracht; wiewohlen
heut zu Tag die Compagnie in Franckreich auch eine Art auß Wef??? Indien gebracht hat / wie
drunten soll gezeiget werden.
§. 2.
Von dem Baum dieses Gummi hat man bißdaher noch nichts gewisses erfahren können: und ob zwar
einige dessen Blätter des Birn-Baums / andere ven Esch-Lorbeern- oder Weiden-Blättern
verglichen: Noch andere aber ei [367] ne Art Fichten darauß machen
wollen / so bleibt doch dessen Gestalt annoch ungewiß / und wird deßwegen von dem berümbten
Rajo und Sam. Dale in Phytol. pag. unter die unbekandte Bäume gerechnet: weswegen auch des
Pometi Figur / da die Blätter aus schönen Büschlein bestehen / nicht habe imitiren mögen /
zumahlen er nicht gesetzt / woher er sie bekommen habe / doch sind die Scribenten darin fast
einerley Meynung / daß er in Arabien bey dem Berg Libano wachse / allwo ein grosser Wald von
30. Meilen / wie Schurtzius in seinem Buch pag. 39. meldet / seyn soll und von sonderlichen
allda heilig gehaltenen Leuten (ausser welchen niemand erlaubet die Art der Bäumen zu
beschauen) also gesamlet werden soll: Sie hacken nemblich des Baums Rinden / und belegen ihn
unten mit Matten und Decken / damit der Weyrauch so herunter fället / nicht unrein werde.
Unterdessen bleibet auch viel an dem Baum hangen / welches der allerbeste ist und das Männlein
genennet wird / absonderlich wann er im Sommer geflossen / welcher viel weiser ist / als
derjenige / so im Frühling gesamlet wird und roth scheinet / wie Schurtzius l. c. und Marxius
in seiner Material-Kammer pag. 143. geschrieben hat.
§. 3.
Daher komt nun gutentheils / daß sich verschiedene Sortenvom Olibano finden / deren Wormius
in Mus. pag. 229. fünff erzehlet / als I. das Masculum oder Männlein / welches auß schönen
runden / grossen / und weiß-gelben Glundern bestehet / welche bißweilen doppelt / wie 2.
Hödlein / meistens aber einfach sind. 2. das Mammosum oder länglichte / wie die Wartzen an den
Brüsten / welches eigentlich das Weiblein seyn möchte / wiewohlen / nach Schroederi Meynung /
das weiche und gantz gelbeso genennet wird. 3. Das Orobaeum oder Erbsen-Weyrauch / welcher
außkleinen Körnlein wie Mastix bestehet und mit dem Masculo im übrigen gleich kommet. 4. MANNAM
THURIS, welches die gantz kleine meelichte Körnlein / so von hin und her stossen der Säcken
entstehet / seyn sollen; wiewohlen viele das vorige auch so nennen / wie Dale c. l. pag. 473.
bezeuget. 5. Das Indicum oder der Indianische Weyrauch / welchen die Frantzosen entweder in
kleinen Granen oder in einer grossen weichen Masâ, welche doch viel Unreines in sich hat und
OLIBANUM de MOCA von Pometo pag. 270. Hist. des Drogues genennet wird / haben.
§. 4.
Das beste Olibanum ist / welches schöne grosse / weisse und saubere Grana hat / und derowegen
von den Materialisten das Feine genennet / und insgemein zum Theriar außerlesen wird; wiewohlen
die kleinere Grana den Kräfften nach eben so gut / nur daß jene mehr in die Augen leuchten /
wie Charas in Beschreibung der Theriacs-Ingredientien p. 143. selbsten gestehet. Was noch
kleine Grana untermischet hat / wird Olibanum in sortis geheissen: Muß den Speichel / so es
gekäuet wird / gantz weiß färben / auch einen bitteren Geschmack haben. Das letzte und (wie es
einige nennen) Frantzöische Olibanum wird zuweilen vor das Bdellium verkaufft / welches doch
nicht recht ist / wie Pomet c. l. erinnert; vielweniger können diejenige bestehen / welche das
Oehl davon destilliren / und nachmahlen doch vor das rechte Olibanum verkauffen / wie ich vor
kurtzen Zeit bey einem gewissen Apothecker gesehen / welcher in Anno 1701. dergleichen Olibanum
(so dazumahl in Holland sehr wohlfeil war) in Quantität sich bringen und das Oleum Olibani
davon abziehen liese / und weilen dieses im Tax sehr hoch angesetzet ist / hatte er ohne
Zweiffel viel mehr darauß lösen können / als ihn der Weyrauch gekostet / welchen er doch unter
dem Rauchwerck fortbringen können. Am schlimsten aber ist / wann es mit Kienhartz verfälschet
wird / welches doch auff den Kohlen nach Terpenthin riechet / und hiedurch erkennet wirb.
§. 5.
Die Würckungen des Weyrauchs bestehen in einer erwärmenden / außtrucknenden und etwas
anhaltenden Krafft / weswegen er nicht allein eusserlich / sondern auch innerlich gegen die
scharffe Flüsse im Haupt und Brust-Schwachheiten / Magen-Weh / Durchbruch und dergleichen
gebrauchet / am meisten aber eusserlich in den Rauchwercken zu dergleichen Flüssen / Zahnweh /
auch zu Heilung der Wunden verthan wird. Das Oehl oder OLEUM OLIBANI soll in der Lungensucht
gar vorträglich seyn / wie Ettmüller in Comment. Schroed. pag. 279. bezeuget.
§. 6.
Weilen aber dem Weyrauch in den wohlriechenden suffimigiis insgemein das so genandte
GUMMI ANIME
zugesetzet wird / so wollen wir so gleich dessen auch gedencken / zumahlen es an der Farb dem
vorigen nicht ungleich und ein hartes / außwendig weises / inwendig ader weiß-gelbes / etwas
durchsichtiges und mirbes Gummichtes Hartz ist / von unterschiedlicher Gröse / hattzichtem
Geschmack und so es angezündet wird / sehr guten Geruchs; Kommt auß Brastlien in West-Indien
über Spanien und Portugall.
§. 7.
Den Baum / worauß es fliesset / hat [368] Plukenet Tab. 82. Phytographiae
am schönsten in obiger Figur abgemahlet / welcher an jedem Stengel zwey gegeneinander stehende
Blätter / so den Myrthen-Blätter etwas gleich komwen / zeiget / grosse und dicke Schoten / so
man isset / trägt / und darin harte Kerne / wie die grosse Zecken-Körner träget / wie aus dem
Kupffer-Blat selbsten zu sehen / und von Wormio in Mus. pag. 224. weiter beschrieben ist.
§. 8.
Von diesem Hartz zehlet Schroederus in Pharmac. Medico. Chym. pag. 176. dreyerley Sorten /
nemblich 1. das gelbe und durchsichtige / 2. das schwartze / so wie Colophonium außsiehet und
3. das harte und bleiche: lässet aber die vierdte und beste Art / nemblich die weisse / aus /
welche Pomet l. c. pag. 272. hinzu gesetzet und zugleich glaubwürdig berichtet hat / daß diese
alle vier von einem Baum fliessen / und offters an einem Stück zu sehen seyen / indem er ein
dergleichen Stück einer Faust dick in Handen habe / welches ihm Mons. Brisot, ein Dactor
Medicinae von Paris / aus West-Indien mitgebracht hat und alle vier Sorten in sich halte /
deren erste / wie Amber / die zweyte schwartz / wie Colophonium, die dritte / wie Horn / und
die vierdte schön weiß und trucken anzusehen sey; welche letztere er vor das rechte und feine
Gummi Anime hält. Die übrige geben entweder die schlechtere oder Mittel-Sort / die man bey den
Materialisten findet / oder sind nichts anderst / als was andere
CANCAMUM
nennen / wie obgemeldter Wormius l. c. pag. 225. auch glaubet / indem sonsten kein
dergleichen Gummi bey denen Materialisten zu finden ist / und derowegen einige das Gummi Lac,
andere den wohlriechenden Assand / andere was anderst dardurch verstehen wollen / wie in des
Sam. Dale Phytolog. pag. 475. zu ersehen ist.
§. 9.
Weilen man aber in den Apothecken meistens nur das uns bekandte Gummi Anime findet / so ist
zu mercken / daß das weisse / truckene und doch leicht zerbrichliche / so von den andern wenig
oder nichts untermenget hat / gemeiniglich vor das beste gehalten werde / absonderlich / wann
es sehr wohl riechet; wiewohlen diese Wahl nur auff das eusserliche Ansehen und gemeinen Wahn /
nicht aber auff die Qualitäten ankommet / an welchen es mit den andern übereinkommet / wie
Pomet. c. l. schreibet.
§. 10.
Solche Qualitäten nun bestehen in einer zertheilenden / außtrucknenden und Balsamischen
Krafft / weßwegen auch Wormius cit. loc. dieses Gummi eimen Balsam nennet: wird sonsten
meistens eusserlich / in Rauch-Wercken gegen die Flüsse / auch heilenden Wund-Pflastern / gegen
die Haupt- und Nerven-Wunden gebrauchet; weßwegen es auch in Lähmigkeit der Glieder und
Contractur derselben gerühmet wird / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag.
110. auffgezeichnet hat.
§. 11.
Daß aber jetztgemeldter Vielheuer c. l. das so genandte
COPAL-Hartz
oder
RESINAM COPAL
vor das Gummi Anime halten will / auch Pomet des Wormii Figur von dem Gummi Anime-Baum dem
Copal zugeeignet hat / ist beydes eine gantz irrige Meynung / indem solches viel ein anderes /
nemblich ein hartes / gelb oder weißgelbes / durchsichtiges und dem Gummi Arabico oder Agstein
nicht viel ungleiches Hartz ist / doch auch einen guten Geruch hat / mit welchem es dein
Olibano gleich kommet: wird gleichfals aus Neu-Spanten in West-Indien in Sorten gebracht.
§. 12.
Ob nun gleich in West-Indien / wo nicht alle / doch sehr viele Bäume / welche ein Gummi geben
/ Copalliferae oder Copaltragende Bäume genennet werden / deren Hernandez lib. 3. Rer. Med.
Nov. Hisp. wohl achte erzehlet und theils abgemahlet hat / so fliesset doch dieses Hartz me???
stens auß demjenigen / welchen er Num. 11. und. Plukenet Tab. 56. Fig. 1. etwas anderst und
ohne zerkerbte Blätter unter Augen leget: hat rothe Aest / gelb-rothe Beerlein und stehen die
Blätter / wie am Esch-Baum / worvon auch Raji Hist. Pl. pag. 1797. zu sehen ist.
§. 13.
Gleich wie nun obbelobter Plukenet bezeuget / daß er selbsten das klare Gummi copal von
diesem Baum abgelesen habe / also muß man zu sehen / daß man es entweder in Sortis, wie es
kommet / ehe es außgelesen / überkomme / oder das Feine kauffe / welches in schönen grossen
Stückern / weiß und nicht röthlicht / recht durchsichtig und sauber ist / auch auff dem Feuer
gleich schmeltzet.
§. 14.
Sein Gebrauch ist gleichfals meistens eusserlich: dienet aber mehr zu einem Firnus / welcher
nach Marxii Bericht / dem Wollenen- und anderem Zeug vermischet und / damit der Regen nicht
durchschlage / verarbeitet wird. Die Betrüger pflegen solches auch unter das Succinum zu
mischen / welches doch am Geruch zu spüren welcher gegen dem Agstein gleichsam stinckend ist /
wie Pomet c. l. berichtet.
|| [369]
§. 1.
DEr STORAX oder STYRAX ist ein hartzichtes Gummi / so eusserlich gelbroth und fest ist / auch
auß Bröcklein von unterschiedener Gröse bestehet / einen hartzichten und etwas scharffen
Geschmack und einen sehr guten Geruch hat: kommt auß Syrien und andern Morgenländern über
Massilien.
§. 2.
Er flieset / wie man schreibet / von dem Stamm eines Baums / dieses Nahmens / welcher
mittelmäsiger Gröse ist / dessen Blätter / wie die am Quitten-Baum / anzusehen / aber etwas
kleiner sind: Trägt kleine runde Nüßlein / und wird deßwegen von dem neuen und berümbten
Botanicô, Joh. Rajo, in Meth. Plant. Nov. Tab. 4. pag. 36. unter die Nüß-Bäume gerechnet; wie
dann die Schalen von diesen Nüßlein zuweilen unter dem Storax gefunden werden / welches einigen
occasion gegeben / daß sie vermeynet haben / daß der Storax von diesen Nüssen herrühre / wie
Pomet in seiner Hist. des Drogues pag. 249. berichtet.
§. 3.
Wann dieser Baum von den Einwohnern geritzet wird / so dringet der Storax entweder in schönen
lauteren Granis oder Körnern / oder auch etwas unreiner hervor / welches dann die Einwohner all
unter einander mengen und in grosse Stücke pressen / es seye dann daß gemeldte Grana, welche
schön fallen / zuvor außgelesen und auff die Seite gethan würden / welche auch vor diesem
allein in hohlen Röhren und Calamis herauß gebracht und deßwegen STORAX CALAMITA genennet
worden. Weilen aber dieser entweder gar fehlet / oder auch zu theuer fället / indem ein Untz
von der CALAMITA FINA so hoch kommet / als von dem gewöhnlichen ein gantzes ???. wie Charas in
Beschreibung der Theriacs-Ingredientien pag. 175. meldet / ja gar nachgekünstelt werden kan /
wie eden dieser Apothecker in seiner Frantzöischen Pharmacop. pag. 296. eröffnet und Pomet c.
l. pag. 250. durch eigene Erfahrung bestättiget: so gebrauchen sich andere lieber des
ordinairen Storax, welcher wider in zweyerley Sorten zufinden / eine welche schön pur / fett
und viel Grana untermischet / so deßwegen von den Materialisten und Apotheckern auch STORAX
CALAMITA MEDIA genennet wird / wie Dale in seiner Phytol. pag. 302. erinnert: Und die
schlechtere / so leichter / unsauberer und STORAX EXPRESSA heisset / weilen die Einwohner offt
den besten Safft / als einen köstlichen heylenden Balsam / davon drucken und dann den nur halb
kräfftigen Storax, so gantz höltzern und trucken herausser schicken / wie Marxius in seiner
Marterial-Kammer pag. 182. schreibet.
|| [370]
§. 4.
Der beste muß in schönen / fast lauteren und klaren Granis, zähe / gelb-roth / fettlich /
doch nicht anklebend / und mit etwas weiß untermenget / nicht bitter im Mund seyn / auch einen
dauerhafften und lieblichen Geruch haben / dergleichen der wahre Calamita ist. Je näher nun die
ordinaire Sort dieser kommet / je besser sie ist / welche doch bey den Alten von der vorigen
unterschieden und weilen sie mehr roth / Rubra genandt worden: und finden sich gewisse Stellen
/ da der Storax Calamita und Storax Rubra zugleich verschrieben worden / wie Sam. Dale l. c.
erwiesen. Der holtzichte und außgepreste Storax aber ist gäntzlicht zu verwerffen.
§. 5.
Den Kräfften nach hat der Storax eine erwärmende / austrucknende und zertheilende Qualität /
stärckt das Haupt / die Nerven und zertheilet die scharffe Flüsse; weßwegen die Pillen davon /
oder Pilulae de Styrace, von einigen Medicis gegen den Husten / Heiserkeit des Halses und
dergleichen nicht ohne Nutzen gebraucht werden. Andere machen auch ein Magen-Pflaster davon /
welches in des Ettmülleri Comment. in Schröd. p. 722. zu sehen ist. Am meisten aber wird er in
allerhand Rauch-Werck / als Rauch-Pulver / Rauch-Kertzen / Ofenlac oder Mastix ad fornacem und
dergleichen consumiret / auch zu der Tinctura Benzoini oder so genandten Jungfern-Milch gethan
/ deren Beschreibung wir im Capitel vom Assand gegeben haben.
§. 6.
Was aber der
weiche Storax oder STORAX LIQUIDA
eigentlich sey? davon sind sehr ungleiche Meynungen. Einige vermeynen / es seye der
balsamische Safft / welchen die Morgenländer / wie oben gemeldet worden / von dem Styrace
Calamitâ pressen; welches doch nicht glaublich ist / anderst er viel theurer seyn müste. Andere
halten es vor die Stacten / deren wir bey der Myrrhen gedacht haben Allein es ist auch dieses
ohne Grund / indem die Stacte, wie die Myrrha selbst / in Wasser zergehet / da der weiche
Storax hergegen / wie andere hartzichte Dinge / nur in einem öhlichten menstruô kan solviret
werden. Viele meynen es wäre dieser Safft entweder auß den Nüssen oder Rinden des Styrax Baumes
(von welchen nachmahlen die CORTICES Thymiamatis entstehen sollen) gepresset / welcher letzten
Meynung Schurzius in seiner Material Kammer pag. 40. beypflichtet / welches doch mit der dicken
Consistentz dieses Wercks nicht wohl übereinkommet. Weßwegen viel glaublicher ist / daß
dasjenige / was unter diesem Nahmen in unsern Apothecken zu finden ist / vielmehr ein
gekünstelter Mischmasch von vielen Stücken / nahmentlich Storax, Terpenthi??? Wein und Oehl
zusammen geschmoltzen seye / wie Sam. Dale c. l. solches von den Apotheckern in Londen gehöret
/ auch Pomet c. l. bestättiget.
§. 7.
Dieser weiche Storax nun bestehet auß einem fettichten / zähen / gelb- oder röthlicht-braunen
Hartz so allezeit weich bleibet / wie Honig / (daher es auch Storax-Honig und Falber-Safft von
Schurtzio l. c. genandt worden) und hat einen sehr starcken / aber nicht widrigen Geruch: wird
in Fäßlein herauß gebracht / und hält sich am besten / wann oben immer Wasser darauff
geschüttet wird / wie Marxius c. l. pag. 183. erinnert.
§. 8.
Der beste ist / welcher röthlicht-braun ist / am Geruch dem Storax sehr gleich kommet / ein
gute Consistentz hat / keine Unreinigkeiten in sich hält und auß Holland kommet / worauß der
beste gebracht wird / wie Pomet, der Frantzöische Materialist / in obberührter Stell
berichtet.
§. 9.
Den Qualitaeten nach kommet er mit dem vorigen in vielen überein und hat eine sehr heilsame
und balsamische Art an sich; weßwegen nicht allein ein vortreffliche Salb davon gemacht wird /
mit welcher zu Pariß in dem Weltberühmten Hospital à l' hôtel-Dieu allerhand Wunden /
Faülnüssen und dergleichen curiret werden: sondern er kommt auch unter andere Galenische
Compositiones: zu geschweigen / daß die Parfumierer sich dessen auch fleissig bedienen. Doch
hat man darauff zu sehen / daß er bey einigen zarten Personen Kopff-Weh und Schläffrigkeit
verursachen kan / wie Schroederus in Pharmac. Medico-Chym. pag. m. 207. auß dem alten
Dioscoride angemercket hat.
§. 10.
Gleiche Bewandnuß hat es mit der LIQUIDAMBRA,
welche von den Teutschen auch weicher und fliessender Storax genennet wird / weilen er
gleichfals ein gelb-rothes flüssiges Oehl / wie Venedischer Terpenthin ist / auch am Geruch und
Geschmack dem vorigen gleich kommet: Wird in kleinen Fäßlein auß Neu-Spanien gebracht / ist
aber heut zu Tag sehr rar / und wird von vielen Authoren vor den [371] rechten weichen Storax gehalten / wie Dale in seiner Phytol. pag. 364. bezeuget / zumahlen
der Baum / woraus er fliesset / auch von den Botanicis, als Rajo in Hist. Pl. pag. 1681. Styrax
Aceris folio genennet wird / dessen Abbildung im Hernandez, noch besser aber in des Plukenets
Phytographiâ Tab. 42. zu finden und droben nebst der Frucht / Blume und Saamen zu sehen ist. Er
erwärmet / zertheilet und heilet / wie der vorige.
§. 1.
DAs so genandte Gummi CARANNA ist zähe und hart / welches / wann es frisch ist / sich wie
Pech ziehen lässet / wann es aber alt wird / hart und zerbrichlich ist: stehet außwendig grau-
oder auch gelbschwartz / inwendig aber wie Hartz: hat einen schleimichten und bitteren
Geschmack / und so es angezündet wird / einen sehr guten Geruch: wird auß America und
absonderlich Neu-Spanien an breiten Stücken / in Binsen-Blättern herauß gebracht / wie in des
Marxii Material-Kammer pag. 62. zu sehen ist.
§. 2.
Es fliesset auß einem Baum / welcher umb Cartagena in Neu-Spanien häuffig zu finden ist / den
Palmen nicht viel ungleich siehet / von den Einwohnern Quahuitl, wie auch Caragna genennet /
und von Hernandez lib. 3. Rer. Med. Nov. Hisp. also beschrieben wird / daß er einen gelbichten
/ leichten und wohlriechenden Stamm / auch öhlichte Blätter / wie Kreutzer zusammen gefüget /
habe / dessen Abbildung Pomet in obiger Figur unter Augen geleget hat.
§. 3.
Ob es aber ausser dem gemeinen und bekandten Gummi Caragna noch eine andere und zwar
besondere Sorte gebe / welche einige die weisse Carannam nennen / zweiffelt jetzt gemeldter
Materialist / es seye dann / daß sie die Carannam, wie sie frisch von dem Baume fliesset /
dadurch verstehen / welche weißlicht seyn mag und mit der Zeit / wann sie älter worden / grau
oder schwartzlicht wird. Je weisser deßwegen die Caragna ist / je besser ist dieselbige /
absonderlich / wann sie weich / wie ein Pflaster / doch nicht klebricht ist / auch einen
lieblichen und aromatischen Geruch hat / wie Schurtzius in sei [372] ner Material-Kammer pag. 37. und Pomet in seinem Buch pag. 265. zeiget. Wann aber viel
Unrath und harte Stücker von andern ungleichen Gummatibus, mit welchen / so er theuer ist /
derselbige vermischet wird / darunter gespüret werden / ist solcher zu verwerffen.
§. 4.
Dem Gebrauch nach kombt dieses Gummi mit der Tacamahaca in allem über ein / ausser daß es
stärcker / als diese ist / so gar / daß diejenige Schäden und Bäule / so durch die Tacamahaca
nicht haben können geheilet werden / durch die Carannam zu bez??? / wie ??? cit. loc. bezeuget;
weßwegen es dann in dem Magen-Wehe und Hertzens-Angst bey hitzigen Fiebern vortrefflich gut
thut / wann es in einem warmen Mörsel mit dem Peruvianischen Balsam malaxiret und zu einem
Pflaster gemacht wird; wie dann Schroederus pag. 185. Ph. M. auch ein sonderlich Pflaster gegen
das Podagra und dergleichen Glieder-Schmertzen davon beschrieben hat. Gleicher Weisse dienet es
auch zu denen Pflastern an die Schläffe / gegen das Zahnweh / muß aber mit Terpenthin oder
einem andern Oehl geschmoltzen werden / damit man es desto besser zu einem Pflaster streichen
könne / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. III. unterrichtet. Sonsten
sollen die Americaner in der Meynung stehen / daß der böse Geist diesen Baum scheue / und also
derselbige auch gegen die Zauberey gut und vorträglich sey / wie obgemeldter Hernandez l. c.
erzehlet. Auch machen sie einen kostbahren Wund-Balsam davon / welchen Pomet l. c. beschrieben
hat.
§. 5.
Gleich wie nun das vorige Hartz nur eusserlich bey uns im Gebrauch ist / also wird hergegen
das im Anfang des Capitels dabey stehende
BDELLIUM
mehr innerlich genutzet / welches ein fettes und zähes Hartz / wie Wachs anzugreiffen / ist:
Hat eusserlich eine Eissen-farbichte Röthe / wie die Myrrhen / und wann davon ein Stück
zerbrochen wird / scheinet es etwas durchsichtig. Es ist am Geschmack etwas scharff und bitter
/ gibt einen guten Geruch von sich / absonderlich / wann es angestecket wird / da es zugleich
eine starcke und nicht leicht außgehende Flamme gibt und wie Pulver blatzet / wie Hermannus in
seinem Coll. Mss. de Mat. Med. in Acht genommen hat: wird meistens auß Asien / in Stücken von
unterschiedlicher Figur gebracht / wiewohlen insgemein das Feineste auß oval-runden Klumpen /
den Ohrgehencken gleich / bestehet / wie der Parisische Materialist Pomet in obangezogenem Buch
pag. 267. bezeuget.
§. 6.
Von dem Baum dieses Hartzes sind verschiedene Meynungen / indem einige denselben einer
Hag-Eichen / andere dem Myrrhen-Baum vergleichen / wie bey Sam. Dale in Phytolog. pag. 475. zu
sehen ist. Die heutige und vornembste Botanici aber sind fast darinnen einig / daß es ein
dornichter und stachelichter Baum sey / dessen Blätter den Eich-Blättern nicht viel ungleich
scheinen / ausser daß sie länger und schmähler sind / wie dieselbige von dem noch neuen
Englischen Botanico, Leonardo Plukenet in Phytographia Tab. 145. Fig. 2. abgemahlet und unter
dem Nahmen Arb. Lactescentis acut. folquernis Bdelliferae unter Augen geleget worden; gleich
wie das Holtz davon in des Wormii Mus. pag. 166. beschrieben wird.
§. 7.
Sonsten soll ohne das gemeine / welches oben beschrieben worden / noch eine andere Sort aus
Guinea kommen / welche auß harten und schwartzen granis bestehen und sonsten am Geschmack der
vorigen gleich kommen soll / wie Dale l. c. berichtet. Unterdessen ist dieses nicht so gut /
wie das vorige / welches vor diesem unter dem Gummi Senica, oder dem heutigen Gummi Arabico
gefunden und von den Färbern daran unterschieden worden / weilen es nicht / wie das Arabische
Gummi / zergehet und fliesset. Nachdem man aber dessen Werth erfahren hat / findet man heut zu
Tag in einem gantzen Centner Gummi Arabici kaum drey biß vier Untze des Bdellii, wie Pomet c.
l. berichtet.
§. 8.
Das beste ist / welches auß klaren und durchscheinenden Stücken bestehet / so von aussen gelb
oder grau-roth / inwendig aber wie der Englische Leim anzusehen sind / auch wann man dran
lecket / gelb werden / gern brennen / bitter von Geschmack und lieblich von Geruch sind; es mag
darnach herkommen wo es will und lassen wir den Alten ihre Wahl von den Landen / daraus es
kommet / da Galenus das Scytische / Plinius das Bactrianische und Dioscorides das Saracenische
beliebte / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 38. geschrieben hat. Wir können auch wohl
leiden / daß solches von den Materialisten in das Feine und Gemeine sortiret werde. Daß aber in
dessen Ermangelung einige die braune Myrrhen dafür verkauffen / wie Schurzius in seinem Buch
pag. 37. ungefoltert gestehet / ist nicht wohl zu dulten / und kan solches an dem Geschmack
erkandt werden / indem das Bdellium bey weitem nicht so bitter / als die Myrrha ist / auch viel
Holtz umb sich hat.
|| [373]
§. 9.
Seine Qualitäten sind erweichend und etwas anhaltend; weßwegen es innerlich in den
Brust-Schwachheiten / Husten / Keichen und dergleichen gebrauchet / auch die Pillen davon /
oder Pilulae de Bdelliô gegen die gar zu sehr fliessende Gülden-Ader gerühmet werden / wie
Ettmüllerus in Commentario Schroed. pag. 695. auß andern angemercket hat. So kommet auch dieses
Gummi unter den Mithridat und einige andere Galenische Compositiones. Eusserlich heilet es die
frische Wunde und erweichet die erhärtete Nerven / Glieder-Schwämme und Uberbeine / wie Doct.
Wormius in Mus. pag. 219. davon meldet.
§. 1.
DAs AEthiopische Oehl-Baum-Hartz / welches sonsten insgemein
GUMMI ELEMI
genennet wird / ist ein gelb-weisses und etwas grünlichtes / fettes / auch durchsichtiges
Gummi / welches / so es angestecket wird / einen sehr lieblichen Geruch von sich gibt: kombt in
grossen runden Stücken und Brodten / von drey biß vier Pfund / in Blättern von der Cannâ
Indicâ, auß AEthiopien / wie Schurzius pag. 37. und Pomet pag. 261. in ihren Material-Kammern
berichten.
§. 2.
Solches Gummi fliesset auß einem deswegen auffgeritzten Baum / welcher von mittelmäsiger
Grösse ist / weiß-grüne und auff beyden Seiten gleichsam übersilberte und außgespitzte Blätter
/ rothe Blümlein und Früchte wie die Oliven tragen soll / weswegen ihn auch einige den wilden
und AEthiopischen Oehl-Baum heissen / dessen Frucht und Blätter Plukenet Tab. CCXVII. Fig. 4.
wie oben in der mittelste Figur zu sehen / am schönsten abgemahlet hat.
§. 3.
Ohne das gemeine / welches in Blättern [374] kombt / sollen zuweilen
einige andere Sorten / deren eine wie gemein Hartz / in Näglein-Holtz: Die andere aber / so
graulicht oder braun anzusehen ist / zu uns herauß gebracht werden / Pomet c. l. pag. 262. mit
mehrerm gedencket / wir aber in Teutschland langsam theilhafftig werden. Das beste muß trucken
und doch etwas weich / grünlicht weiß und eines guten Geruchs seyn: Und muß man sich vorsehen /
daß man kein Fichten-Hartz mit Spic-Oehl angemachet / vor das Gummi elemi einkauffe / wormit
einige Betrüger dieses nachahmen und unter dem Nahmen des Americanischen Gummi Elemi
verhandeln; welcher Betrug sowohl an der gantz weisen Farb / und übelen / nach Terpenthin
schmäckenden / Geruch zu erkennen / wie jetzt belobter Materialist gezeiget hat.
§. 4.
Seine Qualitaeten betreffend / so hat dieses Hartz eine erweichende / zertheilende und sehr
heilende Krafft ist / und ein rechter Wund-Balsam / der absonderlich in denen Haupt-Wunden und
andern Stichen vortrefflich gut ist und derowegen das Hauptstück in des Arc???i Wund-Balsam
abgibt / worvon Sennertus Lib. V. Prax. pag. 399. zu sehen wäre. So machet auch Frid.
Hoffmannus ein bewährtes Pflaster gegen die reissende Schulter-Schmertzen davon / dessen
Beschreibung in Clavi Schroederiana pag. 183. zu lesen ist. Weßwegen dann auch ein sehr
dienliches Oehl davon destillirt wird / welches den contracten und lahmen Gliedern zu gut
kommet / wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 700. berichtet hat.
§. 5.
Gleichen Effect kan man sich auch von der so genandten
TACAMAHACA
versprechen / welches ein buntes und sprencklichtes Hartz ist / so theils röthlich / theils
gelb-braun und fast durchsichtig außsihet / einen hartzichten aromatischen Geschmack und guten
Geruch hat: Wird auß West-Indien von denen Spaniern in runden Stücken / mit Blättern verwickelt
/ gebracht / wie Schurzius in seiner Material-Kammer p. 39. bezeuget.
§. 6.
Es rühret so wohl dem Nahmen als seinem Wesen nach von einem Baum / Tecomahaca genandt /
welcher ziemlich groß und dem Papelbaum nicht ungleich / länglicht-runde / außgespitzte und
rundumb zerkerbte Blätter hat / wie oben an der Figur zu sehen: Trägt an den eussersten Spitzen
seiner Aestlein eine länglichte und gelbe Frucht / welche einen Kern / wie die Pfersing-Kern /
in sich hat / wie solchen Hernandez lib. 3. Rerum Med. Nov. Hisp. pag. 55. beschrieben und
abgemahlet hat.
§. 7.
Auß diesem Baum nun fliesset das Gummi entweder von sich selbsten / und zwar weiß /
durchscheinend und von gutem Geruch / welches anfangs gantz weich ist / nachmahlen etwas dick
wird und deßwegen von den Einwohnern in Schalen oder hohle Stöcke eingefasset werden muß;
welches ohne Zweiffel die weiche Tacamahaca ist / deren in den Miscellaneis Germ. Cur. Dec. 1.
A. 3. Obs. 296. gedacht und von dem Frantzöischen Materialisten Pomet pag. 263. seines Buchs
Tacamahaca sublime ou en Coque das ist: Tacamahaca in Schalen genennet worden und wie Lavendel
riechen soll. Weilen aber diese Sort sehr rar uud bey uns fast niemahlen zu sehen ist / als
müssen wir uns mit der Gemeinen / so auß denen mit Fleiß auffgeritzten Bäumen fliesset /
begnügen lassen / deren man doch auch zweyerley Sorten findet / nemblich die Feine und
Mittel-Gattung. Jene ist in Granis: Diese aber in grossen Stücken / worvon die beste viele
weise Grana haben / schön rein und gelb seyn / auch am Geruch der vorigen sehr nahe kommen soll
/ wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 201. und Pomet c. l. schreiben.
§. 8.
Ihre Würckungen bestehen in einer erwärmenden und zertheilenden Qualität / Krafft welcher sie
alle Flüsse / Winde und Geschwär / auch alle daher rührende Schmertzen vertreiben kan / so gar
/ daß / wie Monardes bezeuget / die Americaner sich deren gegen alle Schmertzen mit Nutzen
bedienen / absonderlich wann sie von unbändigen Flatibus (daher sie gar viele Kranckheiten
herleiten) und kalten Flüssen herrühren. Bey uns Europäern aber wird sie am meisten gegen die
Haupt-Flusse und darvon herrührende Zahn-Schmertzen gebrauchet / worgegen man insgemein einige
Pflästerlein an die beyde Schläffe darvon machet / welche / wie die gemeine Leute reden / die
Flüsse zuruck ziehen und auffhalten sollen / wiewohlen sie meistens die lympham erwärmen /
zertheilen und die wütende Lebens-Geister besänfftigen. So thut auch die Tacamahaca
unvergleichliche Würckung gegen das Hertz- und Magen-Weh / welches sonsten Cardialgia, oder
Angst und Bangigkeit des Hertzen genennet wird / wann man davon ein Pflaster streichet / auff
den Magen oder Hertz-Grube leget und einen warmen Grimstein darüber bindet / wormit Poterius
Wunder-Curen gethan haben soll / [375] wie in seinem Buch lib. 3. cap. 32.
zu lesen. Weßwegen dann auch dergleichen / Magen-Pflaster / Emplastrum de Tacamahaca genandt /
in den Apothecken parat gehalten wird. Nicht weniger thut sie gleichmäsige Würckung / so wohl
in der Colic, als auch in Mutter-Schmertzen / wann sie auff eben der Art auff den Nabel und
Unterleib geleget wird / und kan auch dadurch das Außfallen der Mutter gehemmet werden / wie
Hernandez l. c. bezeuget.
§. 1.
DIe Aloes oder ALOE ist ein sehr bitterer / harter / doch mirber Safft / so theils
hartzicht-theils gummosichter Art ist / und am Geruch der Myrrhen sehr nahe komt / von
unterschiedlicher Farb / doch gemeiniglich röthlicht- oder gelb-braun: komt entweder in
Schaaf-Fellen / oder in grossen Kürbsen auß Ost-Indien / zum Theil auch auß America.
§. 2.
Das Gewächs dieses Nahmens ist zwar unter die Kräuter zu rechnen / dörffte aber in Ansehen
seines Stengels / welchen er mit den Blumen treibet / den Bäumen / an der Höhe / wenig
nachgeben: Hat Blätter / wie die grosse Hauß-Wurtz / aber sehr lang / dick und so spitzig / daß
man wohl einen Mann damit spalten solte: Blühet sehr langsam und treibet einen sehr hohen
Stengel / mit wunder-schönen Blumen / welcher nach der gemeinen Sage plötzlich / mit einem
grossen Geräusch hervorschiesen soll / wie Marzius in seiner Material. Kammer pag. 19.
schreibet: Allein es ist dieses ein rechtes Gärtner-Mährlein / indem solches die Erfahrung
nicht bestättiget / wie in dem Horto Regio Parisiensi (in welchem die Aloë etlich mahl
geblühet) pag. 8. De Aloe bezeuget wird. Nach den Blumen folgen dreyfache Schöttlein voller
Saamen / welche Doct. Tournefort selbsten an der Americanischen Aloe in Spanien gefunden / wie
Pomet pag. 297. Hist. Simpl. berichtet und in obiger zweyten Figur unter Augen leget. Die
letztere Aloe ist sonsten eigentlich und weitläufftig vom Hermandez Lib. VIII. Rerum Med. Nov.
Hisp. pag. 271. beschrieben worden.
|| [376]
§. 3.
Ob nun wohl diese Gewächs auch in Teutschland in vornehmer Herren Gärten erzogen werden / so
können wir doch allhier zum Safft nicht gelangen / sondern müssen denselben auß Asien und
Arabien bringen lassen: wird entweder auß den dicken Blättern / nach Schurzii Meynung / oder
wie andere schreiben / auß der Wurtzel gepresset / und nachdem sich derselbe gesetzet und das
klare gelind abgegossen worden / über einem gelinden Feuer zu einem dicken Safft gekochet und
abgerauchet / in dünne Häutlein gefasset und anderwerts verschicket / worvon Rajus in Hist.
Plant. pag. 1196. weiter zulesen ist.
§. 4.
Nachdem nun dieser Safft mehr oder weniger gereiniget ist / wird er in drey biß vier Sorten
getheilet / unter welchen die gantz schlechte und unsaubere ALOE CABALLINA oder die schwartze
Aloes genennet wird / welche gantz trucken / unrein / sandicht / schwer und schwartz ist / und
weilen sie ohne eintzigen Geruch und Krafft ist / den Pferdten und Thieren / nicht aber den
krancken Menschen gewidmet ist / wie Schroederus und dessen Außleger schreiben. Allein der
obgemeldte Pomet ist hierinnen noch viel auffrichtiger / indem er auch solche dem Vieh nicht
zugeben räthet / weilen es nichts anderst / als der verbrandte Satz und Häfen ist / so bey
Zubereitung der rechten Aloes zurück bleibet / und weder Safft noch Krafft hat / auch derowegen
wünschet / das sie gar verworffen und nicht in Handlung geführet würde; wird sonsten in Körben
von Palm-Blätter und Binssen gebracht. Die etwas bessere und mehr gesäuberte Aloes, wird ALOE
HEPATICA oder Leber Aloes genennet / weilen sie eine Farb / wie die Leber hat und voller
Löchlein / wie geöffnete Adern / ist / wie Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 11. in Acht
genommen hat: Muß recht trucken und nicht übelriechend seyn / dergleichen sonsten zuweilen
kommet / und wie Pomet vermeynet / auß den Blättern gepresset wird / welche / so man sie
auffschneidet oder entzwey bricht / einen grossen Gestanck von sich geben. Ist insgemein mitten
in den Ballen schwartz / aber umb die Ende Leber-farb / welches daher kommen mag / weilen sie
inwendig hitziger lieget und deswegen auch weicher ist / wie außwendig / obschon solches den
Kläfften wenig benimbt: Soll meistens auß den Americanischen Insuln kommen / und weilen sie den
weitem nicht so gut / als die Socoterische ist / kan man sie / an statt der Caballinae, dem
Vieh und den Pferdten gebrauchen / und also die rechte und beste ALOEN SOCOTERINAM zur Artzney
der Menschen behalten / welche meistens auß der Insul Socatra oder Socatera in Ost-Indien
gebracht und entweder noch gantz oder in fragmentis von den Materialisten verkauffet wird.
Diese letzte muß schön / rein / gläntzend / luck / leicht / bitter und ohne widrigen Geruch /
auch leicht zerbrichlich seyn / dessen Pulver / wann man daran kratzet / beynah gold-gelb und
wie Saffran außsehe / wie obgemeldte Materialisten einmüthig schreiben. Hieraus entstehet
endlich die ALOE LUCIDA, wann die vorige soweit gereiniget und gesaubert worden / daß sie gantz
hell und durchscheinend / wie das Vitrum ???. anzusehen; welche am allerbesten zum inneren
Gebrauch / aber auch am theuresten und raresten ist.
§. 5.
Demnach aber die gute und beste Aloe offt mit dem Gummi Arabico, Succo Acatiae und
dergleichen verfälschet wird / so muß man auff solchen Betrug Achtung geben und hieran erkennen
/ daß solcher vermischter Aloe die Bitterkeit vergehe / am Geruch nicht so starck sey / auch
alsdann nicht so leicht gebrochen und zwischen den Fingern zerriben werden könne / wie
Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 11. unterrichtet.
§. 6.
Die Krafft und Würckung der Aloes recht zulernen muß man theils auff derselben Hartzichte /
theils auff das Gummosichte Wesen reflectiren. Jenes erwärmet / adstringiret etwas und
praeserviret wegen seiner Balsamischen Natur von aller Fäulnus / stärcket den Magen / tödtet
die Würme und kommet deswegen unter viele Composita, absonderlich welche mit dem Spiritu Vini
extrahiret werden / als das Elixir Proprietatis und dergleichen in welchem und andern Stücken
es gegen sehr viele Kranckheiten gebrauchet wird / wie theils Mindererus in seinem Aloëdario,
theils Ettmüllerus in Comment. ad Schroed. pag. 756. weirläufftig erwiessen haben. In Ansehung
des Gummosichten Saffts laxieret die Aloe und treibet die Gallichte und Schleimichte
Feuchtigkeiten auß dem Magen und Gedärm; weswegen es gleichsam der Grund zu allen laxierenden
Pillen ist / welche Schroederus und andern in ihren Dispensatoriis sehr weitläufftig erzehlet
haben. Absonderlich aber werden die so genandte Franckfurter / sonsten auch die
Englische Pillen/
oder
PILULAE ANGELICAE
FRANCOFURTENSES
darvon zubereitet / wormit die Materialisten [377] und Apothecker in
Franckfurt am Mayn immer einen grossen Handel getrieben haben und deswegen noch in vorigem
1703. Jahr auch in grosse Strittigkeit gerathen sind / weilen die letztere vor sich ein
Kayserliches Privilegium darüber bekommen haben / wie damahlen auch in denen wochentlichen
Zeitungen ist gemeldet worden. Beyde haben die Beschreibung sehr in Geheim halten / vor welche
der General Tilli vor diesem einem derselben 300. Reichs-Thaler soll gezahlet haben / wie Simon
Paulli in Append. Quadripart. Bot. pag. 577. auß dem Grülingio berichtet. Indessen will dem
gemeinem Besten zu gut die wahre Beschreibung derselben dem geneigten und curiosen Leser
hiermit umbsonst mittheilen / wie sie auß dem Manual eines gewissen Apotheckers / welchem sie
von dem Authore / Herrn Doct. Beyern selbsten / sub fide Juramenti anvertrauet worden /
dechiffriret habe und also lautet: ???. Aloes succotrinae von der besten q. v. reibe sie klein
/ schütte darüber so viel ???. Viol. oder Veilen-Wasser / daß es vier Finger hoch darüber stehe
/ setze es an einen warmen Ort / und lasse es wohl verwahret also drey Tag stehen / alsdann
giesse das gefärbte Wasser sanfft ab / schütte so offt frisches Veilen-Wasser darzu / biß die
Tinctur, auff vorige Manier / alle außgezogen sey. Alle diese extrahirte Tinctur nun lasse
zusammen gelind abrauchen / biß ein Extract, wie dicker Honig / zurück bleibe: Diesem setze
noch soviel Violen-Safft zu und inspissire es l. a. zu einer Pillen-Masse / woraus die Pillen
in gewöhnlicher Grösse zu formiren sind. Weilen aber ein gewisser Frantzdischer Edelmann Herrn
D. Bohnen zu Leiptzig versichern wollen / daß ein Extr. Colocynth. darzu gehöre / Hoeferus
hergegen muthmasset / daß das Diagridium darzu komme / auch Pomet schreibet / daß noch viele
andere purgantia darunter gemischet würden: So will das Gegentheil auß des Authors / theils
auch D. Schroederi Worten beweissen. Jener / nemblich Doct. Beyer Seel. schreibet in dem Anno
1647. von diesen Pillen gedruckten Zettul also: "Meine Pilulae Angelicae oder „Englische Pillen
sind nichts anderst / als ein „sonderbar und künstlich Extractum Aloës &c.
welche letztere Wort in den heutigen Zettulen / so insgemein bey die Pillen in allerley
Sprachen gegeben werden und sonsten in allem mit dem alten concordiren / mit allem Fleiß
außgelassen worden. Dieser / als Doct. Schroederus schreibet am Ende des 75. Cap. Lib. 2. in
seiner Apothecker-Kunst / daß ihm zwar nicht erlaubet seye die Beschreibung zu publiciren /
doch dieses zur Nachricht diene / daß diese Pillen ein Extractum propriè dictum Extracto
impropriè dicto commixtum seyen. Das erste ist das Extractum aloes cum aq. viol. Das andere der
Violen-Safft. Sapienti sat!
|| [378]
§. 1.
DIe laxierende MANNA bestehet auß kleinen und weisen Glundern / wie Zucker / aber weicher und
etwas klebericht anzusehen / eines süßlichten und fetten Geschmacks: Wird meistens auß Sicilien
und Calabrien in Schachteln herauß gebracht / dahero sie insgemein Manna Calabrina und im
Teutschen Himmel-Brod / Himmel-Thau genennet wird.
§. 2.
Von dem rechten Ursprung dieser Manna haben die Medici biß daher sorgfaltig disputiret / und
widerwärtige Meynungen gehäget. Die Alten (welchen Schroederus P. M. pag. 245. noch Beyfall
gibt) vermcyneten gäntzlich es wäre ein Thau / welcher nächtlicher Weil auff gewisse Bäume
falle / nicht anderst als das Manna, wormit die Kinder Israel in der Wüsten vom Himmel
gespeisset worden / dahero es auch den Nahmen bekommen. Ja es fügten noch einige hinzu / daß
obschon diese Bäume nechst andern stünden / der Thau doch nicht auff diese / sondern nur auff
jene fallen thäte: Allein eben dieses letztere hätte die gute Alten auff einen andern Wahn
bringen können / weilen es der Vernunfft zu wider / auch nachgehends ferner in Acht genommen
worden / daß die Manna nicht nur oben auff den Blättern / (wie der Thau) sondern sich auch
unten anhänge / obschon auch der Baum des Nachts mit einem Tuch bedecket werde / wie Thomas
Cornelius Consentinus, so nicht weit davon gelebet / selbsten probiret und Doct. Rajo erzehlet
hat; Ja sie kommt auch an denen abgehauenen und in einen Keller gelegten Aesten hervor / wie
Lobelius in Acht genommen; zugeschweigen / daß diese Materia von der Sonnen erhärtet / der Thau
aber davon verzehret wird / wie Sam. Dale in seiner Pharmacolog. pag. 449. weiter davon
raisonniret. Weßwegen dann auch Donatus ab Altomari, ein alter Medicus, schon zu seiner Zeit
davor gehalten / daß die Manna kein Thau seye / sondern auß den Bäumen schwitze / welches auch
nachgehends die Erfahrung bestättigte / indem diejenige / so deswegen in Sicilien und Calabrien
gereisset / selbsten gesehen / daß die Manna auß denen verletzten Esch-Bäumen und Hainbuchen /
wie ein Safft hervor dringe und von der Sonnen alsdann gleichsam zu einem Gummi außgetrocknet
werde / und hat solches Thom. Bartholinus nicht allein mit seinen [379] Augen gesehen / wie er Cent. I. Epist. 54. pag. 231. berichtet / sondern hat auch denselben
noch an der Schale des Baumes hangend von seiner Reise in Dennemarck gebracht / wie Doct.
Wormius in Mus. pag. 227. bezeuget: Wie dann auch andere sehr berühmte Leute / als Salmasius,
Mugnenus, Deusingius &c. dieses in eigenen Traect. de Manna bestättiget haben.
Und obschon dieses hier zu Land an den Eschbäumen / wegen Unterscheid des Landes / nicht so
wohl angehen will / so zweiffle doch nicht / daß an andern Bäumen dergleichen nicht solte
gefunden werden / indem die so genandte Manna de Briancon auß dem Lerchen-Baum dringet und ich
selbsten vor diesem an einer alten Eiche eine dergleiche Materi / welche darauß flosse /
gefunden / so der Manna gantz gleich kame auch deren Geschmack hatte; wie dann umb Ormus in
Asien von einigen Eich-Bäumen ein Manna Liquida soll gesamblet werden / welche die Einwohner in
Bock-Felle biß nach Goa bringen und verkauffen / wie Pomet in seiner Material-Kammer pag. 239.
berichtet.
§. 3.
Auff was Art und Weiß nun die Manna in Calabrien gesamlet werde / beschreibet obbelobter
Thom. Bartholini l. c. umbständig: Es ritzen nemblich die Einwohner die Eschbäume zu gewissen
warmen Zeiten / absonderlich umb die Hunds-Tage / wann es nicht regnet / mit höltzernen Messern
/ auff diese Art ???. worauff des andern Tages ein Safft herauß dringet / welchen sie auch mit
höltzernen Messern (damit die Manna nicht schwartz werde) abschaben / auff den Tisch in die
Sonne breyten / daß die wässerichte Feuchtigkeit davon abrauche und der Safft ein
mittel-consistentz zwischen dem Gummi und Hartz bekomme: Und weilen es also mit Gewalt zugehet
/ nennen sie dieses Mannam Sforsatam: andere Mannam Corporis; ohne welche noch eine andere von
sich selbsten auß den Blättern dringet / welche deßwegen Foliata genennet wird und insgemein
klein und rund granuliret ist: die vorige aber hat grössere Glundern / wie Mastix / dahero sie
auch Mastichina heisset; und weilen die andere kostbahrer ist / so pflegen die Betrüger diese
durch enge Sieblein zuschlagen / umb der ersten gleich zu formiren. Indessen hat Doct. Robinson
auff seiner Reise in Acht genommen / daß wann die Heuschrecken an dem Eschbaum fressen und
nagen / die Manna auch von sich selbsten außlauffe / wie Sam. Dale c. l. berichtet.
§. 4.
Der Unterscheid der Manna wird entweder von den Ländern / wo sie herkommet / genommen / da
man wohl 3. biß 4. Sorten hat / indem I. in Orient, in Syrien / Persien und Ost-Indien /
absonderlich in Ceylon, eine Art zu finden / deren in Miscel. Acad. Germ. Cur. Dec. 1. A. 9.
& 10. pag. 459. und Dec. 2. A. 1. pag. 370. gedacht wird / welche doch sehr rar
und uns unbekandt ist: worzu auch die Berg-Manna oder MANNA MONTIS gehöret / welche auff dem
Berg Gargano in Apuliâ wachsen soll / wie Doct. Baglivius in Disput. de Tarantula pag. 11.
berichtet. 2. Die Calabrische / welche auff dem Berg S. Ange gar schön quellen soll / aber
etwas zu fett und schmierig ist / weßwegen die Materialisten / die es nicht verstehen / solche
nichts achten / da sie doch die beste ist. 3. Komt eine auß Sicilien / welche truckener / auch
schön weiß und körnericht ist / doch offters verfälschet wird. 4. Die Frantzöische Manna de
Briancon, welche die schlechteste und unsauberste ist / wovon Pomet in seiner Histoire des
Drogues pag. 237. weitläufftig handelt. Unsere Materialisten führen insgemein nur zwey Sorten /
nemblich die Feine und Mittel-Gattung / welche sie entweder nach dem eusserlichen Schein oder
Alter sortiren. Die beste ist / welche noch frisch auffgetrucknet / leicht / schön weiß / süß
von Geschmack / nicht mit grossen Glundern oder auch kleinem Unrath verfälschet / auch so viel
es seyn kan / granuliret ist; wo doch in Acht zu nehmen / daß die grössere Grana und Glundern
nicht gar zu verwerffen seyen / welche auch also an den Bäumen generiret werden / wie Pomet c.
l. zeiget / welcher zugleich dieses vor ein gutes Zeichen hält / wann mitten in den Glundern
noch ein Safft / wie Syrop zu finden / welches eine Anzeig ist / daß die Manna noch gantz
frisch komme. Daß aber einige Materialisten / als Marxius und Schurzius zu jedem Pfund
schlechter Manna ein halb Pfund Grana zuthun und also jener ein gut Muster und Ansehen zu
machen heissen / hält er nicht auffrichtig / sondern Judisch / indem die Juden in Calabrien
sich auch auff dergleichen Künste legen und die Manna nachmachen / welche doch schwer und nicht
so hell-weiß / wie die rechte ist. Alle Manna aber muß in einem truckenen Gemach auffgehalten
werden / denn sie sonsten / wann sie feucht stehet / verdirbt und gelb wird / wie Schurtzius in
seiner Material-Kammer pag. 59. berichtet.
§. 5.
Sonsten hat man noch eine
flüssige Mannam
oder
MANNAM LIQUIDAM
|| [380]
welche Tereniabin von Bellonio l. 2. Obs. cap. 65. genennet wird / so ein weisser und etwas
zäher Safft / wie Jungfern - Honig / ist / und in Persien umb Alkair und Aleppo von einem
stachelichten Kraut / in Asien aber auß gewissen Eich-Bäumen fliessen soll / deren Figur oben
zu sehen. Weilen aber diese Manna bey uns gantz unbekandt und nicht herauß kommet / so macht
man in einigen Officinen eine dergleiche Mixtur auß der gemeinen Manna / Weinstein und Wasser /
deren Beschreibung in des Hoffmanni Clavi Schroeder. pag. 637. zu sehen ist.
§. 6.
Was die Kräfften und Qualitäten der Manna anlanget / so hat sie eine Krafft gelind zu laxiren
und die Gall abzuführen / welche Operation sie so gleich frisch thun kan: und ist wohl
lächericht / daß einige verführische Materialisten die Apothecker und andere Leut bereden
wollen / daß die Manna besser operire / wann sie alt werde / nur daß sie der gelben und
verdorbenen Manna loß werden möchten / wie der auffrichtige Pomet l. c. solchen Betrug selbsten
widerleget hat. Weilen unterdessen die Manna grossen und erwachsenen Personen in grosser dosi
muß gegeben werden / so wird sie denenselben langsam verschrieben / sondern meistens vor die
kleine Kinder gebrauchet / welchen sie in den Breylein / Suppen und dergleichen leicht bey zu
bringen ist. Die Composita aber / als Manna Tartarisata, Elect. lenit. de Manna, Aqua laxat.
Viennensis und dergleichen dienen auch grossen und erwachsenen Personen. Daß aber einige
Chymici auß der Manna einen solchen Spiritum zu destilliren suchen / welcher das Gold gründlich
eröffnen und solviren könne / scheinet auß der Alten irrigen Meynung herzu fliessen / nach
welcher die Manna vor einen Himmlischen Thau gehalten worden / in welchem der allgemeine Welt -
Geist oder Spiritus Mundi in grösser Quantität eingeschlossen und concentriret sey / worvon
Tackius in Tripl. Phas. Sophica mit mehrerm zu lesen ist.
|| [381]
§. I.
Das EUPHORBIUM ist ein gelbicht- und hartzichtes Gummi / bestehend auß länglichten und
gleichsam röhrichten Stücklein von unterschiedlicher Grösse und Gestalt / welche einen überaus
scharff-brennenden und widrigen Geschmack / aber keinen sonderlichen Geruch haben: werden auß
Ost-Indien und Africâ heraus gebracht.
§. 2.
Von dem Ursprung dieses Hartzes sind verschiedene Meynungen. Einige halten dafür / es komme
von einem Baum / so der Ferulae nicht ungleich sey / welchen die Einwohner in Libyen mit
Schaaff-Fellen umbgeben / und nachdem sie den Baum von weitem durchstossen / den
heraußdringenden Safft darinnen aufffangen sollen / wie solches Doct. Hoffmann in Clav.
Schroed. pag. 636. auß Dioscoride und andern beschrieben hat. Einige halten davor das
Euphorbium wäre ein auffgetrockneter Safft einer Frucht / so den Cucumern gleich seye. Andere
hergegen / und zwar die meinste von den alten und neuen Botanicis, halten das Gewächs des
Euphorbii vor ein sonderliches und fast wunderliches Kraut dieses Nahmens / so einige / als
Hermannus und Plukenet, Tithymalum Mauritanicum nennen: hat lange / sehr dicke und stachelichte
Blätter / auß welchen dieses Gummt fliesset; wie dann Pomet in seiner Histoire des Drogues pag.
268. versichert / daß er ein dergleichen Blatt in Handen habe / woran das Euphorbium, so
durchgedrungen / augenscheinlich zu sehen sey / welches er auch an gemeldtem Ort abgemahlet und
beschrieben hat. Vielleicht haben andere dieses Gewächs einen Baum genennet / weilen man einige
Species davon findet / welche sehr hoch / wie die Bäume in die Höhe [382] wachsen / worzu der Cereus Peruvianus (so oben Fig. 2. abgemahlet und zu Leyden im
Universitäts Garten zu sehen ist) gehöret. Wiewohlen Commelinus in seinen Anmerckungen über die
zwey Theile des Horti Mal. pag. 82. alle diese nicht vor genuin, sondern dasjenige / doch
gleichmäsiges Gewächs / so allda Fig. 42. abgemahlet wird / vor das wahre Euphorbium halten
will.
§. 3.
Unterdessen haben diese unterschiedene Meynungen den guten alten Casp. Hoffmannum dahin
vermöget / daß er in seinem Buch von den Officinal-Medicamente p. 35. geschrieben / daß der
alten Vorfahren Euphorbium etwas anderst gewesen sey / als dasjenige / was wir heut zu Tag
bekommen und also heissen / welches wir an seinem Ort beruhen lassen. Gnug ists / daß man
hinter des bekandten Euphorbii Ursprung soweit gekommen ist / dessen Schroederus in Pharm. pag.
239. zweyerley Sorten hat / nemblich das granulirte / so in kleinen Körnern / wie Erbsen /
etwas durchlöchert und wie die Sarcocolla durchscheinend gelb sey: Und die andere / so in den
Schläuchen / worinnen es auffgefangen wird / in weißlichten Klumpen komme.
§. 4.
Das beste ist / so in schönen Granen kommet / weiß-gelb / recht trucken und sauber ist / kein
Staub / noch viel kleines geröhrichtes bey sich hat / wie Marxius pag. 90. in seiner Material-
Kammer schreibet. Daß aber einige nur dasjenige / so ein Jahr alt ist / auffsuchen und dem
frischen nicht trauen wollen / ist eben so kein nothwendig requisitum, indem es wohl ehe / als
binnen Jahres frist / nicht herausser kommet / auch eher altes als frisches zu haben ist. Es
lässet sich sonsten biß ins vierdte Jahr halten / nach welchem es abnehmen soll / dafern es
nicht in Hirschen oder Linsen auffgehalten werde / wie Tabernaemontanus im andern Buch von den
Kräutern pag. 406. berichtet; und weilen es zuweilen mit der Sarcocolla, Gummi und
Wolffsmilch-Safft verfälschet wird / hat man im Einkauff Achtung darauff zu geben.
§. 5.
Der Würckung und Qualitäten nach ist dieses das allerhitzigste und schärffste Gummi unter
andern allen; und ob es zwar auch unter die purgierende Medicamenten gerechnet wird / so darff
man doch selbiges nicht wohl innerlich verschreiben / weilen es gar zu starck und ungestüm
würcket und das gute mit dem bösen außfeget; weßhalben es mehr von den Huf-Schmieden und
Roß-Aertzten gebrauchet wird. Doch wollen es einige noch bey sehr starcken Bauren / wann
sonsten nichts treiben will / oder auch in hartnäckichten Kranckheiten / als der Schlaaf-Sucht
/ Schlag-Flüssen und dergleichen / zulassen / absonderlich wann es etwas alt und mit sauren
Säfften corrigiret ist / wie in des Ettmülleri Comment. in Schroeder. pag. 759. zu sehen ist.
Eusserlich aber hat es einen grossen Nutzen das Abnehmen und Schwinden der Glieder zu curiren /
wann man nebst steter Bewegung dieselbe entweder mit dem Euphorbio oder dessen Oehl (welches
Schroeder l. c. pag. 240. nebst dem Extract. und andern beschrieben hat) fleissig reibet / auff
welche Manier ich einen guten Freund / dem der Arm gantz geschwunden war / hab curiren lassen.
So dienet dasselbige auch vortrefflich die Cariem Ossium oder angefressene Beine zu heilen /
wann die scharffe ätzende Feuchtigkeiten in alten Schäden die Knochen angegriffen: welche
Schäden nimmermehr auß dem Grund zu heilen sind / wo nicht die Caries Ossium zuvor weggenommen
/ welches entweder durch subtile Schab-Eissen oder dergleichen scharffe und außtruckende Pulver
geschehen kan. Zuweilen kommet es auch unter die Nieß-Pulver und Schnupp-Taback / allwo man
doch auch behutsam zu verfahren hat / indem es so starck operiret / daß offters das Blut
hernach gehet; weswegen dann auch die Apothecker / wann sie das Euphorbium zerstossen / nicht
allein die ohne dem bedeckte Mörsel oben mit Oehle anstreichen und also den subtilen Staub
allda hemmen / sondern auch die Nase-Löcher mit Baum-Wolle zustopffen müssen / anderst ihnen
leichtlich ein gefährliches Nasen-Bluteu und dergleichen zustossen kan.
§. 6.
Mit was Grund aber dem gemeinen
Epheu-Hartz
oder
GUMMI HEDERAE
ein gleichmäsige Schärffe (wormit es die Haar außbeissen soll) beygeleget werde / kan ich
nicht finden / indem dergleichen Haar-abätzende Krafft daran nicht kan gespüret werden / wie
Theod. Tabernaemont. schon im andern Buch von den Kräutern pag. 595. bemercket hat: ist sonsten
ein grün-schwartzes / dürres / hartes und inwendig wie braun Glaß anzusehen des Gummi / eines
scharfficht-auch etwas anhaltenden Geschmacks / und guten Geruchs: kommet in kleinen Stückern /
wie dicke Bohnen / theils auß Indien / theils auß der Provintz Languedoc in Franckreich / allwo
zu Montpelier im Königlichen Garten Pomet einsmahl ein grosses Stück an dem Eppich gefunden /
wie er in seinem Buch pag. 264. berichtet; wie es dann obbelobter Tabernaemontanus auch in
Teutschland gefunden hat.
|| [385]
§. 7.
Kommet also dieses Gummi ohnstreitig von dem bekandten Epheu oder Baum-Eppich her /
absonderlich von dessen grösseren Art / welche entweder den Mauren oder den Bäumen hinauff
lauffet / und kleine Träublein / welche anfangs grün / nachgehends schwartz sind träget; wie
dann dessen Gummi als das schwärtzeste unter allen von Schurziô in der Material- Kammer pag.
38. beschrieben worden.
§. 8.
Das beste Gummi Hederae muß recht trucken / durchsichtig und eines etwas balsamischen Geruchs
seyn / wie Pomet l. c. erfordert / welcher zugleich erinnert / daß man Achtung gebe / daß man
an dessen Stell nicht das Gummi Alouchi (welches von dem Costo corticoso oder auch Cortice
Wintherano fliessen und auch schwartz seyn soll) davor einkauffe.
§. 9.
Seine Qualitäten sind / daß es wegen seiner balsamischen Natur auch Wunden und andere Schaden
heile. Daß es aber die Haar weg ätzen soll / auch die Läusse tödte / wie Galenus und
Dioscorides geschrieben / will sich in der That nicht zeigen / und muß entweder ein Irrthumb
hierin vorgehen / oder müssen die Alten etwas anderst dadurch verstanden haben / worvon Sim.
Paulli in seinem Quadripart. Botan. pag. 327. weiter zu sehen wäre.
§. I.
Das SCAMMONIUM ist ein grauschwartzes und hart-hartzigtes Gummi / eines scharffen und
eckelhafften Geschmacks und sonderlich widrigen Geruchs: kombt von Alexandria auß Egypten und
Syrien gen Venedig / in ledernen Beuteln / von dannen es zu uns gebracht wird / wie Vielheuer
in Beschreibung frembder Materialien pag. 152. schreibet.
§. 2.
Das Kraut / auß dessen Wurtzel es gepresset wird / ist nach einhelliger Meynung der
Simplicisten eine Winde oder Volubilis, welche häuffig in Orient umb Aleppo wachsen soll / [384] allwo sie den Safft auß der Wurtzel pressen und nicht an der Sonnen /
sondern durch das Feuer aufftrucknen / indem zuweilen Kohlen darunter gefunden werden / wie
Pomet in Hist. Simpl. pag. 292. in Acht genommen hat. Unterdessen wollen einige gelehrte / als
Ettmüllerus in Comment. Schroeder. pag. 761. Morisson und andere / zweifflen / ob das rechte
und den Alten so berümbdte Scammonium uns bekandt sey / indem das gemeine / so man in den
Apothecken findet / viel schärffer und beissender ist / wie der Alten / auch nur zu etlichen
Granen und Gersten-Körner schwer purgiret / da die Alten von dem Ihrigen wohl ein Quint
gegeben; dahero Fallopius de Purg. pag. 129. sich auch nicht darein finden kan / daß / da er
einmahl eine Untze davon gegeben und sie nicht purgiren wollen / andere von etlichen Granen
beweget worden; welches doch von unterschiedlicher Güte auch herrühren können. Es sey ihm aber
/ wie ihm wolle / so dienet dieses zum wenigsten darzu / daß / weilen das Scammonium von den
Betrügern offt auß der Wolffs-Milch und anderen gantz giftigen Kräutern (dessen obgemeldter
Pomet ein sehr merckliches Exempel l. c. erzehlet) nachmachen / die Materialisten sich wohl
fürsehen und bestreben sollen / daß sie das rechte und unverfälschte überkommen und führen
möchten.
§. 3.
Ingleichen sollen sich rechtschaffene Apothecker angelegen seyn lassen / immer das Feine /
und nicht das Mittelmäsige Scammonium zu kauffen / welche beyde Sorten immer bey den
Materialisten zu finden find; weiche letztere entweder alt / verlegen oder schwartz / schwel /
steinicht / weich und unrein ist / dergleichen das Smyrnische Scammonium zu seyn pfleget; da
hergegen das Aleppische mehr graulicht / als schwartz / leicht / zart / nicht zu hart seyn /
und wann ein wenig davon gebrochen wird / durchsichtig scheinen muß / auch sich wie ein Pech
gleich zerreiben lässet / wie Schurtzius in seiner Material- Kammer pag. 80. berichtet. Daß
aber einige Materialisten / als Marxius in der Material- Kammer pag. 181. ja Doct. Schroederus
selbsten pag. 243. dieses auch vor eine Probe halten wollen / daß das rechte Scammonium, wann
man ein wenig davon käuet / einen Milchweisen Schaum geben müsse / ist sehr gefährlich und
betrüglich / indem dieses mehr eine Anzeige ist / daß es mit der Wolffs-Milch verfälschet sey /
wie Sim. Paulli in Quadrip. Bot. pag. 470. lehret / absonderlich / wann es zugleich auff der
Zunge brennet. Vielmehr wird die Feine / so man ein wenig davon leckt / alsobald blau / nach
Schurtzii Meynung l. c. welches ein gute Anzeigung ist / absonderlich so man davon auff die
Hand speyet und das Pulver graulicht sihet / auch bitter schmäcket / wie Pomet c. l. weiteren
Unterricht gibt: Welcher zugleich diejenige / so gantze Beutel voll davon kauffen / warnet /
daß sie Achtung geben / daß die unterste / wie die öberste sey / indem die Morgenländer offter
das zusammen gerolte Scammonium mit Kohlen / Stein / und dergleichen anfüllen: Andere aber mit
dem Colophoniô verfälschen; dahero das Scammonium ein rechtes Auffsehen und Verstand im Kauffen
brauchet / wie Marxius cit. loc. pag. 182. wohl erinnert.
§. 4.
Seine Qualitäten betreffend / so purgieret es alle wässerichte / gallicht- und schleimichte
Feuchtigkeiten auß dem Leib / in welchem es einen gewaltigen Auffruhr erreget; weßwegen es auch
nicht leicht allein von gewissenhafften Medicis verschrieben / sondern nur andern gelinderen
Purgier-Mitteln pro Stimulo oder zur Beyhülffe gegeben wird; ja es wird nicht einmahl also rohe
/ sondern / wann es zuvor corrigiret ist / gebrauchet / welches entweder durch einige sauere
Säffte / als Citronen- und Quitten-Safft (dahero das DIAGRYDIUM) oder durch den Schwefel-Rauch
/ wie in dem SCAMMONIO SULPHURATO zusehen ist / geschiehet / welche beyde auch in wenigen
Granen andern beygesellet werden. So kan man auch mit dem rectificirten Brandenwein ein
EXTRACTUM darauß haben / dessen ???x. ohngefehr auß einem Pfund gebracht werden können / wie
der Apothecker VielHeur l. c. pag. 152. auffgezeichnet hat.
§. 5.
Weilen im übrigen einige von eben dem Tithymalo oder Wolffs-Milch / wormit das Scammonium
offt verfälschet wird / auch ein ander dergleichen Medicament / so
GUMMI GUTTAE
heisset / herleiten / wollen wir dessen auch hier mit wenigem gedencken. Solches ist ein
hartes / doch glattes und Gold-gelbes hartzichtes Gummi / so einen scharffen und sehr widrigen
Geschmack hat und auß Ost-Indien in hohlen Röhren / wie Würste / oder in grossen / wie ein
Türckischer Turban herumb gewickelten Stücken / gebracht wird.
§. 6.
Von was für einem Gewächs aber dieses Gummi herrühre? davon sind von langen Zeiten her viele
Meynungen gewesen. Jacob Bontius, ein Indianischer Medicus, schreibet in Not. ad Garc. und in
seinem Method. Med. Ind. cap. 9. daß er von der Javanischen Wolffs-Milch herrühre / welchem
nebst andern Mer [385] ret in seinen Anmerckungen über des Neri
Glaßmacher-Kunst pag. 307. wie auch Wormius in Mus. Beyfall geben. C. Hoffmannus vermeynet in
Tract. de Med. Offic. pag. 27. es käme von den Zecken. Körner her / und wie Ettmüllerus in
Comment. Schroed. pag. 759. glaubet / auß deren Gewächs / nemblich dem Ricino Jndico. Hergegen
setzet Pomet in seiner Material Kammer p. 240. ein ander seltzames Kraut / so weder Blätter /
noch Blumen hat / darvon nach seiner Meynung / (welche / wie es scheinet / ihm die Siamische
Gesandschafft / deren Bediente eine quantität Gummi Guttae mitbrachten / vorgeschwätzet haben)
herfliesse. Allein nunmehr hat man beffere Nachricht / daß dieses Gnmmi vielmehr auß einem Baum
dringe / welcher Früchte / wie Pomerantzen träget und unter dem Nahmen Cuddam-pulli im ersten
Tomô des Horti Malabarici Fig. 24. pag. 41. abgebildet und vom Rajo in Hist. Pl. pag. 1661.
beschrieben wird; wiewohl Doct. Syen in seinen Anmerckungen über gemeldten Hortum Malabaricum
dieses vor eine eigene Art halten / und von dem gemeinen / so auß einer frembden Wolffs-Milch
entspringe / unterterscheiden will / wie Sam. Dale in seiner Pharmacologiâ pag. 438. in Obacht
genommen hat.
§. 7.
Das besie muß schön hell / glatt / gelb und nicht sprenglicht vermischt seyn / wie Marxius in
seiner Material - Kammer pag. 100. zeiget. Zuweilen findet sich ein rothes / clares und
durchfichtiges Hartz in den gantzen Stückern / wie die Aloes Socoterina anzusehen / welches /
so schön es auch scheine / nichts tauget / und weilen es so keine schöne Farb / wie das rechte
gibt / zuverwerffen ist / wie Pomet l. c. pag. 240. lehret. Hoffmannus hat in seinem Clav.
Schroeder. pag. 636. noch eine andere Prob / indem er setzet / daß wann man das rechte Gummi
guttae anstecke / es ein blaulichte Flamme gebe und eine schwartze Asche zurück lasse.
§. 8.
Seine Kräfften kommen beynah mit dem Vitro ???. überein / indem es über und unter sich
purgiret und alles überflüssige und böse Gewässer gewaltig auß dem Leibe treibet; weßwegen es
in der Wassersucht / Grätze und dergleichen Kranckheiten mit Bedacht kan gebrauchet werden. Daß
es aber die Landstricher / Bader und dergleichen Gesindel also ohne Unterscheid hingeben / ist
ein schädlicher Mißbrauch / wodurch manche schlaffen geleget werden. Die Mahler brauchen es am
meisten / weilen es eine Dotter-gelbe Farb gibt und zur Mignatur - Arbeit dienlich ist. Wer
aber ein mehrers darvon wissen will / kan sich des Castelli Tract. de Guttâ Gambodiâ zulegen /
auch was Doct. Reudenius und Hoechstetterus (welche vor diesem einen grossen Disputat darüber
gehabt) davon in einem eigenen Buch geschrieben haben / lesen.
|| [386]
§. I.
DAs Drachen-Blut
oder
SANGUIS DRACONIS
ist ein dunckel-rothes hartz / welches am Feur gleich schmeltzet und sich entflammet / auch
durch das Reiben ein Blut-rothe Farbe von sich gibt / eines hartzicht- und anhaltenden
Geschmacks: Kommet meistens aus West - Indien von der Insul Socotera, Madagascar und andern
Canarien - Insulen; wiewohlen in Ost - Indien dessen auch viel zu finden ist.
§. 2.
Dieser Safft soll nach der gemeinesten Meynung auß dem so genandten Drachen-Baum oder DRACONE
arbore fliessen / welcher so genennet wird / weilen in der Frucht von der Natur die Figur eines
Drachen soll abgebildet seyn / wie Manardus selbsten geschrieben; wiewohlen Clusius in seinen
Anmerckungen über gemeldten Scribenten versichert / daß er solches niemahlen in der Frucht habe
finden können / wie in dessen descr. Rariorum Plantarum lib. I. cap. I. zu ersehen ist. Dahero
auch Flacourt in der Beschreibung der Insul Madagascar solches vor einen Aberglauben hält / wie
im Anhang dieses Buchs im VI. Ost-Indianischen Sendschreiben zu sehen ist. Mit gewisserem Grund
aber wird er von Herrn Commelin. in Hort. Ambstel. unter die Palmen gerechnet / und wellen er
lange spitzige Blätter / wie die Schwerteln / oder die Jucca gloriosa hat / von demselbigen
Palma Prunifera Fol. Juccae genandt worden: Hat sonsten einen dicken Stamm / auff welchem acht
oder neun Aeste / etwa zweyer Ehlen hoch / ohne Blätter / gantz nackend stehen / welche sich
oben wieder in drey oder vier andere dergleichen / aber nur eines Ehlenbogens hoch und eines
Arms-dick / zertheilen / worauß sich die spitzige lange Blätter in die Höhe schwingen / so
einer Ehlen hoch und eines Daumens-dick / in der Mitten mit einer Linien durchzogen und auff
der Seiten etwas röthlich find / auch immer grün bleiben. Unten an den Aesten hänget die Frucht
Trauben weiß / welche gelb und einer Kirschen groß ist / am Geschmack sauer / mit einem dunnen
Häutlein bekleidet und inwendig mit einem steinichten Kern / wie die Kirschen versehen / wie
Theod. Tahernaemont. alles auß obgemeldten Clusio gar deutlich im dritten Buch von den Kräutern
pag. 687. beschrieben hat. Ob es aber in den Canarien-Insulen noch andere Bäume gebe / welche
ein gleiches Gummi zeugen und so / wie sie Pomet in obiger Figur abgerissen / anzusehen seyen?
will eben nicht widersprechen / indem auch in Ost- [387] Indien dergleichen
Hartz von verschiedenen Bäumen gesamlet wird.
§. 3.
Auß dem Stamm dieses Baums / welcher sehr rauh und gerissen ist / soll in den Hunds-Tagen das
obgemeldte Gummi fliessen / so man Drachen-Blut nennet / welches die Einwohner vor diesem in
die Blätter des Drachen-Baums eingewickelt / und in der Grösse eines Tauben-Eyes herauß
geschicket haben sollen / wie jetztgemeldter Pomet pag. 260. seiner Material-Histoire
berichtet. Heut zu Tag aber kommet dasselbige in länglichten kleinen Stücklein / wie der
Ohr-Finger / (deren jedes ohngefehr anderhalb Quint wieget) mit Blättern umbgeben / wie nicht
allein jetztgemeldter Materialist / sondern auch Wormius iu Museo pag. 229, bezeuget. Weilen
aber zuweilen in dem Außfliessen sich einige Unreinigkeiten untermengen / machen die Einwohner
noch ein sehr feines und lauteres Drachen-Blut daraus / welches in Schlotten oder Röhren kommet
/ wiewohlen solches auch aus den grossen Broden / so auß Africa kommen / in Teutschland gemacht
wird / wie Marxius (welcher es selbst machen helffen) in seiner Material-Kammer pag. 180. 181.
schreibet: Und will Hoffmannus Clav. Schroeder. pag. 599. davor halten / daß es also gemacht
werde / wann das erste mit dem Spiritu Vini auffgelöset und wieder inspissiret werde / indem
dieses Drachen - Blut in Brandtenwein so balden eine Blut-rothe Tinctur von sich gebe.
§. 4.
Daher komt es nun / daß man zwey biß drey Sorten von dem Drachen-Blut bey denen Materialisten
haben kan / nemblich das granulirte oder in granis, und das Feine oder Sanguinem Draconis
Finum. Auß welchen noch ein geringere Art gemacht und in Brodte formiret wird / welche Sang.
Draconis in pane, oder / weilen es selten pur gelassen / sondern mit dem Arabischen Gummi (wie
obgemeldter Marxius c. l. schreibet/) und andern dergleichen vermenget ist /
SANGUIS DRACONIS FACT ITIUS
genennet wird / welcher auch dunckel-roth und so wohl außwendig / als inwendig / wie Hartz
gläntzen thut. Ja Pomet will gar versichern / daß eine Art Drachen-Blut auß Holland komme /
welche vor nichts anders / als bloß Gummi Arabicum, so mit Brasilien-Holtz roth gefärbet sey /
zu halten wäre; welches man auff dessen Verantwortung lässer ankommen. Indessen hält auch Joh.
van Bevervvyck dafür / daß unser Sanguis Draconis nichts anders sey / als Bocks-Blut / so mit
Bolo und Esch-Rößlein Safft vermischet sey / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien
pag. 150. in Acht genommen hat.
§. 5.
Das beste soll seyn / welches in Granis und mit Blättern umbwickelt kommet / welche klar
durchsichtig / mirb und schön roth seyn müssen. Weilen aber solche sehr rar sind / kan man sich
der zweyten Sorten bedienen / welche der ersten nahe kommen / schön klar und hoch-roth im
Zerreiben und leicht zu zerbrechen seyn muß. Die beyde letztere Sorten aber haben weder Farb /
Geschmack / noch andere Tugendten des rechten Drachen-Bluts an sich / und werden derowegen
nicht allein von den Medicis, als Ettmüllero in Comment. Schroeder. pag. 720. sondern auch den
Materialisten / als Pomet pag. 261. c. l. gäntzlich verworffen.
§. 6.
Soviel findet man von dem Ursprung und Unterscheid des Drachen - Bluts / sowohl in der
Medicorum, als der Materialisten Schrifften: welchem allem doch Herr Joh. Gottfried Vitus,
berümbdter Materialist zu Wormbs (welcher / ehe er in Ost - Indien gereisset / schon viele Jahr
bey der Handlung gewesen und also desto genauer darauff inquirirete) gäntzlich widersprichet
und versichert / daß das Drachen-Blut oder Sanguis Draconis von keinem Baum / sondern von einem
dicken Rieth oder Rohr herrühre; welches so blosser dings zu glauben nicht getrauet hätte /
wann nicht eben dieses in Herrn Rumphii, des sehr gelahrten Botanici, Ost-Indischen
Send-Schreiben / an den Ober-Kauffmann Herbertum de Jager, de dato Amboina Victoria d. 15.
Septembr. 1689. gefunden hätte / welcher das Rohr in einem andern Brieff Palmi-Juncum nennet /
weilen es lange schmale Blätter hat / wie die Palmen. Dieses Rieth PALMI-JUNCUS nun wächset
auff der West-Küst in Sumatra, und hat an seinen Geleichen nicht allein das junge Rieth /
sondern auch obgemeldte Blätter / wie auch böse Dornen mit den kleinen Knöpfflein / oder
Früchten wie Klicker / so geschilfft und schuppicht hervorkommen / geschlossen sind und
inwendig einen Kern haben: Außwendig aber sitzet der Sanguis Draconis, von welchem die rothe
Flecklein herrühren / welche zuweilen an den Stäben oder so genandten Spanischen Rohren / so
darvon geschnitten werden / gesehen wird: und weilen obgemeldte Früchte den Thannen-Zäpfflein
etwas gleich kommen / so wird das Gewächs auch von andern PALMA - PINUS, wie auch PALMA
CONIFERA SPINOSA genennet / dessen vollkommene Beschreibung Herr Doct. Kempffer in seiner Dec.
Obs. Exot. [388] §. 5. gegeben / welche auch im Anhang dieses zweyten Buchs
verteutschet zu finden ist. Von diesem Sanguine Draconis haven sie in Ost-Indien vier Sorten /
worunter die erste und allerbeste an Fingers-langen Stücklein / in gantz grünen Blättern / so
immer also grün bleiben / kommen / ohngefehr fünff Zoll lang / und wigen ¼. Pfund / an drey
Untzen: gibt die allerhöchste Farb. Die zweyte wird in Büschlein mit Graß umbgeben und mit
Korteln gebunden / an langen Schnüren / so etliche Ehlen lang / gebracht / und wieget eines
ohngefehr ???. Die dritte Sort ist in Taffeln / von ohngefehr 1. Pfund / auch zuweilen an
grössern Stückern / wo das Gesicht die Feinigkeit gibt. Die vierdte kombt in grossen Massen
oder Stücken / von einem halben / biß gantzen Centner / welche aber unsauber / dunckel und
grummelicht ist. Bißdaher obgemeldter Herr Vitus, so umb bessern Bericht zu haben / einige Tage
bey mir gehabt.
§. 7.
Ob nun nicht zu zweifflen / daß sich die Sache hiermit also verhalte / so ist doch nicht zu
läugnen / daß das Drachen-Blut auch noch auß andern Bäumen / so einen blut-rothen Safft von
sich geben / herrühren und fliessen könne / indem Flacourt in seiner Histoire de Madagascar
pag. 135. & seqq. wohl drey dergleichen Bäume erzehlet / dessen Worte im Anhang
dieses Buchs / im sechsten Ost - Indianischen Send-Schreiben zu finden sind: in welchem der
Herr de Jager auch bewiesen / daß ein dergleichen Sanguis Draconis auß dem Baum des Caliaturs -
Holtz oder Santali rubri schwitze und seinen Gegentheil / den Herrn Kumphium / soweit gebracht
hat / daß er endlich im folgenden siebenden Send - Schreiben zugibt / daß auch auß andern
Gewächsen dergleichen Sanguis Draconis dringen und quellen könne / weiches ingleichen
obbelobter D. Kempfferus in seiner Beschreibung des Dsjerenang gleich im Anfang erwehnet / und
also die Sach sich wohl conciliiren lässet.
§. 8.
Den Nutzen und Gebrauch des Drachen-Blutes anlangend / so ist dasselbe bey denen Alten in
grossem Gebrauch gewesen und wurde vor den rechten Zinnober des Dioscoridi??? gehalten. Der
wahre und auffrichtige Sanguis Draconis muß eine kühlende / truckende und zusammenziehende
Krafft haben / wormit er gegen die rothe Ruhr / Blut -Stürtzungen und starcke Flüsse innerlich
/ und gegen alle Verwundungen eusserlich dienlich seyn soll / wie Schroederus und andere
bezeugen. Weilen aber solche Qualitäten an unserm Drachen-Blut langsam zu finden sind / und
also umb deswegen derselbe verdächtig scheinet; so brauchet Ettmüllerus l. c. an dessen Stell
das Extract von der Tormentill - Wurtzel / welches fast einerley Farb und consistentz haben
soll. Doch werden zuweilen die Zahn - Pulver noch darmit gefärbet; wie dann auch die rothe
Höltzlein / welche als Zahnstörer gebrauchet und der Compagnie auß Indien / unter dem Nahmen
Bois de Palile gebracht worden / in dieses Gummi eingedunckt werden / wie Pomet loc. cit.
berichtet. Sonsten wird das Drachen-Blut sehr zu der Mahlerey gebraucht / und wird deswegen in
Nürnberg / allwo gar schöne und fast unvergleichliche Künste und Farben damit getrieben werden
/ jährlich eine grosse Quantität darvon verthan / wie Marxius, der Nürnbergische Materialist l.
c. bezeuget. Absonderlich aber brauchet man denselben zu der so genandten Lack-Kunst / deren
Beschreibung bey Erörterung des Gummi Laccae geben werde. Nicht weniger brauchen es auch die
Glaß-Mahler / in dem es dem Glaß eine schöne und blut-rothe Farbe giebt.
|| [389]
§. I
DEr Acacien-Safft
oder
SUCCUS ACACIAE,
sonsten auch AEgyptischer Schotten-Dorn-Safft genandt / ist ein röthlich / brauner und dicker
Safft / eines herben und anziehenden Geschmacks / welcher in dünnen Blasen eingefasset und zu
runden Bällen / deren jeder 4. bißweilen auch 6. biß 8. Untze wieget / auß AEgypten über
Massilien und andere Orten gebracht wird / wie Charas in Beschreibung der
Theriacs-Ingredientien cap. 69. pag. 221. berichtet.
§. 2.
Das Gewächs / worvon dieser Safft herrühret / wird insgemein Acacia AEgyptiaca genennet und
von vielen Authoren vor einen Baum / von andern aber besser vor einen dornichten Strauch
gehalten / dessen Abbildung (welche oben zu sehen) von Herrn Herberto de Jager dem berümbden
Cleyero in Ost-Indien mitgetheilet und von diesem den Miscell. Acad. Germ. Cur. Dec. I. A. III.
pag. II einverleibet worden; und weilen dieselbe sowohl mit derjenigen Acaciâ Verâ, welcher der
Cardinal Farnesius vor diesem zu Rom in seinem Garten gehabt und Aldinus in Hortô Farnesiano
beschrieben / übereinkommet / auch des Hernandez Figuren / so in dessen Hist. Rerum Med. Nov.
Hisp. pag. 59. 453. 866. zu finden sind / sehr gleich scheinet: als hat man desto weniger
Ursach daran zu zweifflen.
§. 3.
Ob aber dieser Safft auß der Frucht dieses Gewächses (welche den Lupinen gleichen soll / und
von Wormio in Mus. pag. 178. beschrieben wird) oder auß den Rinden und Blättern gezogen werde /
ist noch etwas ungewiß. So sind auch die Materialisten wegen der eusserlichen Farb noch nicht
eins / indem viele sagen / der Succus [390] Acaciae müsse schön roth seyn /
und je höher an der Farb / je besser / gehalten werden / wie Charas c. l. schreibet: Andere
hergegen / als Pomet in seiner Hist. des Drogues pag. 301. mehr von dem braunen halten /
welcher besser gekocht und von den zeitigen Früchten gemachet sey / da der rothe von den
unzeitigen herkomme. Beyde aber halten den vor den besten / welcher dicht und hart / schwer /
und wann man mit dem Hammer auff die Bälle schläget / leicht von einander springe / auch
außwendig sauber / inwendig aber gläntzend außsehe.
§. 4.
Seine Qualität und Gebrauch betreffend / hat er eine kühlende und anhaltende Natur / wird
aber langsam verschrieben / sondern nur bey Aufflegung des Theriacs auffgesuchet / da er von
dem eusserlichen Bläßlein zu reinigen / in Wasser zu solviren / durchzuseyen und wieder
abzurauchen ist / wie Charas cit. loc. unterrichtet. Daß man ihn aber in allerhand Formen
zudrucken und bey der Dispensation des Theriacs auffzusetzen pflege / hält Pomet loc. cit. vor
einen ohnnöthigen und theils betrüglichen Pracht.
§. 5.
Gleich wie nun dieser Succus immer zuverstehen / wann der Acacien schlechter-dings und ohne
Beynahmen gedacht wird / wie Doct. Simon Paulli in Quad. Bot. pag. 13. errinnert: Also pflegt
man in dessen Ermangelung den Safft von dem gemeinen
Schlehen-Dorn
oder
ACACIA GERMANICA
zu substituiren / wie Schroederus in seiner Pharmac. l. 4. pag. 5. gestehet; welches doch
Charas und andere widerrathen / indem man heut zu Tag an der Acacia Vera keinen Mangel hat.
Doch wird unser Schlehen-Safft / wie der vorige auch in Blasen gefasset und verführet / siehet
aber schwartz und wie das Extractum Liquiritiae auß und adstringiret gar sehr.
§. 6.
Weilen in übrigen das so genandte
Arabische Hartz
oder
GUMMI ARABICUM
von eben diesem Gewächs / da der AEgyptische Schotten-Dorn-Safft herrühret / fliessen soll /
kan man dasselbige hier nicht wohl vorbey gehen: Ist ein weiß-gelbes / hell und
durchscheinendes Gummi / eines wässerichten und schleimichten Geschmacks / und wird zuweilen
gantz klein zerstückelt in grossen Fässern gebracht / welches selten unverfälschet / auch sehr
unrein ist / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 20. berichtet.
§. 7.
Ob man nun heut zu Tage dieses Arabische Gummi recht und auffrichtig haben und in den
Apothecken finden könne / wird nicht allein von den Medicis in Zweiffel gezogen / wie auß dem
Appendice Schroed. pag. 3. zu sehen / sondern es gestehen auch einige rechtschaffene
Materialisten selbsten / daß es so rar worden / daß man auch in grossen Fässern fast keines
mehr finden könne / wie Pomet in seiner Frantzöischen Material-Kammer pag. 241. ohngefoltert
bekennet: Indem dasjenige / was unter diesem Nahmen verkauffet wird / entweder ein Mischmasch
von allerhand Gummi von Pfersing-Kirschen- und Pflaumen-Bäumen ist / wie Doct. Wormius in Mus.
pag. 219. und Ettmüllerus in Comm. Schroel. pag. 692. vermeinen: Oder wann es hoch kombt / das
so genandte
GUMMI SENICA
oder
GUMMI DE SENEGA
ist / welches auß Guinea an dem Fluß Senega gesamblet wird / und ob es zwar auß viel
grösseren / außwendig raubern und gelberen Stücken / als das rechte Arabicum, bestehet / doch
nicht allein zu Pariß / sondern auch in Engeland und anderstwo vor das Arabische verkauffet
wird / wie Sam. Dale pag. 463. Pharmacologiae berichtet; welches dann desto eher zu dulden wäre
/ wann man nur das weisseste und schönste davor außgeben thäte / so dem Gummi Arabico am
meisten gleichet / und derowegen auß dem Gemeinen oder in Sortis offters außgelesen wird / wie
Pomet cit. loc. schreibet: allwo zugleich ein weitläufftiger Bericht zu finden / wie die
Frantzöische Compagnie solches einhandele und was sie von den Wilden erdulden müsse / worvon er
noch weiter im Anhang ermeldten Buchs pag. 15. handelt.
§. 8.
Hieraus hat nun nichts anderst folgen können / als daß verschiedene Sorten von dem Gummi
Arabico entstanden seyen / deren bey unsern Materialisten zum wenigsten zwey / als das weisse /
oder GUMMI ARABICUM ALBUM, und das Gemeine oder ARABICUM IN SORTIS gefunden werden; über [391] welche Pomet loc. cit. noch einige mehr erzehlet / welcher vier Species
benambset / nemblich I. GUMMI VERMICULATUM, welches wie ein Wurm gedrehet / also von dem
Gewächse fliesset und insgemein schön hell und weiß ist. 2. Dasjenige so er TURIS nennet /
welches das rechte Arabische ist / so bey feuchtem Wetter von der Acacia fliesset / in gewissen
Gefässen auffgefangen / in grossen Stücken nacher Massilien gebracht / und weilen es auch klar
und schön / von den Seiden-Färbern zu Lyon sehr verthan werde. 3. Das GUMMI ANGLICUM oder
Englische Gummi / welches auß dem Arabischen oder Senicanischen (so in Wasser auffgelöset / zu
einer Mass formiret und in Stücker geschnitten wird) bestehet und wie Holländischer Leim
anzusehen ist / wormit die Perruquen-Macher die Haar frisiren / dahero es Frisir-Gummi genennet
wird. 4. Das GUMMI de SENEGA, dessen oben gedacht worden.
§. 9.
Das beste ist / welches schön weiß / klar und durchsichtig wie ein Glaß / sauber / im Mund
leimicht und schleimicht / dicht / gläntzend und bey nah ohne Geschmack scheinet. Noch besser
und schöner aber ist es / wann es wie gekrümbte Würmlein außsiehet / welches Charas vor andern
zum Theriac erwehlet / wie in dessen Beschreibung der Theriac-Ingredientien pag. 214. zu sehen
ist.
§. 10.
Seinen Qualitäten nach erweichet und besänfftiget es die scharffe Flüsse und den Qualst so
anf der Brust sitzet und wird deßwegen zuweilen gegen den Husten und rauhen Halß / Beissen der
Augen / scharffen Urin / rothe Ruhr und dergleichen gebrauchet: Mehr aber zur Dinten gesuchet /
indem es verwehrt / daß solche nicht durchschlage. So brauchen es auch andere Künstler / zum
frisiren / steiffen und dergleichen; worzu doch auch
der Land-Gummi
von Kirch- und Pflaumen-Bäumen dienlich ist / welches fast eben diejenige Tugenden hat /
welche dem Gummi Arabico beygeleget werden.
|| [392]
§. 1.
HYPOCISTIS ist ein dicker schwartzer und etwas hartzichter Safft / eines herben / sauren und
zusammenziehenden Geschmacks: Wird meistens auß der Provintz Languedoc in Franckreich herauß in
Teutschland gebracht.
§. 2.
Das Gewächs / worvon er herrühret / bestehet auß kleinen Sprößlein / so unten auß der Wurtzel
eines kleinen Sträuchleins / CISTUS genandt / hervorsprossen / wie oben auß der Figur zu
ersehen ist. Dieser Cistus aber / so weise rauhe Blätter und Purpur-farbichte Blümelein hat /
wächset häuffig in der Provence und umb Languedoc, wie auch auff den Bergen umb Padoa, in
Italien / auß dessen Wurtzel ohngefehr im Majo dergleichen Außsprossen hervorkommen / welche
gelbicht und mit dunckeln Unterscheidlein gleichsam in Schuppen und Knöpfflein unterschieden
und wie Schuppen-Wurtz anzusehen sind: In der Grösse eines / zweyen / biß drey Daumen groß /
unten dünner wie oben / voller Safft / welcher darauß gepresset und hernacher in geglassurten
Hafen eingekochet und inspissiret wird / wie Charas in Beschreibung der Theriacs-Ingredientien
pag. 211. alles schön beschrieben hat.
§. 3.
Der beste Safft hiervon muß dick / dicht / gläntzend-schwartz / wie Süßholtz-Safft / recht
anhaltend- und zusammenziehender Krafft / auch nicht verbrennet seyn; und obschon derselbe wohl
zu haben und nicht leicht zu besorgen / daß er verfälschet werde / so muß er doch gereiniget
und durch solviren / filtriren und dergleichen von seinem Unrath gesaubert werden / ehe er zum
Theriac genommen wird / in dem diejenige / so ihn in Franckreich praepariren / offters nicht
accurat und sauber damit umbgehen / wie nicht allein gedachter Charas, sondern auch dessen
Mitt-Bürger Pomet lib. 7. Hist. Gen. Simpl. pag. 301. gestehen.
§. 4.
Seinen Qualitäten nach komt er sehr mit der Acacia vera (welche demselben auch zuweilen
substituiret wird) überein und stillet wegen seiner anhaltenden Krafft alle Bauch-Blut- und
Mutter-Flüsse / übermäsiges Brechen / Blut-Speyen und dergleichen: kommet nicht allein zum
Theriac / sondern auch zu andern alten Compositionen / so wohl innerliche v. g. Diacydon.
Trochisc. de Carabe, Diacorallin. &c. als eusserliche / nemblich Unguent.
Comi [393] tissae und dergleichen; Wie es dann auch in dasjenige
Bruch-Pflaster / welches bey des Prieur de Cabriere Cur / so auff des Königs in Franckreich
Befehl herauß gegeben und von uns anderstwo beschrieben worden / gemischet wird.
§. 5.
Sonsten hat man noch eine andere und frembde Art von dem Cisto, welchen die Botanici Cistum
Ledon foliis Laurinis heissen: Soll in der Insul Eypro / Lybien und Arabien wachsen / auch in
der Insul Creta in grosser Menge auff den Bergen stehen / wie Cyprianus Eichovius in seiner
Reiß-Beschreibung pag. 511. bezeuget / auch zugleich berichtet / daß hiervon das
GUMMI LADANUM
mit sehr grosser und saurer Mühe gesamlet werde / welches daher meistens überbracht wird /
und ein schwartz-grauer / rauber und wohlriechender Safft ist / so in unterschiedener Form und
Gestalt kommet.
§. 6.
Wie und welcher Gestalt aber dieses Ladanum gesamlet und accommodiret werde / davon sind
verschiedene Meynungen. Viele halten mit dem Dioscoride davor / daß es von dem Bart und Haaren
der Böcken und Geisen / welche die hartzichte Blätter ermeldten Cisti abweideten / abgekammet
werde. Allein andere / als Ettmüllerus in Comment. Schroeder. pag. 704. halten dieses vor ein
rechtes Mährlein / indem das Ladanum in kleinen Glundern auß den Blättern dringe und von dem
eusserlichen Thau gleichsam extrahiret / nachmahlen abgeschüttelt und auffgetrucknet werde; und
weilen es leicht geschehen kan / daß dieses zähe Wesen sich umb die Mäuler der Böcke und Geisen
anhänge / wann sie früh an diese Sträuchlein gerathen / so ist man ohne Zweiffel auff den
irrigen Wahn kommen / daß dieses Gummi gleichsam ein Kamm-Fett von den Bocks-Haaren seye; es
kan auch dieser Meynung damit nicht geholffen werden / daß zuweilen vieles haarichte Wesen
unter dem Ladano gefunden werde / indem solches leichter auß den Ebris und Zasern der Blätter
entstehen mag / indem ohne Zweiffel die Einwohner den Safft offt mit Gewalt herauß zwingen und
also dergleichen Zasern darunter kommen können / weilen obgemeldter Eichovius meldet / daß das
Ladanum mit seht grosser Mühe (intolerabili labore) gesamlet werde: Und zeiget die schwartze
couleur, daß dieser Safft auch etwa durch das Feuer gehe und wie andere succi inspissiret
werde.
§. 7.
Hierauß ist nun leicht zu schliessen / was von demjenigen Unterscheid zu halten / welchen die
Materialisten unter dem Bart-Ladano oder LADANO de BARBA und LADANO de CYPRO (welches andere
auch Ladanum in-Tortis nennen) zu machen pflegen? welche nur an der Güte und Sauberkeit
differiren / und beyde von dem Sträuchlein / nich von den Bärten herrühren. So hat man sich
auch an die eusserliche Form und Gestalt des Ladani, ob es in gekrümten Spiris, wie das
Eyprische / oder dicken Stücken / wie das Barth. Ladanum bestehe? sonderlich nicht zu kehren /
in deren Erwehlung ich bey denen Materialisten widrige Meynungen finde: Nur gebe man Achtung /
daß es sauber und nicht mit Sand und anderen Unreinigkeiten vermischet / auch weich /
wohlriechend / leicht / feist und schwartz-grünlicht seye / wie Marxius in seiner
Material-Kammer pag. 110. schreibet.
§. 8.
Seine Kräfften sind erwärmend und zertheilend: Temperiret die scharffe Flüsse / weilen es
zugleich eine vim anodynam, oder stillende Kraufft haben soll / weswegen Hoffmannus auch
innerliche Fluß-Pillen darauß machet / welche in dessen Clavi Schroederianâ pag. 586. zu finden
sind. Doch ist hier des Sim. Paulli Warnung nicht in Wind zu schlagen / daß man nicht das
Laudanum opiatum pro Ladano nehme / wie in dessen Quadr. Bot. pag. 50. zu sehen ist. Eusserlich
aber kommet es unter die Fluß-Pulver und andere Rauch-Wercke / so gar / daß es auch zum
Schlag-Balsam genommen wird / welcher seine couleur dem Ladano zu zuschreiben hat. So ist auch
dieses Gummi gar heilsam und zu den eusserlichen Wunden dienlich; weswegen diejenige / so das
Ladanum colligiren / solches zerlassen / durchseyhen und zu einem dicken Balsam machen sollen /
welchen man den schwartzen Balsam / oder auch
LADANUM LIQUIDUM
nennet und zuweilen in sehr dünnen Blaßen oder Häutlein herausser schicket / dessen sich die
Parfumeurs in Franckreich und Italien bedienen / wie Pomet in seinem obgemeldtem Buch pag. 36.
Lib. 1. berichtet; Wiewohlen er selbsten gestehet / daß er wenigen Materialisten bekandt und
wegen seines grosses Preyses nicht in Handlung geführet werde / ausser daß einige denselben vor
die schwartze Amber verkauffen sollen.
|| [394]
§. 1.
DER AEgyptische Mohn-Safft
oder
OPIUM THEBAICUM
ist ein schwerer / dicht- und dicker Safft / so theils hartzichter / theils gummichter Natur
ist / eine schwartz-braune Farb / scharffen und bittern Geschmack / auch einen widrigen und
Schlaaffbringenden Geruch hat: wird auß der Türckey an Stückern / so ohngefehr einer Faust groß
sind / mit Magsaamen-Blätter umbgeben / in kleinen Kirsten oder Fäßlein herausser gebracht.
§. 2.
Die Mohn-Köpffe / worvon er herrühret / sind jederman bekandt / und weilen das Papaver Nigrum
eben so kräfftig und safftig / als das Papaver Album, wollen wir uns nicht viel bekümmern ob
das Opium von diesem oder jenem fliesse / wiewohlen die meinste Scribenten darvor halten / daß
es von dem weissen Magsamen herrühre / absonderlich von den sehr grossen Köpffen / welche in
Türckey gezogen werden. Auff was Art und Weiß aber solche erzielet und der Safft heraus
gebracht werde / beschreibet Bellonius lib. 3. Obs. cap. 15. dessen Worte / wegen Kostbarkeit
und Rarität dieses Buchs / D. Simon Paulli in seinem vierfachen Kräuter-Buch pag. 419.
weitläufftig angeführet hat. Es ziehen nemblich die Türcken gantze Aecker voll weissen Magsemen
und sähen ihn / wie wir den Wäitzen / doch nur soviel / als jeder mit seiner Familie beringen
kan. Wann nun die Köpffe an dem Mohn formiret sind / ritzen sie solche / daß der Safft wie
Milch heraus schwitze / welchen sie etwas hart lassen werden: da dann einige zwey / andere
sechs / andere mehr Pfund samblen; dahero das OPIUM in so grosser Menge allda gesamblet wird /
daß / wie solches ein Kauffmann berichtet hat / Jährlich biß 50. damit geladene Cameelen in
andere Länder geschicket werden. Allwo doch zu mercken / daß dieses rechte und veritable Opium
oder Amphien / welches entweder von sich selbsten oder durch besagte Verwundung auß den Köpffen
geflossen / langsam oder gar nicht zu uns Europaeern gebracht / sondern von den Türcken und
Persianern zu ihrem täglichen Gebrauch behalten werde; an statt dessen sie einen andern
dergleichen Safft auß den Köpffen und Blättern zu pressen und zu kochen wissen / welcher
sonsten eigentlich MECONIUM genennet wird / und dasjenige ist / was vor das Opium in unsern
Apothecken verkauffet wird / wie nicht allein [395] die Gelehrte / als
Schroederus und dessen Außleger / sondern auch die Materialisten selbsten Pomet pag. 295. in
seiner Material-Kammer bezeugen. Ja sie sollen offt den Safft von einem andern Kraut / so
Glaucium heisset und oben zu sehen ist / darunter mischen.
§. 3.
Daher kombt es nun / daß insgemein drey Sorten von dem Opio gezehlet und beschrieben werden /
nemblich OPIUM ALBUM, NIGRUM, FLAVUM oder der Weisse, Schwartze, Gelbe Mohn-Safft.
Der erste und beste soll der Thebaische seyn und auß Ost-Indien über Cairo am stärckesten
kommen. Der zweyte auß Syrien / Alexandria und Athen / und der dritte auß Cambaja und Decan,
wie Schroederus in seiner Apothecker-Kunst pag.194. auß andern geschrieben hat: Allein
obbelobter Pomet will an gedachtem Ort von dem weissen Opio gar nichts wissen / glaubt auch
nicht daß es in der Welt zu finden sey / weilen die weisse Milch / sobald sie auß en Köpffen
geflossen / die Farb verändert und gelb oder braun wird / welche Farb es auch in Türckey hat /
wie ihm von Alkair geschrieben worden; weswegen er fast unwillig über diejenige ist / welche
von den Materialien dergleichen schreiben / davon sie keine cognoissance, wie die Materialisten
hätten: wiewohlen der Nürnbergische Materialist Marxius dessen auch außtrücklich pag.144.
seiner Material-Kammer gedacht / und also die gute Materialisten auch nicht allemahl ihrer
Sache gewiß seyn. Daß aber zuweilen in einer Rüste zugleich gelb und schwartzes Opium zu finden
und gebracht werde / leugnetet er gar nicht / indem ohne das bekandt / daß dergleichen Säffte /
wann sie älter worden / schwärtzer und truckner werden / ob sie schon von einem Kraut und einem
Ort gekommen sind.
§. 4.
In der Election und Prob des Opii finden sich abermahlen verschiedene Meynungen / indem
einige / als Wormius in Mus. pag. 228. das weisse / oder gelbe wie Löwen-Haar / vor das beste
halten; da hergegen andere dafür halten / daß das gelbe nicht gnug gekocht sey und derowegen
das schwartz- und gantz dunckelbraune erwehlen. Alle aber sind darinnen einig / daß es / so
viel möglich / rein / lauter / nicht sandicht / recht trucken und dicht seyn / auch nicht all
an einem Klumpen hangen / sondern in kleinen Bällen (wie oben gesagt worden) mit Blättern
umbgeben / kom̅en müsse / welches am scheinlichsten ist / absonderlich wann es
inwendig gläntzet / auch einen starcken Geruch hat. Daß aber einige vorgeben wollen / es müsse
sich gantz in Wasser aufflösen lassen und darinnen zergehen / hält Charas, der Parisische
Apothecker / vor irrig / indem Männiglichen bekandt / daß es soviel hartzichtes bey sich habe;
weswegen gedachter Author das Opium, so er zum Theriac gebrauchet / zuvor durch zweyerley
menstrua eröffnet und theils mit Wasser / theils mit Branden-Wein auffgelöset und nachmahlen
zusammen wieder inspissiret hat / von welcher Reinigung des Opii er sehr weitläufftig und
vernünfftig in Beschreibung der Theriac-Ingredientien pag.79. & seqq.
gesprochen hat.
§. 5.
Noch grösseren Disputat gibt es von den Kräfften und Qualitäten des Opii, ob es nemblich kalt
oder warm seye? und ob es durch Erwärmen oder Erhaltung der Beweg- und Lebens-Geister den
Menschen einschläfferen könne? von welchem Streit Döringius in seinem Tract. de Usu
& Qual. Opii pag. 21. seqq. sehr weitläufftig handelt und derjenigen Meynung
vertheidiget / welche dem Opio eine erwärmende Krafft zuschreiben / wormit es / gleich wie der
Wein / auch den Schlaaf bringen könne: zumahlen heut zu Tag ohnlaugbar ist / daß es guten
Theils auß einem narcotischen Schweffel und sehr stüchtigen Theilgens bestehe / wie der
weltberümbdte Wedelius in seiner Opiologiâ an Tag geleget hat / dessen Begriff in meiner Hist.
Lit. Cur. Specim. I. zu finden ist. Indessen gehet D. Samuel Schroeer in seiner Inquisitione in
naturam opii die Mittelstrase / und schreibet die Würckungen des Opii seinem flüchtigen und
sauren Spiritui zu / welcher die Spiritus in homine etwas figire: Und weilen dieser Safft durch
solches narcotisches Oehl oder sauren Spiritum auch die wütende Lebens-Geister besänfftiget und
also alle Schmertzen lindert / auch das Geblüt und übrige circulirende Feuchtigkeiten etwas
dicker machet / als stillet es zugleich alle Durchbrüche / Erbrechen / Blutstürtzungen und
dergleichen / wie solches durch viele / auß andern zusammen gesuchte / Exempel von Tillingio in
einem besondern Buch vom Opio gezeiget wird. Daß es aber zuweilen laxire / wie Borrichius in
seinem Discurs de Somno & Somniferis in Acht genommen / ja gar den Schweiß
treibe und befördere / wie Doct. Ettmüller in seiner Disput. de Vi Opii Diaphoreticâ erwiesen /
kommet theils auß einer Lähmung des Affters in [396] denen ohne dem
geschwächten Gliedern / theils auß Relaxirung der zusammen gezogenen Fäserlein der Haut her /
wie beyde sehr gelehrte Scribenten in denen angeführten Schrifften zeigen.
§. 6.
Indessen fragt sich noch zuletzt / ob man sich dieses Mittels mit gutem Gewissen in der
Artzney bedienen könne / indem bekandt / daß soviele damit schlafen geleget worden / welche
noch erwachen sollen / dessen Exempel in dem oben angeführten Ort des Simons Paulli und in
Vielheuers Beschreibung frembder Materialien pag. 138. zu finden sind? Einige / als Theod.
Tabernaemontanus, enthält es im andern Theil seines Kräuter-Buchs pag. 290. mit dem Fernelio
vor ein schädliches Gifft / welches den Menschen umbringe / so es eingenommen werde /
eusserlich aber blind / taub und lahm mache und deswegen niemahlen als in der grösten Noth
genommen werden dörffte. Allein dieses Urtheil ist etwas zu scharff und kan nicht statt finden
/ es ziele dann auff den unvorsichtigen Mißbrauch / dessen grossen Nachtheil Doct. Waldschmidt
vor diesem in einer besonderen Disputation gezeiget hat. Wann es aber in rechter dosi und zu
gehöriger Zeit gegeben wird / ist es fürwahr ein unvergleichliche Artzney / so gar / daß
Platerus solle gesagt haben: Er wolle einen / wann er schon halb geradbrecht wäre / damit beym
Leben erhalten. Sylvius aber / der sehr glückliche Practicus in Holland / soll sich haben
verlauten lassen / daß er lieber gar nicht practiciren wolle / wann er das Opium nicht brauchen
dörffte / welches fast in allen seinen Recepten zu finden / weswegen er von einigen
Sport-Vögeln Opiarius geheissen worden. Dahero dann auch Ettmüllerus, welcher dieser beyden
Lehr-Art angenommen / in seinem Comment. in Schroed. pag. 711. weitläufftig erwiesen / daß man
solches auch den Schwangeren und kleinen Kindern geben könne / aber doch mit grosser
Bescheiden- und Behutsamkeit / weilen diese letztere sonsten dumm und alber darvon werden
sollen / wie Panarollus geschrieben; auch muß es nicht so roh / sondern wohl corrigiret und
praepariret verschrieben werden / welches doch nicht durch das schädliche rösten / oder gar
saure menstrua (welche das Opium gar entkräfften) sondern entweder durch das ???. Tartar. oder
andere Alcalia mit Boyleo: oder durch die mit Quitten-Safft angestellte Gährung / nach des
Langelotti Art und Weiß geschehen soll / worvon gemeldter Ettmüllerus und Charas cit. loc.
schön und deutlich handeln / allwo auch von dem LAUDANO OPIATO gehandelt wird.
|| [397]
§. 1.
DAs GUMMI LACCAE ist ein hartes / doch mürbes und röthliches Hartz / welches etwas
durchsichtig / einen hartzichten Geschmack / und wann es angestecket wird / einen ziemlich
angenehmen Geruch hat: kommet theils auß Japan in Ost-Indien / theils auß America.
§. 2.
Von dem rechten Ursprung dieses Hartzes sind verschiedene Meynungen / indem sehr viele
Scribenten / nicht allein von denen Materialisten und Apotheckern / als Schurzius, Pomet und
Vielheur / sondern auch von Gelehrten / als Aldrovandus, Schroederus, Wormius, Hoffmannus, mit
dem Garzia, Bontio und anderen glauben / daß es von gewissen kleinen Thierlein / den Ameisen
oder Fliegen gleich / von dem Thau zusammen getragen und an die Aestlein verschiedener Bäumen /
an welchen es herausser komt / angehänget werde; welches hergegen andere / als Hernandez,
Bauhinus, Rajus, Dale &c. vor ein Mährlein halten / und daß es also auß den
Lacc-Bäumen fliese / behaupten / wiewohlen sie in Beschreibung solcher Bäumen wiederumb etwas
discrepant scheinen. Jetztgemeldter Hernandez beschreibet den Americanischen Lacc-Baum also:
daß es nemblich ein mittelmäsiger und verworner Baum sey / so Purpur-rothe Aeste / mit sehr
kleinen / kurtzen und dünnen Blättern / wie die Acacia Vera, an welchen das von sich selbst
hervordringende Gummi sich anhänget / wie oben auß der Figur zu ersehen / welche in dessen III.
Buch von den Artzney-Sachen in Neu-Spanien pag.58. zu finden ist. Hergegen wird derjenige Baum
/ welcher in Ost-Indien / absonderlich in Malabar und Japponien die Laccam zeuget / von den
Botan. viel anders beschrieben / daß er nemblich grosse Blätter und Früchte / wie die Oliven
oder Jujubae, trage / weswegen er auch von Bauhino und Jacob. Breynio Jujuba Indica, von denen
Japoniern aber Namra genennet wird / wie solchen auch Doct. Cleyerus in Miscell. Acad. German.
Cur. Dec. 2. A. 4. pag. 81. abgemahlet [398] hat. Unterdessen können beyde
Theile wohl recht haben / indem es verschiedene Arten der Bäumen geben kan / an welchen solches
gezeuget wird / da bey uns auß den Kirschen-Pflaumen- nnd und andern Bäumen wohl auch ein Gummi
/ so sich einander gleichen thut / fliesset / wie also obige Scribenten der berümbte
Augspurgische Medicus und vornehme Praeses der Käyserlichen Societät in Teutschland / Herr
Doct. Lucas Schroeckius, in seinen Anmerckungen über gedachte Beschreibung Cleyeri vereiniget
hat.
§. 3.
Im übrigen wird das Gummi Lac in verschiedenen Sorten zu uns herauß gebracht / deren Marxius
in seiner Material Kammer pag. 109. nur zwey erzehlet / nemblich das granulirte oder in Granis,
so in kleinen gelb-röthlichten Körnlein ist / und die Holtz-Lac oder. Laccam in Ramulis, welche
an kleinen Aestlein / eines Fingers groß / hanget. Andere aber / als Dale in Phytol. pag. 402.
haben noch die dritte Art / nemblich Laccam in masis oder Tabulatam, Platt-Lac / so in breyten
Täfflein kommet / und von dem Holtz-Lac also gegossen wird / nach dessen Unterscheid solche
Täffelein entweder roth durchscheinend / gelb / oder schwartz sind / von welchen letzteren die
beste Tinctur außgezogen ist / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 274. berichtet /
welcher noch einer vierdten Sorte gedencket / die vor diesem auß Engeland / in Gestalt der
Ohren / in Franckreich verhandelt und Gomme en Oreilles, oder Ohr-Lac / genennet worden
ist.
§. 4.
Nun fragt sichs / welche Sorte zu eligiren und vor die beste zu halten sey? Doct. Ettmüller
will die erste / nemblich die Laccam in granis vor die beste halten: Allein obgemeldter
Materialist Pomet gibt dieser ein sehr schlechtes Lob / indem er l. c. schreibet / daß /
nachdem die Holländer und Engeländer die Holtz Lacc gemahlen und vom dem besten die Tinctur
heraußgezogen / sie solches mit der schlechten vermischten und nachmahlen in grossen Ballen
anderwerts verschickten / welches die granuliree Lacca sey; weßwegen er der Holtz-Lac mehr
trauet / auch nur diejenige anzunehmen räthet / welche derselben am nähesten kommet / klar /
hell und durchsichtig ist / wohl fliesset / nicht zu viel Holtz / auch nichts schwartzes mehr
oder andern Unflat oder Staub untermischet hat / ingleichem / wann sie gekäuet wird / eine
rothe Farb von sich gibt / auch das Wasser / worinnen sie mit etwas saueres gekocht wird / roth
färbet. Die Platt-Lacc muß schön klar / durchsichtig und nicht körnericht oder grummelicht seyn
/ auch so roth / als es seyn kan scheinen und färben.
§. 5.
Den Nutzen dieses Gummi betreffend / so ist es ein sehr gutes und zu vielen Dingen nöthiges
Ding / dessen man sich sowohl in der Artzney / als andern Künsten bedienen kan. In der Artzney
zwar wird es innerlich zu Eröffnung der verstopfften Leber und Miltz-Aederlein und daher
geleiteten Kranckheiten / als Wassersucht und dergleichen gerühmet / weßwegen die Alte ihre
Trochiscos de Lacca erfunden und verschrieben haben. Heutiges Tages aber wird es meistens gegen
das Bluten und Scharbock der Zähnen gebraucht / worzu des Mynsichti R. Laccae oder Lac-Tinctur
sehr heilsam ist / worvon Ettmüllerus cit. loc. weitläufftig handelt. Sonsten aber wird viel
darvon von den Färbern verthan / indem nicht allein die Japonier / Türcken und andere solche zu
der rothen Farb / wormit sie den Cattun und andere Sachen also färben / daß es nicht wider
außgewaschen werden kan / brauchen / auch das rothe und so genandte Saffian-Leder oder Maroquin
damit schmutzen / sondern auch die Holl- und Engeländer zu ihrer Scharlach-Färb brauchen sollen
/ wie Pomet c. l. berichtet; wie dann auch in Teutschland das Leder braun damit gefärbet wird /
wie Schurtzius l. c. schreibet.
§. 6.
Hauptsächlich aber wird es sehr zu dem Siegel-Lack /
oder Siegel-Wachs
gebrauchet / welches insgemein CERA HISPANICA und Spanisch-Wachs genennet wird / da doch die
Spanier nichts davon wissen / sondern die Brieffe nur mit Oblaten versiegeln sollen / wie Pomet
c. l. schreibet und anbey berichtet / daß ein Frantzöischer Kauffmann Rousseau, so es am besten
gemacht und nachdem er durch den Brand zuvor zum Bettler worden / binnen Jahres frist über
20000. ???. damit erworden / zum Unterscheid des Portugisischen Siegel-Wachs / solches das
Spanische genennet habe. Die gröste Kunst bestehet in dem malaxiren / und findet man sehr viele
Sorten / als das wohlriechende / Feine / Mittel und Gemeine: welche entweder schwartz / roth /
gelb oder bund sind. Man bringt auch dergleichen auß China, so auß krummen und zerkerbten
Stangen bestehet. Das beste muß schön an Farben / rein im Brechen / leicht im Gewicht seyn und
darbey im Brennen nicht bald ablauffen / wie Marxius in seiner Material-Kammer p. 75.
judiciret. Man muß Achtung geben / daß es nicht auß schlechter Lac mit andern Gummatibus
vermischet und [399] außwendig mit gutem überzogen sey / welches durchs
brechen kan gesehen werden / da es inwendig graulicht und heßlich ist.
§. 7.
Letzlicht kan man auch der Indianer Lack-Arbeit bey uns darmit nachmachen und nicht allein
einen schönen Glantz auff die Bücher-Decken / sondern auch schöne Stöck / Schachteln /
Cabinette und dergleichen davon machen / welches man die
Lack-Kunst
nennet / so bißher sehr secretiret worden / aber hiermit dem Günstiger Leser / wie ich sie
selbst practiciren gesehen / mitgetheiler wird: Man nimbt erstlich Pottasch / und macht eine
starcke Lauge: Hernach das beste vom Gummi Lac, so ein wenig zu zerknirschen und in etwas von
der starcken Laugen zu rühren ist. Solches läst man biß an den andern Tag stehen / alsdann es
noch etlichmahl mit rein Laugen zuwaschen ist / biß es in etwas weiß zu werden beginne /
welches mit rein Wasser abzuspielen / biß die Körner weiß bleiben werde. Diese truckne in der
Sonnen / diß es gantz trucken und keine Feuchtigkeit mehr an sich hat. Von diesem so
praeparirtem Gummi Lac nimbt man ¼ ???. und thut es in ein halb-Maaß Rectificirten Brandenwein:
Vermacht es wohl zusammen in einem Glaß / lässet es 2. oder 3. Tag an der Sonnen stehen / biß
sich das Dicke setzet. Wann solches geschehen / giesset man das klare von oben ab und bewahret
es zum überlegen. Das Dicke aber gebrauchet man zu Praeparirung der Farben / als nemblich zu
roth / Zinober / zu gelb / fein Curcum-Mehl / zu schwartz / Kien-Ruß. Mit diesen so genandten
Farben bestreicht man das Holtz 3. oder 4. mahl / läst es wohl an der Sonnen trucknen / dann
nimbt man fein geriebenen Pimsenstein und Baum-Oehl / polirt es damit / hernach Sang. Dracon.
mahlet nach Belieben darauff / und alsdann mit Kühn-Ruß darein geflecket / daß es wie
Schildkrotte wird. Wann nun solches alles geschehen / so überlegt man es mit dem klaren
Gummi-Lac vier oder fünff mahl / und das 3. oder 4. Tage nach einander. Wann es dann wohl
getrucknet / poliret man es alsdann noch 2. oder 3. mahl / läst es trucknen / so ist es fertig.
Zum schwartzen wird das Holtz fein gleich mit Kühn-Ruß überleget und poliret / wie obgedacht.
Soll die Schachtel gelb werden / so wird sie mit Curcum: Wo aber braun / mit Drachen-Blut
überstrichen. Silber und Gold wird nach Gutdüncken auffgetragen. Indessen müssen die Glässer
immer wohl zugebunden / auch das Holtz glatt zubereiter seyn: hat es Risse / schmieret man sie
mit Gummi zu. Zu diesem allem braucht man anderthalb Maaß Spiritus Vini, vierthalb ???.
außerlesen Gummi Lac / drey Loth gestossen Drachen-Blut / I. Loth Curcum-Meel. 2. Loth
praeparirten Zinober: sieben Glässer zu färben / 2. Loth Pimsenstein / ein groß Glaß zum
Brandenwein. Sonsten beschreibet auch Kircherus einen Firnus auß dem Gummi-Lac in seiner China
Illustrata, aber nicht so umbständlich / wie jetzt geschehen.
|| [400]
§. 1.
DEr Tragant / oder TRAGACANTHUM, ist ein weisses und auff vielerley Art gewundenes Gummi /
wie kleine Würmlein anzusehen / eines schleimichten und etwas süßlichten Geschmacks: wird auß
Türckey / absonderlich auß Creta, Achaja und Apulien gebracht / wie Marxius in seiner
Material-Kammer pag. 203. berichtet. Pomet aber glaubet / daß meistens es auß Aleppo käme /
weilen offters Mastix und Gall-Aepstel darunter gefunden würden / wie in dessen Hist. des Drog.
pag. 245. zu sehen ist.
§. 2.
Das Gewächs / welches solches zeuget / ist ein Strauch / Tragacantha und zu Teutsch
Bocks-Dorn genandt / und wird von Dioscoride beschrieben / daß er eine breite / holtz???chte
Wurtzel habe / welche meistens über der Erden wachse / auß welcher nidrige und feste Aestlein
kommen / so sich außbreiten / daran viel kleine / dünne und schmahle Blätter / je zwey gegen
einander wachsen / darunter weisse und harte Dörner verborgen liegen: Soll auch in Spanien und
Franckreich wachsen / aber soviel Gummi nicht geben / als derjenige / so in Asien umb den
Peloponnesum zu finden / allwo der Tragant entweder von sich selbsten / oder wann die Wurtzel
zuvor auffgeritzet wird / daraus fliessen soll / wie Theod Tabernaemont. im dritten Buch von
denen Kräutern pag. 245. geschrieben hat.
§. 3.
Weilen aber der Tragant gemeiniglich auß der ersten Hand in Sortis erkauffet wird / als muß
er nachmahlen von den Materialisten durch ein Sieb gesäubert und der Staub und Parva (wie sie
reden) davon gesondert werden: daß übrige lesen und theilen sie zu drey Sortimenten / daher der
außerlesene / feine und gemeine Tragant entstehen. Der außerlesene oder Electum Tragacanthum
bestehet auß den schönsten und weissesten langen Fäserlein: das Feine oder Medicum ist
weiß-grau: das Gemeine aber ist röthlicht schwartz / deswegen es auch Tragacanthum Nigrum und
von den Materialisten Messana genennet wird / wie bey dem Schurzio pag. 37. seiner
Material-Kammer zu sehen ist. Das beste ist / so da klar / durchsichtig / glatt / schmahl /
zart / lauter und süsse ist: Bleibt zehen Jahr gut / aber je älter es wird / je mehr es sich
färbet / und anfänglich bleich / nachmahlen gelb und dann roth wird / welches nicht viel
geachtet ist. Die Materialisten / so es in Sorten kauffen / müssen zu sehen / daß das weisseste
und beste nicht zuvor außgelesen sey.
|| [401]
§. 4.
Was den Gebrauch des Tragants anlanget / so wird der beste und außerlesenste meistens von den
Apotheckern und Zucker-Beckern zu dem Auffgeblassenen Zucker auffgesuchet: Der Feine von dem
Frauen-Zimmer zu denen Tragant-Blumen / so auß offener Sriden gepappet werden: Der Schwartze
aber von andern Künstlern / absonderlich auch zu demjenigen Leim / wormit die Studiosi
Medicinae die auffgetrucknete Kräuter in ihre Herbaria Viva gleistern / welchen Sim. Paulli im
Anhang seines Quadrip. Bot. de methodo conficiendi Herba ria pag. 659. beschrieben hat. Nicht
weniger wird er auch innerlich zur Artzney gebrauchet / und weilen er mit seinen schleimichten
Theilgens die saure scharffe Flüß sehr besänfftigen kan / auch leichtlich an Wasser zergehet /
als ist er zum Husten / rauhen Saltz / Schwind- und Lungensucht ein gutes und bewährtes Mittel
/ in welchen Schwachheiten die Species Diatragacanthi, so wohl von den alten / als neuen /
Medicis sehr verschrieben werden.
§. 5.
Gleichwie nin der Traganth zu denjenigen Brust-Schwachheiten / so von dünnen und saltzichten
Feuchtigkeiten herrühren / dienlich ist / also können die andere / so von einem dicken zähen
Schleim entstehen / durch das GUMMI AMMONIACUM
gehoben werden / welches auß gelbichten / theils auch weisen dichten Körnern bestehet / und
einen scharffen / bitteren und hartzichten Geschmack auch starcken / dem Knobloch nicht
ungleichen Geruch hat: wird in grossen Stücken / worinnen viel wiese Körnlein sind / auß
Ost-Indien in Europa gebracht.
§. 6.
Das Kraut / worauß dieses Gummi flieset / wird fast von allen Scribenten zu den
Ferul-Kräutern oder plantis ferulaceis gezehlet und von Schroedero Meropia, von Wormio auß dem
Dioscord. Agasyllis genennet: Soll in der Landschüsft Lybien / bey Cyreuen / und bey dem Tempel
des Heydnischen Abgotts Jupiter Ammon wachsen (daher ihm der Nahme gegeben worden) dessen Figur
Pomet in seiner Material-Kammer (wie sie oben zusehen) pag. 258 abgemahlet hat / welche wir so
lang gelten lassen / biß man genauere Nachricht dar von überkomme.
§. 7.
Alldieweilen aber dieses Gummi auß dem Kraut in den Sand lauffen soll / so ist es
gemeiniglich mit Sand / kleinen Steinlein und Holtz vermenget / wie Schurz. in der
Material-Kammer p. 37. geschrieben hat; Weßwegen es nachmahlen gesaubert und in verschiedene
Sorten getheilet wird / deren man dreyerley bey den Materialisten findet / nemblich
GUMMI AMMONIACUM FINUM, in GRANIS, in PANE oder das gar Feine, granulirte, in Kuchen oder
Brod.
Bey dem Plinio und Dioscoride aber werden nur zweynerley Species benahmet / nemblich das
schön saubere und reine Gummi Ammoniacum, welches sie Thrausma geheissen und das gemeine
unsaubere / Phyrama genandt / von welchen Theod. Tabernaemont. im ersten Buch von denen
Kräutern pag. 221. weiter kan gelesen werden.
§. 8.
Das besie muß schön groß / weiß und gelb / wie Weyrauch gekörnt und granuliret seyn / einen
Bibergailichten widerwärtigen Geruch haben / mit keinen Rinden / Holtz oder Sand vermenget seyn
/ wie Marxius in der Material Kammer p. 20. schreibet. Die Kuchen aber sollen viele schöne
reine Körner untermenget haben / wie Pomet c. l. p. 259. lehret. Wird es unter den Fingern
weich / so ist es auch ein gutes Zeichen / wie Sam. Dale in Pharmacol. pag. 184. schreibet.
§. 9.
Dieses Gummi nun ist ein vortreffliches Mittel den zähen harten Schleim und Qualst im Magen /
Gedärm / Lung und Miltz auffzugelösen und gelind außzuführen / weswegen es in langwierigen
Kranckheiten und so genandten Wiltz-Beschwerungen / Reichen und Kurtzen Athem offt und sehr
gebrauchet wird; wie dann auch deßwegen verschiedene Praeparata und Composita in denen
Apothecken zu finden / welche davon gemachet sind / unter welchen die davon genandte PILULAE De
AMMONIACO Quercetani, so den zähen Schleim auß dem Gedärme und Gekröß treiben / und ein
destillirter Spiritus, welcher den Schleim auff der Brust aufflöset / am bekandtesten sind:
welcher letztere desto penetranter wird / wann das Gummi Ammoniacum mit dem Grünspan oder ???.
destilliret wird / dahero der so derümbte SPIRITUS ASTHMATIBUS D. Mich. entstanden / dessen
rechte Beschreibung und Zubereitung in D. Ettmülleri Comment. Schroeder. pag. 692. zu finden
ist. Nicht weniger wird dieses Gummi auch eusserlich / die Knollen am Halß / Glieb-Schwämme und
dergleichen zu erweichen und zu zertheilen gerühmet / worvon Schroederus in seiner Pharmacop.
zu sehen ist.
|| [402]
Das XIX. Capitel
Von dem rechten Orientalischen-Balsam / wie auch von der Frucht und Holtz vom Balsam-Baum.
§. 1.
DEr rechte Orientalische Balsam / BALSAMUM VERUM
oder
OPOBALSAMUM,
ist ein heller öhlichter Safft / so anfangs weich / nachmahlen aber hart ist / entweder gantz
weiß oder gelbicht / eines scharffen und aromatischen Geschmacks / auch sehr starcken / doch
angenehmen Geruchs: wird zuweilen / aber gar selten / in kleinen bleyernen Fläschlein auß
Türckey von Alcair über Marseille und andere Orten gebracht / wie Pomet in seiner Frantzöischen
Historiâ Simplicium pag. 275. berichtet.
§. 2.
Die Pflantze / woraus dieser Balsam fliesset / soll nur ein kleiner Strauch seyn / so etwa
zwey Ehlen hoch von der Erden / mit langen / schmahlen / röthlichten und gnodichten Aestlein
wächset / welche / wie die Wein-Reben / abgeschnitten und in kleine Büschlein gebunden / auch
also von den Türcken heraus geschicket / und von den Materialisten XYLOBALSAMUM genennet
werden. An diesen Stenglein wachsen wenige Blätter / den Rauten nicht viel ungleich / doch
weisser und immer grünend. Die Blümlein aber sind klein / weiß und zart / fast wie
Schlehen-Blüt / nach welchen länglichtrunde / röthlichte und wohlriechende Beerlein / so etwas
kleiner als Erbsen sind / erfolgen / die man in den Apothecken CARPOBALSAMUM heisset / wie
dieses alles von Prospero Alpino, welcher selbsten in AEgypten gewesen / auch dergleichen
Gewächs gehabt und gezogen haben soll / in seinem Buch de Plant. AEgypt. und dem Gespräch von
diesem Balsam / beschrieben worden. Heut zu Tag aber soll niemand mehr dazu kommen können /
indem auff Befehl des Türckischen Kaysers / als er sich des Heil. Landes bemächtiget / alle
Balsam-Sträuchlein versetzet / und in einen gemeinen / darzu gewidmeten Balsam-Garten zu
Matarea, zwey Meil von Cairo gelegen / gebracht worden / welcher immer verschlossen gehalten
und von den Janizaren verwachet wird / wie solcher auß einigen Reiß-Beschreibungen in des
Mallets Cosmographi Part. 3. pag. 32. in obgesetzter Figur unter Augen geleget worden / allwo
Lit. D. die Balsam Bäumlein / Lit. A. den Eingang / sambt der Türcken Beth-Hauß und darbey
liegendem Wasser-Behälter B. so auß dem Wunder-Brunnen C. quillet / abbilden / von welchen
allen die Copten vielerley Traditiones haben / welche an berührtem Ort können gelesen
werden.
§. 3.
Der Balsam selbst wird in den heissen Sommer-Monathen / als Junio / Julio und Augusto
gesamblet und ist dreyerley / indem [403] er entweder von sich selbsten auß
dem Sträuchlein rinnet / welcher anfangs weiß / nachmahlen grünlicht und dann gelb werden soll:
oder werden die Bäumlein zuvor geritzet / woraus ein etwas schwartzer Balsam fliessen und in
die angehängte Gefäßlein tropffen soll. Uber welche 3. auch ein dergleichen Balsam auß den
abgeschnittenen und gesottenen Zweiglein künstlicher Weiß bereitet werden soll / mit welchen
die vorige vermischet werden / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 38. berichtet. Ob nun
gleich der Geruch an diesem noch frischen Balsamischen Oehl so starck seyn soll / daß er auch
die Nase schweissen und bluten machen kan / so verlieret er doch mit der Zeit viel von solchem
Geruch / wie D. Wormius in Museo pag. 223. geschrieben. Sonsten aber muß er die in dem
Schroedero benambte Proben halten / daß er nemblich. 1. sich auff warmen Wasser gantz außbreite
und dasselbige gleichsam bedecke / wann es aber kalt worden / wider zusammen lauffe. 2. In
Milch getropfft gerinne und dick werde / und 3. keinen Flecken auff den Kleidern lasse / so
etwa ein tropffen darauff gefallen. Ob er aber auch unversehret durch die Hand schwitze /
welche Prob Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 16. noch hinzu gethan / lasse an seinen
Ort gestellet seyn. Die Frucht / oder Carpobalsamum, muß noch frisch / aromatisch und guten
Geruchs seyn / auch eine rauhe und mit vier Strichen unterschiedene Schale haben. Das
Balsam-Holtz / oder Xylobalsamum aber soll knodicht / außwendig röthlicht und inwendig weiß /
hartzicht und wohlriechend seyn; beyde sind insgemein alt und verlegen.
§. 4.
Nun fragt sichs / ob man noch heut zu Tag diesen also beschriebenen Balsam ohnverfälschet und
gerecht haben und bekommen könne? von welcher Frag vor diesem unter den Apotheckern und
Materialisten zu Rom ein gewaltiger Streit gewesen / welcher sich also erhoben: Es hatte der
Cardinal Barberini befohlen / daß man in der Armen-Apotheck den Theriac selbsten aufflegen
solte / welches Antonius Manfredus, ein Medicus zu Rom / über sich nahme und von Venedig
anderthalb Pfund vom Balsamo vero darzu bringen liese / welcher auch von vielen Medicis und
Apotheckern vor gut und auffrichtig gehalten und zum Theriac genommen wurde. Als solches die
andere Materialisten und Apothecker zu Rom erfuhren und besorgten / es möchte ihnen ein Abbruch
dadurch geschehen / gaben sie vor / dieser Theriac wäre nicht recht / weilen sie das rechte
Succedaneum des Balsami veri (so gar nicht mehr zu haben sey) nicht darzu genommen / sondern
einen falschen Balsam eingemischet hätten / brachten die Sach auch gar vor den Römischen Pabst
/ welcher alles der Apostolischen Kammer und seinen Leib-Medicis zu entscheiden gabe / allwo
die Comoedie erst recht angienge / indem beyde Theile sehr gelehrte Medicos uff ihrer Seiten
hatten. Als es aber zum Beweiß kam / gaben die Adversarii vor / dieser Balsam hielte die Prob
nicht / indem er 1. weder Nasenbluten verursache / noch 2. die Milch coagulire / auch 3. einen
Flecken in den Kleidern zurück liesse: welchen die andere antworteten / daß das 1. nur an dem
frischen in Acht zunehmen 2. nicht nöthig sey / daß die Milch gerinne / sondern seye gnug / das
der Balsam in der Milch zusammen lauffe. 3. nur ein Tröpfflein auff das Kleib zuschütten sey /
nicht aber eine grosse Quantität / wie die Apothecker thäten / welche ja nothwendig einen
Flecken zurück lassen müste; wormit sie dann auch endlich den Platz erhalten haben / wie
solches alles von dem seel. Doct. Joh. Georg. Volkamero, weyland derümbten Medico zu Nürnberg
und Praesid. der Kayser. Medic. Societät in Teutschland / in einem besonderen Büchlein /
welches Opobalsami Orientalis in Theriacae Confectionem Romae revocati Examen Veritasque
reddita heisset und kurtz in meiner Historia Liter. Cont. IV. in App. Dec. 3. A. 1. Misc. Ac.
Nat. Cur. erzehlet wird / nach allen Umbständen beschrieben hat. Daher es eben nicht gantz
unmöglich scheinet / daß man denselben noch wohl etwa bey grossen Herren und deren Abgesandten
(welchen er von dem Groß Türcken verehret wird) finden könne: weilen er aber im gemeinem Handel
schwer oder gar nicht zu haben / so brauchet man insgemein gute und gleichgültige Succedanea
davor / als ???. Caryophil. oder das außgepreste Muscaten-Oehl / welches zu diesem End von den
Apotheckern selbsten wohl zu praepariren ist / wie es Charas in Beschreibung der
Theriacs-Ingredientien pag. 109. gelehret hat. Wie man dann auch an statt des Carpobalsami die
Cubeben / und an statt des Xylobalsami das Lignum aloes, in den alten Compositionen / braucht /
wie an jetztgemeldtem Ort zu lesen ist.
§. 5.
Was endlich die Krafft und Würckung des wahren Orientalischen Balsams anlanget / so werden
demselbigen unbeschreibliche und unvergleichliche Tugendten zugeschrieben / und ist billich vor
diejenige Salb in Gilead / deren in Heil. Schrifft gedacht wird / zu halten. Er stärcket die
Natur und Lebens-Geister / ermundert alle Sinnen und erhält den Leib und dessen Gliedmassen vor
Fäulnüs / weswegen er auch bey der Balsamirung der Königlichen Cörper und zu den Mumien
hauptsächlich gebrauchet und innerlich zum Theriac genommen worden: wegen seiner Balsamischen
Krafft aber dienet er zur Schwind- und Lungensucht / langwierigem Reichen und andern
Beschwerungen / heilet auch die Wunden / worvon Schroederus, Lobelius und andere weiter gesehen
werden könne.
|| [404]
§. 6.
Die Frucht von dem Balsam-Baum / oder Carpo-Balsamum, hat eine aromatische Krafft und
erwärmet den Magen / macht appetit und hilfft zur Dauung / wird auch zum Theriac genommen / ist
aber langsam in unsern Apothecken zu finden.
§. 7.
Gleicher Gestalt ist das Holtz davon / oder Xylo-Balsamum, auch wegen seines balsamisches
Hartzes nicht zu verachten und hat gleiche Kräfften mit der Frucht / wann es nur nicht gar zu
alt ist: kommet mit unter die Trochiscos Hedychroi, worvon Charas c. l. mit mehrerm
handelt.
§. 1.
DEmnach der in vorigem Capitel beschriebene wahre Orientalische Balsam so rar und fast gar
nicht mehr zu haben ist / kan man sich an dessen statt einiger anderen / welche auß West-Indien
kommen / bedienen / unter welchen der Tolutanische Balsam /
oder
BALSAMUM de TOLU
dem Orientalischen am nähesten kommet / indem er alle dessen Proben hält / wie Thomas
Bartholinus dieselbige selbsten von ihm genommen und in Actis Haffniensibus Vol. 1. pag. 5.
beschrieben hat: Ist entweder ein weiser / oder Goldgelber / und sehr leimichter zäher Balsam /
von einer mittelmäsigen Consistentz / gutem und süssen Geschmack / auch lieblichen und den
Limonen oder Jasmin gleichendem Geruch / wie ihn Schroederus in Pharm. Medico-Chym. pag. m.
179. beschrieben hat: kombt auß Neu-Spanien in Portugall und Engeland / wo er auch ehe als in
andern Orten zu finden ist / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 281. berichtet.
§. 2.
Der Baum / worauß er fliesset / soll ein Art Fichten seyn / wie Hernandez in Hist. Rerum Med.
Nov. Hispan. Lib. 3. pag. 53. berichtet und wird auch deswegen unter den Fichten-Bäumen in des
Dale Phytolog. pag. 357. verhandelt / obwohlen die Blätter der Ceratiae gleichen sollen.
Nachdem nun die Einwohner gewisse kleine Gefässe von schwartzem Wachs unten an die Stämme
gehänget und diese geritzet heben / fliesset der Balsam heraus und gerinnet alsobald / daß er
wie frisch gemachter Leim sich ziehen lässet. Muß frisch eligirt und gesucht werden.
|| [405]
§. 3.
Seine Tugendten kommen mit dem recht-Orientalischen Balsam überein und dienet auch zu allen /
worinnen dieser gerühmet wird / wie Schroederus und Bartholinus l. c. bezeugen; könte deswegen
billich dessen Succedaneum seyn / wann er nur ohnverfälscht zu haben wäre. Er resolviret /
erwärmet und heilet innerlich und eusserlich / und machet auch nicht so bald erbrechen / wie
andere / welches Pomet c. l. an ihm gelobet hat.
§. 4.
Weilen aber auch dieser Balsam nicht immer zu bekommen ist / so muß man sich in solchem Fall
mit dem
Peruanischen Balsam
oder
BALSAMO PERUVIANO
(welchen andere sonsten auch schlechterdings Balsamum Indicum heissen) behelffen / so ein
schwerer / hartzichter und wie Honig anzusehender Balsam ist / entweder weiß oder
röthlichschwartz / eines scharffen Geschmacks und guten Geruchs: wird gleichfals auß America
gebracht.
§. 5.
Das Bäumlein / daher dieser Balsam entspringet / soll dem Pomerantzen-Baum an der Grösse
gleich kommen / dessen Blätter etwas grösser / als am Mandel-Baum / auch breyrer /
länglicht-rund und mehr außgespitzet sind. Die Blühte ist gleichsam wie die Digitalis und
schliesset sich endlich zu einer langen Hülse / worinnen nur ein und zwar gebogener Saame
lieget / wie theils Rajus auß dem Pisone in Hist. Plant. pag. 1757. theils Hernandez alles l.
c. pag. 51. beschrieben und abgemahlet haben und theils oben bey des Pometi Figur zu sehen ist
/ welche mehr die Einsamblung / als wahre Gestalt des Baumes unter Augen leget.
§. 6.
Ob nun zwar jetztgemeldter Author, welcher die Americanische Medicamenten sonsten ex professo
und mit grossem Fleiß beschrieben / nur des gemeinen und schwartzen Indianischen Balsams
gedacht hat / so zehlet doch Schraderus dessen zwey / Pomet aber drey / biß vier Sorten /
nemblich 1. den Weisen / welcher von sich selbsten auß den zuvor geritzten Bäumen fliesset /
und Balsamum Incisionis genennet wird. 2. Einen andern und härteren / welcher auß den
abgeschnittenen Aesten tropffen soll / an welche gewisse Schalen (in welchen er kommet)
gebunden / heisset Balsamum Siccum. 3. Noch einen andern schwartzen / so die Einwohner auß dem
Holtz und Aesten des Baums kochen sollen und Balsamum Lotionis heissen / welcher nichts anders
ist / als der bekandte schwartze Peruvianische Balsam / welchen einige 4. auch auß vielen
andern Hartzen und Gewürtzen nachmachen / wie die Beschreibung davon in des angezogenen Pometi
Histoire des Drogues pag. 278. zu finden ist.
§. 7.
Indessen ist doch insgemein der schwartze / oder Balsamum Peruvianum Nigrum, mehr im Gebrauch
/ welchen jetztgemeldter Materialist im Anhang seines Buchs pag. 3. auch vor den kräfftigsten
und stärckesten hält / absonderlich wann er dick / recht schwartz und von gutem Geruch ist; und
weilen er offt mit andern Sachen vermischer wird / so muß man solchen Betrug zu entdecken ein
wenig auff / Papier tropffen: Ist er nun röthlich und zerfliesset gern / so hat er einen Zusatz
bey sich: Ist er hergegen schwartz und bleibt zusammen / so ist er pur. Doch lässet er sich
nicht so leicht / wie andere / mit außgepresten Olitäten verfälschen; weswegen Herr D. Hoffmann
in einer neulich zu Hall de Balsamo Peruviano gehaltenen Disputation diesen Balsam vor andern
aestimiret / auch gantz falsch zu seyn probiret / daß er mit Mandel-Oehl verfälschet werde /
wie einige vorgeben wollen.
§. 8.
Seiner Art und Qualitäten nach ist dieses ein recht wunderliches Ding / indem es sich weder
mit Oehl / noch Wasser / noch ichtwas vermischen lässet / ausser mit dem ??? betulae; ob man es
schon in warmen Spiritu Vini aufflöset / so schwimmer es doch gleich wider oben / wann es
erkaltet: Wie es sich dann auch von dem Zucker im Wasser gleich wider scheidet / wie Thom.
Bartholinus in Act. Vol. 1. pag. 3. selbsten experimentiret hat. Er muß derowegen innerlich in
einem weich gesottenen Ey genommen werden / womit er sich solviret / oder mit Zucker trucken
vermischet; wie er dann auch eusserlich mit dem Eyer-gelb anzumachen / sonsten er nicht wohl
von der Haut zu bringen ist / wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 694. zeiget: Wo von
denen Würckungen dieses Balsams weitläufftig gehandelt wird / welche innerlich der
Orientalischen Kräfften gleich sind: Eusserlich aber heiler er alle frische Wunden und währet
dem faulen Fleisch darinnen: Reiniget alle Krebs und andere Schäden / wie solches der Länge
nach in der Beschreibung eines Arabischen Medici auffgeschrieben worden / so in des Pometi
Anhang l. c. zu finden ist. So werden anch einige Praeparata davon gemacht / welche bey
obbelobten Herrn D. Hoffmann c. l. können auffgesuchet werden.
|| [406]
§. 9.
Gleichwie nun der schwartze Peruvianische Balsam meistens eusserlich gebräuchlich und am
nützlichsten ist / also wird hergegen der so genandte
weise Americanische Balsam
oder
BALSAMUM de COPAIBA
mehr innerlich verschrieben / welches ein weiß oder Gold-gelber / flüssiger und hartzichter
Balsam / wie Terpenthin / ist / einen scharffen / bitteren Geschmack und guten Geruch hat: wird
gleichfals auß America über Portugal in irdenen spitzen Flaschen herauß gebracht / worinnen
gemeiniglich auch einige Wässerichkeit zu finden / welche den Balsam offt molckicht und
unscheinlich macht.
§. 10.
Die Bäume / davon solcher herrühret / wachsen an verschiedenen Orten in Brasilien / als zu
Rio de Janeiro, Fernambourg, zu S. Vincent &c. und wird deßwegen von dem
berümbten Rajo in Hist. Plant. pag. 1759. Arbor Balsamifera Brasiliensis fructu monospermo
genennet / weilen er / wie der vorige / auch nur einen Saamen in der Frucht zeuget. Es fleusset
der Balsam auß dessen Rinde / nachdem sie zur Sommer-Zeit geritzet wird.
§. 11.
Die Erfindung dieses Balsams wird einigen wilden Schweinen zugeschrieben / welche / so sie
verwundet worden / den Baum mit einem Zahn auffhauen und den außfliessenden Balsam aus Trieb
der Natur auff die Wunden troffen sollen / weswegen die Wilde Leute ihnen solches nachgethan
haben / wie Pomet l. c. berichtet Nachgehends ist er auch in den innerlicher Verwundungen / als
Lungensucht / Stein-Schmertzen und dergleichen gebrauchet worden. Heut zu Tag wird er gegen den
Trippert oder Saaman-Fluß / brennenden Harn und die Frantzosen sehr gerühmet / worvon
Ettmüllerus l. c. weiter zu sehen ist.
|| [407]
Das XXI. Capitel
Von dem Epprianischen / Venedischen und gemeinem
Terpenthin / Weiß-Schwartz-Spiegel- und Schell-
Hartz / Teer / Colophonien / Kienrauch und Firnüs.
§. 1.
DEr Terpenthin oder TEREBINTHINA ist ein heller und durchscheinender hartzichter Safft / so
eigentlich von einem Baum dieses Nahmens fliesset. Es wird aber heut zu Tag dieser Nahme auch
andern dergleichen öhlichten und flüssigen Hartzen zugeleget / welche auß vielen Bäumen der
Fichten- und Tannen Geschlechts hervor quellen / und theils weiß / theils gelb / theils dick
und trüb / theils hell und klar sind; unter welchen doch drey Sorten am meisten bekandt sind /
nemblich der Eyprische / Venedische und gemeine Terpenthin / von welchen allen absonderlich
soll gehandelt werden.
§. 2.
Der Cyprische Terpenthin
oder
TEREBINTHINA CYPRIA
ist ein hartes / bleich-gelbes und fast wie blaulicht Glaß anzusehendes / auch durch
sichtiges Hartz / in kleinen Stücklein / eines hartzichten / scharffen und etwas bitteren
Geschmacks und guten Geruchs: kombt meistens auß der Insul Chio (woher es auch zuweilen
genennet wird) allwo es auß kleinen Bäumen dieses Nahmens fliesset / welche lange und
Aschfarbichte Aeste mit Blättern / wie der Lorbeer-Baum und theils grosse Nüsse / theils
Beerlein wie Wacholder-Beern / tragen soll / in welchen hartzichte und schleimichte Kerne zu
finden / wie dieselbe theils von Rajo in Hist. Plant. pag. 1577. theils von dem Pomet in Hist.
Simpl. Gen. pag. 283. beschrieben und abgemahlet worden; und obgleich dieselbe auch zuweilen in
Spanien / Italien und Franckreich zu finden sind / so sollen sie doch keinen Terpenthin geben /
wie der berümbte Hallische Professor D. Hoffmann in einer Disp. de Terebinthina pag. 4. auß
andern berichtet; weswegen der rechte uffrichtige Terpenthin auß Chio und der Insul Cypern über
Venedig kommet / und derohalben auch vor diesem der Venedische Terpenthin genennet worden.
Weilen aber dieser Terpenthin sehr rar und theuer ist / so sindet man denselben fast gar nicht
in unsern Officinen / es seye dann / daß einige curiose und auffrichtige Materialisten solchen
mit grossen Unkosten / zur Aufflegung des Theriacs / verschreiben / wie Pomet loc. cit. und
Charas in Beschreibung der Theriacs-Ingredientien pag. 164. erfordern: muß sonsten dick seyn
und nicht an den Zähnen oder Fingern gleben / auch grünlicht weiß außsehen; und muß mau
Achtung [408] geben / daß er nicht von dem Lerchen - Terpenthin (welchen
die Betrüger etwas grünlicht färben) nachgemachet worden sey / so theils auß dem starcken
Geruch / und daß er an den Zähnen hangen bleibet / wahrzunehmen ist / absonderlich wann er
zugleich wohlfeil ist / da hergegen das Pfund vom rechtem Terpenthin von Chio nicht unter funff
biß sechs Gulden zu haben ist.
§. 3.
Hieraus ist nun bald abzunehmen / was von dem heutigen so genandten
Venedischen Terpenthin
oder
TEREBINTHINA VENETA,
wie solcher bey uns verkauffet wird / zuhalten sey / nemblich daß er mit nichten vor den
veritablen Terpenthin / so vor diesem über Venedig auß Levant gebracht worden / passiren könne
/ sondern vielmehr entweder von den Lerchen-Bäumen oder Fichten herrühre / und deswegen mit
grösserm Recht der Leonische / oder mit den Frantzosen / Terebinthine du bois de Pilatre zu
nennen sey / weilen er theils von diesen Orthen / nach des Pometi Bericht / theils von den
Tyrolischen Gebürgen in Geiß oder Bocks-Häuten gebracht wird / wie Marxius in seiner Material.
Kammer pag. 202. bezeuget: Ist sonsten / wann et gut / ein sehr helles und Citron-gelbes
weiches Hartz / wie ein dickes Oehl oder Balsam / daher es auch einige Schälck vor den weissen
Peruvianischen Balsam verkauffen sollen / absonderlich / wann es noch frisch und von sich
selbsten auß den Bäumen gelauffen / so die Frantzosen zum Unterscheid des dicklichten Bijou
nennen. Sonsten aber wird dieser Terpenthin im Früling und Herbst durch einige arme Leute von
dem Larice gesamblet und in Tonnen oder Bockshäuten nach Lion gebracht: und ist merckwürdig /
daß wann die Lerchen - Bäume viele Schwämme oder den Agaricum haben / solche keinen Terpenthin
weinen / indem er dem Lerchen-Schwam zur Nahrung dienet / wie D. Hermanni in seinen Schrifften
in Acht genommen hat. Der beste muß recht hell und so weiß / als er seyn kan / außsehen und muß
man Achtung geben / daß er nicht nachgemachet / oder mit Terpeuthin-Oehl verfälschet sey /
welches theils an der Farb / theils am Geruch in Acht zu nehmen ist / indem der verfälschte /
wann man ein wenig auff Papier nimbt und anstecket / eine schwartze Flamme gibt und stinckt:
der rechte hergegen wie Hartz riechet und nicht sobald verbrennet. Man kan ihn auch auff dem
Nagel probiren / worauff er zusammen bleibt / so er unverfälschet ist: der vermischte aber
zerfliesset / wie Herr D. Hoffmann, und der angeführte Pomet pag. 6. loc. c??? zeigen.
§. 4.
Was drittens den Gemeinen oder so genandte
TEREBINTHINAM COMMUNEM
anlanget / so ist derselbe gantz dick und weißlicht / und rühret von den Fichten- und Thannen
her / fliesset aber nicht also auß den Bäumen / sondern wird von dem weissen Hartz oder Resina
Pini (welches die Frantzosen Gallipot heissen) gemacht / welches geschmoltzen und in grosse
Tonnen oder Fässer von drey biß vier Centner gegossen wird / so auß dem Schwartz-Wald /
Thüringen und andern Ländern / wo die grosse Fichten- oder Thannen-Wälder sind / hergebracht
werden: muß schön klar und nicht mit anderm Unrath vermenget seyn / wie derjenige / so auß den
Thannen-Zapffen gekochet wird.
§. 5.
Der Würckung und Kräfften nach kommen alle diese Sorten sehr überein / haben eine erwärmende
/ erweichende / reinigende und heilende Krafft / wormit sie die verletzte Lungen in der
Schwind- und Lungensucht / wie auch sonsten alle in- und eusserliche Wunden heilen / Nieren und
Blasen vor dem Stein bewahren / auch solchen / wie den Urin selbsten / befördern und sonsten
viele Gebrechen des Leibes curiren / es werden gleich dieselbige vor sich in einem warmen Ey
genommen / oder deren Praeparata, als die Pilulae de Tereb. der so genandte Spiritus und Oehl
darvon gebrauchet / worvon Ettmüllerus, Hoffmannus und andere weitläufftig handeln; wiewohlen
das so genandte
OLEUM TEREBINTHINAE
(welches viel über Hamburg kommet und auch OLEUM TEMPLINUM geheissen wird / wie Marxius c. l.
schreibet) mehr von dem weissen Hartz oder Resina Pini, als dem Terpenthin selbsten destilliret
werden soll / wie offt bemeldter Frantzötsche Materialist M. Pomet p. 287. cit. loc. zeiget.
Wie sehr aber / sowohl dieses Oehl als der Terpenthin selbsten / denen Wund-Aertzten dienen /
und sowohl zu den maturirenden und heilenden Salben und Pflastern erfordert werden / ist zur
Genüge bekandt. So kan man auch derselben in der Chymie übel entbehren / indem der Terpenthin
gleichsam ein allgemeiner Schlüssel ist / worinit die öhlicht- und hartzichte Cörper müssen
solviret werden / wie am Copal-Hartz zu sehen / welches sich mit andern nicht leicht mischen
lässet / es seye dann zuvor durch den Terpenthin auffgelöset worden. Endlich wird er auch von
andern Künstlern / absonderlich von den Feuer-Werckern sehr [409] gebrauchet
/ weßwegen es auch unter die Contrebande oder verbottene Waaren gehöret / so anders nicht / als
incognitò, in andere Länder dörffen verführet werden / absonderlich in Kriegs-Zeiten / wo das
Verführen scharff verbotten ist.
§. 6.
Gleiche Bewandtnuß hat es mit dem Hartz-Pech selbsten / welches auch unterschiedlich ist. Das
schönste und sauberste ist das obbemeldte
Weise Hartz /
oder
RESINA PINA,
welches entweder von sich selbsten / oder durch Ritzung und Durchbohren der Thannen und
Fichten außfliesset / bald wie ein schönes clares Gummi erhärtet und gleichsam wie der Weyrauch
außsihet / weswegen es auch THUS ALBUM und gemeiner Weyrauch genennet wird: Muß schön weiß /
sauber und recht trucken seyn; Dafern aber die Schalen / Späne der Bäume und dergleichen sich
im außfliessen darinnen mischen / wird es gleichsam wie der Benzoin (wofür es die Betrüger offt
verkauffen) marmolirt / welches sonsten
das Schell-Hartz
genennet und von den Bier-Schencken in das Bier gethan wird.
§. 7.
Das erstere wird nachmahlen weiters mit gemeinem Terpenthin und Terpenthin-Oehl vermischet /
und alsdann
Spiegel-Hartz /
oder
PIX LIQUIDA
geheissen / welches gemeiniglich von Straßburg und auß Holland kommet; Weswegen es auch
Terebinthina Argentoratensis genennet werden soll / wie Sam. Dale in seiner Phytolog. pag. 354.
schreibet: Muß schön weiß gelb / fett und nicht zuflüssig seyn / auch nicht zuviel Wässerichtes
bey sich haben / und wird zu vielen Hand-Arbeiten und Feuer-Wercken gebrauchet / auch von
einigen eusserlich zur Artzney an statt der Zug-Pflaster gebrauchet / welches aber gar ein
beschwerlich Pflaster ist / so ungern wider von der Haut gehet und mit warmen Oehl muß
abgehoben werden.
§. 8.
Wann aber das weise Hartz oder Resina Pini ohne Zusatz zu einer dickeren Consistentz gekochet
und entweder in grosse Stücker oder Kuchen von 50. biß 100. ???. oder in Kübeln gegossen wird /
entstehet das harte Hartz /
oder
RESINA
darauß / welches sonsten auch Schuster-Pech / und Kübel - Hartz genennet wird: Muß schön
drucken / gelb und nicht voll Sand / Gewässer und andern Unrath seyn: Wird von den
Blechschlägern und Kesselschmieden zum überzinnen / von den Schuhmachern / Kiefern und andern
zu ihren Arbeiten gesuchet / auch von den Barbierern zu vielen Pflastern verthan.
§. 9.
Auff gleiche Weise wurde vor diesem durch längeres Kochen auß dem Galipot oder weisen
Kienhartz das bekandte
Geigen-Hartz
oder
COLOPHONIUM
verfertiget / welches deswegen auch das umbgeschmeltzte Hartz und vor diesem Griechisch-Pech
genennet worden / dieweilen es anfangs auß Griechenland (wo es ein See außwerffen soll)
gekommen / wie Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 22. schreibet. Heut zu Tag aber wird es
meistens von Terpenthin gemacht und ist nichts anderst / als was nach Destillirung des
Terpenthin-Oehls zurück bleibet; wann es aber von dem Terpenthin selbsten gekochet wird /
heisset es TEREBINTHINA COCTA, worauß die Terpenthin-Pillen bestehen: Muß fein / an grossen
Stücken / gelbicht und durchsichtig seyn: Klein kan man es nicht wohl brauchen; derowegen wann
viel kleines oder geröricht vorhanden / es allgemählich zerlassen / in ein Gefäß zu einem Stück
gegossen und alsdann außgestürtzt zum andern gethan werden kan: wird gleichfals von vielen
Künstlern gebraucht.
§. 10.
Diesem Griechischen Pech / welches die Frantzosen Arcançon nennen / gibt man in Norden einen
Zusatz von Teer / daß es davon schwartz werde / und wird alsdann
Schwartz-Pech
oder
PIX NIGRA
geheissen wird / davon man zwey Sorten hat / so doch nicht anderst unterschieden / als daß
eines etwas härter / als das ander ist. Das beste komt auß Norwegen und Schweden / absonderlich
von Stockholm / welches recht schwartz und spiegelend seyn muß / und dem Juden-Leim sehr nahe
kommen soll: Wird meistens die Schiffe damit zu pichen gebraucht / auch ein röthlich Oehl davon
destilliret / welches wegen [410] seiner balsamischen Krafft Balsamum Picis
genennet wird.
§. 11.
Hiervon wird ferner mit dem gemeinen Hartz / Seiffen und Teer das
Schiff-Pech
oder
PIX NAVALIS.
(so sonsten auch ZOPISSA und Frantzöisch Goudran heisset) gegossen / dessen sich nicht allein
die Boots-Leute zu ihren Schiften / sondern auch die Apothecker in etlichen alten Compositis
gebrauchen / welche letztere es von den S???iffen abkratzen / wie Schroederus in seiner
Apothecker-Kunst p. m. 240. berichtet.
§. 12.
Der gemeldte
Teer
aber (welchen die Frantzosen TARC heissen) ist ein fettes / clares und hartzichtes Oehl oder
RESINA LIQUIDA, und wird in Norwegen und Schweden von den alten Fichten-Bäumen in grosser Menge
zubereitet / wo dieselbe abgehauen und in gewissen Oefen mit 4. Röhren gethan werden / und wann
umb gedachte Oefen das Feuer angezündet wird / fliesset dieses weiche Hartz auß den Röhren /
wie J. C. Axtius in seinem Tract. de Arboribus Coniferis geschrieben; wiewohlen Pomet c. l.
dafür halten will / daß es auß dem Baum also fliesse: wird zu dem Schaaf-Pech / wormit die
Schaafe gezeichnet werden / gesuchet und muß von dem recht veritablen Stockholmischen seyn /
nicht von dem falschen / so einige von schwartzem Pech und trüben Oehl nachmachen.
§. 13.
Weilen auch im übrigen der bekendte
Kien-Rauch
von dem Hartz und Colophonio gemachet wird / als kan man denselben auch hier nicht vorbey
gehen. Man brennet nemblich das kleine von dem Hartz in einem eissernen Gefäß / unter einem
Camin / worüber leine Tücher gespannet werden / daß sich der Rauch daran anhänge / welcher
nachmahlen herab genommen / und entweder so an Staub gelassen oder zu Stücken gemachet wird.
Jener wird theils in kleinen platten Schachteln / oder länglicht-runden und kleinen Tonnen
verkaufft: Dieser aber wird nach dem Gewicht verkaufft; und weilen diese Waar sich leicht
anzündet / soll sie in eigenen Gewölbern gehalten / nicht leicht bey Licht besehen / auch wann
sie brennet / nicht mit Wasser gelöschet / sondern mit Nassen-Tüchern zu gedämpffet werden:
Wird von den Mahlern /
Weißbendern / Druckern und andern zur schwartzen Farb gebrauchet.
§. 14.
Endlich muß man noch des VERICIS oder des
Füniß /
mit wenigen gedencken / welcher guten Theils auch von dieser Waar / absonderlich vom
Terpenthin entstehet / dessen man vielerley Sorten hat / als 1. den Gemeinen / so auß
Terpenthin und dessen Oehl bestehet. 2. Den Spit-Fürniß / auß Spit-Oehl / Terpenthin und
Sandarach. 3. Den Mastir-Fürniß / auß Venedischem Terpenthin und Mastir. 4. Den Agstein-Fürniß
/ auß weissem Agstein / Sandarach / Gummi Elemi und Mastix / so mit rectinficirtem Brandenweiu
auffgelöset werden. 5. Den so genandten güldenen oder Gold-gelben Fürniß / auß Sandarach /
Gummi Gutt. Litharg. aur. und Lein-Oehl. 6. Den Lat-Fürniß; welche alle mit grossem Fleiß und
Sorgfalt müssen zubereitet werden / wie auß folgenden Processen (so Runckel in der
Glaßmacher-Runst hat) zu ersehen:
Einen schönen gläntzenden Spic-Fürniß zu machen:
Nimb gutes Spic-Oehl zwey Loth / Mastix und Gummi Sandaracha jedes ein Loth / Eyprischen oder
Venedischen klaren Terpenthin ein halb Loth. Pulverisire oder reibe und mische den Mastix und
Terpenthin auffs subtilst- und kleineste unter einander / nim̅ ein Kolben-Glaß /
thue das Spic-Oehl darein / setze es in ein Balneum Mariae, oder sonst in ein Kesselgen mit
Wasset übers Feuer; mercke! Du must unten an den Glaß-Kolben einen Ring von Bley binden / damit
das Glaß im Wasser bleiben und stehen könne. Wann das Spic-Oehl nun erwärmet / so thue auch den
Terpenthin darein / hernach auch die Pulver von Sandarach und Mastix / rühre es mit einem
sauberen Höltzgen umb / biß alles recht zergangen und sich aufflösset / (das Wasser in Balneô
mag wohl gemach sieden oder kochen) wann es recht auffgelösset / so verwahre es in einem Glaß /
wohl zu gebunden / zum Gebrauch / und wann er durch langes Stehen etwas zu starck würde / so
kan man nur / wann man etwas gebrauchen will / solchen in einem Schüßelgen ein wenig über Feur
oder in warm Wasser halten.
Ein anderer Spic-Fürniß.
Nimb Spic-Oehl drey Loth / Sandarach zwey Loth / Mastix ein Loth / zerreibe den [411] Mastix und Sandarach erstlich klein / gantz trocken / hernacher wasche
solchen mit guten Spiritu Vini, oder rectificirten Brandenwein / reib es auch damit / laß den
Brandenwein wieder vertrocknen / thue solche in das Spic- Oehl / lasse es über einer sanffteren
Wärme darinnen solviren oder zergehen / und so der Fürniß zu starck würde / so thue nur noch
ein wenig klares Spic - Oehl drunter. Hüte dich / daß du dergleichen Fürniß nicht leicht zu
einem andern Feuer oder Hitze / als heiß Wasser / bringest / wenn du ihn bereitest / denn er
entzündet sich leicht / und ist nicht zu löschen; Gestalt dann gar unlängst zu Nürnberg / ein
wohlgeachter Mann mit samt seiner Frauen / wie auch Magd und Jung / elendiglich sich verbrandt
haben / also / daß sie sämbtlicht in wenig Stunden sterben müssen / indem sie einen dergleichen
Fürniß / in der Röhren des Ofens / in ihrer Stube bereiten wollen / welcher sich entzündet /
und sie / als diejenige / so löschen wollen / wie gemeldt / auff den Todt beschädiget. Dahero
ich jederman / nur vorsichtig zu seyn / hiermit nothwendig erinnern müssen.
Weisser Lac-Fürniß.
Nimm anff zehen Loth rectificirten Brandenwein / der kein Phlegma hält / klein pulverisirten
Gummi Sandaracha zwey Loth / klaren Venedischen Terpenthin / auch zwey Loth / thue es zusammen
in ein gutes Glaß / verwahre das Glaß oben wohl mit gewächstem Papier und Rinds-Blaßen / setze
solches in einen drey-füssigen Topff mit warmen Wasser / unten auff den Boden des Topffs soll
Heu gelegt seyn / damit das Glaß sanfft darauff stehen könne; stelle das Glaß in den Topff /
und den Topff über ein Kohl-Feuer / also daß das Wasser darinnen starck siede oder koche: Lasse
das Glaß mit dem Fürniß ein Stund oder drey in dem kochenden Wasser stehen / damit sich der
Sandarach und Terpenthin in dem Brandenwein recht aufflösse / und mit demselben wohl vereinige;
alsdann geuß deinen Fürniß also siedenheiß durch ein rein hären Tuch / und verwahre solchen in
einem Glaß mit einem engen Halß / wohl zu gebunden / zu beliebten Gebrauch. Dieses ist ein
edler Fürniß: man soll auch mit diesen Fürniß nur die liechten und hellen Farben / als weiß /
gelb / grün / blau / hoch-roth / item was versilbert und vergult ist / überstreichen.
Eine andere Art von Lack-Fürniß / mit welchem man rothe und dunckele Farben anmachen / und
folgends überstreichen und begläntzen kan.
Nimb hoch-rectificirten Brandenwein / welcher seine Probe hält / also / daß er / wann man ihn
auff Pulver geust und anzündt / dasselbe wegbrenne; Item / wann man einen leinen Lappen drein
dunckt und anzündt / mit sambt dem Lappen rein verbrenne; Nümb / sage ich / desselben ein gutes
Pfund / reinen und wohlaußgelesenen Gummi Lacca ein viertels Pfund / reibe den Gummi Lacca
klein / thue ihn in ein Phiole, geuß den Brandenwein darüber / lasse es ein paar Tage stehen /
doch alle Stunden einmahl wohl herum geschwänckt und gebeutelt; des dritten Tages hänge es über
eine mässige Kohlen-Hitze / und lasse es so lange über den Kohlen hangen / biß sichs wohl
auffgelöst / und wann mans im Glaß schüttet / daß es recht / als ein dünner Leim das Glaß
herunter lauffe; wann solches geschehen / kan dieMateria durch ein härin Säcklein gedruckt /
und zu beliebten Gebrauch austbehalten werden.
Noch ein besserer Lac-Fürniß.
Nimm den allerbesten und stärcksten Brandenwein / der / wie oben gemeldt / das Pulver
wegbrennt / giesse desselben eine Kanne oder Maaß über ein Pfund des bey einem Töpffer gantz
weiß-gebranten Weinsteins: lasse den Brandenwein auff dem Weinstein einen Tag stehen / nur in
der Stuben Wärme / doch / daß der Brandenwein wol verwahrt sey / daß er nicht verriche; giesse
hernach den Brandenwein fein sauber ab / oder filtrire ihn durch ein Papier; nimb desselben
Brandtenweins ein Pfund / weissen Agstein sechs / Loth Sandaracha, auch sechs Loth / Gummi
Lacca zwey Loth. Der Agstein muß nicht von dem Abgang-Pulver / sondern von reinen Stückgen und
in übrigen mit sambt den andern Speciebus wohl außgelesen seyn; reibe sie alle drey gantz klein
zusammen / thue es in eine Phiole oder Glaß-Kolben / und geuß drey Pfund Brandtenwein daran /
das Glaß aber muß nicht gar die Helffte voll seyn: rüttels und beutels eine gantze Stund herumb
/ lasse es hernach ein paar Tage stehen / doch daß es alle Stunden wieder ziemlich umbgerüttelt
werde; nach diesem kan es abgegossen und in einem andern Glaß wohl verbunden / zum Gebrauch
verwahret werden. Was von der Materia im Glaß zurücke bleibt / kan man nur in selbem stehen
lassen / und auffheben / dann wann man den Fürniß von neuem machen will / darff man nur die
Helfft??? frisches Zeugs darzunehmen.
Noch ein sonderlicher guter Lacc-Fürniß.
Nimm hoch-rectificirten Brandtenwein / der wie oben zugerichtet sey / eine halbe Maaß;
Gummi-Lacca vier Loth / Sandaracha zwey Loth / [412] weissen Agtstein ein
Loth / Mastix ein Loth / weissen Weyrauch ein Loth. Diest vier Stücke sollen in einen
steinernen Mörsel auffs kleinste gerieben / und hernach mit sambt dem Brandtenwein in eine
Phiol oder Kolben-Glaß gethan werden; welches Glaß / nachdem du es auffs beste vermacht / also
daß nicht der geringste Dampff oder Geruch heraus kommen kan / so setze es in die heisse Sonn /
oder im Winter auff den warmen Ofen; lasse es ein Tag drey oder vier stehen / hernach setze es
in eine warme Aschen - Kappelle / und lasse es gar sittiglich ein paar Stunden gelinde kochen:
so bald der Brandtenwein genugsam auffgelöset / und als ein Fürniß in einer gelb-braunlichten
Farb / und ziemlich dicken Consistentz erscheinet / so giesse es also siedent heiß durch ein
rein härin Tuch / und presse es mit zwey Höltzern (wie bey denen Apotheckern gebräuchlich) fein
wohl auß; giesse es alsdann in ein gläsern Gefäß mit einem engen Halß / und verwahre es auffs
beste verbunden zu deinem Gebrauch.
Lacc-Fürniß auff eine leichtere Art.
Nimm Gummi-Lacc anderthalb Loth / Mastix / Sandrach / Agtstein / jedes ein Quintlein / thue
es gröblich zerstossen in eine Phiole, giesse des starcken Brandtenweins darauff ein Loth /
setze es in die Wärme / biß es sich wohl auffgelöset / (was sich aufflösen will) hernach
durchgeprest und damit angestrichen.
Ein anderer dergleichen.
Nimm auff ein Pfund des allerstärcksten Brandtenweins sechs Loth reinen und kleingestossenen
Gummi-Lacc / thue es in ein Phiolen-Glaß / schwäncke es etliche Stunden herumb / (es muß aber
das Glaß nicht zu klein seyn / denn sonst würde es zerspringen /) wann es genug gerüttelt /
setze es an die Sonne / oder auff den warmen Ofen / auff einen Stroh-Ring / laß es etliche Tage
stehen / alsdenn durch ein hären Tuch gezwungen / und in einein andern Olaß wohl verwahret
auffbehalten.
Noch ein dergleichen guter Fürniß.
Nimm auff ein Pfund des allerstärcksten Brandtenweins sechs Loth reinen Gummi-Lacc / thue es
gröblich zerstossen in den Brandtenwein / beutels oder rüttels eine Stund herumb / lasse es
hernach in einem Balneô Mariae eine Stund kochen; seuge es also warm in ein ander Glaß / und
gebrauchs nach belieben. Daß ich nun hier so vielerley Manieren von Lacc-Fürnissen beschreibe /
wird sich niemand irren lassen / sondern vielmehr solches mit Danck erkennen / und versichert
seyn / daß ich nichts beschreibe / als was durch die Experientz wahrhafftig erfahren und
bestättiget worden / so wohl von mir als andern Künstlern: Zu dem / so ist immer einer leichter
und geschwinder zu machen als der andere / ohne daß auch einige leichter von Coleur / und
dahero zur hellen Farben besser dienen; ingleichen sind auch immerzu in einem Process einige
Handgriffe gemeldet / die in andern vergessen oder außgelassen: Meine also / der Verständige
werde sich solches wohl zu Nutz zu machen wissen. Ich erinnere mich aber nochmahl / wer mit
diesen Fürnissen umbgehen will / daß er sich mit dem Feuer in Obacht nehme / zumahl / wo
Terpenthin / und Spicc- oder auch Terpenthin-Oehl und dergleichen darzu kommen. Dann wann sie
sich entzünden / so sind sie nicht zu dämpffen; wolle man Wasser zugiessen / so würde es
schlagen ärger als Büchsen-Pulver / und auff etliche Schritte herumb alles anzünden / so ich
denen die unvorsichtig sind / nicht ungemeldet lassen können sc. Mit dem Lacc-Fürniß / da
starcker Brandtenwein zukombt / ist sich gleichfals vorzusehen / daß man nicht mit einem
angezündeten Licht zu nahe komme / dann der Brandtenwein entzündet sich wie ein Blitz / doch
ist solcher eher zu dämpffen als der andere. Ist also gut / daß man solches Dinges nicht zu
viel auff einmahl mache / sc. und keine andere Hitz / als wie oben erwehnt / daß Balneum Mariae
darzu gebrauche. Weiter / wann ja ein solch Versehen oder Unglück entstünde / so soll man nur
eine nasse Kalbs - oder Schaffs - Haut oder ein leinen Tuch / wie ein Tisch- oder Bettuch groß
/ in Wasser eingenetzt / in Bereitschafft haben / und vier- oder mehr-fach drüber decken / und
alsdann / wo nöthig / Wasser auff dasselbe / so muß es ersticken / und kan keinen weitern
Schaden thun. Wer solches nun vorhin oder besser weiß / vor den ist es hier nicht geschrieben.
Noch ein Lacc-Fürniß zum Glantzgeben.
Nimm Gummi-Lacc / und Sandrach jedes zwey Loth / ein halb Nössel hoch rectificirten
Brandtenwein dran gegossen / wohl vermacht / drey Tag / an der heissen Sonnen stehen lassen /
(oder sonst in gleichmäsiger Wärme) es darff aber nicht gebeutelt oder geschüttelt werden.
Eine andere Art des besten Glantz-Lacc-Fürniß.
Nimm hoch-rectificirten Brandtenwein / filtrire denselben durch calcinirten Weinstein / nimb
hernach weissen Agtstein / Gummi-Lacc / und Gummi-Sandrach jedes anderthalb Loth / solches wohl
außgelesen und kleing erieben / thue [413] all in ein Kolben-Glaß / geuß den
filtrirten Brandtenwein drüber / rüttels etliche Stunb herumb / laß hernach drey Tag in der
Wärme stehen / zwing es durch / in ein ander Glaß und brauchs nach deinem Willen.
Eben dergleichen.
Nimb Sandrach drey Quintlein / Gummi-Lacc vier Quintlein / giesse darüber des stärcksten
Brandtenweins / rüttels herumb / stells im Sommer an die Sonne etliche Tage / zwings durch ein
härin Tuch und verwahrs zum Gebrauch: dieser Fürniß dienet wohl auff Holtz / und die Farben
anzumachen.
Einen sonderlichen geheimen und künstlichen weissen oder hellen Lacc-Fürniß zu machen.
Nimm Gummi Elemi, Gummi anime (man kan solche in allen Apothecken haben) weissen Weyrauch /
und weissen Agtstein / jedes ein Quintlein; es muß alles schön rein / und wohl außgelesen seyn
/ stosse oder reibe es klein / thue es in ein Glaß / und koche solches in destillirten Essig /
giesse hernach den Essig ab / und wasche die Materia wohl mit reinem warmen Wasser / so wirds
gantz weiß scheinen / laß trocknen / und reibs wieder klein; thue noch darzu ein Ouintlein
Gummi / Tragant / und zwey Quintlein weiß Crystallinischen Zuckercand / auch klein gerieben /
thue es in ein ziemliches Phiolen - Glaß / in welchem ein Pfund hoch - rectificirten
Brandtenweins ist / trage es allgemach hienein: wann alles hieneiu getragen / so rüttle es eine
gantze Stund herumb / setze es hernach ins Balneum Mariae, und wann dasselbe anfängt zu sieden
/ so lasse es noch ein paar Stund stehen / alsdann wieder erkalten / und einen Tag oder drey
ferner darauff stehen lassen / hernach abgegossen / und so viel man kan / durchgezwungen /
ferner in einem reinen Glaß / mit einem engen Mundloch wohl verwahrt / zum Gebrauch behalten.
Diesen Fürniß / auff eine andere und noch geheimere Art / als einen Spicc-Fürniß zu
verfertigen.
Nimm die obige Materia / tractire sie erstlich mit destillirten Essig allerdings wie oben /
thue auch darzu den Tragant und Zucker / reibe / wann alles trucken / gantz klein; hernach nimb
reines und gantz klares und helles Spic- oder Terpenthin-Oehl ein Pfund / nimb auch klaren
Cyprischen Terpenthin sechs Loth / thue es zusammen in einen starcken Glaß-Kolben / und setze
denselben mit einem Bley-Ring versehen / in ein warmes Balneum, wann nun das Balneum anfänget
zu sieden / der Terpenthin auch recht zergangen / und ziemlich warm zusammen worden / so thue
nach und nach die andere klein geriebene Species darein / rühre es wohl mit einer reinen
höltzernen Spatel umb / lasse es eine Stund drey oder vier im kochenden Balneo stehen / hernach
nimbs heraus / und verwahrs in einem andern Glaß / so wirst du einen schönen klaren und raren
Fürniß haben / der zu vielen Dingen mit grosser Zierd und Nutzen kan gebraucht werden.
Einen künstlichen Fürniß die Blaue und und andere gemahlte Coleuren / wie einen Spiegel /
kläntzend zu machen.
Ist ein Kunst-stückgen / so noch wenig Mahlern bekandt / der Process ist also: Was du will
blau mahlen mit Oehlfarben / daß es wie ein Spiegel gläntzen soll / das untermahle erstlich mit
Indig und Weiß / doch daß Terpenthin-Oehl unter dem Indig sey; siehe / daß es dir schön gerathe
/ und nicht im Anfang verderbe / und so es getrocknet / so höhe und tieffe drein nach deinem
Gefallen / laß es wieder trocken werden / brauche hernach diesen Fürniß. Die Bereitung
desselben ist also: Nimm klaren Cyprischen Terpenthin ein halb Loth / Sandracch / ein Loth /
Mastix auch ein Loth. Den Sandracch und Mastix reibe auffs kleinste / alsdann nimb zwey Loth
Spic - Oehl / ein Loth Terpenthin-Oehl / thue es nur in ein Zucker-Glaß / laß den Terpenthin
orin auff der Wärme zergehen / thue des gepulverten Gummi auch darunter / setze das Glaß in
eine Pfanne mit Wasser / laß das Wasser über dem Feuer auff einem Dreyfuß allgemach kochen /
etwann auff eine Stund / so wird schon alles wohl zergangen seyn und sich zusammen vereiniget
haben; laß es dann erkalten / und hebs in einem Glaß mit einem engen Halß / zu folgendem
Gebrauch / auff.
Gebrauch.
Wische erstlich das obbemeldte untermahlte Stück mit einem reinen Läpgen trocken ab / alsdann
nimb eine leichte Smalten auff deine Politen / so viel du bedarffst / das Blaue damit zu
lasiren / mache selbe mit gelehrtem Fürniß wohl dünne / und lasiere also auch fein dünne mit
einem guten und saubern Borst-Büntzelein über das Gemahlte / lasse es trocknen / dann es
trocknet innerhalb drey Stunden; stolle es nur an ein reines Ort / daß kein Staubdarauff falle
/ lasiere wieder darüber / solch lasieren soll zu siebenmahl geschehen / und allezeit
getrocknet / so wirst du darinnen als in einen Spiegel alles / was du davor hältest sehen
können. So du es noch gläntzig und glässerichet haben wilt / kanst du nur offter drüber
basieren / nemblich ein zwölff oder sech???hen mahl; doch [414] daß es
allezeit dünne mit der Smalten vermischt auffgestrichen / auch allezeit wohl getrucknet werde;
du kanst auch / wo du wilt / mit weiß darauff spielen / es wird ein überaus schönes und
ergetzliches Ansehen überkommen.
Allerhand von hartem Holtz / (als Ahorn-Birn-Nuß- und Pflaumen - Baum - Holtz) bereitete
Cischer-Arbeit / item Stäbe und dergleichen / mit dem Lacc-Fürniß / auff Schild - Kröten Art zu
zurichten / also / daß es weder von scharffen Wassern noch von Oehl abgehe und Schaden nehme.
Uberstreich dasjenige Stück / so du machen wilt / erstlich mit einem Lacc-Fürniß /
dergleichen jetzt beschrieben ist: darnach überstreichs mit Mennig / so die Helfft mit
Rausch-gelb vermischt / aber auch mit Lacc-Fürniß angemacht sey: wanns trocken / über-fahrs
wieder einmahl / zwey oder drey mit Lacc-Fürniß / doch allemahl zuvor trocknen lassen:
überschabs alsdann mit rein trocknen Schafft - Heu. Ferner nimb Drachen-Blut (ist ein rother
Gummi) stoß und reibs klein / machs mit dergleichen Fürniß dünne an / rührs umb / zwings durch
/ so du wilt / doch ist solches eben so nöthig nicht: hebs in einem Gläßgen wohl verwahrt auff
/ denn je länger es stehet / je schöner es an der Coleur wird / hiermit kanst du Wolcken über
das überstrichene Stück machen / doch muß von dem gelben noch viel durchscheinen; wo du
nochmahl auff das Gewölcke dupffst / so wirds daselbst dunckler. Du kanst auch mit dergleichen
Fürniß / Bein-Schwärtz / oder nur Kupfferdrucker-Farb / oder auch Inbig oder Umbra / oder
Indianische Dinten anmachen / und zum Theil mit dem Drachen-Blut misciren / damit kanst du es
noch dunckler vertieffen; du musts aber allezeit truckenen lassen / alsdann nimb Pimßstein /
laß ihn wohl durch-glüen / stosse ihn gantz klein / nimb Schafft-Heu legs in frisch Wasser /
tuncks alsdann in gepulverten Pimß / poliere oder reibe es klatt nach deinem Gefallen sc. Wann
es dann glatt genug ist / so reibe es starck mit einem reinen willen Lappen / halts über eine
gelinde Glut / und überfahre es einmahl fünff oder sechs mit dem Glantz-Fürniß; gib aber acht /
daß ihm nicht zu heiß gehe / sonst fahren Blattern auff / laß es wohl trocknen / nimb alsdann
Zinn-Aschen mit Baumöhl abgerieben / und Jucht-Leder / poliers damit; letzlich nimm etwas Zinn
- Asche auff den Ballen der Hand / und reib es / biß es Glantz genug hat / dann es muß wie ein
Spiegel gläntzen. Man kan es wohl mit halber Mühe machen / aber daß es schön werden soll / das
ist nicht; gleichwohl wird die Ubung manche Vortheile und Verkürtzung der Arbeit an die Hand
geben.
Rothe Corallen-Arbeit.
Gründe das Stück wie obiges / überstreiche es auch einmahl vier mit Mennig / allemahl
getrocknet; hernach einmahl oder sechs mit Zinnober / so auch mit diesem Fürniß / oder /
welches noch besser / mit lichtem oder hellern Fürniß (wie oben zu machen gelehrt) muß
angemacht werden: wann das geschehen / schabe es mit Schafft-Heu / und überstreiche es wieder
mit klarem Fürniß / einmahl acht oder neun / verfahre ferner / wie erst mit der
Schild-Kröten-Arbeit ist vermeldt worden. Auff dergleichen Art und Weisse kan man Thresoren /
Betten / ja gantze Zimmer zurichten / auch mit Gold drein mahlen / es hat ein recht Fürstlich
Ansehen.
Mit gülden oder Hautschischen Streu-Glantz auff dergleichen Art zu verfahren.
Erstlich bestreich deine Arbeit einmahl oder zwey mit Lackfürniß / hernach reibe auch
Cöllnische Erde oder Gummi-Gutte mit dergleichen an / diß muß ein solcher Fürniß seyn der fein
helle ist / streiche auch damit deine Arbeit einmahl oder 2. an / laß es trocknen / alsdenn
überfahrs allein mit lautern Fürniß / und zwar nur an einem Ort / siebe deinen güldenen Glantz
darauff / bestreiche wieder ein Theil / und wieder Glantz darauff gesäet / und das so lange biß
deine Arbeit gantz überstreuet ist; mercke: wann man zu viel auff einmahl mit Fürniß
überstriche / so würde derselbe theils vertrucknen / und der Glantz nicht hafften können. Wann
es nun gantz zerstreuet ist / so nimmt man ferner klaren Fürniß / und überstreicht die Arbeit
sechzehen mahl damit / alsdenn polirt oder reibt mans mit Schafft-Heu und abgeriebenen Pimmß
wohl ab / ferner einmahl oder sechs mit Fürniß überstrichen / und mit Zinn-Aschen polirt /
wieder etlich mahl überstrichen / und noch einst mit Zinn-Aschen poliert / so ist es fertig.
Wie man die lichte Farben / die man mit hellem Lac-Fürniß überziehen will / zurichten soll.
Weiß Bleyweiß soll man nur klein reiben / mit Milch anmachen und die Arbeit einmahl oder drey
mit überstreichen; Grünspan wird mit halb Milch / und halb starckem Brandenwein gerieben / und
auff das Weisse getragen / auff die Art / die einem jeden beliebt; mit Safftgrün kan man den
Grünspan vertiefen; blaue und gelbe Farben werden eben wie Grün angemacht / und damit nach
Willen verfahren; zu [415] alle dergleichen Arbeit wird der weisse Fürniß /
der oben gelehret worden / gebraucht; auch wann solche so weit gethan / einmahl zehen oder
zwölff drüber gezogen / als denn mit Zinn-Aschen gläntzicht gemacht / allerdings wie oben
außführlicher gelehret worden.
Stäbe auff Spanische oder Indianische Rohr-Art mit Lac-Fürniß zu machen.
Nimb Gurckmehl / thue solches in ein Glaß / geuß starcken Brandenwein darüber / laß vier und
zwantzig Stund in ziemlicher Wärme stehen / alsdenn seyhe es durch ein Tüchlein: Gründe deine
Stäbe / wie droben mit der Schild-Kröten Arbeit gemeldet / alsdenn mit diesem Gurckmehl / so
mit Brandenwein bereitet / angestrichen / folgends mit Umbra, oder gar mit Helffenbein-Schwärtz
vertiefft / machs allerdings nach denen natürlichen Stäben / überstreichs mit Fürniß / gleich
auff die Art wie droben bey der Schildkröten Arbeit vermeldet worden.
Wie der Lack-Fürniß von denen künstlichsten Buchbindern / zu den allerzierlichsten
Frantzen-Bänden gebrauchet wird.
Erstlich wenn das Buch mit Schaaf- oder Kalbs-Leder / welches bloß seine natürliche
Leder-Farbe hat / oder auch mit weissem Pergament überzogen ist / so wird es mit Fürniß
überstrichen / und mit Farben / wie droben bey der Schildkröten-Arbeit gemeldet / besprengt /
(einige überstreichens nicht zu erst mit Fürniß / geht auff Leder auch wohl an) mich ist die
leichteste Manier / daß man das Leder nur mit Umbra besprengt aus einen Porst-Penselgen / und
wanns trocken / wird es mit Fürniß überzogen / hernach mit einen Gerbstahl / womit die
Goldschmied Silber und verguldete / Arbeit ausbereiten / polirt / oder glatt gemacht / und
endlich noch einmahl oder etliche bey der Wärme mit Fürniß überstrichen. Man kans auch mit
allerley Farben punctiren und bemahlen / auch mit dem Güldischen und andern Straü-Glantz / wie
droben gedacht / zurichten: Item mit Muschel-Gold / Silber oder Metall besprengen / aber man
muß keinen andern / als einen lichten Für niß darüber ziehen / sonst wird alsobald die schönste
Lieblichkeit verdunckelt. Man kan den Lac-Fürniß mit wohlriechenden Sachen perfumiren / wornach
man solchen nemblich gebrauche will sc. Ich gebe hier zwar einem jedem gnugsame und
wahrhafftige Anleitung / die Arbeit aber recht compendieus zu machen / muß allein die Ubung und
Experientz lehren. Wann dieft und andere obige Arbeiten recht gemacht / so kan dasjenige / so
also gemahlt / verguld / versilbert oder medailirt und mit dergleichen nach unserer Lehr
wohl-bereiteten Lack-Fürniß etlichmahl gebührlich überzogen ist / weder von Oehl noch Wasser /
wanns auch gleich Scheitwasser wäre / keinen Schaden nehmen / und so es gleich besudelt / oder
von denen Fliegen bestuhlgängelt worden / so kan dock solches gleich / als wann es von Glaß
wäre / gar wohl wiederumb gereiniget werden.
Zugabe.
DEmnach wir in dem vorhergehenden Versicul des Agstein-Fürnis unter andern gedacht: So hab
bey dieser Gelegenheit und wegen Verwandschafft des Bornsteins mit den andern Resinis noch
eines Berichts von dem Ursprung des Agsteins / welchen nach der Zeit / als dessen Abhandlung im
ersten Theil dieser Material-Kammer schon gebruckt ware / von Herrn Bartholomaeo Crasselio p.
t. Pfarherrn zu Nidda / durch Vermittelung eines vertrauten Freundes empfangen / pro Coronide
gedencken wollen / welcher von Wort zu Wort also lautet:
Von dem Ursprung des Succini, Bornsteins oder bey uns also genandten Agsteins / sind / wie
bekandt / gar vielerley und zum Theil einander gar entgegen lauffende Conjecturen und Meynungen
/ beydes unter Gelehrten und Ungelehrten: Deren habe ich mich auff meiner Reyse / absonderlich
andenen Orten / wo diese Edle Gabe Gottes am melsten von der See außgeworffen und am Strande
gesamlet wird / mit vielem Fleiß und Nachforschen genau erkundiget / solche auch mit
unterschiedenen Gelehrten und curiosen Leuten / auch sonderlich mit wackeren See-Verständigen
und Kunst-Erfahrnen Bornstein-Drehern und Invenrirern (wie man diejenige nendt / welche auß
Bornstein allerhand künstliche Stücke und Bilder machen) wohl examiniret / und nach vieler
Untersuchung und genauer Erwägung ist mir unter allen diese derivation am sichersten und
glaublichsten vorgekommen: Daß nemblich der Bornstein / (Succinum,) auß einem lapidescrienden
succo concrescire / welcher auß einer gewissen Quell-Ader oder Born / als ein Felsen-Oehl oder
Felsen Gummi / fliesse und entweder auff dem See Grunde oder an einer Klippen seinen Fluß und
Außgang habe / hernach aber nach seinem Außflusse in dem Saltzichen See-Wasser seine
Liquiditaet verliere und coaguliret werde. Daher er [416] auch wohl
eigentlich und recht Bornstein genennet wird / weil er auß einem solchen Born entstehet. Worauß
man aber dieses schiessen mag / geben unter andern insonderheit folgende Umbstände: als
1. Da man so vielerley Sachen darinnen findet / welche sonst nicht hinein kommen könten /
wann das Succinum nicht zu erst flüssig wäre und solche in sich fänge. Wie ich davon viel
wunderbahre Stücke gesehen / und auch selbst ein und anders auffzeigen kan / davon man deutlich
sehen und abnehmen mag / wie die darinnen befindliche Dinge im herumb schwimmen auff dem Wasser
an dem annoch liquiden Succino kleben blieben / von demselben umbflossen und hernach in dessen
Coagulation darinnen mit eingebacken seyen.
2. Die unterschiedene Arten und Farben desselben / welche er nach seinem Außfluß in der See
bekombt. Dann da wird für gewiß gehalten / daß er solche / so lange er liquid ist / in der See
erst an sich nehme und weil er eine starcke anziehende Krafft in sich hat / nach der
unterschiedenen Beschaffenheit de See-Grundes / darauff er sich erstlich setzet / an einem Ort
diese / am andern eine andere Neben-Krafft und Farbe an sich ziehe / die er hernach behält.
Welche aber doch die Inventirer zum Theil durch Kunst demselben wieder nehmen und ihn zu seiner
eigenen blancken und hellen Farbe bringen können / die er zuerst im Außflusse hatte.
3. Weil dann und wann von einigen gewissen Leuten dergleichen Succinum in der See am Strande
gefunden worden / welcher noch gantz weich / wie ein eingeweichter Gummi oder gelindes Wachs
gewesen ist; wie dann solches fürnemlich auch mit nachfolgendem sicheren Exempel kan erwiesen
werden: Da nemblich der weltberümbte Mathematicus Hevelius in Dantzig / einst zwischen Dantzig
und Königs-Berg am See-Strande selbst solchen annoch gar weichen und nicht gantz coagulirten
succinum gefunden und auffgehoben / darein mit seinem Pittschafft-Ringe seyn Siegel / wie in
ein Wachs gedrucket / und solches hernach zum Beweiß gebrauchet hat: Indem das eingedruckte
Siegel mit dem Nahmen und Wapen darinnen gantz völlig und rein außgeduckt verblieben und mit
hart worden ist / daß darüber ein jeder / dem er es gewiesen / sich hat verwundern / und daher
auch die Sache glauben müssen. Dessen bin ich nicht nur von einem seiner hinterbliebenen
fürnehmen Anverwandten / sondern von einem andern seiner gewesenen guten Bekandten / mit
welchen ich eine Zeitlang vertraulich conversiret hab / selbst umbständlich berichtet und
darneben versickert / daß solches Stücke Bornstein mit dem Hevelischen Siegel nach Engeland
seye verlanget und geschicket worden / welches auch daselbst als eine grosse Rarität
auffgehoben und zum Beweiß dessen / was vom Ursprung des Succini zu halten sey / auffgewiesen
werde.
Sonsten hat man wohl acht biß zehen Farben an dem Bornstein / davon immer eine kostbahrer ist
/ als die andere. Die rareste und theuerste ist die so genandte Kombs-Farb welche
Perlen-farbicht außsihet: darvon eine Schnur Corallen-Körner / so die Dicke einer Closterbeer
haben / sechzig Rthal. aestimiret wird. Nechst dieser ist die Citronen-Farb / welche auch schön
ist. Die schlechteste nennen sie s. h. die Arsch-Farb / so bräunlicht außsiehet.
|| [417]
Der vollständigen Natur- und Materialien-Kammer / Drittes Buch / Von
allerhand Thieren / Vögeln / Fischen / Gewürm und was davon herrühret. Das I. Capitel.
Von den Mumien / Menschen-Fett / Hirnschale / Gall- und Blasen-Stein.
§. I.
DIe Mumien oder Mumia ist ein schwartzes / hartes und hartzigtes Wesen / von balsamirten
Menschen-Cörpern herrührend / eines etwas scharffen und bitterichten Geschmacks und guten
Geruchs; kommet aus AEgypten / allwo sie sich in sehr tieffen Gruben und weisen Stein gehauenen
Begräbnüß-Gemächer / bey den berühmten Pyramiden finden lässet / welche beyderseits in des
Malets Welt-Beschreibung Part. 3. pag. 36. und 37. beschrieben und abgemahlet worden.
§. II.
Auff was Art und Weise aber die AEgyptier ihre Todten-Cörper balsamiret haben / wird in des
P. Kircheri Oedipo AEgyptiaco und D. Andrea Tr. De Bals. Veterum weitldufftig erzehlet. Sie
hatten nemlich 3. Stuffen oder Gradus des balsamirens / worvon die Erste und kostbabreste ein
Talent, das ist / über 400. fl. heut zu Tag aber über 4000. fl. kosten dörffte / indem die
außgeweydete Cörper ersilich mit Palmen-Wein / und nachmahlen 30. Tag mit den kostbarsten
Balsamen gerieben / auch endlich mit den besten Specereyen / als Myrrhen / Indianischen Narben
/ und dergleichen angefüllet worden / welches nur hohen Stands-Personen widerfuhre; und daher
rühret die Veritable AEgyptische Mumia, welche nach Benzoin und dem Opobalsamo riechet / aber
so rar ist / daß sie [418] nirgends / als in der grossen Herren Schätzen zu
finden ist / wie Herr D. Kempffer de Mumia Nat. berichtet. Die zweyte Art kostete nur halb so
viel / dieweilen so keine grosse Mühe darzu gethan / auch nicht so kostbare Balsamische Sachen
/ sondern nur die Myrrhen / samt dem Asphalto und dergleichen darzu genommen wurden / gehörete
den jenigen / so in ihrem Leben von mittelmässiger Condition waren. Die dritte Balsamation
bestunde nur auß Pech und Judenleim / nachdem die Todten-Cörper zuvor mit Kalck / Saltz und
dergleechen eingebeitzet / auch wohl gar in Oehl gebraten worden / damit ja alle Feuchtigkeit
davon kommen und die Olitäten besser penetriren konten; dahero es kommen mag / daß auch die
beinigte Theil von dem Balsam durchdrungen werden / wie auß deren schwartzen Farb zu ersehen
ist / welche Nehem. Grevv. an den jenigen Mumien / so im Museo der Königlichen Soc. zu Londen
im Gresham Colledge zu sehen / und von ihm in dessen Historie beschrieben wird / in acht
genommen hat / worvon die Act. Lipsiens. A. 82. Mens. Jan. Num. 1. auch gelesen werden konte.
Endlich wurden nach vollendeter Basamirung die Mumien in viele leinene Tücher und Banden
eingewickelt / mit Charactern bezeichnet / und benebenst ihren Abgöttern in die Gruben geleget;
worvon obgemeldter Kircher mit mehrerin handelt.
§. / III.
Uber diese wahre und schwartze Mumien gedencken einige Scribenten auch der weisen Mumien /
welche auß denen Menschlichen Cörpern bestehen / so das Meer außgeworffen / und der Meer-Sand
in Lubien bedecket hat / worinnen sie von der Sonnen also außgedörret worden / daß weiter
nichts daran als die blosse Haut und Bein / über welche die Haut gleichsam wie ein Pergament
gezogen ist / weßwegen auch ein gantze Mumia über 30. Pfund nicht wieget / dergleichen eine vor
diesem zu Pariß in Des Herrn B???udet Cabinet zusehen war; und weilen also nichts balsamisches
daran zu finden ist / so werden sie auch gantz nicht zur Artzney gesuchet / können auch mit
Recht keine Mumien genennet werden / welches in der Arabischen ober Persischen Sprach
engentlich ein balsamisches Hertz auß den alten Gräbern bebeutet / wie Frid. Hoffmann in Clav.
Schroed. p. 673. lehret.
§. IV.
Weilen indeffen die Veritable Egyptische Mumien in selbigen Ländern gar hoch gehalten und von
den Einwohnern offentlich nicht abgefolget / sondern heimlich und bey nächtlicher Zeit von den
Coors-Gesellen in die Schiffe müssen getragen werden / wie Vielheur in Beschreibung frembder
Materialien pag. 181. auß andern Marerialisten bezeuget; So hat man sich unterfangen solche
künstlicher Weise auß dem Menschen-Fleisch nach zu machen / doch aber nicht auff die jenige Art
/ welche ein verfluchter Jud zu Alexandria in AEgypten so mit der Mumia gehandelt / im Gebrach
gehabt / und die verstorbene Menschen-Cörper / ohne Unterscheid / ob sie von ansteckenden
Seuchen oder andern Kranckheiten gestorben / also zubereitet und angeschmieret / vor die rechte
Mumien verkauffet / auch sich damit noch über die Christen / so dergleichen schöne Waare suchen
/ mocquiret hat / wie ein gewissen Franzoß / so alles selbsten bey dem Juden gesehen / dem
Frantzösischen Materialisten / Herr Pomet, erzehlet / und dieser in seiner Histoire Generale
des Drogues lib. 1. 6. referiret hat: Sondern auff die jenige Manier / welche Schroederus und
dessen Außleger D. Ettmüllerus in C mm. p. 790. wie auch Le Febvre im ersten Theil seiner
Chymie p. 231. auffgezeichnet haben.
§. V.
Inzwischen sind einige Gelährte / welche durch die Mumien nicht das balsamirte
Menschen-Fleisch oder die Cörper selbsten / wie sie gebracht und in deren Kunst- und
Naturalien-Kammer gezeiget werden / sondern nur dasjenige Hartz oder Erdpech / so mit dem
Geblüt sich vereiniget / und also auß den Gräbern solcher balsamirten Cörper dringet /
verstehen wollen / wie in des Wormii Mus p. 30. zu sehen; Ja es werden einige gefunden / so das
blosse Asphaltum auch an statt der Mumien gebrauchen; da hergegen die Materialisten das
balsamirte Fleisch selbsten auch davor passiren lassen / und im Einkauffen nur darauff Achtung
geben / daß man deß Pulvers und kleinen Zeugs nicht zu viel annehme / auch wann man grosse
Stücker kaufft / es nicht blosse dörre Beine seyn / sondern daß die Beine außwendig Fett und
noch Fleisch an sich haben / imvendig aber voller Marck seyn / wie Schurzius p. 59. und auß
demselben Marxius p. 126. ihrer Material-Kammern in acht nehmen. Die beste muß schön schwartz /
oder zum wenigsten graw und darbey leicht und gläntzend seyn / auch einen guten Geruch haben /
so nicht nach Pech rieche / wie Pomet c. l. schreibet. Das kleine muß vom Sand wormit es
vermischet wird / gesäubert werden.
§. VI.
Der Krafft und Würckung nach hat die Mumia eine erwärmende / zertheilende und Balsamische
Qualität / zertheilet die Winde im Leib / wie auch das harte / geronnene und verstockte Geblüt
/ so jemand gefallen und sich wehe gethan hat: Ist gut gegen die Lungensucht / Miltz- und
Seitenstechen / Mutterschmertzen und äusserliche wunde; weßwegen sie auch unter sehr viel alte
Compositiones, als Pulv. contra casum Empl. Apostol. in dergleichen kommet / und in den
Apo [419] thecken auff verschiedene Weiß praepariret wird / in
welchen man eine Essenz, Elixir, Oleum und dergleichen darauß machet / worvon Schroederus pag.
29 lib. 5. seiner Aporthecker-Kunst zu sehen ist. Was aber die MUMIA NATIVA, oder MUMINAHI, so
sich in Persien findet / für herrliche und ungemeine Kräffte habe / kan der gelehrte und
curiose Leser auß deren Beschreibung / so Herr. D. Kempffer in seiner Disp. Inaug. oder Decad.
obs. Exot. §. 3. mittheilet / ersehen / welche wir im Anhang dieses Buchs nach den
Ost-Indianischen Sendschreiben ins Teutsch übersetzet beyfügen werden.
§. VII.
Sonsten wird auch das Menschen-Fett oder.
AXUNGIA HUMANA
von denen Materialisten und Apotheckern in Handlung geführet / welches am besten bey den
öffentlichen Anatomien von gesund-hingerichteten Menschen zu haben; weßwegen die gemeine Leuth
solche auch bey den Nachrichtern suchen / kan aber grosser Betrug mit unterlauffen / indem man
kein gewisses Merckzeichen hat / wordurch die Axungiae recht könten unterscheidet werden.
Indessen scheinet das Menschen-Fett was sonderliches vor andern zu haben / in dem es eine vim
anodynam oder Schmertzstillende Krafft de sich führet / und nicht allein die contracte Glieder
erweichet und besänfftiget / sondern auch die Nerven und Senn-Adern / wann sie durch ein Dorn
oder andere Sache gestochen und verletzet worden / auch deßwegen sich mit grossem Schmertzen
zusammen ziehen / wieder zurecht bringet / und wann man einen Fuß vertretten / sehr gut thut.
So rühmet man dieselbe mich gegen Schwindung der Glieder: Worzu das Oehl so einige davon
destilliren sehr gut ist.
§. VIII.
Ferner findet man auch die Hirn-Schale oder
CRANIUM HUMANUM
in denen Material Kammern / welche gleichfals von den hingerichteten armen Sündern / oder
denjenigen / so im Krieg umbgekommen / zunehmen; weßwegen im letzten Türcken-Krieg gantze Säck
voll Türcken-Köpff nach Leipzig gebracht worden. Unterdessen gibt es einige Materialisten und
Apothecker / so auch das Cranium verstorbener Leuth führen / wie ich dann mit meinen Ohren
gehöret / daß einsmahlen ein gewisser Materialist einige Menschen-Köpff auß dem Bein- und
Todten-Hauß bestellet: Welches ein schändlicher Betrug ist / so gar nicht solte geduldet
werden; indem in solchen abgestorbenen Cörper kein Safft und Krafft ist / da hergegen in
denjenigen / welche gewaltsamen Todtes sterben / die Lebens-Geister gleichsam gefangen und in
den Theilen des Leibes concentrirt werden / von welchen die Würckung meistens herrühret /
welche augenscheinlich besser in den carniis der armen Sünder / als der Verstorbenen gespüret
wird / wie noch ohnlängsten Anno. 1701. hier in Giessen erfahren / allwo ich einem kleinen Kind
/ so mit der Schweren Noth (gegen welche die Hirnschale hauptsächlich gerühmet wird) behaffter
war / das cranium Hum. praep. auß der Apothecken verschriebe / welches keinen Effect thun
wolte: Als aber den Eltern etwas von einem verfallenen Sceleto mittheilete / ist das Kind
glücklich damit curiret worden. Könte man aber ein Stücklein von einem am Kopff verwundeten und
noch lebenden Menschen haben / so wirds unvergleichlich besserthun / wie D. Hoffmann in Comm.
Schroed. p. 675. auß eigener Erfahrung bezeuget. Absonderlich aber machen einige ein groß Wesen
von dem Osse Triquetrô oder dreyeckichten Bein / so zuweilen / doch garselten zwischen der
Sutura Sagittali und Lambdoide gefunden / und vor ein gewisses Antepilepticum gehalten wird /
welches nach des Paracelsi Vorgeben an denjenigen / so die fallende Sucht haben / soll gefunden
werden. Nun kan ich zwar selbsten bezeugen / daß solches an einem in A. 1677. allhier
geköpfften und nachmahlen offentlich Anatomirten Vatermörder / so mit dem schweren Creutz
garofft und hart beladen gewesen / eingetroffen habe / indem diefes dreyeckichte Beinchen gar
schön auff dessen Hirnschale gefunden war / auch noch an dem Sceleto, welches Herr D. Strauß /
Pract. in Rotenburg / in Handen hat / zusehen ist: Ob es aber in allen Subjectis also eintreffe
/ lasse an seinen Orth gestellet seyn / und muß die Erfahrung hier etwas gewisses lehren. Im
übrigen dienet diese Hirnschale auch gegen andere Schwachheiten / als Kröpffe und Knollen am
Halß / worinnen es vor ein geheimes Mittel von dem berümbten Hartmann gehalten / und von D.
Micheln bewehret gefunden worden. So hielte auch Hr. D. Widt / Weyland Käyserl. Kammer Medicus
zu Speyer / und zuletzt Churf. Mäynzischer Leib-Medicus das cranhumanum vor ein gewisses Mittel
gegen die Gelbsucht. Daß aber sich einige Soldaten ein bilde / man könte sich vest machen /
wann man auß einer Hirn-Schale trincke / wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. p. 791. erwehnet
/ ist ein lächricher Aberglaube; sonst müsten alle Studiosi Medicinae, wann sie bey Säuberung
des Sceleti, nach gehaltenen Anatomien / gemeiniglich eines auß der Hirn-Schale herumb trincken
/ west werden / welches mit der Erfahrung gar nicht übereikommet. Von den Praep. aus der
Hirn-Schale besihe Schroederum c. l
§. IX.
Was auch von dem Hirnschal-Mooß oder so genandten
|| [420]
USNEA CRANII
Humani
vor ein Wesen gemacht werde / ist gleichfals bekamt / welches doch selten recht und
ohnverfälscht zu finden ist / indem einige auch das Mooß von den verstorbenen Köpffen in den
Bein- und Todten-Häusern abklauben und vor die rechte Usnee verkauffen / welche doch billich
von denen auffgepfälten / gehänckten oder auffs Rad gelegten Menschen-Köpffen herrühren solte.
Soll eine sonderliche Krafft gegen alle Blutstürtzungen haben / welche es nicht allein
innerlich / sondern auch äusserlich nur in den Händen gehalten / stillen soll. Es ist auch
diese Vsnee das Fundament der Waaffen-Salb und des so berühmbten Lapidis Buttleri, worvon
Helmont ein gantz Tractätlein geschrieben hat / dessen Beschreibung von einem alten Chymico,
Namens Kriegsmann vor diesem empfangen hab.
§. X.
Letzlich findet man auch in einigen Museis und Material-Kammern den Menschen-Stein oder
CALCULUM HUMANUM,
absonderlich den Blasen-Stein / welcher vor andern / (so fast in allen Theilen des
Menschlichen Leibes auch generiret werden können / wie der berühmte Dänische Leib-Medicus Herr
D. Franck in Lapicidina Microcosmi auß vielen andern Scribenten auffgezeichnet hat) zur Artzney
auffgesuchet wird: Und weilen Er wie die Bezoar-Steine / auß viel übereinander wachsenden
Blättlein und lamellis bestehet / auch eine dergleichen Gifftreibende Krafft in ansteckenden
Fiebern und der Pest selbsten hat: So wird derselbige von Christiano Hieblen in seinem
Teutschen Tractat von dem Bezoar-Stein nicht unbillich unter die Bezoartische Steine gerechnet
und Bezoar Microcosmicum genennet; hat sehr vieles und zwar gantz flüchtiges Saltz in sich /
wie D. Maezius, Prof. zu Leyden / bey seinem Leben zum öfftern in dasigem Laboratorio Chymico,
wie ich selbsten gesehen / gezeiget hat; in Ansehen dessen er auch gegen den Nieren- und
Blasen-Stein selbsten gerühmet wird.
