Transkription

Museum Museorum
[Inhaltsverzeichnis]
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D. VALENTINI Natu̅r- u̅nd Materialien- Kammer / Auch Ost-Indianische Send- Schreiden Und RAPPORTEN.
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VALENTINI NATUR- ünd MATERIALIEN Kammer Xüch Ost-Indianische Hend-Schreiben ünd RAPPORTEN
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Abbildung
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MUSEUM MUSEORUM, Oder Vollständige Schaü-Bühne Aller Waterialien und Specereijen Nebst deren Natürlichen Beschreibung / Election, Nutzen und Gebrauch / Aus andern MATERIAL-Kunst- und NATURALIEN-Kammern / Oost- und West-Indischen Reiß- Beschreibungen / Curiosen Heit- und Lag-Registern / Natur und Artzney-Ründigern / wie auch selbst-eigenen Erfahrung / Zum Vorschub Der Studirenden Jugend / Materialisten / Apothecker und deren Visitatoren / Wie auch anderer Künstler / als Jubelirer / Mahler / Färber / u. s. w. also verfasset / und Mit etlich hundert sauberen Kupfferstücken Unter Augen geleget
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Von D. MICHAEL BERNHARD VALENTINI, Jhro Hoch-Fürstl. Durchl. der verwittibten Frau Landgräffin zu Hessen- Darmstadt / Leib- und Hof-Medico, der Artzney und Natürl. Wissenschafften Prof. Ord. zu Giessen / auch verschiedener Curiosen Academien in Teutschland und Italien Collegâ. Franckfurt am Mäyn / In Verlegung Johann David Zunners. Im Jahr 1704.
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Der Durchläuchtigsten Fürstin und Frau / Frau̅ Elisabethen Dorotheen / Landgräffin zu Hessen / Fürstin zu Versfeld / gebohrnen Hertzogin zu Sachsen / Jülich / Elev und Vergen / sc. Bräffin zu Eatzen. elnbogen / Dietz / Tigenhain / Ridda / Schaumburg / Osenburg und Büdingen sc. Wittwen / Meiner Gnädigsten Fürstin und Frau.
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Durchläuchtigste Fürstin / Vnädigste Fürstin und Frau.
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ES sind allbereit 16. Jahr / dasz Lur Hochfürstl. Durchl. bey dero sehr glücklichen Regierung und Hochfürstl. Vormundschafft / auff hiesiger Löbl. Universität / mir Professionem Physicae Ordinariam gnädigst zu deferiren und vor Andern zu gönnen geruheren. Ob nun Durchläuchtigste Fürstin und Frau / in wärender Zeit solcher Bedienung von mir also seye vorgestanden worden / dasz wolgemeldter Universität einiger Ruhm und Aufnahme dadurch angewachsen seye / auch die Studirende Jugend den verhofften Nutzen darvon gespüret habe? darob lasse alle unpassionirte Gemüther billich judiciren.
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Zum wenigsten bin in meinem Gewissen versi chert / hoffe auch von jedem unpartheyischen Patrioten das unverfälschte Zeugnusz zu bekommen / dasz binnen solcher Zeit mein Leben nicht mir faullentzen zugebracht / sondern auch mit Hindansetzung der Gesundheits-Pflege und meiner ohne das schwachen Leibes-Disposition, sowohl in mündlicher Unterrichtung der studirenden Jugend / als auch offentlichen Schrifften alles das jenige contribuiret habe / wodurch ein Löbl. Academie in ihrem Flor erhalten / und die mir anvertraute Professiones ferner möchten erbauer werden; Und ob ich zwar anfänglich von einigen miszgünstigen Hertzen auch meiner Lehr wegen viele Verfolgung habe erduldten müssen: so ist mir doch immer ein groses Soulagement gewesen / daszunsere Hoch-Fürstliche Herzschafftein gnädigstes Vergnügen an meiner wenigen Arbeit gehabt / auch deszwegen mir immer grösere Gnade erzeiget haben / indem nicht allein Lur Hoch-Fürstl. Durchl. Herz Sohn / Der Durchlauchtigste Fürst und Herz / Herz ERNST LUDWIG / Landgraf zu Hessen / Fürst zu Hersfeld / Graf zu Latzenelnbogen / Dietz / Ziegenhain / Nidda / Schaumburg / Ysenburg / [ID00014] und Büdingen sc. Mein auch Gnädigster Land- und Lehen-Herr mir nachmahlen zugleich die Professionem Medicinae Ordinariam gnädigstzu-zulegen / sondern auch Lur Hoch-Fürstl. Durchläuchtigkeit selbsten ohnlängsten Dero Geheiligte Hohe Person und sämbtl. Hoch Fürstl. Hofe mir anzuvertrauen und zu Dero Leib- und Hof-Medico mich anzunehmen gnädigst geruhen wollen. Weilen dann nechst Gott Lur Hoch Fürstl. Durchl. mein und der meinigen Fortun eintzig und allein zuzuschreiben und in aller Unterthänigkeit zu dancken habe; so hab von der Zeit an immer fügliche Gelegenheit gesucht / wie die jenige Devotion / womit Lur Hoch-Fürstl. Durchl. demüthigst verbunden bin / auch in offentlichen Schrifften an Tag legen könte: Welches dann bey Ausführung gegenwärtiger Natur- und Material-Kammer in Obacht nehmen und Lur Hoch-Fürstl. Durchl. selbige zugleich in tieffer Reverenz unterthänigst consecriren wollen. Wann dann aus verschiedenen Gnädigsten Discursen zur Genüge verstanden / dasz Lur Hoch-Fürstl. Durchl. so wohl von der [ID00015] gleichen Schätzen der Natur / als auch gewissen / auserlesenen und durch die Erfahrung offt bewährten Artzney-Mitteln ein besonders hohes Vergnügen nehmen; so habe eine desto grösere Confidence und beständigern Muth gefasser vor Lur Hoch-Fürstl. Durchl. mit dieser meiner Arbeit unterthänigst zu erscheinen und solche in tieffer Devotion zu offeriren / der gewissen Zuversicht lebend / Lur Hoch-Fürstl. Durchl. werden nicht sowohl auff die Würdigkeit der Sachen / als das sich darunter versteckende danckbahre Gemüth gnädigst reflectiren: ohne welches mir nichts weitersübrig ist / als dasz Gott den Geber alles guten inbrünstig bitte / Er wolle Lur Hoch-Fürstl. Durchl. sambt demgantzen Hoch-Fürstlichen Hause / bey unverruckter und beständiger Gesundheit / auch allem Hoch-Fürstlichen Wolwesen ferner gnädiglich erhalten und ob Dero Landen / bey diesen so gefährlichen und sehr weit aussehenden Kriegs-Troublen / mit seinem Vätterlichen Gnaden-Schutz immer walren: Deszen Allmacht und Seegen Lur Hoch-Fürstliche Durchläuchtigkeit treulichst in Dero beharzliche Gnade und Huld aber mich demüthigst empfehlend / verbleibe lebenslang Lur Hoch-Fürstl. Durchläuchtigkeit Unterthänigster Knecht D. Michaël Bernhard Valentini.
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Auffmunderende Blückwünsche nachbenahmter Gönner und Freunden. INSERVIENDO ALIIS CONSUMIMUR!
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SO geht es in der Welt / so geht es mit den Schrifften
Die zum gemeinen Nutz mann suchet offt zu stifften /
Ein Fiebergen gar bald die Feder legen kann
Eh mann sichs nicht versiht / ligt Schrifft mit sambt dem Mann.
Viel nehmen sich zwar vor sehr groß- und schwere Sachen
Allein der höchste GOtt pflegtes dann wohl zu machen /
Daß mann recht sehen kann / es gehe so und so
Und nicht nach Menschen-Sinn / nicht nach unserm Propo.
Das hat Er auch Mein Freund! ohnlängsten müssen spüren /
Da Er das grosse Werck der Schau-Bühn thäte zieren /
Mit allerhand Gemähld und schönen Kupfferstück /
Ich mein es gienge bald den Krebßgang und zurück.
Morbona störte es und hätte bald verdorben /
Was sein geübter Sinn erfahren und erworben /
Wann nicht Achates noch / der Euch zur Seiten stund /
Als ein erfahrner Artzt gefunden hätt den Grund /
Den Grund der Maladie, den Grund der Artzeneyen
Und was zu guter Cur sonst kon???te wohl gedeyen:
Der höchste gabe Glück und segnete die Kunst /
Er gabe neue Krafft auß Vätterlicher Gunst.
Wie frölich waren da der Weisen Musen Söhne /
Auff der Academi zu Giesen an der Löhne /
So kurtz zuvor der Ruff von Eurem Todt erschreckt /
Nachdem die Warheit bald ein anders hat entdeckt /
Wie frölich stelten sich der jenigen Gemüther /
So forschen die Natur und alle fremdte Güter
Der Curiosen Welt: Es kam ein neuer Blick
Der Hoffnung / als sich nun sich bessert das Geschick /
Das ungeschickt Geschick / das so viel Händel machte /
Daß Euch vor grosser Hitz das Leben bald verschmachte;
Doch gnug! es ist vorbey / die Kranckheit ist geschwächt /
So zuvor schwächen wolt den Stamm von dem Geschlecht
Der Theuren Valentin; drumb kan Er sich von neuen
Uber dem schönen Werck der Schau-Bühne erfreuen.
Doch schwächt Euch nicht zu sehr / schont doch des Leibes Krafft
Damit sich nicht verzehr der warme Lebens-Safft.
Du aber Grosser GOtt / du Brunquell guter Gaben /
Erhalt doch diesen Mann / und laß Ihn stets erlaben
Mit neuer Stärck und Krafft: Auch sagen mannigfalt
Die Arbeit seiner Hand / daß man sie sehe bald
Aus kommen an das Licht: Laß doch zu deinen Ehren /
Und zu des Nechsten Nutz abzielen alle Lehren /
So da gelehret sind / in diesem gantzen Werck /
Dem Lehrer aber gib deins Geistes Krafft und Stärck. Hiemit wolte seinem vielgeliebten Herrn Collegen zu wieder erlangten Gesundheit und der vorhabenden Natur- und Material-Kammern wohlmeynend gratuliren. D. ERNEST FRIDEMAN SCHELHASS, Des Sochpreislichen Kayserl. Cammer Gerichts zu Wesflar Archiater Juratus und der Leopoldinischen So cietät der Naturkündiger Collega.
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Inclytum Polyhistorem DN. D. MICHAELEM BERNHARDUM VALENTINI, ad maturandam Musei Museorum editionem hortatur JOHANNES CONRADUS BECKER Phil. & Med. D. Phys. Alsfeld.
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Quae ingenii tui alacritas est, non veterum solum nostrique temporis Doctorum monumenta excutis, sed tuis etiam scriptis medicinam adauges, antiqua novaque illa quidem rariffima, à multisque ne unquam lecta aut visa, in publicum promis, ut parum vel nihil ignorare videaris. Quid enim est, quod naturae bonitate consequi nequeas? Facis, quod solent curiosi, curaque nocturna aeque ac diurna rerum omnium arcana detegis, animique impetus eo convertis omnes, ut ne medicina stet inculta, sed tuo inprimis studio proficiat & ad perfectionem deducatur. Ad artis nostrae tuamque pertinere existimationem putas, si quoad ejus fieri potest, excellenti ingenii magnitudine caveas, necum Helmontio non profecisse medicinam quis conqueratur. Quamobrem vel publico nomine Deo gratias ago devotissimas, quod vitam tibi prorogaverit, teque ad amplificandum medicinae decus servarit superstitem. Musae, cum haut ita pridem graviter aegrotares, tristes stare, atque ex periculo tuo discrimen adire videbantur. Fugato nunc morbo prae gaudii magnitudine exsiliunt, tantoque decoris sui assertore superbiunt. Gratulantur Dillenio, cujus opera secundum Deum levatus febri maligna es; Tibi, quod divino judicio longiori dignus vita videris; Sibi quod ex salute tua non spernendam gloriam eximiumque se consecuturas decus sperant. Scire videntur, quam naturae dona divinitus tibi concessa, ad unius honorem Dei communemque utilitatem conferre soleas, ac posteritatem literarum erudire monumentis possis. Quem enim vel industria vel eruditione tecum comparabimus, quem scimus omni liberali doctrina politissimum? Quis Museum Museorum res quasque memorabiles non uno dicam volumine comprehendere, sed colligere ausurus fuisset, si te vis eripuisset morbi? Perfice igitur & absolve quod coepisti opus, quodve maturius emissurum te nobis recepisti. Magni quidem & otii & ingenii res est, quam moliris; illo certe non abundas, hoc veroad omnia summa te armari, armatumque evolare scimus altius. Ad ingenii vero laudem doctrinae industriaeque gloriam adjicis: res rarissimas vastis dispersas voluminibus, nisi indefesso studio non notandas, strictim colligis, atque exiguam velut florum omnium constituis manipulum, &, ut memoriae consulas, Museum Museorum conficis. Idoneum sane scriptum est, quod nomen tuum titulumque ab oblivione asserat, teque vivum faciat celebrari. Quamobrem quae animi tui ingenuitas est, non patieris, ut quae tuo unius labore erui possunt, perpetuo immersa tenebris sint, eaque supprimantur opera, quorum desiderium tenetuniversos. Tevero Vir Excellentissime hortor regoque, ut officiorum tuorum amorisque nostri conscientia ad explendum scriptorum tuorum desiderium adduci te patiaris, credasque, sitim philiatris te melius restinguere neminem. Eocelerius autem ad umbilicum opus perduces, quo saepius aliquot adhuc morborum generibus vitae expertus fragilitatem es, ne morte praeventus, mutam posteris informationem puteris invidisse. Ego Deum rogo, ut te nobis quam diutissime superstitem praestet, faciatque, ne laus tua unquam intermoriatur. Vale. Alsfeldiaeipsis Idibus Januar. Anno MDCCIII.
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An den Auctorem Dieser vollständigen Schau-Bühne:
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Belehrter Valentin! Du Beyspiel kluger Sinnen
Wie bricht dein Ehren-Licht mit hellem Glantz hervor!
Wann dein geübter Geist durch löbliches Beginnen /
Durch Kunst und Wissenschafft sich schwingt noch mehr empor.
Dein Ruhm hat sich bereits der Welt genung gezeiget /
Nun sieht man daß er gar die Sternen übersteiget.
Du stellst uns wiederum ein herrlich Muster für:
Dein unermüdter Fleiß und feurige Begierde
Gibt deiner Trefflichkeit ein wahres Zeugnüß heit
Und zeigt sich überall in recht vollkomner Zierde.
Umsonst legt man dir nicht schon längst das Urtheil bey
Daß nichts dann treffliches an dir zu finden sey.
Es ist nicht eine nur von den gelehrten Scharen /
Die deinem klugen Kiel sich höchst verbunden acht /
Fast alle haben schon und werdens noch erfahren /
Was dein erweckter Geist zu ihrem Nutz erdacht.
Artzney-Kunst / Metßheits-Lehr / natürliche Geschichte
Und Rechtsgelahrtheit spieln durch dich mit hellerm Lichte.
Die Lugend die dich treibt leid keine Säumnüß nicht /
Du samlest ohne Ruh die Warheits-Frucht wie Bienen /
Was unergründlich schien bringst du ans helle Licht /
Arbeit muß dir zur Lust / Müh zur Ergetzung dienen /
Gleichwie ein Zimmet Baum so ist dein muntrer Geist
Der gleich nach jedem Schnitt die frische Rinde weist.
Ihr die Ihr der Natur Geheimnüß zu ergründen
Durch Meer und Wellen dringt biß in die andre Welt /
Ihr könt nun ohn Gefahr und ohn Beschwernuß finden
Was Ost / Süd / Nord / und West kostbares in sich hält:
Die Früchte Indiens in den beblümten Auen
Läst Doctor Valentin auff dieser Bühne schauen.
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Aegypten / Asien / das reiche Morgenland /
Eröffnen willig hier die Vielheit ihrer Schätzen.
Dort sieht man Wunder-Thier am Nil und Niger-Strand;
Da kan Guineens Schmuck und Zeilans Frucht ergetzen /
Bengala haucht uns an mit Bisem und Zibeth /
Molucca zeiget was auff seinen Jnsuln steht.
Malacca bringt herbey die besten Specereyen /
Und wann uns China setzt sein Thee und Coffe für /
Kan Banda mit Muscat- und Cocos-Nüß erfreuen.
Auch lässet Ormus sehn der schönsten Perlen-Zier
Sampt Steinen edler Art / die klar’sten Diamante
Und was man seltnes sind an diesen reichen Kante
Ja was die Neue Welt in ihrem Umkreiß hegt
Und Peru fliessen läst in seinen Balsam-Wäldern:
Was gar die wilde See in ihrem Schose trägt:
Was in Europa wächst auff Wiesen Berg und Feldern /
Was Welschland / Spanien / Deutschland und Norden hat /
Das alles zeiget uns hier diß gelehrte Blat.
Es sollen nun nicht mehr wie vor im Dunckeln stecken /
Die Gaben der Natur; woher ihr Ursprung sey /
Will dieser werthe Mann uns auß dem Grund endecken /
Der Perlen gantz Geschlecht legt Ihm das Zeugnüß bey /
Dann dieses Muschel-Thau's nie recht erkandtes Wesen
Gibt Er nicht ohne Grund in diesem Buch zu lesen.
Nun prange Niederland! erhebe dich forthin!
Verberge Kammern voll von vielen Seltenheiten:
Seh’ her wie Hessens Ruhm Herr Doctor Valentin
Sie kan zu unserm Nutz und seinem Lob außbreiten.
Du aber Deutsches Reich indem du solches list
Vergiß nicht daß du Ihm darfür verbunden bist.
|| [ID00020]

Erkenne deinen Schatz der dir in Ihm verliehen
Und ruff den Höchsten stets vor seine Wohlfart an /
Daß / was man Unglück nent / mög ferne von Ihm fliehen /
Wo aber diß dennoch Ihm was versetzen kan:
So müsse doch sein Hauß dem Myrrhen Baume gleichen /
Dem Wunde Schnitt und Sturm zu neuem Safft gereichen.
Höchst wohl-verdienter Mann der Himmel segne dich /
Und schütte über dir die Schaalen seiner Güte
Mit viel Vergnügen auß / daß mein Gemüthe sich
Erfreu ob deinem Wohl / und höchst-vollkommnem Blüthe /
Wann dir nun dein Verdienst die halbe Welt verbindt
Und deinen Glückes-Bau auff Ertz und Marmel gründt. JOHANN MELCHIOR Verdriess. Med. Licent.
|| [ID00021]

Ergönnet mirmein Herr und Lehrer meiner Jugend /
Daß ich mit wenigem / was man von seiner Tugend
An frembden Orten spricht / erwehne: was die Welt
Von seinem stetem fleiß und vielen Schrifften halt.
Man redet von dem Buch / darin Er derer Schatzen
Natur und Nutzen zeigt wormit sich die ergetzen/
So GOtt in der Natur verehren mit der That /
Anch samblen was darzu noch viele Kräfften hat.
So laßet dann einmahl die Preße fertig machen
Das rare Cabinet: die Schaubühn solcher Sachen/
Die bald Verwunderung erwecken / bald darbey
Ein Irthumb laßen stehn / was jedes davon sey?
Den allen abzuthun ist allen nicht gegeben/
Es will ein Mann darzu / der in dem gantzen Leben
Nichts anders hat gesucht / nichts anders hat Studirt,
Als was GOtt und Natur in diese Welt geführt.
Das ist nun des Herrn Thun von Jugend auff gewesen/
Nachdem Sie kaum allhier des Lebens sind genesen/
Als man im vorigen Jahr hundert hat gezehlt/
Funfftzig und sieben Jahr und sie der Kirch vermählt.
Man konte alsobald in dero Kinder Jahren
Vorher mit Augen sehn / was man biszher erfahren
Dann was ein Häcklein gibt / das krümmet sich bey zeit/
Die Jugend zeigetschon das Glück und Art der Leut.
Kaum waren sie mit fleiß die Schulen durch gegangen /
Als mit Verwunderung sie sich bald unterfangen
Zu schreiben eine Schrifft / ein Streitschrifft / wie man sagt
Da mann auff offenem Catheder sich gewagt /
Da legten sie den Grund der Welt Weisheit und Tugend /
Wormit man dazumahl zubrachte seine Jugend /
Datz die Philosophie dem Lauff der Artzeney/
Ein festes Fundament und Grundsch blib und sey.
Zwar pflegen heu??? zu Tag die memste diese Sachen/
Aus einem Aberwitz und falschem Wahn verlachen/
Man gebe aber acht / wie bald in k???rtzer Zeit/
Es mang- und fehlen wird an rechtsgelahrten Leut/
Vorhin wars nicht also lich halt es mit den Alten/
Mit welchen Er mein Herr / es damahln hat gehalten/
RUDKAUF der klug Kopff / der schärffte die Vernunfft/
STRAUß, WEIß und PHASIAN warn auch in dieser Zunfft.
KAHLERUS lehrte sie Mathesin und die Schlüße
So unbeweglich stehn / auch die so klage Flüße /
Wormit CARTESIUS erfrischt der Weisen Land /
Da hat Er nicht umsonst Schwetz und Fleiß angewand.
Zwar wolte man darumb Ihm alles Glück versagen
Und den Carthesian gar aus dem Lande jagen:
Sie aber stunden fest / Wahrheiterhilt den Platz /
Sie hielt und muste wohlerhalten ihren Satz.
Doch kont das Wort gezänck Ihn weiter nicht erhalten/
Er schwunge sich empor / was höhers zuverwalten/
Die kunst der Artzeney und was darzu gehört
Hat sie HEILANDUS, TACK und ETTMÜLLER gelebrt.
|| [ID00022]

Bald gab man Ihm Licentz mit Ruhm zu Doctorirn /
Wodurch Er Lufft bekam die Kunst recht zu vollführn /
Zu bringen an den Mann / der Hülff und Raht bedarf/
Diß war der Zweck worauff man die Gedancken warf.
Weil aber ein Prophet im Vatterland gar selten
Und bey dem Landes Volck der Seinigen zu gelten
Pflegt: zog Er über Rhein / umb in dem Pfältzer-Land
Die Praxin anzufahn / mit GOtt in eurem Stand
Die Proben schlugen an / ohn den Kirchhoff zu füllen /
Es gienge alles wohl nach dero Wunsch und Willen /
Drum folgete gar bald die erst Vocation,
Nach Philipsburg am Rhein / vons Käysers Garnison.
Der kluge STAREMBERG, fo das Commando führet/
Hat Ihren stäten Fleiß und glücklich Hand gespüret /
Doch sind Sie nicht lang hier in dem sehr bösen Nest
Das so viel Blut gekost / geblieben und gewest.
Zu reysen stund der Sinn / zu suchen solche Dinge/
Darvon Er jetzo schreibt / wo dero Glück anhienge.
Es gieng den Rhein Hinab in Hol- und Engeland /
Franckreich und-weiter hin / wie Ihm gar wohl bekandt.
Da macht man connoisance mit vielen wackren Leuten /
Von deren renommée man thäte viel außbreiten:
HERMANNUS, DRELINCOURT, SENGUERDUS und zuletzt
VOLDERUS Ihm sehr offt haben den Stuhl gesetzt.
Herr NUCKIUS im Haag und der Van SOLINGELN,
Die liesen Ihn niemahln ohn Lehre leer hingehn.
Herr REUSCH in Amsterdam / zu Leyden MUSCHENBROEK
Zeigten die Handgriffe / zu Delpht Herr LEWENHOECK.
Der große BOYLE zu Londen E???ch erwiese /
Viel Ehr und Höfflichkeit / zeigtebald die / bald diese
Machinen auff pell mell: der Alte SYDENHAM
Der so berühmte Artzt klagte sein Podagram.
Was die Societät des Königs Hier besitze /
Fast meine Feder nicht / ob sie gleich täglich schwitze
Dem schwartzen Gallen Safft: die Schätze der Natur
Die wimmeln im Colledge Gresham bey ihrer Spur.
Dergleichen findt man auch beym Königlichen Garren
In Franckreich zu Pariß / da thäten Sie erwarten
Den Curiosen Mann / Herm TOURNEFORT: dabey
Du VERNY Du HAMEL zeigten auch mancherley.
Herr LEMERY, VERDUC die thäten ihre Proben /
Auch pflegte MALEBRANCHE sen Recherche zu loben /
Das Observatoire Sie führte Himmel an
Und zeigte auch bey Tag die Stern an diesem Plan.
Das gröste aber doch / das Euch jewahln begegnet
Und Mich zu wünschen Glück offtmahlen hat beweget /
Ist / daß der Theure Fürst / Ernst Ludwig Engeland
Zu eben solcher Zeit erreicht / daß Er die Hand
Des Gnädigsten Lands-Herrn wohl hätte können küßen /
Wann nicht Unpäßlichkeit es Hätte thun vermißen /
Doch war es ominos, daß printz Georg / zu Pariß/
Der Tapffre Held sich auch bald von Euch sehen ließ.
|| [ID00023]

Waskonte man daraus wol anderst propheceyen/
Als was Ihm kurtz hernach im Rückweg thät gedeyen/
Da lauter Huld und Gnad der Fürstin Ihn empfing /
Ja fast noch auff dem Weg gnädigst entgegen gieng.
Kaum hatte man erreicht Elsaß die Teutsche Gräntze /
Kam Zeitung daß man Euch abwesend Doctors-Kräntze
Zu Giessen zugelegt und zwar daß unter Neun
Doctorn Er must der erst allda creiretseyn.
Kaum funden Sie den Ort worvon Sie erst gezogen/
Franckfurt am Mayn ich meyn / da hatte man erwogen/
Was Sie biszher gethan: Es kam Vocation
Da man Euch aßignirt ein Neu Profeßion.
Da gieng der Lermen an / da brennts in allen Gaßen /
Die Competenten diß ohnmöglich konten faßen /
Daß ein Hoch-Fürstlich Hauß solt kom̅en zu dem Schluß/
Die Helffers-Helffer auch die Sache sehr verdruß.
Allein es blieb darbey / man sahe nach Meriten/
Und ob Er schon darum niemahlen hat gestritten /
So hat die Schickung doch es wunderlich geschickt /
Daß es vor andern Euch / wie billich / hat geglückt.
Nun hatten Sie recht Platz den Krahm wohl außzulegen/
Und was vor unbekandt in Giessen / zuerwegen
Das Wort-Gezänck war auß / es gieng bund über Eck
Und die Scholastici flohen mit Säck und Päck.
Da führten Sie nun ein viel Neu Experimenten /
Man sahe hier und dar viel schöne Instrumenten:
Tubos, Barometra, Laternas Magicas
Die Lufft-Pomp Bren-Spiegel und AEolipilas.
Fonteinen stiegen auff: Das waren Bömsche Oetter
Denen so sich zuvor geschlept mit blosen Wörter /
Man zeigte auch darbey viel rare Ertz und Stein /
Wurtzeln und Erd-Gewächs / viel Thiere groß und klein.
En fin: was die Natur in Waßern / Lufft und Wäldern /
Was an dem Himmel steht / und unten in den Feldern /
Das wurde vorgelegt: Da samlete man auff
Was Er in diesem Buch jetzt zeigt bey einem Hauff.
Doch blieb es nicht darbey / es musten auch die Kräffte
Und Nutz zur Artzeney / Exatract, Essentz und Säffte
So man von allen macht / da außgeleget seyn /
Wie man sich soll darzu / in Praxi schicken drein.
Deßwegen zog man Sie zu andern Functionen
Der höhern Facultät / umb Ihnen zubelohnen /
Den unermüdten Fleiß und was man hat praestirt/
Zum Ruhm der hohen Schul die Er bißher geziert.
So offt Ihr Rector wurd / so offt Ihr Dechant waret
Hat man kein Müh noch Fleiß noch Sorgfalt je gesparet /
Wie manch Programma zeigt / wie manch Oration
In offentlichem Druck zur Gnüge zeugt darvon.
Zur Gnüge zeugen auch davon so viele Schrifften
So der gelährten Welt so grossen Nutzen stifften /
Der Cursus Medicus, Pandecten und Physic,
Was auch noch sonsten mehr gehört zu diesem Stück.
|| [ID00024]