§. XI.
Weilen inzwischen viele in der Meynung stehen / daß Paracelsus und Helmontius durch den so
genandten LUDUM den Blasen-Stein von einem Menschen verstanden hätten; so ist / zu wissen / daß
der rechte
LUDUS HELMONTII
ein gantz anderer Stein sey / welcher an der Scheld nahe bey Antwerpen gegraben wird: hat
unten einen grauen Satz / wie die Kalck-Steine sind / oben aber eine durchsichtige Krust / wie
Agstein / anzusehen / welches ohnlängst eine sehr vornehine Matron, so vor diesem des
Weltberühmten und längst verstorbenen Generalen Rabenhaupt (eins grossen Liebhabers der Chymie)
Gemahlin gewesen / Herr D. Schleirmacher / Hochfl. Hessen-Darmstädtischen Leib-Medicum
versichert / und daß sie solchen offters in Handen gehabt / berichtet hat; wie dann dessen auch
die Miscellaced Germ. Cur. Dec. A. 7. und Ettmüllerus in Commentario Schroed. pag. 802. und
806. gedencken und vor einen Kalckstein halten.
Dieser Ludus soll ein sehr flüchtiger Stein seyn / welcher vor sich in zwey Tagen vermittelst
des Feuers gantz in die Lufft fliegen soll / welches viel eher geschicht / wann man ihm etwas
von Salpeter zusetzet; und weilen man auch ein bitters und etwas sauers Saltz darauß haben kan
/ wird er von Paracelso Fel Terrae oder Erd-Galle genennet / darvon in dessen Tr. de Morb.
Tart. Cap. 20. weiter nachzusehen allwo verblümter Weiß davon gehandelt wird. Was aber der
berühmte Helmont vor ein Wesen davon mache / und wie er ein infallibiles Mittel darauß gegen
den Stein und andere Gebrechen zu machen suche? kan in dessen Buch de Lithiasi nachgeschlagen
werden.
§. XII.
Zuweilen finden sich auch einige Steine in der Gallen-Blas der Menschlichen Cörper / welche
insgemein gelb / bitter und leicht sind / dergleichen Anno 16 -- allhier in der Gallen-Blaße
eines Schinders Tochter / so wegen vieler Delicten enthauptet / und nachmahlen offentlich
anatomiret wurde / zu sehen ware / und noch biß dato in meinem Museo zu finden sind: haben eine
sonderliche Krafft gegen diejenige Gelbsucht / so von dergleichen Steinen herrühret / und
kommen in de übrigen Qualitäten mit den jenigen Steinen überein / so in den Gallen-Blasen der
alten Ochsen gefunden werden / worvon künfftig soll gehandelt werden.
§. XIII.
Am allerseltzamsten aber ists / daß auch gantze Kinder in Mutter-Leib zu Stein werden können
/ dessen man ein curios Exempel in dem Museo Regio Haefniensi Sect. 1. pag. 1. auffgezeichnet
findet / allwo ein Foetus humanus Lapidefactus, welchen eine Schneiders-Frau in Franckreich 28.
Jahr bey sich getragen hat / zu finden ist / welcher erstlich von einem Parisischen Kauffmann
einem Jubilirer zu Venedig und von diesem Anno 1653. dem Großmächtigen König in Dennemarck
Friderico III. verkauffet worden / dessen Abbildung auß gedachtem Museo Regio im Anfang dieses
Capitels zu sehen ist.
|| [421]
§. XIV.
Die Menschen-Haut oder
CUTIS HUMANA
soll die schwere Geburth befördern / von welcher D. I. P. Brum de medicam. ex homine desumtis
schön geschrieben hat.
§. I.
DIe Elphanten-Zähne oder
DENTES ELEPHANTI
sind sehr grosse / lange und dicke Zähne / außwendig gelb und inwendig weiß / deren jeder zu
Zeiten zwey Centner wieget / wie dergleichen einer von dem Apothecker Vielheer in Beschreibung
frembder Materialien pag. 189. abgerissen und vorgestellet worden / kommen in grosser Quantität
auß Ost-Indien / und werden so wohl gantz / als in fragmentis von denen Materialisten
geführet.
§. II.
Gleichwie nun der Löw auß den Klauen erkandt wird / also kan man auß diesen Zähnen allein die
ungeheure Grösse dieses Thiers / so
ELEPHAS
oder Elephant genennet wird / leichtlich ermessen / auß dessen Ober-Kiefen diese Zähne / an
beyden Seiten deß Rüssels 8. biß 10. Schuh / und so weit herunter stehen / daß ohne eintzige
Beschwerde des Thiers auff jedem ein Mann sitzen [422] kan / wie Ettmüll. in
Comment. Schroed. p. 782. berichtet; dergleichen Länge doch die Männlein nur haben sollen / und
daran von den Weiblein erkennet werden. Beyde aber seynd wohl 8. biß 10. und mehr Schuh hoch /
und von solchem Gewicht / daß ein Elephant mehr Fleisch / als 5. unserer Ochsen haben soll /
der grossen und schweren Knochen jetzo nicht zu gedencken / welche theils an dem gantzen
Sceleto, so zu Paris nebst dem Theat. Anat. im Königlichen Garten zu sehen / und mir vor 14.
Jahren vom Herrn Du Vemey, nebst den grossen Officulis auditus gezeiget worden: Theils an dem
Kopff allein / so in der Schneid-Kammer zu Leiden in Holland auffgehänget ist / mit
Verwunderung zu sehen / und sind an dem noch lebenden Kopff die Ohren 6. Schuh breit: Ist
sonsten ein sehr kluges und artiges Thier / so zu vielen Künsten / als Fahnen schwingen /
Reverentz zumachen / Gewehr loß zu schiessen und andern Kriegs-Exercitien kan gewöhnet werden /
dergleichen einer in Anno 95. hier gezeiget wurde / von welchem der berühmte Sturmius Seel. zu
Althorff Anno 1696. eine schöne Disputation gehalten / worinnen von allen den übrigen
Eygenschafften der Elephanten weitläufftig gehandelt wird / worvon Gesnerus, Aldrovandus und
andere in den Weltberühmten Thierbüchern zu sehen sind.
§. III.
Eines nur habe nicht gäntzlich hier vorbey gehen können / wie und welcher Gestalt nehmlich
diese sonst wilde und ungeheure Thier gefangen und zahm gemacht werden / welches der Ritters de
Chaumont, ehemahliger Königlicher Frantzösicher Ambassadeur im Königreich Siam selbsten gesehen
/ und in Beschreibung seiner Siamischen Ambassade lib. 1. p. 98. umbständlich also erzehlet
hat: Der König / schickte eine Anzahl zahme Elephanten Weiblein in den Wald / worzu sich die
wilde Elephanten gesellen / welche mit 30. biß 40000. Mann und vielen Kriegs-Elephanten
umbringet / mit grossem Feuer und loßbrennen der Stücken geschrecket / nach und nach gefangen /
und alsdann in einer besondern Gruben gebunden und gezähmet werden / biß sie nach 15. Tagen
ihren Speißmeister erkennen und demselben in allem pariren. Und dieses ist allein von den
Oost-Indischen zuverstehen / indem die jenigen so in AEthiopien und Abnssinen find / gar nicht
sollen zahm werden / wie der berühmte Herr Ludolffen in seiner Historiâ AEthiopica bezeuget /
doch aber in einer schönen Figur unter Augen leget / wie sie die Frücht auff den Aeckern
bewahren, können.
§. IV.
So grossen Nutzen nun die Elephanten selbsten in Orient / zu Kriegs- und andern Diensten
leisten / indem sie grosse / mit gnugsamer Mannschafft besetzte Thürne tragen können: Je
grössern Profit ziehet man in Europa von deren Zähnen / welche nicht allein das davon genandte
Helffenbein oder
EBUR.
mittheilen / sondern auch zur Artzney gebrauchet werden / jenes ist entweder an den gantzen
Zähnen und wird EBUR INTEGRUM genennet / oder komt in Stücken und Fragmentis; worvon
beyderseits die Kunst-Drechsler sehr schöne Galanterien / absonderlich die grosse und kleine
Clistier-Pfeiffen (welche die Materialisten auch führen) drehen / auch die Bildhauer /
Kammächer und andere Künstler ihre Arbeit machen; dahero in Nürnberg allein Jährlich viel
tausend Pfund davon verarbeitet wird / wie der Nürnbergische Materialist Marxius in seiner
Material-Kammer pag. 92. versichert. Das beste komt auß Ceylon.
§. V.
???n der Artzneykunst hat man erstlich das geraspelte Helffenbein oder
RASURAM EBORIS
welchen / wie das geraspelte Hirsch-Horn zu den Tisanen dienlich / und wegen seines
flüchtigen Saltzes gegen alle Fieber / Gelbsucht und andere Leber- und Miltz-Beschwerungen
nützlich ist: in welchen Kranckheiten auch das Pulver davon gerühmet wird. Ja es wird auch
zuweilen das Helffenbein / wie das Hirsch-Horn durch Außdämpffung mürb gemacht und philosophicè
calcinirt / welches in den Apothecken
EBUR SINE IGNE
genennet wird / dessen Gebrauch mit dem vorigen überein kommt.
§. VI.
Wann aber das Helffenbein recht calcinirt und gebrannt ist / so wird es EBUR USTUM genennet /
welches wieder zweyerley / eines so im offenen Feuer so lang gebrannt wird / biß es weiß
außsihet und sonsten
SPODIUM
ex EBORE
heisset / welches auß- und inwendig schön weiß / schwer / mürb und in schönen Schiffern seyn
/ auch nicht viel kleines haben muß: Hat eine anhaltende Krafft / und wird / wie auch die
Trochisci de Spodio gegen alle Bauch- und [423] Blut-Flüß / wie auch das
Weise der Weiber gelobet / wann man eslaber in einem zugedeckten Diegel calcinirt / bleib es
kohlschwartz / wie D. Hoffmann in Clav. Schroed. pag. 660. zeiget: Auß welchem kleine Küchlein
mit Wasser gemacht werden / so den Mahlern dienen und von den Frantzosen Noir de Velour
genennet werden. Doch kan man / ehe das Helffenbein auff diese oder jene Weiß calcinirt wird /
zu vor das Sal Volatile und den Spiritum davon ziehen / und nach mahlen den Satz oder ???
ferner also calciniren / damit nichts zu ungut komme.
§. VII.
Man findet auch zuweilen dergleichen grosse Zähne und Beine unter der Erden / welche dem
Helffenbein gleich sehen und deßwegen.
???EBUR FOSSILE
genennet werden: Sind auß wendig auch gelb und inwendig weiß / und an der Zung gelb / ob aber
die Stücker von vergrabenem und in der Erd calcinirtem Helffenbein herrühren / oder auß einer
fetten Erden oder Margâ, durch Spiele der Natur also formiret werden / lassen wir die
Naturkündiger außmachen: Muß recht mürb auff der Zunge / unleidlich ziehend und schön weiß seyn
/ wie Marxius c. l. p. 93. berichtet. Es kommet sonsten an seinem Wesen und Tugenden mit dem
gegrabenen Einhorn sehr überein / worvon an einem andern Ort gehandelt wird.
§. VIII.
Letzlich muß man auch den Affen / so sich auff unsern Elephanten oben in der Figur retiriret
hat / nicht gar verschmähen / sondern auch dessen mit wenigen gedencken / zumahlen man in
demselcen einen sehr herrlichen und kostbahren Stein oder Bezoar so
BEZOAR SIMIARUM???
oder Affen-Stein genennet werden könte / finden soll / dessen 6. Gran mehr / als von dem
rechten Bezoar ein halb quint thun sollen / weßwegen auch ein Stück mehr dann hundert kostet /
wie Tavernier im 2. Buch seiner Reif-Beschreibung pag. 319. berichtet. Diese Steine sind
insgemein gantz rund / da der Orientalische Bezoar offt auch länglicht und von andern Figuren
ist: Sol auff der Insul Macassar meistens zubekommen seyn / dergleichen zwey HErr Pomet.
Frantzösische Materialist zu Paris besitzet / welche Er nebst dem Pedra Poreo vor eine der
grösten Curiositäten und Reichthumen in Europa hält / wie aus dem Anhang seines Buchs pag. 2.
zusehen ist. Sonsten aber sind die Affen sehr schädliche Thiere / welche die Früchten des
Landes sehr ruiniren / wie der obbemeldte Herr Ludolff l. c. Lib. 1. cap. 10. num. 52. zeiget;
weßwegen ihm die Einwohner des Lands auch sehr nachstellen / und mit allerhand Listen zu fangen
pflegen / welche Mallet im dritten Buch seiner Welt-Beschreibung pag, 77. gar artlich
beschrieben und in einem Abriß unter Augen gelegt hat.
|| [424]
§. I.
DAs Nasen-Horn / oder
CORNU RHINOCEROTIS
ist ein dickes / dichtes und nicht ausgeholtes Horn / etwa einer Ehlen lang / eusserlich
schwartz oder grau / inwendig weißlicht / und schlissig / ohngefehr einer Ehlen lang / aber
sehr starck und schweer / und wie ein halber Mond gekrümmet / unten dick und / oben spitz / wie
ein groß Ochsenhorn: komt über Holland und Engelland / und gleich wie es vor diesem was
sonderliches und seltzames war / wie auß deß Schröden Pharmacop. Lib. V. p. 38. zu schliessen /
also ist es dieser Zeit nichts rares mehr / weilen bey allen Materialisten deren Mänge zu haben
ist / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 169. schreibet.
§. II.
Dieses Horn wächset einem srembden Thier auff der Nasen / welches deßwegen selbsten das
Nasen-Horn und RHINOCEROS genennet worden: ist in West-Indien zufinden / und soll an seiner
Grösse dem Elephanten wenig nachgeben / wiewohlen es viel kürtzere Beine hat / und deßwegen
nicht so hoch ist / so streitet es dach mit dem Elephanten / und kan denselben mit seinem Horn
/ wormit es jenem den Bauch auffritzet / übermeistern deßwegen es auch Elephanten-Meister
genennet wird / wiewohlen auch dieser seinen Meister wieder haben soll / dessen Horn in Herrn
Nicolai Mus. VVittenb. zu sehen ist / und mit dem Thier von Pareo p. 79. S. S. Majolo, Camerar:
AEliano, Schroedero, Gesnero und andern beschrieben wird. Seine Gestalt aber ist recht seltzam
und wunderlich / indem es am Kopff den wilden Schweinen gleich siehet / auff ohne dem
obbeschrichenen Horn / so es auff der Nasen träget / noch ein anders auff dem Rücken träget /
welches doch viel kleiner und nur einer Spannen lang seyn soll / wie Gesnerus in seinem
Thier-Buch in derjenigen Figur, so von einem lebendigen Nasen-Horn / welches dem König in
Portugal auß Indien nach Lisbon gesendet worden / genommen / und copiret worden / unter Augen
leget. Daß es aber an seinem Leib mit vielen harten Schalen bedecket / und wie mit einem
Harnisch versehen sey / wie nicht allein einige Materialisten und Apothecker / als Pome??? in
Histor. Simplic. lib. 1. c. 8. p. 26. und Vielheuer in Beschreibung srembder Materialien pag.
175. sondern auch einige Gelährte wohl schreiben dörffen / ist ein bloß erdichtetes Mäbrlein;
welches daher mag entstanden seyn / weilen die Haut dieses Thiers (so wie des Elephanten Haut
schwartzgrau und ohne Haar ist) in den Seiten und auff dem Rücken viel tieffe Runtzeln hat /
welche die Mahler und Kupfferstecher durch solche Muschelformige Schattirung abbilden wollen;
wie aus obiger Fig. zu sehen ist: Daher andere vermeynet es wären dergleichen harte Schalen und
Pantzer / wie solche Irrthumb schon längsten von dem Curiosen VVormio pag. 336. seines Musei
aus Jacobo Bontio, einem Indianischen Natur- und Geschicht-Beschreiber entdecket worden.
§. III.
Gleiche Bewandtnuß hat es mit derjenigen Meynung / welche mit dem AEliano glauben / daß alle
Nasen-Hörner Männliches Geschlechts wären / auch nicht / wie andere Thiere durch Beywohnung
beyderley Geschlechtes fortgepflantzet werden; dann ob man schon nirgends eigentlich
beschrieben findet / wie sich diese Thiere beywohnen / und wie sie ihre Jungen erziehen; so
streitet doch dieses wider die [425] gantze Natur / in welcher auch das
kleine sie Ungezieffer nicht anderst / als durch beyderley Geschlechte fortgezielet wird / wie
Franciscus Redi, ein gelährter Itali???ner längstens in dem schönen Büchlein Von Erzeugung der
Ungezieffern erwiesen hat. Wer wolte nun glauben / daß ein solches ungeheures grosses Thier
sich anderst vermehre? zugeschweigen daß solche Meynung der H. Schrifft zuwider / auch Plinius
schon lib. 10. ???. 36. von des Nasen-Horns Zeugung einige Meldung gethan / wie Ulysses
Aldrovandus in seinem Thier-Buch De Quadrup. Bisulcis lib. 1. pag. 366. in acht genommen /
welcher auch unterschiedliche Species dieses Thiers erzehlet / so entweder von dem Unterscheid
der Länder / oder der beyden Hörner genommen werden / welche entweder alle beyde auff der Nasen
/ oder nur eins auff der Nasen und das ander auff dem Rücken stehen soll / wie an gemeldtem Ort
mit mehrerm zu sehen ist.
§. 4.
Die Kräfften dieses Horns kommen mit dem Einhorn sehr überein / welchem es zuweilen auch
substituiret und an dessen Stell gebrauchet wird / wie Zacutus Lusit. lib. 4. Med. Princip.
Hist. 51. bezeuget; Und gleichwie nicht zu zweiffeln / daß es / wie das Hirsch-Horn und
dergleichen vieles flüchtiges Saltz in sich halte; so ist wohl zu glauben / daß in Ansehen
dessen es den Schweiß treibe / und wie man schreibet allem Gifft / und gifftigen ansteckenden
Fiebern zuwider seye und dieselbige vertreibe: Es werde entweder schlechter Dings geraspelt
oder gestossen eingenommen / oder auff eine andere Manier gebrauchet; Sintemahl auch ein
kostbahres Wasser darvon destilliret und eine Essenz davon kan gemachet werden / wie auß des
Fabri und Bartholeti Schrifften Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 796. geschrieben. So
werden auch Becher und Schalen darauß gedrehet / dergleichen Wormius in Mus. pag. 381. eine
beschrieben / wormit sich einige / wann sie darauß trincken / vor allem Gifft zu praeserviren
suchen / allwo doch der Glaube das beste thun muß.
§. 5.
Im übrigen hat man auch einen grossen Vogel / so ein Horn auff der Nasen träget / und
deßwegen
AVIS RHINOCEROS
genennet wird: Ist in Mich. Rup. Besleri Gazophylacio schön beschrieben / worinnen auch der
Schnabel mit dem Horn abgemahlet / welche beyde zu Franckfurt am Mayn in des Herrn Bansoe,
berühmten Materialisten / Officin in Natura zu sehen sind.
§. 6.
Endlich soll sich auch ein dergleichen Fisch finden / so
PISCIS RHINOCEROS
heisset / und von Caspar Ensen, einem berühmten Portugiesen Lib. 2. Hist. Ind. Occid.
beschrieben worden: Wird aber / wie der vorige Vogel in der Artzney nicht gebraucht.
|| [426]
§. 1.
SO grossen Nutzen das Cameel-Thier oder CAMELUS seinem Herrn in der Haußhaltung leistet /
indem es sehr wol zu halten und bey seiner schweren Arbeit zur Zeit der Noth lang Hunger und
Durst leyden kan: So wenig haben sich die Materialisten und Doctores dessen zuerfreuen /
nachdem man fast gar nichts darvon in denen Material-Kam̅ern und Apothecken
findet / ausser daß an einigen Orten die Cameel-Haaren auch von den Materialisten geführet
werden / welche zu kostbahren Zeugen und Hüten gesuchet / und wann sie vom Rücken des Thiers
genommen / auch wenig weise Haar in sich haben / vor die beste gehalten werden / wie Pome??? in
seiner Histoire des Drogues part. 2. lib. 1. p. 28 schreibet Weilen aber hier zu Land solche
von andern Handelsleuten geführet werden / so hat man nicht nöthig sich darbey auffzuhalten /
viel weniger das Cameel-Thier selbsten weitläufftig zubeschreiben / welches theils so rar nicht
ist / theils von Gesnero, Aldrovando, Bocharto und andern gnugsam beschrieben worden.
§. 2.
Eines nur allhier noch zugedencken / so ist auß den alten Schrifften bekandt / daß man
insgemein davor gehalten / wie daß der gegrabene oder natürliche Salarmoniac, Salmiac oder
SAL AMMONIACUM NATIVUM
in Lybien oder Arabien von dem Urin der Cameelen in dem heissen Sand / durch die
Sonnen-Strahlen gekochet und gezeuget werde / wann nemlich allda die Pilgrim und Kauffleute auf
ihren Caravanen ruheten / wie Marxius in der Teutschen Material-Kammer pag. 188. schreibet /
auch Pom???t in obgesetzter Figur unter Augen leget / welcher sich flattiret dergleichen
Salarmoniac von Monsr. Tournefort bekommen zu haben. Nun ist zwar nicht ohne / daß Plinius lib.
12. c. 3. deß ??? nativi Meldung gethan / auch vor diesem ein dergleiches Saltz daher möge
kommen seyn: Ob es aber also vom Urin der Cameelen gezeuget werde / ist noch nicht gnugsam
probiret worden / und scheinet vielmehr / daß dasselbige Saltz mehrer Gemeinschafft mit dem ???
gemmae, als mit unserm Salarmoniac gehabt habe / wie solches auß den nechst vorhergehenden und
folgenden Worten bey dem Plinio nicht unglaublich von dem jungen Herrn D. Wedelin Disp. Inaug.
de Sale Ammoniaco p. 7. geschlossen wird. Solte aber der Cameel-Urin etwas darzu contribuirt
haben / hätte eher ein ??? oder Salpeter wie bey uns / darauß entstehen könne̅
Zum wenigste̅ ist gewiß / daß man heut zu Tag von diesem Arabischen und
natürlichen ??? nichts mehr weiß und kein Splitter in den Apothecken und Material-Kammern
gefunden werde / wie Schroederus Pharm. Med. Chym. lib. 3. c. 25. p. 146. auch alle
Materialisten gestehen.
§. 3.
Indessen ist doch nicht gäntzlich zu läugnen / daß sich auch an andern Orten heut zu Tag noch
ein natürlicher Salarmoniac finde / indem nicht allein der Berg AEtna in Sic???en dergleichen
Saltz / so bald weiß / bald gelb außwirffet / wie Bocconius aux Recherches &
observ. Naturell. [427] p. 47. 247. bezeuget / sondern auch dergleichen bey
???uozzolo nicht weit von dem Vesuvio in Italien häuffig gefunden wird / dessen Fracassatus
Dissert. de Ling. Epist. Anatom. ad Malpigh. pag. 145. gedacht / und mir erstlich von Herr D.
Schellhass, vornehmen Cammer-Medico zu Wetzflar / und noch kürtzlich von Herrn Lic. Kneuseln
auß Franckfurt ein Prob mitgetheilet worden. Dieses Saltz komt in allem mit unserm gemeinen
Salarmoniac überein und gibt ein viel stärckern ??? Urinosum als dieses / weßwegen es einige
flores ??? nativos: Einige aber gar flor. ??? nat. nennen / weilen es etwas Schweffel in sich
hält und deßwegen gelb außsihet / wie die flor. ??? Wäre zu wünschen daß man solches herauß
bringen liesse und einen Raum in den Apothecken und Material-Kammern gönnete.
§. 4.
Weilen aber auch dergleichen bey uns nicht zu haben ist / als wird aller Orthen der gemachte
Salarmoniac oder SAL AMMONIACUM FACTITIUM gebrauchet / welches ein streiffiges / bitteres und
scharffes Saltz ist / und auß Urin / Kühnruß und gemeinem Küchen Saltz gemachet / in runden
Scheiben wie ein Kroppen Deckel / gegossen oder sublimirt und also hin und wieder verführet
wird: kommt meistens von Venedig und Antwerpen / wiewohlen jenes vor besser gehalten wird / wie
Schraderus. l. c. schon erinnert hat.
§. 5.
Wie solches zubereitet werde / lehret Hoffmannus in Clavi p. 349. Sie nehmen fünff Theil Urin
/ ein Theil gemein Saltz und einen halben Theil Kühnruß / kochens zu einer mas???, sublimiren
es nachmahlen zu ??? Nun sind zwar einige / welche vorgeben / man nehme entweder den Urin auß
gemeinen Rinnen zu Venedig / oder auch von Krancken auß den Hospitälern darzu: Allein viel
gemeldter Au???hor zeiget / daß solches gantz falsch sey / indem man nur frischen und gesunden
Urin darzu n???hme / weilen der schon faulend- und stinckende sich nicht mit dem andern
einkochen lässet / weilen wie bekandt / sein ??? vol. (woran am meisten gelegen) so balden weg
fleugt / welches dem frischen ??? besser einverleibet ist.
§. 6.
Der beste ist / welcher recht trucken / schön weiß / mitten und inwendig schön klar /
hellpissicht / un̅ nicht schwartz ist / auch nicht viel Grund hat / wie Schurzius
in seiner Material Kammer p. 81. redet. Welcher hergegen fetticht außwendig so wol oben als
untensch wartz / inwendig aber grau / schwartzlicht und so durchsichtig wie eine Maur von sechs
Schuhen ist / tauget im Grund nichts / wie Pomet ??? zeiget. Der Salmiac in Scheiben / ist
besser als in Glocken / Marxius l. c. p. 188. Je grössern und pene???tern Geruch er erwecket /
wann man ein wenig in der Hand mit lebendigem Kalck oder Potasche reibet / je besser ist
er.
§ 7.
Dem Nutzen un̅ Gebrauch nach ist der Salmiac ein sehr nutzbares Saltz / dessen
sich nicht allein die Färber / Goldschmiede / Rothgiesser / Nadeler un̅ andere
Künstler zu ihren Arbeiten / sondern auch die Medici sehr bedienen / indem es eine sehr
eröffnende / auff- und ablösende Krafft hat / und deßwege̅ in allen von eine̅ verschleimte̅ Magen un̅ Gekrüß herrührenden
Kranckheiten / als allerhand Wechsel-Fiebern / Abnehme̅ / Hectica und dergleichen
vortrefflich ist / auch äusserlichen gegen die Bräun in Gurgelwassern / und in den Flecken und
Fellen der Augen sehr gut thut / worgegen die Augen- und Wund-Aertzte das blaue Wasser oder ???
sapphirinam davon mache̅. So treibet es auch den Schweiß / absonderlich / wann es
durch ein andern Alcali auffgelöset und das ??? vol. entweder in flores sublimiret oder der so
treffliche
SPIRITUS SALIS AMMONIACI
darvon destilliret wird / welcher nichts anderst / als der ??? urinae ist / und eine sehr
durchdringende Gewalt hat / womit er alles geronnene und gestäckte Geb???üt kräfftig zertheilen
/ die Nerven und Lebens-Geister stärcken / den Schweiß befördern und also gegenden Schlag /
Gicht und Lähmigkeit / Scharbock / Fieber / ja die Pest selbste̅ ein vortrefflich
Mittel ist; welcher auch ausserlich an die Naß gehalte̅ die mit dem Schlag /
schweren Noth und Mutterstickungen befallene ermundern / auch mit des Gl???uberi Instrument /
äusserlich den weiblichen Gliedern ap???iciret / die menses befördert; und kan man auch auß
dessen Capite mortuo noch das SAL HYPOCHONDRIACUM elixic ren / von welchem und andern
Praeparatis Ettmüllerus in Comm???nt. Schroed. Chym. Experim. Colleg. Ludov und andern Orten
weitläufftig und gründlich handelt.
§. 8.
Was dieses Saltz in der Chymi??? und Alchymie vor eine wunderliche Krafft habe / ist auch
denjenigen bekant / welche nur ein wenig in die Kohlen gegriffen haben / indem er auch das Gold
selbsten aufflösen kan / wann man es mit ??? dem ??? versetzet und also das AQUAM REGIAM darauß
machet. Ja es ist so kräfftig und flüchtig / daß es auch die Tinct ren auß Stein und Metallen
mit sich in die Höhe schwinget / und deßwegen von Basilio Valentiund andern Aquila Coelestis
und der weise Adler genen̅et wird; dahero dann seine flores recht übergehen /
wann ihnen entweder rothe Corallen / der B???utstein oder das ??? zugesellet wird / sublimiret
man aber den ??? mit der Terra ??? dulc bekomt man das so berühmte SULPHUR ??? ANODYNUM.
Vermischt man es mit Grünspan oder AEre viridi und sublimiret es / gehet das E??? Helmontii
über / welches vom Boyleo so sehr gegen die so genandte doppelte Glieder oder Rhachiridem
gerühmet wird: Von andern höhern und noch geheimern Laboribus anjetzo nichts weiter
zugedencken.
|| [428]
§. 1.
DIe Elendsklauen oder
UNGULAE ALCIS
sind braune Klauen von den hindersten Füssen des so genandten Elend-Thiers / so den
Hirschklauen nicht sehr ungleich sind / und benebens den Füssen auß Lappland / Schweden und
Norwegen gebracht werden / allwo dieses Thier am meisten gefunden wird; wiewohlen solches vor
diesem auch im Schwartzwald soll gelebet haben / daher das jenige sehr grosse Elend-Gewicht /
so einsmahls bey Durlach im Alt-Rhein gefunden worden / und in des Durchl. Marggraffen von
Baaden Bibliotheck zu sehen ist / mag gekommen seyn / wie der berühmte Theologus Herr D.
Ma???us ehemahliger Hoff-Prediger zu Durlach / jetzo Professor allhier in seiner Historiâ
Animalium bezeuget.
§. 2.
Dieses Elendthier oder ALCE wird nicht auff einerley Weiß von allen beschrieben / sondern von
einigen als Julio C???sare an der Grösse den Geissen / von andern aber / als Plinius den Eseln
verglichen: Welche beyderseits doch solches vielleicht mehr von hören sagen als auß dem
Augenschein beschrieben haben: Weßwegen man sicherer gehet / wann man sich an diejenige hält /
welche in den Mitternächtigen Orten selbsten gewohnet und das Thier gesehen haben / unter
welche Olaus Mognus, Goebe???us und andere zu rechnen sind / welche beye versichern / daß das
Elendthier ein ziemlich Theil grösser als ein Hirsch / und fast wie ein Pferd mit einem breiten
Gewicht / anzusehen sey; weßwegen es auch von einigen CAEUICERVUS, von andern aber ANIMAL
MAGNUM oder das grosse Thier genennet un̅ unter diesem Namen vom Andrea Baccio,
einem Römischen Medico, in einem eigenen Buch de Bestia Magna weitläufftig beschrieben
worden.
§. 3.
Im übrigen lieset man sehr viel von der wunderlichen Natur und Eygenschafft dieses Thiers /
als daß es sich nicht auffrichten könne / wann es einmal niedergefallen / weilen es kein
Gelänck in den Beinen habe Item / daß es sehr offt mit der schweren Noth beladen sey / und wann
es alsdann den lincken hinder Fuß in die Ohren stecke / so balden darvon befreyet werde;
weßwegen derselbe Fuß auch eine so vortreffliche Krafft habe / die schwere Noth oder fallende
Sucht an den Menschen zu curiren / und was deß Zeugs mehr ist. Allein alle diese Erzchlungen
sind vor blosse Fabeln und Mährlein zu halten / indem der obbemeldte Olaus Magnus in seiner
Historiâ Septentrionalium bezeuget / daß das Clendthier ein sehr geschwindes und schnelles
Thier seye / welches in Tag und Nacht etlich hundert Italiänische Meil lauffen könne. Wer wolte
nun glauben / daß solches mit so steiffen Füssen geschehen könne? Dergleichen sie vor diesem
auch dem Elephant zugeschrieben / welcher sich doch mit den Knien verneigen kan / wie An. 1695.
hier in Giessen an einem Elephanten selbsten gesehen habe: Und wie könte sich das arme Thier /
so es nach Vorgeben mit der schweren Noth so offt überfallen würde / helffen und wieder
auffkommen / wann es sich nicht wieder ausfrichten könte / so es einmahl nieder gefallen? solte
es dann allzeit liegen bleiben? wie könte es den lincken Fuß bey das Ohr bringen? wiewohlen
auch dieses und was von seiner fallenden Sucht vorgegeben wird alles [429] falsch und ein pur lauter erdichtes Mährlein ist / indem diejenige / denen die Natur dieser
Krauckheit bewust ist / leicht judiciren können / daß in derselbigen ein unvernünfftiges Thier
so viel Krafft und Witz nicht habe / sich also zu helffen / welches einem Menschen / so damit
behafftet ohnmöglich ist: Auch Goebelius, welcher das Thier selbsten gesehen und ein gantz Buch
davon geschrieben / bezeuget / daß es ein frisch und gesundes Thier sey. Weßwegen ich mich
nicht gnug verwundern kan / daß nicht allein die gemeine Leuth / sondern auch die berühmteste
und sonsten sehr Gelahrte Scribe???ten / so von den Thieren geschrieben / als Gesn???rus,
Aldrovandus, Jonstonus, ja der curiose Wormius (so doch zu Copenhagen in den Mitternächtigen
Ländern gelehrt hat) diesem Altvätterlichen Aberglauben Statt und Raum in ihren herrlichen und
kostbahren Büchern gegeben haben / welche doch mit der Warheit und täglichen Erfahrung gantz
und gar nicht überein kommen / es mag auch Baccius solche zu bemänteln und zubescheinen suchen
wie er will. Wobey annoch die Herrn Geistliche und junge Prediger will erinnert haben / daß sie
sich künfftig vorsehen / solche Lügen und Mährlein auf die Cantzel zu bringen / und wie
Franzius in seiner Hist. Anim. gethan / die streitende und / geängstete Kirch mit diesem
(scil.) so miserablen Thier zuvergleichen oder andere Geheimnüsse / als Christi Leyden /
Sterben und Aufferstehen mit dem Pelican, Phoenice und dergleichen erdichteten Vögeln
zuerklähre̅; sintemahl solche Glaubens-Articul gnugsam in Gottes Wort gegründet
und mit dergleichen Lügen bekleistert zu werden nicht vonnöthen haben.
§. 4.
Hierauß nun ist leicht zu schliessen / daß man sich so sehr nicht zubekümmern habe / welche
Klauen zu erwehlen seyen? ob sie von dem rechten Hinter-Fuß zunehmen / wie Schroederus und
dessen Außleger D. Hoffmannus wollen / oder von dem lincken Hinderfuß zuschneiden seye / wie
Pomet und Marxius in ihren Material-Kammern und vielmehr in Beschreibung frembder Materialien
vorgeben / indem alle beyde von D. Ettmiillern zugelassen worden. Ob aber auch diese einen
Vorzug vor den Förderfüssen haben und die Frucht des Thiers allein darin schlage / wie
gedachter Author schliessen will / lasse an seinem Orth beruhen / und halte ich zum wenigsten
eine so gut als die andere / wann sie nur auffrichtig und recht / und keine Hirsch-Klauen
(welche die Landfahrer dafür verkausfen) sind / so meistens an den Haaren der Füssen zuerkennen
/ welche deßwegen mit kommen. Sie müssen auch nicht Wurmstichicht / sondern noch gantz / dicht
/ braunschwartz und gläntzend seyn / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues lib. 1. pag. 24.
berichtet.
§. 5.
Die Wirckung rühret von dessen flüchtigen Saltz her / in Ansehen dessen es in der schweren
Noth freylich nicht undienlich seyn kan / es werde nun die Rasura, ???. vol. Essentia davon
innerlich genomme̅ / oder Ringe oder Amuleten davon äusserlich gebrauchet / worzu
solches von den Ringdreher und Perlemutterschneider zu Nürnberg sehr auffgesuchet wird / wie
Marxius in seiner Material-Kammer p. 217. berichtet.
§. 6.
Gleiche Kräfften werden auch dem Gewicht oder
CORNU ALCIS
zugeschrieben / welches / wie das Hirsch- und Einhorn auch gegen die Blattern und Röteln der
Kinder und andere gifftige Kranckheiten dienet / wie Hoffmann in Clav. Schr. p. 641.
zeiget.
§. 7.
Ob das Elend-Leder oder
CORIUM ALCIS
auch dergleichen Kräfften gegen den Krampff / wie die Ringe haben? überlasse fernerer
Erfahrung / wird sonsten wegen seiner Stärcke und Dicke zu Kollern und Handschuh vornehmer
Herren gebrauchet und auch theur bezahlt.
|| [430]
Das VI. Capitel.
Von dem rohen-gebrandten- und präparirtem Hirsch-Horn / Hirsch-Kreutzlein / Hirsch-Brunst und
der gleichen.
§. I.
VOn den Hirschen kommen so viel Artzneyen zur Apotheck und Material-Kammer / daß Pomet
denselben eine Welt voll Artzneyen und menschlicher Bequämlichkeiten (un monde de remedes, de
commoditez & d' avantages pour l' homme) genennet; welches die Weltberühmte
Dreßdischen Kunst-Kammer im Werck selbsten unter Augen legen kan / allwo in dem letztern Gemach
ein auß gebrandt Hirsch-Horn gemachtes Cabinet zusehen / in welchem so viele Praeparata, so von
den Hirschen herrühren / auffbehalten werden / daß es ein eigene Apotheck abgeben könte;
welches D. Johan. Adolff Torcken Anlaß gegeben seine Inaugural Disputation. De Cervo ejusque
partibus in Medicina usualibus zu schreiben / worinnen dieses sonst gnugsam bekandtes Thier
also beschrieben worden / daß es ohnnöthig hier viel Wesens davon zu machen / zumahlen auch
schon zuvor D. Graba ein gelahrtes Mit-Glied der Käyserl. Academiae Nat. Cur. in Teutschland in
seiner Elaphographiâ Curiosâ weitläufftig davon gehandlet hat; weßwegen ich auch von einigen
gemeinen Theilen des Hirsches als dem Hirsch-Unschlitt / MEDULLA und PRIAPO Cervi gar nichts
melden will.
§. II.
Jetzo nur derjenigen Stücken / so in den Material-Kammern insgemein darvon gefunden werden /
mit wenigem zugedencken / ist erstlich das bekandte Hirsch-Geweyhe oder
CORNU CERVI
zu vielen Sachen sehr dienlich / welches nach Unterscheid der Tann-Spieß- und gemeinen
Hirschen entweder breit / einfach oder zackicht ist / und spielet die Natur auch an den Zacken
so vielfältig / daß man ein gantz Museum damit anfüllen könte; wie dan das Hochfürstl.
Hessen-Darmstättische Schloß Merlau bey Grumberg in allen Gemächern mit dergleichen raren /
seltzamen und sehr wunderlichen Hirsch-Geweyhen also angefüllte und außgezieret ist / daß es
vor eine dergleichen Kunst- und Naturalien-Kam̅er wohl passiren könte: und kan
man solche auch in dem benachbahrten Hochfl. Dillenburgischen Thier-Garten an den lebendigen
Thieren sehen. In der Artzney aber werden diejenige / welche die Hirsche von sich selbsten
abwerffen / vor die beste gehalten / welche mehr von dem flüchtigen Saltz oder ???. vol. in
sich halten in Ansehen dessen es so ein vortrefflich Schweiß- und Giffttreibende Krafft in sich
hat / und gegen die ansteckende Seuchen / Flecken-Fieber / Blattern und Masen dienet / wann es
auch nur ins Getränck geleget wird / weßwegen auch die
RASURA CORNU CERVI
oder geraspelt Hirsch-Horn bey denen Materialisten zu finden ist; wiewohlen man am sichersten
gehet / wan man es in seiner Gegenwart raspeln lässet / indem es wohl mit geraspelt Ochsen-Horn
verfälschet wird / wie obbemelter Pomet in seiner Histoire des Drog. Part. 2. lib. 1. p. 35.
nicht in Abred ist.
|| [431]
§. III.
Unter dessen Praeparatis ist das philosophisch calcinirte Hirsch-Horn oder
CORNU CERVI PHILOSOPHICI CALCINATUM
sehr berühmt / und wird auff zweyerley Weiß gemacht / I. Wann man die Spitzen von den
Hirschgewichten durch bohret / einfädemt und wan man die Wässer destilliret / oben in den Helm
hänget / welches ohnvergleichlich besser wird / wan man es bey Destillirung der
Scharbocks-Kräuter / als Cochlear. Nast. &c. einhänget / daß sich deren
flüchtige Saltz mit dem CC. vereinige. 2. Wann man das CC. nur so lang in Wasser sieden lässet
/ biß es mürb gnug ist; da man zugleich die Hirschgallred oder
GELATINAM CORNU CERVI
auß dem Wasser bringen kan / welche auch offt verschriebë wird. Beyde also calcinirte CC.
sine ???. haben noch etwas ???. vol. und sind deßwegen viel kräfftiger / als das Gebrand
Hirsch-Horn oder
CC. USTUM
wo das vortreffliche flüchtige Saltz verlohren gehet / es seye dann Sach / daß man zuvor das
SAL VOLAT. CC.
darvon sublimire und nachmahlen das Caput mortuum vollends weiß brenne; über welches auch das
???. vol. mit etwas spir. vin. noch einmahl überzogen werden kan / daß es recht weiß werde;
worbey dan der
SPIRITUS und ??? CC.
zugleich mit übergehen / worauß mit dem ??? vol. CC. und ???. vol. succim der LIQUOR CC.
succinatus bereitet wird: Wan man aber die noch junge / weiche und beltzichte Hirschkolben
destill ret / bekompt man das Hirschkolb-Wasser oder
??? è TYPHIS CERVI,
welches unter die Hertzstärckende Mittel gerechnet wird / auch wie obige praeparata gegen
alle gifftige ansteckende Seuchen dienen kan.
§. IV.
Nechst dem CC. findet man auch bey einigen Materialisten die Hirtz-Zahren oder
LACHRYMAS CERVI
welche in den Augen-Winckel / wie kleine Bezoar Stein wachsen und erharten / und weilen ihnen
auch dergleichen Kräfften zugeschrieben werden / von verschiedenen vor den rechten Bezoar
außgegeben worden / deren Abriß oben bey dem Kupfferstück zusehen ist. Weilen aber Ludovicus,
Ettmüllerus und andere / solche nicht viel aestimiren und vor ein bloses excrement halten; so
gehet man sicherer / wan man in ansteckenden Kranckheiten die Hirschkugeln oder
BEZOAR CERVINUM
welche wie der occidentalische Bezoar in deren Magen oder Gedärme der Hirschen wachsen /
gebraucht / dergleichen Stein / einer Faust groß ohnlängst bey einem guten Freund gesehen /
welcher äuserlich weißgelb auzusehen und auß vielen überein ander gewachsenen Blättlein / wie
die Bezoar-Stein / zusammen gesetzt war.
§. V.
Ferner gehören auch die so genandte Hirtzkreutzlem oder
OSSA DE CORDE CERVI
zu denen Materialien / welche in dem Hertzen der alten Hirschen gefunden werden / auß den
erhärtenden fibris oder Fäserle in / welche oben umd die grosse Pulß-Ader gesetzet sind /
bestehen / und wann solche zu Knorbel oder endlich gar zu Bein werden / wie ein Kreutzgen
anzusehen sind / wie solche vom Ulysse Aldrovando in Hist. Quadrup. und Paralipom. abgerissen
und beschrieben sind; kommen meistens auß Italien / und werden nach dem 1000. verkaufft / wie
Schutzius in seiner Material-Kammer pag. 67 berichtet. Sie müssen schön weiß und nicht gar zu
groß seyn / sonsten leicht der Verdacht dar auff kommen kan / daß sie von alten Ochsen
herrühren / in welchen dergleichen Beinlein auch zu finden / wormit die Hirschkreutzlein
verfälschet / und dahero zweyerley Sorten davon in den Material-Kammern gefunden werden /
nemlich die rechte oder ossa de corde cervi vera und die falsche oder ossa de CC. spuria:
werden vor eine Hertzstärckung und Bezoardisches Mittel geachtet / wie solches vor diesem auff
hiesiger Universität in einer von D. Adami hier gehaltenen Disp. Inaugurali de osse Cordis
Cervi weitläufftig abgehandelt worden.
§. VI.
Ob endlich diejenige Schwämme / welche insgemein Hirschbrunst oder
BOLETI CERVINI
genennet werden / auch hieher zusetzen seyen / zweiffeln nicht unbillich einige gelahrte
Naturkündiger / indem diese Gewächse auch an denjenigen Orthen gefunden werden / wo niemahlen
kein Hirsch hingekommen: und derowegen gantz falsch ist / daß sie auß der Hirschen Saamen /
welcher ihnen zur Zeit der Brunst entfallen / entstehen / wie Jordanus beym Ulyss. Aldrovando
lib. 1. de Quadrup. p. 346. und Cordus in des Wormii Mus. pag 138. auch andere von D. Hoffmann
in Clav. Schr. l. 4. Sect. 11. angeführte DD. erwiesen. Sind sonsten runde / schwartze und
harte Schwämme / außwendig wie Leder anzusehen / und inwendig aber mit einem schwartzë Staub
angefüllet / womit einige den Schlagbalsam schwartz färben; daß sie aber die Geilheit so sehr
erregen solten / fundiret sich auf obigen falschen Wahn und vorgefaste Meynung / und kan man
mit Grund der Warheit ihn nichts anderst beylegen / als daß sie / wie alle andere Schwämme
etwas auffblähen / Wind im Leib erregen und dadurch zuweilen auch die Geburths-Glieder
aufftreiben.
|| [432]
Das VII. Capitel.
Von der Ochsengall und deren Stein / wie auch Spanischer / Venedischer und gemeiner Seiffen.
§. I.
DEmnach man in denen Apothecken auch einige Medicamenten / so von den Ochsen herrührë /
absonderlich die auffgedörrete Ochsengall und den Stein / so sich zuweilen in deren Gallen-Blaß
findet / zum nöthigen Gebrauch auffhebet / so muß man derselben hier auch nicht gantz un̅ gar vergessen. Weilen aber solche / wie alles andere zahme Rind-Vieh / so bekandt
sind / daß es lächerlich scheinen dörffte / wann man derselben Gestalt und Natur weitläufftig
beschreiben wolte; So hab an deren Stell dem curiosen und gelährtë Leser hiermit den Abriß
eines Ost-Indianischen Büffel-Ochsen oder
BUBALI INDICI
mittheilen / und wie derselbe mir ohnlängst von Herrn Vito, Materialisten in Wormbs (welcher
ihn aus Ost-Indien mit gebracht) vergönnt worden / hier bey setzen wollen; zumahlen in den
alten Thier-Büchern diese sonsten wilde Ochsen nit recht deutlich beschrieben worden / und
deßwegen von einigen der neuren Scribenten offt mit den Aur-Ochsen und andern confund ret
worden / wie Joh. Faber ein Collegio der Lynceorum zu Rom in seinen Anmerckungen über des Nardi
Hist. Animal. Nov. Hisp. p. 894 in acht genommen hat. Der gröste Unterscheid / woran sie von
unsern zahmen und andern wilden Ochsen zuerkennen sind / ist von den Hörnern zunehmen / welche
gantz hinterwarts gebogen un̅ gleichsam auff dem Nacken ligen / wie auß der Figur
zuersehen: dahero sie auch damit so keinen Schaden thun können / wie unsere Farren / welche mit
ihren spitzen und in die Höhe gestelten Hörnern offters denen Menschë den Bauch auffreissen /
daß das Netz und Gedärm herauß hanget / wie solches vor diesem einer mir verwandten Matron in
der Pfaltz widerfahren ist. Doch sollen die Büffel-Ochsen auch sich damit zuwehren suchen / am
meisten aber mit den Füssen und Stampffen schaden / von derë Kutten und Ungula sich einige
Ringe gegen den Krampff machen lassen / wie Schroed. und Hoffmann in Clav. Schr. l. 644.
schreiben. Von den Weible in aber wird geschrieben / daß deren vulva oder Gebuhrts Glieder wie
Bisam riechen und deßwegen auch von den Außländischen unter die wohlriechende Salben gemischet
würde / wie Thomas Bartholinus Cent. 1. Epist. Med. 49. berichtet.
§. II.
Unsere Ochsen belangend / so will anjetzo nicht viel von denjenigen Knorbel-Beinlein / so in
dessen Hertz (absonderlich der gar alten) ge [433] funden wird /
allhier melden / indem ohne das einige betrügliche Materialisten und Apothecker solches
mißbrauchen und vor das Os de corde cerni oder so genandte Hirsch-Kreutzlein verkauffen / wie
Pomet in seiner Histoire des Drognes lib. 1. p. 32. selbsten gestehet. So ist auch nicht
vonnöthen die Ochsen-Gall oder
FEL TAURI INSPISSATUM
weitläufftig nebst dem PRIAPO TAURI zubeschreiben / welche allen Metzgern bekandt und von
denselben gnugsam zubekommen ist. Nur wird nicht ohne Nutzen / auch dem geweigten Leser nicht
mißvergnüglich seyn / wann man des Gallen-Steins / so offters bey den Ochsen gefunden und von
einigen
BEZORA BOVINUM
genennet wird / noch mit wenigen gedencken darff / welches ein sehr leichter und
schwämmichter Stein ist / in- und auß wendig dunckelgelb / bitter / und von unterschiedlicher
Grösse / indem solcher nicht allein in der Grösse einer Kocher-Erbß / wie D. Majorin Anat.
Chilon fol. 9. schreibet / sondern noch viel grösser / wie ein Tauben oder Hüner-Ey gefunden
und offt über 4. Loht schwer gesehen wird / dergleichen ich ohnlängst bey Herzn D. Spenern / p.
1. berühmten Medico in Berlin gesehen / auch selbsten in Handen hab: Muß recht trucken und hoch
an der Farb seyn.
§. III.
Dem Gebrauch nach haben diese Steine eine vortreffliche Krafft die Gelbsucht zu curiren /
absonderlich diejenige / so von Steinen herrühret: Und weilen sie vieles flüchtiges Saltz in
sich führen / ist nicht zu zweiffeln / daß sie nicht weniger als der rechte Bezoar gegen die
Fieber vermögen / ja gar dem so hoch gehaltenen pedra porcas substituiret werden können / wie
solches in meinen Polychrestis Exot. Disp. 3. p. 44. mit mehrerin gewiesen hab. Und weilen sie
auch eusserlich Niesen machen und diejenige / so von der fallenden Sucht angefochten sind /
ermuntern können / so ist nicht wunder / daß die Türcken und Juden diesem Stein so sehr
nachtrachten und fast keinen Ochsen schlachten / worinnen sie denselben nicht auffsuchen
solten: Wäre auch zuwünschen / daß die Schlächter in Teutschland / wo so viele Ungarische
Ochsen herhalten müssen / fleissiger darnach sehen thäten / zumahlen diese Steine auch zur
Mignatur-Arbeit in der Mahlerey / wie gummi guttae soll gebrauchet werden können / wie Pomet l.
c. p. 32. berichtet.
§. IV.
Auß dem Unschlitt oder SEBO BUVINO machet man die Seiffen / wiewohlen diese auch auß
schlechtem Oehl mit starcker laugen und Pottasche gesotten werden kan / als die Schwartze
Schmer-Seiffen / welche doch wegen ihres Gestancks nur vor arme und karge Leuth gemacht wird.
Die harte und gute Seiffe hergegen wirdtheils bey uns gemacht / theils auß Spanien und Venedig
herauß gebracht. Diese letztere oder
SAPO VENETUS
hat wieder verschiedene Sorten / welche mit verschiedenen Zeichen bemärcket sind / unter
welchen man hier zu Land die Mond-Seiffen / anderstwo aber die / mit der Bärnklauen
bezeichnetist / vor die beste hält / wie Schurz. p. 105. und Marxius p. 185. ihren
Material-Kammern schreiben. Die beste ist / so recht hart und trucken und schön Marbrirt ist /
wie Pomet lib. 7. p. 244. darvon weiter handelt.
§. V.
Die Artund Weiß / wie die Seiffen gemacht wird / lassen die Seiffensieder nicht gern kund
werden. Weilen es aber eine sehr nützliche und profitable Wissenschafft ist / will sie allen
guten Haußmüttern zum besten hiermit mittheilen:
Seiffen-Recept.
Erstlich nehme man 7. Mesten gute und wohl gesiebte Aschen / kehre sie auff einen Hauffen /
in welchen eine tieffe Grube mache. 2. Nehme 2. Mesten guten und frischen ungelöschten Kalck /
thue ihn mit einer Schuppen in die Grube / und besprenge ihn / und so offt man eine schüppe
voll hinein thut mit Wasser / schlage denselben mit der Asche dicht zu / absonderlich an dem
ort / wo der Dampff herauß brechen will. Wann er nun alle zergangen / mische alles geschwind
untereinander und thue es 3. in eine Bütte / welche entweder einen durchlöcherten doppeln Boden
haben muß / wie die Meischbütten / oder lege erstlich Reiser in die Bütten / auff die Reisser
Heu oder Stroh / hierüber ein grob Tuch / und auff das Tuch einen Reiff / der das Gerüst
beysammen halte. 4. Nehme die vermischte Asche / lege sie in die Bütte und stampffe die Asche
dicht auff einander / daß das Wasser sich durchdringë muß un̅ ist sehr gut wan
solches ein halbe stund darüber stehet / welches Milchwarm seyn soll. Die erste Lauge / so die
beste / setze apart und die zweyte halte auch allein. 5. Zu 20. Pfund Unschlitt nehme dan 4.
Eymer Laugen und lasse es im Kessel warm werden / worinnen das rohe Unschlitt fein klein
geschnitten zergehen auch so lang sieden muß biß es den Leim hat. Alsdann scheide es 6. mit
Saltz / davon man immer ein Handvoll hinein werffen und allemahl zuvor etwas Wasser schütten
muß / und muß man zu 100. Pfund Unschlitt ohngefehr 1. Mest Saltz haben. Man sich nun die
Seiffe geschieden hat und die Lauge helle von dem Rührstock lauffet so hebet man sie entweder
mit dem Kessel ab und lässet sie verkühlen oder schöpffet sie 8. in einen viereckichten Kasten
/ welche viele Löchlin hat und mit eim Tuch beleget ist / lässet alles kalt werden un̅ schneidet alsdan die Seiffe mit dünnem Drat zu Taffeln oder stückern. Will man sie
Marmeliret haben / kan man unter dem Außschöpffen zerlassen / Indich darunter sprützen und
gelind untereinander rühren / daß es gestreifft / wie türckisch Papier außsehe. Mehrere
Nachricht von der Seiffen findet man in des Tucherii Hyppocr. Chymico, welchen hierinnen
Zvvelfferus ohne Ursach angegriffen und auß gehöhuet hat.
|| [434]
Das VII. Capitel.
Von denen Englischen Kalb-Fellen / Franßösischem Leder / wie auch Englisch / Holländischen
und gemeinem Leim.
§. I.
NAch denen in vorhergehenden Capitel abgehandelten Ochsen muß man auch der Küh und Kälber
noch gedencken / welche denen Materialisten und Apotheckern das ihre auch mittheilen.
Alldieweilen aber hier zu Land die Kälber gar zu bald / und ehe sie 3. Wochen alt sind /
geschlachtet werden / und derowegen manchem einen Eckel erwecken; so wird es die Mühe nicht
verlohnen / daß man solche hier beschreiben oder abmahlen solte; weßwegen an deren Stell das
vor einigen Jahren in den Advisen so belobte Holländische Kalb / so zwey Jahr gesogen hatte /
in obgesetztem Abriß (So eine Hohe Stands-Person in Holland darvon gegeben / und mir
nachgehends gnädigst mitgetheilet worden) unter Augen legen / zumahlen die sehr grosse Braten
davon / so 50. biß 60. Pfund gewogen / manchem das Maul wässerend werden gemachet haben.
§. II.
Weilen man nun in Engelland gemeiniglich auch schöne grosse Kälber / und so keine Katzen /
wie in Teutschland schlachtet: So ist kein Wunder / daß auch die
Englische Kalb-Felle
vor andern gesuchet und vor die beste gehalten werden / wormit auch an einigen Orthen die
Materialisten handeln dörffen / wie der Parisische Materialist Petrus Pomet in seiner
Französischen Material-Kammer lib. 1. p. 32. berichtet.
§. III.
Hierauß pflegen die Buchbinder und andere Künstler nachmahlen das so genandte
Französische Leder
zumachen / wann sie nemlich solche mit Essig / worinnen alt Eysen oder Feil-Staub gelegen /
mit einem Feder-Kiel bespritzen / oder auch mit andern Flecken bemahlen und nachmahlen mit dem
so genandten Glantz oder Lac-Fernuß bestreichen / daß es wie Schildkrott außstehet.
§. IV.
Nicht weniger lieben die Pergament-Macher dergleichen gute Kalbs-Häute / absonderlich zu
demjenigen Pergament / wormit die Trummeln überzogen werden; indem zu dem andern / so die
Buchbinder brauchen / auch die gemeine und dünnere Häute gut genug seyn. Von beyden aber fallen
die
|| [435]
Pergament-Schnitzeln /
ab / auß welchen das Frauen-Zinuner die schöue weisse Blumen / so den gefüllten weisen
Hecken-Rosen gleich sehen / zumachen wissen / und weilen sie die Beschreibung darvon sehr in
Geheim halten / so will curieusen Gemüthern auch hiermit einige Nachricht darvon geben. Solche
Blumen nun zu machen / bieget man sie erstlich von Kupfferdrat so grosse Ringlein / als die
Blätter werden sollen / woran ein Häckleinzulassen / das sie damit in den Leim eingedauchet und
nachmahlen aufgehänget werden. Nachmahlen kochet man die in Wasser eingeweichte
Pergament-Schnitzlein (welche schön weiß seyn sollen) biß sie den Leim haben / mischet ein
leichtes weies Pulver (welches bey leib kein Bleyweiß) (wieleinige Schälck vorgeben) seyn muß /
indem die gefangene Materie darvon bescharret wird und gleich durchfället) darunter / das die
Blätter recht trüblicht weiß werden: Alsdann duncke die Dratene Ring darein / daß sich die
leimichte Materie wie ein Glaß darin fange: Hencke solche auff ein Seil / biß die Blättlein
trucken werden: breche sie auß und klebe sie mit Speichel ump ein grüne Knopff / von Taffend
oder sonsten etwas gemacht / daß es wie ein Hecken-Blum lasse / welche sich zusammen drucken
und wieder auffthun lässet / wan sie nur nicht in Regen kompt / worvon sie gantz zusammen
fället / und wie ein Waschlump außsiehet. Man kan den Leim auch mit Presilien-Holtz roth färben
so werden die Blumen / wie die rechte Centifolien. Wiltu sie gelb haben / mische Curcummeel
darunter / so werden sie wie die gelbe Hecken-Rosen / so viel rarer als die andere sind.
§. V.
Man kan auch von jetztgemeldten Pergament-Schnitzlein einen sehr schönen / weisen und
sauberen
Mund-Leim
kochen / wann man die leimichte Brühe gantz dick einkochet und nach belieben etwas Zucker
darunter mischet; wiewohlen der meinste Mund-Leim auch auß dem gemeinen Leim pfleget gemacht
zuwerden.
§. VI.
Den Gemeinen Leim betreffend / so wird derselbe von denjenigen Häutlein / so die Roth- und
Weißgerber von allerhand Häute abschaben / wie auch von den Gnorbelbein / Senn-Adern und
dergleichen auß den Füssen gekocht / in gewissen Formen zu langen Blättern gegossen und auff
außgespanten Netzen in der Sonnen getrucknet: dessen man in verschiedene Sorten findet / unter
welchen
Der Englische und Holländische
Leim /
vor die beste gehalten werde; wiewolen der Polnische auch hier zu Land sehr ästimiret wird /
welchen die Schreiner / wann sie etwas gar wohl leunen wollen / auffsuchen. Alle müssen wohl
gekocht / recht trucken hell / durchsichtig und braunroth / anbey dicht / nicht aber unrein und
grümmelicht seyn / auch sich gern brechen lassen. Der gantz rothe und gelbe sehen zwar schön
von aussen / sind aber gemeiniglich nicht gnug eingekochet / wie Pomet l. c. pag. 32.
schreibet.
§. VII.
Sonsten hat man in unsern Apothecken das Marck auß den Kalbs-Füssen oder
MEDULLAM CAUTUM VITULI,
welche fast eben die Krafft / als das Hirschunschlitt haben soll / indem es nicht allein
erweichet / sondern auch eine schmertzstillend- und Schlaffbringende Krafft hat; weßwegen es in
den hitzigen Fiebern offters an die Schläffe gerieben wird / worvon Ettmüllerus in Comment
Schroed. p. m. 802. zulesen ist.
|| [436]
§. I.
GLeichwie die Pferde auff den Reisen / im Krieg und Acker-Bau sehr gute Dienste thun / also
haben sie auch in der Artzney-Kunst einigen Nutzen / und muß man denselben auch billich allhier
einen Platz gönnen. Dieweilen aber so wohl ihre Gestalt / als übrige Natur männiglichen bekandt
ist / und derowegen nicht nöthig fället / solche weitläufftig abzuhandeln; so stelle an solcher
Statt dem Curivsen Leser alhier in der Figur ein Persianisches Schul-Pferd unter Augen / woran
zuersehen / wie man in Persien die Pferde zu dressirenpflege; indem sie diesen einen Affen oder
mundren Hund vorhero springen lassen / welchen es die Pferde nachthun wollen / wie mir ein
guter Freud / welcher diese Figur auff Seiden Papier auß Persien mitgebracht / referiret
hat.
§. II.
Von dem Unterscheid der Pferden haben schon andere / als Gesnerus, Ulysses Aldrovandus,
Absyrtus &c. weitläufftig geschrieben / daß wir auch solcher Mühe entübriget
seyn können. Eines nur muß allhier nothwendig erinnern / wie daß man nehmlich nicht allein vor
diesem / sondern auch noch heut zu Tag vorgeben und gar schrifftlich behaupten wolle / ob
würden einige Spanische oder Portugiesische Mutter-Pferde oder EQUAE LUSITANICAE, ohne Belegung
oder Beyspringung eines Hengsten von dem Wind trächtig / welches nicht allein Columella, Varro,
Plinius, Socinus und Homerus &c. Von den Portugiesischen / sondern Augustinus
auch von den Cappadocischen Pferd erzehlet. Allein man muß sich billich wundern / wie solche
herrliche und gelahrte Leuth dergleichen offenbahren Fabeln Glauben beymessen können / welche
nicht allein der gesunden Vernunfft / sondern auch der täglichen Erfahrung schnurstracks
zuwider sind. Man frage doch diejenige so jemahlen in Portugal gewesen / oder allda wohnhafft
sind / so wird niemand darumb wissen wollen. Ja es haben zwey vornehme Cavalliers (dar von
einer Fiscali bey der Inquisition war) so mit mir von Londen nach Paris reiseten / hierüber
gelachet / als Ich darnach fragete / wie dem berümbten Le Grand Hist. Nat. pag. 356. auch
widerfahren ist. Der Ursprung dieses Mährleins mag von den Poeten hergekommen seyn / welche deß
Neptuni Pferde / wegen seiner Geschwindigkeit mit der Winden Nahmen beleget haben / wan es bey
dem Statio also lautet:
??? Stupuerê relicti
Nubila certantes Eurique Noliq; sequuntur
|| [437]
§. III.
Eine gleichmäsige Bewandtnuß hat es mit dem gemeinen Mährlein / ob hätten die junge Füllen /
wann sie eben zur Welt kähmen / ihren Miltz auff der Zung / und wann man ihnen solchen nehmen
könte / ehe sie ihn verschlingen thäten / würde es ein sehr schnelles Pferd abgeben: welches
auch im Grund erdichtet und falsch ist / wie ein jeder / so deß Miltzes Art und Beschaffenheit
weiß / leichtlich wird erachten können. Ohne zweiffel kompt es daher / weilen die Pferde nach
der Geburt so gleich die secundinas oder Nachgeburt fressen / wovon zuweilen ein Stück an des
Füllen Stirn hangen bleibet / welches einige Hippomanes nennen und zuweilen zum Fest machen /
und andern verbottenen Künsten mißbrauche wird; wiewohlen unter diesem Nahmen hey dem Virgilio
etwas anderst verstanden wird / wann er an einem Ort also schreibet:
Hinc demum Hippomanes vero quod nomine dicunt
Pastores, lentum destillat ab inguine virus
Hippomanes, quod saepe malae legére Novercae
Miscuerunque herbas & non innoxia verba.
§. IV.
Was den Nutzen und Gebrauch zur Artzney betrifft / so könte man zwar viel von dem Stercore
und verrucis equinis melden / darvon jenes von dem gemeinen Mann gegen die Colic / diese gegen
die Mutter-beschwerung / schwere Noth und dergleichen nicht ohne Frucht gebrauchet werden;
weilen aber auch alle teutsche Artzney-Bücher darvon erfüllet / und gantze Dreck-Apothecken in
offentlichen Druck gegeben sind; so wollen wir nur einiger Stücke gedencken / so entweder in
Cabinetten oder Apothecken von den Pferden auffgehoben worden: Unter welchen die Roß-Stein oder
HIPPOLITHI
billich den Vorzug haben / indem sie den Bezoar-Steinen / sowohl an der Gestalt als ihrer
Tugend nach sehr gleich kommen und deßwegen auch Bezoar Equinum genennet werden. Solche nun
werden in dem Magen und Gedärme der Pferden gezeuget / und zwar immer ein Schälchen über dem
andern / wie an dem veritablen Bezoar zusehen ist: und werden zuweilen unter dem Pferds-Mist
gefunden / wie noch vor kurtzer Zeit der jetzt regierende Herr Graff von Leiningen-Harteburg
mir referirte / daß Er ein Pferd gehabt / so offters Bezoar-Stein gemistet hätte. Offters aber
werden sie auch bey Abdeckung der verreckten Pferdt gefunden / dergleichen mir einer zu Handen
kommen / welcher dem Orientalischen Bezoar gantz ähnlich ist. Sonsten aber kom̅en
sie an deren Gestalt / mehr mit dem Occidentalischen Bezoar übereiu / dergleichen D. Horst vor
diesem bey dem Herrn Graffen zu Stollberg gesehen / wie Er in den Anmerckungen auff des
Schroederus Pharmacop. lib. 1. c. 1. pag. 317. berichtet; Wie dann auch in dem Museo
Brackenhoferiano zu Straßburg zwey zusehen sind / welche auß einem Pferde gekommen / darunter
der grössere 90. Loth / der andere aber 25 ??? Loth wiegen.
§. V.
Sonsten hat man auch in denen Apothecken das so genandte Kammel-Fett / Kamm-Schmalß oder
AXUNGIAM EQUI EX JUBA,
welches nichts anderst / als der Schweiß der Pferden ist / so an den Kämmen hangen bleibt:
wird sehr gegen verrengte Glieder / vertretene Füsse / und wann sich jemand weh gethan /
gerühmet / wie bey obgemeldtem Schroedero c. l. zuersehen ist.
|| [438]
Das X. Capitel.
Von dem gedörrten Esels-Blut / Maul-Esel-Stein / Chagrin oder Schagren und dessen
Zubereitung.
§. I.
ES dörffte vielen unbillich zu seyn vorkom̅en / wann man in dieser allgemeinen
Schaubühne der Fruchtbringenden Gesellschafft / nemlich der zahmen Eseln gäntzlich vergessen
wolte / zumahlen solche auch an Fürstlichen Höfen / allwo man die Milch darvon gegen die
Schwind- und Lungensucht gebrauchet / nicht verschmähet worden / auch das Eselblut in
wohlbestellten Apothecken auffgehalten wird / welches in langen / schmalen und zusammen
gerollten Lappen / wie die Torna Solis, auffgefangen / und deswegen auch
TORNA SANGUINIS ASININI
genennet wird: worzu doch recht saubere und zu sonst nichts gebrauchte leinene Tüchlein zu
nehmen sind / mit welchen das hinter den Ohren des Esels ausgelassene Geblüt auffgefasset und
getrocknet wird; so sich doch über ein Jahr nicht wohl halten lässet / wie D. Hartmannus in
seiner Praxi Chymiatrica pag. 30. berichtet.
§. II.
Diesem Esels-Blut nun wird benebenst der Schweiß-treibenden Krafft eine sonderliche und
unfehlbare Tugend die Tobsucht / Raserey und Muniam zu curiren beygeleget / wann man nach
vorhergehendem Erbrechen / Aderlaß und dergleichen zwey Finger breit und eines Daumens lang von
diesen Lappen in Brunnen-Wasser oder ??? annugall. eingeweicht / und das Wasser drey Tag
nacheinander dem Patienten / welcher darauff schwitzen muß / eingiebet; wie damit
jetztgemeldter Hartmannus nicht allein einen Zimmermann / sondern D. Michael von Leipzig auch
einen Muniacum am Atenburgischen Hof curiret hat / wie Hoffmannus in Cluv. Schroeder. p. 642.
bezeuget. Von den Uugulis asini aber und anderer dessen Theilen / kan Herr D. Paullini in
seinen curiosen Tract. de Asino gelesen werden / wo derer Beschreibung und Gebrauch
weitläufftig zufinden ist.
§. III.
Von den Maul-Eseln oder Mutro, als dessen Bastard / kommt wenig oder garnichts in die
Apothecken und Material-Kammern / ausser daß in einigen Museis auch ein grosser Stein / welcher
zuweilen in dessen Magen gefunden wird / zusehen ist / und weilen er nicht anderst / als die
Bezoarstein aus vielen übereinander liegenden Blättlein bestehet / auch vielleicht eben die
Kräffte hat /
BEZOAR MULINUM
könte genennet werden; dergleichen mir einer / so äusserlich gleichsam mit einem Netz von
weissen Fäserlein überzogen / inwendig aber grau ist / zu Handen gekommen / dessen in der Disp.
vom Pedra Porcan schon Meldung gethan habe.
|| [439]
§. IV.
Ferner gehören auch die Wald Esel oder
ASINI SYLVESTRES
hieher / derer es unterschiedliche Art gibt / unter welchen der schönste in AEthiopien zu
finden und CECORA genennet wird / welches Herr Ludolf in seiner Hist. AEth. schön beschrieben
un̅ abgemahlet hat / und kan man den Kopff darvon zu Franckfurt in des
Materialisten Banzo Hauß sehen. So gibt es auch eine Art in Arabien / mit zwey langen
schwartzen Hörnern / fast wie das Einhorn formiret / auf der Stirn / welche PIRASSOIPI genennet
werden: Worvon die Hörner auch bey Euriosen Leuthen zu sehen sind. Noch andere gibt es in
Persien und Indien / worvon das so genandte Segrein oder
SCHAGREN
vulgè Chagrin bereitet wird / welches doch nicht nur von einerley / sondern von verschiedenen
Thieren / als Pferds-Maul- und andern Esels-Fellen / es seyen gleich Last oder wilde oder
Berg-Esel / JURAGAR genandt / gegerbet wird / wie ich auß des berühinten Herberti de Jägers
Oberkoopmann bey der Holländischen Compagnie in Ost-Indien Mss. welcher vollkommene
Wissenschafft darvon gehabt / ersehen; weßwegender Parisische Materialist Petrus Pomet ohne
Grund und Recht diesen Nahmen einem gewissen Wald-Esel / so Er in seiner Histoire des Drognes
p. 2. lib. 1. p. 39. abgemahlet / zugeschrieben. Indessen ist gewiß / daß anderer Thier-Fellen
/ ausser der Pferde und Esel / zu diesem Werck untüchtig seyn / weilen sie gehöriger Massen
nicht können hanthieret werden / daß sie die Impression des Saamens annehmen oder behalten
solten.
§. V.
Auff was Art und Weiß aber diese kostbahre Felle zubereitet werden / ist biß dahero von
niemanden so viel mir wissend ist / gründlich beschrieben worden; weßwegen Curiosen Liebhabern
den gantzen Process, samt denen darzu gehörigen Instrumenten / wie sie in Persien von einem
guten Freund observiret und auffgezeichnet worden / hiermit communiciren will / welcher
obgemeldte Herr Jäger von D. Kempffern auß Persien mitgebracht worden ist und also lautet:
1. Erstlich wird das Fell auff dem Gerb-Klotze vermittelst eines Zug-Eisens / so sie Kart
nennen / nach Gebrauch gesäubert und von denen fleischichten Reliquien des panniculi carnosi,
so noch hin und wider sitzen / wie auch vom Schwantz und Füssen befreyet; welche Schnitzel / so
in dieser und folgenden Abgerbungen abgehen / von den Gerbern auffgehoben / an die Wände
geklebet / gedorret und an die Leinweber verkaufft werden / welche sich deren gebrauchen ihr
Garn und Leinwand damit zu zwagen / wann sie solche zuvor zu einem Leim-Wasser gesotten haben.
2. Wird das Fell ein oder mehr Nacht ein Wasser eingeweicht. Es geschicht aber solches in
grossen Steinernen Töpffen / so zu diesem End in die Erde vergraben stehen. Wann es gnug
geweichet / wird das Haar gemeiner Art nach abgegerbet.
3. Darnach wird dieses Fell wieder eingeweichet / und nachmahlen auff dem Gerb-Klotze per
partes von neuem geschabet auff dieselbe Narbe-Seiten aber so reichlich / daß fast die Helffte
und so weit biß zu einem zehen membranosen Grund / abgehe.
4. Wann es also rein und aequal gegerbet und von aller heterogeneität gesäubert ist / wird es
alsobald / dieweil es noch feucht / auff der Erden in der Sonne außgespannet und mit höltzernen
Pflügger durch die zu Ende der vorigen operation schon eingeschnittene Löcher / welche eine
Spanne weit voneinander / angezogen und angenagelt / so daß diese Seite / wo die Narbe oder das
Rauhe gewesen / oben komme: Und weil gar offt das Fell in der Mitten eine Höhle behält / wird
alsdan ein Knöpfflein von Erde oder staub unten concedirt / damit das Fell in allen Theilen
wohl außgedehnet werde.
5. Alsdann wird es mit ein wenig Wasser übersprützt und mit einem gezahnten Eisen / Blech /
so sie arré nennen / frisch überkratzt / damit die schleimichte reliquien so noch fest anhangen
/ völlig abgehen mögen. Damit aber keine Impression von den Zähnen bleibe / wird es zuletzt
wieder mit Wasser übergesprützt und mit dem glatten Rücken desselben Instruments überrieben.
6. Wann der Grund nun also weiß und glat gemacht ist / werden alsobald / dieweil es noch Naß
/ einige Handvoll Ispereck-Saamen / so sie auß Kerman bekommen / auff die Mitte des Felles /
oder auff den Gnode gethan / und mit einer Bürste behende und langsam voneinander vertheilet
und außgebreitet / also / daß der Saame weder zu dick darauff liege / noch ein punct bleibe /
welcher nicht mit Saamen bedeckt. Doch zuwissen / daß die weiche Randen des Bauches / weilen
sie entwerder zu dünne oder keine Impression annehmen / nicht besaamet werden: Wannenhero ein
runder Rand herumb bleibet / so mit Saamen nicht bedecket und die Form eines Hertzen
praesentiret / wie auß der Figur zusehen. Die Bürst aber / wormit der Saame vertheilet wird /
ist ein stück Haut vom Pferd- oder Maul-Schwantz / so kurtzhärig übereinander verschnitten /
daß die untersie und ängste Haar nicht über eines Fingers lang seyen. Nach außgebreitetem
Saamen wird das übrige und überflüssige / so nicht anlieget / mitder Bürste und arré gar
behutsam [440] wieder abgenommen. Alsdann wird über das Fell ein klemer
doppelter Filtz gelegt / und der Saame mit blossen Füssen dicht an und eingetretten / aber
behutsam / damit der Filtz nicht vergleite und durch Verschiebung des Saamens das Fell
unscheinlich werde. Doch ist diese Ubertrettung nicht an allen Fellen nöthig / sondern nur an
denen / die gar dick und von dem Saamen nicht gern vestigia annehmen oder behalten möchten.
7. Wann das Fell also in der Sonen ausgedorret / (welches einen halben Tagdes Sommers / des
Winters einen gantzen erfordert) wird es loß gespannt / der Saame abgethan / und nachdem er
durch ein Sieb vom Staub gesäubert / zum künfftigen Gebrauch auffgehoben. Die fest-ansitzende
Körner aber werden mit einem dürren Steckgen abgeschlagen. Doch halte ich / weilen sie es bey
einer halben Stunde also schlagen / es geschehe vielmehr darumb / daß es tractabler werde.
8. Dieses Fell wird also trucken auff selbige Seiten / wo der Saame gelegen / an einemgleich
auffste heudem Gerber-Klotze / so dünne es immer möglich / wieder abgegerbet / so daß es fast
durchscheinend werde. Hierzu gebrauchen sie ein anders Instrument mit einem höltzernen Stiel /
welches sie Tischri nennen; wird gar offt in der Arbeit umb die Schärffe mit einem Wetz-Eisen
bestrichen / wie unsere Strohschneider ihre Sensen ohne Unterlaß pflegen zu wetzen.
9. Darnach wird dieses Fell auffgerollet / und so complicatè mit beydeu Händen vor sich auff
den Knien mit aller macht gerieben und tractirt / wie man die lederne Hosen nach der Wäsche
pfleget auszureiben / biß es in etwas geschmeidig worden: Ist eine schlimme und vielleicht die
schwereste Arbeit / so in dem gantzen Process vorfället.
10. Wann dieses geschehen / wird es in Wasser getaucht oder angefeuchtet / daß es gantz weich
werde / und alsdann mit Schurae, oder wie es ein anderer nennete / mit Schuraekat (ist eine
Saltz-Ende oder weises Salpetrisches Minerale, so unfern Ispsahan und vielen andern Oerter in
Persien zu diesem Gebrauch gegraben wird) auff der Fleisch-Seiten mit Masu aber auff der
Narb-Seiten bestreuet / mit Wasser besprützt / und eingerieben. Doch liegt nichts daran / ob
auff ungehöriger Seite von besagter Materie etwas kommen m öchte. Dan̅ wird das
Fell so complicate, wie ohngefehr ein Leinwad in der Wasche auff einen reinen Boden mit beyden
Händen gewalcket / damit die Materie desto besser das Fell penetrire. Benanntes Masu ist ein
weises oder vielmehr graues Pulver / von welchem ich nichts anderst annoch eingenommen / als
daß es eine zermalmete Frucht sey / von einem gewissen Baum in Meistan und umb Hamadan. Ich
erachte es entweder Gall-Aepffel / Nuces, Cupressi, Faufel oder dergleichen adstringirende
Frucht zu seyn.
II. Dieses Fell mit sothaner Materie eingebeitzet / wird über die Lohe oder kleines
Flamm-Feuer von zwey Personen gehalten und per partes gezogen / damit es sich vermittelst einer
mittelmässigen Wärme zusammen ziehen / und die Signaturen sich erheben mögen. Es gehet dieses
aber geschwinde zu / so daß man es kaum eines Batter Unsers lang über der Flamm hält.
12. Dann wird es dem dritten zugeworffen / welcher es also warm compliciret und auff der
Erden mit beyden Händen / wie zuvor wallet und handthieret. Hier aber ist zu wissen / daß der
Process à Num. 10. ad finem mit einer Quantität vieler Fellen vorgenommen und in einem Tag
absolviret wird. Dahero zwey Personen gerben / zwey die eingegrabene Felle über das Feuer
ziehen / und dem dritten zuwerffen / welcher die Felle wellet.
13. Dieses Fell wird abermahl auff der Fleisch-Seiten reichlich abgegerbet / weilen es sich
contrahiret und auff benannter Seiten wider rauh worden. Alsdann wird es wieder mit Massu und
Wasser (nicht aber mit Schurae) bestrichen / umb die Signatur durch diese adstringirende
Materie noch besser zu erheben / und also wieder über das Feuer gehalten / abgenommen / und wie
Num. XII. ferner auff den Boden gewalcket.
14. Abermahl auff der Fleisch-Seiten mit dem Kart überzogen.
15. In die Sonne ausgeleget und getrocknet.
16. Mit dem Kart also trocken hier und da beschnitten / besonders an den Enden / woselbst
sich diese Rugae auffgeworffen / verbo: Wo das Fell sich zu sehr zusammen gezogen und uneben
worden.
17. Diese Rugae werden ferner auff einem Alabaster-Stein mit einem anderen glatten Stein
gekopfft und aequal gemacht.
18. Hernach wird es mit einem Stück eines zerbrochenen Färber-Topffs (dann solche fragmenta
sind convex und hierzu bequem) übergerieben / auff beyden Seiten und per partes gewalcket /
auch die Farben (so gemeiniglich Kermausch-Kräuter sind / und das Fett augenblicklich tingire)
zugleich auffgestrichen und haß wieder mit der Scherbe gewallet / doch nicht zu vehement / daß
nicht die grübige Narbe offendiret werde. Im wallen gebrauchen sie einen schlechten / doch
vorthelhafften Hand-Griff / daß sie einen ledernen runden Riemen zwischen legen / wie aus der
Figur zu sehen.
|| [441]
19.
Das gefärbte Fell wird abermahl ein wenig in die Sonne ausgelegt.
20.
Dann gibt Suprema Manus ihm pro Complemento die letzte Unction mit Scharlach / und bringet es
zum Glantze.
Sind also in diesem Process
die Handgriffe leicht /
die Instrumenta schlecht /
das Laboratorium gemein /
die Operatores geringe /
die Arbeit unfläthig / das PRODUCTUM sauber und herrlich.
§. 6.
Sonsten kommet zweyerley Chagrin aus Türckey / eine Art so gantz grau ist / und vor besser
gehalten wird / und eine weisse / so schlechter ist. Die Beste sind / so von Constantinopel
kommen / welche mehr als die so über Alkair und Tripoli gesendet werden / aestimiret sind. Es
kommet auch eine Sort aus Pohlen / so aber nichts tauget / weilen sie zu trucken / und den
Alaun nicht annimmt / wann sie durch die Farb passiren soll / welche entweder schwartz / grün
oder roth ist / welche letzte die theuerste ist / weilen sie von Vermillon und Carmin
herrühret. Je grösser und gleicher die Felle sind / je höher sie zu halten sind / absonderlich
wann sie schöne reine und runde Körner / auch keine Spiegel oder glatte Flecken haben. Man muß
auch Achtung geben / daß man keinen Corduan, so wie Chagrin zubereitet worden / dafür einkauffe
/ welches daran zu erkennen / wann sich die Haut scheelet und abspringet / so am Chagrin nicht
geschiehet / wie Pomet. c. l. p. 40. unterrichtet.
§. 7.
Der Gebrauch ist zur Genüge bekannt / indem man kostbahre Bücher und Schreib-Tafeln damit
einbindet / allerhand Fuderalen zu Sack-Uhren / Löffel und dergleichen / auch Schreib-Gezeug /
Degen- und Messer-Scheiden / und viele andere kostbahre Galanterien davon machet / welche zu
Londen auff der Kauffmanns-Börsche / oder Exchange, zu Pariß au Palais und anderstwo / häuffig
zu finden.
§. 1.
DEr Bisam oder MOSCHUS ist eine schwartz-graue / oder etwas braune / grummelichte Materie,
wie geronnen Geblüt anzusehen / eines schärfflichten und etwas bittern Geschmacks / und sehr
starcken und anneymlichen Geruchs: Wird in braun-haarichten Beuteln (worin̅en er
entweder gewachsen / oder eingenähet worden) aus China. Persien und Ost-Indien heraus gebracht.
|| [442]
§. 2.
Ob nun wohl geweiß und zur Genüge bekandt / daß der Bisam von einem frembden Thier herrühre /
so werden doch sowohl von der Art und Gestalt dieses Thiers / als auch dem Ursprung deß Bisams
in demselben / sehr ungleiche Meynungen geheget. Jenes / nehmlich das Thier selbsten betreffend
/ so vergleichen es einige / den Katzen / wie dann Zeilerus in seiner Italianischen
Reiß-Beschreibung solches auch ein Bisam-Katz genennet: Andere / als Amatus Lusitanus
vergleichet es der Grösse nach einem Haasen / wird aber von andern deßwegen mächtig
durchgehechelt: die meisten vergleichen es einem Reh / und nennen es deßwegen auch CAPREOLUM
und GAZELLUM MOSCHIFERUM, wiewohlen es weder zu den Geisen noch Hirschen gehöret / sondern
vielmehr eine eigene Art Thier zu seyn scheinet / wie Sam. Dale auch p. 570. seiner Zoologiae
judiciret. Indessen findet man sehr viele und verschiedene Abriß darvon / worunter er obige /
so der Edle und sehr berühmte Herr D. Scroeckius jetziger Zeit hochanschnlicher Praeses in der
Käyserlichen Societät der Naturkündiger / in seiner Historiâ Moschi p. 45. mitgetheilet / der
beste und accurateste ist / welchen er von einer Haut deß Bisam-Thiers (deß gleichen auch Herr
Ludolf in Franckfurt besitzet) so nach Augspurg gebracht worden / genommen hat: woraus oben zu
ersehen ist / daß dieses Thier einen Spitz-Kopff mit stumpffen Ohren und 2. langen Zähnen / so
wie den wilden Schweinen aus dem Munde stehen / habe / auch nebst einem schmahlen Leib (welcher
mit einer dunckel-braunen / doch fleckrichten Haut umgeben) und sehr lange magere Füsse habe /
und daher ein sehr hurtiges und flüchtiges Thiere zu seyn scheinet; weßwegen auch obbelobter
Schroeckius der jenigen Meynung nicht beypflichten kan / welche diesem Thier einen faulen /
langsamen Lauff und Gang zuschreiben / welches daher kommen mag / weilen es im Winter / da es
wegen deß grossen Schnees wenig Nahrung haben kan / sehr dürr und matt wird / und alsdann im
Frühling leicht gefangen werden kan. Es lebet sonsten theils von den Früchten / als Reiß und
dergleichen / theils von einer besondern und sehr wohlriechenden Wurtzel (deßgleichen mir zu
Handen kommen) welche es mit den langen Zähnen aus der Enden hauet / wie in obberührter
Historia Moschi Schroeckiana p. 43. weiter Bericht davon zu hohlen.
§. 3.
Den Bisam oder MOSCHUM selbsten anlangend / so thun sich wieder von dessen Zeugung sehr viele
Meynungenhervor / indem viele dafür gehalten / es werde derselbige in einem Geschwär oder
Eyterbeil unten an dem Bauch deß Thieres gezeuget: Andere dörffen wohl meinen / er bestünde aus
dem Hödlein oder Nieren derselben / welchen die runde Beutelein / worinnen er kom̅et / etwas gleich sehen: Noch andere geben vor / es werde von geronnen Geblüt / und andere
Theilen deß Bisam-Thieres / künstlicher Weiß gemacht. Allein alle die Meynungen können so
schlechterdings nicht statt finden / indem gewiß und unläugbar ist / daß der rechte veritable
Bisam / von der Natur in dem runden Folliculo oder Säcklein / welches das Thier natürlicher und
ordentlicher Weiß / unten am Bauch / bey den Hinder-Füssen träget / durch die darinnen zu
findende Eichelein vom Geblüt abgesondert und gezeuget / auch durch gewisse Aederlein / in die
Höhle deß Säckleins eingetheilet / worinnen der Bisam alsdann also zusammen rinnet / und sich
an das jenige braune Häutlein / so darzwischen wächset / anhänget / wie obbelobter Hr.
Schroeckius solches l. c. gar schön angeführet und examiniret hat / und ist der Folliculus oben
bey dem Abriß deß Thieres / auch zu sehen / welcher insgemein auswendig mit schönen
dunckel-braunen und gläntzenden Haaren umgeben / wie ich noch eine vollkommen in Handen habe.
Indessen ist auch wohl zu glauben / daß / wie viele glaubwürdige Scribenten schreiben / die
Indianer diesen veritablen Bisam / entweder unter das geronnene Geblüt / oder andere Theile deß
Thiers mischen / und in Gestalt der rechten Bisam-Säcklein / in die Haut deß Thieres nähen /
auch also vor die rechte und veritable Folliculos heraus schicken / zumahlen die Perfumirer und
Apothecker allerhand Fäser lein und fleischichte Stück lein darunter finden sollen / wann sie
den Bisam in allerhand Gewässer solviren / wie Johann Faber in seinen Annot. in Hist. Anim.
Nov. Hisp. Recchi p. 561. aus der Relation berichtet: daß aber solcher wohlriechende Bisam
durch blosses prügeln deß Thiers / aus dem Geblüt / ohne zuthun deß veritablen Bisams /
entstehen könne / ist nocht nicht erwiesen.
§. 4.
Ob aber nechst dem bißher beschriebenen Orientalischen Bisam / auch ein Occidentalischer / so
aus West-Indien komme / gefunden werde / wie Schur Zius in seiner Material-Kammer p. 65. und
Catelanus ein Apothecker / vorgeben wollen / ist daher noch gantz ungewiß / weilen kein einiger
Scribent, so Americam beschrieben / dessen gedencken / und können die Portugiesen / welche
denselben schicken sollë / ja oben so wohl den rechten Bisam aus Orien??? huben. Will man aber
denselben nachgehends / den Occidentalischen nennen / stehet jedem frey: Und kan man also auch
die drey Sorten / [443] welche die Materialisten setzen / gelten lassen /
nehmlich Moschum de Lavanti, welcher der theurest: Moschum Alexandrinum, als welcher der
mittelst / und Moschum de Ponenti, so der geringste oder vermengte seyn solle / wie Schur-Zius
l. c. lehret: Müssen alle / obgleich sie noch in den Folliculis sind / wohl verwahret / und wie
einige Materialisten wollen / in Bleyern Büchschen auffgehalten werden / wiewohlen zinnerne und
gläserne auch gut darzu sind / wie Herr D. Schroeckius p. 91. zeiger.
§. 5.
Weilen unterdessen der Bisam auch noch offt in Europa von den Juden und andern verfälschet /
und mit Mäuß- oder Marter-Dreck / Bocks-Blut / gebrand Brod / ladano und dergleichen vermischet
wird / wie in der Pharmac. August. Proleg. c. 2. und von Renodaeo Lib. 4. Instit. Pharm. c. 17.
in acht genommen worden / so hat man verschiedene Proben unternommen / um den Betrug entdecken
zu können / welche doch so infallibel nicht sind / daß man allerdings trauen könne. Die
gemeineste ist / daß man den Bisam über das Feuer halten solle / und wann er alle weg fliehet /
soller gut seyn / so aber etwas zurücke bleibe / seye er vermischt: Allein diß gehet nur an /
wann Erd darunter vermischet worden / dafern aber Geblüt oder sonsten was darunter ist /
bleibet auch wenig zurück. Ein gleiche Bewandnüß hat es auch mit andern Proben. Weßwegen Pomet,
der Parisische Materialist in seiner Histoire des Drogues lib. I. p. 16. keinen bessern Rath
weiß / als daß man den Bisam von ehrlichen und rechtschaffenen Leuten kauffe / nicht von den
Landstreichern / so sich vor Boots-Gesellen und dergleichen Leute ausgeben / welche selbsten
aus Ost-Indien kämen / derowegen den Bisam schandwolfeil geben / weilen er falsch ist / und
doch Gewin̅ gnug daran habë. Indessen gebe man Achtung / daß wann man die gantze
Säcklein kauffet / die Haut daran nicht zu dick seye / nicht gar zu viel Haar habe / auch recht
braun seyn / dann die weisse Folliculi nicht just sind. Man gebe auch Achtung / ob das dünne
braune Häutlein / dessen droben gedacht worden / mitten unter dem Bisam zu finden / welches ein
gut Anzeigen / daß er so gewachsen. Ausser den Säcklein wird der schwartz-graue / so nicht naß
und dünn ist / auch einen über-starcken Geruch (davon manchem die Nase schweiset) hat / vor den
besten gehalten / wie Marxius in seiner Material-Kammer p. 125. schreibet: der jenige aber / so
gar zu annehmlich riechet / ist nicht zum besten / weilen er mit andern Sachen gemischet und
geschwächet ist / wie Pomet c. l. zeiger.
§. 6.
Die Kräffte und Tugenden deß Bisams bestehen meistens in einem sehr flüchtigen saltz- und
öhlichten Theilgen / welche sehr erwärmen / zertheilen / die Lebens-Geister stärcken / und
dieselbige sambt dem Geblüt in stetiger Bewegung und Umlauff erhalten / daher derselbe
vortrefflich gut gegen die Schlaffsucht / Schlagflüsse / Melancholey und dergleichen
Haupt-Kran???kheiten gehalten wird. So dienet er auch gegen viele Brust-Kranckheiten / kurtzen
Athem / Ohnmachten und Hertz-klopffen / indem ihm fast kein Medicament vorzuziehen ist /
welches das Hertz mehr stärcke / und hat die so bekandte Confectio alkermes ihre Tugenden dem
Bisam und Amber meistens zuzuschreiben. Ob er aber auch gegen die Pest dienlich ist / wie
einige vorgeben / will von andern in Zweiffel gezogen werden / so gar / daß Guibertus in seinem
Medico Officiosô pag. 212. den Bisam in der Pest vielmehr vor schädlich hält / welchem D.
Ettmüllerus seel. in Comment. Schroed. p. 795. Beyfall gieber. Nicht weniger stärcker er den
Magen / zertheilet die Winde und stiller die Colic, auch andere Schmertzen deß Leibes: Er
wärmet auch die erkältete Geburts-Glieder an Mann- und Weibs-Personen / wann sie nicht von
Natur von wohlriechenden Sachen incommodiret werden; weßwegen dann auch viele kostbahre
Medicamenten gegen allerley Kranckheiten davon in den Apothecken zuber eitet werden / welche
beyderseits von dem offt belobten Herrn D. Schroeder in seinem Buch / nach der Länge angeführet
und beschrieben worden. Wie viel herrliche und kostbahre Galanterien und Rauchwercke aber die
Parfumirer davon machen / ist männiglichen bekan̅t / indem nicht allein allerhand
Leder / Leinwad / und andere dergleichen Wahren damit wohlriechend gemacht / sondern auch die
rohe Bücher / wann das Planier-Wasser nur mit einem Gran vermischet wird / von den Buchbindern
dadurch können parfumiret werden; Allwo doch zu mercken / daß man zu der gleichen Sachen auch
nicht zu viel Bisam nehme / sonsten es gar zu starck und widrig riechet / wie Pomet l. c. wohl
erinnert hat.
|| [444]
§. 1.
DEr Orientalische Bezoar, oder LAPIS BEZOAR ORIENTALIS, ist ein sehr zarter / mürber und
gantz glatter Stein / von unterschiedlicher Grösse und Gestalt / auswendig grünlicht / oder
grünschwartz / inwendig aus vielen dünnen und zarten Schalen / so wie die Zwiebel-Schalen über
einander gewachsen / bestehend: hat sonderlich keinen Geruch / und wird aus Persien und
Ost-Indien heraus gebracht / wie Philip. Baldaeus in Beschreibung der Küsten Malabar und
Coromandel. c. 16. bezeuget.
§. 2.
Von dem Ursprung dieser Steinen / sind vor diesem verschiedene Meynungen gewesen: Einige
hielten sie vor Hirsch-Zähren / oder Lachrymis Cervorum, welche in den Augen-Winckel wie Gummi
erhärteten / und zu solchen Stein würden. Allein / obgleich es nicht zu läugnen / daß sich
dergleichen Zähren finden / wie sie anderwerts bey den Hirsch-Gewichten sollen abgemahlet
werden; so ist doch heut zu Tag unstrittig / daß die Bezoar-Steine ein viel ander Wesen seyn /
und von gewissen fremden Thieren herkommen / so in Persien und Ost-Indien gefunden werden / und
theils einer Geisse / theils einem Hirsche gleich sehen / und deßwegen
CAPRI-CERVAE
genennet werden. Diese Thiere sollen sehr wild und flüchtig seyn / von einem Felsen zum
andern springen / am Kopff und Leib wie ein Bock / aber mit kleinen zarten Haaren gezieret / an
den Füssen wie ein Geiß / mit einem kurtzen / und am End gleichsam auffgekraußten Schwantz /
und zwey schwartzen grausen Hörnern / welche nebst den Füssen Mons. Pomet zu Pariß selbsten in
Handen gehabt / und selbige sowohl als das gantze Thier / aus andern glaubwürdigen
Reiß-Beschreibungen in seiner Histoire des Drogues Lib. I. p. 10. unter Augen geleget / und
beschrieben hat.
§. 3.
Weilen nun diese Bezoar-Geise auch unter die wiederkäuende Thiere gehören / auch wie diese
14. Magen haben / so pflegt es zu geschehen / daß sich in dem ersten Magen / umb die Knöpff und
Stengel der jenigen aromatischen Kräuter / so sie fressen / nach und nach gewisse schleimite
Häutlein anlegen / und über einander wachsen / dahero die Bezoar-Stein entstehen / und nach dem
sie um die Knöpfflein oder Stengel wachsen / entweder rund oder länglicht werden. Ob nun diese
Steinlein groß oder klein / oder wieviel sich deroselben in einem Thier sich befinden / sollen
die Einwohner / welche dieselbe fahen / auswendig auch darnach die Thiere schätzen kön̅en / welche einsmahls dem berühmten Tavernier sechs derselben Thiere in Persien
heimlich zugeführet haben / worin̅en 17. Stück von den Steinen sind gefunden
worden / wieer solches weitläufftig in seinen Reiß-Beschreibungen pag. 318. deß zweyten Theils
beschrieben.
|| [445]
§. 4.
Hier ist aber noch zu mercken / daß diese Steine nicht so bloß in dem Magen oder den
Excremontis gefunden werden / sondern in einem haarichten Säcklein oder Haut / welche von
aussen voller rauhen / kurtzen und braunen Haaren / und in der Grösse eines Ganß-Eyes ist /
wachsen auch noch mit einer andern dünn weiß und harten, Schale / welche Pomet (so sie selbsten
in Handen gehabt / und mit Augen gesehen hat) in obgesetzter Figur unter Augen geleget hat:
Allwo Lit. A. die äusserliche rauhe Haut / Lit. B. die weisse harte Schale / und Lit. C. den
darinnen liegenden Stein bedeutet. Daher ermeldter Materialist schliessen will / daß in jedem
Thier nur ein Stein gefunden werde / welches die Ursach sey / daß sie so theuer und rar seyen /
zumahlen auch nicht alle Thiere Steine bey sich haben: worinnen ihm doch obbelobter Tavernier
wiederspricht.
§. 5.
Weilen unterdessen in Europa diese Bezoar-Steine in grösserer Menge / auch wohl besseres
Kauffs / als in Orient selbsten zu haben sind / wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. p. 775.
bezeuget / so kan es wohl nicht anderst seyn / als er müsse nothwendig / von Betrügern
nachgemachet und verfälschet werden / welche entweder das Bezoar Equinum oder Pferd-Steine /
(so dem Orientalischen gantz gleich kommen / wie aus dem jenigen / so mir zu Handen kommen /
erhellet) an der Stadt verkauffen / oder solche mit gewissen Gummatibus oder Hartz / so sie mit
der Rad. Contrayervae mischen / und auch Schalen-weiß auff einander leimen / künstlich- und
betrüglicher Weise nachmachen / wie Vlysses Aldrovandus in Mus. Metallico pag. 808. und
VVormius in Museo p. 112. bezeugen / dergleichen einer in dem Museo Calceolani zu sehen
ist.
§. 6.
Diesem Betrugnun zu entgehen / hat man vielerley Proben erfunden / wodurch der rechte und
natürliche Bezoar, von dem falschen und nachgemachten zu erkennen sey / welche theils von
Sarazeno in einem absonderlichen Brieff de Notis Bezoar, theils von Schroedero, theils von den
bekannten Materialisten / als Schurzio, Marxio und Pomet in ihren Material-Kammern weitläufftig
angeführet werden. Der recht-unverfälschte siehet glat-grünlicht / und bleibt insgemein im
reiben und pulverisiren schwartz - grün: reibt sich auff dem mit Kreyde oder Bleyweiß gerieben
Papier / grünlecht-gelb: macht das Wasser / worinnen er geworffen wird / gleichsam siedend /
und treibet den Schweiß. Wann aber diese Steine in der warmen Hand / oder in warm Wasser weich
worden / auch so man ein spitziges Eisen hindurch stecket / rauchen / im Wasser schwerer oder
leichter werden / so sind sie falsch und nachgemacht / wie obgemeldte Authores und Hoffmannus
in Clavi Schroed. p. 651. mit mehrerm zeigen.
§. 7.
Sonsten hat man in denen Apothecken und Material-Kammern doch zweyerley Sorten / nehmlich /
den gantzen Bezoat und dessen Fragmenta, welche etwas wohlfeiler als der gantze sind /
wiewohlen die Materialisten offt auch aus den Stücken wieder gantze machen können / indem mir
ein gewisser Materialist selbsten gestanden / daß / als ein ihm anverwandter Apothecker / so
viel Bez. Orient. pulverisati, in Erkauffung einer Officin annehme̅ müssen / er
solches Pulver zu gantzen Bezoar formiret / und also verhandelt habe. Geschicht das am grünen
Holtz / was will an dem dürren werden. Mundus vult decipi.
§. 8.
Diese und dergleichen practiquen haben verursacht / daß viele berühmte und vortreffliche
Medici dem Bezoar gar nicht trauen wolle̅ / und denselben fast gäntzlich in ihrer
Praxi hindan setzen / so gar / daß Zvvelfferus in Append. ad Disp. Aug. p. 65. offentlich
gestehet / daß er in seiner 40. Jährigen Praxi keine Untz davon verschrieben / deßgleichen
Simon Paulli in Quadripart. Botan. p. 16. auch von andern vornehmen Practicis erzehlet. Ja
einige / als Guibertus, ein gelehrter Frantzos will in seinem Discours de la Peste p. 478. aus
vielen andern behaupten / daß dieser Stein in Pestilentzialischen und andern ansteckenden
Seuchen nicht allein unkräfftig / sondern gar schädlich seye.
§. 9.
Nichtsdoweniger macht doch der gemeine Mann / absonder liche die jenige / so nichts als was
theuer ist / aestimiren / gleichsam einë Abgott aus dem Bezoar, welchem zu Gefallen die Medici
vielleicht alle Gifft-treibende Mittel davon benamset / und Bezoardica genen̅et
haben / ob schon öffters kein Gran darunter kommet. Es sind auch deßwegen verschiedene gelehrte
Leut beweget worden / gantze Tractälein von dem Bezoar zu schreiben / unter welchen Bauhinus,
Deusingius, Hyeble, Monandes Lateinisch / Catelanus aber / ein Apothecker / Teutsch geschrieben
haben / welcher letztere seine Waar mehr herausstreichet / als sie vielleicht meritiret. Weit
vernünfftiger aber raisonniren die vorige Scribentë davon / welche alle diesem Stein ein
Schweiß- und Gifft-treibende Krafft zuschreiben / welche / so er auffrichtig ist / in Ansehen
der aromatischen Kräutern und semes flüchtigen Saltzes nicht gäntzlich zu denegiren ist / wann
man denselben nur in rechter Dosi und nicht nur etliche Gran darvon einnimmt / welche keine
grosse Thaten thun können. Ob er aber auch äusserlich angebunden oder angehänget / das Gifft in
sich fressen / und den Menschen vor der Pest und dergleichen bewahren könne / wie Boëtius à
Boot p. 368. Lib. de Gemm. & Lap. schreibet / lasse an seinen Ort gestellet
seyn.
|| [446]
§. 1.
DEr Occidentalische Bezoar, oder
LAPIS BEZOAR OCCIDENTALIS.
ist ein rauher und insgemein grauer Stein / von unterschiedlicher Grösse und Gestalt / aus
vielen über einander liegenden Schalen (welche viel dicker als am Orientalischen sind) zusammen
gewachsen / welche imwendig entweder hohl / oder einige Saamen / Stecknadel und dergleichen in
sich halten / und von guter Grösse sind: werden aus West-Indien / absonderlich aus Peru von
denen Spaniern und Portugiesen heraus gebracht.
§. 2.
Diese Steine finden sich in verschiedenen Thieren / deren Fonseca wohl sechserley beschrieben
/ welche aus demselben Barth. Ambrosius in Museo Metallico Vlyss. Aldrov. p. 806. angeführet
hat. Am meisten aber findet er sich in einer Art Gemsen / welche von dem Hernandez und dessen
Ausleger in Hist. Rerum Medic. Nov. Hisp. p. 325. in obgesetzter Figur unter Augen geleget /
und am besten beschrieben worden ist. Diese Gemsen sind oben gelb - braun / unten aber weiß /
und haben kleine / aber sehr spitze Hörnlein / wie aus der Figur am besten zu ersehen ist; und
obschon Boëtius de Boot Tr. de Lap. p. 365. diesem Thier keine Hörner zuschreiben will / so ist
doch dem Hernandez (welcher diese Sache eigentlich beschrieben) mehr Glauben beyzumessen.
§. 3.
Hier ist aber zu mercken / daß der Bezoar-Stein nicht in allen Thieren / sonder nur in den
alten Gemsen gefunden werde / indem derselbe / wann er sich im Magen an etwas angehänget /
seine übereinander liegende Schalen / nach und nach / in vielen Jahren ziehet und zielet /
welche von guten und kräfftigen Kräutern / die das Thier frisset / entstehen: dahero auch der
Stein nicht an allen Orten / sondern nur in den jenigen Ländern / wodergleichen Kräuter wachsen
/ in diesen Thieren gesunden werden / oder zum wenigsten nicht alle von dergleichen
vortrefflichen Kräfften seyn sollen / wie Hernandez an jetz-bemeldten Ort weiter schreibet.
§. 4.
Der Unterscheid dieser Steinen / wird theils von der Farb / theils von der äusserlichen
Gestalt / theils von ihrer Grösse genommen. In Ansehen der Farb sind sie insgemein weißgrau /
bißweilen auch schwartzlicht / mit weiß vermenget / oder grünlicht bund / wie Schroederus in
Pharm. Medico-Chym. Lib. V. Cl. I. zeiget. Die äusserliche Gestalt ist gar mancherley / in dem
etlich rund oder oval, etliche viereckicht / wie droben einer in der Figur abgerissen / und
noch mehrere in ob-angeführten Authoribus zu sehen sind. Nicht weniger ist die Grösse gar
unterschiedlich / wormit sie / doch fast alle den Orientalischen Bezoar übertreffen / und so
groß wie Tauben-Eyer / zuweilen auch wie Hüner- [447] Eyer sind. Ja es
meldet Georgius Seger in Epistol. Bartholin. Cent. 2. Ep. 79. deß er zu Hamburg einen
Occidentalischen Bezoar so groß als ein Menschen - Kopff gesehen / so 23. Zoll im Durchschnitt
gehabt / und 6¾. ???. gewogen; und noch grösser ist / als der jenige / dessen VVormius in Museo
p. 110. gedencket / welcher so groß wie ein Straussen-Ey gewesen seyn soll.
§. 5.
Hier fragt sichs / ob man auch den Occidentalischen Bezoar verfälschen und nachmachen könne?
Einige sagen nein darzu / weilen er in- und auswendig bund / und aus unterschiedlichen Farben
vermischet sey / wie in dem Mus. Metall. Vlys. Aldrov. l. c. vorgegeben wird. Allein Hernandez
versichert das Gegentheil / und setzet ausdrücklich / daß dieser Bezoar, wie der Orientalische
auch nachgemachet werde; wiewohlen man sich deßwegen nicht so sehr / wie an dem Orientalischen
zu beförchten hat / indem diese Steine in grösserer Menge gefunden / auch bey weitem nicht so
theur sind / wie die Orientalische / sie seyen dann gar groß / welche grossen Herrn und Fürsten
zur Rarität verkauffet / und nach dem Pretio affectionis taxiret werden / wie Boëtius à Boot in
seiner Historia Gemmarum p. 371. schreibet; dahero obgemeldter grosse Bezoar- Stein zu Hamburg
Anfangs 6000. Rthlr. nachmahls aber nur halb so hoch gehalten worden.
§. 6.
Die Proben dieses Bezoars kommen mit denandern / durch welche der Orientalische pasiren muß /
meistens überein / ausgenommen die Farb / so an diesem anderst ist; wiewohlen derjenige / so
etwas grünlicht / wie der Orientalische aussiehet / vor den Besten will gehalten werden / wie
Schroederus l. c. meldet: Absonderlich / wann er inwendig gläntzende Streiffen / wie das
Saccharum Saturni hat / welches Pomet in seiner Histoire des Drognes l. I. c. 14. vor ein gut
Zeichen hält. Die jenige / so aus Peru kommen / werden viel besser gehalten / als andere / so
aus Neu-Spanien überbracht werden. In Ermangelung aber deß recht Occidentalichen Bezoar, kan
man sich deß Bezoar Cervini, oder deß jenigen Steins / so bey den Hirschen gefunden wird / und
fast eben so gestaltet ist / sicherlich bedienen / welcher eben dergleichen Kräfften hat / wie
Etmüllerus in Comment. Schroed. p. 776. geschrieben hat.
§. 7.
Die Tugenden und Kräfften dieses Steins / kommen mit deß Orientalischen Qualitäten sehr
überein / indem er sowohl als dieser / allen gifftigen und pestilentialischen Kranckheiten
entgegen und zuwider seyn / die schwere Noth an Jungen und Alten curiren / die Kräffte stärcken
/ den Stein und Geburt befördern / auch äusserlich an den Fingern getragen / den Schlaff
bringen soll; so gar / daß einige denselben / wie eine Panacee- oder Universal-Medien gegen
alle Kranckheiten geben wollen / und also vermeynen / sie könten schon vor den besten Artzt
passiren / wann sie damit versehen wären / wie Hernandez an offt-berührtem Ort bezeuget. Ob
aber dieser Occidctalische Bezoar auch laxire / wie Schroederus l. c. vorgiebt / lasse an
seinen Ort gestellet seyn / und kan wohl seyn / daß solches von dem nachgemachten / und mit
Gummatibus verfälschten Stein / in Acht genommen worden / welches an den rechten und
ohnverfälschten andern nicht bemercken können / welche in Ansehen ihres flüchtigen Saltzes oder
???. vol. mehr ein Schweiß-treibend- und Nerven-stärckende Krafft haben / worvon allobgemeldte
Würckungen herrühren.
|| [448.]
§. 1.
DIe Gemsen-Kugeln / PILAE DAMARUM oder
AEGAROPILAE
sind länglicht rund / und zuweilen etwas zusammengetruckte Fleisch-Kugeln / ohngefähr einer
welschen Nuß groß / äusserlich mit einer grauen oder schwartz-braun lederichten Haut umgeben /
inwendig aber aus vielen Fäserlein bestehend: eines sehr guten aromatischen Geruchs / und etwas
bittern Geschmacks: werden aus dem Welschen Tyroler- und Schweitzer - Gebürg heraus
gebracht.
§. 2.
Die Gemsen / worinnen sie gefunden werden / sind sehr wilder Art / und halten sich nur auff
hohen Felsen und Gebürgen auff / weßwegen sie auch Lateinisch RUPICAPRAE oder Stein-Geissen
genennet werden: Sind in der Grösse einer gemeinen Geise / und haben schwartze kleine / und
forn aus wie Hacken / umgebogene Hörnlein / so sehr spitz sind / so gar / daß / wann sie sich
damit irgend kratzen wollen / solche zuweilen sich selbsten also in das Gesässe eingrappen /
daß sie davon sterben sollen: hencken sich sonsten damit an die Felsen an / worauff sie mit den
Spitzen der Füssen lauffen / und springen: Nähren sich von guten gewürtzten Kräutern und
Wurtzeln / absonderlich von dem Dolonico oder Gemsen-Würtz / worvon die Gemsen-Kugeln entstehen
sollen / wie der berühmte VVelschius seel. in einem eigenen Buch AEgagropilis lehret.
§. 3.
Diese Gemsen-Kugeln nun wachsen um solche von den Wurtzeln und Kräutern hinterbliebenen
Fäserlein / in dem ersten und zweyten Ventriculo dieser Thieren / wie alle andere wiederkäuende
Thiere vier Magen haben / welche obbelobter Hr. VVelschius l. c. auch in Kupffer gestochen
unter Augen geleget hat. Indessen ist zu mercken / daß dergleichen Kugeln nicht in allen
Thieren / sondern nur in denjenigen gefunden werden / in welchen die zur deren Zeugung gehörige
Säure / welche diese Kugeln zusammen ziehet / und gleichsam gerinnen machet / zu finden ist /
wie aus wohlerwehntem Authore in dessen Anhang bey deß Schröderi Apothecker-Kunst pag. 5.
angeführet wird.
§. 4.
Man bringet auch dergleichen Kugeln aus Indien / welche bey den Indianischen Gemsen gefunden
werden / dergleichen eine sehr schöne und grosse Marxius zu Windsheim bey dem Apothecker
Korneffer gesehen / welche in der Grösse eines Kinds-Kopffs / gantz rund / leicht und etliche
Untze̅ gewogen / auch ehe einem schön gläntzenden Bezoar-Stein / als einer
ordinaire Gemsen-Kugel gleich gefehen hat / wie in dessen Material-Kammer p. 160. zu lesen ist;
doch findet man zuweilen auch unter den gemeinen Gemsen-Kugeln einige / so äusserlich gleichsam
eine steinerne Krust / wie die Bezoar-Steine haben / aber fast niemahlen grösser / als eine
Faust sind; worinnen VVelschius dem Schroedero wiederspricht / welcher diese Kugeln nie grösser
als eine welsche Nuß zu seyn / geschrieben hat.
§. 5.
Die Kräffte und Würckung dieser Kugeln seynd erwärmend und zertheilend / stärcken den Magen /
das Haupt und Sennadern / und bekommen derowegen den jenigen / so [449] mit
dem Magen- und Haupt-Schwindel beladen sind / trefflich wohl / zumalen auch die Gembsen Wurtz /
worauß sie bestehen / gegen solche Kranckheiten sehr gut thut: Stillen anbey alles
Krampff-mäßige Zucken und zusammenschrümpffung der Nerven / und befördern die Geburt / wie
Ammannus Tr. de Mat. Med. zeiget. Absonderlich aber treiben sie den Schweis und Gifft / gleich
den Bezoarsteinen / und werden deßwegen auch der Teutsche Bezoar oder BEZOAR GERMANICUM
genennet: Wäre zu wünschen / daß sie / weilen sie besser und wohlfeiler zu haben / auch viel
einen kräfftigern Geruch haben / an statt des so kostbaren Bezoarsteins gebrauchet würden /
indem sie eben dergleichen und wohl bessere Kräfften haben / in den hitzigen und ansteckenden
Fiebern sehr guten Effect thun / auch in der rothen Ruhr und andern Bauchflüssen nicht zu
verwerffen sind / weilen sie etwas adstringirendes an sich haben. Sie werden zu 10. bis 12.
Gran eingegeben. Ob sie aber äusserlich angehänget vom Hunger und Durst befreyen / ja gar fest
machen sollen / wie einige abergläubischer Weise vorgeben / ist so gar nicht glaubwürdig oder
wahrscheinlich / daß es mehr lächerlich als dienlich scheinet. Wer aber mehr von dem Nutzen
dieser Kugel wissen will / der lese den Bericht davon / welchen ein gewisser Freund auß
Saltzburg dem Hn. von Hochberg communiciret / und von diesem dem zwölfften Buch des Adelichen
Land- und Feld- Lebens pag. 731. einverleibet worden.
§. 6.
Sonsten will man von einem und andern / aber raren
Gembsen-Stein
sagen / welcher in eine eigenen Gehäuß nahe bey der Leber der Gembsen zu finden seyn / und
außwendig weißlicht / inwendig aber gantz weiß scheinen soll / weilen er / wie man vermeinet /
auß einem weissen Chylo allda zusammenrinnet und erhartet: wird sonderlich gegen die schwere
und harte Geburts-Arbeit / wie auch gegen die fallende Sucht gerühmet / wie Ettmullerus in
seinem Commentario Schroederiano pag. 774. davon schreibet. Weilen aber dergleichen bey denen
Materialisten und in denen Apothecken noch nicht zu finden ist / wollen wir uns auch dabey
weiter nicht auffhalten.
§. 7.
Von den gemeinen und zahmen Geissen wird innerlich die Geiß-Milch zu der Milch-Cur gegen das
Podagram / Schwindsucht und dergleichen meistens gebrauchet / worvon in dem Capitel von der
Esel - Milch schon gehandelt worden: Aeusserlich aber dienen die Geißbohnen gegen die
Geschwulst der Wassersucht und dergleichen / werden aber beyde in den Officinen nicht
gesuchet.
§. 8.
Eines noch zu gedencken / so rührt von dem Geiß- und Ziegen-Vieh auch das Bocksblut
oder
SANGUIS HIRCINUS
her / welches auch dörre in den Officinen gefunden und nicht allein von dem gemeinen Mann /
sondern auch von sehr vielen gelehrten Medicis gegen das geronnene Geblüt / Seiten-Stechen /
Stein und dergleichen sehr gerühmet wird / welches von obigbelobtem D. Ettmüllern l. c. pag.
773. weitläufftig angezogen worden.
§. 9.
Dieses Blut nun recht kräfftig zu bekommen hänget der berühmte Helmont den armen Zigenbock an
die hindern Füsse auf / ritzet dessen Patrimonium und samblet das Blut darauß / welches
nachmahlen an der Sonnen oder auch in B. V. auffzudörren ist / worvon in dessen Tr. Sextupl.
Digest. alim. §. 75. nachzulesen wäre. Andere hergegen nehmen auch das Blut auß dem Hals / wann
die Böcke geschlachtet oder gestochen werden / welches eben so gut / wie das vorige. Es ist
auch nichts daran gelegen / ob man dasjenige Geblüt / so erst hervorkommet und ein weisses
Serum oder Wasser mit sich führet / oder das mittele oder letzte nehme / wann es nur recht
gelind und ohne Brand auffgetrucknet wird / wie Dan. Ludovici in seiner Pharmacia p. 167.
lehret. Muß zähe / und wann es gestossen wird / braun außsehen.
§. 10.
Damit aber dieses Blut eine fürtrefflichere Krafft gegen den Stein gewinne / so nehren einige
die Böcke eine Zeit lang mit Stein-treibenden Kräutern / als Maurrauten und dergleichen /
welches D. Oswaldi, berühmten Medici zu Insprug / Geheimniß gegen den Nieren- und Blasen-Stein
gewesen / wie Hoffmannus in Clav. Schroeder. p. 648. berichtet. Weßwegen auch Pomet in Histor.
Simpl. Part. 2. lib. I. cap. 13. p. 35. das Bocksblut im Julio auffzufangen rathet. Ob dieses
Blut auch so kräfftig sey / daß es den Diamantstein erweichen könne / wie die Alten fabuliret
haben / kan ich zum wenigsten niemanden versichern. Daß es aber das gesteckte und geronnene
Geblüt mit seinem flüchtigen Saltz sehr zertheile / und derowegen so wohl gegen alle Stösse /
harte Fälle / Seiten - Stechen / Entzündung der Lungen und dergleichen sehr dienlich sey / ist
auß der Erfahrung zur Gnüge bekandt. Noch besser aber ist der Spir. und Sal. vol. so man davon
destilli-ren kan: mit welchen auch ein Ol. übergehet / so äusserlich gegen das Zipperlein und
contract??? Glieder gut thun soll.
|| [450]
§. 1.
DEr Zibeth oder ZIBETHUM, ist eine fette und schmierichte Materie / wie Honig oder Butter
anzusehen / einer weißgelben Coleur und sehr starcken Geruchs; wird meistens auß Ost- und
West-Indien gebracht / und nachmahlen in kleinen Töpffen / mit geschriebenen oder getruckten
Zettulen bezeichnet / von den Holländern ins Reich gesendet / wie Pomet in seiner Histoire des
Drogues im 6. Cap. seines ersten Buchs p. 18. berichtet.
§. 2.
Die Thiere / worvon der Zibeth herrühret / werden insgemein Zibeth-Katzen oder CATI ZIBETHICI
genennet / sehen aber den Füchsen oder Mardern / als den Katzen gleich / wie auß obigen Figuren
zu ersehen ist / deren erstere von dem Fabio Columna in des Hernandez und Ant. Recchi Hist.
Anim. Nov. Hisp. p. 580. die andere aber mir vom Hn. Vito, einem Materialisten (welcher diesen
Abriß vom Original selbsten nehmen lassen) mitgetheilet worden / welche so wohl mit des Klobij
Abriß in Hist. Ambr. p. 71. als auch derjenigen Zibeth-Katz / welche obgemeldter Pomet von den
Siamischen Abgesandten in Anno 1688. bekommen / und ein gantzes Jahr lebendig erhalten / sehr
übereinkommen; und ob schon nach Unterscheid der Länder die Orientalische / etwas anderst als
die Occidentalischen außsehen / so kommen sie doch beyderseits darinnen überein / daß sie eine
Aschfarbichte Haut mit schwartzen Flecken und Streiffen (welche doch mehr an den Weiblein zu
sehen / versetzet tragen / einen spitzigen Kopff und kurtze Füsse haben / wie sie vom
obgemeldten Columna c. l. weitläufftig beschrieben werden.
§. 3.
Nun fragt sichs / wie und in welchen Theilen dieser Thieren der Zibeth gezeuget und gefunden
werde? worvon vor diesem verschiedene Meynungen gewesen / indem einige den Zibeth vor einen
Schweiß / andere vor einen Eyter / andere vor etwas anderst gehalten / wie bey dem Sam. Dale im
dritten Theil seiner Pharmacolog. p. 583. und in deß Castelli Tr. de Hyaena Odorifera zu
ersehen ist. Doch kommen sie darinnen überein / daß er sich bey den Männlein zwischen der
Ruthen und Geilen / in den Weiblein aber inwendig in den Geburts-Gliedern finden lasse / wie
Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 199. auß andern berichtet. Allein es ist
auch hierinnen weith gefehlet worden / indem obbelobte Scribenten auß selbst-eigener Erfahrung
bezeugen / daß der Zibeth kein dergleichen excrement oder Saamen-Fluß seye / wie viele meinen /
sondern in eigenen Folliculis, das ist: Höhlen und Häutlein / welche zwischen dem Hindern und
denen Geburts Gliedern (wie oben in der dritten Figur zu sehen) liegen / in vielen darinn zu
findenden Eichelein oder Glandulis gezeuget werde / welche an dem Mannlein wohl noch einmahl so
groß / als an den Weiblein / seyn / und derowegen auch in jenen mehr Zibeth / als in diesen
gefunden werden soll.
§. 4.
Auf was Art und Weise aber der Zibeth gesamblet und colligiret werde? hat Joh. Faber Lynceus
in des obbemeldten Hernandez Tr. p. 539. gar schön beschrieben. Es wird nehmlich diese Materie
entweder zu Hauß auß den zahmgemachten Zibeth-Katzen gesamblet / und mit kleinen Löffelein /
wie Ohr-Löffel / auß obbeschriebenen Loculis oder Höhlen geschöpffet / oder auff dem Feld von
den Bäumen und Sträuchen / worau sich das Thier gerieben / [451] abgewischet. Jenes / nemlich das Außschöpffen / muß zur Sommers-Zeit immer über den andern
Tag / zu Winters-Zeit aber (da diese Materie nicht so flüßig ist) die Woche zweymal geschehen.
Nimbt man nun dieses rechte tempo nicht in acht / so reibt sich das Thier an die Mauren oder
Posten derjenigen Gegitter oder Clathren / worinnen es eingesperrt wird / indem die Materie
nach einigen Tagen etwas scharff wird / und das Thier kützelt oder sticht / weßwegë es sich
durch das Reiben und Bewegë darvon zu befreyen sucht / wan̅ man solche auf
obbemeldte Art und Weis nicht selbsten herauß langet / welches doch auch nicht ohne
Empfindlichkeit und Schmertzen des Thiers geschiehet / wie Pomet an dem Seinigen erfahrenhat.
Weilen nun dieses an den wilden Zibeth-Katzen gar nicht practiciret werden kan / und dieselbige
ihren Zibeth an die alte Aeste der Bäumen reiben / so geben die Schwartzen acht / wo sie einige
öhlichte Flecken und Klumpen an den dürren Aesten sehen / nehmen solche ab / sieden sie in
Wasser / daß sich das Unreine davon scheide / welches sich nachmahlen auff den Boden setzet /
da hergegen der wahre Zibeth oben auff dem Wasser schwimmer / welcher vor den besten gehalten
wird / wie obbelobter Faber c. l. darvon judiciret.
§. 5.
Im übrigen hat der Zibeth nicht alle einerley Farb / und wollen deßwegen einige verschiedene
Sorten machen / indem von Sam. Dale l. c. ohne dë gemeinen eines schwartzen Zibeths / so auß
Ost-Indein kom̅en soll / Meldung thut / welchen er gäntzlich verwirfft. Pomet
hergegen gedencket eines braunen / welchen er Civette de Guinée ou du Bresil oder den
Brasilianischen Zibeth nennet: da hergegen der Holländische gantz weiß ist / weilen sie die
Katzen mit Milch und Eyer ernehren sollen. Unterdessen gibt gemeldter Materialist eben nicht so
viel auff die Farb / wann sonsten der Geruch und übrige Qualitäten gu sind / indem derjenige /
so von ihm auß der Katze gesamblet worden / auch braun gesehen / und auch der weisse mit der
Zeit gelb / un̅ endlich gar braun wird. Indessen wird doch der weisse Zibeth /
wann er zugleich feist von starckem guten / doch etwas widerwertigem Geruch / bitterem
Geschmack und rother Consistentz ist / vor den besten gehalten / wie Marxius in seiner
Material-Kammer p. 219. schreibet.
§. 6.
Wie aber wann er mit Butter und Fett verfälschet ist? in dem Schurzius pag. 23. seiner
Material-Kammer dessen nicht in Abrede seyn kan. Einige geben vor / daß wann man den Zibeth
auff Papier reiben / und nachmahlen darauff schreiben könne / solscher ohnverfälschet sey.
Allein diese Prob ist gantz un???chtig / indem es die Vernunfft gibt / daß wo Zibeth / als eine
Fettigkeit auff Papier komme / allda keine Schrifft halten könne / ob es schon vom besten und
veritablen Zibeth gewesen / wie Pomet l. c. selbsten erfahren; weßwegen dieser keinen bessern
Rath weiß / als daß man sich an ehrliche und bekandte Kauff-Leute halte / auch den
geschriebenen und getruckten Zettulen nicht allemahl traue: vornemlich / aber auf den Geruch
wohl Achtung gebe / welcher etwas rantzicht seyn wird / wann Butter oder ander Fett untermenget
ist / es seye dann der Mischmasch noch garnen / wo es schwer / ja fast ohnmöglich ist die
Butter vom Zibeth zu scheiden. Wann er aber mit andern Unreinigkeiten verfälschet ist / kan man
ihn nur in siedend Wasser werffen / so wird sich der Unrath gleich davon scheiden / und der
Zibeth oben schimmen / wie obbemeldter Faber l. c. wohl angemercket hat.
§. 7.
Was endlich den Nutzen und Gebrauch des Zibeths anlanget / so hat er wegen seiner
volatilischen und öhlichten Theilgen eine sehr zertheilende / erweichende und stärckende Krafft
/ dienet gegen das Grimmen der kleinen Kinder / Colic / Bärmutter und Mutterschmertzen auff den
Nabel wohl gerieben / wann es nur die Krancke (indem viele Weiber dessen Geruch nicht vertragen
können) leiden mögen: Stärcket die männliche Krafft und dienet gegen Unfruchtharkeit der
Weiber. Am meisten aber wird der Zibeth von den Parfumierern zu allerhand wohlriechenden Balsam
und Salben gebrauchet / und riechet viel besser / wann er mit Biesem und Amber vermenget ist /
absonderlich wann nicht gar zu viel darzu genommen wird. Wann der Zibeth in die Hembder
gerieben wird / soll er alle Läuse vertreiben; bey Armen aber wäre diese Läuß-Salbe zu theuer.
Zibeth mit Ol. Anisi angemacht / und in die Handschuh gerieben / gibt einen guten Geruch /
absonderlich wann etwas Biesem darzu genommen wird. Einige rühmen auch das Fell von der
Zibeth-Katz / welches den Magen warmen / auch zu andern mehrern Kranckheiten gut thun solle /
wie Hoffin. in Clav. Schroed. p. 655. geschrieben. Die Nigriten und Wilde sollen auch das
Fleisch von diesen Thieren zur Speiß gebrauchen / von welchen und noch andern Nutzbarkeiten
Castellus in seinem Buch de Hyaena Odorifera weitläfftiger handelt.
|| [452]
§. 1.
OB man schon die Lungen von dem Fuchse /
oder
PULMONES VULPIS
aller Orten von den Jägern gnugsam habë kön̅e und nicht nöthig habe / solche /
wie andere Specereyen auß frembden Landen bringen zu lassen / so hat man doch solche nicht
gäntzlich vorbey gehen wollen / indem sie auch von den Materialsten geführet werden; müssen /
wie die Wolffs-Leber / in heißgemachten Eßig geleget / und darinnen gelassen werden / biß der
Eßig wieder kalt geworden: Nachmahlen werden sie also auffgetrucknet und entweder in
Pfeffer-Staub oder Wermuth geleget / worinnen sie sich besser halten lassen / und nicht
wurinstichicht werden / wie Schurzius in seiner Material-Kammer lehret.
§. 2.
Die Füchse selber zu beschreiben / halte gäntzlich vor unnöthig / indem sie männiglichen
bekandt sind; weßwegen an deren statt dem curieusen Leser den Abriß eines Ost-Indischen Fuchses
/ so man Jag-Hals nennet / hiermit mittheile / welcher mir von einem guten Freund
heraußgebracht worden; soll wie die gemeine Füchs auch ein sehr listig Thier seyn / wiewohlen
alle seine Bewegungen von keiner vernünfftigen Seele / sondern von künstlicher Zubereitung und
natürlichem Trieb seiner Glieder und Lebensgeister herzuleiten sind / wie le Grand in einem
eigenen Büchlein de Carentia Sensus & Cognit, in brutis alles schön außgeleget
hat.
§. 3.
Den Nutzen betreffend / so werden die Fuchs-Lungen von den Alten sonderlich gegen das Stechen
/ Husten / Lungensucht und andere Brust-Beschwerungen gerühmet / weßwegen man auch verschiedene
Composita davon in denen Apothecken findet / als die Fuchs-Lungen-Lattwerg oder Looch de Pulm.
Vulpis, Aqu. asthmatica und dergleichen / worüber sich jedoch Helmontius in seinem Tract. vom
Husten und Keichen weidlich mocquiret / auch sich verwundert / daß man in den Schulen (wie er
redet) den Hasen-sprung nicht auch gegen das Zipperlein verschriebe / weilen die Hasen ihren
schnellen Lauff damit befördern können; wie wohlen auch die TALI LEPORIS in den Apothecken so
unbekandt nicht sind. So braucht man auch das Fuchs-Schmaltz oder
AXUNGIAM VULPIS
welches das Zittern der Gleider / Erhärtung der Nerven und Sennadern / und deren Zückungen
heilen soll.
§. 4.
Nicht weniger hat man noch andere Fettig [453] keiten von den
wilden Thieren / in den Material-Kammern / als das Baren-Schmaltz oder
AXUNGIAM URSI,
welches theils auß Polen / theils auß Canada kommet. Muß frisch / graulicht und leimicht seyn
/ auch einen starcken und wiedrigen Geruch und mittelmäßige Consistentz haben: welches aber gar
zu hart / auch weiß ist / taugt nicht viel und ist mit Unschlitt verfälscht / wie Pomet in
seinen Französischen Materialien Part. 2. l. I. pag. 41. zeiget: Wird sehr gegen die
Ohren-Schmertzen und deren Geschwulst / so man Ohrklam nennet gerühmet / auch zu den Nabel- und
andern Brüchen vorschrieben. So soll auch das Bären-Schmaltz den außgefallenen Affter und die
Mutter / so zu Tage gegangen / wieder zurück ziehen / wann man es ins Kreutz reibet: auff
welche weiß D. Sulzberger auch die in den Hoden-Sack außgefallene Gedärme durch den Bruch
wieder zurückgezogen / und sie fest gehalten haben solle / wie D. Ettmüller in seinem
Commentar. in Schroeder. pag. 802. erzehlet.
§. 5.
Ferner hat man auch das Dachs-Fett
oder
AXUNGIAM TAXI,
unter den Materialien / welches gegen das Nieren- und Lenden-Weh / Stein und dergleichen
gerühmet / und den Jägern an die erfrohrne Glieder gerieben wird / in welchem Fall dieses Fett
selbsten gut befunden; weßwegen auch der alte carminische Medicus Serenus nicht unbillich
reimet:
Nec spernendus adeps, dederit quae bestia melis, das ist: Man soll nicht blosser Dings das gute Fett verachten / Das man von einem Dachs gar häuffig pflegt zu machen.
§. 6.
Was aber letztens vor ein groß Wesen von dem so genandten Murmelthier-Schmaltz /
oder
AXUNGIA MURIS MONTANI
gemacht werde / ist zur Genüge bakandt / welches der Storget und Landfahrer allgemeine Salbe
und Artzney ist; wird auß Italien und der Schweitz gebracht / allwo sich das Murmelthier oder
MUS MONTANUS oder MURMETUM (so eine grosse Maus und wie ein klein Caninichen anzusehen ist) auf
den Alpengebürgen aufhält. hat eine sehr zertheilende Krafft / und wird deßwegen vom Paracelso
als ein sonderlich Mittel gegen das Seitenstechen gerühmet; wie dann auch Mynsicht eine
vermischte Salbe gegen das Seitenstechen hat / worinnen dieses Fett den Meister spielet / wie
in dessen Armamentario Medico-Chymicop. 188. zu sehen ist. Nicht weniger wird es gegen
contracte und steiffe Glieder / auch andere Nerven-Kranckheiten gebrauchet / worvon
Schroederus, Dale und andere zu sehen.
§. 1
Obschon das Schwein / SUS oder PORCUS, ein sehr unflätiges und garstiges Thier ist / auch
ohne Zweiffel deßwegen unter die unreine Thiere im alten Testament gerechnet worden; so hat
sich doch die wundersame Allmacht Gottes auch darinnen sehen lassen / welche nicht allein in
die zahmë / sondern auch wilden Schwei [454] nen etwas sonderliches
geleget hat / so vielleicht in andern / sonst schön- und reinen Thieren nicht zu finden ist.
Absonderlich muß man sich höchlich verwundern / daß sich in einem so heßlichen und trieffenden
Sau-Auge ein gewisses Eychelein oder Glandula findet / welche im Munde zerkauer den rechten
veritablen Biesem am Geschmack und Gerusch wenig oder gar nichts nachgibet / wie solches nicht
allein an den jungen gebratenen Span-Ferckelein / sondern auch grossen Schweinen offt selbsten
erfahren und gesehen / auch dessen in meinem Polychrest. Exot. Disp. de Lapide Porcinô schon
vor längsten erwehnet hab.
§. 2.
Noch mehr hat man sich über das Americanische wilde Schwein / so den Nabel auff dem Rücken
haben soll / zu verwundern / absonderlich / wann man zugleich dessen Eingeweid betrachtet /
welches alles verkehrt / und das unterst zu öberst darinnen lieget / wie nicht allein F.
Gregor. de Bolivar in des Recchi Delic. Anim. Nov. Hisp. pag. 648. berichtet / sondern auch D.
Henricus Fuiren, bey dessen zu Leyden in Holland angestelten Anatomie selbsten gesehen / und D.
Wormio nach Coppenhagen geschrieben hat / wie auß dieses Museo p. 340. zu ersehen ist. Ob aber
der Ductus, so oben auff dem Rücken / wie ein Darm herausser hanget / und oben in der zweyten
Figur zu sehen ist / vor den Nabel (wie er insgemein genennet wird / oder etwas anderst zu
halten? ist bey den Gelährten noch etwas streittig / deren einige es vor eine Dutte oder
Papillam halten / worauß die Säuglinge von den Müttern oder wilden Mocken ernehret würden /
indem gleichsam eine kleine Brust und Aber darunter zu sehen / an dem Bauch aber / wie sonsten
an den andern Schweinen / keine Mammae zu finden seyn / wie in obgedachtem Wormio zu lesen ist.
Alle aber bezeugen / daß durch obbemeldten vermeinten Nabel immer böse stinckende Dünste
außgetrieben würden / so gar / das wann derselbige nicht alsobalden nach des Thiers Tod
außgeschnitten würde / das gantze Schwein dadurch so stinckend werde / daß man es gar nicht
geniessen könne / worüber Joh. Faber. Lync. sehr curieux und weitläfftig in seinen Anmerckungen
über obangeführten Recchum in des Hermandez Tr. de Reb. Med. Nov. Hisp. p. 636. discurriret
hat. Sonsten ist dieses Schwein an der äusserlichen Gestalt etwas kleiner als unsere Saue / hat
keinen Schwantz / bunte Börsten / worunter zuweilen eine Wolle wächset / dergleichen vor
einigen Jahren auch an einem zahmen Schwein / so die Metzger zu Franckfurt am Mayn geschlachtet
hatten / gesehen / und mir überschicket worden.
§. 3.
Weilen indessen obgemeldtes Indianisches Schwein sehr rar / und nur an grosser Herren Höfen
in Europa zu sehen ist / so wollen wir uns an unsere wilde Schweine halten / welche in Ansehen
der Zähne in den Material-Kammern und Apothecken auch bekandter sind / als die vorige / an
welchen dergleichen grosse lange Zähne nicht zu sehen sind: wie wohlen in Ost-Indien auch wilde
Schweine gefunden werden / an welchen diese Watz-Zähne so ungeheuer groß sind / daß sie sich
natürlichen wie Hörner / nicht (wie D. Jacobaeus in Mus. Haffn. vorgibt) mostrover Wieß / auß
dem Mund oben über den Kopff krümmen / wie Hn. Johann Gottfried Vily / dergleichen vor einigen
Jahren herauß gebracht / und dem berühmten Hn. Ludolfo zu Franckfurt zum Andencken hinterlassen
Tab. II. Fig. V. zu finden / und oben in der Figur zu sehen ist. Unsere
DENTES APRI
sind zwar so groß nicht / aber doch auch etwas oben außgekrümmet / wie auf dem Kupffer-Stück
in der ersten Figur zu sehen ist; werden vor ein sonderlich Mittel gegen die Bräune /
Seitenstechen und andere innerliche Entzündungen / so von gestecktem oder etwas geronnenem
Geblüt / welches sie mit ihrë volatilischen Saltz zertheilen / gerühmet / und entweder allein
oder mit den Hecht-Kiefern und dergleichen mit Nutz verschrieben / es werde gleich die RASURA
DENTIS APRI oder DENS APRI SINE IGNE gebrauchet / indem man diese Zähne auff eben die Manier /
wie das Hirsch-Horn tractiren / ein SAL VOLATILE, GELATINAM oder Galred und dergleichen davon
machen kan / wie in des Ettmülleri Comment. in Schroed. p. 766. zu sehen ist.
§. 4.
Einige machen auch ein groß Wesen von des wilden Schweines Harn oder
URINA APRI,
weßwegen sie desen Harn-Blase / worinnen noch etwas Urin (so mit etwas Oehl zu mesliren)
enthalten ist / im Schornstein dörren und so lang hangen lassen / biß der Urin so dick wie
Honig worden ist; welcher nicht allein ein gewisses Mittel gegen den Blasen-Stein abgeben /
sondern auch die Würme der kleinen Kindern / auff den Nabel gerieben / ohnfehlbar tödten soll /
wie es die beyde Französische Scribenten des so genandten Maison Rustique vor ein probirtes
Stücklein außgeben; wie dann auch Henricus ab Heer in Spadacrene p. 276. diese also gedörrete
Blase gegen die schwere Noth höchlich recommendiret.
§. 5.
Von unsern zahmen Schweinen findetman wenig oder gar nichts in denen Materialien-Kammern /
indem der Schweine Schmaltz / Speck / Dreck und dergleichen aller Orthen zu finden ist. Eines
nur meritirte wohl auch in deiselbige recipirat zu seyn / welches biß dahero [455] sehr geheim und vor ein gewisses Mittel gegen die schwere Noth gehalten worden /
welches auß Lieb gegen das gemeine Beste hiemit auch entdecken will: Es finden sich nehmlich in
dem Schweins-Kopff auff beyden Seithen einige gantz weisse mürbe Beinlein / welche nichts
anderst / als das öberste Theil des Meatus auditorii sind / welche die Metzger / so
Wissenschafft davon haben / heimlich abknippen / und denjenigen / so sie bestellen / zukommen
lassen: diese Beinlein haben etwas sonderliches in sich / und weilen das Gehirn darauff lieget
/ schlägt sich ohne Zweiffel ein starckes ???. vol. hinein / vermittelst dessen sie sicherlich
ein grosses in der fallenden Sucht praestiren / und deßwegen biß daher in Geheim gehalten
worden.
§. 6.
Sonsten führen die Materialisten und Apothecker hier zu Land auch zuweilen die Bononische
Würst und so genandte
MORTADELLE,
welche zum Theil auch von den Schweinen herrühren / und auch hier zu Land also können gemacht
werden: Nehme 6. ???. Rindfleisch vom Lendenbraten / lege es anderthalb Stund in frisch Wasser
/ darnach hack es ziemlich / doch nicht gar zu klein / hierzu 3. ???. Schwein-Fleisch / I. ???.
Speck / klein geschnitten / 4. Loth Pfeffer / gröblich zerstossen / I. Loth gar klein gestossen
Saltz / mische es wohl unter einander: nimb hernach die mittlere Ochsendärme / und laß sie rein
außsaubern / fülle sie darnach starck auffeinander / und wan̅ sie nach Belieben
mit Stecklein der Länge nach verbunden sind / so hänge sie 3. Tag in die Luft / damit sie ein
wenig außtrucknen / hernach 9. Tag in den Schornstein / so halten sie sich Jahr und Tag. Kaufft
man sie aber bey den Italianern (welche sie auß der Provence in Franckreich oder auch Italien
kommen lassen) sehe man zu / daß sie nicht schimlicht / ranzicht und abgeschmackt seyen.
§. I.
PEdra del porco oder Lapis Porcinus ist ein sehr kostbahrer Stein / welcher vor wenig Jahren
von den Portugiesen auß Ost-Indien nach Lisbon und Amsterdam gebracht worden / hat die Grösse
einer Haselnus / von unterschiedlicher Form und Couleur, welche doch gemeiniglich entweder
leberfarb oder weißgrünlicht außsiehet / glatt / wie Seiffen anzugreiffen / wiewohl er einige
Narben gleich wie Blatter-Gruben hat; wird von den Indianern Mastica de Soho, von den
Portugiesen Piedra del Puerco, item: Pedra de Vassar, voll den Spaniern Pedra de Porcas, und
von den Italiänern Pedra del Porco benambset: und weilen er in dem Königreich Malaca gesamblet
wird / so nennen ihn viele im Lateinischen Lapidem Malacensem, davon Aldrovandus in seinem
Musaeo Metallico lib. 4. pag. 798. zu sehen ist.
§. 2.
Zwar sind einige Materialisten / nahmentlich Pomet im Anhang seiner Histori von den
Materialien pag. 2. welche davor halten / daß Pedra del Porco etwas anderst sey / als der Lapis
Malacensis, indem sie davor halten / daß jener in den Indianischen Schweinen / dieser aber in
dem Stachel-Schwein gefunden werde; allein dieser Unterscheid findet sich bey den Gelehrten
nicht / welche mit den Grossirern von der Ost-Indischen Compagnie alle davor halten / daß
dieser Pedra del Porco auß Pam in dem Königreich Malaca von den Stachel-Schweinen herrühre; und
mag dieser Irrthum vielleicht daher kommen / weilen einige das Stachel-Schwein auch porcum
Spinosum und porcum marinum ein Meer-Schwein mit dem gemeinen Mann zu nennen pflegen / wie
Geßner in seinem Thier-Buch Lib. I. pag. 633. muthmasset.
§. 3.
Das Stachel-Schwein selbsten wird Lateinisch Histrix genennet / dahero auch dieser Stein
sonsten / und zwar mit besserem Bestand / Lapis Histricinus genandt wird. Andere nennen es
Parcapus; ist eine Art Igeln / und findet sich in Ost-Indien / so groß als ein zwey-monatlich
Schweingen / hat einen Kopff wie ein Caninchen / die fördern Füß als ein Dar / und die hindern
Füß wie ein Bär / auf der Stirn einen langen Strauß / über den gantzen Leib aber hat es lange
spitzige Stacheln / welche Gliedweis / bald braun / bald weiß gebildet / und sonsten von den
Mahlern zu den Pinselstielen employret werden; und weilen diese Stacheln einem Feder-Kiel nicht
ungleich / so nennen die Landfahrer dieses Thier den Vogel Taran oder Seydan. Wann man es
zornig machet / wirffet es die Stachel wie Spiesse von sich / dahero vielleicht die Spanische
Reuter im Feld Schweinsfedern genennet werden. Bestehe die Figur.
§. 4.
Es findet sich aber dieser Stein in sehr wenigen / und zwar nur in krancken Stachel-Schweinen
/ weßwegen er auch so rar und theur ist / indem selten mehr als 2. oder 3. unter denjenigen
Waaren / welche die Ost-Indische Compagnien zu Lißbon und Amsterdam groß zu verkauffen pflegen
/ gefunden / auch das Stück alsdann von 135. bis 275. Holländische fl. verkaufft / von den
Materialisten aber nachmahlen von 4. bis 600. fl. gehalten werden / welche ihn auch in Holland
außzulehnen / und von jeden 24. Stunden einen Ducaten zu nehmen pflegen. Insgemein aber
behalten ihn vornehme reiche Kauffleute / entweder solchen vornehmen Herren zu praesentiren /
oder vor ihre Erben und Freunde zu gebrauchen; weßwegen sie überall in güldene durchlöcherte
Büchslein eingefasset und an ein gülden Kettgen gehänget werden.
§. 5.
Indessen muß man sich wohl fürsehen / daß man den rechten / auffrichtigen Stein überkomme /
indem auch ein anderer bastart dieses Nahmens zu finden / welchen vor diesem bey H???. Vito,
einem Materialisten in Wormbs / als er eben auß Ost-Indien gekommen / gesehen / war rund /
schwartz und schwer / auch nicht sehr bitter; der rechte aber ist sehr bitter / so gar / daß
einige vorgeben / man könte die Bitterkeit davon auf dem Rücken der Hand spühren / wann man ihn
eine Zeit lang in der Fläche derselben halten thätte: welche Bitterkeit er von der Gallen Blas
/ darinnen er gezenget wird / und der Galle selbsten hat. Er bestehet im übrigen auß dünnen
Schalen und Häutlein / deren eines über das ander gewachsen / wie die rechten Bezoarsteine
sonsten beschaffen seyn: und wann er noch nicht gebrauchet worden / ist er mit einem zarten
Blätlein / so gleichsam darüber geleimet / überzogen / welches / so man ihn einweichet / sich
ablöset.
§. 6.
Unter dessen Qualitäten und Kräfften hat die Gifft- und Schweis-treibende den Vorzug / welche
Dimas Bosque Valentinus in Indien zum ersten dariun erfunden / wie Boëtius de Boot. in seiner
Histori der Steinen t. 2. c. 8. p. 356. anmercket / und kan solche füglich von dem vielen
volatilischen Saltz / so Le Wenhoeck, ein berühmter Holländer in Arcanis Nat. detectis pag.
115. mit einem curieusen Vergrösserungs Glas darin̅en gesehen zu haben vorgibt /
deriviret werden. Nechst dem dienet er auch in der Colic / Uberschießë der Gall / und darauß
entspringender Cholera, welche die Indianer Mordexin nen̅en / und vor eine Pest
bey ihnen halten / dargegen sie diesen Stein sehr gebrauchen. Er [457] soll
auch zuweilen gelind laxiren / weßwegen er auch wider die unbehülffliche Fettigkeit gelobet
wird; praeservirt vor den Schlag und schwere Noth / zermalmet den Stein / und curiret das
Zipperlein / wie Jacob Bontius, Fragosa und Tulpius melden. Absonderlich wird er in der
Gelbsucht / so von den Gallensieinen herrühret / vom Herrn D. Albrecht in seiner Disp. de JCt.
ex calc. sehr gerühmet. Merckwürdig aber ist / daß weilen er die Monatzeit starck treiben soll
/ die schwangere Weilber in Malaja solchen nicht anrühren dörffen / wie Herr D. Hoffin. S. in
seinen Anmerckungen über deß Schroederi Pharmacop. observiret. In Holland wird er meistens
gegen die kalte Fieber verlangt / welche er gewiß curirt / sie kommen gleich alle Tag / oder
über den andern und dritten Tag an / wann schon auch ein hitzig Fieber mit unterlauffe / gegen
welche selbsten sie Herr D. Decker offt glücklich gebrauchet / wie er in seinen Exercit. Pract.
p. 262. bezeuget: Ja in den Flecken-Fiedern selbst ist er nicht allein von diesem berühmten
Practico, sondern auch vom Herrn D. Raygern / Kayserl. Leib-Medico glücklich befunden worden /
wie in Miscell. Acad. Nat. Cur. Dec. I. A. 3. Observ. 283. zu lesen: Und ist merckwürdig / daß
die Flecken auf dessen Gebrauch sich so balden verlieren. Die Kindsblatrern curirt er.
§. 7.
Man brauchet ihn gemeiniglich nur eingeweichet / oder in infusione, also daß man den Stein in
4. oder 6. Loth Spanischem Wein oder Cardobenedieten-Wasser ein paar Stund lang ligen lasse /
biß der Liquor bitter werde / welchen der Krancke also trincken muß; und gehet dem Stein
allemahl entweder eines halben oder gantzen Gerstenkorns schwer am Gewicht ab / wie Herr D.
Decker observirt / und mich durch Hn. D. Spenern berichten lassen. Sehr reichen Leuten kan man
wol 5. oder 6. Gran von dem Stein selbsten mit andern Schweiß-treibenden Sachen geben. Andere
hängen ihn nur an statt eines Amuleti an / und sollen die Indianer ein solches Vertrauen zu
diesem Stein haben / daß wann sie ihn nur anrühren können / gesund zu werden verineynen. Vid.
Disp. nostram de Lap. Porcinô in Polych. Exoticis.
Das XIX. Capitel.
Von dem Scythischen Lamb / oder Erucht-Thier / Boromez, wie auch gemeinen und Orientalischen
Schaafen / Wolle / Oesypus und dergleichen.
|| [458]
§. I.
DIeweilen das gemeine Schaaf-Vieh / und dessen vielerley Nutzen nicht allein männiglichen
bekandt ist / sondern auch von allen Geist- und Weltlichen Thier-Beschreibern / wie nicht
weniger den jenigen / so von der Oeconomie oder Haußhaltung geschrieben haben / nemlich Colero
abgehandelt worden / so wollen wir anjetzo nicht viel Worte davon machen / sondern nur einigen
Seltzamkeiten / und den jenigen Materialien, so in den Apothecken davon zu finden sind /
kürtzlich reden: Absonderlich aber das jenige / was von dem so wunderlichen AGNO SCYTHICO oder
Frucht-Thier
BOROMEZ
gesagt wird / etwas gründlicher untersuchen / dannt der curiose Leser endlich einen gewissen
Schluß fassen könne / was davon zu halten sey.
§. 2.
Es wird aber dieses so genannte Boromez ins gemein vor ein Frucht-Thier (wie es Harsdörffer
in Delictis Math. & Phys. T. 3. p. 10. qu. 40. nennet /) welches oben auf dem
Stengel eines Krauts in Gestalt eines jungen Lamins wachsen solle / gehalten / weßwegen es auch
von Deursingio in einem besondern Tractat davon AGNUS VEGETABILIS, sousten aber AGNUS
SCYTHICUS, oder das Scytische Lamb genennet worden / weilen es in der Tartarey / in der
Landschafft. Zanotha wachsen soll: allwo es auß einem Kern / so dem Melonen-Kern nicht
unähnlich ist / soll gezogen werden. Der Stengel (so ungefähr 3. Schuh hoch /) dienet an statt
deß Nabels / wie auß der obigen Figur (welche Kircherus de Magnetisino Plantar. und der Herr
von Hochberg in seinem Adelichen Land- und Feld-Leben Part. I. p. 760. unter Augen legen / zu
ersehen / auf welchem das Thier sich herum wenden soll / und zu welcher Seite es sich wendet /
soll das umstehende Gras verderben / worvon es gleichsam lebet. Wann die Frucht reiff wird /
soll der Stengel vertrocknen / die Frucht aber ein rauhes Fell bekommen / gleich einem Lamb /
welches nachmahln gegerbet / und zum Gebrauch bereitet werde: hat sehr zarte und krause Wolle.
Ja es soll auch ein sehr süsses Fleisch haben / so wie Krebse schmecke / und wann man in die
Frucht schneidet / soll auch ein rother Safft darauß fliessen / wie solches Erasmus Francisci
in seinem Ost- und West-Indianischen Lust-Garten weitläufftig beschrieben.
§. 3.
Dieser Bericht nun hat nicht allein bey dem gemeinen Mann / sondern auch bey denen Gelehrten
desto ehe Glauben gefunden / weilen solches alles am ersten von dem sehr berühmten / und
sonsten glaubwürdigen Jul. Caes. Scaligern Exerc. 181. sect. 29. contra Cardan. beschrieben
worden / so gar / daß der sonsten allgemeine und Weltberühmte Botanicus, Joh. Bauhinus den Ruhm
der ersten Relation dem Scaliger an einem Ort fast mißgönnet / weilen er alles allein wissen /
und andern nichts übrig lassen wollen. Ja es hat sich der Hochweise / und sonsten überauß
vorsichtige Englische Cantzler Franciscus Baco de Verulamio in seiner Historia Natur. Cent. 7.
p. m. 147. num. 609. auch hierinnen verleiten lassen / da er doch sonsten andere Naturkündiger
von dergleichen Leichtglaubigkeit sehr abgemahnet: und ob er wol vor erdichtet hält / daß
dieses Frucht Lamb das umb sicht stehende Gras verzehre / so scheinet er doch der Sach selbsten
nicht gar abgeneigt zu seyn / in dem er meinet / daß das Gras ein solches Bild annehmen könne;
wie dann auch nachgehends andere Gelährte in grossen Disputat gerathen / indem man geftraget /
ob diese Frucht ein Kraut / und was für eines? Oder ob es ein Thier: oder etwas auß beyden
gemischtes seye / worvon Wormius in Mus. p. 190. und P. Sturmius im Anhang deß curiosen
Natur-Calenders de Anno 1687. N. 5. wo auch die Figur zu finden / und es nut deß Herrn
Verulamii Meinung gehalten wird.
§. 4.
Ob nun wohl auch in einigen Kunst- und Naturalien-Kammern das Fell von solchen Lämmern
gezeiget wird / dergleichen zu Amsterdamm in eines Apotheckers Herrn Johann Schwammer dams
Museo zu sehen ist / auch nebst obiger Relation in Moscau dem Herrn Oleario gezeiget worden /
wie er in seiner Persianischen Reysbeschreibung berichtet / so hat er doch billich gezweiffelt
/ ob er solchem Glauben beymessen solte / indem es einem Fell von den unzeitigen / oder gantz
neugebornen Schäflein näher kommen / wie obbelobter Wormius auß ermeldter Reys-Beschreibung
augemercket hat: Daß aber diesem in der That also sey / hat noch vor kurtzen Jahren Herr D.
Engelbert Kempffer / als er von seiner Perstanischen und Ost-Indischen Reys zurück kante / in
Decad. Observ. Exot. zur Gnüge erwiesen / nehmlich theils auß dem Wort Borannets, welches bey
den Moscowitern ein kleines junges Schäflein bedeutet / und ein Diminutivum von dem
Selavonischen Wort Baran (ovis) ist / und nachmahln durch Verderbung der Sprach in Boromez
verändert worden; theils auch auß der Seyther und [459] Perser Gewohnheit /
damit sie den grossen Orientalischen Schaafen die Junge auß dem Leib schneiden / auf daß sie
deren zarten Peltz / so bey ihnen sehr theuer gehalten / und zum Unterfutter grosser Herren
Kleider gebraucht wird / theilhafftig würden: Welches eben die jenige Felle sind / so in den
Kunst-Kammern vor das Borometz außgegeben werden. Kommen also diese Felle von keinem Kraut oder
Gewächs / (welche Meinung auß Unverstand der Dollmetscher / oder falschen Relaten des Pöbels
mag entstanden seyn /) sondern in der That von den grossen Schaafen selbsten her / wie
obbelobter Author in angeregter / Anno 1694. zu Leiden progradu Doct. ventilirten Observation
mit mehrerm zeiget.
§. 5.
Die jetztgemeldte grosse Schaafe aber sind eben die
OVES ORIENTALES,
welche der berühmte Herr Ludolf. in Histor. AEthiopica, und dessen Commentar. Lib. I. cap.
10. beschrieben hat / wie daß nehmlich die Hämel davon so ungeheuer-grosse und fette Schwäntze
haben / daß sie allein öffters 40. Pfund wiegen / und deßwegen auf eigenen darunter gebundenen
Rädern müssen nachgeschleppet werden / wie oben auß dem Kupffer am besten zu ersehen ist: über
welches jetzt-belobter Author noch eine andere Figur eines Mutter-Schaafes in seinem grossen
Kupfferstück zeiget.
§. 6.
Von den Europäischen und Einheimischen Schaafen führen die Materialisten den so genannten
OESIPUM oder HYSSOPUM
HUMIDAM,
welches nichts anders / als die jenige Schmeer oder Fettigkeit ist / welche / so man die
Wolle wäschet / oder in warmem Wasser siedet / oben auff dem Wasser schwimmet / welche
abgeschäumet / durch ein Tuch gedrucket / und in kleine Fäßlein geschlagen wird: kommet
zuweilen auß Franckreich / muß neu gemacht / frisch / nicht stinckend seyn / und graulicht weiß
außsehen. Wird zu den lahmen Gliedern- und Nerven-Kranckheiten gerühmt / und kommt unter
verschiedene Composita.
§. 7.
An verschiedenen Orten treiben die Materialisten auch mit allerhand frembder
Wolle/
so auß Spanien / Franckreich / Engeland / Polen und andern Orten herkommet / grossen Handel /
von deren Unterscheid Pomet in seiner Material-Kammer kan gelesen werden. Die Wollenweber
aestimiren die süsse / das ist / zarte Wolle; die Apothecker die schmierichte oder LANAM
SUCCIDAM, welche dem Oesypo an Kräfften gleich kommt.
|| [460]
§. 1.
DIe Strausen-Eyer oder OVA STRUTHIONUM sind sehr groß / und einem Kinds-Kopff in der Dicke
gleich kommende Eyer / welche mit einer sehr dicken Schale / so außwendig bleichgelb / und
inwendig weiß ist / umgeben sind / und eine solche Höhle haben / daß eines dar von wol 26.
Hüner-Eyer in sich halten könne / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 182.
mit dem Erasmo Francisci meldet; werden in Africa / absonderlich auf der Capo de bon Esperance
häuffig gefunden / und von dar heraus gebracht / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag.
187. berichtet.
§. 2.
Auß der Glösse dieser Eyer kan man leicht erachten / was die Strausen selbst vor ungeheure
grosse Vögel seyn müssen / deren einige viel höher / als ein Mann zu Pferd seyn / und 7 1/2.
Schuh hoch gefunden werden sollen / dergleichen zu Paris in der Königlichen Academie des
Sciences vor diesem anatomirt worden / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues Part. 2. lib.
1. cap. 17. pag. 43. erzehlet. Und ob schon diese Vögel / gleich den andern / auch Flügel haben
/ so brauchen sie doch dieseldige nicht zum Fliegen / sondern nur zu geschwinderem Lauff /
indem sie / wann sie gejaget und verfolget
|| [ID00506a]
|| [ID00507]
werden / dieselbige außbreiten / und damit / gleichsam als durch Segeln / von dem Wind
fortgetrieden werden; dahero sie auch in einem Trab so geschwind gehen / als ein Pferd in
vollem Galoppe / wie solches Mallet in Beschreibung des gautzen Welt-Krayses Part. 3. von
Africa pag. 84. beschreibet / und in obiger Figur unter Augen stellet: Sollen zwar ihre Eyer in
den Sand scharren / worinnen die Soldaten in Africa öffters 40. biß 50. finden; doch aber
selbige auch mit Brüten eröffnen / da das Männlein und Weiblein sich einander ablösen / und
damit die Junge so balden gnugsame Nahrung finden möchten / sollen die Alten einige Eyer / wann
sie bald außgehen / zerbrechen / daß alsdann viele Würme darinnen wachsen / und den Jungen zur
Nahrung dienen möchten. Die Alten aber ernehren sich mit Gersten / Bohnen / Heu und Kräutern /
welche sich in deren Leib finden / welcher durch 5. Zwerchfelle in fünff Theile unterschieden
ist / wie Pomet l. c. schreibet. Daß aber Scaliger und audere vor diesem glauben gemacht / es
könten die Strausen das Eysen verdauen / ist gantz falsch / und ist solche dem alten Alexandro
Aphrodisaeo schon verdächtig vorkommen. Zwarkan es wol geschehen / daß diese Vögel mit dem Sand
und Steinlein auch eiserne Nägel und dergleichen verschlingen: Allein daß solche in deren Magen
nicht verzehret werden / sondern wieber gantz weg gehen / bezeuget Ulysses Aldrovandus lib. 9.
Ornithol. c. 2. Ja es sollen die Stausen zuweilen kranck davon werden / so gar / daß Th.
Jordanus deßwegen von den Strausen-Hütern bey nahe eine gute Tracht Schläge davon getragen
hätte / als er zu Trient und Rom vor diesem den Strausen einige Medaillen und alte Müntze
vorgeworffen / wie Frid. Hoffmannus in Clav. Schroed. pag. 696. weitläufftig berichtet hat.
§. III.
Was aber den Nutzen und Gebrauch der Strausen-Eyer aulangt / so werden dieselbige in Africa
nicht allein zur Speise gebrauchet / daß sich manchmahl sieben Personen an einem dergleichen Ey
satt essen sollen / sondern sie werden auch hier zu Land zur Artzney gesuchet / indem die
Schale davon (so ins gemein eines Strohhalmen Dicke hat) gegen den Nieren- und Blasen-Stein
gerühmet / und deßwegen unter die Liquores und Pulveres Nephriticos gezogen wird; wiewohln
Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 809. zweiffelt / ob sie vor den gemeinen Eyerschalen
einen grossen Vorzug haben könten? Andere / als Forestus Observ. 20. lib. 20. rühmen sie auch
gegen das lauffende Gicht. Die gantze Eyer werden zur rarität in denen Kunst- und
Naturalien-Kammern auffgehoben / welche die Mahomertaner auch in ihren Moscheen auffhängen
sollen / wie Mallet l. c. berichtet.
§. IV.
Diesen obbemeldten Strausen-Eyern kommen an der Grösse die Casearis-Eyer oder
OVA CASEARII
sehr gleich / wiewohlen sie so keine dicke Schale haben / auch nicht weiß / sondern grünlicht
sind; weßwegen auch Rumphius in Beschreibung der Ambonischen Muscheln die grüne Conchas
Casearis-Eyer nennet. Die rechte Casuarius-Eyer aber werden / wie die Strausen-Eyer in Silber
eingefasset / und zu Trinck-Geschirren gebraucht / und haben auch in der Medicin einen Nutzen
mit den vorigen.
§. V.
Der Vogel / welcher solche leget / wird von den Indianern EME, von D. Wormio CASEARIUS, und
von andern
CASUARIUS
genennet / welcher Anno 1548. zum erstenmahl von den Holländern in Europam gebracht / und von
denselben im Fournael van de Reyse der Holländischen Schepen in Oost-Indien auf demletzten Blat
also abgemahlt und beschrieben worden.
Abconterfeyung und Beschreibung eines frembden Vogels / genannt Eme, welchen diese
Holländische Schiffe / wegen seiner grossen rarität von der Insul Java mitgebracht haben.
Vor eine grosse Neuigkeit stelle ich hier einen Vogel nach dem Leben abgemahlet / welcher bey
nahe noch einmahl so groß als ein Schwan ist / schwartz von Coleur, indem sein Leib voll
schwartzer Federn ist / welche auf einem Stoppelgen oder Stängen sitzen / und zwey Spitzen von
sich geben / welche pflaumachtig / wie am Vogel Strauß anzusehen sind. Dieser Vogel hat keine
Flügel / auch keine Zung. Oben auf dem Scheitel des Haupts hat er einen Schild / so hart / als
ein Schild von einer Schildkrotte: streitet mit seinen starcken Klauen / welche er / wie ein
Pferd hinten von sich schlägt. Am frembdesten ist / daß er keine Zunge hat / und schlinget
derowegen alles / was er isset / gantz ein / so gar / daß er einen Apffel / welcher einer Faust
groß ist / einschlingen / und was noch seltzamer ist / feurige Kohlen ohne Schaden einschlucken
kan. Stücker Eysen schlucket er sehr gern / um den Leib damit zu kühlen. Er wird dor [462] ten EME, genen̅et / und fället in den Insusen von
Banda: allwo dieser gegenwärtige von dem König von Cidayo unter andern Praesenten Jan
Schellinghern, Schisern auf dem Schiff Amsterdam verehrt worden. Biß daher besagtes Journael.
Wer ein mehrers davon lesen will / kan des Aldrovandi, Clusii, Nierembergii, und Bontii
Schrifften nachschlagen / auß welchen Wormius in Musaeo p. 292. und Willughty Ornitholog. lib.
2. pag. 105. denselben weitläufftig beschrieben / auß welchem letzten, obige Figur genommen
worden ist.
§. 6.
Weilen indessen obgesetzte Strausen- und Casuarien-Eyer gar zu groß fallen allhier abzumahlen
/ so habe an deren Stelle dasjenige
COMETEN-Ey /
welches in vorigem Seculo, als der grosse Comet an dem Himmel gestanden / zu Rom von einem
Huhn / so vor dem Cometen erschrocken / gelegt / und nachmal nit allein auf einem Kupfferstück
nächst dem Cometen in öffentlichen Druck gegeben / sondern auch vom Hn. du Blegny dem Zodiaco
Medico-Gallico A. III. p. 30. einverleibet worden / setzen wollen; worauß dann erhellet / daß
nicht allein an den menschlichen Embryonibus in Mutterleib durch Schreiten und andere
Bewegungen allerhand Mähler entstehen können / sondern auch die wilde und unvernünfflige Thiere
dergleichen Zufällen unterworffen seyn; dessen Ursach Herr D. Brander Prof. zu Marburg in
Hessen / in einer besondern Dissertation de Ovo Cometico außgeführt hat.
§. 1.
DIe Pfauen-Spiegel oder SPECULA PAVONUM sind die äussere Ende von den Pfauen-Federn / mit
runden / schön gebildeten und widerscheinenden blau-grünen Flecken gezieret; kommen meistens
von dem Männlein der Pfauen her / welche nebst dem Weiblein so bekandt sind / daß es unnöthig
ist / solche weitläufftig zu beschreiben / zumahlen auch Colerus in seinem Hausbuch lib. 13. c.
48. p. 312. zur Gnüge davon gehandelt hat.
§. 2.
Diese Federn oder Spiegel der Pfauen werden von einigen gegen die fallende Sucht gerühmet;
wie ich dann in des seel. D. Tacken, weyland Hochfürstl. Hessischen-Darmstädtischen Leib-Medici
Handbuch / als ein sonderlich Geheimnus gegen solche Kranckheit gefunden / daß man 3. solcher
Spiegel zu Pulver brennen / und dem Patienten eingeben solle; welches doch gegen das volle und
neue Liecht zu widerholen ware. Andere rühmen sie auch gegen den Rothlauff und böse Brüste /
deren Signatur sie haben / wie Hartmannus in Praxi. p. 157. redet; wie sie dann auch als andere
Federn angezündet / gegen die Mutter-Schmertzen in deren Erstickung gut thun / wovon
Schroederus zu sehen ist.
|| [463]
§. 3.
Nächst diesen Federn wird in der Artzney auch der Pfauenmist oder
STERCUS PAVONUM
sehr gerühmet / absonderlich das Weisse davon / von welchem Willisius in seinem Tr. de Anima
Brutorum ein groß Wesen macht / indem er denselben p. 212. als ein gewisses Mittel gegen den
Schwindel verschreibet / welches auch Borellus, Quercetanus, Henricus à Brahe, und andere mit
Exempeln bestättigen / auch zugleich gegen die schwere Noch rühmen / absonderlich wann man es
von dem neuen Liecht biß zum vollen Schein gebraucht / wie davon Ettmullerus in seinen
Anmerckungen über deß Schroederi Apotheckerkunst p. 809. kan gelesen werden.
§. 4.
Ob nun wol der Pfau in Ansehung der Federn ein sehr schöner Vogel ist / so wird er doch
hierinnen von denen so genannten Paradiß-Vögeln oder
AVIBUS PARADISIACIS
weit übertroffen / welche also genenuet worden / weilen die gemeine Leut darvor gehalten
haben / sie kämen auß dem Irrdischen Paradiß der Türcken. Allein weilen unlaugbar / daß sie
nicht auß Türckey / sondern auß Ost-Indien / und zwar der Moluccer Insul kommen / so nennen sie
andere Lateiner lieber MANUCODIATAS, welches ein verdorben Moluccisches Wort ist / und MANOTTO
TIWATTA, das ist / Gottes Vogel heissen sollen / wie sie die Einwohner in den Moluccen Insuln
nennen; haben sonsten ein artliches Ausehen / indem die oberste Federn auf dem Kopff sehr zart
/ weich und blaulicht grün / die unterste am Kinn dicht und schön gelb / auch gläutzend sind /
der Schnabel klein / und der gantze Leib mit gelb-rothen Federn geziert / welche doch an der
Brust und Leib sehr breit und gläntzend geld sind. Die Flügel gläntzen von schwartzer und
rother Vermischung / ohne welche auf dem Rücken zwey schwartz-gläntzende Federfaden / so 3.
Spannen lang sind / und nicht recht rund / aber auch nicht eckicht / wie Schustersdrät zu sehen
sind / wie sie in deß Besleri Gazophylacio abgemahlt und beschrieben sind.
§. 5.
Weilen nun jetztgenteldter Author mit dem Cardano, Aldrovando und dem gemeinen Mann auch
vorgibt / daß diese Vögel keine Füsse hätten / so fragt sichs / ob deme also seye? allwo zwar
bekandt und unläugbar ist / daß vor diesem die meiste / ja fast alle Paradiß-Vögel / so auß
Indien gekom̅en / keine Füsse gehabt: Allein es ist doch auch gewiß und am Tag /
daß solche von den Indianern abgeschnitten worden / es seye nun solches deß wegen geschehen /
daß sie sich ohne Füsse besser praepariren und halten / oder wie andere meinen / besser an die
Cascetten und Hüte zu Plumagen hefften liessen. Nachdem aber die Moluccischen Insuln unter die
Regierung von Bantam gekommen / werden auf Veranlassung der Holländer die Füsse nun an den
Vögeln gelassen / wie sie nicht allein von D. Wormio in Museo p. 294. damit abgemahlt und
beschrieben / sondern auch von mir und andern in vielen Kunst- und Naturalien-Kammern also
gesehen worden / auch in der berühmten Dreßdischen Kunstkammer täglich verschiedene können
gesehen werden.
§. 6.
Es finden sich aber diese Paradiß-Vögel von unterschiedlicher Grösse / dahero einige
Naturkündiger / als Aldrovandus, Jonstonus und andere deren wol fünfferley / oder doch zum
wenigsten zweyerley Arten gedencken / nehmlich der grossen und kleinen; wiewohlen andere
solches nur vor eine unterschiedene Grösse nach dem Alter / und nicht vor ein unterschiedene
Speciem halten wollen / indem sie an der Gestalt sonsten gantz überein kommen: Man wolle dann
die so genannte Königs-Vögel vor das eine Geschlecht hallen / welche deßwegen von einigen
Lateinischen
MANUCODIATAE REGIAE
genennet werden / deren Abbüdung in der III. Figur deß Kupfferblats zu sehen / welche von dem
jenigen Königs-Vogel / so der seel. Theologus Herr D. Job. Ernestus Gerhardus, weiland Prof. zu
Jena in seinem Museo gehabt / genommen / und von M. Dan. Grützmann in einer Anno 1667. allda
gehaltenen Disputation de Avibus Paradisiacis harumque Rege weitläufftig beschrieben
worden.
§. 7.
Ob nun wol in jetztermeldter Dispuration zimliehe Nachricht von diesen Königs-Vögeln zu
finden / so verhoffe doch dem curieusen Leser ein grössers Vergnügen zu geben / wann deinselben
eine genauere Beschretdung dieser Vögeln / welche unter deß Herrn Herberti de Jagers, weiland
Oberkoopmans bey der Ost-Indischen Compagnie zu Batavia Nova hinterlassenen MSS. gefunden /
allhier mittheilen werde / welche auß dem Holländischen ins Teutsche übersetzet / also lautet:
Die zweyte Sat. von den Paradiß-Vögeln wird ins gemein Königs Vögeln genannt / weilen nicht
allein unser Volck / sondern auch die Indianer selbsten dafür halten / daß sie die Könige von
gedachten Vögeln eyen / wiewohln solches von etlichen Arovanen nicht zugelassen wird; sicher
aber ist es / daß sie unter und mit den andern Paradiß Vögeln fliegen / auch um dieselbe Zeit /
da die grossen kommen / in Arov fliegen. Unterdessen ist dieser Vogel viel seltzamer / rarer
und schöner / dann die gemeine / indem er nicht in solcher Menge komt / als die grossen / ist
auch viel mühsamer zu schiessen / weßwegen auch wenig darvon zu uns gebracht werden.
|| [464]
§. 8.
Dieser Vogel nun ist viel kleiner / dann der gemeine und grosse Paradiß-Vogel / ungefähr 7.
zwerche Finger lang / ohne dergleichen grossen pflaumichten Schwantz / wie an den grossen zu
sehen / indem diß Vögelgen einen kleinen kurtzen Schwantz von steiffen Federn hat; nichts desto
weniger hat es doch auch zwey lange und steiffe Drätgen oder Faden / so auß dem Schwantz gehen
/ und ungefähr so lang sind / als das gantze Vögelgen / an deren Ende sich zwey runde Kringlein
auffwerffen / so eines Weißpfenningsgroß sind / welche auß subtilen Federgen bestehen / und wie
ein Nadel gedrehet sind / oben schön Schmaragd-grün und Mäußfahl / welche zwey Drätger das
rareste an diesem Vogel sind. Sein Köpffgen ist sehr klein / oben Menningroth / am Hals und im
Nacken Blutroth / und breitet sich dasselbige auß. Die Aeugelein sind sehr klein / hinter
welchen ein schwarß Pläcklein stehet / der untere Hals und Brust Castanienbraun / mit etwas
grau vermeugt. Unten an der Brust stehet ein Placken / wie ein halber Mond / von so subtilen
Federn gemacht / als ob es schwartze Seide wäre. Dieser halbe Mond ist an etliche Orten
durchauß und gläntzend schwartz / an etlichen mit Schmaragdgrün vermischt und widerscheinend /
wie die Hälß an etlichen Andvögeln. Die Flügel sind nach Proportion deß Vögelgens zimlich groß
/ und viel länger als der gantze Leib von steiffen Federn / welche oben dunckel-castanien-braun
sind / doch daß darzwischen rothe und gläntzende Federlein hervor scheinen. Ferner ist der
gantze Rück und Schwantz schön Blutroth: der Bauch weiß mit grau vermengt: ander Seite hat es
lange Pflaumfedern / die oben mit Maußfaal / und neben mit schön Schmaragdgrün eingefasset
sind. Die Beine sind lang und schmahl / und die Füsse sind in 4. lange Zähen getheilet / an
welchen scharffe Klauen stehen. Der Leib ist klein / und hat sehr wenig Fleisch / ungefähr so
groß als ein Zaun-Königlein.
§. 9.
Sonsten fällt dieser Vogel mit den Paradiß-Vögeln meistens in der Insul Arov, 17. biß 20.
Meilen von Nova Guinea gelegen / welches vor sein recht Vatterland gehalten wird / indem
niemand von den Arovanen jemahlen weder der Paradiß-noch der Königs-Vögeln Nester gesehen hat /
sondern sie sagen einmüthig auß / daß beyde Vögel jährlich in den heissen Monaten von dar in
ihr Land geflogen kämen / und hielten sich die grosse Paradiß-Vögel aus den grösten und
höchsten Bäumen / die Königs-Vögel aber auf niedrig ligenden Sträuchen auf / worvon sie kleine
rothe Beerlein und Erbsen essen.
§. 10.
Es wird aber der Königs-Vogel entweder geschossen / oder mit Stricken gefangen. Jenes
geschiehet nach der Sonnen Untergang / wird aber langsam getroffeu / theils weil er mit kleinen
Trouppen flieget / theils weilen er klein und sehr geschwind ist; welches die Ursach ist / daß
/ wie oben gesagt worden / deren so wenig zu uns gebracht werden. Dieses geschichet mit
Stricken von schwartzen Haaren gemacht / die sie von den Sagüeör oder Gomotbaum machen. So bald
nun die Vögel gefangen sind / werden sie / wie die grosse / so balden auffgeschitten / und das
Ingeweid unverzüglich herauß genommen / danu sie sonsten wenig Fleisch haben. Wann dieses
geschehen / werden sie gedörret / welches entweder an der Sonn oder im Rauch geschichet / und
werden alsdann in Bambousen oder hohle Röhre gesteckt / wo das Vögelgen rund und länglicht wird
/ wie sie in Banda zu Kauff gebracht werden. Besser aber ist es / wann man sie auffspaltet /
und zwischen zwey schmaale Leder bindet / weilen man also das gantze Vögelgen besser von unten
und oben sehen kan. Unterdessen werten die jenige / so in die Röhre gesteckt sind / in den
Rauch gehänget / zuvor aber also verwahrt / daß die beyde Ende der Röhren wol zugestopffet seyn
/ daß kein Rauch eintringen könne. Auch muß man sie nicht gerad über das Feuer hängen / damit
sie nicht warm werden / sondern also / daß sie der Rauch nur treffen könne. Die auffgespaltene
müssen mit Campher bewahrt / und zwischen Papier geleget / auch der Bauch mit Spic-öhl
bestrichen werden. Beyde müssen auch offt auffgemacht / in der Lufft gesaubert / und wieder
auffgehobeu werden / dieweilen diese Vögelein in Indien gar gern verderben / absonderlich wann
sie die Füssen noch haben.
§. II.
Diesem nun vorzukommen / haben die Arovánen vor diesem im Gebrauch gehabt / von den Paradiß-
und Königs-Vögeln nicht allein das Eingeweid / sondern auch die Füsse wegzuschmeissen / damit
sie sich besser bereiten / und vor der Fäulung halten liessen. Nachdem sie aber nachmahlen
verstanden / daß die Holländer dadurch in den Mißverstand gekommen / als wann die Vögel nie
keine Füsse gehabt hätten / und stätig in der Lufft schwebeten; so pflegen sie aus unsere
Gefahr die Füsse nun daran zu lassen / da zumahlen die Arvese Jusulen heuriges Tags unter der
Regierung von Bandam stehen. Biß daher Herb. de Jager. Worauß zu ersehen / daß der sonst
berühmte [465] Olearius allhier der Sach auch zuviel gethan / wann Er ad
lib. 3. Itiner. Ind. Mandel. diese Wort setzet: Wir haben in der Gottorffischen Kunst-Kammer
etliche Paradies-Vögel / welche zwey vollkommene Beine und Füsse haben: der Regulus aber oder
König der Paradeiß-Vögel hat von Natur keine Füsse / sondern am Schwantze zwo lange Strahlen /
als Pferde-Haar / an deren Ende schöne umgekrümte grüne Federn / mit welchen er sich an die
Bäume anhängen kan. Wie schön aber dieses mit dem Augenschein überein treffe / ist auß unser
Figur zuersehen / welche mit dem Königs-Vogel / so Herr Vitus vor einigen Jahren mit auß
Ost-Indien brachte / und mir in Franckfurt gezeiget / gäntzlich überein trifft.
§. XII.
Noch viel rarer ist derjenige Vogel / welchen unter wohlermeldtens un̅ sehr
Curieusen Herrn de Jägers Schrifften gefunden und in der Mitten des beygesetzten Kupffers
zuersehen ist / welcher biß dahero von keinem eintzigen Scribenten / so viel mir wissend
observiret / von obgemeldten Authore aber also beschrieben wird: Der krumme Schnabel an diesem
Vögelgen ist etwas länger / als an dem Paradieß-Vogel / oben etwas schwartz und unten
lichtroht: der Kam̅ ist etwas lichtroht und von Federn: die Füsse roth und etwas
länger / als an den Paradieß-Vögeln / mit 3. Klauen. Auff dem Rücken hat es dunckelgrüne Federn
/ an der Brust aber sind sie etwas graulicht und hangen etwas lang von dem Bauch: der Schwantz
/ wie am Paradieß-Vogel / außgenommen daß nicht so viel Federn hervor schiessen / als an den
Paradieß-Vögeln: die Augen dunckel und der Aug-Apffel roht. Weiter hab noch nichts erfahren
können.
§. 1.
DIe Gemeine / so wohl zahme / als wilde Ga̅nße hier weitläufftig zubeschreiben
/ achte vor ohnnöthig / zumalen vonde̅ Letzte̅ gar nichts / von den
ersten aber nur einige Theile / als das Fette und Feder-Kiel unter die Materialien kommen / von
welchen man am End dieses Capitels kürtzlich handeln wird. Jetzo aber wollen wir nur die so
beschreyte Schottländische Gänße oder
|| [466]
ANSERES SCOTICOS
sonsten auch Baum-Gänße genandt / ein wenig betrachten / von deren wunderlichen Ursprung so
vieles disputirens unter den Gelährten gemachet wird. Diese Gänse nun sind eine Art wilder
Gänsen / so me istens in Schottland (worvon sie den Nahmen haben) gefunden werden und heissen
bey den Schort- und Engelländern The BERNACLES oder CLARIS, bey den Franzosen aber MACQUEROLLES
und MACREUSES: sind etwas kleiner als unsere Hauß-Gänse / haben einen schwartzen Schnabel / wie
die wilde Gänse / aber viel kürtzer und klemer: der Halß und die Brust sind grauschwartz
geschilt / der Bauch weiß / die Flügel- und der Ruck mit grau und schwartz melirt: die Spitze
am Schmantz weiß / dann die übrige Federn am gedachten Schwantz gantz schwartz sind / wie
solches Fr. Willuchbee. im dritten Buch seiner Anithologi cap. 2. §. 3. p. 274. am besten
beschrieben und in obiger Figur unter Augen geleget hat.
§. II.
Es lassen sich aber diese Gänse auch in Schottland nicht allezeit und durch das gantze Jahr
sehen / sondern nur im Herbst un̅ Winter / da sie / wie unsere wilde Schnee- und
Hagel-Gänse mit grossen Hauffen geflogen kommen und allda über wintern: daß man also allda nit
weiß / woher sie kommen und wo sie gezeuget werden / wie der Edle Robertus Sibbaldus in einem
besondern Bericht von den Schottländischen Gänsen / welchen er am Ende seiner Scotiae
Illustratae oder Prodromi Hist. Nat. Scot. Part. 2. lib. 3. pag. 38. angehänget hat /
versichert: und weilen sie sich gemeiniglich an das Ufer des Britannischen Meers / absonderlich
in der Landschafft Lancaster / an denjenigen Orthen / wo die so genandte CONCHAE ANATIFERAE
liegen / niederlassen / so ist daher der gemeine Wahn entstanden / daß sie entweder aus diesen
Muscheln / oder von den Bäumen / daran sich solche ohngefehr Klammern generirt oder gezeuget
würden / wie jetztbelobter Sibbaldus c. l. nicht unrecht schliesset.
§. III.
Damit man nun recht auff den Grund dieser Sachen kommen möge / wollen wir bey dieser
Gelegenheit auch die jetztgemeldte und so genandte.
CONCHAS ANATIFERAS
kürtzlich besehen / welche von einigen auch Bernacles, von andern aber / absonderlich in
Museo Societ. Reg. Angliae besser BARNACLEN SHELS oder Bernakel-Muscheln genennet werden / und
finden sie sich nicht allein in Schottland sondern auch in Norwegen / wie D. Wormius in Mus. p.
257. und Jacob. in Mus. Hafniensi p. 21. berichten. Diese Muscheln nun sind nichts anders als
eine Art von Balanis marinis und bestehen auß dreyeckichten zusammen geschlossenen Schüsselein
/ so außwendig glatt und wie blaulicht sind / auch unten einen runtzelichten weichen Stiel
haben / wormit sie sich an die Bäume / Schiffe und andere Cörper anhangen / und wodurch das
inwendige Thier oder Wurm (welcher etwa Fingers dick / weiß und 5. biß 6. Zoll lang ist) seine
Nahrung suchet und sich deßwegen auch wie ein Wurm beweget und reget. Was aber noch sonderlich
zumercken ist / so befinden sich an diesem Wurm einige umgekrümte Fäserlein / welche gleichsam
wie Federn außsehen / absonderlich wann sie sich außgebreitet und also auß der Muscheldringen /
wie oben an der 3. Figur zusehen ist.
§. IV.
Diese letztberührte Fäserlein und vermeinte Federn nun gaben der obgemeldten Meinung / wie
daß nemlich die so genandte Baum-Gänse oder Bernakles aus diesen Muscheln gezeuger würden /
noch einen grösseren Schein / so gar / daß auch viele Gelehrte solches geglaubet / und Michael
Meyerus diese Meinung in einem besondern Buch de Volucri Arborea zu hehaupten gesuchet hat.
Jaman hat deswegen zu Pariß in der Sorbon durch einen allgemeinen Ausspruch dafür halten wollen
/ daß diese Gänse deswegen nicht unter die Vögel / sondern unter die Fische zu rechnen / auch
deswegen in der Fasten-Zeit solche zu essen erlaubet seyen / wie solches ein glaubwürdtger
Frantzoß D. Wormio, laut dessen Musei p. 25. erzehlet hat. Weßwegen auch diese Gänse zu solcher
Zeit auß Schott- und Engeland nach Pariß gebracht werden / wie obbleobte Sibbaldus Prodrom.
Hist. Nat. Scot. part. 2. lib. 3. c. 6. p. 21. berichtet: allwo sie an statt der Fische
verkauffet und genossen werden / wie jetzt bemeldter Wormius l. c. schreibet / welcher dieser
Meynung mit dem Scaligero, Aldrovando, und andern auch nicht abgünstig zuseyn scheinet.
§. V.
Nachdem aber bey den heutigen Naturkündigern es eine auß gemachte Sache ist / daß ein
jedweder Thier sich durch seinen eigenen Saamen vermehre und also die sogenandte generatio
aequivoca auch nicht bey dem geringsten Ungezieffer mehr zugelassen wird / so folger der
berühinte Willugbeius e. l. nicht unbillich darauß / daß solche viel weniger in so grossen
Vögeln statt habe un̅ hält also diese Meynung billich vor eine Fabel / zumahlen
der so offt belobte Sibbaldus, welcher alles in Schottland am besten erfahren und beschrieben /
auch diesen Irrthum widerleget und gezeiget hat / daß die so falsch genandte Baum-Gänse allda
nicht gezeuget würden / sondern anderstwo her geflogen kämen: die Erfahrung auch bezeuget / daß
wie andere Vögel / auch diese auß ihren Eyern gebrütet würden / welche nicht allein Senguerdus
in Zerlegung der Weiblein gesehen / sondern auch die Holländer in ihren Nordischen Schiffarten
gefunden / und [467] daß die jenigen darauß gebrütet wurden / in acht
genommen haben / wie Levinus Hulsius in den Holländischen Schiffarten de Anno 1595. 1596. 1597.
bezeuget; und weilen diese letzterte Meynung auch mit der H. Schrifft vielmehr überein kommet /
wie Franzius in Hist. Animal. pag. 400. erinnert / so stimmen wir derselben auch willigst
anbey. Wer aber noch ein mehrers von diesen Gänsen zulesen verlanget / kandes Deufingii Diss.
de Anseribus Scoticis nachschlagen / worinnen diese Fabel weitläufftiger abgehandelt
worden.
§. VI.
Was endlich diejenige Simplicia welche von dem Hauß-Vieh herrühren / anlangen thut / so hat
man in den officinen das Gänse-Fett und die gezogene Schreib-Federn oder Spulen / mit welchen
letztern die Feder-Händler ein grosses Gewerb treiben / ohne daß sie von denen Bett- und
Pflaumen-Federn auch grossen Gewinn heben. Das erste / nemlich das Gänse-Fettoder
AXUNGIA ANSERIA
hat eine sehr erwärmende / durchdringende und zertheilende Krafft / und erweichet nicht
allein innerlich den erhartenden Leib / sondern befördert auch bey den kleinen Kindern den
Stuhlgang / wann es nur eusserlich auff den Nabel gebunden wird: Praeserviret die Glieder von
den Frostbeulen und heilet allerhand Schrunden. So wird es auch gegen den Krampff / Lähmigkeit
und Contractur gegen diejenige / so von dem Scharbock rühret / worvon Ettmüll. in Comment.
Schroed. p. m. 803. weiter zusehen ist.
§. VII.
Die Spulen oder Schreib-Kielen betreffend / so werden dieselbige Tausendweiß rohe eingekaufft
und hernachmahlen gezogen / welches also zugehet: Man stecket die Kiele in stedheiß Wasser /
heissen Sand oder Asche / biß sie weich werden / streiffet alsdann mit einem Messer das
äusserste Häutgen davon ab / indem man dieselbige damit auff das Knie trucket und mit dem
Messer darüber herfähret: Und weilen die Kiele hiedurch zusammen fallen / so entstehen an
beyden Seiten zwey durchstchtige Striemen darvon / woran die gezogene Federn von den rohen
unterschieden werden. Wann nun solches geschehen / so sortiret man die beste / grösseste und
härteste Kielen von der Mittel- und schlechten Gattung / und bindet sie in runde Bündlein /
deren eines etwa 25. 50. biß 100. in sich hält: Uud werden die Sorten an den Seilern oder
Bindgarn / welche sie roht färben / erkandt und einige roht Band / einige doppel roht Band
genennet / wie ich solches zu Franckfurt bey einem Feder-Händler in acht genommen hab.
§. VIII.
Die übrige kleine Federn werden zu den Betten und Kissen gesuchet: welchen doch die so
genandte
CIDERDUNEN
Steendunen oder Otterdunen weit vorzuziehen sind / welche überauß leichte und sehr zarte /
theils weise / theils graue Pflaum-Federn sind / so auß Island über Dennemarck herauß gesendet
werden: Und rühren dieselbige von einer Art wilden Endten / EIDER genandt / her / welche in
Island in den Fervensischen Insulen gefunden werden.
§. IX.
Diese Enten sollen in die See-Klippen nisten / und weilen sie sich zu gewissen Zeiten Federn
/ so lassen sich die Einwohner nicht ohne grosse Lebens-Gefahr mit Stricken dahinunter und
sammlen diese Federlein auff / wie D. Wormius in seinem Museo p. 302. solches / wie auch die
Endte selbsten am besten beschrieben hat / welche mit der Schottländischen Càlcâ, deren
Buchananus rerum Scotic. lib. I. gedencket / übere inzukommen scheinet / so dergleichen weiche
Federn / ohne Kiel hat / auch dieselbe von sich selbsten abwirffet / wie Robertus Sibbaldus in
Historanimal. Scot. Part. 2. lib. 3. p. 21. berichtet und dieselbige Tab. XVIII. - in obiger
Figur unter Augen leget.
§. X.
Wie zart und weich aber diese Federlein seyen / ist darauß abzunehmen / weilen 3. Pfund davon
in einen Klumpen / so kaum einer Faust dick / zusammen gepacket werdë können / doch aber
nachmalen sich also voneinander thun / daß wann diese Pflaumsedern erstlich von einander
gerissen und in einem Kessel behutsam über glüende Kohlen gehalten werden / ein gantzes
Deckbett / so fünff Schule in die Länge und so viel ut die Breite hat / außfüllen / wie solches
von Thomâ Bartholino Cent. 2. Epist. 5. und Reyhero Disput. de Aere angemercket: dessen Ursach
aber von D. Ettmüllern in Disp. de Respiratione cap. 7. §. 3. untersuchet worden. Weßwegen dann
diese Eiderdunen von den grossen und vornehmen Herren zu den Reyß- und Feld-Betten sehr
gesuchet / auch deßwegen weit und breit verführet werden.
|| [468]
§. I.
BLeich wie heut zu Tag die Lüsterkeit der Menschen so hoch gestiegen / daß fast nichts zu
absurd oder ackelhafftig ist / das man nicht zum appetit wol zu zubereiten weiß: Also hat man
auch vor kurtzen Jahren einige Vogels-Nester zu einer grossen Rarität und Leckerbißlein auff
grosser Herren Taffel gebracht / von welchen man noch wenig in Schrifften findet / weßwegen
dann selbiger auch mit wenigem zu gedencken ist.
§. II.
So viel zwar findet sich / auch bey den uhralten Medicis, daß man zur Artzney jezuweilen auch
Vogel-Nestern gebrauchet habe / deren nicht allein Andromachus und andere bey dem Galeno
Meldung thun: auch noch heut zu Tag zur Gnüge bekandt / daß die Schwalben-Nester bey uns in der
Hertz-Bräune und dergleichen Inflammation äusserlich mit gutem Success auffgeleget werden; daß
man aber dergleichen jemahlen in der Speise genossen / wird man nirgends lesen; biß endlich in
dem vorigen Jahr Hundert diese unsere Vogel-Nester zum erstenmanl in Europam gebracht und auff
gewisse Art zubereitet / unter andern niedlichen Essen-Speisen auffgetragen werden / welche
dann vor desto delicater gehalten werden / je rarer und theurer sie sind; dann was nichts
kostet / das schmäcket auch nichts.
§. III.
Daß sie aber so kostbahr sind / kommet daher / weilen sie nicht allein in Ost-Indien selbsten
theur sind / sondern auch noch darzu eine so weite Reyß zu uns gebracht werden. Sie finden sich
an den See-Klippen / deren in den Theilen Indien / so Coromandel genennet wird / viel gefunden
werden / wo sie von gewissen Vögeln mit viel Tausend zusamen getragen gebauet werden. Was aber
dieses vor ein Art Vögel sey / ist noch nicht gäntzlich bekandt / obschon der berühmte Medicus
in Dennemarck. D. Wormius zu seiner Zeit sich sehr / umb solche znerforschen bemühet / und
deßwegen an den Herrn de Laet, einen gleichfalls berühmten Indianischen Stribenten / einen
Brieff geschrieben / welcher ihm aber weiter nichts berichten können / als daß es kleine
Vögelein / den Schwalben nicht ungleich seyen / wie solches in des Herrn Wormii Museo p. 311.
zusehen ist. Pomet nennet sie Alegones, setzet aber nicht / wo er solches erfahren. Sollen gar
zarte Vögelein seyn / so bald sterben.
§. IV.
Wann nun diese Nester von den Einwohnern eingesamlet werden / schlagen sie dieselbe zu 500.
in Canaster, wie den Thee: und kompt in Indien die Catien oder füffvierthel Pfund 1.
Reichsthaler / wie mich Herr Vitus, als er daher kommen und solche selbst gesammlet hatte /
berichtet. An sich selbsten sind diese Nester so groß / als ein halbes Ganß-Ey / weißlicht und
an ihrem Wesen der Hauß-Blasen nicht ungleich / auß vielen Fässerlein zusammen gesetzt /
dieweilen sie von lautern Fischzäserlein / und absonderlich von den Vögelein also zusammen
gefüget werden / wie mir von einigen Jahren Herr D. Kempffer / so sich lange Zeit in Ost-Indien
auffgehalten / so sich lange Zeit in Ost-Judien auffgehalten / mündlich bezeuget hat; wiewohlen
andere / so auß Ost-Indien kommen / behaupten wollen / daß sie von der weissen schlotterichten
Materie, darauß die Ambra-Grysea gezeuget wird / herrühren / welche die Vögelein auff der See
abpickten: dahero auch deren Stärckende Krafft entstehen soll. Bißweilen finden sich auch
einige Federlein und kleine stücket von Eyer-Schalen darinnen / welches dann mehrern Glauben
machet / das es warhafftige Nester seyen.
§. V.
Was deren Nutzen und Gebrauch anbelanget / so werdë sie von den Judianern vor eine
vortreffliche Magenstärckung gehaltë / welches zu meiner Zeit die Abgesandte von Siam in Paris
/ Anno 1687. zubehaupten suchten / und derowegen solche einigen vosnehmen Königlichen
Ministris, so ihnen entgegen geschickt [469] waren / offerirten / wie
solches in der zu solther Zeit in Franckfurt gedruckten Reiß-Beschreibung der Abgesandten von
Siam p. 45. dritten Theils auffgezeichnet worden.
§. VI.
Nechst diesem werden diese Vogel-Nester auch sehr zum Beyschlaff angerühmet / wie dann
insgemein diejenige Medicamenten / so den Magen stärcken / auch demselben zu statten kommen,
Unterdessen wann dan es bey dem Liecht besehen soll / dörffte solche Krafft und Tugend mehr von
andern zusätzen / damit sie zubereitet werden / herrühren; weswegen auch ein vornehmer
Italiänischer Scribent / Franciscus Redi in seinen Experimenten p. 167. solches mehr verlachet
/ als approbiret; auch sonsten bekandt / daß wann man den Beyschlaff in Apothecken holen soll /
es schlecht bestellt sey.
§. VII.
Die Zubereitung aber geschiehet also: Man kochet diese Vogel-Nester in Hüner- oder
Kalb-Fleisch-Brüher / biß sie weich sind / worauff sie mit Butter und allerhand köstlichen
Gewürtzen also angemachet werden / biß sie einen annehmlichen Geschmack bekommen / worauff sie
mit der Gabel von einander gerissen nnd genutzet werden / wie von deren Zubereitung und
Gebrauch Herr Adamus Olearius in Beschreibung der Gottorpischen Kunst-Kammer p. 24. und der
Herr von Kochberg am Ende seines Adelichen Lands und Feld-Lebens in einem absonderlichen
Capitel mit mehrern können nachgelesen werden.
§. I.
DIe Wall-Roß-Zähne oder
DENTES HIPPOPOTAMI
sind grosse und dicke Zähne / ohngefehr zweyn Schuhe lang / und oben einen halben Schuh dick
/ auswendig graulicht / und inwendig schön weiß / auch so hart / daß / so man dieselbige
zusammen schläget / Feuer heraus springt; werden aus Aethiopien heraus gebracht / allwo das
Thier bey dem Fluß Nilo meistens zu findë ist / wie Everh. Wilh. Happelius iu Theat. Exotic. p.
84. nebst andern bezeuget.
§. II.
Das Wall-Roß oder HIPPOPOTAMUS selbsten ist das gröste unter den Amphibiis oder denjenigen
Thieren / so bald auff dem Land / bald im Wasser leben / und wird von Thom. Bartholino im
dritten Hundert seiner Medicinalischen Episteln p. 291. nicht unbillich. unter die PHOCAS oder
die Meer-Kälber gezehlet; daß es aber von den Griechen ein See-Roß genennet worden / ist ohne
Zweiffel daher kommen / weilen der Kopf einiger massen einem Pferds-Kopff gleich siehet /
absonderlich / wann [470] es denselbigen aus dem Wasser strecket / wie der
edle Herr Ludolf solches durch obige Figur in seiner Histor. AEthiopica Lib. I. c. 11. num. 2.
gezeiget / allwo zugleich des gantzen Thiers Abbildung und Figur zu finden / welche mit
demjenigen Wall-Roß / so in dem Umbgang des Horti Medici zu Leyden in Holland auff gebalget und
ansgestopffet stehet / und ich vor diesem selbsten gesehen / ziemlich überein kommet.
§. III.
So trifft auch des Thevenots Beschreibung in Ansehen derselben wohl zu / wann er in dem 72.
Capitel des zweyten Theils seiner Keiß-Beschreibung setzet / daß es an Farb Castanienbraun
(welche doch an obgemeldten Haut etwas schwärtzer war/) von der Höhe eines Cameel-Thiers und
noch einmahl so groß als ein Ochs sey: Einen Kopff / wie die Pferdte / doch viel dicker habe /
kleine Augen und grosse offene Naßlöcher: dicke und bey nah runde (doch kurtze) Füsse / mit
vier Klauen / wie das Crocodill / begabet: einen sehr kleinen Schwantz wie der Elephant / gar
keine oder wenig Haar auff der gantzen Haut habe / welche so hart und dick ist / das ste nicht
leicht durchsschossen werden kan / es werde dann an den Kinnbacken getroffen / aus welchen ohne
die übrige / zween grosse Augen-Zähne / so etwas über sich gebogen / etwa eines halben Schuhes
lang / und in der dicke eines Ochsen-Horus aus dem Maul gehen / wormit es des Nachts den
Fischen / des Tags aber den Früchten grossen Schadenzufüget.
§. IV.
Weilen nun Hiob c. 40 §. 10. dergleichen Eigenschafftendem Behemoth, dessen er dorten
gedencket / zuleget / so sind einige Gelehrte / absonderlich der berühmte Bochartus in seinem
geistlichen Thier-Buch oder Hierozoice Lib. 5. 6. 15. auff die Gedancken gerathen / daß man
durch den Behemoth nicht so wohl den Elephanten (wie der Ausleger biß daher gesetzet hat/) als
das Wall-Roß verstehen müsse / indem er nicht allein Heu wie ein Ochs frißt / sondern auch im
Rohr uud Schlamm verborgen lieget / welches / wie auch die übrige Eigenschafften / so Hiob
demselben ferner zuschreibet / von dem Elephanten nicht können verstanden werden / wie
obbelobter Herr Ludolf diesen Streit weitläuffig ventiliret / und in seinem Commentar. in
Histor. AEthiop. p. 157. gründlich eröttert hat.
§. V.
Was den Nutzen und Gebrauch dieses Thiers anlanget / so dienet es nicht allein den Einwohnern
in Aethiopien zur Speiß / als welche dessen Fleisch / wie wir das Ochsen-Fleisch essen sollen;
Sondern es wird auch in der Artzney gerühmet / allwo nicht allein den Zähnen / sondern auch
dessen Priapo, so fast gantz beinern ist / eine grosse Krafft den Stein / todte un̅ lebendige Frucht / nebst die Nach-Geburt zubefördern / zugeschriebë wird. Am meisten aber
werden die Zähne darvon heraus gebracht / und sehr auffgesucht / als welche wegen ihres
flüchtigen Saltzes und absorbirender Krafft nicht allein innerlich gegen alle Blutstürtzungen /
und absonderlich gegen diejenige Alteration, so von grossen Schrecken herrühret / gerühmet /
sondern auch äusterlich gegen den Krampff an Händen und Füssen gerühmet wird / weswegen
entweder nur Finger-Ring oder auch gantze Gürtel darvon gemachet werden / dergleichen Wormius
einen in Mus. 290. beschrieben. So bedienen sich auch die Zahn Aertzte (wie sie sich nennen)
dieser Zähne sehr / indem sie diejenigen Zähne / welche sie an statt der aus gefallenen
einzusetzen / und mit Gold-Drat an die andere zuhefften wissen / daraus drehen / weilen sie
nicht so bald gelb werden sollen / wie andere / so sonsten aus dem Helffenbein gedrehet
worden.
§. VI.
Letzlich muß noch eines andern Thierleins gedencken / welches von einigen Scribenten auch das
Meer-Pferdoder
EQUUS MARINUS
genennet wird / weilen es am Kopff auch einiger massen einem Pferd gleichet / absonderlich /
wann es in der offenen See treibet / und nur mit dem Kopff heraus gucket; wie es zum offtern
von denjenigen / so in Ost-Indien reisen / gesehen werden soll: Ist sonsten ein klein /
schuppichtes und etwas stachlichtes Ding / wie oben aus der Neben-Figur zu ersehen: Hat
sonderlich keinen grossen Nutzen in der Artzney-Kunst / ausser daß die Aschen davon mit Fett
oder weichem Hartz die verlohrne Haar wieder bringen soll / wie Pomet in Histor, Simpl. Lib. 1.
p. 87. aus dem Matthiolo erwehnet hat.
|| [471]
§. I.
DIe Erd-Crocodillen oder
SCINCI MARINI
sind vielfüssige Thierlein / wie eine klei-Eidex anzusehen / ohngefehr eines halbë Schuhes
lang / und eines Daumens breit / äusserlich Aschfarbigt und voller Schuppen / mit einem langen
runden Kopff und auff gespitzten Maul / langen und runden Schwantz / worvon biß au das Haupt
ein braumer Strich gehet; kamen vor diesem aus Aegypten über Marseille / allwo sie nechst dem
Nilo zufinden: Heut zu Tag aber werden sie aus Italien über Venedig todt ausgenommen und
auffgetrucknet überbracht / wie Pomet in Hist. Simpl. P. 2. L. 1. cap. 29. und Marxius in
seiner Material-Kammer p. 186. bezeuget.
§. II.
Die beste sind / welche groß / dick und lang / weiß / schwer / doch trucken und noch gantz
sind. Sie müssen auch keinen dumpffichten und verlegenen Geruch haben / und noch frisch seyn;
indem die alte leicht wurmstichicht werden / und ihre Schwäntze verlieren; weswegen sie auch in
Wermuth geleget / und darinnen verwahret werden sollen / wie Schurtzius in seiner
Material-Kammer pag. 91. erinnert.
§. III.
Ihre Kräfften betreffend / so will man ihnen auch eine Gifft-treibende und Bezoartische
Würckung beylegen / weswegen sie mit zum Mithridat gezogen worden / welche ohne Zweiffel von
ihrem flüchtigen Saltz oder ??? vol. herrühren muß / Krafft dessen sie auch die männliche Natur
stärcken und den Beyschlaff befördern sollen; dahero sie auch von den Alten unter das bekandte
Elect. Diasatyrionis genommen / von dem Mynsicht und Langio aber unter ihre Confect. Pacif. und
Morsulos Aphrodisiacos gezogen worden. Es ist auch nicht ohne / daß die recht veritable Scinci
terrestres, oder Erd-Crocodillen dergleichen Kräfften gehabt haben: Weilen aber diese langsam
oder gar nicht herausser kommen / wie Forestus lib. 26. Obs. 26. behaupten will; [472] die Scinici marini aber / so von den Venedischen Juden überschicket und
in unsern Apothecken gefunden werden / dergleichen Kräfften nicht haben / wie Gesnersn im
Thier-Buch und Ettmüllerus in Comment. Schroed. p. 876. geschrieben; So kan man so sehr nicht
mehr darauff bauen / ist auch nicht vonnöthen sorgfältig zu disputiren ob zu dem Mithridat der
Bauch allein / zu den geilmachenden Artzneyen aber der Schwantz zugleich zunehmen sey / worvon
Ammannus, Hoffmannus und Dale zusehen-Noch viel weniger ist des Plinii experiment zu trauen /
wann Er vorgibt / daß / wann die zu Aschen verbrandte Haut auff diejenige Glieder / so von den
Wund-Aertzten abzunehmen sind gestrenet wurde / der Patient keinen Schmertzen fühlen solle /
worvon Wormius in Mus. 315. zusehen ist.
§. IV.
Hier gibt es Gelegenheit auch des Crocodils-Steines oder
LAPIDIS CAYMANUM
zugedencken / welchen Nicolaus Monardes vor diesem / zu erst / und nach ihm Wittichius in
seiner reutschen Beschreibung verschiedener Simplicium p. 26. Boetius de Boot in Hist. Gemmar.
p. 353. und. Mallet in seiner Cosmagraphi p. 3. p. 34. also beschrieben haben / daß sie in dem
Magen der Crocodillen / so in Africa Caimanes heissen / gefunden würden und denen Steinen / so
in gemeinen fliessenden Wasser gefunden werden / nicht ungleich seyen; und weilen deren viele
in einem Thier gefunden werden / stehet dahin / ob sie solche nicht etwa zuvor verschlungen
haben. Indessen pflegen die Indianer und Spanier solche Steine fleissig zusammlen und als ein
fürtrefflich Mittel gegen das Quartan-Fieber auffzuheben / vorgebende / daß / wann man dem
Menschen zween derselbigen Steinen / im Anstoß des Fiebers an jeden Schlaff einen binde /
solche entweder das Fieber gantz und garvertreiben / oder doch die grosse Hitze mit Gewalt
dämpffen sollen / dessen Monardus ein Exempel anführet.
§. V.
Die CROCODILLEN selbsten aber sind abscheuliche grausame Thiere / und die gröste Art Eydexen
/ welche zuweilen 18. biß 20. Schuh lang sind / weilen sie so lang sie leben / an der Grösse
znnehmen / und werden deswegen in dem Buch Hiob c. 40 §. 20. durch den LEVLATHAN verstanden /
wie der Herr Ludolf in seiner Historiâ AEthiopicâ Lib. I. cap. XI. und dessen Commentario p.
189. erwiesen wird. Sie halten sich meistens in dem Fluß Niio in Aethiopien auff / gehen aber
zugleich auffs Land / die Nahrung zu suchen / allwosie auch die Menschen / wann sie dieselbe
erhaschen / verschlingen. Doch soll man sie zuweilen so zahm machen können / daß sie den Leuten
auff die Achsel springen und mit ihnen spielen / wie mich ein guter Freund / so aus Orient
gekommen / versichert hat, wie sie aber gefangen werden / stellet Mallet im dritten Theil
seiner Welt-Beschreibung von Africa p. 34. in einer Figur unter Augen: Es brauchen nemlich die
Jäger diese Liste: daß sie einen Hacken oder Angel an ein Schwein / Hammel oder Geiß binden /
und dem Thier zu jagen. Wann nun solches hungerig ist / so verschlinget es mit grosser Begierd
das Schwein sammt dem Angel / welcher sich in dessen Eingeweid anhänget und es umbringet;
wormit es nachmahlen heraus gezogen wird: Soll ein weisses / wohlgeschmacktes Fleisch / so wie
Capaunen schmecket / haben / dahero es auch in der Fasten genossen wird. Sonsten sollen die
Crocodillen viertzig Tage ungegessen bleiben und leben können. Daß man aber vorgibt / sie
könten im Kauen den ödern Kinbacken / wie den unteren bewegen / ist gantz erdichtet / indem
derselbe / wie an allen andern Thieren / gantz fest und unbeweglich am Cranio ist / wie an dem
Sceleto vom Crocodill zu Londen in Museo Greshamensi selbsten gesehen habe / und zeigen es auch
andere auffgedörrete Crocodillen / so hin und wieder in den Kunst und Naturalien-Kammern
zufinden sind.
§. VI.
Ob nun gleich das Crocodill über den gantzen Leib / absonderlich oben mit sehr dicken
Schuppen also verwahret ist / das keine Musqueten-Kugel durchdringen kan / so thut es doch
damit andern so keinen grossen Schaden / wie der so genandte Kemphaane oder CROCODILASTER
CRISTATUS, dessen wahre und vondem lebendigen Thiere abgenommene Abbildung / wie sie oben zu
sehen / mir ohnlängst von einem guten Freund aus Indien gebracht worden; welches vielleicht der
jenige grosse Wasser-Eidex ist / welcher mit seinem scharffen Schwantz den Menschen ein Bein
abgehauen / und deswegen von den Italiänern CAUDIRERBERA genennet wird; worvon obbelobter
Ludolfi c. l. mit mehrern kan gelesen werden.
|| [473]
§. I.
DAs so genandte Bibergeil oder
CASTOREUM
bestehet aus länglicht runden Eicheln oder Säcklein / bey nahe eines Eyes groß / äusserlich
braun anzusehen / inwendig mit einer Zimmetfarbichten Materie / theils einer Fettigkeit
angefüllet / welche einen scharffen und etwas bittern Geschmack / nebst einem starcken und sehr
widrigen Geruch haben; kommt meistens aus Litthauen über Dantzig / wiewohlen es auch in
Teutschland Franckreich und andern Orten zu finden ist.
§. II.
Der Nahme dieses Mittels kommet von dem Thier / worvon es herstammet / welches Biber oder
CASTOR genennet wird / und ein recht wundersames Thier ist / so von fornen einem vierfüßigen
Thier / von hinten aber einem Fische ähnlich ist / und weilen es sich theils auff dem truckenen
Laud / theils in dem Wasser ernehret / unter die Amphibia gezehlet wird. Der Gestalt nach
stehet es vornher einem Dachs gleich / hat einen Kopff wie ein Murmel-Thier / und forn un Mund
viel lange Zähne / so auswendig Pomerantzengelb / inwendig weiß sind / mit welchen es nicht
allein die Bäume schaben / sondern auch dieselbe gar ninbhauen kan / auch wann es jemand damit
beisset / nicht nachlassen soll / biß es die Beine krachen höret. Am Leib ist es ziemlich
corpulent / und ohngefehr wie ein halbjähriges Schwein / mit kurtzen Füssen wie ein Dachs /
davon die forderste Pfoten den Hunds-Füssen / die hinderste aber den Gäns- oder Schwanen-Füssen
gleich kommen: Und da es sonsten am gantzen Leib schöne dunckelbraune und sehr zarte Haare am
Beltz hat / ist der Schwantz nur eine auffgeblasene Haut / gleichsam in Schuppen unterschieden
/ und auswendig Aschenfarbigt anzusehen / welchen es immer im Wasser halten soll / indem es
seine Höhle gar künstlicher weiß / mit etlichen Stockwercken an den Ufern bauen / und daraus
den Fischen und Krebsen / wormit es sich im Wasser nehret / nachstellen soll / wie Johann
Marius, ein Augspurger Medicus, in seiner Castrologia weitlaufftig darvon handelt / welche D.
Johann Francus nach seinem Tod in Druck gegeben hat.
§. III.
Nun fragt sichs / wo das so gerühmte Castoreum an diesem Thier wachse und zu finden sey?
Unsere alte Vorfahren gaben einhellig vor / es wäre dasselbige nichts anderst / als die Geilen
oder Hödlein des Bibers / weswegen es auch Bibergeil genennet worden: Ja viele setzen hierzu /
daß weilen das Thier wüste / daß es deswegen von den Jägern auffgesuchet würde / sich in der
Flucht dieselbe selbsten abbisse / und von sich werffe / damit die Jäger von ihm ablassen
möchten. Allein heut zu Tag wird diese Meinung von allen Gelehrten vor ein blosses Mährlein und
Gedicht gehalten / ohnerachtet Schroederus selbsten in seiner Pharmacop. Med. Chym. lib. 5. p.
14. und Vielheur in Beschreibung frembder Materialien pag. 172. denselben noch beygepflichtet
haben; dann zugeschweigen / daß die Biber sich immer umb das Wasser halten / und wan̅ sie verfolget werden / sich leicht ins Wasser werffen könten / so [474] ist erstlich gewiß / daß die Geile / ja die andere so genandte Biber-Geil / in dem
Biber / wie an den Schweinen / so tieff verborgen liegen / daß das Thier solche ohnmöglich
ausbeissen kan / wie Discorides schon zu seiner Zeit gerochen / und an der gemeinen Meinung zu
zweiffeln angefangen / welcher sich Rondeletius nachmahlen am ersten mit Ernst entgegen
gesetzet / weilen das so genandte Bibergeil so wol an den Weiblein als Männlein zu finden:
Keine Gemeinschafft mit den Geburts-Gliedern hat / auch ohne diese so genandte Bibergeil noch
die rechte Geilenan dem Biber gefunden werden / welche / wie an andern Thieren aus vielen
funiculis und Zäserlein bestehen / da hergegen in den Bläßlein / so man restoreum nennet / nur
eine braune / mit etlichen Häutlein vermischte Materie Fett und dergleichen gefunden werden /
wie solches Wormius in Mus. pag. 321. Thom. Bartholinus Cent. I. Epist. 9. Hoffmannus Clau.
Schroed. 653. und viele andere berühmte Medici, nebst dem Gesn. Aldrovando und andern längst
erwiesen haben; Und hat man desto weniger Ursach hieran zu zweiffeln / weilen man solches alles
zu Pariß in einer öffentlichen Anatomie und Zerlegung eines Bibers befunden / wo ohne die
rechte Hödlein / welche kaum so groß als eines Hahnen-Hödlein sind noch 4. grosse Bläßlein
unten am Leib / beym Scham-Bein gefunden. Die zwey oberste etwas kleinere / und ein Fett / die
unterste aber grösser / und eine graue Materie in sich gehabt / aller aber mit einer
fleischichten Haut umbgeben / wie solches nachmahlen in einer Frantzöischen Beschreibung /
genannt: Description Anatomique d' un Cameleon, d'un Castor, d' un Dromedaired un Ours
& d'une Gazelle, dessen Einhalt im Journal des Scavans Tom. V. An. 79. Mens.
Decemb. zufinden ist.
§. IV.
Wan̅ nun diese bißher beschriebene Blasen / so man noch Bibergeil nennet /
ausgeschnitten sind / werden sie zusammen gebunden / und eine Zeitlang in Schornstein gehänget
/ biß sie wol getrucknet / die inwendige Materie hart / und das Beutelgen auswendig braun
worden / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues L. 1. p. 21. berichtet: Es müssen aber die
Bläßlein nicht gar zu schwartz gedörret werden / indem einige Materialisten in der Meinung
stehen / der schwartze halte Gifft in sich / wiewohlen aber dieses eben nicht glaublicht ist /
so wird doch der schwartze nicht vor gut gehalten / wie Schurtzius in seiner Material-Kammer p.
21. berichtet / ohne Zweiffel / weilen er zur Fäulung geneiget: Es sollen auch die Säcklein
nicht gar zu feist und voller Fett / sondern fein trucken und sauber seyn / auch im
auffschneiden fein gelb-braun und nicht schwartz aussehen. Die auff einer Seiten mit etwas
weißlichten Fette gespicket / und noch nicht eröffnet worden / hält man vor gut / wie Marxius
in seiner Material-Kammer / p. 74. setzet / wiegen / nach der Grösse des Thiers / 4. 6. 8. 12.
biß 16. Untzen / wie Pomet l. c. zeiget / welcher das Dantziger Bibergeil dem Castoreo de
Canada (so gar zu trucken / und fast ohne Geruch) weit vorziehet.
§. V.
Weilen aber das Castoreum an hohem Werth ist / und deswegen nicht allein aus einigen
gummatibus, als Gum. ammoniaco, Oporponax, Sagapeno und dergleichen / mit dem rechte̅ Castoreo vermischt / nachgemachet / un̅ in dergleichen fette
Häutlein eingenähet wird / sondern gar auch einige Betrüger Stücker Bley / Kugel / Sand und
dergleichen in die Säcklein stopffen / wie alle obgemeldte Materialisten klagen / so muß man in
acht nehmen / daß das rechte veritable Castoreum inwendig mit Fäserlein und kleinen Häutlein
durchwachsen sey / da hergegen das falsche aus einerley Wesen bestehet / und dergleichen
Fäserlein und Häutlein nicht in sich hält / welches Moyses Charas in der Erzehlung derjenigen
Medicamenten und Simplicien / so zum Theriac kom̅en p. 253. vor eine infallible
marque hält / wodurch der Betrug könne entdecket werden; welches desto ehe an den fragmentis
Castorei zu sehen / so die Materialisten nebst den gantzen Bläßlein auch umb etwas wohlfeilern
Preiß geben: wiewohlen sie offters nur aus der äusserlichen Haut bestehen / und nicht viel
taugen. So kan man sich auch etwas nach dem Gewicht richten / indem die veritable schwer und
hart sind / die nachgemachte aber auffgeblasen / glatt und gläntzeud / und so man daran drucket
/ eine gelbe Materie ausstossen / wie Pomet l. c. schreibet.
§. VI.
Im übrigen zeiget der Geruch des Bibergeils / daß er ein flüchtiges und öhlichtes Saltz oder
??? vol. ??? sum in sich habe / womit er erwärmet / zertheilet / und die Nerven stärcket /
weswegen es in den Haupt- und Nerven-Kranckheiten / als gantzen und halben Schlag / fallenden
Sucht / verlohrnen Gehör / Schwindel und dergleichen / wie auch gegen alle Bauchgrim̅ en hauptsächlich aber gegen die so genandte Bärmutter / Erstickung der Mutter /
ein sehr herrliches Mittel ist / auch die Monatliche Zeit / und alle Reinigungen nach der
Geburt befördert / wie alle glückliche Practici gestehen / ohnerachtet Zvvelfferus in Pharm.
Reg. p. 65. solchem widersprechen wollen / welcher der eintzige ist / so vorgeben will / das
Castoreum wäre in den Mutter-Schwachheiten nicht gut / aber ohne Grund un̅
raison, wie D. Ettmuller in Comment. Schroed. pag. 776. schon gezeiget / auch alle mit der
Mutter geplagte Weiber widerlegen können / welche durch den blossen Geruch des Castorei gleich
Linderung spüren. Innerlich aber wird meistens dessen Essenz oder Essentia Castorei gebraucht /
welche nebst dem??? dest. und infus in dem Schroeder. und Dispensat. Aug. zu sehenist.
|| [475]
§. 7.
Endlich brauchet man noch andere Theile von dem Biber / als dessen förderste lange Zähne oder
DENTES CASTOREI,
welche / wie die wilde Schwein-Zähn gegen das Seitenstechen dienen. Und das Fett von dem
Thier oder
AXUNGIAM CASTORIS,
welches wohl von dem Fett der Bibergailen zu unterscheiden ist / und deswegen
AXUNGIA CASTOREI
zu nennen / dienen beyde äusserlich gegen obgemeldete Kranckheiten / wiewohl das letztere
durchdringender / aber auch viel theuver ist. Wie angenehm aber die Haut dieses Thiers oder
PELLIS CASTORIS
wegen der sehr zarten und sauberen Haaren sey / ist zur Gnüge bekandt: worvon diejenige / so
von fetten Thieren kommen / besser und theurer sind / als die magere / und je schwärtzer sie
sind / je höher sie gehalten werden. Die PILI CASTORIS oder Haar davon werden von den
Hutmachern auffgesucht / und zu den kostbaren Castor-Hüten employiret / absonderlich die
kurtze: Aus den langen machet man auch Castor-Strümpffe / und wann man sie verbrennet / stillen
sie das Nasenbluten.
§. 1.
DEr See-Kuh Stein oder so genandte
LAPIS MANATI
ist ein länglicht runder weisser Stein / wie Helffenbein anzusehen / in der Grösse eines
kleinen Ballens / ohne Geruch und Geschmack; kommet meistens aus West-Judien / und wird in dem
Kopff der See-Kuh gefunden.
§. 2.
Die See-Kuh selbsten wird MANATI genennet / weilen sie fornen zwey Füsse wie Hände hat: Ist
einsehr ungestaltes Thier / äusserlich braun: hat einen Kopff wie eine Geiß / aber grösser /
mit einem Kalbs-Maul / grossen Naßlöchern / kleine Augen / ohne Ohren / einen Leib / so dick
wie ein Ochs / mit einem breiten un̅ rund-stumpffen Schwantz / wie solches in des
Hernand. Histor. Rerum Medicar. Nov. Hispan. p. 323. beschrieben und abgemahlet wird; Gehöret
eigentlich unter die Amphibia oder die jenige Thiere / so in- und ausser dem Wasser leben: Und
ob es schon von einigen unter die Wallfische gerechnet wirdso ist es doch kein Raubfisch /
sondern nehret sich von dem Meer-Grase: Ist etwa 16. Schuh lang / und 7. biß 8. Schuh breit /
so gar / daß wie Jonsthonus schreibt / man dieses Thier kaum mit 2. Ochsen führen könne.
§. 3.
Auff was Art und Weise dieses Thier gefangen werde / hat Pomet in seiner Histoire des Drogues
Lib. 1. pag. 83. aus andern weitläufftig beschrieben / und in einer kleinen Figur gezeiget: Es
begeben sich nemlich 4. oder 5. Männer in eine Chaloupe / und rudern auff das Thier in aller
Still zu / dann es gar ein leises und genaues Gehör haben soll. Wann sie ihm nun nahe gnug auff
den [476] Leib gekommen / stösset ihn der forderste mit aller Macht einen
Spieß in den Leib / worauff sich das Thier ins Wasser begiebt / aber den angebundenen Spieß mit
nim̅t / wormit es schon halb gefangen ist. Und nachdem es sich müde gefladdert /
auch damit einen grossen Schaum auff dem Meer erreget hat / wird es nach und nach wieder herbey
gezogen / noch einmahl gespiesset / und endlich übermannet / fast auff eben die Manier / wie
die Wallflsch auch gefangen werden / worvon an einem andern Ort mit mehrern soll gehandelt
werden.
§. 4.
In diesem also gefangenem Thier nun finden sich im Haupt gemeiniglich zwey grosse / so
genandte See-Kuh Steine / oder Lapides Manati, welche nicht so wohl in dem Gehirn (allwo sie
die Adern und Nerven zu sehr drückten / und dem Thier alle Sinnen / ja das Leben selbsten
nehmen müsten) als unter dem Gehirn / an der Hirnschale hangen / und ohne Zweiffel nichts
anders sind / als der öberste Theil des Gehör-Beins oder Meatus auditorii, an welchem Oviedus
solche gefunden hat / wie D. Wormius in Museop. 58 berichtet; dergleichen etwas auch in den
Schweins-Köpffen / wie anderstwo gemeldet wird / zusehen ist / allwo dergleichen mürbe und
weisse Beinlein auch gefunden werden / welche von den äusserlichen und innerlichen Dämpffen
oder Feuchtigkeit etwas erweichet / und gleichsam von der Natur Philosophicè calciniret
werden.
§. 5.
Weilen aber auch andere Steine / oder dergleichen Beine / welche aus den rechten Wall???chen
/ so umb Spitzberg gefangen werden / herrühren / unter dem Nahmen des Lapidis Manati verkauffet
werden / wie obbemeldter Wormius l. c. bezeuget / so ist wohl zu mercken / daß diese falsche
und Pseudomanati insgemein viel grösser sind / als die rechte / auch nicht so weiß / sondern
gelblicht: riechen zugleich nach dem Thran oder Fett von dem Wallfische / da hergegen der
veritable Lapis Manati gantz keinen Geruch hat / man schabe oder stosse ihn: Indem auch das
Fett an diesem Thier / wann es geröstet worden / so keinen übelen Geruch an sich nimmt / wie
der Thran von de̅ Wallfischen. So kan man auch an der Härte dieses so vermeinten
Steins den Unterscheid sehen / welche viel grösser an dem von dem Wallfisch / als dem rechten
Lapide Manati ist / welcher gleichsam aus vielen kleinen Stücklein zusammen gesetzet ist / und
wann man ihn zerschläget / in dergleichen kleine Stücklein zusammen fället / wie an demjenigen
/ so mir zu handen kommen / erscheinet / auch zum Theil aus obigen Abrissen zu sehen ist /
welche Ulysses Aldrovandus in Museo Metallico p. 798. unter Augen geleget hat.
§. 6.
Den Nutzen und Gebrauch dieses Thiers / und dessen Steines anbelangend / so dienet das
Fleisch den wilden Judianern zur Speise / weilen es einen sehr guten Geschmack / so wohl frisch
/ als eingesaltzen haben soll / wie Hernandez cit. loc. berichtet / der Stein aber wird
hauptsächlich gegen die Stein-Schmertzen / Nieren- und Lendenweh sehr gerühmet / wann er
entweder zuvor gebrandt oder nur gestossen / eingenommen wird / wie Boetius de Boot in Hist.
Gem. & Cap. pag. 359. bezeuget; dahero auch in der berühmten Pharmacopoea
Bateana ein besonder und sehr bewährtes Pulver gegen den Stein (welchen er zermalmen und
treiben soll) davon gefunden wird. Andere rühmen diesen Stein auch gegen den Krampff / schwere
Noth / Colic und dergleichen so wol innerlich / als eusserlich in Ring eingefasset oder als ein
Amulet angehänget.
§. 7.
Es möchte aber jemand fragen / ob man auch dieses Medicament sicher und ohne eintzige Gefahr
gebrauchen könne? indem der Frantzösische Materialist Pomet an obbemeldtem Orth vorgebenwill /
daß es ein starckes Erbrechen verursache / dem Magen gewalt thue und also nicht leichtlich
innerlich zugeben sey. Allein ich sehe nit woher dieses kommen solte / indem diejenige berühmte
Scribenten / so diesen Stein beschrieben / dergleichen effect an ihm niemalen gespüret / auch
derselbe / wie andere Bein / nebst einem grossen Theil flüchtiges Saltzes oder ??? vol. ein
Gelatinam oder Galrod in sich hält / welche vielmehr eine besänfftigende / als
erbrechend-machende Krafft haben.
§. 8.
Ob aber die obbelobte Würckungen des Steins von jetztermeldten Theilgen oder particulis
allein herrühren können / ist billich zu zweifeln / indem auch ein ander flüchtiges Saltz
dergleichen effect thun würde; weßwegen etwas anderst darhinder stecken und die eigentliche
Würckung mehr auff die von GOtt und der Natur demselben mitgetheilte Vermischung oder Textur,
oder sonsten etwas ankommen muß / worvon Herr D. Stahl, berühmter Medicus und Professor zu Hall
in Sachsen in einer absonderlichen Disputation de Lapide Manati Membr. 2. §. 6.
& seqq. schön und vernünfftig urtheilet / allwo der curiöse Leser ein mehrers
von diesem bey uns noch nicht allerdings bekandten Medicament finden wird; wie dann auch Lopez
in Hist. gener. 31. Petrus Martyr. Fr. Gemara, Petr. Cieca P. I. Chronic. Peruan. c. 31. und
Ferdinand. Oviedo l. 13. Hist. Nat. Ind. c. 7. & 10. hiervon können nachgelesen
werden.
|| [ID00523]
|| [ID00524]
|| [477]
§. 1.
DEr Walrath / Wolram / Welsat oder
SPERMA CETE
ist ein gantz weises / weiches / zartes und fettes Wesen / gleichsam auß vielen kleinen
Schupen oder Schiebesen bestehend / eines fetten und schleimichten Geschmacks und öhlichten
Geruchs: wird von der Grönlandischen Compagnie mit auß Grönland von dem Wallfisch-Fang
(meistens rohe) mit gebracht und alsdann in Holland geläutert und recht zubereitet.
§. 2.
Nun fragt es sich / was diese Materie eigentlich seye / und worvon sie herrühre? Worvon gar
verschiedene Meynungen unter den Gelahrten geheget werden. Vor diesem hielten es die meinste
vor den Saamen des Wall-Fisches / dahero es auch den Nahmen bekommen / welcher annoch behalten
wird: und ist diese Meynung von einem Uhralten-Medico Cordo nehmlich in einem eigenen Buch
ventiliret worden. Andere / als Gesnerus halten es vor die Milch des Wallfisches. Noch Andere
vor eine von dem Meer-Wasser gleichsam weiß gebeitzte Amber / in dem das Sperma cete eben so /
wie die Amber auf dem Meer schwimmet und treibet / auch diese Letztere offt in den Wallfischen
gefunden wird / wie anderstwo gezeiget werden. Allein alle diese Meynungen halten den Stich
nicht / nachdem Herr D. Elsnerus schon vor vielen Jahren / gleich bey Anfang der allgemeinen
Käyserl. Academie der Naturkündiger / in denen Miscellan. Dec. 1. A. 1. obs. 136. pag. 266.
gezeiget / daß der Wallrath nichts anderst als das Gehirn von dem Wallfische oder Cerebrum
Orcae sey / indem er offters auch die Hirn-Häutlein noch darin gefunden; welche Meynung auch
Thom, Bartholin. in seinem Sendbrieff und Ol. Wormius in seiner Kunst-Kammer bestättiget haben
/ welche beyde in den Nordischen Ländern / zu Coppenhagen gewohnet und also besser davon zeugen
können; weßwegen dann der berümbte Ettmüllerus endlich diese Opinion in einer eigenen
Disputation De Spermate Ceti weitläufftig und stattlich behauptet hat / welche in dessen
Operibus zufinden ist.
§. 3.
Hier aber ist zumercke̅ / daß diese Materie oder so genandte Wallrath nur von
dem männlichen Geschlecht der Wallfischen herkomme / indem das Hirn der Weiber-Fischen zu
flüssig und zum Traann und Brennöhl tauglicher ist. Beyde aber sind ungeheur grosse Thier /
indem Ann. 1672. den 30. Julii von Ambsterdam geschrieben wurde / daß bey Bristol in Engeland
einer gefangen worden / welcher 24. Englische Ehlen lang und dessen Mund 12. Ehlen weit und
groß gewesen: Auch Pomet in Histor. Simpl. Part. 2. lib. 1. ???. 31. berichtet / daß Anno 1658.
ein [478] Sceletus vom Wallfisch zu Pariß gesehen worden / daran die
Hirnschale allein 16. biß 17. Fuß lang gewesen / dessen Kienbacken 4600. Pfund gewogen hat; und
weilen der Kopff an den Männlein den dritten Theil des gantzen Thiers außmachen soll / so ist
leicht zuschliessen wie ein groß quantität Gehirn darin zufinden sey / dessen viele Eymer voll
auff einmal herauß genommen werden können / wann der Fisch gefangen und getödtet worden /
welches also zugehet: So bald die Compagnie der Grönlandsfahrer in den grossen Schiffen eines
Wallfisches gewahr wird / so fallen etliche vom Volck in Chaloupen oder Nachen (deren jedes
Schiffe 3. bey sich hat) dazu jedweder 6. Menschen gehören / als I. Steirmann / I. Harpoenier,
I. Leinenschiesser und 3. die rudern helffen. Diese rudern also zum Wallsisch mit 10. Rudern
und unterschiedlichen Waffen. Wann sie ihme nun nahe gnug kommen / daß sie ihn getrauen zu
treffen / so wirfft er ihm einen eisern Wurffpfeil (den man Harpoen nennet / und ein Pfeil mit
2. Widerhacken 2. in 3. Schuhlang hat) in den Leib. So bald nun der Fisch getroffen ist / so
begibt sich derselbe wol 2. biß 300. Klaffter hinunter in das Meer / weßwegen das Seil / woran
der Pfeil gebunden / un̅ die Lyne genennet wird / von dem Leineschiesser / fast
auff solche Art / wie man die Wein in die Keller lässet / aber viel geschwinder / loß gelassen
wird. Bald hernach komt der Fische wieder hervor und gibt durch die obere Lufftröhre eine
solche Stimme von sich / daß mans auff eine halbe oder gantze Meilwegs hören kan. Alsdann
fahren alle 3. Chalouppen wider auff ihn zu / und die Lyne / daran der Fische fest ist / weist
ihnen den Weg-Welcher nun am ersten herzu kommet / schiesset ihn wider ein Harpoen in den Leib
/ worauff das Thier wider untergehet / wan es nun zum drittenmal hervor kommet / geben sie ihm
keine Harpoen mehr / sondern stossen ihm die Lensen oder Stoßeisen wie Schweinspieß offt in
Leib / welche doch nit darin stecken bleiben / weilen sie keine Widerhacken haben. Wan er nun
durch viele wunden gantz ermüdet ist / so fahren sie mit den Stoßeisen gar in den Leib / biß
sie ein Haupt uud vornehm Viscus treffen / welches daran erkennet wird / wann nemlich das Blut
auß den Lufftröhren wie ein Strom hervor schiesset und der Fisch sich vollends zu todt wütet /
auch mit seinem schwantz un̅ Finnen also von sich schmeisset / daß es auff eine
halbe Meil Wegs zu hören und wie ein groß Stück Geschütz so loß gebrennet wird / donnern soll;
welches alles so curieus soll anzusehen seyn / daß man sich nicht satt gnug soll sehen können /
wie Schurzius alles noch weitläusstiger in seiner neu eingerichteten Material- Kammer pag. 98.
berichtet und erzehlet. Besihe auch ferner hiervon Friderici Martens Itinerarium Spizbergicum,
welches Anno 1675. zu Hamburg teutsch herauß kom̅en ist.
§. IV.
Weilen nun der Wallfisch nit allein in diesem Fang uud Streit / sondern auch sonsten von dem
Schwerdfisch / als seinem natürlichë Feind / auch am Kopff verwundet wird und also das Gehirn
herauß fällt / so findet man daß daher entstehende Sperma ceti auch auff dem Meer schwimmen /
wie Olaus Wormius in Mus. p. 34. recht geschrieben / welches sonsten auch aus dem Cranio
genommen wird; wie wohlen das erstere den Schiffleuthen viel bekandter ist / so doch bey weitem
nicht so lauter / auch nit so kostbahr ist / als das Letztere / wie Thom. Bartholin. Cent 3.
Ep. 70. Beyde aber werdë der rohe Wallraht oder / Sperma ceti crudum genennet / so gantz
unsauber / gelb und nach Traan riechend ist und derowegen künstlicher Weiß muß praepariret und
geläutert werden / welches nicht allein vermittelst Durchbohrung der Tonnen und Abzapffung des
Traanes / wie Schurzius c. l. schreibet / oder durch widerholtes schmeltzen nach Elsneri und
Pometi Bericht / sondern auff solgende Art geschihet / welche dem Sel. D. Ettmüllern von einem
Dennemercker mitgetheilet und in obbelobter Disput. de Sperm. ceti §. 11. beschrieben wird: sie
machen nemlich in Holland / wie auch zu Lübeck und anderstwo eine scharffe Lauge auß Kalck und
Aschen / von welcher letztern mehr als von dem Kalck genommen wird / welche Lauge filtrirt wird
/ daß sie recht sauber sihet. Nachgehends wird das rohe Sperma ceti (welches zuvor / wann es
gar zutrahnicht ist / in ein Härin Beutel zuthun / damit alles Oehl dardurch gezwungen und
gewunden werde) in der Lauge mit den Händen wol gerieben / auch Tag und Nacht darin gelassen.
Des andern Tags wird die Lauge mit eben solchem Härin Sack davon separirt und das übrige auff
ein sauber Tuch gebreitet und an der Lufft getrucknet / wie an gemeldtem Ort mit mehrerm
zuersehen; welcher Proceß ohnlängst hiesigem Apothecker Hn. Scipio nebst dem rohen Wallrat auch
auß Holland zugeschicket wurde. Das also verfertigte Sperma ceti nun muß recht weiß / fett /
frisch und nicht rantzicht / noch gelb seyn / wie Dale in seiner Zoologia p. 524. lehret. Uud
weil es von der Lufft leicht schaden leydet / soll es in Gläsern wohl verwahret werden.
§. V.
Dieser also präparirte Wallrat hat eine sehr zertheilende und darbey Schmertzenstillende
Krafft / und wird sehr fleissig in den Brustbeschwerungen der kleinen Kindern / deren Grimmen
und Leibsschmertzen / auch den Alten gegen das Fallen und stossen / das gelifferte Geblüt zu
zertheilen und die schmertzen zu stillen gegeben. Viele schreiben ihm auch eine geilmachende
Eigenschafft zu / so gar / daß Ettmüll. c. l. von etlichen Franckfurtern schreibet / daß sie
auch deßwegen den rohen Wallrat auf Brod / wie Butter-Brod essen sollen / welche mich darzu nit
zu [477] gast laden solten / dan einem das blose Anschanë wol allen appetit
verderben solte. Eusserlich wird der Wallrat in dem Empl. de Spermate ceti oder Wallratpflaster
/ gegen die harte Brüste und geronnene Milch der Säugenden / wie auch von dë Frauenzimmer zum
schmincken gebrauchet. Wovon an gemeldtem Ort mit mehrem.
§. VII.
Uberdiß findet sich auch das Männliche Glied oder PRIAPUS CETI in den Apothecken un̅ Materialien-Kammern / welcher wol so lang als eine nidrige Stube und am Obertheile
so dick / als ein dicker Mannes-Schenckel / wie dergleichen einen Tielheur in Beschreibung
seiner Materialien p. 188. bey einem Barbiergesellen (so mit beym Wallfischfang gewesen)
gesehen: hat eine besänfftigende Krafft und wird gegen die rothe Ruhr gerühmet. §. VII.
Ferner kommet auch das so genandte Fischbein oder COSTA SARTORIA von dem Wallfisch her /
welches die Hölländer deßwegen BALAINEN und zwar besser nennen / indem es eigentlich kein Bein
noch die Rippe des Fisches ist / sondern seine Kiefer / und damit ihme statt der Zähnen / deren
sie sonst keine haben / wie Jod. Schrever in der neuen Ost-Indianischen Reißbeschreibung p. 75.
bezeiget. Diese Kiefer und Hauptfeder aber sind nit ausser / sondern innerhalb des Leibs im
Rachen und an der Zahl bey 800. klein und groß von 3. bis 16. Schuh lang: haben am End Bürsten
/ wie Pferdhaar / worinnen die Zunge ruhet / welche man den Bart vom Wallfische nennet;
dergleichë ein grosser in des seel. D. Boëklers Kunst und Naturalien-Kammer zusehen / welche an
D. Petersen zu Franckfurt kommen: und kan ich selbsten ein stück zeigen. Der Fischbein aber ist
dreyerley: lang / mittelmäsig und kurtz / wie aus dem Preis courant zusehen ist.
§. VIII.
Endlich wird auch der Tran oder
AXUNGIA CETI
von dem Speck der Wallfischen gemacht / welcher entweder also bald in Grönland frisch
außgekochet / oder in Holland und andern Orthen auß dem in Fässern herauß gebrachten Speck
gebraten wird. Der erste ist weiß und kom̅t von den Spitzbergen / und wird auch
vor den besten gehalten / wie Marxius in seiner Material-Kammer p. 192. schreibet / und weilen
die Frantzosen den Tran in Grönland machen oder weiter / die Holländer aber in ihren Landen /
so wird der Französische dem Holländischen oder Berger Tran vorgezogen / wie auß des Pomets
Histoire des Drognes p. 74. erhellet.
§. 1.
Die graue Amber oder AMBRA GRYSEA VERA (von einigen auch der Orientalische Agstein genandt)
ist ein weißgraues / offt gesprengeltes und mit schwartzen Adern durchloffenes leichtes Hartz /
eines überauß wohlriechendes Geruchs; wird meistens auß Ost-Indien gebracht / alwo es in
Klumpen von unterschiedener Grösse auf dem Meer treibend gefunden und bey uns viel theurer /
als das Gold verkauffet wird / indem eine Untz davon 30. biß 40. Rthlr zu kosten pfleget / wie
Viel-Hewr in Beschreibung fremder Materialien p. 23. berichtet. Die schwartze bechichte Materi
aber wormit er gemeiniglich auff der See umgeben ist / kan vor die schwartze Amber passtren /
wie Herr / Rumphius in dem VIII. Ost Indianischë Sendschreiben (so im Anhang dieses Buchs zu
finden ist) schreibet.
§. 11.
Woher nun dieses sehr kostbahre Simplex entstehe / un̅ welches sein wahrer
Ursprung sey? ist biß auff den heutigen Tag noch strittig / und werden unter den Gelahrten
Naturkündigern davon sehr viele und widrige Meynungen gehöret / deren Justus Fidus Klobius in
seiner Historia Ambrae zum wenigsten 18. erzehlet / von welchen wir die Vornehmste / so etwa
noch heut zu Tage vertheidiget werden / allhier anführen wollen: da dann viele sind / welche
die graue Amber vor ein Excrement oder Mist gewisser Vögel halten / so sich auff den Klippen im
Meer [478] auffhalten sollen / welcher Meynung auch gedachter Klobius
beypflichtet und die Gestalt solcher Vögel pag. 40. seines Buchs abgemahlet hat. Diese Meynung
scheinet nun deßwegen nit gäntzlich ohne Grund zuseyn / weilen offters Schnabel von Papageyen
oder andern Vögeln darinnen gefunden werden / wie Olearius an einem Ort bezeuget / daß ihm der
berümbte Hamburger Materialist / Paulus Langermann einsmals ein stück Amber gezeiget / worinnen
eine gantze Klau von einem Vogel einverleibet gewesen. Nicht destoweniger hält Frid. Hoffmannus
in Clav. Schroed. p. 380. diese Meynung vor eine Fabel / indem das hartzichte Wesen der Amber
ein viel anders zeiget und dergl. Theile von den Vögeln deßwegen darinnen gefunden werden /
weilen dieselbe der Amber sehr nachstehen und sie verschlucken; welches dann auch derjenigen
Meynung vernichten kan / so vielmehr glauben wollen / daß die Amber ein Excrement der
Wallfische sey / welcher Meinung Fallopius Tr. de Comp. Med. p. 180. auch beypflichtet / weilen
sie offters in gewissen Wallfischen gefunden wird. Ob nun gleich dieses letztere nit ohne ist /
so hat man doch hierinnen mehreren und gewissern Nachricht / daß auch die Fische / absonderlich
eine Art von den Wallfischen solches hartz vielmehr in dem Meer aufsuchen und verschlingen
sollen / welche Cleyerus in Miscellan. Germ. Cur. Dec. 2. A. 8. p. 69. beschrieben / und in
einem Kupfferstück abgemahlet hat / welches oben im Anfang dieses Capitels zusehen ist: von
welchen Fischen auch Joh. Faber, Lynceus zu Rom in Desc. Animal. Nov. Hispan. N. A. Recchi p.
570. & seqq. weitläufftiger handelt / aber dieser Meynung auch zuwider ist /
welche der berümbte teutsche Medicus und Praeses des Collegii Med. Imperialis Herr D.
Schroekius in Not. ad Cleyer. Pisc. Ambrophag. gleicherweiß vor erdichtet und Fabelmässig hält;
wiewohlen nicht ohnmöglich noch unglaublich ist / daß die Materi in dem Bauch der Wallfischen
auch etwas maturiret und geändert werde / wan sie solche verschlingen un̅ wider
außspeyen / wie ein guter Freund auß Indien berichtet. Und obgleich heut zu Tag einige
Franzosen als Monconis im 2. Theil seiner Reißbeschreibung p. 71. Le Febure und Pomet p. 57.
seiner Histoire des Drogues sich flattiren / daß sie einen viel glaubwürdigern Ursprung der
Amber erfunden / indem sie dieselbige vor ein im Meer erhärteten Honig oder Wachs halten; so
will doch auch diese Meynung noch bey wenigen ingress finden / nachdem sie von Herr D. Lentilio
in seinen Notis ad. D. Mezgeri Ambrologiam pag. 295. mit zulänglichen Gründen widerleget
worden. Weßwegen die meiste und vornehmste Mit-Scribenten / als Ulysses Aldrovandus, Faber,
Mezgerus, Schroed. und dessen Außlegern einmüthig davor halten / daß / weilen die Amber wie
andere Hartzen / nur in spir. vini, sich aufflösen lässet / solche vielmehr vor ein Bitumen
oder Erdpech / so auß gewissen Naphta-Brunnen der Erden in das Meer geronnen und alda von dem
Meerwasser coaguliret werden / zu halten sey; welcher Meynung auch Rumphius in einem
Sendschreiben an D. Rhya beypflichtet / dessen Extract unter den Indianischë Sendschreiben
zusehen ist. Wie wohlenes auch seyn kan / daß einige hartzichte Bäume ihre Wurtzel in das Meer
außstrecken und das Hartz darauß sich dem Meerwasser vermische / wie der curiose Boyle in
Trans. Philos. Angl. 97. aus Relation eines von Ost-Indianischer Compagni berichtet: Zum
wenigsten ist dieses gewiß / daß die Ambra Grysea anfangs ein flüssige un̅
hartzige feuchtigkeit seye / welche auß der Erden kommet und sich wie ein Tropffenrund an dem
Ufer anhänget / nach und nach aber länger wächset / wie man dergleichen Merckmahlen an dem sehr
grossen Ambra Stück von 182. Pfund / so die Ost-Indische Compagnie in Ambsterdam A. 1694. auß
Ost-Indien bekommen hat / annoch sehen kan / welches Nicolaus Chevalier in seiner Description
de la piece d' Ambre Grys, que la chambre d' Amsterdam à receue des Indes Orientales mit der
Compagnie Abrissen unter Augen geleget hat / davon einer hier in der grossen Kupffertaffel
zusehë ist.
§. III.
Sonsten zehlet man zwey Sorten davon / nemlich die gantz Weise und die Graue / weilen aber
die gantz weisse entweder gar nicht zubekom̅en / ja noch unreiffe ist / indë
aller Amber erst weiß und wie Steingeschoß anzusehen seyn sol: offt auch noch darzu mit Gyps
verfälschet ist; so bedienet man sich bey uns nur der grauen Amber / welche nebst der
schwartzen fast allein bey denen Materialisten und Apotheckern gefundë wird; müssen beyde an
einem Ort gehalten werden / wo keine Lufft hinkommen kan / wie Schurzius in seiner
Material-Kammer pag. 9. berichtet. §. IV.
Die beste graue Amber muß in feinen stücken inwendig voller gelben und schwartzen düpfflein /
nit weich / sondern hart / doch leicht un̅ wolriechend seyn. Weilen sie aber
öffters verfälschet wird / so bedienen sich die Materialisten insgemein dieser Prob / das sie
einen Pfriemen heiß machen und solchen hinein stechen / da dan selbiger / so ein öhl von sich
gibt / vor gut passiret wird / absonderlich wan der Geruch zugleich gut ist / wie Schroed. in
seiner Apotheck erkunst / p. m. 169. auch gesetzet hat. Allein Marxius ein Nürnbergischer
Materialist hat erfahren / das solches die verfälschte auch praestire / wie er in sei ner:
Material-Kammer pag. 8. bekennet: weßwegen dan grössere Behutsamkeit und zugleich andere Proben
vonnöthen sind / welche Worm us in seinem Mus. p. 34. mitgetheilet und berichtet hat / das die
rechte Ambra nit so leicht in Wasser erweiche / als die nachgemachte / auch nit so balden weich
werde / wan man sie zwischen den Fingern tractire / da hergegen die falsche wie wachs erweiche.
§. V.
Ob aber die schwartze Amber oder
AMBRA NIGRA
also von Natur wachse? oder ob sie künstlicher Weiß auß Bisam / Zibet / Storax / Ladano und
dergleichen / wie viele meinen / gemachet werde / davon sind weder die Gelährte / noch
Materialisten noch einig. [481] Schurtzius spricht ohne Scheu / es seye ein
Compositum, und bezeuget auch Dale p. 57. seiner Pharmacol. daß sie von den Apotheckern in
Engeland also gemacht / doch auch aus Ost-Indien gebracht werde. Marxius will zwar solches
schlechterdings nicht statuiren / hält aber doch darvor / daß gemeiniglich eine Verfälschung
von obigen Stücken dabey sey / anbey bezeugend / daß / weilen schlechter Abgang davon / und
selbiger langsam gesucht werde / die Materialisten auch dessen nicht viel im Vorrath hätten /
obwohlen sie bey weitem nicht so theuer / wie der vorige sey. Mir ist ein Stück zu Handen
kommen / so in Indien auff der See gefunden / und vor die unreiffe Ambra Grysea gehalten werden
will.
Den Gebrauch der grauen Amber anbelangend / so hat sie wegen der flüchtigen und
schwefelichten Theilgen eine sehr erwärmende und stärckende Krafft / womit sie die Beweg- und
Lebens-Geister sehr erfreuen und erfrischen kan; weswegen der Englische Cantzlar Baco de
Verulamio dieselbe an einem Ort zu Erhaltung eines gesunden und langen Lebens rühmet. Wird
derowegen in sehr vielen Haupt-Kranckheiten / wie auch andern Schwachheiten des gantzen Leibes
/ absonderlich des Hertzens bey alten betagten Leuten sehr gerühmet / wie solches der seel. D.
Metzgerus, vor diesem allhier zu Giessen und nachmahl zu Tübingen berühmter Professor und
Medicus in seinem Tractat von der Amber (so dessen Herr Eydam D. Lentilius nach seinem Todt
heraus gegeben) weitläufftig gezeiget / und obbelobter Nicolas Chevalier in seinem Tr. von dem
Ursprung und Krafft des grauen Ambers gelehret hat. Weilen sie aber wegen des grossen Preises
vor sich und in Substantiâ (da sie mit Zucker genossen / sonsten den alten sehr dienlich ist /
nicht leicht kan verschrieben werden / so wird mit dem rectificirten Brande wein eine
Gold-gelbe Essentz daraus gemacht / so gemeiniglich verschrieben wird; gleichwie sie auch noch
in viele in- und äusserliche Compositiones kommet / und absonderlich in grosser Menge von den
Parfumirern zu allerhand parfurmirten Küßlein / Handschuh / Beuteln / Haar-Puder / Rauchwerck
und dergleichen Galanterien verthan wird; Worzu doch die schwartze Amber mehr dienlich ist /
als welche fast gar nicht innerlich gebrauchet wird / wiewohlen sie äusserlich in allerhand
Balsamen der Grauen-Stelle einiger Weiß vertretten könte / als deren Würckungen und Qualitäten
sie etwas nahe kommet. Joh. Limberg gedencket auch in seinem Itiner. p. 531. eines Leuchters
der von Ambra gemacht / und mit Gold eingefasset seye / so auff 12000. Cronen geschätzet
worden. So meldet auch Talander in der Historischen Reiß-Beschreibung durch Italien p. 390. daß
in der Kirchen zu Loretto ein Cruciflx / Leuchter / Becken und Gieß-Kanne von Amber verfertiget
/ zu sehen seyn / welche alle von grossen Werth sind.
§. I.
Das rohe oder wahre Einhorn / in den Apothecken Unicornu Verum, oder
UNICORNU MARINUM
genannt / ist ein sehr langer / gestreiffter und gleichsam gewunden oder gedräheter Zahn
eines gewissen Grönländischen Wall-Fisches / siehet äusserlich gelb / inwendig aber weiß aus;
wird von den Grönland-Fahrer nebst den See-Hund-Fellen / Thraan und dergleichen aus Grönland
gebracht / allwo sie es gegen Messer / Scheren / Spiegel und dergleichen austauschen / auch
offt selbsten fangen / wie Olearius im dritten Buch seiner Persianischen Reiß-Beschreibung p.
175. umbständlich berichtet hat.
§. II.
Der Fisch / worvon es herrühret / wird NARHUAL genennet / weilen er sich von Aasen und
Todten-Cörper / so dorten Nar heissen / ernehret / und wird von dem berühmten Thoma Bartholino
in einem eigenen Buch darvon abgemahlet und beschrieben / daß er den andern Wall-Fischen nicht
viel ungleich / und ohngefehr 30. Elen lang seye / zwey Floß-Federn auff den Seiten / 3. Hügel
auff dem Rücken / und unten am Bauch nur einen habe / aus dessen lincken Ober-Kinnbacken ein
langer Zahn gerad vor sich heraus stehet / wormit es das Eiß brechen soll / weswegen das so
genandte Horn offters forn abgebrochen ist. Es gehet also dieser Zahn nicht aus der Nasen / wie
Olearius l. 6. redet / indem dieser Fisch keine Nase hat / und wie die andere Wallfisch / durch
2. Löcher / so oben in dem Nacken stehen / und nicht durch die Nasen respiriret / auch das
Wasser daraus in die Höhe wirfft: sondern er sitzet in seiner Höhle am obersten Kinnbacken /
wie die Zähne an anderen Thieren / wie solches schon längsten vom Herr Tulpio in Observ. und
gar weitläufftig von Olao VVormio in Mus. p. 282. & seqq. beschrieben / auch in
verschiedenen Figuren unter Augen geleget worden / welche mit dem Cranio, so ich vor diesem zu
Amsterdam in der Schney-Kammer gesehen / sehr übereinkommen. Ob aber jeder Fisch zwey solche
Zähne habe / wie D. Jacobi in Mus. Reg. Haffn. muthmasset / auch dergleichen eines gesehen hat
/ muß die Erfahrung weiter lehren. Dieses aber ist gewiß / daß unten in dem grossen Horn oder
Zahn / offt noch ein kleines stecke / wie Herr D. Reisel in der Kunst-Kammer zu Stuttgard
gesehen / und solches in Misc. Nat. Cur. Dec. 3. A. 8. p. 351. unter Augen legt. Weswegen Simon
Uries lib. 1. Groenlandiae Antiq. f. 285. nicht unbillich schliesset / das diesem Wall-Fisch
die Zähne / wie denen Menschen / ausfallen / und andere wachsen thäten.
§. III.
Ob man nun über dieses anjetzo beschriebenes Einhorn noch ein anderes UNICORNU VERUM in der
Welt finden könne / welches an der Stirn eines vier füssigen und einem Pferd gleich sehenden
Thiers (wie biß daher viele geglaubet und vorgegeben haben) hervor schiesse? wird von klugen
und vorsichtigen Natur kündigern nicht unbillich gezweiffelt / wie geschäfftig sich auch
Catelanus in seinem Buch vom Einhorn gezeiget / solches mit vielen Gründen und Verantwortungen
zu behaupten. Und ob zwar in H. Schrifft des Einhorns offt gedacht wird / so ist doch kein
dergleichen erdichtetes Thier / sonderu das Nasenhorn dadurch verstanden worden / wie Andreas
Baccius solches in seinem Tr. de Unicoruu behauptet. Es will sich gar nicht zusammen raumen /
daß da dieses Thier so rar / wild / und nur in der Einöde zufinden / doch in dem Schooß einer
reinen Jungfrauen soll gezeuget werden / welche dahin niemahl kommet: Und wann es so rar ist /
wo kommen so viel hundert Hörner her / die man hin und wieder findet und täglich verbraucht?
Indeme über die jenige Einhörner / so man in dem Königl. Schatz zu S. Denys bey Pariß / zu
Coppenhagen in der Schloß-Kirchen / zu Dreßden in der Kunst-Kammer und andern Orten in
kostbarrn Futteralen und Gold-Ketten auffhänget / siehet / fast ein jeder Materialist und
Apothecker eines und mehr zeigen kön̅en / und solche nun so gemein worden / daß
man eines / welches vor diesen viel tausend Thaler geschätzet worden / numehr umb ein paar
Dutzend Thaler (wie neulich geschehen) kauffen kan. Weswegen gantz falsch ist / das solche von
einen so raren Thier herkommen sollen / welches gantz erdichtet / und deswegen so wohl von
Gelährten als Ungelährten auch auff so mancherley Weiß beschrieben und abgemahlet wird / daß
man einen gantzen Bogen damit anfüllen kan / wie in des Pometi Histoire des Drognes Part. 2.
Lib. 1. p. 9. zu sehen ist / allwo diese Hirn-Thiere gleichsam Rendezvous halten. Ist derohalbë
sicherer / man meslire sich mit diesen Meynungen gar nit / welche vor vielen Jahren schon
Deusingius Tr. de Monocerote stattlich wiederleget: zumahlen auch die heutige Materialisten /
als Schurtzius, Marxius, Pomet und andere selbsten gestehen / daß dasjenige Einhorn / so bey
ihnen zufinden / von obgedachtem Fisch herrühre; und wäre deswegen billich und recht / daß man
in den gemeinen Apothecker-Täx den allzuhoch gesetzten Preiß ändere / weilen diese Hörner / wie
obgedacht / sehr wohl feil im Einkauf sind. Weshalben dann auch die Apothecker nicht mehr
Ursach haben solches gar zu verfälschen / un̅ an statt der kleinen Stücken
Helffenbein zugeben / worvon es dran zu unterscheiden / daß es subtilere Streiffen und Fibras
hat / auch dichter un̅ schwerer ist / wie Schroeder in seiner Pharmac.
Medico-Chym. Lib. V. p. 43. schon gezeiget hat.
§. IV.
Seine Kräffte oder Tugenden sind vor diesem und noch gar zu hoch gespannet uud heraus
gestrichen worden / indem man es vor ein gewisses Anditotum gegen das stärckeste Gift / als
Arsenicü und dergleichë rühmet / so gar daß die [483] Herrn Medici zu
Augspurg (welche es an einem Kind probieret) Anno 1593. ein eigen Manifest deswegen
auffgerichter / und sich alle unterschrieben / welches in des VVormii Mus. p. 286. zufindë / so
es auch selbst an jungen Katzen und Tauben tentiret hat / aber so kein groß Wesen darvon
machet. Zum wenigsten wolte ich es an einem Menschen nicht gern nachthun / und dem Einhorn so
blosser Dings allein trauen / indem bekannt ist / daß die Magen-Säure in den Thieren dem Gifft
sehr widerstehe / und dieses ihm nicht so bald / als den Menschen schaden könne. Aus dem Grund
darvon zu reden / so kommt das meinste auff das flüchtige Saltz des Einhorns an / derowegen
seine Kräften mit dem Hirschhorn und Helffenbein überein kommen / wie der Englische Cantzlar
Verulamius in Hist. vitae & mortis p. 85. recht geschrieben hat; kan also doch
gegen die schwere Noth der kleinen Kinder / gegenden Röteln und Masern / hitzige Fieber /
Leibs-Schmertzen und andere Kranckheiten wohl (aber in grösser dosi wie bißher) gebraucht
worden / worvon D-Sachsius in seiner Monocerologiâ weitläufftig handelt. Man kan auch ein
Galred / ??? und ??? vol. daraus / wie aus andern Zähnen erzwingen / worzu aber das Unicornu
noch zu theuer ist / und werden doch diese Sachen wenig mehr / als Gelatina, ??? und ???. vol.
CC ausrichten.
§. V.
Sonsten findet man auch dergleichen Zähne und Hörner in der Erden / welches deswegen Gegraben
Einhorn oder
UNICORNU FOSSILE
genennet wird / und entweder wie Beine von Menschen und Thieren oder wie Zähne und Hörner
aussiehet: ist auswendig entweder gelbicht / grau oder braun / von unterschiedlicher Grösse /
mürb / leicht / löchericht / eines erdichten Geschmacks und fest an der Zung klebend: Inwendig
zuweilen hohl / zuweile~ noch eine andere weichere fette Erde in sich haltend: wird viel in der
Baumanns-Höhle auff dem Hartz / in Schlesien / Hessen / in der Pfaltz / im Würtenbergischen
Land und anderstwo gefunden und den Materialisten gebracht.
§. VI.
Nun fragt sichs / ob dieses Werck von rechten Thieren / als Einhorn / Elephanten und
dergleichen herrühre / oder ob es so aus der Erden wachse? worvon unter den Gelehrten biß auff
den heutigen Tag noch ein gewaltiger Streit ist / worvon in des Tentzelii Monatlichen
Unterredungen Act. Erud. Lips. An. 82. pag. 150. und des Kircheri Mundo Subterr. viel zu finden
/ und noch vor wenig Jahren im Würtembergischen verschiedene so wohl schrifftliche als
mündliche Conferentzen von einigen curiosen gehalten worden. Viele halten es vor solcher Thier-
oder Riesen-Gebein / welche etwa zur Zeit der Sündfluth anderstwo hingeflöset / und in der
Erden also zu Stein worden / zumahlen alle Theile daran zu sehen sind / wie aus dem oben
abgerissenen Sceleto, so vor diesem im Sebichenberg / vor Quedlinburg / also gefunden / und
nachmahlen von Johann Mäyern / Astronomo und Camerario zu Quedlinburg beschrieben worden / zu
sehen ist: Wie dann auch einsmahls bey Marpurg in Hessen in einer Höhle ein Stück / einem
Elephanten-Zahn nicht unähnlich / aber überwunderlichen Grösse gefunden worden. Andere hergegen
als Bootius und VVormius in Mus. p. 54. halten es vor eine Margam oder daraus erharteten Stein
/ welche durch Spielen der Natur solche Gestalten bekommen / nicht anderst / als wie die Häring
und andere Fisch auff den Islebischen Schieferstein abgemahlet werden / welcher Meynung auch
der sel. D. Bauschius in einem eigenen Tr. de Unicornu Fossili beypflichtet. Diese beyde
widerwärtige Meynungen suchet D. Ettmüllerus in Comment. Schroed. p. 810. also zu vereinigen /
wann er vermeint / daß diejenige Stück / so an der Grösse und Gestalt den Beinen von andern
Thieren gleich kommen / von diesen herrühren / und also zu Stein werden können: Andere aber /
so gar zu groß seyn / per lusum Naturae aus der Marga gezueget seyn. Wir indessen können uns
hierbey nicht weiter auffhalten / und überlassen es dem Catheder auff hohen Schulen / indem es
mit der Wagschaale der Apothecker nicht kan ausgemacht und gewogen werden. Genug daß es auch
ein gutes und abgängiges Materiale ist / und heut zu Tag zu vielen Artzneyen gesuchet wird.
§. VII.
Den Kräfften nach hat es benebenst einer anhaltenden und adstringirenden Qualität / auch eine
Schweiß-treibende Gewalt au sich / und ist deswegen / wie die Terra Sigillata in den hitzigen
und gifftigen Fiebern / wo sich ein Durchfall eraugnet / ein vortreffliches Mittel: versüsset
alle übernatürliche Säuere im Leib / und stopffet auch gemeine Bauch-Flüsse / rothe Ruhr und
dergleichen / wann man ein Sernpel oder halbes Quint darvon in einem gegen die Kranckheit
streitenden Gewässer einnimmt Einige wollen auch einen Spiritum davon erzwingen / welcher doch
nichts anderst ist / als ein sauerlichtes ??? oder Wasser / welches mit dem ??? Terrae
Sigillatae übererin kommet / und auch dergleichen Kräffte hat. Unterdessen wird von einigen
erinnert / daß ehe man das gegrabenne Einhorn bey den Menschen gebrauche / solches zuvor an
Hunden und andern Thieren solle probiret werden / weilen es bißweilen etwas gifftiges bey sich
haben soll / wie D. Frid. Hoffmannus in Clav. Schroederianâ p. 191. sorgfältig erinnert hat.
|| [484]
§. I.
DAs weisse Fischbein / Lateinisch
OS SEPIAE
genandt / ist eine weisse und leichte Krust oder Schale / oben und unten erhöhet und
bäuchicht / auff einer Seiten etwas hart und glatt / auf der andern rauh / doch sehr mürb wie
Bimstein: hat einen etwas scharffen Geschmack: findet sich aller Orten am Ufer des Meers / wie
in Holland ohnfern Leyden bey Cadvvic op See zu sehen: allwo es die Holländer Zee-Schuym das
ist: See-Schaum nennen: Doch bringen die Tyroler die schönsten aus Welschland auff dem Rücken /
und verkauffen sie tausend weiß / wie Marxius aus dem Schurtzio pag. 146. seiner
Material-Kammer berichtet.
§. II.
Der Fisch / wovon es herrühret / heisset SEPIA, Black-Fisch oder Black-Küttel / und wird
wegen seiner abscheulichen Gestalt auch eine Meer-Spinne genannt / welcher doch auch in der
Speise genossen wird. Dieser Fisch träget auff seinem Rücken das so genannte Fischbein / von
welchem die gröste Stücker vor die beste gehalten werden / weilen sie meistens von den
Goldschmieden zu Formen gebraucht werden / welchen die kleine Stücklein nicht dienlich sind /
so hergegen von den Perruquen-Machern unter das Haar-Puder gestossen werdë; die allergrösten
Stücker aber sollen nie über einen halben Schuh groß seyn / wie Pomet in Histor. Simplic. P. 2.
p. 92. angemercket hat.
§. III.
Uber jetztbemeldten Gebrauch dieses Fische-Beins hat es auch in der Artzney seinen Nutzen /
indem es / wie andere See-Gewächs und Muscheln alle scharffe Säure versussen und etwas anhalten
soll; weswegen es vor ein sonderlich Mittel gegen den weissen Fiuß der Weiber gebrauchet wird /
wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. p. 8. ib. meldet. Eusserlich aber dienet es zu Augen- und
Zahn-Pulver / gegen den Scharbock im Munde / absonderlich wann es mit Löffel-Kraut-Safft oder
dessen ??? geträncket wird; weswegen auch die Lacca Florentina oder Kugel-Lac gut zu den Zähnen
ist / unter welche das weisse Fischbein auch genommen wird / weilen es die Farben / wie auch
Fürnuß gläntzend machen soll / wie Vielheüer in Beschreibung frembder Materialien pag. 182. in
acht genommen.
§. IV.
Gleichwie nun der Black-Fisch ein dergleichen zartes Bein auff seinem Rücken führet / also
haben die Schild-Kröten oder
TESTUDINES
|| [485]
hergegen eine sehr harte Krust und Schild auff demselben / worunter sie sich gäntzlich
verbergen können / wie oben auß dem Abriß zuersehen / welcher die Gestalt dieses Thiers also
unter Augen leget / daß es ohnnöthig ist solches weitläufftiger zubeschreiben. In Regard aber
der inneren Theilen haben sie ein sehr kleines Hirn / so kaum einer Bohne groß / obschon an den
grössern der Kopff / wie ein Kalbs-Kopff seyn soll. Wesswegen sie auß gantz dumb und einfältig
/ doch mit den Augen sehr scharffsichtig sind. Das Hertz ist so gestalt / daß man meinen solte
es habe 3. 'Hertzen / und weilen solches wie ein Lilie anzusehen / als will Pomet l. c. p. 85.
seinen Lands-Leuten / den Frantzosen sehr grosses Glück und gute Progreß in den Americanischen
Insuln (wo sie häuffig zufinden) dahero prognosticiren / gleich als ob die gantze Welt vor die
Frantzösische Lilien gewachsen sey! am besten ist / daß die alte Propheten gestorben sind /
sc.
§. V.
In dessen gibt es verschiedene Species von den Schild-Krotten / indem sich einige in den
Wassern auff halten / welche See-Schildkrotten TESTUDINES MARINAE heissen: Andere aber in der
Erden / so deßwegen auch Erd-Schildkroten oder
TESTUDINES TERRESTRES
genennet werden; wie wohlen die See-Schildkroten zuweilen auch auff Land gehen und derowegen
unter die Amphipia gerechnet werden. In Teutschland finden sie sich meistens in sumpffigten und
morastichten Orthen / dergleichen zu meiner Zeit umb Philipsburg gefunden wurden. Die grösten
aber hat man in Africa, auff der Insul Moritz / allwo sie in solcher grösse gefunden werden /
daß / wann zwey Personen auff eine sitzen / dieselbe ungehindert fortgehen kan und soll eine
Schale so groß seyn / daß ihrer sieben oder acht / einer an dem andern darauff sitzen können /
wie Mallet in Beschreibung des gantzen Erd-Kräyses Part. 3. von Africa p. 55. berichtet und in
einem Kupfferstück unter Augen leget; welches desto glaublicher / weilen D. Wormius einen
Schild davon gehabt / so in der länge 4. Schu / in der Breite dritthalb und in der Dicke einen
Zoll gehabt / welche noch und andere kleinere er in seinem Museo p, 316. beschrieben hat.
§. VI.
Auff was Art und Weiß nun solche grosse Thiere in Indien gefangen werden / hat auß R. P. du
Tertre Relation obgemeldter Pomet l. c. p. 86. angeführet. Sie werden nehmlich 1. zu der Zeit
in der See ergriffen / wann sie sich paaren und aneinander hangen / da zuweilen das Mäunlein
und Weiblein zugleich ergriffen werden / die Weiblein aber mehrentheils echappiren sollen. 2.
Werden sie auch mit Spiesen / wie das See-Kalb oder Manati gefället / welcher ihn durch den
Schild gestossen wird 3. wird ihnen zu der Zeit wann sie ihre Eyer auff das Land legen / auff
den Dienst gelauret / wiewohlen sie gar vorsichtig damit seyn sollen / indem / sie ein oder
etliche Tag zuvor / und zwar bey der Nacht und Mondschein zuvor auß der See zu Land steigen und
sich einen Platz außsuchen / welchen sie so gleich verlassen / wann sie jemanden am Ufer
erblicken. Die andere Nacht suchen sie dann solchen Ort wider auff / machen mit den
Forderfüssen eine Grube etwa eines Schuhes breit und drithalb Schuh tieff / worinnen sie auff
einmal auff 200. biß 300. Eyer legen sollen / welche eines kleinen Ballen groß sind und nachdem
sie zugescharet / nach 40. Tagen außgehen sollen.
§. VII.
Den Nutzen der Schildkröten anlangend / so werden sie an denjenigen Orthen / wo sie zu finden
sind / zur Speise gebraucht / und soll das Fleisch von den grössern dem Ochsen-Fleisch so
ahnlich seyn daß es fast gar nicht / als an dem Fette / welches grünlicht-gelb / zu
unterscheiden ist und soll eine Krotte zuweilen eine halbe Tonne Fleisch geben / den Kopff /
Halß / und Eyer nicht mit gerechnet / worinnen sich allein 30. Menschen satt essen können. Ja
man kan noch 15. biß 20. Maaß Oehle oder Fett / so goldgelb ist / darvon schmeltzen / worinnen
man andere Speise / wan es noch frisch ist / kochen / und wan es alt ist / in den Lampen
brennen kan. Dieses Schildkrotten-Fett oder
AXUNGIA TESTUDINUM
wird von den Indianern vor ein sonderliches und bewehrtes Mittel gegen alles Gliederweh /
absonderlich in den Hüfften und Kuien / auch andern Flüssen gehalten. Wie auch gegen den
Krampff und Nervenkranckheiten: das Fleisch aber dessen Brüh und safft wird den Schwind- und
Lungensüchtigen gerathen-Außdem schild und untersten Schalen aber werden allerhand Galanterien
/ als Kistlein / Fudralen / Schreibtafeln / Kämme / allerhand Stiele zu Lancetten / Scheer und
andern Messer und dergleichen verfertiget / welche in grossem Wehrt gehalten werden.
§. VIII.
Zu eben dergleichen Galanterien wird die Haut von einem Fisch / so man
De See-Hund
nennet / angewendet / welche sehr rauh und hart / auch gantz krauß / wie Chagrin aussiehet /
mit welchem Nahmen sie auch von vielen beleget wird; und kan deswegen auch von den
Kunst-Schreinern zum poliren des holtzes gebrauchet werden. Die beste muß breit und groß /
graubraun / rauh und schön granulirt / auch noch mit den Ohren und Floß-Federn begabet seyn;
wird zu allerhand Sachen / als Bücher einzubinden / Fuderalen / am meisten aber zu
Messer-Stielen gebraucht; worzu auch die Haut von einem andern dergleichen Fisch / so ROUSSETTE
genennet wird / und voll kleiner Sternen ist / pflegt employret zu werden / worvon offt
allegirter Pomet l. c. kangelesen werden.
|| [486]
§. I.
DIe Haussen-Blasen / Fischlein oder
ICTHIO COLLA
bestehet autz weisen und zusammen gewundennen Häuten zu Kräntzen formiret / hat einen
schleimicht und leimichten Geschmack und ist ohne Geruch; wird in Moscau von einem grossen
un̅ droben vom Original abgemahlten Fisch / HUSO oder Hausen genandt /
zubereitet und von dar über Arch Angel in Hollaud und andete Länder verführet / wie Pomet in
seiner. Histoire des Drogues Part. 2. lib. 1. c. 32. p. 75. berichtet.
§. II.
Nun fragt es sich / auß welchen Theilen dieses Fisches die so genandte Hauß-Blase zubereitet
werde? worvon unterschiedliche Meinungen geführet worden. Viele halten es vor die Blase dieses
Fisches / so vom Haupt durch den gantzen Leib gehen soll / wie Vielheur in Beschreibung
frembder Materialien pag. 173. berichtet und ist auch D. Willugbii, ein gelahrter Engeländer
und neueste Scriptor von den Fischen / zu dieser Meynung nicht ungeneigt. Andere / als
Schroederus, Ettmülleruus und Pometus halten dafür / daß sie nicht allein von der Blasen /
sondern auch von andern heutichten und nervosen Gliedern / ja den Knorbeln und Beinen (mit
welchen er freylich auch begabet ist) zubereitet werde / indem alle solche Theile in Stücken
zerschnitten und in Wasser eingebeitzet / nachmahlen bey einem gelinden Feur zu einem Brey und
Leim gekochet / und ehe alles kalt worden / erstlich zu dünnen Häutlein und nachmahlen zu
runden Klingen und Kräntzen formiret werden. Doch kan es auch geschehen / daß auff eben diese
Manier von andern Fischen dergleichen Materie zubereitet werde / wie Rajus bey dem Dale in
Zoologia p. 517. nicht unbillich meinet.
§. III.
Die beste Hausen-Blase muß weiß / durchsichtig und nicht gelb seyn / wie Schur???ius in
seiner Material-Kammer p. 27. schreibet / und erfordert Marxius in der teutschen
Material-Kammer p. 26. daß sie sich gern brechen lasse. Man muß aber wohl achtung geben / daß
sie nicht mit gelbem Leim und andern schweren und stinckenden Sachen inwendig angefüllet und
gefüttert seye; weßwegen diejenige / so gantze Einschläg davon kauffen / nicht allein ein oder
ander Tutzend von den Kräntzen durchsehen / sondern die gantze quantität visitiren sollen. Und
weilen in den dicken Kräntzen der gröste Betrug vorgehet / so kauffen andere lieber diejenige
Hauß-Blasen / welche in kleinen und schmahlen Kräntzen von 1. biß anderthalb Untzen kommen /
welche nicht so sehr gefüttert werden können; allein es ist auch diesen nicht allemahlen zu
trauen / und ist das sicherste / daß man die Kräntze auffbiege und wie sie inwendig beschaffen
/ auch ob sie nicht übel riechen / zu sehe. Und weilen diese
|| [ID00534a]
|| [487]
Waar leicht von der Lufft Schaden leydet / so muß sie wohl verwahret uud zugeschlossen
gehalten werden / wie Pomet c. l. darvon weiter zusehen ist.
§. IV.
Den Nutzen und Gebrauch anlangend / so werden die Hauß-Blasen in der Artzney nicht sonderlich
gebrauchet / ausser daß einige solche innerlich gegen das Blut-Speien und eusserlich zu den
heilenden Pflastern brauchen. Sonsten aber werden sie von den Weinschencken in Franckreich sehr
gebrauchet / wann sie trübe Weine wieder hell machen wollen / indem alles Unreine sich daran
hänget und mit zu Boden gehet / wie Pomet l. c. lehret. So macht man auch eiuen guten Leim zu
den Lauten und andern Instrumenten / wie auch zum gebrochenen Porcellin davon. Die Köche
brauchen sie auch zu den Gallerten und das Frauen-Zimmer zu Blumen ???nd Kräntzel-Werck / indem
sie solche zerlassen / mit einem Quer-Holtz zu einem Schaum schlagen und entweder weiß oder
zuvor gefärbet / auff Silberdrat / so zuvor zu Blumen gebenget und von den Hauß-Blasen ein
Häutlein gefangen hat / auffgetragen wird. Andere machen falsche Perleu davon / und geben damit
dem Band den Glantz und Steiffung.
§. V.
Sonsten findet man in Holland und Engeland noch eine andere Art von Hause-Blasen an Blättern
in kleinen Büchlein / welche einige auß denjenigen / so von der vorigen in Kräntzen überblieben
/ gemacht zu seyn vermeynen: Andere aber von einem andern grossen Fisch / welchen man
STURIONEM, SILURUM oder Stör nennet / herleiten / dessen Figur auch neben dem Hauße zusehen.
Weilen aber jetzgemeldte Hauß-Blasen in Bächlein nicht gern fliesset / auch langsam recht weiß
anzutreffen ist / als wird sie bey uns nichts geachtet; weßwegen wir uns auch nicht weiter
darbey auffhalten / sondern nur mit wenigem eine andere Delicatesse, so von dem gemeldten Stör
herrühret / allhier vortragen / welche insgemein Caviaro oder
CAVIARIUM
genennet wird und an Stücker / wie die grüne Hamburger Seiffe anzusehen / auß Moscau in
Italien geführet / allwo es vor ein niedliche und delicate Speise gehalten wird.
§. VI.
Dieses Caviarium wird auß den Rögen und Eyern der Stör-Fischen gemachet und wird derowegen
auch teutsch Stör-Rögen geheissen / wie Olearius in der Persianischen Reiß-Beschreibung pag.
204. zeiget / allwo dessen Bubereitung also beschrieben wird: Sie schlagen den Rögen von der
anklebenden Haut ab / saltzen ihn ein / und wanner also 6. oder 8. Tage gestanden / vermischen
sie ihn mit Pfeffer und klein geschnitten Zipollen. Etliche giessen Essig und Baumöhl darzu und
setzens vor. Ist kein uneben Essen / absonderlich / wann man an Statt des Essigs den Safft von
Citronen darauff druckt / soll guten Appetit machen und eine / die Naturreitzende Krafft haben.
Solcher Rögen wird auff der Wolga / am meisten bey Astrachan gesaltzen / zum Theil an der
Sonnen gedröget / und bey etlich hundert Tonnen eingeschlagen und in andere-Länder / sonderlich
nach Italien / woselbst es vor ein delicat Essen gehalten und Caviaro genandt wird / verführet.
Es seynd auch gewisse Leute so diesen Handel Pachtweise umb eine gewisse Summa Geldes vom
grossen Fürsten an sich bringen müssen: Biß daher Olearius, welcher alles selbsten gesehen;
doch findet man mehrere Umbstände von dessen Zubereitung bey dem Gesnero, auß welchem sie Sam.
Dale auch l. c. p. 515. angeführet hat; Bellonius aber gedencket auch des rothen Caviaro oder
CAVIARII RUBRI,
so von den Carpen-Eyern / vor die Juden zubereiter werde / welches doch so bekandt nicht ist
/ wie das vorige.
§. V.
Auff eben solche Manier wird das so genandte Boutarque oder
BOTARGUM
von den Eyern eines andern Fisches / so Lateinisch MUGIL oder CEPHALUS heisset / gemachet /
welches zu Tunis in der Barbarey und zu Martegne, 8. Meilen von Marsilien praepariret und von
dar in Italien gesendet wird / wie Pomet l. c. p. 96. bezeuger. Wie es aber praepariret werde /
lehret Sam. Dale p. 521. Zoologiae also: Sie nehmen die gantze Rögen oder Eyerstöck / streuen
grob Saltz darüber und bedecken es 4. oder 5. Stund. Nachgehends pressen und beschweren sie es
zwischen 2. Bretter / Tag und Nacht / und wann sie es gewaschen / trucknen sie es 13. oder 14.
Tag lang in der Sonnen und thun es alle Nacht unter Dach: oder hangen es auch in den Rauch /
doch weit von der Flam / daß es nicht zu warm werde. Soll guten Appetit zum Essen und Trincken
machen und dem Wein einen bessern Geschmack geben. Das beste ist röthlicht und wird in der
Fasten mit Baumöhl und Citronen-Safft genossen.
§. VI.
Gleichwie nun dieses und das vorige in Italien sehr aestimirt wird / also werden bey uns
hergegen die kleine Italiänische Fischlein / so ANCHOVIES und SARDELLEN heissen / mehr und
höher geachtet / welche beyde in dem Mittelländischen Meer / und Province Languedoc und in
Spanien / und zwar bey der Nacht / im Majo, Junio und gefischet werden / in [488] welchen Monathen sie auß der grossen und offenen See / in das Mittelländische Meer
steigen und in Levante eylen / und wollen einige Schiffer behaupten / daß sie Trouppenweiß /
unter Geleit ihres Königes / wie die Bienen / schwimmen. Man stecket bey dem Fang gemeiniglich
Feuer an / so auff Rösten in den Schiffen lieget / dadurch sie verblendet werden. Doch sollen
diejenige / so ohne Feuer gefangen werden / besser seyn / dann die mit Feur gefangen werden /
welche sich nicht wohl halten lassen. Wann sich nun diese Fischerey geendiget / so schneidet
man
den ANCHOVIEN
die Köpff ab / damit sie desto besser außgenommen und zugleich von den Sardellen
unterschieden werden / welchen man die Köpffe lässet; wiewohlen sie auch daran erkennet werden
können / daß die Anchovien runde Rücke haben auch kleiner seyn;
Die SARDELLEN
aber gröber und platter anzusehen. Beyde aber müssen klein / frisch / hart / außwendig weiß
und inwendig rothlicht seyn / auch wann man die Fäßlein auffmachet / nicht übel riechen /
sondern in einer wohlschmäckenden sauce und Brühe liegen: Kommen insgemein in kleinen Fäßlein
von 25. biß 26. Pfund / und geben beyde sehr gute Salät / mit Citronenschalen / Gewürtz und
Baumöhl angemacht / müssen aber zuvor von oben herunter abgerissen / wohl gereiniget werden /
wie Schurzius l. c. p. 82. lehret. Indessen werden in Teutschland viel klein geschnittene
Hering für Sardellen verzehret. Die dürre Sardellen taugen nichts: werden wie Bücking gemacht /
worvon Pomet c. l. p. 90. zusehen.
Das XXXIII. Capitel.
Von dem Zitter-Eisch TORPEDO genandt / Schiff-Hemmer oder REMORA, wie auch Schwärd- und
Säge-Fischen.
§. I.
Alle diese obgenandte Fische haben zwar keinen sonderlichen Nutzen in der Medicin, und kompt
auch nichts darvon unter die Simplicien: Weilen sie aber theils in einigen Natural- und
Material-Kammern gefunden werden / theils noch nicht deutlich und gründlich gnug beschrieben
worden / so habe denselben auch hier einen Platz gönnen wollen / umb zusehen / was von einem
oder dem andern etwa zu glauben / oder zuverwerffen seye?
§. II.
Was nun den ersten / nemlich den Zitter-Fisch anlanget / so wird derselbe im Lateinischen
gemeiniglich
TORPEDO
genandt / weilen er die Glieder nicht allein zitterend und bebend / sondern auch eine
Zeitlang schlaffend und unempfindlich machet / wie [489] alle diejenigen /
so in Ost-Indien oder Persien (wo er meistens anzutreffen ist gewesen / bezeugen / und hat mir
Herr Johann Gottfried Vitus noch vor wenigen Jahren erzehlet / daß / als er noch in Ost-Indien
gewesen / sie mit den neu-ankommenden Europäern offters eine Wettung angestellet hätten / ob
sie diesen Fisch ohne Zittern und Erstaunen der Glieder in die Hände fassen könten / welche
diese jedesmahl verlohren hätten.
§. III.
Die Gestalt dieses Fisches hat Herr D. Engelbertus Kempffer auß selbst eingenommenem
Augenschein in seiner Decad. Observat. Exotic. §. 4. also beschrieben / daß sie eusserlich den
Rochen sehr nahe kommen / wann man den Schwantz nur außnehme / ausser daß der Leib etwas runder
und auff dem Rücken vielerley Flecken zu sehen seyen. So hat auch dieser Fisch zwey Paar
Augen-Lieder / worvon die innere auß durchsichtigen Häutlein bestehen / mit welchë er unter dem
Wasser offters blicken thut. Der Schwantz / so sich etwas über den Rücken erhebet / ist
fleischicht / und wann er etwan zwey Kampffer-Läng von dem Leib gestrecket / theilt er sich in
die Zwerch / wie an andern Fischen / in zwey Floß-Federn / welche sich am End Creutzweiß
übereinander legen. Das Männlein hat eine harte außgespitzte und knorbelbeinichte Ruthe eines
Zolls lang / am End mit zwey kleinen Löchlein versehn / worauß man einen fetten / weisen und
zehen Saamen drucken kan. Das Weibgen aber hat an beyden Seiten des Bauches viel bleiche Eyer /
wie das Gelbe in den Hüner-Eyern anzusehen / welche in einem durchsichtigen Wasser schwimmen.
Von den andern Theilen dieses Fisches hat Matthiolus und absonderlich Rhedus schon guten
Bericht gegeben / weßwegen wir von dessen Anatomie nicht weiter handeln / sondern nur seine
Würckungen noch etwas genauer beobachten wollen.
§. IV.
Vor allen Dingen aber ist die erzitterend- und unempfindlich machende Krafft dieses Fisches
wohl zubetrachten / welche nicht blosser dings also beschaffen ist / als wann einem der Fuß
oder anderes Glied schlaffen thut / sondern man empfindet dabeneben eine geschwinde und
unversehene Kälte / so den gantzen Leib durchdringet / die Lebens-Geister anficht / und nicht
allein alle eusserliche Glieder sondern auch das Hertz zitterend und bebend machet / welches
vielmehr klopffen soll / wann der Fuß von dem Fisch gerühret und getroffen wird / nicht aber so
sehr / wann man den Schlag an die Hände bekommet. Ja dasjenige Glied / so am meisten gerühret
worden / scheinet gleichsam verrencket zu seyn / krachet und bebet / daß wer den Fisch in
Händen hat / gezwungen wird denselben so bald fallen zu lassen. Solches alles nun kommet nicht
blosser Dings von einem blossen Dunst oder Vapore her / welchen der Fisch von sich gibt / indem
der Fisch nicht zu allen Zeiten / auch nicht so sehr unter / als ausser dem Wasser zitterend
machet / ja wann er todt ist / dergleiche Kräfften gar nicht hat: sondern er würcket solches
alles durch einen sehr behenden / unversehenen / und gleichsam blitzenden Schlag oder
Contorsien / da er auff einmahl zuentwischen suchet / und deßwegen also blitzend sich beweget /
wie das Indianische Stachel-Schwein / wann es seine Spitzen außschiesset oder wie einige
muthwillige Affen / wann sie andere zuerschrecken / geschwind und unversehens zittern. Je
lebhafft und stärcker nun ein solcher Fisch ist / je grösseres Zittern er verursachet / weilen
er stärcker blitzet / und also seine erstarrende Dünste stärcker einschläget / wormit er nicht
allein die Menschen / so ihn halten oder irritiren zitterend machet / sondern sich auch gegen
andere Fische verthädiget / welche er auff eben solche Art erstarrend machen kan. Daß er aber
die Fischer oder Fischleuth auch also zitterend machen könne / wann sie ihn mit den Seilern /
oder Stecken und Rudern anrühren / wie Plinius vorgibt / ist gantz falsch uud bloß erdichtet:
wiewohlen nicht zu läugnen ist / daß wann diejenige / welche ein oder mehrmahlen von ihm
gerühret werden / die Hand nahe zu ihm strecken / ohne denselben anzurühren / doch eine
erstarrende Kälte empfinden / welches ohne Zweiffel von der Furcht herrühren mag.
§. V.
Hier möchte jemand fragen / ob man dann kein Mittel habe / wormit man sich präserviren könne
/ daß dieser Fisch einem nicht schaden könne? und wormit das von ihm erregte Zittern zu curiren
seye? worauff zuwissen / daß / was die erste Fänge anlanget / man den Würckungen dieses Fisches
widerstehen könne / wann man den Athem starck und lange an sich halten kan / welches ein
gewisser Africaner / so den Fisch ohne eintzigen schaden halten konte / obbelobtem Hn.
Rempffern entdecket hat / welcher es nachgehends selbsten vor gut befunden / und glaubet / daß
bey Haltung des Athems / die halitus so auß seinem Leib gedrungen / des Fisches schädliche
Dünste vertrieden und zurück gejaget hätten. Wegen der andern Frag hat man sich der Curation
wegen so sehr nicht zubekümmern / indem das ereigte Zittern und übrige symptomata so balden
wiederumd von sich selbsten / ohne eintzigen Schaden vergehen und weichen / wie alle und jede /
so es selbsten erfahren bezeugen.
§. VI.
So gewiß und warhafftig es sich nun also mit [490] obbemeldtem
Zitter-Fisch verhält / so ungewiß und falsch ists / was man von dem so genandten ECHENEIS
REMORA
oder Hemm-Fisch biß daher in die Welt geschrieben hat / welcher ein mit vollen auff
geblasenen Seegeln mitten im Meer treibendes Schiff auff einmal soll arrestiren können / wan er
sich nur unten daran hange / wie Plinius, Scalig. Aldrovandus, Olearius und viele andere
glauben / auch mit Exempeln zu beweisen suchen. Wie könte doch immermehr ein so kleiner Fisch
(dessen Gestalt Olearius in der Gottorffischen Runst-Rammer Tab. 25. N. 2. wie sie oben zusehen
abgerissen hat) den so gewaltigen Lauff eines grossen Schiffes anhalten können / da er selbsten
in der Bewegung ist und keinen festen Fuß hat? welches diejenige allerdings vor unmöglich
halten werden / welche nur ein wenig in die Bewegungs-Kunst und Mechanicam gegucket haben. Zwar
ist es nicht munöglich / daß durch sonderliche Vortheil kleine Cörpete wol grössere bewegen /
auch in der Bewegung hemmen können: Allein Beyderseits müssen dieselbige festen Grund haben;
dahero Archimedes einmahl soll gesaget haben: Da mihi ubi subsistam & totam
movebo terram! Man gebe mir einen Plaß / wo ich festen Fuß setzen könne / so will ich die
gantze Erde bewegen; allein dieses gehet hier nicht an / indem der Fisch eben so wohl in der
See schwebet als das Schiff / und dahero dieses nicht hemmen kan / wie Franciscus Bayle in
seinen Problematibus Physicis pag. 95. Probl. 62. solches wohl erinnert hat. Und obschon Hugo
Lindschot in seiner Orientalischen Schiffart c. 48. schreibet / daß als sie einsmahls aus
Portugal nach Mofambique segeln wollen und mit vollem Seegel vor Wind gegangen seyn / das
Schiff dannoch nicht fort gewolt / welches von diesem Fisch kommen seye / welchen der
Steururann mit dem Schwantz am Hintertheil des Schiffes / mit dem Kopff aber am Rohr feste
sitzend gesehen habe: so müste doch che das Rohr zerrissen oder das Stück von dem Schiff gar
abgerissen seyn / ehe sich das Schiff in vollem Seegel davon hätte stellen lassen. Weßwegen
ohne Zweifel dieses von einer gantz andern Ursach hergekommen / zumahlen obgemeldter Author
hinzusetzet / daß das Schiff nicht allein gehemmet / sondern gar in etwas zurück gewichen seye
/ welches ohne Zweiffel von einigen auß dem Meeres-Grund treibenden Dünsten / dessen Fluht /
Wuht oder andern Ursachen hergerühret hat und nachmahlen aberglaubischer Weiß diesem Fisch
beygemessen worden / zugeschweigen / daß fast kein einiger Scribent solches selbsten gesehen zu
haben versichert / sondern alles von hörensagen melden / so gar / daß Aristoteles lib. 2. Hist.
anim. nach Erzehlung dieser Hemmungs-Krafft hinzu setzet / wie einige wollen: Plinius auch lib.
9. außdrücklich setzet / daß man solches glaube; worauß Le Grand in seiner Hist. Nat. Art. 7.
pag. 389. nicht unbillich schliefet / daß alles / was man hiervon saget / ein pures eyteles
Gedicht und Fabel seye.
§. VII.
Viel leichter aber ist zu glauben / was man von der grossen Gewalt des Schwerd- und
Säge-Fisches schreibet / dessen Gewehr und Waffen / welche ihme GOtt und die Natur gegeben /
jederman unter Augen leuchten; wiewohlen auch derselben zuweilen mehr zugeschrieben wird / als
es sich im Werck selbsten befindet: Wann zum Exempel Oppianus ein alter Griechischer Poet das
Schwerd des ersten Fisches viel härter / als einen Diamanten machet / welches D. Hannaeus in
Miscellan. Acad. Natur. Cur. Dec. 2. A. 8. Obs. 107. pag. 243. billich widerleget hat / damit
man dann der Sachen auch hier nicht zu viel thue / so wollen wir auch beyde Fische kürtzlich
besehen.
§. VIII.
Den ersten / nehmlich den Schwerd-Fisch / betreffend / so wird derselbe bey denen Gelahrten
XI??? HIAS und GLADIUS
geheissen / weil sein öberster Kinnbacken sich in ein langes und breites Bein / wie ein
Schwerd anzusehen / erstrecket / welches offt 5. Spannen lang / und unten an der Wurtzel 5.
Zoll / oben an der Spitz aber einen Kamffer breit ist: welches Schwerd er wohl bey anderthalb
Hand breit in ein Schiff soll ragen können / wie Olearius in der Gottorpischen Runst-Rammer p.
37. berichtet: Und wann dieser Fisch seine Stärcke wüste / dörffte er dem Wallfisch selbsten /
wofür er sich sonsten sehr förchtet / grossen Schaden zufügen. Sonsten aber hat der Fisch
selbsten eine sehr dünne Haut / daß ihn die kleine Fische gern anzwacken / auch ein gewisser
Saug-Egel ihm sehr gefährlich ist / und sich in seine Seite sencket / wie solchen nebst dem
Fisch Bocco aux Recherches & Observ. Naturelles p. 287. schön beschrieben und
abgemahlet hat. Ist sonsten ein ziemlich grosser Fisch / und gemeiniglich bey 4. Elen lang /
das Schwerd nicht mit gerechnet / dessen innerliche und äusserliche Theil obbemeldter Hannaeus
c. l. vor andern aus selbst-eingenommenem Augenschein sehr eigentlich und deutlich beschrieben
hat: wird aber sonsten zu nichts anders gebrauchet / als daß entweder der gantze Fisch oder das
Schwerd hin und wieder in den. Kunst-Kammern gezeiget wird.
§. VIII.
Gleiche Bewandtnuß hat es auch mit dem andern Fische / welcher an Statt des Schwerds eine
Sage führet / und deßwegen
SERRA
|| [491]
PRISTIS und im Teutschen der Säge-Fisch genennet wird. Dieses ist auch ein sehr grosser /
aber auch frembder Fisch / so sich meistens in der West-See auffhält / und schneidet in
schnellem Lauff / wie eine Säge / mit obgemeldtem zackichten Schnabel / welcher auff beyden
Seiten wie eine Säge außstehet. Dieses Rostrum serratum findet man von unterschiedlicher
Grösse: Die grössern sind fast zwey Ehlen lang und oben / da sie am Kopff gesessen eine halbe
Ehle breit / dergleichen einer / nebst zweyen kleinen in der Gottorpischen Kunst-Kammer zusehen
und vom Herrn Oleario in der Beschreibung Tab. XXV. Num. 1. pag. 28. gemeldet worden. Wormius
beschreibet in seinem Museo pag. 288. ein anderen dergleichen Schnabel / so nur vierthalb Schuh
lang ist und fünffthalb Pfund wieget / welches mit demjenigen / so Jacobaeus in Museo Regis
Dan. pag. 15. beschreibet / überein kommet / worinnen ermeldter Author zwey Gänge / so sich der
Länge nach erstrecken / in acht genommen. Sie sind alle braun / und hin und wieder zu finden;
wie dann der Fisch selbsten auch bey verschiedenen Materialisten auffgebälget zusehen / deren
Herr D. Hermanni Weyland berühmten Professor Botanices zu Leyden vor diesem in dem Eingang
seines Hausses verschiedene auffgehänget hatte; Wie dann auch etliche zimlich grosse zu
Franckfurt am Mayn in des Herrn De Rese und Heuhen / vornehmen Materialisten Behausungen /
zusehen sind.
§. I.
Unter diejenige Artzneyen / so in Teutschland noch nicht allerdings bekandt / gehören auch
die so genandte See Mäuse / welche man in Holland bey einigen Materialisten findet und nichts
anders sind / als ein doppeltes und inwendig hohles schwartzbraunes Heutgen / ohngefehr
anderthalb Zoll breit / glatt und streiffigt / viereckicht wie ein Küssen / weßwegen sie von
dem Rondeletio auch im Lateinischen Pulvinaria oder Küssen genennet werden: Haben an den 4.
Ecken länglichte und schmahle Schwäntzger / wie in der 1. Figur bey den Buchstaben a. b. c. d.
zuersehen / und auff der einen kurtzen Seiten eine öffnung mit e bezeichnet / sonsten aber sind
sie aller Orthen zugeschlossen / ob man sie schon leicht voneinander theilen kan / wie in der
2. Figur zusehen ist.
§. II.
Sie finden sich vornehmlich in See- und Holland / und sind eigentlich keine Mäuse / sondern
werden nur von dem gemeinen Mann also genennet / weilen sie mit einer kahlen außgestreckten
oder zusammen gepresten Mauß einige Gleichheit haben / obwohlen sie nichteine graue Mauß-Farbe
haben / sondern schwartzbraun anzusehen sind. Mit besserem Fug werden sie von den Gelahrten Ova
Rajae piscis oder Rochen-Eyer genennet / weilen die junge Rochen darinnen wachsen / welche
zuweilen noch darinnen gefunden werden / und wann sie durch die förderste Eröffnung herauß
gekrochen sind; so wirffet das Meer diese so genandte See-Mäuse / als ihr Gehäuse / an das Ufer
auß / weßwegen sie auch öffters mit etwas Schlam umbgeben sind. Und daher mag es vielleicht
kommen / daß sie so wohl von vielen Naturkündigern / als auch von den Medicis selbsten nichts
geachtet und so gar mit Stillschweigen übergangen worden / daß man in Teutschland fast ihren
Nahmen nicht gehöret / obschon Aristoteles zu seiner Zeit ihrer schon Meldung gethan / auch
Gesnerus im Fisch-Buch pag. 74. Aldrovandus Tr. depiscibus, lib. XIII. c. VII. pag. 380.
& Rondeletius, [492] Jonstonius. Cerutus und andere solche
deutlich beschrieben und zum theil in einem Abriß vorgestellet haben / welcher doch nicht
allemahl mit der Sachen selbsten / wie der unserige / überein kommet. Am allerklärsten aber
schreibet der Curiose und berühmte Straßburger Raths-Herr / Herr Brack enhöfer in seinem
Manuscript. über seine Runst- und Naturalien-Rammer davon also: Ovapiscis Rajae, Rochen Eyer
sind viereckicht / etwas langer / als breit. Die Länge ist anderthalb Zoll / die Breite 2.
Zoll: Sind flach / doch in der Mitte bäuchicht / wie ein Küssen / bestehende auß einer dünnë
Haut / untë wie oben / so etwas schaumicht; rings umb diese gebet ein einfaches dünnes Häutlein
/ wie ein Membrana oder gar dünnes Papier / welches das Küssen zu allen 4. Seiten umbgiebet /
gleichsam wie vorgeschossen an den Kleidern / die man mit Taffet füttert oder da man Spitzen
ansetzet (vid. Fig. 1. lit. f.) Die Farbe ist schwartzbraun / haben an dë Eckë gleichsam einige
Hörner / etwa anderthälb Zoll lang. Diese 4. Hörner sind von eben der Farbe / anch Substantz
und Materie / wie das Küßlein / nemlich eines dünnen Pergaments / aber nicht einfach / wie das
umbgebende Häutlein / sondern doppelt oder hohl / doch aber zusammen nidergedruckt und Spitzen
sich am Ende etwas zusammen. Am Küßlein findet sich auch sornen alezeit eine apertur oder
Oeffnung / wo sich das Thier herauß begibt. Viele heben dergleichen als etwas Rares auf / und
wissen nicht was es sey? Biß daher Herr Brack enhöfer Seligen / dessen sehr viele und curiose
Schrifften / darinnen er alle und jede Naturalia, so sich in seinem Museo befunden / gar genau
beschrieben / wohl meritirten / daß sie von denen hinterlassenen Herrn Erben einmal zum
öffentlichen Truck befördert würden.
§. III.
Es finden sich zwar einige von denen Gelahrten / so behaupten wollen obenbelobte Scribenten
hätten nicht so wol der Rochen-Eyer / als deren Uterum oder Gebär-Mutter / worinnen sie
gezeuget würden / beschrieben; allein diese sind schon langstens von dem Weltberühmtë Dänischen
Anatomico, Nicolao Stenone in einem Brieffe an Herrn Pisonem, de Rajae Anatome abgefertiget und
nicht allein mit wichtigen Argumentis widerleget / sondern auch mit D. Simon Paulli überzeuget
/ daß solche Häutger nit der Rochen Bärmutter / sondern etwas anders seyn müsse / welchen der
berühmte Dänische Medicus D. Oliger Jacobaeus in Museo Reg. Dan. p. 17. beypflichtet. Es stehet
auch nicht entgegen / daß weder Eyerschal / noch der gelbe Dotter hierin / gleich in anderen
Eyern gefunden werde: Indem bekand / daß die vierfüssige Thier / ja der Mensch selbsten / auß
einigen Häutichten Bläßgern gezeuget werden / welche von den heutigen Anatomicis Eyerlein oder
ovula genennet werden / ob sie schon weder gelbes noch auch eine harte Schaal darumb finden
können.
§. IV.
Was endlich ihrë Nutzen oder Gebrauch anlanget / so werden diese See-Mäuse von dem gemeinen
Mann in Holland mit gutem Success gegen die wütende Gülden-Ader oder haemorrhoides coecas
gebraucht / indem sie den schmertzenden Orth damit räucheren / worauff der sonsten sehr
empfindliche Schmertz so balden nachlassen soll / wie solches Herr D. Christianus Maximilianus
Spener, einem besondern Brieffe / so er in Anno 1700. auß Ambsterdam an mich von den See-Mäusen
geschrieben / bezeuget / auch diese Würckung einem flüchtigen Saltz und schmertzstillendem
narcotischen Schwefel / so in diesen Häutgen verborgen stecket / und wan sie angestecket werden
/ außrauchet / nicht unbillich zuschreibet / welcher darvon mit mehrerm handelt / und ist
dessen Epistel in meinen Polychrestiis Exoticis von dem neubegierigen Leser zu finden.
|| [493]
§. I.
DIe so genandte Krebs-Augen oder
LAPIDES ???.
sind weißlichte / harte und runde Steinlein / oben bäuchicht und unten platt / mit einem
kleinen Grübgen / eines erdichten Geschmacks / ohne Geruch; nach des Mateterialisten Marxii
Bericht / meistens aus der Marck Brandenburg / allwo die Krebs in so grosser Quantität gefunden
werden / daß die Renth-Cammer von denselben allein viel Tausend Thaler Licent jährlich ziehen
soll / wie mich ein Königlich Preußischer Bedienter versichert hat.
§. II.
Sie finden sich fürnehmlich in den Bach Krebsen oder ASTACIS FLUVIATILIBUS und zwar nur zu
der Zeit / wann sie sich mausen oder häuten / etwa im Majo, Junio und Julio, da der jenige
weisse Safft / oder Liquor, wormit sie erfüllet sind / in ihnen erhartet und zu diesen
Steinlein wird / welche also in oder an den Magen der Männlem gezeuget / vor keine Augen können
gehalten werden. Wann sie aber wieder Schale setzen / wird man diese Steinlein nicht finden /
indem sie aus eben diesem Safft oder Milch / oder auch aus dem Häutlein der so genannten
Krebs-Augen soll gezeuget werden / wie Helmontius de Lith. c. 7. §. 32. und Ettmüllerus in
Comment. Schroed. p. 811. aus denselben lehren.
§. III.
Es werffen aber die Krebse solche Steinlein entweder selbsten von sich / welche etwas
blaulicht sind / und von denen Materialisten / als Schurtzen / Marxen / und andern vor besser
gehalten werden / als die jenige / so aus den abgesottenen Krebsen genommen werden / und weiser
sind / weilen sie durch das Saltz / welches man hinein wirfft / etwas geändert werden / wie
Hoffmannus in Clav. Schroed. p. 698. vermeint. Und dahero kommt es / daß sich bey den
Materialisten insgemein zweyerley Sorten von den Oculis ??? finden / nemlich OCULI CANCRORUM
ALBI oder die weisse Krebs-Augen und OCULI ??? COERULEI, die blaulichten. Indessen muß man sich
wohl vorsehen / daß man keine falsche und nachgemachte Krebs-Augen einkauffe / worüber ein
bekanter Apotherker zu Hanau in einen Process und Inquisition gefallen und fast ruiniret worden
/ ohnangesehen Er denjenigen Materialisten nennen können / bey [494] welchem
er solche gekauffet; welcher sich ohne Zweiffel mit seinen Sorten wird heraus gewaschen haben /
indem einige Apothecker gemeiniglich nicht so wohl die beste Sorten von den Materialien /
sondern die Mittel oder Messanen fordern / welche insgemein nicht viel tauget: Daß aber die
Krebs-Augen in Holland aus einer weissen Erde oder gar aus gestossenen Tabacks-Pfeiffen
nachgemachet / und mit einem gewissen hierzu gemachten Instrument und Stempel also formiret
werden / bezeuget nicht allein die Erfahrung / sondern es hat solches ein gewisser Medicus, so
sich bey dem Polnischen Envoyé zu Pariß auffgehalten / den Materialisten Pomet versichert / daß
er zwey Personen zu Amsterdam gekennet / welche nichts anderst thäten / als solche Krebs-Augen
machen; welches gedachter Pomet (als der es von allen verstunde) gantz irr gemacht / daß er
nicht wuste / ob er alle Krebs-Augen vor gekünstelt oder vor natürlich halten solte / zumahlen
er in des Charas Apothec ersehen hatte / daß man ein ??? vol davon haben kön̅e /
welches keine Erde geben kan / wie in dessen Histoire des Drogues P. 2. Lib. 1. c. 43. p. 95.
zu lesen ist. Allein es hätte sich der gute Materialist leicht helffen können / wann er unter
den wahren und natürlichen und unter den falschen nachgekünstelten Krebs-Augen einen
gebührenden Unterscheid gemacht hätte / welcher theils aus solcher Chymischen Prob / theils
auch durch einen ??? acidum, so man über die gestossene Krebs-Augen schüttet / zuerkennen /
welches so kein Zischen und Gären auffden falschen / als auffden rechten wird erregen können /
es seye dann / daß sie von den Krebs-Schüsseln oder Muscheln nachgemacht seyen.
§. IV
Die rechte und natürliche Krebs-Augen nun haben eine sehr versüssende Krafft / wormit sie
alle unnatürliche Säure in dem, Menschlichen Leib sehr brechen / verschlingen und praecipitiren
können; weswegen sie gegen den Sood / Colic / Seitenstechen / Nieren- und Lenden-Stein /
hitzige und Wechsel-Fieber / äusserliche und innerliche Verwundung täglich in der Artzney
verschrieben werden. Wie dann die Krebse selbsten nicht allein zur Speise der Gesunden /
sondern auch den Krancken dienen / welchen die aus den gestossenen Krebsen und den Schalen
gemachte Krebs-Suppen sehr dienlich sind. So brauchet man auch die zu Aschen gebrannte Krebse
oder
CINERES CANCRORUM
welche auch bey den Materialisten zu finden / und unter verschiedene Compositionen kommen;
von welchem allen der sel. D. Sachsius in seiner Gammarologia oder Krebs-Beschreibung / und
zwar in dessen 2. Buch sehr weitläufftig handelt.
§. V.
Hieher gehören auch die See-Krebse oder
ASTACI MARINI.
welche offters so groß und starck sind / das sie mit ihren Scheeren einen Menschen leicht
umbringen können / wann sie solchen zu fassen bekommen: Haben eine so harte Schale / daß man
sie mit Beilen von einander hauen muß: Sind / wann sie noch schwartz und nicht abgesotten /
abscheulich anzusehen / und galte zu meiner Zeit zu Londen in Engeland einer einen Sterling
oder Kopffstück. Diese See-Krebse haben ein sehr hartes und unverdauliches weisses Fleisch /
welches deswegen mit Citronen-Safft und Pfeffer genossen wird. Ju der Artzney aber schreibet
man den schwartzen Spitzen / welche sie fornen an den Scheeren haben und
APICES NIGRI CHELARUM ???
genennet werden / eine absonderliche Krafft gegen die hitzige und gifftige Fieber zu /
weswegen sie in denen heut zu Tag so sehr berühmten Englischen Gifft-Kugeln oder PULVERE
BEZOARDICO Anglorum, sonsten auch Pulv. Cantiano genan̅t / das erste und fast das
Haupt-Stücke abgeben / dessen man viele Beschreibungen hat / unter welchen die jenige / welche
Charas in seiner Königl. Apothec cap. 19. setzet / fast die beste ist / und mit der Engeländer
Beschreibung sehr überein stimmet / welche in der Pharmacopoea Bateanâp. 126. zufinden ist.
§. VI.
An statt dieser Scheeren haben die grosse Indianische Garnelen oder SQUILLAE ARERIENARIAE,
(welche Rondeletius Mantis nennet / weisse und zackichte Beinlein / wie Palmzweige anzusehen /
welche überaus glatt / und wie das schönste Helffenbein anzusehen / dergleichen mir zwey /
nebst dem rechten Abriß dieses Thieres (so hiermit dem curiosen Leser mittheile) zu Handen
kommen. Diese Beinlein werden von einigen Land-Streichern Schlangen-Cronen oder
CORONAE SERPENTUM
genennet / und sehr heraus gestrichen / obwohlen sie gantz keine Gleichheit mit einigen
Cronen haben. Weswegen andere solsche falsche Schlangen-Cronen von den Milch-Zähnen der
Span-Färckeln / so ausgetruncken haben / machen / wie von beyden Herr D. Shroeckius in seinen
Armerckungen über die 106. Observation Anni V. Dec. 2. Miscell. Acad. Nat. Cur. p. 212. zusehen
ist.
|| [495]
§. 1.
DIe Perlen UNIONES oder
MARGARITAE
sind kleine und gekörnte Steinlein / entweder gautz rund oder eckicht / wießlicht und etwas
durchsichtig / haben einen erdichten Geschmack / wie die Austern oder Muscheln / worinnen sie
gezeuget werden; kommen meinstens aus Persien / Ost- und West-Indien; wiewohlen dergleichen
auch in Liefland und Böhmen sollen gefischet werden / wie Balbinus in Hist. Bohem. Part. I. p.
74. berichtet: welchem desto eher zu glauben ist / weilen auch Herr D. VVeber Professor Juris
und Hist. zu Giessen / vor diesem in der Graffschafft Schwartzburg und Herr Waldschmid /
Bibliothecarius in franckfurt in dasigem Stadt-Graben in gemeinen Muscheln Perlen gefunden /
wie beyde wir selbsten etzehlet / auch zum Theil gezeiget haben.
§. II.
Von dem Ursprung und Wachsthum dieser Perlen finden sich verschiedene Meynungen unter denen
Gelehrten / indem viele mit dem alten Plinio darvor halten / sie würden aus dem Thau / so indie
eröffnende Muscheln tropfet / generiret. Allein diese Meynung ist gantz falsch / indem
unlaugbar / daß die Perle-Muscheln aus dem Grund des Meers und anderer Wässern / wohin der Thau
nie kommen kan / gefischet und gelanget werden müssen. Weswegen andere als Petrus Joh. Faber
die Perle vor einen Außsatz oder Finnen der Austern halten will / welches doch auch nicht
glaublich. Etwas besser raisoniret Anshelmus Boëtius im zweyten Buch von den Edelsteinen p.
167. hiervon / und schreibet / daß das Thierlein in den Muscheln zu gewissen Zeiten eine zähe
Feuchtigkeit von sich speye / woraus die Schale entspringe / welche deswegë aus so vielen
Blättlein bestehet. Wann aber das Thier keine Kräfte mehr habe / solche Feuchtigkeit von sich
zu werffen / bliebe dieselbe daran hangen und würden die Perlen darvon gezeuget / welche also
mit den Muscheln einerley Wesen hätten: Welcher Meiuung auch VVormius in Museop. 109.
unterschrieben hat. Am allerbesten aber scheinen es diejenige zu treffen / so die Perlen vor
Eyerleinder Muscheln halten: worvon (S. T.) Herr Barthol. Crasselius, Pfarrer in Nidda / einen
sehr curiosen Berichtan (Tit.) Herr Pfarrer Schilling / Stadt- und Garnison Prediger in Giessen
/ gethan: welchen dem begierigen Leser hiermit gäntzlich mittheile:
Die Nachricht / so ich von denen Perlen / und sonderlich von deren Generation und Ursprung /
aus specialer Kundschafft sicherlich und umbständlich erlanget habe / und dem Nächsten zu
besserer und gewisserer Erkäntnuß dieses / bey allen Menschen so belobten / Geschöpffs billich
/ und zumahl auff Ersuchen auch williglich bekandt machen soll / bestehet in folgenden: Als ich
auff meiner Reise Anno 1700. mich in Liefland befande / und eine Zeitlang in Riga auffhielte /
geschahe es / daß in meinem Quartier ein Königlicher Schwedischer Inspector über eine
Perlen-Fischerey in Liefland und Ingermanland / namentlich Herr Krey / einlogirte / und mit mir
an einem Tisch speisete. Die [496] ser discurirte immer viel von der
Perlenfischerey / und von unterschiedener Beschaffenheit der Perlen: darbey er deren vielerley
Gattungen aufzeigete / und hauptsächlich von dem eigentlichen Ursprunge der Perlen gar
betheuerlich und glaubwürdig bezeugete / daß solche nichts anders als die Eyer der Muscheln
wären / von welchen sie herkämen / und daraus wieder Muscheln würden.
Darvon hatte er auch an Ihro Königliche Majestät von Schweden einen allerunterthänigsten
Pflicht-mässigen Bericht und umbständliche Beschreibung auffgesetzet / so er mir nicht nur zu
lesen / sondern auch abzuschreiben communicirte. Daraus ich nun insonderheit folgende
merckwürdige und zum Beweiß dienende Puncte angemercket habe / und zwar zuforderst / wie dasige
Perlen-Fischerey nicht etwa in der See / sondern nur in kleinen Flüssen und Bächen geschehe /
und vormahls nur denen Bauren bekandt gewesen sey / welche dieselbe heimlich getrieben / und
alle erfischete Perlen nach Moscau verhandelt haben; Nachgehends aber / da solches Ihro
Königlichen Majestät kund worden / seyn von Derselben die allergnädigste Verordnungen und
Befehle ergangen / daß hinförder niemand bey hoher Straffe mehr Perlen nach Moscau verkauffen /
sondern solche dem König durch die darzu verordnete Bediente lieffern / und zwar dafür ein
gewisses empfangen solle. Darauff ist es geschehen / daß zwar nicht so viel Perlen mehr
gefischet / und nach Moscau getragen / aber auch wenige oder gar keine an die Königliche
Commissarien gelieffert worden seyen / und das Werck mehr in Untergang als zum Fortgang
gerathen ist. Da haben dann die Königliche Commissarien viel zu thun gehabt / das sie vors
erste derjenigen Oerter kundig worden sind / wo Perlen-Muscheln sich befunden / und hernach
auch Leute darzu gefunden und erlanget haben / die umb solche Perlen-Fischerey gründliche
Wissenschafft gehabt / und recht damit umbzugehen verständig und geschickt gewesen sind. Kierzu
aber sind ihnen die arme und einfältige Bauers-Leute am tüchtigsten und dienlichsten gewesen /
die haben davon die beste Nachricht und Wissenschafft gehabt / und von solchen ist folgendes
genau erkundiget / und nachgehends auch in der That gewiß und warhafftig also befunden worden.
Nemlich
1.
Die Perl-Muscheln finden sich in keinen andern Bächen / als in denen / darinnen rein und
frisches Quell-Wasser fliestet / und sonderlich / wo Schmerlen und Forellen sich auffhalten.
2.
In solchen Bächen haben sie ihr Lager sehr verborgen in tieffen Tümpffen / wo viel Sand und
grießlichter Boden ist / darinnen sie sich tieff einscharren / und dick bey einander liegen.
3.
In diesen ihren Lagern dörffen sie / wann man Perlen bey ihnen antreffen will / nicht eher
auffgestöret und angegriffen werden / als vom medio Julii biß zu dem medio Augusti, dann vor
der Zeit haben sie noch keine / und nachhero seyn solche schon von ihnen als ihre Eyer
ausgelegt / und junge Muscheln draus geheckt; und ist dieses ihre eintzige Heck-Zeit im gantzen
Jahr.
4.
In denen Lagern findet man beyderley Muscheln / nemlich Männlich- und Weiblichen Geschlechts
beysammen / und ist unter ihrer äusserlichen Gestalt und Ansehen ein solcher Unterscheid
zusehen und zu fühlen / daß die Perlen-Fischer alsobald wissen können / was ein Männchen oder
Weibgen sey / ehe sie solche auffmachen.
5.
Bey den Männlichen finden sich nimmermehr keine Perlen / sonderu eintzig bey denen
Weiblichen. Diese haben hinten auff dem Rücken ein Lege-Därmgen / welches von der Stätte an /
da die Muschel an der Schale oder Perl-Mutter angewachsen ist / aus dem Leibe heraus gehet /
und biß zum Schwantze hinaus reichet. Und darinnen dann stecken drey oder vier Perlen
nacheinander von unterschiedener Grösse / so daß die förderste am grösten / die zweyte etwas
kleiner / die dritte noch kleiner / und die vierdte und letzte am allerkleinsten ist; Gleichwie
bey einem Vögelein oder Hüngen im Eyerstock vor dem Lege-Darm die Eyer nacheinander gradatim
angewachsen sich finden.
6.
Diesen Weiblichen oder Lege- und Heck-Muscheln wissen die Perlen-Fischer auff sonderliche und
geschwinde Art gemächlich beyzukommen / ehe sie sich feste zuschliessen / das sie ihnen ohne
gewaltsames Auffbrechen die Perle oder Eyer aus dem Lege-Därmgen streichen / und sie ohne
Verletzung wieder ins Wasser und ins Lager thun / darinnen sie nicht nur lebendig bleiben /
sondern auch ein ander Jahr wieder Perlen haben; Daß es ihnen so wenig Schaden und an fernerer
Fruchtbarkeit hindern mag / als einem Krebse / wann man solchem gleich alle Eyer unter dem
Schwantz abnimmt / und ihn wieder ins Wasser thut.
|| [497]
7.
Die Mares, weil solche obgedachter massen kändtlich gnug und ohne Perlen sind / werden gar
nicht auffgemacht / sondern gleich zurücke gethan. Bey denen Foeminis aber findet sich / daß
zuweilen auch ein und die andere keine Perlen bey sich hat / welche dann entweder unfruchtbar
sind / oder die Eyer schon von sich geleget haben. Und bey einigen / die schon angefangen haben
zu legen / findet man nur noch 3. oder 2. oder nur eine Perle in dem Lege-Därmgen.
8.
Die perle / so bald sie von der Muschel ausgelegt ist / wächst fähling / bricht auff / wird
lebendig und eine junge Muschel daraus; daher auch ausserhalb der Muschel schwerlich eine oder
wohl gar keine soll gefunden werden / die noch brauchbar sey.
9.
Dessen zu mehrerem Beweiß dienet unter andern diese sichere und wahre Begebenheit / da ein
Perlen-Fischer einem vornehmen Lieffländischen von Adel / und Königlichem Schwedischen Major,
eine ausgelegte schöne Perle gebracht / welche dieser auff seinen Tisch vor sich gelegt / und
mit grosser Belustigung und Verwunderung lang geschanet / endlich aber an derselben wahr
genommen hat / daß sie / ehe Er sichs versehen / von selbsten sich auff und wieder zu gethan /
und in Gestalt einer jungen Muschel gezeiget hat. Welches gar hoch betheuret und versichert
worden. Da auch die Muschel-Schaalen oder Perlen-Mutter inwendig so genaue Aehnlichteit und
Gleichheit mit den Perlen haben / daß daraus Perlen formiret werden können / die man vor rechte
eigentliche und gute Perlen ansehen möchte / läst sich aus allem angeführten leicht schliesse /
woher das komme.
10.
Uber das / so ist kein andere Art und Weise je erfunden / noch zu erfinden / wie und wodurch
sonsten die Generation und Fortpflantzung der Muscheln geschehe / als durch die Perlen.
Dannenhero auch die Perlen-Fischer einige Lager der Perlen-Muscheln in den Bächen hägen / denen
sie keine Perlen ausnehmen / sondern sie dieselbe aushecken lassen / damit die Muscheln nicht
in Abgang kommen. Worauff sie dann auch in solchen geheckten Lagern hernach die meisten jungen
Muscheln finden / die anfänglich auch von anssen gar schön und Perlen-farbicht seyn sollen.
Dieses ist es / womit ich die rechte Wahrheit von eigentlicher Herkunfft der Perlen habe an
den Tag legen sollen und wollen; welches alles verhoffentlich Grundes und Beweises genug seyn
wird / daß die Perlen derer Muscheln Eyer seyen / und nicht / wie sonsten ohne Grund von vielen
gemuthmasset worden / aus dem Thau / sondern aus ordentlicher Begattung der männlichen Muscheln
mit den weiblichen generiret werden; gleichwie man auch hier zu Lande an denen wilden Muscheln
und an denen Schnecken es ebenfals findet / daß sie Eyer haben / welche denen sogenandten
Wasser-Perlen ähnlich sehen / aber doch nicht / wie die rechte Perlen-Muschel Eyer / alsbald /
wann sie von ihnen genommen und getrucknet sind / solche Härte bekommen / daß die jenige / so
zum Anschnüren groß genug sind / von den Perlen-Drehern durchbohret und rund gedrehet werden
können.
Solte allenfals hierwieder ein oder anders Dubium vorkommen / könte man dargegen aus noch
mehreren Umbständen / weiteren Beweiß beybringen. Indessen werden verhoffentlich die hie
angezeigte Puncten denen meisten gnug zulänglich und gültig seyn.
§. 3.
Wo und auff was Art und Weise nun die Perlen / sowohl in Ost-als West-Indien gefischet werden
/ hat Travernier in seiner Reiß-Beschreibung sehr weitläufftig erzehlet / dessen Worte auch
Pomet in seiner Histoire des Drogues part. 2. c. 46. p. 97. angeführet hat; und weilen solches
alles mit der beschwornen Relation und Abriß / so Isaâc Bandt A. 1681. d. 30. Decembr. aus
Tutucoryn (wo die besten Orientalische Perlen gefischet werden) an Herbertum de Jager
Ober-Kauffmann geschrieben / und ich unter dessen Manulcripten gefunden habe / übereinstimmet /
auch in deß Mallets Welt-Beschreibung Part. 1. pag. 113. also unter Augen geleget werden; so
will dieselbe hiermit kürtzlich beysetzen: Wann nehmlich in den jenigen Ländern / wo die Perlen
wachsen / und Costa de Pescaria genennet werden / der Perlen-Fang ausgeschrieben worden /
kommen die Indianer sowohl als Mahomertaner häuffig herbey / und nachdem sie ein gewissen
Tribut an die Holländer (welche sie mit 4. Kriegs-Schiffen in währendem Perlen-Fang vor den
Corsaren und See-Räubern beschützen) bezahlet haben / begeben sich ihrer etliche zusammen in
die kleine Schiffe oder Nachen / woraus sich einer in die See tauchet / und die Muscheln
auffsuchet / wie oben aus der Figur bey Anfang deß Capitels zu sehen ist. Diesem Täucher nun
wird erst [498] lich ein starckes Seil A. A. (wie aus beygesetzter
grosser Kupffer-Tafel zu sehen ist) um die Brust gebunden / woran oben ein ausgehöhlter Stein
ist / welcher im Nachen bleiber. Untern an den Füssen ist noch ein anderer schwehrer Stein C,
woran das Seil D. wormit der Täucher hinunter gelassen wird / welcher mit ledernen Handschuh B.
versehen ist / damit er nicht von den scharffen Muscheln (welche allda in grosser Menge / und
wie Berge auffeinander ligen / und leicht geschöpfft werden) verletzet werde. Wann er nun mit
den Muscheln das Netzlein F. (welches oben mit einem eisernen Ring von einander gesperret)
gefüllet / und nöthig hat Athem zu hohlen / gibt er mit dem Seil B. B. seinen Cameraden ein
Zeichen / welche ihn geschwind in die Höhe ziehen / da ihm dann / wegen ausbleibender
Respiration, offt das Blut aus Nasen und Ohren dringen soll / und also diesen armen Leuten
beschwerlich genug seyn muß. Weßwegen anderstwo die Perlen-Fischer das Haupt mit einer dichten
Kappen / woran ein langer Canal, durch welchen er Lufft schöpffen kan / vermahren soll / wie
Vielheur in Beschreibung frember Materiallen / p. 176. berichtet. In Böhmen aber soll man die
Muscheln mit Netzen aus den Wassern ziehen / allwo es auch Perlen-Brunnen geben soll / wie
ob-angeführter Jesuit Balbunus in seiner Böhmischen Geschicht-Beschreibung l. c. erwehnet.
§. 4.
Sohald nun diese Perlen-Fischer eine Quantität Muscheln beysammen haben / pflegen die jenige
/ so arm und Geld-bedürfftig sind / dieselbige gleich zu verkauffen: die andern aber warten so
lang / biß die Perlen-Fischeren sich gäntzlich geendiget hat / machen auch die Muscheln nicht
auff / damit sie die Perlen nicht verletzen / sondern lassen sie ligen / biß sie von sich
selbsten auffspringen: wiewohlen solche öffters gelb darvon werden. Solche Perlen aber werdne
nachmahlen in Sicilien / Holland und anderstwo mit einem Instrument, so Bootius l. c. p. 181.
abgemahlet / durchbohret / und in Europa nach dem Carat verkaufft / welches ein Gewicht von 4.
Granen ist / vormit auch die Diamanten verkauffet werden / wie Pomet l. c. schreibet.
§. 5.
Den Preiß anlangend / so wird die Perle / so vollkommen schön ist / allezeit mit der Zahl /
wie viel Gran sie wiegt / multipliciret / und so viel heraus kommet / so viel Cronen wird sie
geschätzet; wie obgenmeldter Bootius de Lop. & Gem. p. 177. und Kunckelius in
dem Send-Brieff von der Art / Erkäntnüß und Güte der Edelgestein p. 114. lehren. E. g. I. Gran
gilt I. Crone. 2. Gran mit 2. multipliciret / macht 4. so viel Cronen sie gilt. I. Carat hat 4.
Gran / welche mit 4. multipliciret / 16. Gran / und also so viel Cronen machen / wie aus
folgender Tabell zu ersehen:
§. 6.
Hier aber ist zu mercken / daß vorhergehender Werth nur bey den Orientalischen Persen statt
habe / indem die Occidentalischen oder
MARGARITAE OCCIDENTALES
kaum den 10. Theil solches Werthes ausmachen / und weilen sie nicht so hell / clar und weiß
sind / wie die andere / und daher weing geachtet werden / 1. Carat kaum ¼. Thaler kostet / wie
Bootius l. c. p. 179. zeiget; wiewohlen sie in der Artzney den Orientalischen wenig nachgeben
werden / worvon ???unten soll gehandelt werden.
§. 7.
Sonsten werden die Orientalische Perlen oder
MARGARITAE ORIENTALES
insgemein in die Zahl-Perlen / welche schöm groß und sind / und die Saat-Perien / welche
klein und eckicht aussehen / getheilet worvon die gantz kleine unansehnliche / so nicht
gebohret werden können / Stoß-Perlen / genennet / und den Materialisten verkauffet werden /
welche dieselbige wieder in 3. Sorten theilen / nehmlich / die Electas oder auserlesene /
welche gantz und gar weiß: die Feine oder Finas, welche etwas schwärtzer / und dann die
Mittelgattung oder Massanas, welche gar gemein / schwartz / zerbrochen / und mit allerhand [499] Unrath vermenget sind / wie Schurzius in seiner Material-Kammer p. 58.
schreibet. Die Besten müssen recht weiß / clar / durchsichtig / und von den Veritabel -
Orientalischen seyn / wie Pomet. l. c. nach der Materialischen Meynung schreibet.
§. 8.
Indessen unterstehen sich einige / aus dergleichen kleinen Perlen / grosse zu machen / worvon
einen schönen probirten Process unter deß seel. D Tacken Mss. gefunden / welcher also lautet:
Nimm Wein-Essig / destillire und setze ihm zur Putification in MB. 20. ???. so wird sich eine
weisse Materi praecipitiren / davon soll man den Essig alsdann abgiessen / welcher nun
essentialisch worden ist. Diese Essentiam aceti schütte auff geriebene Perlen / und stelle sie
in einem Kölblein cum alembico coeco an die Sonne / so werden die Perlen sich solviren / ihr
Oehl aber wird auff der Essenz deß Essigs schwimmen. Dieses Oehl soll man mit einem stibern
Lössel abnehmen / und in kalt ??? wohl vermahren. Auff diese Weiß magst du so viel Perlen
solviren als du wilt / und was der ??? nicht mehr solviren kan / daruaff magst du andern
giessen. Endlich abstrahire den Essig von den Perlen und von der Massâ, formire Perlen daraus /
so groß als du willst / und nachdem du dir ein Form und Zänglein angeschffet / stosse den
vergüldeten Stifft durch / und stecke sie in das vergüldete Säublein / das voller Löcher ist /
und setze es miteinander in ein weit verdeckt Glaß an die ??? 4. ???. wo sie fein heiß scheinet
/ daß sie wohl trucken werden / darffst sie aber mit keiner Hand anrühren. Wann sie nun wohl
crtrucknet / so nimm die Perlen / und stosse eine jede besonder in ihr eigen Oehl / und stecke
sie wieder an ihren eigenen Ort: das thue so offt und viel / biß sie dir an der Farb gefallen /
und recht Orientalisch seyn: denn nach einem jeden Eintuncken gewinnen sie von ihrer Seel / dem
Oehl / ein Häutlein. NB. Wann man diesen Process machen will / so muß man ihn zwischen
Pfingsten und Jacobi anstellen. Die Instrumenten / damit man das Ohl abschöpfft / müssen
beneben der Spatel und Messerlein von Silber seyn / wie auch das Zänglein vergüldet / auch der
Stifft. Ehe man den Taig formiret / muß der Perlen-Kalck mit weiß Lilien-Oehl imbibiret
werden.
§. 9.
Zuweilen werden die Perlen auch gelb und unscheinlich da man sie wieder mit dem ??? weiß
machen kan / welcher das oberste Häutlein wegfrisset. Weilen aber auff solche Manier sie
kleiner / leichter / und also am Werth geringer werden; so reiben sie andere mit Alabaster /
weissen Corallen / weissem Victril, Weinstein / dergleichen. Andere säubern sie mit Reiß und
Saltz. Etliche geben sie auch den Tauben zu fressen. Wann sie nur Flecken haben / beitzet man
sie einen Tag in Walpern-Thau / so auff Lattich gesammler worden / wie in deß VVormii Museo p.
110. zu sehen ist.
§. 10.
Was endlich den Nutzen der Perlen anlanget / so dienen die Orientalische nicht allein
vornehmen und reichen Leuten zum Schmuck und Zierath / sondern man will denselbigen auch eine
vortreffliche Tugend / die Natur / Hertz und Lebens-Geister zu stärcken / ja gar die Schwind-
und Lungen-Sucht / nebst andern gefährlichen und gifftigen Kranckheiten zu curiren / beylegen;
welches man theils wohl gelten ließ / wann man sie in ihre eigene Milch / woraus sie gewachsen
/ resolviren könnte / mie Helmontius Tr. de Febr. cap. 8. §. 7. und Tachenius in Clav. Hipp. p.
121. reden. Weilen aber hierzu ein besonderer und noch wenig bekandter Schlüssel gehöret / und
also die Perlen / wie sie heur zu Tag gebrauchet werden / etwa nur die schrffe Säure in dem
Leib versüssen und verzehren / so kan man solchen so grosse Kräffte / die oben gemelder worden
/ nicht wohl zuschreiben. Unterdessen setzen doch Reiche und Arme einen grossen Glauben darauff
/ weßwegen nicht allein viele Praeparata davon gemachet und verschrieben werden / welche im
Schrödero und dessen Auslegern Hoffmanno und Ettmüllero zu sehen: sondern sie kommen auch unter
viele alte und neue Composita, welche in denen Dispensatoriis und Practicis zu finden.
§. 11.
Weilen unterdessen die sogenante Perl-Mutter / oder
MATER PERLARUM
aus eben der Materie, worvon dei Perlen herrühren / entsprossen ist / wie oben gezeiget
worden / und also zweiffelsohn eben dergleichen Tugenden und Kräfften an sich hat; so wäre zu
wünschen / daß / zumahlen bey Unvermögenden / das so bekannte Perlen-Wasser / und andere
dergleichen kostbahren Artzneyen / nicht aus den Perlen selbsten / sondern der Perl-Mutter
gemachet / und darnach taxiret würde / indeme es doch zu wagen ob die rechte Perlen darzy
kommen / wosür es zu zahlen ist. es ist auch nicht viel daran gelegen / ob man die rechte
Perlen-Muscheln / darinnen sie wachsen / nehme / oder die grosse soge [500] nandte Perle-Mutter / welche aus grossen breiten / äusserlich grauen und
ungleichen / inwendig aber weiß gläntzende Schalen bestehen / worinnen sein Lehtag keine Perlen
gewesen / und nur deß Glantzes wegen so genennet werden / wie Pomet in seiner Material-Kammer
p. 73. C. 48. p. 104. lehret. Indessen wird darbey auff die Grösse / Dicke und Glätte gesehen /
wie Marxius in seiner neuen Material-Kammer p. 124. schreibet.
§. 12.
Den Kräfften nach kommet sie den Perlen sehr nach / und wird das bekandte Specificum
antifebrile davon gemachet: Aeusserlich aber kommt es unter das Unguentum Nihili. Was die
Perle-Mutter-Schneider vor schöne Arbeiten darvon machen / ist bekandt / und kan man zu
Amsterdam an der Tupffsteinernen Tafel / mit einem von Perlen-Mutter eingelegten Krantz /
welcher in deß Kunst-reichen Meister Ditrich von Reißwig Hause stehet / ein herrliches Muster
sehen / welches Vielheur in Beschreibung frembder Materialien p. 179. weitläufftig beschrieben
hat.
Das XXXVII. capitel.
Von den Meer-Bohnen / Indianischen Voschel-Schalen / SOLEN, Purpur- und Zahn-Schnecken / wie
auch Schlangen- und Otter-Köfflein.
§. 1.
DIe so genandte Meer-Bohnen / oder
UMBILICI MARINI
sind runde platte Muscheln / oben gleich und braun / mit runden Streiffen / und unten weiß /
mit Gold-gelb vermenget / auch etwas hohl / wie ein Menschen-Nabel / davon sie auch den Nahmen
haben / werden meistens von den Italianern heraus gebraucht / und wann sie schön rein / und mit
ihren Farben gezieret / werden sie mehr aestimiret / wie Marxius in seiner Material-Kammer p.
95. davon schreibet.
§. 2.
Von ihrem Ursprung finden sich unter [501] schiedliche Meynungen.
Einige als Augustinus Scilla Tr. de Corpor. Petrificatis hielte sie vor unzeitige oder
zusammengefallene Muscheln / wie Sam. Dale in Zoologia p. 49. meldet. Allein heut zu Tag ist es
gewiß und ausser allem Disputat, daß diese Meer-Bohnen nichts anders als gewisse Deckel oder
Opercula seyen / welche das Loch einer See-Muschel / so Cochlea Caelata genennet / und in dem
mittelländischen Meer gewöhnlich gefunden wird. Dieser Deckel ist unten / wo er das Käutgen
oder Nabel hat / fest an den Fisch oder Schnecken / so in der Muschel ist / angeachsen / und
kan dieselbe gedachte Muschel / wann er den Deckel nach sich ziehet / so genau verwahren / daß
kein Tropffen Wasser darein kommen kan / obschon er gantz zu Grund gehe / wie Rajus solche
Muscheln mit der Schnecken auff seiner Reiß in Italien selbsten gefunden hat / welche nebenst
dem Deckel oder Faba marina, so genau darauff schliesset / bey Herr Bibliothecario Waldschmiden
zu Franckfurt selbsten gesehen / wie er sonsten von dem curiosen Buonanni in seinen Ricreatione
dell' occhio, è della mente Parte 2. p. 178. Num. 14 beschrieben und abgemahler worden.
§. 3.
Sie haben / wie fast alle See-Gewächs / eine versüssende Krafft / und kommen den bösen Augen
zu gut / wann man sie rein und klein stösset / und unter den Augenwassern gebrauchet. Ob sie
aber auch äusserlich / als ein Amulet, (wie sie in Silber eingefasset / den kleinen Kindern
angehänget wird) darzu helffen können / lasse an seinen Ort gesteller seyn; zum wenigsten kan
ich wenig Wesen davon machen / und noch weniger von den andern Muscheln
NERITA,
welche andere an statt deß Umblilici marini gebrauchen / wie Pomet in seiner Histoire des
Drogues P. l. 1. c. 52. p. 106. berichtet.
§. 4.
Eine gleiche Bewandtnüß hat es mit der Indianischen Moschel-Schale / welche Lateinisch
BLATTA BIZANTINA
genennet / auch vor ein dergleichen Deckelien einer Muschel gehalten wird: ist lang und
schmale / dunckel-braum / wie ein Klau oder Nagel anzusehen. Und dahero mag es vielleicht
kommen / daß der gemeine Mann öffters beredet wird / als ob die Materialisten die grosse
Bauren-Nägel von den Jungen einhandelten / welchen diese Schalen fast gleich sehen / auch wann
man sie am Licht anzündet / also stincken / und deßwegen gegen die Erstickung der Mutter
gerühmet werden.
§. 5.
Weilen min diese Blatta Byzantina insgemein auch
UNGUIS ODORATUS
genennet wird / so hat sich ein grosser Streit unter den Gelehrten erhoben / ob diese deyde
vor ein Ding zu halten seyn? worvon verschiedene Meynungen gefunden worden / welche
obangeregter Dale c. l. p. 500. mit mehrerem angeführet hat; und weilen der alte Unguis
odoratus, entweder einen sehr guten Geruch / oder zum wenigsten einen wie Bibergeil gehabt /
die Blatta Byzantina aber sehr übel und wie Horn stincket / so kan diese vor jene nicht
passiren; zumahlen aus den alten Schrifften erheller / daß der Unguis Odoratus eine länglichte
zweyschüsselichte Wuschel oder Concha Bivalvis gewesen / wie der hierin sehr wohl vertirte
Engeländer M. Listerus c. l. in einem Brieff an M. Dale weitläufftig ausgeführet.
§. 6.
Mit grösserem Recht kan man eine andere Muschel so bey den Scribenten
SOLEN
genennet wird / mit der alten Ungue Odorato vergleichen / weilen sie eben also gestaltet /
und aus 2. langen Schüsselein bestehet / wie obangeführter Buonanni l. c. p. 164. solche unter
Augen leget; wiewohlen es ihm auch an dem Geruch ermangeln dörffte / in Ansehen dessen viele
darfür halten / daß man heut zu Tag den rechten Unguem Odoratum in Europa gar nicht mehr finden
und haben könne; weßwegen der Solen auch nur schlechter Dings Unguis und Onyx genennet wird.
Soll gegen den Stein und verschlossenen Utin gut thun / wie in deß VVormii Museo. p. 216.
darvon geschrieben ist.
§. 7.
Zu diesen medicinalischen Muscheln gehören auch die Purpur- und Zahn-Schnecken / oder ENTALIA
und DENTALIA, unter welchen doch eine ziemliche Verwirrung in Acht genommen wird. Jene sind
länglichte / gestreiffte / und an beyden Enden stumpffe Röhrlein: Diese aber etwas länger / und
an einem Ende zugespitzte Röhren / welche einige vor Zähne gewisser Fische gehalten / und
deßwegen ihnen solchen Nahmen gegben haben. Allein diese Meynung kan nicht bestehen / weilen es
durchaus keine Zähne / sondern dergleichen Röhrlein und Muscheln sind / worinnen gemeiniglich
ein Wurm von solcher Grösse gefunden wird / wie obbelobter Buonanni in Recreatione mentis
& oculi Part. 7. p. 141. num. 9. zeiget; an deren statt heur zu Tag entweder
ein ander dergleichen Röhrlein BUCCINUM genandt / oder auch andere kleine Conchae Venereae
unter diesem nahmen verkauffet werden / welche sonsten auch
|| [502]
Schlangen und Otter-Köpfflein genennet werden: dienen den Sudlern mehr zu Auszierung der
Zähnen und andern Sachen / als zur Medicin, wiewohl die gantz kleine / so wie Porcellan
aussehen / deßwegen von den Frantzosen auch PORCELLAINES EN COQUILLAGE genennet werden / an
statt der Perlen-Mutter und der Perlen selbsten können gebraucher werdern. wormit dei ENTALIEN
auch überein kommen / auch unter das gelbe Zugpflaster / von welchen die Italianer alle
dergleichen gestreiffte Höltzer und Galenterien ENTAGLIE nennen; von welchen in Act. Angl. N.
197. mit mehrerm gehandelt wird.
§. 8.
Was die übrige Wuscheln und See-Gewächse anlanget / so werden selbige
IN CONCHILIA, UNIVALVIA, BIVALVIA, TURBINATA oder Einschüssel. ??? Zweyschüsselichte.
Gewundene
getheilet / in welchen die Natur sowohl mit wunderschönen Farben / als allerhand Figuren also
spielet / daß man gantze Kunst- und Naturalien-Kammern damit angefüllet / auch verschiedene
grosse Tractaten davon geschrieben findet / worunter deß Aldrovandi, Buonanni und Listeri
Schrifften hierinnen den Ruhm behalten.
Das XXXVIII. Capitel.
Von dem COEMAN-SCORPION- und Eydexen-Oehl / wie auch SALAMANDER und Ratten-Eyder.
§. 1.
DAs Coeman-Oehl / ist ein gelb-rother Tran oder Balsam / von einem wunderlichen Thiergen
dieses Nahmens / welches Form einem Krebs / und hinten einem Scorpion gleich stehet / und immer
in den See-Muscheln wohnet; findet sich in Ost-Indien / von deren das Oehl zuweilen in Europa
gebracht wird.
§. 2.
Dieses Thiergen /
COEMAN
genannt / ist ohnefähr 3. biß 4. Zoll lang / an der fordern Helfft deß Leibes mit einer
Schale / wie die die Garnelen / aber etwas härter versehen / hat auch zwey Scheeren / deren
eine grösser und breiter ist wie die andere / [503] wormit es die Muscheln /
worinnen es sich verbirget / gar genau zuschliessen kan; die andere Helfft deß Leibes ist gantz
weich und häuticht / worinnen / wie in den Krabben eine Matetie, so doch gantz roth ist / und
entweder bey einem Kohl-Feuer / oder an der Sonnen in ein Oehl zerschmeltzet / welches von den
Insulairen sehr hoch gehalten wird. Ob nun gleich dieser Cuman sich in den Felsen und Bäumen
(wo es sich von faulen Blättern und Früchten ernährer) auffhalt / so steiget er doch jährlich
einmahl an das Ufer deß Meeres / entweder seine Eyer zu legen oder sich zu baden / und wann ihm
die vorige Muschel zu klein geworden / siehet es sich eine andere aus / und springet mit einer
solchen Behändigkeit hinein / daß man seinen Hinder-Leib fast gar nicht zu sehen bekommet: Und
wann ihrer mehr beysammen / streitten sie und beissen sich um die Muscheln / welche die jenige
einnehmen / so die Oberhand behalten. Ja es stellet sich auch zur Wehr / wann man es fangen
will / schreyet nicht allein, gré, gré, gré, sondern knappet auch mit der grössern Scheer umb
sich / und wann es jemand damit fasset / wird es sich eher tödten lassen / als daß es die
Scheer wieder auff thue; weßwegen es die Frantzösische Scribenten als P. du Tertre, P. du
Plumier, und andere
SOLDAT
genennet haben.
§. 3.
Solbalden sie nun die Indianer gefangen haben / fädemen sie solche mit den Köpffen ein / und
hängen sie an die Sonn / daß sie sich in obbesagtes Oehl resolviren / welches so dick / als
Butter wird / und sehr übel riechet. Dieses Oehl soll sehr vortrefflich und gantz infallibel
seyn / alle Flüsse / so sich in die Glieder setzen / zu zertheilen / auch die frische Wunden /
wie der beste Wund-Balsam / heylen / weßwegen es auch die Wilden sehr doch und theuer halten /
wie aus obgemeldten Jesuiten solches Pomet im zweyten Theil seiner Frantzösischen
Material-Kammer p. 94. erzehlet. Das Fleisch von dem Coeman mischen die Indianer mit den
Coccels-Körner / umb die Fische damit doll zu machen / und zu fangen / wie Rumphius in seinem
Ambonischen Kräuter-Buch Cap. de Tuba baccifera berichtet / wie aus dem Anhang dieses Buchs zu
sehen ist.
§. 4.
Gleichwie aber das vorbesagte Oehl hier zu Land noch gäntzlich ohnbekannt ist / also ist das
Scorpion-Oehl oder
OLEUM SCORPIONUM
desto gemeiner / welches aus dem Baumöhl worinnen die lebendige Scorpionen ersticket sind /
bestehet; wiewohlen ohne das Einfache / oder ??? Scorpionum simplex, auch ein vermischtes oder
???. Scorpionum compositum in den Apothecken auffgehalten wird. Beyde dienen sehr wider den
Lenden- und Blasen-Stein / befördern den Harn / und heylen die Scorpionen-Stich / worvon
Schröderus zu sehen.
§. 5.
Auff eben diese Manier wird auch das Eydexen-Oehl / oder
OLEUM LACERTORUM
zubereitet / wann nehmlich die lebendige Eydexen im Baum-Oehl erträncket werden / welche aber
nicht darinnen ligen bleiben / wie die Scorpionen / sondern bald wieder heraus genommen werden
/ weilen ihre Krafft meistens in einem erschreckenden mumialischen Geist bestehet / welche die
Lebens-Geister in dem menschlichen Cörper in die Enge treibet / und also verursachet / daß
dieselbige von unnatürlichen Bewegungen abstehen / wie Zvvelfferus in seiner Pharmacopoeia
Regia p. 267. raisoniret: Allwo dieses Oehl vor ein sonderbahr Geheimnüß gegen die Brüche
gerühmet wird / so bißdahero unter Fürsten und Herrn herum gegangen / und in geheim gehalten
worden. Muß äusserlich eingerieben werden / wie Etmüllerus in seiner Praxi de Hern. p. 206.
zeiget.
§. 6.
Nachdem nun die gemeine grüne Eydexen / worvon es gemacht wird / so bekandt sind / daß es
nicht nöthig ist solche allhier zu beschreiben / so will dem curiosen Leser an deren Stell /
einige Ost-Indianische Eydexen in beygesetzter Kupffer-Tafel mittheilen / welche in deß
gelehrten Manns Herberti de Jager Msc. gefunden / worunter der erste und gröste / so die
Holländer in Indien Lequam nennen / immer mit einer gespaltenen und zweygespitzten Zunge
spielet / wie die Schlangen / welches an den andern nicht in acht genommen wird.
§. 7.
Nechst darunter finden sich die fliegende Eydexen / oder
LACERTI VOLANTES,
theils wie sie aus der Erden kriechen / theils wie sie sich mit ausgebreiteten Flügeln in die
Höhe schwingen / von welchen letzteren man schon einen Abriß in den Miscellaneis Acad. German.
Curios. Dec. 2. Anno 2. p. 488. findet / welcher von D. Grimmen mit aus Ost-Indien gebracht
worden.
§. 8.
Hieher gehöret auch der so beschreyte
SALAMANDER,
von welchem die Alten vor gewiß erzehlet haben / daß er im Feuer unverbrennlich sey; welches
doch ein blosses Mährlein ist / indem die [504] Erfahrung bezeuget / daß
dieser Salamander sich zwar eine Zeitlang in dem Feuer wehre / und solches mit dem aus seinem
Corpus dringenden milchichten Safft etwas auslösche / endlich aber auch verbrenne / wie solches
Herr D. Wurffbain an den Einheimischen zu Nürnberg offt erfahren / die Holländer auch an dem
Ost-Indianischen grossen Salamander / JECKO genannt / gesehen / dessen rechte / und vom
lebendigen abgezeichnet Figur hiebey gesetzet / weilen solche unter den andern Salamandern / so
obbelobter Herr Wurff bain in seiner Salamandrologia Curiosa unter Augen geleget / nicht zu
finden ist. Dieser Salamander ist einer guten Spann lang / hat eine blaulichte Haut / mit
breiten röthlichten Flecken / auff deren jedem mitten ein gelb Düppelgen stehet: heisset
JECKO,
weilen er einen solchen Thon und Stimme von sich gibt; dahero Adamus Oleander in der
Orientalischen Reiß-Beschreibung Jürgen Andersen lib. 1. c. 7. erzehlet / daß / als einsmahls
ein junger Praedicant zu Batavia Nova unter der Predigt diesen Thon Jecko, Jecko, (so ein
Salamander in der Maur von sich gabe) gehöret / solcher vor Schrecken verstummet sey / meynend
es sey der Teuffel / oder / wie es ein anderer / so aus Indien gekommen / dem berühmten Herrn
Ludolf vor eine Geschicht erzehlet / es hiesse ihn jemand Gek oh! Gek oh! oder ô Narr / wie in
dessen Commentar. ad Histor. AEthiop. p. 167. zu lesen ist. Ob er aber so gifftig sey / wie
andere davon schreiben / will obgemeldter Herr D. VVurffbain fast in Zweiffel ziehen / indem
weder die Schlangen noch Eydexen einigen Gifft bey sich haben / sie werden dann zum Zorn erregt
und böß gemacht / wie anderwärts von den Schlangen erwehnet worden.
§. 9.
Endlich muß man auch deß Ratten-Eydexes / welcher sonsten
CHAMAELEON
heisset / nicht vergessen / welcher alle Farben der jenigen Dingen / welchen er sich nahet /
annehmen soll / ausgenommen die Rothe und Weisse; welches daher kommen mag / weilen er sehr
mager / und fast lauter Haut und Knochen ist / wie aus dem Abriß zu sehen: daß also die Farben
leicht durch ihn scheinen mögen: wiewohl Monconisius in seiner Reiß-Beschreibung bezeuget / daß
er es an seinem Chamaeleon nie gesehen habe. Was aber unsere Vorfahren davon geschrieben / daß
er nichts esse / und von der blossen Lufft lebe / ist gäntzlich falsch / indem Vossius lib. de
Ortu & Progr. Idololatriae bezeuget / daß er Fliegen / Raupen und dergleichen esse
/ welche bey dessen Anatomie zu Pariß auch im Magen gefunden worden / wie in dem Tr.
Description Anatomique d'un Cameleon &c. zu lesen ist.
Das XXXIX. Capitel.
Von den Brand-Schlangen-VIPERN oder Natter-Küchelein / Otter-Leber und Schlangen-Fett.
|| [ID00553]
|| [ID00554]
|| [505]
§. I.
DIe Natterküchlein oder
TROCHISCI DE VIPERIS
sind runde / dünne und sehr leichte Küchlein / eines Kopffstücks groß / wie Zwieback
schmeckend / mit welchen das abgekochte Vipern oder Schlangenfleisch vermischet / und zu
solchen Küchlein formiret wird; kom̅en meistens aus Italien über Padoa und
Venedig / nebst einem grossen Testimonio, damit man sich bey Aufflegung des Theriacs darauf
verlassen / und daß sie richtig praeparirt seyen / beweisen könne / wie Vielhewr in
Beschreibung frembder Materialien p. 193. redet.
§. II.
Zu diesen Trochiscis nun werden vor andern die Italiänische Vipern oder Welsche Nattern /
welche in hitzigen Orten gefangen werden / gesuchet / wiewohln in deren Ermanglung auch unsere
Nattern und Brandschlangen / so sich umb alte Gebäue / Weyern / Seegmühlen und Hecken
auffhalten / nicht undienlich sind / wie Marxius in der Material-Kammer / p. 214. nebst andern
schreibet: Gilt auch nach D. Hoffmanns Sinn in Clav. Schrad. p. 689. gleich viel / ob es
Männlein oder Weiblein seyen / welche letztere sonsten von den meisten vor besser gehalten
werden / ohne Zweiffel deswegen / weilen sie an dem platten und breiten Kopff / wie auch den
blitzenden Augen eher vor den andern Schlangen zu erkennen sind / von welchen die Männlein
wegen ihres kleinen und stracken Kopffs nicht so wol unterschieden werden können / wie Charas
in seiner Historie der Theriaes-Ingredientien pag 30. muthmasset. Alle aber sind entweder im
Früling oder im Herbst / und wie es Marxius c. l. deutet / vor und nach Georgen Tag / vor der
Sonnen Auffgang zu fangen / da sie am fettesten sind / und nach solcher Zeit nichts mehr an
ihnen zu finden ist / dieweilen sie alles in die Eyerverzehren / welche sie / wie andere
Schlangen auch in den Sand scharren / und von der Sonnen ausbrütenlassen / es seye dann / daß
sie solche zuweilen etwas zu lang bey sich behalten / bis die Jungen in dem Leib schon
ausgehen: dahero die Meynung entstanden / daß die junge Vipern den Müttern den Leib
durchfressen / oder daß die Vipern allein ihre Jungen lebendig gehähren sollen / da doch
solches zuweilen auch an den andern Schlangen geschiehet / wie Frid. Hoffm. c. l. p. 688. aus
des Redi Observ. de Viperis angeführet hat. Wie irrig und lächerlich aber derjenigen Vorgeben
sey / welche behaupten wollen / daß die Vipern sich durch den Mund paaren / und dardurch
empfangen sollen / ist aus des Wormii Museo p. 263. zuersehen / allwo gezeiget wird / daß sie /
wie alle andere Thiere sich vermehren / und sich nur im paaren lecken / oder gleichsam küssen
sollen.
§. III.
Es werden aber die VIPERAE oder Welsche Nattern / nachdem sie gefangen worden / entweder
lebendig beschrieben und verschickt / oder so bald getödtet / auffgetrucknet / und auf
verschiedene Art praeparirt. Jene sollen recht lebhafftig / fett und dick / auch frisch
gefangen seyn / und muß man / so balden sie ankommen / die Einschläge öffnen / und die
abgestandene oder verstorbene auswerffen / die andern aber unter Moos in Tonnen schlagen / und
an einen temperirten Ort stellen / weilen sie weder Frost noch Hitze vertragen können / allwo
sie wol 6. Monat ohne einige Speise lebendig bleiben; doch muß man wol Achtung geben / daß sie
nicht ausbrechen / und hin und wieder sich verkriechen / da sie leicht grossen Schaden thun
könten / und wan̅ man sie heraus langet / muß man sie nut gelind am Schwantz
angreiffen / und nicht hart drucken / sonsten sie böß werden / und um sich beissen; weßwegen
sie andere mit dem Zänglein fassen / wie Ponet. in seiner Hist. Gen. des Drogues Part. 2. lib.
I. c. 27. p. 61 treulich warnet.
§. IV.
Die auffgedörrete Viperschlangen oder
VIPERAE EXSICCATAE
sind vordiesem / auch wol heut zu Tag noch an etlichen Orten also praeparirt worden / daß sie
erstlich die lebendige Vipern / ehe sie ihnen die Köpff und Schwäntze abschneiden / weidlich
peitschen / damit sie also zum Zorn erreget / ihren Gifft wegspeyen möchten; und weilen man
vermeinet / daß solcher sich alsdann aus dem gantzen Leib in den Kopff ziehe / diesen nebenst
dem Schwantz hinweg schneiden. Allein wie abgeschmackt und unverständig diese Meinung seye /
hat obgemeldter Frantzos Moyses Charas nicht allein in dem schon allegirt. Tr. sondern auch in
einem eigenen Frantzös. Buch de Viperis stattlich erwiesen; indem er zeiget / daß / weil
Helmontius schon vor diesem gelehret / auch D. Ettmüller in einer eigenen Disputation de Morsu
Viperae weitläufftig dociret / die Viperschlangen / (welche von grossen Herren ohne Schaden in
der Speise genossen werden /) an und vor sich nicht gifftig seyn / sondern durch den Zorn /
wann sie irritiret würden / dergleichen gifftige Bisse / wie die gifftig-böse und erzörnte
Menschen selbsten / anbringen und anlegen könten: Und ob zwar der berühmte Italiäner Franciscus
Redi in seinen Obs. de Viperis durch gewisse Experimenta behaupten wollen / daß der Speichel
von den Schlangen den Gifft in sich hege / und wann solcher in die Stiche und Wunden komme /
den Menschen tödte / so hat doch belobter Charas ihn mit andern Observationen widerleget; und
weilen also obige Praeparation auf einem falschen Grund beruhet / so unterlässet jetztgemeldter
Apothecker das obige Geiseln gäntzlich / sondern hauet den Nattern nur den [506]
Kopf und Hals / sampt dem Schwantz hinweg / nit als ob solche vergiff tet / sondern weisë sie
kein oder wenig Fleisch an sich haben / doch aber ein ???. vol. und ??? geben: Nachmahlen
ziehet er sie ab / nimmt sie aus / leget das Hertz / Leber und das Fett zu anderm Gebrauch
allein / und trucknet nach gehends das übrige Fleisch und Cörper an der Lufft im Schatten;
welche also auffgetruckuet zu Paquetten in Bündlein / deren jedes 12. dutzet hat / gebunden /
und anderwärts verschicket werden: müssen recht trucken / groß / lang / schwer und wichtig /
auch frisch / und nicht wurmstichicht seyn / wie Pomet. c. l. unterrichtet.
§. V.
Eine nicht geringere Reformation und Verbesserung brauchten die obbeschriebene Viperküchlein
oder TROCHISCI DE VIPERIS, welche in Italien also gemacht werden: Erstlich sieden sie die zuvor
wol abgebrugelte und abgestreiffte Vipern in Wasser / worein sie eine Hand voll Saltz / und so
viel Dillsaamen werffen / und zwar so lang / bis sich das Fleisch von den Spinis ablöset /
welches alsdann die alte Weiber mit den Fingern abklauben / in der Brühe zerreiben / und unter
3. Theile / davon ein Theil gestossenen Zwiback knäten / und die Trochiscos daraus formiren /
wie solches Zwelfferus öffters mit Augen gesehen / und in seinen Animadver sionibus in Pharmac.
Aug. p. 210. weitläufftig beschrieben hat. Nun kanein jeder / so ein wenig in die Apothecken
gegucket / leicht erachten / was in diesen Trochiscis vor eine Krafft seye / indem die Würckung
des Schlangenfleisches / und was davon herrühret / von diesem flüchtigen Saltz und balsamischen
Oel dependiret / welche beyde in der Brühe / worinnen sie gekochet worden / und welche sie
wegschütten / geblieben / aus welcher auch ehe ein ???. vol. und Ol. als aus dem so
ausgemergelten Fleisch zu erzwingen ist; zu geschweigen / daß solches durch das gemeine Saltz
und Dill (welche beyde das übrige Gifft scilicet! corrigiren sollen /) verdorben und figirt
werde; weßwegen diese so gemachte Trochisci nichts als unnützer Zwieback ohne Kräfften sind /
wie obbelobter Zwelfferus c. l. und in Pharmacop. Reg. p. 133. längst erwiesen / welchem Charas
c. l. in allem beypflichtet / und deswegen aus den obbeschriebenë und auffgedrockneten Vipern /
wan̅ sie zu Pulver gestossen / entweder mit Tragant / so in Spanischem Wein
zerlassen / oder mit Gummi Azor dergleichen Küchlein formiret / worzu er auch das Hertz und
Leber mischet / welche mit besserm Grund zum Theriac genommnen solten werden / als die gemeine
/ welche entweder aus Italien / oder von Montpelier in Franckreich kommen / deren jene weißgelb
/ diese aber schwartzlicht aussehen / weilen sie in Franckreich mit dem Peruvianischen Balsam /
so schwartzlicht ist / in Italien aber mit Muscaten-Oel angemacht werden sollen / wie Pomet. l.
c. berichtet; müssen beyde wol verschlossen / und nicht an der freyen Lufft gehalten werden /
weilen sie darinn gar wurmstichicht werden / wie Marxius c. l. lehret. Welches auch bey den
gantzen und außgetruckneten Vipern / wie auch denen Hertz und Leber in Acht zu nehmen / zu
welchen Pomet auch Wermuth und Quecksilber / die Würm zu vertreiben / leget.
§. VI.
Den Kräfften nach haben die Brand- und andere Schlangen eine Gifft- und Schweißtreibende Art
/ welche in dem flüchtigen Saltz beruhet / weßwegen nicht allein das Fleisch davon gegen die
Krätz / Außsatz / Frantzosen und dergleichen gerühmet / sondern auch die
SPINAE VIPERARUM
gegen solche und andere hitzige Kranckheiten / als ansteckende Flecken Fieber / Pest und
dergleichen gebraucht werden: zu welchem End auch die obgemeldte Trochisci de Viperis eins von
den Hauptstücken des Theriacs abgeben / deren Tugenden Fabius Paulinus in einem eigenë Tr. de
Viperis in Trochisc. praeparatis beschrieben hat: wovon auch Abbatius de Admir. Vip. Nat.
& mirif. Facult. zu sehen ist: Und weilen sie gleiche Würckung mit dem Bezoar thun
/ so wird auch das gepülverte Fleisch in den Apothecken BEZOARTICUM ANIMALE genennet / von
welchen und andern Praeparatorien, als Sal. vol. Spir. Ol. Vin. &c. Schroëderus,
und dessen Außleger Charas in seiner Apotheck und andern zu lesen sind. Eusserlich wird nicht
alle in das Schlangenfett oder
AXUNGIA VIPERINA
zu allen Augengebresten vor ein gewiß Mittel gerühmet / sondern man hat auch in Italien
gewisse Schlangenhöhlen / worinnen die Außsätzige durch äusserlich Anrühren der Schlangen zum
Schweiß gebracht / und geheilet werden / welche Kircherus in Art. Magn. lib. 3. p. 7. und
Caspar Ens Tr. de singularibus in Italiâ inveniendis schön beschrieben hat.
|| [507]
§. I.
PIedra della Cobra, oder der Indianische Schlangenstein ist ein schwartzer / glatt- und
gläntzender Stein / von unterschiedlicher Grösse / doch gemeiniglich eines Groschen groß /
einer Linsen an der Gestalt nicht ungleich / in dem er mitten etwas dicker / als umb den Rand
ist / hat bißweilen auf einer / bißweilen auch auf beyden Seiten einen weißlicht-schmutzichten
Flecken / wiewohln er öffters auch gantz schwartz / wie ein Probierstein ist / dessen Figur von
unterschiedener Grösse zu Anfang dieses Capitels Lit. D. zu sehen ist. Die Lateiner nennen ihn
Lapidem Serpentinum Magneticum, weilen er das Gifft / gleich wie der Magnet das Eysen / an sich
ziehen solle / weßwegen ihn Herr D. Ettmüller in seinen Anmerckungen über den Schroederum pag.
797. Magnetem Venenorum, das ist / den Gifft-Magnet mit andern tituliret.
§. II.
Die jenige Schlange / darinnen dieser Stein soll gefunden werden / ist schon längst vom
Garciâ ab Horto beschrieben / und wird von den Portugiesen Cobra de Capelos genennet / nicht
deßwegen / als ob sie etwa mit einem Haar begabet sey / noch daß dieselbige gleichsam einen
Deckel oben auf dem Kopff / wie einen platten Hut träget / der sich auch hin und her bewegen
soll / unter welchem der obbenannte Stein soll gefunden werden / sondern weilen sie den Kopff
dick auffblähet / wann sie sich gegen die Schlangenfänger setzet / wie auß dem Kupfferstück
Lit. A. B. zu ersehen ist; und deßwegen wird sie von den Portugesen Cobra Capello, das ist /
eine Hauptschlang / und von den Indianern auf Telingisch Na̅ga-pa̅mu genennet: Ist sonsten / wann sie sich nicht auffblähet / wie eine andere Schlang anzusehen
/ wie auß der Figur Lit. C. zu ersehen / welche unter deß Herrn Herb. de Jager MSc. gefunden
wird. Sie wird in Ost-Indien in deß grossen Mogols Reich hin und wider gefunden / obwohlen nur
in einem gewissen District die Steine in derselbigen gezeuget werden sollen / wie auß der Flora
Sinensi solches D. Fried. Hoffmann in seinen Anmerckungen über den Schroederum p. 681.
anführet. Sie werden auch nach Bericht keine Steine geben / sie seyen dann zum wenigsten 2.
Schuh lang / und sollen sie bißweilen 25. Schuh an der Länge haben / wie an einer Haut / so in
Bataviâ Novâ auffgehoben worden / abzunehmen / deren [508] Schlange ein
Mägdgen von 18. Jahren soll verschlungen haben / wie Pomet in seinem Anhang der Materialien p.
8. aus andern meldet.
§. III.
Odes sich nun mit diesem Stein in der That so befinde / lasse an seinen Ort gestellt seyn;
doch ist nicht zu verschweigen / daß einige vornehme Scribenten zweiffeln wollen / ob es ein
natürlich gewachsener / und in obbeschriebenen Schlangen gefundener Stein sey / indem Mons.
Tavernier in seiner berümtë Reys-Beschreibung selbsten der Meinung ist / sie würden von den
Braminen oder Indianischen Pfaffen / (welche damit Handlung treiben/) künstlicher Weiß
zubereitet / und dem aberglaubischen Pöbel vor Schlangensteine auffgeschwätzet / von welchen es
die Matrosen und Portugesische Soldaten also gehöret / und nachdem sie solchen in Europam
gebracht / auch diesen Aberglauben außgestreuet. Zum wenigsten ist dieses gewiß / daß / obschon
einige dergleichë Steine in den Schlangen gefunden würden / doch viele andere nachgemacht / und
unter solchem Namen verkaufft worden / deren Description Mons. Pomet in obangezogenem Ort / wie
folget / entdecket:
???. Bezoard. animal. Gallorum ???.
Pulv. bufon.
Cancr.
mens. Jun. praep. ana ???.
Terr. Sigill. in Decoct. rad. Scorz. & Contrayeru praep. ???.
Unicorn. fossil. ???.
Diese Species mache man zu einem subtilen Pulver / und formire mit der Gelatina Viperarum
(gleich dem Englischen Gifftpulver / mit dem sie eine grosse Gemeinschafft hat /) dergleichen
Steine / welche eben den Effect thun / als die natürlich gewachsene; wie dann eben dergleichen
Magnetischer Gifft- und Schlangenstein von dem sehr berühmten Medico Herrn D. Cnöfelio gemachet
/ und in den Miscell. Curios. der Kayserl. Societät Dec. I. Ann. VI. p. 29. beschrieben
worden.
§. IV.
Was den Nutz und Gebrauch dieses Steins betrifft / so hält man ihn vor eine souveraine
Artzney gegen alle gifftige Schlangen- und andere Bisse und Wunden / an welche er sich fest
anhängen / und nicht eher abfallen solle / bis er alles Gifft / so sich um ihn hängt /
außgesogen habe; wie dann P. Kircherus, der berühmte Jesuit / nicht allein in seinem Regno Nat.
Magnetico cap. 5. pag. 58. sondern auch in seinem illustrirten China pag. 80. davon meldet /
daß er es nicht glauben wollen / wann er nicht die Prob selbsten an einem Hund / welchen eine
Viper gestochen / genommen hätte / welches auch Tachenius nachmahlen in einem besondern Brieff
an Hertzog Johann Friederich / Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg vor wahrhafftig berichtet
hat / welcher in dem Frantzösischen Journal des Scavans Eph. VII. An. 68. die 17. Sept. zu
lesen ist. Ein gleichmässiges Rühmen von diesem Stein machten die 3. Franciscaner-Münch / deren
Franciscus Redi ein Italiänischer gelehrter Edelmann in seinen Physicalischen Experimenten pag.
4. weitläufftig gedencket; diese brachten auß Ost-Indien dergleichen Steine mit sich in Italien
/ rühmeten dero Krafft an eines hohen Fürsten Hofe / als aber solche obgedachter Redi an
verschiedenen Thieren in Beyseyn vieler curioser und gelehrten Leute erfahren und probiren
wolte / bestunden die gute Herren Patres wie Butter an der Sonnen / indem ohnerachtet diese
Stein denen gifftigen Wunden applicirt wurden / doch fast alle Thiere daran sterben musten /
wenige aber mehr durch ihre gute Natur / als durch die Krafft des Steins erhaltë wurdë / wie
solches bey obbelobtem / und sonsten sehr glaubwürdigen Scribenten weitläufftig zuersehen ist.
Vielleicht würde er mehr praestiren / wann er wie die Englische Gifftkugeln innerlich
gebrauchet würde; wie ihn dann also gegen das beygebrachte Gifft Pometus aus Taverniers
Reys-Buche / andere aber gegen die Pest selbsten recommendiren.
§. V.
Sonsten wird dieser Stein von den jenigen / welche seiner Magnetischen Krafft noch Glauben
zumessen / auf folgende Manier applicirt: Sie machen / wo die Wunde zu klein ist / eine
incision, damit etwas Blut herauß gehe: hängen darauf den Stein an oder auf die Wunde / welcher
so lang soll ankleben / biß das Gifft herauß gezogen: Endlich legen sie den Stein in
Frauenmilch / oder wann solche nicht zu haben / in Kühmilch / lassen ihn 10. bis 12. Stund
darinnen ligen / so soll sich das Gifft so gar in die Milch ziehen / daß diese einer
Apostem-Materie gleich werde / der Stein aber wird also von dem Gifft gereiniget / und bekommt
seine vorige Kräfften wider.
§. VI.
Die Prob deß Steins / ob er richtig und gut seye / ist zweyerley: 1. Nehmen sie ihn in den
Mund / und wann er gerecht ist / so wird er sich so balden fest am Gaumen anhencken. 2. Werffen
sie ihn in ein Glaß Wasser / und wann er nicht verfälschet ist / so wird er anfangen zu sieden
/ und von unten biß oben an kleine Bläßlein auffwerffen / worvon obberührter Pomet in dem
Anhang seiner Material-Historie pag. 8. zu sehen ist.
§. VII.
Sonsten gibt es in Ost-Indien noch vielerley Schlangen / als die zweyköpffige Amphisbaena, [509] welche nächst der grünen Baum-Schlange Pasjiri-pamu in beygesetzter
Kupffer-Tafel Fig. 3. & 4. unter Augenligen. Ja es soll eine grosse Schlange
darinnen geben / welche einen gantzen Ochsen durch starckes Saugen zermalmen und einschlucken
soll / wie auß der 4. Figur zu ersehen / und in den Miscellan. German. Curiosis weiter zu lesen
ist. Wie aber die Schlangen-Beschwerer in Indien die Schlangen mit gewissen Pfeiffen / so auß
Flaschenkürbsen gemacht sind / an sich locken / zeiget die 1. Figur in dieser Tafel.
§. I.
BLeich wie der gemeine / und jederman bekandte Bien-Honig/
oder
MEL COMMUNE
zweyerley ist / nehmlich der Weisse / an der Sonnen auß den Bien-Rosen von sich selbsten
außgelauffene / und so genannte Jungfern-Honig (welcher der beste ist /) und der Celbe / so
über dem Feuer gehalten / und durch einen spitzigen Sack / entweder mit 2. Stöcken / oder einer
Kelter außgepresset wird: Also hat man auch zweyerley Sorten von dem überbliebenen Wachs /
welches entweder gelb ist / und
CERA FLAVA
genennet wird / so meistens auß den alten Bienstöcken herrühret: und wie der Honig in grosser
quantität auß der Moscau und Pohlen über Dantzig / und auß der Provintz Languedoc in
Franckreich kommt; Oder stehet gantz weiß auß / und heisset deßwegen auch
|| [510]
CERA ALBA
welches entweder von Natur also auß den jungen Bienstöcken kommet / und alsdann CERA VIRGINEA
oder Jungferwachs heisset / oder wird auf den Wachsbleichen künstlicher Weiß also gebleichet;
dergleichen nicht allein in Holland / und Italien zu Venedig / sondern auch hin und wieder in
Teutschland / als zu Hamburg / Regenspurg / Augspurg / Nürnberg / Stutgard und anderstwo sehr
viel zubereitet wird; wiewohlen auch ein Unterscheid darunter ist / indem die Venetianer ihr
Wachs gern in groben Scheiben / die andern aber in kleinen Theilen machen / wie Marxius in
seiner Material-Kammer pag. 75. zeiget. Das allerbeste wird in Welschland gemacht / und muß
schön weiß und hart seyn / einen gantz blatten Geruch haben / und nicht nach Unschlitt
schmecken / womit es offters vermischet wird / wie Schurzius in seiner Material-Kammer p. 24.
und Vielhewr in Beschreibung frembder Materialien p. 172. bezeugen.
§. II.
Die Biene / welche sowol das Wachs als den Honig im Frühling und Sommer in ihre Stöcke
eintragen / vermehren sich gleich andern dergleichen Insecten durch ihre eigene Bruth / auß
welcher erstlich ein weisses Würmgen / und nachmahl ein dergleichen weisse Fliege entstehet /
so nachmahlen gelb und braun-biene wird; Ist derowegen gantz falsch / was Virgilius und andere
vorgegeben / daß nehmlich die Bienen auß dem faulenden Ochsen- oder Löwen-Fleisch gezeuget
würden / indem die so genannte generatio aequivoca bey den Gelehrten längst außgestäupt ist /
auch ein gewisser Frantzos / so deßwegen einen Ochsen zu todt prügeln / und verfaulen lassen /
so gar keinen Bienschwarm davon erlangt / daß er vielmehr nebst einem unsäglichen Gestanck nur
einen Hauffen abschenlicher Würm und Maden davon bekommen / wie Pomet in seiner Histoire des
Drogues Part. 2. lib. 1. p. 48. solches weitläufftig beschrieben hat. Nachdem aber die junge
Bienen in der alten Stöcken nicht Platzgnug haben / als suchen sie durch das Schwärmen ihre
eigene Wohnung / umb welche Zeit man wol Achtung auf sie zu geben hat / sonsten der junge
Schwarm fortgehet; weswegen andere das Schwärmen durch Vergrösserung der Stöcke zu verhindern
suchen / worgegen ein sonderliches Secretum, so über 200. Reichsth. gekostet / in D. Joachimi
Jungii Historiâ Vermium p. 43. in Teutscher Sprach beschrieben wird. Was aber die Arbeit der
Biene / und wie man ihrer pflegen müsse / anlanget / habens nicht allein heut zu Tag einige
Curiosi in verschiedenen Sprachen / absonderlich Buttlerus Tr. de Apibus beschrieben / sondern
man findet auch bey den uhralten Scribenten gantze Bücher davon / welche Colerus im 13. Buch
seiner Oeconomie pag. 328. weitläufftig angeführet hat.
§. III.
Was aber den Gebrauch des Honigs anlanget / so hat er eine erwärmende / trucknende und
reinigende Krafft / weßwegen derselbe so wol innerlich in allerhand Brustschwachheiten und
innerlichen Verwundungen gegeben / als auch äusserlich in Clystiren und Auffschlägen gebraucht
wird / es seye nun der gemeine Bien-Honig / oder das mel Anthosatum, das ist Rosmarinhonig /
mel Mercuriale oder Bingelkrauthonig und dergleichen. So macht man auch ein destillirt Gewässer
oder aq. mellis zu den Augen-Gebrechen: Ein Spir. mellis, womit einige die Corallen-Tinctur
verfertigen / Tinct. Ol. mellis, und noch andere Sachen mehr / wovon Schroederus und dessen
Außleger zu sehen ist. Was er in den Haußhaltungen / und bey den Lebkuchenbeckern vor Nutzen
schaffe / ist zur Gnüge bekandt / und werden vor andern die
Nürnberger Honigkuchen
sehr aestimirt / welche also gemacht werden:
???. I. ???. Honig / und ¼. ???. Syrup / laß es kochen / bis es braun wird; hierauf nehme
eine kleine zerschnittene Citronenschale / Cardamomen / Muscatenblumen / jedes I. Quintl.
Pfeffer I. Loth / Rocken- und Weitzenmehl ein jedes gleich viel / biß es ein guter Teig wird /
und wann alles Stückweiß abgeschnitten und gewogen / daß das eine so groß als das ander wird /
so druck endlich alles in eine Form / und backe es gelind / so sind sie fertig.
§. IV.
Beym Gebrauch des Wachses ist dieser Unterscheid zu halten / daß wo man etwas zertheilen will
/ das gelbe Wachs; wo man aber kühlen will / das weisse Wachs hier zu nehme / dahero jenes in
den Hustschwachheiten / dieses aber in den Nieren-Beschwerungen vorzuziehen / wie Ulysses
Aldrovandus Lib. 1. De Insect. p. 186. wol erinnert: dessen Ursach Hoffmannus in Cluv. Schroed.
p. 702. zu seyn erachtet / weilen durch das Bleichen die flüchtige und warme Theilgen des
gelben Wachses außrauchen und vergehen: in Ansehen deren das gelbe Wachs / wie auch der Vorstoß
oder PROPOLIS wärmer / als das weisse sind; dahero auch das gelbe mehr zu allerhand Pflastern
und Salben / als das weisse gebrauchet wird / ausser daß das weisse Wachs / absonderlich das
granulirte / oder wie es die Frantzosen nennen / CIRE GRENEE auch zu den Pomaden genommen wird
/ wovon Pomet l. c. zu sehen ist. So macht man auch das Siegelwachs von dem gelben / und wird
das rothe oder CERA SIGILLATA RUBRA mit Cin̅ober oder Orcanetta: das grüne oder
CERA SIGILLATA VIRIDIS mit Grünspan: das gelbe oder CERA SIGILLATA CITRINA mit Orlean: das
schwartze oder CERA SIGILLATA NIGRA mit Kienrauch gefärbt / und in allerhand Farben zu Kuchen
gemacht. Wann man aber Terpenthin da [511] runter mischet / so
entstehet das so genannte Bettwachs darvon / womit die Tapissirer ihre Tücher / und die
Haußmütter die Bettzüchen wächsen / daß die Federn nicht durchstechen: kan auch zum Baumwachs
gebraucht werden. Endlich werden auch Wachsfackeln / Kertzen und Wachsstöcke daraus gemacht /
wiewohln die kleine Wachs-Liechtlein / so man gegen den Blasenstein braucht / mehr von dem
weissen Wachs gemacht werden.
§. V.
Nach den Bienen folgen unter den Medicinalischen insecten die so genannte Spanische Fliegen
oder
CANTHARIDES.
welche kleine und länglichte Goldkäferlein sind / so aufwendig grün und schön gleissen / als
wann sie übergüldet wären; haben emen sehr stinckenden Geruch / und scharff-brennenden
Geschmack / und werden nicht allein in Spanien (wovon sie den Namen haben/) sondern auch
bißweilen in Teutschland auf den Rosenstöcklein / Eychbäumen / Welschen Hollunder und
dergleichen / aber nicht jährlich gefunden / indem sie ein oder zwey Jahr außsetzen / wie
Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 24. in Acht genommen; dahero D. Geierus in einem
eigenen Tr. de Cantharidibus cap. 2. dafür halten will / daß die Spanische Fliegen hier zu Land
sich nicht vermehren / weilen man niemahlen deren Ovulen gefunden; sondern vermeynet / sie
kämen aus andern Ländern hergeflogen / weilen sie sich auch bald wieder verlieren: nehren sich
sonsten von dem Safft der Baum - Blätter / fliegen des Tags herumb / und des Nachts sammlen sie
sich dey Haussen. Diese Käferlein pfleget man alsdann einzusammlen / und mit dem Dampff von
Essig zu tödten / wie der Apothecker Viellieur in Beschreibung frembder Materialien p. 171.
berichtet / und kann man deren übeln Geruch / welcher sich im Auffdörren spüren lässet /
vertreiben / wann man sie eine Zeitlang an der Sonnen ligen lässet / wie Marxius in seiner
Material-Kammer pag. 73. unterrichtet. Sie müssen noch frisch / doch recht trucken und gantz
seyn / dann sie in zwey oder drey Jahren sich leichtlich von sich selbsten verzehren / und zu
Milben werden / wie Pomet in Hist. Simpl. Part. 2. lib. I. p. 46. schreibet.
§. VI.
Von diesen Spanischen Mücken werden fast alle Blasen-Pflaster oder Vesicartoria gemacht /
wann man nehmlich die äusserliche Flügel / Kopff und Füsse (welche zu schwach und nichts
würcken/) abschneidet / und das übrige unter Sauertaig / oder das gelbe Zugpflaster mischet /
nachmahlen in der Grösse eines halben Kopffs in den Nacken / auf die Puls / oder die jenige
Orte / wo man Fontanellen setzen will / leget / da sie dann die Haut roth machen / und Blasen
erwecken / welches durch das schafer Sal. vol. und sehr spitzige Theilgen geschiehet / welche
Borrichius in Act. Haffniens. Vol. 4. Obseru. 80. p. 186. mit Hülff der Vergrösserungs-Gläser
darinnen gesehen: dergleichen Vesicatoria dann in allen Augen - Kranckheiten / Krampffmässigen
Zuckungen / gifftigen Fiebern / Podagra und vielen andern Kranckheiten trefflich gut thun / wie
Geierus l. c. weitläufftig zeiget. Einige / als Thom. Barthol. Cent, 4. Epist. 54. p. 346.
wollen sie auch innerlich gegen den Trippert und dergleichen geben / wo Ettmüllerus in Com.
Schroed. p. 820. die gantze Gantharides erwehlet. Allein wie gefährliche Zufälle darauf
erfolgen können / hat der alte Susannen - Bruder bey dem Henrico ab Heer erfahren / welcher an
statt der gestärckten ???. einen Blutharn bekommen: dahero Langius Lib. 1. Epist. 47. die Odst-
und Garten-Diebe damit entdecken lehret.
|| [512]
§. I.
DIe rohe Seide oder SERICUM CRUDUM sind länglicht-runde / zarte Bälglein / ungefähr eines
Tauben-Gyes groß / und an der Farb weiß / gelb oder grünlicht / worinnen der eingesponnene
Seidenwurm öffters auch zu finden; kommen meistens aus Spanien und Italien / wiewol deren auch
in Teutschland zu finden sind.
§. II.
Den Seidenwurm selbst / auch wie er sich vermehre / spinne und ernehre / hat eine
Franckfurter Mahlerin / Namens Maria Sibylla Gräfin / geborne Merianin / in dem sehr cunieusen
Buch von der Raupen wunderbaren Verwandlung pag. I. & seqq. sehr artlich
beschrieben und abgemahlet / welches Buch Herr D. Hennike vor diesem ins Lateinische übersetzet
/ und an mich addressirt hat; weilen aber ermeldte Frau kurtz darauf mit ihrer Familie in
West-Indien gezogen / ist solche Version bis dato noch nicht in Druck gekom̅en.
Die Sach selbsten verhält sich also: Der Seidenwurm ist anfangs eine weisse Raupe / welche so
sie zu spinnen vorhat / gelblicht / eingeschrumpffen / und etwas durchsichtig wird. Alsdann
schlenckelt er mit seinem Kopffherum / und lässet die Seiden aus seinem Munde: darauf er in
eine papierne Dutte gethan wird / damit ihm die Arbeit desto leichter werde. Die jenige Leute
aber / die sie in gar grosser Menge haben / pflegen Gesträusicht von Bäumen / daran sie spinnen
sollen / in ein besonder Gemach zustellen / wie oben aus der Figur zu sehen. Wann nun die
Spinnzeit vorhanden / und mancher Wurm keinen rechten Ort zu spinnen findet / oder man ihn mit
Speiß überlädet / so spinnt er gar nicht / sondern schrumpfft ein / und wird ohne Gespinst zu
einem Dattelkern Sonsten aber spinnt er sehr embsig / und ist so fleissig / dis er sein
völliges Ey vollführt / welches ablang / und entweder weiß / gelb und grünlicht ist. Wann es
weiß ist / so werden zuvor seine unterste runde Füßlein von gleicher Farbe gewesen seyn: ist es
aber gelb / so werden die Füsse auch so geschienë haben. [513] nach
Vollführung des Bälckleins wird er zu einem Dattel-Kern / welches im Schütteln rappelt / da die
Seiden abzuspinnen / sonsten sie sich außbeissen / und die Seide zum haspeln untüchtig wird /
wie unten auß der Figur zu sehen ist. Solcher Dattel - Kern verändert sich in ein absonderlich
Motten - Vögelein oder Papilionem, wie solches in allen andern Raupen in dem allegirten Buch
observiret und abgemahlet worden; und gleichwie jede Range eine besondere Art Vögelein gibt /
so geben die Veiden-Würme ein weisses Mottenvögelein / welches einen halben Tag zu thun hat /
biß es deutliche und trockne Flügel oder seine vollkommene Gestalt bekomme / nach welcheres
sechs Füßlein / zwey braune Hörner / zwey braune Aeuglein / und vier weisse Flügel hat /
darinnen bräunlichte Streiffen zu sehen sind; die Indianische aber sind viel grösser und gantz
bund / wie ich deren Abriß ohnlängst mit lebendigen Farben bekommen hab. Das Män̅lein ist subtiler und kleiner / als das Weiblein / und hat dieses einen dickeren / das
Männlein aber einen dünnern Leib. So bald sie nun ihre Stärcke bekommen / so paaren sie sich
und legen noch selbigen Tag / oder den Tag hernach und so fort etliche Tage gelbrunde Eyerlein
/ wie die Hirschen - Körnlein / und sterben alsdann die Vögelein. Auf jedem Ovulo oder Ey ist
ein kleines Pünctlein / welches bräunlicht scheint. Man kan auch bald erkennen / ob etwas
Nutzbahres von ihnen außschlieffen möchte; wofern sie eingefallen / eingedruckt oder wie leere
Hülsen scheinen / so kombt nichts hervor / dann sie sind verdorben. Nachdem man nun gern hätte
/ daß die neuen Seiden - Würmlein keinen Salat essen solten / so hebt man sie an einem kalten /
sonst aber an einem warmen Orth auf; oder man stelt sie an die Sonne / oder gar in warme Stube
/ so kriechen die Würmlein auß den gemeldten Pünctlein hervor / die sich selbst herauß beissen.
Die Zeit aber / in was Monat diß geschehe / ist nach jetzbesagtem Bericht einzurichten / indem
sie wegen früh oder spath empfangener Hitze / entweder im April oder May heraußkommen. So bald
sie nun außgekrochen / legt man ihnen Salat vor / und pflegt man im Außbutzen / und neue Speiß
zu geben / sehr subtil mit ihnen umbzugehen / weilen sie gar zart sind; dahero etliche
Tauben-Federlein / etliche Penselein dazu nehmen. Man muß ihnen auch keine nasse Blätter geben
/ dann so bald sie etwas faules oder nasses essen / werden sie erkrancken und gar sterben. Die
Würmlein / so vier Tag alt / häuten sich / worüber auch viele sterben. Ja wann die Zeit
vorhanden / daß man ihnen die Maulbeer-Blätter gibt / so häuten sie sich abermahl zu
unterschiedenen mahlen. Wann ein Gewitter kommen will / und es zu Blitzen beginnt / so muß man
sie zudecken / sonst bekommen sie die Gelbsucht / worvon sie sterben. Besser ist es auch / daß
man ihnen die Blätter von rothen und weissen, Maulbeer-Bäumen nicht untereinander mische / dann
/ wie man sagt / sie also vollkom̅enere Bälglein machen. Zudem so esse sie auch
die weisse Maulbeer-Blätter lieber / dann von den rothen / weilen jene subtiler und süsser
sind. Wann er nun mit der neuen Speise der Maulbeer-Blätter fleissig versorgt worden / so wird
er nach und nach grösser / und kombt endlich zu einer solchen Grösse / welche auß acht Gliedern
bestehet / auff deren jeden beyderseits schwartze Ringlein und zuletzt noch zwey Fäslein sind.
Wann sie gleichsam durchsichtig und hell werden / fangen sie bald an zu Spinnen / werden
hernach zum Dattel-Kern / und schicken / wie oben gemeldet / sich zu ihrer Veränderung / durch
welche sie sich vermehren.
§. 3.
Sonsten schreibet ein gewisser Franzoß M. Isner, in einem besonder und sehr curicusen Buch
von den Seiden-Würmen (des Vers à Soye) daß man sich eine grosse quantität Seiden-Würme
künstlicher Weise zuwege bringë tön̅e / wan̅ man ein ertragende
Kuhe / so bald kalben will / im Frühling sonst mit nichts anders als blossen Maulbeerblättern
ernehre / auch wan̅ sie das Kalb geworffen / noch 8. Tag also fortfahre /
nachgehends so wohl der Kuh als dem Kalbe solche Blätter etliche Tage zu fressen gebe / das
Kalb in Stücken zerhaue / und alles untereinander oben auf den Boden eines Hauses lege / biß
alles zur Fäulung komme; da alsdann kleine Würmlein hervorkommen sollen / welche wie die andere
mit Maulbeer-Blättern ernehret gleichfals Seiden spinnen; und weilen solche vielmeyr / als die
andern Spinnen sollen / so füget er hinzu / daß die Seiden - Händler deßwegen alle 10. oder 12.
Jahre diesen Process reiterirten / wie / Pomet solches auch auß obbemeldtem Authore in seiner
Hist. des Drogues Part. 2. lib. I. c. 30. p. 71. angeführet und in der Figur unter Augen
geleget hat. Od dem nun also seye / lasse an seinem Ort und zu fernerer Erfahrung außgestellet
seyn; zum wenigsten kan es ohne Saamen oder den gemeldten Ovulis der obgemeldten
Motten-Vögelein nicht geschehen / welchen solche etwa auff die Maulbeer-Bäume geleget / und von
der Kuh und Kalb verzehret worden / welche nachmahlen von der Fäulung auffgehen können.
§. 4.
Die von den Würmen gesponnene Bälglein / werden von dem Frauen-Volck also abgehaspelt / daß
sie erstlich die öberste Blockseide abnehmen / nachmahlen viele zugleich in ein Becken mit
Wasser legen / welche alle nur einen Faden geben / wie oben auß der Figur zu sehen. Und dieses
ist die rohe und natürliche Seide / welche nur weiß und gelb ist. Alle andere Coleuren sind
gefärbt. Mit beyden aber wird in Spanien / Italien und anderstwo ein grosser [514] Handel geführet / welchen Schurzius in seiner Material-Kammer p. 101. und den
folgenden weitläufftig beschrieben hat. Weilen aber solcher die Matenrialisten nicht angehet /
so vergnügen wir uns mit der rohen Seiden / welche noch an den Bälglein ist / und könten die
jenige am besten zur Artzney gebraucht werden / worauß sich die Moltenvögelein selbsten
gebissen haben / weilen sie doch zu dem Haspeln untüchtig sind: den gantzen aber ist in der
Artzney nicht zu trauen / es seye dann das eingesponnene Dattel-Korn, zuvor heraußgenommen; Und
weilen sie gar schwer zu pulverisiren sind / so schneidet Pomet c. l. solche gantz klein / biß
man sie durch einen Flor oder dünnes Tüchlein sieben könne.
§. 5.
Dem Gebrauch nach wird der rohen Seiden eine Hertz-stärckende Krafft zugeschrieben / und
werden deßwegen unter die Species Liberantes, Diamoschi dulc. und Pleris Archontic. genommen /
wie der Apothecter Vielheuer in Beschreibung fremder Materialien pag. 186. in Acht genommenhat;
worzu dann auch die Carmesin - rothe Seide gerühmet und deßwegen mit unter die Confect Alkermes
gezogen wird / an deren statt Hoffin. in Clav. Schroeder. p. 703. den Safft auß dengran. Cherm,
(wormit sie sonsten roch gefärbet wird) commendiret; worvon Eichstadius auch im Tract. de
Confect. Alkerm. zu lesen wäre. Daß aber die rothe seidene und gezwirnte Fäden / gegen
allerhand Blut-stürtzung gut thun / kommet mehr von dem starcken Binden der Glieder als der
Seiden selbsten her.
§. 1.
DIe Spinnen (ARANEI oder ARANEAE) sind ein sehr bekandtes Ungeziefer / dessen man
verschiedene Arthen findet / und hat Plinius acht / Avicenna zwölff / andere mehr auch weniger
Species erzehlet / worvon Aldrovandus und hauptsächlich Listerus Tract. de Aran. zu sehen sind;
welcher letztere auch andere Ungeziefer / als Raupen / Fliegen / Käfer und dergleichen / in
ihre gewisse Geschlechter und Classen eingetheilet hat. Insgemein aber können die Spinner
kürtzlich in zwey Haupt-Geschlechte eingetheilet werden / nemlich in die zwey - äugige und die
acht - äugige Spinnen / worvon die erstere Art klein Gewebe / die letztere aber die Spinn-webe
würcket und derohalben mehr Augen vonnöthen hätte. Unter beyden ist wieder ein grosser
Unterscheid / welcher entweder von deren Grösse / Farb / Anzahl und Gestalt der Füssen und
andern Umbständen genommen wird. Alle aber vermehren sich durch ihre eigene Eyerlein / welche
die Weiblein in kleine Knöpfflein zusammen gewunden / eine Zeit lang an und bey sich tragen /
nachmahlen aber in die Ecken und Winckel verstecken / biß sie im Sommer von der äusselichen
Wärme vollends außgebrütet und auffgeschlossen werden / da alsdann die kleine junge Spinnen in
grosser Anzahl hervorkriechen.
§. 2.
Zu denen acht-äugigen Spinnen gehöret die so beschreyete
|| [515]
TARANTULA
welche auch in grosser Herren Museis und Kunst - Kammern / als eine rarität gezeiget wird /
wie auß Jacobaei Mus. Reg. Hafniensi p. 24. zu ersehen ist. Diese Spinne nun hat ihren Nahmen
von Tarento / einer Griechischen Stadt in Apulien / weilen sie nicht allein allda meistens
gefunden wird / sonder auch dorten am ärgsten und vergifftesten ist / da sie hergegen in andern
Ländern / als in Persien eine solche Tragoedi nicht anstellet / wie D. Kempfer in seinen Obs.
Exoticis §. 4. bezeuget / ob sie wohl auch dorten umb die Stadt Kaschan und anderstwo gefunden
wird / wie Olearius schon in Acht genommen / und im 4. Buch seiner Persianischen Reiß -
Beschreibung cap. 35. p. 496. berichtet hat / allwo der Abriß auch zu finden.
§. 3.
Ob nun zwar einige von denen so wunderlichen Würckungen dieser Spinnen / auch der seltzsamen
Cur / welche man gegen dieselbige brauchet / zweiffeln wollen / so hat doch noch kürtzlich ein
sehr berühmter Medicus zu Rom D. Georg. Baglivius, so wohl auß seines Vattern (welcher lang in
Apulien als Medicus gelebet) aus seiner eigenen Erfahrung alles bestättiget und so wohl die
Spinne selbsten / als die Zufälle / welche sie erreget / sampt der Cur in einem besondern
Discurs de Anatome, morsu & effectibus Tarantulae, schön beschrieben / und
dasjenige / was P. Kircherus im 3. Buch seiner Magnet-Kunst p. 8. c. 2. davon weitläufftig
geschrieben / meistens confirmirt hat: Auß welchem wir das nützlichste und nothwendigste
allhier erinnern wollen.
§. 4.
Was dann vor das erste die Gestalt dieser Spinnen anlanget / so ist solche ohngefehr so gloß
als eine Eychel / und über den gantzen Leid haaricht / wie / oben auß der Figur zu ersehen. Sie
hat auch gleich andern würckenden Spinnen / acht Augen / und vornen an dem Mund zwey krumme
Spitzen / welche wie eine Zang gegen einander stehen / und von dem curiösen Jesuiten Philippo
Buonanni in dessen Micrographia gar schön unter Augen geleget worden / weilen die Spinne
hiermit ihren Biß verrichtet und den Gifft mittheilet. Der äusserlichen Farb nach ist sie
entweder grau / weißlicht / schwärtzlicht wie ein Floh / auch zuweilen mit Flecken und
Sternlein gezieret. Wie sie aber inwendig im Leibe beschaffen seye / kan man wegen ihrer
weichen und zarten Beschaffenheit so genau nicht in Acht nehmen: wird aber doch mit den andern
Spinnen übereinkommen / deren innere Theile und Viscera wie die Krebse im Leibe sollen
beschaffen seyn / wie Hoockius in Micrograph. Obs. 47. mit seinem Vergrösserungs - Glas in Acht
genommen hat: und sind darunter absonderlich die Behälter der Faden / so sie Spinnen / sehr
curiöß / welche Fr. Redi Tr. de Generatione In sect. gar artlich beschrieben hat.
§. 5.
Was zweytens den Biß dieser Spinnen betrifft / so ist zu wissen / daß solcher nicht zu allen
Zeiten des Jahres vergifftig und gefährlich seye / sondern nur im heissen Sommer / als in den
Hunds-Tagen und zur Zeit der Erndte / da sie die Schnitter und Reisende ohne Unterscheid / sie
mögen schlaffen oder wachen / auch wann man ihr schon nichts zu leid gethan / anfeindet und wie
andere Thiere beisset / dahero die Schnitter auch kurtze Stieffeln anthun / sich damit vor
denselben zu beschützen. Wann nun jemand gebissen worden / so thut es ihm eben so weh / als ob
ihn eine Biene gestochen hätte / und zeiget sich ein gelber oder schwartzer Ring umb die Wunde
/ worauf die übrige Zufälle folgen / welche sehr unterschiedlich sind / nachdem die Tarantula
groß oder klein / und von dieser oder jener Farbe gewesen ist. Ins gemein aber spühret man in
dem verwundeten Theil erstlich einen grossen Schmertzen / biß dasselbe nachmahl gar
unempfindlich wird: Nachgehends folget grosse Hertzens - Angst / und eine grosse Traurigkeit /
daß sie immer seuffzen / und wann sie gefragt werden / wo es ihnen weh thäte / antworten sie
entweder gar nicht oder schlagen auf die Brust; viele können diese oder jene Farb nicht
vertragen / sondern werden davon geängstiget. Andern lauffet der Leib auf / steigt ihnen auf
und wollen sich brechen: Andern bricht der kalte Schweiß auß: weitzen sich im Koth / wollen
geschlagen sein / begeben sich in die Einöde / oder bey die Todten - Gräber sc. welches alles
von einem schwermüthigen Geblüt / so von dem Gifft gleichsam gerunnen und wie in den gifftigen
Fiebern in etwas coaguliret wird / herrühret; weßwegen man auch in der Cur dergleichen
Artzneyen / welche das Geblüt und die Lebens - Geister wieder in den vorigen Lauf bringen / und
das Gifft außtreiben / gebrauchet / wie obbelobter D. Baglivius weitläufftig zeiget.
§. 6.
Wann aber alle dergleichen Artzneyen nichts verfangen und helffen wollen / so müssen die
hierzu abgerichtete Music anten herbey / welche allerhand Thon und Melodien anstimmen / biß sie
den rechten Laut treffen / indem nicht jedweder Sonus den Patienten reg machet und zum Tantzen
beweget / sondern es muß derselbe so wohl der Grösse / als der Farb der Tarantulae
proportioniret seyn; weßwegen auch nicht alle Patienten von einem Instrument beweget werden /
sondern einige tantzen nach der Schalmey / andere nach der Violin / andere nach einem andern
musicalischen Instrument, ob sie schon solches ihre Leb-Zeit über nicht gesehen noch gehöret
haben. Insgemein aber müssen sie geschwind und mit kurtzen Intervallen spielen / welche Melodie
sie Tarantella nennen / derglei [516] chen oben eine zu sehen ist:
mit dergleichen Thon die Tarantula selbst zum springen beweget / hervor gelocket und gefangen
wird: wann nun der rechte Thon getroffen wird / so fangen sich die sonst halbtodte Patienten
allgemach an zu regen / hohlen tieffe Seuffzer / springen auf und tantzen mit sehr wunderlichen
Leibs-Bewegungen und Crimassen / zwey bißdrey Stund lang / da sie sich nieder auf das Bett
setzen und den Schweiß abtrucknen müssen: und nachdem sie ein wenig geruhet haben / fangen sie
wieder an zu tantzen / so daß sie täglich wohl zwölff Stund mit dem Tantzen zubringen müssen /
wodurch sie doch nicht matt / sondern viel stärcker werden. Solchen Tantz müssen sie wohl vier
Tag continuiren / und alle Morgen bey aufgang der Sonnen anfangen / biß sie wieder zu recht
kommen. Und weilen sich die folgende Jahre / umb die Zeit / da die Krancken gebissen worden /
die Kranckheit wieder reget / müssen sie alsdann auch wieder einige Tage nach der vorigen
Tarantelle Tantzen / biß endlich der Morbus gar außbleibet.
§. 7.
Damit wir aber letztens wieder auf unsere einheimische Spinnen kommen möchten / so wollen wir
noch mit wenigen Worten deren Nutzen und Gebrauch berühren / welcher von einigen gegen die
Wechsel-Fieber gerühmet wird / indem sie dieselbige in einer Haselnus entweder an den Hals
hängen / oder auf die Puls binden / welches Mittel auch das viertägige Fieber vertreiben soll.
Gleicherweiß legen sie auch die Spinnwebe mit einem Ey-Weiß und Kien-Rus auf die Pulß / welches
Mittel im dreytägigen Fieber nicht unrecht befunden hab. Sonsten aber werden eben solche
Spinnwebe gegen das überflüssige Bluten gerühmet / welches sie bald stillen können. So pfleget
der gemeine Mann auch vieles von dem Spinnen-Stein zu schwatzen / und solchen vor ein
sonderlich Gifft-treibendes Mittel zu rühmen / und weiß mich zu erinnern / daß ein hiesiger
Gärtner deßwegen die grosse Kreutz Spin̅en in Schachteln aufgehoben / damit er
solchen Stein erlangen möchte; weilen aber Boëtius und andere gelehrte Authoren / so von
allerhand Steinen geschrieben / dessen gar nicht gedencken / so zweiffle / ob sich die Sach
damit alfo verhalte: und ob schon neulich bey einem guten Freund einen Stein / worauf eine
Spinn abgebildet war / gesehen / so ist doch noch ungewiß / ob er von einer Spinne gekommen
oder also in der Erden gezeuget worden sey.
Das XLIV. Capitel. Von den Kutzennellen oder Coccionellen, Carmin, Florentiner-Lac.
&c.
|| [517]
§. 1.
DIe Coccionellen / wie sie bey den Materialisten zu finden / sind kleine / platte / zum Theil
vier-zum Theil drey-eckichte Körner / außwendig Silberfarb und rauhicht / wie Chagine, inwendig
aber roth / wie Ochsen-Blut anzusehen: werden sonsten auch Cochinillie und Französisch
Cochenille, von den Teutschen aber Kutzenellen genennet / und pflegen auß West-Indien über
Cadix nach Marseille / Holl- und Engeland / auch von dorten in andere Länder gebracht / und in
hohem Preiß verhandelt zu werden.
§. 2.
Sie finden sich / wie fast alle Indianische Scribenten und Materialisten / so davon gedencken
/ berichten / auf denen Indianischen Feigen / einem in Teutschland wohl bekandten Gewächs /
welches wohl eines guten Fingers dicke und stachelichte Blätter / gelbe und runde Blumen / auch
erstlich grüne und endlich rothe Feigen träget / von welchen die Mexicaner und Einwohner in
Peru diese Cochinillen sorgfältig und mit grossem Fleiß gesamblet / und von den Spaniern mit
der Silber-Flothe in Europam gebracht werden.
§. 3.
Ob nun die Kutzenellen vor einen Saamen dieses Gewächses / oder sonsten etwas zu halten
seyen? davon sind biß auf den heutigen Tag noch verschiedene Meynungen. Einige halten es vor
den Saamen / dahero auch die meiste Apothecker die Cochinellen unter die andern Saamen stecken
und in ihren Catalogis als ein Sem. Coccionellae setzen; und ob zwar solches biß daher von
andern gelehrten Medicis vor einen Irrthum gehalten worden / so unterstehet sich doch Pomet,
ein Französischer Materialist, in seiner nen außgegebenen Histoire des Drogues lib. I. cap. 25.
p. 30. solchen zu vertheidigen / theils / weilen Coccionella von Cocco herkame und bey den
Spaniern ein kleines Korn heisse / wie in seinem Anhang pag. 13. zu sehen; theils / weilen
nicht allein Wilhelmus Pi so in seiner Historie der Brasilianischen Gewächsen eine Art
Indianischer Feigen / deren Gewächs Jamacaru genennet / und von Mons. Pomet abgebildet wird /
weitläufftig beschreibet / an welchen die Coccionellen wachsen sollen; sondern auch ihn ein
bekandter Franzoß / Rousseau mit Nahmen / welcher sich lang in West-Indien aufgehalten /
versichert / daß die Cochionillen nichts anders als der Saamen und Körner von den Indianischen
Feigen seyen / dessen Brieffe an jetzt berührtem Orth zu finden ist. Weilen aber doch eben
dieser Materialist auch einen andern sehr weitläufftigen Bericht / von einem Geistlichen / so
eben so wohl sich in Neu-Spanien lang aufgehalten hat / überkommen / worinnen die Coccionella
vor ein gewisses Thierlein so an diesem Gewächs zu finden / gehalten wird / wie l. c. mit
mehrerm zu sehen ist / so scheinet er doch noch gantz zweiffelhafftig in seiner Meynung zu seyn
/ indem er auch alle / so eine gewissere Nachricht hätten / in seinem Appendice p. 13. umb
fernern Unterricht ersuchet / daß er doch endlich gewissen Grund hätte / was eigentlich diese
so kostbare Waare sey?
§. 4.
Andere und zwar die meiste / so wohl von den Medicinischen als Indianischen Scribenten halten
die Coccionell vor ein gewisses Thierlein / wie Erasmus Francisci diese Meynung auß allen also
zusammen gezogen: Dieses sind Würmer / so an den Blättern eines Baums (ein Geschlecht der
Feigenbäume) kleben / und mit einem dünnen Häutlein bedecket seyn. Solche wissen die Indianer
gar behende anzunehmen / werden hernach getrucknet und naher Spanien geführet / allda sie in
hohem Preiß verkaufft werden u. s. w. welches mir desto glaubhaffter und wahrscheinlicher
vorkommet / weilen nicht allein der berümbte Hemandez, welcher alle Kräuter und andere
natürliche Dinge / so in Neu-Hispanien wachsen / vorstellet / in einem besondern kostbarë und
sehr rarren Buch / so in Rom mit vielen Figuren getrucket worden / lib. 3. c. 45. p. 75. zeuget
/ daß die Cochinilla nichts anders sey / als die in den Indianischen Feigen gefundene runde
Würmlein / welche äusserlich weiß / inwendig aber roth seyn und entweder selbsten darinn / wie
bey uns dergleichen in den Galläpffeln Rüste bäumë sc. wachsen oder von den Einwohnern mit
Fleiß darauf gesetzet und ernehret würden: Sondern auch die Welt-berümbte und die Natur täglich
mehr untersuchende Königliche Societät in Engeland dieser Meynung auch in so weit
beygepflichtet / daß die Coccinillen mehr vor Thierlein / als einen Saamen zu halten seyn / wie
Sam. Dale inseiner Pharmacologie p. 491. zeiget; und eben diese Meynung bestättiget auch die
berümbte Königliche Societät der Wissenschafften zu Pariß / welche auch erfahren / daß die
Kutzenellen von dem Indianischen Feigen-Baum (Opuntia) herrühret / welche in Guatemala Früchte
trägt / so / wann sie zeitig sind und aufgerissen werden / eine grosse Menge solcher Thierlein
außschütten / welche die Einwohner auf leinen Tüchern auftrucknen / wie auß des Hn. Du Hamel
Hist. Reg. Sciént. Acad. Solches in Act. Erud. Lips. A. 1703. Mens. Maj. pag. 219. beschrieben
wird.
§. 5.
Was aber dieses vor eine Art der Thierlein sey / davon sind abermahlen unterschiedliche
Meynungen. Marxius ein Materialist von Nürnberg schreibet in seiner Material-Kammer / daß
Coccionellen-Mücken oder Fliegen seyen / welche in Spanien in einem außgespanntem und mit Honig
bestriechenem Tuch / woran sie kleben bleiben / gefangen würden. Andere [518] halten es vor eine sechsfüßige Qualster oder Cimicem: andere vor das Nest eines Wurms; welche
Meynungen doch alle nicht passiren können / nachdem ein berümbter Engeländer / Doct. Edvvardus
Tyson in Erfahrung kommen / daß es eine Art kleiner Schröder seye / welche er auch abgerissen /
in den Actis obbelobter Königlichen Societät Num. 176. unter Augen stellet / welches dann der
Warheit desto ähnlicher scheinet / weilen zuweilen die Flügel von diesen Schrödern unter den
Cochinellen / gefunden werden. Ja es setzet Ammanus in seinem Büchlein de Materiâ Med. daß / so
man diese vermeinte Cochinellen-Körner in heiß Wasser lege / deren Füsse auch zu sehen seyn;
wiewohlen ich solche weder in warmen Wasser / noch mit dem Vergrösserungs-Glas habe sehen
können / und dahero leichtlicher zu glauben / daß wie der Kopff und Flügel / also auch die
Füsse diesen Thierlein abgerieben seyn.
§. 6.
Wie sonsten diese Thierlein gezeuget und nachmahlen von denen Einwohnern gesamblet und
gereiniget werden / ist in der Relation eines Alten Spaniers / so viele Jahr der Orthen gelebet
/ in obberührten Engelischen Actis erzehlet. Anfangs lässet sich ein kleines Knöpfflein oder
Bläslein an den Indianischen Feigen-Blättern sehen / worinnen / gleich es in den jungen
Galläpffeln geschiehet / eine Made oder kleiner Wurm / ohne zweiffel auß seinem eigenen Seminio
und Eyerlein / durch die Wärme der Sonnen gezeuget wird / welcher / wie andere Würme und Raupen
/ nach und nach in solchen Käfer oder kleinen Schröder verwandelt wird. Wann nun diese Käfer
zur perfection gekommen sind / so werden sie mit einem dicken Rauch (wie die Bienen mit dem
Schwefel) getödtet / und mit denen untergelegten Leilachen aufgefangen / worauf sie / durch
Rüttelung der Blätter / leicht licht fallen. Nachgehends werden sie an der Sonnen gedörret /
davon sie sich zusammen ziehen / und also runtzelicht werden / und wann sie dürr gnug sind /
werden sie gelind mit den Händen gerieben / biß die Flügel-Füse und dergleichen abgerieben /
welche durch Außschwingung und andere Handgriffe davon abzusondern sind.
§. 7.
Unterdessen ist zu wissen / daß man wohl drey-biß viererley Sorten von der Cochinillen bey
denen Materialisten finde / davon die erste la Cochenille Mesteque von den Franzosen genennet
wird / und biß daher von uns beschrieben worden: die zweyte / welche Coccionella Campeschana
benennet wird / bestehet auß lauter Stücklein von der vorigen / worunter andere Körner / Hülsen
und rothe Thierlein / so unsere Kinder Herr-Gotts-Kälber nennen / und andere Unreinigkeiten
vermischet sind; wiewohlen auch die erstere / wann sie schon einmahl zum Färben gebraucht und
wieder auffgedörrt worden / unter diesem Nahmen verkaufet wird. Die dritte ist Coccionella
Tetrechalla, welche nichts anders / als die blose Erde ist / so unter der Campescham zu finden.
Die vierdte / endlich ist die wilde Cochinelle oder diejenige Körner / welche an den Wurtzelen
der grossen Pimpernellen oder Pimpinella Sanguisorba zu finden / davon an einem andern Orth
soll gehandelt werden.
§. 8.
Unter allen diesen ist die erste die beste / welche dicke / schwere / saubere und
wohl-gedörrete Körner haben soll / so außwendig eine Silberfarbe oder gleichsam
graue-gläutzende Coleur haben / und wann davon eines im Mund zerbissen wird / den Speichel
gantz roth färbe; die leichte / magere und klein-körnichte muß man nicht annehmen / auch
zusehen / daß keine Steinlein darunter gemenget seyn / wie es offt / wann diese Waare zu theuer
ist / zu geschehen pfleget.
§. 9.
Was den Nutzen und Gebrauch der Kutzenellen anlanget / so sind sie biß daher eben nicht
sonderlich in der Artzney-Kunst verschrieben worden / ob schon Samuel Dale l. c. denenselben
eine Hertz-stärckende / Gifft- und Schweistreibende Krafft / mit welcher sie dem gefährlichen
Flecken-Fieber / ja der Pest selbsten gewachsen seyn / zuschreibet; welches desto mehr zu
glauben / je bekandter es ist / daß dergleichen Thierlein auch sehr viel flüchtige Theilgen
oder Sal. vol. bey sich führen / in Ansehen dessen sie auch den verschlossenen Harn in Dysuria
befördern / wie Ettmüllerus in Schroed. diluc. P. 543. berichtet. Unsere Apothecker hergegen
gebrauchen sich deselben offt / indem sie ihren Aquavit und Magen-Wasser damit roth färben /
auch die Alchennes-Güsse auf Marcipanen damit anmachen / wann sie den Zucker mit dem Crem.
Tart. oder andere saure Sachen vermischen und mit den Kutzenellen färben: Am meisten aber
werden solche von den Färbern zu der Carmosin-rothen Farb gesuchet / welche zu jedem ???. Garn
/ Strümpff oder Tuch ein Loth (so auf 15. alb. kombt) Coccionellen brauchen / und nachdem das
Garn zuvor mit Alaun und Wein-Stein gebeitzet / mit denen in Weitzen-Kleyen-Wasser auffgelößten
Kutzenellen zu färben wissen. In Orient nehmen die Türcken zu zwey Theilen von denen
Cotschinellen / ein Theil Bazgendge (ist eine frembde Frucht / so auf einer Art Eich-Baum
wächset) und ein Theil Wein-Stein / stossen es zusammen und machen darauß eine überauß schöne
Scharlach-Farbe.
|| [519]
§. 10.
Es werden auch noch einige andere pretieuse Waaren von den Katzenellen zubereitet / als
Carmin, Florentinische Lacca, Pezetten und dergleichen. Das erste / nehmlich
CARMIN,
ist der beste Theil von der Coccionella, bestehend auß einem sehr zarten und subtilen Mehl
oder Pulver / einer hoch-rothen und-gleichsam Sammeten Coleur; und wird diese Faecula mit einem
besondern Wasser / welches mit einem säuerlicht-saltzichten Saamen / dem Wurm-Saamen nicht
ungleich / welchen man Chouan nennet / und mit einer frembden / dem Zimmet ähnlichen Rinde /
Autour genannt / angemachet wird / wie solches Pomet in seiner Material-Histori lib. I. pag.
34. zeiget. Ich zweiffle aber nicht / man könne diese Faeculam auch bey uns ohne dergleichen
frembde Gewächse verfertigen / wann man die Cochinellen entweder mit gemeinem Wasser / welches
mit der Pottasch angeschärffet ist / extrahirt und nachmahlen solche praecipitiret / wie der
berümbte und Curiöse Engeländer / Rob. à Boyle nicht allein auß der Curcuma, sondern auch
andern Kräutern / ja den Cochinellen selbsten dergleichen subtile Pulver (welche die Mahler
LACCAS nennen) erhalten / wie in dessen Tr. de Coloribus Exper. XLIX. p. 464. zu ersehen / und
der gleichfals sehr bekandte Italianer Neri solche auch auf andere Weise in seiner
Glasmacher-Kunst pag. 160. zu machen lehret / allwo des Merrets und Hunckels Anmerckungen ein
mehrers zeigen. Andere thun etwas von der Orlean zu diesem Carmin, wodurch es aber zu hell und
gleichsam Pomerantzen-farbicht wird. Man braucht es zu der Mignature-Arbeit / und zu den
kostbahresten rothen Tüchern / und Tapetzereyen von grossem Wehrt.
§. 11.
Die FLORENTINER-LACC oder LACCA FLORENTINA
wird also genennet / weilen sie anfangs auß Italien / von Florentz über Venedig in
Franckreich und Teutschland gebracht worden / wird aber heut zu Tag auch zu Paris und andern
Orthen eben so gut und noch besser zugerichtet. Man hat verschiedene Gattungen davon / und kan
man sie im Preiß nach Belieben haben. Die feinste aber ist leicht / zart / lässet sich bald
zerbrechen / und ist an der Farb hoch-roth. Die andere Sorten sind mit vielem Gummi und andern
Dingen vermischet / und fallen an der Farb schwartz-purpur. Sie bestehen aber alle auß einer
Massa / so von dem Fischbein oder Osse Sepiae und einer rothen Tinctur, welche auß den
Kutzenellen Fernamboni, Presilien-Holtz / Alaun und Arsenico, mit einer starcken Laugen gezogen
/ gleich wie der Indich angemacht und zu kleinen runden Küchlein formiret wird: werden zur
Mahlerey Oehl- und andern Farben gesuchet.
§. 12.
Wann diese Florentinische Lacca abgestanden oder nicht wohl gerathen / wird mit zuthun etwas
Krayden und Gummi die
LACCA IN GLOBULIS oder Kugellacc
darauß formiret / welche auß runden Kugeln bestehet / und eine bleiche Purpur-Farb hat. Doch
gehet auch hierinnen grosser Betrug vor / indem einige zu viel Krayden darzu nehmen / und die
Kugeln äusserlich so zu schmincken wissen / daß man vermeinen solte / sie wäre durchaus gut:
ist derowegen zuzusehen / daß sie in der Mitten seye / wie außwendig. Sie dienet ingleichem zur
Mahlerey.
§. 13.
Man findet auch eine
platte Lacc,
welche von einigen
LACCA COLOMBINA
genennet und also bereiter wird: Man nimbt das jenige was die Tuch-Scherer von den
Scharlach-Tüchern abgeschoren / lässet es in einer starcken Laugen steden / schüttet die
Tinctur über weisse Krayde und Englischen Alaun / macht einen Teig darauß / welcher zu
vier-eckichten und eines Fingers dicken Stücken / so groß als man will / formiret / getrocknet
und ingleichen zum Mahlen auffgehoben wird. Die so von Venedig kommet / gehet der Holländischen
und Französischen vor / weilen die Krayden in Italien netter ist / und die Tinctur viel eher
annimbt / als andere: soll hoch an der Farb seyn und keine Sand-Körner in sich haben.
§. 14.
Uber diese hat man auch eine
flüssige Laccam,
welche von Presilien-Holtz gemacht / und an gehörigem Orth abgehandelt wird.
|| [520]
§. 15.
Endlich gehöret auch die
PEZETTA RUBRA oder rothe Pezetten
hieher / welche entweder auß dem besten Crespon oder saubersten Holländischen Leinwad /
welche mit den Cochinellen wohl tingiret müssen seyn / bestehet / und deßwegen bey uns die
Läpgen-Farb genennet wird. Die besten kommen von Constantinopel / sind hoch an der Farb; und
wann sie gut / färben sie schön roth. Werden von dem Weibs-Volck sehr zur Schmincken gesucht /
und färbt man sonsten auch allerhand Confituren und Aquavit damit. Die
blaue Pezetten
gehöret anderstwo hin.
§. 16.
An statt der Pezetten gebrauchen sich andere
der rothen Portugiesischen Wolle /
welche auß Portugall kommet / und nichts anderst / als eine mit den Cochinellen gefärbte
Baum-Wolle ist / welche zu runden Küchlein / in der grösse und dicke eines Reichs-Thalers
formiret / und also verhandelt wird: Ist aber so gemein und bekandt nicht / wie die Pezetten.
Sie muß indessen schön roth / recht trocken und sauber seyn: dann sie ingleichen die Früchten
und Gallret zu färben gebrauchet wird. Von der Carta di Spagna oder dem Spanischen Roth auff
Blättern (mit welchem das Spanische Roth auff Porcellin oder in Muscheln übereinkombt) ist
anderwerts schon gehandelt worden / beyde aber finden sich bey den Parfumierern / welche über
solche und dergleichen Marchandisen eigene Catalogos führen.
|| [ID00571]
Unvorgreiffliches Bedencken Von Kunst- und Naturalien-Kammern insgemein.
|| [ID00572]
NB.
Specialer Vorbericht an den geneigten
Leser/
So wol dieses als nechst-künfftigen Tractätleins.
In denenselben wird von folgenden Dingen gehandelt werden.
Das III. Capitel.
Absonderlich von der ersten Gelegenheit-Kunst- oder Naturalien-Kammern zu erfinden.
Das VI. Capirel.
Ob wol einige gantz - accurat - eingerichtete Naturalien - Kammern irgend seyen zu
finden.
Das VII. Capitel.
Wie dann den fürnehmnsten Hindernüsten zu begegnen / und Eine Natural-Kammer recht anzulegen]
für erst mit den Artificialibus zu verfahren sey?
Das VIII. Capitel.