Was hat Er nicht gethan in dem berühmten Orden
Der unter LEOPOLD dem Grossen grösser worden ?
Adjunctus wurdet ihr / nachdem Er lang zuvor
Euch als Collegam hat gesehn in seinem Chor.
Ja was noch weiter folgt / so kam auß frembden Landen
Von padua ein Brieff / von nicht geringen Handen /
Worin ihr in die Zunfft der Ricovraten kahmt /
Und die Possession in Welschland auch einnahmt.
Da wurde Euch der Weg von neuem wohl gebahnet
Zu der Correspondentz / worzu Euch angemahnet
Herr CAROLUS PATIN, der sehr berühmte Mann /
Der Euch schon lang zuvor gegrüsset dann und wann.
So macht man sich bekannt / so kan man Freundschafft stifften
Auch in der frembden Welt durch offentliche Schrifften/
Dergleichen Er so viel möcht geben an das Licht
Daß man sie / ob man wolt / doch könt erzehlen nicht.
Nur bitt ich dieses noch / daß doch / wie viele sorgen/
Die Schaubühn der Natur nicht länger bleib verborgen:
Es wartet männiglich gar sehr auff dieses Stück /
Drum bitt ich noch einmal / last es doch nicht zurück.
Damit es aber bald ans Lichte möge eylen /
So wünsche noch zuletzt in diesen rohen Zeilen /
Daß Sie der Höchste GOtt erhalten mög gesund /
Ersegne Leib und Seel / jetzt und zu aller Stund! Demingen den 3. May 1703. Dieses bittet und wünschet seinem Hochgeehrten Herrn Vettern und ehemahligen Gutthätern auß schuldigster Observantz M. JOHANN CASPAR Metzger / p. t. Pfarrherr zu Deiningen im Fürstenthum Oettingen.
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Einleitung oder Vorbericht / Von Den Natur- und Material-Kammern auch denen sich darinn befin- denden Simplicien ins gemein.
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MErckwürdig und überaus nachdencklich ists / wann mann im Buch der Schöpffung lieset / daß / als der höchste GOTT nach Hervorbringung aller Dingen ein jedes Geschöpff augesehen habe / dasselbige immer gut befunden worden: Welches nicht allein zum fünfftenmal ven jeder Art absonderlich zulesen ist / sondern es wird auch solches zuletzt nochmahlen von allen über haupt mit einem fonderlichen Nachdruck wiederhohlet / indem der H. Geist im 31. Vers des i. Capitels Geneseos setzet: Und GOTT sahe an alles was er gemacht hatte / und sihe / es war sehr gut. Es wuste nemlich der Allerweise GOTT schon längst aus seiner ewigen Providentz / daß sich der undanckbare Mensch nach dem leidigen Sündenfall endlich auch dahin würde verleiten lassen / daß er seine so herrlich gute und wohl gebildete Geschöpff auff allerhand Art und-Weist zumeistern oder wohl gar zuverbessern trachten werde: Zu dessen Uberzeugung der Heil. Geist die vollkommene Gürigkeit aller und jeden Geschöpiffen so offt und nachdrücklich ausgesprochen hat. Ich will jetzo nicht sagen / daß die eitele und Tag so sehr einreisende Goldmacher hier ihren Text schon finden / als welche die geringere Merallen / so ihnen nicht gut genug sind / in die edlere und köstlichere / als Gold und Silber zuerhöhen / und also Gottes Geschöpffe auch zuverbessern suchen: Indem ihre wunderliche und sehr verblümte Schrifften (davon jüngsthin zu Genev eine gantze Bibliotheca Chymica zusammen gedrucket worden) zur Genüge bekand sind / auch die tägliche Erfahrung dezeuget / daß ihre von lauter Gold und Panaceen geschwängerte Berge endlich kaum ein lächerliches Mäußlein gebähren; vielmehr gebe jetzo dieses zu überlegen / ob sich diejenige Aertzte nicht auch dieser Sünden theilhafftig machen / welche die von GOTT so weißlich erschaffene natürliche Mittel oder so genandte Simplicia wo nicht gar hindansetzen / doch nicht mit zulänglicher Sorgfalt auffsuchen / sondern an deren Stell entweder nur lange Galenische Rece???t: oder durch Chymische Kunst daraus gezogene Quint Essentzen / Spiritus, Olea, Salia, extracta und dergleichen gebrauchen / und solches alles unter dem zwar scheinbahren aber doch nichtigen Vorwand / daß sie purum ab impuro oder das Reine von dem Unreinen / das Gute von dem Bösen scheiden thäten. Heiset das nicht auch des Allerhöchsten Geschöpffe meistern und verbessern? Wie reimet sich aber dieses mit der Heil. Schrifft / welche bezeuget / daß alles was GOtterschaffen hatte / valdè bonum und sehr gut gewesen seye: Gut nach dem Wesen / gut nach den Kräffren und Würckungen. Wolte man vielleicht sagen / daß doch gleichwohl augenscheinlich ein grosser untauglicher Unrath zurück bliebe / welchen sie deswegen caput mortuum / ja gar terram damnatam schelten: so ist zu wissen / daß dieser so genandte todte Satz in solcher Gestallt mit nichten in denen Simplicibus gestocken / sondern von den Menschen durch das Feuer also gemacher werde / welches der gelahrte Helmont deswegen nicht unbillich mortem in manu ar???tier, das ist: den Tod in des Künstlers Hand genennet hat. Man lasse sie nur in ihrer Textur und Zusammensetzung unter dem andern Theilgen / wie sie der Allweise Schöpffer zusammen gefüget und geflochten hat / so werden sie nicht weniger eine lebendige und viel bessere Krafft haben / als alle gekünstelte Salia, Spiritus, Olea und dergleichen. Wann man aber dasjenige / was Gott zusammen gefüget und gleichsam vermählet hat / aus menschlicher Aberwitz scheiden thut / so macht man alsdann aus denen irdischen und in der Vermischung sehr guten Theilgen lauter capita mortua, terras damnatas & inutilia terrae pondera. Glaube mir / mein lieber Pyrophile daß dieses eine von den grösten Ursachen seye / daß man heut zu tag so viel unheilbahre Kranckheiten (von welchen Seidelius ein gantzes Buch geschrieben) zehlet / gegen welche der höchste Gott ohn allen Zweiffel auch gewisse Mittel / so aus der Erden wachsen / gestiftet hat / wann man sie nur mit gehörigem Fleis und Sorgfalt auff / suchte / und wie sie Gott geschaffen / unverändert brauchen thäte. Nachdem man aber mehr auff einen menschlichen Mischmasch / oder durch das Feuer zerzerrete Mittel bauet / hergegen diejenige Simplicia, welche Gott aus der Erden geschaffen / und ein Vernünfftiger nicht verachten solte / fast gäntzlich hindan setzet: so ist nicht wunder / daß die edle Heil Kunst von so vielen Jahrhunderten nicht allein wenig oder gar nichts zugenommen / sondern von ihrer alten Würde und Adel sehr abgenommen habe. Man sehe doch nur ein wenig in die alte Zeiten (da sich die erste Meister in der Medicin, als AEsculapius, Hippocrates und andere fast einig und allein an die Simplicia oder einfache Artzneyen gehalten) zurück so wird sich befinden / daß sie damahlen viel grössere Thaten / und Curen gethan / als die heutige Chymisten: auch deßwegen in solchen Ehren gehalten worden / daß man ihnen zur Zeit der Noth soviel Geld und Gut / als sie nur haben wollen / angebotten / die gröste Ehr erwiesen / ja endlich / auff heydnische Art und Weise / gar vergöttert hat. Man [ID] frage auch die heutige Erfahrung um Raht / so wird es sich zeigen / daß diejenige Kranckheiten so offters durch viele und sehr grosse Recepte, Tincturen / Essentze und Quintessentze durchaus nicht konten gehoben werden / endlich durch ein eintziges und schlechtes Mittel / so Gott und die Natur gegeben / glücklichvertrieben und gezwungen worden seyen. Der obbelobte Niederländische Edelmann van Helmont hat es an seinem eigenen Leib erfahren / auch ohnerachter er ein vortrefflicher Chymicus und (wie er sich öffters nennet) Philosophus per ignem gewesen / selbsten gestehen müssen / daß / da keine vermischte Artzueyen bey ihm auschlagen wollen / er endlich durch ein eintziges schlechtes Simplex curiret worden. Es hatte nemlich dieser gute Helmontius einsmahlen / als er noch ein junger Cavalier gewesen / eine vornehme / aber kratzige Dame, von welcher er damahlen Abschied nahme / eine Zeitlang bey der Hand gehalten / und mit derselben Handschu gespielet: worauff er sich diese Galanterie auch an Hals gezogen und das gemeine Sprichwort wahr befunden: Morbida facta pecus totum corrumpit ovile. Als er nun derselben abzukommen eiuige vornehme Medicos zu Raht zoge liese man ihm zur Ader / man purgirte und exercirte ihn also / daß ihn fast die Füsse nicht mehr tragen konten: und als er hernach wie zuvor der krätzige Helmont verbliebe / brauchte er endlich nur den gemeinen rohen Schwefel äusserlich / und wurde davon alsobald gesund / wie er diesen Casum wohl zweymahl in seinen Schrifften / als Part. I. Tr. Scab. & Vlcera Schol. §. 3. und im andern Theil Tr. de febribus §. 10. mit mehrern Umbständen erzehlet hat. Damit aber niemand meyne und etwa zu einem Gegenwurff vorwenden möge / daß dieses alle in von denen so genandten Galenischen und gemischten Artzneyen / nicht aber von den Chymischen Zubereitungen zuverstehen sey: So wil noch ein andere / auch allen Doctoribus wohlbekandte Histori, so sich am Königlichen Hof zu Versalien in Franckreich zugetragen hat / hinzu rhun / allwo der Dauphin oder Königliche Erb-Printz mit einem Quartan Fieber befallen wurde. Nun kan ein jeder gleich erachten / daß sobalden alle Königliche Archiatri und Archiatrorum Comites beruffen worden seyen / welche dann alle kostbahreste elixirien, essentzen und antifebrilischen extracta ein lange Zeit verschrieben haben / denen doch das hartnäckichte Fieber nicht weichen wollen. Endlich stelte sich der hierdurch so berühmte Talbotius aus Engeland mit seiner Chinà Chinae ein / brachte damit obbemeldten Kön. Printzen in sehr wenig Tagen zur vorigen Gesundheit / und truge nicht allein wegen seiner Cur einig tausend Loys d'or davon / sondern bekame noch ein sehr grosses Geld / daß er dieses arcanum entdeckte / welches der König Ludovicus XIV. nachmahlen seinen Unterthanen zum Besten (wie noch vor kurtzer Zeit auch mit der Ruhrwurtzel Ipecacuanha geschehen) in offentlichen Druck heraus geben lassen; wie solches vor einigen Jahren auch unsern Hessen zum besten / in einer absonderlichen Disputation allhier weitläufftig beschrieben habe. Wer wolte dann nun nicht zugeben und gestehen / daß dergleichen natürliche Simplicia und Specifica einen viel grössern effect, als andere daraus gekünstelte Vermischungen / nach sich ziehen solten? Und ob ich zwar weder diese noch andere Chymische Zubereitungen gäntzlich verwerffe / vielweniger dieses zu ihrem Nachtheil geschrieben haben will / in dem dieselbe offt auch seldsten verordne: So soll und muß man die vorige und einfache Artzneyen deswegen nicht geringer halten oder wohl gar hindansetzen / sondern mit grösserm Fleis / als bis daher geschehen / aufzusuchen trachten: zumahlen sie nicht allein dent Nutzen nach / sondern auch in Ansehen der jenigen Ergetzung / so curiose Gemüther aus deren Anschauen empfinden / den letzteren weit vorzuziehen sind. Man setze einmahl alle Salia, Spiritus, O???täten und dergleichen bey einander und sehe / ob dieselbige so wohl lassen / als die in so vielen Kunst- und Naturalien Kammern spielende Simplicia, so in allerhandgläntzenden Ertzen / schön gebildeten Steinen / Muscheln / Wurtzeln / Blumen / fremden Thieren / Vögeln / Fischen und dergleichen bestehen. Und ob zwar der berühmte D. Major im 6. Capitel seines unvorgreifflichen Bedenckens von den Kunst- und Naturalien-Kammern insgemein (welches wir aus Mangel der Exemplarien diesem Buch angehänget haben) fast zweiflen will / ob irgendwo in der Welt ein gantz vollkommene und in gehöriger Ordnung stehende Naturalien-Kammer zufinden seye? so wird man doch in einer jedweden etwas antresfen / woran sich ein curioses Gemüth erfreuen und vergnügen kan / so gar / daß der allerweiseste König Salomon in seiner grösten Herrlichkeit das meiste Vergnügen an dergleichen Naturalien gehabt hat / indem er im 1. Buch der Königen am 4. Capitel im 33. Vers nicht sowohl von grosser Macht und politischer Herrlichkeit / als von Bäumen / vom Ceder an zu Libanon / bis an den Ysop / der aus der Wand wächset: wie auch vom Vieh und Vögeln / vom Gewürm und Fischen discurriret habe; und weilen er auch anderstwo / nemlich Eccl. 2. §. 4. selbsten rühmet / daß er sich Weinberge / Gärten / Teiche und dergleichen gebauet / auch alle Geschlechte von Kräutern gepflantzet habe: So ist nicht zuzweifflen / er werde sich auch eine dergleichen Kunst- und Natural en-Kammer angeschaffet haben. Wünschte nun der berühmte teutsche Redner D. Schupp zu seiner Zeit / daß er Salomonis Physic (so er soll geschrieben haben) sehen und lesen möchte; so wünschte ich vielmehr dessen kostbahres und unschätzbahres Museum und Cabinet gesehen zu haben. Noch deutlichere Spur und Nachricht findet man in Heil. Schrifft von des Königs Hiskiae Naturalien-Kammer / nemlich im 20. Capitel des andern Buchs der Königen / allwo nebst dem Gold und Silber / so in des Königs Schatz-Kammer gezeiget wurde / auch allerhand Specerey und Oel gesehen worden; wie dann auch von andern heydnischen Königen in Orient dergleichen Schätze und Raritäten auffgehoben und in gewisse Behaltern verwahret worden. Also lieset man von Inga dem König in Peru, daß er alle Thiere / Vögel / Menschen / Bäume samt den Blättern und Früchten von purem Gold habe nachmachen und auffhe [ID00027] ben lassen. Nicht weniger soll Montezuma ein Mexicanischer König / dergleichen Bildnusse in Gold und Edelgesteinen abgebildet / auch sonsten allerhand rare Thiere / Vögel und dergleichen in gewissen Behältern und Theriotrophiis, zu seiner Ergetzung ernehret haben. Was aber der grosse Mogol in Indien zu Agra vor herrliche undkostbahre Raritäten in 8. grossen Gewölben gehabt habe / beschreibet Erasmus Francisci im 3. Theil seines Ost- und West-Indianischen Lust-Garten pag. 1438. Gehen wir von dannen in Africam so finden wir / daß der Aegyptische König Ptolomaeus Philadelphus, so gegen das Jahr 3666. nach Erschaffung der Welt / oder 283. Jahr (ohngefehr vor Christi Geburt floriret hat / auch viele kostbahre Schätze gesammlet / und wo nicht eine vollständige Raritäten-Kammer / doch ein und andere Behältnüsse zu seinen kostbaren Sachen müsse gehabt haben / von welchen der Judische Geschicht-Schreiber Josephus lib. 12. Antiq. Ind. c. 2. handelt. Von des Ibrahim Bassae Raritäten zu Constantinople will jetzo nicht viel Wesens machen / in dem vieles / was von ihm geschrieben wird / mehr einer Romaine, als der Warheit ähnlicht ist. So köstlich nun diese vorbesagte Schätze der Heydnischen Königen auch scheinen mögen / so sind dennoch die jenige Kunst- und Naturalien-Zimmer / welche man heut zu Tag in Europa, nicht allein an hoher Herren Höfen und bey vornehmen Collegiis oder Societäten / sondern auch bey einigen Privat-Personen findet / weit nützlicher und curioser, indem man hierinnen nicht nur grosse Goldkiumpen und daraus formirten Kunststücker / kostbahre Jubelen und bergleichen / sondern auch sonst allerhand Naturalia von fremden und ausländischen raren Gewächsen / Thieren / Steinen / Bergarten und dergleichen zusehen hat / aus welchen Gottes Allmacht und Weisbeit immer klärlicher hervor scheiner. Dieses bezeuget das so kostbahre und sehr rare Museum am Käyserlichen Hof zu Wien / aus welchem auff gnädigen Befehl Ihro Käys. Maj. des Siegreichen und unüberwindlichen LEOPOLDI MAGNI verschiedene Abrisse in das jährliche Zeit- und Tag-Register der allgemeinen Teutschen Academie der Natur-Kündiger einverleiber worden. Es bezeuget dieses auch das Königliche-Danische Museum zu Coppenhagen / welches Herr D. Oliger Jacobaeus sehr artig beschrieben / und mit schönen inscriptionibus gezieret hat; Welchem die vor diesem so berühmte Gottorffische Kunst-Kammer / so vom Herrn Oleario in Druck gegeben worden / sehr nahe kam / nachmahlen aber ziemlich distrahiret und verkleinert wurde; Und obschon die gleichfals Weltberümbte Dresnische Kunst-Kammer in Sachsen mehrentheils aus sehr raren und künstlich aus gearbeiteten Meisterstücken / als allerhand Uhrwercken / Gewehr / Medaillen und dergleichen bestehet / so fehlet es doch auch darinnen nicht an verschiedenen Naturalien und daraus praeparirten Chymischen Artzneyen / wieaus des Zeileri Handbuch pag 475 zu ersehen ist. Was siehet man aber nicht vor seltzame und Verwunderungswürdige Geschöpffe zu Ambsterdam im Theatro Anatomico der Barbierer? Was findet man nicht zu Leyden im Umbgang des Lust-Gartens oder Horti Medici, wie auch in dem Ein- und Umbgang der Schney-Kammer: worvon man die Auffzeichnung und Register gnugsam haben kan? Welche herrliche Raritäten und Naturalien sam̅let nicht die Königlich-Englische Societät zu Londen im Gresham Colledge, davon auch ein grosses Buch im offentlichen Druck zusehen ist? welchem das Theatrum Scheldonianum zu Orfortwenig nachgibt / so mit dergleichen exoticis rundaus behangen und gezieret ist. So fehlet es auch in Franckreich / absonderlich zu Paris nebst dem Th???arro Anatomico vor dem Königl. Garten / wie auch in dem Kön. Schatz zu S. Denys an dergleichen Raritäten garnicht / indem auch einige Beschreibungen darvon im Druck heraus kommen sind. In Italien finder man zwar wenig dergleichen vollständige Musea Publica / ausser was etwa in dem Weltberümbten Laboratorio des Groß Herzogen von Florentz / zu Pisa bey der Medicinischen Facuität und in dem Collegio Medico zu Rom noch zu sehen ist; Allein es sind doch jederzeit sowohl darinn / als auch in den benachbarten Königreichen Neapel und Sicilien sehr curiose und meistentheils Gelahrte Privat Personen gewesen / welche sich dergleichen Naturalien in grosser Menge zugeleget haben. Unter solchen rühmen die Reisenden des Edlen Herrn Johannis Francisci Habelae, des Geistlichen Ritter-Ordens von Jerusalem und Vice-Cantzlars der Insul Malthae Museum Melitense, dessen Herr Niederstatt in Beschreibung dieser Jusul Cap. 5. pag. 17. gedencket / item D. Petri Castelli Raritäten Zimmer zu Messina, welches Thomas Bariholini in verschiedenen Briefen rühmet: Pauli Bocconis und des Edlen Vincentii Cioffi, Joh. Vincentii Portae, Donati des Einsiedlers und Fabii Columnae Raritäten zu Neapel: So dann des so fleiss gen Jesuiten Athanasii Kircheri in Rom / allwo auch die Barberini Burghesii, Farnesii disfalls bekandt gewesen. Nicht weniger Raritäten sahe man vor diesem zu Bononien bey dem Vlysse Aldrovando: zu Veron bey Ludwig Moscardo (dessen Museum in Italianischer Sprach gedrucket ist) zu Mayland bey Manfredo Septala: zu Padoa, bey Herrn Sala, Speronio, Vrsato und dann zu Venedig bey dem Herrn Rosino, Fosearino Grimani und in S. Marcus Kirche. Indessen bat man eben nicht vonnöhten alle diese außländische Musea mit grossen Kosten auffzusuchen / in dem man in Teutschland und denen benachbahrten Ländern hin und wieder dergleichen auch bey vielen Privat-Personen findet / davon man einen langen Catalogum in des obbelobte̅ D. Majors unvorgreifflichen Bedencke̅ von den Kunstun̅ Naturalien-Kam̅ern sehen wird; dahero auch D. Willius in seine̅ artige̅ Büchlein de Philiatrotum Germanorum Itineribus de̅ Teutschen Medicis rathen wil / daß sie vielmehr in Teutschland / und dessen benachbahrten Lande̅ / als in Italie̅ / Franckreich und andern Ländern herumb reisen möchten. Wir wolle̅ anjetzo nur derjenigen gedencken / welche bis daher im offentlichen Druck her auß gekom̅en sind / worunter das so berümbte Museum Wormianum wohl den Reyhen führen kan / welches eines vo̅ den Volständigste̅ ist / und gleichsam vor ein Muster unter alle̅ kan gehalte̅ werde̅ / nachdem es von dem Authore selbsten / Hn. D. Olao Wormio, Königl. Leib-Medico und Professore in Coppenhagen zusammenge lesen / und sehr accurat beschrieben worden Nach diesen können der beyvem Nürnbergischen Herrn Beslern Gazophylacia, so aus lauter schönen Kupffern bestehen / den nechsten Sitz einnehmen / welche doch bey weitem so vollkommen nicht sind / wie das vorige. Diesem folget das Straßburgische Museum Brackenhoferianum, welches von Hn. Bockenhofen in schönen Inscriptionen unter Augen geleget worden; wiewohlen zuwünschen wäre / daß solches von dem Seel. Authore selbsten hätte können beschrieben werden / welcher einen grossen apparat eigenhändig MSS. und zum Theil gestochenen Kupfferstücken hinterlassen hat / welche des offentlichen Drucks desto mehr wehrt wären / weilen bey allen ein recht außführliche Beschreibung zusinden ist / welche an dem Museo Petiveriano (so jetzo noch in Engeland continuiret, und zu. Hanover gedruckt / in den Monatlichen Außzügen A. 1701. Mens. Jan. p. 88. gerühmet wird) meistentheils fehlet. Von den übrigen hat man nichts / als nur einige Register in offentlichem Druck gesehen / worunter der Catalogus über Burgemeister Lorentzen zu Leiptzig vorhandenen Naturalien-Kammer und der Index Musei Speneriani noch zusehe̅ sind; welches letztere doch / nach des seelige̅ Hn. Speneri Todt hin und wieder zertheilet und distrahiret worden: nicht anderst / als es auch mit deß berümbten Hermanni Museo Ceylonico zu Leyde̅ in Holland / und noch kürtzlich mit des Herrn. Peikenkams Kunst und Naturalien-Kammer zu Marburg in Hessen geschehen ist / ob deß Hn. Rumphii Amboinsch Rariteit-Kam̅er welche Frantz Halma in Amsterdam zum Druck bereiten wollen / würcklich beraus gekommen seye / hab noch nicht erfahren können.
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Hierzu kan man billich die jenige Specerey-Kammern / welche in den Oost- und West-Indischen Haüsern zu Ambster dam / wie auch bey den Grossirern in den vornehmbsten Seehäfen zusehen sind / referiren / welche nicht zum blosen Anschauen allein / sondern auch zu dem gemeinem besten gewidmet sind / da sonsten von den vorhergehenden wohl jemand sagen möchte:
Quid juvat aspectus, si non conceditur usus. Und eben deswegen sind auch die so nützliche Material-Kammern / welche man in den grossen Handel-Städten / als Lübeck / Hamburg / Leiptzig / Franckfurt und Nürnberg findet / vor beste Musea zuhalten / zumahlen auch darinnen offt sehr viele raritäten angetroffen werden. Dahero dan einige Curiose Materialisten und Apotheker entweder nur die rareste Naturalien, oder zugleich alle Materialien beschrieben haben. Unter den Ersten sind die beyde Imperati zu Neapel / als Ferdinandus Imperatus und desen Sohn Franciscus, welcher deß Vatters naturalia durch Beyhülff des Colantonij Stelliolae beschrieben hat. Ingleichen hat Franciscus Calceolarius zu Veron sein Museum durch Benedictum Cerutum heraußgegeben. Unter den Teutschen aber hat Christophorus Vielheuer eine Beschreibung frembder Materialien, mit einigen Holtzstichen / und Gottfried Nicolai ein Museum Cuiosum durch D. Christian warlizen heraus gegeben. Zu der andern Class gehören die bekandte Nürnberger Materialisten, nemblich Schurzius und Marxius, welche beyde zwar alle materialia u̅. Specereyen teutsch beschriebe̅ habe̅ / aber doch bey weite̅ so accurat nicht sind / als der zu End des vorigen Seculi zu Paris von Mons. du Blegny geschriebne Traité des Drogues und des Pomet Histoire des Drogues oder Beschreibung frembder Materialien: in welcher letztere̅ der Scribent sich deß berümbten und aller Simplicien fehr kundige̅ Hn. Tourneforts, Rath und Hülff bedienet / und also es den andern Materialisten weit zuvor gethan hat. Weilen aber in diesem sonst schönen und kostbahren Buch noch viele Mängel / Fehler und Gebrechen zufinden: die vorgemeldte Teutsche Material-Kammern auch guten theils sehr falsch gedrucket und von dem Ursprung / Wachsthum und Natur der Simplicien offt gantz irrige Meynungen führen; so bin einsinahlen auff die Gedancken gerathen / daß mandem gemeinen Besten keinen geringen Dienst und Vorschub thun würde / wan sie jemand unter den Eruditis die Mühe nehmen wolte / und eine vollständige / auch in der Natur wohl gegründete Material-Kammer in offentlichen Druck herauß gehen liese. Als nun vor einigen Jahren diesen Vorschlag unter andern Discursen Herrn Johann David Zunnern / wohl-vornehmen und umb das gemeine Besten sehr meriurten Buchführern in Franckfurt am Mayn entdeckte / hat Er sich nicht allein sobalden zu aller Bey-Hülffe erbotten / sondern auch mich zugleich ersuchet / solches Werck zuübernehmen / und wie es mich am besten zuseyn düncket / einzurichten / nach gehends aber dessen Distraction Ihm vor andern anzuvertrauen. Nachdeme dan in denen 20. Jahren / welche in der Welt belobten Academia Leopoldina Naturae Curiosorum gestanden / die meiste Authores, so von diesem oder jenem Gewächs en particulier geschrieben / in meiner Historiâ Liteririâ Curiosorum recensiret und zusammen gezogen / auch auff hiesiger Löbl. Universität zu Giessen bey die 17. Jahr / als Professor Physices und Medicinae Ordinarius gelebet hatte / und mir dergleichen Materie nothwendig bekandt machen müssen; so hab mitdesto grösserem Bestand das Werck zur Hand genommen / allerhand Musea oder so genandte Kunst-Kammeren / Curiose Zeit- und Tag-Register / Reis-Beschreibungen und andere Bücher der Naturkündiger zu dem End noch einmahl conferiret / den wahren Ursprung / Wachsthum und Eigenschafft der Simplicien herausgezogen / derselbigen Selectum aber / und was sonsten zur Handlung gehöret / aus obberührten Materialisten beygefüget / auch endlich den Nutzen und Gebrauch aus der bewehrtesten Medicorum Schrifften hinzugethan: zugleich aber die sauberste und mit der Natur recht übereinstimmenden Kupfferstücken und Abbildungen aller Orthen auffgesuchet / wordurch in wenig Jahren einen zulänglichen apparat zu diesem Werck herbey gebracht; und ob es gleich an vieler Mühe und Unkosten / wie sich ein jeder / so dieser Sachen kundig ist / leicht einbilden kan / nicht ermangelt hat / so habe doch alles mit sonderbahrer Vergnügung und Ergötzlichkeit bezwungen / zumahlen Ichempfunden / daß durch sonderbahre Vorsorge GOttes / als des allgütigen Schöpffers und Erhalters der Natur / sich es also schicken müssen / daß fast alle hierzu gehörige Subsidia sich ohne sonderbahre Sorge darzu auffgeworffen haben / indem nicht allein obbelobter Herr Zunner einige sehr theure und kostbahre Bücher / als den Hortum Malabaricum, Plukenet, Rudbeckij Atlanticam, Tournefort, Willougby, sambt verschiedenen Muscis, theils auffseinen / theils auff meinen Kosten an die Hand geschaffet hat / sondern auch umb eben diese Zeit Herr Johann Gottfried Vitus / jetziger Zeit Materialist und Handels-Mann in Wormbs / von seiner Keyß auß Oost-Indien kam / und nicht allein einen grossen Vorrath von allerhand Naruralien und raritäten / sondern auch einen zimlichen convolot von Holländischen MSS. aus des Herrn Herberti de Jagers Verlassenschafft mit sich brachte. Nun konte zwar bey seiner ersten Ankunfft / da Er noch etwas wunderlich und griedlich war / solche weder umb Geld / noch umb gute Wort von Ihmerhalten: als ich aber nach mahlen Ihme meine Intention schrifftlich entdeckte / auch ein ehrliches dafür offerirte, hat Er mir solche nicht allein überlassen / sondern ist auch von freyen Stücken zu mir naber Giessen gekommen / umb einige Tige lang selbsten mündliche Instruction von einem oder andern mit zutheilen / zumahlen die mit so vielen abbreviaturn geschriebene Brieffichafften ohne vorhergehenden Unterricht nicht wohl zulesen waren. Bald hernach hatte auch das Glück [Tit. ] Hern D. Engelbrechr Kempffern [welcher kurtz zuvor auch von seiner Persianischen Reyse zurück gekommen war] allhier in meinem Hauß zusprechen / welcher dan vieles / so mir Herr Vitus mündlich erzeblet hat / confirmirte und bestättigte. Was mir nun dieselbige noch vor ein Licht in diesen Sachen haben gegeben / wird der günstige Leser auß dem Anhang dieses Buchs / nemblich den Oost-Indianischen Send-Schreibe̅ und darbey gefügten beschwornen Rapporten selbsten judiciren können. Zum wenigsten hat man hier etwas zuverlässiges / weilen es von grundgelehrten / erfahrnen und darzu bestelten Leuten (deren eigene Hand ich noch besitze) herrühret / welche alles mit Augen gesehen haben und desto mehr Glauben meritiren. Was endlich den Method oder Schreib-Arth / deren Mich in diesem Werck bedienet habe / anlangen thut / so habe Mich meistens an die Haupt-Sache und realia gehalten / indem vor un̅öthig und verdrieslich erachtete / so viele Namen / welche de̅ Materialien in allerhand Sprachen beygeleget werden / vorher zusetzen / weilen dieselbige in des Schroederi Pharmacopoeiâ (so in aller Apothecker Händen schwebet) weitlaüfftig zufinden sind / auch gantze Lexica davon handlen. Daß aber nicht alle raritäten und Naturalien, so hin und wieder in denen Cabinetten und Museis gefunden werden / diesem Buch einverleibet habe / ist deswegen geschehen / weilen vor dismahl nur die jenige materialia, so einigen Nutzen in der Artzney und andern Handthierungen haben / melden wollen / als welches deswegen billich von sich sagen kan: ET PROSUM ET DELECTO Ich Nutze und Ergetze. Solte Ich aber mercken / daß Curiosen Gemüthern mit den Ubrigen auch gediener wäre / so könten dieselbige künfftig wohl ein neuen Tomum abgeben; wie Ich dan auch nicht ungemeynet bin alle diejenige Machinen und Instrumenten, deren sich die heutige Natur-Kündiger in ihren Collegiis Curiosis Experimenta ibus bedienen / in dem III. Tomo, unter dem Titul eines Armamentarii Naturae oder Rüst-Kammer der Natur hinzu zuthun. Alles zu GOttes Ehren! welchem den günstigen Leser hiermit treulichst empfehle / und wan Er etwa auch ein- oder andere Curiositäten dem Publico mittheilen und Mir zu jetzt bemeldten neuen Schrifften anvertrauen wolte / aller Danckbahrkeit und remuneration versichere / D. Giessen den 20. Martij Anno 1704.
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CONSPECTUS LIBRORUM ET AUTORUM ALLEGATORUM, Oder Entwurff Aller Bücher und Scribenten / welche in diesem Werck ange- zogen und gebraucht worden sind.
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INDEX SIMPLICIUM ET MATERIARUM IN MUSEO MUSEORUM RECENSITARUM.
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Zweytes Register Uber die Teutsche Nahmen aller ???aterialien.
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Register Uber alle Branckheiten / gegen welche dienliche und bewährte Mittel in diesem Werck beschrieben sind.
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Bedeutung aller Chymischen und Jedicinalischen Zeichen / welche in diesem Buch zufinden sind.
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ENDE
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Der vollständigen NATUR- und MATERIALIEN Kammer Erstes Buch / Von denen MINERALIEN und METALLEN Das I. Capitel Von der Siegel-Erde / Bolo Armenâ, Margâ und andern dergleichen Medicinalischen Erden.
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Abbildung

§. 1.
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DIe Siegel-Erde / oder TERRA SIGILLATA, ist ein fetter und schwerer Thon / welcher gemeiniglich in runde Küchlein formiret und mit gewissen Siegeln und Bildern bezeichnet wird: eines anhaltenden Geschmacks / erdichten Geruchs / und bald roth / bald gelb / braun / weise / oder von anderer Farb: wird theils in Teutschland / theils in andern Ländern gegraben und heraus gebracht / von welchen sie insgemein ihre Beynahmen bekommet.

§. 2.
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Von dieser gestegelten Erde gibt es ver [2] schiedene Arten / deren wohl 9. biß 10. von Samuel Dale in Manud. ad Mat. Med. pag. 45. erzehlet worden sind / über welche doch in des Wormii und anderer Kunst- und Naturalien Kammern noch weit mehrere geschen werden: worunter die rechte und wahre TERRA LEMNIA vor die beste und rareste gehalten wird / so gar / daß sie dem Gold gleich geschätzet ist. Diese wird in der Insul Lemnos gegraben / und weilen solche der Heydnischë Göttin Dianae gewidmet war / so wurde vor diesem deren Idolum, nemlich eine Geise / von der Dianae Priestern darauf gedrucket: Heutiges Tages aber wird des Türckischen Kaysers Pittschafft / nemlich ein halber Mond mit 3. Sternen / oder auch andere Türckische Characteres darauf gepräget; Und weilen sie von dem Groß-Türcken in so grossem Werth gehalten wird / daß sie nicht darff ausser Land geführet werden / so ist sie fast gar nicht / als durch hoher Herren Abgesandte zu bekommen / denen sie zuweilen verehrt wird: ist entweder gantz roth oder auch weiß. Ohne diese aber werden auch noch andere / mit Türckischer und Arabischer Schrifft bezeichnete / Siegel-Erden gebracht / davon jene TERRAE SIGILLATAE TURCICAE, diese aber TERRAE SIGILLATAE ARABICAE genennet werden / so entweder bleich-roth / grau / oder weiß sind. Ja es kommen auch einige auß dem Heiligen Land / von Jerusalem / welche insgemein weiß sind und TERRAE HIEROSOLYMITANAE genennet werden / worauf gemeiniglich ein Crucifix, oder der PP. Jesuiten Symbolum stehet / wie oben in der Fig. zu sehen ist. Ich habe zwey Stück unter meinen Raritäten / darunter eines / mit dem Crucifix und vielen Creutzen bezeichnet / die Marien-Milch genandt wird / welche auß einer Höhle nahe bey Bethlehem gekommen / worinnen die Heil. Maria sambt ihrem JEsus-Kindlein verborgen soll gewesen seyn / und wird den säugenden Weibern zur Vermehrung der Milch gebraucht. Allein ich förchte / es lauffe zuweilen viel Aberglauben mit unter.

§. 3.
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Nach denen Türckischen Siegel-Erden folget nicht unbillich die TERRA SIGILLATA MELITENSIS, welche auß der Insul Maltha, theils in grossen runden / aber doch dünnen / theils kleineren Küchelein oder andern Figuren kommet / wie oben ----zuschen: Sind alle weiß / wie Kreyden / und stehet gemeiniglich S. Pauli Bildnus / mit einer Schlangen darauf / gegen welche solche auch in denen Beschreibungen angerühmet wird / wie in des Wormii Museo pag. 7. kan gelesen werden.