Dann und absonderlich / von Natural-Sachen und Raritäten recht zu disponiren.
|| [ID00573]
Dem Wohl Edlen / Vest- und Hochgelahrten
Herrn Sohann Laspar Bfenning /
Der Medicin berühmten Doctori und Practico Holsatico:
wie auch
Dem Wohl Ehrenvesten / Vorachtbahrn und Wohlgelahrten
Herrn Sohann Krahmern /
Wohlfürnehmen Materialisten in Hamburg:
Meinen sonders groß geneigt hochgeehrten Serren / und sehr-liebwerthen Freunden:
WArum dem Herrn Doctor, eben bey dieser Seiner dritten Verehligung / gegenwärtige Schrifft
zueigne / davon ist nöthig / so wol Jhme felbst / als Andern / die solches vor ein
impertinent-stücke achten möchten / wolmeinendliche Nachricht zu ertheilen. Zuföderst aber
wünsche demselben von Hertzen Glück: und sol Jhm so sehr genügsam nicht seyn / bey diesem
vollscheinenden Herbst die / wie gedacht / dritte Hochzeit-Rose zu brechen / als meiner
Auffrichtigkeit selbst / Jhm alle fernere selbstersinnlichste Gedeylichkeit hierzu zu gönnen.
Mich nimmt aber nicht wenig Wunder / daß Er / solcher meiner freundschuldigsten Affection,
die Jhme von unsern beyderseits-ersten Academischen Studiren / nemlich von ungefehr zwantzig
Jahren hero / ohne deß genugsam bekant ist / ein außdrücklich Zeugniß eben durch Verse von mir
erwartet / und mich zu eben der Zeit / da unter guten und bösen Versen insgemein gar schlechter
Unterschied gemachet wird / ja der schlinuneren Verse hin und wieder weit mehr gemacht / als
jährlich in hiestgem Belt Muscheln / Hering- und Able gefangen werden; daß / sag ich / mein
vielgeneigter Herr Doctor zu seiner Hochzeit / Mich (wiewol etwas über die Gebühr)
Landbeschrieenen Geitz-hals der edlen Zeit / und der Ich so wol um gedachter / als anderer
Ursachen willen / das Poëtisiren nunmehr fast gar verlobet / dennoch ein Carmen zu machen /
bittet / gleichsam ob keinTantz ohne dergleichen Muste gethan werden könte.
Ein Temperament derhalben zwischen Seinem Verlangen und meiner Erträglich keit zu treffen; so
hab ich gedacht / Jhm lieberwas Ernstlichs / als gar nichts / zu dediciren. Und dieses um so
vielmehr / je mehr Jhn versichere / daß Sein Nahme ohne dem schon bey Mir / in der Rolle der
jenigen guten Günner und Freunde gestanden / die entweder selbst Medici sind / oder die Medicin
zu aestimiren wissen; und deren allezeit zwey und zweyen / auf welche das Loß fallen wird / ich
gegenwärtige General- und ferner-erfolgende Special-Kunst-Kammer-Gedancken / zu dediciren / bey
mir beschlossen habe / als welche Materie vorlängst beliebet; durchpartheiliche Heraußgebung
derselben / bey geneigten Gemüthern nunmehr versuche / mehr und mehr zu freundlicher
Communication hervor zu locken / um / endlich ein vollständig und wolgeordnetes Inventarium der
fürnehmsten Natural Raritäten-Gemächer / so ins gemein / doch nicht zum bequämsten /
Kunst-Kammern genennet werden / zu machen: so viel nehmlich ich des Tages über von
Ampts-Verrichtungen / Praxi, oder sonst einigen privat-Ergötz-lich keiten in
Experimental-Sachen / ermüdet / nebenst dem vorgenommenen Haupt-Werck Theatri Naturae
Leopoldini, vel Physicae Augustae, Experimentali huic Seculo praesertim accommodandae, mit
Flüchtiger Feder zu Papier zu bringen vermag.
Hat also der Herr Doctor hiemit einen kleinen Anfang / statt eines ansehnlichen Hoch
zeit-Geschencks / zu empfangen / und zu Ende desselben / Ein Rosen-Bild / deutende auf seinen
Zustand / und meinen obigen wolgemeinten Wun sch / daß nehmlich / nach dem Jhm die Ersten 2.
Ehe-Kosen zwar köstlich zuvor geblühet / aber kurtz darauff / nach Gottes Verhangniß / wieder
verwelcket: also möge diese an gleichmässigem Ruhm / schöner Gemüth-Leibes- und Standes-Gaben
gläntzen [ID00574] de dritte Rose / wie die vorigen / ohne Dornen / Jhm
lang-erfreulich bkühen / annehmliche Früchte bringen / und eher nicht / als nach beyderseits
erlangtem geruhigem Alter / für dem unvermeidlichen Nord-Wind der uns allen gemeinen ???keit /
sich neigen.
Immittels / was benebenst dann Jhn betrifft / mein gleichfals
viel-geneigt-geehrt-liebwerthester Herr KRAHMER / daß auch Sein nahme hiemit wird / auf dieses
Papier Sich einzufinden / von mir bemühet / wolle Er nicht übel deuten; inmassen solches das
Loß / dessen ich kurtz vorher erwehnt / gemacht / und meinem ermessen nach / Krahmer / und
Pfenninge Sich allzeit gantz wol zusamnen geschicket haben. Am allermeisten ist solches seinen
vielfältigen Meriten / die Er mir beständig biß anher / in Beföderung meiner geringfügigen
Correspondenz, und andern Dingen bezeigt / und meiner daher-gefaßten gantz dienstschuldigsten
Liebe zuzuschreiben. Zu geschweigen / daß deßfals ich mit keinem bloßen Mercurialischen Geist /
sondern einem Mann von mir bewusten etwas curiösern Schrodt und Korn vermeine zuthn zu haben:
davon Ich jedoch nicht deutlicher schreiben mag / theils gegen Jhm keinen etwa-besonderlichen
Neid zu erwecken; theils und am allermeisten / aldieweil weder des Herrn Pietät / noch meine
eigene Gewohn- und Freyheit des Gemüths verträgt / auch nur dem Schein müssiger flatterey /
Raum zu geben: obschon ich mit bestand der Warheit zeugen / und der Herr / Gewissens wegen /
ohne Schamröthe gestehen könte / daß eben so viel / oder nicht viel mindern Theil dessen / was
in Italien die Stadt Neapolis an dem berühmtund gelehrten simpliciario, Ferrando Imperato, und
die Stadt Verona, an Calceolario, und seinen Nach folgern / gehabt / die Löblichste Respubliqv
Hamburg heutiges Tages landkündig an den Herren Langermännern / und in geheim an Herrn Johann
Krahmern besitze.
Und gleichwie bey Herrn D. Pfenningen ich bey gegenwärtiger Gelegenheit gesucht / den
billichen Verdruß / den Er etwa bey Durchlesung dieses meines Kunst-Kammer-Discurses schöpffen
möchte / durch Zusatz einer merck würdigen Centifolien-Rose / in etwas zu besänsttigen: also /
dem Herrn gleichergestalt alle besorgliche Unlust zubenehmen / habe vor gut befunden /
Anhangß-weise mein Bedencken dabey zufügen / so ich habe / über die von dem Herrn vor diesen
mir-übersendete Brasilianische Frucht / Kavits genannt; vorauß / weil der Herr mein Gefühl
darüber begehret.
In Hoffnung derhalben geneigten Annehmens / wünsche von grund des Hertzens dem Herren in
seinem zunehmenden Alter / von Gott allezeit einen beständig-freudigen Geist; und allen beyden
/ continairende beste Leibes-disposition, nebst allem andern / selbst-verlangtem Wolergehen:
und verharre
Meiner sonders groß-geneigt-viel-geehrt- und liebwerthen Herren.
Kiel / den Octobr. 1674.
stets beflistenster dienst-fertiger Freund/
DBMD
|| [1]
§. 1.
UNter allen weltlichen Wissenschafften ist keine so lieblich / keine den Menschen so
vergnügend / und die Begierde dazu Jhm gleichsam angebohren / als die Wissenschafft von Dingen
der Natur. Niemand wes Glaub- oder Unglaubens / wessen Stand oder Alters er auch sey / ist
hiervon außgenommen; oder im alten Heydenthum selbst so blind und unempfindlich gewesen / der /
so Er anders nuzeinen Unterscheid zwischen Linck und Recht / zwischen weiß und schwartz zu
macheu gewust / zum öfftersten über die edlen Geschöpffe Gottes / über Hinmel und Erden / über
Berg und Thal / über Morgen und Abend-röthe / und sonderlich Frühlings-Zeit über die
allenthalben sich gleichsam verjüngende Natur / in Feld und Wäldern / mit denen daselbst
befindlichen maucherley Arth Thieren / Kräutern und Blumen / und über deroselben wunder-schöne
Gestalt / als einen / von weiten anzuschauen köstlich-gewirkten Babylonischen Teppich / in
Geniessung der hindurch-streichenden saufften West-Winde / sich nicht von Hertzen erfreuet: ja
gar zu so viel Göttern gemacht / so vielerley natürliche Cörper Er / der Heyde / über-umb- und
unter sich befunden; inmassen Er und alle die übrigen seines gleichen gesehen / das auch das
geringste Graß hervorzubringen / über alle ihre menschliche Kräfften sey: und daher geschlossen
/ es müsse dieses Alles von einer weit höheren und Göttlichen Kraft seinen Anfang / von einer
verborgenen übernatürlichen Ursach / sein Wesen und Ursprung haben.
§. 2. Oder auch bey uns Christen / welcher geringster Bauer ist so ungehobekt und schlecht /
der / in Betrachtung des annehmlichen Sonnen-schein- und Regens; Veränderung der Winde / oder
ruhigerer Beschaffenheit der Lufft; Donner- und Hagels-fruchtbahren Schnees / oder lieblichen
Thaues; und bißweilen zwar strenger / jedoch nicht allzeit gantzungesunder Kälte; oder andern
Abwechslungen des Gewitters; nicht seinen besondern Fleiß dahin wende / wie Er aus täglicher
Erfahrung dergleichen Dinge / sich mehr und mehr geschickt mache / von künfftiger Fruchtoder
Unfruchtbarkeit des Jahrs / daraus zu judiciren; und in solchem seinem Prognostico bißweilen /
aus seinen Bauer-Regeln / wol die allerklügsten Kalender-Schreiber übertreffe? Und solche
Sorgfalt nicht eigentlich oder allein / darum / aldieweil das Wol und Weh feiner Hauß / und
Land-Wirthschafft / nechst GOtt / auff einigem seinem Fleiß oder Faulheitberuhet. Denn da
nützet er mit seiner bluth-sauren Arbeit gemeiniglich niemand weniger / als ihme selbst / indem
sein fürnehmster Pflug und äge ist / das Käyser / Könige / Fürsten / Herren / Adel und Unadel
von Jhm ernehret werden: sondern / weil die güttige Natur auff freyem Felde am allerliebsten /
sich allen Menschen als eine schönste Venus zeigt / und eine lieblichste Empfindung Jhrer
selbst / allen und jeden so tieff ins Hertze sencken / und so mächtig darinnen herscht / daß
weder bey einfältigen Leuten einige Arbeit so schwer / noch bey Gelehrt- und Viel-erfahrnen
irgend eine Gemüths-übung so wichtig und streng / daß beyder seits Rauhigkeit sich nicht
zuweilen mit kurtzer Geniessung frischer Lufft / und Anschau- und Geniessung einer grünen
Saa??? oder lieblicher Bluhmen und Früchte / in etwas mildern liesse.
§. 3. Ja ein kleines / auff mütterlicher Schoß annoch-schwebendes Kind / gibt sein besonderes
Frolocken mit deutlichen Liebes-Zeichen zu verstehen / im fall Jhm ein schöner Apfel / oder
eine Gölden- und Silberne Müntze wird gezeiget. Uber welches-Gold oder Silber es sich freut /
nicht darumd / weil es zu einer Müntze / das ist / zu einem Mittel zu kauffen und verkauffen /
und unsere sündliche Begierden zwischen Handel und Wandel / als einen Nagel an der Wand / fest
zu setzen / von Menschen gepräget ist: sondern / weil Silber und Gold ein dermassen köstliches
/ und von der Natur gereinigtes Metall ist / das auch dasselbe abzumahlen / der beste Mahler
der Welt keine bessere Tinctur von was anders / als eben von Gold und Silber entlehnen kan /
gleicher Gestalt / als man die Sonne am Himmel durch kein ander Mittel / als durch Hülffe Jhrer
selbst / oder Güte Jhrer eigenen Strahlen / vermag zu schauen.
§. 4. Woher aber solche von Natur uns eingepflantzte Zuneigung und Gegenliebe zur Natur
entstehe / ist unschwer zu erweisen / gestalt man nur die wenige Müh nehmen / und durch alle
Schrancken passirter Zeiten / in Gedancken zurück-gehende / den höchst-gesegneteß Zustand
unserer Ersten Eltern im Paradien ewegen wolte. Denn daselbst finden wir / daß GOtt der HErr
dieselbigen Gerecht / Heilig / Unsterblich / Schön / Herschende über alle Seiner Vände Werck /
und mit herrlichen Gemüths-Gaben gezieret / erschaffen. Aus welchem letzteren geflossen / daß /
als GOtt allerley Thire auff dem Felde / und allerley Vögel unter dem Himmel / für Jhn gebracht
/ umb / denenselben solche Nah [2] men zu geben / die Ihrer Natur
gemäß / unser erster Philosophus, Adam solcher Gestalt / auch dis sein erstes Schul-Recht
rühmlich gethan / und so wol Sich / als alle seine Nachkommen / mehr und mehr in heiliger
Betrachtung der Wunderthaten Gottes / geübet hätte / im fall er nicht den höchsterbärinlichen
Sünden-Fall gethan / und der vermeinten Süssigkeit eines blosen verbothenen Apfels / die
allerunschätzbahreste fernere Vollkommenhelt Seiner selbst / und in derselben die täglich-mehr-
und mehr-anwachsende Erkäntnüß des Apfelrunden Kreises der gantzen Welt / mit Ihren
Behältmüssen / nebenst der Wolfahrt so vieler tausend von Ihm fortgepflantzten Seelen / hindan
gesetzet hätte.
§. 5. Wiewol Er nun durch solchen grossen Fehl-tritt ein hoch-schätzbares Gut verlohren / und
das Ihm-eingedrückte Bild Göttlicher Majestät so liederlich verderbt und zerbrochen: So sind
doch / dem Höchsten sey Danck / aus solchem Schiff-bruch noch etliche wenig Stück und Taffeln
von jetzt-gedachter Gerecht-Heilig-Unsterblichkeit / Schönheit / Herrschafft / und anderer
hoher Gemüths-Gaben über geblieben. Er hat die göldene Wagschale der angeschaffenen
Gerechtigkeit zerbrochen / und gantz zur Ungerechtigkeit gemacht: Christus aber hat Sie durch
sein Verdienst wiederum ergäntzet. Das Ihm anvertraute Räuchfaß siener Heiligkeit und
geziemenden Lob-Opffers gegen GOtt / hat Er durch ungehor jam von dem Altar seines Hertzens
herabgestürtzet / und die feurige Kohlen des Antriebs zu himmlischer Andacht auff die Erden /
ja gar der Hollen zu / verstreuet: Christus hat dieselbigen von Ewigkeit her schon wieder
zusammen gesucht / auff den Altar seines Creutzes gebracht / und den Myrrhen-Geruch Seines
Leydens angeflammet / umb / uns in Sünden erkalteten / neue Heiligung vom Himmel herab
gedeylich zu erwecken. Adam hatte den Rock seiner und unser Unsterblichkeit durch thörichte
Aussreckung seiner Hand zurissen: Christus hat das Kleid seiner Menschligkeit aus dem Schoß der
Mutter hervorgebracht / und die schändliche Blöße unserer zum ewigen Tort verdammten Seelen /
vor dem zornigen Antlitz und grimmigen Rach-Schwert seines Vatters damit bedecket. Adam / weil
Er sich zum verbotenen Baum zu nahe gemacht / hat die Rofen-Blüthe seiner Uhr-springlichen
Schönheit den Nord-Winden Göttlichen Fluchs unterwürffig gemacht / und die stachlige Dornen
tausenderley Kranckheiten zu Seiner und Unser Bestraffung erhalten: Jedoch ist dieser
Rosen-Garten menschlicher Schönheit nicht gäntzlich vertilget / und sind noch etliche Bett und
Pflantzen desselben übrig blieben: ja deroselbigen so ein schönes und unvergleichliches
Comportament, daß sinnreiche Gemüther biß auff den heutigen Tag kaunt tüchtig sein mögen / die
köstliche Proportion aller Glieder / die wundersamen Bluthund Wasser-gänge / und alle Bewegung
des überauß-künstlichen Uhrwercks des gantzen menschlichen Leibes / außer welchem keine Edlere
und schönere Creatur auff Erden ist / gnugsam heraus zu streichen / oder absonderlich den
warhafftig-darin-liegenden Grund der meistund schönsten Mathemattschen Wissenschafften /
gnugsam zu Tage zu legen.
§. 6. Ferner so war Adam / nechst GOtt / ein Monarche der gantzen Welt / und kriegte von GOtt
seinem Schöpfer Krohn und Scepter über Erd und Meer / über zahm- und wilde Thiere; den Er aber
nicht mit treuen Händen geführet / sondern zerbrochen / und in seinen Nachkommen / gleich wie
vor der Härte und Rauhigkeit der Lufft in Kleider / also vor vielerley Thiere Gewalt / in
Höhlen / Häuser / und Städte sich verbergen müssen: Nichts desto minder zu schlüssen / was für
eine vollkommene Majestät des Menschen vor Alters nur aus blossem Gesichte unjerer ersten
Eltern gegen alle andere Creaturen / hervorgeleuchtet haben muß; so erhellet solches theils aus
der Schrisft / theils aus der natürlichen Erfahrung. Die Schrifft lehret uns / daß die
allerliebsten Bothen GOttes / die heiligen Engel / nus zu unsern Dienern und Wächtern gegeben
sind / und auffs genaneste auffuns ja auff unser Füsse und Tritt achtung geben. Die Erfahrung
aber bezeugt / daß kein Tieger / kein Löw oder Wolff so grimmig / der einen Menschen für sich
anfallen solte / Er seye den̅ von Hunger / von Zorn / oder andern Begebenheiten
dazu gereitzet. Und ist im Gegentheil aus Exempelnbekand / welcher gestalt / wenn solchen
Bestien beständig nur wohl gethan wird / Sie durch zahm-werden / ihre Demuth und Reverentz dem
Menschen gnung bezengen.
§. 7. Und endlich zu unserm Zweck / oder auf unserer ersten Eltern angeschaffene schöne
Gemüths-Gaben wieder zu kommen / die theils im Willen zum Gute̅ und theils
Verstand oder Neigung zur Warheit und Wissenschafften allerhand schöner natürlicher Dinge
bestanden; So ist zwar nicht ohne / daß Adam auch deßfals ein Principal-Stück vom ersten
mehr-als göldenen Kleinod seiner Glücksecligkeit / [verstehe den Witz / natürlicher Dingen
vollkömmlich nachzudencken] verunehrt und zernichtet / und gleichsam von der Taffel seines
Gehirns / so viel schön- und herrliche darin-aufgezeichnete Dinge / vorsetzlich / ja grausam
und thöricht außgelescht: jedennoch / und zum wenigsten / ist jetzt-gedachte geblößte Taffel /
so fern uns noch geblieben / das wiederumb und auffs neu was darauff notiret werden kan / und
gleichsam von selbstbegierig / was scheinbahres anzunehmen / nach dem gemeinen Sprichwort:
Natura Humana Novitatis avida; Ein jeder Menjch mag von Natur gern etwas Neues wissen. Ein
neugebohren Kind / wegen seiner in weltlichen Dingen / angeerbten Uner fahrenheit / ist
gleich [3] einem lediegen Geschirr / darinnen nichts Würckliches zwar
enthalten; jedenoch zum wenigsten dieß an ihm zu loben ist / daß etwas darein gesencket werden
kan / es sey gut oder böse / glaub-würdig oder irrig. Dieß sind gleichsam die letzlich-noch
überbliebenen wenig Funcken / die unsern Verstand erleuchten / und theils zu einer
philosophischen Freude reitzen / so bald wir mercken / das wir etwas / vor diesem uns
unbekantes / gefaßt; Theils mehr und mehr entzünden / ersprießlichen Zusatz mehrer
Wissenschafft zu nehmen: Ja gar so viel und mächtig bey uns würcken / daß mancher viel eher
Schläge oder andere Gewalt verschmertzen als von seiner einmahl-gefaßten Meynung abstehen
wolte.
§. 8. Der Unterscheid bestehet nur in diesem / daß alle und jede nicht eben gleich zu / den
richtigsten Weg zur Wissenschafft betretten / aus vielerley Ursachen / die hier anzuführen
unnöthig sind; Und manche viel lieber was neues hören mögen / was dem Einhaltd es Achten
Gebothsentgegenlaufft; Als was durch Erforschung natürlicher Dinge / zu desto besserer
Erleuchtung ihres Verstandes / und Beförderung der Ehre GOttes / worinn / wiewol mit stummen
Munde / jedoch auf ihre Maß / Himmel und Erde selbst geschäfftig seyn / gereichen möchte.
§. 9. Unterdessen / auch eben diese / die eben allemahl den richtigsten Weg nicht ergreiffen
/ sind endlich so ohngesinnet nicht / daß zum wenigsten / aus blossem Anschauender so
herrlichen Geschöpffe GOttes / und derer so mancherley Arten / an äusserlicher Gestalt und
Würckung Sie nicht mässige Rührung einiger Gemüths-Freude bey sich verspüren / und fals es
gleich auch die allerwiderwärtigsten Sauer-Töpffe der Welt wären / nicht bey vorfallender
Gelegenheit / von Menschen zwar ungezwungen / aber allermassen gezwungen von dem unerschöpften
Glantz dero so mancherley Gaben der Natur / herauß brechen und sagen solten: Ey wie ist GOtt
doch so wundersam in Seinen Wercken! wie spielet doch hier und dar die Natur so schön und
dergleichen.
§. 1.
WEil demnach gantz unleugbahr / und aus angeführten Umbständen erhellt / daß einem jedweden
die Neigung zur Wissenschafft der Natur herrz-inniglich auhänget: so entstehet die nützliche
Frage: Wie dann zu einigem Theil verlangter Vollkommenheit in menschlichen Wissenschafften sey
zu kommen / weil gleichwol die Erfahrung bezeugt / das nur die wenigsten darin exceliren?
etliche diesen die nächstenseyn / jedoch so gar hoch sich nicht versteigen? Andere hingegen nur
in der Mittelstraße beruhen / mit ihrem Geiste zwar nichts sonderlichs erreichen / gleichwol
aber nicht gantz in der untersten Tieffe sitzen bleiben?. Andere ein klein wenig besser gesinnt
/ als die allerschläffrig- und niederigsten / sich mit einem Anfang geineiner und
trivial-Wissenschafft behelffen müssen? andere endlich / entweder aus Thummheit und Einfalt /
von natürlichen Dingen nichts verstehn und lernen / oder aus Boßheit und Geitz ihre geistliche
Vergnügung in blossen Mammons-Diensten suchen? und hingegen alle Menschen in der gantzen Welt
einerley vernünfftige Seele / einerley fünff Sinnen / einerley innerlichen Beruff zu
möglichster Erforschung der Wunderthaten GOttes haben:
§. 2. Hierauff dient zu wissen / daß zweyerley Haupt-Wege / die uns zur Erforschung
natürlicher Dinge führen / sind: der Eine / das Göttliche Wort: und der Andere / das Licht der
Natur / oder die auf Erfahrung gegründete gesunde Vernunfft.
§. 3. Das Wort Gottes zeiget uns etlicher massen den Weg zur Erkentnüß natürlicher schöner
Dinge: und dasselbige mag ein jedweder in diesem fall / so gutt oder irrig außdeuten / auf
seine Verantwortung / als Er will und kan; allermassen bekant ist / daß des Heiligen Geistes
principal-Werck in der Bibel nicht ist / eine vollkommene Physike zu lehren / sondern mit
himmlisch- und Göttlicher Lehre / den Menschen zur Seeligkeit zu beruffen.
§. 4. Die Vernunfft lehret uns das jenige / was Sie von den 5. Sinnen gelernt: und ist nicht
verbunden / dem Plato oder Aristoteles, und seinem Anhang / dieß oder jenes / zu bloßem
Gefallen zu glauben / eh und bevor Sie aus der Erfahrung versichert / das solches mit Natur und
sichtbayrer Ordnung der Dinge über einstimme.
§. 5. Und solche Erfahrung so wohl natürals künstlicher Sachen zu erlangen / ist jederzeit
rechtschaffenen Folgern der Philosophie so eine süsse Reitzung gewesen / daß auch Platodas
höchste Fürstenthum des Gemüths hierinnen gesucht; Archimedes in seinen Cirkeln sich lieber
ermorden lassen; der Sinnreiche Cartesius alle Scholastische Verfolgung mit Generösem Geist
verlachet; und Aldrovandus zu Bononi [4] en / wiewol Er nicht eben
einer von den subrilsten Philosophis gewest / gleichwol und zum wenigsten nur eine
unersättliche Begierde gehabt / allerhand Cörper der gantzen Welt zusammen zulesen / und zu
letzt darüber fast gar zum Bettler worden.
§. 6. Aber wie viel und grosse Abhaltungen hingegen sind / die auch den fürtrefflichsten
Gemüthern bißweilen entweder aus sonderbahrer Schickung Gottes / und Angelegenheit Geistlichen
und andern Beruffs; oder aus Boßheit des Teuffels / und seiner cörperlichen werckzeuge; Oder
aus gewissen und wiedersinnlichen Umbständen des Glücks; oder aus andern Ursachen / sonst in
den Weg geleget werden! Davon ist hier nicht Zeit / außfürlich zu gedencken; ausser des einigen
/ daß auch der an Gemüthe-Leib- und Glück-begabteste Mensch / dennoch zu seiner Curiosität
nicht die gantze Welt durch reisen / und die so mancherley Schätze der Natur / in und ausser
aller ihrer Geburth-Stadt zu erforschen vermag; sondern von hunderten offt kaum eins und anders
/ und dieses zwar in Ost-jenes in West-Indien kriegt zu schauen / also / daß manch löblicher
Vorsatz / aus blosser Entlegenheit der Orthe / Unsicherheit zu reisen / und Mangel der Dinge
nicht kan sein Ziel erreichen.
Das III. Capitel.
Absonderlich von der ersten Gelegenheit-Kunst- oder Naturälien-Kammern zu erfinden.
§. 1.
SOlcher Schwer- und Gefährligkeit entgegen / haben endlich curiöse Gemüther hin und wieder
gedacht / welcher gestalt / wo nicht alle Sorten der gantzen Welt / jedoch zum wenigsten eine
scheinbare Anzahl vielerley außerleßner Stücke der Natur / aus See und Land / aus Ober- und
Unter-Irrdischen Theilen der Erde / so wohl in als außländischer Oerther / möchten mit Fleiß
zusammen gesucht / in gewisse Repositoria oder Scrinia gesetzt / nachgehens weiter und weiter
vermehrt / und einiger massen in Ordnung behalten werden. Und solches zuföderst durch eigene
Untersuchung der Natur / so wol zu Hause / als durch Hülffe vielerley Reisen und Schiffahrten;
demnach auch durch münd- und schrifftliche Correspontentz; und durch Hülffe der löblichen
Kauffmanschafft / die Ich nur bloß umb solcher Nutzbarkeit willen gar hoch zu schätzen pflege.
§. 2. Und ist dergleichen Anstalt anfänglich zwar ein allerbequemstes Thun für Fürste- und
Herren / oder sonst wolbegütterte Leute / gewesen. Es befindet sich aber je und allewege die
Ergötzlichkeit und in̅erliche Gemüths-Freude aus Erforschung der Gaben der Natur
bey philosophischen Hertzen so unschätzbar und groß / daß auch mittel- und niedrigere Stände
nachgehends und sonderlich jtziger Zeit / sich nicht mässigen können / einen Versuch zu thun /
allerhand groß und kleiner / vollkommen- oder mittelmässige kunst-Anriquitäten-Schaltz- und
fürnemlich Naturälien-Kammern / Conclavia, Musèa Repositoria, oder auch nur kleine Serinia
Rerum Naturalium Selectiorum, gleich wie zu eigener Belustigung / also zu anderer Ergötz- und
nützlicher Beschauung auffzurichten.
§. 3. Dergleichen Exempel in- und ausserhalb Europa / aus unsern und vorigen Zeiten hervor zu
suchen / und gleichsam ein allgemein Inventarium der meisten Naturäl-Sachen / die irgend zu
finden / zusammen zu bringen / Ich zwar eine geräume Zeit hero der Meinung gewejen / aber
vielfältig daran / so wol von äusserlichen Abhältnüssen / als innerlicher Gemüthes Unlust /
etwas zu schreiben / gehindert worden; biß endlich mich überwunden / und zu Beförderung guter
Künste / (nach meiner Wenigkeit) so viel mir theils aus eigener Erfahrung / theils aus Lesung
glauwürdiger Schrifften / und ein und anderer Correspondentz mit guten Gönnern und Freunden
bekant / in Gottes Nahmen zu einer ordentlichen Consignation den Anfang mache / und allein
besorglichen Verdruß des Lesers vorzubeugen / also das Werck zu versüssen hoffe / daß weder an
denckwürdigen raren Sachen an sich selbsi / noch annehmlicher Beschreibung derselben /
(hindangesetzt aller irrigen / von Alters her fortgepflantzten Meinungen) was gebrechen solle.
§. 4. Ehe und bevor Ich aber eine richtige Verzeichniß dero mir solcher Gestalt
kund-gewordenen Kunst- oder Naturäl-Kammern / und dero fürnehmsten Behältnüsse zu Papier
bringe: so achte Ich / wo nicht nöthig / doch nützlich zu seyn / mit wenigen zuvorher zu
erörtern / (I.) die vielerley Nnhmen / und Beschaffenheit der so-genanten Kunst- oder
Naturalien-Kammern ins gemein; (2.) die fürnehmsten Ursachen / warumb biß anhero die wenigsten
ordentlich eingerichtet zu finden: (3.) Wie solchen Unvollkommenheiten zu begegnen / und
dergleichen Kammern also einzurichten seyn / daß weder dem äusserlichen Splendor was entgehen /
noch auch den Regeln guter Philosophie zu nahe getreten werden möge. Welche drey Puncte /
nachdem Sie dann [5] abgehandelt; so sollen hernach die mir-biß anher
bekante Raritäten-Gemächer / (was dero Naturäl-Sachen betrifft) nach Eintheilung der Länder /
in gehöriger Ordnung folgen.
§. 5. Es hat zwar in Italien Anno 1672-Johann Baptista Ferretius ein Buch in Folio, mit
diesem Titul: Musae Lapidariae Antiquorum, heraußgegeben / und in desselbigen / an den Leser
gerichteten Vorrede / unter andern erwehnt / daß Er ein gewiß Specimen ad varia Musèa
conruditum Virum, gelehrter Welt vortragen wolte: Aber zugeschweigen / daß ich nicht weiß / ob
solche versprochene Probe von Curiositäten nunmehr herauß; so wolte ich dem fürnehmen Autori
wol glücklichere Influentzen dazu / als Er zu jetzterwehnten Seinen Musis Lapidariis gehabt /
gantz nicht mißgönnen. Und erwarte so viel mehr mit sehnlichem Verlangen / was die kluge Feder
des Edlen Herrn D. Georgii Hieronymi Velischii zu Regenspurg / in diesem / und dazugehörigen
Bassibuz, der gelehrten Welt zu seiner Zeit vortragen wird / in seiner Pinacothecâ Universali,
so vie Ich aus Seinem / am Monat Augusti neulichst an Mich abgelassenen freundl.
Antwort-Schreiben / schliesse / und sicher vermuthe / daß Er darin nicht sowol / oder allein
von Naturalien / als nachdencklichen alt- und neuen Schrifften / Müntzen / Statuen / Kleidern /
Rüstungen / Mathematisch- und anderen Instrumenten / und andern dergleichen / Artificial-Sachen
fürnehmlich handeln / und diese von keinem biß dato befahrene weit- und tieffe See so mancher
hierzu gehörigen Historien und Antiquitäten / als ein kluger und glücklicher Jason oder
Columbus zuerst besegeln werde.
§. 1.
WAs aber gegenwärtigen meinen absonderlichen Zweck / bloß nur die mir-bekanten Behältnüsse
merckwürdiger Naturäl-Sachen / in ein allgemein Inventarium zu bringen / betrifft: so befinde
Ich zuförderst nöthig / von denjenigen vielerley Nahmen / womit der gleichen Gemächer und
Repositoria beleget werden / umbständlich zu gedencken / und darzustellen / wie füglich oder
unbequem / so wol in Teutscher / als Griechisch-Lateinisch- und andern Sprachen / bald diese
bald andere Titul gebrauchet werden; anfangende von der Latein- und Griechischen / als älteren
/ und denen / welchen wir heutiges Tages noch den besten Krafft und Safft weltlicher Erudition
zu dancken haben.
§. 2. Absonderlich derhalben und fürs Erste / finden sich bey den Griechen / oder bey neueren
Autoren zwar / die sichaber hierzuder Griechischen Sprache bedient / ohngefehr diese drey
Nahmen: (I.) . (2) , und (3) .
§. 3. : ist ohngefehr so viel / als eine Bewahrung Wundersahmer Dinge: denn
heist Miraculum, oder Wunder / wovon sonsten auch das Wort Thaumaturgus
gezogen / und GOtt dem HErrn / der allein wunderbar ist in Seinen Wercken / zugeeignet wird:
und ist so viel / als custodio, ich bewahre; daher auch kommt und , ein Wächter oder Custodia ein
Gefängnüß; und solcher gestalt jetztgedachtes , gleichsam als eine
Wunder-Gefängnüß / oder Custodie von mancherley Abentheuren. Welcher Titul derohalben den
Naturälten-Kammern gar wolkan gegeben werden.
§. 4. ; Ein Natur- und Kunst-Gemach / oder da so wol natürliche als
künstliche Dinge in Vorrath gehalten werden. Den , wie bekant heist die
Natur; und , die Kunst / von welchen beyden sonst auch Technophyum komint /
oder eine Werckstatt / da allerhand Künste hervor kommen / und gleichsam / als von der Natur
selbst / gebohren werden aber ist so viel als Penu vel Promtuarium, ein
Vorrath von vielen Dingen / oder ein Zünmer selbst / da ein Vorrath verhanden ist; wie dann
eben dies Wort gefunden wird / daß es absonderlich vor ein verborgen Gemach
/ und heimliche Kammer / darinn man den Geld-Schatz verwahrt / gebrauchet worden. Und erhellet
also / daß solches / von dreyen zusammengesetztes Wort / nicht eben bequem / als wie das erste
/ sich bloß auff die Naturalien-Kammern schicket / sondern was mehreres in sich begreifft.
§. 5. : ist ein Wort wol 10. Ellen lang / wo nicht als der halbe Diameter
der Erde; und das ehe 2. heisse Suppen kalt werden / als man nur einmahl selbiges aussprechen
solte. Aber ernstlich hiervon zu melden / so hat solches der weiland Edle Herr D. Sachsius
wolmeinendlich inventirt, und mit solchem Titul die welt-berussene Kunst- und Raritäten-Kammer
/ Ihr. Thur-Sächsischen Durchl. zu Dresden begabt / gleichsam davor haltende / gleich wie
darinnen eine unsägliche Abundantz von vielen Dingen; also erfodere so ein Werck einer
so-sumptuösen [6] Weitläuffigkeit / auch einen grossen Nahmen: welcher auff
Teutsch etwan so viel / als ein Frembd- und Wunder-Wercke-Vorrath / oder Versammlung von
vielerley Außländischen wunderbahren Dingen und Raritäten. Denn , heist
Frembd oder Außländisch: , ein Wunder / wie vorhin gedacht; ein Werck; und einen Vorrath / wie gleichfalls vorhin erwehnet. Und weil
derowegen gedachter Herr Sachsius durch das Wort Frembd oder Außländisch (lib. I. Gammarolog.
cap. 3. p. 50.) am allermeisten natürliche Dinge und Raritäten verstehet / so kan derselbige
Titul gar wol auff gegenwärtiges und folgende Deutsche Tractätlein von Naturalien-Kammern
appliciret werden. Er hätte aber / in Betrachtung / daß zu Dreßden fast mehr Splendor und
Vorrath an mancherley Artificial-als Naturäl-Sachen befindlich / das Griechische Wort noch
länger / und darauß machen können.
§. 6. Ferner sind etliche Wörter / die zwar gäntzlich und eben so wol Griechischer Ankunfft /
als die ersten: aus Gewohnheit aber / und freyem Gefallen der Autorum, gemeiniglich lieber
Latein-als Griechisch geschrieben / und also / so zu reden / Römischer Bürgerschafft
theilhafftig gemacht werden: nehmlich diese: Musèum, Gazophylacium, Thesaurophylacium,
Thesaurarium, Cimeliarchèum, Tameotheca, und dergleichen.
§. 7. Musèum, oder wie es sonst / wiewol nicht recht Musaeum, geschrieben wird / auff
Griechisch , hat seine Benennung von den beruffenen 9. Abgöttinnen / den
Musen / als Vorsteher- und Hoffmeisterinnen unsers Studierens; und heist insgemein so viel /
als ein Studier-Platz oder Orth / da man scharffsinnigen Gedancken ihre ungehinderte Freyheit /
abgesondert von dem unruhigen Pöbel / lässet; wie dann absonderlich vorzeiten unsern dem Berg
Olympus, ein den Musen geweiheter Ort / oder auch sonst ein gewisses den Musen gefeyretes Fest
/ Musèum soll geheissen haben. Heutiges Tages aber wird dieses Wort nicht allein gelehrter
Leute ihren Stuben / die voll Bücher / sondern auch ohne Bücher dergleichen Logimenten und
Kammern gegeben / da allerhand rare Natur-Sachen mit Fleiß auffgehoben / und zu jedermanns so
wol Augen als innerlicher gut philosophischer Hertzens-Lust dargestellet werden.
§. 8. Gazophylacium, auff Griechisch , herkommende von dem Wort , custodire, und , welches von zwey- oder dreyerley
Bedeutungen ist. Denn erstlich wird es gebraucht insgemein / vor ein jedweder Ding / so man
besitzet / und als sein Eigenthum bewahret. Weil aber wir unter denen Dingen die jenigen für
andern in acht zu nehmen pflegen / die uns am meisten gekostet / so wird absonderlich ein
Schatz / oder der Königliche Schatz / bey den Persianern / wie im Curtio zu finden / mit dem
Wort Gaza beleget. Und endlich / weil so wol in offendlichen Welt- und Geistlichen Regimentern
/ als auch in eines jedweden Privat- und Hauß-Stande nichts Kostbahrers insgemein pflegt
gehalten / und sorgfältig Tag und Nacht gesucht zu werden / als Geld / So ist auch eben dieses
am allermeisten biß anher unter allen leiblichen Schätzen / für den größten gehalten worden.
Und würde also Gazophylacium nach der ersten Bedeutung so viel heissen / als ein Behältnüß von
Hab und Gut: nach der andern so viel / als ein Kasten und Kammer / worinnen was im Hause oder
sonst vor das Kostbahrste gehalten wird / in guter Verwahrung wird genommen: und nach der
dritten so viel / als eine Geld-Lade / oder Gottes-Kasten / wie Doct. Luther gegeben Joh. 8. v.
20. Diese Wort redet JEsus an dem Gottes-Kasten / da Er lehret im Tempel. Denn also stehet im
Grund-Text: . Einem Philosopho hingege̅ ist es um Geld und Gut
nicht so sehr zu thun / als umb dasjenige / was einiger massen zu sinnreicher Verknügung des
Gemüths / und Perfectionirung guter Wissenschafften kan gereichen; achtende offtmahls höher
einen geringe Stein / darinn die Natur sich cur???os erwiesen / als halb so viel Silber oder
Gold; eine stoltze / grosse / stachlichte / schöngefleckte / und nach Geometrischer Proportion
sich allzeit enger und enger zuspitzende Außländische Schnecke höher / als gantze Kisten und
Schräncke voll / die über See und Land / auß Ost- und West-Indien / zu Trost der annen /
unglücklichen / und in Sorgen des Reichthums sich selbst auffreß- und verzehrenden
Mammons-Knechte hinzugeführet werden. In welchem letzteren Verstande und Gebrauch des Wortes
Gaza demnach / Gazophylacium gutt-Philosophisch / oder noch eigentlicher / gutt / Physicalisch
/ so viel als ein Raritaten-Gemach von allerhand schön- und außerlesenen / Frembd- und
einheimischen Natürlichen Dingen / heissen würde / derer unterschiedene der weiland fürnehme
Medicus zu Nürnberg / Herr D. Michael Rupert Beßler / Physicus daselbst zu sammen gebracht /
von seinen Unkosten auff 35. Kupffer-Taffeln in Folio abbilden lassen / doch ohne dazu gehörige
Beschreibung / die etliche Jahr biß anher durch Brieffe von Herrn Johann-Barthol Oehlern /
Buchhändlern in Leipzig / an mich gesonnen worden / und mit dem Wort Gazophylacium intituliret.
§. 9. Thesaurophylacium hält eben dieß in sich was itzt-erwehntes Gazophylacium; und sind
anders nicht von einander / als im Lateinischen Gladius und Ensis, oder im Teuschen Speck und
fett Schweinfleisch unterschieden. Denn was [7] das Wort Gaza bedeutet / das
bedeutet auch Thesaurus: und Phylacium kommt wiederumb her vom Wort vel , Ich verwah re. Wird jedoch allermeist und sonderlich für AErarium publicum,
oder einen / zu allgemeinen Nutz gemeinten Schatz / den man eher nicht / als in der höchsten
Noth angreifft / fürnehmer Regenten / Fürsten / und Republiquen, genommen. Und.
§. 10. Thesaurarium ebenfalls; welches mit itzt-vorhergegangnem Titul herkommet vom
Griechischen Wort Thesaurus: und dieses gleichsam von , das ist / Etwas /
fürnehmlich aber Gold und Geld / biß morgen / das ist / biß zu morgender Benöthigung /
hinsetzen. Und weil von Woche zu Woche / von Monath zu Monath und Jahren / es allezeit wiederum
Morgen Morgen heißt / so erinnern sich dessen zum Deckmantel ihres filtzigen Geitzes so manche
Geitzhälse in der Welt / daß ihnen noch nicht der rechte Tag und Stunde erschienen / ein Theil
von ihren Reichthümern zur Ehre Gottes und Beföderung freyer Künste anzuwenden: sondern es sind
ihre continuirliche Thesauri; es heist allezeit / , vel ,
biß morgen aufzuheben. Und dieses vielleicht auch nicht ohne alle raison: denn Sie sich ja
heimlich befürchten müssen / es möchte eine Zeit kommen / das Gott stürbe. Wenn Sie derowegen
vorher nichts gesam̅let hätten / wer wolte Sie dann oder die Ihrigen hernach
versorgen? Aber darnach trachten die Heyden / die von Gott nichts wissen.
§. 11. Cimeliarchèum, auf Griechisch , oder auch , ist
unterdessen nicht zu vergessen / welches eigentlich so viel bedeutet als ein gewissert Orth
oder Hauß / da Cimelia, (von jaceo, ich liege) das ist / köstliche Gefäß /
und anderer kostbahrer Vorrath zu geistund weltlichen Gebrauch aufgehoben werden; nachgehends
aber auch Naturalien-Gemächern von geringerem Werth zu geeignet ist / darumb weil Fürsten und
Herren inner dero Kunst-Kammern einen nicht-geringen Splendor suchen / daß unter so mancherley
natürlichen Raritäten / sonderlich auch köstliche Dinge von Crystall / Jaspis / Agstein /
Elffenbein / Perlenmutter / Perlen / Jobelen / Kleinodien / und dergleichen Dingen von hohem
Preiß / hervor leuchten / und der ankommenden Beschauer Augen / als so viel strahlende Sterne /
gleichsam in Confusion, und das Gemüthe selbst in wunderns-volle Verwirrung bringen mögen.
§. 12. Nicht minder finden sich etliche andere Griechische / Lateinistirte Wörter /
zusammen-gesetzt von , daß ist / Vorrath; , Wunder; , Kunst; , das ist / eine Taffel eine Schrifft / oder
Verzeichnüß; Abacus, ein kleiner Tisch oder Cantor-Brett / da dergleichen Sachen drauff geleget
werden; und von dem Wort , Theca, das ist / Repositorium, Schranck /
Behältnüß / Kasten / Laden / oder Futer: und werden gleichfals bißweilen als Titul zu Benennung
so wol Naturalien-Kunst-als Antiquitäten-Bücher- und andere Gemächer / eines bequemer für dem
andern / gebrauchet. Nehmlich diese: Tameotheca, Thaumatotheca, Technicotheca, Pinacotheca,
Abacothaca.
§. 13. Tameotheca der halben () wird etwan auf Teutsch ein Behältnüß
außerlesenen Vorraths heissen / mit welchem Nahmen der berühmte Herr D. Velschius zu Augspurg /
die vor weniger Zeit zu München / durch kläglichen Brand verdorbene überauß-kostbahre Kunst-
und Naturalien-Kammer des Churfürsten von Bayern benennet wie in dem dritten Jahr-buch der
Naturae Curiosorum, (obsetvat. 32. p. 51.) zu sehen.
§. 14. Thaumatotheca () so viel / als Wunder-Behältnüß / oder Kammer von
vielerley wunderbahren Dingen.
§. 15. Technicotheca () so viel als ein Kunst-Gemach oder Enthalt
mancherley-rar- oder ungemeiner Wercke von subtiler netter und sauberer Arbeit / der
künstlichen Meister in Mahlen / Giessen / ätzen / Poussiren / Schneiden / Graben / Poliren /
Löthen / Zusammenfügen / Drähen / und dergleichen. Und mit diesem Nahmen werden absonderlich
diejenigen gesammelete rare Sachen von dem fürtrefflichen Herrn D. Thoma Bartholino (libri d.
Unicornu, c. 37. p. 278.) benennt / die offentlich zu Pisa, der schönen Stadt Florentinischen
Gebietes zu sehen; davon zu seiner Zeit / und an gehörigem Ort / im absonderlichen Capitel wird
gehandelt werden.
§. 16. Pinacotheca aber () wird fürnemlich von neuen Autoren gar sehr
gebraucht / weil es einige Verwandschafft mit den Pinacothecis der Alten scheint zu haben /
genommen von dem Wort , welches anfangs so viel / als eine vierkantige Taffel
/ oder ein Brett / darauf man vor alters gessen / wie auß dem Vitruvio zu schlüssen; davon dann
auch kommt , ein klein Täflein / item ein Orth / da man Schrifften und Bücher
verwahret; wie bey gedachtem Vitruvio (lib. c. 6. 5.) zu sehen. Item ein Laden / oder Gemach /
da man Gemählde / Silberwerck / Kleider / und anderen Schmuck aufstellet: hernachmahls aber
auch so viel / und ins gemein / als ein Behältnüß allerhand Sorten natür- und künstlicher rarer
Dinge. Und
§. 17. Abacotheca, () ist fast eben dieses; denn es hat seinen Nahmen von
, [8]
. ein Tisch / oder Taffel: gleichsam als wolte man sagen / , da kein Gestühl oder Fuß daran ist / wie Vossius (in Etymologico) erinnert; und die man so
wol an die Wand hangen / als platt auff etwas nieder gelegt / zu allerhand Dingen / und unter
diesen zur Credentzung der Becher und anderer Trinck-Geschirr brauchen kan: item ein
Mahler-Täflein / die Farben darauff zu tragen / welches in noch kleinerer Form beutiges Tages
gebracht / also / daß von den Mahlern am Daumen der Hand / nebst dazu-gehörigen Pinseln /
gehalten werden kan / wegen bequemer Politur oder Glätte / von Ihnen eine Polite wird genennet.
Item ein Zehl-brett; deßhalben die Rechenpfenninge / die man darauff zuzehlen pflegt /
gleichfals Abaculi genennet werden. Und was in der Bau-Kunst an Capitellen Corinthischer Säulen
/ Abacus genennet werde / davon lese man bey Bernardino Baldo, bald zu Anfang seiner
Anmerckungen de Verborum Vitruvianorum Significatione. Gleich wie man nun auf dergleichen
Abacos gepflogen hat / allerhand / zu täglicher Nothdurffe dienliche Geräthschafften zu legen /
und deß wegen die jenigen Gemächer / Schräncke / oder andere Behältnüsse / Abacothecae genennet
worden sind: also ist es eben nicht ungereunt / auch auff gegenwärtigen Zweck zu appliciren /
oder / falls solches von andern geschehen / von denselben ohn alle Hindernüß vor bekant
anzunehmen. Ja das Wort.
§. 18. Apotheca () oder Werckstatt / darinnen vielerley gute Artzneyen / zu
Erhaltund Wiederbringung menschlicher Gesundheit bereitet / und daraus täglich in allen Städten
verkauffet werden / ist eben nicht bloß und allein auff dieses zur Medicin-gehöriges Thun /
gerichtet: sondern wir finden beym Plinio (lib. 14. c. 14.) Columellâ, Vitruvio, und im Corpore
Juris, das für alters mit solchem Nahmen allermeist Scheuren / Frucht-Gewölbe / und Wein-Keller
sind belegt / und hernachmahls vielmehr allererst denen heutiges Tages so-genanten Apotheken,
oder Medicamental-Officinen ist gegeben worden; auch endlich den Naturälien-Kammern / (ja gar
bequäm) zugeleget werden kan / weil auch hieselbst viel herrliche / schön- und natürliche Dinge
/ die so wol zur Leibes-Gesundheit / als philosophischer Gemüths-Erfrischung dienlich /
colligirt, in gewisse Fächer und Behältnüß ordentlich gethan / zu freyer Belustigung erhalten /
und vorsetzlich also zu reden / rechtschaffen apothekisirt, das ist / in sichern und gutten
Stand gesetzet werden. Denn heist pono, oder / ich setze / davon kommt , ein Behältnüß / , etwas wohin versetzen / und also Apotheca,
wohin man etwas niedergesetzt / oder zur Verwahrung gestellt. Ja gar das jenige / was wir sonst
Zeug-Häuser / Rüst-Kammern / oder derglelchen nennen / sind / , Apothecken
der Wehr und Waffen genennt worden / wie vorhin-erwehnter Bernardinus Baldus (de Verb.
Vitruvianor. Signif.) lehret. Und der sehr-gelehrte Vossius in seinem Etymologico schleüßt
also: Apotheca Vox generalis est. Unde à JCtis & aliis tribuitur Vinorum, Ol ei,
Librorum, similibusque receptaculis; das ist: Apotheke ist ein gemein Wort: deßwegen wird es
von Juristen und andern / den Behältnüssen der Weine / des Oehls / der Bücher / und dergleichen
/ zugeeignet. Und biß hieher von Griechisch- und-us Latein genommenen unterschiedenen Nahimen
der Kunst- und fürnehmlich Naturalien-Kammern. Welchen Wörtern folget.
§. 19. Rarithecium, oder Raritäten-Gemach: halb-Grieisch von Theca, und halb-Lateinisch von
Rarus, a, um: dessen sich Herr D. Wedel / Medicinae Professor zu Jena / an zweyen Orden des
Dritten Jahr-Buchs des Collegii Naturae Curiosorum in Heil. Röm. Reich / zu Benennung der
Naturäl-Raritäten Seines gnädigsten Fürsten-gebraucht: nehmlich Observ. 70. pag-118. und
Observ. 142. pag. 263. Er wird aber nicht übel nehmen / daß dergleichen / aus zweyerley
Sprachen zusammen-gesetzte Wörter / aus philosophischer Freyheit- (niemand zum praejuditz)
gleichsam für Grammaticalische Bastarde und Hurenkinder halte; als wir sonst auch sehen an dem
Wort Herbipolis, Archidux, Archipincerna, Protomedicus (wiewohl etliche die Medicin auch vom
Griechischen deriviren) Protonotarius, und dergleichen.
§. 1.
UBer dieses ist weder die Lateinische Sprache für Sich / noch Jhre Europaeische Töchter und
Nachbarinnen so arm / daß Sie nicht auch von dem Ihrigen / zu mehr und mehrer Benennung
Curiöser-Gemächer von Naturäl-Sachen / ein- und andere Titul [9] contribuiren könten. Und finden sich allermassen im Lateinischen diese: Camera, Conclave,
Conditorium, Repositorium, Promptuarium Naturae, Scrinium, Arca: im Italiänischen 2. Museo, un
Studio: im Frantzösischen Galleria, Chambre des Rarites, Cabinet: im Engelischen a Threasure:
und im Teutschen / Schatz-Karitäten-Vernunfft-Kunst-Naturalien-Gemach oder Kammer. Von welchen
allen / als wie von den vorhergehenden / was etwan absonderlich möchte beyzumercken seyn / kan
kürtzlich aus folgendem erhellen.
§. 2. Camera scheinet für erst ein pur-lauter-Lateinisch Wort zu seyn; und bedeutet ins
gemein einen jedweden / obenwerts zu gewölbten Orth. Und sintemal / desto besserer Sicherheit
wegen / auff Fürstlichen Schlössern die meisten Säle / Audienz-Stuben / Vor- und Bey-Gemächer /
und andre Logimenter gewölbt / deren ein- und anders zu asservirung rarer Dinge gewidmet pflegt
zu werden; so hat mannachgehends alle andere Naturalien-Gemächer / ob Sie schon nur
platt-gedeckt / und nicht gewölbt / dennoch Kunst-Kammern genennet / und also diesen letzteren
Nahmen behalten. Hingegen die zwey berühmten Philologi, Vosius nemlich (in Etymologico) und
Joh. Schefferus (de Militiâ Navali, Addendis ad Libr. 2. p. 325.) wollen das Wort Camera aus
dem Griechischen Wort machen; gleich als ob es was neues wär / das bißweilen
auch wol ein Lateinisch Wort in Griechischer Sprache zum Bürger auffgenommen würde.
§. 3. Conclave oder Conclavium, insgemein ein verschlossen inneres Gemach / und abgesonderter
Ort unter dem innern Dach; oder eine allgemeine Beschliessung vieler Logimenter in einem Hause
/ die unter ein Schloß gehören: wovon mit mehrem oberwehnter Baldus (de Verb. Vitruv. Sign.)
besehen werden kan. Und weil dann einem Raritäten-Gemäch voraus zuträglich / nicht vor jederman
offen stehen zu lassen / so kommt Ihm auch unter andern der Titul eines Conclavis gar füglich
zu.
§. 4. Conditorium; heist zwar beym Plinio (in Epist.) und sonst / ein Grab. Aldieweil es aber
den Nahmen hat é Condendo vel abscondendo, vom Verbergen / oder etwas an einen Ort vor
allgemeinen Anlauff abzusondern; und dieses nicht minder schönen zusammenogesuchten
Natur-Dingen vonnöthen ist: so ist am Tage / daß jetzt-erwehntes Wort bequem genugsam einigen
Natural-Kammern kan / und vielleicht pflegt gegeben werden.
§. 5. Repositorium, fast eben das / oder so viel als Apotheke / davon im vorigen Capitel
gedacht. Und sind vorzeiten Repositoria absonderlich gebraucht / und durch selbiges Wort
verstanden worden / Simse oder Gesämse / darauff man unfern vom Tische Speisen auff gesetzet.
§. 6. Promtuarium Natur??? oder Natur- (natürlicher rarer Stücke) Vorrath. Mit selbigen Titul
begabet der Edle Fabius Columna (de Purpura cap. 15. §:2.) des Ferrand. Imperati Museum oder
Naturalien-Kammer zu Neapolis: und kommt das Wort Promptuarium mit Tameothecá überein / davon
im vorhergehenden Capitel §. 4. und 13. gehandelt worden.
§. 7. Sermium (welches Wort die nachfolgenden Griechen angenommen haben) bedeutet nicht ein
gantz Zimmer oder Gemach / sondern nur einen Schranck: und wer also nicht das Vermögen hat /
eine vollkommene Kammer mit allerhand raren Natur-Dingen außzuzieren / mag sich zum Anfang so
lange mit einem Schranck behelffen. Und
§. 8. Arca scheinet auch zwar nur so viel / als ein klein Behältnüß / zu deuten: man findet
aber beym Martiali (lib. 9. eprigr. 4.) daß Arca Jovis so viel heist / als alle des Jupiters
sein Schatz- oder Haab und Gut. Und fals wahr ist / daß Arca (ein Kasten) und Arx (ein Schloß)
beyde den Nahmen ab Arcendo, das ist / vom Abhalten / oder Abwendung der Diebe und
gewaltthätiger Leute / haben solle; so kommt es mit jetzt-erwehntem Wort / Scrinium, so viel
näher überein / und ist nicht nöthig / uns hierinn auffzuhalten.
§. 9. Il Muséo, bey den Italiänern; ist eben so viel / Muséum beyden Lateinern / davon in des
vorigen Capitels paragrapho 7. gehandelt. Die zwey Edle Herren / Ludovicus Moscardus zu Veron,
und Manfredus Septala zu Meyland / gebrauchen in Beschreibung ihrer eignen Rarität-Kammern im
Titul das Wort Museo; wie ingleichen Lateinisch (Muséum) Aldrovandus, die Calceolarii, Wormius,
und andere in dergleichen Handel gethan.
§. 10. Un Studio ist gleichfals ein Wort der Italiäner; und / aus der Ankunfft von Rom /
leicht zu ermessen was es bedeute. Und verstehen Sie hierunter nicht allein eine Academie oder
hohe Schul / oder auch den Fleiß und lehrsame Hurtigkeit selbst / welcher von Tugend-Gemüthern
daselbst getrieben wird; sondern alle andre Orte mehr / da offentliche Gelegenheit ist (und
also nicht minder in Naturalien-Kammern) mehr und mehr was gutes zu lernen.
§. 2. Galleria ist / nach gemeiner Meinung / ein Frantzösisch Wort; und heist so viel / als
ein Spatzier-Gang und offentliche philosophische Bahn oder Laube / da allerhand Curiositäten in
Behertzigung zunehmen / dergleichen zu Pisa in Italien / und das Ambulacrum des Medicinischen
Gartens zu Leyden / davon an gehörigen Orten gehandelt werden wird. Es gebraucht sich aber auch
im Italiänischen dieses Wortes / jüngst-gedachter Septala (ein [10] hurtiger
/ und gegen die Frembden sehr höflicher Mann) und intitulirt sein curios Buch / Anno 1666.
gedruckt / Museo ó Galeria: und gut-zeit vor Ihm schreibt der auch-Edle / sehrfleissig- und
accurate Jurist / Johann Henrich von Pflaumern / in seinem Italiänischen Mercurio, (part. 2.
pag 37.) da Er von Neapolis handelt / außdrücklich also: Prorsus enitere, ut Galleriae (ita
vocant Itali rarissimi artificii pretiique rerum Receptaculum) Iustrandae copia fiat.
§. 12. La Chambre des Rarites; sagen auch die Frantzosen / dergleichen nutzbare Bibliotheck
der Natur / darinnen man / wer nur will / gnugsam und ohne Bücher etwas gutes zu meditiren
gelegenheit findet / damit zu verstehen zu geben. Und das Wort
§. 13. Cabinet, oder ein Gemach / und Kasten / wird gleichfals von Jhnen gebraucht / worinnen
von raren Sachen pflegt was mit Fleiß verwahrt zu werden.
§. 14. AThreasure hingegen sagen die Engelländer / welches so viel ist als Thesaurarium, ein
Schatz entweder in Schräncken / und Kasten verwahrt / oder auch frey in der Stuben / zu Zirath
derselben und jedermanns Beschauung / auff ein Staffel-weise steigendes klein Repositorium, bey
vor aus denen von Adel in Holstein / auffgesetzt / und bestehende von Göld- und Silbernen
Bechern / Flaschen / Credentz-Tellern / Leuchtern / und dergleichen: welches alles zwar als ein
Theil ihres Schatzes den Titul eines Tresoors führen könte / es wird aber / nach hiesiger
Landes-Arth fürnehmlich das Repositorium mehr und Schranck als die Auffseze selbst / also
geheissen.
§. 15. Endlich und zuletzt auff unser geliebte Mutter Sprach zu kommen; so ist allbereit zu
Anfang dieses Capitels gedacht / daß man bißweilen des Wortes
Schatz-Raritäten-Vernunfft-Kunst-Naturalien-Gemach oder Kammer sich bediene. Unter welchen das
Wort
§. 16. Schatz-Kammer / ist nicht zum bequemsten / die Gemächer von Natural-Sachen damit zu
exprimiren. Und
§. 17. Raritäten-Gemach / trifft gegenwärtig- und folgender Schrifften Zweck so viel näher /
wenn nur nicht auff Kunst-Stücke zu grosse Refletion darbey genommen wird.
§. 18. Vernunfft-Kammer / gefällt mir deßhalben noch viel besser; welches Wort ich nur an
einem eintzigen Orte gefunden / nemlich bey Alberto Reimaro, im Register Seiner / Anno 1662.
Deutsch herauß-gegebenen Neuen Stadt Rom; wiewol Ich im Text selbesten das Wort nicht funden /
stimmende gar artig überein mit dem so-genannten ??? Studio der Italiäner / wovon allhier im
10. paragr. Bericht geschehen.
§. 19. Kunst Kammer. Dieser Titul stehet mit darentgegen wiederumb so viel minder an; und
wäre (sonderlich wo ein weitläufftig- und grosser Vorrath verhanden ist von allerhand Künst-
und Natürlichen Raren Sachen) am besten / man fügte beyderley Sorten absonderlich zu Ihres
gleichen; und hielte ein eigen Logiment für diese / und wiederumb ein eigenes für jene Dinge /
aus Ursachen / die in folgendem Capitel etwas klährer sollen für Augen gestellet werden- Und
sind endlich
§. 20. Naturalien-Gemächer / Schranck / und Kammern derhalben / oder dergleichen Titul (zum
wenigsten zu diesem meinem schrifftlichem Vorhaben) am besten. Denn ob zwar allerhand schöne
Künste / und derer offt mehr arbeitsam- und kostbahr-als grossen Nutzen habende Meister-Stücke
/ ich billich in ihren Würden lasse; ja über so manche künstlich-fertige Hand / bey
vorfallender Gelegenheit / mich gerne mit andern verwundern thue: so ist doch daran selten so
viel beständig und zu allen Zeiten gleichförmig / als was vor Art Dinge die Natur alleine /
täglich hervor bringt / vor ein / zwey / drey / oder mehren hundert und tausend Jahren hervor
gebracht / oder über eben so viel Zeit / im Fall dieser bewohnliche Erd Klumpen so lange dauren
wird / noch ferner wird ans Liecht gebehren: da hingegen was ein Künstler gemacht / das tadelt
gemeiniglich der ander: welches am wenigsten geschehen würde / wenn die Vollkommenheit
desjenigen / was die guten Leute aus ihrer wol hundert-mahl veränderlichen-Phantasie gemacht /
unmittelbahr allezeit aus der innersten Natur dergleichen Dinge quällte.
§. 21. Doch eh ich von diesem Capitel gantz abweiche / so ist noch übrig / aus respect der
Naturalien-Kammern / von Ihnen noch einerley zu erinnern: Nemlich dieß kleine Pünctlein: daß
ich offt außdrück- und vorsetzlich / nicht Naturäl-sondern Naturalien-Gemächer / Schränck oder
Kammern schreibe; verstehende solche Behältnüß / darein vielerley natürliche rare Stücke zu
sammen getragen sind / zur Belustigung / Information, und andern löblichem Nutz deß Menschen:
zum Unterscheid der Naturäl-Kammern oder Behausungen / die entweder die Natur in Berg und
Klüfften / ohngefehr den Einsamkeit-liebenden / zu sichern Höhlen / und Enthältnüssen gemacht /
oder die da und dort von Menschen-Händen in Felsen / ohne Kalck / Holtz / und gebackene Stein
gemacht / ebnes fals sich lassen zu Ober- und Unter-Irdischer Wohnung brauchen: dergleichen in
Nieder-Sachsen / am Hartz / unfern vom Bructero oder Blockes-Berge / in der Graffschafft
Blanckenburg / der Regenstein ist / (ins gemein der Reenstein genannt /) und aus einem [11] Felsen also gehauen / daß gantze Gemächer Stall / Raum und Kammern /
nebenst dazugehörigen / aus eben dem einigen Felsen gegrabenen Krippen / Tisch- und Bancken /
bewohnlich gemacht / und ein Exempel recht schaffener / und merckwürdiger Natural- oder
Natürlichen Kammern worden.
Das VI. Capitel.
Ob wol einige / gantz- accurat-eingerichtete / Naturalien-Hammern irgend seyen zu finden?
§. 1.
WAs aber am allermeisten / und hauptsächlich die Naturalien-Kammern / so viel mir Ihrer
bewust / und gleichsam deroselbigen Seele / eine gantz und gar untadelhafftige / billich
erforderte Ordnung betrifft / dergestalt / daß weder an äusserlichem Splendor, noch zu gleich
an gut-Physical- und curiöser Disposirion da??? geringste Mancament sich finde; und vielmehr
alles sauber und nett an seinem Orth / gleichsam nach der Schnur und Winckel-Maß dastehe; alle
Winckel und Wände / mit ihren Aufsätzen / abhangenden Dingen / und dergleichen / mit dazwischen
gelassenem gnungsamen Raum / zum auf- und abspatziren / eine gutte harmonische Größe / Figur /
sortirung und Situation, gegen einander haben; ja ein erfahrner / und in Experimentali Rerum
Naturalium Studio geübter Praefectus dergleichen Vernunfft-Kammern die meisten Stücke beneficio
Methodi, ohne sonderbahre Müh und Aufsuchung der bey-geschriebenen Numern oder Catalogi, bey
dunckler Nacht / wenn es noth doch finden könte: So muß ich gestehen / daß ich lieber was
anders thun / als die alhier-einfallende Frage / Ob nemlich irgend wol in der Welt eine / nach
allen denen Qualitäten sich befindende Naturälien-Kammer jemahls gewesen seye / oder noch seye
/ nach meinem geringfügigen Ermessen erörtern wolte / in Betrachtung / daß gleich wie Plato
eine schöne Respubliqu zwar im Gehirn prächtig erbaut / aber keinen Menschen noch Hund davon zu
sehn bekommen; gleich wie der sinnreiche Verulamius einen herlichsten neuen Atlas beschreibt /
darinnen biß dato noch niemand keinen Vogel singen hören; oder gleich wie Ich selbst vor wenig
Jahren eine viel schönere Neue Welt (genannt das edle Reich der Cosmosophorum) als Columbi
America warentdeckt / und ohne Schiff und Segel dahin zu kommen / die Fahrt gewiesen / welches
Cosmosophisches gelobte Land noch biß anhero in keiner Land- oder See-Carten mit dem geringsten
Strich oder Punct angedeutet zu finden: also ich leicht schlüssen kan / daß entweder ich
unumbgänglich in grosse disgratie und Ungunst hin und wieder gerathen würde / fals ich aus
Trieb der Warheit / ein- und andere mancamenten / die auch wol an den fürnehmsten Orthen der
Welt vorgehen / berühren solte / oder zum wenigsten dessen kurtzen Bescheides mich zuversehen
hätte / daß obgesetzte Conditiones und Requisita einer perfecten Naturälien-Kammer / mehr in
einer Academischen müstigen Speculation, und blossen Wunschund Worten bestünde als sich von
jemand / practiciren liesse.
§. 2. Aber gewiß und warhafftig / wenn wir die Sache genau erwegen / so versirt hierunter
eben so eine unbezwingliche Schwerigkeit nicht / zur Nettigkeit zu kommen / wie der Context des
folgenden Capitels uns geben wird.
§. 3. Unterdessen weder hohen und niedrigen Stands-Persohnen / zu dero Verkleinerung die
Raritäten-Kammern halten / noch deroselben Praefectis, Kunst-Kämmerern / und Aufsehexn zum
Praejuditz, wil ich in gebührender modestie mit wenigen nur berühren / und nicht so sehr aus
einigem Momus- oder Aristarchus Geiste schreiben / als glimpflich / einem jeden / der von
dergleichen Dingen vernünfftig judiciren kan / zu bedencken stellen / ob nicht unterschiedliche
augenscheinliche Fehler / oder wie soll ich gelinder reden? ob nicht einige kleine
unvermerckteingeschlichene Mancamentgen eben die jenigen seyn / die hin und wieder gnungsam
sind zu spühren; Worunter keinesweges verstanden haben wil dieß / daß etwa in einer
wol-bestellten Naturalien-Kammer alle / oder die meisten Sorten natürlicher Cörper nothwendig
da seyn solten / die in der Welt zu finden; denn dieses kan nicht seyn / und soll auch nicht
seyn / oder ist auch nicht nöthig: sonst meritirten Sie nicht den Titul der Raritäten. Sondern
ich befinde etliche andere / vielleicht wichtigere / Dinge in den meisten Naturalien Gemächern
zu desidereren / die uhrsprünglich hafften theils an Seiten des ???rren / der eine dergleichen
Kammer besitzt; theils an seit des Pr???fecti, oder der jenigen Persohn / zu dero Verwahrung /
Auffsicht / und Disposirion das gantze Gemach anbefohlen ist; und theils an Seiten des
Logiments an sich selbst / mit denen darin-enthaltenen Dingen.
§. 4. Denn was unter den Besitzern / vorauß fürnehmer Naturalien-Kammern / so wol Fürsten und
Herren / als sonsten auch anderer / dergleichen Dinge Liebhaber / von Privat Stande betrifft;
so sind Sie beyderseits zwar wegen Ihrer Curiosität und Beliebung / allerhand ungemeine Dinge
zusammen zu [12] bringen / gar sehr zu loben; es schleiget aber gemeiniglich
bey Ihnen / nebenst der innerlichen Gemüths-Freude hierob / eine kleine Unmässigung einer /
wiewol unsträfflichen / Ehrsucht gar zeitig ein / so / daß nach erhaltenem scheinbaren Anfang /
solch ihr Vernunfft-Cabinet mit Raritäten außzuziehren / alles nicht eben auffs aller genaueste
sortiren / und gewissen dazu-gehörigen mehrern Cörpern / ins künfftige ihren Ort so lange ledig
lassen / sondern von gegenwärtigen Dingen alsofort eine- und andere Repositoria erfüllen /
hiemit das Auge nur mag erfüllet werden. Und wann dann hernach mehr Sachen hin und wieder
dazwischen gesetzt / und / zu Behaltung guter Physicalischer Ordnung / die übrigen Sachen alle
zugleich / 1. 2. 3. und mehr / ja wol 10. oder 100. Mahl umbgesetzt / und wieder umbgesetzt
werden sollen; So erwächset dann mehr und mehr / mit zunchmender Anzahl der Dinge / auch der
Verdruß und Abscheu vor der Müh / dergleichen Umbsetzungen zu wiederholen. Und was derohalben
von mehren Cörpern nachgehends hinein gekaufft oder verehret wird / dasselbige setzt oder hängt
man alsdann oben / unten / oder an die Seiten / so gut und wohin man kan / es sey ein Fisch /
oder ein frembdes See-Gewächs; ein außländischer Vogel / oder Corrallen-Strauch; oder sonst was
es wil. Denen giebt man denn eine Stelle / nicht nach dem Rigor der Phisicalischen
Wissenschafft / sondern nach Erträglichkeit des Orths: welches Ich unvorgreifflich die erste
Staffel zur Confusion und künfftiger mehr und mehrer Unordnung nenne. Welchem Unheil / welcher
Gestalt vorgebauet werden könne / wird gegen Anfang des folgenden Capitels gemeldet werden.
§. 5. Hernach auch so wird einem jeden zwar billich frey gelassen / ob Er das jenige / was Er
am meisten Kostbahr hält / in einem absonderlichen kleinern Schranck / binnen der
Raritäten-Kammer / verschlüsen / und den Schlüssel dazu vor sich allein behalten wolle: allein
ein accurater Philosophus giebt darauf nicht achtung / was dieß und jenes koste; sondern zu
beybehaltung gutter Ordnung / sortiret ein jedes zu seiner Arth / und zum Exempel / legt nicht
eine köstliche Perle zu einem Bezdar-Stein / des vorwendens / daß beyde kostbahr seyn: sondern
läßt jene beym Muschel- und Schnecken- werck / diesen aber bey denen unterschiedenen Arthen /
Gliedern / und Excrementen vierfüssiger Thiere- davon er genommen / bleiben.
§. 6. An Seiten der Kunst oder Naturalien-Kämmerer / oder derer Persohnen / die zu
sorgfältiger Verwahrung dergleichen Gemächer / von Jhrer Obrigkeit beeydigt / (niemanden jedoch
zum Praejudiz zu schreiben) finden sich bißweilen wol diese Mancamente / daß Sie zwar hurtig-
und wackergelehrte Leuthe / in Stupio Historico, und Aniquitäten / Re Nummariâ, ac Vestiariâ
veterum, Philologiâ, Mathesi, Linguis, ac Eloquentiâ, oder dergleichen seyn / hingegen von
Physico-technicis Rebus, und heutiges Tages vorauß eifrigst allenthalben getriebenem Studio
Experimentali, keinen / oder nur mittelmässigen Staat machen / dieweil Sie von Jugend auf /
oder durch andere Gelegenheit / nicht dahin geführet; vielweniger Jhnen selbst die Mühe nehmen
/ bald dieß bald jenes mit einiger Hand zu zeichnen / zu projectiren / ins Klein- oder Große zu
bringen / zu schleiffen / ätzen drehen / hämmern / schmältzen / löthen / treiben / bilden /
schnitzen / hobeln / polieren / solviren / reinigen / coaguliren / hefften / bohren / pressen /
und dergleichen / nachdem es bald die / bald eine andere Beschaffenheit / bald dieses bald
jenes natürlichen Cörpers erfordert / so anders alles soll neet / bequem / und schön in
richtiger Ordnung stehen.
§. 7. Absonderlich aber ist dieß / auf Philosophisch zu reden / ein betrübter Handel / daß an
einigen Orthen nicht so wol gelehrten Leuthen / als Kunstdrehern und Uhrmachern / die Schlüssel
zu Raritäten-Gemächern / und derer Inspection, anvertrauet werden. Weßhalben denn so manche
schöne Naturäl-Sachen / zwar wohl in einigen unterschiednen Schränck- und Fächern / jedoch in
seltzamer Confusion da liegen / ja guten theils aus Nachlässigkeit zerstreuet / zerbrochen /
und zernichtet werden / dieweil die gutten Leuthe auf Sachen Jhrer Kunst und Handwercks sich
gut genung verstehen; in gründlichen Wissenschafften aber gemeiniglich das wenigste oder ???o.
§. 8. Und noch viel beschwerlicher ists / wenn die / denen Rarität-Gemächern vorgesetzte
Persohnen / nicht gnungsam salarirt, und dahero theils zu schläffriger Sorgfalt veranlasset /
theils gar andere Neben-Dinge zu tractiren / Jhr Außkommen auf mancherley Arth und Umbwege zu
suchen / und solcher Gestalt zu so viel mehrer Distraction des Gemüths genöthiget werden:
welches einer guten Disposition in curiösen Musèis eben so grossen Nachtheil bringet / als an
gutt- und fleissiger Bereitung bewehrter Medicamenten sonst in Städten bißweillen geringen
Vortheil gibt / wenn die Apothecker sich selbst der Krancken Cur unternehmen / ad Consulares
Honores adspiriren, in Wein Korn-Vieh-Holtz oder andere Handelungen und Monopolia sich
vertieffen / und fleissiger in Jhrem Contoer, Wein-Keller / Korn-Boden / und ausser des Hauses
/ als etwan in Jhrer Offcin sich finden lassen; worüber [13] Lissetus
Benancius, (de Fraud. & Pharmacop. p. 29.) in Franckreich klaget. Und dieses so
fern von Mancamenten vieler Rarität-Zimmer / an Seiten der Persohnen.
§. 9. Uber dieses ist auch an dem Gebäude oder an dem Conclavi selbst zur Zeit ein Mangel /
in dem es entweder nicht lichte / gesund / rein / dichte und trucken genung situirt, oder
voraus so wohl für die ankommende Beschauer und andere / zum auf- und ab-spatzieren / als für
die Raritäten selbst / und ihren Apparat-zu enge.
§. 10. Und endlich / mehr-gedachte Karitäten / und Naturäl-Sachen selbst betreffend; Gestalt
auch an allen andern Umbständen kein Mangel nicht vorginge / so gehet doch unter Jhnen aus
eigener Natur / nach Unterscheid des Alters / schattenhafften / oder der Sonnen unterworffenem
Lager / Staub / Hitz- und Kälte / Trocken und Feuchtigkeit / und andern Veränderungen der Lufft
/ so mancherley Veränderungen vor; zu geschweigen der Würme / Mäuse / Motten / Spinn- und
Fliegen / daß ein sorgfältiger Kunst- Kämmerer / wenn Er sonst nichts anders zu thun hätte /
und Jhm den Wohlstand Seiner anvertrauten Dinge von Hertzen will angelegen lassen seyn /
wochentlich / ja bißweilen täglich / gnungsam zu thun / und zum öfftersten ein wachendes Auge
darauff zu haben / findet.
Das VII. Capitel.
Wie dann den fürnehmsten Hindernüssen zu begegnen / und (Eine Naturalien-Kammer recht
anzulegen) für erst mit den Artificialibus zu verfahren sey?
§. 1.
MElcher Gestalt nun so wol angeregten / als andern disordren, in Promtua riis Naturae, zu
remediren / und dergleichen Cabinet oder weitläufftigere Enthältnüß aufs genauest-zirlichst-
Unvernunfft - mäßigste / als müglich / zu disponiren seyen; so ist nicht besser / als daß wir
in itzt-gebrauchtem Methodo fortfahren / und die unterschiedene Hülff-Mittel und Conditionen /
die von wol- disponirten Museis erfodert werden / wiederumb inunterschiedliche Punct abtheilen
/ unter welchen der Erste / sich auf die Persohn des Besitzers beziehet; der andere auf den
Praefectum oder dem die Schlüssel und Kammer anvertrauet sind; der Dritre auf das Cabinet oder
die Kammer selbst; und dann der Vierdte auf die Natürlichenraren Sachen / die darinn verwahret
werden.
§. 2. Von Seiten des Besitzers wird erfodert / daß Er mit dero gleichen raren Dingen
fürnehmlich Gottes Ehre / alsdann den Nutz des Nechsten / und gutter Künste - Beföderung / und
endlich hernach Seinen eigenen Ruhm / Splendor und Ehre suche; nicht aber aus diesen dreyen vom
letzten den Anfang mache: und also weder Sich übereile / ein noch viel- zu-unvollkommenes Werck
jedermans Augen vorzustellen / als wodurch nur / wie im vorigen Capitel erwehnt / ein großer
Grund-Stein zu erfolgenden vielen Confusionen geleget wird; noch auch zu schläffrig darinnen
sey / und gar zu genau / so wol ein erkleckliches Deputat zu Beyschaffung der Dinge / mit allem
dazu-gehörigen Vorrath als genungsahme Salaria den praefectis und Jhren Handlangern / wie nicht
minder auch etwas zu Unterhaltung curiöser Correspondentz, zu constituiren.
§. 3. Von Seiten des Praefecti ist / zu Erbauung der Wissenschafften / nützlich / daß
Ernedenst dem hertz- und Ernstlichem Vorsaz / der Kammer aufs fleissigste vorzustehen / sey ein
Gelehrter / und nicht ein Uhrmacher / Dräher / oder andere Künstler und Handwercks-Mann: oder
auch / was die Gelährten betrifft / sey keinem gewissen Particular-Studio allein ergeben;
sondern der / wo nicht in Omni Scibili gnungsam versirt, doch in den meisten / voraus
Materialdisciplien oder andere / einiger Polymathie / Pantasophie / oder Encyclopaedie
mehr-Erfahrne / bißweilen consulire / und gleiches Fusses alsdann nebenst dem heutiges Tages
hochsteigenden Physico - Mathematischen Experimental Studio, absonderlich auch zu Technicis,
Mechanicis, und andern dergleichen Handübungen / darunter am allernöthigsten das Mahlen /
Zeichnen / Proportioniren / und Gebrauch des Circkels / des Lineals / und verjüngenden
Maß-Stabs begriffen / eine außdrückliche Inclination trage: dergleichen Dinge Ich davor halte /
daß Sie zu einer viel werthern Perfection des Gemüthes dienen / als selbe aus der Eitelkeit
etlicher Italiänisch- und Frantzösischer Wörther / in Conversation mit andern / suchen.
§. 4. Nachgehends / so ist solcher gestalt dann nöthig / daß Er / ehe und bevor Er die
Natürliche außerlesene Cörper / in Schränck und Repositoria aufsetze / im Kopff herum trage /
und zu Papier projectire ein General- und in physicâ elegantiori wol-gegründete Disposition des
gantzen Werckes; da nicht allem die jeni [14] gen Dinge / die
würcklich zugegen seyn: sondern auch andere künfftige hinein gesetzet werden. Welchen letztern
imutittels gut ist / hin und wieder einen ledigen Raum zu lassen / hiemit um eines oder zweyer
neu-ankommender Stücke willen / das gantze Werck nicht allezeit umgesetzt / und von Fach zu
Fach geändert werden darff: oder die gegenwärtige Dinge anfangs was weitläufftiger von einander
zu setzë: so kan das / was ferner darzu kommt / ohn alle Müh fein artig an seinen gehörigen Ort
dazwischen gethan / und nur etliche / die ihm zur Rechten und Lincken die nächsten / ein wenig
fortgerücket werden.
§. 5. Aus respect des Zimmers oder Kammer-fält dieses zu bedencken: (1) Das es fein geraum /
und so wol für ankommende frembde Personen zum hin- und wiedergehen / als auch für eine
viereckigte lange Taffel / langhin in die mitten zu setzen bequäm; oben gewölbt / und nicht
getäffelt; ringsum gemauret / und nirgend bemahlt / es seye dann nur am obersten Mittelstein /
und daran gehenden Regeln des Gewölbes; unten mit Reguliren Marmorsteinern gepflastert; und im
übrigen genugsam für Mäusen / Ratten / Katzen / einnistelnden Schwalben / einbrechenden Dieben
/ Wind / Staub / Platzregen und Feuers-Gefahr verwahret; wol (doch nicht übermäßig) mir
Fenstern versehen und lichte: wie sonst auch von gesunder / reiner und trockener Lufft; und
nach Erträglichkeit des Gebäudes / gegen Süd-osten fürnehmlich / oder zum wenigsten gegen
Süd-Westen / keines weges ader gegë Norden situirt.
§. 6 (2) Das Natural-Sachen / als das Principaliste / darinnen mit allerhand
Artificial-Dingen nicht überhäuffet werden: sondern gleich wie allenthalben Bibliotheken / mit
denen dazugehärigen Kupffer-stücken / Land- und Seekarten / Frembd und unterschiedener Arten
Papier / von Seiden / Bast / Rohr und dergleichen / nahe bey Kunst-Kammern constituirt, und
also besonders zu finden: So muß auch in Naturalien-Musèis selbst / an Artificial Sachen / die
etwan aus Europa, aus Ost- und West- Indien zusammen gebracht / kein Uberfluß nicht seyn / und
entweder dergleichen Dinge gantz außgelassen / und in absondere Gemächer gethan / oder die
Sachen mehr Ratione Materiae, als Ratione Artificii ac Usus, zu andern Natural-Sachen sortirt /
oder / wo gieichwol in einem absonderlichen Schranck und Ort unterschiedliche Artificialia
gethan / und in einem special Catalogo registiret / ihre Materie jedoch / daraus Sie
fürnehmlich gemacht / den Haupt Catalogo der gantzen Neturalien-Kammer einverleibt / und mit
den übrigen pur-Naturalien-Cörpern / nach physicalischer Ordnung reducirt, und als so viel
außerlesene Objecta einer wol-gegründeten curiösen Technico Mathematischen Experimental-Physike
/ in richtigster Ordnung / gehalten werden.
§. 7. Und unter itzt-erwehnten Artificial Sachen / mit ihren gehörigen Behältnüssen / stehen
benahmentlich diese / nebenst schon-erwehnter Bibliothec: (???a.) Ein Antiquarium: dessen
ansehnliche Exempel bey den alten Römern wir albereit umbständlich aus Plino (lib. 35. c. 2.
und Alex-ab Alexandris, libr. 5. genial. dier. c. 24.) zu nehmen haben. Und kommen heutiges
Tages dazu allerhand schöne Gemälde / Monumenta, Inscriptiones, Statuen / Heidnische
Brust-Bilder / geschnitzt- und gehauene / oder gegossen / mittel und kleiner grösse Statuen /
von Menschen und Vieh / die eigentlich Lateinisch Sigilla (gleichsam so viel / als kleine Signa
dòla) genennet werden: Item allerhand Aschen-Töpff / und Trähnen Gläser der Alten; überbliebene
Lampen von viel-Jährig-brennenden Lichtern; Strick und Stränge von alten unverbrenlichen
Leichen-kleidern / von Amiantho oder Stein-Flachs gemacht; und dergleichen. Fürnehmlich aber /
oder nicht minder / allerhand frembde oder sonst verwahrens-würdige alt- und neue Müntzen /
Madaglien, und Geprege / von Gold / Silber / Ertz / anderer Materie / die an stat des Metalles
je mahls vor Geld gebrauchet worden sind: dergleichen dinge nur allein theils asservirung in
gewissen saubern Schräncken und Schub-laden / theils gründliche Wissenschafft und kenrnüß /
wackere Historicos, Genealogisten und Philologos erfodert / und in der Hoch-Fürstl.
Gottorffischen Bibliotheck daran keinen mangel hat. Wozu auch gezogen werden können seltzame
alt- und neue Kleider vielerley Nationë; derer etliche bald im anfang itzt gedachter
Gortorffischen Kunst-Kammer der hochderühutte Herr Olearius beschrieben. Wie nicht minder eine
absonderliche Dactylothec, oder Behältnis von allerhand Finger-Ringen. (???) Ein Cabinet von
vielerley Mathematischen Instrumenten / so woll Musicalischen / als zu allerhand Abmessen und
Astronomischer / oder auch Chronodictischen opservirung und andern Sachen dienlich: als da sind
groß- und kleine Perspectiven / Micriscopia, Brenn-Gläser / Prysmata, Polyedra, Mettallen- und
Gläserne / platt und runde / erhoben und hohle / Cylindrisch- und kegel-förmige Spiegel / zu
vielerley Ergötzligkeit / steh-heng- und lauffende Schlag- und Zeiger-gemein- und Perpenticulir
- Uhren; versuchte / doch noch zur Zeit noch nirgend beständig - gaugbahre Mobilia oder
Moventia Perpetua, mechanicé constructa; ja der unvergleichliche grosse / vom Wasser getriebene
Erd und Himmels Globus, praesentirende gantz artlich die Erde in Convexo, und den Himmel in
Concavo mit unterschiedlicher grösse der Sternen / in welchem Globo 9. 10. biß 12. Persohnen
stehen / und dieses künstliche Firmament und ihre Köpff und Füsse sich herumb waltzen sehen
können / hat allein verdient ein eigenes / in dem Hoch-Fürstli [15] chen Viridario gelegenes Hauß zu kriegen. Und die gleichfals treffliche / vom künstlichem
Schraube-werck gemachte ungemeine grosse Sphaera Armillaris Copernicana, die nicht wie andere
unbeweglich da stehet / sondern alle motus Planetarum ciraca Solem Hypothesi illi congruos
darzeiget / hat gleichfals meritirt, den jenigen von der Kunst-Kammer geschiedenen ansehnlichen
Ort auff der Gottorffischen Bibliothec, und ist nicht ohne Verwunderung anzuschauen. [7] Ein
Armamentarium oder Rüst-Kammer: Worein gehören so mancherley Wehr und Waffen der alten Römer
vnd unserer näheren Vorfahren / oder auch heutiges Tages der Jap???nier / Sineser / Americaner
/ Lapp- und Grönlander / sc. bestehende in Geschoß / in Handführen / schlexpen / werffen /
hauen / stossen / graben / schlagen / splittern / brennen / einzwengen / klemmen / sc.
benahmentlich Bogen und Armbrust / Köcher / Worff- und Schoß-Pfeile / Picquen / Schilde /
Lantzen / Maurbrecher / Karn / Räder / Schlaudern und Hand Granaten / Schwerdter / Dolche /
Degen / Spaden / Schuffeln / Minier-Kasten / Pedarden / Streit-Hämmer / Morgen-Stern /
Feuer-Mörser / Mußqueten / Feldschlangen / halb- und gantze Cartaunen / und andere dergleichen
hart- lautende Vocales mehr und Consonantes von Metali, mit den Feinden ex Canone zu
disputiren; Item Pantzer / Harnisch / Pantelier und Gürtel sc. Wie nicht minder auch
unterschiedene Art Ketten-Werck / unaufflößliche Schlößer / und frembde Schlüssel. (???) Ein
Technicarchèum oder Technicothecae, von gewissen Kunst-Sachen / geringerer nothwendigkeit: Als
da sind / (ad Fusoriam gehörig /) schön- und nett-gegossen oder geschmoltzen- und dann wieder
verhärtete Sachen / von Glaß / Metall / Gips- oder Wachs: oder (ad Plasticam, Coelaturam,
Tornatoriam, Seriniariam, Texturam gehörig) Curiös-poussirte Wachsbilder / zierliche
Gips-Arbeit / hoch und schön-getriebene dinge von Zihn / Ertz und Silber / nebenst Trinck- und
anderen Geschirren von vielerley gesiegelter Erde / Porcellain, Crystall / Achat / und
Lasur-Stein / wie auch von außländischem Fenchel- und Campher-Holtz / Elffenbein /
Wallroß-Zähnen / Nasen- und Einhorn / und dergleichen???künstlich-gedrehete / regulier- und
irregulire Sachen / von itz-erwehntem und andern Holtz / Bein und Hörnern / wie auch von Silber
und Agtstein / ja auch von Glase; köstliche Kästlein und Laden / von Cypressen und Ebenholtz /
schlecht / oder auch eingelegt mit subtilen allerhand Farben Holtz / Stroh außländischer
Vogel-Federn / Bluhmen-Blättern / Schild-Krött / Stein-werck und Perlen-Mutter; oder auch
Windmühlen / und andere kleine proportionirte structuren / innerhalb Gläser eines engen Halses
/ künstlich zusammen gesetzt; wie auch wunder-künstlich und gleichsam gemahlte / treffliche
Gewebe / gewirckt-gestickt- oder genehenete Sachen / von Seide / Wolle / Haaren / Drat /
fäsichten Wurtzeln / Magney, Seehund-Därmen / sc. oder (ad Matoeotechnicam gehörig) gantze
Gestöck von allerkleinesten Schachtelgen / Leffel und Becher in einem Kirsch-Kern /
weitläufftige gantze Schrifften / die ein eintzig Pfeffer-Korn bedeckt / Pferd und Reuter / die
unzerbrochen durch ein Nadel-öhr gelassen werden können / güldene Flöh- Ketten / und
dergleichen.
§. 8. Denen aber gar viel weiter an Würden vorgehen / und einen mässigen Raum in
Naturalien-Kammern / für allen andern mit bestem Recht finden können / etliche zwar wenige /
aber desto rarere Chymische Kunst-Sachen / die voraus eine lange zeit unverderblich sind; als
etliche Oehle und Balsam / Saltze / Tincturen / oder steiffere und trocknere Mixturen / Arcana,
Electra Metallica, transmutirte Metallen / und calcinirte dinge: zu welchen letztern vornemlich
gehört der sogenante Phosphorus Bononiensis, oder sonderbahre Art von einem Kisel-stein / der
in diesem Seculo zu Bononien gefunden / und biß auff ein gewiß Tempo calcinirt / und alßdann
bey Tage den Sonnen-Strahlen entgegen gejetzt / nicht allein dieselbigen / als in einen Schwamm
begierig eintrinckt / sondern auch eine zeitlang beständig erhält / und nachgehends im finstern
als ein faulglimmend Holtz darzeiget: dessen Ursachen zu ergründen / sich zwar viel wackere
Leuthe bluth-sauer werden lassen / und unter diesen vorauß Licetus zu Padua einen gantzen
Tractat geschrieben; aber er siehet darinn durch das dicke Brillen-Glaß der Peripatetischen
Philosophie: Und niemand von allen den andern hat näher zum Ziehl geschossen / als Mazotta, ein
Pater zu Bononien / in seiner dreyfachen Philosophie: Von welcher Materia aber was ists nöthig
/ viel fernern Redens machen?
|| [16]
§. 1.
NAchdem nun zur gnüge erzehlt / wie nahe- oder ferne allerhand durch Kunst gemachte Dinge
zwar einen absonderlichen Ort verdienen / doch aber / und fürnemlich / Ratione Materiae dem
Universal- Naturalien-Register einzuverleiben seyn; so kommt nun erst recht zu dencken /
welcher gestalt eine so viel bessere Manier nahinhafftig gemachet werde / als ohnmühsam Ich biß
anher vermeinet / fast alle Kunst-Kammer - Dispositiones der Welt zu straffen.
§. 2. Und bedencke ich mich derhalben nicht / frey herauß zu bekennen / was ich meine / und
davor halte / das etliche Rariteten-behältnüsse zwar scheinen / in ziemlicher Ordnung zu stehen
/ und die scheinbahre eintheilung der natürlichen Cörper in Mineralia oder Vossilia,
Vegetabilia, und Animalia zu führen: aber / zu geschweigen / daß vielleicht wol noch andere
Exempel sind / die bey uns noch eine vierte und mehre consideration erwecken: So ists nicht mit
außgerichtet / bey so einer Summarischen eintheilung zu verbleiben / und hernach der
einfältigen Alphabetischen Ordnung sich zu bedienen: sondern man muß weiter dran. Und obs
gleich niemand unter allen andern Autoren / in fernerer eintheilung der dinge / dem berühmten
Olao Wormio (in seinem Musèo es entweder zuvor / oder zugleich gethan: So sind doch viel
herrlich- und nötige Subdivisiones oder fernere Special-eintheilgungen der dinge von Jhm noch
unberührt geblieben / voraus des Muschel- und Schnecken-Wercks / davon die Autores, sie seyn
auch wer sie wollen / über alle massen leicht und flüchtig mit dem Fleder-Wisch drüber her
gefahren / und sich in Special-eintheilungen nicht zu vertieffen getraut / weil sie eine grosse
weitläufftigkeit dabey gemercket / oder auch ihrer Dignität ungemäß zu seyn erachtet / sich umb
so mancherley von der See außgeworffene leere Schnecken - häuser und Muscheln so bekümmern /
die kein Brodt ins Hauß bringen / gleichsam als ob uns schimpfflich sey / das jenige sorgfältig
zu betrachten / was GOtt der HERR selbst Jhme nicht disreputirlich gehalten / nebst andern
Ereaturen der Welt zu schaffen; oder die wahre Philosophie praecisé an das Teusffels-Geld und
Sorgen der Nahrung gebunden sey.
§. 3. Diesem nach getraue ich Mir hiemit gantz steiff und fest / und ohne Ruhmrätigkeit / wie
auch ohne Maßgebung / gelehrter Welt nechstkünfftig darzustellen / welcher gestalt die
Wissenschafft von Natürlichen dingen / oder einiger Versuch / von derselben etwas zu schreiben
/ gantz mit andern Handen / nach dem Geist des heutigen Experimental-Seculi angegriffen werden
muß / als etwa bißanherigen Liebhabern gemeiner Aristotelischer / Plinianischer / und anderer
vollendseinfältiger Legenden möchte erträglich fallen. Allein mich klärer hier schon heraus
zulassen / versaget der enge Raum des Papiers und die kürtze der Zeit.
§. 4. Und wil kürtzlich vielmehr nur von diesem melden / weil so mancherley Cörper in
Naturalien-Kammern / an Grösse / Figur / Sorten und Ankunfft seyn / wie dann wol zu verfahren /
das alles zugleich im ersten Anblick Venerabel und prächtig scheine / wozu gantze Crocodiel /
ungeheure grosse Schild-Padden / außgestopffte weiß und graue Bären / Schwerdt- und andere
Fische / schröckliche Rochen / getrocknete junge Walfische / Carcharias-Hunde / Aegyptische
Mumien sc. Das Jhrige contribuiren; Und gleichwol der geheimen Physikalischen Disposition
innerhald dero viel engeren Fächer / keine gewalt geschehe / gestalt sonsten das gantze
Logiment seinen Splendor und Gratie verlieren würde? So dient zu wissen / und niemand hat mir
hiezu den Weg gewiesen / daß zu dieser Axt ein Stiel folgender gestalt zu machen sey.
§. 5. Erstlich ist klar genung und sonder zweiffel / das Cörper / die etwas groß / ausser den
Repositoriis muß ein Orth gegeben werden: Ich vermeine aber / auß Liebe richtiger Philosophie
und Ordnung / nützlich zu seyn / nicht allein derer Namen und Numer an gehörigen Ort des
Universal Catologi zu zeichnen: Sondern auch in die Repositoria selbst / ein nach verjüngtem
Maß-stab gezeichnetes kleines Conterfait in die jenige stellen zusetzen / wohin das grössere
Orginal / der Physicalischen Ordnung nach / gehöret.
§. 6. Zum andern ist mir auch dieses gar wo??? bekant / das fleissige Kunß-Kämmer er hin und
wieder die ausser den Repositoriis befindliche etwas grosse Cörper / rings umb / und an der
Decke oder Gewölbe sofern annehmlich genung und wol disponiren daß sie einen unterscheid der
grösse der Cörper haltende / gleichsam staffelweise / oder als wie die Orgelpfeiffen stehen /
allezeit die grössern und grössern / biß zu den grösten / und rückwarts wieder herab / nach
einander fügen / und [17] in solcher Proportion, wo sichs thun läst / eine
Wand der andern gleichmässig correspondiren lassen. Aber ich finde auch hier sehr schöne Fehler
/ weil ich gemeiniglich sehe / daß sie zwar die auff- und-absteigende Differentz der Grössen /
nicht aber zugleich auch den Unterscheid der Natur-Geschlechter / oder Arthen der Dinge /
welches am allernötigsten wäre / beobachten / in eben derselben Reyhe / bißweilen ein Armadill
neben einem Strauß-Ey / eine Coccos Nuß neben einem stemern Schwam / oder ein Paradieß-Vogel
neben dem Fisch Remorâ, und was anderen ist zu finden. Worüber ich an denen Orthen / die den
Nahmen einer berühmbten Gallerie führen / und diesen Umbstand gar wol verbessert haben könten /
an meinem Gesichte mich nicht viel minder offendirt befinde / als wenn jemand ein glüend Messer
in meinen Augen herum spatzieren liesse. Welchen: Ubel aber gar leicht zu remediren / wenn man
nur alle grössere Cörper zu erst sortirte / dann über das Repositorium, wo kleine Mineralia
sind / auch grössere Mineralia, und wo Vegetabilia &c. auch Vegetabilia
&c. nach Orgel-Pfeiffen-Manier verfügte. Mich nimt zum höchsten Wunder daß biß dato
noch niemand sonst an diese elende Invention gedacht. Je schlechter sie aber ist je mehr sind
andere überzeuget / daßsie den rechtten Weg einer richtigen Kammer-Disposition nicht genug
verstanden / oder vielleicht / sie zu vollführen / nicht gnungsamen Raum gehabt.
§. 7. Zum dritten und absonderlich / den in den Repositoriis befindliche kleinere Sachen
betreffend / welche Repositoria an etlichen Orten bloß und offen gelassen / oder an andern
mitgefensterten Thüren / vor Staub und Rauberey verwahrer werden; So hat solches so fern zwar
seine geweiste Wege; wenn aber / bey täglich anwachsender Zahl / die Species, beständiger
Physicalischer Ordnung wegen / zum öfftersten hin und her zu rücken seyn / so pfleget nicht
allein mehr und mehr Unlust aus dem vielen umsetzen zu erwachsen: sondern es kommt auch dieses
dazu / daß manchvoraus kleineres / und in vielen Exemplarien bestehendes Ding / wird verworffen
/ zerbrochen / zerdrückt / oder mit andern consundirt. Denn entgegen dencken manche / Sie haben
einen schönen Fund gethan / daß Sie grosse / lange / unten niedrig- und oben etwas erhöhete /
von dem Schreiner in viel kleine Fächer und quadrat-spacia emgetheilte öffene Kasten / als wie
manche Gärtner zu ihren Garten-Saamen haben / gebrauchen. Aber zu geschweigen / daß Ich
mehrmahls mit Verdruß gesehen / daß offt 2. 3. Und mehrerley Species in ein Fach / von kleinen
Dingen / gethan: versiret hierunter sonderlich diese Beschwerlichkeit / daß wenn schon alle
Fächer in so einem-Kasten voll und hernach noch eine andere Species, Merhodo Physica
da-zwischen ist zu bringen / so muß es entweder mit einerley cunfundirt, oder alle / auf diese
Speciem folgende Species von Fach zu Fach aus ihren Winckeln heraus geklaubet werden
§. 8. Derhalben beliebt mir vor mich diese Phantasie / daß ich zu meinen Scriniolis, und
denen darin-befindlichen kleinen Cörpern / so viel deren Species sind / so viel kleine offene
Schublädgen von Blech / und mit öhl-farbe vermahlet / oder deren Boden von Pappe / und die
vier Wände herumb / von dünnem Führnen oder Cypressen Holtz lasse machen / einen Zoll [18] hoch / 2. 3. oder 4. Zoll breit / und 3. 4. oder 5. Zoll lang / nach
Unterscheid der Dinge / (gnung / daß Sie alle einerley Höhe haben / und in Repositoriis
vorwarts als nach der Schnure stehen) und richte darinn eines von den besten Exemplaren der
Specici auf / die andern meistentheils zu boden legend; Aeusserlich aber füge Ich ein Zettelgen
an / mit Auf-Schreibung des Nahmens / wie aus gegenwärtiger Figur bezeichnet mit diesen Worten
/ Coralium Rubrum Fruticescens, ist zu sehen.
§. 9. Solcher Gestalt haben wir zweyerley Vortheil: erstlich kan ein jeder Ankömmling / ohne
viele Dolmetschung / von selbsten sich wegen der meisten Dinge informirt befinden. Und fürs
ander / als solche Scatulae nicht zu compress, sondern in mäßiger distantz von einander
gesetzet werden / kan allezeit gantz bequem eine neue Scatula mit ankommender neuer Specie,
da-zwischen gesetzt / und etliche benachbahrte nur ein klein-wenig näher zusammen gerücket
werden.
§. 10. Wenn manche Exemplaria der Specierum gar zu klein / also / daß sie den obersten Rand
der Schachtel kaum erreichen: und dennoch die Species soll frey gesehen werden; So brauche man
diesen Vortheil: Entweder man fülle die Schachteln mit Sand / oder man formiere ein
vierkantiges / in die voderste halbe Schachtel passendes Stücke feinen Thons (Argillae) oder
Wachs / und setze das Exemplar entweder bloß und aufgerichtet darein / oder wenn sie als
Böhmische Diamanten / geschliffene Nordische Crystallen / oder / seltzam-gebildete
Orientalische Perlen / noch zu klein / thue man dieselbige in ein subtil Confection-Gläßgen /
binde es zu / setze es in die Schachtel / und schreibe vorwarts / wie vorhin gezeigt / den
Nahmen dran / so ist die Sache richtig.
§. 11. Und gleich wie in dem Universal Catalogo es nöthig / die Species nicht nach dem
Alphabeth, sondern Methodicè, nach ihrer Natur in richtige Classes ein zutheilen / anfangende
von Corporibus Meteoricis, und fortfahrende ad Terras, Salia, Sali. Sulfura, Sulfura
simpliciora & Bitumina, Lapides primarios, & Petrefacta, Metalla,
Metallica, & Metallis affinia, indeque ad Arbusculas & Herbas,
Plantarumque Radices, Cortices, Ligna Ramos, & Germina, Folia Flores, Semina
& Fructus, Succos, & Recrementa, biß man kommt ad Hominem Ipsum
& Bruta, ac ut trorumque Partes, & partium Recrementa; porro autem ad
Corpora quoque Difformia, videlicet Lapidie lantas, vel Plant. Animalia &c: Also
ist auch nützlich / und dienet sehr / so wol zur Information der Frembden / als allezeit
frischer Erinnerung des Praefecti, eben dieselbigen Titulos, singulis Specierum Classibus voran
zusetzen / geschrieben auff ein Papier; und dieses vorangeleimet auf die eine Seite eines
länglichen / 1. Zoll-hohen / und fein glatt-behobelten Stücklein Holtzes / wie gleich falls aus
beygefügtem Schemate, cum Titulo de Petrefactis, zu sehen.
§. 12. Und zu itzt-erwehnten Animalibus gehörten zwar auch nun etliche rare Lebendige Thiere:
Aber die würden eine Raritäten-Kammer gar schlecht zurichten. Item außländische Bäume- und
Kräuter gehörten auch darein; aber wer will oder kan aus einem beschlossenen Cabinet endlichen
gar eine Land-schafft machen.
§. 13. Deßwegen ist dieses noch letzlich zu mercken übrig / daß lebende Thiere zwar am
allerbequämsten in grosse Thier-Gärten / Vivariis und Heldern / wie auch groß und kleine
frembde Gewächs in wol-angelegten Lust-Gärten und Pomerantzen-Häussern erhalten werden: es
stünde aber einen Kunst-Kämmerer nicht übel an / zu Perfectionirung Natürlicher Wissenschafft /
und zu Completirung Seines Universal Catalogi, alles dergleichen demselbigen einzuverleiben /
und beynebenst auff Unkosten der Obrigkeit / Ein groß Raritäten-Buch / da alle Ihm bewuste
Raritäten der Welt / in der aller accuratesten
NB. NB. NB.
Ordnung / mit Wasser-Farben / in natürlicher Grösse und Colör / oder / wo die Cörper zu groß
/ nach dem verjüngten Maaß=Stab gemahlt / in groß Folio zu verschaffen / mit da
zwischen-gefügten Beschreibungen / nicht allein wie alles heisse / was es seye / und wohin es
nach Hause gehöre / &c. sondern zugleich und fürnehmlich auch / seiner inneren
Qualitäten nach / und fürnehmsten glaubwürdigen Fxperimenten / die jemahls / und in diesem
Seculo voraus / in Teutschland Italien / Franckreich / Dennemarck / Holl- und Engeland /
&c. in Physico-Mathematico-Sechnicis, zu nützlicher Kundschafft kommen.
|| [19]
§. 14. Ich lebe gesichert / daß solches ein Bibliotheken-würdiges Werck würde seyn: mit
dessen süsser Einbildung aber Ich mich gar gern vergnüge / und in dem großen Buche der Welt /
so gut Ich vermag / mich ergötzend / mit David spreche: HERR unser Herscher / Wie herrlich ist
dein Nahm in allen Landen! Wie sind deine Wercke so groß und viel! Dn hast sie alle weißlich
geordnet: und die Erde ist voll deiner Gütte:
Wer Ihrer achtet / Der hat eitel Lust daran.
Anhang.
DB nun schon bey itzt-heraußgegebenem Praeliminar-Discurs oder Unvorgreifflichem Bedencken
von Kunst- und Naturalien-Kammern ins gemein / es sein gnungsames Verbleiben haben könte / und
also ad Specialiora zu gehen / keine Nothwendigkeit nicht wäre: So habe ich doch vor nützlich
erachtet / den günstigen Leser (1.) Von denjenigen Partheyen / da in folgenden Tractätlein
gehandelt werden soll / zu einem kleinen Vorschmack / einen kurtzen Catalogum dero mir-bekanten
Conclavium, Schräncke und anderer Behältnüsse von Natural-Sachen / darzustellen / hiemit Er
summarischer Weise weiß / wessen Er sich nechst-künfftig zu versehen / und Gelegenheit daraus
nehmen mag / was Ihm noch mehr von dergleichen Dingen hewust / so wol an Kammern / als
Raritäten selbst; wie ich gantz fleissig bitte / zu communiciren. (2.) Vermöge der obigen
Dedication, bin absonderlich Hn. DPfenningen den Abdruck des Altenburgischen dreyfachen
Rosen-Königs schuldig: Und (3.) Herrn Krahmern mein Bedencken von dero mir übersendeten
Brasilianischen Frucht / Kavitz genant / die Ich wenig anders / als vor Mucuna, die George
Marggrav beschreibet / halte. Folget derowegen kürtzlich hiemit der am Monath Julio schon in
Quarto von Mir herauß-gegebene / und nun hin und wieder vermehrte.
I. CATALOGUS. Oder Index Alphabeticus, (Juxta Situs Locorum dein aliter disponendus)
deutende auff uhr-alt- und neue / groß- und kleine / voll-kommen oder erst angefangene /
mir-bekante /
Kunst-Antiquitäten-Schatz- und fürnehmlich Naturalien-Kammern / Conclavia, Musea,
Repositoria, oderauch nur kleinere Scrinia.
Rerum Naturalium Selectiorum, bey Ansehnlichen Stands- und Privat-Persohnen inn- und
außerhalb Europae.
Agra in Indien.
Der große Mogol.
Altorff.
D. Mauritius Hoffman.
Amsterdam.
N. Blaeu.
N. Bruyn.
N. Colbius.
Joh. Port.
Georg Reinst.
N. Rulters.
D. Schwammerdamm.
N. Volker.
Arle / oder Aquae Sextiae.
Peireskius.
Augspurg.
D. Georg. Hieronymus Velschius.
Basel.
Remigius Feschius.
D. Platerus.
Berlin.
Churfürstl. Durchl. zu Brandenb.
Bevensen im Lüneburgschen.
Sigism. Schellhammer.
Bononien.
Ulysses Aldrovandus.
N: Vintimiglia.
Breßlau.
Joh. Kretschmar.
|| [20]
D. Laurea, und nach Ihm die Volgnadii, Gebrüder.
D. Laurentius Scholtzius, und nach ihm N. Kalenberger / und nach diesem N. Crusius.
D. Philipp. Jacobus Schsius, Bourdeaux.
N. Raemundus.
Brüssel.
Die Jesuiten.
Cölln.
Herr von Fürstenberg.
Constantinopel.
Käyser. Jbrahim Bassa.
Cusco in Peru.
Inga / König.
Dantzig.
N. Breynius.
N. de Noyens.
Darmstadt.
Landgraff von Hessen.
Delpht.
D. Dacket.
D. Gravesande.
D. von der Meer.
Le Revier.
Dresden.
Churfürstl. Durchl. von Sachsen.
Enkhüsen.
D. Paludanus.
Florentz.
Groß-Hertzog.
Franckfurth am Mayn.
D. Horstius.
Friedrichstadt.
N. Ovenii Socer.
Geißlingen.
Joh: Ludwig Guetius.
Genua.
Edel-Lenthe.
Gotha.
Hertzog Ernst. Durchl.
M. Reyher.
Gottdorff.
Hertz. Christian-Albrecht / Durchl.
Haag.
N. Nieropius.
Johann Schellhammer.
Hall in Sachsen.
Fürst Albrecht.
Laurentius Hofmannus.
Hamburg.
D. Fogel.
D. Hußwedel / nachgehends in Schweden.
Johann Mossauer.
David Schellhammer.
N. Sivers.
D. Otto Sperling.
Hanau.
Graff Friedrich Casimir
Harburg.
Partold de Longon
Hildesheim.
D. Friedrich Lachmund
Jena.
D. Rolfinck
D. Wedel
Jerusalem.
König Hiskias
Inspruck.
Ertzhertzogen von Oesterreich
Kiel.
J. D. M.
Koppenhagen.
Königl. Majestät.
C. Thomas Bartholinus.
Herr N. Charisius
D. Henrich Fuiren
D. Olaus Wormius
Sassen Lauenburg
Hertzogen daselbst
Leipzig
N. Bosius
Bürgemeister Lorentz
N. Meyer
D. Elias Sigism: Reinhard
Leyden
Anatomie-Kammer.
D. Johann Horn
N. Knolter
Medicinalischen Gartens Ambulacrum
Londen.
Königliche Societät
Johann Tradesco
Lübeck.
Doctor NN
Lyon.
N. Serviel
Magdeburg
Herr Otto de Gvericke
Malta
Johann Franciscus Habela
Mantua
Fürsten Gonzagae
Meyland.
Manfredus Septata
Meßina
D. Petrus Castellus Mexico
König Monzuma
Mompelier
N. C astellanus
Jubertus
München
Ehur. Fürstl. durchl zu Bayern
Neapolis
N. Caraffa
N. Cioffi
Donatus, Eremit
Ferrandes Imperatu???
|| [21]
Königl. Stadthalter
N. Scipani
Nürmberg
D. Mich: Rupert Besler
Herr Dilher
D. Hillinger
Raths-Bibliothec
Padua
N. Bonavidius
Bruzi
N. Corradinus
Sala
Speronius S.
Sertorius Ursatus
Parieß
Guil. Musicus
Pretesegle
Cardinal Richelieu
Pictou
N. Coutantus
Pisa
Medicinische Facultät
Prag
Kay. und Könige in Böhmen
Rudolphus I Churf. zu Sachsë Pratolin
Groß Hertzog von Florentz
Puna in Peru
Inga, König
Quedlinburg
N. Homburg
Rom
N. Aldinus
N. Angelonus
Kayser Augustus
Barberini
Barberini
Burghesii
Fürst Federicus Caesius
Fabius Columna
N. Corvinus
Fabricius Christianus
Farnesii
N. Gualdi
N. Guilandinus
Athanasius Kircher
Es soll auch Paul Boccon in seinen Observationibus de Reb: Nat: unterschiedliche Muséa
erzehlen: welches Buch mir aber noch nicht zu Gesicht kommen. Und schweige / was hin und wider
bep Materialisten und Apotheckern von Ratitäten in unterschiedener abundantz zu finden. Item
Forgesio, einem Engeländer habe
Ludovisii
Maffaei
Matthaei
Franciscus Peregrinus
Asinius Pollio
Cassianus à Puteo
Wilhelm Riva
Schweinfurth
D. Bausehius
Stetin
M. Rango
Straßburg
Baar-Füsser-Closter
Münster
Stuttgard
Fürst-Würtembergi Durchl.
Venedig
Foscarini
N. Grimani
Joh. Franciscus Loretan
Sanct Marcus Kirche
N. Rosinus
Rusini (wo nicht eben derselbe Rosinus ist)
N. Vendramenus
Veron
Calceolarii
Ludwig Moscardi
Vlissingen
del Cornè
Ulm
Joseph Furtenbach
N. Weiekmannns
Uranieuburg
Tycho von Brahe
Wedel
Johann Rist
Weinmar
Weiumarsche Fürstl Durchl.
Wien
Kayserl-Majestät
Wolffenbüttel
D. Conerding
Zürch
D. Conrad Geßner
ich noch keinen gewissen Orth assignirt / weil Er mit seinen Selecten Sachen durch Holl- und
Deutschland bald da bald anderswo gewesen. Imgleichen finde ich / daß in Schrifften von
Cimeliarchéo Ambrosiano, und Vindobonensi meldung geschicht: ins künfftige aber wird specialer
davon geredet werden.
|| [22]
Altenburgischer Drey-facher
Rosen-König.
DIese schön- und herrliche dreyfache Rose / gewachsen aus einem einzelen Stiel / der mitten
durch alle 3. pàrticulir-Rosen gehet / centifolien Arth / und billig vor einen König aller
andern Blumen / ja aller Rosen selbst zu schätzen / hat geblühet Anno 1657. zu Altenburg in
Meissen / in Herrn Christoff Richters Garten / und ist von dannen zu erst abgemahlt / hernach
zum Kupfer-stich befödert von weiland Herrn D. Leonhardo Ursino, Medicinae &
Botanicae Prosess. daselbst. Weil ich aber gesehen / daß solcher Abdruck nicht vielmer zu
bekommen / habe ihn / zu Conservirung des billichen Gedächtnüsses dieser Blummen-Königlichen
Rarität / mit eigener Hand vom Kupffer-stich abgerissen / und 6. oder 7. Reichsthaler
ungeachtet / bey einem perfecten Meister in Holland / in Buchsbaum-Holtz / welches so viel
zierlich- und deutlicher läst / copeylich schneiden lassen: die nun dem Herrn D. Pfenning / mit
wiederholtem anfangs-gethanen Wunsch / zu seiner Hochzeit wolmeinentlich thu verehren. Und dieß
so vielmehr / weil mir uns erinnern / daß der liebe. Mann (wolgedach [23] ter Herr Ursius) unser beyderseits Praecepròr gewesen ist: ein Mann / in Potanico Studio
voraus unersättlich / und nachgehends / als ein viel zu emsiger Zephyrus, gleichsam in der
Schoß seiner allerliebsten Florae, oder Blumen-Ergötzlichkeit / tödtlich verblichen. Zu Lübeck
hab ich Anno 1665. zu Ende Monaths Junii auch eine dergleichen Centifolien-Rose mit meiner Hand
gepflücket / in dem Garten meines Seel. Schwiegervatters / Herrn Herman Pinciers / Praefecti
magni & Senioris im hochwürdigen Thumb-Capitel daselbst.
Von der Arth und Weise / wie dergleichen Bluhmen-Verdoppelung vorgehe / wäre was zu
speculiren; Aber ich muß mich der kürtze gebrauchen. Meine unvorgreiffliche / Meinung / nach
der heutigen Reformirten Philosophie / ist die: Alle Kräuter und Bluhmen bekommen ihr Wachsthum
durch Hülffe der Fermentation. Das Principaliste in solcher Fermentation ist der Spiritus, oder
das aller-subtilst-reinst-unbalsamischte Wesen / was in dem gantzen Erd-Gewächse zu finden ist.
So lange solche Fermentation währt / so lange wächst auch der Baum oder das Kraut: Wenn die auf
höret / so stehet auch der Wachsthum stille / die Blätter verwelcken / und sie / sambt Saam und
Früchten fallen ab. Gleich wie nun alles / was subtil und flüchtig ist / mit dem Icaro sich
gern in die Höhe giebet; also auch dieser Pflantzen Spiritus und wüttert im vegetabilischen
Cörper so lang herum / auf- und abwärts / als Sonnen-Strahlen / oder als ein Spiel-Ballon / der
anstossend an ein Wand / von dannen hin und wieder zu rücke prallet; biß mehr-gedachter
Spiritus obenwärts einiger maßen / doch nicht gäntzlich / zu freyerem Durchbruch kombt; und
also sich durch-reissend- oder durch arbeitende / zu oberst durch etliche kleine Schweiß Löcher
der äussersten Haut / an dem Gipffel des Erd gewächses; reißt mit sich etliche gröber und
schleimige Elemenratische Cörper / die solcher gestalt nebst ihm hernach zu. Bluhin- und
Früchten werden.
Nach dem nun dergleichen / von innerlichen fermentirenden Spiritu aufgerissene Löchlein groß
und klein / viel oder wenig / rund oder eckicht / lang oder kurtz / regulier oder irregulier /
in naher oder zerstreuter Ordnung stehen; nachdem schickt sich auch die Zeit / Größe / Colör /
Anzahl / Figur / und Situation der Blätter an / und nachdem ein Kraut mehr' oder minder von
solchem Spiritu hat; wie auch / nachdem die äusserliche Wärme der Lufft mehr oder minder
dergleichen Fermentation befödert / nachdem befinden wir solches aus dem Effect mit Händ und
Augen: und wünschen den Peripateticis einen schönen Bonus die, die in diesen und dergleichen
Dingen nichts anders wissen / als von ihren formis specificis zu reden.
Ich habe inmittels aus berührtem Principio vor diesem einen fürnehmen / und in Natur-Sachen
nicht schlecht-erfahrnen Cavalier zu perf???adiren versucht / ob Er nicht zu zeit / wenn den
Hirschen die jungen Hörner beginnen zu wachsen / rings-herum mit einer Lanciet, eine regulire
Scarification in Radice recens-crescentium corniculorum möchte lassen thun / umb hernach solche
Geweyhe an dem Kopff des Thieres zu kriegen / derer Spritzen / als 2. Krohnen neben einander
hervor-wachsen möchten: aber ich habe nichts außzurichten vermocht / da doch die Natur
unsselbst den Weg zeiget / so wol in Bluhmen / in so mancherley Hahnen-Kämmen / Schwämmen der
Bäume / als Hirsch-Geweyhen; in denen eben darum so eiue große Varietät zu finden ist /
aldieweil / bey erstem hervor-brechen der Hörner / die Schweiß löcher der Haut nicht bey allen
in einerley Ordnung und Situation werden geöffnet / indem sich die Thiere an Bäum und Höltzer
reiben / den horn-treibenden Conatum der Natur (oder Impetum Formae Specificae Peripateticae,
dadurch so viel mehr zubefördern.
3. Brasilianisch Lavitz / oder Muncuna.
???INmittelst erinnere mich aus obiger Dedication, daß gleichfals Herrn Krahmern Ich eine
freund-willige Relation meiner Meinung von dem mir zugesendetem Kaviz Brasiliano hiemit
abstatte. Welches nichts anders war / als eine leere Schale / von einer außländischen Frucht /
darinnen 2. Phaseoli, oder Türckische Bohnen / also zu reden gewesen / in der Größe / als in
folgender Figur sub signo ??? und ??? zu sehen; an Colör äusserlich dunckel-brau / als etwan
der beste Cannnöhl oder vielmehr die Cassia Caryophyllata pflegt zu pariren / und inwendig
zugleich auff etwas gläntzende Aschen-Farbe fallend / dieweil die vielen subtilen Fäser / aus
welchen die gantze Hülse / gleichsam als ein Filtz gewürcket ist / insanffter gedämpfter
Ordnung glatt an ein anderliegen. Eusserlich aber wird man itzt-gedachter Fäsemchen genungsam
innen / indem sie nicht allein augenscheinlich zu sehen sind / welcher Gestalt sie / als eine
subtil-herauß-stehende Castanien-braune Wolle / an beyden Seiten der lang-herab-gehenden zweyen
Runtzeln / die sub Signo ??? etlicher massen angedeutet stehen / und höher nicht an denselben /
als etwan der Schimmel / am Brod / hervor-wachsen: Sondern auch / die Haut nur ein wenig damit
gerührt / ein schmertzhafftes Jücken [24] und Röthe / die so bald nicht
wieder vergehet / als davon ???lentstanden ist / erreget eben auff solche Arth / als wenn einer
mit Nesseln gehauen worden / oder etwas von Feder-Weiß (Amiantho) in die Haut gerieben.
Deßwegen dann wolgedachter Herr Krahmer gar artig schreibet / es seye sehr scharff / Actu non
Potentia. Welches / gar bequam raisoniret / Ich nach heutiges Tages-Alamodischer Phisike / das
ist / nach Anleitung der unläugbaren Sinnen / so erkläre: Die Nesseln und dieses Kavitz erregen
Hitze / Schwulst und Schmertzen an unsrer Haut / nicht wegen ihrer hitzigen Qualität / die von
dem Peripatetischen Figmento ihrer Formae specificae herrühre; sondern wegen ihrer stachligen
Figur / die in der Textus ihrer Mate. riae ist gegründet. Weres nicht glauben will / der setze
Brillen auff / und sonderlich nehme ein gut Microscopium vor die Hand; so wird er in
Vergrösserung nichts / denn gleichsam ein Igel-
Fell / Kastaneen-Balg / ja eine augenscheinliche Versammlung gleichsam vieler Näh-Nadeln
dieser Dick- und Länge / nur daß das Oehr oder Auge dran fehlet / sehen. Wenn diese derhalben
fein scharff in die Haut hinein kommen / so wird diese zwar subtil / aber so viel ??? tieffer
gemacht; das aller-subtileste Geblüth tritt hin und wieder aus / und nicht weiter fortkommende
/ wegen Engigkeit der Wunde / hebt an zu fermentiren / und wegen solcher Verhitzung der
äusserlichen Haut eine Hitzige Schwulst zu geben / die Schmertzen mit sich führet: und
dergleichen Dinge heissen die Galenici hernach / mit Ehren zu melden / Calida in quarto Gradu,
gleichsam als ob sie wegen excessiv-hitziger Complexion dergleichen hitzige Schwulst
veruhrsachet hätten. Und ist dieses Brasilianische Kavitz / meines erachtens / wenig anders /
als die außländische Klee-formige / und alhier sub Signo ??? beygefügte Pflantze / die Georgius
Marggravius (L. I. Histor. Natural. Brasil. cap. 19. p. 10.) unter dem Nahmen Mucuna darstellt.
Nur dieser Unterscheid ist zwischen beyden / daß der Autor die Länge der Frucht setzt auf eine
Spann / und drüber: diese unserige aber ist über 3. Zoll nicht lang. Worauff gar leicht kan
geantwortet werden. Hernach werden die äusserlichen Runtzel der Frucht beym Au [25] tore, transversim oder in die Quere gesetzet; und in meinem
Exemplar stehen sie in die Länge. Was ist hierauf zu sagen ? Ich versichere den Herrn Krahmer /
und alle andere / so dies lessen / daß in den Figuren des Marggravs und Pisonis Ich
unterschiedene Extravagantien von Ihren Orginalibus gefunden / berührende nicht aus Schuld der
Autorum, sondern aus Unwissenheit des Mahlers oder Form-Schneiders; dergleichen Leute in
Verfertigung einer Figur nothwendig irren müssen / wenn sie selbe nicht nach dem Leben / und
Original, oder nach einer richtigen Copia, sondern nur bloß nach einer / Ihnen vorgelegten
wortlichen Beschreibung / und also / so gut sie können / nach ihrem bedüncken machen; in
welchem Fall auch wol der allerklügste fehlen kan. Und halte derhalben davor / daß die Autores,
in Mangel und Erinnerung des Originalis, zum Künstler etwan werden gesagt haben: Macht mir so
und so eine Frucht / äusserlich rauch / und mit Runtzeln. So hat der Mahler vielleicht gedacht
/ es gar zu gut zu machen; da derer Runßeln nicht mehr denn zwey erhobene auff jeder Seite sind
/ die Länge hinab / und derer hingegen wol mehr denn 8. oder 9. in die queer gemachet.
Solches ist meine Meinung / die sonderlich Herrn Krahmern / und Seinein Geehrten Herrn
Schwager / [Tit. ] Herrn David Schellhammern in Hamburg zu Gefallen / unmaaßgeblich zu Papier
gebracht / und dem letztern zugleich ergebensten Danck sage / daß aus Seiner curiosen
Rarität-Schachtel Er mich so wol damit / als mit zu gleich übersendetem Cipero Babylonico, und
Pipere AEthiopicô, beschencken / wie auch sonst fernem Annehmlichen Beyschub zumehrer
Raritäten-Erforschung / gewogenst Sich anheischig machen wollen. Befehle sie derowegen
beyderseits so viel hertzlicher Gottes Schutz zu allen continuirenden Wohlvergnügen.
NB.
Noch specialer Vorbericht an den geneigten
???Leser /
So wol dieses / als nechst-künfftigen Tractätleins.
In denenselben wird von folgenden Dingen gehandelt werden.
Cap. 1. Von den kostbahren Raritäten eines Ingae, Königs in Peru.
2. Von der überaus-kostbahren Curiosität des letzten Mexicanischen Königes Montezuma.
3. Von Schatz- und Raritäten-Hauß des grossen Mogols in Ost-Indien.
4. Von dem Schatz-Hauß und Naturalien-Kammer Königs Hißkiä zu Jerusalem.
5. Vom einer seltzsamen Drachen-Haut auff der alten Bibliothek zu Beyzantz.
6. Von Kunst-Zimmer Ibrahim Bassae / auch zu Constantinopel.
7. Von Herrn Johann Francist. Habela Vernunfft-Kammer / auff der Insul Malta. Und
8. Vom Naturalien-Gemach des berübmten Medici / Petri Castell in Sicilien.
|| [26]
Vorstellung etlicher Kunst- und Naturalien-Kammern / in America und Asia.
Dem Hoch-Edlen / Vest- und Hochgelahrten
Herrn D. Georgio Hieronymo Velsch /
Fürnehmen Patricio und weitberühmten
Medico zu Augspurg;
wie auch
Dem Edlen / Ehrenvesten und Wolgelahrten
Herrn ???Lornelio Langermann /
Wolfürnehmen Materialisten und meritirten Ober-Alten der Stadt Hamburg.
Meinen sonders Großgeneigt-respectivè, Vielgeehrt- und Schwägerlich-geliebten / sehr wehrten
Gönnern und Freunden:
EBen gegen dieselbige Zeit / da meinem Hoch-Geehrten Herrn Doctori Ich die Dedicirung
gegenwärtigen ersten Special-Tractätleins von Kunst- und Naturalsen-Kammern zugedacht / habe
Desselben mir sehr angenehmes anderes Antwort-Schreiben vom 15. Octobris, und das dabeygefügte
Titularische Verzeichnüß dero Ihmbekanten Raritäten-Gemächer / so vieler Er Sich fürnehmlich
aus Italien und Franckreich erinnert / empfangen; und dannenher so viel minder mein
freund-ergebenstes Gemüth / nebst schuldigen Danck für diese seine so liebe Affection,
verbergen sollen: Ihn warlich versicherende / daß gleich wie seine gantzungemeine Lehr- und
Sinnreiche Erfahrenheit / sein unabläßicher Fleiß / und mehr und mehr sich häuffende Meriten
bey gelehrter Welt / ihm vorlängst den Weg zur Nahmens-Unsterblichkeit bereitet: Also meines
theils nichts mehr verlange / als durch solch gantz billiches Bekäntnuß meiner Ergebenheit /
Ihm nechst-künfftig zu so viel umbständlicher Nachricht mehrer / zu meinem zweck dienender /
Dinge / freundlich zu locken; der ich zwar von 20. Jahren hero / eine unveränderte Beliebung zu
dergleichen Dingen gehabt / und deßwegen manchen hoch- und geringern Orth / und Gaben der Natur
/ mit einiger Attention betrachtet / zu geschweigen / was ausser dem / in so wol gedruckt-als
geschriebenen Reise- und Länder-Beschreibungen / oder andern guten Büchern / nebst münd und
schrifftlicher Correspondenz, mit bey müssiger Zeit noriret: jeden̅och aber in
der Menge dero so manigfaltigen Landschafften und Gaben der Natur / ober und unter der Erden /
und täglich sich häuffenden mehr und mehr Anmerckungen curiöser Leute / mich nicht mässigen kan
noch sol / bey guten Gönnern und Freunden / bißweilen ferner noch aus dero Erfahrung / einen so
viel grössern Zusatz zu gegenwärtigem von allen andern fast-unversuchtem Werck / zu schöpffen.
Als derohalben an geneigtem Annehmen dieses itzigen Special-Tractätleins / von Seiten des Herrn
Doctoris, Ich keinen Zweiffel trage; so verlanget mich täglich nach Versolg mehrerer Nachricht
/ aus Seinen Gemüths-Schätzen desto vollständigern Reichthum zu erlangë / als der mit mir
offentlich / und vielleicht / nicht ohne eine billiche kleine Indignation, bekennen muß /
welcher gestalt in Curriculo Studii Naturae heutiges Tages / absonderlich die Doctrina de
Cameris Naturalium dispositis hucusque, & accuratiús disponendis, in die Anzahl
derjenigen Wissenschafften zu rechnen sey / die noch zur Zeit meist-unberührt geblieben.
Gleich wie aber zu glücklicher Anlage / Vermehr- und Completirung eines Naturalien- oder
Raritäten-Gemachs / gar schwerlich zulangen wil / das jenige / was ein curiös Gemüthe etwa
durch vielen Fleiß da und dort mit eignen Händen / aus der Seel / oder oben und unter der Erden
colligiret / und / einen gleichsam-kurtzen Begrieff der Natur / in gewachsenen Originalen
selbst / seiner und anderer Gemüths Belustigung vorzustellen; sondern / nach Erträglichkeit
eines jedweden Vermögens / vonnöthen ist / so wol durch fleissige Correspondenz, als
würcklichen Einkauff unterschiedener selecter Dienge / frembde Hülffe zu suchen / hiemit / so
zu reden sein Hauß nach und nach voll werde; also pfleget / zu diesem letzteren / die löbliche
Kauffman [27] schafft / und in deroselben der allersauberste /
delicat-gesundest- und unserer Medicin und curiösen Wissenschafften sehr-nahe-trettende
Materialien-Handel / den allerkräfftigsten Beyschub zu thun / indem die Herrn Materialisten die
meisten Sorten der Dinge / die inn- und ausserhalb Europa / in Ost- und West-Indien / die
Schooß der Erden und See / an Thieren / Gewächs- und Mineralien / zur Gesundheit und
physicalischer Belustigung des Menschen hervor bringt / in herrlicher abundanz, uach
erheischender Nothdurfft und Bewandnüß Ihrer Commercien / in Ihren Häusern haben / und eben
deßwegen den honorabeln Titul der Materiariorum oder Materialisten führen / von dem Wort
Materia, welches entsprungen scheinet von dem Wort Mater; dieweil Sie nehmlich so manche schöne
Sachen / so die allgemeine Mutter der Dinge / die gütige Natur / zeuget / vor jedermans Augen
und zu beliebter Erhandlung stellen: oder auch Miropolae und Aromatarii, wegen der köstlich-
und besten Sorten gedachter Wahren / nehmlich Gewürtzen / fürtrefflichsten balsamischen Oehl
und Specereyen; die Gott der HErr selbst so hoch geehrt / daß derer / als eines sonderbahren
pertinenten Stückes zum Räuchfaß Aaronis, und den Levitischen geistlichen Ceremonien / zum
öfftersten in H. Schrifft wird gedacht? ja gar dieselbigen geheiligt / das ist / zur
Zubereitung des heil. Salb-öhles (Exod. 30. v. 24.25.) benahmentlich diese Specereyen / nach
Apothecker-Kunst zusammen zu setzen / verordnet hat / nemlich / die an balsamischen Kräfften
reiche / ädelste / flüssende Myrrha / oder Stacte; den Hertz-erquickenden Cinnamet; den
wolriechenden / glieder-stärckenden / Aromatischen schönen Calmes; die so wol an angezogenem
Orth / als sonst (Psal.45. v. 9.) nachdencklich gepreste Cassien oder Kezia; und Oehl vom
Oehlbaum. Unter welchen durch itzt-gemeldte Cassiam, Josephus, im 3. Buche von alten Jüdischen
Geschichten / cap. 9. und Castalio (in der Lateinischen Biblischen Version) die Iris oder
Viol-Wurtzel / andere Autores was anders / und ich / ohne jemandes praejuditz, jedoch nicht
ohne erhebliche Ursache / das kostbahre Agallochum, auff Teutsch Paradieß-Holtz / oder dessen
geschiedenes / und zur Zerflüssung so viel bequämer gebrachtes Hartz / verstehe. Und ist dabey
zu mercken / daß / meines bedünckens / weder an angezogenem Orth des 2. Buches Mosis / durch
das Wort / Apothecker-Kunst / noch im Hohen Lied Salomonis (c. 5. v. 13.) durch die
Würtz-Gärtlein der Apothecker / oder sonst / eben praecisè der heutiges Tages von der
Materialien-Handlung abgesonderte / und in specie also-genandte Apothecker-Stand zu verstehen
sey: sondern gleich wie das Wort Apothecke / an und für sich selbst / ein allgemeines Wort ist
/ deutende auff Behältnüsse / Kammern / und Repositoria solcher Dinge / die sich irgend an
einem Ort zu künfftigem Gebrauch asserviren lassen / als da sind / Getreyde / Früchte / Wein /
Oel / und nit allein Medicamenten; ja allerdinges auch Wehr und Waffen / wie umbständlicher
hiervon in vorhergehendem Tractätlein (von Naturalien-Kammern insgemein / (cap. 4. §. 18.) von
mir erörtert worden: also haben vor alters solche Titul allerdings meritirt die kostbaren / und
bey uns voraus grossen Verlag erfordernde Behältnüsse der so wol roh-als etlicher massen
zubereiteten Medicamentorum Simplicium: um welcher Fürtrefflichkeit willen biß dato noch unter
den Italiänischen Medicis selbst diejenigen / die Ihren Scholaren den Nutz und heilsamen
Gebrauch gedachter Simplicium erklären / einen von Ihren besten Tituln halten / daß Sie
Simplicisten / und die Herren Materiarii, die solche Dinge auffrichtig zuhanden schaffen /
Simpliciarii genennet werden.
Unter welchen zwar / was itzt-gedachte Italiäner betrifft / einer von den Gelehrt- und
berühmtesten gewesen ist / kurtz vor unserer Zeit / zu Neapolis / der sehr-curiöse Mann /
Ferrandes (oder Ferdinandus) Imperatus: von dessen fürtrefflicher Naturalien-Kammer
nechstkünfftig / wenn erst von Constantinopolitanischen / Maltäsisch- und Sicilianischen
Naturäl-Raritäten / und dero Besitzern / wird tractiret seyn / mit Fleiß sol gehandelt werden.
Und mag hier nur so lange dienen das Zeugnüß welt-kündiger gelehrter Leute / die des erwehnten
Materiarii zu Neapolis / und seines Naturalien-Gemachs mit Ruhm gedacht / benahmendlich der in
Blumen-verliebt-schreibende Jesuit / Johann. Baptista Ferrarius, (lib. 4. Florum Culturae, c.
2. p. 437.) und nach Ihm Kircherus, der / dem Nahmen und Schrifften nach / Unsterbliche /
(Mund. Subterr. lib. 8. Sect 1. c. 9. p. 39.) und vor diesen beyden / der gantz-curiöse Edle
Herr Fabius Columna, an unterschiedenen Orthen seines von mir neu publicirten Tractats de
Purpurâ; wie auch nachgehends so wol in Italien / der auß Westphälischem Minden gebohrne / aber
zu Padua hoch meritirte Medicinae Professor, Joh. Veslingius, (de Plantis AEgyp. c. 30.) als in
Teutschland Pflaumerus (part. 2. Mercur. Ital. pag. 59.) D. Sachsius zu Breßlau / (vid. Ann. I.
Ephemer. Naturae Curiosorum, Obs. 131. pag. 293.) D. Simon Schultz zu Thoren / (Ann. 111.
Ephemer. Observ. 190. pag. 360.) und ausser Teutschland der welt-berühmte Herr Th. Bartholinus,
an etlichen Orthen seines netten Tractas vom Einhorn; wie auch Cent. 1. Ep. Med. 49. pag. 201.
Aber von unserm gemeinen Vatterland vielmehr / dem Teutschen Reich / zu melden; wem ist
hierinnen wol unbekant das löbliche Beginnen der gute weit-auß sehende Verstand / un̅ die reichlich-blühende / durch gantz Teutschland / ja durch Europa / berühmte
Materialien-Handlung Seines Seel. Hn. Vatern / Tit. Hn. Paul Lan [28] germanns / Mein sonders-geneigt - liebwerthgeschätzter Herr Schwager? Welcher sein
Vatter / hiemit Er den von GOtt und dem Glück Ihm gleichsam in die Hand gegebenen güldenen
Schlüssel zu den bewehrtesten Apothecken mehrentheils Teutschlands und der Nordischen Reiche /
in Seinen Erben erhalten möchte / hat Er keiner Unkosten gespahrt / so wol seine /
stets-richtig-geführt- und deßwegen sehrhoch gebrachte Handlung / durch unablässige
Correspondenz, und was dem anhängig / in gutem Esse zu erhalten: wodurch sein Hauß hin und
wieder / in allen Winckeln / Kammern / Keller- und Söllern / gleichsam zu einem täglich-sich
veränderndem Schauplatz so mannigfaltiger schönen Gaben der Natur / und vieler kostbahrer
Raritäten worden / deren theilskläglichen und schädlichen Brand / der sich vor ohngefehr 11.
oder 12. Jahren in Hamburg ereignete / ich Ihnen nicht mag in schmertzhafftes Gedächtnüß
bringen: als sonderlich Ihn / mein viel-geneigter Herr Cornelius Langermann / als ältesten
seiner Herren Söhne / von Kindheit an / in vätterlichen / so-schönen Fuß-Stapffen zu behalten /
und bey anwachsenden Jahren / durch auffgetragene viel-jährige Reisen in und durch Italien /
Franckreich / Spanien / Engelland / Holl- und Teutschland / mehr und mehr qualificirt zu
machen. Zu geschweigen / mit was vor Ruhm und Nutzen des Hn. Schwagers nächster Herr Bruder
(Tit.) Herr D. Langermann / fürnehmer Medicus, und Ihrer Hoch Fürstl. Durchleucht. zu
Braunschweig / sc. biß anher wohlbestellter Archiater, zu Seinem Zweck en particulier / so viel
weitere curiöse Reisen / biß über die Grentzen Europä / gethan; und / welcher gestalt des
Drittens von Ihnen / (Tit.) Herrn Paul Langermanns / und der übrigen Herren Brüder / hurtiger
Geist / mit nicht-geringerm Lobe Ihrer respectivè Professionen / in Londen / Hanover / und
Hamburg sich täglich finden lassen.
Denen allen demnach / als theils Liebhabern / theils Selbst-erfahrnen frembder Länder / und
löblichen Besitzern vielfältiger / von dannen herkommender Raritäten / unter dem Nahmen meines
groß-geneigten Herrn Schwagers / als Primogeniti, gegenwärtiges von Americanisch- und
Asiatischen Natural-Sachen handlendes Tractätlein / wolmeynend wil dediciret haben / Sie
freundlich bittende / Sie geneigen / solches für ein kennbahres Zeichen / nicht minder meiner
begierigen Curiosität / das in offentlichen Schrifften noch nie außgeführte
Kunst-Kammer-Studium möglichst in Ordnung und in die Höh zu bringen / als sonderlich meiner
unverfälschten Affection und Geflissenheit gegen Sie samt und sonders / anzunehmen. Womit Sie /
nebst allen / die Ihnenlieb / Göttlichem Gnadenschutz auffs fleissigste befehle / un̅ bleibe
Meines insonders Großgeneigt-Hochge Ehrt- und liebwerthen Herrn / Respectivè Herrn Doctoris
in Augspurg / und Herren Schwäger
dienst-ergebenst- und schuldigster Freund
Kiel / den 15. Novembr. 1674.
D. B. D.
Das I. Capitel.
Von den kostbahren Raritäten und Prang-Zimmer Ingae, Königes in Peru.
§. 1. ALs nun in vorhergehendem Tractätlein so wol von Kunst-als Naturalien-Kammern und
Behältnüssen / zur Gnüge erwiesen ist / warumb und woher Sie entstanden / wie vielerley
deroselben Nahmen seyn / welcher gestalt Sie eine Gemeinschafft miteinander haben / oder nicht
/ und sonderlich / auff was Arth und Weise die Natural und wiederumb die Artificial-Sachen / à
part auffs accurat- und ordentlichste von geschickten Curatoribus und so genandten
Kunst-Kämmerern / zu disponiren seyn / mit gethaner Beyfügung eines ansehnlichen Verzeichnüsses
dero biß-anher mirbekandten Raritäten-Gemächer der gantzen Welt / so wol heutiges Tages / als
vor Alters; bey so wol privat-als höhern Stands-Personen / inn- und außerhalb Europa; doch so /
daß man die daselbst-namhafft gemachten Städte und Länder nicht Geographisch / sondern nur bloß
nach dem Alphabet erzehlt / umb so wol der Memorie, als curiöser Begierligkeit des geneigten
Lesers / ohn allen Zeit-Verlust zu dienen / und klärlich vorzustellen / an welchem Orthe der
Welt dergleichen Musea oder Scrinia jemals an Tag gekommen: so hat mir gefallen / von allen
denselben / und denen / davon mir aus Lesung Selecter Autorum, und continuiren der
Correspondenz deßfalls mit wackern Leuthen / so wolmünd-als schrifftlich / noch ferner was
kundig werden wird / absonderlich zu handeln / und / verlassende nunmehr die vorige Anleitung
des Alphabeths, der situation der Länder / so viel möglich / nach zu gehen; den Anfang machende
von denen / so uns am allerentlegensten sind / und immer näher und näher einwarts rückend / so
lange / biß wir an einer gewissen Stadt / unsers geliebten Teutschlandes / und in demselben
benahmentlich unter den drey schönsten Städten / an der Allerschönsten von ihnen / der Käyser-
und Königlichen Stadt / Breßlan / als meiner liebwerthesten Vatter-Stadt / das gantze Werck /
beruhen lassen.
|| [29]
§. 2. Und theilen derohalben die jenigen Städt oder Orte dero biß anher bewohnten Welt / da
jemahls meines wissens / einige Naturalien-Gemächer / oder kleinere Raritäten-Behältnüsse
gewesen sind / oder noch sind / hauptsächlich und summarischer Weise ab / in diese 3. Reviere;
daß sie nemlich / (erwehnte Städte) gelegen sind / oder auch noch liegen / entweder gantz
ausser Europâ, oder an Gräntzen Europae, oder in Europâ drinnen / und gleichsam in deroselbigen
Schoß.
§. 3. Was also immittelst und hiemit die Qerter die ausser Europâ sind / belanget; so werden
solche zu unserm Zweck / in Americam und Asiam entschieden. America oder West-Indien wiederumb
in das Südliche / und Nordliche: und unter den Ländern Americae Meridionalis, oder des
Südertheils von West-Indien / so von Christen biß anher erobert worden / ist Peru oder Peruvia
das fürnehmste / gröst- und edelste; dessen Haupt-Stadt / ja die fürnehmste Stadt in der
gantzen mittägischen neuen Welt / ist Cuscum, oder Cusco, so weiland / vor der Spanier Ankunfft
/ die Residentz war der Ingarum, oder der Könige und Monarchen von Peru: eine grosse / ins
viereck-gebaut-gewaltig- und feste Stadt / und au Schönheit nit viel weichende / den gröst- und
zierlichsten Städten in Spanien und Franckreich; ja in gantz Europa: an einem lustigen Ort
gelegen / befestigt mit einem Schloß / und sonderlich mit 4. der fürnehmste̅
Paläste / die aus lauterm Marmor und den allerschönsten Quater-Steinen köstlich erbauet /
prangend; wie der Autor des kleinen Atlas (Edit Germ. part. 2. p. 387. a.) bezeuget / und
folgendes darbey setzet: Ihre Gassen sind allesam̅t nach der Schnur geführet /
Creutz weise abgetheilt: und wird keine unter allen gefunden / durch welche nicht ein schönes
lauters Bächlein fliesse / die beyderseits mit Steinen eingefaßt sind. (Wiewohl sie nachgehends
/ nach Ferrarii Bericht / in Lexico Geograph. Vom Erdbeben übel zugerichtet seyn soll.)
§. 4. In dieser fürtrefflichen Stadt nun gleichwie die Ingae oder Peruanischen Könige / Ihr
fürnehmstes Reichthum beysammen gehabt; also hat absonderlich der Letzte von Ihnen gantze
Wercke von Gold auffgeführet / und an herrlicher Pracht / allen Peruanischen / und andern
heydnischen Königen es weit zuvor gethan / wie Erasmus Francisci, im dritten Theil (pag. 1689.)
seines Ost- und West-Indianischen Lust-Gartens berichtet. Denn seine Burg oder Königl. Schloß
ist nicht mit Kalck und Steinen / sondern mit lauter gediegenem Gold bedeckt gewesen: und
nechst der Burg ein Garten / der mit nichts anders / denn Gold gepflastert: und Bäume darein
mit ihren Blättern / Blum- und Früchten / in schöner Ordnung gesetzt / nicht lebend / grünend /
oder wachseud / sondern gleichfalls von Golde / in grosser abundantz, und Lebens-Grösse / also
/ daß selbiger Garten gleichsam einen von so viel Sonnen gläntzenden Wald präsentiret; und fast
jemand in Zweiffel gerathen solte / ob in der gantzen Welt so viel des besten /
gelb-gläntzenden Metalls zu finden seye: Ich aber am allermeisten über diesen an Gold
unersättlichen Midas mich verwundere / daß der so gar abscheuliche Uberfluß von den leb-losen
so vielen Klumpen Dreck ihm endlich einmal kein Grauen oder Verdruß erwecken können. Ja man
will sagen / daß auch sein Sarg / und sein gantzes Grab-Gewölbe von klarem Gold gewesen: und
viel andre Dinge mehr.
§. 5. Doch / daß ich zu unserm Zweck wiederumb näher komme / und des falls auch etwas
Lobwürdiges von Ihm erzehle; so ist zu mercken / daß gleichwohl bey solcher seiner Prodigalität
diese Art einigerley Curiosität bey Ihm mit eingelauffen / daß nehmlich Er nicht allein gantz
güldene Bäume im Garten / wie gedacht / sondern auch so wohl in-als ausserhalb desselben / so
vielerley Geschlechter und Arten von vierfüssigen Thieren / von Vögeln / Würmen / Kräutern /
Blumen / und anderer Erd-Gewächse / in gantz Peru gewesen / deroselben nach dem Leben gemachte
Bildnüsse Er von pur-lauterem Golde / und mit kostbaren Edelsteinen auffs herrlichste
ausgeziert / und in gewissen Gemäch- und Kammern seines Königlichen Pallasts ordentlich
auffgesetzt / zu täglicher Belustigung gehalten / nicht allein wegen der Materie / woraus
solche Bilder gemacht / sondern auch wegen der äusserlichen Figur / und so mannigfaltiger
Gestalt der Dinge; und also sich über-curiös bemüht / die Reichthümer der Natur / gleichsam in
einen kurtzen Begriff / und güldenes Register zu bringen. Welches aber nur ein Todten- und
Schatten-Werck gewesen / gegen dem / was in folgendem Capitel von Montezumâ, dem Mexicanischen
Könige / nach Darzwischen-Setzung folgender wenig Zeilen / bald erhellen wird.
§. 6. Denn / ehe wir dazu gelangen / dient folgendes noch von Ingâ, dem Peruanischen Könige /
zuwissen. Er nemlich hat ferner auch ausser festen Landes / weit von Cusco / seiner Residentz /
am äussersten Theil des Königreichs / auff der Insul Puna einen so viel köstlichern Garten und
Schloß gehabt / und offters sich dahin begeben; in welchem gleichfalls alles von Silber und
Gold gleichsam geblitzet: und sonderlich ein gantz kostbares Prang-Zimmer dabey gehabt /
worinnen zugeschweigen dero von Gold und in Lebens-Grösse abgebildeten allerhand Arten von
Peruanischen Land-Thieren / Vögeln / Fischen / Bäum- und Pflantzen / gantze göldene
Riesen-Bilder gestanden. Alles Koch- und Trinck-Geschirr / alle Eß- und Tafel-Servitz, von
Golde; und warumb nicht / ja warlich ohn allen Zweiffel / auch s. v. den Stuhl und Nacht-Topff
/ von Golde? dergleichen Insolentien ohngefehr Martialis zu Rom an Bassâ bestrafft / mit diesen
Worten (lib. 1. Epig. 38.)
|| [30]
Ventris onus misero, nec Te pudet, excipis Auro: Bassa, bibis Vitro: cariùs ergò cacas:
Das ist:
Schämst du dich / Bassa / nicht / ins Gold dich zu entbürden: Du trinckst aus Glaß: und
hältst den Mist in höhern Würden.
Das II. Capitel.
Von der noch kostbarern Curiosität des Mexicanischen Königs
Montezumae.
§. 1. ABer noch noch viel überflüssiger / ja zu allen Zeiten unvergleichlich / und
grösserntheils nützlicher sind gewesen / die aller hand Natur-Sachen / so wol copeylich von
Gold / Edelgestein und Silber / als in selbständig- und lebendigen Originalien bestehende
curiöse Reichthümer des Montezumae, Muteezumae, oder Motezumae, letzten Königs in dem mächtigen
Königreich Mexico / welche die fürnehmste Landschafft ist von Neu-Spanien im Nordertheil der
neuen Weltja wol in gantz America; seinen Namen habende von Mexico / der daselbst gelegenen
berühmt- und gewaltigen Königlichen Haupt-Stadt und heutiges Tages Residentz des Königlichen
Spanischen Statthalters / bestehende in vielen schönen Pallästen / und mehr dann 70000.
Häusern.
§. 2. Denn von Seinen ( des Montezumae) daselbst befindlichen unterschiedlichen kostbaren
Pallästen / Gärten / Lust-Seen / Thier- und Vogel-Häusern / so wol in-als ausserhalb der Stadt
/ berichtet der im vorigen Capitel angezogene sehr-fleißig-curiöse Autor, Erasmus Francisci, im
dritten Theil seines Ost- und West-Indianischen Lust-Gartens (pag. 1719, seq.) aus einem andern
Scribenten / folgende Dinge / die ich allhier / zu gegenwärtigem Zweck / etwas kürtzer zusammen
gezogen.
§. 3. Unter denselbigen Pallästen hat König Montezuma einen Garten / und in dem Garten ein
Lust-Hauß gehabt / darinnen alles von Marmel und Jaspis auffs beste ausgearbeitet gewesen. Es
waren darinnen allerhand Lust-Pfüle oder Seen / auf welchen allerhand Meer- und andere
Wasser-Vögel in grosser Anzahl zu finden: und zwar für die See-Vögel / Seen voll Saltzwassers.
Für die Strom-Vögel süß Wasser. Dergleichen Seen rein zu halten / sie zu gewisser Zeit
abgelassen / und dann wiederumb / vermittels dazu-gehöriger Canäle / bewässert / und sonderlich
jetzt-bemeldete so mancherley Arten Vögel / täglich mit Fischwerck / Würmen / Maitz / oder
kleinerer Saat / und anderer ihnen bequämer Nahrung / versehen worden. Welches alleine nur was
für ein kostbares Thun muß gewesen seyn / mag beynebenst dahero etlicher massen ermessen werden
/ daß zu blosser Fütterung dieser Vögel / 300. Män̅er verordnet gewesen sind /
die sonst nichts anders zu thun gehabt; und ausser diesen sonst noch andere / von welchen die
Vögel / wenn es die Noth erfodert / mit Artzneyen und andern Hülff-Mitteln erhalten worden:
welche Curiosität warhafftig an diesem Americanischen grossen Alexander / (und hätte bald
geschrieben / andrem Salomon / so viel nemlich die Beföderung weltlicher Wissenschafften
betrifft /) billich auffs höchste ist zu loben.
§. 4. Er hat ferner auch ein grosses / und am Boden / mit unterschiedener Art Marmor
kostbar-eingelegtes Theriotrophéum oder Thier-Hauß gehabt / in welchem viel kleinere Häußlein /
oder grosse Vogel-Gebaure / von ohngefehr 9. Füssen; worinnen vielerley Raub-Vögel gespeist /
und gehalten worden; und sie mehrentheils mit Hünern füttern lassen; welches letztere jedoch /
einer unnützen Verschwendung fast nahe kommende / so viel minder zu rühmen stehet. Und haben
hernach dergleichen Vögel-Häuser ihre Endschafft durch schädliche Feuers-Brunst erlanget.
§. 5. Noch mehr: an einem andern Ort hat Er grosse höltzerne Kasten gehabt / in welchen Löwen
/ Tiegerthier / Wölffe / Füchse und allerhand Art zahm- und wilde Katzen an einem andern Ort
Knaben und Frauens-Personen / die von Natur weiß an Haut und Haaren: unb wiederumb anderswo
seltzame Mißgeburten / so wohl weib-als männlichen Geschlechts; Zwerge / Höckerichte / und viel
andere Menschen-Wunder: deren einem jedweden Er absonderliche Behältnüsse und Zimmer / wie auch
gewisse Leute / die ihrer in Kranckheiten gepflogen / zueignen lassen. Und ist / kurtz davon zu
melden / dieser so gar curiöse Pallast des Königes Montezumae, ein kurtzer Begriff der Gaben
der Natur seines Königreichs / und gleichsam der andere Kasten Noä gewesen.
§. 6. Woran Er jedoch sich nicht vergnügt befunden: sondern / gleich wie von dem Ingâ in Peru
in vorigem Capitel gedacht / also hat dieser Mexicanische Monarch an einem Theil zwar sich
gleichsam als einen klugen Alexander und Salomon / an dem andern aber zugleich als einen in das
leblose Gold gar zu sehr verliebten Midas erwiesen; indem er nicht allein aller lebendigen
Thiere Geschlechter / die in seiner Herrschafft zu finden gewesen seyn / in denen so kostbaren
Vivariis, Lust-Seen / Häldern / Thier- und Vogel-Häusern / Kasten / Gebauern / Zimmern / und
Cabinetten in Originali gehabt; sondern auch derer Bildnüsse von Gold und Silber: und zwar so
lebhafft gebildet / daß solche kein Europäischer Künstler besser hätte machen können.
|| [31]
§. 7. Ja etliche solcher Abbildungen hat Er gar von Edelgestein bereiten lassen / so
geschicklich / daß kein Mensch leichlich zu errathen vermocht / mit was für einem Instrument
sie so künstlich bereitet wären. So solle man auch weder in Wachs / noch in Seiden Gewürck
einige zierlichere Bildnüssen finden können / als Er von blossen und allerhand Farben
Vogel-Federn zugerichtet gehabt: von dergleichen Arth Bildern von Vogel-Federn zu seiner Zeit /
und an einem andern Orth / mit mehren sol gehandelt werden.
Das III. Capitel.
Ob König Montezuma wol gethan / daß er Zwergen und allerhand Miß-geburten / unter seinen
Raritäten / gewisse Behältnüsse zugeeignet?
§. 1.
IMmittelst entstehet aus vorhergangenen Capitels fünfften §. diese Frage; Ob Montezuma wol
fein gethan / daß Er / nebst so mancherley schönen Sorten natürlicher Cörper / die Er so wol in
Originali, und grossen theils lebend als in obberührten Abbildungen von Gold und Silber
copeylich gehabt / zugleich auch vor Zwerge / übel gewachsene elende Menschen / und
Mißgebuhrten / absonderliche bequäme Kasten oder andere Behaltnüsse procurirt, sie mit nöthiger
Speissung / Kleidern / Lagerstatt / und Artzneyen versehen / und diese dergleichen Irrungen und
Fehltritte der Natur / zu einem continuirlichen Spectakel und Objecto lüsterner Curiosität / in
seiner Königlichen Residentz gehalten? Oder / eben diese Frage / in so viel weiteren Terminis,
ohne applicirung auf Exempel / Diseurs weiß / also ein zurichten: Ob Monstra, Ungeheuer / und
Mißgeburthen / oder derer Abbildungen / sich wol in Kunst- und Naturalien-Gemächer schicken?
§. 2. Ursach zu zweiffeln scheinet dieses: (I.) weil dergleichen Dinge außdrückliche
Denckzeichen sind einer sonderbaren Imperfection der jenigen natürlichen Ursachen / von welchen
sie entsprungen. In Kunst- und Naturalien-Kammern aber befleissigt man sich lieber / so viel
möglich / auff die allervollkommensten und rarsten Stücke. (2.) Weil alle oder die meisten
Mißgewächse eine den Augen verdrüßliche Deformität oder Heßligkeit mit sich führen; Da hingegen
in Cabinetten und Raritäten-Behältnüssen / eine allenthalben hervorleuchtende Nettigkeit und
Zier gesuchet wird / als eine von den fürnehmsten Behörungen.
§. 3. Hierauf dient zu wissen / daß angeregte zwey Bedencken so erheblich nicht sein als Sie
scheinen: und mit eben so viel / ja doppeltmehren Beweißthümern / das Wiederspiel gar leicht zu
behaupten. Denn (I.) sind Monstra oder Miß-gewächse eben so wol Gottes Werck / als die übrige
Geschöpfe / ob schon die Dienerin Gottes / die Natur / in Herfürbringung jener / wegen
darzwischengekommenen accidental-Ursachen / die mancherley ändrungen unterworffen sind / etwan
einen Fehltritt gethan / und aus Veranlassung selbiger / zu einer andern intention genötigt
worden / als sonst ihre gewöhnliche / erst- und haupt-sächliche intention oder Vorsatz gewesen
wäre. Was also Gott in der Anzahl seiner Geschöpffe vertragen kan / dem kan der Mensch ja
leichtlich und gern / auch einen Neben-Raum in seiner Curiösität vergönneu.
§. 4. Zum [2.] wil man ja in Curiösen Gemächern mehrentheils Raritäten haben. Was meritirt
aber den Titul der Raritäten mehr / als Monstra? sintemal sie eben deßwegen im lateinischen
Monstra genennet werden / oder ihren Nahmen von der Monstranz, oder Monstriren / das ist / von
offentlichem Darzeigen / und fleissiger Beschauung / führen / aldieweil es rar und selten
geschieht / daß dergleichen Dinge zu Tage kommen: Ja je rarer oder ungewöhnlicher sie sind; das
ist / je weiter sie von der Mittel-strasse der ordinariegehörigen Beschaffenheit abschreiten /
je mehr verwundern wir uns darob / oder haben einige Belustigung davon. Und fällt hierbey nicht
unwürdig zu notabeniren ein / etlicher grossen Herren in Japonien nachdencklich- und
gantznicht-sträflicher Gebrauch / die (wie auch andere Leute daselbst /) nach eigener Erfahrung
/ und schrifftlichem / doch noch nicht in Druck gegebenem Bericht / Herrn N. Schambergers / (in
seiner Japonischen Reise-Beschreibung von Anno 1653.) eine sonderliche Lust haben / an
krumm-gewachsenen / halb-verfaulten und abscheulichen Bäumen / welche sie sehr theur bezahlen /
und ihre schönste Säle mit diesen krummen und halb-wurmfressigen Klötzern zieren; welche sie
bißweilen mit sonderlicher Tieffsinnigkeit betrachen.
§. 5. Oder / ein klein / doch warhafftiges / Exempel von Sachen / die dem Urtheil unsers
andern äusserlichen Sinnes / des Gehörs / unterworffen / kürtzlich mit beyzufügen; so wird
insgemein eine Music / die nur ordinär / nicht sonderlich aestimirt / ob sie schon an und vor
sich selbstë gut genung / dieweil sie keinegrobe dissonantzen gibt / oder dë Regulis
Compositionis entgegen lauffende Fehler führet. Istaber eine Harmonie über alle massë künstlich
un̅ accurat [32] gesetzt / so pflegen wir uns alsdann / denen
die Natur etwas von Judicio Aurium gegeben / zum höchsten zu verwundern / preisen derer
Autorem, und weden darob bißweilen fast halbentzückt. Oder auch / ist eine Music gar zu
abscheulich und übel gesetzt / also / daß sie vom mittelmaß richtiger Güte und einer
ordinarie-erträglichen Zierligkeit gar zu weit hinab / in 1000. dissonantien sich versteigend /
mehr einem Hunde-bällen / Heulen der Wölffe / und Katzen Geschrey / als einer Music zu
vergleichen ist: so pfleget in etlichen Fällen nichts desto minder unsere empfindende Seel
einigerley Vergnügligkeit / auch aus dergleichen monströsen Music zu haben; zum Exempel / in
diesem Fall: Es ist jährlich bißhero ein- oder zweymahl nach Kiel kommen ein blinder Bettelmann
/ welcher sich leiten lassende von seinem vorangeheuden / und an ein mässig Band gebundenen
Hunde / der des Bettlers Weibe von einer Strassen zur andern folgt / mit den Händen ein Lied
auf der Violin / wiewol nur langsam / und mit vorsetzlich falschen (von mir deßfals- genung-
abge- merckten) Griffen spielet; mit dem Mund aber ein Teutsch Lied / von Versen zu Versen /
darein singt / dessen Harmonie / mit der Phantasie auf der Violin / gantz und gar keine
Gemeinschafft nicht hat. Solche so-harte Dissonantien thun musicalschen Ohren un Anfang etwas
meh: welcher Schmertz aber so fort darauff in ein Lachen verkehret wird / in Betrachtung / daß
der lose Hudler / als ob er nicht besser geigen könte / diese verdrüßliche Unordnungen des
Klanges / welcher zu gleich vonder Violin / und aus seinem Mumde geth / dermassen beständig und
ordentlich weiß zu halten / daß auch dem besten Künstler schwer fallen solte / ohne vorherigen
vielen Versuch / es nach zuthun; ja eben so schwer / als einem ist / beyde Armen zugleich in
unverrückter Geschwindigkeit / rund herum in der Lufft zubewegen / doch so daß sie nicht beyde
zusammen einerley Weg / sondern die Rotation des einen Armes von dem Leibe ab / und die andere
dem Leibe zu hielte.
§. 6. Und wäre gar leicht / das jenige / was bißanhero von Opjectis des Gesichts und des
Gehöres gedacht / auch von den übrigen 3. Aeusserlichen Sinnen / zu erweisen / wie nehinlich
alles das / was denenselben monströs / ungewöhnlich und seltzam ist / nicht eben nothwendig umb
solcher insolentien willen müsse getadelt werden; ja viel mehr / je weiter und mehr es von
gehöriger mediocrität abgehet, je höher verwundern wir uns darob. Welches wir dann im übrigen
auch in Moralibus zu lernen haben / zum Exempel an König Salomon / und au dem Marcolfus / oder
einem andern Narren. Je von ungemeiner Weißheit jener war / je ein größeres Wunder der Welt war
er auch: und je possirlicher sich ein Narr anstellet / je mehr und hefftiger pflegen fürnehmer
Regenten Höfe / über solche Moral-Monstra, oder abentheurliche Jecken / sich zu ergetzen.
§. 7. Ferner (3.) auf unsern vorigen Zweck allermeist / von Natural-Monstris, und
seltzam-gebildeten Abendtheuren / und das solche / der Naturalien-Kammer gar wol werth seyn /
wieder zu kommen; so lehret die Erfahrung / daß gleichwol viel der jenigen Cörper / und
benahmendlich zwar die / so etwa wegenungemeiner Grösse / im Geschlecht der Menschen / der
anderen Thiere / oder der Erd- gewächse / eine Verwunderung erwecken / nicht eben so fort für
Monstra und Scheusale der Welt zu halten seyn; als da bißweilen sind grosse ungeheure Rettig /
Melonen / hoch- und gefüllte Bluhmen / oder 2. 3. und mehr Bluhinen an einem Stiel / die
ordinarie sonst nur einzel blühen; Dick- und Breite / von 6. 7. oder mehren Stengeln zusam̅en-gewachsene Stengel der Coron-imperial, oder Kayser-Krohne; etlich 20. biß 30.
aus einem eintzigen Gersten-Korn gewachsene Halmen; und dergleichen: inmassen den meisten /
diesem Thun ein wenig- nachdenckenden / unlaugbar ist / und unschwer seyn kan / Sie zu bereden
/ daß solche Extravagantien der Natur / vermuthlich mehr werden de??? Lüsternheit derselben /
einem Wachsthums-überfluß / und plus quam perfection, als einer verhaßt- und verächtlichen
Unvoll- kommenheit / seyn bey zumessen.
§. 8. Und (4.) endlich / gleich wie ein gerin- geres Purpur-Tuch nebenst einem besten gethan
/ wegen dieser seiner Opposition außdrücklich und so viel mehr die Gütte des besseren
vorstellet: oder gleich wie eine schöne Jungfrau den Ruhm preiß-würdiger Schönheit für sich
zwar gnung verdienen kan: fals Sie sich aber mit andern gesellt / die zwar nicht gantz heßlich
/ denen doch die Natur so hohen Grad annehmlicher Gestalt nit gegeben / dem Urtheil der
Menschen so viel durchdringender / liebreich oderauch majestätischer / gleichsam als ein andere
Venus und Juno, durch die Augen ins Herß leuchtet: also ist / dünckt mir / Son̅enklar und am Tage / daß solcher gestalt auch / wokö stliche Raritäten???in Fürstl oderandern
Kunst- und Naturalië-Kammern seyn / dero perfection un̅ Zierde so viel deutlicher
sich äussert / und philosophischen Gemüthern ein so tief-sinnigers Nachdencken erweckt / so
fern alle oder die meisten Stücke / die etwa in einem schönen / licht- und gesimden Logiment /
sauber und ordentlich aufgesetzt / da und dort mit darzwischen-fügung oder auch opposition
unterschiedener / zu ihren Geschlechtern gehörigen / monströser Gestalten ander Cörper / in
originali, oder Copey / so viel mehr illustrit, und beyderseits mit einander /
vergesellschafftet werden.
§. 9. Die Krafft itzt-an geregter opposition, ausser dem / was kurtz nur vom Purpur/ [33] und einer schönen Jungfrau erwehnt / findet sich in tausend Erempeln
mehr. Unter welchen Mir nicht mehr beliebt / als eines noch hierbey zusügen / genommen von der
Architectur. Ists nicht wahr / wenn ein guter Baumeister seinen lehr- begierigen Jünger
sorgfältig unterweist / wie er so wol zu Papier / nach verjüngtem Maaß-stab / alle Theile eines
schönen Gebäudes nach dem Modulo der oder jener Säulen- Ordnung richtig proportioniren / oder
im grossen Werck selbsten hernach sein eigen Winckel- Maaß / Bley- Wage / Schnur und Loth / da
und dort anlegen / oder andern / solches zu thun / ohne augenscheinlichen Irrthum / anbefehlen
solle; so hat Er so fern sein Ampt verrichtet: Und wenn das Gebäude hernachmahls selbst / zu
glücklichen Stunden aufgeführet ist / so verdienet es / seiner Regularität wegen / seinen Ruhm?
welche Regularität sich gründet auf die natürliche Proportion der Glieder des menschlichen
Leibes / worauf der köstliche Autor, Vitruvius, alzeit mit höchstem Eifer und Fleiß gegangen
ist / wie solches theils Bernhardus Baldus (de Verborum Vitruv. Signis. sub tit. Denticuli)
etlicher massen bezeugt / schreibende: Magnus Naturae Imitator erat Vitruvius, &
Monstoru??? osor & exagittator; das ist: Vitrivius war ein grosser Nachfolger der
Natur / und gehässiger Verfolger unförmlicher ungeheuret Wercke; theils Vitruvius selbst so
viel deutlicher uns lehret / in dem Er (libro 4. Archit. cap. I. §. 4.) außdrücklich sich
heraus läst in diese Worte: Non potest AEdes ulla sine Symmetriâ atque proportione rationem
habere compositionis, nisi uti ad Hominis benefigurati Membrorum habuerit exactam rationem; Das
ist: Es kan kein Gebäude / dem es an richtiger Gleich-einstimmung aller Theile desselben unter
sich / und an proportion gebricht / für wol-zusammen-gesetzt gehalten werden / es treffe denn
gantz genau mit den Glied- massen eines wolgestalten Menschen überein. Welches ich mir
vorgenommen hatte / weitläufftiger außzuführen / und der Feder den Lauff zu lassen / eine
summarische Anatomische Civil-Bau-kunst / oder Architectonische Anatomie / zu so viel mehrer
Belustigung des Lesers / anzudenten / von Glied zu Gliede des menschlichen Cörpers / ie minder
von allen Zeiten des Vitruvii biß auher / so ein artiger parallelismus oder Vergleich zwischen
dem Menschen / als Grunde vieler anderr Mathematischen / Wissenschafften mehr / und
absonderlich zwischen den Civil-Gebäuden / in acht genommen worden.
§. 10. Aber noch kräfftig- und erbaulicher wird einein begierigen Schüler der so edlen
Wissenschafft seyn / fals sein Lehrmeister / nach sattsamlich vorgelegten Regeln / worinnen die
Natur eines richtigen Gebäudes bestehe / zum Uberfluß auch bey allen oder den meisten derselben
/ eine außdrückliche opposition und Gegenhalt irrsamer Exempel / die da und dort in der Welt
anzutreffen seyn / vor Augen stelle. Denn solcher gestalt drückt der Schüller / aus opposition
aller beyder / den wahren zierlichen Anstand und gebührende Regularität / so viel tieffer in
sein Gedächnüß ein: dergleichen diese ist / die ich zur Zugabe hiemit wil nahmhafft machen /
betreffende die Förm- oder Unförm- ligkeit der Dächer / in Bürger- und höherer Personen
Häusern.
§. 11. Ein Dach nemlich sol einem Gehäude das jenige seyn / was bey dem Menschen natürlicher
weise ist das Obertheil des Haupts oder auch / ausser dem / der darauf gesetzte Hut. In Italien
derhalben hat es mehren-theils nur platte / gantz nicht-hoch-zugespitz te Dächer. In
Teutschland hingegen / aus respect des mehrern Schnees / hat man die Dächer aus Nothwendigkeit
was höher zu führen / und gleichsam dem Kopff einen so viel höhern und spitzigern Hutt
auffsetzen müssen. Diese Licentz / in Aufführung des Dachs / haben die Zimmer-Leute / und
anderer / der mit dem Menschlichen Cörper harmonischen Bau-Kunst unterfahrne Leute / und nach
und nach weiter extendiret / als sie gesolt / und machen hier zu Lande biß dato die Dächer
dermassen jpitz- und hoch / daß die perpendiculier-Linie derselben gemeiniglich gleich ist / ja
umb ein mercklich Stücke noch vorgeht / der übrigen Höhe der Wand / genommen von der
Unter-schwelle der Thür am Eingang des Vauses / biß auf den untersten Stein des Dachs. Welches
/ daß es seltzam und???ächerlich sey / wer es nicht / als etwa in Vau-Sachen minder erfahren /
degreiffen kanider belustige sich andieser Figur / vorstellende (welch es eben so viel ist)
einen Zwerg / stehende biß an die Hüfften unter einem grossen Hutte
|| [34]
§. 12. Aber genung von diesem nur beyläufftig-eingekommenem Punct / durch Veranlassung der
Pracht- und Raritäten-Gebeude / des Mexicanischen Königes / Montezumae.
§. 1.
SAgäntzlich Americam zu verlassen / und in Ost-Indien / als dem berühmtesten Theil Asiens /
nachgehends in Persien / und Judäa / ebenmässig auch etwas Denckwürdigs / so zu Kunst-
oder-Naturalien-Kammern gezogen werden möchte / hervor zu suchen; so findet sich die grosse /
reich- und schöne / doch nicht gar-alte / und der Form eines halben Monden gleich-scheinende
Stadt Agra / davon auch die herum-liegende Landschafft ihren Namen hat / wie Johann de Laet (de
Indiâ verâ c. I. p. 10.) meldet / und selbige umbständlich hernach von pag. 39. biß 50.
beschreibt; gelegen in der grösten Landschafft Indiens / so Indostan genennei wird: ja fast für
eine Königin oder Königmässige Princessin in Orient zu schätzen / unter dein Gebiett des
grossen Mogols welcher in gedachter Stadt zum öfftersten seine / und zwar fürnehinste
Residentzund Schloß gehabt / welches gedachter Johann de Laet ? (I. d. pag. 40.) beschreibt mit
diesen Worten / die eben nicht nöthig sind / iu Teutsch zugeben: Ad eandem (civitatem Agram)
spricht Er: Regia Arx sita est, totius Orientis maxima & superbissima, quippe penè
quator milliaria Anglica occupans, undiquad; muro, è quadratis saxis structo, circumdata Regis
Palatium & Praetorium, aliaque AEdificia, incredibili magnificentiâ structa. Wie
auch kurß darauf sagt Er ferner: (pag. 41.) Sequitur Regia Arx, cujus muri ad viginti quinque
cubitorum altitudinem è rubro saxo, e. ductisunt, super locum nonnihil editum; Opusstupendum,
& amoenissimo in omnes partes prospectu, praesertim ad ripam Fluminis, ubi opere
cancellato structum est, cum fenestris aureis, è quibus Rex certamen Elephantorum solet
prospicere. Und sonderlich beschreibt Er mit Fleiß mehr gedachte Königliche Burg oder Schloßim
fünfften Capittel desselbigen Buchs (pag. 126. & seq.) wohin sich der günstige
Leser kan verfügen.
§. 2. Hierinnen nun ist des grossen Mogols reichstes Schatz-Haus zu finden gewest / wie
Erasmus Francisei (part. 3. des Ost- und West Indianischen Lust-Gart. p. 1438. ) meldet: und in
dem selbigen / acht grosse Gewölbe / inn- und über der Erde / theils mii Gold theils mit Silber
angefüllet.
§. 3. In einem unter diesen sind lauter Kleinodien und Edelgesteine / Diamanten / Rubinen /
Sappihre / Schmaragde / Oniche / und dergleichen; wie auch Perlen; alle in ungemeiner Grösse /
gesammlet gewesen: welches in Warheit Sachen sind / von kostbarer Curiosität / und Würden.
§. 4. Ein anders ist verordnet gewesen / zu den Geschencken / welche andere Potentaten durch
Ihre Gesandten an den Mogol geschickt.
§. 5. Wir wollen / zu desto-mehrer Erklärung dessen / was itzo vorgebracht / etwas
umbständlicher aus obgedachtem Johanne de Laet, (d. Idc. c. 7. p. 137. seq.) gedencken / und
von dem grossen Reichthum Achaberis etwas mel [35] den / welchen er
seinem Sohn Selim / und Enckel / des Selims Sohne / als Printzen / die zu gedachten Autoris
Zeit gelebt / verlassen.
§. 6. Derer Schatzes Uberfluß gar leicht ist abzunehmen / (I.) aus der Grösse und
Weitläufftigkeit Ihrer Länder: (2.) daß niemand in des grossen Mogols Reiche / als von seiner
Freygebigkeit begüttert gewesen ist; und Er wieder nehment / wem und was er gewolt / sich zum
Erben gemacht aller seiner groß- und kleinen Unterthanen: (3. ) dab, solche Sammlung so viel
Jahr gewehret / und wenig davon wieder hinweg gethan wird: (4 ) ja daß viel den äusserlichen
Fürsten mit Gewalt wird abgenommen: (5.) oder sonst guttwillig vondenselben Ihm täglich
treffliche Präsenten zugesen det werden.
§. 7. Und ist also nit zuschätzen der unsägliche Reichthum / der bloß nur in dieser Königl.
Burg an grossem Vorrath / an gölden-silbern- und ährnen Müntzë / ja an gantzen klumpen und
stücken Goldes / an Geräthschafft von Ertz / Gold / göldenen Arm und Hals-bändern / köstlichen
Porcellainen / ja an gantzen gegossen oder getriebenen göldenen grossen Bildern der Elephanden
/ Pferde / Cameel / und dergleichen / wie nicht minder an so wol Türckisch-als Perstanischen
und andern mit Gold und Silber gestickten köstlichen Decken; allerhand Seiden-Woll und
Baumwollenen Zeugen aus Bengala / Persien / Tartarey und plätzen Europä; oder auch an Zelten /
Lacken / Umbhängen / und Tüchern / auf der Reise / und zu häußlicher Pracht zu brauchen; an
sürnehmen / und köstlich-eingebundenen fast vier und zwantzig tausend Büchern; an groben
Geschütz- und Büchsen / samt dazugehörigen Kraut und Loth / Patron-Taschen / Schwerdtern /
Dolchen / Bogen / Pfeilen / und anderer Krieg / - Rüstung; an schönen geputzten Sätteln / Gold-
und Silber reichen Gezäum / und anderm Reit- und Fahr-Zeuge & c. gefunden worden.
Zu geschweigen / was seines theils Selim nach gehends an geprächten grossen Stücken Silbers /
an geschnitten - und rohen / groß- und kleinen Diamanten / Rubinen / Smaragden / Perlen /
Corallen & c. in großer Menge dazu gethan; oder über dieses noch so manche
köstliche Degen und Dolche / derer Handgriff und Scheiden mit den köstlichen Steinen versetzt;
göldene / gleichfals reich versetzte / und andere Glöcklein / derer man sich des Orths zum
Vogel-fang zu Pferde gebrauchet; köstlich gefiederten Haupt-Hirrath / starck vergöldete Lantzen
/ derer Spitzen mit Edelsteinen besetzt; Sonnen-Schirme; ja zwen Königliche Trohn von Golde /
und drey von Silber; Hundert silberne andere Stühl / und fünff von Golde; 200. kostbahre
Spiegel; schön- und köstliche Becher / Krüge / Schalen / und andere Gefäß zum getrenck; sehr
viel ringe vonhohem Werth; undanders mehr / für sich funden: theils hin und wieder in andern
Schlössern / benahmendlich in der Burg Gaulia, Narva, Ratambor, Hadsier, Rotas, und sonderlich
Lahor, zu sinden gewesen ist.
§. 8. Dergleichen köstliche Dinge ich, meine / vor rechtschaffene / und Kunst- oder
Naturalien-Kammern-anständige Dinge / garwol passiren können.
§. 1.
IN Persien hingegen scheinet / daß wenig oder nichts von so-reichlich- und Curiösem Vorrath
dergleichen Dinge / mag zu finden seyn. Denn / hat es mit Königlichen Paläst- und Lust-Gärten /
und dergleichen sonst-üblichen prächtigen Anstellungen daselbst / so eine schlechte und
zukeinem sonderbahren Splendor angelegte Beschaffen-heit gehabt / als Petrus della Velle, ein
Römischer Patricius, der Pilgramm genennt / im andern Theil seiner Reise-Beschreibung (im
vierdten Send-Schreiben) zu verstehen giebet / und gegen Anno 1618. Denselbigen Theil Orients
besehen: So bleiben wol allerhand rare Dinge / und mit denen einige bequäme Naturalien-Gemächer
/ und Raritäten-Versammlungen / so viel mehr dahinten.
§. 2. Denn (I.) von dem Frauen-Zimmer-Garten beym Königlichen Pallast zu Escrèf, schreibt Er
(pag. 132. a.) also: Auf dem Hügel ist ein verborgen Garten / für das Frauen-Zimmer gemacht /
und mit starcken Mauren und Thürnen umbgeben: nicht gar groß / aber gantz eben / voller Bluhmen
und wolriechender Kräuter / wie auch unterschiedlicher Früchte; insonderheit aber Pomerantzen
und Limonien / in grosser Menge. Ich habe aber (setzt Er dabey) weder einige Laub-Hütten / noch
Spring- Brunnen / noch dergleichen, Lustbarkeiten / darinn gesehen / wie dann NB. In gantz
Orient nichts solches zu finden / weil sit es ent weder nicht machen können / oder nicht
achten. Mitten im Garten / wo die vier Haupt-Gänge den [36] selben
creutz-weiß theilen / ist ein achteckigtes Hautz gebauet / welches gar klein / aber etliche
Stock-werek hoch ist / und vielgemahlte und vergüldete / aber / wie bey ihnen gebräuchlich /
sehr kleine Gemächer hat / allein darinn zu schlaffen und zu sitzen.
§. 3. Dieses Escrèf, wie der Autor vorher [pag. 97. ] berichtet hatte / sol eine /
damals-zubauen angefangene neue Stadt gewesen seyn; davon ich jedoch / nach unterschiedener
fleissigen Nachsuchung in andern Autoribus und Land- Charten / nichts finden können.
§. 4. Unterdessen [2.] von eben demselben / von dem Herrn della Valle nahmhafft gemachten
Orth / finde ich [pag. 132. b. 133. a. ] von des Königes Garten-Hauß ferner folgends: Dieses
Hauß ist auch nicht groß / und hat unzehlich viel Gemächer in unterschiedlichen Stock wercken /
so aber gleichfalls sehr klein / wiewol zierlich gemahlet / und kostbahr vergüldet seyn.
§. 5. Dieses ist jedoch noch etwas Curiös / was kurtz darauf erfolget; daß nehmlich unter
andern eine Kammer seyn soll / so in einem jeden Viereck zween grosse Spiegel / wie ein Fenster
habe. Und diese 8. Spiegel sollen / wie Flärlich zu ermessen / von allen Veiten noch so viel
dergleichen Kammern praesentiren / und auf solche Weise das Gesicht sehr annehinlich betrügen
Von dem übrigen Zierrath aber dieses und der andern geheimen Gemächer (die Sie Wohnungen der
Einsamkeit nennen sollen) bezeuget Er / daß dieselbigen nur theils an köstlich-gestickten
Matratzen / die zu Landsbräuchlichen Nidersiß- oder liegen / und zu des Königs Kurßweil mit dem
Frauen-Zimmer / gewidmet seyn / theils außgebreiteten schönen Teppichten / bestehen sollen.
§. 6. Ingleichen [3. ] von der gar zu schlechten Mahlerey der Persianer setzt der Herr della
Valle so fort dieses dabey: Ich habe in diesem Hauß etliche Mahler angetrosffen / und viel
ihrer Gemählde gesehen. Unter andern wiesen sie mir den König mitten unter seinem Frauen Zimmer
/ welches sange / und auf musicalischen Instrumenten spielete / abgemahlet. Es gleichte aber
dieses Vildnüß dem König so wenig / als mein Gevatter Andreas Pulice mir gleichet. Es sind alle
ihre Gemälde / wiewol sie mit den schönsten und frischesten Farben gemahlet seyn / nichts werth
/ weil sie kein Leben in sich / noch einige Arth haben / und die besten Meister in dieser Kunst
nichts als Stümpler seyn.
§. 1.
DErowegen laßt unsvon Persië hinweg / und zuden Grentzen Europa uns was näher machen; doch so
/ daß wir Palaestinam, oder das Heilige / in Gottes Wort so hoch Gelobte / nachgehends aber
unter der Türckischen Herrschafft gantzlich entheiligte Land / und in dem selben die wiewol
zerstörte / jedennoch zu ewigem Andencken uns angeschriebene alte Jüdische Haupd-Stadt
Jerusalem / nicht unberühret lassen / umb / zu sehen / ???b einige entweder buchstabliche klare
Nachricht / oder vernunfft-mässige scheinbare Muth- massung / irgend woher sey zu schöpfen /
daß itzt-gedachter König Salomon / gleich wie Er ein Herr von allen Gaben des Verstandes /
Glückes / und Macht / von GOtt hochbegabet gewesen / und in allen Wissenschafften versirt, also
die curiöse Intention gehabt / viel rare köstliche Dinge / zu Seiner und Anderer
Gemüth-Belustigung / zu halten / und bequäme Behältnüsse / gleichsam als so viel Kunst- oder
Natu ralien-Kammern / dazu zu deputiren.
§. 2. Waran demnach gantz keinen Zweiffel trage: und sind der Anzeigungen dessen / nach
meinem Bedüncken / gantz sattsam und gnung Denn [1. ] was in der Welt nur einiger massen zu
Vergnügung seines herrlichen Gemüths dienen möchte / gab Jhm GOtt; oder / wie im prediger [cap.
2, v. 10. ] stehet / Alles was seine Augen wünsch ten / das ließ Er (Salomon / durch Gottes
Schickung) Jhnen
. 3. Erthat grosse Dinge / wie eben daselbst [v 4. ] gesagt wird: Er baute Hänser / verstehe
fürnehmlich diese / in 20. Jahren von Jhm vollbrachte / als die allerprachtigst- und
majestätischen zwey; den Tempel / oder des Herren Hauß / und des Königs Hauß; wie geschrieben
stehet im 1. Buch der Könige???cap. 9. v. 10. Welches der Dolmetscher der Thaldäischen
Biblischen version, beym prediger / cap. 2. v. 4 also umbschreibet: AEdificavi, domuna
Sanctuarii, ad expiandum peccata Israel, & domum Refrigerii Regis; &
Conclave, & Porticum, & Domum judicii, de lapidibus dolatis, ubisedent
Sapientes, & exercent Judicaturam.
§. 4. Und [3. ] ausser diesem pflantzte Er Weinberge: (4.) machte Jhm Gärten und Paradieß-
oder Lust-Gärten / (v. 5.) oder Pomaria, das ist / Obst-Gärten / wie in der Vulgatâ zu lesen;
oder Viridaria, das ist / schöne grün- und wolbewachsene Lust plätze / [37] wie in der Syrischen Version stehet; mit welcher das Wort / liebliche Orthe / ode
anmuthig-ergötzende Reviere / aus dem Arabischen Text / mit einstimmet. Und pflantzet allerley
fruchtbare Bäume drein: welche Worte der Dolmetscher der Chaldäischen Version, fast wunderlich
beschreibet mit diesen Redens-Arthen: Ich habe mir daselbst alle Geschlechter von Kräutern
gepflantzet / theils zum Gebrauch ver Speisen und Trancks / und theils zur Medicin, allerhand
Würtz-Kräuter habe ich mir darinn in demselben gezeuget; unfruchtbar- und würtz tragende bäume;
und allerley fruchtbares Bäum Gewächs / die mir die Lemures und Spiritus noxii, das ist / die
Nacht-Gespenste und bösen Geister (ein schlechter Titul für Salomons Kauf Leute) aus Indien zu
gesühret haben.
§. 5. Richt minder [5] machte Er Ihm Teiche (v. 6.) daraus zu wässern den Wald der grünenden
Bäume / oder / wie eben derselbe Dolmetscher aus dem Chaldäischen an diesem Orth so viel
artiger schreibt: Er maß ab oder erforschte ein Behältnüß der Wässer / derer er nöthig hatte /
die Bäum und Kräuter zu befeuchten. Ja (6.) fals mehr-erwehntem Chaldäischen Dolmetscher (v.
8.) zu trauen / so hat Salomon beynebenst Gesund Wasser und warme Bäder (Thermas &
Balnea) accommodirt, und selbige mit Röhren / die warm / und andere die laulecht Wasser
führeten versehen: Vor welche worte aber die Paraphrasis der Arabischen Version hat: Comparavi
mihi Cantores & Cantatrices inter delicias cum Filiis Hominum; nec non Viros ac
Mulieres, Potum praebentes: oder nach der Syrischen; Feci mihi pincernas &
Propinatrices; und nach der Vulgatâ: Scyphos & Urceos in Ministerio ad Vina
fundenda; oder in unserer Teutschen Bibel: Und schaffte mir Wollust der Menschen allerley
Seiten-Spiel.
§. 6. Ja (7.) Er schrieb grosse Bücher von vielerlen schönen Dingen der Natur; und redete
absonderlich (I. Reg. 4, v. 33.) von Bäumen / vom Ceder an zu Libanon / biß an den Isop / der
aus der Wand wächset. Auch (8.) redete Er von Vieh und Vogeln; von Gewürm und Fischen.
§ 7. Am allernachdencklichsten oder denckwürdigsten aber / und zu colligirung der
kostbahrsten Raritäten am aller bequänisten sind (9.) gewesen die durch die Welt beruffene /
allerreichst-beladene / vielmahl wiederholte und glücklich-abgefertigte drey-jährige
Schiffahrten / nach und zurück von Ophir; durch welche Er Ihm pflegt zu sammlen Silber und Gold
/ (Ecclesiast. 2. V. 8.) und von den Königen und Ländern einen Schatz: oder / wie der Arabische
Text meldet / Pulcerrima quaeque Regum & Regionum, das ist / die schönsten Sachen
von Königen und Ländern. Worunter allerdings verstanden / und billich / nach Anleitung des
heil. Geistes selbst / mit eingerechnet werden / allerhand Edelgesteine / und das kostbare
Holtz Almugim, (2. Chron. 9, V. 10.) welches insgemein für Ebenholtz gehalten wird. Zu
geschweigen des Elffenbeins / [l. d. v. 21. & 1. Reg. 10. V. 22. ] davon Er seinen
Königlichen Stuhl gemacht / und mit Gold reichlich außgezieret; zu geschweigen der Affen und
Pfauen; an statt dessen letzteren Wortes jedoch aus Ursachen / die Ursinus Vol. 1. Analect.
Sacr. (L. 3. Anal. 22. & L. 5. Anal. 32.) angesühret / so viel bequemer Papageven
verstanden werden; davon auch beym Lipenio in seinem gelehrten Buch de Navigatione Salom. (pag.
777. und 801.) mit mehrem ist zu lesen.
§. 8. Zu geschweigen endlich (10.) oder nur kürtzliche Meldung hier bey zufügen / von so
köstlichen Geschencken außländischer Könige und Potentaten; davon geschrieben stehet: (2.
Chron. 9. v. 24.) Und Sie brachten Ihm / ein jeglicher sein Geschencke; Silbern- und Göldene
Gesässe; Kleider; Harnisch; Würtze; Roß- und Mäuler; jährlich. Woselbst vor oder bey dem Wort
Würtze / der Syrische Text setzt Myrrhen; der Arabische aber Stacten / oder flüssende Myrhen /
Weyrauch und Würtze. Kürtzlich: Allerhand kösilich-wolrüchende Specereyen.
§. 9. Wer wolte derhalben wol dencken / daß Salomon / als ein Herr / von so hohen von Gott
erleuchtetem Verstand / Macht / Ehre / reichthum / und Curiosität / der zwar wegen deß so
überhäufften Zuflusses von zeitlichem Glück / und dabey ihm gegebener Weißheit / derer eiteler
Dinge endlich wenig geachtet (verstehe / das Hertz nicht daran gehenget) jedoch Sie gantz
keiner Philosophischen Consideration und gewisser Logimenter in seiner Königlichen, Burg solte
werth geschätzet haben? Es stehet außdrücklich ja ferner (1. Chron. 9. V. 25.) geschrieben: Und
Salomon hatte vier tausend Wagen Pferde / und zwölff tausend Reisigen: Und man thät sie in die
Wagen-stätte.
§. 10. Gleich wie er nun diese ebenfals grosse Anzahl der Pferde / oder sonst Roß und Mäuler
nicht hat hinein in die weite Welt von sich hinweg lauffen lassen / wohin sie nur gewolt;
sondern denselben ihre gewisse Stationes und Stallungen assigniret gewesen seyn und also ist
nicht vermuthlich / daß er die köstliche balsamische Gewürtze und Specereyen wird auf die
Strassen verstreut; die ihm verehrten / ohne zweifel schön polirt- und mit E [38] delgestein versetzten Harnische / seinen Bauer-Mägden und Küchen-Buben angelegt;
die prächtigen frembden Kleider zerrissen: die schönen Gefesse zernichtet; Papageyen und Affen
an Bäume gehengt / und mit Pfeile zur Wollust nach ihnen geschossen; das Helffenbein und
Ebenholtz unnützlich verbrennt; Edelgesteine zermalmet; und endlich das überhäuffte Silber und
Gold / das zwar wie Steine auffder Gassen gelegen / deßwegen aber so fort / als Steine / von
sich hinweg geschmissen / oder aber wol gar in Abgrund der See versencket: sondern dies und
jenes an gehörige Oerter und Pletze gethan / und Summa sein gantzes Schloß / zu einer
allerreichsten und prächtigsten Kunst- und Naturalien-Kammer und etlichen tausend Repositoriis
der köstichsten Raritäten gemachet haben.
Das VII. Capitel.
Von Königs Hißkiä Schatz-Hauße gleichfals zu Jerusalem / und denen daselbst befindlichen
Raritäten.
§. 1.
INgleichen finden wir / unter den Nachfolgern Salomons in seinem Reich / von dem frommen
König Hißkia / als dieser von seiner Krauckheit genesen / und von den Babylonischen Gesandten
becomplementiret worden / an zweyen absonderlichen Orthen Heiliger Schrifft / solche Nachricht
/ die wir / als ein zimlich-klares Zeugnüß / von damals-schon-üblichen Schatz- und
Maturalien-Kammern / zu unserm zerck vor gantz genehm und bequäm erken̅en können.
§. 2. Denn in dem (I.) im andern Buch der Könige am 20. Capitel / (v. 13.) gesagt wird;
Hißkia aber war frölich mit ihnen / und zeiget ihnen das gantze Schatz-Hauß / Silber / Gold /
Specerey / und das beste Oehl / und die Harnisch-Kammer / und alles / was in seinen Schätzen
verhanden war &c. oder (2.) in dem mit meistentheilsgleichen Worten beym Propheten
Esaia / am 39. Capitel / (v. 2.) stehet: Und zeiget ihnen das Schatz-Hauß / Silber und Gold und
Specerey / köstliche Salben / und alle seine Zeug-Häußer / und allen Schatz / den Er hatte;
oder kürtzlich (v. 6.) Alles was seine Vätter gesammlet hatten / (daß also Hißkias der Erste /
auch deßfals / nicht zu Jerusalem gewesen): Was ist das anders / als ein Exempel eines
illustren Königlichen Schatzes und Raritäten-Gemachs:
§. 3. Es werden ja außdrücklich hiemit / und mit Nahmen genennt; (I.) in genere oder
insgemein / Schätze: die warlich nicht einem jeden bey offenen Thüren Preiß gegeben / oder
einen jeden zum Raub gelassen / sondern mit Fleiß verwahret / und deßwegen / als was
sonderliches / den Babylonischen Gesandtengezeiget worden seyn; vor welches wort (Schätze
Castalio in seiner Lateinischen Bibel gebraucht das Wort Apparatus, oder Vorrath) / von vielen
schönen Dingen: und (2.) in specie, Gold und Silber; Thimiamata, (bey den LXXII. Dolmetschern)
oder Odoramenta, das ist / köstliche Räuchwerck: Aromata (nach der Vulgatá] oder schöne Gewürtz
und Specereyen: Unguenta optima, vel preciosa, oder / welches eines ist / in der Englischen
Bibel / the precious Oiutment, das ist / die besten und kostbahrsten Salben oder Oleum optimum,
das beste Oel / nach der buchstäblichen Hebräischen version: Balsamum, oder Balsam / bey dem
Castellione, Gutta (nach der Arabischen Bibel] das ist Stacte / [die wir LXXII haben] oder die
beste Myrrhen: item Tus, oder Weyrauch / wiederumb nach dem Araber; ingleichen Pigmenta Varia,
nach der Vulgta, das ist / also zu reden / allerhand frische wol zubereirete Farben und
Mahlerey: und vasa oder Gefäß und allerhand preciöse Geschirr / wie zwischen den Hebräischen
Grund-Text / und bey der Arabischen Version, zu sehen.
§. 4. Und die Behältnüffe selbst dergleichen Dinge belangend / gleichfals als so viel
Naturalien-Rammern des Königs Hißkiae / finden wir mit unterschiedenen gar bequämen / zu diesem
Zweck dienenden / Nahmen benennt / als da sind diese: , oder Domus, ein Hauß:
und zwar Domus desiderabilis, [bey dem Hebräischen Text: ein dem Könige hochbeliebtes Hauß:
Domus Thesaurorum suorum, Sein Schatz-Hauß: Domus vasorum suorum, [wiederumb bey dem
Hebräischen / und der Vulgatà] ein Haus seiner [verstehe köstlichen] Gefäse / oder Geschirre:
Domus Aromatum, [39] gleichfals nach der Vulgatà) ein Würtz
oder-Specereyen-Hauß: Domus Pinacothecae suae, bey (der Hebräischen Version,) ein Hauß seiner
geheimsten Register: Apotheca supellectilis suae, (nach der Vulgatà] eine Apotheck / oder
ordentliche Verfassung seines außerlesensten Vorraths: tous les Cabinets, (nach der
Frantzösischen Bibel /) oder alle seine innerste absonderliche Zimmer: AErarium suum, (nach dem
Arabischen /) oder Sein Königlicher Geld-Schatz; Cella Gazae suae, (nach dem Syrischen und
Arabischen) Keller oder Gewölbe zu seinem Schatz: Cella Aromatum, (nach der Vulgatâ) oder
Würtz-Keller: Omnia Armamentaria sua, alle seine Zeug-Häuser / wiederumb nach dem Syrisch: und
Arabischen) oder bloß nur Armarium, (beym Castalione) das ist / Rist- oder Harnisch-Kammer.
Welches wir alles in den allgemeinen Nahmeneines königlichen Raritäten-Hauses / mit guttem fug
ein- und hiemit dieses / von Asiatischen Pracht-Zimmern handelndes Tractätlein / itziger Zeit
beschlüssen.
Anhang.
Von den Civil-Bau-Kunst / so fern nehmlich der fürnehmste Grund derselben genommen ist.
Von der Proportion der Gliedmassen / unsers Menschlichen Leibes.
IM Neunten, Paragrapho des 3. Capitels / ist durch Veranlassung / von den Zwergen und
Mißgeburthen Königes Montezume in Mexico, zu reden / etwas von dem alten Romanischen / und
höher als Er voriger Zeit gehalten worden gelahrten Bau-Meister Vitruvio, gemeldet worden /
welcher gestalt nehmlich Er allerwegen die Natur zum Pol-Stern und Richtschnur seiner Actionen
gesetzet / und nicht vor wolgebaut erkennen mögen / welches nicht aus der Symmetrie der Glieder
des menschlichen Leibes / guttentheils Dargethan / beträfftigt / und illustritt werden möchte.
Als nunzwar dergleichen löbliche Hypothesin oder gethanen Außspruch des / Vitruvii ich
gedacht hätte / von Glied zu Gliede / aus Exempeln der Anatomie / zu beleuchten / und mich
anheischig machen kan / solches genugsam ins Werck zu stellen: so ist doch auch dieser Raum /
gegen wärtiger Paginae oder Seite / noch viel zu enge darzu.
Dieselbe derhalben jedoch zu füllen; so mag so fern dem geneigten Leser dienen folgedes Stück
auß dem Vitruvio, dareus erhellet / welcher gestalt Gott und die Natur / uns Menschen unsere
eigene Fuß-Stapffen zu einem Maaß oder Modulo richtiger Bau-Ordnungen / recommendiret; und
gedachter Autor kein Narr / oder sonst auch kein blosser Werck-Meister und Handwercks-Mann /
sondern gar viel weiter-hiuaus sehender Mensch gewesen / indem Er seine Wissenschafft auf so
richtigen Grund gesetzt und sonstumb viel andere Wissenschafften mehr / ausser seiner Bau-Kunst
/ aufs fleissigste / sich bekümmernd / schändlich von unsern Vorfahren / die sich an dem
verfürischen Aristotele ammeisten nur vergast / negligirt, und für eine̅ blossen
Architectum (hätte bald gesagt / Zim̅erman̅) oder nit viel mehr
geschätzet worde̅. Die Worte lauten also l. 4. cap. 1. Ibique, (in Iòniâ) Templa
deorumimmortalium constituentes, coeperunt Fana aedificare: & primum Apolini
Panionio aedem, uti viderant in Achaja, constituerunt, & eam Doricam appellaverunt,
quod in Dorieon civitatibus primum factam eo genere viderunt. In ea aede cum voluissent
columnas collocare, non habentes Symmetrias earum, & quaerentes quibus
rationibusefficere possent, uti ad onus ferendum essent idoneae, & in aspectu
brobatam haberent venustatem: dimensi sunt virilis pedis vestigium; & cum in
venissent, pedem sexdam partem esse altitudinis in homine, ita in columnam transtulerunt:
& qua crassitudine fecerunt basim scapi, tantum eam sexies cum capitulo in altum
extulerunt. Ita Dorica columna virilis corporis proportionem, & firmitatem
& venustatem in aedificiis praestare coepit. Item postea Dianae constituere aedem
quaerentes, novi generis speciem, iisdem vestigiis, ad muliebrem transtulerunt gracilitatem:
fecerunt primum columnae crassitudinem altitudinis octavâ parte; ut haberent speciem
excelsiorem, basi Spiram supposuerunt pro calceo, capitulo volutas, uti capillamento
concrispatos cincinnos praependentes dextrá ac sinistrâ, collocaverunt, & Cymatiis
& Encarpis pro crinibus dispositis, frontes ornaverunt; truncoque toto strias, uti
stolarum rugas, matronali more demiserunt. Ita duobus discruminibus columnarum in ventionem
unam virili sine ornatu nudam specie, alteram muliepri subtilitate, & ornatu
symmetriaque, sunt imitati. Posteri verò elegantia subtilitateque judiciorum progressi,
& gracilioribus modulis delectati, septem crasfitudinis diametros in altitudinem
columnae Doricae, lönicae octo semis, constituerunt. Id autem genus, quod lones fecerunt, primo
lonicum est nominatum. Tertium vetò, quod Corinthium dicitur, virginalis habet gracilitatis
imitationem: quod virgines propter aetatis teneritatem gracilioribus membris figuratae,
effectus [40] recipiunt in ornatu venustiores. Ejus autem capitull prima
inventio sic memoratur esse facta: Virgo civis Gorinthia, jam matura nuptiis, implicita morbo
decessit. Post sepulturam ejus, quibus ea viva poculis de lectabatur, nutrix collecta
& composita in calatho pertulit in calatho pertulit ad monumentum, & in
summo collocavit: & uti ea permanerent diutius sub divo, tegulatexit. Is calathus
fortuito supra acnanthi radicem fuerat collocatus. Interim pondere pressa radix acanthi media,
folia & cauliculos circa Vernum tempus profudit; cujus cauliculi secundum calathi
latera crescentes, & ab angulis tegulae ponderis necessitate expressi, flexuras in
extremas partes volutarum facere sunt coacti. Tum Callimachus, qui propter elegantiam
& subtilitatam artis marmorae, ab Atheniensibus catatechnos fuerat nominatus,
praeteriens hoc monumentum, animadvertit eum calathum & circa foliorumnascentem
teneritatem, delectatus genere & formae novitate, ad id exemplar columnas apud
Corinthios fecit, symmetriasque constituit, ex eoque in operum perfectionibus Corinthii generis
distribuit rationes.
NB.
Vorbericht an den geneigten
Leser /
So wol dieses / als nechst-künsftiger Tractätlein.
In denenselben wird von folgenden Dingen gehandelt
werden.
1. Von Kunst- und Naturäl-Raritäten-Gemächern in Gräntzen Europae / zu Constantinopel:
2. Auff der Jusul Malta:
3. und im Königreich Sicilien.
(Diese Dreyerley sind auch vor diesem schon promittirt worden: haben aber wegen Kürtze der
Zeit ietzt nicht beygebracht werden mögen: sondern werden ihren eigenen Titul / nehmlich von
Kunst- und Naturalien-Kammern / in Gräntzen Curopae / kriegen.
4. Dann in Europa selbst / zu Neapolis:
5. Und Rom; &c.
Vorstellung etlicher Kunst- und Naturalien-Kammern / in Africa / und an Gräntzen Europä.
Dem Hoch Edlen / Hochgelahrten
Herrn D. Laspar Marchen /
Ihrer Chur Fürstl. Durchl. zu Brandenburg wohlbetrauten
Rath / und deroselben weitberühmten fürnehmer Archiatro.
wie auch
Dem Wohl Edlen / Vest- und Hochgelahrten
Herrn Georg Ernst Heldberg / Philosophiae practicae, Fürnehmen Professori P. zum Kiel / und
jetzo der Löbl. Philosophischen Facultät hieselbst wol meritirten Decano,
Meinen insonders-geneigt-hochgeehrten Herrn / respectivè Gevatter / Collegae gutten Günnern
und Freunden:
ZU welcher Zeit / und an welchem Orthe des bißanher leider / verunruhigten Heil. Röm. Reichs
/ diese gegenwärtige Schrifft / und dero wolgemeinte Zu-Schrifft / Ihn an [41] treffen werde / mein gantz geehrt- und liebwerthester Herr Gevatter / Herr D.
Marchi, ist mir eben so wenig bekandt / so wenig entweder ihme ich völlig herzehlen / oder er
selbst in einige Zweiffel ziehen kan das jenige / offtwiederholte treu-gemeinte Andencken
seiner Person / und desiderium bay guten Freunden / womit selbige / nebst mir / Ihn fast
täglich / biß an das Turennische Lager hinan / unter hertzlichem Wunsch aller erträglichen
Befindligkeit / verfolgen. Derer Ungewißheit aber ungeachtet / und in Erinnerung so viel mehr /
dero unter Uns jüngsthin gepflogenen Acht-jährigen special-collegialischen Verbübdligkeit /
wozu Uns das interesse der hiesigen Medicinischen Facultät / damahls einmüthiglich gewiesen; so
läst mir die daher entstandene Obligation gegen seine beständig-verspürte Humanität /
Freundschafft / und vielerlen Liebes-Bezeigungen / nicht zu / dieses sich heut abstürtzende
alte Jahr / ohne außdrück- und offentliche Begrüssung seiner / als eines so absonderlich-lieben
/ ja in Trauer- und andern Fällen bewerth-befundenen / und deßhalben billich hoch schätzbahren
Günners und Freundes / dahin zu legen. Wünsche derhalben von Grund des Hertzens / daß / wo ihn
nicht gegenwärtige Schrifft / meinem Verkangen nach / in kurtzer Zeit antreffen / und meinen
ihm zugedachten inbrünstigen Neu-Jahrs-Wunsch aller perennirenden Prosperität / vor Augen so
wohl des Leibes / als geneigten Gemüths vorstellen / jedennoch der Hächste in seiner
neu-angetretenen / und rühmlich bißanher bekleideten honorablen Function, (bey diesen
beschwerlich- und verworrenen Zeiten sonderlich) stärcken / vor allem Unfall gnädiglich
bewahren / das allgemeine Vaterland in Fried und Ruh wieder setzen / in deniselben Ihrer
Ehur-Fürstl. Durchl. von Brandenburg / und anderer gleichmässige / höchstrühmlichst-ergriffene
Reichs-hülffliche Waffen segnen / und in Summa gleich wie die allgemeine Sicherheit. Uns
schencken / also einem jeden / nach seinem Stande / sein Vergnügen geben / und solcher Gestalt
in kurtzem / meinem großgeneigt- und hochwerthen Herrn Gevatter / nebst andern hochnutzlichen
affairen / denen sonder Zweissel höchst-verlangten Deliciis suis Chymiae Selectioris,
restituiren möge.
Befinde inzwischen nicht nöthig / von dem Zweck / oder auch Einhalt gegenwärtiger Schrifft
viel Worte zumachen; inmassen diesen der Context selbst / falls er lesens würdig / darthut /
und jener in vorhergegangenen zweyer hierzu gehörigen Tractätlein / zur Gnüge dargestellet
worden. Bitte nur diß wenige gern anzunehmen / und in Versicherung meiner bestädigen
Ergebenheit / mir seine alte Affection unverändert bey sich zu conserviren. Womit ich so ferne
von ihm ab / und nachmals zu ihm / mein auch Großgeneigt- und Sonders-Vielgeehrter Herr
Collega, Herr Professor Heldberg / mich wende / und (in Betrachtung so wohl seiner von GOtt ihm
verliehenen / unserer Academie nützlich-mehr und mehr hervorleuchtenden Gaben / als dero
absonderlichen liebreichen Neigung / die ich gemercket / daß er zu meinen geringfügigen
Concepten trägt / in diesem passu mich mehr von seiner Collegialischen Liebe / als eigener
Würdigkeit des Wercks / gereitzt befunden / bey Demjenigen einen kleinen Verdruß meiner Sachen
zu erwecken / der sich nicht mässigen kan / sie über dero Gebühr zu aestimiren. Oder so etwas
Tüchtiges daran / so ist es vielmehr dem Einhalt der Dinge selbst / als mir / bero Referenten
beyzumessen. Habe auch am wenigsten den gantzen Zweck nöthig / meinem hockgeehrten Herrn
College weitläufftig zu erörthern; inmassen ihme / gleich wie andern guten Freundeu / theils
münd-theils schrifftlich / alsobald bey Heraußgebung des erste Tractats / kund gemackt / wohin
mein Absehen gehe / nehmlich ein Universal-Inventarinm der mer merckwürdigsten
Naturäl-Raritäten / in noch sonst nie versucht- oder zu Tage gebrachter Ordnung / zu stifften;
und also ihn und andere / zu möglichster Beytragung mehr und mehrer Nachricht / auffs
freundlichste ersuchet. Zweiffle auch gar nicht an einigem Theil guten Effects, seiner deßfals
behülfflichen Correspondentz mit wackeren / ihm bekandten fürnehmen / wohlgereisten Leuten.
Deßwegen so vielmehr mich zu aller auffrichtigen Collegialischen ferneren Liebe und
Freundschuldigkeit erbiekend / untergetreuem Wunsch eines glücklichsten Neuen Jahrs / und
ergebung in Gottes gnädigen Schutz / verbleibe
Meiner insonders-Groß-geneigt-Hochge Ehrten
Respectivè Herrn Gevatters / Herrn Collegae, sehr werthgeschätzten Günner und Freunde
Kiel / den 31. Decembr.
A. 1674.
stets dienstschuldigster
D. B. D
|| [42]
Das I. Capitel.
Von den Schätzen / und einem köstlichen Geschirr des sehr-curiösen Königes Ptolomaei
Philadelphi in Aegypten.
ES ist in jüngst- heraußgegebener Schrifft von Americâ und Asiâ, im Namen Gottes numehrzu
specialer Erzehlung dero mir-bekandten Raritäten-Gemächer der Welt / der Anfang gemachet
worden. Und benahmentlich zwar ist umbständliche meldung geschehn / was in diesem pass zu
Außziehrung des ädlen Studii Cosmosophici, oder niedlicher Wissenschafft von allerhand
sichtbaren schönen Dingen / König Inga zu Pern / König Montezuma in Mexico / der grosse Mogol
in Indien / und König Salomon / nebst dem König Hißkias / in Palaestinâ, ein jeder für sich /
contribuiret. Worauß der geneigte Leser genung wird schllessen können / was er numehr so wohl
in diesem / als folgenden Monathlichen Tractätlein / vor Dinge zugewarten / und / Summâ,
nachgehends vom gantzen Werck / oder vorgenommenen allgemeinen Inventario mehr denn tausend
denckwürdiger / in verwahrung genommener Naturäl-Stücke der Welt / für praesumtion zu machen
habe.
§. 2. Wollen derhalben nun itzterwehnte West- und Ost-Indien / nebst Palaestinâ verlassen;
und gleichsam einen Sprung thuendt von Jerusalem ab / zwischen dem Mittelländisch- und Nothen
Meer / in das benachbarte Africam hinein / Uns daselbst zu erinnerlichen Gemüths-Augen stellen
/ die allerprächtigste Krone / Zier / und Außbund Aegyptens / die uhralte / überaus lustig- und
herrlich-gelegegene / Volckreiche Stadt Alexandria / in erwegung / daß König Ptolemaeus
Philadelphus / so gegen Anno 3666. nach Erschaffung der Welt / oder 283. Jahr ohngefehr / fur
Christi Geburt / floriret hat / wo nicht eine absonderliche vollständige Raritäten-Kammer /
jedoch ein- und andere gewisse Behältnüsse zu seinen kostbarsten Sachen gehabt. Denn (I.) ist
gnungsam bekandt / daß / wo nicht allen Regenten der Welt / doch den meisten / dieses gantz
gemein / und fast zu allen Zeiten ein pertinent Stücke ihres Estats gewesen / einen gewissen
Schatz in Bereitschafft zu halten / der so wohl zu Ehren / als im fall der Noth anzugreiffen
gewiedmet. Und schreibet dannenhero Josephus (lib. 12. Antiq. cap. 2.) zu gegenwärtigem Zweck
gar bequem / daß eben der König Ptolomaeus / von welchem das ganse Capitel handelt / gewisse
Schatz-Meister in Bestallung gehabt / dehen Er seine Jubelen und Kleinodien / als den
kostbarsten Theil seiner Schätze / anvertrauet habe.
§. 3. (II.) So hat es auch dieser köstlichen schönen Provintz / oder Landschafft Aegypten /
an den auperlesensten Gaben der Natur / wegen sonderbahrer Güte des Himmels / ersprießlicher
Bewässerung / und so wohl inn als äusserlicher Fruchtbarkeit der Erden / me gefehlet:
zugeschweigen / was vor so mancherley rare Sachen durch gelegenheit der Commercien / und
frembder Herren Geschencke / die übrigen Theile Africae, das benachbarte Arabien und
Palaestina, oder ausser diesen / Griechenland / Armenien / Syrien / Persien / und die weiter
hinaus-entlegene Indianische Länder und Insulen / von Zeit zu Zeiten herbey gebracht / und
Ptolemaei Schatz vermehret.
§. 4. (III.) Ingleichen ist gewiß / daß die alten Aegyp???er dermassen kein rauh und
ungeschliffenes Volck gewesen / daß von Wissenschafften und Künsten ihnen vielmehr zu aller
Zeit fast alle Welt einmüthig ein Zeugnüs gegeben habe; und dieses umb so viel mehr
bekräfftigen die zwar leblosen / doch sinnreich von ihnen erkünstelte Hieroglyphica, oder
Lehr-Bilder / das köstliche Begräbnüß / Mausolaeum genannt / und so manche aufgeführte
ungeheure Lasten der Obelisken / und starcken Pyramiden; daß also wir vieler Autorum
beypflichtende Worte nicht mühsam hier beyzubringen / vonnöthen haben; ohne was ausser diesen
die wiewohl-kleineren / aber umd so viel kostbahrere Manufacturen / an Gold-Silber- und
Edelgestein-Werck betrifft. Davon schreibet Josephus in angezogenen Orth also: Es hätte König
Ptolemaeus / seine Mildigkeit gegen die Juden / un derer hohen Prinster / den Eleazarum / zu
bezeugen / nebst Kannen / Schüsseln / Schalen / funfftzig Talent Goldes / viel Edelgesteine mit
geschickt / und den Schatz-Meistern / denen solche Kleinodien vertrauet waren / befohlen / daß
sie den Kunstreichen Meistern / ich wiederhole / den kunstreichen Meistern / unter solchen
Kleinodien und Edelgesteinen / die Wahl lassen solten. Und als Er (Josephus) nachgehends
erzehlet / was der König noch viel grössere Unkosten und Fleiß auff die Beschenckung des
Tempels zu Jerusalem gewendet / die alle umbständlich in selbem Capitel beschrieben werden /
und einem / der es lieset / eine Verwunderung erwecken; so setzt er nachdencklich diese Wort:
Solches alles ist durch die Geschickligkeit der jenigen / die daran gearbeitet / vollbracht
worden. Denn es waren trefflich wohlerfahrne und wunderbarliche Künstler: doch hat des Königes
Fleiß / der sich des Wercks mit sonderm Ernst angenommen / vielmehr dazu gethan; sintemal er
die Werckleute nicht allein mit überflüssiger Bereitschafft gewaltiglich versahe / sondern auch
der gemeine̅ Regiments-Sachen sich gäntzlich ent [43] schluge / selbst in eigener Person dabey war / da mans zurichtet / und aller Arbeit
zusahe. Dasselbige macht / daß die Werckleute und Künstler desto fleissiger waren. Denn dieweil
sie sahen / baß sich der König der Sachen so ernstlich annahm / haben sie desto grössern Fleiß
auffdie Arbeit gelegt.
§. 5. (IV.) Ja / daß er selbst gute Erfahrenheit in dergleichen Künsten gehabt / und in /
Technicis geübt gewesen / erhellet unter andern darauß / daß mehr erwehnter Jopsephus kurtz
vorher berichtet hatte / welcher gestalt Ptolemaeus benahmentlich den göldenen Tisch / den er
nach Jerusalem zu verehren entschlossen / im Sinn gehabt hätte / fünfmal grösser machen zu
lassen. Als er aber verstanden / daß so ein grosser Tisch zu täglichem Gebrauch nur ungeschickt
seyn würde; habe er denselbigen / mit so viel köstlich- und schönern Kleinodien / und was das
Gold betrifft / mit künstlicherhoben- gegraben außgestochen- und von allen 4. Seiten
correspondirender Blumen-Laub-Granat-Apffel- und Trauben-Arbeit / derer natürliche Farben durch
keine Mahlerey / sondern durch blosse natürliche Farbender darzu-sich schickenden Edelgesteine
gethan / und im übrigen dieses so hoch-denckwürdig / und fast inaestimable Werck / mit Kräntzen
/ Riegen / Spitzen / Hefften / und anderem Zierath / auffs überflüssigste schmücken / (alles
nach seiner eigenen Invention) und umb dieser Ursach willen Ihm zuvorher ein Modell oder Muster
des Tisches im Tempel / zu seiner genauesten Speculation und fernerer Eintheilung / machen
lassen / dieweil er sich (ich gebrauche nun wiederumb des Josephi Wort) auf allerley Werck und
Kunst wol verstund / auch neue wunderbarliche Arbeit auß???innen / und was schon vorbin nicht
entworffen war / auß seinem eigenen Verstand erfinden / und den Künstlern angeben konte.
§. 6. Oben auf dem Tisch ist ein krauß Wasser-Werck gewesen / und mitten darinn von
Edelsteinen eingelegte gleichsam-Sterne. Umb das Krauß-Werck aber hat ein Geflecht / wie ein
Seil / herumb gehangen / in der mitten rund und lang; Auf welchem Erystall und Agstein
eingeleget worden. Worvon ich allermeist darumb hier Meldung beyfügen wollen / Massen mir das
Wort Agstein einigerley Nachdencken macht / und ich solches so fern behalten / weil ich es also
in der verdeutschten Edition des Josephi, zu Straßburg An. 1617. gedruckt / befunden / deutende
eigentlich auf Succinum, so auff Teutsch Agstein oder Bernstein genennet wird. Dergleichen ich
aber fast nit vermuthe / daß in berührtem äusserlichem Geflechte des krausen Wasser - Wercks /
wird gewesen seyn. Denn (1.) ist ein grosser Zweiffel / ob das Succinum dazumal schon sey / und
sonderlich in Aegypten / wohin Teutschland oder Preussen keine Correspondentz gehabt / bekant
gewesen. (2) Weiß ich selbsten wohl / daß in mehrern Orthen der Welt / als in Preussen / ja gar
in Ost-Indien / nach heutiges Tages vieler Meinung / das Succinum zu finden sey: Aber unter dem
Europätschen und Orientalischen so genannten Succinis, die zwar an güldischer Durchsichtigkeit
scheinen ein thun zu seyn; bedünckt mich / ist so ein grosser Unterscheid so wohl an Härte /
als an Geruch / als zwischen Glaß / und Beuzde / oder einem andern wohlrüchenden
medieinalischen Hartze. Dann das rechte / (Europäische) Succinum, wie bekandt / ist unter allen
Bituminibus Terrae das Härteste / und läst sich mit den Fingern so leicht zerreiben / und
springt im zerstossen / als ein Glaß. Deshalben es auch die allen Teutschen / nach Taciti
Anzeigung / Glessum (so viel als Glaß) genennet haben. Mein Succinum Indicum aber / und was ich
anderswo unter diesem Titul gesehen / läst sich / wie Benzoé, Tacamahac, oder ander
geschmeidiges Hartz / mit geringerer Gewalt zerreiben. Und riecht lieblich fast bloß / und von
sich selbsten / ohne sonderlich-nötiges Reiben und Brennen; da das Europäische Succinum
hingegen so gar lieblich nicht / sondern was strenger / fuliginöser / oder rauchiger / ja gar
nichts riechet / es werbe dann seine Textur theils durch starckes Reiben / theils vom warmen
trockenen / oder auch bequämen kalt- und flüssigem Feuer (Menstruo, vel liquore solvenre)
zergliedert. (3.) Doch / was soll ich sagen? Ich finde im Griechischen Text selbst des Josephi,
das Wort Electrum, welches auf Teutsch Agstein oder Bernstein heist / gebrauchet. Denn also
lauten daselbst die Wortt: . Aber dieser Scrupel ist auch nicht sonderlich
schwer zu heben / wenn wir nur theils die Zeit / da Josephus gelebt / und theils den doppelten
Verstand des Wortes Electrum, recht er wegen.
§. 7. Denn (???.) hat so wohl dieser Josephus als Plinius, der sich ebensfalls des Worts
Electri in Schrifften bedient / allbereit nach Christi Geburt / ja nach Zerstörung Jerusalem /
und also eine gute Weile nach Vertilgung der Griechischen Monarchie gelebet. Zu welcher Römer /
und jüngerer Griechen Zeit / derhalben man allemal ein Griechisch Wort nicht gantz genaue
genommen;. und noch weniger des Josephi, oder des damaligen gantzen Seculi Thun gewesen / in
genauer Wissenschafft der Medicamentorum Simplicium, und sonderlich Corporum Fossilium, sich
also tieff zuversteigen / und deroselben Qualitäten durch vielerley Experimenten zuerforschen /
als solches Studium ???u unserer Zeit / und in Europa vorauß / nach und nach excoliret wird.
Und welches noch ärger / der gute Plinins. an welchem mehr eine unersättliche
Zusammenschreibungs-Arbeit / als grosses scharffes Ingenium zu loben / an eben den ???enigen
Orthen / da [44] er des Electri gedenckt / sich theils mit Poetischen Fabeln
/ theils mit hdren-sagen und Wieden sagen behilffet. (ß.) Zu dem so heist Electrum auch eben
allezeit nicht so viel / als Agstein: Sondern in Corpore und Institutionibus Juris, ja beym
Plinio selbst an einem Orth / wird es ausser dem vor so viel / als ein Mixtur, auß gewissen
theilen Goldes und Silbers zusammen geschmoltzen / genommen: und beym Paracelso deutet es
vollends auf eine Mixtur, von allen Metallen / unter abmerckung der Vereinigung gewisser
Planeten / verfertigt. Wäre das derhalben so gar ungereimt / so man sagte / Ptolemaeus hätte an
vorhinerwehntem herumbhangenden Geflechte des künstlichen Wasser-Wercks gewisse stücke Crystall
/ und sothanen metallischen Electri einlegen / und umb einander versetzen lassen? In welchem
Handel jedoch einem jeden gantz gern frey gelassen wird / mit beygebrachter meiner Conjectur
überein zustimmen / oder auch davon ab / und zu dem verbrennlichen Agstein zu gehen.
§. 8. Wäre aber Josephus ein Teutscher gewesen / oder hätte originaliter Teutsch geschrieben
/ so muß ich bekennen / daß eben auß dem Worte Agstein im übrigen ein neuer Zweiffel entstehen
könte; Ob es nehmlich nicht möchte verdruckt oder verschrieben seyn / und Agt-Stein / so viel
als Agat-Stein / oder Achat-Stein / welcher kein Bitumen, oder
verbrennlicher-schweflicher-Safft / sondern ein gewachsener harter Stein / und zwar ein
Edelgestein ist / und bißweilen so kostbar / ja kostbarer als der Crystall / heissen solle.
Dergleichen Arth Stein Lateinisch Achates genennet / für Alters vorauß / wegen seiner Klarheit
/ und seltzamen Unterschiedligkeit der Farben / in hohem Werth gewesen / und heutiges Tages zu
Petfchier-Steinen aptirt / und künstlich darein gegraben wird; auß grössern Stucken aber /
allerhand niedliche kostbare Geschirr gemachet werden: von dergleichen ich zwar ein und ander
Exempel auß alten Historien vorbringen könte: aber allen andern gehet an Grösse / Schönheit /
Rarität / und Kostbarkeit vor die bloß und allein Käyser-würdige fürtreffliche
Achatine grosse Schale des Großmächtigsten / Unüberwindlichsten
Käysers
LEOPOLDI,
Welche zu Wien in seinem Käyserlichen Schatz / als eines von den principalisten Stücken / und
auß Orientalischem Agat gemacht / hält im Umfang 2. Wiener Ellen und ein Drittheil; in die
Breite aber / von einem Ende der Handhaben biß zu dem andern genommen / 1. Ellen minder 2.
Zoll. Und welches das admirabelste / gleich wie die Natur in den Achat-Steinen viel und
seltzame Figuren / als ob sie ein mahler gemahlet hätte / unserm Gesicht vorzustellen pfleget /
und ich in meinen Scriniolis einen Oual-runden nagel-grossen blaß durchsichtigen /
Orientalischen Achat habe / in welchem die darzwischen gekommene schwärtzere Stein Säffte ein
sehr artiges Bäumlein / oder Gewächs / einer Ericiae ähnlich / exprimirt: also ist in der Höle
Allerhöchst gedachter Römischen Käyserl. Maj. unschätzbaren Achatinen Schale / eine gantze Rey
zwölff natürlich-gewachsener Characteren / dieser Figur / und etwas krummgeführter Ordnung /
???
zu sehen / welche der weltberühmte Herr Petrus Lambecius daselbst / nach beywohnendem
sinnreichen Nachdencken / in folgende Wort außdeutet:
BEATORI ORBIS:
oder /
BEATORI GENERIS HUMANI,
CHRISTO REGI
SEMPITERNO, TRI-UNI, CRUCIFIXO.
Und ist dieser Schalen Abbildung zu finden in dem ersten Theil Ephemeridum dero des Heil.
Röm. Reichs Naturae-Curiosorum Societät (obs. 112. pag. 263.) als welche Rarität / nebst
etlichen andern / gleichfalls ungemeinen Dingen / auff allergnädigsten Befehl / und höchst- /
preißliche Mildigkeit Ihrer Röm. Käyserl. Maj. Anno 1670. Dero Hof-Kupffer-stecher zu Kupffer
gebracht: und solche Kupffer-Platten / zu desto herrlicher Außzierung gedachter Ephemeridum,
Der Käyser unserer Societät nach Breßlau senden lassende / grossen theils dadurch gezeigt /
welcher gestalt Sie eine Allergnädigste reflexion zu Dero allerunterthänigstem Collegio, Sacri
Sui Imperii, Curioso, tragen.
§. 9. Welcher bißanheo geführter Discurs, hiemit es nicht scheine / als ob mit demselben von
Königes Ptolmaei Person und Schätzen zuweit abgegangen seye; Sihe da / so will [45] ich erzehlen / was Ihre Hoch Fürstl. Regierende Durchl. zu Gottorff / Hertzog
Christian-Albrecht / mein gnädister Fürst und Herr / Anno 1662. im Monath Augusti, auf Seiner
damaligen Reise durch Franckreich zu St. Deyns daselbst / nahe Paris / im Königl. Schatz
gesehen: nemlich ein köstliches / von Orienthalischen Agath gemachtes Geschirr / mit zweyen
Henckeln / welches König Ptolemaeus / Phyladelphus in Egypten / aus einem Stücke / ziemlich
groß / soll haben verfertigen lassen mit vielen hieroglyphischen Figuren und Emblematibus, die
so künstlich darauf geschnitten / daß gantzer 30. Jahr darüber gearbeitet worden / und anitzo
besagtes Stück / wegen seiner Kunst und Antiquität / nicht gnung zu schätzen seye; wie solches
ich aus der curiösen Beschreibung derselbigen Reise / nebenst andern merckwürdigen Sachen mir
gemercket / so von den Wohlgebohrnen Herrn / Hn. Hans Wilhelm von Reichel / des Herrn
Bischoffen von Lübeck / Hoch Fürstl. Durchl. Hertzog August Friedrichen / anitzo geheimen Rath
/ und Amptmann zu Urhin / auf selbiger Reise abgefasser / und mir gewogenst / zu so viel
glücklicherer Außzierung so wol dieses / als künfftiger Kunst - Kammer Tractätlein vergönnet
worden. Welches Geschirr in Warheit / wo nicht wegen seiner Grösse / und sonderlichem
Meister-stück der Natur / wie zwar das Käyserliche / jedoch aller massen wegen seiner Kunst und
Antiquität sehr hoch zu rühmen; falls nur nicht etwa was gedichtetes hierunter versirt, weil
doch die Frantzäsische Nation in Erfindung vieler scheinbarer Dinge für den andern glücklich
ist; und man bey Praefectis gedachten Königl. Schatzes zu St. Denys läst dahingestellet seyn /
aus was vor historischen Documenten / oder glaubwürdigen Traditionen sie zu beweisen dencken /
daß solche Geschirr gewiß und warhafftig Königs Ptolemaei gewesen / und nicht nachgehends
vielmehr / den König in Franckreich nur etwas zu flattiren / von einem schlauen Künstler in
speciem also erkünstelt seye.
Das II - Capitel.
Ein mehrers von der Curiosität Königs Ptolemaei / und trefflichen
Bibliothek desselben.
§. 1.
Aber lasset uns bey der Persohn Königs Ptolemaei / und seiner Ruhmwürdigen Curiosität / noch
mit wenigem aufhalten / und ferner / wiewol kürtzlich erörtern / welchergestalt Er mehr / als
andere vor und nach Ihm / in damaligem Königreich Egypten / zu außerlesener winssenschafft von
Dingen der Natur / eine absonderliche Inclination getragen.
§. 2. Solches erhellet (V.) daraus / daß zuvorher- und offt-erwehnter wackerer Autor,
Josephus, erzehlet / Er / der König / als er die nach Alexandria beruffene / mit Freuden
empfangen- und aufs beste accommodirte 72. Griechische Dolmetscher an seiner Taffel gehabt /
von Weiß Heit mit ihnen zu reden angefangen / und einem jeglichen eine Frage von natürlichen
Sachen / die eines fleiffigen Nachdenckens bedürft / aufgegeben habe: und / nachdem Sie
allzumal unterschiedlich und weißlich darauf geantwortet / seine Kurtzweil / Lust / und Freude
daran gehabt habende / dergleichen Mahlzeit zwölff Tagelang zugerichtet; wir nicht minder
zuletzt / nach mild reich- und honorabeler Abfertigung dieser seiner solieben Gäste / von
Eliazaro dem hohen Priester schrifftlich begehret hätte / wo irgend derer 70. Männer einer / zu
Ihm zukommen Lust haben würde / Er Ihm solches vergünnen wolte: dann seine Lust (find Worte
Josephi) und Freude seye / mit Gelehrten Leuten freundliech Gespräch zu halten; wolle auch
seinen Keichthum gern an solche Leute wenden.
§. 3. (VI.) Absonderlich derhalben ist unschwer hieraus zuschlüssen / daß dieser kluge /
fromme / curiöse / und gegen gute Künste freygedige Herr / aus bloser freyer Gemüths-Regung /
und zu vermeintem Gemeinem besten / keines weges aber aus Hoffarth und Ehr-Geitz / oder
sträfflicher Eigennützigkeit gethan / daß er bedacht gewesen / wie er / nach Micraelii (Lib. I.
Syntagm. Histor. Sect. 3. pag. 64.) Bericht / in derjenigen Enge des Landes / die zwischen dem
Rothen und AEgyptischen / oder letztern Theil des Mittellendischen Meeres ist / den längst
vorher von Sesos???ri versuchten / aber zukeiner perfection gebrachten Canal / tieffer graben /
ihn Schiff-reich machen / denen Commercien des Mittel - Ländischen Meeres und der Indianischen
Reiche / eine kürtzere Strasse öffnen / und beyde Meere / (das Roth- und Mittelländische)
gleichsam zusammen koppeln möchte. Worinnen er sich jedoch gemässigt / und davon abgelassen.
Denn als ihm solches die Natur kündiger wiederrathen / auß Beysorgung / es möchte auß solcher
Wasser-Leitung eine schädliche Fluth sich ergiessen / und diese das gantze Aegypten / oder den
mehrern Theil dessen / mit seiner äussersten Ruin / unter Wasser setzen; hat er ihrem Abrathen
gar weißlich und heilsam gesolget.
§. 4. (VII.) Das allermerckwürdigste Denckzeichen aber / seiner nie ermüdeten Curiosität /
halte ich ausser Zweiffel / seye die von ihm zu Alexandria gestifftete / durch den [46] gantzen Erdboden / bey allen Völckern biß auf den heutigen Tag
hochberühmte kostbare Bibliothek. Von dergleichen Sachen zwar / (nehmlich von Bücher-Kammern /
oder Bücher- und Schrifften-Behältnüssen) viel zu handeln / dieses gegenwärtigen / oder
folgenden Tractätlein Zweck nicht ist: in massen aber auch solch Beginnen des Königes zu soviel
mehrerm und kräfftigerem Beweißthum der bißanherberührten Königlichen Curiositäten dient: so
hoffe ich / wird dem geneigten Leser nicht verdrüßlich seyn / gleich wie dem hochweisen
Stiffter derselben Bibliotheck / seinen bey aller Posterität hiedurch erworbenen billichen Ruhm
/ also einer kurtzen Beschreibung derselben / den Raum zu etlichen wenig Zeilen / als
nützlichen Rest dieses Capitels / gar gern zu günnen.
§. 5. Sein Absehn derhalben ist damit gewesen / daß / weil er sich seiner Sterbligkeit
schuldig bewuft / seinem Namen jedoch / durch Conservirung der herrlichst- und nutzbarsten
Schrifften / die ungezweiffelte Unsterbligkeit hinterlassen möchte. Hat deßwegen keiner Müh /
keiner Sorgfalt und Kosten gespart / auß allen Orthen der Welt / durch unterthänige treue
Dienste seines Demetrii Phalerei, so von Athen zu ihm in Aegypten flüchtig gewesen / viel
tausend Bücher zu verschreiben / und derer ein grosses Theil / ins Griechische übersetzen /
jedoch keines ihm höher angelegen seyn lassen / als des Gesetzes Gottes habhafft zu werden;
schrifftlich darzu gereitzt durch embsiges Anhalten gedachten Demetrit / so ihm gerathen / nach
Jerusalem an Eleazarum / als hohen Priester der Juden daselbst / zu schreiben / daß er auß
einem jedweden Stamm / sechs seine / des Gesetzes Gottes wolerfahrne Männer nach Alexandria
sendete / auß derer Dolmetschung ein klarer und einhelliger Verstand der Jüdischen Bücher / und
sonderlich des Gesetz-Buches / zu schöpffen wäre. Diß eben ist das allererste / womit Josephus
in offt-angezogenem 12ten Buch von alten Geschichten / das 2. Capitel anfänget / also
schreibende: Darnach ward Ptolemäus Philadelphus König in Aegyptenland; regieret bey neun und
dreyssig Jahr / und ließ das Gesetz Gottes in die Griechische Sprache verdolmetschen.
Desgleichen gaberalle Hierosolymitanische Bürger / so in Aegyptischer Dienstbarkeit verhafftet
waren / derer bey hundert und zwantzig tausend gewesen / freyledig; und solches aus, der
Ursach: Dann Demetrius Phalerius / welcher über des Kömges Liberey verordnet war / befließ sich
allerhand Bücher / die nützlich zu lesen / und dem König annehmlich / wo er sie auf dem gantzen
Erdboden bekommen möchte / auffzukauffen / und in die Königliche Liberey zu stellen. Denn des
Königs Lust und Freude stund zu mancherley Bücher.
§. 6. Und ist solcher gestalt nicht zu glauben / das er es / wie na bericht Lipsii (Syntagm.
d. Bibliothcc. cap. 2.) einige davor halten / auf anstifften und nach dem Exempei des
Aristotelis gethan. Oder die Worte / müssen anders außgelegt / und milder / das ist / von
blosser Einkauffung eines gutentheils der jenigen Bücher / die Aristotelis dem Theophrasto /
und dieser dem Neleo hinterlassen habe / verstanden werden; als von welchem letzteren sie
hernach Ptolemaeus erhandelt / und nebenst denen / die er zu Athen und Rhodis gekaufft / nach
Alexandriam hinbringen lassen. Verstehe nach Alexandriam / gelegen am äussersten Endedes
Mittelländischen Meers / und durchwässert von einem / sich in kleinere Ströme vertheilenden Arm
des Flusses Nili; die fast gröst- und reicheste Stadt Aegyptens: und der fürtrefflichsten
Wercke des grossen Alexandri eines. Dennes sollen / wie Theophilus Urbinus, in seinem artigen
Türckischer-Städte Büchlein / auß dem Eustachio anmercket / sonst noch 16. andere Städte dieses
Namens seyn.
§. 7. Die Anzahl der Bücher / in der Alexandrinischen Bibliothek / betreffend; so gebeneket
ihrer Seneca (de Tranq. An. cap. 9.) von vier hundert tausenden. Ammianus Marcellinus aber
(lib. 22.) und A, Gellius (lib. 6. cap. ult.) setzen noch 300. tausenddarzu / und geben die
Summa von siebenhundert tausend. Unter welchen das Geletz-Buch Gottes / so ihm die Aeltesten
von Jerusalem / im Namen ihres hohen Priesters / zum Geschencke mit gebracht / auff Pergament
mit göldenen Buchstaben geschrieden / und netreingebunden gewsen; und er / der König / ihnen
gar freundlich für allen andern aber / wie Josephus berichtit / GOtt im Himmel / davor
gedancket.
§. 8. Doch wie alles Irrdische der Nichtigkeit endlich unterworffen ist: also ist nach
zweyhundert und etzlich und zwantzig Jahren / nach dem Alexandria von Julio Caesare eingenommen
worden / nicht zwar vorsetzlich / oder auß Boßheit / sondern (wie auch itzt-gedachter Gelius
bezeugt) ohngefehr durch Unglück und unversehens / von den Kayserlichen Hülff-Völckernin Brand
gestecket; welchen Thränwürdigen Bücher-Brand Lipsius (L. ante c. pag. 12.) etwas klärer /
folgender gestalt beschreibet: Totum hoc, quicquid fuit Librorum, Bello Civili Pompejano
periit, cum Caesar in ipsâ in Urbe Alexandria Bellum cum Incolis gereret, &,
tuitionis suae causa, Ignem in Naves misisset, qui & vicina Navalia, ipsamque
Bibliothecam comprehendit & absumsit.
§. 9. Un̅ solzwar / wie der hochberühmte Herr [47] Thomas
Bartholinus (de Biblioth. suae Incendio, pag. 32.) anführet / von der Cleopatrâ (Antonii)
etlicher massen reparirt, jedoch noch einmahl wiederum / benahmendlich von den Arriauern /
angesteckt / und in Rauch und Asche verkehret worden seyn; worvon beym Lipsio (pag. 13.) mit
mehrem kan gelesen werden.
§.
DEr gelehrte Mann / Bellonius, so sich wegen seiner fleissig- und curiösen Reisen in und
durch Aegypten / Griechenland / Judaeam / Syrien / und fernere Platze Morgenlandes / sehr
berühmt gemacht gedenckt an einem Orthe (lib. 2. Obs. cap. 15.) daß die jenigen / so von
Constantinopel nach Alexandria gleichzu reisen wolten / von Norden nach Süden zu schiffen
haben: und (cap. 18.) man / wenn der W???nd favorabel, in acht Tag und Nächten / gar wohl
überkom̅en könne. Wir kehren den Außspruch umb; und genungsam betrachtet habende
/ was etwa zu Alexandria vor Raritäten Königes Ptolemaei zu sehn oder zu suchen gewesen seyn /
richten im Meer der Gedancken / das Schiff unserer Betrachtung rectà von Süden / gegen Norden;
und uns getrauende / von Alexandriâ nach Byzantz oder alt Constantinopel / in einem Augenblick
unsere Uberfatrh zu thun / wollen auffdero daselbst weiland befindlichen Bibliothek / die
gantze Poesi des Homeri, mit göldenen Buchstaben geschrieben auf eine 120.
Schuh-lange-Drachen-Haut / weil solche / der Grösse wegen / für eine sonderbare Rarität / und
Wunder der Naturgehalten wird / zu unsrem Kunst- und Naturalien-Kammer-Abhandlungs-Zweck /
erwegen / unser Bedencken auf unterschiedene Puncten / in deutlicher Ordnung richtend.
§. 2. Unter welchen / was (1.) die Stadt Byzantz / in welcher die Bibliothek / mit der so
viel-beruffenen Drachen-Haut gewesen / betrifft; so ist allbereit erwehnet / un̅
ohne dem gnugsam dekandt / daß eben sie die jenige sey / die nachmals Constantinopel gennennet
worden / von dem Christlichen Kayser Constantino Magno / welcher sie etliche Jahr nach A. C.
300. herrlich geziert / renovirt, benamendlich mit Kirchen / Schulen / und andern nützlichen
Wercken versehen / erweitert / von Rom den besten Zierath und alle Magnifizentz dahin gebracht
/ (weßwegen sie auch neu Rom genennet worden /) nnd Summa zu einer Majestätischen Kron und
Käyserin des gantzen Erdbodens gemacht / das ist / den Sitz der Römischen Monarchie dahin
transferiret / nachdem Severus und Gallienus, sie zuvorhero (ein jeder zu seiner Zeit)
verdorben; und Severus vorauß / gegen den sie sich zwar biß auffs äusserste gewehrt / sie
dermassen geängstigt / daß ihrer viel aus Noth sich gegen die Feinde hindurch geflüchtet / und
ersoffen; andere in der Stadt gegen einander loß-gezogen / sich ermordet / und für grossem
Hunger auffgefressen; oder sonst auß Mangel Munition, gedrungen worden / die besten Statuen /
und Bilder der Stadt / so wohl von Metall / als Stein / abzubrechen / und über die Mauren hinab
auffder Feinde Köpffe zu schmeissen / wie hievon Thomas Rivius, ein Engelländer / (Hist.
Navalis lib. 1. cap. 30.) berichtet.
§. 3. Sie ist gelegen an der Ost Seiten Europae, zwischen den beyden Meeren / Ponto Euxinio,
oder dem schwartzen Meer / und Propontide, so sonsten Mar de Marmora, oder das Marmorische Meer
/ geheissen; am Thracischen Canal / engen Meer-Schlund / oder Ochsfurth / so zu reden / auff
Lateinisch / (aus dem Griechischen genommen) Bosphoro Thracio: und also gleichsam der Schlüssel
des Ponti, Propontidis, und Archipelagi, oder des AEgeischen Meers. Ja dermassen
vortheilhafftig und schön situiret / daß es nicht gnungsam zubejammern / daß / nachdem sie A.
Chr. 1453. unter das Mahometische Joch gebracht / solcher gestallt die Beherrschung der
daselbstgelegenen ädlen Länder / von den Christen hinweg / und bey den unglaubigen / Gottlosen
Türcken blieben; inmassen sie heutiges Tages beständig annoch mit hoffärtig- und verächtlichem
Rücken ansieht unser in tausend innerliche Feindseligkeiten zergliedertes Europa / in dero
Gräntzen sie liegt; vor sich aber / als ein wachend???r Hund / Asien nie auß ihren Augen
lässet; Aegypten und mehr Plätze Africae gleichsam unter dem kräfftigen Daumen ihrer Rechten
hält; und mit der Lincken an sich ziehet nicht minder den unglaublichen Vorrath der Fische /
die ihr das angräntzende schwartze Meer / mit darzugehöriger Maeotischen Pfütze giebet / als so
manche benachbarte Völcker / die rings-umbher der zu-stürtzenden Flüsse sich bedienen. Pfuy!
hat unsere Christenheit nicht ein unschätzbar Kleinod verlohren! wiewohl die Häuser
meistentheils nur schlecht erbauet / und / nach proportion der Grösse der Stadt / äusserlich
auffden Strassen / ein schlechter Splendör zu finde̅ / wie [48] etlicher massen auß dem Busbequio (Epist. 1. Legat. Turcic. pag. 67.) zu schliessen ist.
§. 4. Vor Constantini Zeiten aber sol diese mächtige Stadt / Antonius, L. Septimii Severi
Sohn Antoniam genennet haben / wie Micraelius (Syutagm. Histor. lib. 2. Sect. 3. pag. 393.)
berichtet. Ich sage / eine mächtige Stadt. Denn / nach Theophili Urbini (im Turckischer-Städte
Büchlein / pag. 223.) Erzehlung / sollen sich 7477. groß- und kleine Gassen daselbst; 5337.
groß- und kleinere Tempel; 447. Christliche Kirchen; 418. Herbergen; 100. Hospitäle; 895.
Bäder; 947. offentliche Brunnen; 584. Mühlen; 20. Märckte; 515. grosse Schulen; 1652. kleine
Schulen; 24. Thor; und eine halbe Meile Umbfangs; und bey siebenmal hundert tausend Einwohner
daselbst befinden.
§. 5. In dieser grossen Volckreichen Stadt nun (2.) Byzantz / oder Constantinopel / hat der
löbliche Kayser Constantinus unter andern auch / wie dem Rud. Hospiniano (lib. 3. de Us.
& Abus. Templorum, cap. 6. pag. 101. b. (glaubbar bedünckt / zu obberührter
Bibliothek / bey Sr. Sopbien Kirche / den ersten Grund geleget; welche Kirche die
allerfurnehmste in gantz Constantinopel / köstlich gewölbet / und mit Marmelsteinen gezieret /
ja / nach Urbini (l. antè d. pag. 241. 242,) anmercken / eine von den grösten der Welt seyn
sol; dennmandarinnen ein Schiff / so man gleich alle Segel fliegen liesse / umbwenden könte.
Und sey sothane Bibliothek nachgehends von Kayser Theodosio dem Jüngern dermassen vermehrt und
gezieret worden / daß 10. Myriades oder Millionen / das ist / hundert tausend Bücher / derer
Anzahl hernach auff hundert und zwantzig tausend gestiegen / darinn zu finden gewesen
sonderlich geistliche / als zu welchen voraus er eine grosse Beliebung gehabt / und / so viel
dieses betrifft / König Ptolomaeo in Aegypten fast wenig nachgegeben.
§. 6. Es ist aber dieser schön- und herrlichen Bibliothek / gegen Ann. Chr. 474. zu Zeiten
Basilici, damaligen Kaysers in Orient / nach aussage Micraelii (lib. 2. Synt. Histor. Sect. 4.
pag. 438.) eben so kläglich / als vormals der Alexandrintischen / gegangen. Denn / als irgend
woher der meiste Theil der Stadt in gewaltigen Brand gerathen / so nach Erasmi Francisci
Bericht / (lib. 4. des Ausländ. Kunst- und Sitten-Spiegels pag. 152. a.) auff dem Kupffer- oder
Roth-giesser-Marckt angegangen: ist neben den 120. tausend Büchern / zugleich die Drachen-Haut
verdorben.
§. 7. Mit welcher / wie auch / mit deme darauf geschriebenen Poemate selbst / (des Homeri)
was es (3.) für eine Bewandnüß gehabt / und was uns von denen hierunter versirenden
Ungewißheiten zu judiciren / am aller-glorwürdigsten bedüncke; dahin sol die Sorge und Einhalt
der folgenden 2. Capitel gerichtet werden.
Das IV. Capitel.
Ferner von derselbigen Drachen-Haut: und fürs erste / ob solche Drachen / als sie beschrieben
werden / je zu sinden?
§.
VNd zwar zuförderst könte bald anfänglich jemand in Zweiffel ziehen, Ob jemals wol Drachen
gewesen / was sie eigenilich / wie vielerley / und an welchem Orthe der Welt sie anzutreffen
seyen:
§. 2. Wiewol nun bekennen muß / daß ich die Zeit meines Lebens keinen Drachen gesehen / ohne
von der Arth / die Händ und Füsse haben / gehen / reden / schreiben / ihren Neben-Christen
verfolgen / belügen / lästern drücken / ja gar demselben bißweilen zur Höll / und Teuffel
werden / derer es mehr in der Welt giebt / als Haar auff meinem Haupte; auch so bald nicht
vermeine / dergleichen Arth Schlangen / oder in Wildnüß-Hölen-un̅ Einöden zwar
wohnende / ungeheure / groß- und abscheuliche / gegen Menschen feindselige / ja denselben mit
ihrem Ansehn und Athem vergifftende / alte / zwey- oder vierfüssige / und darzu noch wol
geflügelee Drachen / zu Gesicht zu bekommen / als derer Gestalt grausam / der Rachen mächtig /
der gantze Corper dick nnd lang / und die dannenher-rührende Stärcke groß und wundersam seyn
sol / davon so viel in Büchern zu finden / ja gar die Heilige Schrifft zu solchem behuff
angezogen wird / ohngeachtet man gleichwol hierbey auch billich erwegen solte / daß über so
manche (wo nicht alle) Ebreische Benennugen der unvernünfftigen Thiere / die Herren Außleger
ins gemein gantz unterschiedlicher Meinung seyn / wie auß dem Lob-würdigsten grossen Tractat
samuelis Bocharti, Hierozoicum genennt / gnugsam zu ersehen: so mag ich doch / in Erwegung /
daß gleichwol fo manchen wackern Leuten / die an der gemeinen Opinion biß auff den hentigen Tag
noch etlicher massen feste halten / (ob schon die wenigsten [49] von ihnen
ihrer eigenen Augen Zeugschafft in dieser Sache sich rühmen / oder andere dessen versichern
können) nicht gäntzlich in allem widersprechen.
§. 3. Unter welchen mir / von denen itzt-lebenden / so wol wegen viel-berühmter Erudition
Civil-Geschicklichkeit / Curiosität / und hurtigen Schrifften / als sehr liebreichen
Freundschafft / in erinnerlichen Sinn kommt Herr George Caspar Kirchmäyer / in einer de
Draconibus, Anno 1661. herauß gegebenen Dissertation (Disputat. Zoolog. 5.) In folgenden
passibus aber ich hoffe / Er nachgehends seine Meynung werde in etwas geändert haben; indem Er
(1.) die Confusion der Autorum nicht eben so genau in acht genommen / die ich gemerckt / daß
Sie ohn Unterscheid bald diß / bald jenes / vor bekandt annehmen / was irgend nur zu heßlicher
Vorstellung dergleichen Thiere gelangen mag; als nahmentlich sind / schädlich blitzende Augen /
Flammen-speyung / gifftiger Athem / Füsse / Flügel / Schlangen-formiger ???ch wantz /
Leibes-Stärcke / Geschwindigkeit / und dergleichen. Ich möchte aber wol eine eintzige Speciem
der natürlichen Cörper wissen / die nicht zum wenigsten in einem Orthe der Welt in abundantz
(NB. in Abundantz) zu finden seye. Wo ist aber heutiges Tages das ordinärie-Wohn-Hauß
dergleichen Drachen: Und doch sollen Sie eine gewisse Species Mundi seyn.
§. 4. Hernach (11.) bedünckt mich / macht Herr Kirchmayer / nach seiner Höfllig- und
Gelindigkeit von Nierembergio gar zu grossen Staat / indem Er Ihn für sich citirende / (cap. 2.
§. 5.) Naturalium Scientissimum, das ist / einen in natürlichen Dingen erfahrensten Mann /
nennet. Welchen Titul zwar diesem Autori nicht eben gantz disputirlich machen / oder so manche
gute Anmerckungen / die Er hat / verächtlich halten will: wenn es aber in vielen Stücken
hingegen / mit dem guten Nierembergio nur nicht etwan auch heissen möchte / als wie Martinus
Schookius (Orat. 25. pag. 519.) von dem Fabel-händler Plinio schreibet: Quod semper Verum
scribat, quando non Mentitur. Welches letztere wir sanffter auß-sprechen / und also reden
wollen: Nierembergius semper Verum scribit, quando per credulitatem ipse non decipitur. Vom
Plinio aber halte ich vor wahr / daß er ja wol zu Zeiten sich des grossen Messers gebraucht;
zum Exempel in diesem pass den Herr Kirchmayer (mich wunderts zum höchsten) so deutlich für
genehm hält / also in seiner obangezogenen Disp. V. Zool. (c. 1. §. 5.) schreibend: In India in
tantam adolescuntmagnitudinem Dracones, ut & Cervos, & Tauros
deglutiant, notante Plinio. Das ist: In Indien erlangen die Drachen / durch ihr wachsthum eine
Grösse / dermassen / daß sie auch Hirschen und Ochsen verschlingen. Warum auch nicht Elefanten?
Doch kan es seyn / wenn sie erstlich in stücken zerrissen / oder noch jung sind. Plinii Geist
hat sich wohl vorzusehen / daß er schlaffende nicht etwan auf so-einen Drachen zu sitzen kommt;
sonst möchte er / gleich jenem / auf einer grossen Schildkrött eingeschlaffenem Wandersmann /
in unbekante Oerther verführet werden. Wo wolte die Welt hernach so einen trefflichen Physicum
wieder kriegen? Wenn Plinius bißweilen so grausame Dinge / die in Judien seyn sollen / erzehlet
/ kommt mir fast eben vor / als heutiges Tages die Laudstreicher thun / die von einem Marck zum
andern ziehen / und neue Zeitungen von schröcklicheu Mißgeburthen / von streitenden
Krieges-Heeren / Türckischen Säbeln / Todten-Köpffen / die in der Lufft gesehen seyn sollen /
auff offentlicher Strasse singende / vorgeben / es seye in Ungern oder Oesterreich geschehen
und wenn sie in Oesterreich / Böhmen / oder Mähren seyn / so streuen sie ebenmässige Legenden
von Nieder-Teutschland oder Nordischen Orthen aus: und in beydertheils Landen ist dann selten
ein Hund oder Katze / geschweige ein Mensch / dem dergleichen warhafftig vor Augen kommen.
§. 5. Endlich (???.) wolle Herr Kirchmayer nicht ungütig nehmen / daß noch in ein- und
anderem kleinem Umbstand ohne einige̅ Abbruch unserer Hertz-inniglichen guten
Freundschafft / ich etlicher massen von seiner Meynung / die er jedoch wol / wie vorhin gedacht
/ Zeit diesem geändert haben mag / abgehe. Er berufft sich / was absonderlich die geflügelte
Drachen betrifft / so wol in der Vorrede / als im Context. (c. 2. §. 2. und 3.) auf eine damals
neue / und vor gewiß-geglaubte Zeitung aus Rom / vom Monat Nov. 1660. Jares; welche also
lautet: Als dieser Tagen etzliche unser Jäger in den nächsten Wäldern gejagt / ist einem unter
ihnen ein junger Drach / so groß / als ein grosser Hund begegnet. Den er in einen Flügel
geschossen: darauff der Drach auf ihn zu gelauffen / er aber entflohen / und Gelegenheit
bekommen / noch einen Schuß zu thun. Da er ihn dann in den Rachen geschossen / hernach folgends
umgebracht. Ader daß diese Relation verdächtig / wird mir ein jeder leicht zugeben / wer
folgende zwey Ursachen / (Conjunctim, und nit disjunctim zu nehmen) mit mir bedencken will.
§. 6. Denn 1. weiß man ja wol / was vor Autorität insgemein den wochentlichen Avisen sey
beyzumessen. Wer denen allemal / als Evangeliis / trauen wolte / der würde sich sehr betriegen.
2. Absonderlich wird hoffentlich ja in diesem Punct / Herrn Kircheri / als eines zu Rom
gesessenen / grund-gelehrten / und in natürlicher Dinge Wissenschafft sehr sorg [50] fältigen Mannes Relation, etwas mehr / als einer fliegenden Zeitung
/ da niemand weiß / wer derselbigen erster Erfinder ist / glauben zugeben seyn: welcher
Kircherus aber / wie bald folgen wird / die Sache mit etwas andern Umständen erzehlet. Und (3.)
immittels sehet doch die physicalische Curiosität des Romanischen Avisen-Schreibers / der unter
andern jetzt also schrieb:
Der Avisen-Schreiber setzt:
1.) Etzliche der Romanischen Jäger
(2.) hätten in den nächsten Wäldern
(3.) gejaget;
(4.) und seye Ihnen ein junger Drach / so groß / als ein grosser Hund / begegnet / sc.
Stimmt dieses beydes nicht artig übercin?
§. 8. Und was der gute Herr Kircher ferner anmercket / (Er vergebe es mir) ist alles auch
eben nit so richtig. Denn (1.) berichtet er / das ein verwegener Kerle gewesen / so auff die
Wallstadt hinauß gegangen / dem getödteten gifftigen Drachen den Kopff von dem Kumpff
abgesondert / und nach Rom gebracht hette. Welchen Kopff ihm der Kunst-Kämmerer Cardinals
Barberini hernach gezeiget; und setzt alsobald drauff diese Worte: Bipes crat, contrario tamen
situ monstruosus, cartilagineis Anserum instar pedibus instructus; & omnibus in meo
Museo spectandum exhibetur. Wie kan aber Herr Kircher die eigentliche Structur und situation
der Füsse desselbigen Drachen / nebst seiner übrigen Gestalt / von Glied zu Gliede / aus
blosser Relation gedachten Fleischers / und hernach des verwegenen Kerles / recht abcopirt
bekommen haben / weil nur der Kopff nach Rom gebracht / und der übrige Rumpff liegen blieben?
Und gleichwol sagt Herr Kircher / daß in seinem Naturalien-Gemach Er diesen Drachen (verstehe
im Bildnüß) vor jedermans Augen gestellet habe. Wie ist er versichert / daß der Mahler den
Drachen recht gemahlet? Mich bedünckt / und ich habe auch schon im Ende des ersten Tractatus
erwehnt / daß diß ein unvermerckt-aber sehr-gemeiner Irrthum sey / von Natur der Dinge / in
Mangel des Originals derselben / aus deren Copey sich zu informiren wollen. Denn zu geschweigen
/ daß ein Mahler in Copirung eines Dinges glücklicher / als der ander ist / und die Natur doch
allzeit Meister spielet; so dencke man doch / wie viel tausend Figuren und Abbildungen sind in
Büchern und sonst zu finden / da der Mahler od er Kupfferstecher nur hat müssen mit einer / ihm
zur Anleitung-geschehenen / wortlichen Beschreibung zufrieden seyn / und hierauff dann das
Werck gerichtet? Mich bedünckt / es kan nicht fehlen; Diebe müssen stehlen: und in Bildern /
die uns unterrichten sollen von Sachen / gehörig zu freyen Künsten / schleichen viel irrsame
Zusatze bey ein / entstanden aus der Mahler oder Kupfferstecher Invention, Ein junger Trach /
so groß / als ein grosser Hund. Nun wissen wir des Trachen Grösse. Sehr wol gegeben!
§. 7. Aber lasst uns die Romanische Avise / mit Herrn Kircheri Relation kürtzlich hiemit
einander entgegen halten / genommen aus seinem Mundo Subterraneo: (lib. 8. sect. 2. cap. 2.
pag. 90. b.)
Herr Kircherus schreibt:
(1.) Ein Ramanischer Fleischer
(2.) hätte an sümpffigen Revieren in der See
(3.) Wasser-Vögeln nachgestellet /
(4.) und seye Ihm ein grosser Drach / in grösse eines Vulturis, oder Geyers begegnet / sc.
Gehirn / und eignen Dünsten.
§. 9. Alsdann (2.) setzt Kircherus von solchen seinem / entweder abgemahlt- oder endlich auch
außgestopfftem Drachen (Er mag ihn dann bekommen haben / wie und von wannen er will) diß dabey;
Typus Draconis hic est: das ist: Das Bildnüß des Drachen ist dieses. Solch Bildnüß aber hat Er
dem Text mit-einzuverleiben / darauf vergessen. Oder hat er einen ausgestopfften Drachen
würcklich bey sich; so laufft auch deßfalls / ans schuld derer / die frembde Erd- oder
Wasser-Thiere auffspannen / trocknen / und stopffen / vielerley theils Irrthum / theils Betrug
/ mit unter. Irrtbum darumb / weil die meiste vorige Proportion der Glieder gautz anders
gekehrt und gerichtet wird / als sie natürlich vor dem gewesen: Betrug aber auch vollends /
weil nichts gemeiners / als daß benahmendlich die Rajae Clavatae, oder Stein-Rochen /
Nagel-Rochen / die so wol in der Ost-See / oder Belt / als sonderlich in West-See / umb die
Insul Hilligland / (meinem gnädigsten Fürsten in Holstein zuständig) gefangen / von den
Schiffern hernach exenterirt, getrocknet / wunderlich außgespannt / gekärbt / gebeuget / und
Drachen- oder Basilisken-formig accomodiret werden. So entlegener demnach die Länder seyn /
wohin etwa so ein Unthier geführet wird / je grösser Rarität ist es: und werden Unerfahrne gar
leicht zur Leichtgläubigkeit verleitet; wie dann eben so einen außgespannten / nit 2. oder 4.
sonder wol 6. oder 8. füssigen Rochen / in Italien / der Edle Herr Ludovicus Moscardus, zu
Veron / unter dem Nahmen eines Basiliscken / oder geflügelten heßlicheu Drachens / in sein
Museum bekommen / desselben Büldnüß (lib. 3. cap. 73. pag. 232.) darthut / und zu Ende des
Capitels (pag. 234.) den Betrug mit diesen Worten gar recht entdecket: Mà é Opera fattitia, che
di un Pesce Raggia vien formato in tal modo da Ciurmatori o Zaratani, e da quelli vien mostrato
sopra de Banchi as popolo volgare, per il vero Basilisco.
|| [77]
§. 1.
UBer diß [3.) was mehr-erwehnter Pater Kircher von einem zu Rhodis vormals schädlich-wütenden
/ Gifft / Feuer / Dampff / und Rauch speyenden / spitz-öhrigen / breit-geflügelten /
vierfüssigen / von einem Casconier ritterllch erlegt- und neulichst dann (pag. 91.) abgemahlten
/ Ochsen-grossen Drachen / von Anno 1345. zu desto mehrer Verhasst-machung des gantzen
Drachen-Geschlechts / weiß nit aus was vor historischem Grund / und billich sonst
unumbstößlichen Documenten erzehlet; ist zwar erschröcklich / und mag ichs / dem fürnehmen Mann
zu Ehren / nit schnur-gleich leugnen: jedoch auch gäntzlichen Beyfall nit zugeben / biß alle
Scrupel gehoben sind / wird hoffentlich der Freyheit meines Gemüths gern perdoniret werden.
§. 2. Und letztlich (4.) was beym Kirchero (pag. 93. b.) von einem geflügelten zwey-füssigen
Drachen auß der Schweitz / sorgfältig angeführet wird; darentgegen kan dieß moviret werden; daß
(1.) einer / genennet Cysatus, der dem Kirchero die Erzehlung gethan / in seiner Beredsamkeit
sich gar zu hoch versteiget / und weiß nicht von wie viel und grossen Feuer-Funcken / die der
Drache durch die Lufft von sich gesprützet hätte / fabulirt. Hätte Cysatus die Sache noch
grausamer machen können / ich glaube / er würde hundert mehre Schein-Worte aus allen AErariis
Poëticis, und noch so vielen Mellificiis Oratoriis, darzu entlehnet haben. (2.) Zu dem / so ist
weder dem Referenten / noch folgends Herrn Kirchern / zu ihrer Autorität sehr profitabel, daß
(pag. 94. a.) stehet / derselbige Drache hätte einen Schlangen-Kopff gehabt; und bald in der
darauff-folgenden sechsten Zeile lieset man: ein Kopf / wie ein Pferdt. Das heist / mein Herr
Cysate: Historicum oportet esse memorem. Doch läst sich ienes mit der Figur / und dieses mit
der Grösse / vielleicht entschuldigen.
§. 3. Diß ist aber gewiß / daß Herr Kircherus nit von mir allein / sondern von vielen andern
mehr / gar sehr beklaget wird / daß hin und wieder in seinen sonst hochschätzbaren Schrifften /
jedoch wegen gar-zu-guthertzigen Leichtgläubigkeit / so manchen unmüglich-wahren Erzehlungen /
die Er wegen unersättlicher Curiosität von andern Leuthen da und dort empfangen / gar zu
deutlich Raum gegeben. Worunter / ob angeregte Drachen-Historien / nach allen Umbständen zu
glauben seyn / will ich dem Urtheil des Lesers hinterlassen.
§. 4. Meine / wiewol gantz unvorgreiffliche / Meynung von Drachen / ist sonst in Summa diese:
(1.) Ich glaube / daß Drachen in der Welt seyn / gewesen seyn / und noch seyn werden. (2.) Am
allermeisten aber viel anders nit / als sehr alte / und wegen Alters / sehr groß-gewordene
Schlangen. (3. Und dieses wegen ihres reichlichen Lebens-Balsams / und Nahrung-reichen
innerlichen Fleisch-Safftes / dessen sie gnugsamen Vorrath haben / und derhalben ohne
sichtbahre Speise sehr lang in der Erden sich enthalten können. (4.) Ich vermuthe auch / daß /
je grösser und älter sie worden / je leichter könne geschehen / daß nach so oft-wiederholten
jährlichen Abbalgungen / zur Seiten ihres Cörpers / da sie am dicksten sind / nnd also am
genauest- und schmertz-hafftigsten sich klämmen / die neue hervor-blühende Haut / einige
dilatation, seitwarts herauß / und flügel-formige Epiphyses, oder dünn-häutige Außwachsungen /
gewinnen möge. [5.) Oder auch ohne dem sonst von Natur / bey zärterem Alter / und kleinerem
Leibe / geflügelte Drachen auffwachsen. (6.) So muß ich endlich auch wol so vielen Autoribus in
der welt glauben geben / daß Drachen zu finden seyn / die nicht allein 2. Flügel / grausamen
Rachen / Halß / Rücken / Bauch / und Schwantz / sondern darzu noch etwa 2. Füsse
habendergleichen beynebenst in Herrn Thomä Bartholini Lehr-reichem Buche de Unicornu (cap. 7.
pag. 51.) zusehen ist. [7.) Und am aher-glanbwürdigst-Curiös- und nachdencklichsten ist / was
zum Uberflusse noch von vierfüssigen Drachen der Carpatischen Gebürge / nur noch neulich Anno
1671. und 72. Herr D. Johann Paterson Hain / Physicus zu Epperies / auß Ungarn / dem seel:
Herrn D. Sachsen nach Breßlau geschrieben / und ihm viel noch frische / mit Lacte Lunae
bewachsene Knochen / übersendet; (welche Drachen aber ohne Flügel sind) davon sehr fein zu
lesen im Dritten Jahr oder Volumine Ephemeridum Curiosarum Germaniae, und daselbst in der 139.
und 194. Observation.
§. 5. Hingegen bin ich noch schwer darzu zu bereden / daß (1) die jenigen mittelmässige̅ Drachen / davon gleich itzo bey numero 6. und 7. des vierten Paragraphi gedacht /
das ist / die 2. oder 4. Füsse haben / irgend zu der abscheulichen Grösse gelangen / derer die
alten / ungeflügelten / und sonderlich ohn-füssigen kriegenden Schlangen sind / davon unter
num. 2. und 3. [64] gedacht worden; und von unterschiedlicher Länge / in
folgendem Capitel wird gehandelt werden. (2.) Noch viel minder kan ich glauben / daß irgend ein
Drach habe Flügel / mag klein oder groß seyn / und damit fiügen könne; Denn ihr sogenanter
Flugzeug / hat gegen der Last und grösse des übrigen Cörpers / keine proportion, wodurch sie
durch die Lüffte / als Vögel geführet werden könten! Eben / als Herr Kirchmayer das Exempel vom
Strauß gar bequäm angeführet; und ich die Magellanische Gans / so D. Olaus Wormius (lib. 3.
Mus. c. 19. pag. 300. 301.) aus dem Clusio gar schön beschreibt / anfüge. (3.) Und daß Menschen
von blossem Ansehen der Drachen vergifftet werden / ist eine weltkündige Phantasey und weiß
nicht / ob vom Plinio / oder andern seines gleichen / ausgesprengte / offenbahre Flüge: ohne
[F.)
§. 6. Fals schlüßlich auch irgendwo Schlangenförmige Wasser-Drachen seyn möchten / die
gleichsam Flügel an beyden Seiten hätten / wie vielleicht Aristotelis und Plinii Vorgeben seyn
inag etlicher Massen; wiewol Jonstonuz (d. Piscibus) und Schonefeld Ichthyolog. pag. 16. gar
was anders unter dem Wort Draco Marinus, nehmlich einen ordinarie-Fisch / sonst Araneus, oder
Petermanneken genennt / gar recht verstehen; So meinete ich / daß solches vielmehr mit Haut
umbwachsene kurtze Pfoten / und gleichsam Floßfedern wären / als ich bey anderer Gelegenheit
bewiesen / daß zu gleichmäßigem Exempel / die 2 vordersten kurtzen / fast dreyeckichten dicken
schwartzen Floßfedern am Braun-Fisch oder Meer-Schwein (Phocaenâ vel Tursione) einer
Septenrrionalischen Arth von Delphinen / nichts anders seyn / als inwendig vielbegliederte /
und in 5. Finger abgetheilte / mit schwartzer gläntzender Haut / gleichsam als Corduban /
umbwachsene Hände derselben: Die ihnen zum schwimmen zwar was dienen; aber zugleich auch
deßwegen von der Natur vermuthlich gegeben sind / entweder in coitu sich zn firmiren / (wie
dan̅ dieser Arth Fische perfecte Genitalia Mulieria, humanis simillima, und an
dero Seiten / Milchreiche glandulosas papillas dabey / ich in der Anatomie notiret habe) oder
auch ihre Jungen / als ein faugendes Kind / ansich zu halten / und zu treiben. Welche Anatomie
von mir umbständlich beschrieben / der geneigte Leser finden kan in vorhin-angezogenem dritten
Theile der Epherneridum unsers Collegii Naturae Cutiosorum, observatione 20.
Das VI. Capitel.
Von der Geschaffenheit der göldenen Schrifft / der Drachen-Haut / und des Homeri darauff
gebrachten Gedichten.
§. 1.
WArumb ich was weitläufftiger / als vielleicht zu lesen bequäm / ein Theil physicalischer
Frage von Drachen außgeführet / ist Ursach / nicht allein die wunderliche Drachen-Haut anf der
Byzantinischen Bibliothek; sondern beynebenst auch / weil bey künfftiger Beschreibung
unterschiedener Europäischer Kunst- oder Naturalien-Kammern / bißweilen einiger vermeinter
Exemplarien von Drachen / wird gedacht werden müßen / und die gantze Lehre davon / einiger
Circumspection bedarff. Hiemit derhalben das Fürnehmste / so zu diesem Handel gehöret / einmal
für allemal erörtern möchte; so habe ler Feder bißanhero / so viel freyeren Lauff gelassen /
umb mich allzeit alsdann zurück anhero / auff itzt-vorhergegangenes Capitel zubeziehen.
§. 2. Was nun im̅ittelst den obige̅ vorgesteckten Zweck und Anlaß
sothaner angestellten Frage von Drachen / nehmlich die mit gölddenen Buchstaben auff eine
Drachen-Haut geschriebene Poetische Gedichte des Homeri betrifft; als welche Raritäten aus
respect theils ihrer Materie / theils göldenen Zeichnung / nicht habe in diesen
Kunst-Kanmer-Tractätlein vorbey gehen lassen mögen / voraus weil es seyn kan / daß andere
Raritäten mehr daselbst (zu Byzanz auff der Bibliotheck) anzutreffen mögen gewesen seyn; so
erwachsen Uns ferner hiemit folgende Considerationes.
§. 3. (I) Ob die so genante Haut / ein gantzes / oder von vielen zusammen-gesetztes Stück
gewesen? Denn obschon dieses / als eine überflüssige Frage möchte geschätzet werden / inmassen
ja von sich selbst klar genug seye / das die Scribenten so viel allarms von dero Länge zu 120.
Schuhen / nicht würden gemachet haben / falls nicht wäre ein gantzes / unzerschnittenes
Exemplar Drachen-Haut / und sie derhalben / wegen so ungewöhn licher Länge / für eine
sonderbare Rarität aestimirt gewesen. Aber warum aetimiret man nicht eben st wohl / und noch
mehr / entweder die göldene Schrifft / oder die Anzahl der Verse / die auf so geringen Raum
gebracht? oder alles beydes zusammen; Gott gebe / ob die Haut / ein gantz oder subtil
zusammen-geflicktes / und emtweder auf Sinesische Manier in viel [65] gleiche Falten und Blätter zusammen-gelegtes / oder auff alte Runische Arth (vide Olaum Worm.
Mus. lib. 4. cap. 12. pag 382.) rund-umgewunden- oder gerolltes Stück gewesen.
§. 4. Denn / was die Göldene Schrifft betrifft / mit dergleichen Buchstaben auch das
Gesetz-Buch Gottes von Jerusalem dem König Ptolomäo nach Alexandria / als eine fürtreffliche
Rarität geschicket worden / wie davon oben (cap. 2. §. 7.) gehandelt ist; so ist nicht zu
vermuthen / daß den damahligen Griechen das Muschel-Gold / und also / durch Beyhülff eines
Pinsels / die Buchstaben / (wie heutiges Tages zwar) auffs allersubtileste zu schreibem / oder
zu mahlen / sonderlich bekandt gewesen. Sondern gleich wie biß dato noch in uhr-alten
Griechischen Gemählden / un̅ Götzen-Bildern zu sehen ist / das darauff-gebrachte
Gold zwar herrlich und schön / als wenn es nur jüngst auffgetragen wäre / ist zu sehen / aber
auff einem sonderbaren beständigen weiß- und rothen etwasdicken Grund: also werden sie / auff
membranen curiös zu schreiben / zum Gold auch einen / wiewol subtileren / Grund gehabt / und so
viel mehr Kunst / viel göldene Schrifft / die nur dünne / leserlich / und beständig seyn solte
/ auf engen Raum zu bringen. Wenn derhalben von Scribenten derselbigen Homerischen göldenen
Schrifft auff der Drachen-Haut gedacht wird / und sie vielleicht die Künstlichkeit der Schrifft
zu notabeniren dadurch verineinet; mögen viel Leser nicht eben so gar genau es gemerckt / und
sich viel mehr über die Länge der Haut / von 120. Schuhen / als wenn solche nothwendig von
einem Stück müste gewesen seyn / verwundert haben. Ja der fleissige Erasmus Francisci, der
(lib. 4. Außländ. Kunst- und Sitten-Spiegels / pag. 1252.) aus dem Zonarâ, und noch älterem̅ Malcho Bizantio Sophistâ, dessen Werckes gedenckt / nennet es ausdrücklich ein
schön und selten Buch. Warum können derhalben seine Blätter / derer Raum etwan insumma 120.
Schuh außgetragen / nicht aus vielen / und zwar den besten Häuten / membranen / oder
dergleichen / seyn außerlesen worden?
§. 5. Zu dem / was dann die Proporrion des gar geringen Raumes / gegen die grosse Anzahl der
Verse belanget; so hab ich bereit erinnert / das vielleicht auch deßhalben mehr / als umb die
kahle Drachen-Haut / Scribenten zu thun gewesen. Man considerire doch 120. Schuh / derer ein
jeder zu 12. Zollen gerechnet wird / gegendes Homeri ohngefehr sieben und zwantzig tausend /
sieben hundert / und fünff und neuntzig Verse / die aus seinen Büchern Iliados und Odysseae
sollen von Wort zu Wort da zu befinden gewesen seyn. Denn / wo ich mich nicht / wie leicht
geschehen kan / verzehlet / so hat der gantze Homerus 27795. Verse / salvo errore calculi.
Nehmlich
§. 6. Diese Sumtua mit 120. dividirt, geben zu jedem Schuh 2310. Verse; und bleiben in allem
noch 75. Verse übrig. Diese 75. aber so fern nur hinweggethan / und eine Summa von 27720.
Versen / darauß gemacht / kommen auff jeden Zoll / 192. und ein halber Vers. Wer wird diese
untereinander / auff die Läng- oder Tieffe eines blossen Zolles bringen ? man thue dan aber
auch die 12. halbe oder 6. gantzë Verse von einem jedwedë Fuß hinweg / daß also von dë 120.
Schuhë / zu 27720. versen gerechnet / 6. mal 120. verse / das ist 720. abgezogen werden; so
bleiben von itzt [68] gedachten 27. Tausend / 700. und zwantzig
Versen / nur 27000. und wäre also zu verstehen / daß ein jeder Vers auch eine absonderliche
Zeile hätte. Weil aber auff einem Zoll so viel Verse zu fassen / der Raum desselben zu gering /
so lasst uns 2. 3. 4. 6. 8. ja 22. Verse / zu jeder Zeile nehmen / und also die 192. einem
jeden Zoll zukommende Vers / mit 2. 3. 4. 6. 8. und 12. dividiren; so werden wir aus dem Facit
einer jedweden Division, die Anzahl der zeilen / so viel derer zu jedem Zoll kommen werden /
bald sehen / wie folget:
§. 7. Noch mehr: Wir wollen die letzte Division umbwenden / und nicht einem Zoll 16. Zeilen
derer eine jede 12. Verse gehalten / sondern zu einem Zoll 12. Zeilen / deren eine jedwede / in
die Breite der Haut / 16. Verse gehalten hätte: würde dennoch nicht heutiges Tages noch / den
besten Schreibe-Meistern die gröste Kunst setzen / 12. Zeilen Griechischer Schrifft / unter
einander zu setzen / doch so / daß die Mensur eines eintzigen Zolles nicht überschritten würde?
Wo bleiben die vorhin der gantzen Summae abgenommene 795. Verse?
§. Sehet derhalben da / ihr Herrn Leser / ob nicht die Autores mehr wegen der so gar-subtilen
Schreibens Arth / als wegen der Länge von 120. Schuhen / die Byzantinische Drachen-Haut so
hochgerühmet?
§. 9. Es seye dann aber ein gantz oder zusammen-gestücktes Stück gewesen; so fraget (11.)
sichs ferner: Was vor Arth Haut oder Membranen; und ob es ein langer Darm / oder die inwendige
zarte Haut zwischen Fell und Fleisch / (zum Schreiben hernach bequäm gemacht) gewesen? Welcher
letzteren Meinung vorhingedachter Francisci gantz ernstlich ist; Lipsius hingegen (de Biblioth.
cap. 3. pag. 16.) aus dem Cedreno und Zonatâ, wie auch Joh. Neander, Syntagm. de Medic. Laudib.
pag. 104.) nennen es ein Intestinum oder Darm.
§. 10. Dann / ists etwa das Beste von der zarten Unterhaut / unter dem schuppichten
Drachen-Balg gewesen / und zwar in einem Stücke; so fragt sichs wiederum: Wo sind so grosse
Drachen? Herr Kirchmayer Disp. Zoolog 5. cap. 1. §. 7. 8. 9.) gedenckt aus dem Diodoro, der
Länge von 16. aus eben demselben von 30; und aus dem AEliano, von 70. Cubitis. Ein
geometrischer Cubitus aber hält anderthalb Fuß oder zwey Spannen. Wären also 70. Cubiti so viel
/ als 105. Schuh. Die / wollen noch nicht zu langen. Doch soll Atticus, ein Römer / mit einem
Drachen von 120. Schuh / sich in Combatt gegeben / und denselben erleget habë. Ja der vorige /
von zwar 70. cubitis, mit welchem Alexander. M. zu thun gehabt / sey jedoch noch nicht gantz
gesehen worden. Man stellet dieses an seinen Orth. Und zu Florentz wird ein Riemen / von einem
Thier 200 Elen lang und also gantzer 400. Schuh als eine Rarität gewiesen / wie Christoph
Eißlinger in seinem Italiänischen Wegweiser / (pag. 60.) berichtet: Er setzt aber fein selbst
dabey / daß solcher Riemen aus einer Haut- und also spiraliter geschnitten.
§. 11. Mich bedünckt aber / man gehe den sichersten Weg mit denen / die es für einen Darm
halten; so hat man nicht nöthig / die Länge des Drachen so abscheulich und insolent zu machen.
Denn gleich wie die Erfahrung bezeugt / daß selten ein Thier zu finden / dessen Intestina oder
Gedärme nicht mercklich länger seyn solten / als es selbst ist; und benahmentlich bey den
Schwanen ich die Därme doppelt / bey den Schulfern (einer Arth fressigen See-Vögel / in
Stranden unsers Belts / und in Holland gemein) dreymal; bey Menschen gemeiniglich sechsmal; bey
Maulwürffen / achtmal; und D. Blasius (Obs. Anatom. Select. pag. 1.) bey Küniglein oder
Caninigen / eilfmal so lang / als die Cörper selbsten sind / observiert: Also / aus
itztangeführten Proportionibus, nehmlich von Proportione duplâ, triplà, sextuplâ / octupla,
& undecuplâ, die mittlere derselben nehmlich sextuplam, zu einem vermutlichen
Exempel zu nehmen / erachte ich / kan wol sein / daß ein Drache so groß endlich zu finden /
dessen Intestinum 120. Schuh / Er selbsten jedoch deswegen nicht so lang / sondern gar viel
kürtzer / un̅ etwa 3. oder 3. und ein halbe Manns länge / benahmendlich 20. Schuh
sey. Dann 6. mal 20. wie bekant / giebt 120.
§. 12. (III.) Noch ein einiger zwar nicht eben nötiger / jedoch zu biß anherigen Sachen
gehöriger kleiner Punct restiret Ob nehmlich die Poetischen Gedichte Homeri, die mit göldenen
Buchstaben auf Byzantinische Drachen-Haut geschrieben sollen gewesen seyn / den Homerum vor
ihren warhafftigen Autorem erkennen? oder so sie des Homeri eigendlich sind / ob dessen Bücher
Iliados und Odysseae oder Ulyessae, wie Lipsius (de Biblioth. c. 1. p. 10.) schreibet von ihm
in eben der jenigen zusammen hengenden Form geschrieben seyn / als biß anher gelesen werden.
Denn gegen beyderley findet sich ein Scrupel: den ich vielmehr nahmhafftig machen will / als zu
entscheiden Ursach habe.
§. 13. Den ersten betreffende / so giebt mir selbigen itzt-erwehnter Lipsius an die Hand / an
angezogenem Orth also schreibend: Naucrates beschuldigt Homerum eines Diebstals / daß er
nehmlich / als er in Aegypten kommen / und zu Memphis im [55] Tempel des
Vulcani, die Bucher Iliadis und Ulyesseae, zur Verwahrung niedergelegt / angetroffen / ihme
dieselbigen zugeschrieben / und vor die seinigen außgegeben.
§. 14. Und was den anoern betrifft: so fiude ich / auch hievon zu zweiffeln / zweyerley
Anlaß: Die eine genommen aus dem AEliano; die andere aus einem Scribenten neuerer Zeit /
genennt Lomejerus.
§. 15. AElianus, im 13. Buch seiner Historien (cap. 14.) schreibt / Homeri Carmina wären zu
anfang nur stückweise gemacht / gesungen und hernach von Hipparcho, dem Sohn Pisistrati, und
warhafftigem Schüler des Platonis, dem allerweisesten zu Athen / zu erst nach Athen gebracht /
und von ihm die Rhapsodi, das ist / die Gelach-Sänger oder Schmarutzer-Poeten / gezwungen
worden / dieselben in offentlichen Zusammenkünfften der Griechen zu singen.
§. 16. Johann-Lomejerus aber (de Bibliothebis, cap. 7. sect. 2. p. 127.) schreibt Lateinisch
/ (aber hier alsofort verdeutschet) also: Es sol des Theodosii Junioris, welcher die
Constantinopolitanische Bibliotheck umb viel tausend Bücher vermehrt / Ehgemahl / Endocia, des
Leontii (eines Atheniensischen Philosophi) Tochter / die Homerocentra ( )
oder Stücke von Homeri Gedichteu / zusammen geflückt und getragen; oder / sonst von einem
gelehrten Mann coligirt, aber zerstreut und unvollkommen hinterlassen / perfectionirt, zusammen
gelapt / oder gepletzt / und in Ordnung gebracht haben. Mit welchem Lomejero deßfalls auch
Helvicus in seinem Theatro Historico (pag. 101. i.) übereinstimmet / und Sie Eudoxiam nennende
/ nebst einer andern / genandt Falconia, aus dem Gyraldo zu zwey Poetinnen machet / die sich
mit zusammen-gerafften Versen aus dem Homero und Virgilio, berühmt gemachet hätten. Und nun
genug einmal von der Byzantinischen Trachen-Haut.
Das VII. Capitel.
Von Ibrahim Bassae unvergleichlicher Magnificentz, Pallast / und daselbst befindlichen
Raritäten zu Constantinopel.
§. 1.
ICh muß mich bemühen / den ohn-zweiffel bißanher-gehäusften Verdruß / dem günstigen Leser mit
folgender so viellustigerer Erzehlung hinwiederumb zu versüssen; und je weniger Raritäten in
dem alten Byzantz zu holen gewesen seyn; desto heller und häuffiger wird itzo bald alles
gleichsain von Gold / Silber / Edelsteinen / und köstlicheu Manufacturen / in Vorstellung des
itzigen Constantinopels / gläntzen.
§. 2. Woselbsten / was für Herrligkeit und allercuriöseste Pracht in dem Schloß des
Durchläuch tigen Ibrahim Bassä / Groß-Visiers / und obersten Stadthalters des Türcken über alle
seine Länder / (so vor diesem ein Christ / und zwar der Geburth ein Genueser / auß dem
hochberühmten fürnehmen Adelichen Hause der Justinianorum, gewesen) mit allen
dabey-befindlichen Pertinentien / sol zu sehen gewesen seyn; verstehe so-manche kostbahre
Taffeln / Säulen / gewöldte Gänge und Gallerien / Garten / Grotten / und Lust-Hölen / Fontainen
/ Cascaden oder künstliche Wasserfälle / Bibliothek / Globi, oder Erd- und Himmels-Kugeln /
sonderlich- und ungemeine Schau und Brenn-Gläser / Prismata, Polyedra, Spiegel / Optische
Geinählde / Uhrwercke / Mathematische Instrumente; nebst einer herrlichen Rüst-Kanuner / un̅ Kunst-Zimmer sonderlich / in welchem viel schöne Prunck- oder Pracht-Lädgen / mit
Sinaragden / Rubinen / Demanten / Türckissen / Gold / und Perlemnutter versetz; die dabey nicht
zuvergessen: dieses und dergleichen ist umbständlich zu finden im dritten Buche des ersten
theils / dero von Philipp Zesen aus Frantzösischer ins Hochteutsche / aber sehr
affectirt-übersetzte / und [so fern] zu lesen verdrüßlich / an sich selbst aber / und wegen
sinnreichen Vortrags der Sachen / gar fein-inventlrter Romaine / Ibrahim Bassa intitulirt.
§. 3. Dergleichen Schrifften Romanzi, der Romainen genennet werden / und nichts anders sind /
nach Joh. Gersonis, Parisischen Cantzelrs / Urtheil (in libello, de superstitiosâ Diei
Innocentium Observatione) als gleichsam Poetische Bücher von Kriegs-Händeln zusammen gesetzt /
in welchen der grössere Theil ertichtet ist / mehr eine Neuligkeit und Verwunderung zu
erwecke̅ / als die Warheit selbst eigendlich kund zu machen; (ich setze darzu /
doch so / daß alles so vorgestellet werde / hiemit so wol eine finnreiche Verflechtung der
Actionen und seltzamen Begebenheiten / den Leser von Anfang biß ans Ende / in eifriger
for-lesung allzeit an sich halten / als von änsserlichem Schein möglicher Warheit / gleich ob
alles würcklich so / wie es beschrieben wird / in der Welt vorgegangen wäre / nit abgegaugen
werde. Welche Leichtgläubigkeit derhalben so viel eher beym Leser erhalten wird / so vielmehr
ihm unterschiedene wahre Historien vorher bekandt / die in solchen Büchern / unter frembden
Nahmen der Personen vorgebracht / künstlich verworffen / und mit [56] beygesetzten allerhand zierlichen Reden / veränderlichen Glückes-Fällen / schönen Lehrreichen
Moral und Physical-Discursen / Liebes- und Zauber-Händeln / sc. außgespickt und gezieret werden
/ dermassen / daß man hernach selbst nicht eigentlich weiß / was davon wahr / und was von
freyem Geist des Autoris darzu gesetzt / gleich wie auß itztgedachter Romaine von Ibrahim Bassa
/ wie sonsten auch aus der vom Barclajo schön-inventirten Argenis, auß der Ariana, auß der
Arcadia, und sonderlich auß Herrn Buchholtzens / denen allen weit-vorgehendem / ja
unvergleichlichem Teutschen Hercules und Herculiscus, gnugsam ist zusehen: vor dergleichen
herrlichen Schrifften ersten Vatter und Großvater ich aber gar bald halten dürffte die
Griechisch-geschriebenen schönen AEthiopica des Heliodori, aus welchem / meines behalts / in
der Arcadia ein un̅ anders subtil abgestohlen ist.
§. 4. Doch heutiges Tages ermangelts auch nicht bey etlichen jungen Poetischen
Flatter-Geistern / an Unwissenheit des Zweckes und Manier / eine rechte Romaine zu schreiben:
und bringende / statt derer / nur etliche zaghaffte lebnnd geist-lose / ungesaltzene
Liebes-Träume vor / verdienen allermeist das Urtheil des Herrn Harsdörffers / welcher im 47
sten Gespräch-Spiel des I. Theils / (§. 23.) also schreibet: Betreffende die ohne Reimen
gesetzt in ungebundener Rede verfaste Lust- und Liebs-Gedicht / (les Romans) wollen solche
einen sonderlichen Lehrnutzen / benebenst erfreulicher weiß vor wenden: Aber es ist ein süsser
Gifft / und tieff-verborgene Gemühts-Gefahr / bey welcher ein so beliebtes Verderben waltet.
Die vorgebildte Ritter zu Fuß (Cavelleros andandes) die fleissigen Schäfferinnen ohne Stab und
staub / erregen dergestalt unjere Gedancken / daß wir mit ihnen weine / lachen / trauren /
Verlangen tragen / und allen ihren Begierden gleichsam würcklich beypflichten / ob wol sie nur
erdichtet / und niemals gewesen / noch seyn werden.
§. 5. Ob derhalben nun alles / oder ob es nur kaum halb / oder ein viertheil wahr und unwahr
seye / was vorhin-gedachter Zesius von der vortrefflichen Magnificentz Ibrahim Bassä vorbringt;
davor lasse ich einen jedweden Leser selbst rathen: und will / bloß nur Extracts weise / nach
Ordnung der Blätter setzen / was vorgenommenem Zweck / von Kunst und Naturäl-Rariteten zu
handeln / mehr oder minder (doch etlicher massen) etwa scheint zu dienen.
§. 6. Und schneidet also der Autor wacker auff / pag. 138. schreibende / die Thore am
neuaufgebauten Schloß wären von Ebenholtz / und mit silbernen Nagel-Puckeln reichiich besetzt
gewesen. pag. 139. den Schlüssel zu solchem Bau / hätte er von Ouich-stein / einer
verwunderlichen Grösse gehabt. Im Vorhoffe (pag. 140.) sey gewesen ein köstlicher Brunn / da
aus etlichen Stücken von Agat / Ouich / Türckis / Corallen / Topaß / und Smaragd / Wasser
Strahlen herfür gesprungen. Und was mehr merckwürdig erzehlet wird / sind folgende Dinge:
§. 7. Ein Lust-Garten (pag. 143.) ehe man in das gantz-Inwendige gekominen. Ein Gewölbe /
darunter man aus dem Vorhoff hinein gangen auf einem Alabasternen Grund mit unterschiedenem
Marmel und Jaspis aufs künstlichste eingelegt.
§. 8. Im Garten ein schöner Brunu (pag. 144.) ein Irrgarten (ibid.) und Busch-werck (pag.
145.) von Pomerantzen-Citronen-Granat-Bäumen / und Myrten Sträuchen. Eine acht-eckichte
Lust-Höle / oder Grotte / worinnen gleichsam alle Wunder der grossen Zeug-Mutter (Zesius hätte
nur lieber bald das Wort Natur setzen mögen] beysammen: und unter denen köstliche Perlen-Mutter
und Meer-Muscheln / woran die Sonne prächtig gespielet / feuer-färbige / als schwartz- und
weisse: seltzam-gehärtete (ich verstehe in Stein verwandelte) Dinge: zugeschweigen der
dabeybefindlichen Wasser-Künste / Cascaden / oder Wasser-Fälle von Crystallenen Felsen; und
tansenderley köstliche Dinge mehr.
§. 9. Aus der Lust-Höle und Garten hernach / von hinten des Schlosses hinauff pag. 147.)
durch ein köstlich Vorgemach / über den Saal / ein Bibliothek / da alle Bücher / in vielerley
Sprachen / mit göldenen weiß- und grüngeätzten Blächen überzogen / und in Schräncken von
Ebenholtz mit güldnen Spitzen; mit vielen außerlesenen dabey befindlichen Land-Taffeln / Erd-
und Hinmels-Kugeln / und allerhand Instrumenten; benahmentlich Perspectiven / Spiegeln /
Uhrwercken / Zirckeln / und dergleichen. Perspectivische Gemählde / Prysmata (die nennet Zesius
pag. 148. Waltzen; hat sich wol gewaltzet / man siehet wol / daß Herr Zesius in Opticis und
Geometricis trefflich erfahren ist /) oder drey-eckete Crystall / darinnen alles / gleichsam
mit Regenbogen bortiret außsiehet / Brillen.
§. 10. Schönund köstlich mit Stein-werckaußgesetzte Schreib-Lädgen: ein Tisch von Ebenholtz /
mit golde geätzt / und außstaffiret: oben darauff ein Schreibezeug / mit licht-braumen
Sinaragden allenthalben außgelegt. Er wird vielleicht Hyacinthen meynen / weil sonsten die
Smaragden grün. Doch kan der Herr Pferde-Hold im blauen Feld / Herr Zesius / wol auch braune
Smaragden geschen haben.
|| [57]
Das VIII. Capitel.
Dann ferner von seiner Rüst-Kammer / Prang-Zimmer / kostbarem Bad / und eigener Person.
§. 1. LErner / nach Herrn Zesens (pag. 148) Bericht / ist innerhalb der fürtrefflichen
Residentz Ibrahim Bassä zu sehen geweßen eine Rüst-Kammer / worinnen ein Siegs-Zeichen von
einem Magnetgehalten / in der Höh schwebend; unterschiedene Waffen der alten und neuen
Kriegs-Leute der gantzen Welt; jede nach ihrer gehörigen Arth / gantz ordentlich sortiret.
Fürnehmlich aber Persische Säbeln / derer Handgriff und Scheiden von klarem Golde / und völlig
mit Steinen besetzt. Tartschen und Köcher / wie auch Bogen uno Pfeile / mit Türckissen fast
gantz und gar bedeckt; Wind und Wasser Büchsen (p. 149.) &c.
§. 2. Und endlich ein gantz Gemach voll herrlicher historischer Gemählde [p. 149. seqq.]
nebenst (p. 176.) des Ibrahims innerem und prächtigem Zimmer; worinnen das Gewölb und Mauren /
zum Boden oder Grund gehabt haben ein köstlich Bluhm-Vogel- und Früchte-Werck / über und über
geziehret / und die Natural-Farben mit Topazen Hyacinthen / Opalen / Smaragden / Rubinen /
Demanten / Carfunkelen / exprimirt. Ringsherumb eine Taffel von Eben-Holtz / gehalten von
göldnen Armen.
§. 3 Sonsten aber auch (p. 177.) etliche Zimmer von unterschiedlichem Agstein. Etliche Fässer
/ (ich verstehe Gefäß oder Geschirr) von Crystall und Agat. Etliche Ba???n grosse Zacken von
Corall.
§. 4. Ja alles / was Persien / China / Japan / und alle Morgenländer / an-rar und schönen
Dingen hervor bringen / war daselbst häuffig zusehen.
§. 5. Zugeschweigen dero / gegen vorhingedachtem inneren Zimmer gelegnen köstlichen Badstube
Ibrahims: derer Bänke ringsherumb (ins 8 eck) von Jaspis und Chalcedonier bereitet. Und in
jedwedem Winckel eine Corinthische Säule von Jaspis; mit erhabener schöner Arbeit daran. Von
oben / schöne herad-hangende Bluhm-Wercke aus grünem Jaspis / mit durchgeflochtenem Golde (pag.
178.) und darzwischen-hangende Encarpi, oder Ehren-Kräntze.
§. 6. Unter welcher fürtrefflichen / ja Königs-würdigen Zier / war die fürnehmste / daß
zwischen den acht Säulen auch eben so viel Fächer waren / derer 4. mit grossen güldenen
Geschirren erfüllet zum Rauchwerck / und was sonst zum Bade nöthig / gemacht: In den andern
vieren / stunden vier Frauen-Statuae von weissem Marmel / über auß künstlich: theils schienen
ihre Kleider ab / die andern wieder anzulegen.
§. 7. Das Wasser / das in der Wanne war kam aus zween Geschirren von Crystall geschossen; aus
dem einen warm / und aus dem andern kalt: In dergleichen Badstuben (wo anders so eine jemahls
zu Constantinopel gewesen ist) solte es wol ein herrllche Lust seyn zu baden / und auf gute
Bekehrung oder Stürtzung des Gro-Türcken / ein leckere / wol aromatisirte Kalte Schal aus
Porcellain zu trincken.
§. 8. Busbequius gedenckt sonst auch dieses Ebrahim oder Ibrahim Bassä / an unterschiedenen
Orthen / und nennet ihn (Epist. IV. Leg. Turc. pag. 338.) einen Pohlen: wie dies hange mit dem
Geschlecht von Justinian, dessen der Ibrahim vielmehr / als ein Pole / und also ein Italiäner
fol geweßen seyn / davon oben (§. 2.) aus Zesto Meldung geschehen / fals eben dieser Zesius
solchen Nahmen nur nicht etwan fingiret; lasse ich dahin gestellet seyn / uud mag mir den Kopff
nicht darüber zerbrechen.
Das IX. Capitel.
Von etlichen Raritätender Insul Malta / und Weiland daselbst des Tempels der Abgöttin
Juno.
§. 11.
SOfdern verlasse nunmehr Constantinopel. Und mich begehende von dar denen verstreut-liegenden
Griechischen Insulen vorbey / wiederum in das freye mittelländische Meer / befinde meinem Zweck
dienlich zu seyn / anzuländen bey Melite oder Malta / der zwar kleinen / aber so viel mehr von
Pauli schiffbruch und heutiges Tages Ritterlichen Johanniter Doden / vielen herrlichen
Naturialien und Fruchtbarkeit des Bodens / berühinten Insul: so ihren Nahmen haben sol von
Melle, oder Honig / dessë Menge / ja der beste in der gantzë welt daseyn sol / wie Hen. Bünding
im andern theil seines Itinerar. Sacr. (p. 132) angemercket / gelegë zwischë dem königreich
Sicilien und Africa: [58] nnd also nicht minder / als vorhin Byzantz / an
den Gräntzen des edlen Europä. Dann ob schon jemand sey / so sich dieses Eyland lieber nach
Africa / als nach Europa zuziehen bemühen möge / wie bey Hn. D. Burch. Niederstedt / de Maltâ
Veteriac Novâ [lib. 1. c. 3.) zu sehen: so hat solche Meinung doch keinen Grund.
§. 2. Er / Bünting / schreibet auch / daß die aller wol-schmeckesten [das ist /
best-riechenden / Rosen / schöne Violen und Baumwoll daselbst wachsen: kein Schnee noch Eiß
jemals dagesehen; auch keine Schlangen / und vielmehr hübsche Weiber / schöne kleine Hündlein /
und niemand schädliche Scorpionen / daselbst seyn sollen.
§. 3. Und weil der Apostel S. Paulus / als Er gefangen nach Rom gesandt war / an dieser Irsul
Nordwerts gestrandet / und nachgehends drey Monden daselbst geblieben; haben die Christen eine
Capell dahin gebauet. Worvon auch nicht weit abgelegen ist eine Höle / mit 2. Löchern und
Gemächern / darin Er gefangen gelegen haben sol: in welcher eine härtliche schöne weisse Erde /
genennt Terra di San Paolo, mit darinn gewachsenen Steinen genennt Petroglossa, oder Gloss
opetrae, das ist / Schlangen-Zungen / wie auch eine Arth rundlicher kleiner glatten Steinlein /
Natter-Augen genennt / gegraben und als ein bewehrtes Mittel gegen alles Gifft / so man die
Dinge nur bey sich trüge [was sag ich von der Erden innerlichen Gebrauch?] von den Inwohnern ja
fast durch gantz Italien gehalten werden / darumb / weil Paulus die Otter / die Ihm an die Hand
gefahren / ins Feuer geschlenckert / und Er unbeschädigt blieben.
§. 4. Unter welchen / was absonderlich die so genannten Schlangen-Zungen-Steine betrifft; so
hat man derer unterschiedene Arthen; blosse / und in ihrer Erde fest sitzende /
als in dieser Figur zu sehen ist: etliche großmittelmässig- oder kleinere; an Seiten gekärbt
/ oder glatte; lang oder kurtze; stumpff- oder scharff-gespitzte / als wie mit mehren diese
Figuren darthun.
§. 5. Was dieses für Sachen eygentlich seyn? Zu derer Frage Erörterung mag ich mich hier
nicht herauß lassen / weil vielerley / (wiewohl-Curiöse) Considerationes hierbey einfallen /
welche grösser / als die bereit-abgemessene capacität dieses Tractätleins ist; und kan der
geneigte Leser deßfalls seinen Regress am bequämsten nehmen / zu meinen Anmerckungen über Fabii
Columnae Buch de Purpurâ, welches gleich eben diesen Winter / da gegenwärtige Schrifft hervor
kommt / auff meine Veranlassung / und / was die beykommende zierliche Holtz-Schnitte betrifft /
auff meine Unkosten / in Truck gegeben / bey Herrn Joachim Renmann / der Kielischen Universität
Buch druck er / von ihm mit schönen neu-gegossenen Typis gedruckt / ist zu finden
§. 6. Was diese Sachen aber nicht seyn / nehmlich keine in Stein verwandelte Schlangen-Zungen
/ das ist leicht zuerinessen. Denn (mit wenig Worthen das fürnehmste zu melden) so sind die
grossen von denselben zwar breit genung / aber zu kurtz; und die kleineren haben so wol diese /
als andre figürliche Abschreitungen von gemeiner proportion der Schlangen-Zungen.
§. 7. Zu dem folgt auch nicht: Paulus hat eine Schlange vom Finger geschleudert; deshalben
hat Er alle Schlangen aus der gantzen Insul heraus verflucht. Oder wo steht dieß letztere
geschrieben? Und so Er sie gleich auch alle verbannt und verflucht hätte; so folgetferner nicht
/ daß ihre Zungen / Augen / Ruckgrad / und andere Glieder derselben / darumb zn Steine worden.
Denn in welchem glaubwürdigen Buch oder Capitel der Apostel-Geschichte / steht auch dieß
letztere geschrieben?
|| [59]
§. 8. Entweder es ist wahr / daß keine Schlangen in Malta mehr gefunden werden; oder ist
nicht wahr. Ists wahr; woher wird bewiesen / daß eben Paulus solches gewürcket habe / und nicht
GOtt vielmehr / ob auch St. Paulus sein Tage nicht dahin durch Ungewitter und Schifbruch
gekommen wäre. Ists aber nicht wahr; wer heisst euch dann so lügen? Ich zwar kan mich rund
herauß auff Ja oder auff Nein nicht bescheiden / denn ich keinen ehrlichen Menschen biß dato in
demselbigen Eyland gesehen: Jedoch dieß und das den Heiligen / ohne Biblischen Grund
zuzuschreiben / und Gottes Wort darüber vorbey zu gehen / wäre / bedünckt mich / dem Geschöpffe
eine grössere Macht / als Gott dem Schöpffer / zuzuschreiben.
§. 9. An diesem aber (bey unserm Zweck zu bleiben) ist kein Zweiffel / daß / hindangesetzt
der Norder-Seite desselben Orths / gegen der Sonnen Auffgang noch etliche Mauren und
überbliebene Stücke sollen zu sehen seyn / von dem uhralten köstlichen Tempel der Abgöttinn
Juno.
§. 10. Als dieser im Flor gewest / sagt Bünting / daß viel schöne Kleinodien un̅ Schätze; insonderheit aber das köstlichste Elffenbein / als was sonderlichs / sich darinn
befunden: und als solches / nach Eroberung der Insul / dem Numidischen König Masinissae, sein
Schiff-Capitain überbracht / Er / der König / sol eiligst befohlen haben / dasselbige zurück zu
bringen / und sothanen entführten Kirchen-Schatz / wieder an seinen Orth zu stellen.
§. 11. Hiervon nun könte und solte vielleicht was umbständlich gehandelt werden: weil aber
vorhin-gedachter Herr Burchhard Niederstedt (lid. 1. de Malt. c. 5 p. 14.) so-fern diesem Thun
ein Genügen gethan; mag der günstige Leser sich dahin verfügen / und seine Belustigung darauß
nehmen.
§. 1.
MAs aber den Zustand neuerer Zeiten betrifft; so hat die Haupt-Stadt Malta biß dato ihren
Namen mit der gantzen Insul gemein, ist so wol an sich selbst / als mit einem darinn-gelegenen
Schloß befestigt: und wird von einem Groß-Meister regiert / welcher auß allerhand Nationen /
ohne Unterscheid / pflegterwehlt zu werden.
§. 2. Und in derselbigen Stadt / oder nicht weit davon / auff einem wolangelegten Praedio
oder Land-Guth / (hiemit ich zu meinem Zweck fortfahre) ist Anno 1630. wohnhafft gewesen ein
fürnehmer / leutseeliger / und in allerhand Wissenschafften / (sonderlich was Antiquitäten
betrifft) gar curiös- und erfahrner Mann / Nahmens Herr Johann-Francisc. Habela / des
Geistlichen Ritter-Ordens von Jerusalem / und Vice-Cantzler der Insul: welcher ein fein Museum
oder Raritäten-Gemach zu eigener und anderer hurtigen Gemüther Belustigung / und in demselben
nicht minder viel schöne selecte Dinge der Natur / als alte Monumente und Gedächtnüsse / in
fleissiger Verwahrung gehegt / wie solches auß mehr-gedachten Herrn Niederstädts / und Herrn
Th. Bartholini Zeugnüß / die beyde in Malta gegenwärtig gewesen / und die Sachen gesehen /
erhellet.
§. 3. Von welchen der Erste / das Muséum oder Conclave Herrn Habelä / außdrücklich ein
Antiquarium (lib. 1. de. Malt. cap. 5. p. 17.] intitulirt, und (lib. 2. c 4. pag. 60.) von dem
darinbefindlichen alten Aschen-Topff / oder Leichen-Gefäß / also schreibet: Extra Veterem Urbem
[Maltam] multa deorum Simulacra, Columnae Marmoreae ruptae, fractae, aliaque praeclara
Antiquitatis Monumenta saepius inventa sunt, quae laudabili prorsus operâ, hac nostrâ aetate
collegit Fr. Johannes Franciscus Abela, Sacrae & eminentissimae Religionis
Hierosolymitanae Vice-Cancellarius, in Praedio suburbano Promontorii Cortini (Casino di S.
Giacomo dictum) curiosè asservata. Idem ille Urnam veterem, in subterraneâ speluncâ repertam,
hoc Elogio ornavit:
Phoenicum Urnam, qui pirmi à Gigantum interitu
Pulsis Phaeacib. Melitam tenuêre fortunatam,
Cum incluso Cadavere, imò Cinere
Post Io & ampliùs Lustra ex antiquae Urbis Latebris Effossam.
Fundi Herus publico Rei Antiquariae Bono Hîc prope Caemiterium vetus P. C.
Anno Salutis M DC XXX. Adventûs verò Sacr. Ord. Hierosolym. C.
§. 4 Von dem Andern / dem Hn. Bartholino / sind folgende Dinge observiret: Eine Statua
Harpocratis, an dessen rechten Seite des Helins / dem ansehn nach / ein geflochtener Zopff
Haare / als ein gekrümt Horn / herab gehangen; (de Unicorn. c. 2. p. 27.) Hüfftenknochen / ein
Zahn / und Ribbe von Riesen; (Cent. I. Ep. Med. 53. p. 225.) Holß in Stein verwandelt / noch in
diesem Seculo, binnen der benachbarten Africanischen stadt Tripoli; (ib. ut & lib.
de Unicorn. c. 37. p. 290. ac Cent. 2. Hist. Anat. 100. p. 354) und nit nur die einige /
sondern zwey Urnas Sepulchrales, oder ver [60] brennter
Leichen-Töpffe. Denn also lauten auch seine Worte / (Cent. I. Epist. Med. I. d.) Binas quoque
Urnas Phoenicum nobis monstravit, qui ejectis Gigantibus Insulam posteà incoluerunt: quarum
altera Foeminae habebat faciem, Ornamentis & Vittis dependentibus, magnitudine
humanâ, in quâ Cineres invenerat.
§. 1.
Und ist nun Zeit / Europä so viel näher zu kommen / und nach Verlassung / auch der Insul
Maltha / (gleich wie der Stadt Constantinopel / und Alexandria vorhin) näher an Italien zu
rücken / nach darzwischen-gesetzter kurtzer Herumbschauung / ob was / und an welchen mehrern
Gräntzen Europä noch möchte zu notabeniren seyn / so unser??? biß anher-gefasten Intention
gleicher Gestalt ein Vergnügen bringenkönte.
§. 2. Da dann nah an dem äussersten Ende Italiens / gleich über / zwischen demselben und der
Insul Malta / gelegen ist (ja vorzeiten dem Italien anhängig gewesen seyn soll) das von GOtt
und der Natur so viel höher gekröhnte Königreich Sicilien. Auß dessen principalisten Stadt /
und Königlichen Residentz Palermo / mir zwar eben nichtshieher-dienliches beyfällt: nechst
dieser aber wird Messina von allen für eine von den übrigen sehr-fürnehmen aestimiret; woselbst
mit grossem Ruhm seines Nahmens und würcklicher guten Meriten / gelebt der fürnehme D. Petrus
Castellus; davon mir / so viel seine curiöß-zusammen-colligirte Natural-Raritäten betriftt /
folgendes zur Kundschafft kommen:
§. 1. (1.) Der mehrmals und zwar mit billichem Lob erwehnte Herr D. Thomas Bartholinus
schreibt von ihm / Anno 1644. im Monath April / aus Messina / an Herrn D. Dlaum Wormium nach
Koppenhagen (ins Teutsche allhier gegeben) also: Ich gebrauche mich des Castelli familiarittät
/ der gäntzlich darob ist / Bücher von vielerley Lahr herauß zu geben. Hat in seinem Museo
allerhand curiöse Dinge der Natur gesammlet. Besitzt Sceleta, oder zusammen-gesetzte Geriebbe
unterschiedener Thiere; als Zibeth-Katzen / Schwerd-Fische (Xiphiae) und anderer. Hat auch
Augen von Zibeth-Katzen / und dererselben Zibetisches Behältnüß (oder starck-rüchendes Glied)
eben so dargezeiget / als Er in der Historie dessen Thieres beschrieben hat Er ist ein Besitzer
von vielerley Muschel-Werck / so in Stein verwandelt. Und hab ich bey Ihm gesehn / von einem
Indianischen Palm-Baum eine Frucht / die man mit keinem Hammer zerschlagen kan. (qui incudem
eludat.)
§. 4. (2.) An einem andern Orth (nehmlich de Unicorn. cap. 37. p. 276.] gedencket Er / daß Er
bey Ihm viel Ammons Hörnlein gesehen / und mit Ihm auß der Erden gesammlet habe. Verstehe eine
gewisse Arth Steine / die / weil sie die Gleichheit eines gekrümbten Bocks-Horns führen /
Cornua Ammonis, Cornua Arietina, oder Bock-Hörnlein / Ammons-Hörnlein genennet werden / und
heutiges Tages vorauß im Hartz / umb Hildesheim / gar viel gefunden werden / wie hiervon Herr
D. Lachmund zum Theil de Mineralibus Hildesiensibus gar schön geschrieben; und ferner ohne
Zweiffel mit mehrem diese Sache berühren wird / in seinem gelehrten und curiösen Tractat de
Lapide Judaico, der nun bald wird herauß kommen / wie Er mir nur gleich nun geschrieben.
§. 5. Herrn Bartholini Worte / von den Sicilianischen Steinernen Vocks-Hörnlein / bey D.
Castello, sind diese / an itzt-angezognem Orth: Varias in magnitudine & figurâ
Cornuum Ammonis differentias lib. 4. Histor. Balnei Bollensis proposuit Joh. Bauhinus, magni
Casp. Bauhini Frater, qui legi meretur. Nos verò Arietinis Cornubus simillima complura Ipsi ex
Colle Messanensi cum Petro Castello, summo loci Doctore, eruimuseâ parte, quâ alti??? Hortus
public assurgit.
§. 6. Und fällt mir bey diesen Schluß-Worten (Hortus publicus assurgit:) zu mehrerm Beweiß
der sonderbahren Curiösität des Petri Castelli, dann dieses auch ein / was ich vor diesem sonst
gelesen / welcher Gestalt nemlich Er / der Geburth ein Römer / und vor diesem in dem
Archigymnasio zu Rom Professor (oder / wie sie daselbst reden / Lector] Simplicium, nächst an
der Stadt Messina / denselbigen Medicinischen schönen Garten fundirt, dessen Verzeichnung /
(wie derer der vielberühmte Herr D. Elsholtz / Florae Marchic. Introduct. pag. 5. gedenckt) zu
Tage gebracht / ein Theatrum (verstehe Anatomicum) Laboratoria Chimica, und andere nutzbahre
Dinge gestifftet: die wir aber an seinem rühmlichen Orth lassende / in folgendem Tractat rectà
nummehr uns in Europam hinein begeben wollen.
|| [61]
Vorstellung etlicher
Kunst- und Naturalien-Kammern / In Italien zu Neapolis und Alt-Rom
Denen
Wol-Edlen / Vest- und Hochgelahrten / Herrn Sebastian Scheffer /
Der Medicin weitberühmbten Doctori und Practico in der Käyserl. Freyen Reichs-Stadt
Frauckfurt am Mayn:
Und
Herrn Johann Wilhelm Schmidt / Gleichfals der Medicin Fürnehmen Licentiato und glücklichen
Practico, in der löblichen Stadt Lüneburg:
Meinen sonders groß-geneigt-Hochgeehrten Herrn / und sehr liebwehrten Freunden.
MAs oder Ordnung / für ein Ding / und wieviel daran gelegen sey / das
dadurch als durch Ketten und Bande / das jenige so aus Stücken zusammen gesetzt / befestigt
werden / und allem besorglichen Untergang entgegen / eine merckwürdige Zeit bestehen möge;
solches bezeugt an allen theilen dieß gantze überauß-schöne Wunder Gebäu der Natur; es
bezengens alle / so wol Geistals Weltliche Societäten / und eines jedweden Menschen
eigenwillige publiqu- oder privat oceupation, wodurch er vermeint / zur fülle seines Wunsches /
und einigem Grad wo nicht wahrer / doch scheinbahrer Gemüths-Leibes- oder Glücks-Vollkommenheit
zugelangen. Ja die Fürsten der Fünsternüß und alle Teuffel der Hölle selbst / fals sie
einmüthig unter sich / und einander absonderlich bey deine / vom Beelzebub Ihm-assignirten
Ampte bleiben / empfinden auff ihre maaß / ein ruhig- und unzertrenntes Reich; wie uns hiervon
der Mund der himmlischen Warheit / und Stiffter aller heilsamen Ordnung lehret.
Gleich wie nun von solchem Wort / ein anders entsprungen ist / Tactica,
welches auff Teutsch den Nahmen der Wissenschafft / Schlachtordnungen zu stellen / führet: also
ist am Tage / das dieses ein weit mehreres in sich begreifft / und zu verstehen giebet /
welcher Gestalt nicht allein die Soldatesca im Felde / nebst dero Atiglierie und Pagage /
sondern inn- und ausserhalb Krieges / zu Wasser und Lande / viel andere Cörper mehr / so die
Natur und Kunst hervorgebracht / nach ihrer erträglichkeit zu sortiren und in eineauff gewissen
Zweck zielende Ordnung / dergestait zubringen seye / das so wol ein beständiger nutz davon
zuhaben / als eusserlich auch eine unsträffliche Schönheit daran zu spühren stehe.
Derhalben dünckt mir am bequämsten zu seyn / folgender gestalt zu verfahren / das nehmlich
erst Tactica Ceneralis, oder eine allgemeine Wissenschafft und Universal-Disciplin von
allerhand Ordnungen / constituirt; und selbige alsdann zunächst in die Natür und Künstliche /
(Tacticam Naturalem & Arbitrariam) entschieden werde.
Von Tacticâ Naturali ist oben bereits schon etwas meldung geschehen / und nicht ohne billiche
verwunderung und Lob GOttes zu spühren / (daß ich vieler anderer Exempel / so uns dieses schöne
Welt-Gebäude äusserlich vorstellt / geschweige) an unserem eigenen Mensch-lichen Leibe / fals
man nur einiger massen mit fleiß in demselben behertzigen wil / welcher gestalt die Haare des
Haupts / gleich wie von ihrem Schöpfer gezehlt / also vom Scheitel anfangende / in richtiger
Ordnung hernach denselben rings-umbgeben; die Schweiß-löcher der Haut / und sonderlich an dem
ersten Gliede eines jedweden Fingers der inwendigen Hand / in seltzam-herum-geführten Reihen
stehen; das Gewebe der Musculorum sonderlich / von der Natur über alle Mechanische nachfolge /
zubereitet ist; die Lufft-Röhre / als das principalste Stück unsers natürlichen Stimm-Wercks /
(der Brust) bestehend auß tausend Circul-förmigen Cartilaginösen Gliedern / und herab-langende
von der höhe des Halses / biß an das innere Haupt- [62] Rad unserer
Lebens- und Schlag-Uhr / das Hertze) sich eben auff solche geometrische manier in der Lincken /
als wie in den rechten Blase-Balg die Lungen) erst in zwey grosse / dann in mehr und mehr
mittelmässige??? / klein- und kleinere vielfältige / und endlich kleineste / Aeste vertheilt /
einem umgekehrten Schönen Baum der gantz ordentlich gewachsen / zu vergleichen; oder das Hertz
/ als das Roth- und Mittel-Ländische-Meer unsers Fleischlichen Aegyptens / durch ordentlichen
zu- und abfluß / vermittels somancherley Blut-Milch-Wasser Gallen-Speichel u̅
anderer-Gänge / die übrigen Glieder des Leibes befeuchtet / und von denselbë mehrentheils
wiederum befeuchtet / erfüllet und erhalten wird; die Blut-Schleusen in Adern (Valvulae
Venarum) gleicher gestalt ihre geziehmend- und wol-disponirte situation erlangt; die Spitzen an
den würbeln des Rück-Graats / gleichsam als so viel Zähne in einem Kamm / in stoltzer reyhe
stehen &c. Tacticam Arbitrariam aber nenne ich die / so sich gründende auff Exempel
der so-wundersamen weisen / und gütigen Vorgängerinn (der Natur) Menschlicher Witz zu allerhand
theils Nutzen und Nothdurfft / nach und nach erfunden / so / das sich fernere eintheilung
derselben / in die Lustige und Ernstliche / von selbsten uns gleichsam an die Hand giebt. Unter
welchen beyden / was.
Tacticam Ludicram betrifft; so ist richtige Ordnung / und Sinn-reiche disposition gleichsam
die Seele und Meisterinn / in dem Schach-Kegel-Charten / und vielerley andern Spielen.
Tacticam Seriam aber allermeist / oder die Ernstliche / theile ich ferner ab in Militarem und
Togatam.
Tactica Militaris ist wiederum zweyerley; Campestris, zu thun habende mit Schlacht-Ordnungen
zu Felde; und Navalis, mit dergleichen zur See.
Tactica Togata, breitet sich zu Friedens-Zeiten auß in alle Handwercker / Wissenschafften /
und gute Künste. Und sintemahl derer ein fast unbeschreiblicher Unterscheid ist so will ich nur
zweyer davon gedencken.
Tactica Hortensis heißt die eine; und ist nichts anders / als der fürnehmste Theil der Garten
/ Architectur; und / ein gantz unterschieden thun seyende von der Horticultur, bestehet am
meisten darinn / das alle / so wol essential, als andere Stück und Theil des Gartens / über und
an der Erde / in einem bequämen Comportament und hin und wieder in möglist-correspondirender
Regularität sich befinden / wie nicht minder die darein-gehörige Baum’ und Kräuter zu
dergleichen disposition gebracht werden / das allerwegen schöne prospecten daher entstehen /
una die Cultur der Erdgewächse so viel besser handthieret werden kan. Unter welchen guten
Ordnungen deßfals / was absonderlich die Bäume betrifft / Quincunx, ader setzung deroselben ins
Creutz / von vielen Jahren bißanher den Titul der vollkommenst- und zihrlichsten Ordnung /
behalten.
Und endlich Tactica Conclavium heisst die andere; das ist / die Wissenschaffs / wie Kunst-
und Naturalien-Kammern recht eingerichtet werden sollen. Welche zu einer neuen und
absonderlichen Disciplin zu machen / ich vielleicht der Erste bin / der solches in offentlichen
Schrifften versucht, und deßwegen für gut befinde / eh und bevor ich meine special-Meinung von
Stück zu Stück eröffne / dem günstigen Leser einigen Vorschmack zu erwecken / durch
glaubwürdige Vorstellung vielerley Cabinetten und Curiösen Gemächer der Welt. Von welchen
etliche scheinen etwas nahe (wiewol gar sehr wehnige) etliche was entfernter / etliche (und die
meisten] auffs allerfernst- und weiteste / benötigter guter regularität und disposition,
beyzukommen.
Weil demnach Sie beyderseits / Meine sonders Groß-geneigt-Liebwehrte Herrn und Freunde /
durch unverdrossene Beytragung mehr und mehrer Correspondence, und absonderlich / Herr D.
Scheffer / durch wiederholte Ubersendung mir-sehr-angenehmer selecten Cörper und Abriesse /
HErr L: Schmidt aber durch un-erfoderte würckliche Contestirung seines verlangens / so erträgt
zur Continuatiou angefangener Tractätlein / mir ihre sanffte Hand gebothen. so erkenne ich /
meiner schuldigkeit und eigenen Ehre zu seyn / nach dem ich einige Curiöse Gemächer ausser
Europa in vorigen Schrifften auffgesucht / und nachgehends mancherley verhindernuß erlitten in
begleitung numehr Ihres sehr werth-geschätzten Nahmens / gleich zu nach Italien zugehen / gantz
freundlich bittende / sie gegenwärtige wolgemeinte Dedication, eben so annehmen / als ich sie
gebe / wollen / unter unsrem allerseits Hertzlichen Wunsch / continuirender Vergnüglichkeit /
so viel deroselbenbey itzigen gefährlichen Zeiten etwa kan geschöpfet werden. Wenn diese nur
erst vorbey / und das die von dem Martialischen Krebß noch übrig-gelassene wenig Länder
Europae, auch noch werden geschwind hergehalten haben / wird hoffentlich ein höchfiverlangter
allgemeiner Friede / der aber noch weit darhinten / mir so viel freyeren Fußgestatten / den
Kern Italiens / Spanien / Franckreich unb die übrigen Provinzen Europæ, mit meiner anwachsenden
Tactica Conclavium, durch zugehen. Befehle sie immittels hertzlich Göttlichem Schutz / und
verbleibe
Meiner sonders-Großgeneigt-Hochge Ehrten Herrn und Freunde
stets dienstwilliger und auffrichtiger
Kiel den 19. Julii. 1695.
|| [63]
§. I
MEst- und Ost-Indien / mit Africâ, haben wir in vorhergehenden zwey Tractätlein / zu unserm
Zweck / besehen; und von dar uns so viel näher gen Europam zu machen / das Schiff unserer
Schrifftlichen Abhandelung / nach Constantinopel / Malta und Messina gekehret.
§. 2. Nun bietet uns die Großmächtige Königin Europa gleichsam selbst die Hand / und leitet
uns rechten Weges nach Italien; als welche Landschafft / nächst anstossende an das Königreich
Sicilien / in Summarischer Betrachtung so wol ihrer eigenen Form oder äusserlichen Gestalt /
als die übrigen / rings umb ihr liegendeu Provinzen und Länder Europae, nicht unbequem einem
herab-werts gestreckten Arm / gleichsam einer prächtig-geschmückten Jungfrau / wird verglichen;
derer Haupt nemlich Spanien seye; Die Brust Franckreich; die Hals-Kette das Alpen- oder besser
/ Pyraeneische Gebirge / und der (wiewohl ziehmlich weit davon-abhangende) Rhein-Strom; der an
der Hals-Ketten und Brust hangende Schau-Pfenning oder Kleynod / as Königreich Böhmen; das
Hertze / Teutschland; die meisten theile des Rockes / Ungarn / Polen / Preussen / Liefland /
Littauen / Muscau / Wallachey / Siebenbürgen / Bulgarie / und ein theil Griechenlandes; der
tieff-herabhangende Gürtel / die Donau; der lincke Fuß / Reussen; der rechte Fuß /
Constantinopel: der lincke Arm / Nieder-Sachsen / Holstein / mit dem Königreich Dennemarck; und
endlich Italien der rechte Arm / wie gedacht: Deme Henricus Bünting / (in seinem Biblischen
Reise-Buch das Königreich Sicilien / gleichsam als einen Reichs-Apffel in die Hand gibt / wie
in dero von ihm desfalls inventirt- und vor gestellteu Land-Taffel zu sehen.
§. 3. Oder / wie im kleinen deutschen Atlas (part. I. pag. 10. b.) meldung geschieht / fals
man Europam, auß dem Strabone, nicht so wol einer sanfftmüthigen Jungfrau / als einem grimmigen
Drachen / vergleichen wolte; so solle Spanien das Haupt; Franckreich den Hals, Teutschland den
gantzen Leib; Dennemarck den lincken; und Italien den rechten Flügel / daran praesentiren.
§. 4. Oder absonderlich / und so viel bequämer / wird Italien heutiges Tages von mehreren
theiils Scribenten / einem Seieffel / oder gestiefelten Menschen-Fuß / vergliechen: dessen
Hüffte / biß an die Knie / das Alpen-Gebürge das Vordertheil oder Schien-Bein / die gantze
Gegend am Tyrrhenischen Meer; die Wade / der gantze Strich gegen das Adriatische Meer; der
unterste Fuß / und die Ferse / die Landschaften am Tomschen Meer? und endlich die Zehen
desselbigen Fusses / die äussersten / dem Sicilien gleich übergelegene / Ufer sein sollen: Wie
dann für andern solchen Vergleich / wiewol nur mit zwey Worten / der vielberühmbte Zeilerus
(ltine arr. ltal. pag. 3. 2.) vor bekant annimt / und den mehrbegierigen Leser / auff Cluverii
und Magini Geographie hinweiset. Zu welcher Emblematischen Vorstellung ich vermeine / auch
dieses nicht ungereimt dazu gethan werden könte / das nehmlich das Apenninische Gebürge /
Italien lang hindurch theilend in zwey theil / auff die Schien-Pfeiffe / oder Schenckel-Knochen
/ inwendig in erwehntem gestieffelten Fuß / deuten möchte.
§. Und lassen einem jedweden frey / was dessen phantasie auß dieser ädelen Landschafft im
übrigen mehr für ein Bild / ob etwan ein Ephey-Blath / wie Eustathius oder ein Eichen-Laub /
dessen länge grösser / als die breite / wie Plinius, Solinus, und andere (citante Atl. min.
part. 2. pag. 178. ) oder was andres / drauß machen wolle.
§. 6. Dieses aber ist gar gewiß und weltkündig / daß gleich wie mehrgedachtes Italien wegen
souderbahrer Güte des Himmels / trefflecher Gelegenheit des Orths / fruchtbarkeit des Bodens /
und daher-entstehendem reichen Uberflnß von Rind- und anderm Vieh / Pferden / Milch und Käse /
Fischen / Muschelwerck / Vögeln / Wein / Oehle / Mandeln / und vielen andern herrlichen
Früchten und Bluhmen / von delicatem Geschmack und Geruch / wie nicht minder wegen so
mancherlei arth gesund und warmer Brunnen / Metall- und Berg-Arthen: Vorrath an Alabaster /
Marmel / Porphyr- und andern Steinen / Alaun / Schweffel / Saltz / und dergleichen / mehr für
ein irrdisch Paradieß und kurtzen Begrieff dessen / was sonsten die luxurios- und lüsternde
Natur / stückweise in ander Länder vertheilet / als eine gemeine Landschafft / ist zu nennen:
also hat das Sinnreiche Nachdrucken der Menschen vielfältige Gelegenheit gefunden / den
äusserlichen Sinnen so viel mehr zuschmeicheln und wol zuthun / durch künstliche Stifft- und
Erbauung / in und ausser Städen so mancher admirabel-schönen Palatien / Pracht und Lust-Hauser
/ die mit aller Geräthschafft reichlich versehen / Pyramiden / Obelisken / und anderer Seulen /
Statuen / und Schnitzwercks [64] Gemählde Theatern / und Amphitheatren,
Scenen / die theils nach der Civil-theils nach der Garten Architectur von Bäum- und Bind-Werck
gemacht / daran die gehörigen Farben Natürlich mit wachsenden Bluhm- und Früchten gegeben
werden / ja so mancher grosser realer Gärte / Bluhm- und Baum-Schulen / Löben / Bogen / Irr-
und Bogen-Gänge / Spatzier-Plätze / Erfrischungs Hölen / Grotten / Fontainen / und andern
Spring-wercks / Cascaden und Wasser-Fälle / mit Corallen / Moß- und Muschelwerck aufs
zierlichste versetzt / und äusserlich gantz prächtig nach der Prospectiv mit Cypressen,
Brust-Bildern auf postamenten, und dergleichen / beschützt; zugeschweigen / so mancher
kost-bahrer delicioesen Bäder / Lust-See / Teich und Hälder.
§. 7. Wobey dan̅ aber die ädele Nation, als die warhaftige wiederbringerin der
vormahls verlohrnen guten Wissenschafften und freyen Künsten / gleichwol das jenige auch / was
zu Belustig- und Erbauung eines Virtuoesen Gemüths gereichen mag / gantz nicht vergessen: ja
vielmehr umb eben dieser Urfach willen / gleich wie Sich hin und wieder durch gantz Italien in
viel schöne gelehrte Genossenschafften / so daselbst Academien genennet werden / vertheilt /
also ausser denselben nicht minder zu Ihrer eigenë / als vieler Frembden und durchreisenden
Gemüths-Ergötzlichkeit / viel herrlicher Bibliotheken / Musea, und Gallerieen / mit Büchern /
Gemählden / Antiquitäten / Medaglien und Müntzen / Mathematischen Instrumenten / außerlesenen
Naturäl Kunst-Sachen / aufs curioseste accommodirt, und in diesem Seculo vorauß / Lob-würdigst
annoch zu sammlen und halten pfleget.
Das II. Capitel.
Absonderlich von der Landschafft Campanien / und dero daselbst-liegenden Stadt Neapolis.
§. VI.
JE ein grössere Anzahl derhalben in den schönsten Städten Italiens / derselben Kunst- und
Naturalien-Kammern zu finden ist; desto nöthiger wird nun seyn / in Vorstellung ihrer / eine
solche Ordnung zutreffen / das von denjenigen der Anfang gemachet werde / die am fernesten von
uns entlegen sind; und ich dann immer näher und näher herein-warts rücke / biß ich zu seiner
Zeit / nach abgelegtem Schrifftlichen herum-reisen / dessen annoch der gröste Theil restirt /
das geliebte Vatterland erlangend / meine Feder daselbst gleichsam zur Ruh und nieder legen
werde.
§. 2. Und wenden uns solcher Gestalt zu erst nach Neapolis hin: welche außerlesene /
Volckreich- und sehr alte Stadt / (vor diesem Parthenope intitulirt) wegen ihrer sonderbahren
Magnificenz, Lufft und lustigen Situation an fruchtbahren Hügeln / und stillem Fisch-reichen
Meer / gar billich meritirt, vor die Königin Campaniens, [ja des gantzen Neapolitanischen
Königreichs] vor ein Amphitheatrum und Schauplatz aller erdencklichen Ergötzligkeit; und
itztgemeldte Glückseelige Landschafft Campanien selbst / (oder Terra di Lavoro) als der Kern
und fettestes Marck von Italien / wegen des reichen / von GOtt gesegneten Uberflusses an
delicatesten / Jährlich doppelt-tragenden Bluhm- und Früchten / wolgebauten Aeckern / schönsten
Feldern und Wiesen / als angenehmsten Wohnungen der Bienen / an frölich-liegenden Weinbergen /
schattenhafften Thälern / nutzbarsten Marmorbrüchen / (und weiland Ertzgruben) heiß -
flüssenden Schweffel-Ströhmen / unbeschreiblichen Werkstätten / der unterirrdischen Natur /
oder oben an guter Pferd und anderer Vieh-Zucht / nicht unbillich / ja wol vor etwas mehr / als
ein Europäisches Canaan oder Arabien / gerühmt zu werden.
§. 3. Deßwegen die Uhralten Röuter bereit bey strenger Hitze / sich nirgends lieber / als
dahin gezogen; nirgend vergnüglicher / als umb Neapolis, ihrem Sinnreichsten Nachdencken / eine
retirade gesucht; und Ihre Nachfolger noch heutiges Tages / von schweren Ampts-Sorgen oder
Wollüsten ermüdet / nirgends einen bequämern Platz / als eben da herumb / in den prächtigsten
Land-Häusern / und Lust-Gärten / unter Geniessung so mancher schöner warmen gesund- oder kühlen
Erfrischungs-Brunnen / und unter dem Vorwand gesuchter Gesimdheit / zn mehrerm Lauff ihres
lüsternen Wolseins / nehmen.
§. 4. Der freyen Künste jedoch / und aller besten Gelegenheit darzu / hierbey nicht
vergessen. An welchen gleich wie Neapolis jederzeit florirt / die Römische Jugend studirens
halben dahin gezogen / und die Poëten vorauß daselbst sich treflich gern auffgehalten / massen
Georgica, Virgilii daselbst geschrieben seyn / dessen Grab nicht weit von Neapolis bey
dem-lustigen Berg [65] Pausilypo (oder Sorgen-Stiller) noch heutiges Tages
zu finden ist; wie nicht minder Horatius, und nachgehends Statius, Claudianus, Sannazarius, und
andere / sich selbiger Gegenden recht wol bedienet: also laßt uns zu unsrem Zweck / von der
uhr-alten Curiosität deß Edlen Herren Luculli, dann aber / zu unsern Zeiten sonderlich / von
den selecten Gemächern / deß Vice Ré oder Königlichen Stadthalters / deß Edlen Fabii Columnae,
des Natur-liebenden Imperati, und anderer / etwas melden.
§. I.
WAs dem nach erwehnten Edlen Römer / den L. Lucullum betrifft / dessen Lebenslauff Plutarchus
absonderlich beschrieben; so hat derselbe gelebt zur Zeit Mithridatis, Königes in Ponto, mit
dem Er auch / als ein Oberster Krieges-Führer oder Imperator, einen groß- und schweren Krieg /
zu Wasser und Lande / geführt / Ihn mit Schwerdt und Hunger geängstigt / ja gar auß seinem
Reich treibend / durch solche seine glückliche Tapfferkeit / der gantzen Römischen Nation ein
unsterbliches Lob erworben; wie solches Cicero Orat. pro Archia, §. 21.) beredsam herauß
zustreichen weiß.
§. 2. Auß diesem Kriege / und sonst / hat er einen so gar-grossen Reichthum zusammen gebracht
/ daß er endlich auch nicht gewust / wo damit hin. Und ist derhalben / an stat / daß er durch
freygebig-seyn und stifftung Virtuöser Dinge inn- und ausserhalb seines Orths / ihm einen so
viel-schönern Nahmen bey aller Nachwelt hätte machen können / von dem Preiß seiner vormals
tapfferen Helden-Tugenden / auff den schlüpffrigen Pfad der weichen Wollust getreten / hat sich
gen Neapolis verfügt / und in dermassen üppige Ruh gesetzet / daß er / oder sein Reichthum /
darüber auch gar zum Sprüchwort worden. Antonius Sanfelicius (à Gaselio, An. 1580 Rostochii
editus, de Campaniâ, pag. 23.) schreibt also: Asiaticam praedam iis in sumtibus consumsit
Lucullus: de quâ gaza profusâ Xerxes Togatus à Pompejodictus; welches letztere / wiewol ohne
Meldung des Nahmens / der Autor auß Plinio (lib. 9. cap. 54.) genommen. Oder / wie Plutarchus
gar artigredet / Est in Luculli Vitae, sicut veteris Comoediae, Exordio, legere Actiones
Politicas & Expeditiones, in calce Compotationes, omne genus Ludi. Er hat / wenn
etwan andere fürnehme Herrn auß Rom Ihn auff seinem Land-Guth besuchet / ein banquet auff 5000.
Rthlr. geschwind anrichten lassen können / und solches fast nur für ein Ordinarie-Werck
geschätzet.
§. 3. Gleich wie aber fürtreffliche Ingenia ohne vermischung einiger kleinen Thorheit selten
zu finden seyn / und solcher gestalt anch mitten unter den Lastern / bißweilen ein mercklicher
Strahl angebohrner Tugend hervor zu leuchten pfleget: also / von seiten Luculli, auch seine
nahmhafftigste Eitelkeiten auffs glimpflichste außzudeuten / muß ich gestehen / oder kömmt mir
vor / daß Er nichts mit den Händen seines Gemühts umbfasset / und / was nur magnific, in
scheinbahren Versuch gezogen hätte.
§. 4. Und ist deßwegen berühmt das köstliche Land- und Lust-Hauß / so Er ausser Neapolis,
über Pozzuol hin / an dem Misenischen Vorgebürge (auff dessen höhe anitzt ein Wachr-Thurm
befindlich ist) erbauet / von grosser Pracht / bequämen Raum / platten Dächern / und
darzwischen hervor-ragender runden Kuppel / annehmlichen prospecten / und innerlichen
kunstmässigen disposition. An welchem jedoch Plinius (lib. 18. c. 6.) diß billich tabelt / das
kein Ackerbau / oder Länderey dabey; und Pompejus, nach Plutarchi aussage / dieses; daß es zwar
ein Hauß wäre / gar herzlich und wol auff den Sommer gerichtet / nicht aber zur winterlichen
Bewohnung aptirt: wiewol der Winter derer Orthe nur kurtz ist / und gantz gelinde.
§. 6. Es hat erwehnter Lucullus, in oder an solches sein Hauß / hiemit es ihm niemals an
Fischen ermangeln möchte / grosse Fisch-weyher angelegt / und zu diesem Ende den Berg
durchbrochen / umb / das offenbahre See-wasser hinein zu leiten. Worauff es das Ansehen hat /
das Sallustius (d. Bello Catilinar.) stachelt / indem er also schreibet: Quid ea memorem, quae
nisi his, qui videre, nemini credibilia sunt; à Privatis compluribus subversos Montes, Maria
constrata esse?
§. 6. Wiewol / ich finde an einem Orth / daß dieselbige Villa, oben am Berg Miseno gelegen /
nicht so wol dem Lucio Lucullo, als Marco, seinem Bruder / zugeeignet wird; und ein ander /
gleichfalls-prächtig Land-Hauß hingegen / nach Pozzuolo näher zu / bey Piscina Mirabili und
Centum Cellis, unter dem Titel [66] Villae. Lucullianae, geleget wird; wo
solches Wort Marcus nnr Nicht etwa ein Fehler des Kupfferstechers ist. Welche gelegenheiten der
Orthe so viel deutlicher zuverstehen / befinde ich dienlich / aus Zeileri Itinerario Italiae
(cap. 7. pag. 168) ein Stück derjenigen Land-Charte herauß zunehmen / so wird man den
unterscheid so viel besser ersehen können:
a. Villae Luculli Situs, juxta Zeilerum, qui L. Lucullum subintelligit: Villa verò M. Luculli
Autorem alium. Hodie Specula in Summo; de quâ confer Pflaumerum part: 2. Mercur. Ital. Pag. 98.
99.
b. Theatrum Miseni.
c. Circus Baulis.
d. Villa Pompeji.
e. Lacus Avernus.
f. Mare Mortuum.
g. Centum Cellae.
h. Villa Caesaris.
i. Piscina Mirabilis.
k. Villa Luculliana, juxta dictum Autorem alium.
l. Bajae.
m. Situs Montis Cinerum Novi, & Academiae Ciceronis.
n. Pozzuolo, vel Puteoli.
o. Amphitheatrum.
§. 7. Dem aber sey / wie ihm wolle / an welchem Orthe auch des lustigen Neapolitanischen
districts, das Land- und Lust-Hauß L. Luculli mag gelegen haben; so steht zu mercken / das Er
in kurtz-vorhin-erwehnte / von dem Meer eingeleitete / Fisch-hälder / welche der Plutarchus
Diaetas Marinas nennet / über dieses noch gantze Vivaria, oder grosse versammlungen Austern und
Perlen-Muscheln hinein gelegt / hiemit sie sich darin vermehrend / seinem wollüstigen mund nie
gebrechen möchten. Welche arth / Austern zuhägen / zu allererst Sergius Orata, nach Plinii
(lib. 9. c. 54.) erzehlung / erfunden haben soll / ebener Massen / als Fulvius Hirpinus (vid.
Plin. ibid. c. 56.) der Anfänger gewesen / auff grün-un̅ trockenem Lande / von
allerhand Garten-Schnecken Vivaria, Schnecken-gehäge / oder Schnecken-Stüttereyen zu halten;
wie noch heutiges Tages / in einigen Orthen Teutschlands / gebräuchlich ist.
§. 8. Und / daß er nicht minder auch absonderliche Ornithotrophea oder Vogel-Häuser gehabt
erscheint aus diesen Worten Plutarchi: Pompejus aegrotans, cùm praecepisset Medicus ei, ut
Turdo vesceretur, negarent autem servi, aestivo Tempore eos usquam, nisi in Luculli Vivariis
reperiri, prohibuit inde peti; ob schon Pompeji Land-Gut nicht weit von des Luculli war
gelegen.
§. 9. Dahin verfügte Er sich nun / nachdem Er der Ehren voll / nach Glücklich-geendigtem
Kriege sich entschloß / einer sanfftern Lebensarth zugeniessen; und senckete den Rest seiner
Jahre in tausend Wollüste ein / so / das dem Catoni, seinem sonst guten Freund / diß thun sehr
miß-gefiel. Und sol folgender Zeit / wie Zeilerus (d. Ital. c. 7. membr. 16. p. 167. b.)
anmerckung thut bey diesem / des Luculli, Land-Gut / ein Städtlein erbauet worden seyn / so man
daher Lucullanum genennet habe: davon aber kaum etliche Ruinae noch zu finden.
|| [67]
§. 10 Unterdessen erscheint aus angeführten umständen genugsam / was Lucullus dennoch für ein
hurtiger Mann / in sachen zur Wasserleitung / Mechanica, Bau-Kunst / Fisch-Auster- und
Vogel-hältern gehörig gewesen: und mag ich die dabey-befindlichen memorable Taffeln (???)
Kostbahre Substructiones (???) statuen (???) Gärte / und dergleichen / aus offterwehntem
Plutarcho nicht genau durchsuchen / neben dem / was Plinius (lib. 15. c. 25) gedenckt / Er /
Lucullus, sey der erste gewesen / durch dessen verordnung / nach erhaltenem Sieg vom König
Mithridates, Kirschbäume aus Ponto nach Italien verpflantzt / und (lib. 36. c. 6.) der
sonderlich-vom ihm beliebte schwartze Marmor, zu Rom bekandt gemachet worden.
§. 11. Welche daselbst von ihm beygeschaffte sorten von allerhand Fischen / Austern /
Perlen-Muscheln / und Vogeln / wie auch jtzt-berührerter schwartzer Marmel / den man von seinem
Naymen Lucullanischen Marmel genennt / und Kirschbäume / gleich wie es rechte Originalia
Natürlicher Corper sind / und deßwegen in Curiositäten-Gemächer allermassen gehörten / wenn nur
die arth / sich zu halten / nicht zu unbequäm / und gar zu grossen Platz / auch unkosten /
nicht erforderte: also erscheinet zum wenigsten gleichwol darauß / das Luculli Landhauß / nicht
ohn allen Grund gesimder Vernunfft / in gegenwärtigen Kunst- und Naturalien-Tractat gezogen
worden.
§. 12. Wie dann auch / daß Er so wol in dergleichen / als vielen andern Theilen der Physica,
kein Kind gewesen / erhellet sonderlich auß seines grossen Freundes / des Ciceronis, anderm
Buch der Academischen Quæstionem / in dem Er bald im Anfang desselben ein gar Groß Ingenium
(Magnum Ingenium, Magnumque optimarum Artium Studium) und kurtz darauff (cap. 2.) Divinam
quandam rerum Memoriam, von Ihm rühmet. Setzt (auch cap. 4.) dieß gar nachdencklich dabey:
Majore studio Lucullus cum omni Literarum generi, tum Philosophiæ deditus fuit, quàm, qui Illum
ignorabant, arbitrabantur. Nec verò in eunte ætate solùm; sed & Quæstor aliquot
annos, & in ipso Bello.
§. 13. Was sag ich von seiner schönen Bibliotheck / welche zu stifften / und mit köstlichen
vielen Manuscripten zu versehen / Er gantz keiner Unkosten gespart? und so gütig mit derselben
verfahren hat / daß Er sie nicht / als einen unbrauchbaren Schatz / verschlossen: sondern allen
und jeden Lahrbegierigen Griechen und andern / mildreich auffgethan / ihnen ihre gegelehrte
deambulation und Zeit-vertreib darin verstattet / und zu einem berühmten Wohn-Hauß der Musen
gemacht?
§. 14. In Summa (schreibt Plutarchus) es war sein Hauß allen / nach Rom hin-Reisenden Grichen
/ nicht minder ein Gastfreyer Eß- und liebe Trunck-Saal / als ein Ruhm-würdiger
Versamlungsplatz (Prytanèum) der virtuœstesen Gemüther. Zuletzt aber sol ihm ein Liebes-Tranck
beygebracht worden / und er daran gestorben sein / wie Plinius (lib. 25. cap. 3.)
berichtet.
§. 1.
SO lasset uns demnach aus der wiewol Lustigen Landschafft des Neapolitanischen gebiethes / in
die Stadt selbst hinein spatzieren / und was zu unsren zeiten vorauß sich für Curios- und
galante, hoch und mittlern Standes-Leuthe / als Besitzer fürnehmer Raritäten / in erwehnter
Stadt köstlichen Häusern und Palästen befunden / oder noch sich finden lassen / durch
unverdrossne Schrifft / der macht der Vergessenheit entreissen.
§. 2. Unter denen Raritäten-Gemächern wird zuföderst gerühmt / die mit gewaltigen
Kunst-Stücken und theuren Sachen erfüllte Gallerie des Vice-Rè, oder Königlichen Spanischen
Stadt-Halters / in seinem Pallast welcher steht in der seite der Stadt gegen die See zu / und
den Winckel hält zwischen dem Castel nouvo (oder der neuen Burg) und den Navalibus, oder
gedeckten Schiffstellungen.
§. 3. Es soll aber gedachte Gallerie nicht wol zu sehen zubekommen sein / es seye dann / in
deß Vice-Rè Abwesenheit / wie Pflaumerus (part 2. Mercur. Ital. pag. 37.) lehretz von welchem
folgende / vom Ihm daselbst gesehene Dinge / nahmhafft gemachet werden: Allerhand Arthen von
Armatur und Rüstung; viel alte Müntzen; eine Musicalische Uhr / oder Glocken-Spiel; etliche
Marmolsteinere Tisches / auf Mosaisch- oder Musivische Manier köstlich eingelegt; ja Statuæ von
Edelgestein: die aber füglicher Simulara parva, Idola, oder Sigilla (so viel / als kleine
Signa) als Statuæ, genennet werden.
|| [68]
§. 1.
AUsser dießem gedenckt auch Zeilerus [d. Ital. c. 7. pag. 165. a. ] deß Fürsten Tiberii
Caraffæ, und desselben / wegen alter Marmol-Steinerner Statuen / besehens-würdigen Palasts zu
Neapel. Mit welchem pflaumerus [Merc. Ital. part. 2, pag. 59. ] folgender Gestalt einstimmet:
Nec mirnus spectabile est (Palctiaum) Caraffæ, ob copiam veterum è Marmore Statuarum,
& Colossæum ex ære Caput.
§. 2 Und rühmet der hochberühmte Thomas Bartholinus (d. Unicorn. cap. 7. pag 49.) so wol
itztgemeldeten Palast / als deß Besitzers selbst / des Italiänischen Herrn / Curriœsität in
natürlicher Dinge Wissenschafft / gar höchlich.
§. 1.
INgleichen hat ihm / gegen anfang itztlauffenden Seculi, und folgende Jahr / durch
betracht-colligir- und vorstellung vieler nachdenckens würdiger Dinge der Natur / ein
unvergängliches Lob erworben / der von extraction zwar ein Römer / der Geburth aber ein
Neapolitanischer von Adel / Herr Fabius Columna: dessen Tractat von der Purpur- und andern
purpur gebenden Schnecken / vor diesem zu Rom gedruckt / ich unlängst wieder hervor gesucht /
und vom Untergang zubefreyen / mit dar zugehörigen / in Bur-Baum geschnittenen Figuren / zu
nochmahligem Druck cefödert.
§. 2. Dieser Herr Columna, unangesehen Ihn sein Stand und Vermögen / nach itziger Welt-Arth /
genungsam vielleicht entschuldigt hätte / fals Er was minder das Studium Naturæ, und die
Lateinerey / ihm hätte angelegen lassen seyn: so hat doch sein generœser Geist deßfalls allen
eitlen Wahn gar rühmlich überwunden / und er den grössten Theil seiner Vergnügung darinn
gesucht / welcher gestalt er nie auß der Natur / und diese auß seinen / Armen gelassen würde.
§. 3. Denn erstlich / hat Er Anno 1592. zu Neapolis ein Buch edirt / fo er Phytobasanum
inrituliret / und in demselbigen dargethan / was von unterschiedenen außerlesenen Kräutern /
für besser- und mehrere Nachricht / so wol wegen dero Gattung / als Krafft und medicinalischem
Brauch / sey zu nehmen / als biß anher beym Theophrasto, Dioscoride, Plinio, Galeno, und andern
/ befindlich gewesen ist; mit Beyfügung'etlicher Fisch oder schwimmenden Thiere / die vor
diesem nicht sonderlich bekandt gewesen / oder von Autoren beschrieben worden. Und zwar solches
alles aus eigener Erfahrung und unverdrossenem Fleiß / so gar / daß Er auch kein bedencken
getragen / Pinsel und Stech-Eisen / nebst der Feder / selbst in die Hand zunehmen / und
unterschiedene feine Figuren / in Kupfferstich zu bringen.
§. 4. Hernachmals / Anno. 1606. und 1616. hat er mit der gleichen Materie Sich wieder hervor
gethan / und gleichsam einen Zusatz gebende zu dem / was er im Phytobasano tractirt, zwey
absonderliche Theil seiner ferneren Schrifften zu Rom drucken lassen / unter diesem titul:
Ecphrasis minus Cognitarum Stirpium; mit gelehrtem Zusatz unterschiedlicher schönen
Observationen / die er de Aquatilibus ac Terrestribus gehabt. Auß welchen Texten hin und wieder
erhellet / daß Er so viel artige Cörper muß haben selbst in Originali gehabt / und zu sein- und
anderer nützlicher Belustigung / in einem absonderlichen logiment aufgehoben.
§. 5. Zum Exempel / im 21ten Capitel itzt-gedachter. Observationen de Aquatilibus ac
Terrestribus, (pag. 44. 45.) nimmt er zu fleisiger Behertzigung vor / allerhano
sonst-ungewöhnlich Stein-Werck / und durch Trockenheit hartgewordene Tiburtinische Kalkichte
Sediment- oder Absatze des Wassers; Tropf-Steine / und schwämmige Stalagmiten; in allerhand
(pag. 46.) steineren Muschelwerck und Schnecken; Bockck-Hörner / oder Cornua Hircina. eine Arth
Steine / wegen ihrer krauß- und krum in sich gebogenen Figur / also genennet / die er (pag. 47.
48.) mitten in Felsen und steinichten Orthen gefunden; Schweins- und Ziegen Klauen / (pag. 48.)
in Stein verwandelt; ingleichen viel anderer Stein und Muschel-Werck mehr / als da sind
unterschiedene Pectines und Pectunculi, oder groß und [69] kleine St.
Jacobs-Muscheln / in Stein verwandelt / wo es nicht vielmehr deroselben in der Erden verharrete
blosse äusserliche Adrucke sind; Conchæ rotundæ Striatæ, oder kleinere runde Muscheln / mit
gefaltenen oder strichreichen Schalen; Patella vel Lepas marina, oder platte Ohr-Muscheln;
groß- und kleine Erd- und Wasser-Schnecken / sc. wie auch (pag. 54.) Buccinum Lapideum læve,
oder steinern glattes Düt-Horn; (eine Arth von Schnecken ) welche Arth / daß sie sonderlich bey
Neapolis ib felsichten Orthen gemein sey / Er cap. 22. erwehnet: Murex Aurtitus Marmoreus
maximus Exoticus cap. (31.) oder grosse außländische Stachel-Schnecke / die Er von Neapol von
einem Fontaeinnen Meister verehrt bekommen habe; und dergleichen Dinge mehr zum Angedencken hat
theils beschrieben / theil Copeylich zugleich vorgestellt / und daselbst-ständig in seinem
Cabinett aufgehoben.
§. 6. Und insonderheit hat Er Anno. 1616. sein Curioses Nach sinnen dahin gewendet / die
Natur / Eigenschafft / Unterschied / und uhralten Gebrauch obgedachter Purpurschnecken so
deutlich vorzustallen / als vor diesem noch niemand so glücklich gethan: und zu solchem Ende /
gleich wie Er für nöthig gehalten / das Schnecken-Hauß und Fleisch der warhafftigen Königlichen
Purpur, zu jedermanns so viel gründ-licherer Nachricht / in gehöriger Grösse und Form /
abzubilden: also hat Er / nebst dieser / noch viel andre /
einigen Purpur-Safft gebende / Muscheln und Schnecken mehr / in verwahrung gehabt / und derer
Abrisse zugleich beygefüget; die ich aber / Zeit / Papier / und Unkosten zusparen / allhier
nicht wiederholen mag: und erzehlet / (de Purp. c. 11. §. 4. das über dieses viel Bucardis bey
Ihm zufinden gewesen / oder Steine / in Form eines Hertzen; die aber vermutlich nichts anders
sind / als Kerne / oder das inwendige / so durch Lagwierigkeit der Zeit / inner zwey und zweyen
/ auf einander passenden allerhand Arthen Muschel-Schalen / in der Erden in Stein verhärtet /
und also die euserliche Figur eines Hertzen / von den zweyen Concavitäten und Schluß-Gliedern
(Cardinibus) gedachter Schalen / angenommen.
§. 7. Endlich finde ich in denen / Anno 1651. zu Rom gedruckten / Moxicanischen
Medicnal-Beschreibungen Nardi Antonii Recchi, einige Annotationes und Lehr-reiche Zusätze / die
mihr gedachter Herr Columna von vielerley mehrer Erfahrenheiten darzu gethan / und auch deßfals
nicht ermüden mögen / seine in dem Natur Studio ungemeine Curiofität / mehr und mehr an Tag zu
geben.
§. 8. Wie wol nun / in Betrachtung / das (1.) die meisten seiner Schrifften zu Rom / und
nicht zu Neapel gedruckt: (2) Er / der Columna, ein gar fürnehmes Glied der
Romanischen-Societät gewesen / die den Nahmen der ??? ceorum, oder Scharffsichtigen führend /
von dem löblichen Fürsten Federico Cæsio, gestifftet worden) (3.) und der Columna seines
Auffenthalts / so Er zu Rom gehab- / selbst gedenckt / in dem Er von einer außländischen
Muschel (d Purp. cap. 17. §. 3.) also schreibet / Crassâ estTestâ, quam Romae habuimus: So wird
mich jedoch der günstige Leser / um folgender Gegen-Ursachen willen / gar gern entschuldigen /
daß ich lieber anietzt / unter dem Titel der Stadt Neapolis / als nechstkünfftig in folgendem
Tractat, da von Kunst- und Naturalien-Kammern des neueren Roms gehandelt werden wird / von mehr
gedachten Columnâ, und dessen Curiosen Beginnen / habe handeln wollen. Denn (1.) hat Er ja /
und zwar seinen ersten Tractat, alhier im §. 3. erwehnt / eben so wol zu Neapoli, als die
andern zu Rom / drucken lassen: zum (2.) ist er zwar von Herkunfft und Stamm ein Römer / so
viel ich weiß / aber von Geburth und Vatter-Stadt / ein Neapolitaner. Zu dem (3.) was ist
gemeiners als daß fürnehme Herren / wo nicht zu ihrer beständigdn Wohnung jedoch abwechselnde /
bald zu Rom / bald Sommers-Zeit zu Neapolis, / ihre Residence nehmen? Und (4.) [70] haben wir gleichfals für uns einigerley autorität; nehmlich die außdrückliche Worte
seines eigenen Colegen in der Luchs-Aeugigen oder scharffsehenden Societät / deß Joh. Fabri;
welcher in Histor. Mexican. pag. 550.) also schreibet: Dom. Fabius Columna Lynceus, sedulus
maximè rerum Naturalium Scrutator; qui non modò in Juris scientiâ multum pollet: sed in Mathesi
(Opticâ præcipuê) ac Plantarum Animaliumque Cognitione, Neapoli nunc ab omnibus, ceu Oraculum
consulitur.
§. 1.
ICH wil zwar nicht für gewisse Warheit außgeben / ob sonst noch ein anderer Neapolitanischer
von Adel / oder sonst fürnehmer Mann / Nahmens Herr Vitentius Cioffi, eben so wohl / als andere
daselbst / oder an andern Orthen / ein vollständig Kunst- und Naturalien-Gemach gehabt / in dem
mir nicht mehr von demselben bewust / als was Licetus an etlichen orthen des sechsten Buchs
seines Tractras de Reconditis Antiquorum Lu cernis gedenckt. Denn der Autor verfolgt nur
daselbst seinen special-vorgesetzten Zweck / und lässt uns zu unserer Nachricht wenig übrig.
§. 2. Jedoch ist leichtlich zu vermuthen / das ausser denjenigen uhralten Lampen / oder
behältnüssen der viel-jährig-brennenden unter irrdischen Lichtern / Er viel andere rare Sachen
mehr / die so wol die Natur / als Kunst hervor gebracht / gehabt: und wird uns gar geringen
Schaden oder Zeit-Verlust geben / sein [des Cioffi) Angedencken / aus folgenden / Anmerckungen
Licnti zu erfrischen.
§. 3. Im 34ten Capitel oberwehnten 6. ten Buches (pag. 806.) schreibt der Autot also. Clar.
Vir, Vincentius Cioffius, Neapolitanus, instructum Cimeliis Antiquitatis Musèum habuit: è quo
transmisit ad me plusculas icones antiquiorum Lucernarum. Im 35tenCapitel darauf (pag. 811)
nennt Er dieß Musèum, ein Gazophylacium, oder Schatz-Behältnüß: und macht im folgendem 36ten
Capitel (pag. 814.) noch mehr complementen / meldung thuende von dem insigni Gazophylacio
Nubilisimi Viri, Dn. Vincentii Cioffi. Daß ich also nicht nöthig habe / die übrig andern
Außsprüche Liceti, da Er den blossen Nahmen Cioffi, und etwa seines Musèi. anführt / zu
gedencken; wie befindlich ist cap. 37. (pag 818.) cap. 39. (pag. 824.) cap. 40. (pag. 826.) und
cap. 45. (pag. 842.)
§. 1.
BLeich wie die güttige Natur in ihrer Schoß / ober und unter der Erde / oder in Flüssen /
Teichen / und Seen / nichts verborgen hält / oder jemals hervor gebracht / welches durch
menschlichen Witz und Erfahrenheit / auf gewisse Maaß / nicht könne in der Medicin zu einigem
Nutzen gemachet werden: also stehet / Naturalien / Kammern zu halten / oder denenselben mit
guter direction vorzustehen / niemand besser an / als Medicis, sintemal diesen alle / oder die
meisten Mineralien / Berg- und See-Gewächse / Bäume / Kräuter / und Thiere nach ihrem Nahmen /
Geschlecht / Volkommenheit / Herkommen / Grösse / Qualitäten / Würckung / und Nutz / nebst
richtiger Manieer zu philosophiren / am besten bekant sind / oder billich bekandt sein sollen.
§. 2. Diesem nach ist in vorhergehenden tractats letztem Capitel deß berühmten Medici, D.
Petri Castelli, mit Lob zu gedencken / zu unsrem Vorhaben Ursach genommen worden / handelnde
daselbst von Mesina in Sicilien / als einem bekanten Theil / oder Stück der Gräntzen Europæ.
§. 3. Folget nun hier / zu Neapolis ein ander Medicus, Merius Scipani, oder Schipani, welchen
Herr Th. Bartholinus (Cent. 1. Fp. Med. 49. p. 202.) magnum Vitrum, einen hochfürtrefflichen
Mann / wie nicht minder p. 202. Senem venerandum, den vielgeehrten Alten / und seines Vattern /
deß auch hochberühmten Herrn Casp. fartholini gewesenen gutten Freund; ja gar (d. Unicorn. c.
7. p. 49.) Hippocratem Campa???æ redivium nennet / und von Ihm in angezogener Epistel (p. 205.)
rühmt / [67] daß er zu Neapolis zuerst die Vesicatoria, oder Blasen
ziehungen / und Fontanellen in Gebrauch gebracht habe.
§. 4. Absonderlich gedenckt Er [l. d. p. 202.) Seines / deß Scipiani, Vorraths an allerley
Natur-Sachen / und dero dabey befindlichen außerlesenen Bibliothek; dessen Cabinets sonsten
auch Herr D. Sachsius (Gammarol, lib. 1. c. 3. §. 14. p. 52.) wie wol nur dem, blossen Nahmen
oder Titular-Anzeigung nach / gedenckt. Und in solchem raritäten-Gemach / sagt Herr Bartholinus
(d. Unicorn. l. d.) daß Er unter andern / Melagrides Veras, oder warhafftige Africanische
Hennen observirt, dergleichen Arth Vögel sonst bey dem Aldrovando Gallina Gvineæ, von andern
Gallina Numidica, Perdix novæ Terræ, und von den Einwohnern des Königreichs Congi, Quetele,
genennet wird; ein sehr schöner Vogel / schwartz von Federn / die durch und durch mit weissen
Flecken bezeichnet sind: und ist so wol die Abbildung so einer Guineischen Henne / als dero
Beschreibung / außdrücklich beym Marggrafio (Histor. Nat. Brasil. lib. 5. c. 2. p. 192.)
Jonstono (d. Avibus p. 188. Tab. 57.) und Wormio (lib. 3. Mus. cap. 18. p. 297. ] zu finden:
mit welchen conferire / was Salmasius ad Suetonii Caligul. c. 22. vel 23. annotiret.
§. 5. Der Abriß aber / den Herr Olearius in Beschreibung der Gottorffischen Kunst-Kammer
[Tab. 15. fig. 3.) giebt / komt mit itz-angezogenen nicht in allem auffs genaueste überin. Doch
setzt Er in Erklärung desselben / (pag. 26. ] diese Worte: Ein außgestopffet Huhn auß Guinea,
derer wir 6. etliche Jahr im Vogel-Hause lebendig gehabt: Sie haben zwar auch Eyer gelegt /
aber nicht zum außbrüten sitzen wollen.
§. 1.
UNter privat-Personen aber zu Neapolis hat es keiner an Curiosität und glücklichem Fleiß /
allerhand schöne Narural-Raritäten in eine Behausung zu bringen / dem Ferrandes Imperatus
zuvor- oder nach-gethan: welcher ist gewesen einer (und zwar gelehrter) von den fürnehmsten
Aromatariis oder Materialisten selbigen Orths / wohnende unfern vom Palatio Ursinorum, nahe an
dem so-genanten Berg Oliveti, in einem Hause / so nach Pflaumeri (part. 2. Merc. Ital. p. 59.)
gutachten / allen andern Palästen und Häusern der Herren zu Neapolis vorzuziehen sey / nicht so
wol wegen äusserlicher Kunstund Pracht desselben (wiewol es auch nit eben gar unansehnlich /)
als wegen dero darin-enthaltenen natürlichen Wunder-Sachen so der löbliche Mann von allen Orten
zusam̅en gesucht / in gewisse Repositoria eines dazu-aptirten Gemaches gesetzt /
und jedermans Besichtigung gantz gern gegünnet.
§. 2. Zeilerus (Ital. c. 7. p. 165. b.) nennt Ihn auf Teutsch einen Gewürtz Händler: und nur
gantz kurtze Anzeigung thuende / daß in desselbigen Hause sehr wunderliche Sachen der Natur /
als seltzame Meer-Gewächs / Thiere / Vögel / Magnet, Erd-Gewächs / Schrifften / Faden / dem das
Feur nichts thut / und dergleichen / zu sehen gewesen seyn / verweiset uns auf Pflaumerum, der
alles viel genauer betrachtet / und die fürnemsten Stücke darauß / nach eigener ruhmwürdigen
Curiosität / erzehlt; als da sind folgende: Byssus Marina, oder Purper-Mooß / tunckeler Farbe /
und einem dünnen Haar zuvergleichen: die Schnecke oder Muschel selbst (Concha) daran dieser
Byssus als Haar- oder Wolle wächst / und eigentlich Pinna, oder grosse Steck-Muschel / darumb /
weil sie allezeit im Meer aufgericht stehet / genennet wird. item (p. 60.) ein Tuch oder
Seiden-förmiges Gewebe (Pannus Byssinus) aus solcher wolle gemacht: subtile / von Ægyptischen
Bäumen abgezogene / Wolle / die Plinus (lib. 19. c. 1.) und Ulpianus, Xylon nennen sollen:
Seide von Indianischen Seiden-Würmen: ein Zwerg / drey Quer-Hand groß; Tatavus auß Brasilien
(sonst Tatou, Armadill, oder Schild-Vercken) Chirastes (was diß sey / fällt nur nicht bey);
Chamæleon, oder Asiatisches Farben-veränderndes Thier / ein Männlein und Weiblein; Eine arth
von geschwäntzten Affen und mit Meuschen-Gesicht; Onocrotalus (ein Eselschreier oder
Kropff-Ganß) ein grosser Crocadil: ein Zahn / und der Schwantz vom Meer-Roß / so sonst
Hippopotamus genennet wird / von dessen Leder ich ein Stück von Herrn David Schelhaumer auß
Hamburg bekommen habe; ein Meer-Kalb; eine Schild-Kröte / von den Italiänern Tartaruca genennt,
ein gesternter Salamander, in Eydexen gestalt; Remora (p. 61) oder Schiff-halter / Baum-Endten
/ ein Zaun-König Trochilus mit gläntzenden Viol-blauen Federn; Avis Diomedea, eine Arth
räuberischer See-Vögel; von welchem / als einem sonstunbe kanten Vogel / Herr D. Lachmund mir
unlängst ein gelehrt Tractätlein zugeschrieben / in Holland geduckt: ich halte ihn aber vor
eine Hol [72] steinische Schlag- oder Schlack-Mäve. Ferner / Eiß- und
Paradieß-Vögel; von welchen (Paradieß-Vögeln) Pflaumerus beyfügt / das die Weiblein auf dem
Rücken der Mänlein nisten / und beyderseits keine Füsse haben sollen; welches letzte aber
nunmehr gnungsam bekant ist / daß es falsch sey: Ein Meer-Specht mit gläntzenden rothen Federn
auß America; zwey länglichte Hahnen Eyer: Allrann (Mandragorae radix) beyderley Gattung von
Natur gebildet / wers glauben wil: Magnet auß der Insul Ilva; worunter er nicht ebengemeinen
Eisenzieher / sondern den weissen Magnet, oder weissen Calamit, dessen Boëthius (d. Lapid.
& Gem. lib. 2. cap. 255.) gedenckt / und ich unter meinen Sachen ein Stücklein habe
/ vielleicht verstehet / gebrochen in erwehnter Insul Ilva / die sonst Elba genendt / in dem
Tyrrhenischen oder Unter-Meer / der Stadt Plumbino (Piombino) gleich über / in der fronte
Hetruriens, und des Kirchen-Stats / von weiten gleichsam zwischen Rom und Pisa liegend / von
zeilero (Ital. c. I. p. 10 b.) als eine / da Eisen / Zinn / Bley / Schwefel / und anders
dergleichen zufinden sey / gerühmet wird.
§. 3. Imgleichen und ferner berichtet Pflaumerus (l. d. p. 61.) von Imperati Raritäten-Gemach
/ daß daselbst von Ihm observirt worden wären; ein zwar-kleiner / jedoch an Kräfften so viel
stärckerer AEthiopischer Magnet / an dem diß sonderlich zu mercken / daß Er ein schwer stück
Eisen (pag. 63.) nicht an sich hält / es seye dann beyden eine halbe / von Ertz gebildete /
hole Kugel darzwischen gefüget / sc. Papier von Schilff; wie auch ein anderes / beyden
Indianern übliches / von Seide; item von Baum-Rinde / mit Japanischen Buchstaben; und wiederumb
ein anders von Palmen-Blättern / mit Egytischen Characteren bezeichnet; Longobardische alte
Schrifft auff Papier; eine Indianische (trockne) Tinte; gewachsen Silber; ein Erystall / Wasser
in sich haltende / bergleichen sonst auch Cardanus (d. subtilit. lib. 7.) sol gesehen haben /
sc. (pag. 63.) Ein unverbrennlicher dünner Faden von Amiantho, Asbesto, oder Stein-Flachs /
davon Pflaumerus (pag. 46.) mit mit mehrern zulesen; ein stücke steinern Holtz darauß man Feur
schlagen kan; ein gläntzend / steinern Messer / bey den Juden zur Beschneidung dienlich / und
bey den Indianern zu abhauung der Bäume gebraucht.
§. 4. Nochmehr; Ceratites oder Bocks-Horn-Stein / (p. 64. 65.) so sonst Cornu Ammonis
genenner wird; eine in Stein verwandelte höltzerne Taffel; und ebenfalls ein Krebs / Schwamm /
(Fungus) Netze / und Nuß von Steine; dergleichen Cörper Pflaumerus [pag. 66. ] vermeynt / daß
Imperatus dieselbigen aus deme / von Neapolis unfern gelegenen / Fluß Silaro vielleicht
bekommen haben möge.
§. 1.
WIr fahren weiter fort; und wollen erwegen / was andere glaubwürdige Scribenten mehr / von
seiner / deß Imperati, so wol Person / als Raritäten-Kammer / für nachricht geben.
§. 2. Derhalben am allermeisten finde ich / daß der Edle Herr Fabius Columna, von dessen
Curiosität absonderlich und außführliche Abhandelung bereits oben / im 6ten Capitel dieses
Tractats geschehen / ihm sehr hoch affectionirt gewesen / und von solchem seinem lobwürdigen
Beginnen / gar rühmlich gesprochen hat. Denn / nach dem er in dem feinen Tractat de Purpurâ
(cap. II. §. 4.) es ein Amplissimum oder weitläufftiges Musèum intitulirt, und berichtet hatte
/ daß daselbst vielerley Arth steinerne / an Figur einem Ochsenhertz beykommende Conchae,
Bucardia genennet / anzutreffen seyen; nennt Er (cap. 12. §. 5.) den Imperatum einen
hochgelehrten Mann / und gedachtes Musèum einen gnungsam erfülten Schatz aller natürlichen
Dinge; auß welchem er auch eine Concham Anomiam oder Muschel mit ungleichen Schalen / notirt,
und abgezeichnet darstellt: dergestalt er dann auch cap. 14. sonst noch eine andere Arih von
solchen irregulier-Muscheln / eben aus demselben Musèo gehabt: welches er ferner [cap. 15. §.
2. ] nennet einen reichsten Vorrath Promtuarium der Natur und darauß eine andere / in Stein
verhartete / Concham Anomiam striatam, beybringt.
§. 3. Folgends / cap. 16. §. 5.) nennt er ihn selbst einen reichesten Promum, oder
hervorgeber natürlicher Dinge: und bringt deßhalben einen mit Crystallen durchwachsenen
Steinernen Muschel-Kern / nuter dem Nahmen Conchae Fasciatae, gemmea concretione repletae,
hervor / mit vermelden / das viel andere dergleichen Stein-Gewächse mehr / und allerhand
steinerne Muscheln / Schnecken / Buccina, oder so genannte Blas-Hörner / die Perlenmutter / ja
ein Fuß und Klau / und andere Glieder von vierfüssigen Thieren / daselbst gewesen sein.
|| [73]
§. 4. Absonderlich hält Er eine Außländische gedoppelte weisse / und mit erhobenen holen /
vorwerts-spitzig-aus-gehende Strich- oder Falten gleichsam gewapnete stoltze Schnecke / oder
Muschel / für Rar / die Er (cap. 17.) unter dem titul Conchae Exoticae, margine in Mucronem
emissae, vorstellend / Plinio vor diesem schon bekant gewesen zu sein vermuthend / sagt / daß
Er eine davon zu Rom gehabt / und eine andre gleichförmige zu Neapel bey Imperato gesehen habe:
wie dann derer 2. oder 3. Exemplar auch in meinen Scriniolis befindlich sind.
§. 5. Endlich (cap. 18. §. 4.) sol mehr erwehnter Fer. Imperatus dem Columnae eine
außländische graulecht-gelbe schöne Schwim̅-Schnecke / dergleichen von Ihm Concha
Natatilis genennet wird / mit einer gleichmässigen / auß gelbe in
Castaneen-braun fallenden / verehret haben.
§. 6. Und so viel biß anher auß dem Columnâ. Welchem folget der Bluhmreich-schreibende
Jesuit, Johann Baptista Ferrarius; der nenut Ihn (Florum Culturae lib. 4. c. 2. p 437.) einen
in Botanicis, oder der Kräuter / erfahrensten Mann / und sein Muséum, ein mit fremdem und gantz
wundersamen Vorrath / so wol Natural als Medicinalischer Dinge / außgerüstetes Muséum; in
welchem Er unterschiedene Herbaria viva oder Bücher / darinnen die trocknen Kräuter in
Originaili eingeleimt / gesehen habe.
§. 7. Ein anderer / so vielmehr berühmter Jesuit, Herr Pater Athanasius Kircherus zu Rom /
nennet Ihn über dieß einen berühmten Antiquarium; und was Er in desselben Musco für Steine
gesehen / auff welchen die Natur unterschiedene Plantas gar deutlich exprimirt, derer vier
arthen macht Er im sten Buch seines Mundi subterran. (Sect. I. cap. pag. 39.) nahmhafftig.
§. 8. Der in Auffsuchung der Natur un-ersätlichfleissige Aldrovandus zu Bonnonien, (lib. 4.
Mus. Metall. cap. 62. p. 825.) schreibt / daß Er vor Jahren beym Imperato zu Neapolis, einen in
Stein verwandelten Kienbacken eines Elefannten gesehen habe: wie ich dann auch in einem
geschriebenen kurtzen Reise-Tractätlein / weiß nicht wessen Autoris, von eben
dasebstbefindlichen steinern Schwämmen / Riesen-Knochen sc. folgende Wort gefunden habe: Il
Studio di Ferrando Imperato, pieno de Rarità, cioè Cocodrilli, Serpenti, Osse di Giganti,
Fonghi impetriti, vite di Mare, Pellicani, Remolo, picciolo pesce, che fà fermare i Vascelli in
Mare, é diverse altre Cose curiose. Wobey zu mercken / daß il Studio alhiernichtso viel heist /
als Studium, oder das studiren; sondern so viel / als die Studier- und Naturalien Kanunern
selbst / darinnen ein Curios Gemüth allerhand objecta hat / seine freie gedancken darinn zu
üben.
§. 9. Der hurtige Johannes Veslingius, (d. Plantis AEg. c. 30.) nennet Ihn / wie Ferrarius
vorhin / einen (in käntnüß der Kräuter) peritissimuna oder erfahrensten Mann.
§. 10. Herr Thomas Bartholinus [d. Unicorn. c. 37. p. 277. ] schreibt / daß Er in Imperati
Muséo ein stück vom Berg-Horn oder gegrabenen Elfenbein / so Armsdicke / gesehen habe; und
fällt kürtzlich (ibid. pag. 281.) auß Imperati beschriebener Historiâ Nat. auff den von gantzen
Höltzern und Bäumen / die in Stein verwandelt / angenehmen discurs, an einem audern Orth seiner
gelehrten Schrifften (Cent. (I. Ep. Med. 49. pag. 201.) nachgehens zu völliger Nachricht dieses
schreibend: Adhuc visitur Museum Ferrantis Imperati, Pharmacopaei summi, quod instructissimum
est omnibus Naturae miraculis, de quo Aldrovandi ad Imperatum ibidem exstat Epistola, comparans
hujus Museum cum Mensâ divitis, cujus micae sufficiantadornando Museo Ulyssiano. Welche Worte
auch Herr D. Sachsius (lib. I. Gammarolog. I. cap. 3. §. 14.) angeführt: und schreibt Herr
Bartholinus, seines Orths / also ferner: Descripsit ejus filius Franciscus omnium historiam
cujus Nepos jam bonis potitur, & Pronepos, ultra aetatem sciens, exteris ostendit
singula. Franciscus tamen autor Operis non fuit, sed Colantonius Stelliola, cujus in
Praefatione meminit, Praeceptor magnorum virorum, Scipani, Severini &c.
§. 11. Itz-angeregter Herr Sachsius gedenckt auch sonst / (Anno I. Ephemer. Natur. Curios.
obs. 131. pag. 293.) deß beym Imperato befindlichen / von Natur gewachsenen Silber-Bäumleins /
auß Francisc. Imperati Discurs. Natural: welches vielleicht eben das jenige sein wird / davon
im vorhergehen Capitel (§. 3.) meldung geschehen.
§. 12. Gedachten Francisci Natural-Discurs, wie auch Ferrandis Imperati Historiam Nat. habe
ich biß dato nicht habhafft werden können. Deßwegen muß mich nochmals mit einer kleinen
allegation aus andern behelffen; und verweise den Leser theils in den Annum II. Ephemer. Nat.
Curios. woselbst (pag. 400.) in der Anmerckung über die 100te observation Herr D. Volgnad /
fürnehmer Medicus zu Breßlau / unter dem Titul / Balla generata nel Ventre vaccino, von einem
so-genennten Kalbes-Ey / oder einer im Kalb-Magen verhärteten / und mit Haaren verfiltzten
Kugel / die beym Imperato zu finden / gedenckt: theils in Annum III. eben derselbigen
Ephemeridum, woselbst Herr D. Simon Schultz / Königl. Medicus in Polen / und Physicus zu Thoren
(obs. 190. pag. 360.) in seinem gelehrt- und Curioesen Discours, den Er von Hahnen-Eyern führet
/ auch ein dergleichen Ey beym Imperato, auß Aldrovandi Schrifften angezogen.
§. 13. In Summa / ich habe offentlich nun / so wol in diesem als vorigem Capitel / ge [74] nugsam kund gethan / was Imperatus für ein wackerer / Curioser /
gelehrt- und galanter Man̅ / und sein Raritäten-Hauß anders nichts / als ein
compendiös-eingezogenes Hauß der gantzen wunderbarlichen Natur gewesen / auch nachgehendes
geblieben / und mit Täglichen schönen Zusätzen ohn allen Zweiffel von vorhingedachtem seinem
Sohn Francisco, vermehret worden ist; welcher unter andern Raritäten auch einen AEtiten oder
Adler-Stein eines Kopffes-groß haben sol; wie der auch Curiöse / und dergleichen Dinge
voraus-kündige Herr David Schellhammer aus Hamburg / Anno 1674. d. 4. Novembris an mich
geschrieben.
§. 1.
EIn anderer / Nahmens Donati, jo vor diesem ein Apothecker gewesen / soll auch allerhand
schöne Raritäten zu Neapel gehabt haben / wie mich gleich itz-gedachter Herr David Schellhammer
in eben dem Schreiben erinnert.
§. 2. Verstehe in der Apotheck der Mönche zu St. Cathrinen; wie solches aus 3. oder 4.
Worthen Herrn (Sachsii Gammarol. pag. 52.) erhellet / welche Er ungezweiffelt genommen auß
Herrn Th. Bartholini so viel außführlicherem Bericht; den ich der merckwürdigkeit achte /
beyzufügen: Exstat quoque, schreibt Er / Muséum F. Donati Eremitae, Parmacapolae olim S.
Catharinae Monachorum, qui dearte Pharmaceuticâ librum edidit, & de Elixire vitae;
quorum tamen operum autor est P. Castellus, qui apud eum diverterat: item Descriptionem Floris
Passionis. In hujus Muséo varia exponuntur Sceleta variorum animalium. Hujus Elixir vitae est
farrago multorum ingredientium &c.
§. 3. Und gedenckt auch der Hochgelehrte und Sinnreiche Herr Olaus Borrichius, Professor
Regius in seinem liebwerthen Schreiben auß Copenhagen vom 22. August. passirten Jahres / an
mich / was Er zeit seiner löblichen Reise an selbigem Orth in acht genommen: Neapoli hodie
Pharmacopolium S. Catharinae adjunctum habet Muséum rariorum Naturalium, non poenitendâ
diligentiâ collectum. Ubi visus mihi est Infans biceps, Vitulus biceps, Visus &
Infans quatuor pedum, ab uno pectore descendentium.
Das XII. Capitel. Von Joh. Vincentio Portâ.
WEr aber Joh. Vincentius Porta zu Neapolis gewesen / oder noch sey / und ob man denselben zu
den Frennden und Nachkommen deß berühmten Joh. Baptistae Portae zu rechnen habe / oder nicht /
nnd wir weit oder eng sich seine Curiosität erstrecket / getraue ich mir nicht zu melden.
§. 2. Jedoch / weil ich / wie wol nur den blossen Nahmen / in deme von dem fürtrefflichen
Medico und Polyhistore zu Augspurg H. D. Georg. Hieron. Velschio, am Monath Octobr. vorigen
Jahrs mir-übersendeten Catalogo, dero Ihm bekandten Pinacotheken / oder Kunst- und
Naturalien-Gemächer Italiens, angetroffen; so mag ich auch dessen Meldung nicht gäntzlich
vorbey lassen gehen; vielleicht möchte sich nechst-künfftig was Specialere Nachricht finden.
|| [75]
§. 1.
MOrmit wir demnach das Königreich Neapolis verlassend / zwar wol etwas näher herein / nach
Rom uns wenden; jedoch weder von dero großmächtigsten Stadt Magnificenz, noch der Einwohner
selbst / der alten Römer kostbahren Wolllüsten / die sonderlich in den blühenden ersten
Käyserthümen unvergleichlich floriret / viel gedencken wollen / als worvon vorlängst alle
Bücher voll geschrieben.
§. 2. Dieses aber ist nicht in stillschweigen dahin zulegen / daß Käyser Augustus, gleichwie
er ein Feind der vorigen überflüssigen grossen Pracht und gar zu sumtuoesen Splendors, also ein
liebhaber der mediocrität / guter wießnschaften und Künste gewesen / und sein Land-Hauß unfern
Rom / oder Praetorium, nicht so wol köstlich / und seinem / ob schon höchsten Stande gemäß /
als außwendig nur mit etwas Busch-Werck und Schattengängen; inwendig aber an stat
fürtrefflicher Staruen und Gemählde / die Wände mit Sachen von blosser antiquität und rarität /
als da waren Köpfe und andere Gliedmassen von ungeheuren Thieren / Riesen Knochen / und aller
Helden Rüstungen / gezieret / wie beym Suetonio, in Beschreibung seines Lebens-Lauffs / am 72.
Capitel zu lesen.
§. 3. Daß Er gleichwol auch von guten Gemählden zu Judiciren gewust / und deßwegen das vom
Antidoro oder dessen Schüler / dem Niciâ von Athen, gemachte Bildnüß deß Hyacinthi, Ihm / so
gar sehr gefallen lassen / daß Ers auch / nach dem er sich der Stadt Alexandria bemächtigt /
mit sich nach Rom genommen / erscheinet auß Plinii Aussage / (lib. 35. cap. II.)
§. 1.
ICh hätte / der Zeit nach / dem Ciceroni, in Curioeser aufsuchung deß alten Roms / vielleicht
den Vorgang lassen sollen / weil er eine mässige Zeit eher / als Augustus, im Flor gelebt: die
würde aber deß Käysers hat billich den Vorzug behalten.
§. 2. Was demnach nun hier den Weltberusfenen weisen Römer Ciceronem betrifft; angesehen er
nicht allein seiner Beredsamkeit / Burgermeisterlichen Ampts / und Civil-qualitäten halben / in
grossem Ansehen gewesen; sondern über dieses auch in ein nicht-geringes Theil der
Naturkündigung sich vertiefft / wie auß seinen Schrifften bekandt / und dabey an Mitteln /
einige rare Sachen für sich zu sammlen / ihm gäntzlich nicht gefehlet. so ist nur bloß die
Frage / ob er auch würcklich solches gethan?
§. 3. Hierauf mit Ja zu antworten / scheinen uns zu leiten etlich Loca beß Ciceronis selbst
in Brieffen nach Athen, an seinen Atticum geschrieben. Denn bald in des ersten Buches fünfften
Epistel bittet Er ihn / ja nicht zu unterlassen / fallser daselbst einige Ornamenta , oder Zierrathen / zu seiner Schule dienlich / antreffen möchte / dieselbe zu
kauffen / und sobald müglich / zu übersenden.
§. 4. Es giebt aber der Context folgenden sechßten / 7. Und achten Brieffes so fort / und
deutlicher uns an die Haud / daß sein Verlangen nicht sowol auff einige Natural Raritäten / als
künstlich-außgearbeitete Sachen / gerichtet gewesen / die sich zu stifft oder Außziehrung
seiner Academie oder Philosophischen hohen Schule / am meisten geschickt / und itzt Hermae itzt
Hermae Pentelici, itzt Signa Megarica, und andere dergleichen Signa, itzt Hermeraclae genennet
werden.
§. 5. Hermae nehmlich oder Hermea Signa, daß ist / kleine Mercurii, oder viereckte kleine
Abbildungen deß Mercurii: der gleich wie er vor einen praesidenten der freyen Künste und
Beredsamkeit gehalten wurde / so waren auch diese Hermae ein allgemeines Zeichen (und gleichsam
Schutzbild) der damaligen Academien oder Librareien. Und zwar waren sie ohne Händ- und Füsse /
mit blossem Haupt / zu und umb Athen gemacht; zu bezeigen / das die Beredsamkeit der Kräfften
solte sein / hiemit sie kener äusserlichen Hülffe vonnöthen hätte. Und warumb sie auf ein biß
unten hinab vier eckt / oder auff ein enge-zulauffendes länglichvierkantiges Postamentgen
gesetzet / desseu un [76] terschiedene Ursachentragt uns der
Italiänische Scribent, Vincentius Cantari vor d. Imaginib. deor. pag. 325. 327. und mahlet die
Virilia dabey ab / die mitten auß der Vorder-Seiten das viereckes / hervor gestanden.
§. 6. Hermae Pentelici wurden genennet / absonderlich solche kleine Mercurialische Statuen
oder Götzen / die ex Marmore Pentelico gemacht / wie Paulus Manutius (Commentar. ad Epist. 6.)
auß dem Suidâ und Aldrovandus (lib 4. Mus. Metall. cap. 57. pag. 774.) auß Petro Crinito,
lehrt; inmassen dergleichen Dinge unzehlich viel von den Heyden wurden gemacht / bald auß
lauter Marmel / bald unten auß Marmel / oben mit Metallinen Köpffen / wie einige dem Ciceroni
gekauffte / und ihm deß wegen so viel angenehmer gewesen.
§. 7. Signa Megarica wurden Sie auch intituliret / von Megarâ, der Griechischen Stadt /
unfern von Athen gelegen / woselbst Sie am meisten gemachet worden / als in der Haupt-Stadt
desselbigen Gebiethes / oder Theils / der Helladi zugehörig.
§. 8. Hermeraclae aber so viel / als deß Mercurii und Herculis Bilder zusammen / wie Manutius
(ad Ep. 8.) gar bequam erkläret. Und dieß um so vielmehr / weil nicht allein Mercurius, sondern
viel andere Abgötter mehr / auff eben solche viereckete Manier gebildet worden. Ja / gedachter
Cartari wil (pag. 328.) behaupten / daß Mercurius und Hercules wol einerley gewesen; also
schreibend: Se non fù Hercule il medesimo, che Mercurio, ben fù da lui poco differente.
§. 9. Ob aber und was für Delicatezzen sonst erwehnter Cicero auff seinen Land-Gütern hin und
wieder / sonderlich auf seiner Academie oder Puteolano gehabt / welche seine Schul / mit
darzu-gehörigen Wäldlein / Sommer-Laube / Gallerien / und Bibliotheck / mittelen weges gelegen
war gegen das Neapolitanische hin / am See-Gestäde / da man vom See Averno nach Pozzuol reiset
/ ja dichte am Wasser / so daß Er vom Fenster hinab die Fische zur Lust speisen und fangen
können; diß gehöret eigentlich nicht hieher / und kan davon Herr Sandys in seiner
(verdeutschten Reise-Beschreibung pag. 580. und 581.) wie auch von dem dabey Anno 1538. in
einer Nacht schädlich entstandenen Aschberge / so Mons Novus genennt wird / Pflaumerus (part.
2. Merc. Ital. pag. 87. seq.) und nach Ihm Zeilerus (d. Ital. cap. 7. p. 169. b.) besehen
werden. Unterdessen ist oben in der Figur des dritten Capitels / unter dem literâ m. ohngefehr
die Situation gedachten Asch-Berges / und Ciceronis Schul angedentet worden.
§. 1.
ZUletzt finde ich auch / daß gleich wie Lucullus, im Neapolitanischen ein köstlich Land-Hauß
gehabt / davon oben gedacht; also nicht zwar inn-jedoch unfern und ausserhalb Rom / ohngefähr
12. Italiänische / oder zwey und eine halbe teutsche Meilen davon / über dieses noch / in oder
an dem Städtlein Frascati, so am Fuß des Berges Apennini liegt / ein gleich fals-berühmtes
Lust-Hauß / und in demselben allerhand Ergötzligkeiten / absonderlich aber grosse Vogel-Häuser
gehabt / die Ornithones auß dem Griechischen / oder Uccelliere nachgehends auff Italiänisch /
etwas deutlicher aber Ornithotrophèa oder Aviaria genennet werden; und diese / nach Aussage deß
Autoris deß Ritratto di Roma Antica (pag. 105.) so groß / daß Lucullus unter eben demselbigen
Dach / da Er sein Taffel-Gemach / und in demselben zum offtersten die schönsten Gerichte von
gebratenen Vögeln gehabt / zugleich umb die Fenster herumb fliegen und schwimmen können sehen /
mancherley Arthen lebendiger so wol Lufft-als Wasser-Vögel / wie M. Varro berichten solle / und
zu dem Ende Joh. Meursius (de Luxu Romanorum, cap. 15. fin.) conferirt werden kan.
§. 2. Der gantz-fleissige durchsucher Italiens, Joh. Henricus von Pflaumern / gedencket auch
(part. 2. Mercur. Ital. pag. 2.) dieses / nach Frascati gehörigen / Lucullanischen Herrn-Hofes:
und sollen dergleichen Aviaria zu erst zu Brindisi (vor alters Brundusium genennt) in Calabrien
von M. Laelio Strabone, Ritter-Ordens / erfunden sein / wie Plinius (lib. 10. c. 50.) meldung
thut; dem hernach / nach D. Casp. Schwenckselds Anzeigung (lib. I. Theriotroph. Siles. Pag. 2.)
M. Varro, Lucullus, und andre gefolget haben.
ENDE.
|| [ID00651]
Dost-Indianische
Send-Schreiben/
Von
Allerhand raren
Gewächsen / Bäumen / Jubelen/
Auch andern
Zuder Natur-Kündigung und Artzney-Kunst gehörigen Karitäten /
Durch
Die Belehrteste und Berühmeste Europäer /
So vormahlen in Oost-Indien gestanden /
Als
D. Eleyern / Rumphen / Herbert de Jager, ten Rhyne, &c.
Alda gewechselt/
Und aus
Deroselben in Holländischer Sprachgeschziebenen
Originalien in die Leutsche Mutter-Sprache übersetzet
Von
D. Michel Bernhard Valentini/
Hoch-Fürstl. Hessen-Darmstättischen Archiatro, Prof. Ord.
zu Biessen und Academico Curioso.
Franckfurt am Mäyn/
In Verlegung Johann David Qunners.
Im Jahr 1704.
|| [ID00652]
Denen
Hoch-Edlen / Vest- und Hochgelahrten
HERREN /
Herrn D. CHRISTIAN MAXIMILIAN SPENERN, Königl. Preussischen Leib- und Hof-Medico, der
allgemeinen Academ. Nat. Curios. in Teutschland / wie auch der Edlen Societ. Scient. zu Berlin
Collegae.
Herrn D. JACOBO FABRITIO, Jhro Hochfürstl. Durchl. der verwittibten Frau Landgräfin zu
Hessen-Darmstadt Leib- und Hof-Medico, auch Phys. Ord. in Butzbach.
Herrn D. CHRISTOPH Fridrich Kneusel / berümbten Practico in Franckfurt am Mayn.
Herrn D. PETRO WOLFART, der Medicin berümbten Professori Publ. in Hanau / auch Fürstl.
Pfaltz-Birckenfeldischen Archiatro.
Hn. D. OTTO PHILIPPS PRAUN, verschiedener Reichs-Ständen Archiatro und berümbten Medico in
Kempten.
Herrn D. JOHANN MELCHIOR
Verdrieß/
berümbten Practico zu Giessen.
Wie auch
Denen
Wohl-Ehrnvesten / Vor-Achtbaren und Wohl-Erfahrnen Herren/
Herrn NICOLAS de RESE, wohl-fülnehmen Materialisten in Franckfurt.
Herrn GERHARD HEUS, berümbten Materialisten in Franckfurt.
Herrn JOH. CONRAD SCIPIO, wohl-erfahrnem Apotheker in Giessen.
Herrn JOHANN Gottfried VITO, vornehmen Specerey-Händlern in Wormbs.
Meinen insonders Hoch- und Vielgeehrten Herzen / auch liev-werthesten Freunden:
|| [ID00653]
Hoch Edle Vest- und Hochgelahrte /
Wie auch
Wohl-Ehrnveste / Vorachtbahreund Wohlerfahrne / Broß-Beneigte / Vielgeehrte Herren!
UNter andern sehr vielen Verdrießlichkeiten so den Lehrenden auff Universitäten zu zustosen
pflege̅ / ist wol eine von den grösten / wann sie entweder gar keine / oder nur
solche Auditores finden / an welchen all angewandter Fleiß / Müh und Arbeit vergebens und
umbsonst / ja / wie man zu sagen pfleget / Hopffen und Maltz verlohren ist. Jenes gienge dem
berümbten Redner / Aldo Manutio so zu Hertzen / daß / als Ervon allen Zuhörern verlassen
öffters allein vor dem Auditoriô zu Rom die Zeit mit Spatzierengehen zubringen müssen / Er sich
endlich zu todt darüber krämete; und obschon ein anderer / sonsten vortrefflicher / Professor
Eloquentiae vor wenigen Jahren sich besser darzu resolviren konte / indem Er / an statt sich
deßwegen zu kräncken / folgende Inscription an das Auditorium schlagen liese.
STA VIATOR
ALIQUID TE VOLO
HODIE NON LEGO,
CUR?
NONLEGO, QUANDO LEGO: CAPIS HAEC MYSTERIA SPHINGIS PLUS DICAM: QUANDO NON LEGO, MULTA LEGO.
EN CLAVEM!
NON LEGO, QUANDO, LEGO, VACUIS NIL PRAELEGO SCAMNIS LECTURUS VENIO, SED PROCUL AURIS ABEST.
QUANDO DOMI MANEO, PLUVIUS DUM TERRITAT AETHER TUNC CAPIS UT QUANDO NON LEGO MULTA LEGO SED
IN TELLIGIS ? HODIE NON LEGO NON LEGO TUQUE LEGIS: SED ID EST PERVER TERE LEGES, HIC AUDIRE
JUVAT, QUID LEGO, QUANDO LEGIS. SCILICET ISTA LEGIS QUERULAE DICTAMINA PENNAE NON LEGERES,
OCULUS SI TIBI IN AURE FORET.
N. N.
Gislae d. 29. Novembr. 1698.
So kan man doch leicht hieraus abnehmen / daß es Jhn auch nicht wenig verdrossen habe /
zumahlen Er keine Pedanterie sondern lauter realia vorbrachte. Uber das letztere aber ist heut
zu Tag bey dem allgemeinem Verfall der untern Schulen in allen Facultäten ein sehr grosse Klage
/ indem die jenige Leutger / so kaum ein wenigin den Donat gesehen haben / alsobald auff die
Hohe Schulen lauffen / auch ohne sich in Philosophicis wohl zu üben gleich mit ungewaschenen
Händen in die Obere Facultäten sich eindringen und wann sie / aus Unwissenheit der gewöhnlichen
Terminorum. jhrer Professorum Vortrag nicht begreiffen können / endlich nichts als [ID] Himpler und Stimpler abgeben: welches einem rechtschaffenen Lehrer / so
gleichwol das Seinige gethan / sehr weh thun mag. Gleichwie mir nun solches einige vornehme und
vertraute Freunde etlichmahl geklaget haben: also kan mich hierinnen etwa vor glücklich achten
/ daß durch sonderliche Schickung Gottes mir biß daher fast im̅er solche
Auditores unter Handen gekom̅en / mit welchen etwas ausrichten / und weil sie
schon zu lauter wackeren Leuten geworden / gnugsame Ehr hab einlegen können. Absonderlich aber
hat mich offt sehr erfreuet / daß die meiste meiner Herrn Auditorum sich in derjenigen
Profession, welche Ich biß daher am meisten hier poussiret hab / nemblich in Erforschung der
Natur und der Philosophia Experimentali so geübet und gesetzet haben / daß sie nicht allein
gleichen Fleis und Sorgfalt darinnen angewandt / sondern in gewissen Stücken es mir auch so
zuvor gethan haben / daß der Jünger billich über seinen Meister gewesen. Ich will jetzo nicht
sagen / was Herr D. Spener biß daher in Einsamlung so vieler Naturalien praestiret habe / auch
was für Nutzen die ohnlängst glücklich angefangene Societas Scientiarum Regia zu Berlin darob
spühre? indem alles aus demjenigen Catalogo, den sie darüber meditiren / genugsam an Tag kommen
wird. Ich will auch nicht viel Wesens von den jenigen Experimentis Physicis und
Demonstrationibus Anatomicis machen / welche Herr D. Wolfart zu Hanau täglich anstellet /
machen / als welche theils aus dessen eigenen Programmatibus bekandt sind / theils aus
derselben Clavi Philosophiae Experimentalis erhellen werden. Dieses nur kan bey dieser
Gelegenheit nicht verschweigen / daß dieselbe so wohl / als auch beygesetzte resp. Herrn
Collegen und wehrteste Freunde / nemlich
Herr D. Fabritius, Praun, Kneüsel, Vertries
zu dieser meiner Natur- und Materialien-Kammer / theils durch Uberschickung frembder
Naturalien / theils durch künstliche Abrisse grossen Vorschub gethan haben: welches zugleich
von einigen vornehmen Apotheckern und Materialisten in Franckfurt / Wormbs und Giessen /
namentlich Herrn de Rese, Herrn Heus / Herrn Scipio und Herrn Vito zu rühmen hab; und weilen
esbey den jenigen / welche dergleichen Naturalien samlen / ein allgemeines Recht ist / daß man
auch von dem Seinigen was mittheile: So hab in Ermanglung anderer Gaben jetzo meinen allerseits
Großgünstig-Hochgeehrten Herrn beykommende Oost-Indianische Sendschreiben offeriren und
zueignen wollen / nicht zweifflend / Sie werden selbige mit eben der verträulichen
Freundschafft / wormit sie überreiche / auff und annehmen. Solte es dem Höchsten Gott gefallen
Uns allerseits Leben und Gesundheit zu fristen / auch den lieben Frieden hiesiger Orten
gnädigst zuerhalten / so werde nicht ermangeln dran zu seyn / daß ins Künfftig mit noch einig
andern Curiosis, so vielleicht von grösserer Importanz sind / dienen könne: Der ich inzwischen
meine allerseits Hochgeehrte Herren und wehrteste Gönner / bey diesen so gefährlichen Zeiten in
des grossen Gottes Schutz treuligst empfehle und beständigst verharre
Meiner Großgünstigen / Hoch- und Vielgeehrten Herren und Freunden
Giessen den 4. Mertz 1704.
Dienst- und bereitwilligster
MICHAEL BERNHARD VALENTINI.
|| [ID00655]
Eingang.
UNter andern Hülff-Mitteln und Subsidien, deren man sich in Unterforschung der Natur und
Erfindung heilsamer Artzneyen bedienet / ist eine fleissige Correspondentz und
Schriff-Wechßelung mit außländischen Freunden nicht das geringste / als welche nicht allein den
Kauff- und Handels-Leuten / absonderlich den Speccrey-Händlern sehr nöthig und profitirlich ist
/ sondern auch den Gelährten den Weg zu vielen sonst unbekandten Dingen bahnet. Gleichwie aber
die Handels-Leut jhre Correspondentz gemeiniglich ins Geheime führen und sich nicht leichtlich
in die Carte gucken lassen: also pflegen die Gelährte hingegen jhre gewechselte Send-Brieffe
nicht allein andern guten Freunden mit-zutheilen / sondern offters gar in offentlichen Druck zu
geben / wie so viele Scriptores Epistolarum bezeugen / deren man ein grosses Register-voll in
der Vorrede der Lateinischen Send-Schreiben oder Epistolarum, welche Thomas Bartholini auff
seinen Reisen geschrieben und nachgehends in drey Theilen herauß gehen lassen / sehen kan:
welchen man des berühmten Cartesii Epistolas, worinnen er seine neue Philosophiam gegen
Gassendum und andere vertheidiget: wie auch des Bocconi Recherches, des Levvenhoecks
Send-Brieffe an die Königliche Englische Societät in Engeland / Tim. à Gülden-Klee / Dolaei und
VV aldschmidii Epist. Amoebeas, unsere Dissert. Epistolicas und (wann man auch die fingirte
Schein-Brieffe dabey dulden wolte) die kürtzlich in Sachßen herauß gegebene und so genandte
auffgefangene Brieffe beyfügen könte. Absonderlich aber hat man dergleichen Correspondentz
wegen derjenigen Naturalien, so in sehr weit entlegenen Ländern / als Ost- und West-Indien
hervorkommen / sehr vonnöthen / indem diejenige / so anderer Gewerben und Geschäfften wegen
dahin reisen und nachmahlen in jhren Itinerariis oder Reiß-Beschreibungen derselben gedencken /
offt keinen rechten Unterricht davon haben / sondern alles von hören sagen melden / ja zuweilen
sich eine Freude machen / wann sie von weitem sicher lügen können. Und dieses mag die Ursach
seyn / warumb die so vorsichtige Ost-Indische Compagnie in Holland diejenige Commislarios,
welche sie in jhre Plantagien und andere Oerter abschicket / zuvor in Eyd und Pflichten nehmen
/ daß sie in jhren Berichten und Rapporten nichts als die pure lautere Warheit schreiben oder
vorbringen wolten / welchen dann desto eher zu glauben und zu trauen ist. Nachdem aber offters
auch diese sehr schlechte Natur-Kündiger sind / sondern sich vielmehr umb dasjenige / was zur
Handlung dienet / bewerben und bekümmern: so muß man sich zugleich an diejenige curiose und
gelährte Leute / welche sich in [ID00656] den Indianischen Orten häußlich niedergelassen
/ und alles / was zu der Naturkündigung und Artzney- Kunst gehöret / genauer zu untersuchen
vollkommene Gelegenheit haben / halten: wie dann deßwegen viele vornehme Glieder der
Welt-berühmten Käyserlichen Societät der Naturkündiger in Teutschland / als Volckamerus,
Schroekius, Menzelius, (welchem der König in Preussen eine eigene Pension hierzu reichen
lässet) Schefferus, wie auch der berühmte Jobus Ludolfus und andere eine genaue Correspondentz
mit einigen Gelährten in Ost-Indien / als Cleyero, de Jager, Rumphio, ten Rhyne, und andern
gepflogen haben / deren Observationes und Send-Briefe guten Theils in den Miscellaneis Germ.
Curiosis zu finden und zu lesen sind. Noch ein grösseres Licht aber bekommet man aus benjenigen
Brieffchafften und Send-Schreiben / welche diese letztere in Ost-Indien unter sich selbsten
wechseln / als worinnen fie sich offters aemuliren / widersprechen und also zu fernerer und
genauerer Untersuchung ansporen: Da alsdann endlich nothwendig herauß kommen muß / was sonsten
im verborgenen geblieben wäre. Ein merckwürdiges Exempel findet man in diesen unsern
Ost-Indianischeu Send-Schreiben / von dem rothen Sandel / dessen wahrer Ursprung niemahlen so
genau wäre untersuchet worden / wann nicht der berühmte Herbertus de Jager mit dem gleichfals
curiosen Rumphio in einen so harten Disputat darüber gerathen wäre. Weilen dann auch in eben
diesen Briefen noch viele andere Seltzamkeiten und sehr rare Sachen eingemischet sind / so habe
nicht nachgelassen / biß dieselbige von Herrn Johann Gottfried Vito, jetzo vornehmen
Materialisten in Wormbs (welcher die autographa und eigenhändige Schrifften aus des Herrn
Herberti de Jager hinterlassenen Erbschafft mit aus Ost-Indien gebracht) umd Gelb und gute Wort
erlanget habe / umb selbige mit einigen Geschwornen Rapporten aus dem Holländischen (worinnen
sie geschrieben sind) ins Hoch-Teutsche zu übersetzen / und der gelahrten Welt im offentlichen
Druck mitzutheilen / zumahlen dieselbe sich wegen Gleichheit der Materie zu unserer Natur- und
Material-Kammer wohl schicken thäten. Gleichwie ich nun nicht zweiffele / es werde vielen
curiosen Gemüthern hiermit ein sonderlicher Dienst geschehen / also werde mich befleissigen /
ehistens noch mit einig-andern dergleichen Schrifften / und nahmentlich mit einer sehr
accuraten Beschreibung der Ambonischen See-Muscheln / welche der schon belobte Herr Rumphius
(so von stätigem Anschauen derselben endlich blind worden ist) hinterlassen hat / ferner zu
gefallen. Alles zu GOTTES Ehre und des Nächsten Wohlfahrt!
|| [3]
Ost-Indianische Send-Schreiben.
Num. I.
Herrn Beorg Eberhard Rumphii
Send-Brieff /
An
Herrn Herbert de Jager.
Mein Herr!
Die Gelegenheit hat mir biß daher noch nicht diene̅ wollen Meinen Hochgeehrten
Herrn mit einem Brieffgen zu bearüssen / welches ich nunmehro nicht länger außstelle̅kan / weilen ich in verschiedenen Briefen der Batavischen Freunden offters in
Meines Hochgeehrten Herrn Nahmen gegrüsset worden / auch einige Beschreibungen und Berichte von
etlichen Gewächsen / so in dem Westersen Theil von Indien wachsen und durch dero gelahrte Feder
beschrieben worden / empfangen habe: woraußich dann mit deren Erlaubnuß hier und dar etwas
entlehnet und in mein Wercklein von den Ambonischen Pflantzen (doch unter dero Nahme)
einverleibet / und so viel zu deren Erklärung und Erweissung vonnöthen gewelen / angewendet hab
/ welche Freyheit Mein Hochgeehrter Herr mir nicht übel deuten wird.
Unter anderen ist mir durch Herrn Doct. Andream Cleyern eine Beschreibung vom Wurm-Saamen
oder Semine sancto mitgetheilet worden / welches Mein Herr vor ein Abrotonum hält / bey den
gemeinen Herbaristen aber vor das Absinthium Seriphium außgegeben wird. Item: Von dem Catsio
oder Lycio Indico, wie auch andere Sachen / so mir zu Betrachten übersender worden / doch aber
zu meinem vorhabenden Werck nicht wohl dienen können / dieweilen ich mich nach keinen Kräutern
darinn bemühen werde / worvon keine Mitt-Sorten oder Geschlechter in Amboina fallen. Viel
besser aber kan mir die Beschreibung von der Palmeira Bravva, bey den unserigen Palmeeroder
Jagar-Baum / hier zu Land Lontar genandt / zu paß. Die von dein Campher und Benzoin-Baum
überschickte Berichte hatte ich auch verlanget / damit ich sehen könte / ob einige Sorten oder
Species barvon allhier in Amboina zu finden wären: und ist mir alles durch Herrn Jacob de Vicq
in verwichenem Jahr zugesendet worden / welcher zugleich einige Beschreibungen von Ambonischen
Gewächsenvor Meinen Hochgeehrten Herrn verlangte. Ich hab mich damahlen zum höchsten
entschuldigen lassen / wie anjetzo nachmahlen thun muß / daß ich meine Gegen-Pflicht nicht in
Acht nehmen können / dieweilen es sehr weitläufftige Beschreibungen sind / und ich nur mit
einem Assistenten verschen bin / welcher seine Hände voll zu thun hat / daß er meine Auffsätze
in eine Ordnung und nachmahlen ins Reine bringe / woran ich wegen des nunmehr annahenden
gebrechlichen Alters nicht viel Zeit verspielen kan / nachdem ich selbsten mit den nöthigen und
kurtzen Briefen abzufertigen gnug zu thun habe. Doch hab hiermit bezeugen wollen / daß / so es
geschehen kan / Meinem Hochgeehrten Herrn zuweilen mit kurtzen Beschreibungen und Antworten gar
gerne dienen wolle. Unterdessen kan Meinem Hochgeehrten Herrn in vielen Stücken mit denjenigen
Sachen gedienet werden / die ermeldter Monsieur de Vicq von mir empfangen: worzu auch die
natürliche Beschreibung von dem Muscaten- und Näglein-Baum / welche Uberbringer dieses / unser
Fiscal, Herr Abraham Boudens, zustellen wird / und / wie er vorgibt / von ihm selbsten also
auffgezeichnet worden / zu zehlen ist. Eben demselbigen hab auch etwas von den Ambonischen
Königs-Näglein eingehändiget / welche seither zehen Jahren allhier in Amboina an zwey oder drey
Bäumen gesehen worden / doch aber mercklich von den rechten Ternataenschen Königs-Nägelein
unterschieden sind / von welchen nach deren geneal Außdilgung kein Baum mehr [4] in der Welt zu finden ist. Doch hab ihm noch drey Stücklein / Meinem Hochgeehrten Herrn
zu überbringen / gegeben / so ich wohl sechs- und zwantzig Jahr auffgehoben hatte / und wohl
wehrt sind / daß sie / umb ihre Gestalt zu conserviren / abgerissen oder abgemahlet würden. Wir
haben anjetzo keinen Mahler allhier / und so wir künfftiges Jahr keinen bekommen solten /
dörffte mein Werck / in Ansehen der nöthigen Kupffer / sehr defect bleiben.
Ich hab mich verschiedenmahl bemühet von Batavia ein Stücklein vom rothen Sandel-Holtz /
nebst eigentlichem Bericht / auß was Landen es komme / zu empfangen / hab aber biß dahero
nichts sicheres darvon gesehen / indem dasjenige / so mir von Batavia zugesendet worden / auch
hier und dar gesehen habe / meistens von dem so genandten Caleaturs. Holtz nicht unterschieden
ist. Weilen dann Mein Herr die Ober-Länder von Alt Indien durch gereiset hat / nahmentlich die
Küsten Coromandel und Orixa, wohin die Portugessen Tanassarim stellen (darvon Garzias und
andere ihren rothen Sandel wollen herleiten / allwo auch / ungefehr umb die Stadt Caleatoer,
obbemeldtes Holtz wachsen soll:) so werd ich genöthiget Meinen Hochgeehrten Herrn zu Bitten /
daß Sie mir etwas sicheres darvon mittheilen / und so es seyn kan / mich mit einem Stücklein
von dem ausfrichtigen versehen. Ich an meinem wenigen Ort kan das Caleaturs- Holtz vor kein
roth Sandel. Holtz halten / wiewohlen D. Cleyer mir geschrieben / daß es von allen Medicis und
Natur-kündigern zu Batavia vor daffelbige gehalten werde. Ich will lieber glauben / daß das
auffrichtige rothe Sandel. Holtz in gantz Ost-Indien nicht zu finden seye / welches die Alte
Arabier von der Africanischen Ost-Küsten und denen darbey gelegenen Insulen / insonderheit von
Madagascar gehohlet haben; weßwegen es noch von den Maleyern mit dem Arabischen zunahmen
Tsiendana Zangi oder Zingi, das ist: Sandalum AEthiopicum genennet wird / welchem sie die
Kräffte zu kühlen / mächtig zu stopffen / und dem Gifft zu wiederstehen zugeschrieben haben:
von welchen Eigenschafften ich durch eigene Erfahrung an dem Caleaturs. Holtz nichts gefunden
hab / wohl aber das Gegentheil. So wünschte ich auch von Meinem Hochgeehrten Herrn informiret
zu werden / ob in Alt- Indien ein ander Calamus Aromaticus zu finden / als derjenige / so
Maleyisch Deringo, und Malabarisch Vasomba heisset / und der rechte Acorus ist. Bey dem Garzia
ab Horto wird er so dunckel und confus beschrieben / daß ich nichts sicheres darauß begreiffen
kan: wie ich dann auch in den zweyen Tomis des Horti Malabarici, so allbereit im Druck sind /
nichts finden kan / welches Werck vor mich und andere / so die Malabarische Nahmen nicht
verstehen / sehr dunckel und unbegreifflich ist. Ich hab vor mich selbst einen Schlüssel über
dieses Werck gemachet / absonderlich von solchen Gewächsen / die wir auß der Beschreibung und
Abbildung erkennen können / wie nemblich dieselbe in diesen Insulen und auff Malaisch genennet
werden.
Durch obbemeldten Mons. Boudens soll Meinem Hochgeehrten Herrn ein Körbgen / worauff ein
Pergament mit H. D. I. gezeichnet / eingehändiget werden / worinnen das Tuber Regium oder Oeby
Radja mit seinen auffgeschlossenen Fungis, in Form eines Trichters / zu finden ist / welches
von Hr. de Vicq herkommet. Dieses sind gewissen Knollen / so von sich selbsten auß der
Fettigkeit der Erden / in der Grösse ein- oder zweyer Fäusten wachsen / außwendig schwartzgrau
/ so gar / daß man sie im Graben vor Steine ansiehet / und deßwegen nicht leicht bekommen kan /
ehe sie die Trichter-formige Schwämme tragen / welches doch selten und nur in dem Monat
November wann es sehr trucken Wetter ist / geschiehet. Inwendig sind sie Kraydenweis und gantz
trucken / von keinem sonderlichen Geschmack / noch Geruch. Sie werden von diesen Einwohnern zur
Artzney gebrauchet / und zwar gegen den Durchbruch / weilen sie mächtig stopffen: werden auß
der Hand gessen / auch klein geraspelt und mit Reiß oder Sago-Meel gemenget. Sie haben
gemeiniglich einige Gleichheit mit der Sinesischen Wurtzel Hoclin, welche P. Martinius in
seinem Sinesischen Atlas vor die auffrichtige Radix Chinae beschreibet und Folin heisset. Von
der vorgemeldter Ubi Radja bekommet Mein Hochgeehrter Herr zwey Stück mit den auffgestossenen
Fungis, und zwey ohne Fungis, welche in einem Garten auff die Erde zu setzen / allwo sich mit
der Zeit bey warmen Regen-Wetter die Fungi zeigen werden / die / wann sie noch jung sind / zu
kochen und zu essen dienen. Dafern Mein Hochgeehrter Herr persöhnlich in diese Provintz hätte
kommen sollen / wie einige Freunde geschrieben und die gemeine Sage neulich gienge / so hätten
wir bey verschiedenen Conferentzen die Bäuche damit anfüllen können / welches nun wegen anderer
Geschäfften hinterbleiben muß. Den Maleyischen oder Javanischen Nahmen desjenigen Hagen-Dorns /
wormit Batavia umbzäunet / möchte wohl auch wissen / welchen wir allhier in Amboina /
vermittelst des Saamens / so uns von Java geschicket worden / auch erzogen haben. Wormit /
nechst Hertzlichem Gruß / Meinen Hochgeehrten Herrn in GOttes Schutz / in dessen gute
Gewogenheit aber mich empfelend / verbleibe
Meines Hochgeehrten Herrn
Dienstwilliger Freund und Diener
Amboina den 20. Maij, 1683.
RUMPHIUS, mppr.
|| [5]
II.
Herrn HERBERT de JAGER
Send-Brief /
An
Herrn Georg Eberhard Rumphium.
Mein Herr RUMPHI,
Werth-geschätzter und penetranter Untersucher der Natur!
ICh hätte mögen wünschen / daß bey Abgang dieses Schiffs nicht mit so vielen Affairen der E.
Compagnie, (welches mich nicht versehen hatte /) überladen wäre gewesen / oder vielmehr (unib
mich selbsten nicht zu entschuldigen) daß ich es nicht so auff das letzte hätte lassen ankommen
/ umd mich etwas vollkommener und deutlicher zu expliciren / auch Meinem Hochgeehrten Herrn
besseres Vergnügen zu geben / der ich sonsten nach dem Maase von meiner geringen Erkantnuß und
Wiffenschafft in denen Botanischen Sachen gern demjenigen / was Mein Hochgeehrter Herr in
seinen Brieffen an den Kauffmann Mons. De Vicq, meinen special-guten Freund / und an den Hn.
Cleyer hat gelangen lassen / völlige Genüge zu leisten / willig bin.
So viel nun dasjenige / was mich darinnen angehet / betreffen thut / so hat mir Mons. de Vicq
die Materien an mich aus dem seinen vorgelesen: Der Gevollmächtigte von dem Hn. Cleyer aber hat
mich dasjenige / was mich anlangt / selbst lesen lassen: Worauß ich sehr gern vernommen / daß
Meinem Hochgeehrter Herr dasjenige / was ich durch obgemeldte Herrn und Freunde an denselben
gelangen lassen / nicht unangenehm gewesen. Wünsche derohalben nichts mehr / als daß auch ins
künfftig ein mehreres zu dessen Vergnügen contribuiren könte / zumahlen mich sehr verbunden
halte alles dasjenige freywilligs beyzutragen / was zu dessen herrlichem Werck / das Sie unter
Handen haden / dienen kan; wie dann zu dem End auch meinen ersten Beytrag communiciren wollen.
Unterdessen ist mir sehr leyd / daß ich mich erkühnet habe / eben zu der Zeit durch solche
Freunde Meinen Hochgeehrten Herrn umb ein und anders anzusprechen / als es Ihnen eben so
ungelegen gewesen / indem ich selber bekennen muß / daß Sie die Zeit und Hülff von ihrem
Schreiber viel besser zum Dienst des gemeinen Bestens / als auff meine Frage zu antworten /
anzuwenden haben: Verspreche auch hiermit sothanige Freyheit / dieselbe zu behelligen /
künfftig hin besser zu menagiren / und Denenselben nicht mehr so beschwerlich über den Hals zu
kommen; wie dann auch in Meines Hochgeehrten Herrn Belieben stelle / sich an meinen wenigen
Zumuthungen nicht länger auffzuhalten / als es Denenselben nöthig scheint / nur daß das
Haupt-Werck keine Verhinderung dadurch leide.
Inzwischen bedancke mich sehr / daß Sie Mons. de Vicq erlaubet haben / mir dero Beschreibung
von den Mußcaten-Nüssen und Sagoe-Baum mitzutheilen / (davonich auch schon Copie genommen hab)
welche mich sehr vergnügt / und kan aus diesem Stählgen / tanquam ex ungue Leonem, schon
abnehmen / wie herrlich und nutzlich dieses Werck vor die Gelährte in Europa seyn werde. Ich
muß aber zum höchsten beklagen / daß wegen Engbrüstigkeit und grosser Beschwerung auff der
Brust / deren ich unterworffen bin / und welche mir je länger je mehr zusetzet / mir so viel
Lebens nicht verheissen kan / daß solches Wercks in offentlichem Druck auch sehen könte / und
muß mich deßwegen in solche Schickung und Necessität der Natur gedultig ergeben. Dafern aber
der höchste GOtt mir das Leben fristen würde / so wolle sich doch Mein Hochgeehrter Herr
versichern / daß ich mit sonst keinem Werck / als was mein eigen / an das Tages-Licht kommen
werde: Gleich ich sehe / daß Mein Hochgeehrter Herr diese Condition auch über sich genommen hat
/ und auch sonsten in allen Theilen reblich ist. Ich werde auch von sonst nichts schreiben /
als worvon ich eine eigentliche Wissenschafft und Erfahrung erlanget / und darvon selbsten
Information genommen hab. Dafern mich aber anderer Sachen auch bedienen solte / so wird es doch
nicht anderst / als unter dem Nahmen deßjenigen / so mir es communiciret hat / geschehen / so
fern es auch mit dessen Bewilligung seyn kan; wie dann Mein Hochgeehrter Herr sich auch dessen
/ was von dem Palmeerbaum auffgeschrieben hab / so viel Ihnen dienlich scheinet / kühnlich
bedienen kan / indem mich glücklich schätzen werde / wann Meinem Hochgeehrten Herrn da mit von
mir wird gedienet seyn.
|| [6]
Damit wir aber zu der Sach selbsten kommen / so ist zwischen dem Nahmen / so der Herr van
Rheede setzet / und zwischen dem meinigen eben so ein grosser Unterscheid nicht / als im ersten
Auffschlagen wohl jemanden auß Unwissenheit der Sprachen scheinen dörffte / in dem dieser Baum
eigentlich in dem Malabrischen panè, und nicht pana, als der Herr van Rheede schreibet /
genennet wird / welches doch wenig außmachet. Das Wort Metem aber / das in meinem Tractätgen
darbey gefüget stehet / bedeutet in derselben einen Baum / gleich auch das Wort Wruksjam,
welches im Sanskrietsschen / das ist / in der gelahrten Sprach der Braminen / bey dem Wort
Talaha oder Tala gefunden wird / dergleichen Bedeutung hat; weßwegen das erste meistens in dem
Malabarischen bey das Wort panè und das letzte in der andern Sprache bey das Wort Tala gesetzet
wird: welches Bramnesische Wort auch überall in Macassar gebräuchlich ist / da diese Bäume Tala
und uff der Insul Java Tal heissen / gleich wie Meinem Hochgeehrten Herrn gnugsam dekandt seyn
dörffte: Nicht anderst / als wie das Wort Lavvang am oder Lavvang, so in derselben gelahrten
Sprach die Nägel-Specerey bedeutet / zu gleich auch in die Moluccischen Insulen / und auff
Ambonia übergepflantzet ist; gleich wie das Heidenthum von der Küst Choromandel ehehands sowohl
uff Java, Baly &c. mit einem grossen Theil seiner Sprache / als auch in die
Maleitsche sc. sich gesetzet hat. Damit wir aber ohne einigen Umbschweiff bey diesem Stück
bleiben / so bedeutet das Wort Carim, das der Herr van Rheede vor das Wort Pana setzet / in der
Malabarischen Sprach schwartz / zum Unterscheid einer andern Sorte panà, dessen Blätter etwas
weisser sind / als von dem ersten Geschlecht. Was aber das Wort Tamado, so hinter dem vorigen
Tala stehet / anlanget / so ist desselbigen Bedeutung mir unbekandt / und ist ohne zweiffel ein
Canariisches oder anderes Wort / so auff der Küste von Kaukan gebräuchlich ist und nicht von
der gelahrten Sprach der Braminer herrühret / worinnen ich zum theil versiret bin / zum
wenigsten so viel / daß ich unterscheiden kan / daß dasselbe kein Sanskriets ist; wiewohlen der
Herr van Rheede in seinem gantzen Werck diese gantz generaliter vor die Sprach der Braminer
anßgibt. Unterdessen kombt sie in vielen Worten damit üb???rein / oder gehet doch nur zuweilen
ein wenig davon ab / zumahlen sie beyde auch einerley Buchstaben gebrauchen und im schreiden
eine grosse Gleichheit haben / wormit das Sanskriets und das Hindostanische außgedrucket wird.