§. 4.
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Weilen aber jetztbesagte Erden / wie auch die TERRA SAMIA, CHIA und CYMOLIA, welche alle weiß und fett / nicht allein sehr rar, sondern auch sehr theuer sind: so gebrauchet man sich an deren statt derjenigen / so bey uns in Teutschland zu finden sind / darunter zweyerley vor andern sehr bekandt und fast in allen unsern Apothecken zu bekommen sind / nemlich die Strigische Siegel-Erde oder TERRA SIGILLATA STRIGONIENSIS, welche gelb / und mit 3. Thürnen gezeichnet / und von Johanne Montano (welcher sie erfunden) in einem besondern Tractätlein A. 1585. beschrieben worden: und die Goldbergische Siegel-Erde oder TERRA SIGILLATA LIGNICENSIS, ausf welcher ein Adler stehet / sonsten aber entweder roth / oder weiß / oder auch gelb anzusehen ist. Beyde werden in Schlesien gegraben und wird die erste auch AXUNGIA SOLIS, die zweyte aber AXUNGIA LUNAE genennet / weilen die erste Gold-haltige / die andere aber Silber-haltende Theilgens in sich haben soll.

§. 5.
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Gleich wie nun auch in Liffland / Böhmen / Ungarn und andern Ländern dergleichen Siegel-Erden gefunden und heraus gebracht werden / also hat man derselben desto weniger allhier in Hessen vonnöthen / je näher und wohlfeiler die bey uns umd Greiffenstein und Laubach zu findende Siegel-Erden zu haben sind / worunter die TERRA SIGILLATA LAUBACENSIS, oder Laubachische Siegel-Erde auch an frembden Orten sehr bekandt ist / nach dem dieselbige von dem alten Herrn D. Geilfus, Hoch-Fürstl. Hessen-Darmbstädtischen Leib-Medico, in einem besondern Tractätlein beschrieben worden. Man gräbet sie in unser Nachbarschafft bey Laubach / so ein kleines Städtlein ist / und denen Herrn Grafen von Solms zugehöret: ist an couleur theils dunckelgelb / theils weiß / darbey gantz fett und nach den übrigen Qualitäten der frembden und Türckischen TERRAE SIGILLATAE in allem gleich: welches auch von der TERRA SIGILLATA GREIFFENSTEINENSI zu halten ist / so in einer Minera Martis in langen und spitzen Zacken lieget.

§. 6.
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Alle diese Erden werden vor gut gehalten / wann sie wohl ziehen / fest an die Zunge kleben und nachdem sie naß werden / in viele Stücker zerfallen. Unter den Frembden wird die Terra Lemnia vor die beste gehalten / welche von Galeno so hoch geschätzt worden / daß er auch zweymahl in die Insul Lemnos soll gereiset seyn / damit er sie ja recht und ohnverfälschet haben möchte. Unter den gemeinen wird die Strigische Siegel-Erd der Goldbergischen vorgezogen. Doch können in Ermanglung deren die [3] jenige wohl gebrauchet werden / welche am nechsten und besten zu haben / dafern sie nur im übrigen gut und probat sind / als bey uns die Laubachische und Greiffensteinische: Zu Nürnberg die gemeine graue / welche bey einem nach Nürnberg gehörigen Städtlein / nahmens Velden / gegraben wird und der Schlesischen gantz ähnlich ist / wie Marxius in seiner Material. Kammer pag. 207. berichtet. In Franckreich findet man umb Blois auch eine solche Erde / welche Charras, wo die Lemnia nicht recht zu haben / gar unter den Theriac zu nehmen sich nicht scheuet / wie auß dessen Histoire Naturelle des animaux, des plantes & des Mineraux, qui entrent dans la composition de la Theriaque pag. 191. zu sehen ist.

§. 7.
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Den Gebrauch und Nutzen deren Siegel-Erden betreffend / so wird ihnen von allen Medicis eine anhaltende und zugleich Gifft-treibende Krafft zugeschrieben; weßwegen sie hauptsächlich in denen Flecken-Fiebern und andern dergleichen grassirenden Kranckheiten / wann darbey ein Durchbruch gespüret wird / mit grossem Nutzen gebrauchet werden: und ist deßwegen der so genandte Pulvis Pannonicus Ruber in so grossem Werth und Gebrauch. Es haben auch ohne Zweifel die Alten ein Absehen hierauf gehabt / wann sie die Terram Sigillatam Lemniam mit unter den Theriac gezogen haben. Gleichen Nutzen schaffen sie in denen Blutstürtzungen und Haemorrhagiis, welche sich offters bey dergleichen hitzigen Flecken-Fiebern zeigen / und nicht geringere / ja wohl grössere Gefahr mit sich führen / als der obbesagte Durchbruch / so gar / daß wann die monatliche Reinigung der Weiber sich alsdann einfindet / die Patienten gemeiniglich ihr Leben einbüssen müssen / wo nicht mit aller Macht gesteuret wird / wie mich die Erfahrung etlichmahl gelehret hat. Von den Teutschen Siegel-Erden wird die Terra Sigillata Strigoniensis, wegen ihrer Solarischë Eigenschafft mehr in denjenigen Kranckheiten / so das Hertz und das Geblüt einnehmen / gebrauchet. Die Terra Lignicensis aber wird vielmehr in denen Haupt- und Glieder-Schwachheiten gelobet / welche absonderlich auch gegen die Philtra oder Liebes-Träncken gebrauchet wird / wie solches in D. Ettmüllers Comment. in S'chroed. pag. 831. auß andern Practicis angeführet ist. Euserlich soll man auch die Terram Sigillatam mit Nutzen in alten Schäden und Löchern / ja dem Krebs selbsten gebrauchen können / wie solches Schvvenckfeldius in Catalogo Fossilium Siles. pag. 395. mit mehrerem beschreibet. In Sachsen machet man schöne Krüge / Schüsseln und dergleichen Haußraht aus der Terra Sigillata, wie davon ein Abriß in des Besleri Gazophylac. Rerum Nat. fol. 14. zu finden ist. Die Apothecker aber destilliren ein säuerliches Wasser darvon / welches sie SPIRITUM TERRAE SIGILLATAE nennen und von dem alten D. Horsten offt in hitzigen ansteckenden Fiebern mit Nutzen gebrauchet worden / muß aber in groser dosi ab ???. ad ???. in denen Mixturis verschrieben werden. Das Magisterium, welches sie mit den sauren Spiritibus davon machen / tauget im Grund nicht und verderbet vielmehr die Sach; wie dann auch das viele Abwaschen solcher Medicinalischen Erden von Zvvelfero in seinen Animadv. in Disp. Aug. nicht ohne Ursach verworffen worden. Es wäre deßwegen zu wünschen / daß alle Terrae Sigillatae, wie sie gegraben werden / zu bekommen wären / ehe sie zuvor mit Wasser abgeschwemmet und zu Küchlein (wie es damit zu geschehen pfleget) formiret würden. Von dem Oehl / das einige daraus erzwingen wollen / kan Hoffmannus in Clav. Schroed. pag. 133. gelesen werden.

§. 8.
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Mit diesen Terris Sigillatis hat der BOLUS ARMENIAE, oder Armenische Rohtstein / so wohl am Geschmack / als übrigen Qualitäten eine grosse Verwandtschafft: ist gemeiniglich blaß-roth / fett und schwer / und wird also genennet / weilen er vor diesem auß Armenia soll gebracht worden seyn. Heut zu Tag aber hat man dessen nicht vonnöthen / indem hin und wieder in Europa dergleichen Bolus-Erde in den Bergwercken / und absonderlich in den Eisen-Grubë gefunden wird / weßwegen man auch davor hält / daß er viel von Eisen participire und in sich halte. In Franckreich graben sie umb Blois, Saumur und nicht weit von Paris guten Bolus, welcher theils roth / theils grau / theils gelb seyn soll / dessen letzteren sich die Goldschmiede und andere Künstler zum Gold-Grund / im übergülden / an statt des Levantischen Boli gebrauchen / wie Pomet im V. Buch seiner Material-Kammer pag. 113. bezeuget. Also hab vor zwantzig Jahren in der Graffschafft Leiningen-Hartenburg eine schöne Bolus-Ader in einer Eisen-Grube gefunden. In unsern Teutschen Apothecken hat man insgemein den Würtenbergischen / oder auch den BOLUM TOCCAVIENSEM, welcher von Toccay aus Siebenbürgen kombt. Gilt also gleich / wo er gefunden werde / dafern nur die rechte Qualitäten daran zu finden und er die Prob hält / welche darin bestehet / daß er zart und glatt sey / nicht sandicht oder rau / gläntzend / an der Zung fest anziehe / und nachmahlen / wie Butter / im Mund zergehe / wie solches Schroederus in seiner Pharmacop. Medico-Chym. lib. 3. c. 2. p. 7. lehret. Weßwegen er / nach dessen Außgrabung / zu erst in Wasser zerlassen / abgeschwemmet und nachgehends zu viereckichten Säulen oder Stücklein / wie ein Finger formiret wird / welche letztere einige Materialisten BROUILLAMINI nennen; wiewohlen obbemeldter Schroëderus und andere Medici den un [4] gewaschenen Bolum, wie er mit der Erden kombt / vorziehen wollen. Er wird sonsten in der Medicin in allem / wie die Terra Sigilata, mit welcher er (ausser der Gifft-treibenden) einerley Kräfften hat / gebrauchet / und werden auch eben dergleichen praeparata davon gemacht. Eusserlich machen die Balbierer die Dürrbände oder Defensiv-Pflaster davon. Mehrere Information hiervon findet man bey Joach. Camerario, in seinen Observationen de Bolo Armena.

§. 9.
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Hieher gehöret auch die MARGA SAXATILIS, Mergel oder Gteinmarck / welches eine dergleiche fette Erde ist und wie die vorigen fest an der Zunge klebet / ist aber doch weicher / und wird zwischen den Felsen (wovon sie den Nahmen Lithomarga hat) in den Böhmischen Gebirgen und in andern Orten unsers Teutschlands gefunden: Siehet entweder Fleischfarbicht-roht / oder gantz weiß auß / welche gemeiner und bekandter ist. Dale gedencket auch eines gelben und sandichten Mergels / dessen sich in Holland die Bauren zur Dunge und Besserung der Aecker gebrauchen / vid. ejus Pharmacol. pag. 48. Sonsten aber wird die weisse Art deß Mergels auch LAC LUNAE oder Mond-Milch / von andern aber AGARICUS MINERALIS genennet / weilen sie nicht allein mit der Farb beyderseits übereinkommen / sondern auch zwischen den Felsen / von den Mineralischen Dünsten / gleichwie der Lerchen-Schwamm von des Baumes Außfaulungen / gezeuget wird / wovon D. Major in einem besonderen Lat. Tractat von dem Steinmarck sehr artlich handelt. Ein guter Freund schickte mir ohnlängst zweyerley fette Erde / davon er eine / so dunckel-roht / hepar lapidis rubrum, und die andere / so grau-weiß / hepar lapidis album nennete / welche beyderseits nichts anders / als ein Mergel zu seyn scheinen. Dem Gebrauch nach kommer das Steinmarck mit der Siegel-Erden sehr überein / hat eine anhaltende und kühlende Krafft / versüsset die sauere Schleimigkeit / und zertheilet das geronnene Geblüt; weßwegen man sich dessen nicht allein in allen Bauch- und Blut-Flüssen / sondern auch / wann einen der Sood brennet / nützlich bedienen kan. So jemand ein schweren Fall oder sonst sich wehe gethan hat / so kan man die Margam entweder allein / oder mit Krebs-Augen vermischet nehmen. Es wird solche auch in Nieren-Schmertzen und gegen den verschlossenen oder scharffen Harn gebrauchet / wie auch in denen Beinbrüchen innerlich und äusserlich / in der schweren Noth / und absonderlich der weisse Mergel oder Lac Lunae zu Vermehrung der Milch bey den Säugenden / allwo man etwas von praeparirten Crystallen darunter mischen kan. Eusserlich trücknet und heilet der Mergel alte und frische Schäden / und zwar ohne eintzigen Schmertzen und Beissen.

§. 10.
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Was den gemeinen Thon oder Töpffer-Erde / welche ARGILLA genennet wird / anlanget / so wird selbige bey denen Materialisten nicht gesuchet / noch auch in der Artzney sonderlich gebrauchet / weßwegen auch wenig hier davon zu melden / ausser daß die bekandte TABACS Pfeiffen davon gemacht werden / unter welchen die so genandte Englische glatte Pfeiffen die Beste sind / welche doch nicht in Engeland / sondern zu Gouda in Holland in grosser Menge gemacht werden. Solche kauffen die Materialisten mit Grossen / davon eine jede zwölff Dutzent hält / dabey man zusehen muß / ob sie noch gantz oder sehr zerschmettert seyen.

§. 11.
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Mit mehrerem Recht kan man die Norwegische Schaarbocks-Erde oder TERRAM ANTISCORBUTICAM anhero setzen / deren zum erstenmahl Henricus Petraeus, ehemahliger Prof. zu Marburg / in Diss. Harmon. de Scorbuto p. 38. und nach diesem / Olaus Wormius in Mus. pag. 16. Meldung gethan haben. Dieses ist eine rothe und der Terrae sigillatae nicht ungleiche Erde / welche umb Bergen in Norwegen gefunden und vor ein gewisses Mittel gegen den Schaarbock gehalten wird / ohne Zweiffel / weilen sie wie die Martialia, die Säure im Geblüt und absonderlich im Magen versüssen kan / dahero sie auch in dem Malo hypochondriaco gerühmet wird. Sie nehmen ein halb oder gantz Quint ein und schwitzen darauf: Ist bey uns noch unbekant / und nimmt D. Hoffmannum in Clavi pag. 139. nicht ohne Ursach wunder / daß diese Erde nicht auch in andere Länder verhandelt wird.

§. 12.
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In Ermangelung aber vorgemeldter Erden / können wir hiesiger Orten eine andere in dergleichen Kranckheiten nützlich gebrauchen / welche in unserm Hessen-Land zu finden ist und die Casselische Gold-Erde / Terra alis und MINERA MARTIS SOLARIS genennet wird. Diese findet sich an verschiedenen Orten / am meisten aber bey dem Dorff Allmerod / wo die Casselische Glaß-Hütte ist / hinter Salfeld / wie auch bey Naumburg / umb Streel herum: stecket gemeiniglich in einem Letten oder Thon / in runden Stücken; wie Eyer formirt / weßwegen sie auch von einigen Ovum Philosophicum genennit wird: ist schwartz-grau / mit gläntzenden Ertzsstücklein / wie das ??? vermischet und hat einen recht Vitriolischen Geschmack / woraus bald zu sehen / daß was sonderliches darhinter stecke / worinn Glauberus (welcher fast am ersten dieser Erden in seinen [5] Furnis Philos. gedacht) genau inquiriret und solche zu vielen Gebrechen dienlich befunden hat / welche von Herrn D. Wolffen in Miscellan. Acad. Germ. Cur. Dec. 2. Ann. 7. pag. 359. auß eigener Erfahrung angeführet sind. Am meisten dienet diese Erde gegen das üdermässige Brechen / verlohrnen Appetit, Miltzbeschwerung / Spulwürm und dergleichen / und gibt man 20. biß 30. Gran darvon ein. Sonsten aber wird die Tinctur davon gebraucht / welche Tinctura ???. Solaris genennet und also zubereitet wird: Im Frühling / umb Walpurgis, setze diese Mineram an die freye Lufft / wann sie zuvor mit etwas May-Thau angefeuchtet ist / und wann nach etlichen Tagen weisse oder gelbe Crystallen darauf gesehen werden / giesse entweder blossen oder destillirten Mayen-Thau oder auch den ???. Ror. maj. darüber / welcher solche Flores solviret / filttire es per chartam, so hast du eine schöne Gold-gelbe Tinctur, welche in Morbis chronicis und allen denjenigen Kranckheiten / in welchen die Saurbrunnen sonsten gerühmet werden / vortrefflich ist. In Verstopffung der Monatlichen Reinigung hab sie offters sehr bewährt gefunden. Man darff die einmahl gebrauchte Erd nicht wegschmeissen / welche immer wieder zu gebrauchen ist und gleichsam wie ein Magnet den allgemeinen Welt-Geist an sich ziehet / worvon D. Balduin in seinem Auro Aurae zu sehen ist. Wann die rohe Minera, destilliret wird / bekombt man einen Schwefel davon. Sie soll auch etwas Gold halten / weßwegen sie auch die Gold-Erd genennet wird.

§. 13.
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Ohne diese lassen sich einige die rohte TERRAM SOLAREM auß den Gold-Gruben in Ungarn bringen / welche sie mit dem ???. solviren und eine Tinct. ??? darauß bringen / welche von D. Micheln in den Flecken-Fiebern / so mit Bluten oder Durchlauff angreiffen / glücklich gebrauchet worden. Man gibt sie auch rohe ein / wie die ??? alia, worvon Hoffmannus in Clav. Schr. p 139. zu sehen ist / bey welchem auch noch einige andere Medicinalische Erden / als TERRA ILFANA Livoniensis, (welche in Febribus malignis und Gichten der Kinder von den Würmen / gerühmet wird) TERRA ADAMICA, ACELDEMA und andere können gelesen werden.

§. 14.
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Weilen auch letzlich die also genandte Japponische Erde oder TERRA CATECHU insgemein unter die Medicinalische Erden gezehlet wird / so hab dieselbe auch allhier nicht gäntzlich mit Stillschweigen vorbey gehen wollen. ES ist aber dieses ein gummosischer und hart auffgetruckneter Safft / eusserlich röthlich-schwartz / inwendig aber röthlich-braun / eines Anfangs herben und anhaltenden / nachmahlen aber etwas süssen und annehmlichen Geschmacks: kommet auß Japponien; weßwegen sie auch Terra Japponica, und von dem andern Nahmen Teutsch Catschau oder Cassu genennet wird; obwohlen die Apothecker insgemein die mit Bisam und Amber praeparirten Terram Japponicam nur Catechu oder Catschau nennen / die Erde selbsten aber Terram Japponicam heissen / wie Dale in seiner Pharmacol. pag. 349. wohl observiret.

§. 15.
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Ob aber dieses eine rothe Erde sey / wie es eusserlich scheinet / und anfänglich davor gehalten wurde / oder ob es vielmehr ein Compositum aus Süßholtz / Calmus und Areca seye / wie viele andere meynen / davon sind gar verschiedene Meynungen / welche in Miscellan. Acad. Germ. Cur. Dec. 1. A. 2. obs. 128. pag. 209. & seqq. von Herrn D. Wedeln weitläufftig erzehlet worden: zu deren Entscheidung sich durch allerhand Proden und Experimenten D. Hag endorn sehr bemühet / auch ein besonderes Curioses Tractätlein de Terra Catechu geschrieben / worinnen er doch endlich des berühmten Hermanni Gedancken sehr nahe kombt / welcher dieses Simplex durchaus vor keine Erde / sondern vielmehr vor einen puren und sehr hart gemachten Safft hält / welcher aus der Areken-Frucht und der Rinde eines Indianischen Baums / Catechu genandt / außgepresset und zu solcher Härte abgekochet worden: welcher Meynung auch Helbigius und andere / so selbsten in Indien gewesen / beypflichten / zumahlen diese also genandte Terra Catechu im Wasser gantz zerlassen und allzusambt durch ein Filtrum gestehen werden kan / welches an keiner Erden zu sehen ist. Indessen kan wohl seyn / daß noch andere anhaltende Säffte darzu kommen / als Succus acaciae Orient. welchen D. Cleyer in einem Brieff an D. Seb. Scheffern pro basi hielte: worvon im Anhang dieses Buchs / nehmlich in denen Ost-Indianischen Send-Schreiben noch ein mehrers zu finden ist.

§. 16.
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Man stehet derselben zweyerley Sorten: Eine so purer und sauberer ist / welche so bald man sie an die Zunge hält / gleichsam schmeltzen thut / anbey eusserlich dunckel-roth / inwendig aber hell-roth / gläntzend und nicht verbrand scheinet / welche der ander immer vorzuziehen / so viel härter und unsauberer ist. Der Unterscheid kommet vornehmlich daher / weilen zu der ersten mehr von dem gutem Succo arecae genommen wird / als zu der andern.

§. 17.
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Jhre Kräfften und Würckungen betreffend / so hat sie eine adstringirende Krafft / und ist deßwegen in allen Durchbrüchen / Erbrechen / Blutstürtzungen / Flüssen und der [6] gleichen ein sehr gutes Mittel / wie obgemeldter Herr Hagedorn in seinem Büchlein nach der Länge davon zu sehen ist / wo auch viele andere Praeparata und Composita darvon zu sehen sind / unter welchen die Muscerda Moschata oder Catschu der Apothecker am gemeinesten ist / so auß der Terra Japponica mit Bisem und Amber durch Tragant und dergleichen zu kleinen Trochiscis, wie Mäußdreck anzusehen / formiret wird / welche je kleiner sie sind / je besser sie gehalten werden. Sie machen einen guten Athem und dienen absonderlich gegen die blutende und wacklende Zähne.

Das II. Capitel. Von dem Ocher-Belb / Kreyde / ORLEAN und andern dergleichen Erden.
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Abbildung

§. 1.
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UNter den jenigen Erden / welche nicht so wohl zur Artzney / als zu den Farben und andern Handthierungen gebrauchet werden / ist die OCHRA oder Berg-gelb fast die vornehmste / welche nichts anderst als ein gelber oder auch weiß-gelber Thon ist / und gleich anderer Erden einen etwas anhaltenden Geschmack hat: kame anfangs theils auß Franckreich / theils auß Engeland / welche letztere von einem gemahlenen Stein herrühren und derowegen viel trockener seyn soll / als die Frantzösische / weßwegen jene ohne diese nicht wohl verarbeitet und unter die Olitäten gemischet werden kan / wie Pomet in seiner Frantzösischen Material-Kammer art. 3. lib. V. cap. IV. pag. 113. berichtet. Heut zu Tag aber findet sich solche auch hin und wieder in Teutschland / als in Ungarn / umb Hildesheim / in Hessen / zwischen Alßfeld und Einbeck / auch anderen Orten.

§. 2.
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Man hat deren verschiedene Species, nachdem sie entweder also auß der Erden gegraben / oder durch Kunst zubereitet sind. Der Natürlichen haben die Materialisten 3. Sorten / nehmlich die Gemeine / die Mittelgattung / und die Feine / welche letzte zart und licht in der Farb seyn muß. Auß diesen wird durch ein starckes Reverberir-Feuer die rothe Ochra zubereitet: Gleich wie man auch eine gelbe Ochram artificialem hat / welche auß Reiß-Bley gebrannt und gemeiniglich OCHRA PLUMBARIA oder Bley-gelb genennet wird. Andere bey uns noch unbekandte Species sind bey dem Wormio in Museo zu finden.

§. 3.
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Alle diese Species werden zu den Farben gebrauchet und bedienen sich davon die Weiß-Gärber / das Leder gelb damit zu färben; wiewohlen bey uns hierzu die TERRA CITRINA oder gelbe Erde / welche die Nürnberger mit der Rothen häuffig bringen / mehrentheils gebrauchet wird. Die Säckler in Engeland aber färben die schöne gelbe Englische Handschuhe vor das Frauen-Zimmer nur mit der Ochra. Zur Artzney werden sie langsam / als nur eusserlich / gegen die so genandte Glied-Schwämme / gebraucht.
|| [7]

§. 4.
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Sonsten wird die Tripel-Erde / TERRA TRIPOLITANA oder TRIPOLIS auch vor eine Ochram gehalten / und deßwegen von einigen Englisches Ocher-Gelb genennet / wie bey Sam. Dale in Pharmacol. Part. I. Sect. 2. p. 47. zu sehen ist; wiewohlen diese Erde mehr über Welschland kommen und umb die Stadt Tripoli (worvon sie den Nahmen hat) gegraben werden soll / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 208. schreibet. Es ist ein weicher zarter Thon / welchen einige / wiewohl unrecht / vor einen Stein halten: wird weiß und gelb gefunden / und muß schön rein und nicht sandicht seyn / wann es anderst vor gut passiren soll. Man probiret es mit der Zunge / ob es keine Räse habe / wie die Aschen / sondern weich wie Woll seye / dergleichen vor das Beste gehalten wird.

§. 5.
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Den Gebrauch anlangend / so wird diese Tripel-Erde in der Medicin gar nicht gebraucht / ausser daß die Chymici und Apothecker dieselbige zuweilen / wiewohl gar selten / an statt des Töpffer-Thons unter die Salia mischen / wann sie die ??? acidos davon destilliren / damit sie im Feuer nicht fliessen / wie solches Schroederus und der Apothecker Vielheuer in der Beschreibung frembder Materialien p. 58. anmercken. Die Kupffer-Schmiedt machen das Kupffer- und Messing-Geschirr schön blanck und hell damit: Gleich wie die Gold- und Silber-Schmidt / Stein-Schneider und dergleichen solche auch zu ihren Arbeiten brauchen. Absonderlich aber wird diese Erde von denen Brillen- und Perspectiv-machern sehr gesuchet / welche ihre / an gewisse Handhaben angeküttete Gläßlein / zuvor in grossen und kleinen messingen Schüsseln / mit rein gestossenem Schmergel / entweder hohl (Concava) oder hohlbäuchicht (Concavo-Convexa,) oder auff beyden Seiten bäuchicht (Convexo-Convexa) schleiffen / und alsdann zuletzt die geschliffene Glässer oder Lentes mit dem klein geriebenen Trippel auff einem Hirschfell oder Filtz außpoliren. Weilen aber dieses eine langweilige und sehr beschwerliche Arbeit ist / so hat der berühmte Frantzösische Philosophus Renatus des Cartes eine sehr artige Machine zu solchem Glaß-Schleiffen erdacht / in welchem das Rad / wormit die Gläßlein geschliffen werden / stetig durch ein mit Schmergel oder dergleichen angefülltes Tröglein gehet und damit immer angefeuchtet wird / wie auß dem Abriß / welcher in dessen Dioptrica Cap. X. pag. 148. zu finden ist / kan gesehen werden.

§. 6.
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Hieher könte man einiger Massen die gelbe Schweffelichte Mahler-Farb / so die Frantzosen Jaune de Naples heissen / beysetzen / weilen es dergleichen erdichte Materie oder mürbe Steinlein sind / welche der Feuer-speiende Berg AEtna außwerffen soll / wie Pomet l. c. pag. 93. l. 3. berichtet.

§. 7.
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Ferner muß die TERRA VIRIDIS, welche sonsten auch Viride Montanum, Chrysocolla, Berg-grün / Stein-grün und Schiffer-grün genennet wird / allhier besehen werden / so gemeiniglich in denen Berg-Wercken / wo Kupffer / Silber und Gold-Ertz gegraben wird / zu finden ist. Dieser hat man öffters 3. Sorten bey denen Materialisten / und soll die beste auß Ungarn kommen / deren Farb / wie Marxius meynet / andere bey weitem nicht gleichen sollen: wiewohlen Pomet in seiner Hist. des Drogues pag. 114. lib. 5. diejenige vor die beste hält / welche umb Veron in Italien gefunden und deßwegen La terre de Veron genennet wird. Sie muß steinicht seyn und nicht viel Erd-Adern in sich haben. Je grüner / je besser: wird nur zu den Farben gebraucht.

§. 8.
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Hierher gehöret auch die weisse Kreyde / welche Lateinisch CRETA genandt worden / weilen man sie Anfangs auß der Insul Creta, so heut zu Tag Candia heisset / gebracht hat: ist aber nun allenthalben in Europa zu finden / so gar / daß in Franckreich / absonderlich zu Chalon in Champagne, gantze Städte darvon gebauet werden / wo sie die grosse Klumpen mit Sägen zu Quarter-Stücken zerschneiden / und ihre Häusser darvon auffrichten / welche doch unten mit der Zeit mürb und vermodert werden. Sie ist gleichsam ein von der Natur zubereitetes Bley-Weiß / mit welchem es auch in den Kräfften sehr überein kommet und versüsset alle böse Säure; weßwegen sie innerlich gegen das brennende Auffsteigen des Magens oder den Sood gebraucht wird / gegen welche Beschwernuß Mynsicht ein bekandtes Pulver davon gemacht hat / so man Species diacretae Myns. heisset. Eusserlich dienet sie gegen den Rothlauff und andere Entzündungen der Glieder / kühlet und trucknet alle böse Schäden und dienet auch zum Einstreuen / wann die kleine Kinder wund zwischen den Beinen werden. Sonsten aber dienet sie den Schneidern / und vielen anderen Mechanicis zum Abzeichnen / worzu auch die schwartze Kreyde / die SMECTIS, Craye de Briançon und andere Arten davon [8] gebrauchet werden / von welchen Wormius in Museo pag. 4. und obberührter Pomet pag. 106. mit mehrerem zu sehen ist.

§. 9.
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Man hat auch eine Art brauner Kreyden / welche CRETA UMBRIA, Terra Umbria oder Umber genennet wird / weilen sie auß einer Landschafft in Italien / so vor diesem Umbria geheissen / numnehr aber Ducatus Spoletanus ist / gebracht worden; wiewohlen sie auch in verschiedenen Stücken auß Egypten und Orient kommen soll. Die Beste ist in grossen Stücken / schön zart und von einer recht braunen Couleur. Sie wird zur Mahlerey gebraucht / zuvor aber gebrant / ehe sie mit Oehle angemacht und auch zu den Handschuhen gebrauchet wird / allwo man sich von dem Dunst und Rauch zu hüten hat / welcher sehr stinckend und schädlich ist.

§. 10.
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Mit dieser Umber-Erde hat die Cöllnische Erd oder TERRA COLONIENSIS eine grosse Gleichheit / welche doch viel dunckelbrauner ist als jene. Sie muß ingleichem zart und zerreiblich / auch rein / und so viel möglich / mit keinem kleinen Unrath vermischet seyn: wird auch zur Mahlerey gebrauchet.

§. 11.
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Man hat auch verschiedene rothe Erden in den Material Stuben / unter welchen die rothe Nürnberger Farb oder TERRA RUBRA NORIMBERGENSIS am gemeinesten und wolfeilesten ist: wird bey Pätzenstein / einem Nürnbergischen Städtlein / benebenst der gelben Erden / viel Klaffter tieff unter der Erden gegraben / im Backofen gedörret und Fuder-weiß nach Nürnberg verkaufft: von dar aber viel hundert Sentner-weiß verschicket. Sie muß recht trocken und nicht steinicht seyn / worvon der Nürnbergische Materialist Marxius pag. 206. in seiner Material-Kammer zu sehen ist.

§. 12.
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Dergleichen rothe Farb gibt auch der Röhtelstein oder RUBRICA FABRILIS, welcher doch viel härter / und einem Stein fast ähnlicher / als einer Erden siehet / ist auch schwerer / dunckel-roth und eines anhaltenden Geschmacks. Diese Erde kombt fast mit dem Blutstein überein / wird auch in denjenigen Kranckheiten / wo der Blutstein gut ist / gebraucht / als im übermässigen Bluten / innerlich und eusserlich / in der Rothen-Ruhr und dergleichen / absonderlich bey armen unvermögenden Leuten. Daß sie sonsten von den Zimmerleuten und anderen zum Abzeichnen gebrauchet werde / ist jederman bekandt. Ohne die gemeine Sorte / hat man noch eine zärtere / welche sich spalten / und / wie das Reiß-Bley / in Holtz einfassen lässet / wie es auß Engeland zum Zeichnen gebracht wird.

§. 13.
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Endlich hat man noch eine andere rothe Farb / welche inßgemein Englisch Braunroth genennet wird / ob sie wohl billicher Indianisch-Roth heissen solte / indem es eine Persianische Erde seyn soll / wie Pomet lib. cit. pag. 115. meldet. Die beste und kostbahreste ist / so in kleinen und hoch-rothen Steinen / von einer mittelmässigen Härte / bestehet: wird aber fast zu nichts anderst / als zu denen Absätzen an denen Weibs-Schuhen gebrauchet / welche die Schuhmacher roth damit färben / nachdem sie solche Erde zuvor mit Eyer-Weiß angemachet haben.

§. 14.
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Das so genandte Kessel-braun brauchen die Kupffer-Schmiedte / den neuen Kesseln und Gefässen eine braune Farbe damit zu geben.

§. 15.
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Endlich rechnen die Färber auch den so bekandten ORLEAN unter die Erd-Farben / welcher doch nichts anderst ist / als eine Faecula oder häfichter Satz einer Tinctur, so von einem frembden Saamen gemachet wird: hat eine dunckel und röthlich-gelbe Farbe / Violen-Geruch und etwas anhaltenden Geschmack; kombt auß West-Indien theils in viereckichten Kuchen / theils in runden Klumpen.