Diesem Baum nun wird in dem Hindostanischen der Nahme Taar, mit Zufügung des Worts dzjaar,
welches in derselben Sprach einen Baum bedeutet / beygelegt; wann nun die particula hi, welches
ein Zeichen des Genitivi ist / dem Nominativo vorgesetzet wird / so lautet es in der gantzen
Zusammensetzung Taar hi dzjaar, das ist ein Palmen-Baum. Von diesem Wort Taar kombt nun das
bekandte Tari her / so den Tranck / welcher von diesem Baum kommet / bedeutet / und nicht
allein dem Safft dieses Baums / sondern auch dem wilden Dattelbaum / ja auch anderen Bäumen /
so einigen Safft geben / gemein ist / wie in Suratten dieses Wort in solcher Bedeutung überall
gebräuchlich ist. Die Telingasische Sprach / deren in meinem Tractätgen auch gedacht / ist
gleichfals von der Malabarischen unterschieden und regieret allein auff der Nordküst von
Choromandel / dicht nach Bengala zu / gleich wie sie auch gantz andere Buchstaben hat / als die
vorige Sprachen. Sonsten wird dieser Baum im Javanischen und Malaitschen auch Lontar geheissen
/ und wird dessen ein groß Quantität auff Batavia, absonderlich zu Bantam gesehen / allwo sie
auch die Blätter darvon gebrauchen und darauff schreiben; weßwegen dann Mein Hochgeehrter Herr
dessen Ernennung und Herleitung in dieser letzten Sprach sehr wohl getroffen hat. Ob aber schon
wohl sein kan / daß Dieselbe diesen Baum auff Lariquen gesehen hätten / so ist doch das Weibgen
von dem Männlein / ehe sie Früchte tragen / gar schwer zu unterscheiden / und ist also noch
ungewiß / ob sie allda das Carim panè oder das Am-panè, daß ist / das Männgen / oder das
Weibgen von dem Palmbaum gefunden / welches die Frucht / so im Javanischen Sibalon heisset /
zeigen muß; weilen aber die Beschreibung und Abbildung von allen beyden Bäumen im zweyten Buch
des Horti Malab. des Herrn van Rheede weitläufftig und zur Gnüge zu finden sind / so ist
ohnnöthig solche weiter außzuführen. Dieses nur hab noch erinnern wollen / daß / wie mich
däucht / die Portugiesen diesem Baum den Nahmen Palmeira bravva gegeben haben / weilen er ohne
die geringste Wartung und Pflantzung hervor kombt und von sich selbsten zu gantzen Wäldern voll
auffwächset: gleich ich auch auf der Küste von Choromandel sothanige Bäum-Stätte von etlich
Meilen lang angetroffen hab. Ingleichen kan nicht mit Stillschweigen (ehe wir von dieser
Materie gäntzlich abbrechen) vorbey gehen / daß das Wort Jagra oder Jagar-Zucker nicht allein
dem Zucker / so von diesem Baum kommet / eigentlich und allein zukomme / wie Mein Hochgeehrter
Herr zu glauben scheinet / sondern auch dem Zucker von den Cocus-Bäumen / ja noch vielen andern
Sorten des schwartzen Zuckers / so in Klumpen gehalten werden und also von dem Zucker-Riet
selbsten kommen / gemein sey: wiewohlen es mehr dem Zucker von dergleichen Bäum-Säfften
zukombt. Wormit also den verschiedenen Nahmen dieses Baums ein Genügen gethan zu haben vermeine
/ wie sie in dem Brieff an Monsieur de Vicq von mir verlanget haben.
|| [7]
Die Art von Caldeira oder eigentlich Cardoeira, ist hier auch gnug auff den Insulen / welche
sie auff Maleyisch Bangkovvan, und die Sort / welche das riechende Blumen-Mooß gibt / Pandam in
derselben Sprache nennen / gleich auch die Blume diesen Nahmen führet. Es gibt aber derselben
zwey Species / eine mit dornichten Blättern / und die andere ohne Dornen / welche letztere man
hier meistens findt und bereiten die Javanen von den Bankovvan-Blättern hier und auff Palimbang
die bekandte Koedzjang, ist eine Art Binsen-Matten / die sie zu Decken gebrauchen / wie Meinem
Hochgeehrten Herrn schon besser / als mir selbsten bewust seyn wird.
Die Oebi radzia solte ich ehe vor eine Art Erd-Aepffel oder Tuberum terrae halten / als vor
Oebi, nemblich die Wurtzel vor eine Art Tuberis esculenti, welche die Italiäner Tartofoli, die
Frantzosen aber Truffles nennen: das öberste Köpffgen oder Capitulum aber vor einen Fungum oder
Schwamm / so viel auß demselben / den bey Mons. de Vicq gesehen / abnehmen können: will aber
doch das Examen dieser meiner Meynung Meinem Hochgeehrten Herrn gerne überlassen und deroselben
Sentiment hierüber ferner erwarten.
Nachdem ich auch das Wort Coelit Lávvang in dem Brief an Mons. de Vicq angeführet gesehen /
so bin ich / in Ansehen des Worts Lávvang, das eigentlich in der Braminer und Hindostaner
Sprach Nägelein bedeutet / in die Gedancken gerathen / ob diese Rinde nicht vielmehr die Schale
von dem Näglein-Baum selbsten möchte seyn / wie das Wort mit sich bringet / oder sonsten von
einem Bastard-Nägel-Baum herrühre / dessen Gestalt anderst als der rothe sey; wie ich dann in
Golkonda, in der Apothecken / unter dem Nahme Wilder Nägelein dergleichen Früchte gesehen zu
haben vermeine / worvon noch einige Proben auffgehoden und an einen Ort gestecket habe. Weilen
aber die Zeit jetzo nicht leiden will solche auffzusuchen / so werde / nicht ermangeln künfftig
darnach zu sehen / und wann sie sinden werde / an Meinen Hochgeehrten Herrn zu senden /
derselben Urtheil erwartend / ob ich in meiner Meynung betrogen sey oder nicht? So auch der
Herr selbsten einige wilde Nägelein haben solte / bäte mir einige zu übersendë / daß ich solche
mit den meinigen auß Golkonda conferiren und wie weit sie von einander unterschieden seyen /
sehen könne.
Auß eben demselben Schreiben Meines Hochgeehrten Herrn bin ich auch verständiget worden / daß
das Ringò-Holtz von dem Angsána-Baum herrühre / welcher mir wohl bekandt ist / ob schon er mir
schon nirgends / als auff Batavia / so viel ich mich erinnere / zu Gesicht kommen ist / und
gibt auch ein gewisse Art Sanguinis Draconis von sich; wiewohlen ich das beste Gummi dieses
Nahmens an dem Caliatoers Holtz-Baum gefunden hab / gantz dunckel-roth und viel heller / als
ein Peguser-Rubin; gleichwie mir auch zu Golkonda in einem gewissen Glossariô, darinnen die
Arabische Medicamenten auff Hindostanisch / so viel deren in solchen Landen sind / mit
Perstanischen Buchstaben außgedruckt und beschrieben waren / zu Gesicht gekommen ist / darinn
der Sanguis Draconis oder Drachen-Blut vor ein Gummi oder geronnen Safft des Sandel-Baums
gehalten wird / so auff der Küst von Coromandel und durch gantz Hindostan, oder nach unser
Meynung vom Caliatoer-Baum herrühret / welchen sie den rothen Sandel-Baum nennen / gleichwie
ich sehr offt erfahren hab / und in solchen Landen bekandt gnug ist / auch an der Probe und
Geruch abzunehmen / wann man das Holtz auff einen Stein wirfft / absonderlich wann es zugleich
alt und hoch roth ist. Solte es seyn / daß dieser Baum auch auff Madagascar stünde / und einer
von den dreyen wäre / welche Mons. Flacourt in der Beschreibung von dieser Insul setzet und
schreibet / daß das Drachen- Blut oder Sanguis Draconis davon außschwitze / so würde ich nicht
leicht darzu kommen umb zu glauben / daß dasjenige so auff Palimbang auß einer gewissen
Rohr-Frucht / welche allda fället / durch Gewalt des Feuers / über heiß Wasser auß gezwungen
wird / das rechte und auffrichtige Drachen- Blut oder Sanguis Draconis seye / welcher bey allen
Medicis, so viel ich weiß / vor ein Gummi gehalten wird; zu geschweigen daß dieses Dzjerenàng,
welches von obgemeldter Rohr-Frücht gemacht und auff Maleyisch also genennet wird / auch dem
Ansehen nach von dem Sanguine Draconis, welchen ich in den Perstanischen Apothecken auff
Golkonda gesehen hab / sehr unterschieden sey / sehr wohl aber mit demjenigen Gummi / so ich
von dem rothen Sandel-Baum colligiret habe / accordire. Zum wenigsten kan mit Meinem
Hochgeehrten Herrn nicht wohl übereinkommen / daß das rothe Sandel-Holtz von den Africanischen
Küsten umb Sofala in die Quartiren von Indien und alsdann in Arabien solte übergeführet werden
/ in dem die Benahmung von solchem Holtz / so im Maleyischen Tsiendana Zeng’gj heist / und
Meinem Hochgeehrten Herrn Anlaß zu dieser Meynung gegehen hat / kein gnugsames Fundament geben
kan / zumahlen wann man den Ursprung dieses Worts / und wie es sich in das Maleyische
eingeschlichen habe / wohl betrachtet. Es kombt nemblich selbiges / so viel mit wissend ist /
daher / daß die AEthiopische Küste / an der Seiten des rothen Meers / wo der Sinus Arabicus ist
/ in der Arabischen Sprach Zendzj oder Zenzj, und nach der Franzosen Schreibens-Art Zengj
geheissen wird / worinnen das j, als ein Consonantz die Kräffte und Außspruch von einem g, oder
i, vor welchem ein d, ist / hat / welches Wort von Zingis herstammet / so bey dem Ptolomaeo in
seiner Geographie schon bekandt ist / wel [8] cher das äusserste
davon an den Sinum Barbaricum stellet / gleich wie die Araber in ihren Land-Beschreibungen auch
gewohnet gewesen / dieses Geographi Benennungen hier und da zubehalten. Von diesem Wort Zendzj
nun kombt das nomen gentile Zendzji, welches eine Person von solchem Land / oder einen
sothanigen AEthiopem bedeutet / welches die Persianer auch in ihre Sprache auff- und angenommen
haben / doch mit der gewöhnlichen mutation des Z dziem oder dzi in ein Ga oder g welches sie
zuthun pflegen / wann sie einige Arabische Wörter / darinnen das Z oder dziem innen ist / in
ihre Sprach introduciren / wie solches auch in Europa denen Liebhabern der Orientalischen
Sprachen / so nur ein wenig in dem Persischen versiret sind / zur Genüge bekandt ist / und wird
also nicht vonnöthen seyn / daß solches mit vielen Exempeln zuerläutern und zubeweissen seye.
Nach diesem nun lautet obgemeldtes Wort bey den Persianern Zengi, wormit sie alle schwartzen /
die zusammen gekrolte und wollichte Haar tragen / und AEthiopes sind (welche die Portugiessen
und wir selbsten insgemein Cafares nennen / ) sonsten aber keine andere Unglaubige / belegen /
worvon sie doch diejenige / so auß Abyssinien kommen / mit dem Nahmen Hhabassi, oder nach der
Frantzöischen Sprach Hhabachi unterscheiden / allen anderen AEthiopiern aber / so / wie zuvor
gedacht / wollichte Haar tragen / den Nahmen Zengi gegeben / wie mit in Persien zur Genüge
bekandt gewesen ist. Ob nun wohl die Persianer dieses Wort / nebenst vielen andern / in die
Maleyische Sprache überbracht haben / so hat es doch hierinnen durch einen bekandten
Rhetorischen tropum eine andere Bedeutung bekommen / und bedeutet von der schwartzen Farb /
wormit ihre Leiber begabet sind / im Maleyischen allein etwas schwartzes: in welchem Verstand
man es auch in der Maleyischen Historie des Hhamzah befind; wie dann auch alle die beste
Maleyers, welche ich deßwegen consuliret hab / darinnen einstimmig sind / daß dieses Wort
Zengi, welches sie nach ihrer Weiß Zeng’gi schreiben / allein schwartz heisse / ohne daß
solches Wort einigem Land oder Nation zugeleget / werde oder auch jemand wisse / daß es solchen
appliciret werden könte. So wissen auch diejenige Küsten und Insulen / worauff die Maleyische
Sprach gebräuchlich ist / nicht das geringste von der Africanischen Küsten / haben auch
niemahlen / so viel man weiß und auch wahrscheinlich ist / einige Fahrt dahin angestellet /
worvon man in ihren Historien nichts findet / welche allein melden / daß sie wohl ehemahlen die
Küsten Coromandel frequentiret hätten / so nur 8. biß 10. Tag-Reiß davon ist: welches auch die
Reliquien von dem Gottesdienst und die grosse Anzahl ihrer Wörter / so man in dem Maleyischen
und noch mehr im Javanischen findet / confirmiren; daß also dieses Wort Tsjandana Zengi nichts
anderstbey denen Maleyern als das schwartze oder hoch rothe Candel-Holtz (dann das beste auff
diesen Schlag kommet) bedeutet / wie mir solches die gelährteste Maleyers außgeleget haben: Und
kann derowegen nicht von einiger Landschafft also genennet werden / darvon man in der gantzen
Welt noch nichts weiß / auch noch gantz ungewiß ist / ob auff solcher Küste auch rothes
Sandel-Holtz gefunden werde? indem gewißlich / wann dergleichen dorten gefunden würde / solches
die Küste von Arabien keines weges auß Indiâ würden holen / da das Zengische Land ihnen so nahe
wäre / ja an das Africanische Arabien stöse: ja sie würden besser als die Maleyers wissen / was
in denjenigen Landen / darinnen sich die von ihnen entsprossene Colonien gezogen / auch ihre
Sprach noch guten theils behalten hätten / wachsen thäte / indem die Maleyers so wiet darvon
gelegen und durch ein so nützliches Meer von den Zengis abgeschnitten und entfernet wären. Und
wie solten sie es nicht gewust haben / indem die Specereyen und Materialien gemeiniglich ihren
Nahmen von dem Platz / wo der Stapel davon sich am ersten gesetzet hat / genennet werden /
nicht anderst / als die Portugiesen die Mußcaten-Nüsse von dem Stapelplatz dieser Specerey /
der damahlen auff Malacca war / Nozes de Malacca geheissen haben. Ja es würden die Maleyersch
auch den Nahmen vom Zengischen Sandel nicht von den Persianern haben / welcher / wie oben er
wiessen / darvon den Beynahmen führet / und würden auch die Araber selbsten den Indianischen
Nahmen nicht behalten haben / welcher ursprünglich auß der gelahrten Sprach der Braminer
herfliesset / bey welchem Zsjandanan, correpta mediâ syllaba, oder bey Abschneidung der letzten
Syllaben an, wie es auff der Indischen Küste gebräuchlich ist Tsjandan lautet / und in genere
allerhand riechend Holtz bedeutet / so einen Safft von sich gibt / wormit sie ihre Leiber
beschmieren: worvon also der Maleyische Nahm Tsiandana herstammet / welchen die Arabier (welche
auch andern Indianische Nahmen / als Myrobolanam und dergleichen mit einer kleinen Aenderung
haben fortgeführet / ) meistens also behalten / ausser das sie den letzten Buchstaben n. in ein
l. verändert / und die erste Tsi oder des Frantzöischen Ch in Ts, das also diß Rauch-Holtz bey
den Arabiern den Nahmen Tsandal bekommen / den die Europöer auch behalten: Und weilen das rothe
Sandel-Holtz je höher und braun-roth es von Couleur ist / je besser zu halten ist / so haben
die Maleyer auch die beste Sort von diesem Holtz mit dem Zunahmen Tsjandana Zeng’gi getauffet /
nicht anderst als im Hindostanischen die schwartze myrobolanen Zengi haraeh, das ist / die
Zengische hararen oder die schwartze myrobolanen von der Farb / und nicht von der Nation
genennet werden / [9] indem sie von demselben Land herkommen / deßhalben
kommen die Mooren und Maleyer allhier auff Batavia meist alle darinnen überein / daß das
Caliatoers - Holtz das rothe Sandel - Holtz sey / welches sonsten im Sanskrietsen Rahka
Tsandanam und in der Hindostanischen Sprach mit denselben Worten Rahat Tsiandan, das ist:
Blut-Sandel nach seiner Farb / die wie Blut außstehet / von andern aber roth Sandel genennet
wird. Es ist auch dieser rothe Sandeleben so wohl / als der gelbe und weisse Sandel (welche von
einerley Bäumen herkommen) das in nerste Hertz von denselben und ist das Holtz an dem rothen
Sandel-Baum erst weiß / nachgehends bleich-roth / so endlich eine desto höhere Farb bekombt /
auch ein grössere Krafft gewinnet / je älter es wird; dahero der rothe Sandel / welchen man in
Golkonda und andern Oertern von Indien in den Apothecken findet / viel brauner und einfolglich
auch viel kräfftiger ist / als das gemeine Caliatoers - Holtz / gleichwie ich noch ein Stälgen
davon habe / so jetzo nicht bey der Hand ist / aber so bald ich es finde / Meinem Hochgeehrten
Herrn auch zu Diensten stehen soll. Daß aber dieser rothe Sandel in einem oder anderem Land
viel Kräfftiger und schöner als anderstwo fället / befindet sich meistens an allen andern
Materialien, worzu das Erdreich und die Lufft das meiste zu contribuiren scheinen / welches an
den Nägelein zu sehen / so nirgends von solcher Krafft und Stärcke wachsen / als in den
Moluccischen Insulen und in Amboina, ob man schon die Pflantzen von dar auff hiestge und andere
Orten gebracht hat / auch solchen mit grösten Fleiß abgewartet wird. Gleicher Gestalt gehet der
weisse und gelbe Sandel von Timor allen andern / die sonsten an andern Orten wachsen / so wohl
im Geruch / als an Kräfften weit vor / welchem der ordinaire Coromandelse nicht beykommet / ob
gleich dieser ein Species von denjenigen Bäumen ist / welche man auff Timor findet: und
befindet sich an dem Coromandelischen ein etwas wiedriger und wilder Geruch / welcher fast
zeiget / das der selbe in dem freyen und hohen Gebürge in solchem Uberfluß zu finden / daß sie
solches auch zu Brenn-Holtzgebrauchen / wie ich mit meinen Augen gesehen hab. Unterdessen
lauffet auch an demselben zuweilen ein Stück mit unter / so ziemlich gut ist / dem Timonischen
ziemlich nahe kommet und darunter auch wohl vermenget wird / absonderlich derjenige / welchen
man auff den Bergen zwischen den Meisoerschen und Tzjinsischen Landen / wie auch auff dem
berühmten Berg de Gattam, oder wie ihn die Portugiesen nennen / de Gatto antrifft; daß also das
rothe Sandel- Holß nicht an den See-Plätzen unten an den hohen Gebürgen wächset / wie Garcias
ab Orta vorgeben will / sondern tieff in dem Land und allein auff hohen Bergen / zum wenigsten
25. biß 30. oder wohl mehr Meilen von der See. Weßwegen dann Mein Hochgeehrter Herr sich nicht
durch die Benennung des Caliatoers-Holtz / nach dem Ort Caliatoer, so an der See ligt / wolle
dahin verleiten lassen / als ob es darum wachse / mit nichten / sondern diese denomination
kombt daher / weilen in den vorigen Zeiten die Portugiesen dieses Holtz auß dem Gebürge nach
diesem See-Plag gebracht haben / und zwar wegen der guten Gelegenhett solches in ihre Schiffe
zu embarquiren und weiter fortzubringen; welches doch schon vor vielen Jahren auffgehöret und
ist auch dieser Ort nicht mehr unter diesem Nahmen bey den Einwohnern bekandt / sondern wird
schon von vielen Jahren Kristnampatan oder Histnampatan geheissen / ausser daß der vorige Nahme
allein bey den Europöern noch in unsern Carten erhalten wird. Ich kan auch so schlechter Dings
nicht zu geben / was Garcias ab Orta und Matthiolus sagen / daß dieses Holtz ohne Geruch solte
seyn / worinnen der letzte so weit gehet / daß er vorgeben mag / der Geruch / so zuweilen daran
zu finden wäre / käme von dem weissen und gelben Sandel her / wo er etwa beygelegen hat: da
doch dieses Holtz von Natur Geruchs gnug hat: hergegen die andere zwey Sorten offt ohne Geruch
sind / wie ich selbsten erfahren / und solches vielleicht daher / wann deren Bäume gar zu alt
sind / worvon ich doch nichts gewisses sagen kan / weilen so genaue nicht Achtung darauff
gegeben hab. Zum wenigsten kan mich derjenigen Gedancken noch nicht entschlagen / daß das rothe
Sandel - Holtz nicht auch auff Timor oder auff den darum liegenden Jusulen fallen solte / ob
schon Garcias ab Orta solches negiret / indem eine Mestiça Frau / so von einem Portugiesischen
Vatter gezeuget / und einen Capitain zur Ehe gehabt / auch ziemliche Wissenschafft von den
Einländischen Gewächsen hatte / und auß diesen Quartiren gebürgit war / mich sehr starck auß
eigener Erfahrung versichert / daß der sothanige Sandel alda wachse; wie ich dann auch von
einigen Macassarischen Grosen verstanden hab / daß dieser oder der vorige König ein Stück davon
gehabt habe / so Timor außgelieffert hätte / und dorten in sehr grossem werth gehalten würde /
welches sie nicht ohne Beyfügung vieler fabulösen Erzehlungen von dessen Kräsften / und daß
dasselbe schier auff eine sehr außerordentlichen Weiß per miraculum und zwar bey Nacht / durch
ein Liecht / so der Baum von sich gegeben / entdeckt worden seye / referirten / nachdem die
Orientalische Nation diese Manier hat / daß sie denjenigen Dingen / die sie vor köstlich wollen
gehalten haben / dergleichen extraordinaire Umbstände und Kräfften beylegen. So wissen sie auch
auff dieser Küste noch von einem andern Sandel zu sagen / dessen Würde nicht mit Geld zu zahlen
seye / und den Nahmen von Sri Gandam, das ist heiligen Sandel führe / welcher mit dem Wort
Sercanda des Garcias überreinkommet / so allein von dem Timorischen Sandel - Holtz verstanden
wird; worbey [10] sie zu gleich erzehlen / daß solcher herrliche Sandel in
den vorigen Zeiten dem Kayser von Carnatica durch einen Europöer seye verehret worden: welchem
allem ich doch keinen Glauben geben kan / weilen sonsten / wann etwas daran wäre / ein
grösserer Ruff und Wesen davon gemacht würde. Daß wir aber wieder zu unserm vorigen discurs
kommen mögen / so ist auch kein gnugsames argument, daß das Caliatoers - Holtz kein Sandel -
Holtz seye / weilen es in der Medicin den Augen / absonderlich in deren Entzündung oder
Ophthalmie schädlich seye: in dem man bereits an vielen Dingen viel andere Kräfften / als ihnen
vor diesem durch einen allgemeinen consensum beygeleget worden / erfunden hat; gleichwie man
auch insgemein dafür hält / daß das Rosen - Wasser gegen die vorgemeldte Ophthalmie ehe gut als
schädlich seye / wormit ich in dergleichem Uberfall auff der Küst also übel gefahren bin / als
Mein Hochgeehrter Herr mit dem rothen Sandel oder mit dem Caliatoers - Holtz / so man es lieber
also heissen will: und glaub ich sicherlich / daß ob sie schon das vorgemeldte heilige Sandel -
Holtz dazumahlen gehabt hätten / doch ehe sich schlimmer als besser darauff befunden hätten /
indem dergleichen spirituose und wohlriechende Dinge / als Sandel / Rosen - Wasser sc. so durch
eine innerliche Bewegung und subtile exhalation der kleinen insensiblen Theilger operiren / zu
den Augen schädlich zu sein scheinen / welchen vielmehr adstringirende und außtruckende
Sachenmüssen appliciret werden / welche ich durch sichere Erfahrung an mir und andern gut
befunden hab; wie ich dann Meinem Hochgeehrten Herrn ein dergleichen Recept gegen die
Ophthalmie, darvon ich mehr dann hundert Proben von genommen / und welches von einem Heiden
auff der Küst gelernet hab / mittheilen könte / wann ich nur so viel Zeit hätte / das solches
jetzo auffsuchen könte: Bestehend auß Feil - Staub / myrobal. citrin. pompholyx cacho
&c. welches die principalste Ingredientien und der Basis darinnen sind / so viel
mich jetzo dessen erinnern kan. Endlich aber der Sach abzuhelffen / will ich eben nicht sagen /
daß auff Madagascar und auff der Seiten der Caffares kein roth Sandel - Holtz fallen solte
(welches doch noch zur Zeit den Europöern / Arabern / viel weniger den Malcyer nicht bekandt
ist) sondern dörffte es wohl glauben / wann solches Land in eben der Höhe / als die Küste von
Indien / Coromandel &c. lieget / weilen meistens hier alle Länder in India, ja
selbsten Brafilien und Mexico zum grösten Theil ihre Gewächse gemein haben / wie ich je länger
je mehr erfahre / absonderlich allhier auff Java, welche Insul ich so reich an Gewächsen achte
/ als gantz Coromandel, die Küste von Indien und Ceilon allzusammen; wiewohlen jedweder Land
eben wohl noch besondere Kräuter haben kan / so in andern Quartiren von eben solchem Climat
nirgends zu finden sind; und wer weiß ob nicht auch in Ambon oder zum wenigsten in Meines
Hochgeehrten Herrn Herbariô der rothe Sandel - Baum zu finden seye / indem ich höre / daß allda
das Eben - Holtz auch falle / worbey der rothe Sandel gern wachsenthut; weßwegen von Meinem
Hochgeehrten Herrn ein Aestgen mit Blättern von allen denjenigen Bäumen / welche ausser der
Angsaan Blut thränen / wann sie gequetsch werden / benebenst den Blumen und Früchten / wie auch
ihrem Gummi und allen ihren Nahmen möchte haben / umb zu sehen / ob ich etwa diesen riechenden
Baum darunter finden könte / welchen ich sehr wohl kenne: welche alle auch gewisse Sorten von
Drachen - Blut geben werden / so dergleichen adstringenten - Safft oder coagulum von Blut
schwitzen / wie ich zum wenigsten dafür halte und zu gleich glaube / daß in Timor, da der
weisse Sandel - Baum wächset / man auch den rothen Sandel wohl finden solle / weilen ich diese
beyde Bäume auff einem Berg habe wachseu gesehen; doch will ich dieses nicht höher / als eine
blosse Muthmassung gelten lassen. Worbey es mit dem rothen Sandel - Baum und seinem Holtz
bewenden lasse / so viel mir darvon wissend ist: welches also ohne Ordnung / wie es auß der
Feder geflossen / zu Meines Hochgeehrten Herrn Speculations-Untersuchung und zu meiner fernerer
Information (dafern sie grössere und vollkommenere Erklärung hierin geben können) hiemit
mittheilen wollen / wofür dann Meinem Hochgeehrten Herrn zum höchsten verpflichtet seyn werde.
Von dem Catsio oder Catto hab ich meine Meynung in dem bewusten Send-Schreiben an Hn. Cleyern
/ und durch deselben an Meinen Hochgeehrten Herrn communiciret und so viel erkläret / als mir
deßwegen bewust ist: wiewohlen ich sehe / daß Meinem Hochgeehrter Herrn so viel satisfaction
nicht gegeben / als Garcias ab Orta, damit sie es halten / weilen ich in Beschreibung des Baums
von demselben discrepirte; da doch auß desselben elenden Beschreibung dieser Baum von andern /
damit er übereinkominet / nicht kan unterschieben werden / auch seine description auff 2. Bäume
/ darauß das Lycium könne gebracht wetden / gerichtet ist / unter welchen einer der rechte seyn
müste / welchen er vielleicht eben so wohl gekandt hat / als einige andere / absonderlich die
Myrabolanen, die selbst bey Goa wachsen und doch so ärgerlich von ihm beschrieben / wie er auch
sonsten die meiste Indianische Kräuter mit den Europöischen sehr plumb verglichen hat / als
Mein Hochgeehrter Herr an vielen / die in seinem Herbario stehen / wird in Acht genommen haben.
Vermeine also von diesem Simplici etwas näheren Bericht / so mit Indischen Autoren und Augen -
Zeugen bestättiget ist / gegeben zu haben / als Garcias und andere Autores / so darvon
geschriebe; [11] welches doch nicht deßwegen will gesagt haben / daß ich
einige persuasion gebrauchen wolte / daß diese meine Meynung von andern auch blosser Dings
angenommen würde: sondern werde mich sehr obligirt befinden / wann Mein Hochgeehrter Herr mir
davon etwas nähern Bericht wird geben können. Und wann sie mit Grund und Bestand mich werden
taxiren oder refutiren / sollen sie befinden / daß ich so indifferent bey meinen Meynungen seye
/ daß ich dieselbige vielmehr gern werde fahren lassen und nach besserer Uberzeugung eine
andere annehmen. Mein Hochgeehrter Herr geliebe nur frey / doch ohne meine Argumenta zu hechten
/ davon zu urtheilen / so werde deroselben Motiven / so sie wichtig sind / gerne weichen: wo
aber nicht / werde mit eben solcher Freyheit dargegen antworten und meine contraria Argumenta
vorbringen dörffen. Inzwischen hoffe es werde der Hr. Cleyer Meinem Hochgeehrten Herrn in
dieser Sach wegen des Catsio ein mehreres Vergnügen geben können als ich; doch förchte / es
werde sich schwerlich zeigen / daß ein Catsio unter der Erden solte gefunden werden / welches
als Tubera wachse / wie einige Meinen Hochgeehrten Herrn haben wollen weiß machen / indem
diejenige Ballen von den Catsio, so mit Aschen und Kalck besetzet gewesen / ein Anzeig geben /
daß das rechte damit verfälschet gewesen / indem diese Sortmeistens mit Erde vermenget wird.
Ich glaub auch nicht / daß hierin Batavia Peguaner seyen / dieweilen das Comptoir, so die E.
Compagnie allda gehabt / schon von zwey oder drey Jahr auffgebrochen ist. Doch kan es wohl seyn
/ daß in kurtzein wider eine Absendung von dar anhero geschehe: Allein der Herr Cleyer ist
jetzo in Japan, daß er vielleicht alsdann nicht wird dienen können; weßwegen wir auch mit dem
Catsio so lang in Gedult stehen müssen.
Damit wir aber auch mit zwey oder drey Worten etwas von der Sementinâ melden / so sehe / daß
Mein Hochgeehrter Herr nicht viel Unterscheid machet / ob es unter die Absinthia oder Abrotana
gezehlet werden solte / da nichts destoweniger es unterschiedliche Genera sind / und ein jedes
von diesen Kräutern ihren besonder Characterem essentialem haben / welche nach meinem Bedüncken
nicht zu vermische oder zu confundiren sind / als woran / alle Verwirrung der Gewächsen zu
vermeiden / ein grosses gelegen und deßwegen heut zu Tag bey vielen / absonderlich in Europa /
ein grosses Wesen gemacht wird; wie dann der sehr berühmte Botanicus in Engeland Morison sehr
bemühet ist ein jedes Kraut oder Pflantze unter seine gewisse Class oder Haupt - Sortirung zu
reduciren / da zuvor die Essentialität eines jeden Generis oder Speciei sehr genau muß
betrachtet werden. Dieses ist mein Sentiment, und lasse Meinen Hochgeehrten Herrn auch bey dem
seinen / mit der Libertät / so ich das meinige zu behaupten gebrauche. Unterdessen ist mir sehr
frembd vorgekommen / daß der Chirurgus sich nicht entblödet hat Meinen Hochgeehrten Herrn weiß
zu machen / daß der Wurm - Saamen oder Sementina in Soeratten eine andere Gestalt / nemlich wie
Fenchel-Blätter habe / düncket mich auch / daß ich so wohl mit Versicherung von demjenigen
sprechen kan / was ich gesehen und wohl remarquiret habe / als ein Barbierer / daß mir nemblich
in Souratten und Golkonda, keine andere Art Semetinae zu Gesicht gekommen / als in Persiâ, und
allda auch keine andere als in Europa / und also aller Orten gleich / versicherend / daß so
Mein Hochgeehrter Herr ein Pröbgen darvon verschreiben wird / nicht anderst darvon urtheilen
werde / als welcher selbsten weiß / daß verschiedene Chirurgi in Indien seyen / die kaum eines
von den gemeinesten Medicamenten kennen / wie Mein Hochgeehrter Herr wohl an dem Indischen
Rabaço sehen kan / welches nicht allein solche Ignoranten von Chirurgis, sondern wohl gar
Doctores Medicinae so lange Jahr nacheinander vor Löffel-Kraut angesehen und gehalten haben /
welches doch so gemein in unserem Vatterland ist / daß es auch der geringste Bauer kennet.
Solches habe ich noch kürtzlich zu der Gundel-Reb oder Hedera Terrestris gerechnet: worinnen
dann Mein Hochgeehrter Herr / wie ich sehe / mit mir über einkommet. Viel weniger accordirt
dieses Rabaço mit dem Sium oder Laver, und wird auch von den Portugiesen in ihrem Dictionario
nicht wohl vor Cardoso außgegeben / und wird Meinein Hochgeehrten Herrn nicht unbekandt seyn /
wie grob sich die Portugiesen in Vergleichung der Europäischen Kräuter mit den Indianischen
versehen / welches unter andern Augenscheinlich an dem Pisang oder Musa, die sie vor einen
Feigen-Baum / und an den Malis Cydoneis Bengalensibus Bontii, die sie vor Quitten halten / zu
ersehen ist: zu geschweige / daß sie den Lotum vor eine Speciem unserer Aepffeln halten / quae
t0to genere ac specie differunt.
Ich hab auch in dem voracmeldtcn Briese Meines Hochgeehrten Herrn an Hn. Cleyern in Acht
genommen / daß sie noch nicht mit dem zugesendeten Reißgen von der Nuce Vomica Officinarum
vergnüget seyen / und deßwegen noch einige Früchte darvon verlangen / umb nach Befinden besser
davon zu judiciren. Wann ich den Laden inhätte / wolte ich Meinem Hochgeehrten Herrn ein gantze
partie schicken und hierzu steuren / so würden sie sicherlich erfahren / daß dieses keine
andere / als die ordinaire Krähen-Augen seyen / und gelieben sie zu glauben / daß ich sehr viel
Krähen-Augen kenne / so alle von Coromandel kommen / auch darvon gantze Büschlein voll gesehen
hab / welche alle die Gestalt haben / wie sie Meinem Hochgeehrten Herrn überschicket habe / umb
zu suppliren / was an des Hr. von Rheede Abbildung manquiret / dessen Beschreibung sonsten in
allem mit dem wahren Gewächs übereinkommet / und von meiner Figur / [12] so
viel das Wesen und Essentz anbelanget / nicht differiret / wie Mein Hochgeehrter Herr am besten
solte erkennen / wann sie ihre eigene Augen nur gebrauchen könten / welches fürwahr zu grossem
Schaden des gemeinen Wesen zu beklagen ist. Daß aber einige Meinen Hochgeehrten Herrn bereden
wollen / es seyen die gemeine nicht / mag daher kommen / daß sie in Acht genommen haben / daß
die Frucht in dem Herbario des Herrn von Rheede oben nicht so platt und wie ein
Pomerantzen-Apffel / oben und unten / wie an meiner Figur zu sehen / gestochen ist / welches
die gute Leute vor eine essentialische difformität außlegen wollen / da doch sonsten die Adern
und Form an den Blättern correspondiren. Sonsten aber muß Mein Hochgeehrter Herr von diesem
Baum noch dieses sagen / daß es eine Sort von dem Schlangen-Holtz sey / indem das Holtz auch
gantz bitter und von grossem Nutzen und Gebrauch in der Artzney ist; wiewohlen es von dem
Timorischen Schlangen-Holtz unterschieden ist / so viel ich auß den gedörreten Blättern hab
bemercken können. Unterdessen muß den Timorischen Baum nach den Adern in den Blättern auch vor
eine Art Krähen-Augen halten / und vermeine dasselbe Gewächs auff derselben Küste gesehen zu
haben. So viel ich auß den Blättern bestreiten kan / sind die Früchte davon Purpurachtig-braun
/ mit einem kleinen dicken und platten Rand versehen / an der einen Seiten hohl und an der
ander Seiten convex, von Substantz als die Krähen-Augen. Accordiret dieses nun / wie ich nicht
zweiffele / es werde Mein Hochgeehrter Herr die Früchte davon gesehen und bekommen haben / (umb
deren communication auch bitte) so ist diese Art von Schlangen-Holtz auch in der Menge auff
Coromandel zu finden. Die andere Sort von Schlangen-Holtz / deren Garcias ab Orta gedencket /
ist nur ein schlechtes Kraut oder zum höchsten nichts mehr als ein suffrutex, welchen auch hier
im Wald gefunden hab / wiewohlen die Beschreibung davon so gleich nicht finden kan / welche
doch künfftig Meinem Hochgeehrten Herrn überschicken will. Solte Mein Hochgeehrter Herr auch
noch ein mehreres belieben und fordern / und es in meinem Vermögen ist / so werde auch solches
beybringen / woran Dieselbe nicht zweifflen wollen und hoffe ich alsdann noch eine Prob von
einer andern Art Krähen-Augen mitzusenden / die etwas kleiner als die gemeine / darzu auch
braun oder schwartzlicht sind / welche ich mir in Golkonda zu wegen gebracht habe / und so viel
mir bewust ist / noch von Niemanden beschrieben worden: Sind nach der innländischen Sprach
unter dem Nahmen der schwartzen Krähen-Augen bekandt.
Die auffgetrucknete und eingelegte Kräuter / welche Mein Hochgeehrter Herr an den Hr. Cleyer
überschicket hat / habe ich mit dessen permission auch zu sehen bekommen und befunden / daß das
mit A. bezeichnete Marrubium album odoratum Indicum, so ich auff der Küste und allhier viel
gesehen und den Moluccischen Insul nicht alleine eigen ist / gleichwie Mein Hochgeehrter Herr
quoad genus auch mit mir übereinkommet.
B.
Scheinet mir das Ocymum Caryophillatum nigrum zu seyn / welches in Europa domesticum, und in
Indien sylvestre ist / und differirt Meines Hochgeehrten Herrn genus auch von dem meinigen gar
nicht.
C.
Dünckt mich unter das Trichomanes zugehören / so viel ich auß dem dürren Kraut abnehmen kan /
welches Meines Hochgeehrten Herr Filix calamaria ist.
D.
Hab ich allhier sehr viel im Wald angetroffen / so viel ich auß dem überschickten abmercken
kan / hab es auch abgezeichnet / hat ein folium trinervium, capreolos und Dornen / von den
Javanen Tsjanar benahmset / und kommet mit der rechten Sarsaparilla, die ich zu Leyden im Hortô
Academicô gesehen hab / sehr wenig oder gar nicht überein / auch nicht wohl mit der Radix
China, deren Blätter mir auß Chinâ geschicket worden sind: auß welchen urtheilen muß / daß die
Chinesische Radix ein Species der Oebi Hoetanas sey / wie der Blätter Gestalt / so lang und
oval sind / wie auch die Nerven anzuzeigen scheinen.
E.
Ist hier auch gnug / dessen Blätter die Mesticas Folgas Cheirosas, das ist: wohlriechende
Blätter nennen / wormit sie sich waschen. Ob aber dieses Gewächs Blumen oder einige Frucht
trage / habe nicht erfahren können; wie dann auch nicht weiß / warumb Mein Hochgeehrter Herr
dieses vor eine Melissam hält / und woher die Benahmung solches Krauts zu nehmen / welches bey
den Maleyern Davven dilam genennet wird.
Dieses wäre dann / so viel ich auff die von Meinem Hochgeehrten Herrn mir communicirte
Puncten / vor mein Antheil / zu antworten gehabt habe / welches fast weitläufftiger gefallen /
als mir Anfangs vorgestellet hatte. Solte ich Meinem Hochgeehrten Herrn noch in anderen Dingen
dienen können / werde nicht manquiren so viel beyzutragen / was in meinem geringen Vermögen
seyn wird. Könte ich einen Catalogum derjenigen Gewächsen / so bey Meinem Hochgeehrten Herrn zu
finden sind / haben / so wolte zusehen / ob noch etwas zu augmentation dessen Wercks kommen
könte. Absonderlich möchte wissen / [13] was vor Pflantzen von denjenigen /
die der Herr von Rheede in seinem ersten und andern Theil des Horti Malabarici gemeldet hat /
allda zu finden seyen / in specie, wie viel Sorten von den Pandans oder Caldeiras, welche Sort
Blumen oder Früchte trage? Item: welche Dorne an den Blättern habe? cum specificatione omnium
congenerum & assignatione differentiae specificae unius cujusque &c.
Wormit nechst hertzlichem Gruß und Anwünschung alles / was desiderabel ist / verbleibe
Meines Hochgeehrten Herrn
Dienftwilliger Freund und Diener
Batav. Nov. de 20. Maij. 1683.
HERBERT de JAGER.
P. S.
Weilen noch etwas Zeit und Raum übrig ist / so hab meine Krahm noch etwas vermehren wollen
und schicke also noch ein klein Stücklein Sandel-Holtz / welches in der Apotheck zu Golkonda
gekaufft habe / nebst ein wenig Sementina auß Persien. Item: Die schwartze Krähen-Augen. Item:
Das obgemeldte Schlangen-Holtz und was bey dem Bauhino Clematitis Indica foliis Persicae,
fructu periclymeni, genennet / die dorten / wie ich glaube / auch wird zu finden seyn. So
kommen auch einige wilde Nägelein / umb zu sehen / ob solche vom Coelit Lávvan oder von einer
Art Nägel-Bäume kommen? benebenst einem Stück gen Sanguinis Draconis, so in Golkonda bekommen
hab. Wormit dann meinem obigen Versprechen auch ein Genüge gethan zu haben vermeine / und
erwarte nebst widerhohltem Gruß über alles Meines Hochgeehrten Herrns fernere information,
benebenst einem Pröbgen von den Cucculis Indis oder Coco de Levante, Fagara &c.
III.
Herrn HERBERT de JAGER
Send-Brief / An Herrn Georg Eberhard Rumphium.
Mein Herr RUMPHI!
NAchdem ich schon einige Zeit vorher einen Brief an Meinen Hochgeehrten Herrn zu Papier
gebracht / und mit diesem Schiff / welches nun über Ternaten abgehet / bestellen lassen / so
ist mir Mein Hochgeehrter Herr zuvor kommen / indem ich inzwischen mit der Jacht auß Amboina,
wieder alles Vermuthen / mit einem sehr wehrten Schreiben von Meinem Hochgeehrten Herrn
bewürdiget worden / so auff eben denselben Tag / da meines abgieng / nemblich den 20. Maji
dieses Jahrs / geschrieben ist. Was nun dabey gefüget war / hat Mons. Boudens wohl
überlieffert; weßwegen dann Meinem Hochgeehrten Herrn vor die liberale Mittheilung des Tuberis
Regii und aller Arten Nägelein (welche ich alle vor sehr rare und curiose Stücke halte) sehr
grossen Danck sage und je grösser die Ungemeinheit dieser mir communicirten Dingen ist / je
höher mich verbunden halte solches wieder zu erwiedern: wie ich dann die Ehr von deren
obligeanten Briefe auch vor ein besonder Gutthat halte / zumahlen Sie darinnen sich sehr
geneiget bezeugen / auch künfftig-hin eine schrifftliche Correspondentz über das Studium
Botanicum unter uns zu unterhalten / welches mir so werth und angenehm ist / daß ich alle
Mittel an die Hand schaffen werde / umb Meinen Hochgeehrten Herrn nach äusserstem Vermögen in
allem zu contentiren / gleichwie auch schon in meinem vorigen verspro [14] chen hab. Gleich Anfangs aber bitte Meinen Hochgeehrten Herrn / daß die freye Art zu
schreiben / die allda gebrauchet habe / bey Denenselben nicht anstossen möge / wormit künfftig
gern inhalten werde / so ich mercken solte / daß sie Meinem Hochgeehrten Herrn mißfallen
dörffe. Ich hab mir einmahl eingebildet / daß Mein Hochgeehrter Herr dieser Resolution auch
wäre / indem ich aus dessen Briefen an die bewußte Herrn und Freunde ersehen / daß sie allda
auch frey und rund herauß gegangen / wann eine Meynung zu taxiren war. Indessen will mich gern
darnach richten / wann ich erfahren und verstehen werde / wie solches von Meinem Hochgeehrten
Herrn werde auffgenommen seyn / mit Vorbehalt einer freyen Meynung in debatt von deren Opinion,
benebenst denen Gründen / so ich hierzu dienlich erachten werde / dafern ich vou Meinem
Hochgeehrten Herrn discrepiren solte; wie ich dann bitte / daß Mein Hochgeehrter Herr sich auch
solcher Freyheit gegen mich gebrauchen wolle / welches mir gantz nicht mißfällig seyn wird /
wie in meinem vorigen schon außgedrucket habe / worbey es dann jetzo bewenden soll.
Was nun die Regulen anlanget / wornach sich / wie ich spühre / Mein Hochgeehrter Herr in
seinem gelährten Werck geachtet hat / nemblichen die wenige Berichte / die ich durch andere
Freunde habe beytragen lassen / unter des Authoris, so es communiciret / Benennung anzuführen /
dafür befinde mich zum höchsten verpflichtet und versichere / daß ich nicht allein alles
daßjenige / worvon einige Prob genommen und daß es zu Meines Hochgeehrten Herrn Dienste sein
solte / wissen soll / alles / ohne etwas zurück zubehalten / offenhertzig beytragen / auch
daßjenige / was sie mir vergönnen werden unter dero berühmten Nahme treulich und auffrichtig
rühmen werde; und kan sich also Mein Hochgeehrter Herr alles dessen / was von mir herrühret und
zu dero Nutz oder Betrachtung dienet / frey / ohne einiges Bedencken zueignen / wie ingleichem
schon in meinem vorigen Brief erwehnet habe.
Die Ursach / warumb ich die Sementinam vor ein Abrotanum und nicht vor ein Absinthium halte /
fundiret sich auff die Form und Gestalt dieses Krauts / welches ich so manchmahl gesehen hab /
so mich auch beweget hat / das Arabische Wort Sjehh oder Seheha, wie es Rauvv???lfius
außgedrucket hat / lieber durch das Abrotanum außzulegen / als durch Absinthium vulgare oder
durch Absinthium Seriphium, weilen / wie gesagt / ein mercklicher Unterscheid an der Form nicht
allein da ist / sondern ich auch in Persien und in Golkonda erfahren hab / daß die beyde Sorten
von dem Absinthio, in denen Apothecken / nicht den Nahmen Sehehh oder Seheha, sondern den
Nahmen Assintien, welches von dem Griechischen gezwungen ist / führen / und
also zu Kauff sind. Wie dann Avicenna denselselben auch so nennet; und ist das Absinthium
Seriphium bey denselben meistens gebräuchlich / welches man auch allein dorten in denen
Apothecken findet.
Von dem Catsio und der Palmeira Brava hab auch schon in meinen vorigen Briefen Meldung gethan
/ und was des letzten Nomenclatur betrifft / so viel Eröffnung gegeben / als Mein Hochgeehrter
Herr durch Monsieur de Vicq verlanget hat. Weßwegen jetzo nur noch wegen des Telingasischen
Nahmens Tati-thittoe welcher in dem bewusten Tractätgen auch gesetzet wird / oder Tati-manoe
nur noch dieses errinnere / daß das Wort Tsittoe oder manoe in dieser Sprache eigentlich einen
Baum bedeute / und ist das Wort Tati ein genitivus von Tadoe, wormit diese Palmeira eigentlich
in dieser Sprach benahmset wird; worbey auch dieses noch zu wissen ist / daß die 3. Puncten als
so unter dem d oder t stehen / allein zu diesem End von mir dabey gesetzet worden / damit
dadurch angezeiget werde / daß die beyde Buchstaben auff eine lispende Art mit Anschlagung der
Spitz von der Zunge müsse außgesprochen werden.
Von dem Campher oder lieber Kafoer Baros ???ab einige wenige Blätter von der West-Küst
bekommen / worvon die Helfft zu Meines Hochgeehrten Herrn Speculation und besserer Entscheidung
hiermit eingeschlossen kommen / damit derselbe aus der Gestalt der Blätter den Baum desto eher
erkennen möge / welcher sich sonsten auch durch den Geruch der Blätter selbsten offenbahret /
wann man dieselbige nur ein wenig zerreibet / absonderlich wann sie noch frisch sind. Sie haben
darbeneben auch einige Blätter und ein Aestgen von dem Japanischen Campher-Baum / so von dar
überbracht und in des Edlen Herrn Outschoorn, eines Raths von Indien / Garten gepflantzet ist
und mit dem Stamm und Aesten ohngefehr 2. Männer hoch ist / zu empfangen. Von diesem Baum werde
eine Beschreibung auffsetzen / so balden Er die Blum und Früchte tragen wird / dafern ich das
Leben haben und allhier auff Batavien bleiben werde / welche alsdann Meinem Hochgeehrten Herrn
auch zusenden will.
Von dem Benzoin-Baum bekommt Mein Hochgeehrter Herr auch ein Blat / so gut und schlecht ich
es bekommen hab / und hab nur noch eines davon behalten / welches nicht besser als dieses ist.
Ingleichem wird man dabey auch ein Nüßgen von demselben Baum finden / von welchen auch nur
eines behalten / so außwendig noch mit einer Rinde / beynah wie die Acker-Nüß / umbgeben ist /
und hab ich verstanden / daß die Blume weiß seye / welches ich zu guter Anleitung in fernerer
Auffsuchung dieses Baumes zugleich gedencken wollen.
Nicht weniger theile Meinem Hochgeehrten Herrn auch einige Thee-Früchten mit / wel [15] che mir ein bekandter Jesuit / P. Couplet verehret hat / und zwar
auch hiemit die Curiosität zu vergnügen / dafern man in dero Raritäten-Cabinet noch nicht damit
versehen wäre.
Aus meinen vorigen Briefen kan Mein Hochgeehrter Herr schon ersehen / daß ich Dieselbe sehr
gern excusiret halte / auch allzeit halten werde / wann Sie das so herrliche und vortreffliche
Werck zu beschleunigen / meinem Begehren nicht so gleich ein Genügen leisten können / worauff
nur nicht zu regardiren bitte / wann es nicht ohne viel Zeit-Verliehrung geschehen kan.
Indessen contentiret mich sehr / daß Sie mir nach Gelegenheit mit einigen Beschreibungen und
Antworten zu dienen erbötig sind / welches alles zu dero Belieben und Gutachten stelle / der
ich zum höchsten beklage / daß Meines Hochgeehrten Herrn Leibes-Constitution nicht fester ist /
welche doch / wie ich hoffe und wünsche / so lang wohl dauren wird / daß das so berümbte Werck
zu seiner perfection kommen möge / durch dessen Hinterbleibung das gemeine Beste gar zu viel
verliehren solte / und wäre der Schade von so vielen seltzamen und ungemeinen Dingen / welche
Mein Hochgeehrter Herr erfunden hat / nicht wohl zu repariren; weßwegen Mein Hochgeehrter Herr
sehr wohl thäte / wann Sie solches / ohne sich von etwas distrahiren zu lassen / so sehr
beschleunigten / als es überall verlanget wird.
Laut vorgezeigter permission, so Mein Hochgeehrter Herr dem Kauffmann Herr de Vicq, meinem
Special-guten Freund / gegeben / haben sie sich auch nicht schwürig erzeiget mir die
Beschreibungen von dem Mußcaten-Nußbaum / wie auch des Sagu-Baumes zuvergönnen / wofür ich
obligirt bin. Ich riethe aber / daß Mein Hochgeehrter Herr wegen des letzteren sich etwas
weitläufftiger explicire / absonderlich was die Nutzbarkeiten / alle Sorten der Speisen / so
daraus gemacht werden und andere dergleichen historialia anlanget / welches die Liebhaber in
Europa sehr contentiren würde / und solches destomehr / wann alles mit dessen Figuren gezieret
und erläutert würde / welche Meinem Hochgeehrten Herrn nicht fehlen werden. Die Art des
Sagu-Baumes ohne Dörner / dessen Mein Hochgeehrter Herr gedencket / hab ich auff Bantam auch
gesehen / und wie ich bericht bin worden / so wird dieser Baum dorten auch in den Gebürgen
gezogen und zu Deckung der Häusser gebrauchet.
Sonsten hat mir gemeldter Herr de Vicq weiter nichts mehr eröffnet / der ich durch
communication Meines Hochgeehrten Herrn künfftig ein mehrers haben werde.
Was die Beschreibung des Nägel- und Mußcaten-Baumes / so durch Herrn Boudens soll
auffgesetzet seyn / anlanget / davon habe noch nichts zu sehen bekommen / und scheinet / daß Er
damit hinter dem Berg halte / weßwegen auch nichts davon sagen kan.
Vor die Verehrung der Königs-Nägelein / welche Mons. Boudens benebenst der tuberum fungosorum
oder fungo tuberum mir sicher überbracht hat / sage Meinem Hochgeehrten Herrn schuldigsten
danck und zwar nach der Würde solcher rarität / die zu Meines Hochgeeheten Herrn Gedächtnus
auffheben / auch abreissen werde / sobald die Gelegenheit mir einen guten Mahler gönnen wird /
der alles sehr klar und kennlich weiß abzureissen; dergleichen Menschen vor etlichen Jahren in
meinen Diensten gehabt habe / welchen doch wegen seiner brutalen Trunckenheit nicht wohl dulten
konte / weßwegen Er nun schon vor einem Jahr wieder in das Vatterland gereisset ist: daß ich
also dißmahlen eben so wohl / als Mein Hochgeehrter Herr damit nicht versehen bin; wiewohlen
ich höre / daß derselbe mit dieser Gelegenheit wieder einen bekommen werde / da sie dann mit
der Abbildung der noch restirenden Kräuter unverhindert fortfahren können.
Die 3. Sorten der Königs-Nägelein hab ich einem bekandten Majoeda, einem von den
Ternatanischen Großen / allhier gezeiget / welcher mich versicherte / daß diese 3. Species an
einem Baum wachsen sollen / in dem sie sich nach dem Alterthum von Zeit zu Zeit veränderten /
da dann der Ambonische Baum auch zuletzt rechte Propff-Reißger / ja auch endlich die Nägelein
von der Mandarsjasischen Figur / so die Vollkommenste von allen ist / hervorbrächte: darbey
fügend / daß ein Vogel die Ambonische Nägelein solle gepflantzet haben / welche endlich durch
die Verwechselung in die rechte könten verwandelt werden.
Von dem rothen Sandel hab ich in meinem vorigen auch einen grossen und breyten Discurs
angestellet / darinnen auff alles daßjenige / was Mein Hochgeehrter Herr von mir begehret / so
viel Oeffnung gegeben / als mir möglich gewesen / auch meine wenige Erfahrung mit sich bringt /
sambt Beyfügung eines kleinen Stückleins von dem Holtz / welches zu Golkonda in der Apothecken
bekommen hab; weßwegen mich auf gedachten meinen vorigen Brief der Kürtze wegen referire,
ausser daß hier en passant noch erinnern muß / wie mich sehr wundere / daß Mein Hochgeehrter
Herr in seinem Schreiben beliebe vest zustellen / daß die alte Araber das rothe Sandelholtz von
der Africanischen Ost-Küste und denen darumb liegenden Insulen / absonderlich Madagascar
geholet hätten / da doch die Arabische und Persische Scribenten / so von den Simplicibus
handeln und mir zu Gesicht gekommen sind / alle einmüthig bekennen / daß der rothe Sandel auß
Indien in Arabien gebracht werde. Was aber die kühlende qualität dieses Holtzes anlanget / so
kan dieselbige so groß nicht seyn / als sie angerühmet wird / [16] wie Fr.
Redi, ein berühmter Experimentalist des Groß-Hertzogs zu Toscana, noch kürtzlich in einem
sichern Tractätgen von vielen Simplicien / die auß Indien kommen und einen grossen Nahmen wegen
der Krafft haben / gezeiget hat / welches ich in einem von den jüngsten Journaux de Sçavans
angemercket habe; wie mir dann auch dasjenige / welches von einem Stück roth Sandel / so der
König von Macassar hat oder haben solle / und wie in meinem vorigen Brief gemeldet / auff der
Insul Timor fallen soll / gesaget wird / sehr fabelhafftig vorkommet / daß es nemblich / wann
man solches in einen Topff voll siedend-heiß Wasser / so eben von dem Feuer komme / werffe /
dasselbe in einem Augenblick zu seinem natürlichen Walle oder Sud gebracht werde / und daß man
verschiedene Proben davon genommen habe. Dergleichen wunderbahre Kräfften / so grossen Ruff und
Geschrey man auch davon machet / finden bey mir zum wenigsten so leicht keinen ingress, solang
ich den sichtbahren Effect nicht sehe oder eine unzweiffelbahre Nachricht davon habe.
Vielleicht dörffte auß meinen Adversariis eine Beschreibung davon auffsetzen / wobey auch der
Abriß eines Aestleins kommen soll / so beyde an Meinen Hochgeehrten Herrn senden werde / sobald
ich auß dessen Antwort / auff meine vorige Bitte / den Bericht wegen allen Bäumen / die ein
Drachenblut geben / empfangen werde; zumahlen jetzo solches mir unmüglich fället / indem
gegenwertig meine Hände voll zuthun habe / den entworffenen Contract zwischen der Compagnie und
dem König von Bantam und Ternaten zu vertiren / welches ein operos und langweilig Werck ist /
so grosse Meditation und Kopffbrechen erfordert / umb alles / nach dem Lauff der Malayischen
Sprache / in eine fliessende und mit dem Holländischen gleichlautende oder gleichgeltende
Redens-Art zustellen. So bin ich auch gesinnet noch einige Zweiglein von dem rothen
Sandel-Holtz auß Coromandel zuverschreiben / deren Mein Hochgeehrter Herr auch theilhafftig
machen will / sobald deren nur mächtig seyn werde.
Der Nahme des Calami Aromatici, so eigentlich ein wohlriechendes Ried bedeutet / zeiget von
sich selbsten gnugsam an / daß der Diringo, so ein rechter Acorus ist / davor nicht könne
gehalten werden / indem der Acorus keine oder sehr wenige Gleichheit und übereinkommen mit
einem Ried hat; wie dann der auffrichtige Calamus Aromaticus in dem Arabischen bey dem Avicenna
und andern Kasab Ezzarirah, das ist / arundo aromatica, und der Acorus bey demselben Wadzj oder
nach der Frantzosen Außsprach Wagj, das von dem Indianischen Wedzj herrühret / genennet wird;
und ist Garcias ab Orta allein Ursacher daran / daß man den Acorum vor den Calamum Aromaticum
angesehen hat / wie seine Nahmen zeigen / die alle dem Acoro eigen sind / außgenommen daß der
Arabische Nahme Cassab Eldarira unter den andern allen allein auff den Calamum Aromaticum auch
passe; zugeschweigen / daß Er den rechten Arabischen Nahmen des Acori gar außlässet / umb
seiner Meynung etwa eine Farb zugeben und andere dadurch zuverwirren. Ich an meinem wenigen Ort
habe in Persien, Soeratten und Golkonda in denen Apothecken unter dem Nahmen Hasab Ezzarirah
überall einerley Specerey angetroffen / nemblich eine Wurtzel mit einem stück Stengel / worauß
man klar gnug sehen kan / daß es ein Ried und also der recht-veritable calamus aromaticus seye
/ welches dasjenige Gewächs ist / so Paludanus an Clusium gesendet hat und in den Anmerckungen
über Garz. ab Orta und pag. 201. Exoticorum abgemahlet stehet. Ich möchte gern Meinem
Hochgeehrten Herrn ein Mustergen davon zukommen lassen / wann meines nicht verlohren oder
verleget wäre. Indessen bin ich Sinnes ein Stück davon von Suratto kommen zulassen / und
alsdann Meinem Hochgeehrten Herrn auch was mit zu theilen. Sonsten habe die lebendige Pflantze
niemahl weder grün / noch mit allen ihren Theilen zu Gesicht bringen können / weilen dieselbe
auff dem berühmten Berg Gato, tieff in Hindostan wächset / da meine Reisse nicht hingangen ist.
Es wird aber diese Pflantze in der Hindostanischen und Decanischen Sprach Tsjirajakahh oder
tsjirajekah, und im Canarynischen Tsjiraat, auff Sanskriets oder Braminisch / wie auch auff der
Küste Coromandel Tsjilasaram geheissen / und ist dieselbe in denen zwey ersten Theilen des
Horti Malabaric??? (welche nur allein gesehen und gelesen hab) nicht zu finden; wie dann auch
die Beschreibung und der Abriß von der Cassab Eldarira, das ist / des Calami Aromatici, welche
Veslingius in seinen Anmerckungen über den Prosp. Alpinum de Plantis AEgyptiacis pag. 63. auß
den Exoticis besagten Alpini unter Augen geleget hat / auch wenig mit einem Ried übereinkommet
/ daß also dieselbige Pflantze nicht vor den rechten Calamum Aromaticum halten kan / es müste
dann die schlechte Sorte seyn / deren ein Persianischer Scribent / welcher von den Simplicien
gute Nachricht hat / gedencket / dessen Worte / nach meiner Ubersetzung also lauten: das Hasab
Ezzarirah, das ist das Aromatische Ried / ist ein feines Ried / so dick ohngefehr / als ein
Schreib-Ried oder wohl zarter; dasselbige ist zweyerley / die eine Species ist anzusehen / wie
das Sesamum Kraut oder Stengel / doch kurtz / ohngefehr einer Spannenlang oder ein wenig höher:
Die andere Sort ist glatt / und eben / und länger als eine Ehle / am Geschmack bitter und [17] scharff / einer grauen und bräunlichten Farb / und scheinet inwendig /
wen̅ man sie zerbricht / wie eine Spinnweb; welche Species von den Bergen Kiloeb
und aus den Quartieren von Indien gebracht wird / und Berkinah genennet wird / so die beste und
vornehmste ist. Die andere Sort / welche dem Sesami-Kraut, gleichet / träget auf den Enden der
Zweiglein einen Saamen / wie eine Kicher-Erbse / so in einem Folliculo oder Bälglein sitzet:
aber dieselbe hat keine Schärffe noch Bitterkeit an sich / und kom̅t auch aus
Indien, ist aber so gut nicht / wie die andere sc. Hievon ist mir allein die rechte usuale, die
andere aber niemahlen zu Gesicht kommen; und kom̅t also der kleine und glatte
Saame / den Alpinus seinem Kraut beyleget / gar nicht mit einer Erbsen überein / welche der
Persianer des rechten oder veritablen Saamen vergleichet; anderer Ungleichheit zu geschweige /
so man daran wahrnehmen kan. Damit man aber eine bessere Erkantnuß dieses Gewächses überkom̅en möge / so wil ich nach Suratto schreiben / und bey Gelegenheit allen Fleiß
anwenden / daß ich beyde Species mit allen ihren Theilen außspüren möge; und wannich derselben
werde theilhafftig seyn / wil M. H. H. eine gewisse Beschreibung und Abbildung davon
zuschicken.
Ingleichen werde mich umb ein vollkommenes Pfläntzgen der Spica Nardi umbthun / welches mir
auch nicht bey der Hand wächset / auch deßwegen niemahlen zu Gesichte gekom̅en
ist; Wiewol Bontius vorgiebt / daß es auf Java zu finden sey. Ich glaube aber es stehe darin̅en eben so vest als mit dem Schoenantho, dafür er das Sirè oder Gramen melissae
odorum hält; wie ich dann befinde / daß viele der Unserigen eben den Glauben haben / aber gantz
ohne Grund / indem mir in Persien das rechte und auffrichtige Schoenanthum sehr bekant worden /
absonderlich auf der Küste Choromandel, wo ich gantze Felder durchreiset habe / die mit diesem
Graß / welches mit seinem Stengel ohngefehr drithalb biß drey Fuß hoch ist / gantz angefüllet
waren / dessen Geruch von weiten zu spüren / absonderlich bey der Nacht / wann es thanet / oder
bey Tag wann es regenhafftes Wetter ist / weilen man bey Sonnenschein und hellem Wetter keinen
sonderlichen Geruch spüren kan. In Golkonda brauchen sie dieses Schoenanthum, wann es zuvor zu
Pulver gestossen / ihre Hände damit zu waschen / wegen des lieblichen Geruchs / welchen das
Wasser davon annim̅t; wiewohln solcher nicht länger währet / als biß sie trucken
werden; indessen nimmt das Pulver auch / wegen seiner truckenen Natur / die Fettigkeit von den
Händen.
Es ist wol Jammer und Schad / daß an dem sehr köstlichen und herrlichen Werck des Herrn van
Rheede kein guter Botanicus geholffen hat / es solte sonsten aus gantz andern Augen sehen:
indem der Pater Matthaeus, welcher den ersten Grund davon geleget hat / im geringsten kein
Botanicus ist / wie ich ihn dann in Persien gekant habe. So hat auch D. Casearius niemahlen in
Europa einige Profession von diesem Studio gemacht / zu geschweigen / daß / wie es mir
vorkommet / das gantze Werck allzusehr praecipitiret und übereilet worden / einige Figuren
neben außweichn / auch die historialien von den Kräutern einmahl außgeschlossen / auf ein
andermahl aber nur mit sehr wenigen berühret worden. Sonsten sind die meisten Risse sehr
accurat, auch die Beschreibung darvon complet genug / daß sie auch alle Theiliger auf das
kläreste außlegen. Weßwegen dann dieses herrliche Werck sehr hoch halte / und ist die gantze
gelahrte Welt / dem edlen Herrn von Rheede, vor solche genommene Müye / sehr verbunden. Doch
muß ich auch bekennen / daß unter seinem Nahmen viele notable Gewächse verborgen sind / welche
man schon unter andern Rahmen / die unter den unserigen gehöret / oder in den Authoribus
gelesen habe / wohl kennet; weßwegen dann einem Botanico noch einige Mühe übrig bleibet / alles
aus der Finsternuß an den Tag zu legen / und alles unterscheiden zu können; welches einem der
den Augenschein und rechte Erkantnuß der inländischen Kräuter genommen hat / nicht schwer
fallen dörffte / worinnen mein Hochgeehrter Herr bestens geübt und erfahren ist: und darff ich
mir wohl einbilden / daß in einigen Benennungen noch viel zu critisiren finden wolte. Allein es
ist zu hoffen / daß der erfahrne Botanicus Paulus Hermanni, welcher nun das munus Professorium
auf der Univesität zu Leiden mit grossem Ruhm bekleidet / und die Malabarische Länder selbsten
bettelten hat / dasjenige / was an des Herrn van Rheede Wercken noch desideriret wird / zu
eines jeden Vergnügen suppliren werde. Der dritte Theil von gemeldtem Horto Malabarico ist
schonlang unter der Presse gewesen / und hoffe ich / er werde nun völlig heraus gekommen seyn /
wiewohl hier noch nichts davon vernommen habe. Die meiste Kräuter aber / so im ersten und
zweyten Theil begriffen sind / habe ich hier auf Java auch angetroffen / und solte man
deroselben auf dieser Insul noch wodl mehr finden / wann ich Zeit und Weil hätte von diesem
Studio allein Profession zu machen / auch einen oder mehr Javanen bey der Hand hätte / welche
mir alles aus dem Wald herben brächten / wozu diese Leute / es geschehe dann durch eine höhere
Authorität / nicht wohl zu bringen sind / ob man ihnen schon / wie ich offt versuchet habe /
einen ehrlichen Lohn anbietet: Zumahlen die Umbschweiffung der Tieger-Thiere hierinnen auch ein
grosses Hinternuß giebet / daß man die Wälder und Felder / die länge und die quer nicht
durchkrichen kan; weßwegen noch im Zweiffel bleibet / ob und welche von denen anderswo benamten
Kräutern aus dem 1. und 2. Tom. alhier noch zu finden seyn / als nemlich Aroatu, Marotti,
Mail-ansclu, Cumelu, Canschu, Curatu-pala, Coda [18] ga-pala,
Tinda-parua, Appel, Schageri-Cottam, Panel, Nedum-Schetti, Schemnam-Cottàm, Modera-canni,
Peragù und Cadi-avanacù, die ich hier noch nicht gesehen / noch daß sie hier wachsen, solten /
gehöret habe / woran ich doch nicht zweiffele / indem ich Java so reich von Gewächsen erfahren
/ daß man solche alle wohl auffsuchen könte; gleichwie ich auch einige Figuren derjenigen Bäume
und Sträuchen / deren der Herr van Rheede gedacht / sambt dem inländischen und Maleiischen
Nahmen zeigen kan / wovon auch M. H. Herr einen Schlüssel gemacht hat / so viel ich aus deren
sehr werth-geschätzten Brief ersehen habe.
Aus eben demselben höchst-angenehmen Schreiben habe auch mit Vergnügen ersehen / daß M. H.
Herr das so genante Ubi Radzia vor ein Tuber, und die überirdische Außwachsung darvon vor einen
fungum halte / wie ich alles in meinem vorigen Brief davor auch augesehen habe / daß wir also
beyde in genere & specie dieses Gewächses einig sind; wiewohlen das Wort Ubi in
diesen Quartieren von Java, Malayen &c. so weit nicht extendiret wird / daß
dasselbe diesem Tuberi auch zugeeignet würde / welcher nach Bericht hiesiger Einwohner / in
diesen Landen auch wachsen soll / und haben mir die Javanen diese Sort dzjamur taxis genennet /
ohne Zweiffel in Ansehen des Trichter-Förmigen Schwammes / welcher einem Taxis, das ist /
Calapas gleich siehet / indem einige Feuchtigkeiten dadurch gläntzen / welche von der
Schwerigkeit der Nässe / in eine außgespitzte conische Höhle / deren Spitze unten stehet /
außgedehnet wird. Sonsten aber haben die Maleyers allhier diesem Gewächs den Nahmen Tsiandawam
Karang, das ist / Stein-Fungus gegeben / (dahero solcher im Lateinischen auch Fungus lapideus
infundibuliformis könte heissen) und solches zwar entweder wegen der Stein-fornigen Knollen /
oder weiln dasselbige zwischen den Stein-Ritzen unten an den Füssen der Bäume seinen Wachßthum
hat / und ist mir ein Bandanischer Meister vorkom̅en / welcher dieselbe in seiner
Sprach Koelat rararu, d. i. einen tieffen oder hohlen Schwam̅ / nennte / und
versicherte / daß man dergleichen an alten abgelebten Bäumen finden würde / und hielte sie vor
ein besonder Medicament; So wissen auch die Baliers und Javanen allhier noch von einem sichern
Fungo-Tuber zu sagen / welcher dzjamor radzia oder dzjamor Aorsi, d. i. Königs-Schwam̅e / genennet wird / und ein weisser fungus in forma coni sey / so oben einen Topff
wie eine Feuer-Glocke oder Quitten-Apffel trage / auch so weit seye wie ein gemeines Schild:
welcher vor ein grosse delicatesse gehalten / und sowohl in deren Absicht / als auch wegen
seiner Grösse vor ein Königlich Geschlecht unter allen Schwämmen gehalten wird / wovon etwa
weitläufftiger handlen werde / sobald solchen mit eigenen Augen werde gesehen haben. Inzwischen
bedancke mich zum allerhöchsten nicht allein wegen der zugesandeten Tuberum fungosorum oder
Fungo-Tuberum, sondern auch wegen des mitgetheilten Berichts / welchen M. H. H. seinem
werthgeschätzten Sendschreiben einverleibet hat; werde es mit den einzeln Knollen eimnahl
probiren / und wie berichtet worden / in die Erde setzen / umb zu sehen / ob solche alhier
dergleichen Trichter-förmige fungos ausstossen werden / wovon den Erfolg zu seiner Zeitmeinem
hochgeehrten Herrn nicht verschweigen werde.
Unterdessen solte ich dafür halten / daß zwischen den schlechten und Frucht-tragenden
Erd-Knollen und den knollichten Wurtzeln / so Stengel / Rancken / Blätter sc. tragen / (inter
terrae tubera simplicia, aut terrae tubera frugifera, & inter radices tuberosas)
ein grosser Unterscheid zu machen sey / auch deßwegen das Tuber Regium, oder M. H. H. so
benahmte Ubi radzia, so eigentlich ein Tuber frugiferum ist / von der radice Chinae, so eine
gantz andere Art oder genus hat / sehr differire / dessen Wurtzel in der hoch-Sinesischen
Sprach Hok-lin, und in der Mandorinischen Sprach Folim heisset / wovon die Chineser in ihren
Herbariis und andern von denen Simplicibus handlenden Büchern zwey Species setzen / nemlich die
rothe oder Tu-fo-lim, und die weisse oder Pe-fo-lim, welche letztere vor ungleich besser / als
die rothe geschähet wird / auch deßwegen theurer ist. Ich hatte vor diesem durch Vermittelung
des Herrn Theodori Sas, Diener des Göttlichen Worts allhier / (so den freyen Künsten sehr
günstig / auch ein curieuser Mann ist / und die Correspondenz auf Maca unterhält) dieses
Gewächß beschreiben lassen / welches endlich auch so weil bekommen hab / daß nicht allein ein
Stück von der Rancke oder Zweig / mit einer groben Abbildung oder kurtzen Beschreibung /
sondern auch das lebendige Kraut selbsten in einem Topff anhero überbracht worden / welches
gedachter Herr-Pfarrherr dem Herrn Cleyer übergeben / da hergegen mir die Rancke, so länger als
ein Faden war / zu theil worden / welchen doch nichts geachtet habe / weilen ich vermeyne / daß
/ weilen wir nun das Kraut hier grünend hätten / ich zu allen Zeiten frische Blätter und Zweige
daran haben könte: Allein ich hab mir die Rechnung sehr übel gestellt / indem kurtz hernach /
wieder alles Vernuthen / nacher Bantam commandiret wurde / auch die Abreise des Hn. Cleyers
bald hernach folgete / da immittelst dieses Kraut abgegangen / ehe es zur perfection gekom̅en / wie ich bey meiner Wiederkehr mit gröstem Unmuth erfahren habe: wodurch mir
dann nicht allein alle Hoffuung benommen worden / an statt der verwahrlosten Reben eine neue zu
bekom̅en / sondern hab auch also zu keiner vollkom̅enen cognition
und Erkantnuß dieses Gewächses mit allen seinë Theilen kom̅en / vielweniger
einigen Riß oder Beschreibung davon stellen kön̅en / welche sonsten mitgetheilet
hätte. Damit aber doch M. H. H. so viel als möglich ist / mit einem nähern Bericht dieser so
gebräuchl. Pflantze gedienet werde / so [19] sende ich hiemit die
vorgemeldte Macausische Figur in Originhal, benebenst einem Stück von der Rancke / welche etwas
plumb gerissen ist / da hergegen die Blätter ziemlich wol gleichen / wie mich wol besinnen kan
/ woraus man noch genug schliessen kan / daß die radix Chinae ein species von Ubi seye / weiln
die Blätter und Reben sehr wohl mit denjenigen accordiren / so von einem gewissen Ubi hutan,
welchen ich einßmahls in dem Wald gesehen hab / herrühren / welches die vorgemeldte kleine
Beschreibung auch außweiset / welche im Lateinischen von Wort zu Wort also lautet / wie sie der
Pater, so dieses alles anhero gesendet hat / selbsten beschrieben: Radix Sinica, aut, ut dicunt
alii, Lignum Sinicum, non est arbor, sed quidam ramus, qui longè lateque serpit per terram,
habetque quasdam manus seu fila, ??? intelligit Author capreolos, quos claviren vocant, ut
pictura monstrat. quibus terram apprehendit illique intimè adhaeret, (sicut ferè habet vitis,
quibus serpit per sustentacula) qui ramus quamvis tenuis durus est & flexibilis
sicque serpens per terram projicit frequentes & exiguas radices, in quibus nascitur
radix, de quâ loquimur, quae crescit magis minusvé, pro ratione soli, magis aut minus proprii,
aut temporis, quo in eô fuit. Iste modus excurrendi per terram ferè posset comparari plantae,
quam Indi vocant Batata. Folium ??? Dieses ist dasselbe / welches hiemit kom̅t.
mitto pictum, ad vivum simulque ramum siccum; Praecipua ejus virtus, quantum potui cognoscere
ex Medicis Sinicis, servit iis, qui laborant morbô Gallicô. Ponunt pondus unius unciae aut
risaldae aut aliquid amplius, in duobus poculis aut curadis aquae, fervereque illam sinunt,
usquedum redigatur ad unum poculum & bibunt illam calidam, praesertim manè, ut
melius sudorem provocent & per diem uti possunt eadem aquâ aut calidâ, aut
subcalidâ, aut etiam frigidâ, nec utuntur aliö potu, & ita continuant ad 15. 20.
aut 25. dies. Illam radicem faciunt in frustula, antequam ponant in aquam. Habet etiam vim in
iis, qui habent membra malè affecta à frigore, quae non benè moveri possunt, quem morbum
Hispani vocant Corrimiento. Aliqui Podagrâ affecti reperêtunt in isto potu singulare levamen.
Putant Sinae magis notam virtutem, istius radicis, nostris Europaeis, quàm sibi: Qui istum
potum bibunt, comedunt carnem assatam, panem bis coctum: vult enim sicca &
absumitur ab eduliis & fructibus. Quando ista radix est viridis, ponunt duplex
pondus in quantitate aquae suprà assignatâ, quia non est efficax viridis, ut sicca. Planta est
Sylvestris & nascitur in solô siccô & durô; fortè cura &
cultus eirca illam eam faceret vegetiorem. Vas fictile, quod mitto, habet istam plantam, quam
post duos aut tres digitos terrae reperies cum suis radicibus. Quod mihi placuit in ea, fuit,
aliquas radices, teneras & novas incipere pullulare: istudque me movit ad
abscindendum ramum, qui fortè excurrebat ad decem passus, putans fore, ut, antequam Bataviam
perveniret, det novum. Non facilè credit vestra dominatio, quâ diligentiâ opus fuerit ad id
inquirendum. Und hiermit endigt nun dieser Pater, und ist also alles was zur Erlenterung dieses
Krauts Meinem Hochgeehrten Herrn mittheilenkan. Solte ich künfftig hin noch wähern Bescheid und
Eröffnung davon überkommen / so werde nicht ermangeln damit ferner zu dienen / worauff sie sich
desto mehr verlassen können / je steiffer mir vorgesetzet / Meinem Hochgeehrten Herrn
künfftighin in geringsten nichts zu verheelen. Sonsten aber hab von vieser radice Chinae auch
den P. Martinium nachgeschlagen / und bey demselben befunden / daß unter dem Nahme folim, so
der gebräuchlichen radici Chinae gemein ist / auch ein gewisse Tuber angezeiget werde / welche
eigentlich die hiebevor gemelte Pae-fo-lim ist / und mit ihrer ubi radzia eine grosse
Gleichheit hat / ausser daß sie keine fungos hat / so viel als ich hab erfahren können: daß
also Mein Hochgeehrter Herr darinnen keine unebene Vergleichung angestellet hat; Wiewohlen
sonsten ein simplex Tuber von einem Gewächs / so Blätter / Blumen und Früchten träget / mehr
unterschieden ist / als daß beyde / ceu Species, unter ein Genus könten gestellt werden / wie
hierbe vor schon angemercket habe. Die gemeine und gebräuchliche radix Chinae aber wird bey den
Chinensern Tu-fo-lim, das ist / rothe Folim geheissen / weilen das Fleisch daran etwas röthlich
ist / da hergegen die andere so ein Tuber ist / Pae fo-lim / das ist / weisse Fo-lim heisset /
weilen das innere Fleisch weiß ist / bey nahe als Tabar-Erde / welche diese Nation vor ein sehr
köstlich Medicament und deßwegen sehr hoch am Wehrt hält / indem sie dieselbe gegen zweymahl so
schwer Silber verkauffet / und habe ich kaum mit grosser Müh das Klümogen / so hiermit kommet /
angetroffen / da ein Stück von der Schaal an ist / die an der Farb dunckelbraun / sehr
runtzelicht / und dem Ansehen nach viel holtzigter oder wurtzelhafftiger ist / als die Rinde /
von Meines Hochgeehrten Herrn Ubi radzia, welche auch steinachtiger und grauer außsiehet. Das
Fleich von dieser Sinesischen Tuber ist dicht auf einander gesetzet / und nicht schwammicht /
wie P. Martinius irriger Weise vorgiebt / zugleich auch weiß und bißweilen etwas graulicht /
sonder einig besondern und außwendigen Geschmack / doch ein wenig schleunicht im Käuen und
nicht so trucken / als das Fleisch an der Ambonischen / und ist die innere substanz der
Sinesischen der weisen Seiff-achtigen Spanischen Erde gleich / womit die [20] Frauen in Persien ihre Haar waschen / und deßwegen Gil Ser Sjuvvi, das ist / Haupt wasch Erde
/ nennen. Diese Tubera nun / sind nicht regulirter / sondern vielerley Form und Gestalt /
nemlich rund und langlicht / doch gnollicht und zuweilen so groß als ein Man̅s-Kopff / wie ich an einem Stück / das mir gewiesen worden / abnehmen können. Doch hab ich
noch eine andere Art Tuber angetroffen / deren Laubwerck un̅ Stengel mit der
gemeinen radice Chinae übereinkommt / und weilen das Fleisch / Farb / Geschmack und andere
Qualitäten beyde auch gemein haben / könte man sie wol unter ein Genus bringen / zumahlen die
Kräfften in der Medecina auch einander sehr nahe kommen. So habe auch unter den Chinesischen
Tubera, die mir vorgekommen sind / eine gefunden / in deren Hertz ein höltzern Splittergen war
/ woran die schleimichte Materie sonderlich zu spüren; wie dann auch im Fleisch der andern
Tuberum dergleichen Splitterlein angetroffen habe: an welchen wie an der ubiradzia auch Augen
zu sehen sind / wen̅ man sie voneinander bricht / welches desto leichter
geschehen kan / so gar daß diejenige Knollen / die von meinem hochgeehrten Herrn bekommen / und
unter einen Baum gesetzet hatte / in etliche Klämpergen zerfallen sind / ohne daß noch zur Zeit
ein fungus daraus gewachsen oder auch ein Steinächtige Rinde daran zu sehen sey / welchem aber
noch Zeit zu lassen ist.
So habe dann nun M. H. Herrn werthestem Schreiben in allen Theilen punctuel geantwortet / und
ist nichts mehr übrig / als daß ich sehr gewünschet hätte / daß meine Reise nacher Osten / in
Qualität der zwenten Person / in der Commission des Hoch Edlen Herrn Commissarii und Gouverneur
Padbrugge ihren Fortgang genommen hätte / umb die grosse Ehr zu haben / meines hochgeehrten
Herrns gelahrte Compagnie und dero experimentirten Kantnüß / welche so profitabel und
vortheilhafftig vor mich zu seyn erachte / eine zeitlang geniessen zu können; allein die
Veränderung Ihro Hochmögenden desseins und die Verwechselung meiner Wenigkeit zu der zweyten
Person in der Commission nach Macassar, hat den effect von diesem so sehr gewünschtem Glück
verhinvert / und gehet mit dieser letzten Versendung doch noch gantz schläffrig: glaub auch /
daß mein Verbleiben allhier auf Batavia noch eine zeitlang dauren soll / daß also in diesen
zweiffelhafftigen Zeiten man nichts fest stellen kan / und fast in allem unsicher bleibet; und
obwol unsere Zusammenkunfft sobalden / wie es scheinet / nicht zu hoffen sey / so will doch
daran nicht gäntzlich verzagen / weiln nach dem gemeinen Sprichwort Berg und Thal zwar
niemahlen / doch aber Menschen wol zusammen kommen können: Weßwegen hoffe daß die Zeit und
Gelegenheit uns schon nochmahl zusammen fügen dörfften / daß ich alßdenn die Vergnügung haben
könne / M. H. Herrn werthen Gesellschafft zu genieffen. Inzwischen aber wollen wir unsere
Freundschafft mit Briefen suchen zu unterhalten / und dadurch unsere discursen fortführen /
worinnen ich an meinem wenigen Orth nichts werde ermangeln lassen / so viel die Gelegenheit und
disposition der affairen un̅ andern Umbständen zulassen wird.
Eines hätte bald vergessen / nemlich des Hagedorns / der hier und dar auf den Gräntzen dieser
Stadt gepflantzet ist. An diesem befindet man nun / daß wan̅ er zu groß wird /
sich nicht wol zu einem Zaun schicken will / weil alle Stöcke davon zu dick und gar zu hohe
Stämme bekommen / und alßdann mit den andern keine gute Zusammenfügung machen. Sonsten wird
dieser Baum in grosser Menge auf den hiestgen Insulen gefunden / welchen ich mit einem zusammen
gesetzten Wort Rhamno-Morus oder Rhamno-Rubus nenne / weilen seine virgae oder Ruthen mit ihren
Dornen und Blättern dem Rhamno und die Früchte den Beeren des Mori oder Rui gleich sehen / und
dörfften zum wenigsten auch eine verwandte Sort mit dem Baum Tatai-iba seyn / welchen Piso pag.
163. und Marcgravius p. 119. in etwas beschreiben und abbilden / welcher allein hierin̅en von diesem Dorn / so auf Bataviä stehet / differiret / daß die Blätter nicht
subtiliter serrata, wie Piso, noch simplicirer serrata, wie Marogravius spricht / anzusehen /
sondern unzerschnitten und unzerkerbet / auch die Früchte von diesen nicht gantz weiß oder
bleich / sondern gelb scheinen / und zeigt auch weder des Pisonis noch Marcgravii Figur und
Abbildung einige Zerkerbung und Zackichkeit der Blätter / absonderlich die so auf der rechten
Seiten stehet / da die andere auf der lincken Seiten aus der Beschreibung scheinet zusammen
gesetzt zu seyn; Solten nun ermeldte Authores sich in der Zerkerbung dieser Blätter und
bleichen Farb der Beerlein verlauffen haben / welches einige auch an andern Gewächsen geschehen
zu seyn in acht genommen haben: so dörffte nicht zweifflen / daß der Brasilianische und dieser
Dorn eben eine Species von Bäumen seyn / welchen die Maleyer und Javanen allhier Kudrang nennen
/ und so wohl hier als dorten zum gelbfärben gebrauchen / worzu die Wurtzel und das Holtz /
wenn es alt worden / angewendet werden / und kommt ein Stück / so darzu bequem / welches sie
klein raspen oder schneiden / wenn sie sich deßen bedienen wollen / auch so lang in Wasser
kochen / biß sich die Farb recht hervor thut / da sie dann die Brühe durch ein Tuch seigen /
das durchgelauffene und noch heisse Wasser mit Alaun schärffen / und mit Stecken [21] so lang arbeiten / biß die Farb hoch genug worden ist / auch gnugsam
angeschlagen hat. Dieses ist also der Gebrauch dieses Gewächses / dessen völlige Beschreibung
auch wol beyfügen wolte / wann ich nicht versichert worden wäre / auch M. H. Herrn glaubete /
daß es dorten auch wachsen thäte.
Bey dieser Occasion aber möchte ich hertzlich wünschen / daß vermittelst Meines Hochgeehrten
Herrn Bestellung und Zuthuns mit einem exacten und umbständlichen Unterricht versehen werden
könte / auf was Art und Weiß die Tinctur aus dem Saamen der Galuga, so man sonsten allhier die
Ambonische Casamba nennet / gezogen werde / und wie man damit im färben verfahre / benebenst
allen Particularitäten / die noch darbey müssen in acht genommen werden / indem mir allhier
noch niemand vorgekom̅en ist / welcher die rechte Wissenschafft und Handelung
davon habe / und mich darinn vergnügen könte. Sonsten scheinet aus dem Pisone pag. 133. daß
derselbe Baum auch in Brasilien unter dem Nahmen Urucu bekant sey. Könte ich dessen
theilhafftig werden / so wollte Meinem Hochgeehrten Herrn hergegen mit einer accuraten
Beschreibung / wie der Indigo gepflanztet und die Tinctur daraus gezogen werde / auch wie man
damit im Blau Färben umbgche? alles aus meiner eigenen Observation zusammen gestellet /
mittheilen / welches jetzo der Herr Cleyer / deme es fteywillig communiciret habe / mit nacher
Japan genommen hat / als ich eben zu Bantam war. Sobald aber dieselbige Schafft wieder bekomme
/ werde ein Copie darvon übersenden / und glaube ich / daß es Meinen Hochgeehrten Herrn zu
ferner Speculation dienen könne / ob nicht das Indigo-Gewächs eben sowol in Ambonia / als hier
rund umb Batavia grünen könne? welches im recht Malleiischen Sarap, auff Macassarisch Taroe,
auff Balisch Tahum, auff Javanisch Tom doch ???eigentlich die Tinctur oder Färb-Species davon
auff Maleiisch &c. Nila und auf Manangkabosisch auch Tarom heisset.
Weilen mir im übrigen noch etwas Zeit vergönnet wird / so muß diesen Brieff noch mit einigen
Fragen und Materien erlängern / welche also ohne Ordnung vorbringen werde / wie sie mir in den
Sinn kommen werden; und zwar erstlich möchte ich wohl wissen / wofür Mein Hochgeehrter Herr
folgende Gewächs / so in dem Bontio angeführet werden / halte? oder was vor Speculationes und
Muthmassungen sie darvon machen? Bittend zugleich von jedem ein Zweiglein mit Blättern / Blumen
und Früchten / umb jedwede wohl zuerkennen / als da sind: Fraxinus Indica, Planta spinosa in
cognita, cujus fructus manibus triti foetidum edunt odorem, Sambucus Indica, duae Species
Tangomae, Beccabunga, Nasturtium aquaticum, Mangam fructus apud Javanos sacer, Champidaca, die
er nicht kennet aber vor einen Baum hält; item Arbor Mangianam, Cardamomum Majus hyacinthi
flore, Veronica Javana, Frutex Indicus in cognitus, Guananabanus und Lysimachium Indicum:
welche alle oder zum wenigsten die metste etwas dunckel und zweiffelhafftig beschrieben und
angewiesen / auch indistinct mit ihren Figuren abgebildet sind.
Hierbey soll Mein Hochgeehrter Herr auch ein Stück von dem wohlrichenden Holtz finden /
welches auff Hindostanisch / Braminesisch / Malaisch und Javanisch Dewadarne, das ist /
Götter-Holtz heiset / und sehr nahe deß Avicennae Diwadaar seyn dörffte / wiewohlen dieselbe
mit der gestalt / Blätter und Früchten mit dem Fichten oder Siebe-Baum gantz nicht überein
kommt. Doch dieser Irthum wird bey ihm und andern Arabischen Scribenten / so von denen
Simplicien haudeln / offters in Beschreibung derjenigen Materialien / so aus Indien kommen /
begangen. Unterdessen ist dieses Holß / wegen sonderlichen Kläfften in der Artzney-Kunst sehr
berühmt / und brauchen es die Perser und Araber sehr fleistg. An diesem Stücklein kan Mein
Hochgeehrter Herr ersehen / ob es auch dorren bekandt seye.
Zugleich hat Mein Hochgeehrter Herr hierbey einige Früchen der Sphaerularum Saponariarum zu
empsangen / welche auff der Ost-Küste von Java und vielleicht auch in den Ost-Ländischen
Quartien wachsen soll / welche sie gebrauchen das Haupt damit zu waschen / auch hier und an
andern Orthen / an statt der Seiffen dienen / umb die Sarassen uud andere krause Kleider / so
die gemeine weise Seiffe nicht vertragen konnen / sondern dadurch die Farbe verlieren / damit
zu saubern. Solche Sphaerulae Saponariae fallen zwar auch auf der Küst Coromandel, so aber doch
nicht so groß / als die Javanische sind / auch schwärtzer und mehr eingeschrump als diese / und
wachsen immer 3. Beeren an einander / mit haarichten Fästein zusamen gefüget. Von den
Coromandelischen habe jetzo keine bey der Hand / wolte sonsten auch damit gedienet haben. Ich
dörffte fast dafür haltel / daß Monardes, so dieser Früchten auch gedencket / in der Gestalt
dieses Gewächses sich geirret habe (wie ihm auch bey andern wiederfahren ist) indem er einen
niedrigen Baum daraus machet / und die Blätter dem Filici oder Fahrenkraut vergleichet: da doch
dieser Baum auff Coromandel hoch und schwer von Stamm ist und ein langes Blat / ohngefehrein
und ein halbe Hand lang und ein und ein halb oder zwey Zoll breit / hat. Sousten kommet die
Beschreibung der Früchte mit dem Javanischen noch ziemlich überein / indem er auch 3.
aneinander setzet / welches er vielleicht aus anderer Relation erfahren. Oviedus sagt / daß es
hohe Bäume seyn / vergleichet aber doch die Blätter auch mit der Filice in diesen Worten: Folia
Filicis nonnihil referunt, licet minora sint: Es bleibet [22] aber allhier
in dubio, ob dieses Wort minora von den Blättern deß Fahrenkrauts oder deß Baumes Blätter zu
verstehen seye? und zeiget das Wort nonnihil an / daß die Gleichheit beyder Blätter nicht gar
groß seyn müsse; wie sonsten die Spanier und Portugiesen / in Vergleichung der Indianischen
un̅ Europaeischen Gewächsen sehr unglücklich und selten accurat sind. Also wil
Clusius auch noch nähern Bescheid von der Frucht geben / wann er pag. 42. 43. Lib. 2. Exot.
schreibet / daß er zwey zusammen auff einem Stiel bekommen habe; Ob ich nun mich wohl besinne /
daß ich vor diesem auff vorbemeldten Küste an einem gantzen Baum auch wohl einige mit 2. Körner
an einem doppelten Stiel angetroffen habe / so sind doch / wie oben gesagt / gemeiniglich der
Früchten drey an einem grossen Stiel; wie dann auch Bauhinus schreibet / daß 3. gegen einander
stünden / und scheinet / daß nicht allein des Bauhinii Früchte / welche er vom Platero bekommen
/ und von den nigris & rugofis gewesen / sondern auch Clusii, so von den fuscis
gewesen / auch an ihrer Grösse besser mit den Coromandelischen als andern übereinkommen. So hat
auch Bauhini Beschreibung mit den Blättern eine bessere Gleichheit mit dem Coromandelischen
Baum / indem er solche mit den Blättern des Pfersing-Baums vergleichet / worinnen fast der
gröste Unterscheid / indem die Blätter von den andern Seiff-Beerlein nicht außgespitzet /
sondern überall breit sind / ausser daß sie nach dem Stiel zu etwas länglichrer schärffen / wie
aus dem Abriß des Zweigleius zu ersehen ist / welchen aus Mangel eines Mahlers / jetzo nicht
kan abcopiren lassen / umb M. H. Herrn mitzutheilen; welches aber doch auf eine andere Zeit
geschehen soll: Wiewohln solches ohnnöthig seyn dörffte / wann sich der Baum auch dorten finden
solte. Die Früchten dieses Baumes nennet man sonsten gemeiniglich hier auf Batavia Bowal lang’
ir, weilen nehmlich die Einwohner ihre Häupter damit waschen / it. Sabon dzjaxan, das ist /
Gewand-Seiffe / weilen sie auch ihre Kleider damit waschen / die Malabaren auf der Küste
Coromandel geben diesen Beerlein den Nahmen Ponnanga- ja und die Telingaser Kunkudu-Kaja,
gemeiniglich Konkre-Kaja, nach der gemeinen pronunciation. Die Maleyêr von Patani und von der
Gegend heissen dieselbige Bowaz Perkam, die Javaner Bowaz Lanak, und die Siamer Dikowe. In dem
Hjndoestanischen und Deganischen heissen sie / Uten; welches mich veranlasset / daß ich
muthmasse / es müsse die innere Nuß davon die retah oder eigentlicher ritah Avicenne seyn / und
wol avellana Indica könte verdollmetschet werden; Wiewohl die Beschaffenheit der Frucht / so
nach des Plempii version formâ papaveris, quemadmodum Indica nux ist / nicht wohl
correspondiret (welches bey den Indianischen Gewächsen bey demselben nicht frembd ist) indem
das Nüßgen / ausser der schwartzen Farb / als auch der Kern darinnen / so auch öhlicht ist /
einer Haselnuß sehr nahe kommt / und in dieser Absicht die Benahmung Avellana Indica sofern
nicht aus dem Wege gehet. Ich will aber doch nicht ehe hierinnen eiuen gewissen Schluß machen /
biß die ritah Avicennae aus Persien oder Arabien bekommen werde.
Nachdem ich auch versichert worden / daß der Massoey auf Siram, und nach Bericht von Macassar
auch auf Selebes wachsen solte / dieses aber ein berühmter Aromatischer Baum unter andern von
diesen Insulen ist; so werde ich durch meine Curiosität getrieben zu wünschen / daß durch
Hülffe und Vorsorg M. H. Herrn eine curieuse Beschreibung dessen / sambt einigen Zweigen mit
Blättern / Blumen und Früchten / so auffgedörret und eingelegt seyn / wie auch einigen Blättern
/ Früchten und Saamen à part, benebenst dessen Gummi oder Resina, bekommen könte / wodurch ich
zum höchsten würde obligiret werden / indem ich sehr grossen Estime davon mache.
Nicht weniger würde mich erfreuen / wen̅ ich eine gleichmässige Beschreibung
desjenigen Gewächses / wovon das Rasamala oder Styrax liquida heraus quillet / nebst dessen
Blätter / Blumen / Früchten / Saamen sc. durch Vorsorg und Communication meines hochgeehrten
Herrn erlangen könte.
Dn. Hollenias, Maleiischer Prediger allhier / hat mir einsmahlen erzehlet / daß / als hinter
seiner Wohnung auf einer von den Insulen / einige Körner von dem kleinen dreyeckichten
Cardamomo in die Erden geschmissen worden / ein Gewächse davon hervorgekommen sey / so bey
seiner Abreise anhero allschon die Grösse von 3. Schuhen gehabt hätte / und wäre oben an dem
Stengel schon ein Knopff von der Blüthe zu sehen gewesen. Hiervon möchte wohl auch eine nähere
Wissenschafft / so wohl in Ansehen der Gestalt / Blätter / Blumen sc. als andern Umbständen
haben / dafern M. H. Herr eine vollkommene Untersuchung davon bey Handen hätte.
Inzwischen verbleibe nechst dienstlichem Gruß und Anwünschung alles Heyl und Wolfarths
Meines Hochgeehrten Herrn
Batavia d. 6. Iulii 1683.
Verpflicht und bereitwilligster Diener
|| [23]
IV.
Herrn HERBERTI de JAGER
Send-Schreiben /
An
Herrn GEORG. EBERHARD RUMPHIUM.
Mein Herr!
DEn dritten dieses sind mir meines hochgeehrten Herrns sehr werthe Brieffe vom 27. Sept.
dieses Jahrs / benebenst den Simplicien so darbey gehöreten / zu meinem besondern Vergnügen
wohl zu Handen gekommen / woraus dann auch gar gern vernommen habe / daß derselbe auch meine
Schreiben vom Majo und Julio, nebst demjenigen was dabey gefüget hatte / wohl empfangen habe.
Im übrigen aber halte M. H. Herrn sehr gerne vor entschuldiget / daß sie mir nicht formaliter
auf alles antworten können / indem wohl erachten kan / daß man in so kurtzer Zeit / von 6. biß
7. Tagen / da man die Hände voll zu thun hat / keine Zeit übrig hat / zumahln dieselbe /
fürwahr zu grossem Schaden des gemeinen Bestens / das benesicium seiner eigenen Augen nicht hat
/ und also alles durch andere Hände / welche man bey Nacht und Tage nicht immer haben kan / muß
gehen lassen; daß ich also noch Ursache habe / M. H. H. höchlichen Danck zu sagen / daß sie
noch so viel Zeit abbrechen wollen / mich mit dero lieben Send-Schreiben / zu bewürdigen; wie
dann auch sehr verpflichtet bin / daß sie nicht allein die übersendete Sachen dabey fügen /
sondern auch gute Hoffnung geben wollen / daß meinem übrigen Verlangen von Stück zu Stück ein
Genüge sol geschehen / dessen effect künfftig hin / nach ihren Meriten sehr hoch schätzen und
zugleich nicht nachlassen werde / M. H. Herrn so viel immer möglich seyn und die Gelegenheit
geben wird / in allem Begehren zu willfahren / und von Botanischen Sachen so viel Oeffnung
geben / als das Maase meiner kleinen Capacität / geringer Erkantnuß und Erfahrung mit sich
bringen kan; wiewol M. H. H. mit besserer und grösserer Vergnügung würde dienen können / wan̅ ich allein diesem Werck / ohne einige distraction obliegen und alle addresse,
wegen Auffsuchung derjenigen Materien / so ich auffstellen wollte / nach den Quartiren von
India in acht nehmen könte / indem durch das Ansehen der Hoch Edlen Compagnie, auch deren
Recommendation, allem punctuel nachgelebet wird. Allein ob ich mir schon desto grössere
Hoffnung darzu gemacht hatte / je grössere Zusage mir M. H. H. gethan / alles von dorten zu
procuriren / auch vermeynte in kurtzem meines hochgeehrten Herrns Gegenwart zu geniessen / wann
die Sache ihren Fortgang genom̅en hätte: So habë doch die Veränderungen / welche
so sehr in India regieren / wiederumb alles fruchtloß gemachet / und mich in meiner Meynung
betrogen / nachdem die Reise so zuvor nacher Westen destiniret gewesen / nun iu eine andere
nacher Osten verwandelt worden / weiln nehmlich dem Edlen Herrn Casember, Director von Persien
/ unter dem Titul eines Commissarii ein sicheres Werck in Persien und Suratten auffgetragen
worden / so habe ich von diesem Zug / wider allen angewandten Fleiß / nicht können befreyet
werden / indem man vorgabe / daß die wenige Wissenschafft der Persischen Sprach / deren ich
mächtig wäre / hierzu zum höchsten nützlich / ja gar nicht zu entbehren wäre / angesehen man
dadurch verhüten könte / daß uns keine Contractus in die Hände gespielet würden / welche mit
ambiguen und schädlichen clausuln und formalien / wider unsere Meynung / vermischet seyn / wie
vor diesem dem Herrn Crinaeus und andern wiederfahren ist; Und weiln meine geringe Erfahrung
von diesen Landen darzu auch nicht undienlich gehalten wurde / so habe nicht vorbey gehen
können / diese Reise auch anzutretten / zumahln dabey die qualität eines Ober-Kauffman̅s erhalten / nebst der Versicherung / daß nach meiner Wiederkunfft auf Batavien /
hinfort in Ruhe und Friede solte gelassen werden / umb endlich einmahl das Studium Botanicum
und Außübung der Maleiischen Sprache / durch eine Grammatic, Lexicon und Nomenclatur, aus ihren
Büchern / Schrifften und neuen Observationen von dieser Sprach / (so alle in ihren eigenen
Buchstaben in Druck kommen sollen) allein zu tractiren / wozu vor diesem mein geringes Talent
längst angeboten hab / dafern mir die Mittel und Requisiten / die dazu gehören / suppeditiret
würden / wozu sich die Edle Herren auch nicht frembd erklärten.
Unterdessen habe mir wegen meines Alters / Engbrüstigkeit und schlechten Sympathie, mit der
See-Lufft / Schiff-Dunst / wie auch Ermangelung frischer Kräuter / darinnen meine Speise
meistens bestehet / und dann wegen der Pestilentialischen Lufft von Gamron, nebst dem übelen
Gestauck der See / welcher zu solcher Zeit allda regieret / wann wir allda ankommen und bleiben
müssen / nebenst vielen andern Ungemachen / welchen mau allda unterworffen ist / sehr wenig
favorabels zu versprechen / daß ich / der ich so schwach bin / alle solche Stösse solte
außstehen können. Ich will mich aber doch hierinnen in [24] GOttes beliebige
disposition willigst unterwerffen / zumahln ich in meinem Beruff gehe / auch nicht gewohnet bin
/ in Ansehen eines so elenden Lebens / wegen sothaner Fällen / melancholisch zu seyn / oder die
geringste Bekümmernuß über solche Dinge zu machen / welche in fatis sind / gegen welche mein
Gemüth schon lang praepariret und fest gestellet habe. Inzwischen halte eine sehr genaue Diaet,
abstinenz und den Gebrauch solcher Dingen / welche die Brust erwärmen / die Lufftgänge von dem
Schleim befreyen / und diesem / nach dem Rath der Medicorum, und nach Erfahrenheit / welche mir
von der Würckung einiger Artzneyen / in dieser Kranckheit zuwegen gebracht / und selbst
erfunden habe / expectoriren; und wann dieser affect thäte / so hielte mir dieses nicht allein
nicht verdrießlich / sondern vielmehr eine gewünschte Sache gewesen seyn / umb die Küsten / da
so viel remarquable Sachen vorkom̅en / wiederumb einmahl zu besuchen / und von
einem oder andern eine nähere information zu nehmen / als zuvor entweder die Gelegenheit oder
die Gedancken zugelassen haben; von welchem dann M. H. H. auch immer so viel part geben werde /
als zu derem Verlangen un̅ Speculation wird dienlich seyn / nebst dem festen
Vertrauen / daß M. H. H. sich nichts attribuiren wolle / was denselben von andern mitgetheilet
und zuvor von ihm selbst nicht angemercket worden; dergleichen auffrichtigen und rund-offenen
Manier und Handlung sich M. H. Herr auch von mir gantz versichert halten wolle.
Damit man aber sich hierinnen nicht vertieffe / und zu weit aus dem Wege gehe / so wil ich
zum Werck selbsten etwas näher tretten / und die Antwort auf M. H. H. sehr angenehme Brieffe
poussiren / welche sogleich nicht hat folgen können / weiln das Schiff von der vorigen
Commission schon beladen und Segelfertig lag / auch das Scheid-Mahl oder Valet-Schmauß schon
gehalten war / da M. H. H. sehr werth-geschätzte Brieffe mir gelieffert wurden. Indessen habe
doch nicht unterlassen / nacher Bantam an einige gute Freunde zu schreiben / daß sie die Gitta
Gambir, welche M. H. H. express gefordert / benebenst einig- andern / deren M. H. H. in seinem
Send-Schreiben auch gedacht / auffsuchen und bald übersenden möchten: wiewohl es scheinet / daß
sie dorten etwas träge gewesen sind / oder wohl gedacht haben / daß es zu spät solte kommen /
weil von Tag zu Tag überall die Sage gieng / daß unsere Reise sehr nahe seye. Doch wollen sie
sich damit excusiren / daß sie dorten sehr sorgfältig wegen der Zubereitung zu Beschneidung
eines Königs-Sohns wären / auch die Javanen nicht so gemächlich an die Hand zu bringen / noch
so dienstfertig wären / daß sie sich sofort auf einen Sprung verschicken liessen / obwohl es
Zeit genug gewesen / das erste bestellen zu kön̅en / indem aus Erwartung der
Brieffen der 29. Nov. noch herbey kommen ist / ehe wir unter Seegel gegangen sind / welches
doch wieder alles Vermuthen geschehen / sonsten ich auf Batavia noch mehrern Fleiß hätte
anwenden können / umb gedachte Gewächse zu bekommen / welche nach Wunsch zurecht kommen wären /
wann mir nicht 2. oder 3. Tage vor meiner Abreise die obgemeldte Quaal über den Hälß kommen
wäre / und mich nicht untüchtig gemacht hätte / unter andern auch von dem Herrn Landrost Pit
Abschied zu nehmen / welchen ich in aller Höflichkeit ersuchet hatte / diese Gewächse durch
kundige Javanen auffsuchen zu lassen / welche er auch bekom̅en / wie ich durch
den Kauffmann van den Horn, welcher der vorigen Commission des Edlen Hn. Padbrugge beygewohnet
hat / und M. H. Herrn nicht unbekant ist / verständiget worden / als er bey unserer Abreise an
Bord war; und ob wohl dieser gute Herr alle diese Gewächse in seine Verwahrung genommen / und
in seinem Hauß biß zu meiner Wiederkunfft geborgen hat / wie mich Hr. Lycochton
Ober-Kauffman̅ / so mit in dieser Com̅ission gehet / berichtet /
so ist doch derselbe nachgehends zu meinem grossen Widerwillen abgereiset / wodurch der
Erkantnuß / Gestalt und Form dieser Pflantze gäntzlich beraubet worden / daß also keine
Unterfindung davon nehmen / vielweniger M. H. H. mein weniges Sentiment darüber hätte
mittheilen können. Weil dann hierinnen weiter nichts zu remediren wuste / so ist mir nichts
anders übrig geblieben / als daß bey obgemeltem Herrn van den Horn ernstlich anhielte /
dieselbige drey Stück / nehmlich die Gitta Gambir, Bidara poete oder weisse Bidara, (welches
der Lotus ist / so zu Batavia vor das rechte Schlangenholtz gehalten wird) und die Rotan
dzierenang, so von den Unserigen vor das Drachen-Blut-Gewächß gehalten wird / entweder selbsten
an M. H. Herrn überschicken / oder an Mons. de Vicq, meinen besondern guten Freund und
Gevollmächtigten von meinen Simplicien zu Batavien addressiren möchte / umb solche an M. H.
Herrn ferner zu befördern. Weil nun der wohlgemeldte Hr. van Horn sich hierzu willig erklärte /
so wil verhoffen / daß er sein Wort werde gehalten / und M. H. H. Verlangen ein Genügen gethan
haben. Daß ich aber die Beschreibung der Gitta Gambir nicht habe zu Papier gebracht / ist aus
Ermangelung des Augenscheins geschehen / weßwegen solche biß zu unserer Ankunfft auf Malacca
außgestellet hatte / welche wir den 9. Jan. dieses Jahrs erreichet haben / wo abermahln mit
einem schweren Paroxysmo von meiner Engbrüstigkeit bin angetastet worden / welcher noch einige
Tage nach der Abreise angehalten hat / daß mir also auch damahln ohnmöglich gewesen / die Feder
anzusetzen. Unterdessen habe doch in denen 3. Tagen / welche wir allda zugebracht haben / so [25] viel erlanget / daß einige Aestlein von dem rechten Gitta Gambir-Baum
bekommen habe / welche dann nach der Insul Dinding, welche in der Malaccischen Strase liegt /
und wir in Zeit von 7. Tagen beseegelt haben / mitgenommen habe: von wannen ein Zweiglein mit
Blättern / Blumen und jungen Früchten zwischen Papier / und dieses wieder zwischen 2. Bretter
eingeleget / und sub lit. A. beneben diesen Buchstaben über Malacca nacher Batavien an Mons. De
Vicq abgefertiget habe / umb solche mit der ersten Gelegenheit von dar an M. H. H. zu schicken
/ nicht zweifflend / sie werden solche zu rechter Zeit bekom̅en / welches mir
lieb zu vernehmen seyn wird. Solte M. H. H. belieben / mich mit einigen Briefen zu bewürdigen /
so könten dieselbige in der Zeit / da ich von Batavia abwesend bin / an wohlgemeldten Mons. de
Vicq addressiret werden / von dessen guten Bestellung ich gnugsam versichert bin / welcher auch
zu meines hochgeehrten Herrns intention und Verlangen sich gern appliciren wird. Die andern
beyde Gewächse / deren oben gemeldet worden / gedachte zwar auch noch auffzusuchen / weiln aber
wir uns auf Malacca gar nicht lang auffgehalten / auch dieselbige so nahe nicht wachsen / als
der Gitta Gambir-Baum / zudem noch sehr regenicht Wetter war / so war mir es damahlen nicht
wohl möglich. Hätte es mit Dienst der E. Compagnie geschehen können / daß etwa drey biß vier
Monathen / hier auf Malacca hätte still liegen und eine Untersuchung der Kräuter anstellen
können / hätte man noch viele unbekante Gewächse entdecken können / indem dieses Land sehr
reich von raren Gewächsen ist / wie mir nicht allein zu Batavia, sondern auch allhier / viel
auf dieser Küste gebohrne Maleyer referiret haben. Nachdem aber solches in unserer Macht und
disposition nicht stunde / so lassen wir auch alle weitere Gedancken davon fahren / und wenden
uns zu dem Gitta Gambir-Baum / meinem hochgeehrten Hn. davon einige nähere Nachricht zu geben /
als etwa aus den auffgedörreten Zweiglein / mit Blättern / Blumen und Früchten / abzunehmen
ist.
Der Baum nun / von welchem dieses Zweiglein gebrochen / hat einen Stamm von sieben biß acht
Schuhe hoch / eines Armes dick / und breitet seine Aeste weit und frey von sich aus / ohne ein
dick Gesträuch zumachen. Die Rinde an den kleinen Aesten / welche sehr voll Blätter waren / hat
bey nahe eine Farb wie Eisen-Rost / von deren Form und Gestalt nicht nöthig ist / viel zu
sprechen / weil solche aus dem Augenschein abzunehmen sind: doch muß dasjenige nicht vergessen
/ was etwa wegen des Dörren und Einlegen an diesem Zweiglein nicht kan bemercket werden / daß
nehmlich die Farb an den Blättern / so wohl unten als oben / mit den Cheramellen-Blättern
übereinkommen / deren Gestalt sie auch nahe kommen / außgenommen / daß diese etwas länger und
leidiger sind. Die Blümlein sind gantz klein und weiß / und bestehen aus einem Blätlein / als
ein Kröngen formiret / mit fünff Düplein / mit fünff kurtzen und kleinen Fäserlein / worinnen
nach der Hand ein rund Knöpffgen sich sehen lässet / woraus das runde Früchtgen entstehet / so
eines Pfefferkorns- oder Coriander-Saamens Grösse hat / und wann es reiff genug / weiß ist /
oben etwas plat / mit einem kleinen Dörngen in der Mitten / und einem eingekerbten Sterngen /
von fünff Strahlen rund umb besetzet: hält in dem Fleisch / womit das Körnlein bekleidet ist /
und ohngefehr die Dicke eines Groschen hat / ein dünnes weißgraues Schälgen / und hierinnen ein
schwartz Körnlein / woran kernen außwendigen Geschmack habe spüren können. Welches also genug
seye / von der Gestalt dieses Gewächses / welche das auffgedörrete Aestgen mit Blättern sc.
weiter erklären wird / wodurch man diesen Baum schon von andern unterscheiden kan.
Was nun die Küchlein / die sie darvon machen / anbelanget / so werden hierzu die Blätter
allein / und zuweiln auch etwas von der Rinde genommen / es sey nun / daß sie dieselbe auf
einem Stein mit etwas Wasser gantz fein und rein reiben / oder daß sie dieselbige an gantzen
Büschlein einweichen / oder die gantze Stücker darzu kochen lassen: welche letzte Manier bey
den Maleyers: die zweyte aber den Javanen von Palimbang, Jamby &c. meistens
gebräuchlich ist / und sind die letztere auch viel gelber / als die Maleiische / welche von
anssen dunckel-braun ins Ocher-roth zielen / und / wie mich dünckete / im käuen mehr Gummosität
/ als die andere geben; Und glaube ich / daß dieser Safft allein wegen seiner Klebrigkeit den
Nahmen Gitta Gambir, das ist / Gummi, bekommen habe / indem die Maleyer allerley Bäum-Säffte /
welche klebricht und coaguliret sind / also nennen / von solchen Maleiischen Trochiscis, oder
Küchlein / kommen einige hierbey zu meines hochgeehrten Herrns fernerer Speculation, nebst
einem andern kleinern / so licht-gelber Farb und zu Malacca vor meinen Augen praepariret worden
ist / und zwar aus fein zerriebenen Blättern / mit ein wenig von der Rinde / alles zusammen
incorporiret und zu diesen Küchlein formiret / so nachmahln durch das Aufftrucknen seine
gebörige consistenz erlanget: Welches alles mich versichert hat / daß dieses Gewächse der
rechte Gitta Gambir-Baum gewesen sey / welches mir die Blätter auch zu erkennen gegeben / bey
dem Betel genutzet / eben den Geschmack geben / auch den Speichel eben also färben / als die
Küchlein.
Was den kriechenden Strauch anlanget / davon M. H. H. schreibet / daß dessen Blätter aus
Ambon, an statt des Pinang bey dem Siri und Kalck genutzet würden / so habe ich noch keinen
rechten Bescheid davon haben können / daß also mein hochgeehrter Herr noch zur [26] Zeit keine weitere Nachricht davon geben kan. Unterdessen habe wohl gehöret / daß auf
der West-Küste von Sumatra, wie auch auf der Küste von Maleye ein lauffendes Gewächse zu finden
/ so dünne / länglichte und anßwendig Asch-färbigte Blätter trage / welches an statt der Gitta
Gambir bey dem Betel und Pinang gekauet / desselben Geschmack und Wirckung haben / und auf
Maleiisch Gitta Gambir akar heissen soll. Durch das Wort akar aber verstehen die Maleyer nicht
allein eine Wurtzel / sondern auch ein kriechendes und lauffendes Gewächse / wie M. H. H. ohne
Zweiffel wird in acht genommen haben.
Sobald ich von der Küste Coromandel zu Batavia anlangete / hörete ich sehr viel von einem
Gewächse / Gambir genennet / dessen schöne und wohlriechende Blumen sehr gerühmet wurden /
welches mir Anlaß gabe / auf die Gedancken zu gerathen / ob das Gummi oder Safft darvon / etwa
das rechte Gitta Gambir seyn möchte ? Als ich derowegen grossen Fleiß angewendet / umb solches
habhafft zu werden / auch endlich dessen mächtig wurde / befand ich / daß es das rechte
Jasminum Catalonicum war / so in dem Horto Eichstattensi abgemahlet stehet / welches Bäumgen
bey den rechten Maleyers Pohon Pakan genennet wird / welches hier à propôs zu erinnern ist /
damit niemand durch diesen Javanischen Nahmen Gambir möchte verleitet werden / daß er vor den
rechten Baum einen andern ungleichen halte und ausgebe.
Was ferner den Ambonischen Lingò betrifft / so muß durch Vergleichung dessen Blätter /
Früchten und Körner / welche mein hochgeehrter Herr an mich gesendet hat / mit denjenigen / so
von dem Angsana-Baum herrühren / sicherlich schliessen / daß diese beyde Nahmen einem Baum
zugeleget worden seyn / obwohln noch von einer andern Art gehöret / welche auf Sillebar, an der
Sumatrasischen West-Küste gelegen / fallen / und Angsana Killing heissen soll / so mir aber
noch nicht zu Gesicht kommen ist. Dieser letzten Holtz soll viel schöner flammiret seyn / als
das gemeine ist / auch rarer und machen die Javanen sowohl als andere / Nadel-Büchßlein davon /
welche nur von den Ansehnlichsten unter ihnen getragen werden.
Dafern man alle Bäume / so Blut thränen / welches sich coaguliret und eine anhaltende und
stopffende Krafft habe / vor Arbores Draconis halten mag / wie ich zum wenigsten meyne auch die
vornehmste Herbaristen hiervon nicht entfernet sehe / so kan man den Blut-rothen dicken Safft
von der Angsana davon nicht außschliessen; Wie wohl er so kräfftig und auch an den übrigen
accidentien / woraus das Sanguis Draconis geprüffet wird / so gut nicht ist / als das Blut von
andern Bäumen / nehmlich von dem rothen Sandel- oder Caliatour-Holtz / welches vor die beste
Sorte halte / wie dessen Ursach schon in meinen vorigen Brieffen angezogen habe. Unterdessen
wil ich deßwegen nicht gleich bestreiten / daß das Blut von dem Angsana dieselbe Art Sanguis
Draconis seye / welche auf Coromandel Golkonda Suratta, in Persien und Arabien in denen
Apotheken feil gefunden habe / und von dar über Türkey in Europa geführet wird. Vielweniger kan
an mich kommen lassen / daß das Dzjerenang, so von einer sichern Art Rohr-Früchten auf
Palimbang gemachet wird / eine gebräuchliche Species der vorbenannten Quartieren seye / es
komme nun in platten Kuchen oder Brodten / wie das von Palimbang, oder in kleine Glundern oder
lachrymis, in grünen Blättern gebunden / wie die so auf Bornè und andern Oerthern dieser Insul
fallen: Welche letzte Sort insgemein besser / als die erste ist / auch eine viel schönere und
hell-rothe Farb giebet / so man zu Schildereyen gebrauchet / worzu die Javanen und andere
Völcker solche meistens anwenden; Wiewohln man auch Palimbanisches findet / welches eben so gut
/ als andere ist. Indessen ist die letzte Sort nicht so gemein als die erste / welche sehr
verfälschet wird / doch eine mehr / als die andere. Welche Species aber die rechte Rotan
Dzjerenang seye / wird mein hochgeehrter Herr aus dem obgemeldten und auf Batavien gesammleten
Gewächsen / welches Monsieur van den Horn oder de Vicq wohl übermachen wird / verhoffentlich
ersehen können / (dafern man es inzwischen nicht schon entdecket hat) indem mir von
verschiedenen Einwohnern sowohl Europoeeu / als Einländischen / so zu Palimbang und Jamby
ehemahlen gelebet haben / vor gewiß gesaget worden / daß dieses Gewächs die Jambyse Hand-Röhren
und Rohrstäbgens seyn / die vor diesem sehr gesuchet worden / nunmehr aber wegen Veränderung
der Moden / fast ausser Gebrauch sind kommen. Könte ich von diesem Gummi oder Safft einen
nähern Bericht überkommen / wie M. H. H. in seinen angenehmen Brieffen versprochen / daß sie
ein mehrers davon schreiben wolten / solte mir sehr lieb seyn; Wie ich dann ingleichen bey
meiner Retour von dieser Reise / so mir der Himmel solche gön̅en wird / durch
weitere Nachforschung gleichfalls weitere Nachricht mittheilen werde / umb hierinnen M. H. H.
nach Möglichkeit zu vergnügen. Inzwischen beruffe mich auf den Inhalt meiner vorigen Briefen /
worinnen von dieser Materie weitläufftiger gehandelt worden; Und wann mein hochgeehrter Herr
sowohl auf dieselbe / als auch die beygefügte Simplicien achtung gegeben haben / so werden sie
befinden / daß die überschickte Küchlein / so das Ansehen / wie die Nuces Vomicae officinatum
haben / und wormit sie das trübe Wasser auff der Coromandelischen Küste [27] klar und hell zu machen wissen / weder in der Grösse / Form der Gestalt / noch einigen andern
Eigenschafften von denjenigen unterschieden seyn / welche ich von meinem hochgeehrten Herrn
bekom̅en habe; wie dann auch die Grösse / Gestalt und Coleur, samt dem Fleisch /
worinnen ein solches Küchlein ligt / mit derjenigen / so von der Küst Coromandel kom̅et / sehr quadrirt / daß ich also aus den Blättern / welche von Timor gebracht
waren und zuvor bey dem Herrn D. ten Rhyne auffgetrucknet gesehen hab / wie auch aus den
überkom̅enen Früchten meinem hochgeehrten Hn. nun bey nah vest stelle / daß so
wohl die eine als die andere von einerley Bäumen herrühren / weilen an allen / was mir zu
Gesicht gekommen / eine gäntzliche Gleichheit ist; wie dann auch die Conformität der Blätter /
sowohl in Ansehen der Figur, als auch der Farb ein grosse Gleichheit zwischen dem
Coromandelischen und Timorischen Schlangen-Holtz confirmiren / welche der Augenschein an den
Früchten mir noch vester machet / und wird M. H. Herr unter den überschickten Simplicien die
Nuces vomicas officinarum auch gefunden haben / welche mir eben sowohl / als M. hochgeehrten
Hn. Ober-Barbierer (welcher sie im vorigen Jahre erst aus der Insul Ceilom mit gebracht hatte)
bekandt seyn werden. Wegen der Beschreibung deß Baums aber habe meinen hochgeehrten Herrn in
deß Herrn van Rheede Hortum Malabaricum verwiesen / wo sie gar accurat und umständlich /
benebenst einer Abbildung der Früchten / oder der Krähen-Augen zufinden ist / welche doch
netter / mit einer zulänglichen Erklärung überschicket habe. So werden sie auch ein Muster von
den schwarzen Krähen-Augen (die ich noch bey keinem einßigen Botanico gesehen / auch nichts
darvon in Europâ gehöret habe) gefunden haben: daß also vermeine M. H. Herrn hierinnen völligen
Bericht gegeben zuhaben. Nicht weniger habe mit angezogen / dass ich aus Vergleichung der
Körner / so als Küchlein formirt sind / und sowohl der Positur, als auch Belauffung der Adern
in denen Blättern / wie auch bittern Geschmack und einerley Farb deß Holtzes / den Baum der
Nuc. Vomicae vor ein Geschlechte deß Schlangen-Holtzes hielte; gleichwie mein hochgeehrter Herr
aus ersten Anblick der Früchten auch geurtheilet hat; worinnen wir also gantz einig sind. Ob
aber die obgemeldte Gewächse / als Bidara puteh oder die weisse Bidara auch mit dem Timorischen
Schlange-Holtz accordiren / wie auf Batavien insgemein gesagt wird / kan M. H. Herr aus dem
Augenschein abnehmen / wann solche / wie ich hoffe / von Batavia an M. H. Herrn wohl bestellet
worden seyn; worvon deren Befinden und Urtheil zu seiner Zeit sehr angenehm seyn soll / wann
ich darvon part werde haben können.
Von dem Malabarischen dreyeckichten Cardamomen-Gewächs hab alhier weiter nichts zusagen / in
dem von demjenigen / was Dominus Hellenius von dem auffgegangenen Saamen behaupten wollen / aus
M. hochgeehrten Herrn beliebten Schreiben anderst bin informiret worden / zumahlen auch aus
näherer Conversation mit diesem Lehrer kürtzlich gemercket / daß solche Erzehlung mit seiner
memorie nicht wol übereinstimmete / daß man einigen Staat davon machen könte.
Damit dann mit erdichteten Dingen nicht viele Wort verlohren würden / so breche hiemit ab und
vergnüge mich auf die in M. hochgeehrten Herrn beliebten Schreiben enthaltene Puncten in etwas
geantwortet zuhaben / indem mir die Zeit nicht zulässet anderer Dinge dabey anzuführen.
Weßwegen M. H. Herrn nebst hertzlichen Gruß in di Beschirmung deß Allerhöchsten empfehle /
verbleibend
Mein Herr
Auff der Insul Dinding den 25. Januari 1684.
Sein bereitwilligster Diener
HERBERTVS DE IAGER.
V. GEORG-EBERH-RUMPHII
Send-Brief /
An
Herrn HERBERT de JAGER.
Mein Herr!
NAchdem ich aus Herrn Jacob. De Vicq Briefen ersehen hab / daß M. H. H. geehrte Person aber
mahln zu einer gewiessen Commission nach Persien employret worden seye / welche wohl 2. biß 3.
Jahre dauren dörffte: So befinde ich mich in meiner Hoffnung und Propos nochmahlen betrogen /
indem ich einige Zweiglein von denjenigen Gewächsen / welche sie verlangt hatten / zusammen
gebracht hatte / umb selbige meinen hochgeehrten Herrn zuzusenden / welches nun wohl fruchtloß
seyn dörffte / weilen indessen obgemeldter Monsieur de Vicq mich berrichtet hat / daß er Ordre
von M. H. Herrn empfangen hät/ [28] meine Brieffe an dieselbe zu befördern
und nachzusenden / so hab zum wenigsten deren doppelten Brief zu beantworten / folgendes zu
Papier bringen wollen.
Zuförderst dann bin sehr verpflichtet gegen M. H. H. immer danckbar zu bleiben / daß sie mir
so viele und weitläufftige Beschreibung deren mir guten Theils noch unbekanten Gewächsen
communiciren und mittheilen wollen / woraus ich mich nun vollends unterrichtet un̅ versichert halte / daß das gemeine rothe Sandel-Holtz von dem Caleatur-Holtz nicht
unterschieden sey / welches auch einiger massen aus dem 17. Capitel des I. Buchs / so Garzias
ab horto von den aromat. Und Specereyen geschrieben / erhellet / als welcher schreibet / daß
das Santalum rubrum in Indien bey der Provinz Tanasserim in den Plätzen von Choromandel wachsen
soll / welch Tanasterim doch in keinen Land-Karten von diesen Plätzen finden kan. Ich kan
deßwegen von meiner wenigen Meynung noch nicht abfallen / daß dasselbe nicht weniger auf der
Ost-Küste von Africa, dessen Einwohner bey den meisten alten Scribenten Zangis oder Zingis
genannt worden / als auf Madagascar falle / wiewohlen mir jetzt nicht einfallen will / in was
vor einem Reise-Buch solches gelesen habe. So ist auch nicht meine Meynung gewesen / gleich als
M. H. H. aus meinem Brief scheinet begriffen zu haben / daß die Maleyers und Ost Indianische
Völcker jemahlen mit ihren schwachen Schiffen nach Africa solten geseegelt seyn / umb dasselbe
von dar abzuholen; Nur allein erinnere mich noch gelesen zu haben / scheinet auch der Warheit
ähnlich zu seyn / daß die alte Arabische Kauffleute / vom rothen Meer dasselbe allda möchten
geholet / und vielleicht nach dem Ort be???ahmet haben: indem mir nicht kan traumen lassen /
daß das Wort Zingi bey denen Maleyers oder andern Indianern eine schwartze Farb bedeute /
welches ich nirgend gehöret / sondern vielmehr in allen Lexicis hergegen ersehen habe / daß es
eine schwartze Möhr bedeute / sie seye nun Africanisch oder Indianisch. Stehe deßwegen mit
Erlaubnuß von M. H. Herrn in der Hoffnung / daß uns ins künfftig noch jemand entdecken soll /
wo das rechte Santalum rubrum von herkomme / welches die Portugiesen in so grossem Werth halten
/ und in sehr kleinen Stücklein verkauffen: Indem ich noch zur Zeit unter denselben niemand
antreffen kan / die das Caleaturs-Holtz vor den rothen Sandel wollen annehmen / da nicht
weniger die Chinenser von dem Celeaturs-Holtz einige Wissenschafft zu haben scheinen / welches
sie Tzidji oder Tzidjoc (wovon sie ihr Eß-Stöckgen machen / die M. H. Herrn nicht unbekant
sind) nennen / und vorgeben / daß es in Siam und Cambodia wachse / doch aber von dem rothen
Sandel unterschieden; Ja wann kein Unterscheid unter diesen Höltzern wäre / so hätten wir
sicherlich in Amboina sehr unhöfflich gahandelt / daß wir unsern Freunden zu Batavia des rothen
Sandels wegen so grosse Beschwernuß gemacht haben / welches sie biß daher sehr kärglich in
kleinen Stücklein bekommen haben; Man hätte ja leicht einen alten Schlägel oder Stuhl von
Caleatur-Holtz in Stücken schlagen können / welches fast in allen Häußlein und Hütten zu finden
ist / so hätten wir immer rothen Sandel in der Menge gehabt / wann ihn nur jemand darvor hätte
annehmen wollen. Unterdessen wil auch gern zugeben / daß aus dem Baum des offt benahmten
Caleaturs-Holtz ein dicker rother Safft zu bekommen sey / den man vor das Sanguis Draconis oder
Drachen-Blut halten könne / indem es doch das Ansehen hat / als würde solches Gummi von
unterschiedlichen Bäumen hergeleitet; weiln ich aber solches noch nicht gesehen habe / so halte
ich mich an dasjenige / welches bißher der gemeine Mann allhier vor Sanguis Draconis gehalten /
und auf Malayisch Dzjernang geheissen hat: wird von Sumatra und meistens von Palimbang gebracht
/ wovon das schlechte oder gemeine in Küchelein / das beste aber in kleine Glunden und
lachtymis kommet: beyde aber rühren / nach Bericht derjenigen / so es mit Augen gesehen / von
einer Art dicken Rohr her / dergleichen wol hier in Amboina auch wächset / welches aber
dergleichen rothen Safft nicht von sich giebt. Wäre mein G. H. Herr länger zu Batavia geblieben
/ so solte ich ausser allem Zweiffel sowohl von dem Holß und Gummi, auch nach beliebter
Nachricht / ein Zweiglein davon bekommen haben / welches aber nun muß außgestellet bleiben.
Daß das auffrichtige Schoenanthum, so M. H. Herr in den Landen von Coromandel gesehen hat /
von dem wohlriechenden Graß Sirce unterschieden sey / gebe gern zu: Doch meines Erachtens kan
unser Sirce wohl vor eine Sorte davon gehalten werden / indem seine Wurtzel so wohl riechend
und aromatisch ist / daß ich glaube / sie werde dem rechten Schoenantho gantz nichts nachgeben
dörffen / zumahlen ein rechter Rosen-Geruch darbey ist; Weßhalben ich auch bey einigen
Scribenten finde / daß sie radicem Schoenanthi vor Galangam minorem halten.
Das zugesendete Aestgen von dem Rhamno rubro, so vermöge des Herrn Schreiben von dem
Batavischen Hagedorn berrühret / habe ich so balden vor dasjenige Holtz / so bey den Maleyern
Cudrang genennet wird / erkennet / wiewohln es von dem Ambonischen etwas unterschieden ist /
dessen ich ein Aestgen an meinen hochgeehrten Herrn zu senden Willens war; es wundert mich aber
sehr / daß von so vielen Batavischen Einwohnern / die jährlich herwarts kommen / und
absonderlich diejenige Frauens / die dieses Cudrang-Holtz so offt / umb gelb damit zu färben /
gebrauchen / mir biß daher keiner sagen können / daß solches der Batavische Hagedorn sey / ja
an dessen [29] statt einen gantz andern Dorn vor wenig Jahren von Batavia
hieher gebracht haben / welcher rothe Beerlein träget / und unserm Vatterländischen Hagedorn
sehr gleich siehet.
Divadaroc ist hier in Amboina ohnbekandt / zumahln das mir zugesendete Stückgen so klein war
/ daß ich kein Pfropffreißgen darvon nehmen konte. Ich zweiffle / ob diß Divadaroc nicht mit
dem Diudar so Bylharides beschreiben / übereinkom̅e / welches Golius in seinem
Arabischen Lexico Arbor Daemonum außleget und vor eine Sabinam Indicam hält: Andere nen̅en ihn den Drommel-Baum / weilen er mit seinen Aesten ein solchen Schall gibt /
wann der Wind wehet; derohalben sagen uns unsere inländische Leute von einem dergleichen Baum /
welchë wir auch vor eine Art Sabina halten und Casuaris-Baum nennen: von welchem ein klein
Aestgen hier eingeschlossen / und M. H. H. zu gesendet wird / daß sie dasselbige mit dem
Persianischen Diudar, so ihnen derselbe vorkommen ist / solten conferiren und vergleichen
können.
Die 3. Sorten Königs-Nägelein (welche M. H. H. von Herrn Abraham Boudens gezeiget worden /
und worunter die zwey rareste Sorten vor 30. Jahren in Ternaten stunden / und die dritte
schlechteste Sort hier jährlich in Amboina fället) rühren von gewissen Bäumen her / so an
Wachsthum und Gestalt dem gemeinen Wellholtz gleichen / tragen aber anders nichts / als solche
Früchte / obschon die Ternatische Schwätzer M. H. Herrn anderst haben weiß gemacht. Ich bin
versichert / daß niemand unter ihnen den rechten Königs-Nägelbaum / der nur allein auf Macquian
wächset / jemahlen gesehen habe / nachdem sie vor 30. Jahren alle außgerottet worden: Diese
Früchte aber sind mir durch unsern Hrn. Alt-Gouverneur, Iacob Hustaart, vor ein groß Praesent
gegeben worden / als deren keine mehr in der Welt zu finden sind.
Die Rinde und Wurtzel von dem gemeinen Nägelbaum / hatte ich allbereit angeschaffet / an
meinen hochgeehrten Herrn zu senden / woran sie hätten sehen können / daß weder in der Rinde /
noch in dem Holtz einige aromatische Krafft oder Fettigkeit stecke / woraus ein Gummi entstehen
könte / wie einige in Europa, so viel ich vernommen / vorgeben dörffen; Zum wenigsten kann
meinen hochgeehrten Herrn versichern / daß noch kein warhafftig Gummi oder Resinam darvon
gesehen habe / dergleichen auch hiesigen Einwohnern gantz unbekant ist; Vielleicht kommt
dasjenige / so man in Europa davor außgiebet / von einem Ambonischen Cannenbaum / welche sie
bey Außtruckung und Dörrung der Nägelein damahlen gebrauchet haben / da sie die Nägelein nicht
also zu säubern pflegten / als jetzo geschiehet.
Die andere Stücke / so in meines hochgeehrten Herrn Send-Schreiben begriffen sind / gleicher
Weise zu beantworten / dörffte jetzo zu spat fallen / weßwegen es biß auf derselben
Wiederkunfft nach Batavia muß außgestellet bleiben.
Unterdessen versichere mich / daß mein hochgeehrter Herr / wie allschon gebeten / ein
Bündlein von dem rechten Schoenantho mitbringen / oder lieber voraus mir zusenden werde /
welches ohne Zweiffel in den Oberlanden gnugsam wird zu finden seyn: Es müste aber noch ein
Stück von der Wurtzel daran seyn / daß ich es mit unserm Sirce vergleichen könne; Gleichwie ich
auch den beglaubten Calamus aromaticus erwarte. Die Zweiglein von dem Caleaturs-Holtz aber zu
senden / dörffte meines hochgeehrten Herrn Reise und Gelegenheit inzwischen nicht zulassen.
Das Edelgesteine / welches man Katzen-Augen nennet / dörffte meinem hochgeehrten Herrn nicht
unbekant seyn / indem dessen viel auf der Insul Ceilon fället. Man will mich weiß machen / daß
sie aus einigen Muscheln herkämen / der Perlen-Mutter nicht ungleich / da doch alle
Stein-Beschreiber solche biß anhero vor Berg-Steine außgegeben. Dafern mein hochgeehrter Herr /
einige sichere Nachricht darvon hätte / bäte mir solche mit zutheilen.
Ingleichen sollen sich in denjenigen Landen / die mein hochgeehrter Herr durchreiset hat /
einige Steinlein / Mesticas genannt / finden: Mit welchem Nahmen alle sothanige Steine beleget
werden / welche man in gewissen Früchten / Höltzern und Thieren findet: Gleichwie man in
einigen Calaphus-Nüssen ein weisses Steinlein findet / so Mestica calappa genennet wird.
Item: Ob nicht in andern Landen auch der Donner Metallische Donneräxte / von Gold / Kupffer /
Eisen / theils von einem Halt / theils von gemischten Metallen / theils halb metallisch und
halb Stein / von sich schlage / dergleichen uns hier gezeiget worden / ich auch allbereit zwey
nach unsern Vatterlano geschicket habe / welche rothes Kupffer zeigten / doch aber von
vermischter Substanz waren.
So bin auch von einigen weiß gemachet worden / daß mein hochgeehrter Herr auf der Küste
Coromandel einen gewissen Sand solte gefunden haben / woraus so viel gelb Kupffer gezogen
worden sey / daß sie eine gantze Kiste damit beschlagen lassen / welches mit sehr fremd
vorgekommen ist / indem nirgends von dergleichen Kupffer-Sand etwas gehöret habe.
Der vorgemeldte Casuaris-Baum / ist ein hoher Baum / welcher sowohl am Strand / als in dem
Gebürge wächset / trägt schuppichte Früchte / wie Cypressen-Nüsse / welche an der Land-Sorte
rund / an der Strand-Sorte aber länglicht sind / wie ein Cylinder, mit einem harten und
schwartzen Holtz am Stamm begabet / und giebt kein resiam von sich.
|| [30]
Ich bitte umb Bericht / ob der Capoc-Baum / gleich andern Bäumen / feine Wolle trage / wie
der Cattun / dessen viel auf der Insul Tilos wächset / doch mit dem gemeinen / so auf Kräurern
wächset / unterschieden ist.
Womit nach hertzlichem Gruß und Anwünschung einer glücklichen Reise / meinen hochgeehrten
Herrn in GOttes Obhut empfehle / verbleibend
Meines Hochgeehrten Herrns /
Amboina am Castel Victoria, d. 6. Maji 1684.
Dienstwilliger Diener und Freund/
RUMPHIUS, m. p. Alt-Kauffmann und Raths-Verwandter in Amboina.
VI.
Herrn HERBERTI de JAGER
Send-Schreiben /
An
Herrn GEORG. EBERHARD RUMPHIUM.
Mein Herr!
ANgesehen mir dessen Correspondenz absonderlich in denen zur Botanic gehörigen Dingen (in
welchem Stück sie sich einer grossen Wissenschafft / Erfahrung und Observation zu rühmen haben)
zum höchsten angenehm und aestimiret ist / so hab ich zu derselben Fortsetzung / an meinem
wenigen Ort / durch gegenwärtiges Schreiben wiederumb die erste occasion und Anleitung geben
wollen / der Zuversicht lebend / es werde mein hochgeehrter Herr auch dahin incliniren / daß zu
Erneurung und Unterhaltung derselben / wieder alles auf den vorigen Fuß gestellet werde / und
zugleich denjenigen Fragen und Vorstellungen / die bereits in meinem vorigen gethan / und biß
dato zum Theil noch unbeantwortet geblieben sind / nach dero guten Gelegenheit / ein
großgünstig Genügen zu thun / und nach dem Maaß seiner grossen Wissenschafft zu erläutern; Wie
ich dann auch nicht ermangeln werde / meinem hochgeehrten Herrn forthin / nach meinem wenigen
Vermögen und Erfahrung offenhertzig / ohne Reserve, in allem denjenigen zu dienen / was sie von
mir verlangen werden / worauff sich mein großgünstiger hochgeehrter Herr nur sicherlich
verlassen wolle.
Damit dann nun unsere vorige Botanische Verhandelung wieder auf die vorige terminos, worauff
dieselbige geblieben / gesetzet / auch vollkommener möchte werden / so habe ich die unter uns
gewechselte Brieffe / zu dem Ende nicht allein durchlauffen / sondern auch alles dasjenige /
was mein hochgeehrter Herr sowol Herrn Iacob de Vicq, als Herrn Cleyern / meinen besondern
guten Freunden / bey mir zu erforschen / recommendiret hatte / auffgesuchet und gefunden / daß
zwischen uns beyden folgendes noch zu erörtern seye / welches in frischem Gedächtnuß zu
behalten / allhier kürtzlich beyfüge.
Das erste nehmlich / so ich durch Herrn de Vicq seeligen / habe bitten lassen / bedarff eine
kleine Beschreibung / sambt beygefügten Stälgens der Blätter / Früchten und Blumen / eines
sichern Geschlechts von Ganiter, so in Amboina wachsen / von welchem schon zuvor einige Früchte
überschicket hatte / ohne daß darüber einigen Unterricht oder Antwort erhalten hätte.
Zugleich sehe ich auch / daß mein hochgeehrter Herr von Herrn de Vicq begehret / daß er mich
wegen deß Samberáni / oder wie es sein Schreiber aus gedrucket / Samberanae fragen möchte / was
es doch vor ein Rauchwerck seye? und von welchem Baum dasselbe herfliesse? weil ich mich dan̅ nicht erinnere / daß ich solches bereits erkläret hätte / so finde mich
verpflichtet / meinem hochgeehrten Herrn zuverständigen / daß man auff der Küste von
Choromandel [31] unter diesem Nahmen den Benzoin verstehe / wormit sie ihre
Abgötter zuberäuchern gewohnt sind / welches ich durch gewisse Untersuchung erfahren hab.
Ferner hatte in meinem Send-Schreiben von 5. May 1683. und dem Anhang von 20. dito M. H.
Herrn ein Muster der Bastard-Nägelein / wie auch eine Sorte wilder Foly oder Muscaten-Blumen /
welche beyde ich in Golkonda gefunden / übermacht und umb desselben Sentiment nebst einer
kleinen Anweisung wegen deß Baumes / dessen Rinde Culit Láwang heisset / was er nemlich vor
Blätter / Blumen und Früchte trage / gebeten: ohne daß biß dahero den geringsten Bericht weder
darüber / noch über einig andere Früchten von der Fagara, oder wie sie Avicenna nen̅et / Fangarabi bekommen hätte: welche letztere deßwegen mit gehen liesse / daß ich
erfahren möchte / ob mein hochgeehrter Herr dieselbe albereits dorten gefunden habe oder noch
inskünfftig wohl auffsuchen könte? indem im ersten Theil der Ost-Indischë Reiß-Beschreibung /
in lang Quarto-Format, nach der Beschreibung von Bantam, da die Materialien der Indischen
Insuln beschrieben werden / stehet daß dieselbe auf Java zu finden seyen / wo ich dieselbe doch
noch zur Zeit nicht habe erforschen können: wiewohl nicht definitivè sagen kan / daß dieselbe
auf dieser Insul gar nicht zu finden seyn / weilen ich jetzo nur ein kleine Partie von den
Javanischen Gewächsen besitze / so mir selbsten zu Gesicht gekommen sind. Unterdessen schreibet
Avicenna, daß diese Frucht von Sofalah, einen Ort so auff der Ost-Küste von Africa lieget / und
heut zu Tag von den Portugiesen bewohnet wird / komme. Erwarte demnach von meinem hochgeehrten
Herrn wegen obbemeldten wilden Nägelein / Foly, Coelit-Lawang und Fagara (welche letztere die
Brachmanes vor Cubeben halten) weitere Erklärung.
Ich hab auch gemercket / daß mein hochgeehrter Herr gern von der ersten Sorte der
Schlangen-Wurtzel informiret wäre / so bey Garcias ab Orto gemeldet und von Bauhino Clematis
Indica, Foliis Persicae, Fructu Periclymeni benahmset wird / bey den Portugiesen aber Rayz de
Moncus, das ist / Moncus-Wurtzel heisset / weilen der Moncus, eine Art Wieseln / so M. H. Herrn
wohl bekandt seyn wird / diese Wurtzel / wann er in dem Streit von den Schlangen gebiessen
worden / aufsuchen und sich vor dem Gifft zu praeserviten / käuen soll: wordurch die Krafft
dieser Wurtzel kund und zur Artzney gebraucht worden. Dieses Gewächs nun hab ich allhier /
meines wissens / zum erstenmahl entdecket / mit Verwunderung / daß die Javanen, Maleyers und
andere Inländer hierumb so gar keine Wissenschafft davon haben / daß sie auch diesen Nahmen
nicht wissen / vielweniger die grosse Krafft und Lugend gegen alle Schlangenbiß davon erfahren
haben; Von einig-wenigen habe ich gehöret / daß sie diese Wurtzel / wegen ihrer grossen
Bitterkeit Hampaddoe Ta̅nah, das ist Erd-Gall gènennet haben: welchen Nahmen wir
doch einen andern bitteren Kraut beygelegt haben / so mit diesem gantz keine Gleichheit heget.
Ich hab vor diesem M. H. Herrn ein Wurtzelgen von der rechten Sort zugeschicket / gleichwie
jetzo abermahlen thun wolte / wann ich nur damit versehn wäre / hätte auch gern darbeneben ein
lebendige Pflantze darvon in einem Topffeingeleget und gesetzet / beneben den Blumen und
Früchten mit geschicket / daß M. H. Herr eine vollkommene Ideam davon nehmen und diß Kraut in
allen Theilen erkennen möchte / nicht zweiffelend es werde dorten auch in der Menge anzutreffen
seyn; Nachdem aber diese nach Ternaten destinirte Schiffe / (wormit diese Brieffe kommen) gantz
fertig und bereit sind ab zustossen; so ist mir solches jetzo zu bestellen ohnmöglich gefallen
/ soll aber / so fern GOtt Leben und Gelegenheit geben wird / mit nächstem geschehen / und
nicht in Vergeß gestellet werden. Inzwischen muß noch en passant bemercken / daß man zweyerley
Art von diesem Gewächs finde / eine mit rothen und die andere mit weissen Blumen / welche
letztere die rechte und gebräuchlichste ist / indem die Heyden auf der Küst von Coromandel
gewohnet seyn / daß sie unter den Plantas Congeneres nur die vornehmste / welche sie an den
Farben der Blumen unterscheiden / gebrauchen / unter welchen sie diejenige / so weisse Blumen
tragen / vor die kräfftigste halten / wie noch an vielen andern angemercket habe.
In meinem Brieffe von dem 6. Julii 1683. hatte ich specificiret / welche Gewächse von
denjenigen so im ersten und zweyten Theil des Horti Malabarici abgebildet und beschrieben sind
/ mir alhier auf Batavien noch nicht zu Gesicht gekommen wären / alß nehmlich: Das
Aroalu
Murotti
Mail-anschi
Cumbulu
Canschi
Curatu-pa̅la
Codaga-pa̅la
Tinda-parva
Appel
Schageri-cottam
Panel
Nodum-Schotti
Schorunam Cottam
Modera-Canni
Peragu und
Codi-avanacu.
Zugleich bittend / daß M. H. Herr mir auch reciprocirlich entdecken möchte / welche von
denselben dorten zufinden seyen / und wie sie auf Maleiisch oder nach der inländischë Sprache
genennet würden: worunter auch diejenige mit verstehe / so im 3. 4. 5. und 6. Tomo dieses Horti
enthalten sind / so weit nehmlich dieses Werck im Druck gesehen: dessen letztere Theil noch
nichts anderst als Bäume und hohe Gewächse begreifft / und noch keine eigentliche Kräuter
vorleget / indem der Edle Hr. van Rheede damit noch kein Ende zu ma [32] chen scheinet; sondern zuerst alle Bäume und Sträuche / auf solche Weise nachsetzen
dörffte. Solten sie aber endlich noch darzu kommen / werde alßdann meine Speculationes über
diejenige / so allhier wachsen / auffsetzen / und M. H. H. mittheilen / welches dann von
demselben auch erbitten werde.
In eben demselben Brief hatte ich auch gewünschet / wie annoch thue / daß M. H. Herrn
Muthmassungen über nachfolgende Gewächse / deren Bontius Meldung gethan / zu wissen / welche
also heissen:
Nimbo 1. & 2.
Planta spinosa & incognita, cujus fructus, manibus triti, foetidum odorem
spirant.
Acacia.
Duae species, Jangomae.
Beccabunga.
Nasturtium Aquaticum.
Mangam, fructus apud Javanos sacer Champidacca, welche er nicht gekannt / sondern davor einen
andern Baum genom̅en hat.
Cardamomum majus Hyacinthi flore.
Veronica Javana.
Frutex Indicus incognitus.
Gentianella Indica.
Guanambanus.
Lysimachium Indicum.
welche theils sehr dunckel und zweiffelhafftig beschrieben / theils nur schlechter Dings ohne
einige Abbildung gemeldet / oder dabeneben sehr übel abcopiret worden. Gleichwie ich nun nicht
zweiffele / M. H. H. werde ein groß Theil davon erläutern kön̅en / so hoffe ich
von deroselben consideration auch Part zu bekommen.
Hierauf bin ich jüngsthin im Jahr 1683. wider alle meinen Lust und Sinn in die bewuste
expedition nacher Persien geflochten worden / welches dann den Verfolg und mesures meines
Botanischen Studii wiederumb gebrochen hat / so gar / daß ich dann biß auf diese Stund noch
nicht auf meinen alten und vorigen Stylum kom̅en kan; Und ob ich wohl auch dorten
die schönste Gelegenheit hatte / etwas merckwürdiges in dieser Wissenschafft zu profitiren / so
habe doch solche zu meinem grösten Unmuth und ärgsten crevecoeur von der Belt verlassen müssen
/ indem ich unter Commando sothaniger Herren stunde / welche solche Betrachtung nicht allein
auf das höchste hasseten / sondern auch gar vor ein Laster hielten / ja selbsten mir deßwegen
Trangsal und Verfolgung anthaten.
Damit ich es aber hey dieser traurigen und widrigen Materie bewenden lasse / und unsere Sache
verfolge / so hatte der Herr Laurentius Pitth, damahliger Land-Drost / nunmehr aber Gouverneur
von der Küste Coromandel, auf mein Ersuchen / eben denselben Tag / als ich an Boord gieng / (so
den 29. Nov. geschahe) die Zweige mit Blättern / Blumen und Früchten von dem Gitta Gambir-Baum
/ it. von dem Bidára Pootu, so das Schlangen-Holtz seyn sol / und von der Rotan dzjernang (wor
aus sie einen gewissen gummachtigen Safft zu sammlen wissen / welchen M. H. Herr. vor das
rechte Drachen-Blut hält) durch seine anbefohlene Vorsorge aus dem Wald bekom̅en
/ ohne daß ich Zeit und Gelegenheit gehabt hätte / solche nur anschauen und betrachten zu
können. Weßwegen alles an Hrn. Peter van den Hoorn, so bey der Commission von des Edlen Herrn
Padbrugge nach den Oosten war / und uns zu der Zeit ans Schiff begleitete / recommandiret habe
/ daß er solches entweder selbsten an M. H. H. überschicken / oder Mons. De Vicq seel. zu dem
Ende überlieffern möchte. Ob dieses nun geschehen sey / oder nicht? und ob M. H. H. die
benannte Gewächse bekommen habe / habe biß daher noch nicht erfahren können; Wie dan̅ ingleichen noch nicht weiß / ob derselbe das Aestlein von Gitta Gambir, mit diesen
Blumen und jungen Früchten / erstlich zwischen Papier / und dieses wieder zwischen 2.
Brettergen eingeleget / und mit A. gezeichnet / nebst zweyerley Küchlein von Gitta Gambir,
deren eine Sorte die gemeine Malaccische ist / die andere aber in meiner Gegenwart gemachet
wurde / de dato 25. Jan. 1684. von der Insul Dinding, unter addresse an gemeldten Mons. de
Vicq, nebenst meinem dabey kommenden Brief einpfangen hat.
Von der Zeit her hab in Spahan, des Königs in Persien Residenz-Stadt / ein angenehmes
Send-Schreiben von M. H. H. de dato 6. Maji 1684. ohngefehr 5. viertel Jahren hernach und
nachgehends keines mehr von demselben empfangen / welches sogleich bey meiner Wiederkunfft aus
Persia beantwortet hätte / wan̅ nicht in mittler Zeit zuvor auch die Antwort auf
mein ersteres Schreiben vom 25. Jan. 1684. erwartet hätte / umb die beyde alsdann auf einmahl
zu bedienen. Nachdem aber dero Antwort gäntzlich zurück bleibet / so beginn ich allband sehr zu
zweiffeln / ob meine Brieffe mit dem dazugehörigen wohl bestellt seyn worden; weßwegen dann M.
H. H. letztern Brief auch nicht länger unbeantwortet habe lassen / auch zugleich eine
Abschrifft von dem vorigen überschicken wollen / damit M. H. H. auf allem Fall deren nicht
gäntzlich beraubet bleibe / auch dasjenige / was ich verlanget / nach belieben annoch erfüllen
könne. Ich hätte auch gern die 3. erste Pflantzen dabey gefüget / allein ich habe solche biß
daher nicht wieder haben können / so grossen Fleiß auch deßwegen angewender habe. Nachdem aber
der Hoch Edle Herr / Herr Isaac S. Martin, Ordinari-Rath von Indien / Major, &c.
(ein Herr / der unsern und allen honesten Studien sehr gewogen ist / und von dessen sehr
grossen Meriten anderswo sagen will) so gütig gewesen / und nach seinem grossen Vermögen un̅ pouvoir über alle die Einländer allhier / mit verschiedene [33] und ungemeine Gewächse / so in den Javanischen Wäldern wachsen / zuwege bringen lassen /
welche ich sonsten ohnmöglich hätte bekommen können; so habe ich auch zu hoffen / daß ich bey
continuation solcher unverdienten Gunst und dessen generosen Zuneigung / mich mit dergleichen
Sachen accommodiren zu lassen / die obgemeldten Kräuter wieder antreffen dörffte: auf welchen
Fall dieselbe M. H. H. auch ohnfehlbar wird zu gewarten haben.
Wann dann nun dieses zur nöthigen Einleitung promittiret habel / umb unsere vor diesem
gepflogene Correspondenz wieder in den rechten Lauff zu bringen / auch in solcher Ordnung
ferner zu erhalten und zu verfolgen / so trete die Beantwortung dero werthen Briefes an /
welcher den 6. Maji 1684. an mich abgelassen worden / worinnen ich ersehen / dass M. H. Herr
schon einige Zweige / von dem verlangten Gewächse zusamen gebracht und wir habe zusenden wollen
/ welches doch wegen meiner Abreise in Persien hat hinterbleiben müssen; weßwegen dan̅ im geringsten nicht zweiffeln wil / es werde M. H. H. mir solche / dieweil ich nun
wieder auf Batavia lebe / auf ein ander mahl mit guter Gelegenheit übermachen.
Ferner beliebt M. H. H. sich wegen gethaner Communication und Bericht / von so vielen
denenselben zuvor unbekanten Gewächsen / zu bedancken / welches M. H. H. mit grösserer avantage
und Gunst als es die Sache vielleicht meritiret / also zu reden beliebet hat / und hab ich mir
vielmehr Glück zu wünschen / wan̅ die Ehre haben können meinen hochgeehrten Herrn
damit ein Genügen zu thun.
Sonsten sehe auch / daß M. H. H. sich nun völlig unterrichtet und versichert hält / daß das
gemeine rothe Sandel-Holtz von dem Caliaturs-Holtz nicht zu unterscheiden seye / zu dessen
Bestreitung selbsten den Garciam ab Orta lib. I. Arom. cap. 17. anziehend / welcher
ausdrücklich saget / daß dasselbe unter andern mit in den See-Plätzen von Coromandel wachse;
Wiewol M. H. Herr nachgehends diese Meinung mit einer Ironischen objection und Verspottung
wieder umbzustossen vermeynet / oder zum wenigsten meistens zu enerviren suchet.
Damit ich mich dann endlich wegen dieses rothen Sandel-Holtzes / von welchem zuvor schon so
viel Papier angefüllet habe / in kurtzen und klaren terminis abfinden und expediren möchte / so
will ich das Sandel-Holtz in drey Sorten eintheilen / als (I.) das gelbe / worunter das weife
auch zu verstehen / als welches von eben demselben Baum herrübret / wie meinem hochgeehrten
Herrn bereits zur Gnüge bekant seyn wird. (2.) das ordinaire rothe Sandel-Holtz / welches in
der Artzney-Kunst gebrauchet wird / und überall in Persien / Arabien / Türkey und Europa
verkauffet wird: Und das (3.) solle eine andere Species des rothen Sandel-Holtzes seyn / von
einem ungemeinen und köstlichem Werth / ausser ordentlichen und wunderbahren Kräfften und
Tugenden / deren einige auch menschlichen Glauben und Verstand überschreiten: Worvon ich zwar
viel habe sagen hören / ohne daß ich jemahln das Glück gehabt hätte / ein sothanes excellentes
Sandel-Holtz zu Gesicht zu bekommen / oder zum wenigsten einige Nachricht bekom̅en / wo solches anzutreffen sey. Anlangend nun das erste / nemlich das gelbe / so haben wir
darvon gantz keinen Streit / und wollen dasselbe deßwegen hier gautz auf die Seite setzen;
vielmehr aber zu dem zweyten / nemlich dem rothen Sandel-Holtz / schreiten / von welchem ich
nochmahlen sage / dass es mit dem Caliaturs-Holtz eines sey / und davon gantz nicht differire /
welches alßdenn erst vor Sandel-Holtz verkäuffet wird / wann es alt ist / gleichwie sonsten die
weisten Bäume in Indien / welche ein wohlriechendes Holtz haben / in ihren letzten Jahren am
allerkräfftigsten von Geruch und Kräfften sind / welches dann am gelben Sandel-Holtz gnugsam
bekannt ist. Daß dasselbige nun das rechte und gebränchliche Sandel-Holtz seye / zeiger der
Nahme an / indem die Brachmanes und andere Heyden auff der Küste Coromandel, so die Gewächse
des Landes kennen / hierinnen übereinkommen / dass dieses Caliaturs-Holtz in den Sanskrietscheu
Rahka-Tsjandanam, das ist / Blut-Sandel oder rother Sandel, und auff Decanysch / das ist / in
der ordinair-Indianischen Sprach von Decân durch eine kleine Abweichung von der Haupt-Sprach
Reket-Tsiandam in eben solcher Bedeutung nennen: Welchem man sicherlich in Benennung und
Kennung derjenigen Simplicien / welche ihr eigen Land formiret / und deren sie sich so
mannigfaltig bedienen / Glauben beyzumessen hat; Zumahlen der Nahm Tsjandam, durch die Araber
in TSandal mutiret wird / und also von ihnen eigentlich herstammet / auch mit dem Holtz
slebsten / durch die frequenration von Indien / von dar erstlich in Persien / Basra und Arabien
überbracht / und nicht allein in diesen Landen / sondern auch nachgehends in Europa zum
Gebrauch und Nutzen der Artzney-Kunst ist angewendet worden / wordon uns doch die alte
Vorfahren kein Merckmahl hinterlassen haben.
Die Ursache nun / warumb dasselbe unter das Sandel-Holtz gezehlet worden / ist / weilen es
absonderlich / so es alt ist / trucken und warm wird / einen Sandel-Geruch von sich spüren
lässet / welcher so viel stärcker ist / wann man umb dieselbige Zeit ein fein subtiles Spänchen
davon abschneidet / und in dem Augenblick an das Holtz riechet / und in dem Augenblick an das
Holtz riechet: wiewohl das Holtz an sich selbsten / wann der Baum abgehauen wird / zu solcher
Zeit einen sehr empfindl. Sandel-Geruch von sich gibt / und zwar je älter / je kräfftiger /
welchen Geruch doch es nachgehends nicht lang behalten thut. Und weil dann [34] der Geruch von diesem Holtz so flüchtig und superficial ist / so ist es bey den Heyden
auch nirgends in so grossen Wehrt / als das gelbe / gehalten worden / sondern in einem geringen
Preiß zubekommen; Gleichwie sie dasselbige auch deßwegen gar nicht / oder zum wenigsten sehr
selten zur Beschreibung ihrer Leiber / wie sie mit dem andern verfahren / anwenden / nur wegen
deß schwachen und leicht vergehenden Geruchs / in ansehen dessen sie diesem rothen Holtz auch
den Nahmen Hoe̅-Tsiandanam gegeben haben / welcher in der gelehrten
Brachmanische̅ Sprache schlechten Sandel bedeutet. Dieses hat vielleicht
Matthiolum zu der Meinung gebracht / womit er vorgibt / daß das rothe Sandel-Holtz an und vor
sich selbsten keinen Geruch hätte / und so man einigen daran bemerckte / solcher von dem gelben
und weissen Sandel-Holtz / worbey es etwa gelegen / herrühre. Wann aber der Baum deß rothen
Sandel-Holtzes (ausser dem einigen Geruch) in keinem Theil / weder an den Blättern / Blumen und
Früchten noch einer andern Absicht mit dem gelben und weissen Sandel-Baum übereinkommet: Uber
diß auch noch keinen Geruch haben solte / so möchte ich diesen guten Botanicum wohl fragen /
aus was Ursachen und aus was vor einem Grund das Holtz eines solchen Baumes (der eigentlich das
Caliaturs-Holtz gibt) mit dem Nahm deß Sandel-Holtzes beleget worden? gleichwie ich hingegen
nicht begreiffen kann / mit was Fundament man ein sothaniges Holtz / welches den Geruch und
auch den Namen deß Sandel-Holtzes (und zwar in dem Land / wo es wächset und worvon solcher
Nahme ist an die Perser, Araber und folgends auch an die Europaeer fortgepflantzet worden)
führet / eben wohl vor Sandel-Holtz zu erkennen / Schwürigkeit machen und bedenckens tragen
wolle? worzu M. H. H. biß dato auch schwerlich zu bringen gewesen; und ob sie wol in dero
letzten erstlich wohl zugeben / daß das Caliaturs-Holtz eines mit dem Sandel seye / auch
solches mit außtrücklichen Worten zuerken̅en gegeben / so geben doch die folgende
Worte / so von dem Handel und Gewerb spottweis angeführet worden / klar an Tag / daß solche
vorige Declaritung bey M. H. Herrn kein rechter Ernst gewesen / sondern daß derselbe viel
lieber noch das Gegentheil zu behaupten suche; zu welchem Ende sie auch objiciren / daß die
Portugiesen und andere Indianer / die sie angetroffen haben / das Caliaturs-Holtz vor kein
rothen Sandel hätten annehmen wollen / und daß auch die Chineser unter beyden auch einen
Unterscheid machten. Nun will ich diese Leute wohl vor erfahrne Personen passiren lassen:
Allein die Frage ist / ob jemand von ihnen allen / den besagten Caliaturs-Baum / wie auch den
andern / welcher der rechte und also vermeinte Sandel-Baum seyn soll / mit ihren eigenen Augen
gesehen haben? Und wann sie dieses noch alle bejahen könten / würde man doch in allen noch
nicht gantz sicher seyn / sondern man müste einen jedweden exact wegen der Gestalt von beyden
Bäurmen und deren Theiln / benebenst deren Pflantzung un̅ Versetzung / in einem
und andern unterschiedlich befragen / unter andern aber hauptsächlich examiniren / ob das
Caliatur-Holtz / vornehmlich wann es alt ist / einen Sandel-Geruch in sich babe. Wann er nun
dieses vermeinet / so ist eimnahl ohnfehlbar / daß er keine gewiesse Erkant nuß des Baums habe
/ sondern all sein Vorgeben untüchtig sey: legt er aber demselben einen Geruch bey / so wäre
bey ihm ferner nachzuforschen / warum er dann denselben nicht unter die Sandel-Bäume zehle?
warumb er den andern Baum (den ich jetzo supponire zu seyn) darunter rechne / den ersten aber
ausschliesse? ja man könte ferner denselben in ansehen des Caliaturs-Baum tentiren / ob ihm
auch bewust seye / daß das äussere von diesem Baum / zum wenigsten / wann er noch jung ist /
auch weiß seye und wau̅ man denselben presse oder quetsche / einen rothen Safft /
wie Blut ihräne / welcher an der Farb / wie ein Pegusischer Rubin / mit einem glasichten Glantz
/ welchen man vor eine recht gute Sort von Drachen-blut halten kan: worvon künfftig ein mehrers
werde zu sagen haben. Wann man dann solche Leute wegen dieser zwey Höltzer (worunter das eine
gewiß / das ander aber nur eingebilder ist) also auf allen Seiten von fornen und von hinten und
also zwerch-weiß durch einander fragen würde / so zweiffele gar nicht / man werde sie in ihren
Reden zweiffelhafftig und ungleich finden / daß sie wegen ihrer Difformität sich untereinander
selbsien werden refutiren müssen.
Doch ich weiß nicht / warum ich mich wegen eines solchen Sandel-Holtzes das bey mit noch
gantz imaginaire ist / so tieff einlassen solle / da ich albereit ein wahres entdecket und
angewiesen hab? und warum ich noch einige Absicht auf das blose Vorgeben mache / welche
entweder gar nicht oder auf allen nicht gnugsam in denjentgen Landen bekandt sind / in welchen
das rothe Sandel-Holtz eigentlich fällt / und zwar ohne den geringsten Beweiß oder Grund ihres
Vorwandes oder auch einige geringste Anweisung hinzu zugeben? da ich hergegen die Authorität so
vieler Chiolias oder Küst-Mohren / so alle Einwohner auf den Land Coromandel, da das
Caliaturs-Holtz wächset / gebohren / oder davon herstam̅en / auch allda gewesen
und allhier unter den Maleyers und andern mit dem allgemeinen Nahmen Chadzja bestens bekandt
sind / auf meiner Seiten hab / welche alle / soviel ich und andere dieselbe deßwegen befraget
habe / einträchtiglich das Caliatur-Holtz vor das vom Sandel-Baum kommend erkennen / auch kein
anders ausser diesem zu zeigen wissen / an welche / als subtile Negotianten und Kauff-Leute /
so in allen Sorten der Waaren sehr wohl erfahren / und als Zeugen von einer Specerey die in
ihrem Land wächset / und worbey sie sonsten den geringsten Nutzen oder Interesse nicht haben /
ich völligen Glauben beymessen muß; oder könte von dergleichen Sachen keine declaration auff
der gantzen Welt [35] fest stehen / welches eine grosse absurdität wäre /
und M. hochgeehrten Herrn in so vielen Erfindungen / die sich allein hierauff gründen / durch
Verlierung deren Credits / am meisten schaden könte. Gleichwie dann ein gleichlautend- und
einstimmiges Zeugniß / von einer indifferenten Sach / derjenigen Einwohnern / die derselben
kundig und erfahren sind / nicht allein bey den Liebhabern der Botanic, sondern auch meist
allen andern Untersuchungen gültig sind; so kann ich deren Anführung auch vor mich / in dieser
das Caliatur- und Sandel-Holtz betreffenden Sach / zu einer guten Prob meiner wenigen Meinung
gebrauchen; da doch zu dessen persvasion, dieses argumentum ab authoritate eben nicht nöthig
hätte / indem ich durch eigene Erfahrung und genommenen Augenschein deren Gewiß- und Sicherheit
avanciret habe: Zumahlen diese Sentenz auch durch die vorige passage aus dem Garcia ab Orta
sehr bekräfftiget wird / allwo in sehr klaren und deutlichen Worten bestättiget wird / daß der
rothe Sandel-Baum / auf der Küste Coromandel wachse. Da nun kein ander roth Holtz / als das
Caliaturse / von einem Sandel-Geruch allba zu finden ist / auch dorten unter dem Nahmen diß
rothen Sandels bey den Kräuter-Verständigen gültig ist / wie ich zuvor schon dargethan habe; So
ist ja evident und am Tage / daß das Hertz von dem Caliatur-Baum nichts anders als das rothe
Sandel-Holtz sey: scheinet auch / daß die aestime und reputation dieses Scribenten / welcher
bey meinem hochgechrten Herrn in so gutem credit und valeur stehet / denselben kurtz vor diesen
letztern Brief zu der Erklärung und condescenz wegen des Caliaturs-Holtz (welches doch
innerlich anderst zu seyn scheinet) bewogen habe / da ich doch in meinem Brief vom 5. Maji
1683. schon in Obacht genommen hatte / daß dieser Indianischer Materialien-Schreiber / die
Küste auch unter eines von denen Landen stellet / da das Sandel-Holtz von herkommet / sagend /
daß dasselbige noch Indien binnen dem Fluß Ganges zu finden / allwo er die Provinz Tanassarim
hinstellet; Und weil mein hochgeehrter Herr diesen letzt-benahmten Platz in den Carten nicht
finden kann / so muß demselben hierinnen etwas zurecht helffen. Sie belieben dan̅
dieses Tanassarim nicht sowohl in dem Land Coromandel, da / wie es scheinet / sie solches zu
finden vermeynet / als daß sie sich vielmehr in die Ost-Küste von dem Bengalischen Golff / auf
Seiten der Stadt Martavan wenden / so im Königreich Pegu gelegen ist / allwo sie diesen
See-Platz sollen antreffen / welcher unter dem König von Siam gehöret; Gleichwie von dieser
Stadt auch viele die Reiß über Land thun / umb nacher Zoddia, da der König residiret / zu
kommen / zu welcher Reiß man gemeiniglich einen Monath / oder auch sechs Wochen / und zwar
meist durch lauter Wälder / zubringet. Dieses Tanassarim wird / in Ansehen daß es wohl gelegen
/ (da anderst ein grosser Umweg von der Straß Malacca zu nehmen wäre / dabey auch die
Gerechtigkeit wegen der Durchfarth profitiret wird) meistens von den Coromandelischen Moren und
Heyden / und da beneben von den Portugiesen und Engelländern / niemahlen aber / oder gar selten
/ von der Niederländischen Compagnie befahren / welche dorten alle Waaren / und
Kauffmanns-Güter / so dieses Königreich außwirffet / in der Menge antreffe / auch alles
dasjenige / was diese Landschafft trägt / wieder anbringen können. Das Caliatur-Holtz / so
gantz fest / massiv und ziemlich schwer ist / wird meistens zu ihren Farben verhan / wie auch
zu Bäncken / Bett-spannen / Stülen sc. verarbeitet / dabeneben auch ein klein Theil darvon zur
Artzney gebrauchet / indem all dasjenige / was zu dem letzten Ende durch die gantze Welt
distrahiret wird / in Ansehen und Proportion des so grossen / weiten und breiten Bezircks
dieser landen / gantz keine merckliche und considerable Quantität außmachet; Weßwegen sie
hierzu gemeiniglich dasjenige Holtz außlesen / welches älter / höher und dunckel-röther an der
Farbe / und folglich auch stärcker an dem Sandel-Geruch ist / als das ordinaire, welches man /
wie oben gemelder / zum färben branchet / und den Armeniern zu Sjiranz und Spahan meisten zu
ihrem destillirten Branderwein dienet / welchem sie damit eine schöne hoch-rothe Tincture
geben. Indessen stehet mir der Sandel-holtzichte Geschmack / so zugleich dem Brandewein mit
getheilet wird / zum wenigsten nicht an / und solte ich denselben lieber pur, ohne Beymischung
dieses Materials vor nuch begehren.
Gleichwie nun sehr lang vor der Entdeckung von Indien durch die Griechen / und nachgehends
auch durch die Römer / die wohl alle frey / doch auch civilisiret waren; Also ist nachgehends
von alten Zeiten her / auch zwischen den nach Osten gelegenen Landschafften und Persten / wie
auch Arabien eine mutuelle Handlung und commercium von Medicinischen und andern Waaren /
gestister und getrieben worden / und ist die Küst von Africa, sambt denen dabey gelegenen
Insuln / erst lange hernach in Kundschafft gekommen / wiewohl der Einwohner wilden Art wegen /
nichts als die blosse Ufern von Zangibar und von der Costa dos Caffares (wie die Portugiesen
diesen Strich des Landes uennen) und eimge Städte / als unter andern Melindo, Magadoxo, Sofala
&c. und folglich einige Insuln darumb frequentiret / der übrige Rest solcher Landen
aber in einem dicken Nebel der Unwissenheit gelassen worden. Solcher Gestalt ist unter andern
auch das rothe Sandel-Holtz / wiewol noch lange Zeit hernach / auch Indien in Persien und
Arabien gebracht worden: Gleichwie darumb Avicenna und andere Arabische Medici, die ich noch
gesehen hab / von keinem andern Sandel-Holtz Meldung thun / auch kein anders kennen / als
dasjenige / so aus Indien kommt / auch allda wächset: So wenig auch Garcias ab Horto von einem
andern rothen Sandel weiß / welcher doch in Untersuchung dergleichen Dingen curieus genug ist.
Weil aber doch India mit seinen Insuln sehr nah / oder doch meistens eben die Pflantzen hervor
bringt / die in der Ost-Küst von Africa, Madagascar, &c. wachsen; so habe / wie
meine Briefe an M. H. [36] Herrn sollen außweissen können / gedacht / nicht
unglücklich zu seyn / daß der rothe Sandel-Baum auch in Africa oder der Gegend möchte zu finden
seyn / wie derselbe allda seither dem auch gefunden worden / indem ich in meinem Anwesen
jüngsthin in Gamron vernommen habe / daß sie zu diesen Zeiten / das rothe Sandel-Holtz nun
meistens von den Africanischen Küsten geholet / und ferner in Arabien und Persien / auch mithin
selbst in Soeratto gefübhret würde / und zwar wegen Bequemlichkeit der Fahrt / die sie in sehr
kurtzer Zeit hin und her ablegen können; Zu geschweigen / daß man es auch umb einen sehr
billichen Preiß dort haben könne. Es kann auch seyn / daß / wie sonsten der Grund und die Lufft
/ die Kräfften und Unkräfften der Kräuter sehr befördern / das Holtz auch allda kräfftiger und
besser sey / als in Indien und dessen Insuln / wovon doch noch nichts gewisses sagen / viel
weniger einen Unterscheid unter dem einen oder dem andern machen kan.
Nachdem man aber / nach der Gelahrten Regel / sein Urtheil und Meinung / d. i. sein
praedicatum, nicht weiter und ferner extendiren darff / als nach dem Maase von dem gewissen
Erkantnuß und Wissenschafft / welche man zu der Zeit von einer Sach oder von dem subjecto hat /
nachmahls aber solche weiter außbreiten kann / wenn man von einer Zeit zu der andern mehrere
Entdeckung und noch mehrere Umstände von dem subjecto überkom̅en hat / wornach
sich eines jeden Meinung / umb bey der Warheit zu bleiben / und nichts zu bejahen und fest zu
stellen / da man nichts von weiß / zu richten hat: also habe ich damahln / als die Gestalt und
Schwachheit derjenigen Fahrzeuge / deren sich die Javaneu und Maleyer zu gegenwärtiger Zeit
bedienen / betrachtete / dieser Nation auch keine weitere und abgelegnere Fahrt zuschreiben
können / als die mit solchen Nachen und Bewandnuß der See / darüber sie musten / wie auch mit
dem Wind und Wetter / so in dieser passage regieren / nach proportion übereinkom̅en / krafft dessen der Begriff dieser ihrer Schiffart sich von mehr als hundert / ja wohl
über 2. oder 3. hundert Jahren / nicht über das Vermögen ihrer Fahrzeug außgestrecket hat / so
lang sie nemlich keine schwerere im Gebrauch gehabt haben; So hab ihre Schiffart mit ihren
eigenen Nachen in solche Terminos geschlossen / ohne daß die geringste Gedancken an die
Uberfahrt dieser Nation gehabt hätte. Nachdem aber in denselben Historien angemercket habe /
daß die Dzjongs, und auch andere capable Schiffe / womit sie den grossen Ocean haben bauen
kön̅en / in ihren Schiffarten sind gebraucht worden / und sie also auch grossen
Handel und Wandel auf der Küste von Coromandel getrieben hätten: zugleich die Entlehnung der
Heydnischë Küsten / Religion und ihre Sprach (indem die hoch-Javanische wohl mit drey viertel
von dem Brachmanischen und Malebaarischen durchmenget ist) auch Annehmung derer Schrifft
deutlich genug außweiset / daß die Befahrung und Communication zwischen beyden Nationen
ehemahln gewesen seye: darneben auch in der Historie von Madagascar, so der Hr. de Flacourt A.
1661. heraus gegeben hat / gefunden und angemercket habe / daß die Sprach von derselben grossen
Insul mit einem guten Theil Javanischen und bastard Maleiischen Worten durchmenget sey / und
zwar mehr als in einer Sprache / die eine gantz besondere und von allen andern unterschiedene
Art hat / sonsten gefunden werden; So muß ich dan̅ hier auch vor fest halten und
schliessen / daß die Javanen nicht allein Arabien und die Küste von Africa, sondern auch die
Insul Madagascar selbsten mit ihren eigenen Schifflein besuchet mögen haben / wohin sie nicht
allein ihre Waaren / so in ihren eigenen Ländern fallen / verführen / sondern auch wiederumb
von dar andere einnehmen konten; Wie dan̅ der Javaner Schiffart zu der Zeit sowol
nacher Osten / als nacher Westë außgebreitet war / ohne daß es nöthig gewesen wäre / daß die
Arabier und die Kauffleute von dem rothen Meer / die Waaren erst von denen Africanischen Küsten
sc. ab. zuholen / gleich M. H. H. wahrscheinlich vorkame. Es thut aber der Beschreiber dieser
Insul von solcher Fahrt der Javaner (welche doch nichts weniger sicher und gewiß ist) gantz
keine Meldung / dieweil er schwerlich daran dencken können / indem er sowol in der Javanischen
als in der Maleiischen Sprache unerfahren / auch die Keisen dieser Völcker / die noch zur Zeit
mit so gar schwachen Fahrzeugen fahren / nit vermuthlich waren. Hergegen hat Iohannes de Baros,
ein Portugieser Scribent, so gantz authentig ist / schon einen warhafften Bericht von 100.
Jahren bekommen / und in seine Decades gesetzet / daß die Schiffart der Javanen zu alten Zeiten
aller Orten hin / biß nach Madagascar zu (welches er außdrücklich nennet) sich erstrecket habe:
Er habe nun solches aus tradition und Erzehlung der Javaner / oder deren Völcker / welche
dieselbe Insul bewohnen / empfangen / oder aus Betrachtung der grossen influenz, so die
Javanische in die Madagascarische Sprach gethan / geschlossen / so gilt es gleichviel. In
welchem aevo aber diese ihre Handlung und Wandlung in die abgelegene Länder am meisten im
Schwang gegangen sey / erkühne mich (aus ermangelender Nachricht) nicht zu determiniren: Doch
könnte man wol schliessen / daß diese Seefarth und Commercien nach der Küst Coromandel, Ceilon,
Malabar, die Küst von Indien / Arabien und Africa, damahln zum ersten in Ubung gekommen /
nachdem sie sich von gantz Sumatra, wie auch von der Maleitschen Küste Meister gemacht / und
durch Besitz der Malakschë und Sondasischen Strassen / den Schlüssel zu dem gantzen Handel
nacher Ost- und Westen / in ihre Hände und Gerwalt bekommen haben / indem zur Zeit des Marci
Poli Veneti, eines berühmten Reisigens / sowol zur See als zu Land / ohngefehr umb die Jahre
1280. und 1290. die Stranden der Insul Sumatra von den Javanen noch besetzet gewesen / un̅ zwar nicht sowol unter einem Monarchen oder einigen Beherrscher / als in
verschiedenen Fürstenthümen zertheilet: Wie dann eben dieser Reisende / diese Insul selbsten
vor Giáva, d. i. Java hält / un̅ also benahmet / auch darunter rechnet. Daß also
der Nahme Java vor Alters / in Ansehen der sehr [37] grossen Conquesten / so
diese Nation gemacht / sich über ein weit mehrers Land als jetzo / außgestrecket habe / und
scheinet / daß Ptolomaeus, wie auch andere alte Geographi, solches unter dem Namen Jabadij oder
Jabadin, und im Grichischen ???, außgedrucket haben / welcher Name (wie die Scribenten sehr
wohl annotiren) eigentlich Hordei Insulam, d. i. eine Gersten-Jusul / bedeutet / weßwegen noch
heut zu Tag das Wort Jawa in der gelehrten Brachman̅ischen Sprach / Gersten / und
Diu in der Indischen Sprach eine Insul heisset. Weil aber diese Frucht nirgendwo in allen
diesen Indischen Insuln wächset oder gezogen wird / scheinet es / daß solche Scribenten
vielmehr die Bedeutung oder signification solches Worts / als die Ursache dieser Etymologie
anzeigen / und kan man doch das Wort Jaba diu wol in dasjenige / womit die Insul Jaba oder Jawa
benennet wird / übersetzen.
Die Motiven nun die ich habe / solche Meinung zu fassen / daß nemlich die Javaner / nach
Beherrschung Sumatrae und andern darbey gelegenen Oertern / zu erst ihre Fahrt nacher Arabien /
die Küst von Africa und der Insul Madagascar&c. angestellet haben / sind / weil
(I.) das Javanische / so in die Madagascarische Sprach eingeschlichen / mit verschiedenen
gebrochenen Maleiischen Wörtern vermenget befinde / und zwar mehr als in der ordinairen
Javanischen Sprach vorkommen. (2.) Wird diese Meynung noch sehr bestätiget / weil die Araber
noch heut zu Tag die Maleiische Sprach Lisaan Dzjawi, d. i. die Javanische Sprach nennen:
Gleichwie dieselbige auch bey den Maleyern unter dem Nahmen Bahasa dzja̅wi, in
eben der Bedeutung als im Arabischen bekant ist / zum mercklichen Schein / daß die Javaner die
Maleiische Nation unter ihrer Bottmäßigkeit gehabt habe. (3.) Kan man diese Meynung noch fester
machen / wann man die Waaren / so die Javaner unter audern in Arabien zu Kauff brachten /
ansiehet / welche ausser den Specereyen und dem Ligno aloës meisten Theils in dem feinen
Campher und Benzoin bestunden / welche beyde letztere eine sehr considerable Kauffmannschafft
von grossem Werth / abgeben / wovon damahln / wie annoch / die Insul Sumatra die beste Sorten
außwirfft / indem dieser köstliche Campher zu der Zeit aus dem Land von Batas oder Bátahs, da
dieser Baum in grosser Menge wächset / gezogen / und in einem darunter gehörigen
See-Kauff'-Platz Pantsur oder Pansur genennet / außgestapelt wurde / welcher an der
Noort-Seiten von Sumatra, ein Stück von Atsien, das die Unserige Atsiin oder Achin heissen /
gelegen / zu vorigen Zeiten sehr volckund handel-reich war / in diesem aevo aber schwerlich
jemand bekant ist. Dieser Orthatte zugleich einen HHam zah Pansuri, das ist / Hhamzah von
Pansoer, so bey den Maleyern wegen seiner Maleyischen Sjäir das sind Carmina) die sie Sjäir
Hhamzoe Pansoeri neunen / sehr aestimiret war / und wegen seiner Geburt und Wohnung diesen Ort
sehr berühmt gemacht hatte / und deßwegen auch von dem Marcus Polus Venetus besuchet wurde /
welcher denselben Fausur soll genennet haben / wofür abusivè Faufur gedrucket ist; Dergleichen
Mißverstand / durch übele Lesung und undeutliche Schrifft der Originalien an den eigenen Nahmen
frembder Personen und Städten / heut zu Tage noch sehr offt in acht genommen wird. So ist auch
dieser Platz eine Residenz des Radzia gewesen / welcher über das dar um gelegene Land
herrschete / so dieser Reiß-Beschreiber das Reich von Fausur geheissen / welches er unter das
sechste Königliche Gebiet des kleinen Javae zehlet / und davon / nach meiner Ubersetzung aus
dem Italienischen / also redet: „Fausur ist ein Königreich / und hat einen König „über sich
selbsten / dessen Unterthanen die Ab „götter anbeten / und den grossen Can oder Cha-„an von der
Tattarey / Sina erkennen. Allda „ fället der beste Campher, so zu finden ist / und „Campher von
Fausur genennet wird / viel besser „als der andere / weßwegen er auch im gleichen „Gewicht
gegen Gold bezahlet wird. So viel aus der Beschreibung dieses Marci. Es hat aber nachgehends
die Unwissenheit der Copisten / den ersten Buchstaben in dem Wort Fantsoer, nemlich das
Arabische F mit noch einem Punct darneben / in dieser Form ??? vermehret / auf welche Weise
derselbe als ein K cum aspiratione oder Kh anzusehen / und lautet also dieser Nahme als
Khantsoer; dahero von der Zeit der edle Campher, durch Verfälschung des Nahmens von dem Ort /
Kasur Khantsoeri, das ist / Campher, von Khantsoer oder Khansur heisset; Wie dann neulich noch
in Persien erfahren habe / daß die Kauffleute allda den feinen Campher, so auf Baros und der
Gegend / oder eigentlich im Land von Ba̅takhs oder Batas, und auf der Insul
Borneo gesammlet wird / Kafur Khantsuri nennen. So gedencket auch Avicenna dieses Kafoer
Khansoeri oder Khantsoeri also in dem Arabischen Exemplar, welches zu Romgedrucket ist / mit
solchen Buchstaben exprimiret / und von dem Plempius im Lateinischen Caphura Causurensis
verdolmetschet: Wobey Bellunensis anzeiget / daß in etlichen Arabischen Abschrifften von diesem
Authore Fansoeri gelesen werde / welches so viel als Campher, von Fansur, oder / wie er saget /
Campher von Fansor bedeutet / welches auch mit der Pronunciation der Kauffstadt näher
übereinkomint / so eigentlich Pantsoer oder Pansor auf Maleiisch oder Javanisch ist / indem die
Araber selbsten kein P. auch sonsten keinen andern consonantem haben / als das ??? oder. F so
mit desselben Klang besser accordire. Am allerbesten aber hat es der alte Arabische Medicus
Serapio getroffen / wann er den Nahmen dieses köstlichen Simplicis mit Caphura de Pansor
außgedrucket hat. Die andere Waar / so meistens Sumatra fournirete / ist der Benzoin, weil
allda der schönst- und weisseste / wie er irgendswo fallen kan / durch die Javanen eingesammlet
und in Arabien sc. gebracht wurde / so lang sie nemlich diese Insul beherrscheten: Weßwegen die
Araber auch diesen Sumatranischë [38] Weyrauch Lubaan dzja̅abi, das ist / den Javanischë Weyrauch geheissen haben / wovon durch Abschneidung der ersten
Sylben Lu und pronunciation der zweyten Sylben baan, beyde von dem ersten Wort Lubaan, nach der
Araber Gewohnheit / da der Gelaut von aa oder doppelten a in das ee oder doppelt e, oder auch
in ein Grichisches ??? verwandelt wird / und nach der Außsprach / welche die Europoeer von
diesem Buchstaben zu formiren gewohnet sind / das Koppel-Wort Been-dzjawi entstehet: Und weil
die Portugiesen gemeiniglich den Klang von e e mit einem eintzeln e außdrucken / darbeneben
auch vor ein zb so in ihrem Alphaber nicht zu finden ist / die zwen vocales ao in diesen Platz
stellen / und dann die Außprach von einem dzi sehr nah mit einem Z von dieser Nation
übereinkommet; So wird dieser Nahme Been-dzjawi nach der Portugiesen Sprach in Benzaoi
verkehret / welches endlich durch Außlassung des Buchstabens a und Beyfügung des n am Ende /
mit der Zeit in Benzoin verändert worden / welches Wort biß auf den heutigen Tag noch geblieben
ist.
Ferner / gleichwie ich zuvor aus vorigen Ursachen keinen Staat machte / daß die Seefahrt der
Javanen und Maleyer sich biß an die Küsten Africae und dessen Insul sc. außgestrecket hätte /
auch ich bey denenselben nicht mercken können / daß sie auch die geringste Wiffenschafft von
dem Land der Zengis oder von Zengibar hätten / so dörffte ich das Wort Zang’gi, so nach dem
Wort Tsjandana, umb rothen Sandel zu bedeuten / beygefüget worden / der signisication nach
nicht weiter extendiren / als damit allein die schwartze oder braune Farb abzubilden / welche
nach der schwartzen Haut der Zengischen Nation den Nahmen hat bekommen / weil mir in Golkonda
gesaget worden / daß viele Dinge / so allda zu finden sind / so genennet werden / nur deren
schwartze Farb anzudeuten / und nicht zugleich die Sache selbsten solcher Nation dadurch
zuzuschreiben / wie sie unter andern allda die schwartze Myrabolam Zengi harareh, d. i
Zengische Myrabolanen nennen / nicht nach einem frembden Land / weil diese Frucht rings umb
Golkonda selbsten wächset / und allda auch angeschaffet wird / sondern allein nach der Farb /
woran ich dann auch die Bedeutung des Worts Zang’gi allein bande / zumahln ich befande / daß
die Hindostanische oder Decanische Sprach auch eiuigen Zutritt in das Maleiische hatte, Nachdem
ich über seither in der Histori von Hhamzah, so aus dem Persischen in das Maleiische übersetzet
ist dieses Worr Zang’gi auch in dem Verstand und Bedeutung der kraußhärigen schwartzen
Africanschen Nation gelesen habe / hernach auch sichere Merckmahle eines völligen Beweises
gefunden / daß diese Indische Einwohner die Küste von Zangibar und die Insul Madagascar sc.
Auch be???ahren hätten / und dann mir jüngsthin in Persien auch erzchlet worden / daß der rothe
Sandel nicht allein auf dieser Küste zu finden seye / sondern auch davon verführet werde / so
darff ich nun meine Meynung wohl so weit außbreiten / daß dieser Beynahme Zang’gi in Ansehung
und Bedeutung der AEthiopischen Nation diesem Holtz sey beygelegt worden / obwohl ich biß daher
in keinem Arabischen / Persischen und Indianischen Büchern oder Schrifften Sandal Zendji, oder
/ wie es die Frantzosen außsprechen / Zengi, oder Sandal Zengi, diß letzte Wort nach unserer
Außsprache zu lesen / das ist / den Zengischen Sandel angeführet / in acht nehmen kön̅en. Marcus Polus Venetus schreibet in dem 35, Cap. seines dritten Buchs / daß auf
der Insul Madagascar gantz grosse Wälder voll rother Sandel-Bäume seyn / welches ich gar wol
glauben kan / in Ansehen der grossen Gemeinschafft / welche dieselbe Gewächse mit den Indischen
haben; Wiewohl Flacourt in feiner Beschreibung dieser Insul / hievon nichts meldet / weil er
die Bäume vielleicht noch nicht gekant hat. Weil er aber doch zweyer Bäume gedeneket / und
deren einen Endrachendrach und den andern Siramanghits geheissen / welche beyde Höltzer den
Geruch des gelben Sandel-Holtzes haben / und also darunter auch wohl der gelbe Sandel- Holtzes
haben / und also darunter auch wohl der gelbe Sandel- Baum möchte enthalten seyn / so dörffte
ich noch eher praesumiren / daß der rothe Sandel allda auch wachse / weil ich auf der Küste
erfahren habe / daß beyde Bäume auf hohen und bergichten Ländern gern beyeinander wachsen;
Weßwegen ich auch demjenigen / was mir eine gewisse Capitains-Wittib oder Mestica aus Timor
gebürtig / und eines Portugisen Tochter / welche in Erkantnuß der Kräuter sehr wohl versiret
war / erzehlet / wie auch dem Capitain Ionker, welchernach seinem Bericht zur Zeit des Herrn
Vlaming, den Sandel- Wald allda frequentiret hat / einen starcken Glauben beymesse / indem ste
hierinnen übereinstimmen / daß das gebräuchliche rothe Sandel-Holtz allda nicht ermangele /
gleichwie mir auch noch andere solches bestätiget haben / und dem Venetianischen Reistgern
Marco auch wohl bewust gewesen / daß India auch rothen Sandel zeugete / indem er im 17. Cap.
Seines 3 Buchs einer Insul gedencket / welche in dem Italianischen Exemplat von Ramusio heraus
gegeben / Nocueran heisse / so allen Umständen nach die Nicubares seyn soll / wobey er eine
audero Insul / in eben demselbigem Exemplar Anagamàn benahmset / dicht ansetzet / welche ohne
Zweiffel die Andamans seyn wird / indein sie gleiche distanz. bestehend in 150. Italianischen
Meilen / von Lambri dem Haupt-Ort seines 5ten Reichs in klein Java, sonsten besser Lamni
genennt / umb Arsich gelegen / abgelegen sind: Von welcher erst-be- „nahmten Insul er berichtet
/ daß alle die Wäl- „der allda sehr edle Väume / von einem grossen „Werth zieleten / und (unter
andern) darinn „weiß und roth Sandel-Holtz zu finden sey / zu „einem gewissen Merckmal / daß
die beyde Sorten gern in einem Land herfür kommen. Nicht weniger meldet Hieronimo de Sancto
Stephano von Geno áa in seinem Brief vom I. Sept. 1499. so er [39] zu
Tripoli de Soria geschrieben / von einem gewissen Ort / Sogomentil mit Nahmen / daß allda“ das
rechte Sandel-Holtz in solcher Menge wach“ se / daß sie auch ihre Häuser davon baueten / „
allwo er von der Insul Ceilon in 12. Tagen“ angekommen / und einige Zeit hernach wieder“ von
dar nach Pegu gereiset / und nachdem er“ noch anderthalb Jahr in diesem Reich geblieben /
ferner nach Malacca kommen seye. Diese Landschafft nun / welche ohngefehr so viel Tag-Reise von
Ceilon abgelegen / und auch zwischen demselben und Pegu zu finden ist / und wo das rothe
Sandel-Holtz in so grosser Menge wächset / kan keine andere / als die Küste von Coromandel seyn
/ wovon der Nahme Sogomentil durch eine depravation auch mag herkommen seyn / indem längst der
gantzen Küste biß an Pegu zu / meines Wissens kein anderer Nahme zu finden ist / welcher
solchem näher kom̅e: Solte auch wol seyn / daß der Nahme dieses Landes / durch
diese Person / einem Haupt-Platz darinn beygelegt worden seye / gleichwie man in Persien sc.
Darvon Exempel genug hat / wo Nagapatan, ein Capiral See-Platz / von dem Land Tandzjawoer, so
unter Coromandel gehöret / in denen Negotien-Büchern der Niederländischen Compagnie wol
Coromandelam, das Coromandel selbsten ist / genennet hat. Weil aber doch die gantze Provinz
Tandzia-woer ein flaches und offenes Land ist / ohne Gebürg / und nicht allein allda / sondern
selbst im Fürstenthum Madurè oder in der Gegend noch kein Caliatur- das ist / roth-Sandel-Holtz
zu finden ist / so solte ich lieber dafür halten / daß unter dem General- Nahmen des gantzen
Coromandels die Stadt Meilaxoer, allwo der Apostel S. Thomas soll begraben liegen / dadurch
eigentlich verstanden müsse seyn / dieweil sowohl allda / als auch zu Paliacotto, Caliatur und
audern See-Plätzen / so dicht darbey / aber West-warts ins Land liegen / allein Caliaturs-Holtz
zu finden / und sonsten nirgends auf der Küsten fället; worunter der erste Platz / wegen der
Schiffart und Commercien / absonderlich aber wegen procuration der gewebenen und bunten Decken
/ zu der Zeit der ansehnlichste und berühmbteste / unter allen andern dar umb gelegenen Oertern
war: wozu noch der schöne frische Fluß / so dicht daran herfliesset / das plaisirlich- und
fruchtbare Land der gute Hafen und Ancker-Grund / so einen Musqueten Schuß weit unter der Stadt
gelegen / wie auch desselben Heiligkeit / so bey den Heyden sehr berühmt gewesen / viel
beygetragen haben / wie die sehr grosse Zahl von Pagodon, so allda gestanden haben / solches
genugsam außweisen können; Zugeschweigen / daß die Traditionvon der Mattyrisation und Grab des
Apostels S. Thomas diese Stadt auch sehr bekant gemacht hat / in Ansehen dessen / sich viele
Nestorianische Christen / und darunter auch viele Armenier dahin gezogen haben: Wie dann zur
Zeit Marci Poli Veneti, die Kirche dieses Apostels von den Christen besetzet und bewahret
gewesen / auch Nicolaus Venetus, so Anno 1400, diesen Platz bereiset gehabt / und denselben /
wie sein Landsman̅ unter die Landschafft Malabar stellet / bezeuget / daß die
Stadt Maliapor, wie er sie nenet / damahln“ von 20000. Menschen bewohnet gewesen sey / „ und
der Cörper des Apostels S. Thomas in einer“ fteyen Kirche begraben liege / die Einwohner“
Nestorianische Christen (das ist vor das gröste“ Theil Armenier) seyn / welche zu der Zeit
durch“ gantz Indien / wie bey uns die Jüden / zerstreuet“ gewesen. Diese Armenier haben den
Besitz dieser" Kirchen und ihre Einwohnung allda diß auf die Ankunfft der Portugiesen behalten
/ welche jene heraus verbannet / und die Stadt / wie auch die Obsicht des H. Grabes / wegen
Gelegenheit zum Kauff-Handel / wie auch andern Bequemlichkeiten / so eben schon gemeldet worden
/ sich seldsten zugeeignet / dieselbe mit steinern Häusern / sern / Kirchen und Klöstern / auf
Europaeische Art und Weiß gedauet / und nachgehends auch mit einer Fortification von Berg- und
gebackenen Steinen umbgeben haben / und ist mir zu der Zeit / als die Frantzosen die Stadt an
uns überlassen haben / noch eine Armenische Bibel in Folio, so sehr curieus geschrieben / mit
einem güldenen Band gezeiget worden / welche zu der Kirchen von S. Thomas gehörete / und durch
die Portugiesen den Asiatischen Christen / nebst vielen andern Zierathen / war abgenommen
worden.
Gleichwie nun ferner obgemeldter Hieronymus von Genona, ein Jubilirer und Kauffman̅ von andern Gütern war / und zu dem Ende / in Hoffnung eines Gewinns / diese weite
Reise allein unternommen hatte / indem seine Briefe aus, weisen / daß er nachmahln viele
Asiatische Kauffleute hier und darhin hat reisen lassen, umb vor ihn Jubelen / Perlen und
andere Waaren / einzutauffen / auch mit den Armeniern vielen Umgang und Gemeinschafft gehabt
hat / welche zu der Zeit die vornchmste frembde Handelsleute zu Venedig waren; so ist es auch
glaublich / daß er keinen andern Platz / als Meilaxoer, oder S. Thomae erlesen habe / weil
zwischen Ceilon und Pegu, nirgends als allda oder in der Gegend / billigern Einkauff von den
besten und profitablesten Waaren / welches das Königreich Pegu träget / und woraus sein Capital
meistens bestunde / zu finden gewesen / welche er nachgehends in das Reich verhandelte. Unter
diesen aber befunden sich meistentheils die schön-gewirckte oder gemahlte Kleider / auf
Pegusische Art und Weiß gemacht / welche nirgends anders so hell und schön von Seiden fallen
als auf S. Thomae: Welcher Ursach wegen dann vey den Portugiesen / als sie diese Stadt noch
umen hatten / die Fahrt nacher Pegu eine von den considerablesten und nützlichsten unter allen
war; daß also das Interesse dieses Reisenden und der Lauff von den Commercien nacher Pegu
denselben leichtlich auf die Küste Coromandel und auf S. Thomae hat führen können / von welcher
zu derselben Zeit die Schiffarth nacher Pegu sehr offen gewesen / und hat er vielleicht zur
Herbeyschaffung [40] der bunten Deppiche die Zeit von sieben Monathe
angewendet / welche / wie aus dem Erfolg seiner Erzehlung erhellet / er durch entstandenen
Krieg zwischen dem König von Pegu und von Ava, an den erstgemeldten König zu verkauffen /
genöthiget worden / nachdem er seine Waaren nacher Ava, da / wie er sagt / die Rubinen und viel
andere Edelgesteine wachsen / überzuführen unterlassen und vergessen hatte; Woraus erscheinet /
daß / nachdem er ein Jubilirer war / das procedido davon an Rubinen und dergleichen gestellet
habe / weil dieses das vornehmste Capital war / das er von dorten zurück bringen können:
Gleichwie noch heut zu Tag die Armenier meistens in und umb Ava, da die Rubinen eigentlich sind
/ die gröste Negotianten und die beste Erkenner dieser Art Jubelen sind; Wie danu auch nirgend
anders auf der gantzen Küste Coromandel, als umb S. Thomae, Paliacatto und Caliatur, im Gebirge
Westwarts ins Land hinein / das rothe Sandel-Holtz in grosser Menge zu finden ist / wie ich
selbstë / als ich dieses Gebirg / so wol 16. Meil von der See gelegen / bereisete / in acht
genommen habe / daß die Stützen und gröste Höltzer an ihren Pandels oder Kamaden sc. von dem
Caliatur-Holtz (das sie auch zu anderem ordinairen Gebrauch anwenden) gemacht Warë / auch allda
überall Bäume davon gestanden / als in dem vorder Gebirge / so mehr Westwarts lieget; Und weil
die gröste und schwereste Bäume / deren Hertz am besten ist / in dem ersten Gebirge / alle Weg
gehauë werden / so müssen sie zu dieser Zeit dasselbe wol 50 biß 60. Meilen von der See hohlen
/ und wird auch küufftig je länger je schwerer zu bekom̅en seyn. Unterdessen ist
unter den 3. vorbesagten See-Städten welche diesem Gebirge am nähesten sind / keine gelegenere
und bequemere / dieses Holtz sotieffaus dem Land abzuführen / und in den Straud zu bringen /
als Caliatur, zumahln auch hier solches wieder zu Schiff zu???bringen / gute Gelegenheit ist;
Welche Commoditäten dann gemacht haben / daß in den vorigen Zeiten / ja noch heut zu Tag / die
Portugiesen dieses Holtz an solchen Platz meistens gestapelt und embarquiret haben. Dahero nun
hat es den Beynahmen von Caliatur bekommen / und hat auch deßwegen Garcias ab Orta geschrieben
/ daß der rothe Sandel-Baum umb einige See-Plätze von Coromandel wanchse / worunter dieser
Strich allein zu verstehen ist / weil man solches nur in dieser Gegend anschaffen kann / wie
ich schon offtmals erwehnet hab / daß also nicht uöthig ist / dasjenige / was ich in meinem
vorigen Brief weitläufftig abgehandelt habe / allhier zu wiederholen. Dieses wollte noch
gedencken / daß dieser Platz zu gegenwärtiger Zeit / in diesem gantzen Land / nicht mehr unter
dem Nahmen Caliatur bekant sey / sondern vielmehr Kristna-patanam, oder Kistina-patan heisse /
worinnen dasselbige verwechselt ist / und bleibet die Gedächtnuß des vorigen Nahmens nur unter
den Europaeern beybehalten. Es ist auch noch übrig anzuzeigen / wie doch der Nahme von
Sogomantil aus dem andern Choromandel, oder wie die Portugiesen reden / Coromandel, oder nach
unserer Außsprach / von Sjolo-mandel, wie die rechte Benahmung ist / transmutiret sey? welches
man sehr gemächlich / natürlich und ungezwungen findet / wann man allein reflectiret / daß die
Genouenser diesen Nahmen von den Armeniern / mit welchen sie fleißig umbgingen / und welche
damahl auf der Küste / absonderlich zu Mellapoer, in so grossen Anzahl zu finden waren /
entlehnet gehabt / welche den Consonantem L in ein G zu verwandeln gewohnet seyn / wie unter
andern aus denen Nahmen Salomon, Paulus &c. erhellet / welche nach ihrer Außsprach
in Sogomon, Bogos &c. verändert werden: Dahero das Wort Sogomentil an statt des
Worts Salomontil stehet; Und weil das T mit dem D sehr nahe einen Klang haben / zugleich auch
das a und e, wie das e und i, wann sie kurtz sind / bey den meisten Orientalischen Völckern /
bey nahe ohne Unterscheid gehalten / und eines vor das andere genom̅en wird / so
soll dieses Wort auf eine sehr leichte Art und Weise in Solomandel sich äudern / welches mit
dem rechten Nahmen Coromandel oder Sjolo-mandel viel näher zusammen stim̅et / als
das Wort Coromandel, wie es nach der Portugiesen Weiß zu lesen wäre / und ist der Unterscheid
zwischen dem S und dem Schi in der Außsprach so klein / daß einige unter den Hebraeern an die
beyde den Laut von dem ersten Buchstaben / das ist / von dem S gegeben haben / gleichwie uns
die H. Schrifft bey der Außsprach der beyden Wörter ??? Sibbolet und ??? Sjibbolet klärlich
zeigen; Aus welchen Grund dann auch dieses Solo-mandel vor Sjolomandel dienet / und hat das
Wort mandalam oder mandel, so im Brachmanischë eine Landschafft von 40. Tag Pagody-Einkommen
bedeutet / seinen Vornahmen von einem Sjola-rádzia, so ein sehr hoher und berühmter König
gewesen / welche derselbe beherrschet hat / bekommen.
Nun folget M. H. H. härtester Gegenwurff und Objection gegen das Caliaturische Sandel-Holtz /
welche bey nahe auf Ironische Art und Weise / mit einem argument ab absurdo &
incredibilitate vorgestellet worden / und im Werck selbsten hierauf ankom̅et /
daß / wann dieses das rechte Sandel-holtz w wäre / sie in Amboina gewiß un- „höfflich gehandelt
hättë / wen̅ sie den Freunden „zu Batavia des rothen Sandels wegë / so grosse
Be-„schwernuß gemacht hätten / welches sie biß da- „her sehr kärglich in kleinen Stücklein
bekoin- „men haben: da man leicht einen alten Schle- „gel oder Stuhl von Caliaturs- Holtz in
Stü-cken schlagen könte / welches fort in allen Häuß- „lein und Hütten zu finden sey / und daß
man „also den rothen Sandel in der Menge hätte / „wen̅ ihn nur jemand davor
annehmen wollte sc.
Hierauff passiret dann folgends in Antwort / daß wir droben einmahl fest gestellet haben /
daß das Caliaturs-Holtz warlich ein Sandel seye / wie M. H. H. auch selbsten nichts daran
gelegen ist / ob es einige [41] davor wollen annehmen oder nicht? indem
theils die Unwissenheit davon / theils der widrige Wahn Ursach daran sind / daß das
Caliatur-Holtz unter einem andern und prächtigern Nahme des rothen Sandels / umb einen ungleich
theuren Preiß an den Mann gebracht wird. Es muß aber mein H. Herr nicht meynen / daß solch ein
abgehauen Stück von einem alten Stuhl oder Plock so schlechter Dings vor gut usual roth
Sandel-Holtz passiren könne / gleichwie man es in denen Apotheken ordinaire zu Kauff findet:
Sondern es muß solches von einem älteren un̅ reiffern Baum kommen / als das
andere / so durch den Banck und Schlechter ist / und zwar nur von derselben Hertz / welche dann
auch etwas rarer fallen; Zu geschweigen / daß sie auch wissen den Grund zu unterscheiden / wo
das kräfftigste zu wachsen ofleget / so auch viel dazu thun kan; Wie gleicher Weiß das gelbe
Sandel-Holtz selbsten von keiner so grossen Würde seyn könte / wann man die junge Bäume nur
darzu fällen würde / welche nur einen sehr flüchtigen Geruch von sich geben dörfften.
Was die oben supponitte dritte Sort, oder M. H. H. r. ten rothen Sandel anlanget / von
welchem sie „schreiben / daß die Portugiesen und andere Indianer „denselben in so grossen Werth
hiel???en / nu̅ bey gantz" kleinen Stücklein verkaufften: So wil ich gern zugeben
/ daß ein Stück wol dienlicher und besser ist als das ander / wiewol ich sonderliche und so
grosse Würde an dem rothen Sandel, der aus AEthiopia gebracht war / noch nicht gefunden hab /
allwo nach M H. H. doch selbige köstliche Sort wachsen sol. Indessen kann man doch daraus noch
nicht schliesen / das 2. verschiedene Species von dem rothen Sandel-baum seyn solten / so
mercklich auch der Unterscheid von beyden sey / dieweil ich durch die Erfachrung gewahr bin
worden / daß der Grund die Lufft / sc dem. selben Gewächß eine extraordinaire Erhöhung der
Krafft / Geruchs und dergleichen über andere mittheilen und eintrucken könne; Welcher grosse
Unterscheld auch sehr deutlich an dem gelben Sandel-Holtz / zwischen demjenigen / so auf Timor,
und dem so auf Coromandel gewachsen / hervorblicket / da dennoch beyde von einer Art Bäumen
herrühren; und gleichwie die Gelahrte es vor eine Regul halten / quod entia non sint
multiplicanda sine necessitate, so darff ich auch / aus so einem schwachen Grund / kelne neue
Speciem eines rothen Sandel-baums / von dessen existenz ich noch die geringste Wissenschafft
nicht hab unter die Gewächse oder botanica ein führen: sondern halte mich allein vergnügt / daß
den usualen rothen Sandel außgemachet und angezeiget habe / und lasse inzwischen M. H H. dessen
Gerstsich was höher / als der meinige auffschwinget / in fernerer Nachspu̅rung /
von dessen zweyten rothen Sandel, ohnverhindert fortfahren.
So bald ich Gelegenheit habe / so wil ich einmahl vernehmen / von welchem Baum die Chineser
ihr Eß-Stöckgen machen / und was für ein Holtz sie durch den Nahmen Tzidji oder Tzidjoe,
verstehen. Allein diese Nation ist hier auf Batavia so abstract und heimlich hinter dem Busch
haltend / auch so unfreundlich und seltsam / daß ich wenig Hoffnung darvon machen / diese Sache
durch dieselbige zu expediren / sofern sie auch schon eine vollkom̅ene
Wissenschafft darvon hätten / und also zulänglichen Bericht geben könten.