§. 16.
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Ermeldter Saame rühret von einem kleinen Baum her / welchen die wilden ACHIOTL, auch URUCU, die Holländer aber Orellana nennen: hat einen Stamm / wie der Pomerantzen-Baum / welchem er auch an der Gestalt und der Grösse nahe kombt / mit einer eusserlich gelben und inwendig grünen Rinde umbgeben / dessen Aeste / mit rauhen und grünen Blättern / wie die Rusten-Bäume gezieret sind: träget weisse und etwas röthliche Blumen / wie der Helleborus Niger, so inwendig voller gelben und oben roth-gespitzter Fäserlein ist / nach welchem rauhe / doch nicht stechende Igeln oder Schooten / in der Grösse einer grünen Mandel folgen / so in obiger Figur Lit. A. zu [9] sehen sind. Diese Igeln blatzen endlich von sich selbsten auff und zeigen kleine Körner oder Saamen Lit. B. welche fast wie die Steinlein in denen Weintrauben anzusehen und schön roth sind. Diese werden im Frühling gesamlet / nachdem der Baum das gantze Jahr grün geblieben / welchen die Indianer sehr hoch halten und neben ihre Häuser pflantzen / indem sie auß dessen Rinde Seiler / so viel stärcker als unsere auß Hanff gemachte Stricke sind / winden / das Holtz aber / so gar hart / zum Feuer schlagen brauchen sollen / wie Hernandez alles Lib. 3. Rerum Medic. Nov. Hispan. pag. 74. schön beschrieben / allwo auch die Abbildung des Baumes zu sehen / welche doch viel sauberer in des Plukenet Phytograph. Tab. CCIX. Fig. 4. zu sehen ist / wormit die oben im Anfang dieses Capitels gesetzte Figur ziemlich übereinkommet.

§. 17.
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In eben diesem Kupfferstück wird auch einiger Massen unter Augen geleget / auff was Art und Weiß der Orlean gemacht und zubereitet werde / welches also geschiehet: Es werden nehmlich von den Americanern / absonderlich denjenigen / so die Insul S. Domingo bewohnen / obgedachte Körner / wann sie reiff sind und einen röthlichten Staub umb sich haben / in warm Wasser eingebeitzet und so lang darinnen durcheinander geschlagen / biß sich die Farb alle davon in das Wasser gezogen / welches nachmahle abgegossen und so lang auff Seite gesetzet wird / biß die Farbe darvon zu Boden sincket / und sich wie Hefen gesetzet hat / eben auff die Art / wie sonsten der Indig auch gemachet wird / worvon in folgendem Capitel soll gehandelt werden. Wann nun diese Faecula recht trucken worden / so stossen sie solche in gewissen Mörseln zu einer Mass / und formiren sie zu Kuchen oder Ballen von unterschiedlicher Grösse / wie sie zu uns in Europa gesandt werden. Einige vermeynen / es würden die Körner zuvor in Mörseln zerstossen / ehe sie ins warme Wasser kämen / welches man an seinen Ort gestellet seyn lässet. Daß aber Du Blegny an einem gewissen Ort dafür halten will / daß der Orlean nichts anderst seye / als der Safft / so man auß den Körnern gepresset / eingekochet und auffgedörrer habe / ist schon von dessen Lands-Mann Petro Pomet in Hist. Gen. simplic. Lib. IIX. pag. 303. widerleget worden. Weßwegen dann auch anstehe / ob diese Farb unter die Succos Concretos zu rechnen sey / wie von Sam. Dale in Offic??? simpl. oder Register seiner Pharmacologiae geschehen ist.

§. 18.
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Sonsten findet man zweyerley Orlean bey denen Materialisten und Apotheckern / nemlich die Weiche / oder Orleanam humidam, und die Truckene / oder Orleanam siccam. Der erste ist wie ein dicker Teig / von Orangien-Farb und ist viel wolfeiler / als der truckene / dessen man wieder verschiedene Sorten bringet / indem ohne die gemeine / so in grossen viereckichten Broden / wie Seiffen / oder in runden Klumpen kommet / auch kleine Küchlein / wie ein Frantzösischer Thaler / davon kommen / welche gar fein sind / und deßwegen auch in der Artzney innerlich gebrauchet werden können; da die andere hergegen offters übel conditionirt und fast stinckend sind / auch deßwegen zur Artzney nicht dienen / wie obgemeldter Pomet l. c. berichtet.

§. 19.
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Der beste ist / welcher wie Violen-Wurtzel riechet / recht trucken und hoch an der Farb ist / dergleichen meistens von Cayenne kommet. Der schimlichte / feuchte / garstige und nach dem Gewölbe riechende Orlean aber muß gäntzlich verworffen werden / indem er nicht einmahl zu einer guten Farb / vielweniger zur Artzney gebrauchet werden kan.

§. 20.
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Seine Kräffte und Tugenden betreffend / so ist der Orlean kühl und etwas anhaltendt / wird von den Americanern in der Artzney gegen die Hitze von Fiebern herrührend / und gegen die Rothe-Ruhr innerlich: gegen die Geschwulst aber eusserlich gebrauchet; weßwegen sie nicht allein kühlende Julep / sondern auch dergleichen Umbschläge darvon machen / wie Hernandez l. c. berichtet. So stärcket er auch den Magen und vermehret die Milch / absonderlich wann er mit Cacao genommen oder im Chocolat (worzu er auch kommet) genossen wird. Sonsten aber brauchet man ihn meistens zur Pomerantzen-Farb / indem nicht allein die Mexicaner die Gräntzen der Landschafften auff ihren Geographischen Mappis damit bezeichnen und unterscheiden / (dahero Scaliger diesen Baum Arborem regundorum finium oder den Gräntz-Baum genennet / wie Joh. Terrentius in Not. ad Hernand. Pag. 75. berichtet) sondern es wird auch jährlich eine grosse Quantität davon in Teutschland von denen Färbern / Wolle / Strümpff und Leinen-Zeug damit Orangiengelb zu färben / consumiret. Diese Farb nun wird also angestellet / wie ich selbsten zugesehen: Nimb Orlean ¼. ??? stosse ihn gantz klein / thue das Pulver in 3. Züber voll gute / reine und klare Laugen / lasse alles in einem Kessel steden / und wann es etwas eingesotten / thue die Wolle / Strümpff / leinen Garn oder Zwirn hinein / lasse es ein wenig beitzen / hernach ziehe es herauß / und hencke es auff / daß es trucken werdewird schön Pomerantzen-gelb; und weilen sich der Orlean in die Höhe gibt und oben auff der Lauge schwimmet / so wird das erste Zeug immer schöner / als was nach demselben eingestecket wird. So viel ist zum wenigsten zu 6. ??? [10] Wüllen oder Leinen genug / kan auch noch ein mehreres damit gefärbet werden / aber das letzte wird mehr Haarfarbicht / als Pomeranden-gelb. In Franckreich sollen sie auch das Wachs / wann es zu bleich ist / gelb darmit färben / wie Pomet in obangezogenem Buch l. c. schreibet / wie dann auch denen verblasten güldenen Galaunen die vorige Gold-Farb damit wieder gegeben werden kan. Ob aber diejenige rothe Schmüncke / so man Spannische Wolle nennet / damit tingiret werde / wie Dale l. c. auch vorgibt / kan deßwegen nicht wohl glauben / weilen diese Farb nicht roth / sondern gelb färbet und also kein lebhafft Angesicht machen würde.

Das III. Capitel Von dem Indig und dessen Zubereitung.
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Abbildung

§. 1.
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Zu den vorigen Erd-Farben kan man auch nicht unrecht die bekandte blaue Farb / nehmlich den Indig zehlen / ob er wohl / wie auch der Orlean, nicht zu den Mineralien gehöret / sondern vielmehr eine auß den Kräutern zubereitete Faecula und erdichter Satz zu nennen ist. Dieser Indig oder INDIGO nun ist eine erhartete truckene blaue Farb / an grob- und kleinen Stücken / welche theils auß West-Indien / theils auch auß Ost-Indien gebracht und allda von einem gewissen Kraut außgezogen und gesotten wird / wie bald mit mehrerem soll gemeldet werden.

§. 2.
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Das Kraut selbsten wird von den Indianern Anil geheissen / wächset ohngefehr zwey Schuh hoch / hat auff beyden Seiten der Stengel dicke / oben dunckel-grüne und unten gleichsam versilberte runde Blätter / welche in allem nicht viel grösser sind / als der Nagel am kleinen Finger ist. Die Blüte ist der Erbsen-Blüt [11] nicht viel ungleich / von röthlichter Farb / nach welcher lange / dünne und etwas umgebogene Hülsen wachsen / in welchen ein kleiner Saamen / an der Grösse wie Rüb-Saamen / und an der Farb wie Oliven, zu finden / wie alles aus der Figur / welche Pomet in seiner Hist. des Drogues pag. 181. vorstellet / zu sehen ist.

§. 3.
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Die Art solches zu pflantzen beschreibet P. Du Tertre in seiner Historie der Antillen-Inseln p. 107. und soll also geschehen: Man erwehlet zuvor ein sehr reines und von den Rissel-Steinen gantz gesaubertes Erdreich / wie auch ein feuchte Witterung / welche die Fortpflantzung befördert. Hierauff stecket man das Körnlein in kleine mit dem Finger gemachte Löchlein / je ein Schuh weit von einander / welche alsdan??? mit der Erden wieder zugescharret werden. Wann nun das folgende Wetter feucht und das Erdreich gut ist / so kommen sie in vier oder fünff Tagen hervor / und können in Zeit eines vierthel Jahrs abgeschnitten werden: wiewohlen zuweilen ein gewisses Ungezieffer / so diesem Kraut sehr gefährlich seyn soll / dessen Abnehmung vor der Zeit verursachet / indem die Americaner solches merckend / das Kraut geschwind mit dem Ungeziffer abschneiden und zusammen in den Kessel thun sollen.

§. 4
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Auß diesen Kräutlein wird der India hernach in den Indig-Hütten auf folgende Manier zubereitet: Eine jede Indig-Hütte oder Indigoterie ist mit einem sehr grossen Becken / zweyen Kuffen / welche sie die Einweichungs-Gefäß (trempoires) / einem andern / so die Schlag-Bütte (Batterie) und noch einem andern / das sie Reposoir oder den Ruhe-Zuber heissen / versehen und zugerichtet. Alle diese Gefässe sind gleichsam als in Stock-Wercke eingetheilet / und stehet je das eine höher / als das andere Man trägt darauf die Pflantzen zusammen / legt sie fein ordentlich in unter schiedliche Bett oder Lager in den Eintauchungs-Zuber und tritt sie mit Füssen: gleich nach diesem thut man ein Rahme darüber / damit sie in Ordnung liegen verbleiben: alsdann läst man das Wasser so lang auß dem grossen Becken darauf fallen / biß daß es die Höhe der aufgelegten Rahmen erreichet. Dieses Wasser / nachdem es etwas erwarmet / fänget an aufzugieren und fast zu sieden / da es dann aus der Pflantzen die Materie heraußziehet / auß welcher der Indig (so die Faecula von diesem Kraut ist) gemacht wird. Auß dem Einweichungs-Gefäß läst man hiernechst das Wasser in den Zuber / die Schlag-Bütte genannt / in welcher ein sechseckichtes Stück Holtz liegt / welches mit einer Handhabe / damit man es hin und wider bewegen kan / und sechs länglicht-runde Pyramidische-Kübel / welche an vielen Orten durchlöchert sind / versehen ist. Gemeldtes Wasser nun / indem es in dem Schlag-Zuber zugleich beweget / in die Höhe gezogen und vielmahl durch die Eymer oder Kübel wieder hinunter gelassen wird / säubert und reiniget sich gantz und gar / und steigen auch aus demselben solche böse und ungesunde Dämpffe hervor / die gar offters die Arbeiter zu ersticken pflegen. Wann es nun ein geraume Zeit also gestampfft worden / so wird fast eine dicklichte Materi / gleichsam als die Wein-Hefen daraus / welche die Indianer in leinen Säcken aufhängen / damit das Wasser abfliessen könne / und der Indig allein übrig bleibe / welcher alsdann in kleine Kästlein geschlagen und in den Gewölbern aufgehoben wild / wie Mallet solches aus obigem Scriptore im siebenden Buch seiner Cosmograph. pag. 177. beschrieben hat. Auff was Art und Weiß aber der Indig in Ost-Indien gezogen und zubereitet werde / kan man im Anhang dieses Buchs / nach denen Ost-Indianischen Send-Schreiben weitläufftig und umbständlich sehen.

§. 5.
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Nachdem nun der Indig entweder von den Blättern des Krauts allein / oder zugleich aus den Stengeln gemacht und zubereitet wird / auch von verschiedenen Oertern herkommet / so wird er in verschiedene Sorten unterschieden. Denjenigen / welcher aus den blosen Blättern gemachet ist / nennen die Frantzosen l Inde, den andern / welcher aus den Stengeln und Blättern praeparirt ist / l' Indigo. Im Teutschen aber heissen sie beyde Indig / und werden nur an den Stücken unterschieden / indem die erste Art in dünnen- und kleinen platten Stücker kommet / und auch fein Platt-Indig / oder (wie ihn Marxius in seiner Teutschen Material-Kammer p. 106. heisset) Platto Xerquies, von Pomet aber l’ Inde Serquisse genennet wird. Die andere kommen alle in dicken Stücken und Glumpen / und haben insgemein ihren Nahmen von den Orten / wo sie zugerichtet werden / als der Indigo Guatimalo, Guadimale oder Gontimal-Indig, Doming-Indig, Caribisch und dergleichen.

§. 6.
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Nun fragts sich / welche Sorte unter diesen allen vor die beste zu halten sey? Hier zu Land halten die Färber insgemein den Indigo Guatimalo oder Gontimal-Indig vor den besten / welches auch fast die Materialisten und Apothecker / als Marxius, Schurzius und Vielheur in ihren Material-Kammern glauben / ohne Zweiffel / weil dieser Indig hier zu Land am meisten abgehet. Allein / an andern Orten verstehen es kluge Färber viel besser / welche nicht / wie unsere Leute / nach der Wolfeilung sehen / sondern den theuresten Indig aufsuchen / weilen sie mit diesem [12] wohl noch zweymal so viel / als mit dem Gontimal und andern Indig färben können / und derowegen hautement sagen / daß sie mit dem wolfeilen Indig sich arm färbeten / wie mir ohnlängst ein Materialist aus Hamburg erzehlete. Nun gibt es die Vernunfft / das der Platto Xerquies viel besser sein müsse / als der Indigo Guatimalo, weilen solcher noch einmahl so theuer gehalten wird als dieser / ob sie schon von einem Ort kommen. Und weilen jener von den blossen Blättern / dieser aber von den Stengeln und Blättern zugleich gemacht worden / so kan man leicht schliessen / daß in jenem mehr Krafft seye / als in dem letzten.

§. 7.
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Unterdessen hat auch der obgemeldte beste Indig oder PLATTO XERQUIES noch einigen Unterscheid / nachdem er von der ersten / zweyten und dritten Einsamlung der Blätter gemacht wird / worunter die ersten immer die besten sind / indem die junge und zarte Blätter ein lebendigere und gläntzendere Farbe geben. Er muß insgemein in platten Stücken von einer mittel-mässigen Dicke kommen / ohngefehr einen Zoll breit und anderhalb Zoll lang / nicht zu hart und nicht zu mürb seyn / hoch an der Farb und Violet, anbey leicht und auf dem Wasser schwimmend / daher er auch von den Frantzosen Inde Flottante oder schwimmender Indig genennet wird. Wann er zerbrochen wird / müssen keine weisse Flecken / sondern gleichsam wie Silber anzusehende Streiffe darinn seyn / und wann man ihn auf einem Nagel reibet / muß er seine Blöhe in eine rothlicht-küpfferne Farbe verändern / auch keine Kleinigkeit und Staub bey sich führen.

§. 8.
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Diesem kommt der INDIGO LAURO sehr nahe / welcher zwar in kleinen Glumpen kommet / doch auch guten Theils aus den Blättern gemachet wird / oder die oberste Blum von dem Guatimalo ist / und derowegen mit dem vorigen auch in einem höhern Preiß stehet / wie aus dem Prix Courant zu ersehen. Er färbt etwas dunckeler / als der Guatimal-Indig / wann man zu einem ???. Woll / ??? Indig nimmt.

§. 9.
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Unter den übrigen Sorten / welche aus den Stengeln und Blättern zugleich gemacht werden / hat der Gontimal-Indig / oder INDIGO GUATOMALO billich den Vorzug / welcher mittelmässig hart / doch leicht und schwimmend / auch auf dem Nagel kupffericht seyn muß. Mit einem Wort: Je näher er den vorigen kommet / je besser er ist. Welches auch von dem INDIGO DOMINICO zu mercken / dessen Farb nicht so lebhafft und kupffericht ist; und weilen beyde offters verfälschet und mit Sand und Erde gemischt werden / kan man ihn durch das anzünden probiren / indem der gute Indig / wie das Wachs / verbrennet und der Unrath zurück bleibet. Der CARI???bische und andere Sorten werden nicht viel gesucht.

§. 10.
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Aus diesem letzten machet man mit zuthun des blauen und weissen Stärckmehls und Gummi-Wasser eine massam, welche zu grossen Tafeln geschnitten und Gemein Indig / von einigen auch Platt-Indig genennet wird / dessen man sich die Schaafe zu zeichnen bedient. Doch verkauffen die Betrieger solchen auch vor rechten veritablen Indig; welcher Betrug an der grün-blauen Farb und durch dessen solvirung in Wasser / (worinnen sich die blaue Stärcke praecipitirt) zu sehen ist.

§. 11.
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Der Gebrauch des Indigs ist den Blau- und Weid-Färbern bekannt / welche Wüllen- und Lein-Tuch / Strümpff und dergleichen damit färben / nachdem sie ihn mit Urin angemacht haben. Die Mahler und Weiß-Bender machen daraus mit dem Operment die grüne Farb. Die betrogene Apothecker aber färben damit den falschen Violen-Syrup / den sie auß blossem Zucker und Viol-Wurtz nachmachen.
|| [13]

Das IV. Capitel Von dem Stein- und Küchen-Saltz.
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Abbildung

§. 1.
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DAs Stein-Saltz oder so genanntes SAL GEMMAE ist ein sehr hartes / helles und durchsichtiges Saltz / eines scharffen / saltzichken und etwas anhaltenden Geschmacks / und weilen es also aus der Erden gegraben wird / so nennet man solches auch SAL FOSSILE: kommet meistentheils aus dem kleineren Polen / allwo es so hart seyn soll / daß sie es auch zu den Hausern und Gebäuen employren können / wovon Cromerus Tr. de Polonia zu sehen ist. Ingleichem findet man es in Calabrien / wie Bartholinus in Cent. 1. Epist. 54. pag. 231. schreibet. So gibt es auch viel in Catalonien / allwo man allerhand Figuren / als Crucifix / Rosen. Cräntz / Laub- und Blumen-Werck daraus formiret / dergleichen mir ein Stück von einem guten Freund / welcher vor einigen Jahrenmit einem Hoch-Fürstl. Hessen-Darmstädtischen Envoyé, als Secretarius, in Spanien gereiset / mitgetheilet worden; wie zu Aldrovandus in Mus. Metall. dergleichen Figur / als obgesetzte Tafel mit Linien / darvon unter Augen geleget hat. Diese Figuren sollen sie dem Stein-Saltz unter der Erden / wo es viel weicher als in der freyen Lufft seyn soll / mit gewissen Modellen eindrucken / wiewohlen es zu weilen von sich selbsten in Sträuchlein und andere Figuren auffchieset / dahero die Flores ??? entstehen / worvon Aldrovandus, c. l. zu sehen ist. Anbey ist merckwürdig / daß es auch in der Erden viel leichter seyn soll / so gar / daß ein Stück / welches ein Mensch aus der Grube hat tragen können / nachmahlen / wann es etliche Tage in der freyen Lufft gelegen / kaum von 4. Männer soll können weggetragen werden / welches absonderlich von dem Polnischen Stein-Saltz in Miscell Acad. Germ. Cur. Dec. l. Anno 2. observ. 78. pag. 153. erzehlet wird.

§. 2.
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Man finder daselbsten unterschiedliche Species, unter welchen immer eine heller / als die andere ist: Entweder weiß / grau / oder roth / dergleichen oben ein Stück aus des Aldrovandi Museo zu sehen ist. Diese Farben entstehen daher / wann dem Stein-Saltz in der Erden etwa ein Bolus oder andere Unreinigkeiten untermischet werden / wie Mons. Tournefort bey dem Pomet vernünfftig darvon raisonniret / welcher 4. dergleichen Species in Catalonien observirt hat / darvon in dessen Hist. Generale des Drogues P. 3. L. 2. c. 31. pag. 69. zu lesen ist. Unterdessen findet man bey denen Materialisten nur das gemeine / klare und durchsichtige Stein-Saltz / welches vor das beste gehalten wird / wann es in schönen grossen und Crystallinischen Stücken kommet / welche doch leicht zerspringen und sich in viereckigte Stücklein schiffern / auch durchsichtig seyn müssen.
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§. 3.
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Sein Gebrauch ist hier zu Land denen Färbern mehr / als in der Küchen / bekannt / obwohlen anderstwo es auch zerstossen und wie unser gemeines Saltz zu den Speisen gebraucher wird / mit welchen es einerley Kräfften hat. In der Artzney aber wird es meistens äusserlich zu denen Clystiern gebrauchet / weilen es etwas besser stimuliret / als das gemeine; weßwegen es auch die Chymici zu Eröffnung der Metallen lieber haben. Einige machen einen Balsam davon / die Brüche damit zu curiren / welchen Schroëderus (aber nicht recht) beschrieben / dahero Ettmüllerus in seinem Comment. p. 901. das übrige hinzugethan. Heut zu tag brauchet man an dessen Stell / nach der Frantzosen Manier / den ???. com. worvon bald mit mehrerem soll gehandelt werden.

§. 4.
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Hierher gehöret das SAL INDUM, dessen die Alten / als Plinius lib. 21. cap. 7. Matthiol. lib. 8. Com. in Diosc. c. 88. gedencken; heut zu tag aber ist es bey denen Materialisten nicht zu finden / welches fast zu verwundern / indem Mons. de Fustica bey dem Pomet. p. 70. c. l. bezeuget / daß in Indien ein gewisses Königreich Dançal, oder / in unser Sprach / das Saltz-Land genennet jährlich so viel Stein-Saltz gebe / daß damit 600. Cameelen beladen würden / und soll man dasselbige in Egypten an statt der Müntz gebrauchen; wie dann auch Boccone ein gelahrter Italiäner / in seinen Frantzöischen Brieffen: Recherches & Observations Naturelles genandt / mit Verwunderung dergleichen Egyptischen Saltzes gedencket / so immer in Gestalt eines kleinen Pyramids in der Erden gefunden werde / welches er deßwegen SAL PYRAMIDALE Aegypti heisset / dessen Abriß oben im Anfang des Capitels zu sehen ist / welches in meinem geringen Museô auch in Naturâ zeigen kan. / Ob es aber was sonderliches und mehrers / als das gemeine Stein-Saltz / dessen es eine Art zu sein scheinet / praestiren könne / lasse dahin gestellet seyn / in dessen Ermangelung man sich des gemeinen und bekannten bedienen kan.

§. 5.
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Von diesem bißher gemeldeten Stein-Saltz soll nach etlicher Gelährten Meynung auch das SAL COMMUNE oder Das gemeine Küchen-Saltz seinen ersten Ursprung haben / wann nehmlich dasselbige von den unter-irrdischen Flüssen und dem Regen-Wasser auffgelöset und entweder in das Meer (wo alle Wasser hinlauffen) oder in die Saltz-Brunnen geführet wird / dahero das SAL Marinum oder das Meer-Saltz und Fontanum, das ist / das Brunnen-Saltz herrühren.

§. 6.
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Daß das Meer-Saltz oder SAL MARINUM von dem ??? Gemmae herrühre / suchet der berümbte Englische Philosophus Robertus à Boyle darmit zu behaupten / weilen das Meer-Wasser am Grund und Ufer des Meer es viel saltzichter / als in der Mitten ist / wie er mit vielen Experimentis in einem eigenen Buch de Salsedine Maris S. 11. c. 1. erwiesen. Worzu annoch dieses kombt / daß es an Stärcke dem Stein-Saltz sehr nahe komme / welche in dem Brunnen-Saltz durch die Filtration per poros terrae nachlässet; weßwegen auch die Chymische Praeparata besser aus dem Meer-Saltz gemacht werden. Es kombt sonsten meistentheils aus Spanien und Franckreich / worunter jenes vor das beste gehalten wird. Auf was Weise aber dasselbige aus dem Meer-Wasser zubereitet werde? (denn es selten und auch gar wenig von sich selbsten sich an dem Ufer crystallisiret) solches beschreibet Mons. L’ Emery in seinem Cours de Chymie pag. 345. und aus demselben Pomet in seiner Frantzösischen Material-Kammer pag. 3. lib. 2. p. 70. Sie machen nemlich zu Rochelle und andern Orten gewisse Saltz-Teiche / welche etwas tieffer liegen als das Meer und einen lettichten Grund haben / welcher das Saltz-Wasser besser hält / als das sandichte Land. In diesen Saltz Teichen lassen sie über Winter das Meer-Wasser stehen / welches sie bey der Sonnen-Hitze durch gewisse Canäl daraus lauffen lassen / wordurch es reiner gemacht und nachmahlen durch der Sonnen-Hitz coaguliret wird. Will man es säuberer haben / so solvirt man es und bringt es entweder zu kleinen Crytallen oder lässet das Wasser gar abrauchen / welches je öffter es geschiehet / je weisser das Saltz wird. Dahero man zweyerley Meer-Saltz findet / nemlich / das schwartze grobe / und das weisse. Dieses wird zu Volaterran gar schön gemacht / jenes aber auch anderstwo / welches doch zu der Glasmacher-Kunst viel besser / als das weisse ist / wie Anthonius Neri in seiner Glasmacher-Kunst pag. 4. berichtet.

§. 7.
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Wie das SAL FONTANUM aus den Saltz-Brunnen gebracht und gesotten werde / ist jederman bekannt / und lässet sich nicht so wohl beschreiben / als es auff den Saltz-Sooden augenscheinlich kan gesehen werden / dergleichen zu Lüneburg / Hall in Sachßen / Friedberg / Nidda und Wisselsheim in der Wetterau / Türckheim an der Hard / und andern Orten zu finden sind / welche vor rechte Gold-Gruben zu halten / woraus die so genannte Saltz-Herren unsäglichen Reichthum sammlen; [15] weßwegen auch der König in Franckreich aus dem Saltz-Handel ein Königlich Monopolium gemacht / das Jährlich viel Millionen einträgt. Will man sonsten etwas gründliches von dem Saltz-Sieden lesen / kan man des Beccheri Physicam subterraneam zur Hand nehmen / allwo man pag. 92. gute Nachricht findet.

§. 8.
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Das Meer- und Brunnen-Saltz wird meistens in der Küchen zum saltzen und einsaltzen gebrauchet / und ist solches das beste Gewürtz und Balsam aller Speisen / in dessen Ermanglung leichtlich Fäulungen und hitzige Kranckheiten entstehen / wie öffters in den Heerlagern und belagerten Orten geschiehet. In der Medicin brauchet man äusserlich das geröstete Saltz oder Sal decrepitatum zu den erwärmenden Säcklein und Fomentis in dem Magen-Wehe Colic und dergleichen. Innerlich aber brauchet man den Spiritum Salis, welcher grünlichtgelb seyn muß / wann er recht gut und dephlegmiret ist. Weilen er aber etwas zu scharpff ist / so nimbt man den Spiritum Vini rectif. darzu / wordurch ihm die Schärff benommen wird / daß er hernach ??? dulcis genennet werden kan: ist gut zum verlohrnen Appetit und Schlaff-Welck machen / dienet auch die Brüche zu heylen / wann er nach des P. de Cabriers Method gebrauchet wird / welcher auff des Königs in Franckreich Lud. XIV. Befehl in offentlichen Druck kommen und in meinen Polychrestis Exoticis. Disp. de Herniis kan gelesen werden. Er nimbt auch den schwartzen und gelben Weinstein an den Zähnen weg / und ist der Zahn-Aertzten bestes Secret und Arcanum, muß aber behutsam gebrauchet werden / daß er weder das Zahn-Fleisch / noch die Wurtzel der Zähnen anfressen und erodiren könne.

Das V. Capitel Von dem Alaun und Feder-Weisz.
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Abbildung

§. 1.
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DEr Alaun oder ALUMEN ist ein saur und sehr herbes mineralisches Saltz / welches von dem sauren Erd-Geist und von demselben durch fressenen Steinen gezeuget wird / nach deren Unterscheid er vielerley Gestalt und Farben an sich nimbt / wie Jungius in seiner Doxo [16] scopiâ Phys. Part. 2. Sect. 206. XI. nicht ohne Grund davon raisonirt: kommet meistentheils aus Italien und Engeland / wiewohlen auch jetzo in Teutschland zu Luyck und zu Saalfeld / Zigenhain in Hessen und anderstwo dessen ein grosse Quantität gemachet wird / wie solches Vielheur selbsten gesehen und in seiner Beschreibung frembder Materialien pag. 20. bezeuget: und hat man destoweniger des West-Indischen vonnöthen / dessen Hernandez in Hist. Nov. Hisp. pag. 342. gedencket.

§. 2.
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Gleichwie aber unser jetziger und gemeine Alaun / welcher aus gewissen Steinen und Minere, (wie bald gezeiget soll werden) künstlicher Weiß verfertiger wird / denen alten Scribenten unbekannt gewesen / weilen sie noch keinen solchen Bescheid / wie die heutige mit der Chymie gewust: also sind hergegen die natürliche Species vom Alaun / welche von denselben hin und wieder beschrieben worden / heut zu Tag gantz unbekannt / indem auch die geschickteste Materialisten den runden / fleissigen / oder vielmehr weissen und schwartzen Alaun / deren Dioscorides und Galenus gedencken / niemahlen gesehen / wie Pomet in seiner Material-Kammer Part. 3. lib. 2. pag. 80. ungefoltert gestehet. Unterdessen sind doch einige curiose Natur-Kündiger / welche solche auffgesuchet / wie dann Bartholomaeus Maranta, ein gelahrter Italianer; nicht allein obgedachte drey Arten / sondern auch das Alumen scissile, in den Berg-Wercken umb Neapolis gefunden / wie solche Aldrovandus in Museo Metallico pag. 331. in obgesetzter Figur unter Augen leget: welchen das Alumen Botryoides noch könte zugethan werden / dessen Ferd. Imperatus in Hist. Nat. l. 13. c. 10. & 20. gedencket.

§. 3.
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Alle diese überlassen wir den Gelährten / und wollen anjetzo nur deren gedencken / welche noch heut zu Tag bey den Materialisten und Apotheckern zu finden / worunter das ALUMEN RUPEUM, oder der gemeine Alaun der bekandteste ist / welcher von den Italianern auch Alumen di Roccâ (Rotz-Alaun) genennet wird / weilen er aus gewissen Steinen gebrandt und außgelauget ist; und ob schon einige / als Sam. Dale, diesen letzten Nahmen nur dem röthlichten und so genannten Stein-roth Alaun / welcher bey den Lateinern Alumen Romanum heisset / beylegen wollen / so sehe doch nicht / warumb nicht auch der gemeine und Englische also zu benahmen seye / indem er eben so wohl aus gewissen Steinen und auff eine Weise gemachet wird / die P. Kircherus in Mundo subterraneô T. 1. Cap. de Alum. pag. 314. weitläufftig beschrieben hat / welcher in Anno 1639. zu Tolfa (wo der beste Felsen-Alaun in Europâ zu finden ist) sich auffgehalten / und die Zubereitung des Alauns selbsten gesehen hat / welche also zugehet: Erstlich werden die Alaun-Steine gebrochen / darauff in einem Kalck-Ofen gebrandt: nachdem werden sie Hauffen-Weise an geraume Plätze geführet / wohl einen Monat lang alle Tage vier mahl mit Wasser besprenget / darauff in grosse Kessel gethan / Wasser darüber gegossen / mit stetem rühren gekochet / biß die Alaun-Schärfe außgezogen ist: Hernach wird das klare Wasser von der Häfen abgelassen und in Eichen-höltzern Geschirr gethan / umb darinnen zu Crystallen anschiessen zulassen / welche gemeiniglich acht-auch zehen-eckicht sind / wie oben in der Figur zu sehen. Auff diese Weise wird nicht allein der Römische Alaun umb Civita Vecchia in Italien / sondern auch der Englische in Engeland / und der unserige Teutsche zu Saalfeld gemacht. Daß aber der Römische röthlicht scheinet / ist Ursach / weilen die Stein / daraus er gezogen wird / rothlich sind / weßwegen diese Farb nicht allein außwendig / sondern auch von innen an demselben zu sehen ist / woran er von dem nachgemachten rothen Alaun zu erkennen ist / welchen einige aus dem Englischen und gemeinen nachmachen / indem sie ihn äusserlich etwas röthlicht färben / wie Pomet in seiner Histoire Generale des Drogues, Part. 3. Lib. 2. cap. 46. pag. 87. zeiget.

§. 4.
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Der grosse Nutzen des Alauns ist den Färbern meistens bekandt / welche die Wolle und Tücher darinn beitzen / daß sie alle Farben desto besser annehmen / und wird deßwegen auch Alumen, quasi dans Lumen, genennet. Andere machen auch falsche Perlen und andere Galanterien darauß. So brauchen ihn auch die Müntz-Meister / Gerber / Buchbinder und andere Künstler. In der Artzeney aber stopster er in der Weissen- und Rothen-Ruhr / auch anderen Blutstürtzungen / wo er auch äusserlich mit der Lacca in Globulis vermischet / gut thut. In dem Zahn-bluten mischet man ihn mit gestossenen Mußcaten. Einige thun andere ??? fixa darunter und curiren damit die Wechsel-Fiebern. So wirder auch zu Wiederbringung der verlohrnen Jungfrauschafft (pro Sophisticatione Virginum) mißbrauchet / worvon Doct. Hoffmann und Ettmüllerus in Comment. ad Schroed. zu sehen sind. Die Barbierer brauchen ihn zum abätzen in äusserlichen Schäden / absonderlich das ALUMEN USTUM, welches auß dem gemeinen und in einem Löffel so lang geschmoltzenen Alaun / biß er in einen weissen Kalck zerfället / gemacht wird: nimbt das faule Fleisch in den offenen Schäden hinweg / und saubert sie. Vornehme Leut thun ihn zerstossen unter die Arme / oder in die Fußsohlen / wann [17] ihnen die Füsse und Achseln übel riechen / wobey aber behutsam zu gehen. Alaun mit Bley-Weiß und Rosen-Wasser zerschlagen / stillet den Roth-Lauff und rothe Augen.

§. 5.
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Auß dem gemeinen Alaun wird auch das ALUMEN SACCHARINUM gemacht / wann dasselbige mit Rosen-Wasser und Eyer-Weiß zu gehöriger Consistentz gekochet und zu kleinen Pyramiden / wie Zuckerhüt / formiret wird / von welcher Gestalt ihm der Nahmen gegeben worden: wird fast nirgends gebrauchet / ausser daß das Frauen-Volck solches zum Schmincken employiret.

§. 6.
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Warumb aber die Weid-Asche ALUMEN CATINUM und weßwegen die Trusen-Asche ALUMEN FAECUM genennet worden? kan ich mir nicht einbilden / dann sie weder an Gestalt noch Qualitäten einige Gemeinschafft / sondern viel eher einige Widrigkeit hägen / indem der gemeine Alaun zu den sauren: diese aber zu den laugichten und alcalischen Saltzen zu rechnen sind.

§. 7.
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Vielweniger ist das so genandte ALUMEN SCAJOLAE unter dergleichen Salia zu rechnen / welches gantz keinen Geschmack hat / auch sich nicht im Wasser solviren lässet / sondern vielmehr eine Art Schiffer-Stein zu seyn scheinet / welcher nur so genennet soll werden / weilen er sich in Scajas oder Squamas theilen lässet / wie Aldrovandus in Mus. Metall. p. 680. redet / worinnen er etwa eintzige Gemeinschafft mit dem O. scissili der Alten hat. Sonsten wird es mit besserem Grund Lapis Schistus albus & pellucidus fermè in des Wormii Museo pag. 57. genennet / und in Norwegen in den Silber-Gruben gefunden. Vid. loc. cit.

§. 8.
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Viel anderst verhält es sich mit dem ALUMINE PLUMOSO, oder Feder-Weiß / welches bißdaher unverantwortlicher Weise mit dem Amianthô oder Flachs-Stein confundiret worden; und ob schon D. Ettmüllerus in seinem Comment. Schroed. Pag. 909. unter diesen beyden einen Unterscheid machet / so will er doch das Alumen plumosum allda vor keine Art Alaun erkennen / sondern vergleichet sein Wesen mit dem Flachs-Stein / welches doch der Erfahrung zuwider ist / indem ich ein Stück von der Minera dieses Aluminis plumosi besitze / welches mit dem hervorschiessenden Feder-Weiß einen recht saltzichten / herben und aluminosen Geschmack hat / auch im Munde sich sol viret und zergehet. Weßwegen ich der gäntzlichen Meynung bin / daß es ein recht natürlicher Alaun sey / kan mir auch nicht einbilden / daß man es zu Faden spinnen / und / wie auß dem Flachs-Stein / etwas darauß wircken könne; Und wann es schon geschehen könte / so wäre es doch im Feuer nicht unverbrenlich / wie Aldrovandus und andere schon längst bekennet haben. Glaube also / daß den Materialisten an statt des rechten und veritablen Aluminis plumosi etwa eine Art von dem Stein-Flachs sey obtrudiret und auffaehänget worden / welcher der bißherigen Confusion, daß nehmlich das Feder-Weiß und der Stein-Flachs vor ein Ding oder zum wenigsten vor gleichmässige Cörper gehalten werden / grossen Anlaß gegeben / auch verursachet habe / daß das rechte Feder-Weiß biß daher nicht auffgesucht und erkandt worden. Weßwegen dann biß daher auch wenig von dessen Nutzen und Gebrauch zu lesen und zu finden ist / welcher doch mit dem gemeinen Alaun in vielen wird zusammen stimmen / weilen sie fast einerley Geschmack haben / dergleichen an dem Talc, dem es obgemeldter Ettmüllerus vergleichet / gar nicht zu mercken ist.
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Das VI. Capitel Von dem Salpeter und Borres.
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Abbildung

§. 1.
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DEr Salpeter oder SAL PETRAE ist ein weisses Erystallinisches Saltz / eines scharffen und etwas bitteren Geschmacks / und wird insgemein auch Lateinisch NITRUM genennet / welcher Nahme ihme doch gantz nicht zukommet / indem das rechte Nitrum, dessen die Alten gedencken / ein gantz anderes und von unserem Salpeter unterschiedenes Saltz gewesen / dessen wir heut zu Tages kein Splitterlein mehr haben / wie Joachimus Jungius, zu seiner Zeit ein sehr gelährter Natur-Kündiger zu Hamburg / in Doxoscopiâ Phys. Part. 2. Sect. 2. cap. 7. auß dem Bellonio, Matthiolo und andern stattlich erwiesen hat. Weßwegen er unter dem Halinitro oder Salpeter / und dem rechten Nitro, so wohl in Ansehen des Orts / woher sie kommen / als in Ansehen der Qualitäten einen grossen Unterscheid machet. Jenes wird bey uns aller Orten auß einer saltzichten und fetten Erden gesotten / und hat einen saurichten Geschmack: Dieses aber hat man also natürlich in AEgypten gefunden / weßwegen es auch NATRUM AEGYPTIACUM und ANATRUM heisset / und hat vielmehr einen laugichten lixiviosen Geschmack / (wie die ???ia fixa auß den Kräutern) welcher dem vorigen zuwider ist / gehabt / so gar daß man es an statt der Seiffen gebrauchet / und noch kürtzlich zu Paris den Wäschern an statt der Pott-Asche verkaufft hat / wie Pomet in seiner Material. Kammer p. 73. berichtet. Ja man kan solches auch auß einigen Schrifft-Stellen / als Pr???v. 25. §. 20. schliessen / wo das Nitrum als eines dem Essig zuwider lauffendes Saltz angeführet / und derowegen von Luthero durch die Kreyde verdollmetschet wird / worvon wir anderstwo weitläufftiger discuriret haben. Ob aber solches auß dem Nilo herrühre / wie insgemein dafür gehalten wird / lasse an seinen Ort gestellet seyn; zum wenigsten kan dieses bezeugen / daß als mir der berühmte AEthiopische Historiographus, Herr Ludolf, Kayserl. Rath zu Franckfurt / von der jenigen ???. Nilotica, die er auß AEgypten bringen lassen / ein Glaß voll zu versuchen gegeben / ich nichts saltzichtes daran schmecken können / indem es wie ein gemeines süsses Wasser zu kosten war.
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§. 2.
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Was aber unsern Salpeter anlanget / so wird er in Teutschland aller Orten auß der gemeinen Erde / welche in alten verlegenen Schaaf-Ställen / alten Mauren und Kellern zu finden ist / außgelauget und gesotten / welche zuvor von denen Salpeter-Siedern also probiret wird / daß sie etwas davon außlaugen / in einem kleinen Schälchen über einem Liecht abrauchen und verkochen lassen / und wann es viel Saltz hinterlässet / welches nicht blatzet / auch wann dasselbige verbrennet wird / keinen Satz zurück lässet / so wird sie vor gut und reich an Salpeter geachtet. Wann sie nun den Salpeter in grosser Quantität darauß ziehen wollen / so machen sie in grossen Bütten / mit doppelten Boden (wie sie die Seiffen-Sieder haben) und so groß seyn / daß zwey Schubkarn voll Erden darein geführet werden können / mit gemeinem Wasser die starcke und schwache Lauge / welche sie gewisser Massen einkochen / hernacher wieder durch Büchen- oder Thänninne-Aschen durchlauffen lassen / damit die Asche der Lauge ihre Fettigkeit benehme und frech zum wachsen mache. Wann nun solches geschehen / so wird alsdann diese Lauge auß der Bütten E. in den Kessel B. nach und nach gelassen und so lang gesotten / biß der Salpeter-Sieder C. vermercket / daß sich das Saltz an seine Kelle anhänget / so schöpffet er solches in das übergesetzte Schien-Körbgen D. lässet alles in der Laugen-Bütte A. erkalten / nachgehends das helle ablauffen / und in tieffen Kesseln und Trögen / so in die Erden gegraben und mit G. und F. bezeichnet sind / wachsen / da man alsdann den rohen Salpeter findet / welchen man in eben diesen Gefässen / durch wiederholtes solviren und kochen / läutern und rafiniren kan / wie in obgesetzter Figur solches alles einiger Massen unter Augen gestellet und dabey sehr weitläufftig von Lazaro Erckero in seinem Probier-Buch pag. 104. et seqq. beschrieben wird. Nachdem er nun mehr oder weniger rafiniret worden / kommen dessen vielerley Sorten herauß / welche Pomet in seiner Histoire des Drogues P. 3. l. 2. cap. 35. pag. 74. vor andern schön beschrieben hat. Der Beste ist / welcher roth / weiß / in langen und breyten Crystallen und recht trucken ist / auch kein gemein Saltz (welches sie den Schalck nennen) in sich hat / so man an dem Blatzen spüret. Die Prob ist / wann man ihn anstecket und gantz verbrennet / so ist er gut: Bleibt aber ein grosser Satz zurück / so ist er verfälschet.

§. 3.
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Man findet auch bey uns einen natürlichen Salpeter / welcher sich an den alten Mauren und Gewölben anhänget. Diesen nennet man APHRONITRUM oder SPUMAM ???, mit welchem Nahmen auch offters der Schaum / welchen man bey dem Salpetersieden abgenommen hat / beleget wird / so aber hieher nicht gehöret. Dieses Aphronitrum bestehet auß kleinen subtilen Crystallen / so wie eine Blume anschiessen / weßwegen er auch FLOS ??? heisset / kommet dem rechten Nitro etwas näher / als der gemeine Salpeter / und suchen einige was verborgenes darinnen.

§. 4.
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Den Nutzen und Gebrauch des Salpeters betreffend / so wird dessen jährlich ein ohnbeschreibliche Quantität zu dem Büchsen- und Schieß-Pulver verbraucht / worvon anderwerts soll gehandelt werden. So wird auch nicht wenig zu dem Scheid-Wasser und andern Sachen von den Laboranten verthan / von welchen bald ein mehrers folgen soll. In der Artzney-Kunst hat er auch keinen geringen Nutzen / absonderlich in hitzigen Schwachheiten / worinnen das ??? nicht allein refraichiret und kühlet / und derowegen von dem Englischen Mortis pag. 105. das kalte Gewürtz genennet wird: Sondern es erhält auch daß Geblüt im Fluß und stetiger Circulation, verhinderend / daß es sich nicht glundere und coagulire; weßwegen der gereinigte Salpeter in den hitzigen Fiebern / Ungarischen Kranckheiten / Wund-Fiebern / Bräune und Seitenstechen / im ordentlichen Getränck zerlassen / ein herrliches Mittel ist / wann nur kein blöder Magen / Durchbruch oder scharffes Serum vorhanden / welche dessen Gebrauch verbieten. Er zertheilet auch die Winde / in der windigen Melancholi oder Malo hypoch. und wird deßwegen unter die Species diaspoliticon Galeni genommen. In übermässiger und beschwerlicher Geilheit ist kein besseres Mittel / wie Timaeus von Güldenklee an einem Trompeter Lib. 3. Consil. 52. pag. 197. erfahren hat. Ingleichen kühlet es das von übermässigem Brandenwein-Sauffen erhitzte Geblüt / nach D. Simon. Paulli Erfahrung in Digress. De Febr. Malign. pag. 53. Endlich treibet er auch den Stein und Harn.

§. 5.
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Unter denen Praeparatis, welche auß dem ??? gemacht werden / befindet sich erstlich der LAPIS PRUNELLAE oder praeparirte Salpeter-Küchlein / welche deßwegen so genennet werden / weilen sie in der Bräune oder Prunella offt verordnet werden / wiewohlen andere den mit Laugen corrigirten Salpeter mit dem Keslero vorziehen / weilen in Zubereitung des Lap. Prunellae der Salpeter mit der scharffen Säure des Schwefels mehr verdorben als gebessert wird. Muß sonsten [20] schön weiß / trucken und frisch gemacht seyn / auch auß rafinirtem und nicht rohem Salpeter bestehen / welches auß der Weise zu sehen ist. Daß er aber mit Alaun verfälscht werden könne / ist gantz falsch / indem sich der Salpeter eben so / wie der Zucker / mit dem Alaun nicht vereinigen lässet / wie Pomet l. c. pag. 76. zeiget. Wird sonsten innerlich wie der Salpeter / und äusserlich in den Gurgel-Wassern gebrauchet. Wann man den Salpeter ohne Schwefel mit einer glüenden Kohle anstecket / und dieses so offt widerholet / biß er nicht mehr zischet / so bekombt man das NITRUM FIXUM, woraus Glauberus seinen Liquorem Alkahest machet / welches ein trefflich Menstruum ist. Destilliret man aber den rohen Salpeter mit truckenem Thon oder Lette / auß einer Retort in einen grossen Recipienten / so gehet ein roth feuriger Nebel über / welcher sich in einen hellen und weissen Spiritum coaguliret / welcher SPIRITUS NITRI genennet wird: muß klar / wie Wasser seyn und immer rauchen / wann er gut ist; woran auch zu sehen / ob er aus Scheid-Wasser bestehe / womit er von den Canaillen verfälschet wird. Ist sonsten gar corrosiv, weßwegen er wie der ??? mit dem Spiritu Vini dulcificiret wird / welcher alsdann den Urin und Stein treibet / auch die Winde zertheilet / absonderlich / wann man denselben über die Römische Camillen und andere carminativa abtreibet und also D. Michels SPIRITUM ANTICOLICUM daraus machet. Diesen ??? machen die Laboranten in Thüringen in grosser Menge / und wann sie zu einem Theil ??? zwey Theil ??? nehmen und destilliren / so gehet das Scheid-Wasser oder so genandte AQUA FORTIS herüber / welches doch nichts anderst / als der ??? ist / indem vom ??? wenig oder gar nichts übergehet / und thut der ??? so viel / als das Scheid-Wasser. Dieses dienet das Silber und andere Metallen zu solviren / und wird von den Kupfferstechern / Goldschmieden / und andern gesuchet. Thut man das ??? * darzu / hat man die AQUAM REGIAM, welche das Gold solviret. Aus dem Cap. Mortuo des Scheid-Wassers kan man ein Saltz elixiviren / welches ARCANUM DUPLICATUM, ??? latum, Panaca Holsaticea &c. genennet wird; weilen man aber das ??? nicht immer haben kan / so macht es Dan. Ludovici c. solut. ???, wie in dessen Pharmaciâ Mod. Seculo appl. pag. 427. zu sehen: Ist ein vortrefflich digestiv in den Wechsel-Fiebern / Scorbuto und andern Kranckheiten.

§. 6.
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Im übrigen sind einige / welche den Borres oder Venedischen BORRAX vor eine Art Salpeter halten / ohne Zweiffel / weilen Nitrum in der Arabischen Sprach Baurac heisset / woher das Wort Borrax herzukommen scheinet. Dieses ist ein hell-weisses Saltz / wie Eyß und Alaun anzusehen / hat einen scharffen / laugichten Geschmack / und wird meistens aus Venedig überschicket / wo es zum ersten refinirt worden. Man bringt zwar auch Borres aus Holl- und Engeland / er will aber nicht allerdings verrichten / was jener thut. Die Holländer sollen ihn aus Ceilon bringen / wie Marxius in seiner Teutschen Material-Kammer pag. 43. schreibet.

§. 7.
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Was aber der Borres eigentlich seye? ob es ein natürlich oder gemacht Werck zu nennen? davon sind die gelährten Naturkündiger noch nicht eins. D. Schroëder hält es vor ein gemachtes Saltz / welches zu Venedig auß ??? *, ???, ??? com. und Tartaro ???n. zubereitet würde: Andere meynen / es bestehe auß ??? und ??? wie in gemeldten Authoris Pharmacopoeia p. 208. zu sehen ist. Allein seine Außleger / als D. Hoffmann und D. Ettmüller, gehen hier von ihm ab / und halten davor / daß der Borrax eine natürliche Minera sey / welche in Indien soll gefunden werden. Pomet nennet solche rohen Borres / und schreibet / daß dessen zwey Species auß Indien kämen / eine so eine röthlichte Fettigkeit umb sich hätte: die andere aber graulicht / welche die Venetianer in Wasser solvirten / und über Baum-Wollen Seilern oder andern Stänglein zu Crystallen machten. Jungius hergegen gibt in seiner Doxoscopia c. l. vor / daß es ein weisser Stein sey / welcher keinen Geschmack hätte / auch sich im Wasser nicht solvirenlasse / sonderndurch die Calcination einen Geschmack / wie die buchene Aschen bekomme / auch wie dieselbe einen Geruch von sich gebe / wann sie gekostet werde. Dem sey nun wie ihm wolle / so ist doch dieses in Acht zu nehmen / daß der Borrax grob / weiß / schön hell und durchsichtig seyn müsse. Man gebe auch Achtung / daß er nicht mit Alaun vermischet sey / welcher im Feur nicht so auffschwält / wie der Borrax.

§. 8.
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Diesen Borres brauchen die Goldschmiede sehr / das Gold und Silber damit zu löthen / da es dann bey der Goldlöthung grünlicht / wie ein Salpeter wird. Feines Silber greiffet er allein an. So aber Kupffer untermischet ist / thut man Glas-Galle hierzu und bleibet er alsdann weisse. Er soll auch den Metallen den Fluß geben. In der Artzney dienet er vortrefflich die Geburt zu befördern / worinnen ich dessen Effect etlichmahl mit gutem Successerfahren hab / absonderlich / wann bey einer gewaltigen Blutstürtzung der Mutter ein Abortus fortzutreiben ist; worvon (ob GOtt will) in meiner Prax. Infallibili mit mehrerm soll gehandelt werden.
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Das VII. Capitel Von dem Kupffer-Wasser oder Victril, Galitzen-Stein / wie auch gemeiner und Chinesischer Dinten.
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Abbildung

§. 1.
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DAs Kupffer-Wasser oder VITRIOLUM ist nichts anderst / als ein Metallisches Saltz / welches aus den rohen und von dem Schwefel-Geist durchfressenen Metallen und Ertzen entstehet / und entweder in- oder ausser der Erden zu durchsichtigen Crystallen anschiesset: Hat einen sauren / herben und anhaltenden Geschmack und verschiedene Farben / nachdem der Schwefel entweder auff Eysen oder Kupffer trifft / deren jenes ein grünes / dieses aber ein blaues Kupffer-Wasser gibet / wie von Angelo Sala in einem besondern Tr. Vom Vitriol und von Minderero, Disp. de Chalcantho weitläufftig erwiesen ist.

§. 2.
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Diese Saltz förmichte Crystallen werden entweder von der Natur also praepariret gefunden / welches doch selten geschiehet / oder werden aus besondern Ertzen und Metallen künstlicher Weise zugerichtet / welches letztere gemeiniglich also geschiehet: man lässet die hierzu dienliche Ertze (welche gemeiniglich ein Art Marcasit, Quis oder Feur-Stein sind) entweder gantz / oder gröblich zerstossen / an der freyen Lufft so lang liegen / biß sie von sich selbsten in einen grünen oder blauen Kalck zerfallen oder sich einige Crystallen zeigen. So bald er sich nun arbeiten lässet / schüttet man ein gehörige Quantität Wassers darzu / umb das saltzichte Theil heraußzuziehen / lässet das Wasser abrauchen und alsdann die Crystallen in höltzernen Kasten anschiessen / fast auff die Art und Weiß / wie der Alaun in Engeland / und der Salpeter hiesiger Orten gemacht werden.

§. 3.
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Ob nun ein Vitriol von dem Eysen oder Kupffer herrühre / kan man durch folgendes Experiment erforschen: Streiche deinen Victril an eine mit Speichel angemachte Messer-Klinge: wird diese nicht angegriffen und nicht rothlicht / so ist es ein Zeichen / daß der Victril auß dem Kupffer-Ertze herrühre / wie der Römische und Englische: Greiffet es aber das Eysen an / und wird das Messer rothlicht / so ist es ein ??? alischer Victril, wie der blaue Cyprische und Goßlarische / worvon Pomet in seiner Frantzöischen Material-Kammer Part. 3. lib. 1. cap. 57. pag. 36. zu sehen ist.

§. 4.
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Die Sorten deß Victrils werden gemeiniglich von den Ländern / daraus sie kommen / genennet / worunter das
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VITRIOLUM ROMANUM oder der Römische Victril der rareste und auch fast der theureste ist: kombt auß Italien und wird nur der Stadt Rom zu Ehren also genennet / ob er schon nicht allda / sondern in andern Orten des Welschlandes gemachet worden. Er ist sonsten in grossen Stücken und grünen Crystallen / woran er vor dem Englischen / wormiter offters verwechselt und verfälschet wird / erkennet werden soll / als welcher letztere viel kleinere und grüne Crystallen hat. Er wird sehr zu dem PULVERE SYMPATHETICO und dem UNGUENTO ARMARIO oder Waffen-Salb gesuchet / welche beyde auß dem an der Sonnen calcinirten Römischen Vitriol gemacht werden / wie solches der Englische Graff Digby in einigen besondern Schrifften davon gezeiget hat / welche nebst andern in dem so genandren Theatrô Sympathetico zu finden sind: wiewohlen noch viele particularia darvon in seinen übrigen sehr schönen MSS. welche die Ochfische Erben zu Franckfurt in Versatz haben / enthalten sind.

§. 5.
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Nebst diesem kombt noch ein ander Kupffer-Wasser von Pisa auß Italien / nemlich das VITRIOLUM PISANUM, welches dem Römischen an der Farb fast gleichet / ausser daß es grüner und kleiner / aber auch wolfeiler ist; weßwegen es von den Schwartzfärbern / Hutmachern und dergleichen mehr gesuchet und verbrauchet wird.

§. 6.
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Mit diesem hat der Englische oder das VITRIOLUM ANGLIUM ein grosse Gleichheit / welches auß einem gelben Ertz in Engeland zubereitet wird: muß schön klar und durchsichtig grün / auch recht trucken seyn. Welches kleine und weisse Stücklein hat / tauget nichts: dienet ingleichem den Färbern / von welchen es besser / dann das Schwedische und Sächsische / zum färben gehalten wird.

§. 7.
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Unter den blauen Kupffer-Wassern ist der Cyprische ??? oder VITRIOLUM CYPRIUM das beste und theureste / dessen 2. Sorten bey den Materialisten zu finden / eines in grossen Stücken / welches Cyprischer Vitriol von der Compagnie genennet wird / weilen die Indianische Compagnie solchen verhandelt: die ander der geschnittene / welcher in kleinen Stücken / so wie Diamanten spitzig außgeschnitten sind / kommet Beyde müssen recht Himmel-blau seyn / absonderlich / wann sie zerbrochen werden / indem sie von aussen gar leicht mit einem gelben Rost anlauffen / welchen Wormius in Museo p. 28. vor das Misy hält; doch gehet derselbe leicht ab / wann man ihn auf der Zung naß machet und abwischet. Dieser Victril wird insgemein von den Storgern vor die Augen verkaufft / worzu er / wie der weisse Victril, gut thut. Einige melden / daß hierauß ein ??? könte destilliret werden / welcher alle Gläser zermalme und penetrire. Er heilet auch die Wunden und stillet das Bluten. Man kan in Ermanglung des Römischen Victrils den Pulv. Sympatheticum darauß machen.

§. 8.
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Mit diesem kombt das VITRIOLUM UNGARICUM sehr über ein / welches auch schön Himmel-blau und Meer-grün außstehet: wie auch das VITRIOLUM SUECICUM, NORWAGICUM und SCANICUM, von welchen Wormius in angezogenem Ort zu sehen ist.

§. 9.
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Am gebräuchlichsten aber ist hier zu Land der Sächsische Victril oder das VITRIOLUM GOSLARIENSE, welches blau-grün / hell und durchsichtig ist und zu Goßlar häuffig crystallisirt wird: muß aus schönen grossen / klaren und durchsichtigen Crystallen bestehen / wenig klein Gemeng in sich haben und so viel möglich trucken seyn / wann er anderst vor gut zu halten. Dieses gebrauchen sich die Färber und Hutmacher bey uns am meisten / weilen es das wohlfeileste ist / und werden auch die meinste Medicamenta von den Chymicis darauß verfertiget: kan in den Blut-Stürtzungen an statt des Cyprischen Vitriols gebrauchet werden / obwohlen dieser letztere viel besser darzu ist.

§. 10.
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Hierauß wird der weisse Victril, VITRIOLUM ALBUM, oder Galitzen-Stein gemacht / welcher biß daher insgemein vor einen natürlichen Vitriol gehalten worden: Allein / Pomet bezeuget in obgerührtem Buch p. 37. daß der weisse Vitriol nichts anderst / als der gemeine Goßlarische / aber starck calcinirte Victril sey / welcher nachmahlen wieder in Wasser solviret / coaguliret / und zu grossen Kucken / von 40. bis 50. ???. formiret / und also den Materialisten und Specerey-Händlern über schicket werde. Dieser muß schön weiß / wie Zucker / fest und firm seyn / auch nicht an der freyen Lufft gehalten werden / welche ihn außwendig gantz gelb machet: Wird nicht allein vor die Pferde / sondern auch den Menschen in bösen Augen gebrauchet / worzu er sehr dienlich ist / absonderlich wann man 2. Theil reinen Zucker zu einem Theil weissen Vitriol thut. Die Chymici machen die so genandte GILLAM Paracelsi darauß / wann sie [23] ihn in Wasser zergehen und wieder anschiessen lassen: ist eine Vomitiv, gleich wie das ??? Vitrioli Vomitivum.

§. 11.
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Auß dem gemeinen Goßlarischen Vitriol wird auch bey uns die Dinte zum schreiben / oder ATRAMENTUM SCRIPTORIUM gemacht / wann man zu einem Theil guter Galläpffel / den halben Theil Gummi Arabici, und den vierdten Theil Kupffer-Wasser nimbt / und alles gröblich zerstossen in acht Theil Bier schüttet / etliche Tägen stehen lässet und offt umbrühret: welches Dinten-Pulver von einem alten Medico in folgendem Disticho abgefasset worden: Uncia sit Gallae, semisque sit uncia Gummi, Vitrioli pars quarta: His addas octo Falerni. Das ist: Wilt du zum Schreiben dir ein gute Dinte machen / So nimb zu acht Loth Bier / wie nöthig / diese Sachen: Galläpffel bey zwey Loth / ein Loth Arabici Gummi: thu noch darzu zwey Quint Vitrioli. Mehrere Beschreibungen findest du bey dem Canepario Tr. de Atramentis. Wann man aber Dinten mit über Feld nehmen will / so kan man sich der Chinesischen Dinten oder des ATRAMENTI SINITICI bedienen / welche die Sinenses auß einer schwartzhartzichten Erde / oder wie Trigautius meynet / auß dem Ruß und Rauch von Baumöhle verfertigen / und entweder zu länglichem schmahlen Täfelein / ohngefehr 2. Zoll lang / und I. Zoll breit / oder in runde Küchelein formiren und mit ihren Characteren bezeichnen / wie im Anfange des Capitels auß der Figur zu ersehen. Wann sie damit schreiben wollen / machen sie solche Küchelein mit Speichel oder Wasser naß / und feuchten damit kleine Penßlein an / wormit sie an statt der Federn schreiben. Sie ist zum Reissen sehr dienlich / bestehe davon Wormium in Mus. pag. 376. Einige sollen diese Dinte gegen die Rothe-Ruhr / und Wunden gebrauchen / wie Tavernier im III. Tom. seiner Reiß-Beschreibung meldet. Die Holländer sollen sie heut zu Tag nachmachen / aber bey weitem nicht so schön und gut; der Unterscheid ist daran zu erkennen / daß die Holländische graulicht-schwartz auß stehet und auß blatten Stückern bestehet / da hergegen die recht Sinesische schön gläntzend schwartz und in Fingers-dicken Stücken kommet / Vid. Pomet l. 6. pag. 96.

§. 12.
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Was die übrige PRAEPARATA, so auß dem ??? gemacht werden / anlanget / so sind dessen PHLEGMA, SPIRITUS und OLEUM bey den Materialisten auch zu bekommen / welche sie hier zu Land von denen Thüringer Laboranten in der Meng einhandlen und wieder verkauffen: Sind sonsten fast einerley Wesens / und ist das so genandte Oleum nichts anderst als ein concentrirter ???, indem es nicht auff Wasser schwimmet / sondern darein zergehet. Der Spiritus muß schön klar / wie Wasser seyn / säuerlich / und wann man ein wenig auff weiß Papier thut und solches im Feuer schwartz wird / so ist er gut. Er wird zu Erfrischung und zu kühlen in der Medicin gebraucht / kan aber doch in grosser Dosi Leib und Leben schaden / wie davon ein mercklicher Casus (so sich kürtzlich in Zell zugetragen) in meinen Novellis Medico-Legalibus soll beschrieben werden. Der volatilisirte ??? wie auch der ??? Epilepticus sind noch besser und werden von Doct. Ettmüllern in Comment. in Schroed. Chymia und andern Büchern weitläufftig beschrieben. Das Caput Mortuum dieses ???, welches eine braune Erde ist / wird COLCOTHAR genennet / welches auch in der Medicin sehr gerühmet / und an statt des so genandten CHALCITIS von vielen zum Theriac genommen wird. Auß diesem Colcothar wird das SAL VITRIOLI VOMITIVUM elixiviirt, und wann es calciniret wird / bekommet man die TERRAM VITRIOLI DULCEM, welche an statt des LAPIDIS MEDICAMENTOSI und LAPIDIS MIRABILIS, (welche beyde auch von Vitriol gemacht werden /) in cusserlichen Schäden dienet.

§. 13.
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Der jetzt gedachten CHALCITIS aber noch mit wenigem zu gedencken / so wird sie insgemein vor ein durch das unter-irrdische Feuer von der Natur roth calcinirtes Vitriol gehalten / und hauptsächlich zu Verfertigung des Theriacs gesuchet; wiewohlen einige ihm eine giffrmässige Qualitär zuschreiben / und deßwegen lieber auß der Composition des Theriacs außschliessen wollen / zumahlen es auch rar und vielen unbekandt ist. Wann es älter wird und sich verändert / wird es auch MISY, MELANTERIA und SORY genennet / obwohlen andere diese alle vor absonderliche Berg-Arten erkennen wollen / worvon Pomet l. c. pag. 35. zu sehen ist. Die rechte Chalcitis muß in hübschen braun-rothen Stücken seyn / welche wie ???, schmecken / und leichtlich in Wasser zergehen.
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Das IIX. Capitel Von der Weid- und Pott-Asche / wie auch der SOUDE oder SOER-Saltz.
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Abbildung

§. 1.
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DEmnach die Weid-Asche / Pott-Asche und Soude, wegen ihrer Gleichheit / offters confundiret und eines vor das andere will genommen werden / doch aber noch ein grosser Unterscheid unter diesendreyen saltzichten Cörpern ist / so will nöthig seyn / daß man hiervon auch absonderlich und klärlich handele; derowegen zu mercken / daß die so genandte Weid-Asche oder CINIS INFECTORIUS nichts anderst / als die calcinirte Wein-Hefe sey / welcher dieser Nahme gegeben worden / weilen sich die Weid-Färber derer sehr bedienen / und derowegen auß Franckreich und anderst woher in grossen Fässern und Einschlägen gebracht wird: muß noch in schönen Stücken und Steinen / auch frisch gemacht seyn / eine grünlicht-weisse Farb und einen saltzicht-bitteren Geschmack haben / wann sie vor gut passiren soll. Sie muß auch auß guter truckener Wein-Hefen zubereitet / und nicht von den Essigmachern gekaufft worden seyn.