Womit ich also einmahl zum Ende von dieser Sandel-Materie kom̅e / welche
Aufangs gantz kurtz vermeinte abzuhandeln; weil mich aber dieses Subjectum von einem in das
andere zoge / und führete / umb die Sache et was näher und deutlicher zu verfolgen / so ist
dieser Discurs auch so weitläuffrig gefallen; welches doch M. H. H. wie ich hoffe / nicht
verdrießlich vorkommen wird / weil bey gehabter Gelegenheit immer noch ein und andere curieuse
Anhänge en passant berühret habe.
Ehe ich aber förder gehe / kann M. H. H. nicht bergen / wie daß mich sehr Wunder genom̅en / daß derselbe so eine inepte opinion von mir hat / als wen̅ ich
alle die Bäume / die nur Blut thräncu / so schlechter Dings unter die rothe Sandel-Bäume
stellen und auch dafürhalten wolt / da doch in meinen Briefen an M. H. H. nicht das geringste
zu sinden / woraus man solches schliessen köme. Obgemeldter Biutthränung / welche dem
Caliatur-baum eigen ist / gebrauchte auch nicht zu einem argument, daß derselbe ein Sandel-Baum
sey / sondern applicirte solche dem Nahmen / welchen die Einwohner auf der Küste von Coromandel
ihm beylegen / und dem Geruch des Holtzes nach Sandel, wobey ich den Sandel-baum vor allen
andern erken̅e / auch dadurch unterscheide / und scheue mich gar nicht alle
sothane Bäume unter diese Class zu nehmen / die nur einen Sandel-Geruch von sich geben sollten
/ hoffe also / daß M. H. H. endlich meine wenige Meinung wohlbegreiffen werde / mit freundl.
Bitte mir künfftighin keine Meinung keine Meinung beyzulege̅ / so nicht klärlich
aus meinen Schrifften hervor scheinet / auch keinemmünolichen rapport oder Schreiben wege̅ einiger opinion, die ich in dieser oderjener Sachen führe̅ sollte /
Glauben nu̅ Gehör zu geben / ehe und bevor mich deßwegen selbsten werde erklären
und vernehinen lassen; welches mich also gegen M. H. H. verschen wil.
Hierauf nun wieber auf fernere Bcantwortung M. H. H. Briefen zu kommen / so kommt derselbe
nun auch so weit / daß er nun auch gern das jenige / wogegen man sich zuvor so sehr setzte /
zugeben wil / daß nemlich der erfundene rothe Safft des Caliatur-baums vor das Drachen. blut
oder Sanguis Draconis gehalten werden könne / wotinnen M. H. H. alle den vornehmsten Authoren
folget / welche dasselbe vor eine lachrymam, oder Thräne eines Baumes halten / und hat das
zusammen gelauffene Blut von dem Sandel-baum die allerbeste und schönste Zeichen der Kräfften
und Tugenden / so man an irgend einer anbern Sort des Sanguinis Draconis solte finden können;
Und meldet Flacourt in seiner Historie von Madagascar pag. 135. & 136. drey
sothanige Pflantzen / die ein Blut thränen / wovon er auch einige Beschreibung beysetzet /
welche ich hiermit einverleibe / zu dem Ende / daß / gleichwie mein hochgeehrter Herr
leichtlich alles selbsten in diesem Scribenten finden wird / also derselbe in Amboina
&c. darnach könne fragen und inquiriren lassen. Die Wotte solcher turtzen
Beschreibung lauten in ihrer eigenen / das ist / Frantzösischer Sprach / also:
|| [42]
89. Varaucoco c' est une rampe qui soutortille aux gran???s arbres. Il apporte un fruict
violet, qui est gros comme une pesche, dans lequel il y quatre gros grains, ou noyaux: sa
poulpe est douce & bonne à manger; mais il se pourrit, au bout d' un anne de l'
escorce de la plante en sort une gomme rouge, comme du sang, qui est un peu resineuse. Sa
moyenne escorce est espaise, comme une demy quart d'escu, de couleur de nacarat: &
quand elle est bruslée à la chandelle, elle se fond ainsi que de la gomme lacque, &
en a l' odeur, je l' ay experimenté.
90. Rhaà c' est arbre, qui apporte le sang de Dragon, ce mot Rhaà signifie sang, il y en a
une autre Sorte, que l' un nomme Mafoutra, qui jette du sang, ainsi que celuycy, dont ie
parleray cy-apres. Le Rhaà est une atbre grande, comme: un noyer. Il jette le sang de son
escorce de ses branches & de son trone, lors qu' il est, ou piquè, ou coupe, ou
blessé, ne plus, ny moins, qu' une homme. Le sang destille de saplaye ainsi rouge que le sang
d' un animal. Son bois est blanc & bientost sujet à la pourricure. Sa fueille est
comme la fueille d' un poirier, un peu plus longuette: Sa fleur est rouge, de couleur defeu,
longue, comme un ferret d' esquillette & de mesme forme: Son escorce en decoction
atteste le Rux de sang.
91. Mafoutra ou Voa foutra, fruict provenant de l' arbre, qui produit le sang de Dragon de la
grosseur d' une petite poire & dela mesme forme, horsmi que le gros du fruict est
du costè de la queue & qu' il a cinq cornes. Dedans est enfermé un noyau qui n' a
qu' une simple peau, un peu ferme & dedans ce noyau est continue une amande de la
mesme forme d' une noix Muscade, de la mesme couleur & en approche de l' odeur.
De cette amande ils en font une huyle crasse & espaisse, qui est un tres
souverain remede aux inflammarions à la bruslure, erisipelles & de mangeasons de
enir. Elle est tres anodine. Au reste c' est un abus de croir, que ce fruict represente sous
son escorce un Dragon: car jay plusieurs fois ouvert de ces fruicts & n' ay rien
reconnu de tant cela. Il y a trios sortes de ces arbres, qu' cut le fruict different, je n' en
ay remarqué encores que celuy cy.
So viel schreibet dieser Author von denen Drachen-bluts-Pflantzen / von welchen M. H. H. wol
ein oder andere / vielleicht auch alle allda außspüren kan; Wie ich dan̅ deßwegen
meine vorige Bitte hiermit wiederhole / daß ste mir von alle dem Gewächse / die / nachdem sie
gequetschet werden / einen rothen Safft geben / ein Muster von Blättern / Blumëun̅ Früchten samk einer kleine̅ Amveisung von allen derselben Theilen / sofern man
sie daraus erkennen kan / ohubeschwert schicken wollen; wie ichden̅ auch alle
Mähe anwen. den werde / M. H. H. ehistens das rechte Dzjerenàng-Rohr zu verschaffen / welche
derselbe sicherlich erwarten kan / indem ich von dieser gum̅ostchten Art
dzjerenàng ohne dem etwas weiter zu handeln entschloffen bin. Unterdessen kann dieses M. H. H.
jetzo nicht bergen / daß ich verständiget worden / wie diejenige / so das Drachenblut vor eine
lachrymam, d. i. vor eine Thräne oder Gum̅i einer Pflantzen halten / die
dzjerenàng, d. i. M. H. H. Drachenblut davor nit annehmen wollen / dieweil ihnen bekant ist /
daß die dzjerenàng eigentl. kein Blut-safft sondern nur allein ein Tinctur sey / so aus der
Blume und Frucht dieses Rohrs / welches durch das quetschen in geringsten keinen rothen Safft
von sich gibt / extrahiret / und nach dem über dem Schwadem des heissen
89. Varaucoco ist eine Rebe / welche sich an hohe Bäume windet. Sie trägt eine blaue Frucht /
welche so groß als eine Pfirsche ist / in welcher vier grosse Körner oder Nüsse stecken: Ihr
Marck ist süß und gut zu essen / allein sie verfaulet zu Ende eines Jahrs. Aus der Rinde dieses
Gewächses rinnet ein rothes Gummi / wie Blut / welches etwas hartzicht ist. Die Mittel-Rinde
ist dick / wie ein Orths-Thaler / und hat eine Nacarat-Farbe Und wann man dieselbe an dem Licht
verbrennet / so zerschmeltzet sie wie Gummi Lac; hat auch eben den Geruch / wie ich es selbsten
erfahren habe.
90. Rhaà ist ein Baum / von welchem das Drachen Blut herrühret. Dieses Wort Rhaà bedeutet
Blut / und man hat noch eine andere Sort / welche man Mafoutra heisset werden. Der Rhaà ist ein
grosser Baum / wie ein Nuß-Baum. Sein Blut kom̅t aus der Rinde seiner Aeste und
des Stam̅s / nach dem sie ein wenig geritzet oder verwundet worden / un̅zwar nit mehr / nach weniger / als ein Mensch. Dieses Blut tropffet so roth aus der
Wunde / wie das Blut eines Thiers. Sein Holtz ist weiß und saulet gar leichtlich. Sein Laub ist
wie Birn-Laub / doch etwas länglichter-Trägt eine rothe Feuer-farbichte Blüt / welche länglicht
/ wie ein Nessel Stifft / und ist auch so gestalt. Wann man die Rinde im Wasser gekocht
brauchet / stillet sie das bluten.
91. Mafoutra oder Voa foutrae, ist die Frucht desjenigen Baums / so das Drachen-Blut zeuget /
so groß wie eine Birn / auch also gestaltet / ausser daß sie am Ende dicker ist / und fünff
Hörner hat. In der Mitte derselben ist eine Nuß oder Rern enthalten / welcher eine einfache
Haut / so etwas fest ist / über sich hat / und in dieser Nuß lieget eine Mandel / wie eine
Muscaten-Nuß anzusehen / von eben solcher Farb und Geruch. Aus diesem Kern presset man ein
dickes fettes Oehl / welches als ein souveraines Mittel gegen alle Entzündung bey dem Brand /
Rothlauffe und fressenden Schäden der Haut gelobet wird / und stillet den Schmertzen. Daß aber
diese Frucht unter ihrer Schale die Figur eines Drachen praesentiren soll / ist ein blosser
Abusus und Aberglauben / indem ich viel Stücke dieser Früchte geöffnet / aber niemahlen
dergleichen was gefunden habe. Man hat 3. Sorten dieser Bäume / welche gantz unterschiedene
Früchte tragen / wiewohl ich sonst keine / als diese habe finden können.
Wassers zu einer mass gebracht wird; welches ich hie wol etwas näher außführë wolte / wenn
ich nit wüste / daß M. H. H. vollkom̅ene Information davon hätte. Inzwischen
bitte dieselbe auch um ein Muster von demjenigen Rohr / so jenem gleichet / mit den Blumen und
Früchten / nebst einer dergleichen kurtzen Beschreibung / daß man sie von allen andern
Speciebus unterscheiden könne / um eine gegen die andere zu halten / und fernere Speculationes
darnach einzurichten.
Nachdem ich numnehro in meiner jüngsten Reise nach Persien / auf Couchin, das Sirei oder sire
an seinem Stengel mit den Blumen en passant gesehen / auf Batavia und anderswo nicht gefunden
hab / so darff ich auch wol / wegen Ubereinkom̅ung des Generis behaupten / daß
das Sirè eine Species des rechten Schoenanthi sey / wovon ich die warhafftige und genuine Sort,
d. i. das Arbische Schoenanthum vor M. H. H. aus Persien beschrieben / aber noch nit bekom̅en habe: Weßwegen bey der ersten Gelegenheit solche von dar wieder fordern / und
sobald es bekom̅e / an M. H. H. befördern werde; Daß alsdann derselbe zwischen
der einen und der andern Sorte, einen sehr notablen Unterscheid an dem Geruch der Wurtzel wird
bemercken können.
|| [43]
Ich bin sehr vergnügt / daß M. H. H. Herr meinen Rhamno-rubus, so ich vor den Hagedorn /
welcher rund umb die Gräntzen dieser Stadt wächset / gehalten / und an dieselbe abgeschicket
hatte / auch vor den Kudrang erken̅et- und kan ich mich nicht genug verwundern /
daß so wenig Leute den lebendigen Strauch kennen / da doch so vielen das Holtz / welches sie
zum gelb färben brauchen / nicht unbekant tst: Wie dann deßwegen M. H. H. auch eher keinen
Bericht davon bekommen hat. Wann aber M. H. H. dabey gefüget hat / daß der Ambonische von
meinem etwas unterschieden sey / so bäte / mich zu berichten / worinnen eigentlich die
differenz bestehe. Indessen ist der Zann oder der Hage von diesem Dorn / weil er nach etlichen
Jahren zu einen Stam̅ auffschiesset / und unten nicht wol schliesset / wie schon
in meinen vorigen Briefen gemeldet / auf einmahl außgerottet worden. M. H. H. gedencket auch
eines andern Dorns / welcher ihm vor den Batavischen obtrudiret worden sey / und rothe Beerlein
/ so zu essen taugten / trüge / auch den Hagedorn in unserm Vaterland nicht ungleich schiene:
Von welchem wohl auch ein Muster haben möchte / sambt einer kleinen Anweisung / umb zu sehen /
ob denselben auch kenne oder nicht?
Ich habe es sehr gefährlich und betrieglich befunden / daß man die Indianische Gewächse
allein nach der Beschreibung und Anzeigung der Alten / von der Form und Gestalt / ja wohl gar
der Araber / welchen die Grichen meistens folgen / außforschen wil / wie unter so vielen
solches gantz klärlich an dem Malabathro, so das Caneel-oder Zim̅et-Blat ist /
wie ich gar gewiß weiß / da nichts weniger die Alte so außdrücklich schreiben / daß dieses
Blatt allein auf den Wasser grüne und wachse / ohne daß es auch mit einem eintzigen Fäserlein
an den Grund anwachse. Also gehet es auch mit dem Dioedaar, welcher in der Persischen Sprach so
viel heisset / als Daemonum arbor, oder Daemonum lignu̅, Dewadaro, bey den
Indianern / aber auf Maleiisch der Götter-Baum genennet wird; ist ein Holtz / so den Grichen
und Römern unbekant gewesen / nachgehends aber aus India in Persien und Arabien zum Gebrauch in
der Artzney gebracht worden / wovon mir der Baum auf der Kust von Coromandel einsten gezeiget
worden / welcher keine Gleichheit mit einem Cypressen-oder Fichtenbaum / vielwniger mit dem
Sieben-Baum hatte / wiewohl er von den Persianern und Arabern darunter gerechnet / auch unter
einer solchen Gestalt bey ihnen beschrieben wird; Welche Meinung / wie es scheinet / sie von
dem Ansehen des Holtzes gefasset haben / so ein wenig fetticht / als ob es mir Oehl
überstrichen wäre / außsiehet / auch in dem brennen keinen unangenehmen Geruch von sich giebt;
wie es den̅ den Maleyern / welchen ich eine Prob davon gezeiget / auch bekannt
war / von welchen ich höre / daß es hier auf Java auch wohl wachse. Solte ich dessen hier
mächtig werden / werde ich nicht nachlassen M. H. H. davon part zu geben / und daß sie auch
davon eine vollkom̅ene Kundschafft haben möchten. Sofern nun der Dewadaro oder
Dioedaar unter den Cypressen-oder Fichtenbäumen zu suchen wäre / so hab ich noch zur Zeit in
Indien keinen andern gesehen / welcher damit näher übereinkäme / als den so genanten
Casuaris-Baum / welcher hier auf der Moronda längst dem Ufer in grosser Menge stehet / indem
mir die Art runder Früchten / so im Gebirge wachsen / noch nicht zugebracht worden: wird
sonsten auf der Maleiischen Küste Roe-roe, und die Zweigen darvon allhier auf Batavia
gememiglich Dawon Tsjamara geheissen / unter welchem Namen denselben auch die Javaner kennen.
Ich werde nicht unterlassen / bey erster Gelegenheit ein Muster von dem auffrichtigen Calamo
Aromatico von der Küste Coromandel abzufordern / auch zugleich alle Kräfften anzuwenden / ei
Aestgen von dem Caliaturs-Holtz von dar zu bekommen / welche beyde M. H. H. gewiß zu erwarten
hat / sobald derselben habhafft seyn werde.
Wachdem meine Rückreise aus Persien anhero nicht über Ceilon gefallen ist / hab ich auch
allda dem Verlangen M. H. H. gemäß nicht nach dem Katzen-Aug fragen können. Indessen berichtet
mich allhier ein gewisser Capitain, Nahmens van der Poel, (so lang auf Ceilon gelegen / und
grosse notiz und Erfahrenheit von dem Land hat / auch vorgiebt / daß er eine geraume Zeit die
Auffsicht über die Edelstein-Gruben gehabt / und alles mit seinen Augen gesehen hätte / daß die
Katzen-Augen aus dieser Insul geholet würden) daß diese Steine keine Art Mustika von einigen
See-Gethiers oder Muschel könne sezn / als man meinen hochgeehrten Herrn hat weiß machen
wollen.
Ich hab fast gar keine Erfahrung von denen Musticas, wie auch von denen Donnerkeilen / weil
meine Erforschungen und Speculationen nur allein zu solchen Dingen gerichtet sind / die ich un
Werck selbsten sehen / unterfinden und jeden unter Augen legen kan; Doch glaub ich / daß unter
dem Nahmen der Musticas auch viele Falsche und Nachpractisirte laussen / indem ich in deuen
Ländern / welche ich durchreiset bin / hiervon nicht viel sagen hören: weßwegen M. H. H. keinen
nähern Bericht davon geben kan Vielmehr möchte von denenselben wissen / in was für Früchten /
Höltzer sc. sie dieselbige gewiß gefunden hätten / der ich sonst scrupulos bin / dieselbige
dafür anzunehmen / weil mir von dem jetzigen König zu Palimbang von einem glaubwürdigen Freund
erzehlet worden / daß er vor etlichen Jahren alle die Hauffen Ballast / die vor der Compagnie
Hauß niedergeschmissen lagen / auffschlagen lassen / und die harte oder sonst gläutzeude
Stücker / so darinnen zu finden waren / schleiffen / accommodiren und in Ring habe setzen
lassen / welche nachgehends vor Musticas und Panawar-Steine bey Verehrungen und andern
Gelegenheiten hat gelten lassen: Und glaub ich / daß unter der Zahl von 400 Sorten von
Musticas, die dem Capitain Ioncker allhier auf Moronda, durch Abbrennung seines Hauses / wie er
mir erzehlet hat / verlohren gangen sind / sehr viel falsche gewesen seyen.
Ferner kan mich nicht genug über derjenigen Kübnheit verwundern / welche solche Dinge von mir
aussprechen dörffen / davon bey nahe un geringsten nichts wahr ist: Gleichwie von M. H. H.
Baase gesagt worden / daß ich auf der Küste Co [44] romandel ein
gewissen Sand solle gefunden / auch daraus soviel gelb Kupffer solle gezogen haben / daß ein
Beschlag zu einer Küste davon seye gemacht worden. Worbey M. H. H. mir vergönnen wird mit
grösserem Anhalten noch einmal zu bitten / daß sie anderer Erzehlungen vö meinen Sachen und
Meinungen / nicht weiter wolle annehmen und gelten lassen / als sofernich mich darzu verstehen
werde. Mit dieser Sach aber ist es also zugegangen: Nachdem ich vernommen / daß tieff im Land
drinnen etwas roth Kupffer fiele / hab ich aus curiosität jemanden nach diesem Platz abgesendet
/ umb etwas darvon zur Prob abzuhohlen / welcher mir auch ein Zäckgen davon zurück gebrachthat
/ ohne daß etwas damit ausrichten oder einig Kupfferwerck darvon hätte machen können; worvon
zwey Stückle in / beneben einem Würtzelgen von der Rayz de Moncus, der Schlangenwurtzel oder
Clematit. Indicae Foliis Persicae fructu periclymeni durch Herrn Petrum van der Vorm, meinen
sehr guten Freund / wie sie kürtzlich erst bekommen / an M. hochgeehrten Herrn zu fernerem
Nachdencken und Betrachtung übersende.
Die Insul Tylos / deren Plinius und andere gedencken / halte ich M-H. Herrn vor Bahhwin.
Weilen aber alda kein Capoc noch auch ein anderer Woll-tragender Baum / ausser der holtzichten
Cattun-Pflantze wächset; so kann ich auch kein andere / als dasselbige / nemlich Gossy pium
arboreum, worvon Prosper Alpinus und Veslingius schreiben / davor annehmen / zumahlen diese
Baumwolle umb solche quartiren in abundanz hervor kommt.
Also Hab ich nun meine Antwort auff M.
H. H. angenehmes Schreiben dermahlen zu Ende gebracht / welche zu erst zimlich weitläufftig /
darnach aber doch wieder zimlich kurtz und impolit gefallen ist / welches der Eilfertigkeit zu
zuschreiben / auch sonsten alle andere Gebrechen bestens zu excusiren bitte.
Wann ich noch einige Zeit übrig gehabt hätte / so hätte noch einige andere Materien zusetzen
können / auch M. H. H. noch um Bericht von ein und andern Kräutern bitten wollen; damit wir
aber nicht allzuviel auf einen Hauffen herbey hohlen / zumahlen wir schon tieffgnug stecken: so
will jetzo nichts neues mehr auf die Bahn bringen / sondern dasselbige auf eine andere Zeit und
Gelegenheit ausstellen / dieses jetzo noch allein ausbittend / damit doch ein aufgetrucknetes
Kraut / mit den Blumen und Früchten sc. neben einer kurtzen Beschreibung einer gewissen Rancke
/ deren Beerlein zum truncken machen der der Fischen gebrauchet werden / überkom̅en möchte.
Es ist eine von den stärckesten Toebus oder Fisch-Gifften / so zufinden / welche / wie ich
informiret bin worden / auf Ternatanich Boti geheissen werden / und kommet unter andern
überflüssig auf dem höchsten Land von Banda hervor / wie auch auf Salayer, welches unter
Macassa stehet. So hätte ich auch gerne zwey junge Pflantzen / von der Globa Koese, in einem
Töpffen mit Erde eingepflantzet / nebst einer kleinen description der Blumen / Früchten sc.
welche ich hier setzen und zu meiner Speculation gebrauchen möchte. Ich werde hinwiederumb
fleiß anwenden/ die verlangte Gewächse aufzusuchen / um zu feiner Zeit M. H. H. zu überschicken
/ indessen nebst hertzl. Gruß und Wünschung alles Heils verbleibend
Meines Hochgeehrten Herrns
Batavia d. 25. Febr. 1689.
Dienstwilligster
HERBERTVS de IAGER.
VII.
GEORGII EBERHARDI RUMPHII Send-Brief /
An
Herrn HERBERTUM de JAGER
Mein Herr!
DIeses Jahr sind mir zwey Paqueten von M. H. H. hochgeehrten Briefen zu Handen kommen /
welche eines Inhaltes und beyde den 25. Tag iüngst verwichenen Monaths Febr. Da???iret sind /
worvon das letzte Paquet mir den 13. Julii eingehändiget worden: worbey noch eine Copie von
einem Briefso A. 1684. von Malacca an mich geschrieben worden / benebenst einem Stücklein von
der Ceylon ischen Schlangen-wurtzel / und zwey Bröcklein von dem Coromandelschen Ertz / so ich
vor Kupffer halte / gefunden hab.
Aus eben denselben Brieffen hab ich mit höchstem Vergnügen ersehen / daß M. H. H. von der
Persianischen Reise wieder glücklich zu Batavia angelanget sey / wordurch sich nun die längst
gewünschte Gelegenheit wieder eräugnet hat / unsere alte Correspondenz über das Studium
Botanicum zuerneuren / als welche solang still gestandë hat. Was ich dann zu thun habe / muß
aus M. H. H. Briefen hohlen / indem zu meinem grossen Leidwesen vor aus gleich erinnern muß /
daß alle meine Concepten voriger Briefen nebst den sehr gelahrten Schreiben / so ich nach und
nach von meinem hochgeehrten Herrn empfangen hab / durch einen schädlichen und hochbetrübten
Brand aufgeriben worden / welcher nach dem vorigen und fast gleichmässigen Brand die
überbliebene gröste Helfft dieser Stadt / auf deu 11. Januarii Anno. 87. und darunter auch mein
Wohn-Hauß / Meubleu / das meiste Theil von meiner Bibliothec, Schrifften / alle Figuren von
meinem Unterländischen Herbario und sehr viele andere ungemeine R???ritäten in die Aschen
geleget hat. [45] M. H. H. Briefe von Malacca geschrieben / wie auch das
Aestgen von Gitta Gambir, sambt denen Küchlein / so darvon gemacht / waren auch darunter / ohne
daß ich einigen Abriß darvon hätte behalten können / weßwegen die darinnen genommene Mühe auch
vergebens ist.
Nach dem Einhalt dessen beliebten Schreiben / halt ich vor nöthig die Beschreibung von dem
Coelit lawan oder Cortice Caryophyllode, so nunmehro zu Batavia Cortex Aromaticus genennet
wird: von den Ganitris und von der Tuba Baccifera, insgemein Bori Bidji genant / beneben
einigen Zweigle in und Früchten der vorgeschriebenen Gewächsen zu übersenden.
Diesem letzteren Puncten nun ein völliges Genügen zuleisten / werde mein bestes zuthun
suchen; weßwegen M. H. H. die Beschreibungen von den 3. zuvor benambten Gewächsen hierbey
finden wird / benebenst einem näheren Bericht von einigen andern / so in Horto Malabarico
begrifsen sind / welche mir sonst ineistentheils unbekandt sind.
Die Erklärung des Bontij Tract. hatte ich vor 4. Jahren fertig gemacht / umb solche M. H. H.
bey dessen Retour zu zusenden / welche aber seithero durch den obbemelden Brandt zernichtet
worden / daß ich also solches nicht werde praestiren können / zumalen ich auch den Bontium
nicht mehr hab / indem imsern Alt-Gouverneur Hr. Pardbrugge nicht bewegen können / daß er mir
bey seiner Abreiß diesen Authorem umb seinen Werth überlassen hätte / welchen ich sehr zuhaben
wünschte / benebenst dem Buch / so D. Piso von den Brasilischen Kräutern geschrieben hat.
Die frische Früchte von den 3. oben benahmten Pflantzen / kan ich dißmahl nicht, mit schicken
/ indem es ausser der Zeit im Jahr ist Unterdessen köm̅en die ausfgedörrte
Früchte von der Tuba Baccifera anjetzo mit / welche im verwichenen Jahr in meinem Garten
gewachsen sind / da sie sonsten in dieser gantzen Insul wenig zu finden. Seine Reben / so aus
der Wurtzel gewachsen / umbfassen die 2. Seite von meinem Garten / und tragen fruchtlose
Dotten-Blumen / indem die Früchte nicht an den Reben / sondern an den Stiele un̅dem Stam̅ wachsen / von welchem sie mir die Vorbeygehende meistens abgekniepet
haben.
M. H. Herr wird beyd ren ersten Anblick Zweiffels ohne gewahr werden / daß es diejenige
Körner seyn / welche in denen Apotheken und unsern Kräuter. Büchern Cuculi oder Cucculi Indi
genennet werden / welche nach meiner Meinung auf der Insul Java, unter dem Balischen und
Javanischen Nahmen Boprong nicht unbekant sind. So zweiffele ich auch nicht / daß sie die
Ganiters besser als ich kennen solten / wenn sie die 2. oder 3. Sorten / welche hiermit
überkommen / anschauen und betrachten werden / indem ich sowohl von den Einwohnern als
Europaeischen Kauffleuten versichert worden / daß die allerkleineste Sorte, welche wir hier
nicht haben / unter den Benjanen und Codjas, so sie umd den Leib tragen / eine gute Waar von
grosser Kauffmannschafft seye / wovon doch nähern Bericht von M. H. H. erwarte. Man hat mir
zwar ein gewisses Kunst-Stück eröffnet / womit man die Bäume gewehnen könne / daß sie nur
allein kleine Körner tragen; Allein es gelüstet mich nicht viel Zeit und Mühe daran zu wenden /
dieweil es Bäume sind / die im Vorgebirge grünen / und viel Jahre / in den Gärten erzielet zu
werden / erfordern.
Die vorgemeldte Zweigen und Früchte sind in ein viereckichtes Kistgen gepacket / welches M.
H. Herz auf diesem Schiff zugesandt und mit H. D. I. gezeichnet worden.
Eben darinn hab ich noch ein Aestgen von dem Ambonischen Cudrang, so in meinem Garten
gewachsen / beygepacket / dessen Stam̅ doch / so dick er auch ist / das berühmte
Färb-Holtz nicht lieffern wil / gleichwie sonsten der / so auf Java wächset / zu thun pfleget:
Woran zu mercken / daß die Biätter von dem Ambonischen grösser sind / als an dem / Javanischen
/ wiewol sie sonsten gleich kommen; so stehen auch die Dorne an dem Ambonischen mehr
hinterwärts gebogen / und die Früchte werden nit groß / welche meist aus weissen Schuppen / so
doch nicht zu essen taugen / bestehen. Wünschte deßwegen eine nähere Beschreibung / von der
Javanischen Sorte zu haben / umb unter M. H. H. geehrten Nahmen den Ambonischen beyzufügen.
Der andere dornichte Strauch / so vor einen Hagedorn angeschen und von M. H. H. angeführet
worden / findet sich gnugsam auf Java, unter dem Nahmen Nahmen Spina Spinarum beschrieben /
weil ich meines Wissens kein ander Gewächs gesehen hab / daran die Dornen mit Büschlein auff
einander wachsen / als dieses: weßwegen auch zu besseren Unterricht ein Zweiglein dardon aus
meinen Garten mitgeschicket habe.
M. H. Herr wird anbey eine andere Frucht finden / so mir unlängst von Macassar unter dem
Nahmen Udani zugesendet worden / und an einem unbeschnittenen un̅ sich hin und
her schlingenden wilden Strauch wächset / worvon die Körner aus den Früchten wie Catappan
schmecken / und in grossem Gebrauch sind die Spulwürmer / sowol bey Alten und Erwachsenen / als
kleinen Kindern / auß zutreiben: Und weil ich höre / daß sie den Maleyern und Javanen auch
bekant sind / so erwarte nähern Belicht / und den eigentliche Maleyischen Nahmen davon / sofern
die Chineser auch einige Wissenschaft davon haben. Doch braucht eben keine lange Beschreibung
dabey zuseyn / welche nur den Kaum und vieles Papier erfüllen würde / so man alle die
Veränderung / welche dieser Proteus in seinem Wachßthum machet / und mir schon zur Genüge
bekannt sind / erzehlen solte.
Das Stücklein von der Ceylonischen Schlangen-Wurtzel / so / wie ich meine / auf Java
gewachsen und allda Hampa, dutana genen̅et wird / ist mir wol worden / dessen
Bitterkeit ich stracks gewahr wurde / so bey nahe mit einem andern dergleichen Stük Wurtzel
übereinkäme / welches einige Chinesische Bürger anhero gebracht haben / und bey den Javanen /
die alihier wohnen / Pudra wali genennet wird.
Diß Pudra wali sol ein schlingend und kriechend Gewächs oder tali seyn / von einer so
empfindlichen Bitterkeit / daß die Javanen solche anzurühren Be [46] dencken tragen / dieweil die Bitterkeit kaum durch öffters waschen von den Händen zu
bringen ist; weßwegen es auch wenig in der Medicin gebräuchlich ist / obschon an dessen
Uberbringer mercken konte / daß er solche nicht ohne Abzielung von einigen Curen mitgebracht
habe.
Wir haben allhier in Amboina, in dem Moluccis und auf Timor ein Strandbäumgen / welches an
allen seinen Theilen so bitter ist / daß es in meinen Schrifften Rex amaroris von mir genennet
worden / welches dannoch im Ternataenschen Soulamu, das ist / Capitain der Medicamenten heisset
/ dessen Ambonischer und Maleitscher Nahme mir unbekant ist. Ich hab ein Stück von der Wurtzel
/ beneben derselben Früchhten / so wie grüne und platte Hertzger außsehen / in dem obenbemldten
Kistgen übersendet / zu dem Ende / daß diesem unserm König der Bitterkeit einen Kampff mit der
Javanischen Hambadutana oder mit der Pudra wali zu wagen zugelassen möchte werden / umb zu
sehen / wessen Bitterkeit überwinde. Verlieret er denStreit / so ist nichts daran gelegen /
weil er nur ein schlechter Amboinees und nichts desto weniger ein Capitain ist / so bey den
Maluccanern sehr berühmt ist gegen viele Kranckheiten zu streiten / absonderlich gegen allen
Gifft von gifftigen Thieren. Ist er bey ihnen bekant / so erwarte mit meines hochgeehrten
Herrns Belieben / den Maleitschen Nahmen. Man find ihn wenig / und zwar nur auf steinigten
Stranden / mit grossen langen Blättern / so der Blume Goelong tsjoetsjoe sehr gleich kommen /
welche jetzo nicht zur Hand habe.
Der Nahme von der Globba Koese ist mir nicht bekandt / wiewohlen 3. Sorten / so zu essen
diene / und noch einige wilde in diesen Wäldern wachsen / worvon ich die gemeineste und die man
meist in der Kost gebraucht / hier mit übersende / worvon allein die frisch ausgegrabene
Wurtzelder grossen Galanga oder Lanquas nicht ungleich ist / welche / wie ich hoffe / bey ihnen
wohl auffschiessen wird / wann sie wird gestecket und gepflantzet werden; die zu essen
dienenden Früchten kommen selten aus der Wurtzel fort / und sind schon mehrmalen von den
Liebhabern aus Amboina verschrieben worden / umb auf Batavia zu pflantzen.
So bekom̅t M. hochgeehrter Herr auch die Früchte von der grössesten Sorte
Palmijuncus oder Rotang Calappa, welche auff dieser Insul wächset / doch sonder einigen
Gebrauch / worvon die Blätter jetzo nicht bey der Hand habe: dieselbe kommen etwas mit
denjenigen überein (wiewohlen sie etwas grösser sind) welche mir vor 4. oder 5. Jahren / ohne
Zweiffel uff M. H. Herrn Recommendation, von Java zugesendet worden / und zwar durch Hrn.
Iacobus de Vicq seel.: woraus nach M. H. H. Bericht das Djernáng auff Palimbang gemacht wird /
welches mich auch gewisse Sinesische Bürger / so allhier wohnen und solchem Werck offt
beygewohnet haben / versichert haben. Ich möchte wohl desselben Praeparation wissen und von M.
H. H. erwarten / indem jetztbemeldte Chineser mir dieselbe nicht deutlich genug beschreiben
können. Daß ich nun mit Erlaubnus M. H. H. das Djernang, oder ein Sanguis Draconis oder
Drachenblut halte / worfür es in diesen Ostischen Theilen von Indien passiret und gebräuchlich
ist / geschihet keines weges zubehaupten / daß es sonsten kein ander Sanguis Draconis gebe /
und in andern Theilen der Welt bekandt sey / indem mir schon bewust / daß man in denen
Apothecken von Europa zum wenigsten noch eine andere Sorte Sanguis Draconis in guttis genandt /
findet. Unterdessen kan M. H. H. nach dero Belieben die Küchlein von diesen Djernàng allen
dorten und bey ihm gegenwärtigen Apotheckern zeigen / und vernehmen / ob sie dieselbe vor ein
Sanguis Draconis halten oder nicht.
Alle die Bäume und Pftantzen / so in diesen Quartieren wachsen und einen blutrothen Safft
geben / anjetzo zu specificiren / achte ich unnöthig zu seyn / dieweil mir keine andere bekam
sind / dann der Lingoo-Baum / in Malaitschen Ankana genannt / und bey ihnen nicht unbekant /
dessen licht-rothen Safft man außtrucknen und zu einem Gummi, so gantz klar wie Rubinen
außsiehet / bringen kan. Nichtweniger bekommt man einen dergleichen licht-rothen Safft / von
einem Muscaten-Nuß-Baum und der dritten Sorte von Metrosideros Moluccae, oder des Moluccischen
Eisen-Holtzes / auf Amboinisch Samar genannt / wird aber nicht gesammlet. In denen sehr alten
und halb hohlen Stämmen des gemeinen Eisen-Holtzes so allhier Caju bessi, und bey den rechten
Maleyers Caju Carbou heisset / hab ich auch / doch sehr selten / ein truckenes Gummi gefunden /
an Substanz, Farb und Geschmack / dem gemeinen Gummi acaciae nicht ungleich Von andern rothen
Säfften dieser Quartieren weiß ich nichts.
Bey dem längst geführten Dispuitgen von dem rothen Sandel-Holtz / dörfften wir nun endlich
auf eine Geigen herkommen; Indessen hätte der etlichmahl wiederholte höffliche Verweiß /
nahmentlich / daß ich in meinen Briefen meines hochgeehrten Herrns Information, die ich so sehr
verlanget hatte / mit einer ironie und spöttischen Worten solte belohnet haben / wohl aus dem
Brief bleiben mögen. Es ist ja / Gelahrter Herr und Freund / durchaus nicht meine Intention und
Meinung gewesen / jemands treue Unterrichtung zu verspotten; Sondern ich hab mich der Freyheit
gebrauchen wollen / welche zwischen bethorten und vielmehr bejahrten Disputanten erlaubet ist /
nemlich ein oder andere Objection vorzubringen / umb zu grösserer Erläuterung der Sache zu
kommen / solang man einiger Schwürigkeit oder Dunckelheit darinnen gewahr wird. Unterdessen
kann biß zu dieser Zeit noch keine grosse Reu deßwegen / was ich geschrieben / tragen / nicht
allein / weiln ich auf den worgebrachten Vorwurff noch keine Satisfaction bekommen / warumb
nemblich das rothe Sandel-Holtz so schwer zu bekommen sey / daß man auch solches kaum umbs Geld
haben kan / da ich doch weiß und von verschiedenen Schiffern verstanden hab / daß sie [47] das Caliaturs-Holtz mit halben Schiffladungen von der Küst abgeholet
haben sc. Durch welche Objection M. hochgeehrten Herrn nur anspornen wollen / mir noch mehr
rare Dinge zu communiciren / welche ich sonsten auff keine andere Weiß hätte erwarten können /
und vor welche auch danckbahr seyn und bleiben werde. Ich bin sicherlich sehr vergnügt gewesen
/ da ich aus meines hochgeehrten Herrn Brieffen nun verstanden habe / daß sie auff der
Persianischen Reise viele Dinge / so das rothe Holtz betreffen / erfahren haben / die zuvor von
uns beyden in Disputat gezogen worden. Worvon die alte Maleyers und Javanen den Nahmen
Tsjendana, Djingi oder Zingi genommen haben / war mir zuvor unbekandt und nur allein als eine
blosse Muthmassung vorgebracht: Nun aber bin ich aus M. H. H. Schreiben versichert / daß dieser
Nahm aus Africa gekommen: Ob nun vor alten Zeiten die Javanen mit den Africanen / absonderlich
mit denen von Madagascar, oder reciprocè diese mit jenen einige Commercien getrieben haben
möchten? lasse jetzo an seinem Ort beruhen; doch habe nicht unterlassen können / unter den
Beylagen zu M. H. H. Betrachtung die Ubereinstim̅ung unser gemeinen Ambonischen,
Javanischen und Madagascharsen Sprach / soviel das Zehlen anbelanget / zu übermachen /
gleichwie sie mir von den naturellen Einwohnern dieser Landen gegeben werden / absonderlich
zwischen Ambon und Madagascar: nichts destoweniger glaub ich nicht / daß diese letztbenahmte
Nationen sich jemahlen einander besucht haben / und möchten die Javaner wohl eher von ihrer
Sprach diesen beyden Nationen etwas mitgetheilet haben. Von Amboina weiß ich solches sicherlich
/ indem gantze Dörffer und Geschlechter hier wohnen / welche aus ihrer Voreltern Tradition
wissen / daß sie ursprüngl. Javanen seyen; gleichwie noch bey der Niederländer ehemahligen
Regierung / die von Ditoe, zum Widerwillen der unseren / mit denen von Ghiri, hinter Grisseck
gelegen / correspondiret haben / von welchen sie / nach ihrem Bericht / herstammen sollen.
Mit gröstem Verlangen erwarte nach Di. H. Herrn beliebten näheren Bericht und ein wenig Holtz
/ beneben seinen Blättern von dem berühmten Holtz Dewadarne oder Djoedaar, zumahlen ich
vernehme / daß er auff Java zufinden seyn soll. Sicherlich der blose Name Daemonum acbor
erinnert mich dessen / was in meinem Herbario, in dem Capitel von dem Casuwaris-Baum / aus dem
Arabischen Lexico Golij geschrieben hab / welche meinem hochgeehrten Herrn zu fernerem
Nachdencken hier beyzufügen vor gut befinde / lautend also: Bey den Arabier Betharides findet
man einige Meldung des Baumes Dejudaar, welches ein Persianischer Nahme ist und soviel heisset
/ als Daemonum arbor eine Sorte Sabinae Indicae. Ich muthmasse daß solches unser Casuwaris-Baum
seyn mus / so deßwegen Drommelbaum genennet wird / weilen man ein besonderes Sausen oder
Pfeiffen darauff höret / wann der Wind geht / dergleichen man auch an unserm Daunenbaum höret /
welches der gemeine Mann / so dessen Ursach nicht weiß / einigen Vögeln / so darauff sitzen
sollen / zuschreibet. Dieses ist mir A. 1662. selbsten geschehen / daß mir ein solcher Zweig
von einer vornehmen Person aus Ternaten zugesandt worden / welche aus Meinung / daß er mir
unbekandt wäre / mit Verwunderung darbey berichtete / daß es ein Baum wäre / darauff man den
Orpheus mit all seinem schnarrenden Spiel hören könte. Soviel von diesen Extract.
Viel von den so genandten Mosticas oder Mesticas Steinger zu discuriren / dörffte nicht
nöthig seyn / dieweilen es doch scheinet / daß M. H. H derselben Meinung sey / daß sie alle
dergleichen Natur seyen / wie sie der König von Palimbang gemacht und practiciret hat / auch
ich aus meiner eigenen Experienz von denselben nicht viel sagen kan / indem ich wenige öder gar
keine in ihrem Geburts-Platz gefunden hab: Gleichwie sie auch nicht in allen / sondern etlichen
Landen fallen. Nichtsdestoweniger wil ich dasjenige nicht eben vor Fabeln halten / was ich von
andern glaubwürdigen Leuten darvon gehöret hab / angesehen ich nicht derjenigen Secte zugethan
bin / welche alle Wercke der Natur sobalden verneinen und verwerffen / die wir nicht sobald mit
unsern Verstand begreiffen können. Gleich wie nun einem jeden bekandt ist / daß die
Bezoar-Steine mit kausenden verfälschet werden / und nichtsweniger in der That selbsten auch
wahrhafftige gefunden werden / welche nicht allein aus einem gewissen Geschlecht wilder Böcken
so unserer Nation bekandt sind / sondern auch auf der Insul Borneo in einem sicheren Schlag aus
Affen gesuchet werden: also ist es auch mir andern beschaffen Offters hab durch eine̅ gewissen Chinesen verschiedene Bezoar-Steine zu Bantham vor mich aufkauffen lassen
/ welche mit dem Chinesischen Nahmen Gautscho und dem Bastard Maleytschen Culiga kees beleget
wurden / welche gleichfals nach meinem und andern Urtheil aufrichtige Bezoar waren.
Ja es hat mir Hr. Melchior Hurt, ein Bruder von dem Hr. Alt-Directeur Anthonio Hurt,
gewesenes Ober-Haupt von der West-Rüst A. 1672. einen Stein verehrt / in der grösse von einer
runden Pflaume und artlich mit Flecken bemahlet / auch so hart / wie ein Wetzstein / welcher
aus dem Eingeweid eines / auf derselben Küste gefangenen und mit grosser Mühe getödteten
Tyger-Thiers geschnitten worden / wie er nach Bericht / mit seinen Augen gesehen hat. Wann ich
solchen Stein jetzo noch hätte / so wolte ich bey den Javanen ein schön stück Geld davor
bekommen: allein er ist vor 7. Jahren / unter meinen andern Raritäten nacher Italien gesendet
worden. Ich weiß auch wohl / daß bey vielen Neu-Gelährten vor fabelhafftig gehalten wird / was
man von dem Gold / so von dem blossen Donnerkeil herrühret / erzehlet: Wie solte ich dann
Glauben finden / wann ich sagen würde / daß ich dergleichen selbsten habe / welches
glaubwürdige Bürger / als hiesige Officirer mit eigenen Augen in dem inneren Hertzen eines
Eisenholtz-Baums gestocken zuhaben / gesehen haben / welcher kurtz zuvor von einem Donnerschlag
getroffen worden: Ja / was noch [48] mehr ist / wann ich sagen solte / daß
ich Gold und Kupffer bey mir hätte / welches mit dem Donner herunter geschlagen worden sc.
Dergleichen Exempel mehr und viel seltzamer M. H. H. von denen Javanen / Maleyern / und
absonderlich von den Maccassaren vernehmen kan / worvon ein jeder soviel glauben mag / als er
begreiffen kan. Zum wenigsten sage dieses / daß so man nicht glauben solte / was die Alten vor
diesem geschrieben es seye dann / daß wir solches just mit selbsteigenen Augen gesehen hätten /
oder solches sonsten begreiffen könten / so wäre ein grosser Theil der freyen Künsten und
Wissenschafften / die wir doch aus den Büchern haben müssen ohnnöthig und umsonst. Ich kan mich
in Wahrheit berühmen / viele Steine können zuzeigen / und in Indien gefunden zuhaben welche von
Plinio und andern alten Scribenten gemeldet / und solang bey unsern heutigen Gemmariis vor
erdichtet und Fabulos, oder zum wenigsten unbekandt gehalten worden.
Durch Mons. Latil, Bürger allhier und meinen Collegen im Kleinen Rath / hat M. H. H. eine
viereckichte Kiste von Thielen mit H. D. I. gezeichnet / zu empfangen / darinn vor das erste 6
Zweigen gepackt sind / als No. 1. das Ambonischen Cudrang, doch ohne Früchten. No. 2. der
Ambonischen grossen Ganiter mit ihren vollen doch halbreiffen Früchten und Blättern. No. 3.
Spina Spinarum auff Maleyisch Ruccam genennet / so von Java in diese Länder gebracht ist / und
deßwegen selten Früchte träget / welches sonsten runde / glatte und rothe Beerlein sind / so zu
essen taugen / und dem Europaeischen Hagedorn oder Oxyacanthae nicht ungleich sind. No. 4.
Anticholerica, in gemeinen Maleitschen Oepas bidij genen̅et / mit seinen Blättern
und Früchten: ein Bäumgen / welches auff sandichten Stranden wächset und deßwegen überschicket
wird / daß man es den Maleyen zeigen und dessen rechten Malaischen Nahmen erfahren könne /
dieweilen es ein groß Antidotum gegen allerhand schädliche Kost / so aus der See kom̅et / ist / welche sie durch ein Erbrechen auswirfft / worzu meistens die Wurtzeln
und die gelbe bittere Körnlein gebraucht werden. No. 5 zwey Aestlein von dem Culit Lawan-Baum /
worvon eines mit kleinen Blättern von einem alten Baum / bey welchem die alte abgefallene und
eingetrucknete Früchten á part kom̅en: das andere aber mit grösseren Blättern /
von einem jungen Baum. Aus den Rippen an den Blättern kan M. H. H. abnehmen / daß sie mit dem
Zimmet-Baum und mit dem so genandten Japanischen Lorbeerbaum einige Gleichheit haben. Die
Früchte von unsern Culit Lawan sind erst länglichte Beerlein / welche bey ihrer Zeitigung von
einander borsten / und eine gelbe un̅ fette / doch truckene Substanz geben /
dergleichen auch der Zimmetbaum heget No. 6. ist ein Rebe von der Tuba Baccifera, insgemein
Bori Bidji genandt / und in den Apothecken Cucculi Indi, dessen dürre Früchten à part kommen.
Item ein Sträußgen mit grün- und halbreiffen Früchten / wie sie jetzt in meinem Garten stehen.
No. 7. die Wurtzel von dem Baum Rex Amaroris, ist ein mittelmässiger Baum / welcher auf
steinichten Stranden oder Ufern wächset / im gemeinen Maleischen Bon hati, im Ternatischen
Soulamu genennet. No. 8. die gesäuberte Körner von Ganiter, von dreyerley Sorten oder Grösse /
worunter aber nicht eine von der rechten ist. No. 9 Die Früchte / so der Rex Amaroris oder Boa
hali träget / welche mit der obengemeldten Wurtzel ein köstlich alexipharmacum abgeben. No. 10.
Die dürre Früchte von der Tuba Baccifera oder Cucculi Indi. No. 11. Die Früchte von Oedani, so
bey den Maleyers ein gemein Würm-Kraut ist. Welche vier letztere in Pfeffer-Dutten gepacket
sind.
Ferner hat M. H. H. von eben demselben Mons. Latil, ein viereckigt und offenes Kästgen
zugewarten / welches von Gabba Gabba gemacht / und mit ein wenig Erde / darinn 3. Sorten von
der Globa gepflantzet sind / angefüllet ist. Hier bey aber ist zu wissen / daß das gröste Stück
von der gemeine Globba und die 5. andere Stücke mit der dünnen Wurtzel / genan̅t
Globba Durion und Globba Papoea, diejenige seyn / so M. H. H unter dem Nahmen Globba Koese
verlanget hat. Sie tragen zweyerley Früchte / die eine / so eine mittelmäßige Wurtzel hat /
trägt Früchte an einem Strauß / wie das Cardamomum, dicht bey der Erden / wovon der gedörrete
Strauß No. 12. im Kästgen kom̅t. Die andere trägt runde / stachlichte und
Graß-grüne Früchte / auch dicht bey der Erde / welche anjetzo nicht aus der dünnesten Wurtzel
sende. Alle drey muß man also gantz in einen harten Grund pflantzen / worinnen / wie ich hoffe
/ sie auff kommen sollen. Oben auf diesem Kästgen ist noch ein Krantz von einer Melckouw, mit
dicken Striffen und mehlichten Blättern / wird allhier auf Ambonisch Susuela, das ist / grosse
Melckouw genennet / und wird von mir vor ein Apocynum Indicum gehalten / so eine Cron mit
weissen Blumen / welche wie Cravos, so die Mixstys in den Ohren tragen / außsehen / worauff
lange Schoten folgen / in welchen ein wollichtes Wesen / wie Plock-Seide / lieget / und durch
den Wind versteubet wird. Dieses aber geschiehet / umb zu probiren / ob die Blätter grün nach
Batavia kommen können / und sie allda bey denen Javanen bekant sind. Womit dißmahl schliesse /
und nach hertzlichem Gruß meinen hoch geehrten Herrn in die väterliche Beschirmung des
Allerhöchsten empfehlend verbleibe
Meines Hochgeehrten Herrns
Amboina Victoria d. 14. Sept.
Dienstwilliger Freund und Diener/
RUMPHIUS, m. p.
|| [49]
VIII.
EXTRACT
Auß
Herrn GEORG EBERHARD
RUMPHII
Send-Schreiben /
An
D. WILHELM ten RHYNE.
P. P
VOnsten hab ich 10. Bücher von den Ambonischen Kräutern / und eines von den See-Gewächsen
unter Handen.
Cortex Ovinius oder Massoy, eine hitzige und aromatische Rinde / ist hier so wohl / als zu
Batavia außländisch / und wird von N. Guineâ gehohlet; weßwegen deren Gebrauch leichtlicher bey
einem Muleya oder Balier, als allhier kan erforschet werden.
Lagondy ist überall zweyerley / 1. das Männchen mit fünff Blättern / wird zu einem Baum und
wächset an dem Ufer. 2. Das Weibchen hat nur 3. kleinere Blätter / und bleibet in diesen
Insulen nur ein kleiner Strauch / auff Batavia aber wird es zu einem Baum / und ist allein in
der Artzney gebräuchlich / wovon meinem HHn. vor etlichen Jahren / wie ich vermeine / die
Blätter überschicket habe.
Herba Moluccana, so bey dem Christophoro à Coste Cap. 5. 9. beschrieben ist / wird in
Ternat-Tschinga-tschinge, insgemein aber auff Malejisch Sajor Songa genennet: wächset überall
wild mit langen Reben an den wässerichten Orthen / unter andern rauhen und krichenden
Gewächsen. Costa legt ihm des Sambuci Blätter zu: allein sie sind viel breiter und runder /
etwas rauh im Angreiffen / von starckem Geruch / wie die Mentha Saracenica, mit Anis gemenget:
Ist wohl ein Wund-Kraut / aber nicht also sehr / daß es ein destructiv Chirurgorum könne
genennet werden / wie Costa geschrieben. Ich hab vor 20. Jahren durch meinen Wund-Artzt mit
Wachß und frisch Calappas-Oehl eine grüne Salbe davon machen lassen / welche uns gute Dienste
thäte / wo man keine andere haben konte. Wird auch auff eine gewisse Art zubereitet / und in
der Küche zu einem Gemüß-Kraut gebraucht / treibet den Urin / welcher einen Terpentinischen
Geruch darvon bekommet.
Lignum Moluccanum ist heut zu Tag nicht mehr unter dem Nahmen Panave, den ihm der vorgemeldte
Costa Cap. 34. gegeben / und sehr dunckel belchrieben hat / bekandt: sondern ich weiß wohl /
daß er damit das Bäumgen Bory meinet / welches an allen seinen Theilen so hitzig / brennend und
starck pur girend ist / als immer ein Euphorbium seyn kan. Die Wurtzeln davon sind ohngefehr im
Jahr 1632. auß Amboina verlanget / und nacher Europa und China gesendet worden / umb die
Wassersucht damit zu curiren / worinn sie treffliche Würckung thun / wie ich allhier im
Hospital solches offt probiren lassen. Die Früchten darvon werden Schwitz-Nüßger / in den
Kräuter-Büchern Grana de Molucco und Pinelen von Molucco genennet / wormit man Fischen und
Vögeln vergibt. In diesem Büntelgen bekom̅et mein HHr. ein Büschlein von der
Wurtzel / welche am sichersten zu gebrauchen ist; Darbey kommen 6. Nüßlein so etwas dreyeckicht
sind / an statt einer Probe darvon. Man nimmt von der fein und rein geriebene̅
Wurtzel nicht mehr als einen Fingerhut voll / in etwas Fleisch-oder anderer fetten Brühe / mit
Arak vermenget. Es treibet dieses Medicament sehr gewaltig den Urin in den Wassersüchtigen /
verursachet aber einen kleinen Brand in der Kehl und in dem Affter.
Ganiter sind gewisse holtzigte Körner / so artig außgehöhlet scheinen / als ob sie durch
Kunst also gegraben wären / etwas grösser als Pfeffer-Körner / welche die Gentilen an Schnüren
umb den Halß tragen / auch zuweilen mit guten Corallen vermengen. Die beste fallen auff dem
Oostischen Theil von Java und Madura: Hier aber in Amboinâ fäl [50] let eine grosse Art wie Büchsen-Kugeln / die zu nichts gebraucht werden / und wachsen
auff hohen wilden Bäumen im Gebürge / worvon mein HHr. in den Blättern einen Kern / von
mittelmässiger Grösse bekommet / weilen die kleine und harte Sort hier unbekaudt ist.
Die Zweiglein / Blumen und Früchte von dem Schlangen Holtz und Sandel / kan ich meinem Herrn
von hier nicht schicken / indem wir allein Bastart-Sorten darvon haben / und die rechten von
Timor beschrieben werden müssen / von dar ich sie durch Hülffe gewisser Freunden / so zu
Batavia wohnen / habe bringen lassen / dieweil von hier gantz keine Fahrt nacher Timor gehet /
welche auß gewissen U???sachen von der hohen Obrigkeit verbotten ist.
Caju Rasamala sind dicke Wurtzeln eines Baumes auff N. Guinea, dessen Blätter mir selbsten
noch unbekandt sind. Das Holtz ist sehr fest und schwer / außwendig grau und honigfarbig / das
beste aber ist weiß / wie Helffenbein / riechet etwas nach Styrax Liquida, bey den Maleyers
Rasamula genandt / und wird von den Maleyischen Weibern zu Rauchwerck gebrauchet. Ich höre /
daß Herr Herbert de Iager dergleichen Holtz in den Indostanischen Landen gesehen habe / dem
weissen Sandel gleichend / unter dem Namen Sembaranae, worvon ich wol näheren Bericht haben
möchte.
Die Milch-See / oder das weisse Wasser / ist eine Verwunderungs-würdige und noch zur Zeit
unerforschte Eigenschafft der See rund umb Batavia nach Amboina zu / welche jährlich zweymahl
weiß wird / doch also / daß man solches nicht / als bey der Nacht erkennen kan. Bey Tag ist die
See / wie ander Wasser / aber des Nachts gantz feurig-weiß / wie der Schnee / daß man kaum
Licht und Wasser unterscheiden kan. Das erste ist das kleine weisse Wasser / und kommt im
Neu-Licht am Ende des Junii. Das andere oder grosse weisse Wasser / komnit gl???ichfalls im
Neu-Mond / zu Ende des Augusti / doch ein Jahr mehr / als das ander / zuweilen auch gar nicht.
Es lauffet mit breiten Strichen Amboina vorbey / biß nach Beuton zu / und vermenget sich mit
dem andern Saltz-Wasser gar nicht / biß daß es in kleine Strichen veitheilet wird. Man dörffte
nicht unbillich meynen / daß durch eine gewisse Influentz des Himmels / der Grund in der See zu
der Zeit gerühret werde / daß er einige Materiam Sulphureoaluminosam von sich gebe / (indem
diese Insulen meistentheils Schwefel-Berge haben) welche mit dem Saltz-Wasser des Meers
untermenget / dergleichen Farb annehme: welches den Alchymisten zu untersuchen überlasse / umb
eine Aquam noctilucam aus dergleichen Materie zu machen. Wann das erste weisse Wasser vorbey
ist / so sihet man zuweilen in Banda eine blutige und stinckende Materie am Ufer liegen /
welche nichts anderst ist / als faeces Sulphureae, oder Sulphuteo-aluminosae, worvon die Fische
sterben / dergleichen Wasser wir hier in Amboina selbsten in dem Hafen noch dieses Jahr gehabt
haben.
Einen Catalogum von meinen beschriebenen Pflantzen zu senden / ist nicht wohl thunlich / noch
rathsam / weilen das Werck noch unvollkommen ist und man nicht so fest auff den Naymen stehet /
daß man sie nicht hier und dar zuweilen noch verändern könne / so lang man noch damit versehen
ist. Was man aber einmahl divulgiret hat / lässet sich nachmahlen nicht so wohl widerruffen.
Unterdessen gehet es zu meinem grossen Leidwesen / langsam damit her / und zwar auß Ermangelung
tüchtiger Assistenten / weilen ich wenig Zeit dazu übrig habe.
Von dem Ursprung des AMBERS weiß ich vor dißmahl nichts mehr / als meine alte Meinung zu
sagen / daß es nemlich eine Fettigkeit seye / welche auß dem Grund des Meers herfür komme /
anfangs zwar weich und zähe / nachmahlen aber durch die Saltzigkeit der See allgemach
erhartend. Es schlucken aber nicht allein die grosse / sondern auch die kleine Fische / das
Gevögel und wilde Färckel alle Sorten von dem Amber ein / wo sie dieselbe finden (ohne Zweiffel
/ weiln sie durch dessen fetten Geruch darzu gelocket werden) welche sie nachgehends wieder
außspeyen: Daher kommt es nun / daß so vielerley Meinung bey dem gemeinen Mann / und bey den
Scribenten davon entstanden sind / so gar / daß der eine (wie die meiste von diesen
Oosterischen Einwohnern) behauptet / sie werde in einer besondern Art Wallfischen gezeuget /
welche unter die Lamias gehören: gleich wie dergleichen einer an das Oostertheil von Timor biß
gegen den Wall geschmissen worden / welcher sornen mit schwartzem / und hinten mit grauem Amber
angefüllet war: Andere aber geben vor / daß die grosse See-Vögel / so auff denen Maldivischen
Insulen sich auffhalten / die Ambram generiren solten / welche auch auff den Klippen unter
ihrem Dreck gefunden werde etc. Ohnlängst hat mir ein gewisser Wäscher weiß machen wollen / daß
das Indianische wilde Schweinichen / welches auff der Insul Mauritius gefunden wird / die
Ambram im Leib habe; welches wohl seyn kan / wann es solche zuvor am Ufer gefunden und
verschlucket hat / gleich wie sie auch in diesen Insulen mit dem weissen Amber, Sperma ceti und
dem Sie-Speck (welches wilde Arthen von dem gelben Amber sind) verfahren. Indessen dörffte der
Discurs von der Ambra länger fallen / als man es in einem Brieff fassen kan / absonderlich wann
ich noch darbey ge [51] dencken wolte / daß gemeiniglich die gute
Amber gryß mit einer schwartzen bechigten Materie bekleidet und umbgeben / gefunden werde /
welche man vor eine schwartze Amber halten mag / so doch faul und widrig von Geruch ist / wie
mir noch in vorigem Jahr ein Stücklein davon gebracht worden / welches hier ohngefehr in der
See gefunden worden / und nicht allein Klauen / sondern auch Schnäbel von Vögeln in???sich hat.
Der Baum / worvon die rechte Nux Vomica kommet / ist mir noch unbekandt: Allein ich hab doch
nie gehöret / daß man jemahlen behaupten wollen / diese schnöde Frucht rühre von dem so
gesunden Sandel-Holtz her / welches nicht glaublich ist.
Der Sanguis Draconis, so viel ich von denen Maleyern hab erfahren können / kommet keines
weges von dem Caliatoers-Holtz / sondern von einem Geschlecht grosser und dicker Rohr oder
Rieds / welche auft dem Land von Malacca und Sumatra, umb die Stadt Palimbany wächset.
Dergleichen Riedt wächset auch hier in Amboina, welches einen lichten und hell-rothen Safft
gibt / welcher doch nicht hart wird. Nach meiner Meynung ist der beste und sauberste Sanguis
Draconis denen Europaeern noch unbekandt / welcher auß kleinen Glundern und Lachrymis, in
trucknen Blättern gewunden bestehet / und auff Batavia zu kauff ist / und zwar unter dem Nahmen
Niernùny.
Daß das Caliatoer-Holtz kein rother Sandel sey / habe ich ohnlängst mit meinem Schaden
erfahren / da ich das erste / so mir von Batavia vor roth Sandel geschickt worden / und ich
nicht gesehen hatte / gegen eine Entzündung der Augen / oder Ophthalmia, wormit im verwichenen
November überfallen worden / brauchete / indem ich geschwind gewahr wurde / daß es an statt
einer Kühlung / mich tapffer in die Augen bisse / auch da ich es eintruncke / die Keel
angriffe: worauff ich nach genauer Untersuchung befande / daß es nichts anders / als das
Caliatoers-Holtz gewesen. Weßwegen dann nach dienstlichem Gruß meine erstliche Bitte ist / daß
der Herr de Iager, welcher die Hindostanische Länder wacker durchreiset hat / und dessen
Erfahrung mir lange Zeit gerühmet worden / mir ohnbeschwert wolle nähern Bericht geben / was
der rothe Sandel seye? Indem er nach der Portugiesen Bericht / in solchen Ländern fallen soll.
Ich bin der Meinung / daß man nicht gewisser darhinder kommen könne / als wann man einige
Stücker / entweder von Madagascar, oder von der Africanischen Oost-Küste bringen liesse / deren
Einwohner vor Alters Trygloditae, heut zu Tag aber insgemein bey den Arabern Zingi oder Zangi
genennet werden / wor von der rothe Sandel bey den Maleyern Tsjendanazangi genennet wird; wie
dann auch der Zingiber seinen Nahmen davon hat. Könte mein HHr. auff Batavien mir ein Stückgen
außmachen / solte mein Vollmächtiger der Herr de Ghein solches vor mich kauffen.
So möchte ich auch von obgemeldtem Hn. eine nähere Instruction bitten / was der rechte
Calamus Aromaticus seye? und welches seine inländische Nahmen? weiln ich wohl weiß / daß es
kein Acorus noch Shoenanthum seye / worvon das erste bey den Maleyern Dizingo, das andere Sirec
genennet wird / und alle beyde auff Batavia wachsen. &c.
D. Amboina den 20. Aug. A. 1687.
IX.
EXTRACT
Auß
Herrn GEORG EBERHARD
Rumphens
Send-Schreiben /
An
D. ANDREAM CLEYERUM.
P. P.
VOr das erste sage dann / daß ich von der Melissâ Batavicâ nicht urtheilen könne / ehe daß
ich zum wenigsten ein auffgedrucknet Blat oder Aestgen in einem Brieff überkommen habe. Ich
glaube aber doch / daß es ein wild Ocymum seyn soll / welches die Maleyer Comangi Oetan und
rockoe rocckoe nennen / welches auch hier / doch sehr wenig / in der Wildnüß wächset.
|| [52]
Die Beschreibung von dem Catsio, wie der Hertz de fager aufgesetzet / kom̅t mir
zweifelhafftig vor / daß also lieber bey demjenigen / was Gar???ias ab Orta davon schreibet /
verbleibe / welcher uns den Baum deutlich gnug abmahlet; weilen aber doch seit her verstanden
hab / daß in Pegu, da wol das deste fällt / zweyerley Catsio zu finden sey / und zwar bey de in
runden Kugeln / davon die erste Sort aus den Zweigen des Baums gesotten wird / und aus
schwartzen harten Knollen bestehet / wie die gemeine und beste Sorte anzusehen: die andere aber
kommt in grösseren Klumpen / so auswendig roth und brüchig / inwendig aber mit etwas weiß
kalckachtig angefüllet / welche man vor schlechter hält / un̅ wie die Tubern
unter der Erden wachsen soll / wie dasselbige / welches mein HHr. in vorigem Jahr Terram
Japponicam nen̅ete: So will ich die es meinem HHn. zu näherer Untersuchung
aufgetragen haben / weilen Sie Gelegenbeit haben nacher Pegu an unsern Residenten zu schreiben
/ oder durch Sprach-kündige Leute einige Peguers, die sich sonder Zweifel zu Batavia aufhalten
/ derentwegen zufragen / da ich dann auff nähern Bericht von meinem vorigen Sentiment, daß
nemlich kein ander Catzio seye / als welches Garcius beschrieben / gern abstehen wil.
Die platte Küchlein oder unrechte Catzio, werden eigentlich Goetta Gambir genennet / und
kommen / als mein HHr. wohl und recht saget / von Palimban / von einë gantz andern Strauch /
als das Catsio, wann ich eine kleine Beschreibung oder Abbildung der Blätter hätte / so
getrauete ich dasselbige Bäumgen hier in Amboina auch finden zu können.
Ob das Semen Sinae oder der Wurmsaamen / nach der Meynung aller unserer Kräuter-Beschreiber /
eine Sorte vom Absinthio, oder nach Hn. Herbert de fagers Sentiment ein Abrotanum seye? daran
ist nicht viel gelegen / indem viele frembde Kräuter durch unsere Europaeer bald unter diese
bald unter jene Sorte gezogen worden. So kan es auch seyn / daß dieses Kraut in verschiedenen
Ländern auch verschiedene Gestalt gewinne / gleich wie es aus der Erzehlung des Surattischen
Chirurgi erhellet / welcher demselben Fenchelblätter und einen starcken Geruch beyleget: wie
denn auch aus der weitläufftigen Beschreibung des Hn. de fagers zu sehen / daß dessen zweyerley
seye / doch beyde gegen die Würme gebräuchlich / womit ich es / als von einem Augenschein
herrührend / halten muß.
Ehe ich ferner annehme / daß kein ander rothee Sandel bey den alten Arabischen Scribenten /
welche uns solches zum ersten bekandt gemacht haben / verstanden werde / als das gemeine
Caliatoers-Holtz / so will mit Erlaubnuß der beyden Herren / lieber noch eine zeitlang glauben
/ daß in gantz Oost-Indien das rechte rothe Sandel-Holtz nicht zu finden sey / gleich wie ich
auch / meines Wissens / schon vor diesem an meinen HHn. geschrieben hab / indem der Maleyische
NahmTsjendana Zangi mit sich bringet / daß solches aus dem Land der Zangis oder Zingis, das ist
/ der AEthiopier, so die Oost-Küst von Africa bewohnen / müsse gehohlet werden. Weßwegen mich
dann meines HHn. Urthel unterwerffe / wann ich bestreite / daß das heutige rothe Sandel-Holtz /
welches wir Europaeer gebrauchen / und vom Garcia beschrieben wird / nichts anders als das
Caliatoers-Holtz seye: werde mich auch inzwischen wohl vorsehen / dasselbige nimmermehr zur
Verkühlung zu gebrauchen / wiewolen solches von den guten Freunden / unter welche ich solches
ausgetheilet hatte / meistentheils consumiret worden / welche solches auff den alten Glauben
immer noch zur Abkühlung und die Blut-Gänge zu stopffen / auwenden. Unterdessen hoffe mit der
Zeit alles von den Einwohnern genauer zu erfahren / wiewolen es mit beschwerlich fallen wird /
zumalen an diesem abgelegenen Ort / da nicht viel Frembde hinkommen.
Nichts weniger zweiffele ich noch gar sehr / ob die Ambonische Resina Damar Canari Oetan ein
Gummi elemi seye / worzu ich gnugsame Ursach habe / so lang wir keine Beschreibung von denen
Africanischen Bäumen haben / davon eigentlich das Gummi elemi und animae herkommet / indem man
aus dem blossen Anschauen einiger Resinarum sicherlich kan betrogen werden. Indessen glaube ich
/ daß / wofern mein HHr. unser Ambonisches Damar Canari durch seine Wund-Aertzte in ihrem
Pflaster solte probiren lassen / man eine erweichende und anziehende Krafft darinnen finden
solte / dergleichen das Gummi elemi auch hat. Zu wissen aber / daß das Gummi elemi und Damar
Canari eigentlich Resinae seyen / und keine Gummata, welche letzte im Wasser schmeltzen / und
im Feuer entweder gar nicht / oder doch schwerlich brennen wollen.
Ferner kan ich nicht zugeben / daß das bekandte Kräutlein auff Batavien, so vor Löffel-Kraut
angeseben wird / unter die Species von dem Sio oder Wasser-Eppich zu rechnen seye / indem es in
der That selbsten kein Wasser-Kraut ist / sondern überall auff dem truckenen Land / in den
Wüsteneyen / im Wald bey denen Wurtzeln der Bäumen / wie auch in den Berg - Garten / in diesen
Insulen gefunden wird. Man kan es mit nichts bessers vergleichen / als mit der Hedera
terrestri. Weilen es aber doch seine besondere Kräfften hat / so hab ich es vor ein besonder
Judianisch Kraut halten / und meinem Wercklein / unter dem gemeinen Namen Pes equinus oder
Pferds-Füßgen / Malayisch Pancugu, einverleiben wollen. Was die Po tugiesen durch Rabaco
verstehen / weiß ich nicht / weilen ich kein Wörter-Buch von dieser Sprach habe. [53] Dieses aber weiß ich wohl / daß ich das rechte Sium in Portugal habe
wachsen sehen / und zwar allezeit an feuchten wässerichten Oerthern / also / daß das Würtzelgen
selbst im Wasser gestanden. Sie nenneten es allda Peroxil de Agoa, das ist / Wasser-Petersilien
/ und ist in solchem Werth gehalten / daß ein jedweder Platz / da es grünet / seinen eigenen
Besitzer hat / und also nicht einem jeden frey stehet solches abzupflücken; wiewolen wir als
Soldaten dasselbige zuweilen zu Salat und Mues abgeknippet haben / ohnerachtet der
Schleudersteine / die wir öffters an die Köpffe bekommen haben.
Daß der schwartze Corall allezeit mehr als andere Corallen von einem holtzigten Wesen in sich
habe / kan mein HHr. leichtlich in einem oder andern Gemmario finden / worinnen die Corallen
beschrieben werden: Daß es aber in Europa noch unbekandt seye / und andere Steine davor
gezeiger werden / weiß ich wohl / als der das rechte schwartze Corallium in Europa niemahlen
hab sehen können. Ja wann mir jemand das Ost-Indische gezeiget hätte / möchte es mir eher vor
ein Stück Holtz vorkommen seyn. In was AEstime und Gebrauch nun diß Ost-Indische rechte
Calbahar itam seye / kan mein HHr. leicht von den Einwohnern auff Batavien ausfragen;
absonderlich aber tragen sie schwartze Arm-Ringe und dergleichen Zierath davon. Das weisse /
oder schwartz und weiß-ku???ppichte Calbahar, welches ich meinem HHr. wie ich meyne / auch
überschicket habe / ist bey denselbigen in keinem geringeren Werth. Wäre ich einmal auff
Batavien / so getrauete noch viel mehr Sorken davon in solchen Insuln zu finden. Das rothe und
fistulose Alcyonium aber / so hier gnug zu finden ist / und Battoe Svvangi oder Maltacou, das
ist / Zauberstem genennet wird / vor ein rothes Corallium zu halten und zu gebrauchen / soll
mein HHr. wohl durch die Erfahrung anderst finden / und seine Meynung darauff ändern. Man hat
auch noch eine andere Sorte / so mit dicken Zacken auffschiesset / welche brüchig sind / und
leichtlich abfallen: wovon meinem HHn. ein Müstergen zusende / unter dem Namen von Bastard
rother Corallen / welche auff den Batavischen Insulen gleicherweiß fället. Diese kommt mit den
rechten Corallen noch näher überein / wiewohl man in der Medicin damit / wie auch mit dem
vorgemeldtem Alcyonio vorsichtiglich und sparsam umbzugehen hat. Dienet meistens gegen das Blut
harnen / und wann man ein beygebrachtes Gifft durch den Urin austreiben will / indem es eine
treibende Krafft hat / und also mit den Corallen nicht überein kommet.
Das discursgen von der Oebi Oetan oder wilden Batatas ist etwas verwirret / weßwegen ich es
in der Kürtze erläutern will. Oebi Oetan ist ein general-Nahm / welcher wol 4. biß 5. sothamgen
und zu essen dienenden Wurtzeln / die wild wachsen und sehr voneinander unterschieden sind /
beygeleget wird. Gleich wie das zugeschickte un̅ eingemachte Oebium polypoides
bey dem gemeinen Mann auch also heisset / welches allhier / meines Wissens / nicht gegessen
wird / wiewohlen ich höre / daß solches die Javanen essen. An dessen statt aber brauchet man
allhier ein ander Oebi hoetan, mit grossen Knollen / wie Häupter / so in den wilden Wäldern
wächset / worauß nach vieler und mühsamer Bereitung / ein weisses und wohlgeschmachktes. Mehl
gemachet wird / so dem West-Ind???hen Farinje und Cassavy gleichet / worvon viel Einwohner / so
wol hier als in dem Moluccos, in Ermangelung des Reyß oder auch des Sagoe leben müssen. Solches
heisset bey den Maleyern Ondo oder Gadong, und in meinen Schrifften Oebiu̅
Sylvestre. Warumb man aber das erstere unter die Sorten der Batatas stellen wolte / sehe ich
gantz und gar nicht / und werden die jenigen / die das Gewächß etwas nengieriger besehen / den
Unterscheid leicht finden. Ich kan auch nicht sehen / warumb es bey dem gemeinen Mann
Caladiheisse / (oder muß bey dem Batavischen Volckeinegrosse Unwissenheit unterlauffen) indem
dieses ein gantz ander Kraut ist / nemlich das Arum AEgyptium oder Colocasia Neotericorum;
welches alle Einwohner dieser Insulen / auch die Javaner selbsten mit gantzen Gärten voll und
keiner geringen Mühe jährlich pflantzen müssen / umb die eß-bahre Wurtzel darvon zu bekommen /
solche / nicht zwar rohe / sondern weil sie jücket / entweder gekocht oder gebraten zu essen:
und wird solche auch auff Batavias pasar zu verkauffen gebracht.
Daß män das Ophioglossum Lacmiatum ehemahlen vor eine Filix Sorte angesehen / ist so frembd
nicht / indem ich es selbsien gethan habe; und nachdem ich das rechte und kleine Ophioglossum,
welches in dë Apotheken Lancea Christi genennet wird / und auf abgebrandten Heiden wächset /
auch so wohl alß das grosse ein gemein Mueß-Kraut abgiebet / gesunden habe / so habe ich
stracks bemercken können / daß diese zwey Kräuter von einem Geschlecht seyen.
Die Flos Susannae gehet jährlich auß / kom̅t aber nachgehends wieder hervor /
und zwar auß seinen Hohen-Würtzelgen / welche in keinem moderichten Grund / sondern in
truckener Berg-Erden stehen wollen / weilen sie allhier nirgends als auff hohen und kahlen
Bergen wächset.
Der überschickte Abriß der Nux Vomica scheinet mit dem jenigen Krähen-Aug / so in dem
Vatterland bey den Apothekern gesehen hab / überein zu kommen: Allein die Figur / welche Tom.
1. fig. 37. Horti Malab. vom Caniram zu sehen ist / und der Herr de lager vor die rech [54] te hält / will damit nicht accordiren / allwo in der Beschreibung
auch nicht ein Wort von dem schädlichë Gebrauch der Früchten gedacht wird. Damit man sich aber
in seinem Urtheil nicht übereile / so will ich das meinige so lange außstellen / biß daß ich
eine Handvoll Coromandelische Früchten von meinem HHn. werde bekommen haben.
Unterdessen bleibe dem geb. Herrn de lager obligirt / daß er mir seine Schrifften und Abrisse
hat wollen communiciren / schäme mich aber dabey / daß ich dessen Verlangen nicht kan vergnügen
/ und die Beschreibung der Muscarien-Nüsse un̅ andere Copieli, so er durch andere
gute Freunde von mir verlanget / wegen obiger Ursach / noch nicht senden kan: Soll aber
künfftig noch geschehen / wann erimir selbsten eines Brieffes würdig achten wird.
Er hat noch ein Bündelgen an meinen HHn. zu liefern / darinnen 2. Stück von dem rothen
Bastard-Coral gepacket sind / nemlich ein Aestgen Pseudo-Corallium rubrum genant / dessen
hieroben gebacht / und ein anders / so Alcyonium rubrum fistulosum heisset / mit D. A. C.
gezeichnet / welches mein HHr. nach meinem Erachten / von Corallen hält / umb zu vernehmen / ob
wir einerley Steine meinen.
In dem Büchlein von grau Papier / so zwischen die Bretterlein gebunden ist / befinden sich
einige auff getrucknete Blätter / welche auch zur Nachricht dienen / ob wir in unsern Briefen
einerley Kräuter meinen: Als Lit. A. nenne ich Marrubium album Moluccum, meines Wissens bey
denen Maleyern Soecan und Daun Hati Hati genant / von unserer Nation aber bald Katzenkraut /
bald Melissen geheissen: kommet schier mit der neuë Ortulana (den Geruch auß genommen) überein.
Lit. B. so man hier Comange Utan oder Zuccuzuccu nennet / heisse ich Basilicum Sylvestre. Lit.
C. ist Filix Calamaria mit langen Reben / wild hervor schiessend / auß dessen schwartzen
Stielen die Mohren ihre Schreibfedern machen: kom̅t mit / umb versichert zu seyn
/ daß man es nicht mit dem obë gemeldten Ophioglosso confundire. Lit. D. ist ein Blat von einer
langen dornigtë Zasel / welches ein stechende Winde ist / die man vor Sarsaparilla hält / ich
aber vor eine Pseudo-Chinam ansehe / weilen die Sinesen mich versichern / daß die rechte Radix
China in ihrem Land ein dergleichen Gewächs seye / auch diese Wurtzel unter die rechte
vermengen thäten / wiewohlen sie zu roth und zuholtzigt ist. Unter dessen wollen es die dumme
Ambonesen und Moluccaner also haben / welche die rothe Stücker vor das Män̅chen
halten. Ohne Zweiffel wird es bey ihnen auch zu finden seyn. Lit. E. ist ein Krant / so der
Melissen nahe kom̅t / und von mir Melissa Lotoria genennet wird / weilen es von
denen Javanen und Baliern zum Abwaschen des Lethes gebraucht wird. &c.
Amboina Vict. d. 18. Aug A. 1682.
RUMPHIUS.
X.
EXTRACT
Auß
Hn. GEORG EBERHARD RUMPHII
Send-Schreiben / An Herrn JACOB de VICA.
P. P.
DEn Palmeer-Baum / solte ich so leicht nicht gekennet haben / wan̅ mein HHr.
mich nicht nach Larique gewiesen / auch auß desselben Gebrauch erwiesen hätte / daß es der
jenige Baum seyn müsse / welchen wir allhier Lontar, und wie ich von dem Ceilons-Fahrer
berichter worden / unsere Lands-Leut auff Ceilon, Jager-Baum nen̅en / weilen der
schwartze Baum-Zucker / so Jagara heisset / darvon gemacht wird. Dafern mein Schreiber recht
liefet / so accordiret kein einiger Name / welche Hr. de Tagers auß verschiedenen Malabarischë
Sprachen genommen hat / mit den jenigen Malab. welche ihm der Herr van Rheede in seinem Horto
Malabarico gegeben hat / allwo er Carini pana und Talla tamado genen̅et wird.
Welcher nun recht oder unrecht habe / will jetzo nicht urtheilen / weilen ich kein Malabarisch
verstehe; doch wünschte wohl / daß mir diese Nahmen ein wenig außgeleget würden / und der Herr
de Iager mir erlaubete / daß ich dessen Beschreibung dieses Baums in mein Wercklein / nach dem
Capitel von dem Lontar - Baum dörffte setzë / welches sonsten ohne special-consens nicht thun
mag / wiewohlen es meistens mit dem jenigen / was mir andere Ceilons-Fährer davon erzehlt haben
/ überein kommet: wiewohlen obgemeldtes Werck noch dreymahl grösser fallen dörsste / wann ich
alles mit dergleichen weitläufftigen Curiosität beschreiben solte. [55] Warumb aber die Portugiesen diesen Baum Palmeria brava, das ist / den wilden Cocus-Baum
nennen / weiß ich nicht: in dem er in solchen Ländern immer so viel gesuchet / auch so viel
Nützlichkeiten an sich hat / als der Cocus-Baum oder rechte Palmeria. Es wundert mich sehr /
daß in dem vorbemeldten Horto Malaburico, daran so viele Gelährte gezimmert haben / nicht mit
einem Wort berühret wird / daß auß diesem Baum der sehr berühmte Jagu ura oder Baum-Zucker
gemachet werde: doch finden sich dergleichen Gebrechen durchgehends in diesem Wercke mehr.
Die Beschreibung von dem Benzoin- und Campher-Baum / will ich also annehmen / wie sie mir
zugesendet worden: Unterdessen war es mir meistens darumb zu thun / daß ich ein Zweiglein oder
einige Blätter von diesem Bäumen bekom̅en möchte / daß ich sehen könte / ob sie
mit einigen Bäumen auff diesen Insulen überein kamen. Sonsten haben mir die Thinesen / welche
solche Länder befahren haben / vieles von diesem Baum erzehlet / so mit meines HHn.
Beschreibung überein kommet: welche imgleichen auch berichten / daß in China ein Holtz gefunden
werde / welches die Unserige Campher-Holtz nennen / und starck nach Campher riecht / doch aber
keinen Campher von sich gibt.
Im übrigen schäme mich / daßich des Hn. de Iagers Verlangen kein Gnügen leisten kan / daß ihm
(wie ich wol thun solte) mehrere dergleichen weitläufftige Beschreibungen von Gewächsen und
Thieren mit getheilet würden / welches mir ohumöglich ist / indem ich nur einen Schreiber hab /
der seine Hände voll zu thun hat / daß er meine verwirrete Schrifften in Ordnung bringe wormit
ich nun mehr als zuvor eyle / wellen meine Kräffte täglich abnehmen. Auff kurtze Fragen aber
kürtzlich zu antworten / soll mir nicht zu schwer seyn / indem mir nichts angenehmers / als von
der Edlen Botanis. Wissenschaff??? zu discuriren. Bitte wolermeldten Hn. de Iager zu grüssen /
und dieweil mercke / daß dieser Freund mein letztes Schreibë wie auch andere meine Schrifften /
welche ich meinem HHn. mit der Condition mit getheilet habe / daß sie niemanden / ohne mein
Vorwissen / communiciret würden / gesehen habe / so mag ich auch wohl leiden / daß Monsr. de
Iager auch so viel überlassen würde / was er vom Sagueer, Sago- und Muscat-Nußbaum / auch deren
Gebrauch haben will / welchen letztern er auch in D. Cleyers Brieff verlanget: doch mit dem
Beding / welchen / schon droben außgemachet habe / daß nemlich eines jeden Werck unter des
rechten Autoris Nahmen / nach eines jeden eigenem Werck gesetzet werde; gleich wie ich mit dem
Seinigen / wo es nöthig ist / auch verfahren will / indem sonsten jedem seine Art zu schreiben
frey stelle.
Der Cocoya, da man die kleine Schiffelle oder Fockels von machet / ist ein grosser
außgebreiteter und kriechender Strauch / welcher an der Gestalt mit der Malayer Paudany, davon
man die wohlriechende Blumen bekom̅t / überein kommet / und einer Fischhaut
gleichet / wird im Horto Malabarico Tom. 2. Cap. 1. Caida und von den Portugiesen Caldere
genennet; wiewoln die Blätter an dem Cocoya viel länger sind / als an dem Paudany, nemlich 12.
diß 14. Fuß lang / auch einer Hand breit / am Rand mit scharffen und steiffen Dornen besetzet /
aber ohne Blumen und Früchte / so viel mir davon bekandt ist.
Was man vor einen Baum / welcher dem Caliotoers-Holtz gleiche / und von welchem ich an D.
Cleyer soll geschrieben haben / verstehe / weiß ich gantz nicht / oder es müste der Lingorbaum
seyn / dessen rothes Holtz ohne Zweiffel bey meinem HHn. zu sehen ist: wächset auff Java und
wird von den Maleyern Ampana genennet.
Coelit Lavvan, Ooby Zadzia und der Paradies-Vogel sind etwas wietlaufftig zu beschreiben /
und müssen darumb wegen obiger Ursachen entweder entschuldiget / oder so lang außgesetzet
werden / biß der obgemeldte Herr mich selbsten mit einem Brieffgen bewürdigen / und seine
Meinung deutlicher schreiben wird.
Die Sinesische Pulß-Fühlung hab ich gehabt / und zwar mit Smestichen und Lateinischen
Buchstaben beschriebe: Weilen sie mir aber nicht dienete / hab solche vor einigen Jahren an D.
Cleyern überlassen.
Von Ceilon möchte wohl einige Stücklein oder Wurtzeln haben / die man allda vor das
Schlangen-Holtz hält / und gegen die Cobra Capelo gebrauchet / mit Bemeldung / ob sie von
Bäumen / Sträuchen ober Kräutern herrührten / auch Beyfügung der Ceilonischen Nahmen. Könte mir
der Herr de Iager aber nähern Bericht davon geben / solte es mur lieber seyn. Ich vermeyne
solche auch hier ??? finden.
Die Beschreibung der See-Bäumg???ens oder Corallen / wolle mein H???Herr noch eine Zeitlang
bey sich behalten / und sonsten niemanden Copie davon geben / indeme noch vieles darinn zu
ändern haben werde / wann ich das letzte Buch meines Herbarii vor die Hand nehmen werde /
worinn solche Gewächse weitläufftig sollen beschrieben werden. &c.
Ambein den 18. Aug. 1682.
XI. EX.
|| [56]
XI.
EXTRACT
Auß
Herrn GEORG EBERHARD
Rumphens
Send-Schreiben /
An den
Serrn ten RHYNE.
P. P.
WIt Verlaugen habe den Herrn Herbert de Iager in dieser Provintz erwartet / nachdem mein HHr.
und andere Freunde mir darzu Hoffnung gemacht hatten; allein ich sehe / daß in zwischen wegen
anderer vorfallenden Geschäfften darauß nichts worden ist: wodurch ich vieler nöthiger
Berichten / die derselbe ohne Zweiffel mir hätte mittheilen können / beraubet bleibe /
absonderlich wegen des auffrichtigen rothen Sandels, welcher nach D. Cleyers Zuschreiben / fast
bey allen Medicis und Naturkündigern zu Batavia vor das Caliatoers-Holtz gehalten wird: In
welche Meinung ich doch noch zur Zeit nicht kommen kan / indem ich an diesen beyden Höltzern
gantz unterschiedenen Geruch und Kräffte gefunden habe; oder müste etwa das Caliatoer-Holtz
zweyerley seyn / worvon ich einen näheren Unterricht vom Herrn de Iager erwarte / welcher diese
Länder durchwandert hat.
Nachdem ich auff meines HHn. Begehren meine Meinung von dem Ursprung des Ambers entdecket
habe / so bin nachgehends auch meines HHn. Sentiments darüber verständiget worden / und wie
weit dasselbige von dem meinen abgehe. Ich glaube / daß es eine neue Meinung seye / welche
einige von unserer Nation, so auff der Insul Mauritius handeln / außgesprenget haben / daß
nemlich die Ambra ein Gummi oder Resina eines gewissen Baums / so auff derselben Insul wachsen
soll / seye / dessen Wurtzeln allezeit nach der See schiessen thäten / auß welchen die Ambra
außschwitze. Dafern dieses wahr ist / so ist es warlich ein groß Wunder / daß solche Bäume / so
einig und allein auff der Insul Mauritius grünen / alle die Amber Grysae außschwitzen mögen /
welcher in so vielen und auch so weit voneinander entlegenen Plätzen der Welt / ja selbst in
West-Indien / und zwar meistens von einerley Substantz und Eigenschafft gefunden wird: Daß /
sage ich / dieses Gummi von Mauritius gegen Wind und Strohm (indem unter der Zonâ Torridâ und
in der offenen flachen See die Wellen und Winde stätig von Osten wehen) über die 1000. Meilen
nach den Maldivischen und Oostischen Insulen getrieben; und fallen die Bäume auch auff
benachbarten Insulen / als Madagascar, Majottes und der Oost-Tüst von Africa, wie die Menge und
Vielheit der Ambrae Gryseae erfordert / so ist es wiederumb Wunder / daß die curiose Araber,
welche die Rüste und Insulen schon über tausend Jahre befahren haben / diese köstliche Bäume
nicht ehe gekennet haben. En fin, fides sit penes Autorem; wann man alle Narrata unserer Nation
so blosser dings glauben solte / so kan ich mich rühmen / daß von dem Amber was sonderliches
von einer sicheren Person / welche viel darvon wissen wolte / und auff der Insul Mauritius
gewohnet hatte / gehöret habe. Diese versicherte uns / daß die Ambra Grysea in den wilden
Fercklein auff dieser Insul wachse / welche er mit seinen Augen auß derselben Magen hat
schneiden gesehen. Radzia Salomo, ein vertriebener König von Arimaentuttu, hat mir auch
erzehlet / wie er selbsten gesehen hätte / daß eine Art von Wallfischen dorten gegen den Wall
getrieben worden / auß dessen Leib seine Landsleute die Ambram in grosser Quantität herauß
gelanget hätten / wormit sie auß Unwissenheit ihre Fahrzeuge geschmieret hätten: welchen aber
die Macassaren wohl abzuhohlen und theuer zu verkauffen wüsten. Nun glaube ich wohl / daß diese
drey Erzehlungen wahr seyn können / nichtsdestoweniger bleide ich doch bey meiner [57] alten Meynung / nemlich / daß es ursprünglich ein Bitumen / so auß dem
Grund des Meers quillet / seye. Warumb solte es nicht Bäume geben können / welche ein Refinam,
so wie die Ambra rieche / außgeben können? dergleichen ich auff Boeroe auch gefunden habe / die
es einiger massen thun. Ja die Boetoeulers haben mir schon vor 17. Jahren dergleichen Resinam
vor Berg-Amber verkaufft; Und wer weiß nicht / daß Fische / Vögel und Thiere / absonderlich die
Fercklen / allerley Amber, so in der See treibet / begierig einschlucken / worvon ich gnugsame
Erfahrung habe. Derowegen kan es wol seyn / daß das Mauritianische wilde Ferckel zuvor Amber
verschlucket habe / und nachgehends von dem plumpen Jäger vor eine Amber-Grube angeschen worden
seye. Indessen behält die gute Ambra ihren Preiß / welcher noch täglich zunim̅t /
und mag derselbe wohl mit dem trunckenen Man̅ / welcher zu Hemelberg in
Dennemarck abgemahlet stehet / von allen solchen Praatgens und Geschwätz sagen: NIL MOROR
NUGAS.
Amb. den 20. Maj. 1683.
P. S.
Vor einigen Jahren hat mir das Collegium Curiosorum in Teutschland ein Testimonium zugesendet
/ und darinnen mich zum Gliedmaß desselbigen Collegii angenommen / und zwar nach ihrer
Gewohnheit / unter dem Nahmen Plinii Indici: Nebenst Verehrung ihres Buchs / worinnen mein
Nahme bey einigen Gewächsen gemeldet worden.
XII.
Herrn GEORG EBERHARD
Rumphens
Send-Schreiben /
An
Herrn D. ANDREAM
CLEYERUM.
Mein Herr und günstiger
College.
DEsselben angenehmes vom 20. Januarii / neben denen beygefügten Flaschen mit drey Cattis Thée
angefüllet / 2. Ephemerides in einem Paquet und die eyserne Wage mit zwey tiesfen Schalen /
einem Bündelgen Bara de Costa, und den eingeschlossenen Briefen von D. Menzelio, hab ich zu
seiner Zeit wohl empfangen / vor dessen gute Bestellung und freygebige Beschickung ich
hertzlich danckbar bin.
Die beyde Ephemerides waren / nach Inhalt D. Menzelii Schreiben / mir destiniret gewesen /
gleich wie sich derselbe erbotten / mir noch alle Ephemerides zuzusenden / worzu ich etwas
contribuiret habe / mit welchem Recht sie an meinen Hochgeehrten Herrn addressiret worden / von
welchem auch die übrige erwarte / worinnen die Beschreibung der Wurtzel ist / so viel ich auß
Erzehlung der Chineser hab erfahren können.
Mich wundert / daß unser gegenwärtiger Herr Gouverneur, Dick de Haas, anstehet / daß kein
Europaeer das Gewächs oder das Kraut von dem Japonischen Nisin oder dem Sinestschen Som
jemahlen gesehen habe / und daß einfolglich auch noch niemand seye / da doch durch meinen
Hochgeehrten Herrn 2. Figuren / und durch mich / auß Vormahlung eines sicheren Sineesen eine
Figur davon gezeiget wird.
Demnach mein Hochgeehrter Herr nochmahlen gedencket / niemahlen einigen CARINAM NATALI
gesehen zu haben / wie ich auch wohl glauben will / in dem sie auff Batavia nicht allein /
sondern auch hier selbsten schwer zu bekommen sind: So hab ich in den beykommenden
viereckichten Büchsen [58] meinem Hochgeehrten Herrn zwey zuschicken wollen
/ deren ich ohnlängst mächtig worden bin / nemlich eine grosse und die eigentliche Carinam, und
eine kleine / mit einem weiteren Mund / so dunckeler von Coleur, und eine besondere Art ist /
auch nicht viel grösser wird. Beyde aber bewohnet eine Art Polypus oder See-Kaß / so
absonderlich Nautily genennet wird. Dieses ist ein seltzamer Fisch / welcher mit seinen zwey
längsten Füssen / die sich hinten außstrecken / sein Schifflein fortrudert und besteuret / mit
den 2. fordersten und kürtzesten aber zugleich das Fordertheil des Schiffs etwas auffrecht
haltend / also fortsegelt / (vid. Fig. 2. Tab. 1.) daß es trutz einem Jagt-Schiff fort lauffet;
welches Spectacul doch niemahlen gesehen wird / als wann es nach einem grossen Ungewitter
wieder gand still worden. Er ist auch sehr / schwer zu fangen / dieweil er gleich zu Grund
gehet / wann er das geringste am Ufer spüret. Auff dem Grund hat er die Grabben zu Feinden /
welche den wehrlosen Fisch herauß ziehen / da alsdann die ledige Schaal gegen das Ufer
geschmissen wird. Eine recht wunderliche Begebnüß hat es mit der jenigen Carina, welche ich an
unsern Argonautam geschicket habe / und welche nachmahlen an die Kömische Kayserliche Majestät
verehret worden / zugetragen: Indem dieselbe von einem See-Adler auß dem Meer gehohlet worden /
daß er den Fisch darauß fressen könte: Unter dem Fliegen aber entfället ihm die Schale davon /
(weilen der Fisch daran nicht fest ist) und zwar just auff ein Sandpläcklein zwischen zwey
Klippen / ohne einige Verletzung / ausser daß ein klein Häutlein darauß gebrochen worden; da
nachmahlen solche Schaale ohngefehr von einem Fischer zu der Zeit abgehoylet worden. Dieses war
ein merckliches Vorspiel / daß sie noch vor den Römischen Adler solte gebracht werden. (Den
Abriß davon zeiget die I. Figur TAB. I.)
Die übrige Gefächer von dem Kistlein sind mit verschiedenen raren Conchis und Muscheln
angefüllet / darunter zwey rare See-Gewächse von weissem Corallen-stein zu finden sind / welche
durchgehend wie ein Nüßlein / in Gestalt einer Rose oder Blume anzusehen / und Reticulum
marinum genennet werden.
Daß unter den zugesendeten drey Saamen verdorben sind / ist kein Wunder / indem die̅se Dinge allhier recht in dem Ende des Regenwetters musten colligiret werden / da
alle Sachen feucht und gequollen sind / weßwegen ich noch mahlen sage / daß dergleichen
Versendungen nach dem Vatterland viel bequemer von Batavia könten und solten / geschehen.
Unterdessen sind die drey verdorbene gnugsam auff Batavia zu bekommen.
Andere Resinas und Gummata kan an statt der verlohrnen vor dißmahl nicht überschicken / weil
ich durch den Brandt deren gantz beraubet worden / diese Sachen auch einige Zeit erfordern /
biß man sie wieder zusammen bringen könne.
So fällt mir es auch dieses Jahr ohnmöglich / mehr alten Pinany zu senden / dieweil derselbe
jetzo so rar und theuer ist / daß man ihn zum täglichen Essen nicht wohl bekommen kan.
Es ist ein Matrose hier angekommen / welchen Ihro Edlen vor einen Mahler und Abreisser senden
/ umb die verbrandte Figuren von meinem Herbariô wieder zu ersetzen. Allein es dörffte gewaltig
langsam damit hergehen / indem er erst die Handlung lernen muß / und ich keinen Dienst von
meinem Sohn habe / welcher / nach seiner Meinung / mit seinem Secretariat gar zu sehr occupiret
ist / wormit ihn der Herr Gouverneur versehen hat / daß ich also seiner missen muß / da ich
doch seiner so hoch vonnöthen härte / zumahlen ich so viel Unkosten deßwegen auff ihn gewendet
habe. Es ist zu beklagen / und macht ein Generos Gemüthe gantz verdrossen / vor die gelahrte
Welt etwas zu unterfangen / weilen man hier zu Land so wenig Hülff darzu haben kan / und die
Geldsucht die Studia so verachtet macht / doch muß man sich so viel dargegen stellen / als es
möglich ist.
Ich hätte ein Brieffgen vom Herrn Herbert de lager erwartet / wie derselbe mir versprochen /
als er seine Persianische Reise antrate: Allein es scheinet / daß ich bey demselben auch
vergessen sey.
Die Manier / so viel Gewächse / welche sich einander etwas gleichen / unter ein Genus zu
bringen / hab ich allezeit vor sorglich und betrüglich gehalten / und es kan nichts dann
Verwirrung setzen / weßwegen ich auch nicht zugeben können / daß man vor den rothen Sandel
allerhand rothe Höltzer / und vor das Drachenblut allerhand rothe Säffte halten will; und
dieweil ich solches nicht zuftehen will / so hab schon manchen scharffen Verweiß von diesem
Herrn empfangen.
Eben so unglücklich waren unsere Seribenten in Europa / welche die Ost- und West-Indische
Gewachse / welche sie nicht anderst / dann auß der Figur und Beschreibung kenneten / unter
dieses oder jenes Geschlecht eines Vatterländischen Krauts bringen wolten; dergleichen Fehler
ich im Hortô Malabaricô anweisen und zeigen kan. Bauhtnus zehlet auff solche Manier in Pinace
Plantarum unsern Pinangen-Baum unter die Palmen-Geschlechte / und vermeinet mit etlichen / daß
es die Palma Cypria bey dem Theophrasto seye. Ich habe in meinem Herbario lib. 12. ohnegefehr
Toley-Bäume unter das Geschlecht Palmae Indicae zehlen müssen / wiewohlen ich [59] gnugsame Merckzeichen beybringen kan / daß etliche besondere Geschlechte machen.
Ob meinem HHn. mit der Zeit ein wenig Calambake köndte überlassen / muß auch in Gedult
erwarten. Vor mich hab ich solches nicht vonnöthen / als daß nur ein Stücklein an D. Menzelium
schicken möchte / welches an dem Berlinischen Hoff zu einem Pröbgen dienen soll. Ich kan mich
wol mit dem besten Agul-Holtz behelffen / welches man in grosser Quantität von der Insul
Beliton bringet. Ich wünschte sehr / daß meinem HHn. durch ein und andern Handelsmann auff
dieser Insul nur zu einem Aestgen von diesem Baum helffen könte / daß sich solches abzeichnen
liesse.
Es soll wohl Mühe haben den COCOS DE MALDIVA oder Calappa Lavvoet bey die Hand zu bringen /
dieweil ich höre / daß die Sinenser überall auff der Hut stehen / solchen in ihre Klauen zu
bekommen; nicht zwar / daß sie damit artzneyen / sondern denselben als einen Abgott in ihren
Häusern zu bewahren; weßwegen man derselben auff der West-Küste / da sie frisch ankommen / und
von denen davor liegenden Insulen / gebracht werden / suchen müsse. Es ist auch noch ein
kleinere Sort / in der Grösse von einem Pinang, Coquingo oder Cokinjo benahmet / darzu uus die
Portugiesen wohl helffen könten.
Die Tacca Littorea ist in der That ein schön Gewächß / welches mein HHr. nach seiner rechten
Gestalt beschreibet: doch scheinet es / daß mein HHr. das Rareste daran noch nicht gesehen habe
/ nemlich den frucht-tragenden Stengel / in der Höhe eines Mannes / welcher sehr nahe eines
Hauptmanns Partisan gleich sihet. Mein HHr. seye gewarnet / nichts von dem gantzen Gewächse in
den Mund zu nehmen / weilen es so scharff wie der Alaun brennet / und ein Dracuntium ist;
wiewohl auß der Wurtzel ein zu essen dienendes Mehl gemacht wird.
Daß die so genandte Japanische Tulpe keinesweges auß Japan komme / bin ich zur Gnüge durch
unsern Herrn Gouverneur und meinen HHn. versichert. Dieselbe bekommen hiermit eine Zwiebel
davon / welche die Gestalt zeigen wird / wann sie auffgehet. Die Blätter gleichen unserer
Spat-Wurtzel / wie wohlen sie kleiner sind. Die Blüme gleichet besser einer Lilien / als einer
Tulpe, ausser daß die Pfersing-farbicht oder licht-violet und gestreiffet ist.
Die so genandte Japanische Lilie; so an den Javanischen Revieren gemein ist / haben wir hier
auch in den Gärten / unter dem Balisin-Nahmen Casse Selan, und ist von der vorigen Blume
unterschieden.
Die Beschreibung von dem Japanischen Rohr / kommt mir seyr wohl zu statten / dessen in meinem
Herbario, an seinem Ort / doch unter meines HHn. Nahmen zu gadencken. Ich werde aber doch mit
unsern Sinesen überlegen / unter welche Sorte die Ba mboesen oder Röhren dasselbst bestens zu
setzen seyn? weilen ich hier in Amboina 3. biß 8. Sorten gesehen habe.
In denen obberührt??? Schachtein sind ohngefehr 110. Sorten von verschiedenen Muscheln
eingeleget / samt einigen raren See. Aepffeln / und oben darauff eine dünne und platte Stella
marian, in Gestalt eines Pfan̅kuchens. Bey Heraußnehmung dieser Sachen / muß mein
HHr. sacht und vorsichtig handeln / daß nichts darvon zerbreche. Die Reticula marina ist in die
Carina gepackt / welche man benebenst der Schachtel und der Zwiebel von der Tulpe von Monsr.
Brouvvers, auf dem Schiffe Pylsvveerti zu empfange̅ hat.
Womit nechst hertzlichem Gruß meinen HHn. mit allen lieben Angehörigen in Gottes heilsame
Beschirmung empfehle und verbleibe
Meines HHn.
Amboina Victoria den
15. May 1688.
Dienstwilliger Freundete.
RUMPHIUS.
In dieser Schachtel
sind nachfolgende Sachen
vor
Herrn D. Andreas Cleyer eingepackt.
Num. 1 CARINA NAUTILI MAJORIS, welches die Muschel oder das Schiff dieses Fisches ist / so
Nautilus heiss???t / ist eine Art Polypus oder weiche See-Katze. Bey den Malay ers heisset sie
Roema Goerita, oder das Hauß von Goritta, das ist / Polypus. Unsere Teutschen nennen es das
Bootgen oder Schifflein.
Num. 2. NAUTILUS MINOR, welche Art kleiner bleibet / aber weiter am Mund ist.
3. RETICULUM MARINUM, 2. Stück / ist ein fein See-Gewächß / in der Gestalt als eine Blume
oder Rose. Die beyde Stück sind in die Carina Nautili gepackt / und man kan sie mit Stein-Leim
auß eine Klippe fest setzen.
4. ECHINUS MARINUS DIGITATUS, ein langer und dick-schaliger See-Apffel.
5. Acht Steinfinger / oder die Spitzen von dem vorbenahmten See-Apffel / davon etliche / so
sie ins Wasser geschmissen werden / oben stehen dörffin / endlich aber zu Grunde gehen. Man
sagt / daß sie einerley Kräfften mit den Oculis cancti haben.
|| [60]
Num. 6. Ein anderer runder See-Apffel / der Persianische Tulband genant.
7. Einige füsse oder Spitze von dem nechst-benahmten See-Apffel / wie Seil-Nadelen anzusehen
/ welche mit der Zeit gantz dick werden.
8. Elephanten-Zähngen / ohngefehr 10. Stück / sind kleine grünigte Solenes, etwas gekrümt wie
Bocks-Hörner.
9. MUREX RAMISUS, oder gezackete Sturmhüte / deren Deckel ein Unguis odoratus ist / sonsten
Blatta Byzantina genant / der Grund von allem Rauchwerck / und den Maleyern mit dem Nahmen
Oenam bekant.
10. Metzbrämmer oder Bija kris: Sind rare Dostern in gemeldter Form / und sind wenig zu
finden.
11. Dögelgen / 2. grosse und ein kleines / sind auch rare Muscheln von der Form genennter
Paar.
12. Ein CARDISSU oder Hertzger: Sind weisse Schälger / so in der Mitten auffgeben.
13. TELLINA VIRGATA, Son̅en-Schalen.
14. STROMBI MINORES, kleine Nüßlein.
15. PATELLA oder See-Ohr / sonsten Telinga Muloli, worvon das länglichte einem Ohr / das
runde einer umbgewandten Schüssel gleichet / werden auch Lopas, Teutsch Klip-Kleber genant /
weilen sie an den Klippen hangen.
16. Noch eine rare Art von See-Aepffeln / Todten-Köpffiger genennet / welche eine sehr dünne
Schale haben.
17. Eine Art von der STELLA MARINA SOLIDA, Teutsch Pfannkuchen genant / unten mit tausend
kleinen Füßlein versehen / wormit es im Wasser auff dem Sand fortgehet.
XIII.
EXTRACT
Auß
Herrn D. ANDREÆ
CLEYERI
Send-Schreiben/
An
Herrn D. SEBASTIAN
SCHEFFERN.
P. P.
Die vorgelegte frage betreffend: Ob die von Buschoffio im Holländischen beschriebene Moxa
nichts anderst als die Artemisia seye? Oder ob diese jener fälschlich substituiret werde?
DJenet zur Antwort / daß die Moxa freylich nichts anders seye / als die Artemisia, welche von
den Japponiern eigentlich Moxa genennet wird; wiewohlen nicht zu läugnen / daß noch mehrere
Kräuter zu finden / welche eben solchen effect thun. Die gantze Kunst aber kommet auff die
Praeparation und Zubereitung an / und wird solche bey diesem besser / als bey jenem
verfertiget. Insgemein aber wird also damit verfahren:
Sie nehmen den im Schatten gedörreten Beyfuß / absonderlich dessen Spitze oder summitates,
klopffen sie wohl und reiben solche zwischen beyden Händen so lang / biß die äusserliche Schale
abgefallen / und nichts als die innere wollichte Fäselein übrig geblieben / welche alsdann mit
einem Kamme also außgehechlet werden / daß / wer es nicht gesehen / nimmermehr meynen solte /
daß es die Artemisia gewesen sey. Wann nun mein HHr. noch da [61] von
schreiben solte / würde mich es offt erfreuen / und zweiffele ich nicht / man könne in vielen
Kranckheiten viel damit praestiren. Daß aber ein gewisser Medicus allhier in Ost-Indien von
diesem Cauterio auch etwas in Druck gegeben / und das jenige / was er nur auß meinen an ihn
geschriebenen Brieffen genommen / vor seine auff der Jappanischen Reise gefaßte Observationes
halten will / thut mich nicht wenig verdriessen / zumahlen viele von ihm erdichtete Sachen
darinnen / welche eben so wahr sind / als die Observationes Botanicae, welche D. Iacobi Breynii
Cent. I. Exot. angehänget worden. Was solte man wol vor Observatioues auff der Japponischen
Reise machen können / wo alle wie Gefangene tractiret werden / und nicht auß dem Hause gehen
dörffen? Daß er sich aber des grossen Kaysers allda Archiatrum nennet / ist wol Lachens wehrt /
indem er denselben niemahlen mit Augen gesehen / ja wider die Gesetze solches Reiches lauffet /
sich eines Christens Artzneyen zu bedienen.
Mit ehistem werde einen Tr. von der Chineser Method herauß geben / darinnen sie alle
Kranckheiten / samt deren Ursachen auß dem Pulß / vermittelst des Umblauffs des Geblüts / oder
Circulatione Sanguinis (welche ihnen schon über 1000. Jahr zum Fundament gedienet hat) herauß
geben / welcher biß dahin durch D. ten Rhyne und dessen Adhaerenten zu Ambsterdam supprimiret
worden / von dar ich solchen der Acad. Nat. Cur. zusenden wollen.
Hierbey kommet auch eine Quantität Muscheln / von welchen ich eben kein sonderlicher
Liebhaber bin / indem sie mehr zur Ergetzung als dem gemeinen besten dienen. Unterdessen
spielet die Natur mit denen Farben so mannigfaltig / als an denen Blumen immermehr. Doch ist
mir eine Art bekant / welche sonsten wenig von denen / die es nicht wissen / geachtet wird /
und diese Tugend an sich hat / daß / wann sie auß dem Meer gezogen wird / und man der Schnecken
/ so darinnen ist / ein wenig Biesem beyfüget / selbige alsobalden stirbet: Wann man nachmahlen
diesen Schnegel auff den Nabel einer Frauen / so nicht wohl harnen kan / appliciret / wird sie
von Stund an gesund. Von dieser Materie aber wird D. Georg Eberhard Rumphius, von Hanau
gebürtig / so jetzo in Amboina lebet / und von stetem Anschauen solcher Muscheln an dem Ufer
des Meers / blind worden / eine weitläufftige Historiam schreiben / welcher auch noch ein Buch
von 400. Capiteln unter der Feder hat / welches er dem Printzen von Uranien dediciren will.
Micht wundert nicht wenig / daß der berühmte D. Simon Paulli in seinem Tract. de usu
& abusu Tabaci & herb. Thee diese letztern Blätter dem Myrtho
Brabanticae verglichen / indem es kein Kraut / sondern ein Strauch ist / so unter die Dornen
zurechnen / dessen ich in Japonien gantze Aecker und Felder voll / doch in gewisse Ordnung
gesetzet / angetroffen habe. Zwar hab vor diesem selbsten davor gehalten / es müste dieses
Gewächse auch in Europa wachsen / allein ich bin nun einer gantz andern Meinung / und sehe /
daß jedes Land seine eigene Pflantzen habe. Ich kan betheuren / daß in Japonien die
Provincial-Rosen oder Centefolium, so wohl von einer hoch-rothen Farb / als gantz weisse auff
sehr grossen Bäumen / auch noch mitten im Januario, wann es noch sehr kalt ist / aber ohne
Geruch angetroffen. So habe ich auch allerhand Lilien auf holtzigten Stauden gesehen: die
gefüllte Poenien auff Bäumen: die mitten im Winter blühende Kirschen-Bäume / doch ohne Früchten
und dergleichen / welches in Europa unbekandt. Also gibt es allhter fliegende Meer-Katzen /
fliegende wilde Katzen / Einhörnige Fledermäuse von schönen Farben: Fische von schönen Farben /
so anderwerts nicht zu finden.
Was sonsten den Unterscheid unter dem Cinnamomo und Cassia Lignea, welchen der Herr Praeses
verlanget / betreffen thut / so ist gewiß / daß das Cinnamomum nirgends / als nur in der Insul
Ceylon gefunden werde: Die Cassia Lignea aber wächset in mehrern Insulen / und zwar vielerley
Art; Wiewohlen darunter eine Species zu finden / welche dem Zimmet nicht viel nachgibt / auch
ein??? destill. fourniret / so doch dem??? Cinamom. weder am Geschmack / noch am Geruch zu
vergleichen ist: wird von denen Einwohnern vor einen wilden Zimmet gehalten. Sonsten kan man
auch auß der Wurtzel des rechten Zimmet-Baums einen sehr wohlriechenden Campher bringen /
welcher besser als der Gemeine / aber dem jenigen / so von der Insul Borneo kommt / bey weitem
nicht zu vergleichen ist. Vielleicht dörffte D. Paulus Hermanni dieses Gewürtz bald
weitläufftiger beschreiben / welcher alles mit seinen Augen gesehen / indem er lang in Ceylon
geftanden / auch dasselbige in seinen Philosophischen Destillir Oefen zur Gnüge auffgelöset
hat; Weßwegen er auch von dem Printzen von Oranien zum Professore zu Leyden designiret worden.
Was aber in dem so genandten Laboratorio Ceylonico von tem Zimmet gesetzet worden / hat eine
untreue Hand theils dem Herrn Hermanno außgeschrieben / theils auß dem Glaubero hinzu gethan:
Und ist die daran gefügte Farrago Observationum von ebem dem Gewicht / weiches vielleicht Ioh.
Otto Helvvigius (mein gewesener Laborant, si Diis placet!) sein Latein / umb die Gebühr /
gelehnet hat / indem der Author davon wenig vergessen hat; Unterdessen werden doch solche Leute
vor Lichter [62] der Medicorum gehalten / und von denen Comitibus Palatinis
zu Doctoren gemacht / welches man ihrem Gewissen anheim geben muß.
Was den von meinem HHn. bemeldten Liquorem Lithontripticum anlanget / so halte ihn zwar vor
ein gut Ding: ob aber die Nephritici und mit dem Stein beladene davon wieder genesen und völlig
gesund werden können / zweiffele annoch sehr. Gesetzt / man habe in Franckreich / in Beyseyn
grosser Herren / ein Expefiment damit gemacht / so ist doch noch ungewiß / ob er den Stein also
im Leibe selbsten / wie ausser dem Leib angreiffen könne / indem er vielen Aenderungen
unterworffen / ehe er ad partem affectam kommt. Daß aber dieses Solvens auß dem Ludo Helmontii,
inliq. Tartar. dissoluto gemacht seye / wie viele meynen / will ich ebë nicht ver neinë / weil
es deß Authoris description so gleich kommt / wie ein Ey dem andern; obwohlen ich den Ludum
niemahlen gesehen / oder auch an diesem Ort in Brabant bekom̅en können. Ich halte
dafür / man könne den Borret oder Borralem, so in des grossen Mogols Reich zu finden / wie auch
das Salpeter in Benpali damit wohl vergleichen. Indessen ist gewiß / daß nach des Helmontii
Meinung alles / was den Stein verhindern und davon praeserviren soll / auß den Kräutern und
Thieren herrühren müsse / dahero er dem ??? auß einem ungebohrnen Kalb oder Bock viel
zuschreibet / welchem doch der ??? nichts nachgeben dörffte.
Nach fleissiger Nachforschung kan endlich der Japaner Relation von der Frucht Ananas, so
Garzias und Piso beschreiben / nicht zuwider seyn / daß nemlich solche den Stein also gewaltig
treibe / daß wann nicht behutsam damit umbgehet / und der Stein zu groß ist / das Leben in
Gefahr stehe. Man brauchet ihn also: Man nimmt die ganß reiffe Frucht / scheelet und schneidet
sie zu Scheiblein / thut sie in eine gläserne Englische Flasche gebunden in einen Kessel mit
Wasser / schüret das Feur darunter / daß der Safft von sich selbsten außschwitze / und durch
das Kochen reiffer werde / indem diese Frucht und der Safft etwas corrosivisches an sich hat /
welches durch die Hitze alteriret wird. Von diesem Safft / welcher sehr lieblich schmecker /
nimmt man fleissig ein: Wie dann auch die Frucht selbsten / in Scheiblein zerschnitten / mit
Saltz und Spanischem Wein genossen wird / und wie Erdbeer schmecket. Sonsten erinnere mich /
bey dem Cardano von einem gewissen Mann gelesen zu haben / daß er den Stein gewiß curiren
können / diese Kunst aber mit ins Grab genom̅en habe.
Von der Alchymie kan dieses sagen / daß die Metallen / durch gehörige menstrua solviret /
auch mit einem gehörigen Feur also maturiret werden / daß der geringere ??? in einen edelern
erhöhet werde: Einfolglich kein geringes metall in ein edelers transmutiret werdë könne / es
habe dann eine disposition sich mit solchem ??? zu vereinigen: Allein hîc Rhodus, hîc saltus.
Unterdessen habe diese speculation niemahlen ad praxin gebracht / weilen es einen gantzen
Menschen erfoderrt / auch endlich nichts als Armuth und tausend Grillen hinterlässet.
Von den runden Glas-Küglein / deren sich der Bürgemeister Hudde an statt der Microscopiorum
gebrauchet / erwarte einige Erfindungë. In Japan findet sich keine Spur von solcher invention,
weil dë Einwohnern die Glaßmacher. Kunst unbewust. Die metallische Spiegel aber sind ihnen wohl
bekant / weilen sie keine andere brauchen: Sind platt und so glatt als die gläserne immer seyn
können. Mit den Kohlen haben sie die Europaeer imitiret. &c.
Ost-Indianische Berichte und Kapporten / von allerley frembden Bewächsen.
Beschreibung
Deß Sagu- oder Brod-Baums.
DIeser Baum ist und bleibet erstlich lange Zeit ein Strauch / in Gestalt eines grossen
Gewächles / welches hohe und recht über sich stehende Zweige / so unten aneinander gefüget und
über 20. Schu lang sind / träget. Diese Zweige sind gantz grün und eines kräuterichten Wesens /
inwendig wie Canelen außgehohlet / und außwendig rund auch glatt / ausser daß sie am untersten
Theil mit langen / schmahlen und stechenden Dornen gewaffnet sind / welche reyhen-weiß bey
einander stehen / und gleichsam wie Nadeln anzusehë sind / worunter der mittelste Dorn / so
recht auf dem Rücken stehet / alle zeit der längste ist.
Die Blätter stehen an beyden Seiten der Zweigen / wie an dem Calappus-Baum / auch ein wenig
zusammen gefalten / doch länger / breiter und dünner / an dem Rand mit vielen weichen Dornen
besetzet. Diese Blätter stehen allezeit über sich an den Reisern; gleich wie die so an dem
vollwächsigen Caluppus-Baum zu finden / allezeit niederwerts hangen / woran man diese beyde
Bäume auch von fernen unterscheiden kan. Unten aber setzet dieser Strauch einen Stamm / und
zwar [63] gemeiniglich in solcher Dicke / als er auffschiessen will /
welches er geschwind thut / gleich als ob er das vorige Versaumnüß einbringen wolte: Da er
zugleich die vorige Zweige nach und nach abwirffet / wodurch im obersten Theil des Stamms
einige Trappen formiret werden.
Dieser Stamm ist gemeiniglich 25. biß 30. Schuh hoch / und so dick / daß ihn ein Mann
schwerlich umbfassen kan: Die Rinde ist außwendig glätter als am Calappus-Baum / und nicht so
in Glieder zertheilet. Wann der Stanun über zwey Manns-Länge gewachsen ist / hat er keine Dorne
mehr / ausser an der obersten Ründe / umb den Ursprung der Aesten / welche mit der Zeit auch
abfallen. So haben auch die Aeste / welche auß dem völlig. wachsenden Baum hervor schiessen /
keine Dörner mehr / sondern nur an ihrem untersten Theil einige Merckmahlen oder Vestigia von
dornichten Reyen / und wann dieselbe alt werden / bekom̅en sie von aussen eine
licht-braune Farbe / so wegen ihrer Glattigkeit gläntzet: Inwendig aber sind sie durchgehends
mit einer truckenen / leichten und schwam̅ichten Substantz angefüllet. Der
Stam̅ / so lang er noch in dem Wachsen ist / hat rund umb die Wurtzel noch viele
dornichte Reiser / welche denselben also umbringen / daß man nirgends unbeschädiget darbey
kommen kan / und solches so lang / biß der Stam̅ so hoch und hart worden ist /
daß er keinen Schaden mehr von den wilden Schweinen nehmen kan / welche diesen Baum sonsten
gäntzlich zermalmen und verderben solten / damit sie des in̅ern Marcks habhafft
werdë möchten / wann er nicht also mit den äussersten Dornen verwahret wäre. Daher köm̅t es nun / daß die Wälder sehr übel und mit groser Sorgtalt durchkrochen werden
können / in dem diese lange Dörner sehr leichtlich jemand in die Füsse stechen und abbrechen /
welche Stücker nachmahln mit gressem Schmertzeu außschwären müssen; Doch sind der Indianer
harte Häute schon dargegen verwahret. Das äusserste Holtz oder Rinde vielmehr / ist nur zwey
Finger dick / weder zu hart noch zu braun / als an dem Sagueers-Baum / sondern weiß und
meistens auß groben Faselen gemachet / deren fördere Höhl inwendig gantz mit einem weissen /
feuchten und schwam̅ichten Marck angefüllet ist / welches der Allweise Schöpffer
diesen Einwohnern an statt des Reiß oder anderer Korn-Früchten / da man Brod auß bäckt /
gegeben hat / wie drunten soll gemeldet werden.
So lang als dieser Baum im Wachsen ist / trägt er keine Frucht / welche erst an Tag kom̅t / wann er vollkommen und alt worden ist. Unterdessen warten die Einwohner so lang
nicht / weilen der Baum / wann er Früchte träget / seine beste Eigenschafft / nemlich die
Bequemlichkeit Mehl davon zu machen / verlieret / dieweil das innerste Marck alsdann meistens
in grobe Zaseren verändert ist. Wann er dann vollkommen alt geworden ist / so siehet man oben
an den grünen Aesten / recht in der Mitten am allerersten einen dick???n Stiel oder Horn / bey
nah als ein Zapffen an den andern Palmen / aber doch länger / hervor kommen / welches sich in
8. biß. 10. Neben-Zweigen / und diese wieder in Zwerch-Aeste vertheilen. Jeder von den grösten
Aesten gleichet einem Spitz-Horn / und die gantze Cron siehet wie ein grosser Corallen. Stein /
da man Kalck von brennet / oder wie eine grosse Lampe mit vielen Pfeiffen.
An den vorbemeldten Stielen sitzen die Früchte dieses Baums / welches artliche geschupte
Knöpff sind / und wie die Röttang-Früchte sehen / in der Grösse eines mittelmässigen Eyes /
doch an beyden Enden eingedruckt / und so glatt gläntzend wie Helffenbein / an der Farb
bleich-gelb und licht-braun / deren äusserste Schale auß eintzeln und gleichsam gewürffelren
Schuppen / so doch nicht voneinander stehen / sondern alle aneinander hangen / und eine Schale
außmachen / bestehet / welche leicht in Stücken zu drucken ist. Die Würffel stehen in schöuer
Ordnung / und gleichsam creutz-weiß durcheinander. In dieser Schale liegt der runde Kern / als
eine Büchsen-Kugel / so in den halb-reiffen Früchten weich ist / und zur Noth rohe kan gegessen
werden / wiewohl er einen sehr zusammen ziehenden Geschmack hat. Wann aber die Frucht reiff ist
/ so wird er gautz schwartz / und so hart / daß man ihn nicht beissen kan / wiewohlen er in der
Erden wurtzelt und keimt / wann er abfällt / welches doch langsam geschicht / w???ilen die
wilde Ferckel / ehe er wurtzeln kan / damit durchgehen.
Die Wurtzel aber bestehet auß dünnen Zasern / wie an dem Calappüs Baum / doch etwas dicker /
welche unter der Erde kriechende hier uud dar neue Pflantzen her vor bringen.
Dieser Sagu-Baum (welcher in diesen Oosterischen Landen gemeiniglich Sagu, in Ternatu Hudo,
in Amboina Lappia, und das Brod / so davon gemacht wird / Sagu-marucca, das Mehl aber
Sagu-manta geheissen??? wird) ist in allen Moluccischen Insulen / auff Celebes, Java und Borneo
biß noch Zahor zu finden / wird aber nicht überall umb Brod davon zu machen / gebrauchet / es
seye gleich / daß sie die Wissenschafft davon nicht haben / oder daß ihnen dasselbe nicht
von???öthen ist. Die gröste Menge fället auff der Insul Coram, da man gantze Wälder und grosse
Mildnüssen von diesen Bäumen findet / w???v???n jährlich eine grosse Quantität Sagu-Brod in
andere Quartieren geführet wird.
|| [64]
Er will einen nassen und wässerichten Grund haben / da man biß über die Knie in den Morast
sincket. Doch wächset er auch auff sandichten Oerthern / wann sie nur Feuchtigkeit haben. Und
darumb findet man kein Sagu-Wäldgen so klein / welches nicht ein oder / andere Wasser-Quelle
habe. Auff hohen Bergen will er nich fort / es seyen dann dann zum wenigsten einige morastige
Blacken droben / so mit andern Strauchë und Höhen umbgeben sind. Je höher nun der Platz ist /
je sauberer und truckner man die Bäume halten kan / welche kann besser Mehl geben / als die
jenige / die man nicht sauber machen kan.
Es pflantzet sich aber dieser Baum nicht allein durch die Früchte / sondern auch / und wol
öffters / durch die junge Außsprößling der Wurtzel fort / welche zuweilen in eines andern
Erb-Gut und Länderey kriechen / ind???ren Ansehen dann auch die Wälder nicht wohl außzurotten
sind / so lang die Wurtzeln von den alten Bäumen unter der Erden sind. Man kan auch die junge
Außschläge außgraben und versetzen / als welche frische und lichtbraune Blätter haben.
Die Wälder oder Felder / wo diese Bäume beyeinander stehen / werden LATAR genenner / sind von
Ansehen sehr dunckel / und wegen der vielen Dornen übel zu passiren. Wann aber grosse Wasser
fluthen kommen / so werden gantze Stücker Landes mit Bäumen und allem weggeflösset / weilen sie
einen loderichten Grund haben und diese Stücke Landes treiben und schwim̅en
zuweilen wie kleine Insulen auff der See.
Man zehlet vier Geschlecht / oder vielmehr vier Veränderungeu des Sagu-Baums / welche dem
äuserlichen Ansehen nach sich einander sehr gleich sind / und nur anden Dornen unterschieden
werden können.
Die I. Sort wird auff Amboinisch Lappia Tuni, das ist / der auffrichtige Sagu, genennet /
welche die gemeinste und beste ist / Mehl darauß zu machen: hat mittelmäßige Dornen / aber das
Marck verdirbt gar leicht / wan̅ die Frucht hervor zu schiessen beginnet. Diese
Art wird meist gepflantzet und geheget. Seine Frucht ist die grösseste / länglicht / lichtbraun
und nicht schwer / dessen innern Kern man roh essen kan / welcher doch s???hr zusammenziehender
Natur ist.
Die II. heisset Lappia Yhur und Yhul. Dieses Geschlecht ist das höchste von Stam̅ / dichter und mehr mit Dornen besetzt / dann die andere. Seine Dornen aber sind etwas
kürtzer als die vorher gehende. Das innere Marck ist härter / und verursachet mehrere Mühe /
umb das Mehl darauß zu bekommen. Diese Früchte sind auch runder / kleiner und härter / zielen
auch mehr nach der gelben als braunen Coleur: hat einen harten Kern / so nicht zerbissen werden
kan / wann er alt ist / durch welchen eine offene. Höhle gehet / daß man sie in gantze Reyen
schnüren kan. Diese Art fällt meistens auff Coram, und sein Marck verdirbt so leicht nicht /
wann die Früchte hervor schiessen.
Die III. Lappia Maccanan und Maccanálo genennet / hat wenige / aber sehr lange Dornen /
dessen Blätter eben so lang / wie des ersten sind / doch schmähler / dünner und runtzelichter /
zerreissen auch leichtlich / und seind deßwegen zu Atap zu machen nicht dienlich. Dieses Marck
gibt so viel Mehl nicht / als das auffrichtige / verdirbt aber nicht so bald / wann die Frucht
kom̅t / welche viel kleiner ist / als die andern / nemlich wie eine grosse
Musqueten-Kugel hinten und fornen etwas eingedruckt / an Farb lichtbrauner / dann die vorige.
Die IV. Lappia-molat und Molo, hat gantz keine Dornen / sondern die Blätter endigen sich in
eine steiffe und lange Spitze sie gibt das alle??? weicheste und wässerichste Mehl / welches
meistens die berühmte Croy / Pappeda genandt / darauß zu machen gebraucht wird / gibt aber kein
dauerhafft Brodt.
Der Gebrauch dieses Baums ist bey allen Einwohnern dieser Oosterischen Insulen so nöthig /
profitirlich und gemein / als der Calappus und Lontar-Baum in den Westerischen Theilen von
Indien / nicht allein Brodt / sondern auch andere benöthigte Sachen in der Haußhaltung davon zu
machen.
Das Brodt davon zu machen / muß man vor allen Dingen einige Merckmahl von der Zeitigung des
Baums / woran man die bequeme Zeit / den elben zu fällen / erkennen soll / in Acht nehmen. Wann
dann solche Zeichen der Zeitigung sich eräugen (welche daran zu sehen / wann die oberste Zweige
so weiß / als ob sie mit Mehl bestreuet wären / anzusehen sind) muß man denselben nicht länger
stehen lassen / sondern gleich an der Wurtzel abhauen / den Stam̅ wieder in
verschiedene Stücker / jedes von 5. biß 6. Schuh lang theilen / und dieselben wieder in zwey
Theile spalten; wiewohlen einige den Stam̅ / wann er nicht sehr lang ist / gantz
lassen / oder nur in zwey Stücker hauen / welche man in die Länge spaltet / auff das gespaltene
Stück setzet sich der Indianer Gralling / oder als Reuter zu Pferd / hat in der einen Hand
einen Klöppel (náni genandt) so von Bambusen oder einem andern harten Holtz gemacht ist / mit
welchem er weisse und zaselichte Marck dieses Baums gleich so fein zu zerhacken weiß / daß
solches dem ersten Mehl / (so einmal durchgelauffen ist) gleich sihet. Auß diesem Gehäck wird
nachmahl das rechte Mehl also gemacht: [65] sie stellen über ein Wasser /
auf 4. oder. 6. Füsse / ein Trog / welcher von der dicke Schale des Sagu-Baums Corurong
genennet / gemacht ist / an diesen broiteste Seite ein härinner Beutel genähet wird / welchen
sie Runuk heissen / und von einem Calappen-Baum machen. Dieser wird am öbersten Ende zusammen
gebunden und an einen zähen oder niedergehenden gebogenen Stock / dergl. sich die Dreher an
ihren Dräh-Bäncken bedienen / fe??? gemacht. Wann nun das zerhackte Marck in diesen Troge
gethan und Wasser daran gegossen worden / knäten sie es mit den Händen starck / worauf endlich
das Meel durch den Beutel und eingenähetes Canälgen in den untergesetzten Zuber schiesset / so
voll Wasser stehet / darinnen das Mehl so gleich zu Grunde gehet / und wann der Zuber davon
halb voll ist / so zafft man das Wasser ab / und nimmt das Meel herauß. Dieses Knäten dauret so
lang / biß daß man siehet / daß kein Meel mehr mit dem Wasser kommt. Das über geschosne rothe
Sagu-Mehl / welches dem groben Semel gleichet und Ella genennet wird / schmeisset man auf einen
Hauffen und überlässet es den wilden Schweinen oder denjenigen die es nach Hauß tragen wollen /
daß sie ihre Schweine damit mästen: das rothe Meel Sagu-Manta benahmset / kan man in Körbger
oder erdenen Töpffen / wol einen gentzen Mond gut erhalten.
Zu dem Bro??backen brauchet man gewisse Formen / von Erden gebacken / so man auf Malciisch
Battu-Papoudi, das ist / Steine mit vielen Gefächlein heisset / welche vier eckicht / ohngefähr
einer Haud lang oder etwas kürtzer / und an beyden Seiten in 4. biß 6. Gefächlein zertheilet
sind / dann jedes ohngefähr eines Fingers breit ist. In diesen Formen / wann sie zuvor warm
gemacht und das Sagu-Meel darinn geschüttet worden / entstehen so bald die Kuchen oder Brod /
welche alsdann heraus gethan und wiederum ander Mehl hinein gethan wird / sc. Diese Brodt sind
von unter sehiedlicher Grösse und Gestalt / doch alle vier eckicht / wie wolen fast ein jede
Insul ihr eigene Form hat. Diese gemeine Kuchen in Amboina sind ohngefähr ein halb Schu lang /
3. biß 4. Finger breit / weiß und mirb. Auf Coram sind etliche länglicht / etliche recht
viereckicht / so hart als ein gebackener Stein / und die Ecken gantz gläntzend / und gleichsam
verglasurt. Die beste werden in den Uliassenischen Insulen gemacht / welche einer Hand breit
und recht viereckicht sind / sehr fein und roth an der Farb / werden aber mit grösserer Mühe
als die Gemeine gemachet. Es muß nemlich eitelfrisch Sagu-Manta seyn / welches man 4. biß 5.
Tage in dem Wind trucknet und mit Pisang-Blätter zudecket: Hernach muß man das Meel 3. oder 4.
mahl beuteln / und alsdann backen. Durch dieses trucknen bekommt das Sagu-Manta eine röthliche
Farb und die Brodte werden sehr fein / und so lang sie frisch / weich und wol gemacht / doch
etwas weniger als unser frisch Brodt; wann sie aber einige Tage alt sind / werden sie Stein
hart und gantz glasicht / absonderlich welche allzuhart gebacken sind / so doch nachmahlen
wieder weich werden / wann man sie in eine Suppe einweicht. Wann aber diese Brodt oder
Sagu-Marucca von altem Sagu-Manta gemacht / oder so dieser in einem stehenden Pful-Wasser
gekneten / auch zuvor nicht getrucknet / noch gebeutelt oder gesiebt worden / so bleiben diese
Brodt bleich weiß / sauer am Geschmack und schimlicht am Geruch. Zehen dieser Brodten von
mittelmässiger Grösse zusammen gebunden werden / Sa-Tacko genennet / weilen gemeiniglich zehen
Gefächlein von einer Grösse / in einer Back-Form sind: Von den kleinen Sagu aber werden 20. biß
50. und wohl mehr zu einem Tacko gerechnet. Die Corammer durchstechen sie / wann sie noch
frisch sind / mit einem Drath von Riet gemacht / binden jeden Tacko fest zusammen / und bringen
sie alsdann zu Kauff.
Wann man sonsten genau untersuchen will / ob ein Sagubaum reiff gnug seye / um Meel zugeben /
so bort man mit einem grossen Bohr in das Hertz / und langet etwas Marck herauß / welches man
ins Wasser schmeisset / und wann man in Acht nimmt / daß ein gute Partie Mehl auf den Boden
sincket / hält man ihn vor reiff. Andere hauen eine tieffe Kerbe darinn / um etwas Marck darauß
zu bekommen / man muß aber das Loch so bald mit zäher Erde zu stopffen / anderst laufft ein
zäher Taig herauß / wie Pappeda anzusehen / worauf der Baum bald zu schanden gehet.
Wann man derowegen einen Sagubaum verderben will / hauet man einen tieffen Hieb in den Stamm
/ worauß als schon gesagt worden / innerhalb 3. biß 4. Tagen aller Safft des Baums / wie ein
schleimichter Pappeda lauffet / und das Marck außtrucknet: Indessen wissen die Einwohner solche
Wunde des Baums mit einer Hand voll zähen oder leimichten Erden zuheilen / wann sie bey Zeiten
darbey kommen; weßwegen nachmahlen der Gebrauch entstanden / daß man den Baum gantz um- und
abhaue / und in die Länge gespalten hat / da als dann das innerste Marck durch den Regen oder
die Sonn bald verdirbt. Diß ist eine von den mühsamsten und schwersten Arbeiten gewesen /
welche unsere niederländische Soldaten in dem Ambonischen Kriege haben außstehen müssen / wann
sie im Durchkriechen dieser morastichen Sagu-Wälder entweder von den Dornen in die Füsse
gestochen worden / oder gar in eine Lämigkeit gerathen sind.
In einer gewissen Schrifft / so im Ambonichen Maleeischen gestellt war / habe ich gelesen /
daß ehe sie diese Bäume klopffen / zuvor ihren verstorbenen Vor-Eltern opffern müssen / daß sie
ihre Plantagien bewahren und vergrössern möchten: Und wann sie dieselbigen wohl halten / dauren
sie ins 3. und 4. Glied der Kinder.
Sonsten ist das Isi oder was nach dem abgestossenen Meelübrig bleibt / auch gut zur Medicin
gegen die Wunden / welche sie sich mit einem Messer oder Parang geschlagen haben. Ihr Papeda
welchen sie von diesem Meel machen / ist ein Brey / so [66] auch vor
Krancken und junge Kinder / noch mehr aber vor die sehr alte Leute / welchen die Zähne
außgefallen sind / gut sind. Wann sie denselben essen / sollen sie sagen: Owie herrich schmeckt
dieses / nicht anders wie süsse Milch auß der Mutter Brust!
Der Bast von diesem Baum ist auch gut zu Brenn-Holtz: Und von den Dornen machen sie Kämme.
Der Bast ist auch gut zu Gewehr und zu Pfeilen / deren Spitze auß den Dornen gemacht werden.
Von den Blättern machen sie Fäden und Leinwad vor Man̅s- und Weibs-Personen /
auch Seiler: Die alte Blätter aber dienen zu Atap / die Häuser zu decken.
Die Gabba gabba oder abgefallene Zweig dienen zu Stühl / Bäncke / Tafeln und allerhand
Haußrath zu machen.
En fin alle die um Ambon wohnen / biß an die Insul Seran zu preisen diesen Baum / so gantz
Ambon speiset / vor allen anderen Bäumen.
XV.
Bericht
Von dem Baum Gomonto
oder
Saguweer-Baum.
DIeser Baum ist sehr gut vor die Ambonis. Einwohner bis an das Land Seran zu / indem sie
denselben auch auf dieselbige Art und Weiß wie den Sagu-Baum klopffen und stampffen / und kommt
nicht allein Brod oder Sagu von diesem Baum / sondern er gibt auch einen Tranck / nehmlich
Saguweer und Arak / wie auch Zucker.
Ehe Sie aber diesen Tranck dar von sammlen / so hangen sie zuvor viele Bambusen mit Saguwern
angefüllet auf den Baum / und hohlen sie nicht eher wider herunter / biß sie ein Gous - cous
oder ein wild Schwein gefangen haben / bringen noch mehr zu essen mit dem Thier / welches sie
alles unter dem Baum kochen. Nachdem bringen sie das Saguweer herunter und beten den Teuffel
alldar an / vom ihm heischende / daß doch die Bäum reichlich und überflüssig fliessen mögen /
daß sie nicht allein ihren Tranck / sondern auch Arak und Zucker darvon haben möchten.
Die Faseln von diesem Baum dienen auch Seiler darvon zu drehen / zu Netzen / Anckerseilern
und dergl. welche viel länger halten / als die so von Rohrn oder Rot angemacht werden.
Dessen Dornen brauchen sie zu Gewehr / und machen auch Kämme darvon. Ja sie stecken sie auch
/ an das statt der Fuß-Eysen oder Spanischen Reuter in die Erde / daß sie ihre Feinde damit
abhalten möchten.
Mit den Zweigen und Blätter / fangen sie die Fische.
Trägt sonsten viele Früchte und Saamen / dessen wohl 1000. und aber 1000. Körner / in den
Mahang stecken.
XVI.
Von dem Calapa-Baum.
DEn Calappa-Baum kan man zu allen Zeiten pflantzen / sowohl bey trucknem / als feuchtem
Wetter / es seye bey dem Wasser oder auf einem steinichten Grund / indem das Wasser auß
demselben dringet / als wann jemand Milch von sich gebe.
Nach 10. oder 12. Jahren beginnet er zu tragen / und wann er die Mayan außschiesset / zapffen
sie den Tranck davon / und kochen Arak und Zucker darauß; wie sie dann auch Essig davon machen
können. Ja seine Früchten halten auch ein süsses Wasser in sich.
In dem jungen Calappa-Baum finden sich Bouber / so ein gut Essen vor die junge Kinder gibt.
Von der Frucht kochen sie ein Oehl gegen den Brand / welches auch gut ist / Fis???che
darinnen zu braten / an statt der Butter. W???ann aber die Frucht alt ist / so essen sie das
Marckt.
Von dem Bast machen sie Seiler: von dem Stamm Stühle und andern Haußrath / daß also auch
dieser Baum zu vielen Sachen mützlich ist.
|| [67]
XVII.
Von dem Canary-Baum.
ES trägt der Canary-Baum im zehenden Jahr nach seiner Pflantzung Früchte / und zwar alle Jahr
einmahl.
Der Kern in der Frucht ist gut zu essen / und kann man solchen lang erhalten. Doch machen sie
auch ein Oehl darvon. Die Schale / so um den Kern ist / ist gut Kohlen vor die Goldschmiede
davon zu brennen. Von dem Holtz aber machen sie Büden / Züber und dergl. dienet auch zum
Brenn-Holtz.
XVIII.
Bericht
Von der Zimmet-Erndte und was darzu gehöret.
Das Erste Capitel.
Von den Zimmet-Schelern und deren Geschlechten.
DIe Zim̅et-Scheler / von den Holländern Caneel-Schillers genannt / haben das
Recht der anderen Naturellen von Ceilon nicht gemein / daß sie ihre Ländereyen nach ihrem
Belieben verkauffen dörfften / sondern es sind nur Leyhe-Güter von der Art / daß sie ihnen und
ihren Nachkom̅en zum Gebrauch verbleiben / ohne daß sie anderst damit disponiren
kön̅en / in dem der Kauff und Verkauff davon ungültig un̅ bey
schwerer Straff verbotten ist.
Es gibt deren Verschiedene Geschlechter so doch alle schlechte und verachtete Leute sind /
wie die Pairers auf der Küst. Indessen ist doch unter denselben noch ein grosser Unterscheid /
so wohl im Graad / als sonsten / und ist biß zu dieser Stund noch ungewiß / wie vielerley
Sorten es von diesen Schelern gebe / wo sie herstammen / und worinnen sie unterschieden sind.
Dieses aber kan ich sagen / daß das Schel-Geschlecht / so mit dem General-Nahme von Tsiálias
oder wie die Unsere schreiben / Chiálias, nach einiger Behauptung / eine besondere Nation seye.
Diejenige / welche unter Negombo sortiren / haben ihre Wohnunge unter dem Castel allda / und
stehen alle unter dem Modeliaar von Negombo, so ein Inländischer ist / und allda viel zu sagen
hat / auch deßwegen von diesem Volck sehr gefürchtet und hoch angesehen wird.
Ihre Kleidung ist gering / so wohl der Männer als der Weiber / welche alle das Haupt /
Oberleib und die Beine bloß und an dem Mittelleid nur ein Kleidgen tragen / wormit sie ihren
Leib umwinden: Ausser daß die Männer noch ein ander Kleidgen / wormit sie ihre Scham bedecken /
an sich haben / welches sie / bey nahe als die Fischer zu Paliacatto, um ein baumwollenes Seil
/ so dick als ein Federkiel oder wohl dünner / fest anstecken und um den Leid binden / auch
dessen Knopff vornen tragen. Andere machen es oben wie eine Schurtz mit einem Saum / und zihen
das Seil durch / daß sie es nach Belieben weiter oder enger machen können.
Diß Kleidgen ist nicht geweben / sondern mit der Nadel gemacht / und findet man solche auf
dem Marck zu Colombo zu Kauff / an Farb / blaugestreifft / weiß / nach Unterschied derjenigen /
so sie tragen dörffen.
Sie binden es vornen an / eben als ein Schürtztuch / mit dem Band / so daran ist: oder
stecken es auch in das Band / daß es fest bleibe: Alsdann zihen sie es durch die Beine / und
stecken es von unten wieder durch das Band.
Uber dieses winden nachmahlen die Männer ihr Kleidgen / welches von blauem Baffu oder
dergleichen Zeug ist / und nur den Ansehnlichsten unter ihnen zukommt, da die schlechtere
hergegen ihre Kleidger von rauhem Dongrys machen.
Die Frauens-Personen lassen ihr Haar fladerend hangen / ohne daselbige zubinden / und gehen
mit dem Oberleib und Brüsten / die gemeiniglich lang herab hangen bloß / tragen auch nichts
an [68] den Füssen / und gehet ihr Kleidgen von dem Mittel deß Leibs biß
über die Knie / welches gleich abhanget / ohne einig andere Uberdecke / und wann sie sich
setzen / winden sie es zwischen den Beinen / ihre Scham zu bedecken.
Die kleine Kinder lauffen zum 4. oder 5. Jahr nackend: worauf sie nachwahlen ein Bändgen um
die Mitten deß Leibs tragen / und daran ein breit Blatt / zum Deckel ihrer anderen Theilen.
Ob nun wohl diese Scheler ihre Häuser unter dem Castel haben / so bauen sie doch hier und da
im Wald ihre Plantagien von Jambos, Jaacas, und zielen auch hier und dar Nathiani, die auf
Cingalesisch Krakan heissen / deren Wartung von den Weibern in Acht genom̅en
werden / welche auf dicke Bäume klimmern / damit sie von den Elephanten nicht ertappet werden /
wann sie dieselbige wahrnehmen. Ja sie machen deßwegen auch Häuser auf die Bäume von
Pinang-Latten / darauf sie schlaffen / und haben gegen den Regen und Thau ein Dach über.
Wiewohlen dieses Volck meistens unter dem Schloß verbleibet / und kan durch den Schall kleiner
Drommelger gar leicht versammlet werden.
Sie machen von den Nathiani Zwiebeln ein art Brodts / das sie essen / und bedienen sich
darbey einer gewissen Speise / welche sie von den Jaäcas Kernen zubereiten / welche sie auß dem
Wald holen / allwo diese Bäume wild wachsen / und einem jeden erlaubet sind.
Der Landstrich / welchen die Chialias bewohnen / wird Mahbades genennet / und ist
mehrentheils in und um die Dörffer Billitot, Cosgure, Acanelo, Madampe, Raygamme,
Lanedemoendere, Magale und Dadalo: worüber 4. vornehme Vidanes (welche dem Capitain der
Zimmetscheler gleich nachfolgen / dessen Befehl außrichten / und in dessen Abwesenheit die
Chialias commandirt) bestellet sind / nemlich
Der I. und vornehmste Vidane (gemeiniglich Vidane-Mahbade genannt) ist über die Chialias von
Billitot, Cosgure, Madampe, Lanedemoendere, Magale und Dadalo.
Der Zweyte ist über die Chialias in den Länder rund um Colombo, welche in den Dörffern
Tottebadde, Morregalle, Calnamoderè, Calemodle, Oudure, Pottopitti, Pinvvatte, Wascadre, samt
einem um Negombo, welchen sie Heelembada-Vidane nennen.
Der Dritte ist über die Rhoene-Chialias, so in den Landen Mature wohnend.
Der Vierte über Raygamme, welcher in demselben Dorff über die Chialias zu sagen hat / auch
allda wohnhafftig ist.
Zu dieser Zeit waren in dem Dorff Billitot
|| [69]
Das Zweyte Capitel.
Wie es mit dem Zimmetschelen / und was darzu gehöret / hergehe.
DIe Erndte des Zimmets ist zweyerley: Die Grosse und die Kleine: Die Grosse fänget in dem
Julio an / und dauret biß ohngefähr in den Septembr. inclusivè, wann der Caneel blühet und die
Rinde oder Schaale von dem Holtz gehet. Die Kleine sollen beym Regenwetter im Januario und
Februario geschehen / wann es etwas trucken ist / und sollen dieselbe nur 3. Wochen / mehr oder
weniger dauren / doch aber allein angefangen werden / wann die Hoch-Edl. Compagnie der Rindern
vonnöthen hat.
Ehe das Schelen angehet / so gehet der Modeljaar von Colombo, mit 20. oder 30. Siogalezen /
benebenst einigen Chialias in den Wald / selbigen zu besehen und in Obacht zu nehmen / wo die
meiste Bäume in einem kurtzen District bey einander stehen / und wo die beste Schelung des
guten Zimmers anzustellen sey? und wann er dieses außgespüret / und einen solchen Platz
gefunden hat / so thut er dem Commendanten zu Negombo oder einem andern so darzu bestellet ist
/ Rapport davon. Wann nun der Ort vor gut gehalten wird / machet man Anstalt dahin zu ziehen.
Hierzu wird nun ein com̅andirendes Haupt (so von den Unserigen Capitain der
Zimmet-Scheler genennet / und von den Portugiesen Capitain der Mahbude geheissen wird / und
zuweilen in Qualität nichts mehr als ein Sergeant ist) erwählet / welches mit 50. Soldaten /
mehr oder weniger / zuweilen auch nur 30. nach dem bescheidenen Platz zu marschiret / und noch
nebenst den Caneel-Scheler / ohngefähr 100. biß 150. Lascargus (welches der Soldaten Kinder
sind / und denen Vättern im Krieg nachfolgen / um Brieffe in dergleichen hin- und her zu
tragen) nachdem viel oder wenig erfordert werden / und es der Zeit gemäß ist.
Ehe ich aber weiter gehe / muß hier en passant anzeigen / daß der Zimmet-Wald an der Gegend
Negombo 3 1/2. 4. 4 1/2. biß zu 5. Stunden lang / abstreichet / worinnen die Schelung geschehen
muß.
Die Soldaten sind unter 2. biß 3. Corporalschafften vertheilet / nachdem die Zahl groß oder
klein ist / dann jeder hinten auf dem Rück einen Sack mit Reyß vor ein Monat Proviant / auf 40.
Pf. im Gewicht / und an der Mußquet ein weit und Pfann-ächtiges Töpffgen mit einem engen Halß
oder Mund / wie auch Pfeffer und Saltz sc. träget / dafern sie etwa einige Büffel fingen;
wiewohlen sie auch im Wald hier und dar wohl etwas Pfeffer wachsend finden.
Die Scheler bekommen Kopff vor Kopff ein Kleidgen / wann sie an die Arbeit gehen / auch eben
so viel Reyß / wie die Soldaten / welchen sie an ihrem Hazegay, so von einem Pinang-Stock / 10.
biß 11. Schuh lang / vornen geschärffet und abgehend gemacht ist / in einem genäheten Sack von
ein Areckscheid tragen: Worbey sie auch noch gekochten Reyß / auf 6. biß 7. Täge haben /
welcher dann so hart / als Brodt wird. Nicht weniger haben sie auch ihre Töpffger und ein
kupffern Becken mit etwas Saltz und Pfeffer / welches ihnen nebst 6. Schilling an Geld zu
Betec, Areck, &c. gegeben wird: Wormit sie sich alsdann auf den Weg machen / auch
zuweilen etwas dürr und hartes Büffel-Fleisch mit sich nehmen.
Uber dieses haben fie auch ihre andere Bereitschafft bey sich / welche in einer Areckscheid /
Köcher / einem Hack oder Kapmesser / noch einem krummen Messer und einem Wetzstein / auch einem
Stöckgen / so dick als ein Rohr / nach dem Maß / welches die Zimmet-Röhre haben sollen /
bestehet: wovon sie den Köcher hinten an dem Rücken / in den Strick / welchen sie um den Leib
gebunden haben / stecken und fest machen.
Dieses Kapmesser blincket viel heller und ist auch das krum̅e Messer so
scharpff als ein Fliete / und ist beynahe anzusehen als ein Hiepe oder Beil / dergl. sich die
Holtz-Hacker in unserm Vatterland gebrauchen / oder wie die Metzger-Beile / damit sie das
Fleisch zerhauen / indem sie oben gantz flach sind.
Der Stiel an dem krummen Messer ist ohngefähr so lang / als ein Stiel an den Messern mit
schwartzen Stielen und 1 1/2. Zoll breit / mehr oder weniger / ein Spann lang / roth
außgestreckt / nach seiner Krümme aber wol 2. Spann außmachend / und ist die Spitz (so etwas
außwerts stehet) nur ohngefähr 5. Finger breit von dem Stiel / daß das Messer also eine grosse
Länge haben muß.
Alle diese Leute stehen unter zwey Personen von ihrem Geschlecht / welche Hikkedees heissen /
deren jeder 50. 60. 100. auch mehr oder weniger / nach dem die Zahl groß ist / unter sich hat /
und beynah mit unsern Corporals kön̅en verglichen werden. Ihr Ampt bestehet
darin̅ / daß sie im̅er Ronde gehen / wan̅ die andere
am Schelen sind / um zu sehen / wie ein jeder sein devoir in acht nim̅t / worzu
sie dieselbe auch anhalten müssen.
|| [70]
Uber diese beyde Häupter aber / wie auch über die andere / so unter beyden stehen / ist ein
Aratelu oder Aratsie gesetzet / welcher ordinaire des Tages zweymahl Runden gehet / um zu sehen
/ wie das Werck vor sich gehet / welches er zugleich nach Gebühr befördert / jeden bey seinen
Pflichten hält / auch dem Capitain der Zimmet-Scheler von allem Bericht ertheilet / und von
diesem wieder Ordres hohlet. Diesem Aratsie erweisen die Caneel-Scheler sehr grossen Respect,
und beugen sich vor demselben sehr tieff / mit grosser Ehrerbietung / in deren Häuser er nicht
gehen darff / weilen sie gar veracht und gering gehalten werden.
Die Lascaryns versehen sich auch mit Provision, nach ihrer Gelegenheit und Gewohnheit / indem
auch unter denselben ein Unterscheid von Geschlecht unterlauffet / deren Vornehmste die Mützgen
auf dem Haupt auffrecht / die andere aber auf dem Haupt liegend tragen.
Wann nun alle Zubereitung fertig ist / so fangen die Marches nach dem Wald zu an / allwo man
an der Seiten nach Kandia zu ein Logiment oder Corps de Garde vor die Soldaten auffschlägt / um
solche Gegend von dem Feind oder vielmehr von den Buschklepper zu bewahren / und nehmen die
Lascaryns ohngefehr 1/4 Meil davon ihren Posten / welche / so bald sie etwas mercken / mit
einer gewissen Zahl Schüssen ein Zeichen geben / damit sich alles praepariren und in gute
Positut stellen könne; wie sich dann die Soldaten auch fertig stellen / wann die Scheler etwas
gewahr werden / so meistens auf die Elephanten ankommet / welche mit Feuer / Trommeln /
Schiessen und anderem Wesen weggertieben werden; zu welchem End die Soldaten auch die gantze
Nacht Wacht halten / bey Tag aber sich nur mit einer Schildwacht / so Achtung gibt ob etwas
vorfalle / vergnügen.
Dieses Logiment ist gantz offen / außgenommen diejenige Seite / wo der Regen herkommet:
stehet auf Stützen / und ist oben mit Palmen-Blätter zugedecket / damit sie trucken darinnen
liegen können. Sie haben auch die gantze Nacht Feuer darinnen / sowohl sich zu wärmen / als
auch die Elephanten zu verjagen.
Ferner richten sie ohngefehr in der Mitten des Bezircks / wo die Zimmet-Schelung vorgenomen
wird (welches sie in die Ründe ohngefehr 1 1/2 Stunden rechnen) einen Behalter / so wohl eines
Schiffs lang und 13. oder mehr Schuh breit ist / auf / welcher überall offen stehet / ausser
derjenigen Seite wo der Regen herkommt / wo er oben mit einem flachen Tach geschlossen wird /
welches mitten etwas spitzig ist / daß der Regen auf beiten Seiten abfliessen könne. Hierinnen
werffen sie den Zimmet / und so lang dieser darinnen lieget / wird eine Schildwacht darvor
gestellet.
Der gantze Begriff der Zimmet-Schelung ist in die Ründe gerechnet nicht grösser und weiter
von einander / als sie sich einander zuruffen können / welches / wie schon gesagt worden /
ohngefehr anderthalb Meile in seinem Umschweiff außmachet.
Die Scheler machen auch hier und dar Hüttger von Baum-Zweigen und dergl. behelffen sich auch
sehr gnau und kümmerlich / halten ein oder zwey Personen bey solchen Hütten / welche ihrer
warten / den Reiß stampen / auch zuweilen in dem Wald mit schelen helffen.
Weilen auch kein Stein allda ist / eine Heerdstätte zu machen / so stecken sie Pfälger in den
Heerdt / wo sie die Töpffen auffsetzen / worinnen sie den Reiß kochen / indem diese Höltzer
eben so lang / biß der Reiß gar ist / außhalten können.
Hier ist aber zu wissen / daß / ehe diß gantze Corpus, auf den bestimmten Platz von den
rechten und besten Bäumen / daran die Schelung geschehen soll / gekommen ist / sie unterwegen /
wo sie campiren / andere / aber gantz leichte Hütten auffschlagen / darinnen sie die Nacht über
haußhalten / des andern Tages aber wieder aufheben / und förder reysen.
Wann sie sich nun auff dem rechten Ort / wie oben gemeldet worden / niedergelassen haben / so
gehet es an das Schelen / womit sie morgens / ohngefähr um halb sieben Uhr / auff den Schlag
der Tabalinchis, (so kleine Trommelger sind) welche von einem besondern Geschlecht / Borrewags
genannt / geschlagen werden / oder auch nach dem Gethön einiger krummer Hörner / wornach sie
sich im Anfang und Ende ihres Wercks richten / anzugehen pfleget.
Doch ist zu wissen / daß ehe sie noch an das Werck selbsten gehen / sie zuvor ihre Kost
kochen und anschaffen; wie sie dann auch Mittags ohngefähr um 11. Uhr / einhalten und essen /
biß sie gegen Ein oder halb Zwey wieder an die Arbeit gehen / nach Fünff oder halb sechs Uhr
aber / Feyerabend machen / und ihr Abend-Mahlzeit halten; wornach sich die Unserige auch
richten / nahmentlich die Soldaten / von welchen vier / fünff biß sechs Mann bey jedem Truppe
der Scheler stetig commandiret werden / und stehet allein bey dem Capitain der Caneel-Scheler /
den Anfang und die Endigung dieses Wercks zu ordonnniren / welches beydes er mit dem Trom̅elschlag oder Blasen der Hörner ankündigen lässet.
Zur Mittags-Zeit ist es in dem Wald sehr heiß / ohngeachtet sie durch die Bäume von der
Sonnen beschützet werden / angesehen keine kühle Winde oder Lufft denselben durchwehen.
Der Modeljaar kommt dann und wann auch wohl einmal zu sehen / wie alles hergehe? worbey er
doch Gelegenheit nim̅t sich wie auch anderer Orthen mit der Elephanten-Jagt oder
mit andern Thieren zu divertiren: zumahlen Er obobligirt ist Sorge zu tragen / daß die
Hoch-Edle Compagnie mit gutem Zimmet versehen werde / auch deßwegen zu zeigen und anzuweisen /
wo der beste Zimmet in der Menge zu bekommen ist.
|| [71]
Die Scheler sind auch gemeiniglich verschlagen den schlechten / mittelmässigen und besten
Zimmet zu unterscheiden / und wan̅ zu viel oder mehr davon gesammlet worden / als
man verlanget / so verbrennen sie alles / was zu viel ist / welches die Soldaten / so die Wacht
haben / schlaffend machet / weßwegen sie sich mit allerhand Gespräch und dergl. wacker und
munter erhalten müssen.
Die Scheler bestehen allein auß Man̅s-Persohnen / und zwar lauter
außgewachsenen Leuten / ohne junge Knaben oder auch Weibs-Persohnen / und machen all zusammen
200. biß 400. Mann auß / wovon auch zuweilen ein oder der ander Urlaub bekommet / nach Hauß zu
kehren / welches sie bey dem Capitain der Caneel-Scheler erhalten müssen.
Von den andern Soldaten / so bey jeden Troup der Scheler commandiret sind / (ausser
denjenigen so die Wacht halten) trincken einige Taback / andere schlaffen; diejenige aber so
zur Schildwacht verordnet sind / warnen die übrige mit Steinschiesen / wann sie etwas mercken:
auf welchen Fall nicht allein ihre Cammeraden das Gewehr / so sie niedergeleget haben / wieder
ergreiffen / sondern es stellen sich auch alle andere rund um in gute positur, sich zu wehren.
Der Aratsie hat sein Hüttgen auch recht in der Mitten der Caneel-Scheler / um überall gute
Obsicht zu haben / und immer bey dem Werck seyn zu können.
Die Scheler halten die gantze Nacht Feuer / gegen die Elephanten / solche von dem Hezirck
abzuhalten / worzu fie das Holtz bey Tag sammlen / wie es auch bey dem Corps de Garde
geschiehet.
Deßgleichen thun auch die Lascaryns, so Tag und Nacht Wacht halten / und mit Schiessen warnen
/ sc. wann sie etwas hören und vernehmen / wiewohlen auf ihre Wacht wenig Staat zu machen ist /
und sie nicht viel Gegenwehr thun solten / wann ichtwas solte vorfallen: Bleiben allezeit auf
ihrem Posten / ohne daß einige von ihnen / den Caneel-Schelern zugefüget werden solten.
In dem Marsche aber müssen 100. biß 200. die Wege mit Beiler / welche sie die Singalesische
Hauer nennen / außhauen: Wordurch die Passage von den Aesten / so im Wege stehen / befreyet /
und ein Durchgang gemachet wird.
Was nun das Zimmet-Schelen selbsten anlanget / und was sonsten mehr darzu gehöret / so fänget
sich dasselbige an dem Stamm an / und endiget sich an den Aesten. An dem Stamme machen sie
unten einen Schnitt in die Rinde / womit sie sehr behend sind / solches in einem Schnitt /
durch ein Drehen mit der Hand / allein mit der Spitz zu thun / so gar / daß sie das innere
Holtz nicht einmahl verletzen: weßwegen sie denjenigen Ort / wo die Rinde geborsten / auch
hackicht oder gnodicht ist / meiden. Nachgehends thun sie auch oben / nach der verlangten Länge
/ so etwa 4 1/2. Schuh seyn muß / auf eben die Art einen andern Schnitt / daß die Rinde
zwischen dem Ober- und Unterschnitt hernach in ein Rieme / so etwa einer Hand breit sind /
geschnitten werden könne / welche sie oben an jeden Rinnen loß machen / und alsdann mit der
Hand vollends ablösen.
Hierauf hauen sie den Baum um / und schelen die Aeste fast auf eben die Art / wie zuvor /
wann sie nemlich eine solche Länge zwischen den Knoden haben.
An jeden Baum kommen ohngefähr 20. biß 30. mehr oder weniger zu arbeiten / und wann sie noch
mehr Gehülffen vonnöthen haben / so ruffen sie sich einander zu; wiewohlen es auch Bäume gibt /
welchen drey biß vier Mann gewachsen sind / um selbige zu meistern; Und ob sie schon an den gar
jungen Bäumen und den jungen Aestger den besten Zimmet antreffen / so werden sie doch die Rinde
davon nicht abrauffen / sondern wann sie den ober- und untern rundum auch den langen Schnitt
gethan haben / klopffen sie ein wenig an die Schale / so gehet sie und scheidet sich gleich ab.
Wann nun die Rinde abgeschelet worden / so werffen sie dieselbige auf den Boden / daß sie
trucken werde / da sie sich alsdann zu Pfeiffen rollet / und bekommen die Kleinere ihre Höhle
wohl in einer halben Stund / andere aber erfordern mehr Zeit darzu; und wann man die junge
Bäume / nachdem sie abgeschelet worden / stehen lässet / so sollen sie wieder eine neue Rinde
setzen / wie mir vor sicher erzehlet worden ist.
Diese Rinde nun lassen sie so lang im Wald trucknen / biß daß / nach ihrem Gutdüncken / gnug
geschelet worden: da sie dann alles aufheben / und in den obbeschriebenen Behälter verbergen.
Hierbey ist aber zu wissen / daß / wann die Schale etwas eingeschrumbt und uneben befunden
wird / dieselbe / wann er noch grün und frisch ist / mit einem Messer / das an beyden Enden
einen Stiel hat / gleich geschabt wird: Zu welchem Ende sie zwey Pfähle / ohngefähr 1 1/2. biß
2. Fuß von einander in die Erde pflantzen / deren jeder mit seiner Gabel oben versehen ist /
worinnen sie die Rinde legen / wann sie die ungleiche Rauhigkeit abkratzen: Und wann sie dieses
noch nicht bequemlich thun können / legen sie ein Brett über die gegabelte Pfähle / worauf sie
die Schale legen / damit sie desto besser dazu kommen möchten; zu welchem End sie den Bast mit
dem Brett auch anklammern und fest machen. Wann nun die Rinde gnug geschabt worden / machen sie
die Klammer loß / nehmen die Rinde herauß / und wann dieser also geschabte Zimmet wohl trucken
worden / legen sie ihn à part, wann sie denselben in das oberwehnte Packhauß oder Behalt
tragen: Wiewohlen sie wohl auch den andern Zimmet also schaben / wann sie denselben gar fein
haben wollen.
Wann endlich so viel geschelet worden / als man vonnöthen gehabt / binden sie den Zimmet [72] ein gewisse Bündlein / daß sie ihn desto besser tragen / und zum Packhauß
bringen können / worinnen sie denjenigen Zimmet / so auf eine Zeit gesam̅let
worden / beysammen legen / und mit gewissen Zeichen marquiren / um eine Sorte vor der andern zu
erkennen / und gehet auch wohl einiger Caneel nacher Colombo &c. ab / welcher zu
Ladung der Schiffen / so darzu bereit liegen / bequem gnug ist: wird aber zuweilen auch in
Körben wohl verwahret / ehe er weggeführet wird.
Es ist auch zu wissen / daß die Gebünde oder Büschlein / welche sie in das Packhauß tragen /
so sie nicht recht fest gebunden / oder etwas loß sind / man noch etliche Pfeiffen oder Röhren
dazwischen stecke / biß das Band besser schliesse.
Unterdessen zeichnet der Capitain der Caneel-Scheler allen Zimmet / so einkommet / wohl auf /
und unterhält so viel Specificationes, als darzu erfordert werden / oder zum wenigsten allda im
Gebrauch sind / und befiehlet dem Aratsie zuzusehen / daß die Quoten und Taxen complet
eingelieffert werden möchten.
Wann die Hoch-Edle Compagnie einige Quantität Zimmet verlanget / so schicken sie einige Kulis
(so auch eine Art der Caneel-Scheler ist) ab / welche denselben mit Pingas hinbringen / und
zwar in obbesagte Bündlein gebunden / woran drey Bände oder Stricke liegen / einer in der
Mitten / und an jedem Ende einer: Mit welchen auch wohl ein Assistent oder Schreiber gehet /
welcher alles ausschreibet / auch dieselbe mit einer Factur an diejenige Oerter / wo sie hin
sollen / abfertiget.
Diese nun bringen die Gebünde erstlich in ein äusseres Packhauß / davon ein Keller die
Obsicht hat / wo die Gebünde gewogen / und zu ihrem rechten Gewicht / das sie haben sollen /
gebracht werden / nachdem man einige Pfeiffe oder Röhre ab oder zuthut / wann das Gewicht nicht
zutrifft; wie sie dann sonsten zum Verschicken adjustiret / und mit der Num. als 1. 2. 3. nach
ihrer Sortirung bezeichnet werden / allwo die Matrossen / so denselben zugefüget sind zu dem
Abwiegen / Tragen / Wegschicken sc. gebrauchet werden. Einige Päcke / so ins Vatterland
destiniret seynd / werden auch wohl mit Küh-Häuten umgeben / und alsdann in das andere innere
Packhauß gebracht / worauß sie dann nach dem Schiffe gebracht werden / dafern die Fahrzeuge /
so darzu bestimmet sind / fertig liegen.
Sonsten ist dieser Zimmet-Wald / voller Blut-Egel / die unserm Volck viel Ungemach zufügen /
wovon die Schwartze und Caneel-Scheler so viel nicht gequälet werden / welche ihre Füsse und
Leib mit etwas zu schmieren wissen / daß die Saug-Egel von ihnen bleiben; und obwohlen die
Unserige sich dessen an ihren Beinen auch bedienen / so will es doch dieselbige nicht so wohl
helffen / indem diese halb im Wasser / und Früchten wieder abgehet / wordurch sie dann keine
Befreyung haben. Krancke und Ungesunde Personen aber / ob sie wohl von unser Nation sind /
lassen sie wohl mit frieden / und suchen nur diejenige heim / welche ein gutes Geblüt haben: an
welches sie häuffig in alle Theile eindringen / selbst in die Ohren / Nasen und heimliche
Oerter / fallende von den Bäumen auf den Leib / ohne daß man sich derselben erwehren könnte;
und weilen sie sehr dünn / wie Nadlen / oder etwas leibiger sind / so können sie überall
einkriechen: wodurch dann geschehen / daß ein trunckene Person / welche in dem Wald gegangen /
und mit dem Schlaff überfallen worden / durch das Außsaugen des Geblüts von denselben getödtet
/ und in solchem Zustand nach 2. oder 3. Tagen gefunden worden.
Hiergegen brauchen unsere Soldaten folgende Mittel: Sie drucken nehmlich auf den Platz / wo
die Saug-Egel sind / und setzen etwas von Limonen-Safft auf deren Leib / wovon sie gleich
abfallen: Oder sie binden ein nasses Kraut an ein Stöckgen von ohngefehr 1??? Zoll lang /
solches schlagen sie auf den Orth / dahin der Egel kommt / worvon er sich gleich weg begibt; zu
welchem End sie ein dergl. Stöckgen auf ihrem Mantel und anderstwo immer bey sich tragen.
Wann sie ein Saug-Egel herauß ziehen wollen / und ein Stück darvon im Fleisch bleibet / so
haben sie sehr viel damit zuthun / und gehet auch ein Chyrurgus mit ihnen / um nicht allein
dieses Ungemach / sondern auch andere Zufälle und Kranckheiten unter ihnen zu heilen.
Wann die Soldaten ein gewisses Lager oder Logiment haben / so bestreuen sie den Grund / wie
auch den Boden in den Corps de Garde mit Aschen / wodurch sie alsdann von diesen Blut-Würmen
befreyet sind.
Das Dritte Capitel.
Oder INSTRUCTION eines Capitains der Caneel-Scheler.
DIeses muß ein ehrlich / verständig- und redlicher Mann seyn / um die Scheler nach des Landes
Weiß und Gewohnheit in diesem Dienste wohl zu unterhalten und zuregieren / auch die Pflichte
von denselben / welche sie in ihren Geschlechten und nach ihrer Quantität ab [73] sonderlich auch insgemein schuldig sind / zu erhalten / wann der E. Compagnie
verlangen mit den ordinairen Tapen / sonder Beschwernus oder Druckungen ein Genüge geschehen
kan.
Er muß auch die Vidanes und Durias durch seine Wissenschafft und Erkanntnus also zu leiten
und zu tractiren wissen / daß durch Nachlässigkeit im Gebieten und Abstraffen seine Authorität
nicht verlohren gehe / noch durch gar zu schwere und strenge Hand deren Zuneigung von ihm
ablasse.
Er muß sich ferner bestreben die Durias soviel zu vermindern / als die Reduction leiden mag /
indem derselben schon genug sind / wann das Werck / das zuthun ist / in geringer Zahl derselben
kan vollzogen werden: deren Uberfluß aber ist hergegen schädlich / und zwar in Ansehen der
Gerechtigkeiten und Freyheit / die ein jeder Durias hat.
Indessen muß diese Reduction nicht plötzlich und auf einmahl / auß Furcht einer Empörung ins
Werck gestellet werden / sondern er muß die alte Zahl gantz lassen / biß daß die Häupter / biß
auf die Reducirte Zahl zu sterben kommen / da man alsdann darbey bleiben / und keine andere
mehr zulassen kan / als bey wieder vacanter Stell: doch auch dieses nicht ohne expresse
Zulassung des Herrn Gouverneurs.
Vor diesem wurde in Verfertigung der General-List niemand / als nur allein das Mans-Volck und
sothane Ankömmlingen / welche der Capitain zu einigen Diensten bequem zu seyn urtheilete /
aufgeschrieben.
Weilen aber hierdurch verursachet worden / daß verschiedene / auß Particular-Absichte eines
eigenen Gewinns durch die Durias verschwiegen / und dem Capitain verhelet worden; so sollen
(diesem vorzukommen) künfftig in der Verzeichnus auch die Weiber / Kinder und eines jeden
gantze Familie, keine außgenommen / mit angesetzet werden / mit Zuthun / was für Länderey und
Gärten sie besitzen / von was Würden sie seyn / und was für Gerechtigkeit ein jeder könne
aufbringen / um also perfect zu wissen / was ein jeder vor seine Dienste geniesset / und was
ihme angewiesen ist / mit Unterscheidung desjenigen / was sie vor ihre Dienste besitzen / und
desjenigen / was sie vor ihr eigen Geld gekaufft haben.
Solten hernacher einige gefunden werden / so dadurch in Armuth verfallen sind / so ist die E.
Compagnie mit Recht befugt sothanige verkauffte Ländereyen wieder anzuschlagen.
Er muß auch insonderheit Achtung geben / daß die Ilandarias oder Poetabennes, die Aratsies
und Lascuryns keine Kinder von den verpflichteten Thialias anhalten / heimlich verstecken und
unterhalten / welche als die Dienstbareste / ohne dem der Arbeit zu entweichen suchen.
So soll er auch von den Lascaryas so unter der Chialias Geschlecht gehören / eben so gute
Wissenschafft und Notiz, als von den andern Geschlechten haben / benebenst guter Aufzeichnung /
wohin solche commandiret werden / als welche / nach dem alten Gebrauch / unter dem Dessave
stehen / welcher dieselbe allezeit / ohne Widerspruch des Capitains / commandiren und
gebrauchen mag / so gar / daß alsdann der Capitain / ohne Special Consens des Deslaves keinen
derselben von den Wachten hohlen darff / es wäre dann / daß es wegen anderer Consideration auch
Zeit und Gelegenheit dem Gouverneur so gefallen wolte.
Diejenige aber so nicht commandiret sind / und in loco bleiben / stehen unter dem Befehl und
Dienste des Capitains / und wann es seyn kan / sollen zum wenigsten 10. von der Gaelse und 10.
von der Colombonischen Seite / mit einem Aratsi zu dem gemeinen Caneel-Dienst immer parat
stehen.
Die Coronde-Halys müssen die meiste Dienste thun / weßwegen auf dieselbige am meisten Achtung
zu geben / absonderlich / daß niemand von denselben / auf was Weiß er auch zuvor verschonet /
beschützet und verschwiegen worden / auß privat Authorität und Absicht einiges Vortheils andern
vorgezogen werde / die ohne das ihre treue Dienste thun.
In der Taxation muß er bescheidenlich und unterschiedlich handeln / nach dem Alter und
Disposition.
Die Differenz zwischen dem Gewicht der Mahbade Chiälias und derer von Rhoevve verursacht eine
gantz beschwerliche Ungleichheit; weßwegen es gut wäre / daß der Capitain sein Bestes thäte /
daß solches / nach der Weiß der Mahbaden verglichen würde / wann solches nur ohne Alteration
der gemeinen Chialias geschehen kan.
Er soll auch Sorge tragen / daß niemand die Kulis unter den Caneel-Schelern zu andern
Diensten / ausser den Mahbaden / anfasse oder zwinge / indem sie ihre Pflichte davon
verschonen: Es seye dann / daß der Herr Gouverneur oder die Hohe Obrigkeit dieselben zu einigen
extraordinairen Diensten verlangen.
Er soll auch judiciren und wissend machen / daß den Caneel-Scheler besser und geruhiger würde
seyn / wann sie allein die grosse Schel-Zeit wohl in Obacht nehmen / und vom Julio biß in
Octobr. gantzer 6. Monden lang an ihrem Werck blieben / und also eine E. Compagnie vergnügten:
die übrige Jahrs-Zeit aber zu ihrem Land-Bau und Hauß-Nahrung anwendeten / ohne daß sie im
Januario und Februario wieder abrechen müßten. So viel wir bericht werden / solte dieses wohl
geschehen können / wann es mit Vorsicht vor die Hand genom̅en würde; doch geben
wir darzu noch keine positive Ordre, und überlassen dieses des Herrn Gouverneurs Disposition,
um dieses der E. Compagnie zum Besten / nach Gelegenheit der Zeit zu inarminiren.
Ferner hat der Capitain auch wahrzunehmen / daß niemand einige Handelung mit dem Zimmet
treibe / und wann er dergl. jemand ent [74] decket hat / soll er es
der Obrigkeit anzeigen. It. daß keine Kesseln das Zimmet-Oehl zu brennen / aufgerichtet werden
/ sondern soll dieselbe ruiniren / und die Unterefänger anklagen / worinnen die Connivenz vor
Handthätigkeit soll zugerechnet und gehalten werden.
Er soll niemanden erlauben einen Chialia von seinem Geschlecht zu entschlagen / als allein
der Höchsten Obrigkeit; worauf nicht weniger eine scharffe Auffsicht zu nehmen / als daß die
Caneel-Scheler ihre Kinder nicht den Durias, Ilandarias oder Coelys untergeben / solche allda
aufzuziehen: worzu die Corondehalys allzeit grosse List anwenden / um ihre Kinder von dem
Caneel-schelen zu befreyen; weßwegen sie dieselbe wohl mehrmahlen verpfändet / oder an andere
freye Leuth verkauffet haben / sowohl diesem Wercke zu entkommen / als auch die Verachtung
ihres Geschlechts / so sie sich einbilden / von ihnen abzuwenden. Damit dann also niemand in
seiner Geburt entweder erhöhet oder verkleinert werde / so lasse man Durias Kindern /
Ilandarias Coelis Kindern Coelis, Caneel-Scheler Kinder aber Caneel-Scheler bleiben.
Wann ein Caneel-Scheler auß seinem Dorff oder von seinen Eltern lauffet / und sich bey einem
oder dem andern Mode???aar, Apohani oder Aratsi angibt / ein Lascaryn zu werden / so sollen ihn
die Officirer nicht annehmen / sondern denselben zurück senden. Wann sie ihn aber nicht wider
zurück senden / so soll der Capitain solches bey Hoher Obrigkeit klagen / seinen Chialia wieder
bekommen / die Anhälter aber straffbar seyn / um also dem Ruin der gantzen Mahbade, so durch
Verlauffen dieser Leuthen entstehen könnte / vorzubiegen.
Dafern die Chialias auß der Erndte lieffen / soll er sich an das Haupt des Feld-Lägers
addressiren / wo ihm soll Hülffe widerfahren / als es sich gebühret.
Damit auch die Anzahl der Caneel-Scheler / wie es nöthig ist / anwachsen möge / so sollen die
unehlige Kinder der Durias, Lascaryns, Ilandarias und Potabennes, die schon eine Zahl außmachen
/ zu Caneel-Scheler angebracht und angehalten werden / und soll man von nun an ein Gesetz
vorschreiben / daß derjenige / so diese Kinder in Unehren zielen wird / gehalten seyn soll /
dieselbige zum Schelen lassen aufbringen; wodurch dann die vornehme Durias, Ilandarias und
Potabennes zum Heurathen beweget werden dörfften / um ihre Kinder von solcher Servitut zu
befreyen. Anderst ist hierin nichts zu thun / als bey Special-Ordres des Herrn Gouverneurs,
welcher nach seiner hohen Esprit davon zu disponiren hat.
Zum Redress der Mahbade wird auch ein gutes Mittel seyn: daß die verarmte Chialias, welche
auß Noth und andern Inconvenientien ihre Gärten verkauffet haben / auch wohl gar ihre Wohnplätz
verlassen / und sich mit ihrer gantzen Familien in andere Dörff er begeben haben / wieder zu
recht gebracht würden; weßwegen der Capitain alle solche arme Familien auffsuchen / und zu den
Oertern / woher sie gekommen / durch Authorität des Dessave jedes Districts, da dieselbe
gefunden werden / bringen soll / um dieselbige wieder in ihre Pflicht / nach ihrem Geschlecht
und Condition zu setzen. Auch sollen die Dessaven dem Capitain Information geben / wormit
diesen Armen Leuthen wieder zurecht zu helffen seye / und so es ihnen an Land gebricht /
solches ihnen unter der Hand schaffen / daß man ihrem Elend abhelffe.
Der Capitain muß auch wegen Eintreibung der jährlichen Zehenden / Renthen / und Haupt-Geldern
Sorg tragen / und alles der Compagnie Zoll-Hebern einhändigen / und darbey eine Rolle mit
gnugsamer Anweisung der Nahmen / auf- und abgehenden Jahren / Qualitäten / Gelegenheiten /
Mitteln und Wohnungen derjenigen / die bezahlt haben / halten / und in allem mit allen den ihm
committirenden / denjenigen method in acht nehmen / welcher ihm hiebevor in der
General-Beschreibung kund gethan worden / daß solches alles in den nachfolgenden Jahren zu
besserem Reglement dienen könne / sich wohl versehend / daß niemand entweder durch eigene Gunst
oder durch Vorsprach der Vidanen und Durias, vielweniger durch eigene Connivenz auß der Rolle
gelassen werde. Zugleich aber sind diejenige auch von neuem auf der Rolle bekannt zu machen /
welche durch die Vidanen und Durias, befreyet worden / um also zu sehen / was vor Gerechtigkeit
die E. Compagnie hat / und was dieselbe vor Beneficia geben kan.
Wann die Vidanes, Durias und andere von dem Geringsten biß zu dem Grösten zu büssen verdammet
worden / so soll der Capitain dieselbige nur allein empfangen / und davon ein Rechnung halten /
sich aber dieselbige nicht zueignen / sonder soll bey der ersten Gelegenheit seiner Ankunfft
auf Colombo oder Gale, da der Perpetrant hin gehöret / dieselbe dem Cassirer und Secretario
anzeigen / um nach der Hand / bey Verbesserung ihrer Diensten / nach dem alten Landes-Brauch
dieselbe entweder wieder zugeben / oder wohl gar / vor die Land-Armen gäntzlich confisciret
bleiben lassen / wie es der Herr Gouverneur oder Commendant zu Gale vor gut befinden / und wie
weit solche Straffe und Correction statt haben solle / statuiren wird.
Der Capitain muß auch gebührende Sorge tragen / daß der Areek bey guter Zeit eingesamlet
werde / auch deßwegen dem Administrator des Areeks, welchem diß eigentlich zukommt nach seinem
Vermögen behülffliche Hand zu bieten / auf daß derselbe vor dem Anfang des May in Gale seye /
dann sonsten die Frucht / bey verlauf [75] fen der Mäusen sonsten
nichtüber See gebracht werden könnte / auch solche das Land grosse Mühe und Arbeit kosten
würde.
Und weilen zu den Fortificationen von Colombo und Gale noch vor einigen Jahren Kalck /
Corattenstein und Zimmerholtz verlanget worden / so muß der Capitain davor auch Sorge tragen /
und seinen Chialias dergl. Ordres geben / daß die Stein und das Holtz zeitlich zu den Kalcköfen
gebracht werden möchten / daß jährlich / nach der Sturm-Zeit / die gehörige Quantität zum
Vorrath gebrandt werde / welche der Gouverneur und Commendant zu Gale andeuten wird.
Doch sollen zu dem Kalck-Brennen und Zubereitung der Oefen keine Calapus noch andere Bäume /
so Früchte tragen / abgehauen werden / sondern man soll sich mit dem rund- um gelegenen Wald-
Holß behelffen: es wäre dann Sach / daß die Calapus- und andere Bäume sehr alt und unfruchtbar
befunden würden / die man auch zum Kalck-Brennen anwenden mag.
Nicht weniger soll er auß den Nüssen in der Compagnie Locos-Gärten junge Bäume anpflantzen /
um den Schaden zu ersetzen / so durch das Umhacken der Gärten verursacht worden.
Letzlich hat er sich im Holtzfällen und Abhauen des Zimmer-Holtzes nach derjenigen List /
welche ihm jährlich zur Nothdurfft soll eingehändiget werden / zu reguliren.
XIX.
ORDONANtz wegen der Nägelen auß den Ambonischen Ordres von Herrn
H. de J. extrahiret.
WAs die Handlung der Garioffel-Nägelein betreffen thut / welchen die E. Compagnie / vermög
der alten Contracten / so sie mit den Landsassen (nehmlich diesen 70. Realen oder 56.
Reichsthlr. baar von 550. Pf. Holländisch Gewicht zu zahlen) gemacht hat / so wollen wir / daß
derselben Empfang sobald geschehen soll / als die Erndte vorbey / oder ein gute Parthey
derselben zu haben ist / und dieselbige auch recht trucken sind; um hierdurch / so viel möglich
/ zu verhindern / daß die Einwohnere dieselbe / entweder zu Bezahlung ihrer Schulden oder auf
andere böse Weiß / nicht veräussern oder verlieren können / worzu sie entweder durch die Noth
getrieben / oder durch langes warten können veranlasset werden.
Vorbemeldte Nägelein aber müssen recht trucken und wohl gesäubert empfangen werden. Die
Truckenheit bestehet darinne / daß man solche mit den Nägelen an den Fingern durchkneipen /
oder im Trucken mit den Fingern zerbrechen könne / ausser daß sie auch rappelen / wann man sie
auf einander schüttet. Die Sauber-oder Reinigkeit aber will / daß keine Stiele daran / noch
Sand oder Fäuligkeit darunter gefunden werde; allwo doch die Capelleten oder runde Köpffger /
so an vielen noch fest sitzen / mitgehen müssen / weilen dieselbige so gleich nicht können
abgenommen werden / sondern mit der Zeit / im Liegen / von sich selbst zerfallen / und sich im
Staub veränderen / auch sonderlich kein Gewicht oder etwas anderst / so was zu sagen hätte /
mit sich bringen. Die Mutter-Nägelein und wilde Nägelein aber müssen nicht unter die Leverantie
oder Liefferung gemenget seyn / weilen in beyden kein aromatischer Geschmack ist / und sind die
letzt-benahmte auch kleiner und bleicher als die rechte / und also wohl zu erkennen.
Der zwar gute Gebrauch bey Empfang der Nägelein / da man nehmlich die Hand in die Säcke
stecket / dieselbige betastet und besiehet / ob auch Mangel an denselben sey / hat vor diesem
eine sehr böse Gewohnheit eingeführet / daß die Wäger / so die Gewichte auf- und abheben / und
gemeiniglich Wald-Förster sind / eine Handvoll Nägelein / welche sie zu dem Ende auß dem Sack
nahmen / nicht wider hinein / sondern auf den Boden warffen / nach der Hand aber wieder
auflasen / und sich also ein Accidens dar auß machten. Dieser Unfug ist seither durch den Edlen
Herrn Cornel. Speelmann, als Superintend. und Commissarien im Jahr 1667. allhier abgeschaffet
und scharff verbotten worden: worbey wir es dann wohl lassen können / und obwohlen es bey unser
Regierung nicht gespüret wird / so hat man doch nöthig befunden / solches hier aufzuzeichnen /
damit inskünfftig dergl. Mißbräuche und Anstößlichkeiten nicht wider auf die Bahn gebracht
werden mögen.
Wegen der Tarre oder Tara, so man wegen der Säcke (welche auß Bengalischen Zwilch gemacht
sind) pflegt abzuziehen / hat wohlgemeldter Herr Commissarius in dem Jahr 1667. mit angezeiget
/ daß jeder von denselben genaulich ein halb Pfund gewogen hätte / so bey der Provision in acht
zu nehmen / und damit ja niemand zu kurtz komme / wurde nach dem alten Gebrauch deßwegen ein
gantzes Pfund vor jeden Sack am Gewicht abzubrechen erlaubet / doch daß deßwegen ferner kein
Anschlag mehr passiret werde; und weilen biß daher von Batavia keine nähere Einschrenckung
hierüber eingelauffen ist / [76] so soll ein jeder Sorg tragen / daß von
diesem civilen Satz künfftig hin nicht abgewichen werde.
Der Edle Herr Superintendent Arnold de Vlaming von Ousthoorn L. M. hat in den Ordres vor die
Kauffleute so an den abgelegenen Comptoiren residiren / de dato am 10. Nov. 1648. It. die Hohe
Regierung von Indien zu Batavia in der Instruction an Uns / als deren expressen Commissarien /
de dat. den 15. Febr. 1672. haben außtrücklich befohlen / daß aller Orthen / wo Leverantie von
den Nägelein fället / die Administratores verpflicht sollen bleiben / von dem Empfang eine
gebührende Notiz oder Specification, in einem eigenen Büchlein zu halten / wie wir einen
jedwedern unter ihnen auch deßwegen gewarnet haben / und jetzo noch zum Uberfluß hinzufügen /
daß dasselbige Büchlein originaliter, ohne einige Aenderung / wie es bey dem Empfanger
aufgeschrieben worden / jährlich oder so offt als es der Gouverneur verlangen wird /
überschicket werden soll.
Diese Specification aber bestehet darinn / daß 1. außgedruckt werde / bey welcher Negrye die
Liefferung geschehen. 2. Eines jeden / so Liefferung thut / Nahme dabey gesetzet. 3. Wieviel es
gewogen hat / und was 4. solches an Geld getragen / nach Ordnung der List / welche immer nett
und correct vor der Hand hangen muß.
Es soll auch der geringste Empfang der Nägelein nicht geschehen können / dann in Gegenwart
der Orang-kai der Negrye, so wiegen oder deren Ampt seyn soll / Waag-Meister zu seyn: It. des
Inländischen Schreibers / welcher unter ihnen selbsten zu erwehlen ist / und seine
Auffzeichnung / nach geschehener Liefferung sowohl / als der Kauffleuten Schreiber dem
Gouverneur zu lieffern schuldig seyn sollen.
Der Wäger soll nicht Macht haben das Gewicht / so auf der Schaal stehet / abnehmen zu lassen
/ es seye dann die Quantität zuvor in Maleyischer Sprach deutlich außgeruffen worden / welche
der Waag-Meister und andere darbey stehende auch zuvor bescheidentlich sehen und aufzeichnen
sollen; Gleichwie dann auch keine Abzahlung an die Liefferende geschehen soll / es seye dann
der jetzt-bemeldte Waag-Meister und ein Schreiber darbey: und dieses alles zu dem End / daß
sich die Gemeine ruhig und versichert halten können / daß sie das Ihrige aufrichtig bekommen
und geniessen / woran dem gemeinen Ruhstand zum höchsten gelegen ist / und folglich den
Ubertrettern in gleichem Graad / das ist / zum höchsten straffbar seyn soll.
Wann nun die Nägelein empfangen sind / sollen sie nirgend hin / als auf truckene und saubere
Oerter geschüttet werden / da auch die geringste Feuchtigkeit nicht hin kommen kan / und sollen
zu besserer Vorsorg und mehrerer Versicherung die Böden und die Wände mit Plancken / Dielen
oder andern bequemen Mitteln versehen werden.
Wann alsdann die Außliefferung geschehen soll / muß den Schiff-Beampten / nahmentlich dem
Schiffer und dem Buchhalter oder Unter-Kauffmann unter dem Wägen injungiret werden / daß sie
allda vor und unter dem Wägen alles besehen und befühlen / ob es trucken und sauber seye? daß
nachmahlen niemand einige Exception einbringen möge / wann bey der Außliefferung zu Batavia
sich ein Verstoß finden solte / wie vor diesem wohl geschehen ist.
Das Barott oder Trinckgeld / so der Einländischen Obrigkeit gehöret / à 5. Reichsthlr. p.
baar von 550. Pfund Gariofel-Nägelein / soll inskünfftig nicht an den Haupt-Orangkayer allein
bezahlet / sondern durch die Kauffleuthe selbsten außgetheilet: vornehmlich aber dem Morincho
??? von der gantzen Summ / weilen derselbe in den gemeinen Diensten viel Mühe vor andern hat /
und das übrige in 3. Theil getheilet werden / worvon dem Haupt- Oranghay zwey und den
Kapalascas zusammen ein Theil zu gut kommen soll.
Weilen auch die Pflantzung der jungen Bäumen / so vor einigen Jahren angestellet worden / nun
je mehr und mehr zu ihrem vollem Wachsthum zukommen anfängt / auch allbereit Früchte träget /
und nach und nach ein grössere Quantität davon zu hoffen ist / als die E. Compagnie wird
verthun können / unterdessen aber die Ambonische so mächtig werden dörfften / daß sie zu reiff
und in der Erndte zu Polongs werden möchten / so möchte die ordentliche Visite wegen
derselbigen Bau und Wartung wohl ehisten hinterbleiben / und bliebe der monatliche Lohn
deßwegen eingestellet. Unterdessen sollen die Kauffleuthe in der Erndte nach aller Möglichkeit
zusehen / und durch die Sergeanten oder andere bequeme Personen Achtung geben lassen / daß die
Nägelein nicht zu Polongs schiessen. Solte aber solches durch Verwahrlosen geschehen / und
solches entdeckt würde / so soll der Erfinder und Angeber den dritten Theil davon geniessen.
Wann es aber geschehen solte / daß einig wenige Nägelein an den äussersten Spitzen der
Zweigen nicht könnten erreichet werden / und also völlig reiff würden und abfallen thäten / so
soll man solches vor keine Versäumnus ansehen und erkennen.
Unter den Absichten / warum so viele Redouten auf die äussere Oerter gebauet werden / und die
Poften allda continuiren / ist nicht der geringsten eine / daß man gegen allerhand Art / [77] diese so theure Specerey zu entwenden / ein wachtsames Aug haben könne.
Muß also dieses eines Residenten Pflicht in seinem District seyn / daß er / so viel / als ein
Fiscal scharff zusiehet / nach äusserstem Vermögen zu hüten / und hüten zu lassen / daß von den
Innländern / von den Nägeln / nichts ab handen komme: und ist deßwewegen den Fahrzeugen / so
allda zu Ancker lauffen / gantz nicht zu trauen / wann sie auß vorgewendeter Noch wegen / des
bösen Wassers und gut Trinck-Wasser zu haben / die Nägelein aufsuchen / viel weniger den
eingesessenen zuzulassen / daß sie selbst mit neuen Pässen und Licentien nach den frembden
Comptoiren verreysen / und Handlung damit treiben / in dem die Erfahrung mehr als zu viel
gelehret hat / daß sich einige nicht scheuen / so wol die gemeine Nägeln / als auch die
Mutter-Nägelein zu ihrem eigenen Ruin ausser Land zu führen / und solten sie es auf Galgen und
Ketten wagen. Weßwegen dann obbemeldte Fahrzeuge bey ihrem Abreysen / und so offt sie die
Ancker heben / sollen visitiret werden; und damit hierinnen desto mehr vigiliret werde / so
haben wir durch öffentliche Notification, unter dato den 9. Novembr. dieses Jahrs / so wohl in
Nieder-Teutscher / als Maleitscher Sprach aller Orten ein Capital-Belohnung vor diejenige zu
wissen gethan / welche einige Winckel-Händler entdecken oder einholen werden / daß sie nemlich
die Helfft der gantzen Straffe / so dergl. diebischen Händlern gesetzt werden soll / haben
sollen: Worzu wir noch diese Zusage thun / daß wir den Außfinder nach seiner Bequemlichkeit
avanciren wollen / dafern die Quantität der entführten Nägelen etwas zu sagen haben wird.
Im Fall dann einige Fahr zeuge / es seyen gleich Chalouppen / Siampan oder Creubay,
dergleichen Nägeln / oder auch wohl Muscat-Nüß und Muscat-Blumen eingenommen hätten / und
solches entdecket wird / so sollen die Mahodas, benebenst noch drey biß vier von anderm Volck /
so darauff bescheiden / angehalten / die Specereyen und alle Güter unter einem Inventario in
guter Bewahrung gehalten / das Fahrzeug an dem Wall geholet / und alles auf das schleunigste
anhero oder auf das nechste Comptoir berichtet / auch deßwegen Ordres erwartet werden.
Was sonsten noch in Acht zu Nehwen.
IN Beschreibung der Nägeln-Bäumen sind 1. Die Frucht-tragende 2. die halb-wachsende und 3.
die geringere Sorten wohl zu unterscheiden.
Unter die Erste sind nicht allein die Alte / sondern auch die junge Bäume / so nicht zu
tragen beginnen / oder neulich getragen haben zu rechnen / solten sie auch nur 10. Schuh hoch
von dem Grund biß an das Laub gewachsen seyn.
2. Die halb-wachsende sind zwischen fünff und zehen Schuh hoch.
Die dritte Sorte von 1½. 3. biß 5. Schuh hoch. Die geringere Sträuchlein werden nicht
gerechnet / und ist kein Gefahr deßwegen Red und Antwort zu geben / wann sie etwa abgehen oder
verderben solten.
XX.
Von dem Nägeln-Baum.
DEr Nägeln-Baum ist erst von MaloKov, gekommen: ist angenehm von Geschmack und auch gut zur
Medicin.
Dieser Nelcken-Baum / wie auch der Muscatnuß-Bäum / müssen in einen guten und fetten Grund
gepflantzet werden / dieweilen sie alsdann zu 50. Jahren und länger dauren: Da sie hergegen in
einem magern Grund kaum über 30. Jahr stehen können.
Vom Octob. an begin̅et man solchen zu plücken / wan̅ sie noch
nicht gantz zeitig sind / und wie der Abriß TAB. II. zeiget / außsehen; und dauret die Erndte
biß in Novembr. Decembr. und Januarium, und wann die Früchte recht trucken sind / werden sie
dargewogen / und bekommen sie ihre Zahlung.
Dieser Baum ist einer sonderlichen Kranckheit unterworffen / welche von einem kleinen Wurm /
so sich in dem Baum verstecket / und zwischen der Rinde aufhält / herrühret. Wann nemlich
dieser Wurm die Schale in die Ründe durchfrist / so trauret und stirbt der Baum: indem dieser
Wurm nicht auf und nieder kriechet / sondern nur in die Ründe beisset und wandelt / eben als
wann er an einem Ring von einem End zum andern wanderte.
Das Zeichen / da man sehen kan / ob der Wurm den Baum umgessen habe / und derselbe nothwendig
verderben müsse / ist dieses / wann nemlich einige Blätter niederhangen und schlaff werden.
|| [78]
XXI.
Bericht Von dem wilden Nägeln-Baum /
Oder dem
CARYOPHILLO-SYLVESTRI.
DEr wilde Nägeln-Baum / so bey dem Hn. von Rheede Kadeli, Br. Naqueri heisset) wird im
Malaischen Sangani genennet. Seine Blätter sind geadert / wie die Zimmet-Blätter / mit drey
Adern / die unten am Blat von einander lauffen / an der Spitz aber wieder zusammen kommen;
Unterdessen ist dieses Blat etwas scharff und rauch / wann man es anrühret und wächset dasselbe
zu paaren von gelb grüner Farb / mit Leib-färbichten Stielen.
Oben an den Zweiglein haben die alt oder Flügel Knöpff und Blumen an einem Stielgen / und
zwar drey zusammen / davon die mittelste die grösseste und auf beyden Seiten die kleineste
sind.
Die Stiele an den Blumen sind auch rauh und hart im Angreiffen / wie ingleichem die Stiele an
den Blättern und die Stengel an den Aestgern / und wachsen die Blumen Creutz- oder Cronen-weiß
oben / und zwar vier bey einander.
Ausser den oben gemeldten drey Adern laufft auch eine sehr feine Ader dicht an dem Bord oder
Rande des Blattes / der Länge nach.
Die Blume (welche keinen Geruch haben) bestehen auß 5. Blättern / so Pfersing-Blüt oder
Leib-farbig / und wie an der Rosa simpl. anzusehen sind / aus deren Mittel-Punct oder Centro
ein rother Faden oder Filamentum recht aufschiesset / und bestehet der Calyx, so als ein Nagel
formiret ist auß fünff Spitzen / die Leib-farbig und etwas Purpur-achtig sind / mit einer
innern harten Materie, aus deren Centro ein Drat oder Filament kommt. Dieser Calyx oder Nagel
ist unten auch rauch.
Die Knöpffger sind wie ein Eichel formiret. In dem Nagel ist eigentlich ein Früchtgen / so
rund mit einem fünff-hackichten und offen-stehenden Cröngen / oben auf dem Laub / auß dessen
Centro das vorgemeldte Filament sprosset.
Inwendig in der Blum sind 5. Him̅el-blaue Filamenten / so gekrollet sind / wie
dann noch dergleich. gelbe Filamenten / zu 10. Stück an der Zahl allda zu finden sind.
Der Fuß am Filament ist ein langes feines und schmahles Blätgen / mit den Ränden gegen
einander geschlagen / an welchem ein Filament mit seiner Extremität an ein ander Filament der
Farb nach / stosset / nemlich ein Himmel-blaues an ein gelbes und dieses an jenes / und hat das
erstere Filament ein sonderliche Verbreitigung an dem Ende mit einem Kügelein in der Mitten /
oben wie ein Kühfuß gehornt / auß dessen Mitte das gelbe Drätgen außschiesset.
Die Spitze des Calycis stehen steiff und sind auf der Seiten ein wenig haaricht / und haben
zwischen beyden in der Mitten gantz kleine Spitzger /welche die Spitzë von den untersten
Blättern sind / welche die andere unterstützen.
Das mittelste Filament, so nicht gekrollet / sondern recht aufftehet / ist ohngefähr einen
Zoll lang.
Der Stiel an dem Ast ist vier-eckicht mit rothem Haar bewachsen.
Diese Pflantze wächset sonsten eines Mannes hoch und auch wol höher / und will gern am Wasser
stehen / trägt meistens durch das gantze Jahr Blumen und Früchte / und sind fast alle Aestlein
biß oben an die Spitze holtzicht / grau / und an der Farb fast wie braun-grau Leder / doch
etwas röthlichter / mit vielen scharffen Stippelgens / so eine stachlichte Schärffe geben /
wann man mit der Hand drüber fähret / wiewohlen unten solche Schärffe sich verlieret. Das Holtz
ist weißlicht und draticht / hat auch ein frisches Marck in seinem Hertz.
Die Früchte wachsen nur allein oben in der Toll bey vier und fünff und in den alis der
öbersten Blätter / und sind die Knöpffger von unterschiedlicher Grösse. Der Stiel und der
Deckel des Knopffs / werden nachdem die Blum abgefallen ist / unten rund und dick als ein Topff
/ und hernacher wieder dünne mit einem Halß / und breitet sich dann wieder mit fünff Spitzen
auß / die. 3 eckicht sind. Solche haben die Frucht insich / welche nach Abfallen der Blumen
sich Blut-roth zeiget / mit einem Cröngen / so fünff Zacken hat.
Dieses Früchtgen wird darnach dunckelroth / und essen sie es / weilen es gut schmecket und
süß ist / wie dessen Safft.
Die Javanen reiben solche Frucht über ihre Zähne / um solche schwartz damit zu färben /
welches sie vor eine Zierde und Schönheit halten / sc.
Auß deß Herrn Herb. de Jager mssr.
|| [79]
XXII.
Beschreibung Der Vägelein-Kinde /
oder
Cort. Caryophillodii, auff Palaisch Coelilavvan
oder Kulilavvan genannt /
Auß
Hr. GEORG EBERHARD RUMPHENS
Ambonischen Kräuterbuch Lib. 2. Cap. 22. gezogen.
DIeses ist ein sehr Aromatische Rinde / so von mir Lateinisch Cortex Caryophilodes, das ist /
die Nägel-Rinde / nach dem Malaischen Culilavvan oder Coelit-Lavvang (so ein verkehrt Wort von
Culit-Bugulavvan. Das ist: Nagelschal / wegen des Geruchs den sie hat) Ambonisch aber Salackal
und Salackar genennet wird. Einige auf Java heissen sie auch Sindoe, welche ich doch vor eine
absonderliche Rinde ansehe / und an einem andern Ort beschreibe. Anderen heisset sie Tedjo. Bey
den Ceramlouvvers Eyck: Auf Aroo, aber Haumo.
Sie kommet von einem hohen und wilden Baum / mit einem hohen und rechten Stamm / so
gemeiniglich ein Mann umfassen kan: Desen oberes Gesträuch nicht gar breit / aber dicht von
Laub ist / dem Ansehen nach einem Lorbeer-Baum nicht viel ungleich / mit wenig Zweigen / so
meistens über sich stehen. Die Reißger daran sind grün und steiff / zwey und zwey gegen
einander stehend / und steyen auch die Blätter also / drey oder vier Paar an einem Reißgen und
sind deren Stiele ein wenig hinterwärts gebogen.
Diese Blätter haben die Gestalt und Form derjenigen eissernen Spitzen / so an der Piqun sind
und gleichen den Caneel Blättern in etwas / oder noch näher zu sagen / die Cassiae Ligneae, mit
welchen zwey Bäumen der Coeli-Lavvan eine grosse Gemeinschafft hat. Jedes Blatt ist an den
alten Bäumen eine Hand lang / und drey Finger breit: An den jungen Bäumen ist es eine Spann
lang / vier oder fünff Finger breit / nechst an ihrem Ursprung / von dar sie sich allein zu
spitzen / steiff / trucken / und im Brechen krachend / oben hoch / grün und glatt / unten aber
graulicht oder Spangrün. Sie haben drey Nerven / so in die Länge lauffen / wie die
Wegbreit-Blätter / und ungefähr eines Fingers breit über ihrem Ursprung zusam̅en
stossen / und an der obersten Seite sich außbreiten. Zwischen denselben sind feine Aederlein
durchweben. Ihr Geschmack ist schleimicht / und ein wenig Aromatisch / nach den Nägeln zielend.
Die Früchte dieses Baums werden gar selten gesehen / weilen es sehr hohe Bäume sind / und
meistens unvollkommen abfallen. Diejenige nur so recht gegen der Sonnen stehen und nicht viel
geschüttelt werden / zeigen ihre Früchte am besten / welche ohne merckliche Blüth hervor kommen
/ und zeigen sich alsobald grüne spitze Knöpffer / worauß länglichte Beerlein / wie Eicheln /
wachsen / doch viel kleiner / glatt und Meer-grün von Coleur; Unter der dicken grünen Schale
liget ein länglichter Kern den Lorbeeren nicht ungleich / so purpur-roth und in zwey Theile kan
getheilet werden. Das Hütgen darinn sie stehen / ist tieffer dann an den Eicheln / in sechs
Spitzen zertheilet und hart an der Frucht liegend. Wann alsdann die Frucht die Grösse einer
halb wachsenden Oliven bekommen / so beginnet sie an der einen Seite etwas aufzuborften / und
bekommt allda eine grosse Außwachsung von einer fein truckenen und gelben Substanz, wie
Ochergeel oder gelb Butter anzusehen / und so groß wie eine welsche Nuß. Dieses Gewächs
bedecket die grüne Schelffe zuletzt also / daß man nur ein Stück darvon in der Höhle übrig
siehet. Der Purpur-rothe Kern ist alsdann auch gantz verkehrt / und die knorbelichte oder
cartilaginose Substanz, so an Geschmack und Geruch den Nägeln gleichet / behält ihren
Aromatischen Geruch noch lange Zeit / nachdem sie auffgeschlossen ist. Nicht alle Körner
bekommen obbemeldtes Auß-Gewächs / sondern die meiste fallen ab / worvon die reiffeste auf der
Erden wieder junge Bäumlein zeugen. Die wenigere aber so an den Stielen hangen bleiben /
borsten auff / und bekommen das obbemeldte Gewächs / Welches den [80] Früchten ein ungeschicktes Ansehen machet / daß sie nemlich einem Klumpen Erden gleich sehen
/ welche im Angriff so weich / als wie Schmeer / scheinet; dergl. Substanz der Caneel-Baum auch
träget; wann man solches tractiret / färbt es die Finger auch gelb; inwendig aber ist es etwas
härter / und siehet wie ein Kern / so sich doch nicht fortpflantzet. Diese Früchte kommen im
April hervor und fallen im Augusto wieder ab.
Die Rinde des Stammes / (welche dasjenige eben außmachet / so von diesem Baum gesuchet wird)
ist von aussen weißlicht oder Licht-grau / doch durchgehends mit kleinen Wärtzlein besetzet:
Inwendig aber ist sie röthlich gelb / wie ein halb gebackener Stein: Am untersten Stamm eines
Fingers dick / oben auß aber etwas dünner. Diejenige / so die Dicke eines Halmens nicht hat /
wird nicht genommen. Die dickste und unterste Rind ist mürb und trucken / am Geschmack und
Geruch sehr scharff / auch also nach den Nägeln schmeckend / daß man sie wohl vor die Schale
des Nägeln-Baums halten solte. Doch hat die Coelilawan noch etwas besonders und so starck / daß
sie das Haupt beschwert / wann deren viel auf einem Haussen ligt. Die öberste ist viel dünner
und härter / doch lieblicher am Geschmack und Geruch / und im Käuen wird man einiger
Schleimigkeit / nebst einer kleinen Adstriction gewahr werden / wie an der frischen Cassia
Lignea, wiewohlen man an der dürren Rinde eine geringere Adstriction spüret / und dargegen
vielmehr eine kleine Bitterkeit. Im Anfang zeiget sie ein grössere Hitze und Schärffe / als das
Massoy, aber die Hitze an der Massoy dauret länger / worauß erhellet / daß die Coelilawan von
flüchtigen Theilen gemacht sey. Wann man sie in dem Mund käuet / so beisset sie tapffer auf die
Zunge / absonderlich die unterste dicke Rinde; weßwegen man die mittelfte / und welche von dem
öbersten Stamm genommen ist / vor die bequemeste im Mund zukauen halten thut / so nicht dicker
als ein Finger und zum wenigsten eines Halmen dick ist. Sie ist inzwischen viel lieblicher von
Geschmack / als die Massoy, und erfüllet den Mund mit einem angenehmen Nagel-Geruch / der sich
weit erstrecket. Die frische Rinde muß man erst einige Tage in die Sonne legen / und trucknen
lassen / ehe man sie weglegt / dieweilen sie alsdann weinächtig und lieblich riechet / da sie
sonsten verschimmeln solte. Man muß sie auch in keine verschlossene Kisten oder Kasten
verwahren / sondern an lüfftigen Oerthern / als auf den Böden unter dem Dach / allwo ich sie
zwölff Jahr gut gehalten hab. Die Schale wird von dem gantzen Baum abgezogen / biß die Zweigen
anfangen. Nachmahlen werden sie in langlichte Stücke zerschnitten und aufgedörret / ohne daß
man etwas davon wegwerffe / wie man sonsten mit dem Zimmet verfähret / ausser daß man die
äusserste Wärtzlein abschabet / wann man sie gebrauchen will. Ich habe die Blätter vom
Zimmet-Baum / Cassiâ Ligneâ und Coelilavvan bey einander gehabt und befunden / daß sie alle
drey merckliche Nerven in deren Länge haben / waren alle glatt / steiff und aromatisch von
Geschmack und Geruch. Die / so von dem Caneel-Baum herrühreten / waren die kürtzeste /
breiteste und rundeste diejenige so von der Cassia Lignea gefallen / waren länglichter und
schmähler / und kamen mit der Coelilavvan Blättern mehr überein / doch beyde nach Zimmet
schmeckende. Unter allen waren die vom Coelilavvan am längsten und steiffesten / und hatten
ihren eigenen Geschmack. Wann man genau Achtung gibt / kan man zweyerley Unterscheid an den
Rinden finden / indem die eine höher roth und harter von Substanz: die ander aber lichter an
der Farb / und schwammichter von Substanz ist; beyde aber sind eben gut / daß man nicht nöthig
hat diverse Sorten davon zu machen. Die rechte Gestalt dieser Rinde / benebenst der obgemeldten
Mastoy besihe droben in der Schau-Bühne bey der Cassia Chariophillata.