§. 2.
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Den Gebrauch und Nutzen betreffend / so ist sie zu den Weid-Kiepen / die Lauge damit zu bereiten / sehr nöthig / und schärffet man zuweilen den Jndig auch damit / weilen sie die Farbe anfällig machet und für Flecken-bewahret. So brauchen sie auch die Seiffen-Sieder / absonderlich / welche die grüne Seiffen machen. In der Medicin aber werden sie nicht gesuchet / ausser daß man darauß ein Saltz und auß diesem ein Oleum per deliq. machen kan / welche dem ??? Tartar und ??? Tartar per deliq. an Kräfften gleich kommen / doch etwas stärcker und corrosiver sind; weßwegen dann / mit Zusetzung des lebendigen Kalcks / der so genandte LAPIS INFERNALIS oder Etzstein / zu Setzung der Fontanellen / darauß kan gemacht werden / welchen die Materialisten auch zuweilen verkauffen / wie Pomet in seiner Material-Kammer Lib. 7. cap. 71. pag. 255. davon gelesen werden kan.
|| [25]

§. 3.
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Was aber die Pott-Asche oder CINERES CLAVELLATOS anlanget / so bestehen dieselbige auß einem weissen und etwas blaulichten calcinirten-Saltz / welches Anfangs auß den Tauben oder Clavellis derjenigen Fässer und Potten / worinnen die Weid-Asche kommet / gemacht / und derowegen Cineres Clavellati und Pott-Asche genennet worden sind / wie Jungius in Doxoscop. Phys. Part. 2. Sect. 2. cap. 12. §. 3. lehret; Und weilen dieses Saltz auß denen zu Aschen verbrandten Fässern außgelauget und nachmahlen in grossen Kesseln abgesotten wird / heissen es einige auch Kessel-Asche. Nachdem aber solche Potten und Clavellae in solcher Menge nicht zu haben sind / daß man so viel Pott-Asche / als jährlich consumiret wird / darvon machen können / so hat man nachgehends auch das blosse Eichenholtz / worauß sie bestehen / darzu genommen / welches bey uns die Pott-Aschen-Krämer in grosser Menge zu Aschen verbrennen und das Saltz herauß laugen / welches nachmahlen in grossen darzu bereiteten Oefen ferner calciniret wird / dergleichen in dem berühmten Closter Haina / im Casselischen / zu sehen sind / wo die Pott-Asche in grosser Menge verfertiget / und so wohl ins Reich / als in Holland und anderstwo geführet wird. Es kommet auch auß Polen und Moscau / über Dantzig / eine grosse Quantität in Holland / Engeland und Franckreich.

§. 4.
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Die Art und Manier / wie alles damit zugehe / beschreibet vor andern Merret und Kunckelius am Ende der Anmerckungen über des Neri Glaßmacher Kunst pag. 347. und stellet alles in obiger Figur unter Augen. Wann nehmlich eine genugsame Quantität Aschen von Eichen oder andern Bäumen vorhanden ist / thut man solche in eine droben mit I. bezeichnete Bütte / welche entweder einen doppelten und durchlöcherten Boden / oder ein dichtes Gerüst von Stroh hat / dergleichen sich die Seiffen-Sieder zu ihren Laugen bedienen: Stampffet die Asche wohl auffeinander und schüttet alsdann so viel Wasser darauf / bis daß es über die Aschen gehe. Nachdem nun solches eine Nacht gestanden / so zapffet man die Laugen in den darunter stehenden Zuber K. ab / und hebet sie / als die Stärckere / besonder auff. Alsdann kan man noch einmahl Wasser über die Asche giessen / und eine schwächere Lauge machen / welche an statt des gemeinen Wassers nachmahlen auff frische Aschen gegossen werden kan. Wann man nun dieser Laugen genug und so viel / als man will / bekommen hat / so thut man sie in einen starcken eissernen und eingemaureten Kessel D. also / daß der Kessel nur den dritten Theil voll ist / lässet sie wohl abrauchen / und damit immer so viel wieder zufliesse / als abrauchet / setzet man eine kleine Bütte A. über den Kessel / auß dessen Krahn oder Zapffen B. das Wasser so dick / als ein Stroh-Halmen / immer in den Kessel nachfliesse / biß alle Laugen abgerauchet und endlich ein trocken Saltz darauß wird. Wann nun dieses erkaltet / so schläget man es mit einem eissernen Meyssel auß dem Kessel; und wann man dieses schwartz-grauen Saltzes so viel beysam̅en hat / als die Mühe verlohnet / so wird es in dem Ofen A. C. also calciniret / daß es nicht schmeltze / sondern durch und durch wohl glüe. Will man nun wissen / ob das Saltz durch und durch gut und rein sey / so nimbt man eines von den grösten Stücken herauß / lässet es kalt werden / und schläget es alsdann voneinander. Ist das Stück nun inwendig / wie aussen / gantz weiß / so ists ein Zeichen / daß es recht und gut. Wo aber nicht / so muß man es länger calciniren / biß es schön weiß / und zum Theil von der Hitze etwas blaulicht werde / woran sonsten die Pott-Asche erkandt wird.

§. 5.
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Diese Pott-Asche nun ist viel stärcker / als die vorige Weid-Asche / mit welcher sie im übrigen einen Nutzen hat / und von den Weid- und andern Färbern / Seiffen-Siedern und Glaßmachern häuffig gebraucht und verthan wird. So hat sie auch in der Chymie einen grossen Nutzen / und wird allda insgemein verstanden / wann man des Salis Alkali schlechterdings gedencket. Und ob man schon auß allen Kräutern auff eben diese Manier ein dergleichen lixivioses Saltz außlaugen kan / so werden sie doch insgemein von dem Kraut / davon sie herrühren / benahmset / als ???. Absinthii, Centauril &c. Wiewohlen gewiß / daß unter allen solchen Fixen und urinosischen Saltzen die Cineres clavellati und das ??? Tartari (an dessen Stell sie offt gebrauchet werden) den Vorzug haben / auch viel besser und wolfeiler zu haben sind.

§. 6.
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Inzwischen ist wohl zu mercken / daß das recht veritable und eigentlich so genandte SAL ALCALI wieder etwas anderst / als die Pott-Asche / sey / indem es nicht auß Eichen- oder anderm Holtz / sondern einem frembden Meer-Kraut / welches die Alten Kali geniculatum, die heutige Kräuter-verständigen Anthyllida heissen / gemacht und auff den Glas-Hütten insgemein SOUDE Lateinisch SODA, Solicornia, Salsol, Alumen [26] Catinum, das ist: Soer-Saltz / Schmaltz-Saltz / Aschen-Saltz / genennet wird / wie in des Merret Anmerckungen über des Neri Glasmacher-Kunst / pag. 246. und Schurtzens Material-Kammer p. 89. zu ersehen. Es ist sonsten ein weißgraues Saltz / in Steinen von unterschiedlicher Grösse / und wird in Spanien (wo das Kraut längst dem Meer wächset) nicht durch Außlaugung / wie die vorige / sondern durch blosse Calcination gemachet / wiewohlen es / wie die Pott-Aschen / in Wasser kan zerlassen werden / wie D. Jungius in Doxoscop. Phys. l. c. meldet: doch kan man auß dieser Soude auch ein ??? elixiviiren / welches billicher ??? Alkali, als die Soude selbsten zu nennen ist.

§. 7.
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Die Art und Weise selbiges zu machen / ist folgende: Es wird nehmlich mitten im Sommer das Kraut abgeschnitten / an der Sonnen getrocknet und auff einen Hauffen gesamblet: Nachgehends wird ein Gebund nach dem andern über einem eisernen Rost verbrant / da dann die Aschen herab in die Grube fället. Nachmahlen wird die Grube zugeschlagen / und wann alles ein Zeit lang darinn gelegen / wird es zu einem harten Glumpen wie Stein / welchen die Einwohner voneinander schlagen / und unter diesem Nahmen hin und wieder verhandeln.

§. 8.
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Man findet deren in Europa wohl vier Sorten / als erstlich die Alicantische oder SOUDE d' ALICAN, welche aber wieder unterschiedlich ist. Die beste muß schön trucken und klingend / blaulicht-grau / in- und außwendig mit vielen Löchlein und Augen gezieret seyn / auch wann man darauff speyet / nicht nach Morast riechen: Soll keine grüne Crust haben / noch mit Steinen vermenget seyn; weßwegen zuzusehen / daß die Ballen nicht auffgeschnitten / gute Stücker herauß und böse hinein gestopffet seyen. Man hält auch mehr von derjenigen / welche auß kleinen Stücken / wie Kissel-Stein / bestehet / und derowegen CALLOTI genennet wird / als von den grossen Stücken. Zweytens / die Cartagenische oder SOUDE de la Cartagene, welche etwas geringer / nicht so blau ist und kleinere Löchlein hat / auch in grösseren Ballen kombt. Die dritte / als SOUDE DE BOURDE, und die vierdte SOUDE DE CHERBOURG sind feucht / steinicht und nichts nutz; vielweniger die jenige / welche die Seiffen-Sieder verkauffen / so gar außgelauget und entkräfftet ist: worvon Pomet in seiner Histoire des Drogues Generale Lib. 6. c. 21. pag. 169. mit mehrerm zu sehen ist. Die Alexandrinische Soude, deren Eichovius in seinen Reisen pag. 181. gedencket / kommet so weit nicht herauß / sondern wird von den Venetianern meistens verthan.

§. 9.
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Diese Soude wird in grosser Menge auff die Glas-Hütten verkauffet / weilen ohne dieselbe kein recht helles und sauberes Crystallinisch Glas zu machen ist / wie davon Kunckelius in der Glasmacher-Kunst zu sehen / welcher auch die Prob bey der Einkauffung / pag. 249. cit. loc. mittheilet. In Franckreich bedienen sich auch die Wäscherinnen und Bleicherinnen derselben zu ihren Laugen / welche aber von den Seiffen-Siedern offters so angeführet werden / daß sie die gantze Wäsch und Bleich verderben / weilen solche Kalck unter ihre außgemergelte Soude mischen.

§. 10.
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Hieher gehöret auch die so genandte ROCHETTA und das Orientalische Pülverlein der Glasmacher / welches nichts anderst / als die Orientalische Soude ist / so auß Syrien kombt / und in grauen Säcken gebracht wird / welche besser ist / als die von Tripoli, so in blauen Säcken kombt. Die gantze Stücke heissen Roquette, und gestossen das Orientalische Pülverlein / davon Pomet pag. 171. und Neri in der Glasmacher-Kunst zu sehen sind.
|| [27]

Das IX. Capitel Von der Glas - Galle und dem Venedischen Glas.
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Abbildung

§. 1.
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DIe so genandte Glas-Galle oder FEL VITRI ist ein weiß-graues scharffes Saltz / am Geschmack dem Salpeter nicht ungleich / und wird von der Feuchtigkeit der Lufft gar leichtlich aufgelöset / daß es schmeltzen thut: kommet von den Glas-Hütten / allwo sie auff der Materie oder Metall / worauß das Glas geblasen wird / wie ein Fett oder Schaum schwimmet / und auch also abgeschaumet wird; weßwegen sie auch von einigen AXUNGIA und SAL Vitri, von den Frantzosen aber SUIN de Verre genennet wird. Und weilen dieses Saltzes Ursprung eigentlich von der Soude oder ander ??? alkalibus herrühret / auch mit diesen sehr übereinkombt / so nennen es andere auch ??? alkali, ??? anatron, &c. ist gemeiniglich in Scheiben gegossen und gibt ein Topff / welcher deß besten Glas-Metalls 200. ???. thut / ohngefehr 80. ???. dieses alkalischen Saltzes / wie es Merret in seinen Anmerckungen über deß Neri Glasmacher-Kunst pag. 262. außgerechnet hat.

§. 2.
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Hiervon finden sich dreyerley Sorten bey denen Materialisten / als erstlich / die Italiänische / welche schön weiß und die beste ist. Zweytens / die Einheimische / welche zu Nürnberg gegossen wird. Drittens / die Holländische / welche die schlechteste ist / wie Schurzius in seiner Teutschen Material-Kammer p. 35. Marxius p. 95. und Vielheur in Beschreibung frembder Materialien pag. 29. einmühtiglich davor halten. Alle aber müssen an einem trockenen Ort gehalten werden / in grossen schwartzen Stücken / auch in- und außwendig gleichsam wie Marmor anzusehen seyn; da hergegen die schwartze und feuchte zu verwerffen / wie in Pometi Histoire des Drogues Lib. 6. c. 22. pag. 169. zu sehen ist.

§. 3.
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Was den Gebrauch dieses Saltzes anlanget / so brauchen es die Einwohner in Franckreich nicht allein zum Einsaltzen der Speisen / sondern [28] es wird auch in der Artzney-Kunst gegen die Wassersucht und den Stein gebrauchet / wie Hoffmannus in Clav. Schroederiana pag. 92. lehret. Eusserlich aber dienet es die Zähne zu säubern und allerhand Grind und äusserliche Schäden zu heilen / wie bey Sam. Dale in Pharmacol. p. 140. zu sehen ist. So brauchen es auch die Roß-Aertzt zu den Augen der Pferde. In der Chymie und Scheid-Kunst machet es die Metallen fliessen / und brauchen es auch die Goldschmiede zum Löten / und die Porcellin-auch andere Töpffer zur Glasur.

§. 4.
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Weilen nun dieses nutzbahre Saltz von der Glas-Materie abgeschaumet / auch sonsten in denen Apothecken das Venedische Glas zur Artzney auffgehoben wird: so habe nicht vor undienlich gehalten / hier kürtzlich etwas von dem Glas selbsten zu melden / welches auff folgende Manier zugerichtet / und auff den Glas-Hütten geblasen wird: Erstlich machen die Glasmacher vor allen Dingen ein Gemeng / auß sehr reinem und sauberem weissem Sand oder Kissel-Stein / mit der Soude, Pott-Asch / Rochetta oder deren Saltz / wiewohlen ein jedes Saltz / so von der Aschen der Kräuter gemachet wird / hierzu dienlich ist / indem Kunckelius durch die Erfahrung gelernet / daß die Saltzen in denen Kräutern und Gewächsen einerley seyen / wie er in den Anmerckungen über das erste Buch Anthon. Neri von der Glas-Kunst pag. 50. lehret. Alle diese Stücke werden alsdann / (doch jedes allein) sehr klein gestossen und durch ein subtiles Sieb geschlagen / ehe sie zusammen calcinirt und geschmoltzen werden / indem nach der Glasmacher Sprich-Wort: An einem engen Sieb und dürren Holtz die gantze Zierde der Kunst gelegen / Vid. Neri im 8. Cap. seiner Glasmacher-Kunst pag. 19. Dieser also praeparirte Sand wird alsdann mit einem von obigen Saltzen in gebührender Proportion vermischet und zu einer Massa geschmeltzt / welche man auff den Teutschen Glas-Hütten das Gemeng / in Franckreich und Italien aber FRITTA, von dem Italiänischen Wort frittare (welches so viel als gefrieren heisset) zu nennen pfleget.

§. 5.
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Von diesem Gemeng hat man unterschiedene Gattung auf den Glas-Hütten / nach deren Güte das Glas hell oder dunckel wird / indem zu der Crystallinischen Arbeit die Crystallen / so auß gutem Sand und dem Levantischen Pülverlein bestehen / gemacht worden. Zweytens / die ordinari Fritta, welche aus der Soude oder der Aschen des Levantischen Pülverleins und sauberem Sand bestehet / und drittens / die gemeine Fritta, welche auß allerley Aschen und härtlichen Sand bereitet / und zum grünen Glas verbrauchet wird / wie in des Merreti Anmerckungen pag. 261. zu sehen ist.

§. 6.
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Nachdem man nun ein sauber Crystallinisch oder nur gemeines Glas machen will / so nimbt man eine von den obigen Gemengen / und lässet solche in kleinen Tiegeln oder Töpffen (deren jeder Glasmacher eines vor sich allein haben soll) im Werck-Ofen schmeltzen / und wann das Metall gnugsam außgekochet ist / so stecket der Arbeiter ein hohles Eisen oder Rohr in solchen Topff / drehet solches etwas herumb / und nimbt des Glases so viel / als er zum Geschirr vonnöthen hat / dann das geschmoltzene Rohe-Glas oder Metall hänget sich an das Eisen / gleich einem zähen oder klebrichten Safft / nicht anders / (wiewohl etwas fester /) als Terpentin. Die Form aber des Glases / welches an dem Rohr hanget / ist rund. Solches walgert der Arbeiter / indem er es hält / auff einem Marmer hin und her / damit es sich recht vereinige. Nach diesem bläset der Arbeiter gemach in das eiserne Rohr / so bläset sich das Glas von dem Athem als eine Blase auff / wie in der Figur Lit. C. zu sehen ist. So offt aber der Arbeiter in das Eisen bläset / so offt setzet er das Blas-Rohr behend vom Mund an die Wangen oder Backen / damit er mit dem Athem keine Flamme nach sich ziehe. Alsdann thut er das Blas-Rohr hinweg / drehet es rings umb den Kopff herumb / erlängert und erkältet das Glas / und druckts in Modellen. Letztlich über gibt er es dem Glasmacher Lit. A. welcher es mit seinen Instrumenten vollends zurecht bringet und formiret / biß es endlich mit einer Gabel in den Kühl-Ofen oder obersten Theil des Ofens / damit es erwärme / und von der Kält nicht springe / gesetzet wird / wie alles weitläufftiger an obgemeldten Orten zu lesen ist.

§. 7.
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Was nun absonderlich das Venedische Glas oder VITRUM VENETUM anlanget / so wird es nach des Eichovii Reiß-Beschreibung p. 183. in Murano eben auf vorige Manier gemacht / ausser daß an statt des Sandes oder Sand-Steinen der Berg-Crystall oder sonst reine Steine auß den Pado, und die beste Soude (dergleichen von Alexandriâ viel dahin gebracht wird) darzu genommen werden / welche auch so leicht nicht alle davon abgehet / und dahero Ursach seyn mag / daß es so gerne von sich selbsten in der Lufftrissicht wird. Ob es deßwegen auch vor anderm Glas eine besondere Krafft habe / lasse dahin gestellet seyn. Indessen ist bekandt / daß der gemeine Mann solches / als ein sonderlich Specificum gegen den so genandten Hertz- und Nabel-Wurm / zu Pulver stosse / mit Bien-Honig vermische und den Kindern / so damit behafftet / auff den Nabel binde.
|| [29]

§. 8.
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Letzlich errinnert auch Pomet im Anhang seiner Frantzöischen Material Kammer / daß sie in Pariß auch mit andern Glas-Scheiben und zerbrochenen Stücker handelten / solche von verschiedenen Orten verschrieben / und wieder auff die Glas-Hütten unter dem Nahmen GROESIN verkauffen thäten / allwo sie unter das Metall geschmoltzen und zu neuen Trinck-Geschirren formiret würden. Bey uns in Teutschland hergegen wissen die Materialisten von diesem Scherbe-Handel nichts / sondern überlassen solchen den Glasern / welche die zerbrochene oder abgeschnittene Stücker Glas auch zuweilen samlen und denjenigen Kauffleuten / bey welchen sie ihre Scheiben einkauffen / an Bezahlung geben / indem sie doch sonsten zu nichts taugen / als die Mäuß-Löcher damit zuzustopffen.

Das X. Capitel Von dem lebendigen Gramer- und Rosz-Schwefel.
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Abbildung

§. 1.
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DEr Schwefel / oder SULPHUR ist ein irrdisches fettes Hartz / mit etwas Vitriol vermischet / von unterschiedlicher Farb / nachdem er entweder also auß der Erden gegraben oder durch Kunst zubereitet wird; dahero solcher in den natürlichen und gemachten Schwefel (NATIVUM & FACTITIUM) unterschieden wird.

§. 2.
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Der natürliche Schwefel wird sonsten auch SULPHUR VIVUM oder der lebendige Schwefel genennet / und stehet insgemein wie ein graue Erde / welche doch gern brennet und eine blaue Flamme von sich gibt: muß zart und leicht zu zerbrechen seyn / in- und außwendig gläntzend / auch nicht viel kleine Stücklein / noch Sande in sich haben. Auß diesen und noch andern Speciebus, als rothem Sandel / Coriander / Muscaten / und dergleichen wird der Schwefel- [30] Span / damit die Wein-Fässer eingebrennet werden / gemacht. Einige betrügliche Apothecker sollen ihn gestossen unter das Scammonium oder Diagridium mischen / wie Pomet solches in seiner Histoire des Drogues P. 3. l. 3. pag. 88. offenbahret. Sonsten aber wird er in der Artzney langsam verschrieben / er seye dann gar fein und sauber / gleichwie man zuweilen auß Indien / Engeland und der Schweitz einen natürlichen Schwefel bekommet / welcher gantz durchsichtig und grünlicht-gelb / wie der Agstein ist / dergleichen mir ein Stücklein zu Handen kommen; worvon Worm. in Mus. p. 27. Hoffmann in Clav. Schroed. p. 368. und hauptsächlich Wagnerus in Hist. Nat. Helvet. zu sehen ist. Solchen nennen einige SPIRITUM SULPHURIS COAGULATUM, und machen ein groß Geheimnuß darauß / die gemeine und lauffende Gicht damit zu curiren; nicht anders / als wie der bekannte Burrhus auch auff Chymische Weiß einen ??? Sulphuris coagulatum gemachet / welcher doch nur wie ein weisser Kalck ist / und noch biß dato von seinen Verwandten in Rom verkauffet wird. Sonsten ist nicht zu zweiffeln / daß so wohl dieser / sonsten gar rare, als auch der gemeine lebendige Schwefel / eben die jenige Kräffte habe / welche dem gemeinen Kramer-Schwefel zugeschrieben werden.

§. 3.
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Es wird aber der gemeine Kramer-Schwefel oder SULPHUR FLAVUM in denen Schwefel-Hütten entweder auß gewissen schwefelichten Feuer-Steinen (welche gelblicht / gläntzend und leicht zu schmeltzen sind) durch Gewalt des Feuers gebrandt / oder auch auß schwefelichten Wassern gekocht / und wann er alsdann in solche lange Forme zu den Magdaleones oder Röhren gegossen und erkaltet ist / zum Verkauff verwahret / wie Vielheur in Beschreibung frembder Materialien p. 56. zeiget. Viele geben vor / er werde auß dem Sulph. vivo gemacht / welches Pomet l. c. deßwegen vor lächerlich hält / weilen das Sulph. vivum viel theurer / als der Kramer-Schwefel ist. Er kombt meistens auß Ißland / Böhmen / Türckey und von Goßlar; wiewohlen zu Neapoli auch dergleichen gemacht wird. Auß Persien kombt viel Schwefel in Ost-Indien / welcher zuweilen auch von dannen in Europam gebracht wird / wie Schurzius in der Teutschen Material-Kammer pag. 90. berichtet.

§. 4.
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Man findet dessen zweyerley Sorten / erstlich den gemeinen / in langen Röhren oder Magdaleonen, welche schön gelbe / leicht / zerbrüchlich / inwendig gläntzend und gleichsam crystallisiret seyn / auch wann man dieselbe in die Hand nimbt / knacken und gleichsam Schläge von sich geben müssen / wann sie gut und außerlesen seyn sollen / wie Pomet und Vielheur l. c. lehren. Hernacher einen bleichen und sehr feinen / welcher in runden Kuchen ist / und von einigen SULPHUR VIRGINEUM genennet wird / weilen solchen das Frauen-Zimmer in Italien / die Haare damit gelb zu rauchen / brauchen soll / wie D. Wormius in Museo pag. 28. meldet; wiewohlen auch der gemeine Schwefel von denen Wüllen-Webern und Hosen-Strickern hiezu emploiret wird / daß sie die weisse Wolle damit räuchern / und solche alsdann bleichen und weisser machen. Der rothe Schwefel / dessen Jungius in Doxoscopia Part. 2. Sect. 2. cap. 13. gedencket / hat seine Farbe von dem Eisen / indem der Schwefel-Stein oder Pyrites, wann er in einer eisernen Retorte getrieben wird / einen röthlichen Schwefel / und eine Pomerantzen-gelbe Farbe gibt / dessen sich die Mahler gebrauchen.

§. 5.
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Der unreine Satz / so nach Verfertigung des gelben Schwefels übrig bleibet / und nachmahlen entweder allein oder mit der Squama ferri in gewisse Krüge oder Form gegossen und mit gelbem Schwefel überzogen wird / gibt den Roß-Schwefel oder SULPHUR CABALLINUM, welcher Nahme ihme deßwegen gegeben worden / weilen man die Räudigkeit der Pferde damit curiret: muß an gantzen Stücken gekaufft werden Vid. Schurzius c. l.

§. 6.
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Was den Nutzen und Gebrauch des gemeinen gelben Schwefels anbelanget / so ist er innerlich der Brust und Lungen / äusserlich aber der Haut und aller Glieder Balsam / indem er davon mit seinem sauren Spiritu allen Schleim auff der Brust aufflösen / die Verletzung der Lungen mit seinem balsamischen Oehl heilen / und also den Husten / Keichen und Lungesucht vertheilen: Hier aber mit einer alcalischen Erde das fressende Acidum in der Haut enerviren / und also die Krätze / Außsatz und dergleichen heilen kan. Ja es praeserviret auch der Schwefel vor der Pest und ansteckenden Seuch / so wohl äusserlich angestecket / als innerlich / wann man ihn mit Theriac vermischet täglich einnimbt / wie solches D. Gendronij Arcanum bey dem Du Hamel de Corp. Affect. l. 2. pag. 188. gewesen. So man aber schon inficirer ist / thun die Potus Sulphurati und schwefelichte Träncke ein grosses zur Cur / wie solches auß dem Hippoc. Helm. und Cnoefel. D. Ettmüller in Schroed. Diluc. pag. 928. zeiget. Die Krämer machen ihre Schwefel-Fäden und Schwefel-Spän davon / wie ihn auch andere Mechanici gebrauchen.
|| [31]

§. 7.
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Unter den Praeparatis, welche auß dem gelben Schwefel gemacht und von den Materialisten auch / nach bißherigen Observantz / (doch mit Unwillen der Apothecker) geführet werden / sind erstlich die Schwefel-Blumen oder FLORES SULPHURIS, welche auß dem gemeinen Schwefel in viele übereinander gesetzte Töpffen sublimiret werden / und sind nichts anderst / als ein / auff Chymische Art / subtil gemachter und pulverisirter Schwefel: werden häuffig in Holland gemacht und in kleinen Broden oder Kuchen verführet. Doch machen sie solche auch zu Marseille, Rouan und Paris. Vid. Pomet. Die Landstreicher verkauffen davor nur sauber pulverisirten / und durch einen dünnen Flor geriebenen Schwefel / nur daß sie es umb ein Schand-Geld geben könen. Die gute und rechte Flores sind mehr weiß und bleich / als gelbe / leicht und recht zart / auch von gutem Geruch. An einigen Orten sublimirt die Natur den Schwefel von sich selbsten / durch das unter-irrdische Feuer / dahero der so genandte Trieb-Schwefel oder SULPHUR SCISSILE entstehet / welcher sowohl nechst Cracau in Pohlen / als auch im Königreich Neapel / bey Puzzoli gefunden wird / wie Marxius in seiner Material-Kammer p. 57. berichtet. So werffen auch die Feuer-speyende Berge / als AEtna, Vesuvius &c. dergleichen Schwefel auß / wie in obiger Figur I. zu sehen: Haben alle mit dem gemeinen Schwefel einerley Kräfften.

§. 8.
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Auß den Schwefel-Blumen / wann man sie mit dem Weinstein-Saltz in Wasser gekochet hat / wird das Magisterium oder so genandtes LAC SULPHURIS mit Essig niedergeschlagen; welches doch bey weitem nicht so gut / als die Flores selbsten / indem der Essig dem Schwefel die beste Krafft benimbt / wie Zvvelfferus in Mantiss. pag. 401. erwiesen hat: kommet sonsten in den Kräfften / dem Schwefel etwas bey / und wird in den Brust-Schwachheiten gebraucht.

§. 9.
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Wie der SPIRITUS SULPHURIS PER CAMPANAM gemacht werde / ist auß der im Anfang gesetzten und auß des Le Feb. Chymie Tom. 2. pag. 1176. hierher gesetzten Figur 2. zu ersehen. Er muß schön hell wie Wasser und von einer lieblichen Säur seyn: Wird häuffig in Thüringen gemacht und von den Laboranten herauß gebracht / welche aber zuweilen den ??? in Wasser giessen / und vor den ??? Sulphuris verkauften / wie Pomet. c. l. warnet. Wann man ihn soweit dephlegmirt / biß er gelb wird / so bekommet man das so genandte ??? Sulphuris, welches doch kein Oehl / sondern ein concehtrirter ??? ist.

§. 10.
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Wann man ferner den Schwefel oder dessen Flores in gewissen destillirten Olitäten solviret / bekommet man den BALSAMUM SULPHURIS, welcher von den Oehlen seinen Beynahmen enklehnet / und wann er mit dem ???. Anisi gemacht worden / Balsamum Sulphuris Anisatum, mit dem ???. Tereb aber Balsamum Sulphuris Terebinthinatum genennet wird. Beyde werden zu Schmalkalden in grosser Menge verfertiget / und in andere Länder mit der Beschreibung gesendet: Dienen alle gegen innerliche und eusserliche Geschwär / Wunden und Fäulungen / müssen aber mit Behutsamkeit gebrauchet werden.

§. II.
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Endlich wird auch das gemeine Schieß- und Büchsen-Pulver auß dem Schwefel / mit dem Salpeter und Kohlen vermischt / gemachet / dessen man verschiedene Sorten hat / als grob und rein Pulver / davon jenes zu den Stücken- und Mußqueten / dieses aber zu Flinten- und Pistolen-Schüß gebrauchet wird / und hält man hier zu Land das Straßburger Pulver / welches schön granulirt ist / vor das beste. Doch probiret man es zuvor mit den Pulver-Proben / deren man verschiedene Gattungen hat / so anderstwo beschrieben werden sollen.
|| [32]

Das XI. Capitel Von dem Juden-Leim / Stein- und Erd-Oehl.
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Abbildung

§. 1.
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DEr Juden-Leim / Juden-Pech oder ASPHALTUM ist ein schwarz / hart und dürres Hartz / welches auß Babylon gebracht wird: Findet und ergiesset sich auff einem Lac in Judäa / wo sonsten Sodom und Gomorra gestanden / weswegen es BITUMEN JUDAICUM genennet wird: Soll / wann es sich häuffig darauff gesamlet / einen solchen Gestanck in der Lufft erwecken / daß die Vögel / so darüber fliegen / todt herunter fallen; weßwegen die Einwohner (welche auch nicht lang leben /) genöthiget werden / solches Hartz abzufischen und an das Land zu bringen / dessen übeler Geruch ohne zweisfel Urscach ist / daß dieser Lacus keine Fische oder Thiere leidet / und deßwegen das todte Meer genennet wird; doch soll das Hartz auch anderwerts / als in West-Indien / in Reu-Spanien gefunden werden / wie Hernandez in Beschreibung desselben pag. 336. bezeuget.

§. 2.
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Weilen aber dieses Hartz / wann es veritabel und ausfrichtig / sehr rar und theuer ist / so muß man wohl zusehen / daß es nicht mit dem Pissasphalto oder auch dem Schwedischen schwartzen Pech verfälschet werde / welchem es sehr gleich siehet / ausser daß es härter und nicht so übel riechet / wie gemeldtes Pech / obwohlen es auch nicht gäntzlich ohne Geruch ist / welchen es auch andern Erden und Steinen anhänget / wie Boccone ein gelahrter Italianer eines Steines gedencket / welcher darnach riechet / und deßwegen von demselben in seinen Frantzösisch beschriebenen Unterforschungen der Natur p. 219. Bitumen fossile genennet wird. Vid. suprà Figur I. Das recht auffrichtige muß Purpurfarbicht-schwartz und schön gläntzend seyn / vid. cit. loc. daß aber die jenige Sachen / so damit geleimet werden / mit nichts anderst / als mit einem in Menstruo Mulierum genetzten Faden können von einander gerissen werden / scheinet einem Mährlein nicht ungleich.