Das Holtz dieses Baums ist weißlicht und etwas gelb / an etlichen auch etwas liecht-roth /
und der vorerwehnte Rinde an der Farb etwas gleich: Wird leicht trucken und ist nicht sehr
dauerhafft.
Die Wurtzeln gehen tieff in die Erde / haben ein dichter und fester Holtz / mit einer dinnen
Rinde bekleidet / deren Geschmack von dem Geschmack der Rinden am Stamm etwas unterschieden ist
/ indem man an der Wurtzel einen süssen Aniß-achtigen Geschmack und Geruch wahr nimmt / wiewohl
noch etwas scharff und mit dem Nagel-Geschmack geschwängert. En fin, sie kommt so genau mit dem
Weft-Indischen Sassafras an der Farb / Substanz und Geschmack überein / daß unsere Chirurgi auf
Batavia von dem Jahr 1680. an solche dafür gebrauchet haben. Nach meinem Gutachten aber ist der
Aniß-Geschmack in der West-Indischen allezeit mercklicher und angenehmer / da hingegen die
Coelitavvan Wurtzel schärffer und mehr nach den Nägeln schmecket. So differiren auch die beyden
Bäume gar sehr / dafern man der Beschreibung des Sassafras, welche man in des Nicol. Moriandi
Hist. Simpl. findet / Glauben beymessen soll.
Was letzlich den Gebrauch anlangt / so wird die Ambonische Coelilavvang / welche man vor die
beste hält / als ein gute Kauffmannschafft nacher Java und Bali geführt / wiewohlen davon nicht
so viel / als von dem Massoy gebracht wird / weilen sie zu hitzig ist. Sie werden aber
gemeiniglichen zusammen zu einem Taig gerieben / wormit sie ihren Leib in kalten Tagen
bestreichen / weilen sie so angenehm erwärmen / als ob man bey einem Kohl-Feuer stehe. In
Bauch-Grimmen / Colic und Haupt-Schmertzen / so von Kälte herrühret / bestreichet man die
Partyen mit Coelilavvan und Massoy durch eineinander gekneten / welches so bald ein Kitzelen
verursachet / welches man in der Haut fühlet. Man käuet sie auch in dem Mund mit ciri Pi [81] nang, um ein guten Athem zu machen. Seither dem Jahr 1682. haben
unsere Wund-Aertzte aus Batavien vie Wurtzeln an statt der West-Indischen Sassafras angefangen
zu brauchen / wie oben schon gemeldet worden. Durch die Apotecker-Kunst wird auch ein Oehl
darauß distilliret / doch in geringer Quantität / liecht-gelb und klar / sehr stärckend und hat
einen Geruch / so gleichsam aus Nägeln und Muscat-Nüssen vermischet ist. Nach etlichen Jahren
wird es roth und verrauchet sehr leicht / wie das Zimmet-Oehl.
XXIII.
Gründliche Beschreibung Der Muscat-Nüssen /
Samt
deren Plantagien und Handlung.
BLeichwie GOtt dem Allerhöchsten Schöpffer um den Menschen stetigs in Mühe und Arbeit zu
halten / gefallen hat / die gläntzende Edelgesteine das rothe Metall und andere Kleinodien in
das tieffe Eingeweid der Erden zu verbergen / also hat er auch die zwey köstliche Specereyen /
nemlich die Nelcken und Muscaten-Nüsse in wenige und kleine Insulen gepflantzet / und
dieselbige in die eusserste Winckel des Dosterischen-Oceans gleichsam verstecket.
Wie die Nägelein vor diesem nur allein in den Moluccischen Insuln / nunmehr aber einig und
allein in dem Ambonischen Gebieth gefunden werden / haben wir anderstwo gemeldet. Jetzt wollen
wir fortfahren und die Beschreibung von dem zweyten Specerey-Baum / nemlich der Muscaten-Nüsse
geben / welcher sich also verhält.
Der Baum / woran die aufrichtige Muscaten-Nüsse / so man die Weiblein nennet / wachsen / ist
an Gestalt und Grösse dem Birn-Baum gleich / wiewohl einige etwas niedriger sind. Seine Spitze
ist runder als an dem Nagel-Baum / nichts desto weniger formiret er ein wohl gestaltes und
Pyramidalisch Laub / doch etwas mehr außgebreitet / als an dem Nelcken-Baum. Er schieset
mehrentheils mit einem rechten und starcken Stamm auf / zuweilen auch mit zwey oder drey Aesten
/ welche sich mehr zur Seiten außbreiten und nicht so roth / wie der Nägeln-Baum in die Höhe
treiben. Zuweilen siehet man auß den Zwerch-Aesten einige andere roth aufschiessen / als ob es
Stöck wären / welche öffters als junge Bäumger wachsen. Die Rinde an dem Stam̅
ist glatt und dunckel-grau mit grün vermengt / inwendig roth und safftig. Der Baum selbst hat
wenig dicke Aeste / welche doch sehr wildricht in viel dünne und lange Reißger zertheilet sind
/ so etwas verworren durch einander hangen / und durch die Schwerigkeit der Frucht nieder
gedrucket werden. Die Blätter sind gleichwie an den Birn-Bäumen / doch spitzer / länger und
ohne Kerben am Rand vornen mit einem langen Spitzgen / oben hoch-grün und unten etwas graulicht
/ welches ein Merckzeichen aller Muscaten Nüß Geschlechten ist / daß nemlich die unterste Seite
fahler und grauer als die öberste seyn muß: Sonsten aber sind sie auch glatt / wie die
Nelcken-Blätter / doch viel weicher und ebener / auch oben etwas gläntzend / unten aber nicht /
haben auch auf der Seite wenig Rippen. Sie stehen meistens in zwey Reyhen an den Aestlein /
doch nicht recht gegen einander über. Wann man sie in dem Mund kawet / geben sie den
Aromatischen Geschmack klärlich zu erkennen. Wann man in den Baum hauet oder einen Ast abbricht
/ lauffet ein liecht-rother kleberichter Safft herauß / wie dünnes Blut; welcher gleich hoch
roth wird / und in dem weissen leinen Zeug solche Flecken macht / die nicht außzuwaschen sind.
Allein dieses merckelt den Baum sehr auß.
Die Erste und noch junge Früchte seynd klein / weiß oder liecht-graue Knöpffger / fast wie
Blümger oder deren Calyces, mit einem engen Mund so oben mit drey Spitzen getheilet / (vid.
Fig. 7. Tab. III.) und den May-Blumen gleichet / anzusehen. Inwendig siehet man ein klein
länglicht und rothes Knöpffgen / darauß die Frucht wird. Die Blättger haben keinen Geruch /
hangen an krummen Stielgern / meistens niederwarts gebogen / zwey oder drey bey einander / die
wieder an einem andern Stielgen hangen / auß dem Ursprung der Blätter nebst an den Reißger
kommend. Indessen kom̅et mehrentheils nur eine Frucht davon / und die andere
Blümlein fallen vergeblich ab / selten daß zwey oder drey bey einander zu sehen seyn / sonsten
der Baum unmöglich alle Früchte ertragen könte. Wann das innerste Knöpgen grösser worden /
berstet das Blümgen auf / nachdem es Castanien [82] braun worden ist.
In 9. Monat nach dem Blühen wird die Frucht reiff / und wird nicht desto weniger in einem Jahr
drey mahl abgeplückt / wie nachgehends soll gemeldet werden: Welches daher kommt / weilen die
Früchte successivè blühen und grünen.
Die Frucht hanget an langen Stielen und drücket mit ihrer Schwerigkeit alle Reißger
niederwarts. Sie gewinnet die Grösse und Gestalt einer Pfirschen / doch hinten etwas
zugespitzet / gleich einer Birn / von dem Stiel an rund um mit einem Ritz in zwey Theil
getheilet / dergleichen die Pfirsche an der Seiten haben / fornen mit einem Spitzgen gezieret.
Vid. Fig. 9. Tab. 3. Die eusserste Schale ist glatt / erstlich liecht-grün / und wann sie reiff
sind / etwas röthlicht / wie ein reiffe Pfirsche. Nachmahlen öffnet sich der mittelste Ritz und
zeiget den inwendigen Kern / so mit einer schönen Carmosin-rothen Farb darzwischen hervor
sticht / wie in der dritten Kupffer-Tafel Fig. 5. zu sehen ist. Wann nun die also gethane
Frucht noch zwey oder drey Tage an dem Baum hangen bleibt / fällt der Kern von sich selbsten
auß / und wann er auf der Erden liegen bleibt / bekommt er sehr leichtlich Würme und verdirbt
wegen der grossen Fettigkeit / so in der Nusse ist / so absonderlich bey Regen-Wetter
geschiehet. Ja / in die noch an dem Baum hangende äussere Schale kommen auch kurtze dicke Würme
/ welche die Foely oder Muscat-Blumen abfressen.
Diese eusserste Schale ist eben so dick wie die pfersing / doch etwas härter von Substanz,
inwendig weißlicht / mit einem molckichten Safft angesüllet / am Geschmack herb und
zusammenziehend / weßwegen sie nicht zu essen dienet. In dieser Schale ligt der Kern / wovon
man erstlich die Carmosin-rothe Foely / oder sogenan̅te Blumen / welche die
schwartze Schale wie ein Netz oder wie Riemen umgeben / doch also / daß man hier und da die
vorerwehnte Schaal dazwischen sehen kan / wie alles auß der III. Tab. oder Kupffer-Tafel Fig.
4. 6. 8. 10. zu sehen ist / und ist dieselbe oben an dem Stiel etwas breiter / wo sie auch am
längsten weiß bleibet / und vornen lauffet sie ein wenig spitz zu / da die Riemger durch
einander geflochten sind.
Die Foely oder Blumen liegen so hart auf der schwartzen Schale / daß sie Merckzeichen
darinnen machet.
Die schwartze Schale selbst ist so dick / als an den Haselnüssen / doch nicht so hart / indem
man sie leicht brechen oder in Stücken drucken kan.
Hierinnen ligt nun erstlich die rothe Frucht oder der Kern / welchen man Muscaten-Nuß nennet
/ welcher sich nicht an vorbesagte Schale anhänget / sondern rund um darvon loß ist / und wann
er trucken wird / ein wenig einschrumpfft und deßwegen darinnen rappelt / wann man die Nuß
beweget oder schüttelt.
Die Nuß selbsten ist bekandt / ist an einem Ende etwas platt / welches ihr Hintertheil ist /
und rund um etwas runtzelicht / von zweyerley Gestalt: Eine länglicht und die andere rund /
beede aber eben gut. So man darinn sticht / kommt ein Oehl herauß / und wann dieses nicht
geschiehet / ist es ein Zeichen / daß die Nusse nichts dauget oder veraltet ist.
Bey den Alten ist diese Specerey gantz unbekandt gewesen / und scheinet als ob der Arabische
Artzt Avicenna, so ungefähr um das Jahr 1160. gelebet hat / derselben am ersten gedacht habe /
daß sie also lang nach denen Nägelein an die Wester-Welt bekandt gemacht worden ist. Er nennet
sie im Arabischen Giauz band, welches andere Gsausialband schreiben / das ist / Nüsse von
Banda. It. Gjeuzo hibi, das ist / Specerey-Nüsse. Sie wird auch Gjauz Bovva, oder wie andere
schreiben dörffen Giauz Bovva genennet / welches von Ursprung ein Persianisch Wort ist / und
eine wohl-riechende Nuß bedeutet. Im Lateinischen wird sie heut zu Tag Nux Myristica, odorata
aromatica, insgemein aber Moschata, Moschocarien oder Moschocaridion, von Musco genennet /
nicht daß sie darnach rieche / sondern nach Gewonheit von dem gemeinen Volck / welches vor
diesem an alle wohl-riechende Früchte den Zunahmen Muscus gegeben hat / wie noch die
Muscateller-Trauben und Birn also heissen. Eben deßwegen haben die neue Griechen dieselbe
Myristicam, das ist / Vnguentariam, genennet / nicht / daß man Salben darvon mache / sondern
weilen sie den Geruch als wohl-riechende Salben hat. In Decan oder Alt-Indien heisset sie
Japatri: Bey den Portugiesen Noz de Specia: Auf Nieder-Teutsch Note. Muscaten und schlechter
dings Noten: In Banda und allen Maleyers Pala, in Tematen Gohora, und auf Sinesisch Lauhau. Das
rothe Netzgen / so auf der höltzernen Schale lieget / wird lateinisch Macis genennet / welches
man von der Griechen Macer, so ein gantz anderer Baum ist / und in Alt-Indien unter dem Namen
Macro, gnugsam bekandt ist / und von den Portugiesen arbore de luscamas, das ist roth
Melizen-Baum genennet wird / wohl unterscheiden muß. Dieses Wort Macis scheinet von dem
Javanischen Wort Massa herkommen zu seyn / wie sie noch heut zu Tag bey den Portugiesen
heissel. Heut zu Tag nennet man sie auf Maleisch bonga, pala, auf Sinesisch Lahau hoae, auf
Nieder-Teutsch fuly und Teutsch Muscaten-Blumen: Auf Arabisch Besbase und mit verdorbenem Namen
Befbafe, Bisbele, Besbaca &c. In Decan Jaifol, welches abermahl eine Blum aus Java
bedeuten will / weilen die listige Javanen die Menschen weiß machten / daß es Früchte wären /
so auff ihrem Land wachsen.
|| [83]
Die rechte Specerey-Nuß ist nur einerley / hat aber / wie gesagt worden / Zweyerley Gestalt /
nemlich ein Baum trägt länglichte und der andere runde Nüsse / welchen Unterscheid man auch an
den Blättern des Baums sehen kan / indem der eine länglichte / der andere etwas kürtzere und
rundere Blätter träget. Beyde aber sind Aromatisch und von gleichen Kräfften und werden vor das
Weibgen von den rechten Manus-Baum gehalten: ohne welche sie noch ein besonder Geschlecht / so
man das Mängen nennet / haben / welches viel kürtzer von Stamm und runder von Laub / sonsten
aber dem gemeinen gleich ist. Dieses trägt meistens Blumen oder sehr wenige / doch etwas grosse
Früchte / so gemeiniglich Zwillinge sind. Man findet sie wenig un̅ scheinet / daß
es ein Mißgewächs von den gemeinen Bäumen seye. In Banda heissen sie Pala Boy, und besser drinn
Novv.
Ausser diesen zwey Geschlechter hat die Aromatische Nuß noch einig andere Mißgewächs / welche
keine besondere Sorte machen / als
I. Pala Bacamber oder Zwillings-Nüsse / in Banda Pala Kene-kene, dessen Früchte von aussen
einen doppelten Ritz oder Linie haben / so treutzweiß über einander lauffen / sonsten aber den
gemeinen gleich oder etwas grösser sind / in dessen Mitte die Pala Bacamber liget. Inwenbig
haben sie zwey Kern gegen einander gefüget / jeden in seiner besondern Schale und mit seiner
besondern Foely umgeben. An der Seite / da sie gegen einander liegen / sind sie platt / und ist
zwischen beyden noch ein dicke Foely und sind folglich die innerste Nüsse auch nur halb rund.
Sie haben keine besondere Eigenschafft und werden unter die gemeine Nüsse vermenget oder zu
einer Rarität aufgehoben. Es ist ein grosser Aderglauben / daß man glauben will / sie brächten
Zwillinge zu wegen / wann ein schwanger Weib solche in der Speiß geniesse.
II. Pala Pentsjoeri, das ist: Diebgens-Nüsse. Diese haben keine höltzerne Schale oder nur ein
Stück darvon / und die Foely liegt auf den blossen Nüssen / nicht recht rund noch oval, wie die
gemeine / sondern etwas schief und hügelicht: Ist ein schädlich Mißgewächs / angesehen es alle
diejenige Nüsse / wobey sie lieget / und worunter sie vermenget wird / vermalnen und verderben
kan / indem sie erst verdirbt und nachmahlen andere ansteckt: Weßwegen man sie sorgfältig
außsuchen muß / daß sie nicht dar unter kommen. Einige bewahren sie eben wohl zur Medicin /
vorgebend / daß sie die Krafft hätten den Stein im menschlichen Leid zu vermalmen / wovon ich
doch noch keine Erfahrung habe.
III. Pala Zadzja oder Foely-Nüßger: sind an Früchten den andern gleich / haben aber an statt
des innern Kerns ein sehr klein Nüßgen mit einer sehr dicken Foely umgeben; ja zuweilen findt
man ein Nüßgen darinn / so nicht grösser / als ein Pfefferkorn in einem solchen Kl???pen Foely
ist: diese aber ist hart / schwer und dauerhafft. Diese Foely pflegt man also gantz / ohne daß
man das Kernlein herauß nehme / unter andere Foely zu thun. Weilen aber diese Fuly viel schöner
und durabler ist / als die gemeine / so pflegen etliche Liebhaber ein wenig darvon aufzuheben /
und zwar nicht so sehr zu einiger Rarität / als zur Medicin.
IV. Pala Holanda oder Pala poeti differiren nichts von der Gemeine / ausser daß sie eine
weißlichte Foely hat / welche doch gelb außtrucknet und Aromatisch ist. Weilen sie aber andere
Fuly unansehnlich machet / wird sie außgeschossen und absonderlich gewogen. Man findt auch
wenige Bäume / deren Foly mit bleich gelb gesprengt ist und wird deßwegen Kackerlack genennet.
Andere Bäume tragen Fuly von liecht-rother Coleur / welche man Pala Cassomba heisset.
V. Pala Domine sind diejenige Nüsse / so nur halb mit Fuly bedecket sind / und deßwegen
gleichsam ein Domines oder Predigers-Mütze aufhaben. Diese sind nicht viel geacht / von wegen
daß die Foly nicht ohnzerbrochen kan abgenommen werden / und weilen sehr wenig Blumen daran
sind.
Ausser der aufrichtigen und biß hieher beschriebenen Specerey-Nuß findet man auch noch vier
biß fünff Sorten Wilder-Nüssen / doch meistens allhier in Amboina, so allzusammen Palala
heissen / worunter die Männergens-Nüsse am bekandsten sind / worvon unten soll gesprochen
werden.
Von den Malabarischen Muscat-Nüssen / (welche so keinen Aromatischen Geschmack haben und in
der IV. TAB. abgemahlet sind /) kan man in dem Horto Malabarico nachlesen.
Der rechte Muscatnuß-Baum ist das gantze Jahr durch nicht ohne Früchte / sie seyn nun gantz
jung hervor kommende / halb gewachsene oder vollkommene / gilt gleich viel; wiewohlen solches
nicht an allen Bäumen geschiehet. Unterdessen hat ein jedes Jahr drey Zeiten / in welchen man
die reiffe Nüsse abnimmt.
Die gröste Erndte geschicht mitten in der Regen-Zeit / nemlich im Ende des Julii, oder im
Augusto, da die Bäume wohl voller Früchten hangen / allein die Foely ist etwas dünner / als bey
den kleinen ist / nemlich im Novembr. welches man Moeson Mette-key arn nennet und nur gleichsam
ein Schwäntzgen von der vorhergehenden Erndte ist. Die dritte Moeson oder Einerndtung fället in
den Monat Martium oder in den Anfang des Aprils / und wird Moeson ule von gewissen grünen
Würmlein geheissen / welche bey den Ambonis. Wauwo und Mullatto genen̅et / und
alsdan̅ in der See um die Klipen treibend gefundë werden / [84] worvon man ein gut Atsiaar machet. Diese Zeit gibt die beste Nüsse und die dickste
Blumen / weilen die Bäume alsdann nicht so voll Früchten hangen / auch nicht so viel Regen gibt
/ da hergegen im Julio und Augusto sehr ftarcke Regen fallen und harte Winde wehen / wordurch
dann viele Früchte von den Bäumen abgeschlagen werden und zu frühe abfallen / welche doch
nichts weniger genaue eingesammlet werden / und dieses sind diejenige / so man Rapen nennet.
Hiervon ist die Foely, so auch empfangen wird / etwas schlechter als die andere. Die Nüsse so
etwas kleiner / hügelicht / schieff und eingeschrumpffen sind / heisset man Rompen oder
Rümpffe.
Die rechte Einerndtung geschiehet also: Wann die Nüsse reiff sind (davon das Zeichen ist /
wann die eusserste Schale ein rothe Coleur, wie ein reiffe Pfirsche bekommet / und man die
Nüsse hier und dar an den Bäumen borsten siehet) so klättern die Einwohner auf die Bäume und
langen die Nüsse mit langen Häcklein und Herbeyziehung der Aestlein / von welchen sie solche
abbrechen; welches dann mit wenigerer und geringerer Gefahr geschiehet / als an den
Nägeln-Bäumen in Amboina, indem der Muscatnüß-Baum viel dickere Aeste hat / da man besser auf
stehen kan / auch üderflüssig mit Reißger behangen ist / so man gemächlich an sich ziehen kan.
Die abgebrochene oder abgestossene Muscatnüsse lässet man schlechter dings unter die Bäume
auf die Erde fallen / welche so weich schön nicht gesammlet werden darff / als unter dem
Nägel-Baum. Man muß aber einen Krantz von aufgeworffener Erde darum machen / absonderlich auf
die eine Seite derjenigen Bäumen / so etwas an dem hangenden Gebürg stehen / damit die Nüsse
nicht zu weit herunter lauffen. Solche abgemachte Nüsse nun werden alsobald von den Sclaven mit
einem Messer geöffnet / und von der eussersten Schelffe befreyet / welche sie im Wald auf
gantzen Hauffen liegen und verfaulen lassen; allwo sich neue und die unerfahrne / so die reiffe
Nüsse von den unreiffen noch nicht unterscheiden können / in dem Oeffnen der Nüssen sehr
verletzen können / wann sie das Messer durch die unreiffe Nüsse / welche sie vor eine Reiffe
ansehen / in die eigene Hände schlagen. Die also gesäuberte Nüsse bringen sie nach Hauß und
klauben mit einem Messerlein so balden auch die Foely davon ab / welche sie gantz lassen müssen
/ so fern es möglich ist. Zu diesem Werck sind die Sclaven also abgerichtet / daß es sehr
behend damit zugehet. Diese Blut-rothe Foely wird alsdann einige Tage in der Sonne getrucknet /
nachdem sie auf gewisse vier-eckichte und gemauerte Plätze / wie Altär anzusehen / geleget
worden / da sie ihre Carmosyn-rothe Farbe verlieret / vor erst dunckel roth / und zuletzt in
denen Säcken hochgelb oder Orangen-farbicht / wie wir sie gelieffert bekommen / zu werden
pfleget / die Nüsse aber so mit ihrer harten holtzichten Schale noch umgeben sind / pflegte man
vor diesem auch eine Woche lang auf einen gebretterten Boden / so von gespaltenem Rohr gemacht
/ und Patra patren genennet worden / in der Sonne zu trucknen / welches man nach der Hand nicht
vor gut befunden hat / indem wann die Nüsse durch der Sonnen Hitze zu bersten anfangen / und
auf diesen Söllern liegen bleiben / der Nacht-Thau durch die Ritze hinein dringet und sie
dadurch sehr leicht verderben. Weßwegen andere besser thun / welche ihre Nüsse / so bald die
Foely abgenommen ist / nicht über drey Tage in der Sonnen trucknen und dieselbige des Nachts in
die Häuser verbergen / oder alsobald auf Parra-parien werffen / in der Sonnen trucknen / und
des Nachts in gewissen Häusern unter dem Dach mit einem untergelegten Rauch-Feuer / dessen
Rauch durch die Nüsse gehen muß / außtrucknen. Wann sie nun also vier Wochen im Rauch gelegen
haben / nimmt man sie hinweg und schlägt sie mit dicken Stöcken oder rollet einen dicken
schweren Stein darüber / daß die höltzerne Schale in Stücken zerspringe. Wann dann einige Nüsse
durch solches Schlagen oder Rollen zerbrechen / so werden sie durch dieses Schlagen oder Rollen
vollends zermalmet / daß man sie desto leichter von den Guten unterscheiden kan: Wie sich dann
auch die Rompen oder Rümpff alsdann erst offenbahren / welche man zuvor nicht erkennen konte.
Die also schön gemachte Muscatnüsse werden alsdann mit den Händen außgesuchet / und und in
drey Kauffen sortiret / welches man Garbuleren nennet. Zu dem ersten Kauffen kommen die gröste
und schönste Nüsse / welche man in Europa verführet. Die mittelste Sort von dem zweyten Kauffen
bleibt meistentheils hier in Indien. Zu dem dritten Kauffen kommen die obbemeldte Rümpffe / so
gantz unansehnlich / doch hart / fett und durabel sind. Die werden meistentheils Oehl darauß zu
schlaschlagen gebrauchet / wenige aber oder gantz keine weggeführet. In etlichen Jahren fallen
sie so häuffig / daß sie die Edle Compagnie vor halb Geld kauffet / auf grosse Hauffen schüttet
und verbrennet; sonsten aber müssen sie die Besitzer selbsten verbrennen und die Speise darbey
kochen / welche ein hell Feuer und grosse Hitz geben.
Die gesäuberte Muscaten-Nüsse muß man gleich zur Wage bringen / und der Kauffmann / so
dieselbige empfänget / muß sie nicht über 8. Tage ungekalckt in den Pack-Häusern liegen lassen
/ sonsten verderben sie sehr gern / absonderlich wann man sie an feuchte und bedumpfen Oerthern
aufhält / oder auf dem blosen Boden liegen lässet.
Das Kalcken gehet also zu: Man macht auß feinem gesiebtem Kalck ein dickes Kalck-Wasser /
dergleichen man zum Weissen gebrauchet / und zwar in einer grossen Büde oder Trog / schüttet
die Nüsse mit kleinen Körblein 2. oder 3. [85] mahl darinnen / daß das
Kalck-Wasser alle berühre / und stürtzet sie alsdann in dem Kalck-Hauß auf einen Hauffen. Der
anklebende Kalck bewahret die Nüsse vor der Fäulung oder Schimlung. Es gibt auch dieser
Kalckden Nüssen gantz keine schädliche Qualität / weilen er von weichen und weisen
Corallensteinen auß der See / welche wenig Schärffe bey sich haben / gebrandt wird /
dergleichen man täglich zu dem Pinang-Essen gebrauchet. Zuweilen trägt es sich zu / daß die
gekalckte Nüsse / wann sie in einem enggeschlossenen Orth liegen / auf einander erhitzen / und
wann nur ein füncklein Feuer darauf fällt / hefftig zu rauchen und zu riechen beginnen;
weßwegen auch in den Schiffen / worinnen sie verführet werden / die Deckeln nicht allzu hart
zugetrieben werden sollen / daß sie Lufft haben konnen: wiewohlen man in den Schiffen wegen
jetzt-gemeldtem Unfall so grosse Noth nicht hat / weilen in dem Abschöpffen der meiste Theil
von dem Kalck abfället / welches einen verdrießlichen Staub erwecket / so den Augen schädlich
ist / daß auch diejenige / so dieselbe wegräumen / öffters in Gefahr kom̅en zu
ersticken.
Die aufgetrucknete Foely muß auch nicht lang liegen / sondern wann sie gewogen ist / in
grosse Stroh-Säcke / welche man Sokkels nennet / gefüllet werden / welche 5. Schuh lang und 1
1/2 dito weit sind / und von gewissen und langen Blättern geflochten werden / so Kokojo genannt
/ und auf den Bandasischen Bergen überflüssig (wiewohl nicht ohne Zuthun der Menschen / welche
die Zweige dieser Pflantzen / nachdem sie die Blätter abgeschnitten haben mit den Füssen in die
Erde tretten / und gleichsam einlegen) wachsend gefunden werden. Ehe man aber die Foely in
jetzt- besagte Säcke thut / müssen sie ein wenig mit Saltz-Wasser angesprengt werden / zu jedem
Sack 2. Kannen Wasser nehmend / welches verhütet / daß sich die Blumen nicht zerriblen / und
macht / daß sie fetticht bleiben. Die Blumen werden dicht eingetretten / und so hart man kan
auf einander gepackt / worauf der Sokkel zugenähet / und oben ein Saum / wo das Gewicht von dem
Sokkel angezeichnet ist / darauf gesüget wird / und wieget jeder Sokkel netro 28. Bandasische
Catiens, thun 161. Holländische Pf. In welchen Sokkels sie biß in Europam geführet werden.
Sonsten findet man den Muscatnus-Baum weiter außgebreitet / als der Nelcken-Baum / nehmlich /
beynahe durch das gantze Moluccische Gebiet. Doch ist sein eigentlicher Sitz-Platz die Provintz
BANDA, welche auß 6. kleinen Insuln bestehet / nehmlich Nera, Lontar, Goenong api, Poelo ay,
Poelo ron und Rossing eyn, von welchen nur allein diese 3. als Nera, Lontat (sonsten das hoche
Land genennt) und Poelo ay ermeldte Bäume tragen. Man hat zwar auch einige Bäume in Ambon und
den umliegenden Uliassersen Insulen / allein sie werden allda nicht cultiviret / sondern die
Einwohner und Burger brauchen die wenige Früchte davon selbsten zur Artzney / und zuweilen in
der Kost: Und es scheinet fast / daß schon vor langen Zeiten eine sonderliche Verständnus
zwischen den Einwohnern auf Banda und dieser Provintz gewesen sey / daß nemlich die von Banda
sich mit keinen Nägelein und die von Amboina sich mit keinen Muscat-Nüssen bemühen und beladen
solten / nicht ohne Raison vorgebende / daß GOtt einer jedwedern Insul ihre besondere Gabe und
Einkommen gegeben habe / wormit sie zufrieden seyn müßte. Auf Kelan, Ceran und den 2.
Oosterischen Insuln Nila, Damne, Seru, Kouvver und Kusuvvuny haben derselben vor diesem auch
einige gestanden / sind aber theils durch das Kriegs-Recht / theils auch durch freywillige
Contracten mit den Einwohnern / außgerottet worden. In den Wäldern auf klein Seran hat man vor
einigen Jahren Bäume gefunden / welche wohl schwere grosse Früchte trugen / man konnte aber ein
mercklichen Unterscheid unter denselben und den Bandasischen spüren / indem die Seranische
Nüsse sowohl als Blumen viel wilder von Geschmack waren / so gar / daß zu glauben ist / daß
dieselbige Bäume mit der Zeit gantz verwilden solten / welches man klärlich auß den Blättern
sehen kan / so viel grösser sind / als an den zahmen: Und je weiter dieser Baum von dem
Bandasischen Gebiet abwachset / je weniger Früchten trägt er und je schlechter die Nüsse
fallen. Auf Seilon hat man auch eine Art Mußcaten-Nüssen / allein dieselbe bleiben klein und
kommen zu keiner Perfection, und sind mehr vor ein wild Geschlecht als rechte Muscat-Nußbäume
zuhalten.
Die Neirasische Nüsse sind die schöneste und die grösseste; die schöneste Nuß-Wälder aber
findet man auf Poelo-ay, welches eine Insul ist / so über 2000. Schritt nicht in sich hält /
doch flach und durchgehends mit Muscaten-Nußbäumen besetzet / darzwischen hier und dar andere
Bäume mit unterlauffen / so sehr vergnüglich anzusen / auch plaisirlich durchzugehen sind / und
werden so schön unterhalten / daß die gantze Insul ein durchgehender Garten zu seyn scheinet /
welcher an der See-Seite mit kleinen Hüglein und wilden Sträuchen umgeben ist / welche man den
harten See-Wind von den Nuß-Wäldern abzuhalten / aufwerffen muß. Diese Insul hat zwar grossen
Mangel an süssem Wasser / doch wohnen allda viele Bürger und Gärten-Besitzer / die ihre
Nothdurfft auß Cisternen schöpffen; daß also die Insul Poelo-ay wohl den dritten Theil
desjenigen was ordinaire die Welt davon zu verbrauchen nöthig hat / lieffern kan; weßwegen auch
heut zu Tag allein die beste Rumpffen auß Banda geführet werden.
Auf Lontar sind wohl die meiste Bäum Gärten: Allein weilen dieses ein sehr hohe und bergichte
Insul ist / so sind die Bäume allda sehr gefährlich zu steigen / und die Nüsse sehr mühsam
einzusammlen / weilen die Bäume an den jähen Bergen hangen / und die Nüsse mühsam [86] einzusammlen sind; indem wenig eben Land auf dieser Insul ist; und ob
schon einige Bäume oben auf den Bergen stehen / so tragen sie doch wegen der Kälte / die allda
ist / wenige Früchte; (§) Diese Muscaten-Nußwälder werden heut zu Tag nicht mehr von den alten
Einwohnern besessen / weilen dieselbige wegen ihrer vielfältigen Mord- und Todt-Schlägen /
welche sie an der Niederländischen Nation / vornehmlich im Majo 1609. an dem Admiral Rieter
Willemsen getrieben haben / darauß gejaget / und das gantze Land 1621. durch den General Jan
Pietersen Cod mit den Waffen eingenommen / und zu einer Provintz der vereinigten Niederlanden
gemacht worden ist / da nachmahlen die Baum-Gärten unter die Niederländische und Mestysische
Bürgerschafft vertheilet sind / welche eine grosse Zahl Sclaven darauf halten müssen /
gemeinlich 40. biß 50. Stück. Zu grossen Gärten aber gehören 80. biß 100. Stuck. Diejenige
welche keine Gärten besitzen / dörfften vor diesem ihre Sclaven nach den Wäldern verschicken /
und die abgefallene Nüsse auffsammlen lassen / indem diese Bäume durch das gantze Jahr Früchte
tragen / welche nicht alle zu einer Zeit reiff werden / wie die Nägelein / sondern nach und
nach / und weilen deßwegen die Parck- oder Garten-Besitzer nicht täglich darauf passen und
warten können / leicht geschehen könnte / daß die reiffe und von sich selbsten abgefallene
Nüsse auf der Erde verderben dörfften; diesem nun vorzukommen / hat man zugelassen / daß ein
jeder die abgefallene Früchte aufflesen dörffen / weilen dergl. Nüsse / so der Reiffung wegen
abfallen / die schönste und grösseste sind / auch die beste Foely haben: so werden derselben
auch viele durch die starcke Wind und Regen abgeschlagen / worauß aber die Rümpffe entstehen /
von welchen doch die Foely auch gut ist / in Ansehen derer meistens derselben Sam̅lung auch erlaubet war; allein heut zu Tag ist solches gäntzlich verbotten / dieweilen die
Parck- oder Garten-Besitzer geklaget haben / daß die Rapers oder Auffleser zu sehr und zu weit
um sich grieffen / und muß nun ein jeder seinen Parck mit seinen eigenen Sclaven verwahren: Und
ob schon die Bandasis. Insulen von Natur ungesund und arm an Wasser sind / allerhand Mangel
leiden / und an dem Einsammlen der Muscaten-Nüsse viele Mühe haben / absonderlich in denjenigen
Baum-Gärten / welche auf dem hohen und jähen Gebürge von Lontar liegen / darinnen die Besitzer
viele Sclaven durch Kälte / Ungemach und andere Unglücke verlieren: So können doch die
Eigenthums-Herren wohl dabey bleiben und redlich fahren / ohnerachtet verschiedenen
Praecisilaten denen sie im Schön-machen dieser Specerey nachkommen / und solche vor den
angesetzten Preyß der E. Compagn. lieffern müssen / nehmlich das Catti Banda (so 5 3/4. Pf.
Holl. wieget) vor einen Schilling / und eben soviel Foely vor einen Real.
Man hat vor diesem geglaubt / daß die Muscaten-Nüsse durch menschliche Vorsorge nicht wohl
könnte fortgepflantzet werden / und daß solches allein durch eine gewisse Art blauer wilder
Tauben / so bey den Bandanesern Talor, bey den Maleyern Bodrong Pala und bey den Unserigen
Noot-eters / Teutsch Nuß-Fresser geheissen worden / geschehe / welche diese Nüsse auß der
äussersten Schelffe picken und gantz einschlucken / worvon sie allein die Foely verzehren / und
die gantze Nuß mit der Holtz-Schale durch den Abgang wider von sich geben / welche / so sie in
die Büsche fallen / neue Pflantzen schiessen; dahergegen die reiffe Muscatnüs / wann sie von
den Menschen in die Wälder oder in ihre Gärte / auch auf sehr guten Grund gesetzt wurden /
nicht auffkamen / auß Ursach / daß die Nuß / wann sie gantz reiff ist / und ein Zeitlang auf
der Erden liegt / sehr wurmstichicht wird / und gäntzlich verdirbt. Nach der Zeit aber /
ohngefehr um das Jahr 1662. hat man angefangen halb-reiffe Nüsse / multa poety genannt / woran
die Foely noch nicht gantz roth war / zu säen / welches gantz wohl glückte / indem darvon gute
Bäumger aufgiengen / welche man nach Belieben verflantzen konnte. Diese Bäumger tragen im 5. 6.
und siebenden Jahr Früchte / aber sie müssen immer in dem Gebüsche oder unter dem Schatten von
andern Bäumen stehen / und wollen nicht viel Sonn haben / so gar / daß / wann man den Platz
rund um kahl machet / sie gar leicht außzugehen pflegen. Ja die alte Bäume selbst wollen gern
zwischen andern Bäumen stehen / und absonderlich müssen sie einige wilde Bäumen an der Seite
nach der See zu haben / und oben auf dem Berg rund um sich / auf daß die See-Lufft und die
raube Winde sie nicht berühren können / welche ihnen sehr schädlich sind. Auß dieser Ursach
pflegt man in Banda nicht leicht wilde Bäume abzuhauen / sie stünden dann zu dicht und
bedeckten die Nüß-Bäume zu sehr / in welchem Fall man einige abhauen darff / daß die Nüß-Bäume
besser Lufft bekommen möchten / welche selbsten so dick nicht stehen müssen / daß sie sich
einander berühren könnten / weilen sie sonsten wenig Früchte tragen / und so verlohren wie die
Sparren auffschiessen / wie man in den Lontarischen Parcken sehen kan. Das Außhauen und Fällen
der Bäumen aber wird dem Gutbefinden des Försters oder Wald-Hüters überlassen / ohne deren
Zulassen man nicht ein eintzigen Baum umhauen darff. In Amboina hat man auch hier und da bey
die Häuser ein Bäumgen gepflantzet / worvon doch wenig Früchte zugewarten / und gehen
dieselbige auch gern auß / dieweilen sie zuviel in der Sonne stehen / und nicht gern fort
wollen / wann sie nicht unter dem Gebüsch auffschiessen.
Den Nutzen und Gebrauch belangend / so gilt allhier eben dasjenigen / was wir sonsten von den
Nägelein gesaget haben / daß sie nehmlich den Europeern und anderen kalten Länder /
insonderheit Teutscher Nation vielmehr dienen / [87] als den Indianern.
Derohalben wollen wir von deren Kräfften und Eigenschafften allhier kein groß Wesen machen /
sondern insgemein ein weniges davon sagen / und nur allein die meist- bekannte Nutzen erzehlen.
Einige Authores haben vorgegeben / daß die männliche Nüsse viel kräfftiger seyen / auch von den
Javanen mehr gesuchet würden / als die Weibger. Wann sie nun durch die Männliche die grosse
lange Nüß verstehen / kan man solches wohl passiren lassen: Allein wir haben schon droben
gemeldet / daß alle die Specerey-Nüsse vor Weibger gehalten würden / weßwegen sie solches
nothwendig von den wilden Männlein verstehen müssen / darinnen sie sich doch betrogen befinden
/ angesehen die Javaner und Maleyer / wann sie vor diesem von den Bandaner ein paar Hand- voll
Männlein-Nüsse verlangten / solches nicht deßwegen thäten / als ob sie besser und kräfftiger
wären / sondern einige Artzneyen davon zu machen / worzu die gemeine unbequem waren. Die rechte
Specerey-Nüsse eingenom̅en / vertreibet alle Schmertzen und Grimmen / so von
Kälte und Winden herrühren / und in dem Magen / Gedarmes und der Beermutter gezeuget werden:
stärcket und erwärmet den kalten Magen / und hilfft zu dessen Dauung / stillet das Brechen und
das Schlucken / und wann man die Muscaten-Nüsse zu Pulver stosset / und mit Bakelale mischet /
und in Wein eintrincket / treiben sie den Harn / stillen den Kalt-Seich / und machen einen
guten Athem. Sie sind auch gut gegen die Colic und Schmertzen des Leibs / öffnen die
verstopffte Leber und Miltz / auf vorbesagte Weiß gebrauchet. Die Nuß wird auch bey dem Feuer
gebraten und geröst / alsdann mit dem gewöhnlichen Tranck eingenommen / wormit man den
Durchlauff und rothe Ruhr stopfften kan. Die Arabische Meister mischen in diesem Fall ein wenig
Amphion darunter. Wir haben von einem guten Freund gehöret / daß er dieses vor ein groß Secret
von den Persianischen Mohren gelernet habe / den Blutgang zustillen / wann man nehmlich ein
gebratene Muscatnus mit ein wenig Amphion / in der grösse eines Cadiang / in einem Trunck
rothen Wein einnehme / und wann man keinen rothen Wein hat / mag man es in einem weichen Ey
einnehmen. Sie ist insonderheit auch gut vor die Mutter / Bauch-Nieren- und Blasen-Weh: ja
einige fagen / daß sie auch den Stein abzutreiben dienlich seye / wann man sie zuvor in
Mandel-Oehl einweiche.
Hergegen müssen sich diejenige vor dem Gebrauch dieser Specerey hüten / welche hartleibig
sind / mit der gülden Ader gequälet werden / und ein dick / grob und verbrandt Geblüt haben.
Wann man Ingber darzu thut / wird sie dadurch verbessert und durchdringender. Der tägliche
Gebrauch dieser Nuß verschleimet den Magen wegen ihrer Fettigkeit / und erfüllet das Haupt mit
schweren Dämpffen / worauß die vergessene Schlaffsucht entstehet. Man erzehlet auch / daß ein
schwangere Frau auf eine Zeit von 10. biß 12. Nüß / so sie gegessen / närrisch und Sinnlos
worden sey. Dieses destomehr zu bekräfftigen / wollen wir 2. Historien erzehlen / welche beyde
zu unserer Zeit geschehen sind. Anno 1655. assen erliche Teutsche eine kalte Schaal von
schlechtem Bier und Wein / worinnen sie nach ihrem Bericht / nichts anderst / als Zucker und 6.
biß 8. geraspelte Muscaten-Nüsse gethan hatten / welche den anderen Tages in eine solche
Beschwerung auf der Brust fielen / als wann sie erstickten müßten: Anbey wurde der Mund sehr
trucken / die Lippen schwellend und an einander klebend: mit grosser Müh schöpfften sie Athem:
in Haupt fühlten sie solche Schwürigkeit und Düsternus / daß sie ihres Gedächtnus gäntzlich
beraubet schienen: der Bauch war hart und verstofft / so gar / daß man kaum mit vieler Mühe und
Juleppen diesen Leuten wieder zurecht helffen können / welchen zugleich Aderlaß / purgiren und
dergl. gebraucher worden. Auf eine andere Zeit schlieffen: 2. Soldaten unter einem Muscaten
Nuß-Baum zu Manipa / die gantze Nacht durch / welchen des andern Tages das Haupt so schwer war
/ daß sie truncken und halb kranck schienen; dergleichen Exempel hat man auch in Banda gehabt /
indem Anno 1650. 2. Soldaten in Banda gewesen / welche 5. biß a. Nusse auß der Hand assen /
worvon sie gleicherstalt närrisch und halb Sinnlos worden. Demnach Anno 1657. funde man eine
andere Person auf ihrem Lager todt liegen / vor welcher ein Körbgen voll Muscaten-Nüß stunde /
worauß man praesumirte / daß sie derselbigen vielleicht gegessen hätte / daß sie dadurch in
einen tödlichen Schlaff gefallen sey. Was für Schade und Ungemach diejenige Leute / welche in
Häusern wohnen / oder in Schiffen fahren / worinnen gekalckte Nüsse innen sind / haben wir
schon oben gemeldet; worauß erhellet / daß die Muscaten-Nüsse in India mehr Schaden / als
Nutzen bringen / und daß der allweise Schöpffer solche vielmehr vor die Norder-Welt erschaffen
habe / wo ihre Fettigkeit durch die zusammenzihende Kälte also verändert und verbessert wird /
daß sie nicht allein durabeler / sondern auch gesunder und wohlriechender werden / wie auch von
den Nägelein kan gesagt werden.
Die grüne Nüsse werden auch eingemacht / und nicht allein durch gantz Indien / sondern auch
in Europa verführet / welches also zugehet: wann die Nüsse bald reiff werden wollen / und doch
noch nicht bersten / nimmt man sie sacht und gemach von dem Baum / daß sie nicht zerfallen oder
zerknirst werden: diese kocht man in Wasser ab / und durchsticht sie mit Pfriemen / weicht sie.
8. biß 10. Tage in frisch Wasser / ???biß daß sie ihre Strengigkeit und herben Geschmack
verlieren: hernach macht man einen Julep von halb Wasser und halb Zucker / und kocht sie darinn
/ lange oder kurtze Zeit / nachdem man sie weich oder hart haben will. So man sie hart [88] haben will / thut man ein wenig Kalck darein / dieses Zucker-Wasser muß
man alle Tage abgiessen / warm machen / und dann wieder aufgiessen / und zwar noch andere 8.
Tage lang / endlich noch einmahl auffkochen / in einen dicken Syrop von Zucker gemacht / thun /
und in steinernen Häfen wohl zugestopfft bewahren; also kan man sie unverdorben biß in Europa
bringen. Durch dieses Kochen bekommt die Nuß-Schaale ein dunckelrothe Coleur / wird halb
durchscheinend und so zart / daß man die äusserste Häutgen nicht abzuschelen vonnöthen hat /
sondern man schneidet sie in 4. biß 6. Stücke und isset sie also. Man trägt sie gemeiniglich
bey Gastereyen unter andern Confituren zum Nachtisch auf / und brauchet absonderlich bey dem
Thee-Trincken. Wann man im confitiren Muscaten-Nüsse / so schon alt sind / nimmt / so ist das
äussere Häutgen zu hart / und muß man alsdann solches abschelen / wann man sie essen will. Den
innern Kern sam̅t der Foely isset man nicht mit / wiewohlen einige die Blumen
auch käuen / das übrige aber hinweg schmeissen. Wann man diese Confitur täglich geniesset / so
erfüllet sie das Haupt und Senn-Ader mit dicken Dämpffen / und zeugen die vorbenahmte
Schlaffsucht / wordurch die Leute träumend / träg und vergessen werden. It. sie verfaulen den
Magen / und verderben den Appetit. Weilen nun dieses Werck viel Zucker kost / wormit diejenige
/ so auf Banda und in den Moluccischen Insuln wohnen / nicht wohl versehen sind: so pflegt man
die Muscaten - Nüsse gantz in Fäßger oder Ständger einzusaltzen / und nach Batavien zu
versenden / allwo der Zucker überflüssiger zu bekommen ist. Die Sinesen / so zu Batavia wohnen
/ gebrauchen sich einer kürtzeren und wohlfeilerer Manier: nehmlich / sie nehmen die
eingesaltzene Nüsse / und weichen dieselbige in frisch Wassser / biß daß sie den saltzichten
Geschmack verlieren: nachmahlen kochen sie dieselbige schlechter Dings einmahl ab / und zwar
mit Syrop / welchen sie offt nicht von weissem / sondern von schwartzem Baum-Zucker machen.
Diese sind gut zum täglichen Gebrauch / können aber nicht lang gehalten werden. Die
eingesaltzene Nüsse aber können auch biß in Europam gebracht werden. Man macht auch auß den
Schelffen / wann sie auf vorige Art und Weise praepariret und klein gerieben sind / eine
Marmelade, welche sie in viereckichte Schachteln giessen / und so wol zu Gastereyen / als
Artzneyen gebrauchen. Die grüne Schelffen / werden in Banda erstlich mit Wasser aufgekocht /
darnach mit Wein und Zucker angemacht / auf welche Art sie einen guten frischen Geschmack geben
/ wie gekochte Quitten und Jambusen. Eben dieselbe grüne Schelffen / wann sie ein wenig
zerknirschet / oder (wie etliche im Gebrauch haben) klein gerieben / und in Pekel gethan werden
/ geben eine gute Sauce vor schlechte Leute / deren sie sich bey andern Speisen guten Appetit
zu machen / bedienen können / und werden auch also beym Thee-Wasser aufgesetzet. Auß dieser
Absicht werden ausser Banda auch einige Bäume gelitten / und den Einwohnern zu ihrem eigenen
Gebrauch zugelassen / doch mit dem Beding / daß sie keine Kauffmannschafft darmit treiben /
indem durch ein scharff Placat von der Obrigkeit verbotten worden / daß man weder eingemachte /
noch eingesaltzene Nüsse auß dem Land führen solle / um Kauffmannschafft damit zu treiben:
wiewohlen man nicht nöthig hätte das Confituren zu verbieten / indem wegen des theuren Zuckers
kein Gewinst darvon zu hoffen ist.
Auß den Muscaten-Nuß Schalen / so in dem Wald liegen bleiben und verfaulen / wächser ein
gewisse Art Schwämme / welche man Lateinisch Boletos Moschocarinos oder Muscaten-Schwämme
nennet / und im Maleyischen Koelat pala heissen. Diese Schwäm̅e sind von Farbe
dunckelgrau und schwärtzlicht / und stehet das Köpffgen auf einem dicken Stiel / welches sich
nicht / wie andere Schwäm̅e / außbreitet / sondern meift halb geschlossen stehet.
Wann das Köpffgen noch nicht vollkommen außgekommen ist / sind sie am besten zum kochen. Und
wann sie mit einer guten Brühe gekocht werden / geben sie ein wohl- geschmacktes Essen / da man
in Banda viel Wercks von macht / und werden vor allen andern Schwämmen gerühmet.
Sie pflegen in Banda auch die blaue Tauben oder Nuß-Fresser zu braten / ohne daß sie das
Eingeweid herauß nehmen solten / vorgebende / daß solches sehr wohlriechend wegen der Foely,
die sie essen / befunden werde / absonderlich wann sie die gantze Nüsse noch mit den Blumen in
dem Magen fühlen. Ich vor mein Theil überlasse ihnen diese Lecker-Speise gern / und halte es
vor einen lächerichten Aberglaube / daß die halb- verzehrte Foely in dem Magen solcher Vögeln
alle andere Fäuligkeit / so sich darinn befindet / zu lauter Specerey machen könne / indem ich
befunden habe / daß meistens alle wilde Tauben den Magen und Gedärms voller Würme haben.
Demnach die schlechte Muscat-Nüsse oder Rümpffe / wie gesagt worden / zur Kauffmannschafft
undienlich sind / so werden sie meistens zum Oehlschlagen gebraucht. Man röstet sie nemlich
erstlich in einer Pfannen: Darnach stampffet man dieselbige / macht sie noch einmahl heiß / und
thut sie in Säck / so von Zoemi (das ist ein harichtes Gewerb / welches man oben an den
Calappan-Baum zwischen den Aesten findet) gemachet sind / und leget sie zwischen zwey dicke
Bretter / presset sie auß / und erzwinget also ein dickes Oehl / wie geschmeltzt Butter /
darauß / welches man in viereckichte Formen lauffen lässet / in welchen es alsobalden gerinnet
/ und wird gantz gelb von Coleur / wie May-Butter / zuweilen auch etwas weisser. Diese Kuchen
sind einer Hand lang und fünff Finger breit / eines Daumen dick und werden zur Artzney / so
wohl durch gantz Indien / als auch nach Europa ver [89] führet. Vor
diesem machte man viel Wercks darvon und nennete es Muscaten-Balsam / heut zu Tage aber ist es
wegen seiner Menge / in keinem grossen Estime mehr / wiewohlen kein Privat-Person dasselbige
machen oder verkauffen darff / sondern muß alles / was gemachet wird /der E. Compagnie
gelieffert werden.
Fast auf gleiche Art wird auß denen gestampt- und warm gemachten Muscat-Blumen auch ein Oehl
gepresset / welches Blut-roth ist und allezeit weich bleibt. Wann man es auf die Hand tröpffet
/ siehet es wie gelblicht Blut / ist am Geschmack fett / ein wenig bittericht / wie die Blumen
selbst / ohne sonderliche Hitze. Man verliert keine sonderliche Quantität Foely mit diesem
Oelmachen / indem man 3. Cattis Bandas Foely auf ein Kannen Oehl rechnet.
Auß den Muscaten-Blumen wird auch auf eben diejenige Art und Weiß / und mit eben solchen
Instrumenten / wormit man den Arak machet / ein klar Oehl destilliret und gebrandt / dessen
erster Theil / so gleich nach dem Wasser kommt / klar und durchscheinend ist / wie Wasser: der
folgende Theil ist etwas gelber / wie dicker Reinischer Wein / und der letzte / wann man es
hart reibet / etwas röthlicht: weilen aber dieses Oehl / wegen seiner weissen Farbe / nicht
wohl von dem Wasser unterschieden werden kan / und mühsam abzuschöpffen ist; so pflegt man
zuweilen ein wenig gerieben Foely in den Recipient zu thun / wodurch es alsdann wie Wein wird /
und einfolglich im Abschöpffen von dem Wasser leichtlicher kan unterschieden werden. Beyde
seynd von einerley Krafft und Tugend / sehr subtil und durchtringend / so gar / daß so man die
Flaschen oder Gläser / darinnen sie stehen / nicht wohl verwahret / ein groß Theil darvon
wegfliehen kan. Man muß aber bey diesem Destilliren wohl 10. Catris Banda Foely zu einer Kannen
Oel haben. Wann dieses Oel durch eine verzinnete Schlange destilliret wird / so ist es bequem
und sehr köstlich innerlich gebraucht zu werden. Wann man es aber nur durch kupfferne Schlangen
machet / wird es etwas brüntzlicht und beschweret das Haupt / weßwegen die außgepreste Oel viel
gesunder und lieblicher zu gebrauchen sind. Das außgepreste Muscaten-Oehl / so man auch den
Balsam nennet / und die Araber Gieuzi-Semen heissen / soll diese Kräffte haben: Es ist gut vor
alle kalte Gebrechen der Nerven und Gelencken: Es saubert die Brust und Lunge: machet eine
helle Stimme: hilfft mit andern vermenget zur Empfängnüß / vermehret den Männlichen Saamen /
und macht den Menschen feist. Wann man es auf den Magen und den Leib reibet / stillet es alles
Brechen und Grimmen / von Kälte herrührend: Es vertreibet die Flecken des Angesichts / und
heilet das schmertzliche Harnen.
Zu eben diesen Gebresten wird auch das Foely-Oehl gebrauchet / und die destillirte Oehle in
Leib eingenommen. Doch müssen diejenige / die solche gebrauchen / vor Hauptwehe befreyet seyn /
welches sie sonsten vermeyren. Die Trester von dem außgepresten Oehl werden in das Siech-Hauß
gesandt / daß die Krancke ihre Glieder damit reiben sc.
Unter den wilden Muscat-Nüssen / wovon meistens fünff Sorten bekandt sind / wollen wir nur
allein die
Männlein
oder Männliche Muscaten berühren / welche die Holländer Mannetjes-Noten heissen:
Dieser Baum hat äusserlich ein sehr geringe Gleichheit mit dem rechten Muscatennuß-Baum / hat
einen höhe???n Stam̅ und ein schmäler Laubwerck / mit wenig Aesten / nicht hübsch
zierlich anzusehen. Die Blätter sind viel grösser / etliche einer Spann / etliche ein und ein
halben Schuh lang / an Gestalt wie die Canary-Blätter / forn breiter und etwas runder
zulauffend / mit einer kurtzen Spitz und mit vielen Parallel-Rippen durchsetzet / oben
schwartz-grün / an der untersten Seite roth-fahl und ohne Glantz / und stehen die grüne Rippen
zwey und zwey gegen einander über. Wann man sie käuet / geben sie einen mercklichen wilden
Geschmack der Muscaten von sich.
Die Früchte dieses Baums wachsen nicht an denen äussersten Enden der Reißger / wie die rechte
Muscaten / sondern etwas hinten an den Zweigen / an dem Ursprung der Blätter / zwey und drey
bey einander / auf kurtzen und runden Stielger / an Gestalt rund / in der Grösse einer rechten
Nuß. Etliche sind länglicht / etliche recht rund / oder ein wenig gedruckt: ausser den Polstern
röthlicht und wollicht anzugreiffen: An der Seiten dicker als unten / oben zäher und härter /
dann an den rechten. Der innere Kern ist von zweyerley Gestalt / doch beyde grösser als die
rechte Muscaten-Nüsse. Eine davon ist länglicht / wie ein Klotz / an den Enden etwas platt /
die ander rund / beyde aber runtzelicht. Sie liegen auch in einer höltzernen Schale / welche
dicker als an den gemeinen ist / schwartzlicht oder dunckel-grau / außwendig mit einer
Gold-gelben Foely umgeben / dazwischen man die Schaale siehet / welche allda mit kleinen Pocken
besetzet und rau wie ein Raspe ist. Wann diese Foely getrucknet und dürre ist / wird sie gantz
bleich und am Geschmack unangenehm / ohne eintzigen Specerey-Geschmack. Der innerste Kern hat
eben dergleichen Substanz, als die rechte Muscaten / doch etwas wilder und nicht so fett / mit
schönen schwartzlichten Aederlein durchzogen / ein wenig Aromatisch / und eines fast
unangenehmen Geschmacks. Er wird leicht Wurm-stichicht / und wann er unter andere Nüsse kommt /
verdirbt er dieselbe mit; weßwegen es verbotten ist ihn darunter zu mischen. Wann er aber / wie
die gemeine Muscaten im Rauch gedörret wird / so ist er daurhaffter. Der Blätter findet man
wenig gantze an dem Baume / weilen sie meist von den Würmen an den Bäumen durchfressen sind.
Schneidet man in die unreiffe Frucht / kommt ein weise Milch herauß / so wie Kalck außtrücknet.
Dieser Baum wird nicht unter den [90] zahmen Nüssen gelitten / weilen man
glaubt / daß er diese mager mache. Weßwegen erkießt er sich einsame Oerte / an den Enden der
Wälder und auf den Bergen / wo man ihn unmolestiret stehen lässet / und zwar mehr die Früchten
/ vor eine Rarität an die frembde zu verehren / als einiges Nutzens willen.
Diese Nüsse heissen Lateinisch NUX MYRISTICA, MAS und MONTARA, ist bey Clusio vor 2. Früchten
angesehen / da es doch nur eine ist: Auf Banda nen̅et man sie Pala Tuhar, das ist
/ Bergnuß. Auf Maleyisch Pala luhi-lahi, das ist / Männ ein-Nuß. In Ambon wird sie Pala-Utan
und Palala genennet / mit einem Wort / so auß Pala und ala zusam̅en gesetzet ist
/ als ob man sagte: Jahr-Vogels-Nüß / dieweiln diese Vögel in Amb. ala geheissen werden /
welche diese Früchte gern essen. Sie hat bey den Einwohnern / wie gesagtë / kein Gebrauch /
ausser daß sie das Holtz von dem Baum zuweiln zu den Häusern nehmen und die Früchte an die
Frembde verehren / indem nicht allein die Javanen / sondern auch die Europae er solche
aufsuchen. Die Javanen und Maleyer gebrauchen sie zur Artzney gegen die Kopffschmertzen und
andere Kranckheiten / doch mehrentheils die Män̅liche Krafft zu stärcken / nach
welchen Hülff-Mitteln die Mohren grosse Mühe anwenden. Die Europaeer gebrauchen sie noch
aberglaubischer und wollen Liebs-Träneke davon machen / womit sie grosse dinge meynen
außzurichten: welche lächerliche Dinge der Mühe nicht werth sind / daß man mehr davon schreibe.
Einige Indianer haben erfahren / daß die Man̅s-Nüsse auch gut gegen die rothe
Ruhr seyen / wann man dieselbe mit einer halb reiffen und gebratenen Pisang isset /
absonderlich wann man ein Gran Amphion darbey thut. Die Bandaneser Weiderger brauchen sie auch
gegen die Ohnmacht und schwere Noth der kleinen Kinder / zu welchem End sie nun anfangen diese
Nüsse aufzuheben. In Europa trägt man diese Frucht auch am Halß / um von den Blut-Finnen
befreyet zu seyn.
Von den 4. andern Sorten wollen wir allhier nichts melden / weilen dieselbe in Banda meist
unbekandt sind / und von der Gestalt der rechten Muscaten sehr abgehen / und werden in Ambonia
die Stämme nur zu Sparren und leichtem Zimmerwerck gebrauchet.
XXIV.
Bericht
Von dem Pfeffer und dessen Pflantzung auf der West-Lüst.
DEr Pfeffer wird bey nah auf eben dieselbe Art und Weiß gezogen / wie der Betel: gleich wie
die Pflantzen beyderseits auch einander sehr gleich kommen / ausser daß die Pfeffer-Blätter
etwas leibiger / als die Berel-Blätter sind / auch einen andern Geschmack haben. Die Grösse und
Gestalt derselben ist aus der Tab. V. zu ersehen.
Die Oerter / wo derselbe hingepflantzet wird / bestehen aus einem fetten Grund / der etwas
Kleyächtig seye.
Diesen Grund pflügen sie erst wohl / düngen ihn aber nicht; wie sie demselben dann auch kein
Wasser geben / es seye dan̅ / daß der Pfeffer-Garten nahe beym Dorff seye /
welchen sie auch zu feuchten pflegë.
Ein solcher Pfeffer-Garten wird auf der West-Küst Dziundziong Lada geheissen: und werden
andere Platagien in den Wäldern / so nach der Bäumen Außtilgung allda gepflantzet werden /
nicht umzäunet.
Die Pfeffer-Pflantzen werden in gewissen Reyen / die sie Dziadziar nennen / unten an den Fuß
der Tsingkting-Bäumen gesetzet / so zuvor schon eingestecket gewesen / ohngefähr 10. Kaks oder
Stöcke in eine Reyhe.
Diese Plantagie geschiehet zu der Zeit / da es nur um den 5. oder 6. Tag einmahl regnet / und
nicht bey nassem Regenwetter / anderst die Pflantze verderben solte / wie auch sonsten gar zu
viel Regen diesem Gewächs schädlich ist.
Wann sie dieselbe setzen / nehmen sie ein Setzling den sie Zowas nennen / mit 3. Knöpffe /
Mata genennet / lassen ihn erst zwey oder drey Tage in heiß Wasser weichen / dann es sonsten
nicht wohl fortkommen dörffte.
Der Ort muß wohl von dem Unkraut / so diesem Gewächs schädlich ist / gesäubert werden: und
wann die Pflantze etwas aufgeschossen ist / so häuffen sie etwas Erde darum / daß mehrere
Stengel über sich und auch mehr Wurtzeln schiesen und kräfftiger werden möchten.
Nach 2. Jahren trägt das erste Reiß Früchte / welches sie Marania, und die Früchte Oovvali
Matania nennen / und bringt ein Stamm alsdann nit mehr als ein Tsoepa von den 4. in ein Gantung
hervor. Wann aber der Baum das 4. Jahr erreicht / so gibt er wohl 1 ½. Gantung. Dessen Stam̅ endlich wohl eines Arms dicke wird.
Diesen Baum plicken sie deß Jahrs zweymahl ab / und nennen das Nachgewächs oder letztere
Früchte Mematsien.
Die grosse Erndte / so in 4. Jahren geschiehet / heisset Poeng’ ut besar.
Die Erndte-Zeit des Pfeffers wird auch Moesim Mamoepir l’ada, geheissen / die Blüth aber
nennen sie Memboernsi, welche ohngefähr 3. Mond vor der Frucht hergehet.
Ein Baum davon dauret wohl zehen Jahr / daß sie davon Früchte bekommen / zuweilen auch [91] wohl 15. Jahr / wann er wohl unterhalten wird; dergleichen alten Baum sie
Baka nennen: wornach sie denselben außrotten und andere an dessen Stelle pflantzen. Ein Reißgen
davon heisset Janghei.
Den weissen Pfeffer zu machen lassen sie den schwartzen wohl reiff werden / und wann sie
denselben abplicken / werffen sie ihn in eine Gruben und lassen ihn darinn beitzen oder fanden
biß erwa nach drey Tagen die Hülsen oder Schalen davon abgehen: Worauf sie denselben in Wasser
schütten / wohl durch einander rühren / und mit Wasser durchschütten / daß die Schale sich
immer besser von der Frucht abscheide und oben schwimme; Nachmahlen nehmen sie weisse Asche /
und wann sie dieselbe damit incorporiret / so trucknen sie alles an der Sonne. Die Asche aber
dienet dem Pfeffer eine weisse Farb zu geben: Worauf sie mit den Wannen / so Fampi heissen /
den Pfeffer ferner säubern und schön machen / wann dergleichen weisse Pfeffer abgehet und
verlanget wird.
Auß des Hn. Herbert. de Jagers Mssr.
XXV.
Bericht
Von der Einpflantzung / Einsammlung und Dörrung deß Indigo-Gewächses / wie solches in dem
Land Tsinsie und darumher gebräuchlich ist.
DEr beste und bequemste Grund den Indigo zu pflantzen bestehet auß 2/3. Sand / so mit ein
1/3. Kleyen vermenget ist; und wiewohlen sonsten dieses Kraut um Devenapatan auch wohl auf
gantz sandichtem Grund erzogen wird / so geschiehet doch solches nur bey Ermanglung des
besseren; weßwegen es auch hier etwas schmaler und magerer wächset. Man erkieset auch meistens
hohe und truckene Länder darzu / welche von keinem Fluß oder Teich können befeuchtiget werden /
dieweilen zu dem Wachsthum dieses Krauts ein Ordinari Regen schon gnug ist; zu geschweigen /
daß die niedrige Ländereyen / so man wässern kan / zu andern und mehr profitabln Pflantzen /
als zum Indigo angewendet werden können / worzu noch dieses kom̅t / daß die
wässerichte Gründe diese Pflantze ersticken oder zum wenigsten verursachen / daß der Indigo
nicht so gut wird.
Dieses Land wird gegen die Regen-Zeit / ohngefähr im Monat Septembr. ein- oder zweymahl etwa
Schuhes tieff / mehr oder weniger / gepflüget / welches man also biß zum Ende des Regen-Wetters
/ das ist / des Monat Decembers in sich selbsten liegen und bearbeiten lässet / da man alsdann
diesen Grund noch einmahl mit dem Pflug umarbeitet / und den Saamen / auch bey Regen-Wetter
hinein wirfft / unter äget un̅ den Wachsthum hiervon dem Nachregen überlässet.
Wann nun dieses Kraut mit seinem Stam̅ ohngefähr 4. Finger breit über der Erde
aufkom̅en ist / muß man dasselbige von dem beystehenden Unkraut befreyen; allwo
man wohl Achtung zu geben hat / daß man nicht ein gewisses Kraut / so dem Indigo sehr gleich
siehet / stehen lasse / welches sonsten mit aufwachsen / und auch zugleich mit adgeschnitten
werden dörffte.
Muß also der Indigo inzwischen biß ungefähr auf den Monat Februarium wachsen / nemlich so
lang / biß daß er Blumen träget und Saamen gewinnet /auch die unterste Blätter sich gelb zu
zeigen anfangen / da er dann geschnitten werden muß. Die Gestalt des gantzen Gewächses und
seiner Parcien ist auf der 6. Kupffertafel oder TAB. VI. zu ersehen.
Bey diesem 1. Schnitt hat man vorsichtiglich zu handlen / und behutsam damit umzugehen / wohl
zusehend / daß von den Zweiglein / so aus dem gemeinen Stamm entspringen / ohngefähr einer Hand
breit übrig gelassen werde / damit ihm durch das allzukurtz Abschneiden das wieder Außwachsen
nicht benommen werde / indem ohne das dieses Gewächs gar leicht außgehen kan / wann nicht
gleich wieder ein Regen darauf fället / oder sonsten es durch einen Fluß oder ander stehend
Wasser befeucht werden könte.
Wann aber es gleich ein Regen bekom̅t / kan es nach 3. Monden wieder
geschnitten werden / oder auch etwas später / nach dem der Regen etwas dünne gefallen ist / bey
welchem 2. Schnitt eben diejenige Cautelen und Vorsichtigkeiten / welche bey dem ersten
angeführet worden / in acht zu nehmen sind.
Nach dieser lässet man die Pflantze wieder grünen / biß der 3. Schnitt erfolget / welcher
ordinari 3. Monden hernach folget / und kan man alsdann auch den Saammen einsammlen und
auftrucknen / daß man sich dessen bey der rechten Saat-Zeit bedienen könne; wiewohlen andere
sagen / daß man den Saamen bey dem 2. Schnitt sammlen solle / weilen derselbe am kräfftigsten
seye / welches auch nicht unglaublich.
|| [92]
Alle diese Schnitte des Krautes müssen bey klarem und hellem Sonnenschein / in einem Viertel
des Tages vollbracht werden / und lässet man das abgeschmttene??? auf einem darbey gelegenen
ebenen Heerd und sauberem Grunde / biß ohngefähr 4. Uhr nach Mittag liegen / daß man es in
solcher Zeit etwas trucken zusammen rechen könne / und nachdem man alles mit gewissen Stecken
so lang gedroschen hat / biß die meiste / wo nicht alle Blätter von den Aestlein abgeschieden
sind / werden solche aufgerafft und in Körben auf einen truckenen und verschlossenen Platz / da
kein Wind zukommet / getragen. Auf den nächstkommenden hellen Tag werden diese abgeschlagene
Blätter wieder auf einen truckenen Boden in die offene Lufft außgebreitet / und ohngefehr so
lang als zuvor / aufgetrucknet / werden auch wieder so lang geschlagen und geprügelt / biß daß
die meiste Blätter in Stücken zerschlagen sind / worauf dieselbige wieder aufgeraffet / und auf
einen truckenen Ort / so vor dem Wind verwahret ist / und dessen Boden mit Strohe / worüber
Matten gebreitet sind / beleget ist / getragen werden / allwo sie auf diesen Matten lück auf
einander zu schütten sind / ohne daß man die Mauren damit berühre. Wann nun diese Hauffen so
wohl oben / als auf den Seiten wieder mit Stroh und darauf liegenden Matten bekleidet und
zugedecket sind / lässet man dieselbige ohngefähr 20. biß 25. Tage stehen / da alsdann diese
Blätter düchtig sind den Indigo darauß zu bringen.
Dieses vorhergehende Trucknen in der Sonne dienet zu zweyerley: Erstlich die Wässerigkeit auß
den Blättern zu bringen / und zum andern die Blätter durch das Schlagen oder Klopffen desto
besser von denen Blättern zu bringen / und in Stücken zu schlagen / da sonsten / wann die
Blätter nicht trucken wären / der Indigo Gafft darauß geschlagen / auch dieselbige der Fäulung
und Verschimmelung desto mehr unterworffen seyn müsten.
Daß man aber die Blätter auf obbesagte Art und Weiß in einen verschlossenen Ort bringet / und
also liegen lässet / geschiehet solche zu relolviren und zu praepariren / daß sie mit grösserer
Facilität den Indigo von sich geben. Wiewohlen ich auch davor halte / daß dasselbige auch
dienet / die Quantität darvon zu vermehren / dieweilen die stetige Dämpffe und exhalation, an
dergleichen bedumpffen Orten viel dar zu helffen können.
Wie viel Saamen zu einem verzäunten Stück Landes gehöret / und was dieses renthe / kan nichts
gewisses sagen / wiewohlen mir gesagt worden / daß zu 2. Morgen ohngefähr 12. Mackal Saamen
erfordert werde / und bey jedem Schnitt / einen in den andern gerechnet / ohngefähr 40. parra,
jeder von ??? Mackal Blättern / bey mittelbahrem Gewächs solle geerndet werden. Allein wie
gesagt / kan solches nicht gewiß versichern / weilen man auf die Worte dieser Einwohner / auch
ausser ihrem interesse, nicht viel geben kan / man sehe dann / daß verschiedene Personen in der
Antwort accordiren.
XXVI.
Bericht
Wie der gute und unverfälschte Indigo in den obbenamten Quartiren gemacht werde?
Wann die Blätter auf diejenige Manier / wie zuvor gesagt worden / zubereitet sind / so werden
sie / um den Indigo darauß zu bringen / an einen Brunnen oder Bach getragen / ohne daß man
unter einem oder dem andern ein Unterscheid mache: gleichwie auch nichts daran gelegen ist / ob
das Wasser gantz süß oder saltzicht sey / wann es nur klar / hell und nicht trüb ist. Hierbey
müssen dann auch zur Gereitschafft einige niedrige und weit-mündige Töpffe / ohngefähr ein
Schuh hoch und oben am Mund 1½???. Schuh breit / parat siehen / deren ein jeder ohngefähr drey
Parren Wasser halte / welche darzu dienen / daß man die Blätter darein weichen könne; gleichwie
auch so viel hohe und mit einem engen Mund begabte Töpffgen / so etwa 7. biß 8. Parren halten /
und ohngefähr drey Schuh hoch sind / und sich von unten biß ungefähr drey Viertel von der Höhe
verweitern / und sich alsdann in den engen Mund (der etwa im Diameter oder Durchschnitt ein Fuß
weit ist) endigen / dadey stehen sollen / um das Indigo-Wasser darein zu thun / solches
darinnen zu schlagen und umzurühren / auch von dem Indigo zu scheiden / welche wir künfftig die
Versam̅lungs-Töpffen heissen werden.
Die obbemeldte nidrige und weit-mündige Häfen stehen ohngefehr ???2/3. mit Wasser angefüllt /
worinnen die zuvor praeparirte Blätter / ohngefehr 24. Pfund in jeden / geschmissen werden /
und nachdem diese im Wasser erst wohl umgerühret worden / lässet man alles von 10. Uhr
Vormittags / biß ohngefehr 1. Uhr Nachmittag in der grösten Hitze von der Sonnen stehen /
weßwegen ein clarer und heller Tag darzu erfordert und erkohren wird. Innerhalb dieser 4.
Stunden fangen die Blätter an zu schwellen / und [93] allgemach eine
schleimichte Substanz, wie femenrirende Häfe auffzuwerffen / welche endlich gantz Purpur-achtig
wird / und eine Anzeig gibt / daß die Blätter lang gnug in der Einweichung gestanden haben.
Hierauf nun spannen sie ein dicht Tuch über den Mund / der vorbemeldten Versam̅lungs / Töpffen / welches sie fest darum anbinden / und schöpffen mit einem andern
eng-mündigem irrdinnen Topff / auß den bemeldten Einweich-Töpffen erstlich all das wässerichte
von dem Eingeweichten / nachdem dieses zuvor wohl untereinander gerühret worden / ab / giessen
es durch das Tuch in die Versammlungs-Töpffe / und drucken hernach die geweichte Blätter mit
den beyden Händen über dem Tuch auß / schmeissen die Blätter wider in die Einweich-Töpffen /
giessen von neuem Wasser darüber / rühren alles wohl um / schöpffen das Wasser wider in die
Versammlungs-Töpffen / und pressen die Blätter / wie zuvor / nochmahlen mit den Händen auß /
deren Gafft bey das ander versammlete Indigo-Wasser geschüttet wird.
Wann dieses geschehen / so thun sie die also außgemergelte Blätter wider in die bemeldte
Einweich-Töpffen / nehmen zugleich die obbeschriebene Schöpff-Häfen / und stürtzen sie in die
jetzt-besagte Einweich-Töpffen auf den Boden / daß sie rund um mit den außgepreßten Blättern
bedeckt / und darinnen gleichsam begraben sind. Nachmahlen giessen sie wieder so lang frisch
Wasser darüber / biß daß diese Schöpffer oder Schöpff Häfen wieder in die Höhe kommen / und
gleichsam schwimmen / da sie das Wasser / so durch die Blätter gedrungen / wieder ab und in die
Verjammlungs-Töpffen / auf eben die Weiß / wie zuvor / giessen und continuiren so lang damit /
biß daß sich nichts grünes mehr in dem Wasser zeiget: da alsdann diese Blätter weggeschmissen
werdë / welche sehr gut seyn sollen / die Reiß- und Naatsiener Felder damit zu düngen.
Hierauf wird jeder Versammlungs-Topff von jedem Einweich-Hafen abgesondert / und binden das
Tuch von dem Mund der erst-benahmten ab / da man auf diesem Wasser einen gantz
Purpur-farbichten Schaum schwimmen sihet / und ist der Rest grün. Dieses Wasser oder Tinctur
schlagen sie nachmahlen also durcheinander / wie man die Milch in den Butter-Fässern schläget /
da es erstlich einen dergl. hell-purpurichten Schaum außwirffl / welcher je länger / je weisser
wird / biß daß derselbe endlich eine blaue Coleur annimmt / und das Indigo-Wasser sich gantz
schwartz bezeiget.
Wann nun alles gnug durcheinander geschlagen ist / lassen sie es ein oder zwey Stunde stehen
/ um dann ein / zwey biß dreymahlen mit dem Stösel oder Karnstock umgerührt zu werden. Worauf
sie diesen Topff wieder mit einer Decke zudecken und still lassen stehen / daß sich das Trübe
und Erdichte (so eigentlich der Indigo ist) zu Boden setze / und sich von dem Wasser scheide.
Der jetzt-bemeldte und so genannte Karnstock oder Schlagholtz / wormit das Wasser
durcheinander geschlagenwird / ist ein Stück von einem Bamboes Ried / so ohngefehr die Dicke
eines Kinds-Arms hat / welches an einem Ende aufgespalten wird / und stecken sie in den Spalt
einen runden Teller / so etwa ¾. Fuß im diameter hat / machen es fest an / und dienet alsdann
das andere Ende an dem Bamboes zur Handhabe.
Des andern Tags / ohngefehr um 8. oder 9. Uhr / zapffen sie die Brühe durch das Canälgen oder
Krängen ab / so etwa einer Hand breit hoch über dem Boden der Versammlungs-Häfen geboret und
gemachet ist / und lassen all das Dünne von diesem liquore außlauffen / welches röthlicht
außsihet / inwendig aber treibet in dem Hafen auf dem Wasser ein purpurichter Schaum / dergl.
auch oben auf diesem Wasser auch einige rothe und gelbe Flammen gespüret werden / absonderlich
/ wann man zusehr ins Wasser schmeisset.
Dieser Schaum / wann alles Dünne abgezapffet ist / wird mit der Hand gebrochen / und mit dem
übrigen Trüben wohl vereiniget und incorporiret. Diese Grund-Suppe oder Sediment, nachdem alles
wässerichte davon abgelauffen / wird in dem Hafen zwey- oder dreymahl durcheinander gekneten /
und alsdann in einen Hand-Hafen gethan / worinn es bey ein Bette von trucknem Sand gebracht
wird / darinnen ein oder 2. Stund zuvor / bey der gröften Sonnen-Hitz / eine gleichförmige
Höhle in der Mitten / so etwa einer Hand breit hoch ist / gemachet worden. Diese Höhle wird
inwendig mit einem Tuch beleget / welches etwas naß gemachet seyn muß / daß es überall in der
Höhle gleich liege / und alle Theile derselben den Sand in dieser Höhle berühren können
Hierinnen wird alsdann das vorgemeldte Trübe von dem Indigo auß dem Nap / wofür eine Hand
gehalten wird / gemach gethan / daß es auf das Tuch lauffe / durch welches allein einige
Wasserichkeit durchpassiret: das übrige aber welches drinnen restiret / wird durch die Hitze
und Treugheit des Sandes zur Stund geronnen / und etwas erhartet / auch also von fernerm durch
fliessen abgehalten; wie dann auch oden sich ein Häutgen setzet / welches einen purpurichten
Glantz von sich gibt. Dieses lässet man also ohngefehr zwey Stunde stehen / biß daß diese
Substanz durch die Hitze von der Sonn in Spalten auffspringet / da alsdann der Indigo die
Consistenz eines Kuchens hat / so eben in der Pfannen angesetzet ist. Hierauf hebet man das
Tuch an allen Ecken auf / un̅ lässet den Kuchen in dem Tuch doppelt zusammen
fallen / welchen man ferner mit der Hand von einander bricht / und in einen Hafen thut / auch
das übrige / so noch an dem Tuch hangen blieben / milden Fingern / so etwas naß gemacht werden
/ abklaubet / und mit dem vorigen zusammen knetet / wodurch es wieder etwas weicher worden.
Diese Mass wird nach [94] mahlen entweder auf einem Bette von Aschen
/ oder auf einem platten Stein / so mit Tuch beleget ist / zu Küchlein / so ohngefehr ???2½.
Zoll im Diameter haben / und oben kurtz und dick zulauffen / mit den Händen formiret / welche
biß Nachmittag um 4. Uhr (da die Hitze meist gebrochen ist) in die Sonne gesetzet / nachmahlen
aber in das Hauß gethan werden. Des andern Tags werden sie bey hellem Wetter abermahlen von
Morgends 9. Uhren biß ¾. von dem Tag zum andernmahl in die Sonn zum trucknen gestellt / welches
auch den dritten Tag / und zuweilen auch noch einen Tag länger auf eben solche Weise observiret
wird / biß daß sie trucken gnug worden sind; da alsdann der Indigo gantz fertig und vollkommen
ist.
Was die Quanticät von dem Indigo, welche die obbemeldte Blätter geben können / anlanget / so
hab ich soviel auß der Erfahrung / daß dieselbige nur ohngefehr den ???. oder ???1/35. Theil
Indigo geben / welches / wie es scheinet / wohl etwas mehr seyn müßte / auch wohl könnte / wann
das Gewächs gleich im Anfang guten Regen bekommt / und die Blätter dicker und fetter werden /
als ich sie gesehen hab.
Die rechte Prob des Indigo
Bestehet in 3. Stücken: 1. Lege ihn auff Wasser / und wann der Indigo gut ist / muß er
schwimmen.
2. Brenne denselben zu Aschen / und fühle ob Sand darunter seye oder nicht?
3. Schneid ihn mit einem Messer / und reibe ihn mit den Nägeln an der Hand / sihet es dann
gantz kupffericht auß / so ist er gut.
XXVII.
Beschreibung
Der
TUBAE BACCIFERAE
Vnd der
COCCEL-Körner /
Auf des Herrn Rumphii Ambonischen Kräuter-Buch Lib. 7. cap. 18.
DIe TUBA BACCIFERA ist ein grosse wilde Reben / welche in den Apothecken Cocculi Indi:
Maleyisch Tuba Bidii: Ambonesisch Tuha und Tuhe, und absonderlich diese Sorte Tuha Tuni
genennet wird / indem Tuba im Maleyischen allerhand Sachen / als Saamen / Früchte und Blätter /
wormit man Fische oder Vögel vergibt / bedeutet. Die Tarnatanen heissen sie eigentlich Bori,
gleichwie die im vorhergehenden 49. Cap. des 6. Buchs Borriro benahmset wird / und heissen
diese Wörter Bori oder Boruro solche Dinge bey ihnen / welche ein starckes Erbrechen
verursachen. In Banda nen̅et man diß Gewächs auch Tube oder Tuhe, und auf Java B.
Oproôn: auf Calisch Boriproon.
Diese Rebe ist gemeiniglich eines Arms dick / zuweilen auch so dick wie ein Bein / mit sehr
vielen Nebenschößlen / und einer sehr rauhen Schale. Die Neben-Zweigen oder Reben endigen sich
in steiffe Fäserlein / so sich um andere Zweige fest anhangen / an welchen die Blätter meistens
in Reyhen gegen einander / doch verwechselt und emtzel stehen / welche groß und steiff wie
Pergament / Hertz förmig / mit einer stumpffen Spitz / einer Hand oder Spann lang / 9. Finger
breit / oben hoch grün / unten hoch gelb und etwas wollicht sind. Sie stehen auf langen
steiffen Stielen / so bey ihrem Ursprung eine Biege haben / wodurch die meiste Blätter
hinterwers gebogen stehen. An den dicken Aesten wachsen lange Büschlein / wohl 1½???. Schuh
lang / und in verschiedene kurtze Zweige zertheilet / daran man im Anfang weisse Knöpffger /
wie Spennadel-Köpff sihet / welche bey ihrer Oeffnung einige Blümlein / so in ??? weißlichte
Blätter vertheilet / und hinterwerts umgebogen sind / zeigen / welche in der Mitten ein
Knöpffgen haben / worauf 3. biß 4. Sand-Körnlein stehen / worauß die Früchte entstehen.
Die Blüht ist von einem faulichten Geruch / gleich der Phallus Daemonum. Hierauf folgen viele
Früchten / Trauben-weisse bey einander Hangende / etwas kleiner / dann Trauben / so lange Zeit
weiß / darnach roth / am letzten purpurfarbicht und etwas schwartzlicht außsehen: und stehen
derselben insgemein 2. 3. selten 4. bey einander auf einem grauen Füßgen / welches dick /
pyramidal und runtzelicht ist. Unter dem äussersten weichen Fleisch findet man einen Kern / in
der grösse eines Kirsch-Kerns oder etwas grösser / so runtzelicht / und gleichsam veramallirt
ist / [95] und auß einer harten Schal / die sich doch leicht brechen läßt /
und auf der einen Seite eine Oeffnung hat / bestehet / worinnen ein weisses Marck / welches
sich in zwey Theil zerlegen lässet.
Das Holtz an der Wied ist zeh und schwammicht / so an den Reben fast unverbrechlich ist /
riechet und schmecket / wie die geriebene Körner / und ist derowegen unlieblich und eckelich.
Es wächset dieses Gewächs obnfern des Meer-Ufers / da es steinicht ist / und grosse Klippen
stehen / mit hohen Bäumen beschattet. In Amboina findet man dessen wenig / mehr aber auf klein
Ceran / um die Gegend Coinbello und alt Loehol / allwo ich Seilen gesehen hab / so dicker waren
als ein Bein / und den Bäumen hinauf lieffen worvon die Frucht-tragende Püschlein der Länge
nach herunter hiengen. Es wächset auch auf der Bandasischë Insul Lonthoir, aber das meiste hat
man auf Celebes, als der Mutter aller gifftigen Dingen / absonderlich in den Provintzien / so
längst der Boegissen Höhe gelegen sind.
Den Sebrauch anlangend / so werden die Körner allein von diesem Kraut gesuchet / die Fische
damit zu tödten. Man nimmt die Körner sowohl mit als ohne dem äussersten Fleisch / entweder
frisch oder aufgedörret / reibt dieselbe mit den kleinen Krebslein oder Cancellis, Coeman
gegenannt / welche sich in den verlassenen Muschelln und Schnecken-Häußlein auffhalten (einige
thun auch ein Glundergen Menschen-Koht darzu) machet Pillen in der Grösse eines Kirschen-Kerns
darauß / wirfft solche in das Wasser / es seye gleich Süß- oder Saltz-Wasser / doch mehr in
Teichen von stehendem See-Wasser: worauf die Fische gleich darauf zu kommen / und alle
diejenige die darvon essen / werden entweder sterben oder daumelend oben schwimmen / daß man
sie gemächlich fangen kan / und sind nicht destoweniger unschädlich zu essen / indem alle
Sorten von der Tuba kein tödtlich Gifft abgeben / sondern nur eine Daumelung in den schwachen
Nerven der Fischen und Vögeln verursachen. Ja ich glaube / daß / wann man diese tolle und
daumelende Gäste alsobald wieder in frisches Wasser schmeissen solte / sie wieder zu sich
selbsten kommen würden. So fangen auch die Inwohner der Papoesen Insuln die Paradis-Vögel /
Soffu genannt / welche kleiner und schlechter an der Farb sind / als die Aruanische. Diese
Vögel stiegen mit Trouppen / und kommen jährlich auf ihre bestimmte Zeit in die Papoesische
Insulen / und auf das Suder Theil Gilola / Weda genan̅t geflogen / und suchen
ihren Tranck in den Krufften der hohen Bäumen / da sich das Regen-Wasser fänget / wohin sie
einen auß ihnen allen hinsenden / um die Prob zu hohlen; wann nun derselbe wieder zurück kehret
/ und etwas antrifft / beweget er die andere alle darauß zu trincken: unterdessen aber glättern
die Papouwen fertig auf die Bäume / und vergifften das Wasser mit den geriebenen Körner. Wann
nun die Vögel darauß trincken / so werden sie alle daumelend / fallen zur Erde / daß man sie
leichtlich fangen kan.
Die Macassani und Boegys führen diese Körner noch weiß und unzeitig abgeplöckt / und in dem
Rauch gedörret bey sich / wann sie zur See nach frembden Landen fahren / um geschwind Fische
damit zu fangen / wo sie essen wollen.
Dieses Gewächs findet sich auch auf Ceylon und Malabar / allwo die Einwohner die wilde Kühe
und Böcke damit zu fangen wissen / wann sie nehmlich die gestossene Körner auf die Jacas und
Soorsacken Früchte schmieren / da sie dieselbe auffschneiden / und die Körner auf das Fleisch
reiben / wornach die Kühe sehr begierig thun / und nachmahlen davon daumelen / daß man sie ohne
grosse Mühe fangen oder schiessen kan.
XXVIII.
Bericht
Von dem GANITER.
Aus des
Hn. RUMPHII Ambonischen Kräuter-Buch /
Lib 5. Cap. 16.
GANITRUS ist auch einer von den höhesten Wald-Bäumen / und heisset auff Maleyisch / Javanisch
und Balierisch Ganitri und Ganiter: welcher Nahm durch gantz Indien bekandt ist. Auff Coelebes
dey den Boegischen Völckern wird er Boa Sinia: Auff Ambonesisch Aymanu. Das ist / Vogel-Baum
genennet / dieweilen die grosse Vögel / als Jahr-Vögel und Fledermäuse dessen Früchte gern
essen. Andere heissen ihn Annale, das ist / den Jahr-Baum / weilen die Amboneser glaubë / daß
die Hunde jährlich in demjenigen Hauß sterben sollen / worinne das Holtz gebrandt wird.
|| [96]
Seine Dicke ist nach Advenant, und ist nicht allemahl strack / sondern bißweilen gekrümmet /
auch bißweilen so dick / daß ihn 2. Männer kaum umfassen können / welcher doch mit keinem
breiten Laub versehen ist / dieweilen die Haupt-Zweigen meistens in die Höhe stehen / und in
lange zarte Gerten vertheilet sind. Hieran stehen die Blätter einfach / etliche in Reyhen gegen
einander: etliche verwirret / und gleichen beynah dem Kirschen-Laub / oder dem vorhergehenden
Leha / doch länger / nehmlich biß 7. Zoll lang und 2. breit / an dem Rand so dunckel und nett
gezacket / daß man es kaum erkennen kan / und solches meistens fornen zu / im übrigen aber
glatt / mit subtilen Ripplein / und kurtzen Stielen / so hinten auß schmal sind. Die
Abgefallene werden so roth / wie ein gesottener Krebse / ja viele die noch an dem Baum sind /
werden ohngefehr um die Zeit / wann die Früchte reist sind / auch so roth / woran man den Baum
von fornen erkennen kan / zumahlen er sein Laubwerck oben mehr außstrecket: Das Holtz ist
bleichweiß / poros und doch hart und schwer. Die Rinde ist oben / und wann man darein schneidt
gelbicht.
Die Blüth kommt hinter den Blättern herfür / welche alsdann etwas kurtzer sind / und dicht
auf einander am äussersten der Zweigen sitzen. Diese Blumen-Sträußger sind eintzele Stielger /
3. 4. biß 5. hinter den Blättern an den Reißger / wie an den uvulis ursinis, Holländisch
aalbesien genannt. Jedes Blümgen steht auf einem besonderen länglichtem Stielgen / kaum eines
Nagels an Finger lang / auß sünff weissen und spitzgen Blättlein bestehend / die sich nicht
bargegen öffnen.
In denselben stehen 5. andere / die sich oben in viele Fäserlein zertheilen / und das übrige
inwarts zu ist / mit einem Pentzel von dergleichen Fäserlein außgefüllet. So bald dieses Blüth
einen halben Tag abgebrochen ist / so wird es rothlicht und fällt das gantze Blümlein ab / ein
Knöpgen auf einem Stiel zurück lassend / auf welchen, die Frucht hervor kommet; zu welcher Zeit
die Blätter dicht hinter einander an dem äussersten Theil der Reißger stehen / ein lang
Spitzgen vorauß schiessend / gleich als an der Varinga zu sehen.
Die Früchte hangen liederlich an einem dün̅en und langen Stiel / welches recht
runde Kügelein sind / etwas grösser als ein Musqueten-Kugel / im Anfang Graß-grün / darnach
blau / doch etwas von Purpur-Farb untermenget: außwendig wohl eben / aber mit rauhen Placken
und offt mit kleinen Aederlein versehen / in deren Mitte ein grosser runder Stein / mit wenig
Fleisch / so grün ist / umgeben / welches doch safftig und gnastericht / als wann es sandicht
wäre / und am Geschmack etwas herb ist / wiewohlen sie etwas weinächtig sind / wann sie recht
reiff werden und abgefallen / da sie gut zu essen sind. Der Stein darinnen ist zwar hart / kan
aber doch in 4. oder 5. Theile getheilet werden / und hat mitten ein Gänglein / so beynahe
durchgehet / überall mit vielen kleinen Grüblein durchlauffen / als wann er von den Würmen
durchfressen wäre / welches ihm doch ein schön Ansehen macht / daß man fast sagen solte / es
wäre durch Kunst also gegraben. Sie sind von unterschiedlicher Grösse / indem die Grösseste wie
eine gemeine Musqueten-Kugel / meistentheils rund / einige wie eine Birn formiret sind: die
Mittel-Gattung wie eine Pistohl-Kugel / und die kleineste wie ein graue Erbs / welche alle auf
einem Baum untereinander wachsen. Doch findet man eine Sorte / so durchgehends kleine Körner
träget / deren Blätter hergegen grösser sind / als an dem gemeinen / nehmlich 9. biß 10. Zoll
lang und 3½???. breit. So gibt es auch noch ein dritte Sorte / wiewohl sehr rar in Amboina /
welche noch kleinere Steine / als die vorgemelte Sorte träget / nicht viel grösser / als eine
gemeine Erbse / an den Seiten etwas platt und mit Grüblein sehr artig außgehöhlet / welche auch
die kostbareste unter allen sind / und in Alt-Indien eine gute Kauffmannschafft abgeben.
Sonsten kan man die obgemeldte 5. Fugen von aussen an dem Stein fast gar nicht sehen; so bald
man aber ein wenig daran zubohren anfänget / so fallen sie leichtlich voneinander. Die kleine
aber sind viel härter / und können das bohren wohl vertragen. Das groß Geschlecht lieget
überall in den Wäldern unter den Bäumen / und wann das äusserste Fleisch dar von ist / sind sie
grau und nichts geachtet: diejenige aber / welche von dem Rind-Vieh oder Vögeln gefressen / und
wider durch den Stuhlgang außgeworffen werden / sehen bräunlicht auß / und je bräuner diese
Körner sind / je besser sind sie / werden auch höher gehalten / und kan man ihnen solche Farb
in etwas zu wegen bringen / wann man sie in Meer-Wasser weichet.
Diese Früchte werden im Junio und Julio reiff / und gegen den October findet man sie unter
den Bäumen liegen.
Die grosse und mittelbare Ganiters sind in Amboina gemein / doch nirgends / dann im hohen
Wald / unter welchen man zuweilen einige Körnlein von den kleinesten Sortë findet / aber doch
selten. In grösserer Quantität fallen sie auf Celebes im Gebirge. Die Kleineste und Beste
fallen auf dem Dostersen Theil von Java / ohngefehr um die Stadt Balimbangam auf Madura / Byma
und auch wenige auf Boli selbsten.
Den Gebrauch anlangend / so haben die Ambonische Ganiters fast keinen Nutzen / dieweilen sie
zu groß sind / und im Bohren von einander fallen. Die gantze Früchte werden / wie schon gesagt
worden / wann sie noch an den Bäumen hangen / von den grossen Vögeln gefressen: die Abgefallene
aber werden von den Kühen eingeschluckt / in deren Koht man die schön gemachte findet. Die
Kleine hergegen sind ein gute und theure Kauffmannschafft / um in All-Indien an die Benjanen
und Braminen zu verkauffen / welche nach ihrer Insuln Gewohnheit diese Körner an Schnüre
gefesselt / an dem [97] Leib tragen / nemlich auf dem einen Schulter und
unter dem andern Arm durchgehend übergezogen. Man kaufft auf Java von den 3. Sorten durch
einander gemenget ein Last vor 60. Rthl. und wann man unter denselben ein oder zwey Hand voll
findt / so egal / klein und schön braun seynd / so kan man dasselbige Geld oder mehr widerum
davor bekommen.
Die reiche Schnüren güldene Corallen darunter / von welchen die Sinesen dieselbige Kimkung
dsi, daß ist: Güldene Hertz-Körner nennen.
XXXIX
Beschreibung
Des BENZOIN - Baums
Auß
Dem Rapport von dem Zustand des Barosen - Districts / so Herr Arent Sylvius, gewesener
Haupt-Resident allda / mitgetheilet hat.
DEr Bentzoin-Baum wird meistens von seinen Früchten gepflantzt / wiewohlen er sich durch
seine abgefallene Früchten selbsten auch vermehret / doch mit diesem Unterscheid / daß das
Gummi von dem letzten gantz wilder und sehr strenger Art ist. Die Einwohner der Deirischen
Landschafft haben deßwegen im Gebrauch 6. biß 7. solcher Baum gärten zu unterhalten / und wann
die älteste ihre Gummi außgegeben haben / werden sie außgerottet und von neuem besetzt / alles
mit solchen Ordres, daß unter gedachten Baum-gärten oder Plantagien / die Alte von den Neuesten
6. biß 7. abweichen und differiren / umb jährlich das Gummi einsamblen zu können / und kein
Gebrech von den Plantagien und deren Einkommen zu haben / biß die andere reif werden / und in
dem Standt seyn ihr Gummi zu schwitzen.
Wann nun dieser Baum gepflantzt worden / so schiesset er recht auf und ziemlich hoch an einem
eintzelen Stamm / an der Rinde und den Blättern / wie das Bäumgen / so Mssr. mit gebrachthabe /
nemlich an der Rinde oder Schal außwendig aschfarbigt / von innen aber grün und auf dem Stamm
gelb: doch siebet man daß seine grüne Farb durch das Alter sich in roth oder wohl Purpur-farbe
verändere.
Die Blätter sind länglicht / von gemeiner Grösse / und wann sie gedörret sind / sehr mürb /
inwendig bleich - grün / und außwendig weiß asch-farbicht und rauchicht / wie das Holländische
Weiden-Blat anzusehen / ohne Geruch.
Gedachter Baum / welcher nach der Bartaasen Bericht / entweder gar nicht oder doch sehr
selten durch das lange Wachsen eines Mannes-Dicke bekom̅et / trägt eine Menge
Nüßger / mit einem Bolster oder Lauff wie die Welsche Nusse umbgeben / doch nicht so dick noch
so groß / sondern platt-rund von Ansehen / rauchicht / weiß oder asch - farbicht und inwendig
grün; und wann solche äusserliche Halffe abgethan wird / zeiget sich ein platt-achtig Nüßgen /
so die Frucht ist / dessen Schal dünner und mürber ist / als ein Haselnuß / von Ansehen
grau-achtig / und wann es noch frisch ist / hat es ein bitterichten / gantz unschmacklichen und
bleich-grünen oder weißlichen Kern in sich / so mit einem rothen und runtzlichen Häutgen
umbgeben ist. Wann dieser Kern truckener und älter wird / so ist er gantz öhlicht.
Nachdem dieser Baum 5. oder 6. Jahr alt worden / machet man mit einem Messer oben an dem
Stamm / unter dessen Cron recht auff und niederfahrend / verschiedene Ritz und Oeffnungen /
worauß die Natur das so sehr verlangte und wohl-riechende Gummi Bentzoin Thränen machet / nicht
anderst / als man bey Zerquetschung anderer Bäum auch in acht nehmen kan. Solches ist
anfänglich gantz dünn / leimicht und durchscheinend / gerinnet aber mit der Zeil mehr und mehr
/ da es dan̅ von der Rind und dem Baum abgesondert wird / und ist dieser Baum /
nach der Einwohner Gestendnus / ein sehr reicher Baum / so wohl ein Catti, so 3. lb. Wollanisch
machet / geben kan. Sobald aber das Gummi alle davon abgeschabet worden / wird der Baum
abgehawen / umb den jungen Pflantzen Platz zumachen / und lässet nichts / als ein weiß /
frisches und zu Bau-Werck oder dergleichen gantz untüchtiges Holtz zurück.
Indessrn scheinet / daß die Surkamsische und Korlangische Sorte von Bentzoin / welche länger
an dem Baum gelassen und 2. biß 3. mahl eingesamlet wird / in Ansehen der durchscheinenden
Dünnheit / durch die Lufft und Sonn viel von seinem zierlichen Ansehen verliehret / in dem es
schon dicker / viel brauner und unansehnlicher / als das Deirische gemacht wird.
Sonsten glaubt man unter dieser Land-Art daß gedachte Bäume ausser ihrem Territorio kein
Gummi geben können: Welches wir auch in Ansehen der besondern Art Erde / so in dem District mit
vielen weißlichten und wie grober erystalliner Sand anzusehender Materie vermenget ist / nicht
ohne Grund zu seyn erachten. Worbey zu ferner Speculation noch dieses in Consideration kommen
kann / daß der Bentzoin-Baum in der Negory, Bacos wohl wächset / aber nicht das geringste Hartz
oder Gummi von sich gibt. Gleichwie hergegen der Cocos-Baum / so auff Baros ziemlich wohl
wächset / seine Früchte in dem Battasischen Gebürg gäntzlich corrigirt.
|| [98]
XXX.
Beschreibung
Des CAMPHER - Baumes /
Auß
Hn. Arent Sylvìi Rapport.
DEr Campher-Baum wächset in unterschiedlichen Wäldern / ohne einig menschliche Vorsorg / von
sich selbsten / wild / zu einem gantz hohen und schweren Baum / bestehend aus einem eintzeln
recht aufstehenden Stamm / welcher gut Zimmer-Holtz gibt: Hat sehr wenige oder fast gar keine
schwere / sondern gantz leichte Aeste an seinem hohen Laub - Gesträuch / wormit er nicht nach
Proportion des Stammes versehen ist.
Die Blätter sind länglicht und oval rund / so ein lang außgestreckt Spitzgen haben / an Färb
dunckel grün / und wann sie dürr sind / hart und zähe / samt einigem Campher-Beruch: welches
allein von dem Bacosischen Campher-Baum zu verstehen / indem die Blätter an dem Javanischen
viel anderst formiret / auch grösser sind / wie aus der 7. Kupfter- Taffel oder TAB. VII. zu
ersehen ist.
Die Rinde ist nach Proportion des Baums fein und röthlicht anzusehen / welche durch das Alter
und Dicke des Baums / auch offt mit dem innern bast / mit gantzen Schalen abfället: woran
gedachter Baum auch zum Theil von andern Bäumen unterschieden werden kann; worbey er auch oben
hohe aufgehende Wurtzeln hat / so sich die meiste Zeit / ohngefähr eines Mannes hoch über der
Erde zu einem festen Stamm versam̅len.
Seine Früchte welche man wegen der unerreichlichen Höhe des Baums selten bekommet / gleichen
eher einer Blum / als einer Frucht / indem, sie mit verschiedenen länglichten und dicken
Blättlein / von unterschiedlichen Farben / und hauptsächlich roth / purpur / gelb und grünlicht
/ welche die Frucht auf die Art der Holländischen Haselnüß / umhälsen / zierlich versehen sind;
wiewohlen die Campher - Frucht nicht wie die Hasenüsse / mit harten Schalen bewaffnet / noch
weniger mit dem überzogenen Blätgen / auch nicht mit scharffen / sondern runden Spitzen /
welche sich oben an der Frucht als Tulipanen öffnen / versehen ist; und ist diese Frucht /
(welche den Blättern gleich einigen Campher - Geschmack hat) nicht allein gut zur Artzney /
sondern auch bequem zu essen / gleichwie ich dieselbe vor ungefähr zwey oder drey Jahren / so
wol grün als eingemacht / zu essen dienlich / und nicht ungeschmackt befunden hab. Daß wir aber
solche Msscr. jetzo in der That selbsten nicht zeigen können / ist so wohl der Unsicherheit der
Wälder als dem Verlauff der besten Zeit zuzuschreiben.
Wann dieser Baum groß und dick ist / gibt er / wie der Benzoin-Baum / sein Gummi nicht von
sich. Inwendig aber um das Hertz gibt es von unten biß oben natürliche Risse / in welchen der
eigene Safft des Baums sich zu sammlen scheinet / oder hangen sich da einige subtile Theilgen
an / welche mit der Zeit gerinnen und zu Schiefergens werden / so sich an das Holtz setzen und
nach und nach / mehr und mehr in der Dicke zu nehmen / nachdem der Baum mächtig ist / viel
zugeben und die Oeffnung zu lassen will.
Diejenige nun / so ihr Werck von der Campher Vorsorg machen / pflegen solche Bäume / wann sie
durch gewisse äusserliche Zeichen davor halten / daß sie reich von diejem köstlichen Rauchwerck
seyen / nieder zu hauen / von dem Laub / Rinde und äusserm Holtz biß auf das Hertz / nahe bey
die Oeffnungen und Ritze zu entblössen / und das überbliebene / so das Hertz ist / zu zerhacken
/ und zu zerklopffen / da sich dann der Campher / als in seinen Adern sehr artlich und
wunderlich zeiget / welchen sie alsdann mit Instrumentlein wissen von dem Holtz zu heben und
abzukratzen: Wordurch sie endlich / nach vorhergehender Säuberung des abgeschabten Camphers /
vor alle ihre Arbeit und gehabte Mühe / 1. 1½. 2½. biß 3. Pf. Campher / so ein Catti Baros ist
(über welche Quantitat / nach ihrem Vorgeben / sie gar selten kommen) erlangen / worvon sie
ordinaire den 20. ten Pfenning bezahlen / und alsdann davon völlige Besitzer sind.
Hier ist aber zu mercken / daß weilen durch das Klopffen vorgemeldten Holtzes dieses
Rauchwerck viel Lufft gefangen / solches binnen fünff biß sechs Wochen gäntzlich wegfliege /
und nichts als das Holtz / mit sehr wenig Geruch zurück lasse / wie solches durch Untersuchung
an dergleichen auf Poulo Mouselaer abgehauen und geklopfft Stücker Campher-Holtz war befunden
worden. Wie dann auch das Campher-Oehle / so eigentlich der wesentliche Safft des Baums ist /
und / wie wir berichtet worden / durch die gemachte Oeffnung und Höhlen aus dem Baum tropffet
und aufgefangen wird / auch von so subtilen Partien ist / daß ein Papierchen mit dieser
Fettigkeit angefeuchtet und angezündet / eine ungemein geschwind-lauffende Flamme gibt / biß
das Oehl gantz verflogen ist / welches aller Orten zu aller Zeit kan probiret werden.
Poulo Chinco den 2. Octobr. 1680.
|| [99]
XXXI.
EXTRACT
Auß
Herrn D. Engelberti Kempferi Gradual Disputation
Von dem
DSJERENANG oder Drachen-Blut /
so auß den Früchten deß Palmi - junci gezogen wird.
Bleichwie der Bezoar-Stein auß verschiedenen Thieren erlanget wird; also findet man auch
einige Hartz und Gummata, welche aus vielerley Kräuter herrühren / wie an dem Terpentim,
Bdellio, Tragant, natürl. Firnus, und hauptsächlich an dem SANGUIS DRACONIS, oder Drachen-Blut
zu ersehen ist / dessen man zweyerley Sorten bey denen Apotheckern findet; Eine in dicken
Massen / die man so wol auß America als Orient bringet: Die andere aber in blätterichten
Folliculis, welche aus Ost-Indien in Europa gebracht wird.
Die erfte??? Art Sang. Draconis rühret nach des Clusii Bericht / aus einem Baum Draco genannt
/ her: welche doch nach der Araber und vieler Persianen beständigen Meynung aus dem Baum des
rothen Sandel-Holtzes fliessen soll; zu welcher Meynung ihnen ohne Zweiffel Anlaß gegeben
worden / weilen dieses Hartz nicht allein an der Farb / sondern auch an den Kräfften und der
Prob mit dem rothen Sandel überein kommet / ja aus einem Land / nemlich aus Cholomandel,
Madagascar und AEthiopien gebracht. Hierzu kan man auch noch dieses melden / daß eben das Wort
Chuni Sengijoon oder Sangibarensis sanguis, wie das Drachen-Blut von einer Gräntze in Africa
von den Persern genennet wird / von den andern Gangetischen Heyden auch dem rothen Sandel-Holtz
beygeleget werde / welche sie in der gemeinen Decanischen Sprache: Reker Tsjandam: in der
Gelährten Samscretischen Sprache der Braminen Rakta Tsjandronan, das ist: Sanguis Tsjandonum,
oder wie man es im Lateinischen außspricht / Sandalum oder Santalum nennen; gleichwie es dann
auch bey denselben zu weilen Rakta Tsjandonam Sang-ghi, das ist: Sanguinis Sandalum AEthiopicum
heisset, Andere wollen eben diese Art Drachen-Bluts von andern Bäumen herleiten.
Von der zweyten Sort des Drachen-Bluts ist mir bewust / daß es von den Malaiern und Javanen
auß den Früchten oder Zirbelnüßlein eines gantz stachelichten Baums also zubereiter werde: Sie
legen bemeldte Früchte auf ein Röftlein / welches in ein groß irdinnes Gefäß / mit Wasser halb
angefüllet und etwas zugedecket wird: Nachmahlen wird das Gefäß aus Kohlen gestellet / da
alsdan̅ die rothe Blut-Tinctur / welche in den aufgeschnittenen Früchten sonsten
nicht gesehen wird / vermittelst des Dampffs vom heissen Wasser / herauß schwitzet / und sich
an die schuppichte Strobilen hanget / welche nachmahlen abgewischet und in Rohr-Blätter
gebunden wird.
Hier ist zu wissen / daß man in Indien sehr viele Arten Rohres (Rotan und Cambu) finde /
worunter die Malajer und Javanen auch vielerley wilde Palmen zihlen / welche in den Hecken und
Sträuchen / worinnen sich die Tyger und andere wilde Thiere aufhalten / verborgen stecken /
deren 3. mit Dornen versehen seynd / nemlich: Rotan Salag, Gelay und Dsjenerang, welche
letztere wegen des Drachen-Bluts berühmt ist / dessen rechte und natürliche Beschreibung
(wofern der Wegweiser nur die Wörter nicht confundirt hat) diese folgende ist:
ROTAN DSJERENANG ist ein Palmapinus ohngefähr drey Klaffter hoch / welche überall mit
schwartz-braun gräßlichen Dornen / so wenigstens eines Zolles lang sind / umgeben ist. Der
Stamm daran ist vollkommen / gerad / gleich / schmal / weiß-gelb / 3. Klafftern hoch / eines
Menschen-Arms dick und mit Geleichen von mittelmässiger Distanz gezieret / auch mit Stacheln so
sich horizontaliter außbreiten / am untersten Theil dicht besetzet. Der äussere und gröfte
Theil davon bestehet aus den fistulo???en Stützen der Zweigen / so aus den Geleichen schiessen
/ deren unterste immer der öbern Anfang machet / daß man das Gelencke fast nicht sehen kan.
Thut man der Zweigen Tubos oder Röhren hinweg / so siehet man das inner Marck / so außwendig
gläntzet und brauner Coleur, sonsten aber von einer leichten und filiosen substanz ist / welche
oben nach dem Gipffel zu fleischicht / weiß und ungeschmack / doch aber zu essen dienlich ist.
Die Zweige fallen am Stam̅ weit-läufftig und stehen eine Spann weit verworren
durch einander / biß sie oben auß dichter und dicker / wie an allen Palmen / wachsen und eine
Comam machen. Ermeldte Zweigen sind einer Klaffter lang / unten glatt / oben aber / wie die
andere Palmen-Bäume / mit ihren ordentlichen gesetzten spitzen Blätter gezieret: haben auch
eine fibrose und schwam̅ichte Rippe / so rund aber etwas zusammen gedruckt ist /
auch an beyden Seiten / wo die Blätter stehen / mit Caniculis versehen: ist unten bleich-gelb /
oben grünlicht / und hat nicht so viel Stacheln und Dornen / wie der Stam̅ /
welche auch kleiner un̅ auf dem Rücken gedoppelt und wie Hacken gekrüm̅et sind. Die Blätter sind schmal / rohricht un̅ binsicht / schön grün
/ einer ½. Span̅en lang und eines halben Zolles breit / un̅ gehen
in eine lange Spitze auß / sind anbey zart hangend un̅ fornen auch etwas
stachelicht. Sie [100] haben 3. Rippen in sich / Mitten eine grosse und auf
beyden Seiten kleinere / solang hinaus lauffen / dahero die Blätter zum Fallen geneiget sind /
und wann sie verwelcken / zusammen gehen. Die Racemi, so aus den Achseln der Zweigen
entspringen / und von der Natur mit den Früchten schön gezieret sind / bestehen aus
verschiedenen Thyrsis, deren mittelste der grösseste und mit 4. oder 5. kleineren umgeben ist:
welche allein einer doppelten Tunica oder Häutlein / so dünn-braun / Fibros und auch
ftachelicht ist / enthalten sind. Die Früchte hangen an denselbigen / ohne einigen Stiel /
vermittelst eines schüppichten Knöpffleins / welches niemahlen abfället: Sind länglich rund /
grösser als eine Haselnuß / gläntzend / und wie die Thannen-Zäpfflein oben gleichsam mit einem
Pantzer versehen / dergestalten daß die Spitze der öbersten Schuppen der unteren interstitia
gleichsam zu schliessen. Die Schuppen daran sind klein / und sitzen fest an ihrem Knopff / sind
aber doch dünn / braunlich und in einem Triangel außgespitzt / dessen Spitze nur an dem äussern
Theil der Früchten zu sehen sind; wann man solche abgenommen hat / so kommet man auf eine
fleischichte Haut / welche gantz weiß und ein fleischichten Knopff in sich hält / welcher / so
lang er noch unzeitig / bleich-grün / marckicht und safftig ist / einen hültzichten Geschmack
hat / welcher so adstringent und anhaltend ist / daß / so bald man ihn nur mit der Zung
anrühret / der gantze Mund davon erfüllet wird / so aber doch bald wieder vergehet.
Die Figur und Abriß des Zallini oder Trauben-weissen Büschels findet man (wiewohlen nur
verstümmelt) bey dem Bontio unter dem Maleyischen Namen Rotan, des Arundinis caule fareto, oder
des außgefüllten Rohrs (dan̅ ein hohles Rohr bey demselben Bambu heisset) und
wird bey nahe ein gleichmässige bey dem Baulino, unter dem Namen Palma-ping, erwehnt /
wiewohlen beyde den Nutzen und Gebrauch derselben nicht gewust haben. Dergleichen schuppichte
Früchte aber (welche doch nur von den kleinern Ried / so keine deren hat / herrühren) werden im
letzten Theil des Horti Malabarici unter Augen geleget.
XXXII.
Beschreibung
Der von Natur wachsenden Wumien
In Persien / MUMINAHI genannt.
Auß
D. Engelberti Kempferi Observat. Exoticis gezogen / und aus dem Lateinischen in das Teutsche
übersetzet.
WIe köstlich auch der Perser Schatz- und Rarität-Kammern mit ihren einheimischen Türckisen
und Perlen außgezieret prangen / so wird doch denselben in eben diesem Land der so im höhern
Grad genannte Belessoon oder Balsam / wegen seiner unschätzbaren Tugend weit vor gezogen / so
gar / daß er auch insgemein Kodreti, das ist / GOttes Gab / genennet wird.
Es ist aber dieser Balsam ein Succus bituminosus, oder Berglein / welcher aus einem Felsen
dringet / und der Egyptischen Mumien also gleich siehet / daß man ihn auch mit fast gleichem
Namen beleget und MUMINAHI geheissen hat: welche Benen̅ung sie hergegen der
Egyptischen Mumien mißgönnen / und dieselbe Ensani nennen / welches Wort im Arabischen ein von
dem Menschen herrühren des Ding bedeutet / und zugleich aus Wachs oder die gemeine Mumien
zielet.
Daß man aber derselben Beschreibung biß daher nirgends gefunden oder gesehen hat / kom̅et daher / weilen diese natürliche Mumie nur in dem Königlichen Pallast / als ein
grosser Schatz aufgehoben / und allein den Grossen vom Hofe / wann sie etwa auf einer solennen
Jacht mit dem Pferd gestürtzet sind / als ein Königl. Geschenck mit getheilet wird / da alsdann
das überbliebene nach dessen Gebrauch zuweilen / doch gar selten / den Medicis zu Theil wird.
Es sihet diese so kostbare Mumie dem garstigen Schuster - Bech nach ihrer Farb und Consistenz
nicht viel ungleich: lässet sich bey der Wärme wol tractiren / auch nur in Oehl / und nicht im
Wasser erweichen / wird aber doch mit der Zeit so hart und zerbrechlich / wie die Aloe, und
wann man sie von einander bricht / ist sie gläntzend / auch ohne Geruch / es seye dann daß man
sie anstecke / da alsdann ihr Geruch / wie des gemeinen Schweffels / mit etwas Naphtha
temperiret scheinet / und eben nicht unannemlich ist: daß also deren Geruch mit der dürren
Naphtha Asphalto oder der gemeinen Egyptischen Mumien oder auch der schwartzen Ambra sehr
übereinkommet / welche bitumina nach ihrem starcken oder lieblichen Geruch unterschieden sind.
Der Ort / wo man sie findet ist von den Dörffern / Brunnen und andern Zugängen / abgesondert
und lieget in einer Einöde / der Provintz Daraab, ohnfern der Stadt Dara, so vor diesem die
Residenz des Königs Darii, welcher sie gebauet hat / gewesen: allwo sie von den Wänden einer
engen Höhle / so gleich einem Brunnen 2. Klafftern tieff in den Felsen gehet / alle Jahr
abgeschabet wird / und zwar nur in dem hohen Som̅er und in den Hundstagen / da
die Mumia, etwas weich wird und sich von dem rauben Felsen ablösen lässet.
Damit aber bey der Einsammlung dieses Königlichen Balsams / nach Art der Person / nichts [101] an äusserlichem Schein oder auch mehrerem Zeugnüs ichtwas ermangele / so
werden jährlich diese Ceremonien darbey in acht genommen: Es begibt sich der höchste Beampte
über die Provintzen Laar und Daraab / mit den übrigen Königlichen Bedienten beyder
Landschafften / zu der bestimmten Zeit an obbemeldten Orth / besehen und eröffnen die
Pittschafften / wormit das vorige Jahr die Krufft ware zugesiegelt worden: Nachmahlen müssen
20. starcke Persohnen den sehr grossen Stein / so vor den Eingang geweltzet worden / hinweg
schaffen / worvon alsdann einer / das Hartz abzuschaben / eingelassen wird / welcher zu diesem
End einen eisernen Löffel / so mit einem Schnabel oder Sucher versehen ist / bey sich hat / und
damit er in dieser dunckeln Einöde gantz keine Gelegenheit etwas zu rauben oder einzuschlucken
habe / ausser der Scham gantz nackend ist / auch den Mund voll Wassers nehmen muß. Sobald nun
dieser Einsammler hinein kommet / kratzet er alles / was sich das Jahr über allda angesetzet
hat / herunter / welches ohngefehr ein Stund wäret / unter welcher Zeit die übrigen in ihrem
Zelt schmausiren und sich lustig machen. Wann er alsdann auß dem Brunnen hervor gekommen /
überlieffert er die Mumiam / und speyet zugleich das in Mund genommene Wasser in eine silberne
Schale / daß die Beamte erken̅en mögen / ob er irgend an statt des Wassers Urin
in den Mund genom̅en habe: ja sie begreiffë auch seine heimlich Glieder / worauf
er alsdan̅ nach Befinden auß dem Zelt geführet un̅ absolviret wird.
Die Mumia aber wird sobalden beym Feuer zerlassen / damit sich der Sand und Steinlein zu Boden
setzen: worauf der klare Theil in eine darzu gemachte silberne Büchs gegossen wird / welche
gemeiniglich 25. Mescalod??? etwas mehr als vier Untzen wiegen thut. Diese versiegelte Büchse
wird endlich von 5. der vornehmsten Beampten / so dieser Versammlung beygewohnt haben / in die
Königliche Residentz Sephahanum unverzüglich gebracht / das Unreine aber / so übrig geblieben /
dörffen die Commissarii wohl unter sich theilen; worauf der Eingang wieder geschlossen /
versiegelt / und also der gantze Actus geendiget wird.
Diese Mumia hat alle diejenige Tugenden und Kräffte / so der Alten Vorfahren Mumian
beygeleget worden / es sey gleich die Arabische oder Egyptische: absonderlich aber soll sie die
zerbrochene Beine so kräfftig zusammen heilen / daß auch die gröste Beinbrüche innerhalb wenig
Tagen / und zwar an kleinen Kindern in 3. Tag / an jungen Hünern aber in einem eintzigen Tag /
wann sie nur wohl gefüget worden / zusammen heilen / und wieder zum vorigen Gebrauch befestigen
können; dahero ihr vornehmster Gebrauch äusserlich in Beinbrüchen und Verrenckungen / nach der
Einrichtung der Glieder / an statt eines Pflasters aufzureitzen / und damit zu verbinden:
innerlich aber an statt eines vortrefflichen Wund - Balsams dienet / und gegen innerliche
Apostemen / Geschwäre / geronnen Geblüt / Brüche und andere Zufälle / welche nach schwerem und
hohem Fallen den Gliedern allerhand Ungemach zufügen / genossen werden kan. Zu welchem End
beyderseits ein wenig von der Mumien in etwas Butter zerlassen / davon ein Theil auf
einTüchlein gestrichen / und auf den wieder eingerichteten Fractur geleget / das übrige aber /
ohngefehr zu 5. Gran dem Patienten innerlich eingegeben wird / doch also / daß es die Zähne
nicht berühre / welchen sie schaden und wacklen machen solle; welches sie vor eine Anzeig
halten / daß diese edele Mumie nit verfälschet worden seye. In jungen Hünern brauchet man zu
beydem Gebrauch nur 2. biß 3. Gran. Ich Hab öffters die Prob davon an jungen Hünern genommen /
und zwar mit der schlechteren Sort oder Mumiâ secundariâ, welche an statt der raren
undkostbaren genommen / doch allemahl ohne sonderliche und grössere Würckung / als sonsten ein
solcher wohl eingerichteter und verbundener Beinbruch ohne dergl. Mumien zusam̅en
heilet / biß endlich / da ich dem Gouverneur von Laar die bißher so hochangerühmte Tugend
vernichtete / solche Krafft / in Beyseyn vieler Leute / mit der rechten Königlichen Mumien /
deren er ein Stücklein hatte / auf diese Art und Weise öffentlich an Tag legete / um also
seines bekannten und vertrauten Mißtrauen zuhintertreiben suchte: Er nahme von der kostbaren
Darabischen Mumien etwas einer Linsen oder Küchen-Erbsen groß / das ist 2. Gran oder weniger /
und dreymahl soviel von der schlechtern Sorte / um die vorige damit zu incorporiren / gabe mir
alles in einem halben Löffelvoll Butter / über den Kohlen zu zerlassen.
Hierauf hab ich einem halbjährigen jungen Huhn das Bein gäntzlich entzwey gebrochen / daß die
Splitter durch die Haut gedrungen: hab es wieder eingerichtet / und ein Läplein mit unserm
Balsam warm um die Fractur gebunden / un̅ mit Compresten verwahret: was aber von
dem Balsam übrig geblieben / hat man dem Hühngen eingeschüttet / und dasselbige in einem engen
und dunckelem Orth gehalten / und solches alles auf Geheiß desjenigen / so die Mumie darzu
hergabe. Des andern Tages / als die vorige Zuschauer wieder zusam̅men geruffen
worden / wurde das Gebände gelöset / und dem loßgelassenen Hühnlein vorgestreuet / welches
nicht allein hurtig und munder / doch aber (wegen des Druckens der Compresten) ein wenig
hinckend fortgelauffen / sondern auch / als ob es keine Schmertzen füylete / die übrige Hüner
angefallen / und von der Speiß abgebissen hat. Weilen ich aber nicht glauben konnte / daß in
solcher Zeit sich an einem Bein / so fast ohne Blut / so viel Nahrung und Materie / als zu
Zeugung eines Callierfordert wird / sammlen könne / so habe das Bein selbsten / nach eröffneter
Wunde angeschauet / und gefunden / daß die haut um die Wunde viel dicker und angezogener
gewesen / als sonsten gewöhnlich ist / und nachdem ich dieselbige mit einem Sscalpello
separiret??? / ware das Periostium sehr dick / und umgabe den Orth des Beinbruchs wie eine
Binde / wodurch die Splitter zusam̅en gehalten und fest gestellet wurden: an
statt aber daß [102] sich ein Callus finden solte / wie sie vermeineten /
waren die Splitter am äussersten End nur roth und blutig / und zeigeten den Anfang ihrer
Cohaesion. Nachdem ich mich nun auf diese Prob verlassen / und an den menschlichen Subjectis
die schlechtere Sort ober Mumiam secundariam auf gleiche Weise auf die Prob setzete / habe ich
gefunden / daß dieselbige viel eher einen Callum zuwegen brachte / als die Ostrocolla oder
dergl. Artzneyen.
Die Mumia secundaria aber / welche wir die schlechtere Sorte nennen / ist diejenige / welche
um dieselbige Gegend zwischen den Städten Laar und Darab auß den einödigen Felsen hier und dar
in gar geringer Quantität hervor dringet / und weilen sie von der Natur so kräfftig / und
durchdringend nicht außgearbeitet oder gezeuget worden / so ist sie bey weitem nicht so
köstlich und kräfftig / wie die rechte / und ist derowegen jederman zu nehmen erlaubet / wer
sie nur auß der gefährlichen Höhe und Praecipitio haben kan. Diejenige / welche die gemeine
Leut / so sie sammlen / Schebbenand nennen / kan man am meisten haben / der recht veritablen zu
substituiren / riechet etwas stärcker nach Schweffel und der Naphtha, als die Kostbare / und
wurde mir um gleiches Gewicht von Silber angebotten. Sie hänget inwendig an einem sehr hohen
Praecipitio, dahin sich einige durch eine verwegene Kühnheit von der oberen Spitze mit Stricken
herunter lassen / um solche abzuschaben. Noch eine andere Art / welche von einem schlechten und
unbekannten Ort Tsienpeli genennt wird / galte dreymahl soviel / welche nicht so widerlich
roche / wie die vorige / und den Geruch der schwartzen Amber unter dem Asphaltis von sich gabe
/ und der wahren Egyptischen Mumien gleich kame / oder wohl gar übertraffe / un̅
war auch viel mürber / als dieselbige.
Sonsten findet man noch einen andern dieser Mumiae Nativae sehr gleichenden Safft in der
Halb-Insul des Caspischen Meers / welches die Naphthiam zeuget / und zwar auf einem Berg /
daran der Saltz-Fluß flösset / welcher wie ein Kegel außgespitzet / bloß und einsam lieget /
und auß einer dunckel-rothen Erde und scherdichten Gemeng bestehet / auß dergleichen Materie
der Caucasus und andere Stein in Meden bestehen. Er quillet gantz flüssig / und nachdem er
allgemach von der Höhe herab fliesset / gerinnet er hernach / und wird von den unverständigen
Bauren allein zum Bad-Feuer gebrauchet. Die schwartze Naphtha aber / welche ohngefehr eine
Meile davon auß den Brunnen gezogen wird / erhartet in ein dergl. Hartz / wann sie durch
Fahrlässigkeit öffters auf die Erde fället / und wird von der Mumia secundaria leichtlich durch
ihren widrigen schweffelichten / und nach der schwartzen Naphtha stinckenden Geruch
unterschieden / welchen die noch frische / auch nicht brennend / von sich gibt / die Alte aber
etwas verlieret. Ein gleiche Art hat das harte und geronnene Judomen oder Bitumen congelatum
aridum, dessen Strabo Lib. 16. de sit O. gedencket / und dessen Brunnen nechst dem weichen
Bitumine oder der Naphtha auß dem Erasosthene anführet.
Alle diese vorgemeldte natürliche Mumien nun haben mit der harten Naphtha, Asphalto,
schwartzen Amber und der alten Mumien / sowohl an ihrem Wesen / Farb und Consistenz, als auch
dem Geruch und Kräfften eine solche Verwandschafft / daß ich mich nicht entblöden solte /
dieselbe alle mit einander vor ein Geschlecht Berg-Hartzes zu halten / deren besserer oder
widriger Geruch entweder von dem Unterscheid des Landes / oder besserer Kochung von dem
Unter-irrdischen Feuer herrühret / nachdem sie entweder durch eine andere Filtration oder
Calcination rin̅en purer Schweffel und ander Zusammensetzung ihrer Theilgens
erlanget haben.
Was die Mumiam Veterum oder der alten Vorfahren Mumien / deren etlichmahl gedacht hab /
anlangen thut / so verstehe ich dadurch nicht die ungewisse und garstige Mixtur, so man unter
diesem Nahmen in den Apothecken findet / oder die von dem gemeinen Mann also genannte truckene
Menschen-Cörper: sondern der Alten Balsam / wormit sie der vornehmsten Leut Cörper bey den
Arabier und Egyptier anfülleten. Hiervon aber findet man zweyerley Sorten: eine so gar kostbahr
und sehr rar ist / welche auß der Fürsten Gräber und Leichnam genommen wird / und nur in
vornehmer Herren Schatz-Kammern in Asien an kleinen Stücklein anzutreffen ist / welche nach
ihrem Wesen / Preyß und gemeinen Nahmen allein vor die rechte Darabischen Mumie / oder Mumia
Darabensis zu halten ist / und dem Geruch nach / (wormit sie mit der Tsiampeli überein kommet)
zeiget / daß Bentzim Styrax und der Opobalsamum darunter gemischet seye; daher es auch kommen
mag / daß sie im Reiben röthlich sihet / es seye dann solches ihrem Alter zuzuschreiben. Die
andere Sort / welche man in Europa vor die wahre Mumien außgibt / und von gemeiner Leut Cörper
/ welche mit schlechten Hartzen balsamiret werden / herrühret / ist nach meinem Bedüncken / das
blosse Asphaltum, dessen Geruch sie von sich gibt.
Endlich habe in einer Höhle auf der Spitze eines gewissen Berges in der Laarischen Provintz /
und zwar an dem Ort / wo verschiedene Bäume / als der Terebinthus, wilde Pistachen sc.
anzutreffen / noch einen Safft von gantz anderer Natur und Eigenschafften gefunden / dessen
noch hier gedencken muß. Der Berg ist gantz öde / und nur von wilden Thieren / als Bären /
Tigern / Stachel-Schweinen / und denjenigen Capricervis, welche den Bezoar bey sich haben /
bewohnet. Der Safft ist schwartz / und fliesset auß einem harten Felß / an dessen Wände er sich
etwas dicklichter als Hollundermuß anhänget: ist schleimicht / und zergehet in Wasser / ohne
Geruch und fast ohne Geschmack. Die Leute / so unten am Bergwohnen / brauchen ihn gegen das
Bauch-Grimmen in forma boli wirfft man ein wenig auf Kohlen / stincket er wie brennend Horn:
gibt per retortam ein Phleg. Spir. dickes Oehl / und aus dem Cap. Mort. kan man ein Sal fixum
bringen / sc. sc.
|| [103]
XXXIII.
Nachricht
Von dem Preyß der Jubelen und Specereyen in
Oost-Indien /
Auß
Herrn Herberti de Jagers Mssr.
Preyß und Ordre /
wornach man sich im Verkauff der rohen Diamanten allhier in India reguliren kan.
Die Diamanten müssen sauber und weiß seyn. So sie aber braun oder Stroh-gelb wären / auch
zugleich rauhe Sand-Körner darinnen / so sind sie nur halb soviel wehrt. Man muß auch Achtung
darauf haben / ob dieselbige nicht unartig von Façon seyn / viele unbequeme Hacken und Ecken
haben / und also im Schleiffen viel darvon abgehen müssen / woran alsdann grosser Verlust
zugewarten wäre.
XXXIV.
Von den Rubinen.
XXXV.
Von den Perlen.
DIe Principalste Erkanntnuß der Perlen bestehet in ihrer netten Ründe / beneben ihrer weisen
Farb und Glantz. Der Preyß in Indien ist / wie folget:
XXXVI.
Von dem Orientalischen Bezoar.
DEr Oost-Indische Bezoar übertrifft den West-Indischen weit: kommet auß Golkonda / Lohan und
von Bornov / und wachsen in dem Magen eines Bocks. Die vornehmste Würde bestehet in der schönen
Farb und schwerem Gewicht. Derjenige / welcher Castanien braun ist / passiret zwar / aber die
Oliv-farbichte sind die besten / und werden in das Vatterland gegenwärtig / wie folgend
verkaufft.
Welche aber kleiner von Gewicht sind / als von 4. 5. 6. 7. 8. und 10. Stück in die Untze /
gelten. 22. biß 24. fl. die Untze.
Die rechte Prob von einem Bezoar-Stein ist diese: nehmet ein schön Blatt Papier / worauf ein
Stück Kreide zu rieben ist: streichet alsdann den Bezoarstein darauf: theilet er seine Farb
gleich reichlich mit / so wird er vor auffrichtig gehalten. Oder werff ihn / so du ihn zuvor
gewogen hast / in ein klares Wasser / laß ihn 24. Stund darinnen liegen: truckne ihn wieder /
und wann er nicht schwerer worden ist / wird er vor auffrichtig gehalten.
XXXVII.
Von dem Bisam oder Moscho.
DIe Prob von dem Bisam ist / daß man wohl zu sehe / daß die Bändlein oder Bläßlein nicht
auf [104] geschnitten / und wieder zugemacht seyn; weilen sie alsdann
gemeiniglich mit Sand / Bocks-Blut und dergleichen verfälschet sind. Derowegen man das Säcklein
mit einer Messer-Spitz etwas öffnen / und davon etwas herauß nehmen muß / in dem Mund zu
probiren / ob Sand / Blut oder etwas anderst darunter sey und geschmecket werde. Man kan auch
etwas auf die Hand streichen / und zu sehen / ob es gelbachtig oder röthlich gelb / und ob es
auf der Hand starck rieche? weßwegen es 2. oder 3. Stund auf der Hand zu lassen ist / und wann
es seinen Geruch behält / so ist es gut und auffrichtig. Wann es aber allzutrucken ist /
passiret es nicht vor gut / vielweniger / wann es gantz zu fett ist. Sonsten muß der Bisam in
kupffernen oder metallenen Gefässen bewahret werden / und wird ins Vatterland zu 15. 18. 20. un
24. fl. die Untze verkaufft.
XXXVIII.
Von dem Zibeth.
STreicht ein wenig Zibeth auf dünnes Papier / und haltet es über ein Kohl-Feuer: trucknet es
wohl auff / daß kein Flecken auff dem Papier bleibt / so ist es gut und gerecht: bleibt aber
etwas zurück / ist es vor verfälscht zu halten. Gilt gegenwärtige Zeit à fl. 20. 25. und 27.
die Untze.
XXXIX
Von dem Amber Gryß.
DIe rechte Prob der ambrae gryseae ist / daß man ein Stücklein in ein Glaß mit Wasser wirfft.
Wann es nun gut ist / wird es schwimmen: ist es aber falsch / so fället es zu Grund. Gilt im
Vatterland:
Die andere Prob ist / daß man die Amber mit ungelöschtem Kalck in der Hand oder zwischen den
Fingern reibe / wann er nun Gold-gelb wie Saffran wird / so ist er gut.
XL.
Von dem Rhinoceros-Horn.
DIe Güte des Rhinoceros-Horns bestehet in der Grösse / Glattigkeit und Sauberkeit / worvon
man auch Trinck-Köpgen / welche sehr artig sind / bey den Chiansen machet / so in Holland
verlanget / und gutes Preyses verkauffet werden.
XLI.
Von dem Schlangen-Holtz /
oder
Ligno colubrino.
DAs Schlangen-Holtz wird auff der Insul Ceilon gefunden / wie auch auff Timor und andern
Quartiren in Indien: ist von Coleur weißlicht / nach gelb zielend / auch sehr hart / und am
Geschmack bitter / wird auch viel in Indien gebraucht / basonderlich auff der Insul Ceilon und
Timor / indem es zu viel Curen dienlich ist. Die Einwohner reiben es klein / und streichen den
Leib damit an / um alle Räudigkeit und Krätze damit zu vertreiben. Zwey Scrupel biß ein Quint
in Wein eingenommen / ist sehr gut vor alle hitzige Fieber / Gifft / die Colic und viel andere
Kranckheiten / absonderlich gegen einige Schlangen-Biß oder andere schädliche Thiere / wovon es
den Nahmen hat. Die Cingalesen bezeugen / und wird in ihren Büchern vor warhafftig befunden /
daß sie die erste Wissenschafft von dem Schlangen-Holtz durch ein Thierlein / so Quel oder
Cinpele von den Portugiesen genennet wird / erlanget haben / welches in der Grösse und Gestalt
einer Feld-Wiesel oder Vivenae, da man in Europa die Canincker auß den Höhlen jaget / gleich
kommet: Dergleichen in Indien durchgehends in den Häusern / theils zum Zeit-Vertreib / theils
Ratten und Mäuse damit zu fangen oder zu verjagen / gehalten werden. Dieses Thierlein ist
allezeit den Schlangen sehr feind / gegen welche es beym ersten Anblick streitet / und wann es
verwundet wird / curiret es sich mit dem Schlangen-Holtz / welches von ihm gegessen wird:
welches die Einwohner in Ceilon gesehen und in acht genommen / daß es wohl eine halbe Stund
weit nach dem Wald das Holtz auffzusuchen lauffe / und nachmahl wider auff den vorigen Platz
komme; weßwegen die Cingalesen dasselbige in grossem Wehrt halten / weilen sie solches so gut
in der Artzney befunden haben.
|| [105]
LI. RAPORT, Von dem gegenwärtigen Zustand und Befindung der Maduresischen PERLEN-BAENCKEN, an
den Edlen Herrn THOMAS VAN RHEEDE, Commendant, und an den Edlen JOANN VAN VLIET, Secunde diefer
Cüst / durch den Assistent ISAAC BAARDT gethan und auffgestellt.
Mein Herr!
AUff was Art und Weiß sich die Besuchung der Maduresischen Perlen-Bäncke zugetragen habe /
und wie dieselbe befunden worden / ist E. E. in meinem täglich darüber gehaltenen Hand-Buch
weitläufftig auffgezeichnet worden / und soll jetzo nochmahlen in aller möglichster Kurtze also
Unterdienstlich vorgetragen werden / daß wir den Method, so im visitiren in Acht genommen
worden / vorbeygehende / nur allein erzehlen / wie die Versolgers sich verhalten: damit wir
dann von der Nord-Seiten dieser Cüst den Anfang machen / so sind die Reviren:
Chioerimoerigipane
Taliare Pare
Kilistjar Pare
Palia Male
Baybare Kepare
Partan Mancay
Ferranda Lemos
Tive Calle Coelistre pare, zu gegenwärtiger Zeit alle ohne Früchten und sonderbarem Valor, und geben die darüber gesetzte Häupter / wegen der dreyen ersten vor / daß die harte Ströhme / welche einige rauhe Unreinigkeiten und andere Fäuligkeilen / zwischen diese Insulen auß den Canälen treiben / die Bäncke verderben thäten / und die Früchte hierdurch vergehen müsten. Wegen der andern aber ist der sehr schädliche Souranus die vornembste Ursach / welches mir in dem Auffdecken der Specien sehr wahrscheinlich vorgekommen ist. Nach diesen Baucken folget das Revier Tourairumpare, welches allein considerabel und mit über flüßigen Früchten versehen ist / in welchem zum wenigste̅auch gantz keine verderbliche Zufälle / sondern sehr gesunde Austern gefunden / und an 270. so allda an das Land gebracht waren / gesehen hab / welche / ohnerachtet sie noch bey die zwey Jahre zu jung sind / doch 13. kleine Perlen außgelieffert haben / und ware zu einer Zeit des Einsamblens mehr Glück zu spühren / so gar / daß nach Bericht und Versicherung der Häupter solche mit 1 1/2. Vallyt-Deucher zu bewahren ist. An diesem Strich / doch nicht so tieff in der See / liegen die Bäncke
Coeristjan pare
Areway pare
Nagare pare
Oety pare
Claty pare
Attaway onpaddoe
Bara gombe
Coetniapare welche durchaus von dem obbenahmten Sourang vergifftet / und folgends mit weich- und stinckender Räudigkeit bedecket sind. Nach diesen folgen ein wenig zur Seiten die Bäncke
Nellargoe oupaddoe
Paackadensié pare
Pistje pare
Chayetoe Onpaddoe
Poely
Cannaponde utte. Auff der ersten liegen wenige junge Austern von den andern zerstreuet / und die andere sind gantz leer / doch alle ohne schädliche Zufälle / [106] daß also die Erfahrne gute Hoffnung hatten / daß endlich Früchte darinnen wachsen solten / dafern GOtt der Allmächtige seinen gnädigen Seegen darzu verleihen werde! Vorn zu / ein wenig auff der Seiten Pocnerail liegen die Reviren
Nilancalle Pattare
Pandare tope wallenare pare
Regia Chippi pare
Coilpoeritsje Pattare. Diese 4. Stück sind von dem schädlichen Sovrang mehrentheils eingenommen; und ob wir zwar auff den zwey ersten einige junge Früchte gesunden / so urtheilten doch dieser Sachen Kundige / daß dieselbige ohnfehlbar durch den Sovrang sterben würden;
Auff den Bäncken /
Couramouty
Couraway pare, waren noch einige vier-jährige Austern / worvon seiter anno passato der meiste Theil getödtet / und nur wenige übrig gelassen worden. Es waren zwar etliche tausend junge Austern wieder angewachsen / allein sie waren also mit Cancay (einer Art kleinen Muschelger) umbgeben und bestricket / daß die Häupter gantz keine Sicherheit auff deren Wachßthumb machten / sondern hergegen fest stelleten / daß dieselbe mit samt denen Cankay (so nicht lang leben können) vergehen müsten. Cariampare lag meist unter dem Sovrang verdorben
Carwel
Claty chaye Poar
Chinne Carwel, waren einiger massen mit jungen Früchten / so doch von dem Cancay vergesellschafftet sind / versehen / wiewohlen diejenige / so auff der letzten Revier lagen / doch viel säuberer als die vorige anzusehen sind; weßwegen die Hauptleut gute Hoffnung schöpfften / daß sie ihren Wachsthumb erreichen solten. Poertotte Male ist an wenigen Oetten mit ledigen Schalen versehen / aber die gantze Banck zugleich mit weichem Zeug bedecket / welches die Ledigkeit oder Todt der Muscheln verursachet hat. Diese war nach unser Meynung die letzte Banck / allein ein wirandepatnamsischer Mandarin zeigte uns noch eine / gantz vor Manapaeu, deren Einkimfften und Renthen ich in meinem gehaltenen Tag-Register auffgezeichnet hab / und wird dieselbe Sarsie onpaddoe genennet. Hierauff befande sich auch eine ziemliche Quantität neuer Muscheln / und zwar gantz sauber und gesund. Die Täucher halten fest dafür / daß sie sich in kurtzer Zeit über die gantze Banck außbreiten werden. Hierauß nun geliebe E. E. die jetzige Beschaffenheit dieser Cüsten und Perlen-Bäncken kürtzlich zu ersehen / und zu glauben / daß ich in dieser gantzen Verrichtung keinen Fleiß noch Devoir gesparet / sondern einen jeden stetig zu seiner Pflicht angemahnet / und mit allen applicablen Beredungen angefrischet habe / immer darnach trachtend / daß zwischen den Haupt-Leuthen der Parruas und den Cail patnamsischen Mohren eine stetige jalousie, umb den andern etwas Erwünschtes anzuweisen / unterhalten würde; und muß ich auch mit ihnen bezeugen / daß die Gründe von Moesieltiven, biß vor Marapaen, so gnau durchsuchet und durchkrochen worden / als jemahlen geschehen / und den Täuchern nur möglich gewesen ist. Es scheinet aber fatal zu seyn / und daß es GOtt dem Allmächtigen biß daher noch nicht gefallen habe / diese Bäncke mit gnugsamen Früchten / zu einer gewünschten Fischerey zu erfüllen; weßwegen nichts anderst zu thun ist / als daß wir uns seinem Heil. Willen lediglich unterwerffen / und ins künfftig bessere Zeiten und mehr Glück von seiner Güte hoffen; in dessen Providentz E. E. nebst unterthänigem Gruß empfehlend / verbleibe Mein Herr E. E. Geschrieben in Margire Tutucoryn, den 30. Decemb. 1981. ISAAC BAARDT.
|| [107]
LII.
Bericht
Von den Ambonischen See-Bäumgen.
Eingang.
MIt eigentlicherem und besserem Grund mögen wir wohl dasjenige von unserem Moluccischen
Archipelago sagen / was Plinius ehemahlen Lib. 13. Hist. Nat. cap. 25. von dem rothen Meer und
dem gantzen Ost-Indischen Oceano vorgegeben hat / daß nemlich dessen Grund mit gantzen Wälden
und Bäumen angefüllet sey; indem die See umb diese Oostersche Insulen so viele See-Gewächs
hervor bringet / daß sie noch nicht alle bekandt seyn / auch nicht höher / als vor einige
raritäten gehalten werden.
Hierunter gehören vornehmlich alle Sorten von CORALLEN und Bastard-Corallen / welche in zwey
Haupt-Geschlechter können getheilet werden.
Das erste Haupt-Geschlecht begreifft diejenige / welche man eigentlich Seebäumger / auf
Griechisch / Latein LITHODENDRA nennet / und im Maleyischen Acarbahar und Kalbahar, mit einem
halb Arabischen heissen / welches ein Holtz oder Wurtzel auß der See bedeutet. Diese haben
eigentlich die Gestalt einer Pflantze / und ein vermischtes Wesen von Holtz und Stein / einige
mehr von diesem / einige mehr von jenem. Alle aber kommen auß der See / einige näher / einige
weiter von dem Ufer / und sind schier alle äusserlich mit einer erdigten und brüchigen mürben
Krust oder Schale / so ausser dem Wasser im Regen oder Wind sich leicht zermalmet / umbgeben.
Die Bäumger selbst sind unter dem Wasser etwas weicher / und je länger sie ausser dem Wasser
sind / je steiniger werden sie. Indessen sind sie / auch im Wasser nicht so weich wie Graß /
wie einige abusivè von den Corallen geglaubt haben.
Das zweyte Haupt-Geschlecht ist dasjenige / welches man insgemein CORALL-Steine / im
Maleyischen Carang nennet / und halten mehr von der steinigen Substantz in sich / ja sind fast
eitel Stein / einige von der Gestalt eines Gewächses oder Krautes / Blumen sc. einige von
Gestalt der Schwämme oder anderer Dingen: sind erstlich sehr brüchig und mürb / wie Muscheln /
wann sie aber auf dem Ufer blos liegen / werden sie endlich steinhart.
Das I. Capitel.
Von den See-Bäumgen ins besonder.
DAs erste Haupt-Geschlecht der See-Bäumgen wird wiederumb in vier Geschlechte getheilet /
nemlich
1. Das Schwartze /
2. Das Weisse /
3. Das Graue /
4. Das Rothe.
Das II. Capitel.
Von dem schwarzen Geschlecht hat man folgende Sorten:
1.
ACARBAHAR POHOR oder das rechte Schwartze Calbahar ist das rechte schwartze Corallium, so bey
dem Plinio und andern ANTIPATES genennet wird / und in Europa wenig bekandt ist. Dieses
bestehet auß Bäumgen / so 1. bis 2. Schuh hoch sind / und viele Zacken haben / wie TAB. VIII.
Fig. 1. Lit. a zu sehen ist. Diese Zacken sind eines vermischten Wesens / auß Holtz und Stein
bestehend / zähe / und sind auch die dünneste Aestlein daran nicht leicht zu zerbrechen /
sondern lassen sich beugen. Die dickere aber sind so hart / als ein Horn / und lassen sich
nicht / dann vermittelst einer gewissen Kunst beugen: durchgehend Bech-schwartz / von aussen
lang und schree gestreifft / nach Art der Corallen: inwendig aber scheinet es von verschieden
auff einander liegenden Rollen zusammen gesetzet zu seyn / doch aber massiv und hörnicht. Auff
Kohlen riechet es etwas starck / gleichsam als ob Horn und Unguis-odoratus durch einander
gemischet wären. Unter dem Wasser ist es dick mit einer grauen / mürben und porosen Schale
umbgeben / welche leicht abgehet / so man es einige Wochen in einen sandichten und feuchten
Grund vergräbt / und hernach mit der Hand abreibet. An den dünnen Aestlein siehet man hier und
dar einige Körnlein / einzel und rund / [108] wie Pfeffer-Körner / aussen
dunckelgelb / inwendig meistens leer / so seine Früchte zu seyn scheinen. Wann es alt wird / so
wird der unterste Stamm und die Wurtzel mit einer dicken Schale bekleidet / welche an einer
besondern Substantz / so stein-hart ist / bestehet / grau und von aussen wie Corallen
gestreiffet / inwendig aber Massiv, wie Maranor, dunckelgrau und etwas grünlicht / wodurch das
schwartze Calbahar durchlauffet / als sein Hertz. Umb die Wurtzel machet dieses graue Wesen
einige außlauffende Knollen / durch welche auch gemeiniglich ein Aestgen von dem schwartzen
Calbahar lauffet / zum letzten wird diese steinerne Crust so dick als ein Arm / doch von
ungleicher dicke und voll Knoden; alsdann ist das gantze Calbahor-Bäumgen bey die fünff Schuh
lang / in seinem grösten Alter / und wird von der Bewegung der See leicht außgerupfft / und
auff den Rand oder Ufer getrieben.
Wann diese Bäumger eine schöne Gestalt haben / werden sie zur rarität aufgehoben. Man findet
aber dergleichen sehr wenig / weilen die meisten Schief knollicht und auff eine Seite krum
gewachsen sind / weilen sie durch den Strohm also gebogen werden. Wann man sie von dem Grund
der See hohlen will / muß man solches geschwind und gleichsam in einem Rupff oder mit wenigem
Kappen eines scharffen Messers thun / welches an alten Strauchen nicht wohl thunlich ist /
weilen sie gemeiniglich mit der vorbesagten steinernen Crust bekleidet sind. Wann man aber
daran zu drehen anfängt oder daran windet / so hält dieses Bäumgen noch eins so hart / gleich
als ob es solches fühlte / und sich dem Abbrechen wiedersetzte.
Die Einwohner / welche nicht viel auff raritäten geben / suchen diß Calbahar zu einem gantz
andern Gebrauch / in Ansehen dessen es bey ihnen in weith grösserer Estime, als bey unsern
Leuten ist. Sie nehmen davon den ältesten Stamm mit den dicksten Zweigen / welche sie durch
eine gewisse Kunst zu beugen wissen / umb ihre Arm-Ringe davon zu machen / welche an der innern
Seite platt sind / an der äussern aber rund / zuweilen mit natürlichen Streiffen / zuweilen
glatt und polirt / als Eben-Holtz. Das Beugen geschiehet / wann man die gehabte Stücker mit
Calappus-Oehl bestreichet / und über ein Kohl-Feuer hält / wodurch sie weich und zähe werden /
daß man sie beugen / auch winden und formiren kan wie man will; und machen sie also bemeldte
Arm-Bänder / auff Maleyisch Glang genennet / welche allerley Einwohner / so wohl Männer als
Weiber an den Armen tragen / und denselben grosse Kräffte zuschreiben / umb allerley Zauberey
und andere Ubel / so von bösen Leuten herrühren / abzulehnen und dadurch zu verrichten. Die
andern krumme und knodichte Stücker / so zu diesem Werck nicht dienlich sind / werden zur
Medicine verwahret / indem sie auch grossen Nutzen haben / so sich auff grössere Ursachen und
Erfahrung gründen. Wann sie nemlich mit Wasser gerieben / und entweder allein oder mit weissem
Calbahar vermischet eingegeben werden / wiederstehen und tödten sie allerhand Gifft /
absonderlich / allerhand schädliche Sachen / so auß der See kom̅en / als Krabben
/ Muscheln sc. item: gifftige Schwämme und dergleichen böse Speise / so die Menschen würgen
wollen / wann man nur zur Stund Zucker-Wasser / Syrup und dergleichen den Leuten eingiesset /
daß die Keele so lang offen bleibe / biß man das Medicament zubereiten und beybring en könne.
So wird es auch eingenommen / wann die Kinder die Pocken und Masern haben / und dieselbe
einschlagen / und mit einem grossen Brand den Menschen ersticken wollen. Item: es hilfft
denjenigen wieder zu recht / die ihren Leib mit Branden-Wein und Arak überladen / und dadurch
sich eine̅ grossen Brand und Bestrem̅ung in dem Schlund zuwegen
gebracht haben / und nachmahlen schier nicht mehr essen können. Wann man es mit weiß Calbahor
vermenget / gibt man es denjenigen ein / welche eine gar zu scharffe purgation eingenommen
haben / welche ein solche starck Brechen machet / daß offt das Blut hernacher gehet /
dergleichen die Dola Sylvestris, so eine Sorte von dem Elaterio, oder Esel-Kürbsen ist / zuthun
pfleget.
Die graue steinerne Schale / acarbalan coulit genandt / wird auch zur Medicine auffgehoben /
indem sie den Brand stillet / wann sie zu einem dünnen Breyle in gerieben und auffgeleget wird
/ stillet auch den Schmertzen der grossen Blutschwären und Apostemen: Man muß aber solches
nicht oben auff die Schwäre schmieren / daß sie nicht zurück schlagen. Man streichet dieses
Breylein auch auff die Stich und Bisse böser Thieren. Einige legen dieser Schale alle Kräfften
/ so das weisse Calbahar hat / zu. Man muß sie mit einer stumpffen Säge durchsägen / und
alsdann Wasser darauf giessen / wie man auch den Marmor säget; doch das mittelste Hertz von dem
Calbahar muß fein sacht gesäget werden / so kan man mit grosser Mühe sehr dicke Scheiben von
dieser Schale bekommen. Hier kan man das Zeugnis von dem Plinio und andern alten Scribenten
wohl auch anführen / welche beweisen / daß man das Antipades vor diesem auch gegen Zauberey
getragen habe. So dienet auch das Zeugnis des Jubae, Königs in Mauritanien hieher / welcher
auch bezeuget / daß man auß diesem Gewächs (welches er Isidos Plocamos, das ist / der Göttin
Isidis Haar-locken nennet / und daß es umb die Oost-Stranden von Africa im rohten Meer / und wo
die Troglodyten wohnen / gefunden werde / schreibet) ehemahlen Arm-Ringe vor die Frauen gemacht
habe / welche er [109] Spartalia geheissen / Vid. Plinium Lib. 13. cap. 25.
Das zweyte ist Acarbalan rottang oder Salianos, Ternatisch Bau-manhu, Niederländisch
Seerottang / ist die zweyte Sorte von dem schwartzen Akarbahar, und wird vor das Männlein
derselben gehalten / hat keine Aeste / sondern nur einen einzelen sehr langen und schmalen
Stiel / in der Dicke eines Kiels oder kleinen Fingers / von dreyerley Gestalt: das erste
(welches in der VIII. TAB. Fig. 1. Lit. b. unter Augen geleget worden) und gemeineste ist sehr
gebogen / 8. 9. bis 10. Schuh lang / und eines Ohr-Fingers / auffdas höchste eines andern
Fingers dick / von aussen dicht und mit rauhen Pünctlein besetzet / welche es etwas stechend
machen: Inwendig ist die Substantz hart und schwartz / wie an dem vorhergehenden / doch
steinicht und lässet sich nicht beugen / sondern brechen / je älter und dicker es ist / je
glatter es wird / und vergehen die scharffe Pünctlein alsdann / welche sich auch abschaben
lassen / wodurch es schön glatt und schwartz wird. Das schlimste daran ist / daß die Beuge so
ungeschickt und unordentlich daran stehen / und dieselbe so übel zu strecken sind / indem diese
Röhre / wann sie mit Oehl bestrichen und über das Feur gehalten werden / sich doch nicht also
biegen lassen / wie das vorhergehende Calbahar. Unterdessen hat man doch eine Kunst diese Beuge
in etwas zu recht zu bringen / nemlich so man die gantze Stecken in eine grüne Bambuse oder
Riedt stecket / mit Wasser füllt / und über dem Feur kochen läst / wodurch die steinachtige
Materie etwas weich wird / welche man alsdann also heiß herauß nehmen / mit den Händen strecken
/ und auf eine lange Stange / daß sie darauf erkalten könne / bindet / auch endlich mit einem
rauhen Blat poliren kan. Diese Stein-Röhren lauffen zuweilen oben mit vielen Circellen und
Beugen sehr dünn zu / wie das dünneste an einem Draat / welche dünne Circellen man gemeiniglich
wegschmeisset / weilen sie eine unnöthige und unartige Länge machen. Sie wachsen gemeiniglich
auf dergleichen Oertern in der See / da ein starcker Strohm geht / wor von sie den Nahmen im
Maleyischen und Ternatischen bekommen haben. Sie werden in der Medicin nicht sonderlich
gebraucht / sondern meist zu raritäten auffgehoben / absonderlich / welche etwas ordentliche
und seine Bogen haben / und noch mit einem Stück Wurtzel versehen sind.
Die dritte Sorte von dem schwartzen Acarbahar, oder die zweyte von dem vorhergehende̅ einstielige̅ / ist auch ein langes und schwartzes Ried oder Pintze /
ohngefehr einer Spuhl oder eines Kieles dick 5. bis 6 Schuh lang / etwas starcker als das
vorige mit wenigen und flachen Beugen / auch von aussen so rauh nicht / sondern glatt und eben
oder mit schönen Streiffen schief in die Länge gestreifft / hat auch eine dichtere und härtere
Substantz. Dieses hält man vor das rechte Acarbahar, genandt Lack Lacky oder das Männlein / und
wird beneben dem ersten oder auffrichtigen Calbahar zur Medicin gebraucht; allein es wird
selten gefunden. Wann die Maleyers Stücke bekommen / so Fingers dick sind / drehen sie
längliche Körner darauß / welche sie durchbohren / und wie Corallen in Schnüren tragen.
Die vierdte Sorte von dem schwartzen Acarbahar oder die dritte Species des Einstieligen ist
das Acarbahar oulan oder das Schlangen-Förmige / welches das dünneste bleibet / und nicht
dicker als ein mittelmäßiger Stroh-Halm oder Feder-Kiel wird / mit vielen Krollen und Circulen
auffschiessend / 4. bis 5. Schuh hoch / außwendig rauher dann die andere / doch lässet es sich
schäben / wann es trucken worden. Diese Krollen stehen ordentlich über einander und schliessen
meistens einen Ring oder Circul, oben in einen dünnen Draat zusammen lauffend. Die alte Bäumger
werden so steiff / daß man sie vor eyserne Draaten ansiehet / und muß man nichts daran
verändern / mit zihe??? oder beugen strecken / sondern die natürlichen Circulen sollen bleiben
wie sie sind. Wann sie aber zu lang und zu schmahl fallen / kan man ein stück Rottang oder Ried
daran stecken. Offt findet man dergleichen Fäden durcheinander geflochten / und an einander
fest gefüget / mit verschiedenen Enden / welche man alle wegschmeiset und das principaleste
Stück behält. Sie wachsen nicht auff Corallen / sondern auff harten Kiesel-Steinen / mit einem
breiten Füßgen darauf stehende / als ob sie drauff geleimet wären. Man hat sie auff dergleichen
Steinen / so ohngefehr einer Faust groß und auch kleiner gewesen / gefunden / welche die
Fischer noch wohl kenneten / daß es eben diejenige Steine gewesen / welche sie in das Wasser
geworffen hatten / umb ihre Angeln damit zu sencken; gleichwie man sie auch von diesen Steinen
mit einem Schlag wieder absondern kan. Es ist derowegen glaublich / daß sie ihre Nahrung auß
den Steinen saugen / und sich darnach arthen / weilen sie auff keinen andern wachsen: wiewohlen
auch eine Besaamung von der See anfänglich den Ursprung befördern kan / welche sich darauff
pflantzet / wie der Mistel auff den Eychbäumen. Plinius l. c. heisset diß Geschlecht Juncos
Marinos & Lapideos.
Die fünffte Sorte von dem schwartzen Acarbahar ist ein plattes Sträuchlein / wie eine Foche
oder Wedel / und wird deßwegen Akarbahar Kipas die See-Foche genennet. Dieses breitet sich
alsobald von der Wurtzel in viele eckichte Zacken auß / darzwischen viele andere kleine / so
unzehlbahr / wie ein Netz geflochten [110] sind. Das gantze Gewächs muß
meistens gantz flach / wie ein Sonn-foch außgebreitet seyn / wiewohlen es zuweilen auch doppelt
fällt oder in Lappen vertheilet / oder mit einem Bogen zusammen gefüget ist / welche doch nicht
schön / noch deß Auffhebens werth sind. Von aussen sind sie jezuweilen mit einer graulichten
Rinde umbgeben / welche weiß im trucknen wird und wie feuchter Kalck außsiehet / auch so fest
daran klebet / daß man sie nicht leicht davon abbringen kan / absonderlich von den feinen
Zweigen / welche kraus und etwas stachelicht sind / zuweilen ist die außwendige Schale roth /
brüchicht und sandicht / nnd lässet sich alsdann leicht abreiben: doch ist diese Sorte platter
/ hat rechtere oder gleichere Zweige / welche nicht so kraus- und stachelicht sind. Die rechte
Substantz ist röthlicht-schwartz und holtzicht / wiewohlen an der ersten oder stachelichten
Sorte zuweilen ein Stamm / so eines Daumens dick / massiv, hart und schwartz / wie das rothe
Calbahar zu finden ist / welche steiffe / stachelichte Aestlien hat / dergleichen man doch
wenig findet und wie das rechte Calbahar gebrauchet wird; worauß dann erhellet / daß diese
See-Fochen vielerley Art haben / doch alle holtzicht oder hornachtig von Wesen seyen / mit
einem breiten Fuß auff den Steinen wachsend / welche mürb und gleichsam auß vielen Stücken
zusammen gesetzet sind / weßwegen diese See-Fochen auch keine Massiv-Substantz bekommen.
Die sechste Sorte von dem schwartzen Akarbahar ist die Abies Marina Theophrasti, der
See-Tannenbaum oder See-Cypressen / welche die schönste und artlichste unter allen See-Bäumgen
sind / nicht viel höher als 1. oder 1½. Schuh / mit einem einzelen und etwas knodichten Stämgen
versehen / so sich oben rund und in viele steiffe Aestlein vertheilet / deren etliche etwas
breiter / als an dem Dannenbäumgen sind. Einige haben ein schmales Laub / wie die
Cypressen-Bäumgen: Einige sind am Stamm und den Aestlein Pechschwartz / und die feine Zweiglein
(welche die Blätter abgeben) steiff und stachelicht / wie an die Genista aculeata oder
Ginster-Kraut: Einige haben feinere Blätter / so etwas weicher und röthlicht / aber doch so
schön nicht sind / wie die andern. Dieser Bäumger werden sehr wenig gefunden / und zwar die
meiste umb die Uliasserische Insulen / wie auch in Banda / und werden wegen ihrer gar schönen
Gestalt unter die beste raritäten gezehlet.
Die siebende Sorte Ericamarina, See-Heyden / (vid. Fig. 11. Tab. 8.) Maleyisch Acarbahar
rutti rulti genandt / bestehet auß weit außgebreiteten Bäumlein / welche gemeiniglich breiter /
dann lang oder hoch sind / mit sehr feine??? Zweiglein und Blättern / unsere̅
Heyden oder Ericae nicht ungleich / dunckelgrau / mürb und zerbrechlich / doch also / daß man
sie noch wohl handthiren und begreiffen kan. Man hat zweyerley Sorten davon; die erste / hat
nur ein oder zwey Haupt-Zweige / so rund und dunckelgrün sind / von aussen etwas rauh /
holtzicht / doch mürb und kurtz abbrechend. Das andere Geschlecht hat mehr Stämme oder
Haupt-Zweiglein / so von der Wurtzel auffschiessen / und zugleich dunckelgrau und rauh sind /
auch etwas stachelicht / wegen der abgebrochenen Aestlein. Die Blättlein sind etwas länger /
dünner und stehen mit Büschlein bey einander / als ob es gantze Sträuchlein wären. Sind im
Angreiffen etwas rauh / und wie harichte Bürstlein. Beyde wachsen auff keinen festen Steinen /
sondern auff einem zusammengeklundeten Röhrlein / und sind in der Artzney nicht gebräuchlich.
Diese Erica wächset zuweilen mit Lappen oder Blättern / welche zusammen gebogen / und wie
Handschuh anzusehen sind / ohngefehr einer Spann hoch auff ihren Steinen stehend.
Die achte Sorte / FOENUM MARINUM, See-Heu / Maleyisch Acarbahar Rumpot genandt / ist der
nechst vorhergehenden Sorte sehr gleich / auch grau und brüchicht von Substantz / wiewohlen die
äusserste Reißgen oder Blätter sehr lang und dünne wie Draat oder Heu-Stengel / auch rauh im
Angreiffen / und beynahe schneidend sind / schlaff und viel bey einander hangend / daß sie wie
püschlein Heu anzusehen sind. Wann diese Bäumgen frisch auß der See kommen / sind sie mit einem
schleimichten Wesen umbgeben / welches einen kleinen Brand oder Jucken auff der Haut erwecket /
wie die Urtica Marina oder See-Quallen. Eben dasselbige Jucken empfindet man auch von den zwey
vorhergehenden See-Hayden / wann sie frisch auß der See kommen / doch nicht so sehr / wie an
diesen.
Man findet auch neuntens noch ein rare Sorte von Calbahar, welches man in den Papusischen
Insulen das Männlein nennet / so nicht über eine Spann hoch wächset / und nur in 2. oder 3.
dicke Zacken zertheilet ist / welche eine harte und hornachtige Substantz haben / und wird bey
derselben Nation sehr zur Medicine gesucht.
|| [111]
Das III. Capitel.
Von Dem weissen Calbahar.
DAs zweyte Geschlecht der See-Bäumger ist das weisse Calbahar, auß der Verwandtschafft der
weissen Corallen / welches in 3. Sorten vertheilet ist.
Die 1. Sorte ist das zackichte oder gegliederte weisse Calbahar, welches vor diesem Carol.
Clusius lib. 6. Exot. etwas dunckel beschrieben / von welchem es Hippuris Saxea, das ist /
Stein-Pferdeschwantz genennt worden ist / dessen wieder 2. Species zu finden sind: die erste
wächset auf flachen und klippichten Ufern / da das Wasser nicht über 4. Fäden tieff ist: das
ander wäch???et tieffer in der See.
Das Erste ist die Hippuris Littorea, oder Strandliche Calbahar, ein niedrig Bäumgen von 1½
biß 2. Schuh hoch / mit vielen krummen Zweigen auffschiessend / unten eines Daumens oder
Fingers / und oben eines Kiels oder Strohalmens dicke / mit wenigen Nebenästen / welche offters
aneinander fest anwachsen. Dieses hat keinen rechten Stamm / sondern gleich von der Wurtzel an
viele krumme Zweige. Alle diese Zweige sind in Gelencke oder Glieder abgetheilet / (wie die 3.
Figur in der achten Kupffer-Tafel / oder Tab. VIII. zeiget /) einige eines halben / einige
eines gantzen Zwerchfingers lang / weiß / steinhart / außwendig tieff gestreifft / und durch
einen tieffen und breiten Riß voneinander geschieden / allwo sie schwartz von aussen / und als
mit einem Häutgen umbgeben sind / darunter eben wol der weisse Stein ligt / nicht anderst als
an dem Kraut Roßschwantz genannt. Die Glieder oder articulen können leicht voneinander brechen
/ wornach deren Ende auch gestreiffet oder geribbet scheinen / als ob sie schlechterdings
auffeinander gesetzt wären. Die öberste Glieder / welche nicht über einen Strohhalm dick sind /
hangen so schlaff aneinander / daß sie sehr leicht voneinander fallen / wann man sie säubern
will / oder sonsten damit umbgehet / und sind den Gelencken an einem Scorpions-Schwantz sehr
gleich. An dem Stamm und den untersten Aesten sind diese Glieder länger / die schwartze
Außsprößling kleiner / und an den alten schier auch außgewachsen / doch können die Glieder noch
voneinander brechen / und behalten gemeiniglich inwendig umb das Hertz noch ein Restgen von dem
schwartzen Häutgen. Sie wachsen auf Corallensteinen / und sind unter dem Wasser mit einer
dicken grauen Schale oder Krust umbgeben / welche ribbelicht und sandicht ist / auch leicht
abgehet / wann man sie eine Zeitlang in den Regen hänget. Die rechte Substantz ist durchgehends
steinhart / außwendig grau-weiß / an den öbersten Zweigen recht weiß / wie Marmelstein / und
die junge Sprößlein schwartz. An den dicksten Zweigen fallen etliche licht-grau / etliche
gelbicht / wie faul Helffenbein / welche besser sind / wann man sie an den Enden schleiffet /
mit einem kleinen weissen Hertzgen / so inwendig ist / worumb rund umb 2. Rollen gehen. An den
öbersten Aestlein vergehen zuweilen die äussere Streiffen / oder sind zum wenigsten nicht mehr
so tieff.
Das 2. und Fig. 4. Tab. VIII. abgerissene ist das Hippuris Pelagica oder weisse See-Calbahar,
welches tieffer in der See / auf 80. biß 90. Fäden tieff / und ist deßwegen sein völliger Baum
noch unbekandt: Auß den abgeworffenen Zweigen spüret man / daß es meist von derselben façon
seye / höher von Stamm / und dicker von Aesten / wenig gestreifft / und die Glieder hangen
schier ohne schwartze Nebenschößlein aneinander / welche man allein an den Stümpffen der
kleinen Zweigen siehet. Die Substantz ist meistens steinhart / aequal und massiv, von aussen
mit dunckeln Streiffen / auß dem Grauen ins Gelbe gemengt / doch mehr gelb / als faul
Helffenbein. Wann es auf dem Strand eine Zeitlang hin und her geweltzet worden / wird es so
weiß und glatt / wie Helffenbein. Man kan es auch in lange Glieder brechen / welche an den
Enden / da sie gegeneinander gesessen haben / gestreifft sind / und wann man sie schleifft /
ein weisses Hertz zeiget / so dick als ein Besemreißgen.
Von der ersten Sort kan man durch die Täucher gantze Bäumlein herauß bekommen / wovon man
allein die jenige zur rarität verwahret / welche schöne Zweige haben / und zuweilen 3. Schuh
hoch sind. Sonsten aber bricht man all das feine Gut davon ab / so doch auch von sich selbsten
abfället / und verwahret allein die dickste Zweigen zur Artzney.
Von der zweyten Sorte kan man zuweilen zimliche Stücker oder Aestlein bekommen / welche dann
und wann mit einem Fischer-Hacken herauß gezogen werden / wann solcher sich ungefähr anhänget /
oder wann dieselbe Bäume durch Sturm / Erdbeben oder andere Fälle in Stücker geschlagen / und
an das Ufer getrieben worden. Auf dem Ufer aber müssen sie nicht über 1. oder 2. Jahre ligen /
indem sie durch das lange Umbweltzen wol schön glatt / weiß und steinhart / aber zugleich /
nach der Einwohner dieser Insulen Meinung / geschwächet werden / indem sie viel von ihrer
Krafft verlieren. Weßwegen dieselbige die jenige nur zur Medicin gebrauchen / welche frisch auß
der See gezogen worden / oder nicht lang auf dem Ufer gelegen haben.
|| [112]
Die Prob / daß es seine Krafft noch habe / ist diese: Stecke es mit einem End in sauren
Limonen-Safft / wann es dann rund umb beginnet zu sieden /oder Bläßger auffzuwerffen / so ist
es gut / indem das erstorbene solches entweder gar nicht / oder doch langsamer oder weniger
thut. Weilen aber diese Prob zu general ist / und mir suspect vorkommet / so füge ich darbey /
daß das gute Calbahar nicht allein kochen muß/ sonderu es muß auch einen tauben Klanct haben /
und nicht wie harter Stein. So muß es auch nicht zu Dreckachtig riechen / wann man zwey Stücker
auffeinander reibet / sondern wie gebrandt Brod.
Nota. Bey der Prob durch Limonen-Safft befinden sich alle die Akarbahars also: Von dem
schwartzen gezackten Calbahar, und zwar ein groß Stück von dem untersten Stamm / etwa zwey
Finger dick / kochet alsobald und sehr starck: die andere Zacken aber wenig / oder gar nicht;
wie ingleichem auch sich das einstielige schwartze Calbahar, und all das jenige / welches
hornichtig ist / also erzeiget. Von dem weissen Calbahar kochte das Ambonische am stärcksten /
darnach die weisse glatte Stücker von der See-Sorte / und auf die schlechteste Art das jenige /
so auß Ternaten gesandt worden / ob schon dasselbige holtzichter war. Unter der Ambonischen
See-Sorte waren weisse und klingende Stücker / wie Marmor / welche am allerstärcksten kochten /
wie die Vatterländische Blut-Corallen; worauß ich schliesse / daß die Opinion der Juwohner /
welche behaupten wollen / daß das steinharte und veraltete Calbahar keine Krafft habe / nicht
gegründet seye. Man hält ja immer die jenige Blut-Corallen vor die beste / welche alt /
steinhart / und von sich selbst außgetrieben sind. Horn / Helffenbein und Fisch-Zähne / wie
auch die Zähne von Thieren wollen gantz nicht kochen. Die steinerne Krust oder Schaale von dem
schwartzen Calbahar kochet langsam / und nicht viel; so thut auch die dicke Schaal von Bia
Garoe, wann man sie etwas lang im Safft hält. Das Aug von der grossen Mattabou lang darinn
gehalten / beginnet langsam / aber kochet hernach starck. All das graue und holtzichte Calbahar
kochet wenig / doch das gezackte mehr / dann das einstielige.
Alle das weisse Calbahar, so wohl die Strand-als See-Sorte wird von allen Einwohnern dieses
Oosterschen Archipelagi in grossem Werth gehalten / und bey ihnen so hoch geachtet / als bey
uns die rothe Corallen / ja bey einigen viel höher / insonderheit bey denen Ternatanen: worzu
sie raison gnug hätten / wann es die jenige Kräfften hätte / welche sie ihm beylegen / und bey
unserer Nation noch nicht untersucht / viel weniger angenommen worden / wiewohln die
Einländische sehr fest darauff bestehen bleiben.
Ins gemein wird ihm die Krafft zugeschrieben / daß es das Hertz stärcke / allem Gifft
widerstehe / die Hitze in den Fiebern vermindere / und das Auffsteigen deß Magens von der Galle
stille. Hier bey dieser Oostersen Nation wird kein Antidotus oder Gegen Gifft zubereitet / da
das weisse Calbahar nicht das Fundament abgebe / wiewohln sie die andere Sorten auch mit
darunter mischen / vornehmlich die Schwartze und Graue / mit einig andern Muscheln / Hörnern
und Beinen / so auß der See / als von zahmen Thieren herrührende / dergleichen sind die Solenes
See-Pfeiffen / die Elephanten Zähnger / Helffenbein / Zähne von dem Fisch Pristis Indica oder
gezahnter Wallfisch genannt / Hirschhorn / rothe Corallen / sc. das Weisse allein oder mit dem
Schwartzen vermenget gibt man ein / wann jemand eine scharffe und corrosive Purgation
eingenommen hat. Item gegen das Uberschiessen und Wüten der Gall / und hefftiges Brechen: gegen
allerhand schädliche Kost und Schwämme / Gold / Silber / Perlen / Smaragden / Granaten oder
ihre Mit-Sorten in kleiner quantität darunter gerieben / widerstehen nicht allein dem Gifft /
sondern auch allen Schelmstücken und Qualen / welche jemanden durch Liebes-Träncke angethan
werden. Das Weisse allein oder mit dem Grauen vermischet / und mit Corallen zusam̅en gerieben / gibt man in hitzigen Fiebern zu trincken / umb die Hitze zu legen / auch das
Hertz zu stärcken. Nach gethaner Sauberung wird es auch gegen die Gonorrhoeam eingegeben / und
den weissen Fluß der Weiber zu stillen. Ja die Junländer brauchen es noch zu vielen andern
Gebrechen / worvon wir noch keine Erfahrnuß / wie von den vorigen genommen haben.
Das 2. weisse Calbahar kommt meistens mit denen Europäischen weissen Corallen überein / indem
es steinhart / weiß voll kleiner / dicker und kurtzen Zacken / welche fornen hohl oder tubulos
sind / mit Strahlen / wie ein Sterngen versehen / der Rest aber von dem sibrigen Stamm ist
massiv, dicht und hart. Es wird wenig gefimden / und zwar meistens in der See / um Bandâ, sehr
tieff / und kom̅t derohalben nicht an Tag / als wann es mit den Fischhacken
herauß gezogen wird. Es hat bey den Einwohnern noch keinen Nutzen / wiewohln einige Mohren mich
versichern wollen / daß es eben die jenige Kräfften habe / welche dem andern weissen Calbahar
zukommen / besiehe hier die ???. Figur in der VIII. Tab. AEn.
Die 3. Sorte von dem weissen Calbahar ist das Einstielige / so an der Gestalt mit dem
schwartzen überein, kom̅t / nehmlich an dergleichen langen Zincken / von 8. 10.
biß 12. Schuh lang / eines kleinen Fingers dick / ohne Beugen oder Krullen / sondern
schlechterdings nur ein wenig gebogen. Außwendig ist es mit einer grossen mürben Krust
überzogen / welche [113] im Truckenen leicht abzureiben ist. Darunter liegt
die rechte Substantz / so härter und schwerer / als das Schwartze / auswendig grau und gelb
vermenget / und in die Länge ein wenig / doch dunckel gestreiffet / und überall nur mit einem
oder zwey Gnoden besetzet / als ob allda auch Aeste hätten wollen auskommen. Inwendig ist es
lichter von Coleur, mit einem weissen Hertz und recht beinhart / und wann es die Dicke eines
Fingers gewinnet / wird es etwas drey-seiticht / oder wie ein Roggen-Schwantz. Wann man die
Stücker gegen einander reibet / hat es einen hornichten / unlieblichen Geruch / wie alle
Calbahars thun. Es wird sehr wenig und nur auff harten Steinen / und an denjenigen Orthen
gefunden / wo harte Ströhme gehen / und ist mit einem breiten Füßgen auff die Steine gesetzet /
wie droben auch von dem Schwartzen gesagt ist worden. Es dienet zu Karitäten / und wann es
unter die andere akarbahars gemischet wird / streitet es gegen das beygebrachte Gisst.
Insonderheit wird es bey den Mohren gesucht / um alle Schelmerey zu vernichten / welche den
Männern angethan werden / daß solche in dem Venus-Spiel entwaffnet werden / und verstärcket
hergegen die männliche Krafft / so wohl in-als ausserhalb des Leibes gebraucht / und zusammen
mit dem erst-benahmten weissen Calbahar eingenommen.
IV. Hierzu könte man noch eine andere rare Sorte setzen / welche aus einem sehr kleinen
Bäumgen / so einem Blatt-losen Thymo, mit dergleichen dünn und rechten Stielgen / so auch etwas
gestreisset sind / gleichet / bestehet. Wann dieses erst aus der See kommt / scheinet es schön
gelb und blincket als jung Holtz / wird aber mit der Zeit grau oder weitzlicht / und die
Aestlein brechen wie Glaß. Es fället in der Gegend der Uliasser, und ich hab nie mehr als zwey
zu sehen bekommen.
Das IV. Capitel.
Von dem grauen Calbahar.
DAs graue Calbahar ist nicht viel von dem vorhergehenden weissen einstieligen unterschieden /
derowegen auch die Inländer alle das graue Calbahar unter die weisse Sorten zehlen / auch also
von benahmsen. Weilen aber doch das Graue nicht wenig an der Farb darvon unterschieden ist /
auch holtzichter von Substantz ist / so haben wir ein besonder Geschlecht darvon gemacht / und
theilen es in folgende Sorten / so alle gezacket sind.
Die I. Sorte ist das eigentliche graue Calbahar, von den Einwohnern Calbahar Poety mit dem
vorigen weissen gemein genant / weswegen man es besser Calbahar Cajou Pouti, das ist /
weiß-Holtzicht Calbahar nennen solte. Es schiesset mit vielen dünnen Zweigen auff / in wenige
nebenseitige Aeste sich vertheilend: Von aussen mit einer roth-braunen Schale bekleidet / so
etwas krauß ist und daran fest bekleben bleibt / wann es trucken ist / so gar / daß man es vor
rothe Corallen ansehen solte: Indessen kan man sie doch mit einem Messer leicht abschaben.
Inwendig lieget die rechte Substantz von Stein und Holtz gemengeter Natur / doch aber
steinichter / als das schwartze Calbahar, und derhalben zerbrüchlicher / indem es sich kurtz /
wie Glaß abbrechen läst / ausgenommen die dicke Aeste / welche recht steiff sind. Wann die
erst-berührte rothe Schale davon abgemachet ist / so wird es glatt und eben / ohne Glieder oder
Knöpff / von aussen etwas gestreifft / licht-grau und beynah gelb / inwendig mit einem weissen
Hertz versehen / so bißweilen hohl und röhrig ist. Eine Sorte davon ist dunckel-grau und
mauß-farbicht / ohne dergleichen weissen Hertz / so leicht / daß man es vor Holtz ansehen
solte: Von aussen tieff gestreifft und etwas gedrehet und lässet sich schaben. Dieses hält man
vor das beste / (wird aber dessen sehr wenig gefunden / und schier nirgends /) dann in denen
Papasischen Infuln / das letzte dar von ist licht-grau / glätter / härter und massiver Wan̅ man solches beschneidet oder reibt / so öffnet es sich in verschiedene Schiefern /
und sein Strauch hat lange Reißgen / 5. biß 6. Schuch hoch: Wächset auff der West-Cüst Coram
und um Boru, wie auch um die Insul Oubi. Beyde werden von den Einländischen höher aestimiret /
dann das vorhergehende weisse Calbahar, auch zu eben solchen Gebresten gebrauchet / als oben
beschrieben stehet. Die Cittrosen und Papalier wollen kein ander weiß Calbahar kennen / als diß
holtzichte / und sind so theuer damit / daß man es vor doppelt Silber-Gewicht schwerlich
bekom̅en kan /wie die Ternetanen mit dem vorbemeltem weissen thun / wann sie es
nemlich selbsten aus der See hohlen; Wann die Stücker wider einander gerieben werden / biß sie
erwarmen / so geben sie einen starcken hornichten Geruch von sich / wie das weisse einstielige:
Doch diß Letzte ist etwas unlieblicher und riechet mehr nach verbranntem Fett; weswegen man das
einstielige wohl unter diese graue Sorte rechnen könte. Im Limonen-Safft beginnet es langsam zu
zischen und zwar sehr wenig.
II. Diezweyte Sorte Rode Rade, Maleytsch akanbahar sasaspo ist von dem vorigen gantz nicht /
als daß es mit vielen stracken Stielen auffschiesset / ohngesehr eines Schuhes hoch / welche
dicht bey einander stehen / mit wenigen Neben-Zweigen / wie in der VIII. TAB. Fig. I. [114] Lit. C. zu sehen ist. Von aussen ist es mit einer dicken rothen Schale /
so gantz krauß ist / umgeben / welche vest daran klebet / daß man es vor ein roth
Corallen-Gewächs ansehen solte. Inwendig ist ein dünnes Reiß / von eben derselben Substantz,
als das vorige. Dieses Gewächs muß man nicht saubern / sondern mit der rothen Krust auffheben /
weilen es sonst keine Fason hat / und von dem rothen Calbahar wenig daran zu finden ist.
Die III. Sorte ist auch ein klein Gewächs / welches aus vielen kleinen Zweigen bestehet /
welche durcheinander lauffen / und zusammen wachsen / daß sie gleichsam ein Blat ausmachen /
wie kleine Wedel oder Fochen / worvon ihrer viel aneinander / wiewohl ungeschickt und mit Bogen
stehen / daß man es wohl vor graue See-Fochen halten könte. Von aussen ist es roth / welches
leicht abfället: inwendig fällt es grau und gelblicht / auch kurtz abbrechend. Dieses ist nicht
Auffhebens werth / unter demjenigen / so etwas ordentlich und flach stehet / wie ein Föchlein.
Doch werben die dickste Zweige auch unter dem Calbahar auffgehoben. Wächset auff harten
Steinen.
Das V. Capitel.
Von dem rothen Calbahar.
DAs rothe ist das allerunedelste und schlechreste / und darum billich vor ein Bastard-Corall
zu halten.
Die I. Sorte schiesset mit einem dicken Stamm auff / und ist so dick wie zwey Finger / oder
wie ein Arm / der sich in zwey oder drey Haupt-Zweige vertheilet / vier biß fünff Schuh hoch /
durchgehends blutroth / steinhart / doch leichtbrüchig / voll kleiner Röhrlein oder Gänge / als
ob es von Würmen durchbissen wäre / anbey auch rauh und voll von scharffen Angewächsen. Die
Plätze zwischen den Hauptzweigen sind dicht mit dünnen und sehr mürben Aestlein besetzet /
welche Netz-weiß durcheinander lauffen / auswendig gelb und voll kleines Zeugs sind / inwendig
aber roth und so brüchig / daß man sie kaum anrühren kan / daß es nicht brechen solte. Das
gantze Bäumgen stehet auch mehr flach / wie Sonn-Fochen / oder hat an den Seiten einige Lappen
anwachsen. Wann diß Bäumgen eine veste Substantz hätte / solte es wegen seiner lebend-rothen
Coleur unter die vornehmste Raritaeten können gezehlet werden: So aber ist es verachtet /
weilen seine schönste Zweige mit der Zeit alle abfallen / und nur blosse raube und dornichte
Haupt-Aeste zurück lassen / von welchen man die dickste noch wohl auffhebet und zur Medicin
gebrauchet. Es haben solches rund um alle Amboinische Insuln gemein und wird zuweilen mit dem
Fischer-Garn auffgezogen. Man gebraucht es unter andern Akarbahar gegen das Gisst / und gibt
man es auch denjenigen / so Blut und Eyter harnen / weilen es die faule Humores durch den Urin
abführet. Hierzu aber muß man die alte Stücker erkiesen / welche meistens dicht sind und keine
Höhle haben / auch sacht auff einem Stein reiben / weilen es sehr brüchig ist. Auff der
West-Cüst von Coram findet man eine Sort hiervon / welche gelb-roth ist / als Blut-Corallen /
gantz hart und massiv und fast ohne Löcher / welche man vor Blut-Corallen ansehen solte: Man
findet ihrer aber wenig und werden deßwegen theuer gehalten. Sie heissen mit einem
absonderlichen Namen Djinckga, das ist / Orangien-gelb Calbahar und sind viel sicherer in Leib
zunehmen/ dann die gemeine röhrichte und porose.
Zum II. ist noch eine andere Sorte von der Akarbahar Meru, der vorigen schter gleich / ausser
daß die Haupt-Zweige in Glieder vertheilet sind. Auswendig ein roth-gelbe / brüchig- und
sandigte Krust / inwendig sind die Glieder an einander gesetzt / gleich wie an dem weissen
Kalbahar, auch so gestreifft / härter und steiniger von Substanz, als das vorhergehende /
weißlicht und innenwendig röthlicht. Sein Stamm ist Massiv, auch weißlicht mit roth gemenget.
Die III. Sorte von diesem Akarbahar ist nicht bäumicht / noch mit Zweigen besetzet / und der
halben mehr unter die Steine zurechnen / indem es ein Klump oder Stück ist / von vielen
Pfeiffen gemacht / so enge als ein Strohalm sind und dicht aneinander stehen / wie die 5. und
7. Figur in der VIII. TAB. zeiget: Blutroht oder purpurfardicht / inwendig auff 2. oder 3.
Oerthen mit steinernen Häutlein aneinander gewachsen / so / daß der gantze Klumpe einem Schwamm
ähnlich sihet. Es heisset Datu Svvàngi das ist Zauberstein / und man findet es hier und da auff
den Strand außgeworffen / aber es wächset auch unter dem Wasser an den Hacken der
Corallen-Steinen / wovon es die Seeabschneidet. Die Inwohner förchten sich sehr vor diesen
Steinen / so gar / daß sich niemand unterstehen wird auff einen Baum zu steigen oder in einen
Garten zu gehen / wo dieser Stein auffgehenget ist / auß Furcht / daß ihnen der Leib voll
feuriger und hitziger Blattern außfahren möchte / welche sie Mattacan nennen. Sie förchten sich
auch darauff zuschlachten / indem sie glauben / daß man die kalte Piß darvon bekomme / vielmehr
aber / wann man ein Stück davon bey sich trage. Doch ma [115] chen
die Maleyers noch einigen Staat darvon / und gebenes auch in Leib in / wiewohl in sehr kleiner
Quantität.
Die IV. Sorte Barla Laut hat die Gestalt eines grossen und auß gebreyteten Tuchs / als ob es
ein abgetragenes Röcklein von Baste wäre / doch sehr grob drandicht und Reyhenweiß geweben /
unten etwas dunckelroht und halb durchscheinend: wann es aber auß dem Wasser gezogen ist / wird
es alsobald schwartz. Man findet wohl Stücker / welche so breit sind / daß man einen Mantel
davon solte machen können: weßwegen es auch zur Rarität auffgehoben wird. Indessen hat es bey
regenichtem Wetter allezeit einen See-Geruch / bey nahe wie der Unguis odoratus.
Das VI. Capitel.
Von denen Corall-Steinen
DAs zweyte Haupt-Geschlecht der See-Bäumger oder See-Gewächsen begreiffet diejenige / welche
man Corallen-Steine / und im Maley isch Carang nennet / und ist von zweyerley Art.
Die I. ???hält sothanige Corall-Steine in sich / welche eine Form der Pflantzen haben /
nehmlich mit Stielen und Zweigen auffschiessen.
Die II. Diejenige / welche immer eine andere Gestalt haben. Beyde aber sind von gantz
steiniger Art / nicht holtzicht / können auch nicht gebogen werden.
Die I. nemlich die Pflantz-Förmige Corallen-Steine werden auch mit unter die See-Bäumger
gerechnet und bestehen in folgenden Sorten.
I. Carang Bonga, weisse Corallen-Blümger / ist das gemeineste und schönste Geschlecht von
zweyerley Schlag: Das eine schiesset wie ein Bäumgen oder wie ein Sträuchlein auff / anderthalb
oder 2. Schuh hoch / mit vielen dicken Zweigen / welche sich alle in eine stumpffe Spitz
endigen / und an den Seiten mit unzehlbar kleinen Dörnlein besetzt sind / und bilden die
Blätter das Kraut Abrotonum oder Stabwurtz ab / weßwegen es auch von Carolo Clus. Lib. 6. Exot.
Planta oder Saxum abrotonoides genennt / aber sehr übel abgemahlet worden. Die rechte Abbildung
ist in der VIII. TAB. Fig. 8. & 13. zusehen. Wann es erst auß der See kommt / ist
es mit einem unlieblichen Schleim umgeben / ist purpurfarbicht / doch wann es einige Wochen in
den Regen gesetzt wird / verändert es sich und wird überall weiß / ausser an den ältesten
Theilen / da es etwas gelblichter bleibet! Inwendig ist es auch weiß / schön gestreifft und
brüchig / daß man es vor weissen Zucker ansehen solte. Wann diese Stücker lang auff dem Strand
treiben / so werden sie steinhart / und gläntzen wie Porcellin. Die andere Art ist von eben
dergleichen Substantz / bleibt aber niedrig und flach / in der Mitten etwas tieffer / dann an
den Enden / und bildet eine Schüssel ab / bestehend auß vielen kurtzen Zacken / so dicht
aneinander stehen / kaum ein Finger lang/sind auch mit dergleichen stumpffen Dornen und Hörnern
besetzt / welche fast anzusehen / wie das Kraut Serpillum Sedum minimum. Besihe die Fig. Der
Achten Rupffer-Taffeloder TAB. VIII. Unten hat es einen dicken Stamm / als ob es der Fuß von
der Schüssel wäre / und so man es in Regen setzet / wird es so weiß und brüchig wie Zucker.
Beyde wachsen auff andern Corallen-Steinen / welche man Katzenköpffe nennet / und drunten
sollen beschrieben werden / und sind durch gantz Wasser-Indien sehr gebräuchlich / daß man
Kalck darauß brennet / da sie gemeinlich mit eben denselben Katzenköpffen vermischet werden /
indem sie allein gebrandt zwar schönen weissen Kalck / aber sehr wenig und mager geben / und
deswegen auch meist zum Außweissen und den Siri Pinang damit zu essen gebraucht werden. Die
Zweigen davon / so auff dem Strand liegen / haben keine oder wenige stumpffe Dörner / sondern
an deren Stell viele runde tubulos, darinnen man kleine Steinger sihet / welche Zweigen zu dem
Kalck-Brennen untüchtig sind. Viele glauben abusivè, daß ein sicheres weiches See-Gewächs /
Alga Corallinides, Maley isch Agar Agar genandt (so man essen kan) der Anfang dieser
Corallen-Bäumger sey. Allein daß diesem nicht also seye / kan man daran sehen / weilen diese
Corallen-Bäumger sehr klein gefunden werden / ja offt kleiner / als das vorbemeldte Alga,
welches nichts destoweniger als steinicht ist: zugeschweigen daß beyder Gestalt gar zu sehr von
einander unterschieden ist.
2. Carang alea ist auch von solcher weissen und mürben Substantz / oder etwas härter /mit
kurtzen und dicken Zweigen / so wie die grosse Galanga Wurtzel anzusehen sind / von aussen mit
einigen Körnlein / als Dörngen besetzet / wiewohlen sie stumpffer und kürtzer sind: werden mit
der Zeit einen Schuh hoch und 3. Finger dick / in der Gestalt einer Hand oder Handschuhes.
Geben auch guten Kalck.
3. Das weisse Zuckerwerck Carang Goula, ist ein sehr rares Gewächs / meistens auch ein wenig
verdoppelt und mit vielen Zweigen in einander gewachsen: Einige rund / einige platt / und
gleichet der Zuckerbecker Meisterstück. Es ist [116] härter / als die
vorhergehende / aber viel mürber / als die Corallen / und deßwegen schwerlich auffzuheben.
4. Das rothe Zuckerwerck ist von eben dergleichen Gestalt und Substanz, ausser daß es kürtzer
ist / nicht über eine Hand hoch / auch flach / lichtroht / wie junge Corallen / doch nicht
gestreifft / an den Enden weißlicht. Diese beyde Sorten werden sehr selten gefunden und noch
seltener gantz heraußgezogen.
5. Schwartze Carang hat kurtze und übersichstehende Aeste / offen / wie ein Stein anzusehen /
außwendig schwartz / gestreifft und rauch / inwendig weißlicht / wie andere Corallen-Steine.
6. Amaranihus Saxeus oder Stein-Blumen / sind weisse Corallen-Steine mit vielen krausen
Krollen durcheinander lauffend / wie die Blumen von dem Amarantho oder der Poeonien / auß
eintzeln / steinharten und scharffen Fasseln gemacht / und stehen auff einem kurtzen Füßgen /
wie solches auß der 6. Fig. in der VIII. Kupfifertafel kan ersehen werden.
7. See-Nägelein Tsjenkelant, sind weisse Steinlein / so beyeinander gehäuffet sind / deren
jedwedes ein langes Caryophel. Nägelein / so unten spitz und oben breit ist / abbildet und oben
ein Sternlein hat.
8. See-Mutter-Nägelein Polong lant, sind dergleichen Steinger / aber grösser / und grauer/
zuweilen mit Pfersingfarb oder roht gemischet / fornen auch breit und gesternt. Sie stehen
nicht beyeinander gefüget / sondern ohne Ordnung / hier und dar / auff einem besondern Fuß oder
Aestlein / also / daß sie die Gestalt eines Bäumgens haben.
9. Reticulum Marinum, See-Netzgen / ist ein sehr subtil und theur Gewebe / wie ein subtil
Netzgen / weiß oder gelbicht / steinicht / mit Falten durcheinander lauffend und also die Form
einer Blumen außmachend.
Die II. Art der Corall-Steinen / so einig andere Gestalt tragen / hält folgende Sorten in
sich;
Die I. heisset Fungus Saxeus, See-oder Stein-Schwanen / ist ein runder Stein / so groß als
der Baum von einem Hut / und bestehet auß vielen dünnen und scharffen Falten / die rund um
einen Mittel-Kloben als ein Centrum steben / und die Form eines Schwam̅s
außmachen / wie die 2. Fig. in der IX. Kupffer-Tafel zeiget. So er in dem Regen gebleicht wird
/ sihet er weiß / auff dem Strand aber graulecht und stumpff.
2. Batu Parudan oder Stein-Räspen sind dergleichen Steine / aber länglicht und auß feinen
Fallen gemacht / und ist jede Falte sehr fein außgekerbt / als ob sie mit künstlichen Spitzen
besetzet wäre / wie in der I. Fig. TAB. IX. zu sehen ist. Diese werden so weiß nicht / als die
vorige. Beyde sind von unten halb hohl / scharff und dicht / mit stumpen Dörngern besetzt / daß
sie nicht wol anzugreiffen sind. In der Mitte haben sie ein stumpffes Füßgen / damit sie auff
den Klippen sitzen / wiewohl sie nicht fest anhangen. Unter Wasser sind sie mit einem zähen
Schleim als Papeda, und zuweilen mit dergleichen Bläslein behangen / welches alsobald schmeltzt
und vergehet / wann man sie ausser dem Wasser bringet / wiewohlen man einig Leben darinnen
spüret.
3. Die Polnische Mützen / sind von eben derselben Substanz, doch höher / mit verschiedenen
Höckern / von innen auch hohl und rauch und haben die Gestalt ihres Namens. Einige sind so hoch
/ daß sie wie eine Glocke anzusehen sind / haben auch noch andere Gestalten.
4. Wasser-Steine / sind grosse weisse Steine / frisch / leicht / von eintzeln Pfeiff- und
Gängen gemacht / als ob es ein Schwam̅ wäre. Zuweilen sind sie so leicht /daß sie
auff dem Wasser schwimmen. Sie trucknen langsam und sind schädlich zum Maurwerck.
5. Carang Katzenköpff oder gemeine Krallsteine (und die bekandte runde und höckerichte Steine
/ auswendig rauh / grün und schwärtzlicht / voll Schleim und Fäuligkeit / inwendig weiß und
gestreifft / wie Zucker. Diese sind zum Kalckbrennen und Mauren sehr gebräuchlich / wann sie
erst wohl ausgetrucknet sind. Wann man sie frisch brauchet / bleiben die Mauren / so davon
gemacht werden / lange Jahre durch feucht und verderben den Haußrath zu sehr / welcher daran
gestellt wird / ja das Zimmer-Holtz selbsten.
6. Waffel-Steine sitzen wie ein Knoll oder halb-runde Kugel auff den Hacken der vorbemeldten
Corallen-Steinen / sind voll viereckichten oder auch etwas rundichten Löcher / so inwendig mit
vielen Strahlen / als ein Stern / besetzet sind / wann diese lange Zeit auff dem Strand liegen
/ so werden sie hart / weiß und grauachtig / auch voll grosser Gänge oder Cirkelger / da man
die vorbemeldte Strahlen innen sihet. Es ist auch noch ein ander Geschlecht von diesen Steinen
/ welche etwas tieffer in der See wachsen / plat und voll Sternger / und wann sie auff den
Strand kommen / so hart werden / als ein Kissel-Stein / so weiß und glatt / daß man sie vor
gute Corall-Stein halten solte.
All diese vorbemeldte Steine von dem zweyten Haupt-Geschlecht so tobt hart scheinen / haben
doch unter dem Wasser / so lang sie auff ihrer natürlichen Stelle sitzen / eine grünende oder
wachsende Art / und viele derselben haben oben einen Schleim / worinnen man einig Leben spüret
/ wann man unter das Wasser genau darnach sihet.
|| [117]
Herrn Beorg Eberhard Rumphen Send-Schreiben An Herrn D. CHRISTIAN MENZELN.
P. P.
AUß meines hochgeehrten Herrn Beliebten de dato Berlin den 2. Octobr. anni 1678. kan ich
nicht anderst muthmassen / als daß entweder eine betrügliche Fama oder eines guten Freunds
(vielleicht Herrn Cleyers) gar zu gütige Brieffe mich grösser als ich bin abgemahlet haben;
weßwegen nicht übel zuvermercken bitte / wann ich meine Wenigkeit hiemit an Taglege /
sintemahlen ich von des Herrn Gewohnheit auffgetrieben werde und mich nicht länger bergen kan.
Ich bin ein guter Teutscher und gehöre dem berühmten Rumphio im Haag / als des Printzen von
Oranien Leib-Medico, gar nicht zu / so viel mir wissend ist / indem ich in der Graffschafft
Solms gebohren und zu Hanau erzogen worden bin / alwo mein Vatter / Augustus Rumphius
Baumeister gewesen / und zwar Anno 1666. Nachdem ich aber immer frembde außländische Sachen
zuerkennen begierig gewesen / so hab mich bey Zeiten auß meinem Vatterland begeben. Anfangs
zwar bin ich in Portugall gezogen / und nachdem ich nach 3. Jahren wieder zurück gekommen / hab
ich mich vor 28. Jahr in Ost-Indien begeben und durch das Geschick in den äussersten Insuln
nach Osten / mich allhier in Amboina niedergelassen / wo ich nunmehr alt worden. Sobald ich in
Indien kommen bin / hab ich angefangen auff eine historische / doch kurtze Schreib-Art die
rareste Kräuter / Thiere / See-Gewächs und Mineralien dieser Insulen / so viel mir deren zu
Gesicht gekommen auffzuschreiben / und so viel ich von den Einwohnern erfahren können /
derselben Kräffte zu observiren / auch wie ich gekönt / aller derselben Figur auffzuzeichnen /
und zwar in Lateinischer Sprache. Auß diesem unordentlichen Mischmasch entstunde ein ziemlicher
Vorrath / biß endlich des Höchsten Wille / welcher ohne Zweiffel mehr als ich selbsten vor mein
Heyl und Wohlfarth gesorget hat / die gantze Welt mit allen Creaturen vor meinen Augen
verborgen hat / daher ich nun ins zehende Jahr in der traurigen Finsternuß sitzen muß / welche
der schwartze Staar / so meine Augen eingenommen / verursacht. Unterdessen haben meine
Ober-Herren doch nicht zugeben wollen / daß meine Chartequen umkämen / sondern haben mir
zuweilen einen und andern Schreiber zugelegt / mit deren Beyhülffe ich angefangen obbemeldtes
Chaos in eine Ordnung zu bringen und auß gewissen Ursachen auß dem Lateinischen in die
Holländische Sprach zu übersetzen / wiewohlen nicht ohne mercklichen Abgang des vorigen
Ansehens und Würde / wie es insgemein mit solchen Schrifften hergehet / welche man mit
gelehnten Augen und Händen stellen muß. Den Kräutern hab ich 10. Bücher zugewidmet / deren
jetzt schon 7. fertig sind: Und sofern mir GOtt das Leben gönnet / werdeich andere fünff von
den vornehmsten Thieren / so wohl terrestribus als aquatilibus, von See-Muscheln / Lithodendris
und einigen Mineralien hernach setzen. Also hat nun mein hochgeehrter Herr einen Abriß von dem
Indianischen Rumphio, wie er auch seyn mag / und was seine Studia seyen. Nun hat mich desselben
Wohlgewogenheit also verbun [118] den; daß ich desselben Begehren
von Hertzen gern gnug thun wolte / wann ich nur so viel vermöchte / als dessen berühmter Name
wohl erfordert. Doch wil ich mich dessen unterfangen / was ich etwa kan. Anfangs aber bitte ich
/ daß sie mich excusiren wollen / wann nicht viel von den Näglein / absonderlich wie sie
gepflantzet und erzogen werden / offenbahre / weilen es von den Obern verbotten ist. Mit diesem
wenigen wolle man sich vergnügen. Die Näglein-Bäume werden durch deren zeitige Frucht
fortgeflantzet / welches nicht diejenige Würtznäglein sind / so man bey den Krämern findet;
dann solches nur ein Rudimentum oder Anfang der rechten Früchten ist / welche wohl 3. biß 4.
mahl grösser sind und insgemein ANTHOPHYLLA genennet werden: Haben inwendig einen harten Kern
wie Lorbeern anzusehen. Wann nun diese von den Bäumen fallen / so schlagen davon junge Bäumlein
auß / welche außgegraben und wohin man wil / versetzet werden können: Die Anthophylla selbsten
aber können über s. Tage nicht frisch in den Häusern erhalten werden / indem sie bald trucken
werden und nach mahlen keine Keime schiessen. Ja man hat auch durch keine Kunst oder Wartung
zuwegen bringen können / daß diese Früchten ausser den Moluccischen Insuln zu Bäumen wüchsen
und Früchte trügen. Wann die Früchte grünlicht- oder weißlicht-roth werden / hält man sie zum
Gebrauch / als ein Gewürtz vor gut. Umb solche Zeit aber thut sich das runde Köpffgen / so sie
oben haben / auff und fangen an zu blühen / und zwar mit weissen Blättern / wie die Kirschen.
Alsdann ist es Zeit / daß man sie einerndte; und wann sie gesamlet worden / werden sie auff
geflochtene Hürden oder Binsen geleget / mit grossen Aron-Blättern zugedecket und einige Tageim
Rauch gehalten / hernach vollends in der Sonn gedörret / da sie die braune Farb / welche daran
zu sehen / her bekommen. Die übrige Beeren und Früchte / so an den Bäumen bleiben (sintemahl es
keine Stauden / sondern rechte Bäume / viel grösser / als der gröste Lorbeer-Baum / sind)
werden innerhalb wenig Wochen dick / und geben die Anthophylla, so zum Würtzen untauglich sind.
Die CARYOPHYLLA oder Näglein selbsten sind fast gar nicht unterschieden / sondern einerley Art:
doch schicke noch zwey sehr rare / welche in dem beykommenden Kistlein enthalten sind. Von der
ersten Art schicke nur 6. Stücke / welche sehr rar und von der gemeinen Näglein Gestalt sehr
abgehen / auch in der gantzen Welt nicht mehr zu finden sind. Man nennet sie CARYOPHYLLA REGIA
oder Königs-Näglein / und bestehen fast auß eitelen Zacken / so in 4. Ordnungen rangirt sind.
Solche sind auff einem eintzigen Baum gewachsen / so in der Welt zu finden gewesen / und zwar
in Machian, (so eine von den Moluccischen Insulen ist) welcher aber schon lang verdorben / nach
welchem keiner wieder auffgegangen ist. Ich habe noch einige wenige Beerlein oder Früchten
davon / weilen die übrige einigen vornehmen Herren und guten Freunden mitgetheilet habe / daß
solche unter andern Schätzen und Raritäten der Natur auffgehoben möchten werden. Von der andern
Art überschicke etwas mehrere / welche den vorigen zwar etwas gleich kommen / obwohlen sie noch
ziemlich von derselben Gestalt entfernet und den gemeinen näher kommen: denn es fast nur
gemeine Nägelein sind / so sich in einige Spitzen zertheilen und in einen Zacken endigen. Diese
wachsen auch nur auff einem eintzigen Baum in dieser Insul / so noch bis dato zu finden ist.
Diese Königs-Nägelein werden niemalen in die Anthophylla mutiret / und können deßwegen weder
die alte noch neue fortgepflantzet werden. Die Blätter aber kommen mit den gemeinen überein. So
viel jetzo von den Nägelein / Das Ubrige davon wird der Welt kund werden / wann durch GOttes
Gnade mein Kräuter-Buch an das Tages-Liecht kommen wird / in dessen zweytem Buch weitläuffig
von den Näglein gehandelt wird.
Sonsten berichte zugleich / daß nach Osten zu uns Nova Guinea nahe seye / dessen Nordischen
Theil / (welcher Onim heisset) unsere Nachbarn fleissig beseegeln / und darauß eine Aromatische
Rinde / welche sie Massoy heissen / mitbringen. Diese Rinde wird in unserm Indien täglich
verkaufft / [119] weilen die Einwohner bey kaltem und nassem Wetter solche
zerstossen / mit Wasser zu einem Brey kochen / und damit den Leib beschmiren / weilen er sehr
erwärmet / das Reissen und Grimmen im Bauch stillet / und sehr wohl riecht. Die Indianer thun
auch offt eine andere erwärmende und Aromatische Rinde / welche in diesen Insulen wächst und
Culilavan genennet wird / hinzu. Von beyden wird mein Herr ein Stücklein in dem Kästgen finden
/ und wann sie sie käuen / deren Krafft bald mercken.
Bey des Herrn Brieff kame auch / ein Büchlein de Magnete luminari, auch sonsten einige
Blätter / worauß ich tanquam ex ungue leonem erkennen und ersehen kunte / was die Pandectae
Brandenburgicae vor ein herrlich und weitläufftig Werck abgeben würden / welches allen
Gelehrten und absonderlich mir in dieser äussersten Barbarey bey so grossem Bücher-Mangel sehr
nöthig seyn wird.
Hierbey kommen auch zwey Stück von einer Art Pyritae oder Feuerstein / welcher aller Orthen
fünffeckicht ist / und mitten in einem andern Stein wächset. Ich halte ihn vor des Plinii
Androdamanta. Die Javaner poliren ihn und tragen denselben in Rüpfferne Ringe eingefasset / um
sich den Sieg bey einem Streit damit zuwegen zu bringen. Die grosse Herrn in Indien bemühen
sich sehr um einige Edelsteine / so des Nachts leuchten / welche sie in den Köpffen der alten
Schlangen / und weiß nicht was für Drachen und Basilisken suchen. Ich habe einige dergleichen
gesehen und habe noch wenige / welche alle des Plinii Dracontiis zurechne: Leuchten aber nicht
zu Nacht-Zeiten / sondern sind lauter Alabaster-Steine / wie dunckele Kisselsteine oder
Crystallen.
Bey Gelegenheit dieser Noctilucarum kan meinem Herrn nicht bergen / daß unsere grosse See /
welche die Bandamische Insulen (welche dreyssig Meilen nach Osten liegen) umgibt / des Jahrs
zweymahl / nemlich im Julio und Augusto des Nachts so weiß werde / daß sie des Nachts wie
Schnee leuchtet / des Tags aber wie andere Wasser außsiehet. Ich glaube / daß sich zu der Zeit
ein böser Humor vermische / weilen dasjenige Theil / so des Tags davon inficiret worden / des
Nachts von dem andern Wasser kan unterschieden werden. Ich bitte deswegen / das Edle Collegium
bey ihnen wolle doch berichten / ob nicht aus Chymischen Secreten ein dergleichen
Nacht-leuchtendes Wasser oder Aqua noctiluca aus einem Schweffelichten und mit Alaun
vermischten Spiritu könne gemacht werden; welches daher glaube / weilen sehr viele
Schweffel-Gruben in diesen Insuln zu finden / welche immer etwas vom alumine plumoso halten:
Und glaube ich / daß im Neuen Licht obbesagter Monathen dergleichen effluvia sich dem
Meer-Wasser vermischen. Was sonsten in dem Kistgen enthalten / wird der Catalogus zeigen. Womit
m. HHn. in GOttes Schutz und dessen faveur mich empfehle.
Dat. Amboina die 20. Sept. 1680.
|| [ID00774]
|| [ID00775]
|| [ID00776]
|| [ID00777]
|| [ID00778]
|| [ID00779]
|| [ID00780]
|| [ID00780a]
|| [ID00781]
|| [ID00782]
|| [ID00783]
|| [ID00784]
|| [ID00785]
|| [ID00786]
|| [ID00787]
|| [ID00788]
|| [ID00789]
|| [ID00790]
|| [ID00791]
|| [ID00792]
|| [ID00793]
|| [ID00794]
|| [ID00795]
|| [ID00796]
|| [ID00797]
|| [ID00798]
|| [ID00799]
|| [ID00800]