§. 3.
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Den Gebrauch des Asphalti betreffend / so gebrauchen sich die Morgenländer dessen an statt des Schiff-Pechs / und hält man davor / daß der Babylonische Thurn und Mauren damit gemauret gewesen seyen. In Sina und Japon aber sollen die Einwohner ihre Sänfften / Schiffe / Häusser und allen haußrath mit diesem Hartz bestreichen / und grossen Lusten daran suchen / wie Maxius in seiner Material-Kammer pag. 22. auß andern vorgibt. In der Artzney-Kunst warden der Schlag-Balsam und einige Unguenta damit schwartz gefärbet / wiewohlen das gebrandte Helffenbein darzu tüchtiger wäre. Plinius gedencket an einem Ort / daß / wann man das Hartz anzünde / es die Schlangen vertreibe / welches deßwegen wohl zu glauben / weilen viele Thiere und Ungezieffer des gemeinen Schwefels Geruch nicht vertragen können.

§. 4.
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Ohne dieses hat man noch ein ander dergleichen Hartz / welches so rar nicht ist / und hin und wieder in Europa unter der Erden gefunden wird: Hat einen vermischten Geruch / so theils nach gemeinem Pech / theils nach dem Juden-Leim riechet / und deßhalben PISSASPHALTUM genennet wird; weßwegen auch viele auff die [33] Gedancken gerathen / es wäre auß dem Asphalto und gemeinen Pech durch Kunst zubereitet / wie Plinius zum ersten davor gehalten: Allein daß dieses nicht seye / zeiget Dalechampius in des Aldrovandi Mus. Metall. pag. 369. daher / weilen das gemeine Pech mit einem Bitumine und Erd-Hartz sich nicht vereinigen lässet. Ist also der Warheit äynlicher / daß es ein natürlich Erd-Hartz seye / und nur also geheissen werde / weilen es (wie oben gemeldt) einen vermischten Geruch hat / auch theils schwartz / wie das Asphaltum, theils gelblicht-weiß / wie Pech außsiehet / und gleichsam vermischte Adern zeiget / wie in obiger zweyten Figur zu seyen ist: Muß / wie das Asphaltum, auff dem Wasser schwim̅en??? / auch nicht viel Erd- und Steinichtes in sich haben / wann es gut seyn soll: wird wie das vorige gebrauchet / auch demselbigen offt substituiret.

§. 5.
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Wann dieses Pissasphaltum noch weich und ???liessig ist / so wird es MALTHA genennet und quillet an etlichen Orten so häuffig auß der Erden / daß die Reisende davon gleichsam angepichet warden / und nicht wohl fortkommen können: hat einen überauß starcken und übeln Geruch / weßwegen es einige Teuffels-Dreck nennen. Vor einigen Jahren qualle eine grosse Quantität davon in Westphalen auff einem Hügel / dessen mir in Häflein voll zu Handen kame / und wurde von den Fuhr-Leuten zu Wagen-Schmeer gemacht und gebraucht. In der Medicin aber ist es unbekannt / wiewohlen ich nicht zweiffele / daß es äusserlich eben das thue / was das Petrolcum praestiret / dessen es ein Art zu seyn scheinet. Pomet gedencket in seiner Histoire des Drogues Part. 3. lib. 3. pag. 94. daß einige Landstreicher dieses sonst zähe und weiches Hartz auffdörreten und an statt des Asphalti verhandelten; welches doch verständige Materialisten und Apothecker an dem starcken und übeln Geruch leicht mercken können / dergleichen an dem Asphalto nicht zu spüren ist.

§. 6.
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Das feineste und rareste unter den fliessigen Erd-Hartzen ist die so genandte NAPHTHA, welches ein sehr subtiles mineralisches Oehl ist / und vor andern diese Eigenschafft hat / daß es die von ihm noch etwas entfernete Flamme gleichsam an sich ziehet und sich von sich selbsten anzündet / weßwegen behutsam damit umbgegangen warden muß: ist anfangs auch auß Babylonien gekommen / wird aber nun auch in Italien / absonderlich in dem Hertzogthum Modena gefunden / da es auß einem Felsen dringet / wohin es durch gewisse unter-irrbische Gänge fliesset / von dannen es durch küpfferne Röhren in einen dergleichen Kessel geleitet wird / wie Pomet l. c. pag. 96. gemeldet hat; wie es dann auch noch heut zu Tag umb??? Babylon oder Baghdaad auß dergleichen unter-irrdischen Bächen / durch sehr tieffe Brunnen auffgefangen / und täglich mohl zu 100000. ???. außgeschöpffet / auch zum Liecht-Brennen gebrauchet wird / wie Hr. D. Kempfer in Dec. Obs. Exot. §. 2. als Testis oculatus berichtet. Mau hat es von unterschiedlichen Farben / als das Weisse / welches das beste ist / und zu der Perser Finus gebraucher wird: hernacher roth / dann gelb / grün / und endlich auch schwartz / welche letztere die schlechteste Sorte ist / und insgemein unter das Petroleum gemenget wird. Das erste und beste ist sehr rar und wird langsam in den Ossicinen gesehen: kombt an den Kräfften mit dem Asphalto und Stein-Oehl überein / welche alle einerley Wesen / und nur unterschiebliche Consistentz haben / so gar / daß das subrileste Bitumen Naphtha: Die mittlere Sorten ??? Petrae & ??? Tertae: die dickeste aber Asphaltum heissen soll / welches gleichsam der Satz und Remanentz der übrigen ist / wie Wormius in Mus. pag. 30. schreibet.

§. 7.
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Das Stein-Oehl oder PETROLEUM quillet gleicherweiß auß den Bergen und Felsen / und fliesset von dannen auff die Quellen und Brunnen / dergleichen nicht allein in Italien und Sicilien / sondern auch in Bayern von D. Welschio in Hecast. 1. pag. 78. wie auch im Elsas von einem Mitt-Glieb der Soc. Reg. Londin. Vol. 1. pag. 101. observiret worden. Das meinste aber kommet auß der Provintz Languedoc in Franckreich / wo es bey einem Dorff / Gabian genandt / wochentlich alle Montag gesamblet wird: ist von einer mittelmässigen Consistentz / eines sehr starcken Geruchs und schwartzer Couleur, wie Pomet in seiner Hist. des Drogues l. c. p. 95. bezeuget; woraus zu sehen / daß man in unsern Officinen das rechte Stein-Oehl kaum zu sehen bekommet / indem das gemeine OLEUM PETRAE RUBRUM nach jetztgemeldten Authoris Meynung insgemein nicht auffrichtig / sondern vermischet / das OLEUM PETRAE ALBUM oder weisse Stein-Oehl aber eine Art von der Naphtha ist / weilen es das Feuer gleichfals an sich ziehet / und an den übrigen Qualitäten mit demselben auch überein kombt.

§. 8.
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Sonsten ist das gemeine Stein-Oehl der Storget und Landfahrer Panacaea, welche sie gegen alle Kranckheiten in- und äusserlich den armen einfältigen Leuten auffhängen / und da sie es gantz wolfeil bey denen Materialisten einkauffen / hernach unter tausenberley Titul so theur verkauffen. Unterdessen geben es rechtschaffene Medici wegen seiner penetranten Hitze und Wär [34] meinnerlich nicht gern ein / ob schon einige 10. bis 15. Tropffen in Obstructione mensium, und in Baum-Woll gegen das Zahnweh vor ein gewiß Remedium halten. Eusserlich aber ist das weisse eben so gut als das Bornstein-Oehl / und ist auch das gemeine in allen Nieren- und Glieder-Kranckheiten / als Zittern / Lahm???igkeit / Schlagflüssen und dergleichen ein gutes Mittel. Es verhütet auch das erfrieren der Glieber im hohen Winter: treibet äusserlich den Urin und Stein / absonderlich / wann man das Scorpion-Oehl darunter mischet.

§. 9.
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Letzlich ist auch das OLEUM TERRAE nicht zu vergessen / welches von dem Stein-Oehl nur darinnen unterschieden ist / daß dieses auß den Felsen / jenes aber auß der Erden quillet und von dannen sich in die Bäche ergiesset / daneben auch einen lieblichen Geruch hat: ist zweyerley / roth und schwartz. Das erste wird in Ost-Indien gefunden / aber von den Wilden so hoch gehalten / daß es bey Lebens-Gefahr nicht darff weggeführet warden; weßwegen die Engel- und Holländer zuweilen heimlich erwas wegbringen / wie Jacobus Bontius in Not. ad Garc. ab Ort. pag. 22. und auß dem selben Hoffmannus in Clav. Schroed. pag. 38???. berichten. Das schwartze wird PISSELAEON genennet / und kommet auß West-Indien / Vid. Sam. Dale Mineral. pag. 55.

§. 10.
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An Kräfften kombt es mit dem Stein-Oehl überein / ist aber penetranter / und soll in der Lähmigkeit der Glieder Wunder thun / auch in der lauffenden Gicht nicht undienlich seyn / wie Schroederus bezeuget Absonderlich aber wird es alsdann vor gut und probat gehalten / wann sich allerhad humores und Feuchtigkeiten in die Fläcsen und Nerven gezogen / und dieselbe zuweich gemachet haben / worgegen Barbette in seiner Anat. Pract. pag. 31. ein besonder Pflaster gemacht hat / worunter das Erd-Oehl auch zu sehen ist. Ob man aber das rechte und veritable Oleum Terrae in unseren Officinen finde? lasse an seinem Ort gestellet seyn.

Das XII. Capitel Von dem Bornstein / Berg-Wachs und Stein-Kohlen.
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Abbildung

§. 1.
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DEr Bornstein / SUCCINUM oder CARABE ist ein wohl-riechendes und in dem Meer erhartetes Hartz / von unterschiedlicher Couleur: wird sonsten auch Agstein genennet / und kommet meistentheils auß Preussen / wo der König ein Monopolium, [35] welches ihm jährlich ein sehr grosses einträgt / davon hat / so doch gemeiniglich unter gewissen Gesetzen und Bedingungen verpachtet wird.

§. 2.
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Was es aber mit dem Agstein vor ein Bewandnus habe und woher sein Ursprung zu führen sey? davon sind gar verschiedene Meynungen unter den Gelährten. Viele halten es vor ein Hartz oder Gummi / welches auß den Fichten und Thannen in das Meer fliesse und von dessen Saltz-Wasser also coaguliret würde. Andere und zwar die meinste halten es vor ein Erd-Hartz oder Bitumen, welches in dem Baltischen Meer also erhärtete. Unterdessen können beyde wohl vereiniget warden / indem solches Erd-Hartz auch gemeiniglich an solchen Orten zu finden ist / wo viel Fichten-Bäume stehen / von welchen es gleichsam seine Nahrung haben kan. Dahero Boëtius de Boot in seinem Buch von den Edelsteinen pag. 323. zweyja breyerley Bornstein setzet / deren einer von den Baum-Säfften / der ander von dem Erd-Hartz / der dritte von Fettigkeit der Thiere (welche sich wohl immisciren) herrühren thäte; von welcher Strittigkeit Goebelius, Hartmannus und Wigandus (welche eigene Bücher de Succino geschrieben /) können nachgesehen warden.

§. 3.
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Sonsten hat man insgemein zweyerley Species des Bornsteins in denen Officinen / nehmlich den weissen und gelben Agstein / davon beyderseits die Materialisten verschiedene Sorten führen / nehmlich in gantzen und feinen Stückern / in feinen und mittelmäsigen Corallen / in fragmentis, rasura, ad praeparandum, praeparatum, tostum und dergleichen. Ob aber der weisse / oder der gelbe und durchsichtige mehr zu aestimiren sey? Fraget sich hinwiederumb? Insgemein halten sie den weissen vor besser: Allein ich halte es mit dem Ettmüller, welcher in seinen Anmerckungen über den Schroeder pag. 934. lehret / daß die weisse Farbe dem Bornstein von Natur nicht zukomme / sondern von dem Meersatz herrühre; wie dann Schroederus schon gezeiget hat / daß man den gelben leicht weiß machen könne / wann er in Saltz-Wasser gesotten würde; weßwegen in der Medicin, und sonsten der gelbe und durchsichtige dem weissen vorzuziehen wäre. Nur muß man zuschen / daß er nicht verfälschet sey / indem man solchen mit dem Gummi Arabico, Copal und Eyer-Gelb nachzumachen suchet: welcher Betrug daran zu erkennen ist / daß der auffrichtige Bornstein in grossen Stücken komme und klein zerhackt Stroh / wie der Magnet das Eissen / ziehe / welches derjenige so auß Gummi nachgemacht ist / nicht thut / auch auß kleinen runden Stücken bestehet / wie in Pomet Histoire des Drogues Part. 3. Lib. 3. c. 1???. p. 84. zu sehen ist.

§. 4.
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Im übrigen wird der meiste Agstein in Oestreich / Pohlen / und nacher Venedig verhandelt / allwo er in grossem Werth gehalten wird / absonderlich in der Lombardey / längst dem Poo-Fluß / wo keine Weibs-Person seyn wird / welche nicht ein / oder mehr Reyhen / grosse oder kleine Agstein-Körner umb den Halß trage / weilen sie wegen des bösen Wassers den Flüssen und Kröpffen sehr unterworffen sind / gegen welche sie den Agstein dienlich zu seyn erachten. Man machete auch andere Galanterien / als Messerstiel / Becher und dergleichen darvon / welche nach der Grösse bezahlet werden; wie dann diejenige Stücker / welche von Natur einige Figuren in sich haben / vor kostbar und sehr rar gehalten werden / auch deßwegen an höhern Preiß kommen / worvon Boëtius de Boot lib. cit. pag. 333. zu lesenist. In der Artzney-Kunst hat das Succinum, wegen seines flüchtigen Saltzes / und Balsamischen Oehls / eine besondere Krafft / die scharffe saltzichte Lympham zu zertheilen und zu besänfftigen / und derowegen alle Flüsse und daher rührende Kranckheit zu curiren / als da sind der gantze und halbe Schlag / die Schlaff-Sucht / Schwindel / Krampff und schwere Noth im Leibe / gegen welche es nicht allein so roh / in den eusserlichen Rauchwercken / sondern auch innerlich dessen Praeparata, als die Pilulae de Succino Cratonis, das praeparirte Succinum, dessen säuerlichtes Sal volatile, Tinctur und Oehl sehr dienlich sind. So hat es auch eine anhaltende Krafft in gar zu vielem Harnen / Durchflüssen / Blutspeyen und Saamen-Fluß / gegen welche die so genandte Trochisci de Carabe sehr gut thun / absonderlich weilen einige Natcotica darzu kommen. Kerckringius hat die Abortus damit überzogen und balsamiret / daß man solche durch das durchscheinende Succinum schön sehen können.

§. 5.
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Hier wollen wir auch des SUCCINI NIGRI oder FOSSILIS gedencken / welches insgemein GAGATES Oder Berg-Wachs genennet wird / und nichts anders / als ein schwartz-gläntzendes und sehr hartes Erd-Hartz ist / welches also auß der Erden gegraben und vor diesem umb einen Fluß dieses Nahmeng in Thracien gefunden worden / daher es auch LAPIS THRACIUS geheissen. Heut zu Tag findet man es in Teutschland / Schweden / Irrland und Franckreich / und halten es etliche vor eine Art Stein-Kohlen / weilen viel hartzichtes darinnen / daher es auch wie Pech brennet / und einen dicken Rauch von sich giebet. Es muß schön schwartz und gläntzend / auch hart seyn / wann es gut ist. Die Armen gebrauchen sich dessen an statt des Agsteins. In der Artzney aber wird es sonderlich nicht gebraucht / ob schon ein [36] Oehl daraus zu bringen / das fast so gut als das Agstein-Oehl ist. Boëtius will damit zeigen können / ob ein Wetbs-Bild noch Jungfer sey oder nicht. Dann wann dieselbe das Pulver in Wein zu sich nimbt und den Urin halten kan / so hat sie nicht beygeschlaffen. Ist sie aber geschwächet / so wird sich die Vettel naß machen. Ob es infallible sey / kan vor mich nicht betheuren / relata refero.

§. 6.
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Man hat noch ein ander dergleichen steinichtes Hartz / welches AMPELITIS Oder Erd-Hartz / auch Terra Ampelitis genenner wird. Dieses ist dem vorigen sehr gleich / ausser daß es nicht so gern brennet / noch also nach Hartz rieche / auch viel leichter / sich in Schieffern zertheilen lässet: wird an einigen Orten in den Wein-Garten umb die junge Reben gestreuet / weilen es die kleine Würme / so die Augen daran abfressen / tödtet. In der Medicin aber ist dieses simplex sonderlich nicht bekandt. Doch kan Libavius in Tr. de Succino & Gagate von diesem und dem vorigen mit mehrerem gelesen werden.

§. 7.
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Letzlich kan man auch die ANTHRACES oder Stein-Kohlen hieher referiren / welche eine dergleichen Consistentz haben / und eine harte / auß Erd-Hartz und Schifferstein bestehende, Substantz haben / welche nach einiger Meynung ein Satz oder Mutter des Stein-Oehls oder Olei Petrae ist / so durch das unter-irrdische Feuer davon abgeschmoltzen und getrieben werde: welches daher fast probabel scheinet / weilen man ein dergleichen Oehl davon übertreiben kan / so dem gemeinem Petroleo oder Stein-Oehl in allem gleich ist / auch eben desselben Tugenden hat. Sie kommen meistentheils auß Engeland / allow man dabey kochet und die Stuben damit heitzet / geben aber einen sehr bösen und corrosiven Rauch von sich / welcher der Brust und Lungen sehr gefährlich / und ohne Zweiffel Ursach daran ist / daß / wie der berühmte Engeländer Willisius an einem gewissen Ort meldet / der dritte Theil zu Londen an der Schwind- und Lungensucht sterbe; weßwegen sich die Teutschen auch den Winter über allda nicht gern auffhalten / absonderlich wann sie nicht gern auffhalten / absonderlich wann sie nicht gar just auff der Brust sind. In Nieder-Sachsen umb Hildesheim und anderstwo soll man der gleichen auch zuweilen finden / wie Lachmundus in ??? Hildesh. zeuget. Sonsten dienen sie den Schlossern und Schmieden / das Eissen zu schweissen / weilen sie eine starcke Hitz geben und solche länger halten / als unsere gemeine Kohlen.

Das XIII. Capitel Von dem COBOLT, ARSENIC, Operment / und RUSMA.
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Abbildung
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§. 81.
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Der Cobolt oder COBALTHUM der Apothecker ist nichts anderst / als ein grau oder braunes Pulver / welches sehr gifftig und corrosiv ist / so gar / daß es sich in keinem Papier halten lässet: und weillen es die Mücken und andere Thiere tödtet / so wird es von dem gemeinen Mann Fliegen- oder Mücken-Pulver genennet: kommet auß Sachsen / wo es in Johann Georgen Stadt häuffig gebrandt und zu der blauen Stärcken gebrauchet wird / Vid. Marxii Material. Kammer pag. 77.

§. 2.
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Das Ertz / worauß der Cobolt gebrandt wird / führet den den Berg-Wercken eben den Nahmen und wird von andern auch Zincken-Ertz / von den alten Lateinern aber CADMIA NATIVA, FOSSILIS ET METALLICA geheissen: Ist ein grauer mit weissem Kiß unterwachsener Stein / welcher einem weiß-güldenen Ertz nicht ungleich ist / und von den Thüringern Gänglern offt herauß gebracht / und / die Fliegen damit zu tödten / verkauffet wird. Es bricht neben einem Glantz zu Kupfferberg / nicht weit von Goßlar / wie Frid. Hoffmann. In Clavi Schroed. p. 328. berichtet. Andere halten es vor ein Marcasit und Silberhaltendes Ertz / weilen zuweilen etwas Silber darauß gebracht wird / in Aqua forti sisch solviren lässet und einen blauen Kalck gibt / wie Hr. D. Bohn in Colleg. Exper. Phys. Schliesset; Dahero auch Schmuckius in seinen Secret. Chym. einen ??? und endlich Silber darauß zu machen suchet: welcher Proces aber von D. Ettmüllern vor falsch gehalten wird / indem der Cobolt zu flüchtig und wenig zurüct lässet / wie in dessen Comment, in Schroed. pag. 894. zi sehen / allwo auch der Process, wie der Cobolt auß seiner Minera gebrandt werde / also beschrieben wird: Sie nehmen das oben beschriebene Ertz / pochen es zu Pulver / welches gewaschen / und wieder gerieben wird. Nachwahlen brennen sie das Pulver in einem Ofen / daß das Arsenicum (dessen Ertz es auch genennet werden kan) abrauche: Was aber zurück bleibet / wird nachmahlen wieder gestossen und Cobolt genenet; dessen Gebrauch ist / daß er zu der Smalt oder Blöhe verletzet / auch von dem gemeinen Mann unter Milch gerühret und den Fliegen zu geniessen außgesetzet wird / welche / so bald sie was davon genossen sterben müssen. In der Artzney aber tauget der Cobolt nichts / obwohlen einige ein Mittel gegen die schwere Noth darauß zu machen trachten / dessen man nicht bedürfftig und mit sicherern medicamenten versehen ist.

§. 3.
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Was aber das obenberührte und von dem Cobolt abrauchende ARSENICUM anlangek / so wird dasselbe in Nativum oder das natürliche / und FACTITIUM oder gemachtes Arsenic unterschieden / deren jenes also in denen Berg-Wercken gefunden / dieses aber durch gewisse Kand-Griff sublimiret wird. Von beyden hat man in den Material-Kammern dreyerley Species, nemlich / das Arsenicum, album, flavum & rubrum oder das Weisse / Gelbe und Rothe / von welchen allen absonderlich zu handlen seyn wird.

§. 4.
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Der weisse Arsenic wird insgemein Mäuß-Gifft und Ratten-Pulver geheissen / und bestehet in weissen Stücken / welche außwendig matt weiß wie ein Kalck / inwendig aber wie ein weisses Glas anzusehë / anbey eines scharffen und ätzenden Geschmacks sind / und werde̅ entweder von dem unter-irsdischen Feuer natürlicher Weiß auß dem Cobolt also sublimiret / wie sie zuweilen (aber gar selten) auß den Kupffer-Bergen gebrochen werden: oder werden durch die Kunst also zubereitet. Jener ist sehr rar und selten zu bekommen; da hergegen all das Arsenicum album, welches man in den Apothecken und Material-Kammern findet / das Factitium ist / so gar / daß Schroederus gar auff die Gedancken gerachen / es gebe kein natürliches / worinnen er doch zuweit gegangen ist.

§. 5.
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Woraus aber und wie dasselbige gemache werde / ist vielen / absonderlich denen Außländern / noch sehr unbekannt / wie solches der Frantzöische Materal ist Pomet in seiner Material-Kammer Part. 3. lib. 2. c. 27. p. 67. hautement gestehet. Einige wollen darfür halten / es werde auß dem Operment mit gemeinem Küchen-Saltz sublimiret / welches auch Sam. Dale in setner Mineralog. pag. 53 vorgegeben. Allein hiest es verte & fiet calceus, indem das Auripigmentum auß dem Arsenico und nicht dieses auß jenemn entstehet / welches Pomet auß dem Tar und Preiß schliessen könte / indem das ??? viel wolfeiler ist / als das Operment: und wundert mich / daß Hr. D. Hoffmann in seinem Clavi Schroed. auch solches statuiret / welcher sonsten eine grosse Wissenschafft der Mineralien und Metallen in seinen Schrifften an den Tag geleget hat. Weßwegen dann kunckelius, ein berühmter Sächsischer Chymicus, sich nicht länger enthalten könne die warhafftige Art und Weise / wie das Arsenicum gemachet werde / zu entdecken / wann er in seinen schönen Anmerckungen über des Neri Glasmacher-Runst pag. 59. zeiget / daß man den jenigen Rauch / welcher bey der ersten calcination des Cobolts auffgeflogen und sich angehänget hat / abermahlen in einem besondern und im Anfang dieses Capitels abgerissenem Ofen auß den Capellen D. D. D. sublimiret / da sich alsdann das Arsenicum in die eiserne und mit dem Deckel F. bedeckte Röhren E. E. E. anhänget / von welchen das warhafftige Arsenicum in solchen dicken Stücken / wie sie bey denen Materialisten zu finden / abgeschlagen wird / welche je grösser / je besser find.
|| [38]

§. 6.
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Dieses Arsenicum ist eines von den schädlichsten Gifften / welches in sehr geringer Quantität einen Menschen töbten kan / und derowegen immer vor tödtlich gehalten wird / wie in meinen Pandect. Medico–Legalibus Part. 2. zu sehen ist. Weßwegen auch fast in allen Medicinal Ordnungen in Teutschland verbotten solches offentlich zu verkauffen / es habe dann der Käuffer ein Zettul von der Obrigkeit / oder gebe ein Certificat von sich: so gar / daß auch deßwegen / Vermög eines Königlichen Edicts in Franckreich / nur der Apothecker oder Materialist selbsten dergleichen Gifft (welche sie immer verschlossen halten müssen /) nicht aber die Gesellen und Jungen verkauffen dörffen / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues Part. 3. lib. 1. p. 18 melder. Das meiste brauchen die Färber und die Land-Leure / die Ratten und Mäuß damit zu tödten / welches doch nicht allemahl sicher und rathsam ist / indem die Ratten es per vomitum in die Korn-Hauffen speyen können / wodurch grosser Schaden geschehen könte. Item: die Chymici, welche das Kupffer weiß / wie Silber / darmit machen. In der Artzney unterstehen sich einige / das Arsenicum innerlich gegen das Reichen und Lungensucht zu gebrauchen: aber wie gefährlich und undienlich solches seye / lehret D. Ettmüllerus loc. cit. pag. 926. Eusserlich machen einige zur Pestilentz-Zeit ein Amuler darauß / welches das Gifft an sich ziehen soll; allein daß dieses auch nicht sicher und zu rathen sey / zeiget Guibertus, ein Frantzöischer Medicus, mit vielen Gründen / und glaubet / daß solches auß einem Mißverstand und Unwissenheit der Arabischen Sprach / in welcher durch das Wort Sandarach (wormit die Griechen das Arsencicum rubrum bedeuten) Canel oder Zimmet verstanden wird / wie in dessen Medico Charitat. Disc. De Peste pag. 568 zu lesen ist. Weßwegen an statt des rohen Arsenici der so genandte Magnes Arsenicalis A. Salae und ein darauß gemachtes Pflaster in den Pestilentatischen Drüssen zu gebrauchen / welche beyde in des Zvvelfferi und Moysis Charras Schrifften beschrieben merden. Von dem Butyro Arsenicali, Regulo ??? und dergleichen / besiehe Ettmüllerum l. c.

§. 7.
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Das gelbe Arsenicum ist nichts anderst / als das AURIPIGMENTUM oder Operment / welches gleichfals entweder auß den Sächsischen Berg-Wercken gesamblet / oder durch Kunst praeparirt wird / nachdem es entweder von der Natur in der Erden auß dem Cobolt und Schwefel / oder auß dem vorigen Arsenico, mit dem gelben Schwefel / künstlicher Weise sublimiret wird / worvon das erste auch REALGAR und von den Italiänern RISIGALLO genennet worden. Dieses ist gar unterschiedlich / und findet sich zuweilen sehr schön / rein / gelb und gläntzend / als Gold / welches / so es in grossen Stücken / mürb und leicht zu zerbrechen ist / vor das beste gehalten wird: kommet gemeiniglich auß Oestreich über Wien und auß Venedig / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 30. berichtet. Bißweilen ist solches hart / stein- und kissicht / auch mit rothen oder grünen Streiffen untermenget / welche Sorte zu verwerffen ist / wie Pomet c. l. pag. 66. lehret: daher die Materialisten gemeiniglich zwey Sorten / das gemeine und feine / beyde aber entweder gantz oder in pulvere führen: Wird von den Mahlern und Weiß-Bendern zur gelben und grünen Farb gebrauchet / welche letztere auß Indig und Operment besteher. Zu Rouan färben sie / nach Pomets Bericht / die höltzerne Kämme gelb damit / daß sie wie Buxbbaum außschen. In der Medicin brauchen es die Roß- und Vieh-Aertzte und find auch einige Medici, welche ein Haar-fressend Medicament darauß machen / welches doch auch gefährlich ist / und wäre zu wünschen / daß man das jenige Ertz / welches die Türcken zu diesem End gebrauchen / und von denselben RUSMA genennet wird / haben könte / welches in Galatien gefunden / und den Eisen-Schlacken gleich sehen soll / worvon offtgemeldrer Pomet lib. cit. pag. 65. nachzuschlagen ist.

§. 8.
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Endlich ist das rothe Arsenicum noch übrig / so von den Griechischen Medicis. SANDARACHA genennet wird / welcher Nahme von den Araden zuweilen dem Zimmet / insgemein aber dem Wacholder-Hartz beygeleget worden; weßwegen Simon Paulli in seinem Quadripartito Botanico pag. 53. treulich rathet / daß / allen gefährlichen Irrthumb und Mißverstand in den Apothecken zu vermeiden / dieser Nahmen nur allein dem Arsenico rubro gelassen / das Wacholder-Hartz aber schlechter Dings Gummi Juniperinum genennet möchte werden. Der Mineralische Sandarachck aber kommet in dunckel-gelben und röthlichten Stücken / welche scharff und corrosiv sind: werden entweder so in der Erden gefunden / oder werden auß dem Arsenico und sonsten einer Minera, dem Cobolt nicht unähnlich / (welche man Kupffer-Nickel nennet) mit dem gemeinen Schwefel snbiimiret; weßwegen dieses rothe Arscnicum auch rother Schwefel / Feuer-Schwefel und roth Operment genennnet wird. Vid. Ettmüller c. l. p. 925. Einige vermeynen / man möchte ihn auß dein gelben Arsenico, wann man dieses länger im Feuer hielte / welches doch dem offt-belobten Pomet, wiewohlen er es mit Fleiß probiret / nicht angegangen. Sein Gebrauch ist den Mahlern auch bekandt / welchen es auch zu einer besonderen Farbe dienet.
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Das XIV. Capitel Von der SAFFRA, blauen Stärcken / MAGNESEIN und PERIGUEUR.
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Abbildung

§. 1.
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DIe SAFFRA, ZAFFERA oder (wie es die Berg-Leut heissen) Zofloer, ist ein blauichter mineralischer Stein / womit dem Glas und so genandten gemeinen Porcellein die blaue Farb gegeben wird; deßwegen ihn die Holländer sehr auffsuchen / welche ihn alsdann weiter in Franckreich / Engeland und anderstwo verschicken und verhandeln: wird von dem Sapphiro, einem blaulichten Edelstein / (wegen Gleichheit der Färb) also geheissen.

§. 2.
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Was nun diese Saffra für ein Stein sey / und woher sie komme? verlangen die Außländer mit grosser Sorgfalt zu wissen / wie auß Anthonij Neri, eines Italiäners / Glasmacher-Kunst und dabey gesetzten Anmerckungen D. Merreti, des gelährten Engeländers / pag. 265. zu sehen ist / allwo auch des Cardani, Caesalpini, Aldrovandi und Ferd. Imperati Meynungen erzehlet werden / welche doch alle die Sache nicht getroffen. Vielweniger ist dem Frantzöischen Materialisten M. Pomet hier Beyfall zu geben / welcher die Saffra vor ein Ost-Indisches Ertz / so über Surato käme / gehalten / wie auß dessen dritten Theil / im zweyten Buch pag. 65. zu sehen ist. Am wenigsten aber trifft es Sam. Dale, welcher in seiner Mineralogia pag. 70. die Zaffery vor sublimirte Flores hält. Diesen allen nun auß dem Traume zu helffen / hat sich Kunckelius, einerfahrner Teutscher Laborant, in seiner vollakommenen Glasmacher-Kunst pag. 57. nicht verdriessen lassen diese Sache / gründlich und deutlich also zit beschreiben: Es wird ein Ertz-Stein zu Schneeberg in Meissen von denen Berg-Leuten auß der Erden gebracht / den sie Cobolt nennen / weilen solcher gantz kein gut Metall gibt / ohne daß manchmahl der Centner ein Loth / mehrentheils aber gar nichts hält. Dieser Cobolt wird anfänglich in einen darzu behörigen Ofen (dessen Abriß im Anfang dieses Cap. Lit. B. zu sehen) geworffen / welcher einem Back-Ofen gleich und also auffgesetzet ist / daß das Holtz oder Flammen-Feuer / so an der Seiten lieget / über dem Cobolt zusammen schlagen könne. So bald nun solcher anfänget zu giüen / so raucht ein weisser Rauch Lit. A. davon / welcher in einem darbey gebauten höltzernen Gebäu / in welchem er sich allenthalben anhänget / auffgefangen und ferner zum Arsenico zubereitet wird / wie andersiwo gezeiget worden: der zurückgebliebene / [40] abgerauchete und geröstete Cobolt nun wird alsdann in einer darzu gehörigen Pochmühle gepocht / alsdann wieder calcinirt und ferner gepocht / auffs kleineste durch ein enges Sieb / (welches mit einem Riemen im Schwange gehet / auch sonsten gnugsam verwahret ist / daß es nicht stäuben kan) gesiebt und in Verwhrung genommen. Von diesem Cobolt-Meel nimbt man ein Theil / und darunter wohl zwey oder mehr Theil rein gestossener Kißlinge (so die Berg-Leute Guärtz nennen) welche alsdann gemischt / angefeuchtet / und in Tonnen geschlagen werden / allwo diese Massa so hart und fest in einander sitzet / wie ein Stein / also / daß / nachdem es lange gestanden / solche endlich wieder mit eisernen Schlägeln voneinander muß geschlagen werden. Der Sand wird in Missen bloß derentwegen darunter gemischet / daß man in andern Ländern die blaue Smalt oder Stärcke nicht nachmachen könne.

§. 3.
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Diese also zugerichtete Materie wird so fort denen Holländern und andern Nationen zugesandt / und Zaffera oder Teutsch Zepher-Farb genennet / deren man zwey Sorten bey denen Materialisten findet / nemlich / die gantze / und die zu Pulver gestossene / von welchen jene die Feine / diese aber die Gemeine genennet wird / weilen sie ohne Zweiffel mit noch mehrerem Sand verfälschet und derowegen auch schwerer / als die gantze wird / wie Pomet l. c. klaget. Sie muß beyderseits eine schöne blaulichte Couleur haben / und weilen man an der zerstossenen sonst keine Prob haben kan / sind die Materialisten obligiret / solche den Werck-Leuten zuvor zur Prob zu geben / ehe sie dieselben kauffen. Vid. c. l.

§. 4.
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Der Gebrauch dieser Zaffera ist gleich anfangs bemercket worden / daß nemlich auff den Glas-Hütten (allwo sie in grosser Quantiät verbrauchet wird) damit den Gläsern die blaue Farb gegeben werde. Die Holländer mahlen damit das gemeine Porcellin, dergleichen auch zu Hanau viel gemacht und aller Orten verkauffet wird.

§. 5.
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Der obgemeldten blauen Stärcken nun mit wenigem noch zu gedencken / so wird dieselbe von den Mahlern SMALTA und von den Wäscherinnen Blöhe genennet: deren Zubereitung ingleichem den Außländischen unbekandt ist. Oden gemeldter D. Merret schreibet in seinen Annot. pag. 294. daß ihm ein Glasmacher / welcher sie selbsten in Teutschland bereiten helffen / entdecket / daß sie auß der Zaffera und Seiffen-Sieder-Aschen durch nochmahlige Calcination gemachet werde. Pomet hält es vor eine Vitrification, welche auß der Saffer / Sand / Soude d' Alican und Pott-Aschen gemachet werde / wie in dessen Histoire des Drogues Part. 1. Lib. 5. pag. 170. zu sehen ist. Mein beyde sind wieder gantz unrecht daran / indem die Smalta nicht auß der Saffera / sondern deren Mutter / nemlich / dem abgerösteten Cobolt zubereitet ist / welcher mit einem gewissen Theil Sand und Pott-Aschen wieder versetzt und zu einem dunckeln und dicht-blauen Glas geschmoltzen wird / welches gar subtil gestossen und auff einer gewissen Mühl zwischen zwey sonderlich harten Steinen zu einem Meel gemahlen / alsdann geschlemmet und in unterschiedliche Sortementen / da immerzu eine feiner als die andere / getheilet und gestellet wird. Hierinnen nun stehet ein grosser Handel / welcher den Meißnern und Sachsen viel einträget; weßwegen den Factoren auch sehrhoch verbotten ist den Cobolt so rohe wegzuschicken / damit die Blöhe anderwerts nicht nachgemacht werde und dem Land dieser Nutzen entgehen möge. Wer unterdessen einen reinen Cobolt haben will (da ein Theil mehr / als drey oder vier Theil Zaffera thun) muß ihn absonderlich in Meissen suchen und desto theurer bezahlen. Vid. Kunckel. l. c.

§. 6.
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Diese blaue Stärcke / wann sie zum erstenmahl zum Glase gebracht wird / setzet sie insgemein einen König oder Regulum; welchen dieselbe Arbeiter Speisse nennen / so wieder ein blaues Glas und vielleicht die schlechteste Blöhe gibet. Die Gemeine wird in Sortis genennet / ohne welche man die Mittel und Feine hat / welche gar zart und recht blau ist; wiewohlen die Holländer noch eine Sort von der Allerbesten haben / welche bleichlicht / aber sehr rein und dem Ultramarin fast gleich ist / dahero es die Franzosen auch Ultramarin commun ou d' Hollande nennen Vid. Pom. pag. 170.

§. 7.
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Der Nutz und Gebrauchs der blaue Stärcken ist allen Weibern bekandt / welche das weisse Geräth damit blöden / die weisse Stärcke auch deßwegen damit färben. So dienet sie auch den Mahlern und Weißendern; wird auch zu einer gewissen Farb / wormit man die Schaafe zeichnet / und in Täffelein verkauffet wird / gemenget und gemein oder Platt. India genennet / worvon in dem Cap. von dem Indigo zu lesen ist.

§. 8.
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Weilen im übrigen einige die bißher außgelegte Zaffera mit der so genandten MAGNESIA confundiren / auch diese mit jener fast einerley Nutzen zur Glasmacherey hat / so wollen wir [41] derselben auch mit wenigem gedencken / welche nichts anderst / als ein schwartzlichtes Ertz / dem ??? nicht ungleich / aber viel mürber und mit kleinen Streiffen begabet ist: kommet auß; Piemont / in Stücken von unterschiedlicher Grösse / und zwar in zwey Sorten / deren eine grau / welche sehr rar, die andere aber schwartzlicht / wie ein Magnet-Stein (worvon sie auch den Nahmen hat) anzusehen ist: Muß schön gläntzend / zart und wenig steinichtes in sich haben / wann sie gut seyn soll / wovon Pomet. cit. loc. pag. 64. zu sehen ist.

§. 9.
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Der Gebrauch der Magnesien ist zur Reinigung des Glases gewidmet / indem diesem die grüne und blaue Farb dadurch genommen wird / dahero sie mit gutem Fug eine Seife / welche das Glas reiniget / genennet wird; dann so man von solcher Magnesie nur ein wenig mit dem geschmoltzenen Glas vermenget / so reiniget es dasselbe von aller frembden Farbe / und machet das Glas helle: Nimbt man aber der Magnesien zu viel / so bekombt das Glas ein Purpur-Farbe / worvon in D. Merrets Anmerckungen über das erste Buch des Neri Glasmacher-Kunst pag. 208. mit mehrerem verdienet gelesen zu werden.

§. 10.
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In Teutschland in den Meißnischen Ertz-Gebürgen wächset auch ein Magnesie / welche eben das jenige ist / was die Glasmacher Braun-Stein nennen / welche auch ein Seife des Glases ist. Ingleicken kommet ein andere Art auß Vöhmen; beyde umb einen sehr billichen Preiß / ob sie schon ebenmässig und ja so wohl das ihrige / als die Piemontesische thun / und derowegen die Teutschen der Piemontesischen wohl entbehren könten / wie Kunckelius in seinen Anmerckungen über das erste Buch des Anthon. Neri von der Glas-Kunst pag. 55. weitläufftiger zeiget.

§. 11.
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Letzlich hat man in Franckreich noch ein ander dergleichen Mineral, welches man dorten PERIGUEUR nennet / welches auß einem schwartzen und schweren Stein bestehet / und sich nicht gern zer stossen lässet: kombt auß Dauphiné und Engeland / und wird von den Häfnern und Emailleurs gebraucht / wie Pomet davon l. c. schreibet.

Das XV. Capitel Von den Edel-Besteinen und Jubelen.
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Abbildung

§. 1.
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DIe Edel-Gesteine oder GEMMAE sind sehr harte und zum Theil durchsichtige / zum Theil undurchsichrige / aber doch schön-gefärbte Steine / davon jene auß einem hellen Wasser / diese aber zugleich auß einigen irrdischen oder metallischen Cörperlein / von dem Stein-Geist oder ??? lapidifico gezeuget werden / wie der berühmte Engelander Boyle in seinem Buch von den Edel-Gesteinen stattlich er???biesen hat. Beyde kom [42] men meistens auß Ost- und West-Indien / wie auch Böhmen und andern Ländern / unter welchen die erste immer besser und theurer sind; wie von deren Erkäntnüs und Werth Boëtius de Boot. (welcher dieser Materie wegen vor diesem alle Kayserliche und Königliche Höfe und Schätze durchkrochen hat) in seinem Tr. de Gemm. wie auch Kunckelius in einem Send-Brieff von der Art / Unterschied und Güte der Edel-Gesteinen / würdig zu lesen sind. Wie aber die Orientalische rohe Edel-Gesteine gegraben und verkauffet werden / ist im Anhang dieses unsers Buchs / nach den Ost-Indischen Sendschreiben zu sinden.

§. 2.
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Sie werden füglich in die recht - austrichtige und falsche getheilet / darvon die letztere entweder von Natur so wachsen / als die so genandte Flüsse oder FLUORES METALLICI, welche in denen Berg-Wercken gefunden werden / wie sie oben in der Figur abgebildet sind / und von den rechten (welchen sie sonsten an Durchsichtichkeit und Farbe offters so gleich sind / daß auch die Verständigste sich daran versehen können) darinnen leicht zu erkennen sind / daß sie im Feuer fliessen. Oder sie werden von der Kunst auß dem Crystall und Glas nachgemachet / worvon der obenangeführte Kunckel vor andern deutlich handelt.

§. 3.
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Von dem Nutzen und Gebrauch der wahren Edel-Gesteinen in der Artzney machet vor anderen Helmontius in seinem Tr. In verbis herbis & lapidibus magnalatet vis, ein grosses Wesen; allein / wann man es bey dem Liecht ans???ehet / so kombt das meinste auff einen blossen Aberglauben an / wie nicht allein D. Amman in seinen, Büchlein de Mat. Med. sondern auch der junge Herr Spener, weyland Profess. zu Halle / in seiner Gradual-Disputation, de Usibus Gemmarum Superstitiosis offentlich gezeiget haben. Unterdessen will die Welt betrogen seyn / welche fast keine Artzney vor kräfftig hält / sie werde dann mit Gold und Edel - Gesteinen beglissen / obwohlen sie offters an deren statt nur Krebs-Augen und garstige Muscheln schlucken müssen / ohnerachtet nur die kleineste Steinlein und Fragmenata zur Artzney genommen werden / indem die super-feine zu den Jubelen kommen.

§. 4.
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Ob schon aber nur die so genandte V. Lapides pretiosi, als Granaten, Hyacinthen, Sapphir, Carneol und Schmaragd in den Apothecken meistens gebräuchlich sind; so hat man doch vor gut befunden / der übrigen auch mit wenigem zu gedencken / worunter der Diamant / Demant oder ADAMAS der härteste / schwereste und helleste Stein ist / dessen überauß-grosser Preiß / theils bey obbemeldtem Boëtio zu sehen / theils auch darauß abzunehmen ist / was in verwichenem 1697 Jahr / den 16. Febr. auß Venedig in den ordentlichen Zeitungen mit diesen Worten geschrieben wurde: Der Diamant / welchen ein Armenianer hier vor 36000. Ducaten verkaufft / ist von hiesigen Künstlern geschliffen und fast so breit / als ein halber Thaler: Und weilen dergleichen an allen Höfen in Europa nicht zu finde̅ / als wird diser Monarch der Diamanten (so 80. Karat wigt) auf 200000. Ducaten werth gehalten. Doch ist dieses nur von den recht Orientalischen zu verstehen. In Böhmen findet man auch viele / aber schlechtere Demanten und andere Edel - Steine / weßwegen die Italiäner / Frantzosen / und die Juden dahin reisen und sie auff suchen / wo die Küh-Hirten offters einen Stein nach den Kühen werffen / welcher mehr werth als die Kuh selbsten / wie Balbinus in seiner Böhmischen Hist. lib. I. c. 29. schreibet. Ober aber in der Atzney-Kunst einigen Nutzen habe / wird von den Medicis noch disputiret. Einige halten ihn vor schädlich / wo nicht gifftig / weilen er die Därme verwunde und die rothe Ruhr verursache / wann er innerlich genossen werde / wie Sennertus in Paralip. pag. 130. meldet. Andere hergegen / als Wormius in Mus. pag. 130. hält den pulverisirten Demant vor ein Medicament gegen solche Kranckheit. Ettmüllerus thut endlich den Außpruch also / das er den recht sauber und rein gestossenen Demant vor dienlich / den gröblich gestossenen aber vor schädlich hält / wie in dessen Comment. ad Schroed. p. 787. zu sehen ist. Man kan aber dessen wohl entbehren / indem die Krebs-Augen eben das / oder ein noch mehrers praestiren / als der Demant. Unterdessen erhellet darauß / daß es falsch sey / daß der Demant nicht zerschlagen oder zerstossen / sondern nur in Bocks-Blut erweichet werden könne.

§. 5.
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Nechst diesem machet man von dem so genandten Carfunckel - Stein oder CARBUNCULO. welcher des Nachts leuchten und röthlichte Strahlen werffen soll / viel Werckes: allein niemand will biß daher einen dergleichen Stein / so des Nachts strahlt / gesehen haben / wie Boëtius de Boot. l. c. wohl und auffrichtig angemercket; weßwegen einige entweder den Rubin oder die Granaten / andere aber alle röthlich-strahlende Edelgestein also nennen. Er wird sonsten zu den Pestilentz-Blattern / welche auch Carbunculi heissen / gerühmet / umb welche er zu reiben wäre.

§. 6.
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Folget also der Rubin oder RUBINUS, welches ein durchsichtiger Stein / von einer reinen Scharlach oder Carmesin-Farb / und je feuriger / je besser er ist. Wann er aber eine Gelbe an sich hat / so wird er von einen Granat oder [43] Hyacinthen aestimiret: kombt auß Zeilon / ist sonsten / wann er groß / auch an hohem Werth / und kenne ich eine gewisse hohe Stands-Person / welche einen frey, gefasten Rubin / etwa eines Weiß-Pfennigs groß / auff der Stirn trägt / auff welchen eine andere hohe Person 50000. Rthlr. bieten lassen: wird in gifftigen Fiebern / vor ein Hertz-Stärckung gehalten / und kommet mit unter das Elect. de Gemmis, welches in dergleichen Kranckheiten dienlich ist.

§. 7.
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Der Granat-Stein oder GRANATUS ist gleichfals ein durchsichtig- und wie der Granat-Apffel-Safft röhtlichter Stein / darvon die grössere auß Orient und der Mohren-Land / die kleinere / doch härtere und schönere / auß Böhmen kommen. Sie gehören unter die fünff medicinalische Edelgesteine / und werden vor ein Hertz-stärckendes und Melancholey-vertreibendes Mittel gehalten. Einige machen auch eine Tinctur davon / welche gegen die rothe Ruhr gerühmet wird. Das Magisterium ist ein nichtswürdiger Kalck.

§. 8.
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Eine erwas hellere Röthe hat der Hyacinth oder HYACINTHUS, welches ein durch sichtig- und an der Farb Goldgelb-röthlicher Stein ist / so gleichsam wie eine Feuer-Flamme scheinet; wiewohlen etliche wie Scharlach auß sehen / welche die Frantzosen Hyacinthe la Belle nennen / und vor den besten halten: wird in Indien und Mohren-Land gefunden / wiewohlen auch in Böhmen einige derselben wachsen / welche an der Farb dem Vitro ??? nicht ungleich sind. Sie werden in- und äusserlich gegen die Pest und andere ansteckende Seuche gelobet / dahero auch eine Hertz-stärckende Lattwerg / welche Confectio de Hyacintho genennet wird / darauß mit andern kostbahren simplicien verfertiget wird / welche gelb-röthlicht und frisch seyn / auch ihre rechte Consistentz haben muß / wann sie anderst vor gut passiren soll; und weil ein grosser Betrug damit vorgehet / soll man sie von auffrichtigen Materialisten und Apotheckern / und nicht von den Land-Streichern kauffen / welche solche mit Honig / Bolus und Metall nachmachen / wie Pomet in seiner Hist. des Drogues Part. 3. l. 4. pag. 99. entdecket. Man hat sie complet, mit Bissem und Amber / und incomplet, ohne diese / weilen das Frauenzimmer die erste nicht immer vertragen kan.

§. 9.
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Ferner gehöret auch der Amethist oder AMETHYSTUS zu den röthlichten Steinen / welcher durchsichtig und wie Pfirsching-Blüt anzusehen ist / kommet auch auß Indien und Arabien / welchem der Böhmische bey weitem nicht gleich ist. Dieser dienet ausser denen Aberglauben gegen die Trunckenheit und böse Gedancken / hat aber sonsten keinen Gebrauch in der Medicin.

§. 10.
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Nach den röthlichten Edelgesteinen folget der blaulichte / nemlich / der Sapphir oder SAPPHIRUS, welches ein durchsichtiger / blauer und dem Gesicht annehmlicher Stein ist / von einer grossen und dem Demant nahe kommender Härte / dahero auch die weißlichte Sapphiren vor Diamanten passiren und verkauffet werden. Die besten kommen auß Orient / die geringere auß Böhmen und Schlesien: werden auch gegen die Pestilentz-Blattern gebraucht / und welche darmit ein Circul gezogen wird; wie sie dann auff gleiche Weiß in Entzündung der Augen / und diese vor den Blattern und Masern zu defendiren gebrauchet werden / worvon Ettmüllerus in Comm. Schroed. pag. 789. zu sehen ist.

§. 11.
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Der Schmaragd oder SMARAGDUS hergegen ist ein durchsichtig und grüner Stein / mit blitzenden Glantz-Strahlungen / wird bey seiner stets-währender Kält im Mund / wie auch seiner Schwerigkeit und Härte erkandt / und ist der Scytische immer vor den besten gehalten worden / welcher doch allda nicht so groß als in Böhmen zu finden ist: wird sonsten sehr nach gekünstelt. Dieser soll die Augen stärcken / wie alle grüne Sachen / und wird gegen die Gichter und schwere Noht gerühmet / weßwegen auch die Schrecksteine der kleinen Kinder davon gemacht werden. Andere rühmen ihn auch gegen die rothe Ruhr und andere Kranckheiten / worvon Boëtius l. c.

§. 12.
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Alle der vorigen Farben finden sich in dem Opal oder OPALO, welcher / gleich einem Rubin / subtile und feurige Flammen strahlet und darbey mit einer reinen Purpur- und Meer-grünen Farb / gleich einem Amethyst und Smaragd / durchzogen ist / weßwegen er auch nicht / wie andern / nachgemachet werden kan / und wird von einigen vor den schönsten Edelgestein unter allen gehalten. Er findet sich in Indien / wie auch in Ungarn / und wird auch gegen Ohnmachten und Melancholie gerühmet / aber langsam gebrauchet.

§. 13.
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Ingleichen hat der Topas / Lateinisch TOPASIUS Genandt / unterschiedlich-vermischte Farben / [44] welcher ein durchsichtiger Stein / von einer bleich-grünlichten Farb ist / so das Ansehen hat / als ob er einen Zusatz von einer gelben Couleur hätte. Wann er aber gelb-grün ist / wird er Chrysopras genennet: werden beyde in Arabien gefunden und erreichen die schönsten am Werth die Helfft vom Diamant / und werden von einigen gegen die Melancholy / Kleinmühtigkeit und Hexerey gerühmet.

§. 14.
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Dieser wird zuweilen mit dem Chrysolit oder CHRYSOLITHO confundiret / weilen die Alten ihren Topas auch so geheissen / heut zu Tag aber ist der Chrysolit ein viel anderer / nemlich / ein hell und durch sichtiger Stein/mit einer fürtrefflichen Gold-Farb / gleich einem Sonnenschein / darbey sehr hart: wird in Mohren - Land am besten gefunden / und kombt an Kräfften mit dein vorigen über ein.

§. 15.
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Unter denen dunckeln und nur etwas durchscheinenden Steinen ist der JASPIS sehr benahmt / welcher hin und wieder röthlichte und auch grüne Flecklein hat; wird gegen das übermässige Bluten / auch gegen den beförchtenden Abortum gerühmet / wiewohlen diejenige Art davon welche der Lendenstein oder LAPIS NEPHRITICUS genennet wird / am meisten im Gebrauch ist / welcher ein blau-grünlichter und gleichsam wie Talc oder Fett anzugreiffender Stein ist: kommet auß Indien / und wird also genennet / weilen er vor ein gewisses Mittel gegen die Stein-Schmertzen gehalten wird / welche derselbe / so er gut und auffrichtig ist / auch nur äusserlich angebunden / gewiß curiren soll / wie ohnlängst Herr D. Petersen, vornehmer Materialist in Franckfurt / solches erfahren / bey welchem ich ein sehr grossen und raren Lapidem Nephriticum, nebst vielen andern dergleichen geschliffenen und ungeschliffenen Steinen gesehen Hab. Man hänget ihn an Hals / oder macht Armbänder davon / oder bindet ihn an die Hüffte / so soll er den Schmertzen gleich stillen / worvon Wormius in Mus. und Casp. Bartholinus in einem besondern Tr. de Lap. Nephrit. mit mehrerem zu sehen ist. Man muß aber zusehen / daß er nicht verfälschet sey / indem einige Betrieger den grünen Marmor / MALAQUITTE genandt / davor verkauffen. Er wird auch zu innerlichen Medicamenten / als dem Liq. und Magist. Nephritico gebraucht / worvon Hoffmannus in Calv. Schroed. pag. 154. zu sehen ist.

§. 16.
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Unter den gantz dunckeln und nur gefärbten Edelgesteinen ist der Türckis oder TURCOIS, wie auch der CARNIOL, SARDA oder SARDUS noch übrig / unter welchen der erstere ein schöne licht-blaue Farb hat / und äusserlich gegen das Fallen: der letztere aber Fleisch-farbicht ist und gegen alle Blutstürtzungen gerühmet / doch aber meistens heutiges Tages zu Signetten und Pitschafften emploiret wird.

§. 17.
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Einer von den dunckelen und undurchscheinenden Steinen meritirt noch mit wenigem gedacht zu werden / nemlich / der Frantzöische Augen-Stein / welcher und Grenobel gefunden und deßwegen La Pierre pretieuse de Grenoble genennet wird: ist ein kleines / sehr glattes und plattes Steinlein / fast wie ein Linse / von Figur und couleur, anzusehen / welches / wie hier zu Land die Perlen / dorten in die Augen gethan wird / so etwa unversehens ein Staub oder Splitter hinein geflogen / dergleichen etliche mir von einem guten Freund zu Handen gekommen sind.
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Das XVI. Capitel Von dem Crystall / Moscovischen Glas und Frauen-Eiß.
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Abbildung

§. 1.
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DEr Crystall oder CRYSTALLUS ist ein weiß-heller / durchsichtiger und nicht so gar harter Stein / wie ein Stück Eiß (worvon er im Griechischen den Nahmen hat) anzusehen: wird hin und wieder in Europa / auff dem Alpen-Gebürge / in Böhmen / Ungarn und vielen andern Ländern gefunden und Zweiffels ohn auß einem hellen Stein-Wasser gezeuget / indem man zuwellen in dessen Mitten noch einen Tropffen Wassers siehet / wie Herr D. Bohn in seinem zu Leiptzig gehaltenem Collegio Physico Experimentali bezeuget.

§. 2.
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Ob nun wohl alle durchsichtige und weichere Edelgesteine unter diesem Nahmen stehen / so hat man doch absonderlich vier Species bißdaher in Acht genommen / als nehmlich I. den gantz hellen Crystall / wie ein Eiß / welcher sonsten auch CRYSTALLUS MONTANA genennet wird. 2. Den sechseckichten / welcher IRIS genennet worden / alldieweilen er verschiedene Farben / wie ein Regenbogen zeiget / wann man ihn über das Auge hält und dadurch siehet / nicht anders / als die dreyeckichte Gläser / welche die Optici prismata heissen. 3. Den gelbichten / und 4. den halb-runden / welcher unten plat und oben gewelbt / auch deßwegen wie ein Brenn-Glas zu brauchen ist: und weilen er viel härter als die übrige ist / so wird er vor den besten Crystall gehalten und der falsche Demant oder PSEUDO-ADAMAS genennet / wie solches Boetius Lib. de Lap. pag. 179. und auß demselben Wormius in Mus. pag. 100. weitläufftiger verfolgen; nebst welchen Erasmus Bartholimus auch hiervon kan gelesen werden / so ein eigen Buch davon geschrieben hat.

§. 3.
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Was dessen Gebrauch anbelanget / so werden nicht allein viele kostbahre Geschirre / als Schüsselein / Gläser / falsche Edelgesteine und dergleichen darauß verfertiget / sondern er hat auch in der Artzney einigen Nutzen / wo ihme eine kühlend- und anhaltende Krafft beygeleget wird. Weßwegen nicht allein in hitzigen Fiebern der gantze Crystall unter der Zungen gegen den Durst / und in der Hand gegen die Hitze gehalten / sondern auch derselbe gegen die Rothe-Ruhr und andere Bauch-auch Mutter-Flüsse zu Pulver gestossen eingegeben wird; wie er dann auch den Säugenden die Milch vermeh [46] ren soll. So wirder auch als ein Alexipharmacum gerühmet / wann jemand den ??? eingenommen / wiewohlen ihm allein in solchem Fall nicht zu trauen ist / sondern andere oleosa; als Milch und dergleichen mitzugeben sind. Weilen aber seine Krafft meistens darin bestehet / daß er die böse Säuer in dem Magen und Gedärme versüsse und in sich schlucke / so ist er nur zu Pulver gestossen meines Erachtens viel besser / als andere daraus gemachte Salia, Magisteria, Olea, Tincturae &c. welche bey dem Schroedero und dessen Außlegern / als D. Hoffmann und D. Ettmüllern, zu finden sind.

§. 4.
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Dem Crystall ist an der Farbe und Durchsichtigkeit das so genandte Moscovische Glas / wie auch das Frauen-Eiß nicht viel ungleich / welche beyde von denen meisten Naturkündigern confundiret und vor ein Ding gehalten werden / indem sie doch bey erstem Anblick sehr unterschieden anzusehen sind / weilen das Frauen-Eiß sich in viele Blätter und laminas gar leicht zertheilen / und wie ein Talc angreiffen läst / welches beydes an dem Moscovischen Glas nicht zu mercken ist. Weßwegen wir auch von beyden absonderlich handeln wollen.

§. 5.
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Das Moscovische Glas oder LAPIS SPECULARIS ist ein weisser / außwendig dick und ungleicher / inwendig streifficht und gläntzender Stein / welcher gegen das Liecht gehalten etwas durchscheinet: kommet häuffig auß der Moßcau / und wird deßwegen auch Rysch-Glas / quasi Russen-Glas / geheissen; wiewohlen es auch in Spanien und anderstwo zu finden. Es hat in der Medicin sonderlich keinen Nutzen / ausser daß auß demselben / wann es zuvor calciniret wird / eine Schmincke vor die Frauen und Jungfrauen gemacht werden könne.

§. 6.
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Das Frauen-Eiß oder GLACIES MARIAE hergegen ist ein platter / doch auch weisser und wie Glas durchsichtiger Stein / welcher in viele dünne Täffelein und Blätter kan zerleget und gerissen werden / so an statt des Glases zu Fenstern können gebrauchet werden / dergleichen in etlichen Kirchen zu sehen sind; wie dann auch ein gemeiner Aberglauben ist / daß die Mutter Gottes dergleichen Glas gehabt habe / daher es Marien-Glas und bey andern Sperr-Glas heisset; und weilen sich auch der Mond / wie andere Sachen in diesem Stein spiegeln / so ist er vor diesem auch SELENITES benahmset worden / und mag darvon der gemeine / doch falsche Wahn entstanden seyn / daß er nach dem Mond zu- und abnehme: wächset insgemein in einer länglicht - viereckichten Figur / als ein Rhombus, wie oben auß der Abbildung zu sehen ist / allwo zugleich Achates selenites stehet.

§. 7.
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Einige meynen / daß das so genandte Alumen Scajolae nichts anderst / als das Frauen-Eiß sey: allein es ist unter beyden noch dieser Unterscheid / daß ob schon beyde in dünne Blättlein leichtlich können getheilet werden / jenes doch viel härter / als dieses / auch nicht so durchscheinend ist / ehe es zertheilet worden. Uber diß kan man durch das blosse Fühlen den Unter scheid mercken / indem das Frauen-Eiß viel zarter und fast wie Talc anzugreiffen ist / daheiro es auch von vielen vor eine Art Talc gehalten / auch der rothe Talc offters vor das Frauen-Glas gegeben wird.

§. 8.
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Was seine Qualitäten anlanget / so ist es in der Artzney-Kunst innerlich gegen die schwere Geburts-Arbeit / wie auch die todte Frucht wegzutreiben gebräuchlich; zu welchem Ende es mit dem Vorres / Myrrhen und dergleichen verschrieben wird / weilen es gewaltig treibet und stimuliret: weßwegen es auch die Monatliche Reinigung der Weiber befördern kan. Eusserlich wird es gleicherweis zum Schmincken gebrauchet. Auß den Blättern machen die Closter-Jungfern aller hand Galanterien und legen solche gemeiniglich über ihre Bilder und Heiligthümmer. Ein gewisser curioser und mir wohlbekandter Freund hat sich auch unterstanden einen grossen Brenn-Spiegel darmit zu verfertigen / indem er die hole Seite einer auß Gips gemachten Scheiben damit belegen wollen. Ob er aber dieses Werck zur Perfection gebracht habe / ist mir noch nicht kund gethan worden. Zum wenigsten ist wohl zu glauben / daß ein solcher Spiegel die Radios solares mit eben solcher Vehemens reflectiren könne / als ein anderer metallischer Brenn. Spiegel.
|| [47]

Das XVII. Capitel Von dem Magnet / Blut-Stein und Schmergel.
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Abbildung

§. I.
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DEr Magnet-Stein (MAGNES) ist ein schwartz-grauer / harter / doch nicht so gar schwerer Stein / welcher (nach gemeiner Art zu reden) das Eisen an sich ziehet und sich immer nach den Polis wendet: wird häuffig in dem Joachims-Thal und zu Schneeberg in Meissen / umb die Eisen-Gruben gefunden / weßwegen er auch in der Grichischen Sprach SIDERITIS genennet wird; Wiewohlen in Franckreich in der Spitz eines Glocken-Thurns auch ein Magnet gefunden worden / worvon M. Vallemont einen Curio sen Tractat geschrieben. Vid. Pomet. Hist. simpl. P. 3. l. 2. pag. 6.

§. 2.
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Der Unterscheid dieses Steins wird entweder von denen Landen / worauß er kommet genommen / welcher doch auch an der Farb zu erkennen ist / indem der beste / so auß AEthiopien kommet / schwartz / aber sehr rar ist: Der Ost-Indianische auß China und Bengala, Leber-farbicht: der Arabische röthlicht: und der gemeine auß Schweden / Dennemarck und Teutschland Eisen-farbicht außsieher; wie sich dann auch ein weisser Magnet-Stein finden soll / welcher von den Italianern CALAMITA BIANCA genennet wird. So machet auch der Effect und die Krafft keinen geringen Unterscheid des Magnets / in Ansehen deren der gemeine das Eisen ziehet und sich zugleich nach dem Pol-Stern wendet: die zweyte Art sich allein nach dem Pol-Stern wendet / aber kein Eisen ziehet / welche uff S. Georgen-Berg in Böhmen gegraben wird / wie auß des Balbini Hist. Boh. Lib. I. pag. 82. zu sehen ist: die dritte einen andern Magneten ziehet: welchen andere die vierdte Art zugesellen / so das Eisen nicht ziehet / sondern von sich stösset / dergleichen Magnet-Stein THEAMEDES und in Teutscher Sprach ein Bleser genandt wird / wie ihn Boëtius de Boot Tr. de Lap. ac Gemm. Lib. ???. cap. 249. pag. 441. nennet.

§. 3.
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Diese Kräfften des Magneten bestehen nicht in dessen Grösse und Quantität / sondern in gewissen Adern / indem man zuweilen einen kleinen Magneten antrifft / welcher ein viel grösser Gewicht hält / als ein grosser / welches an derjenigen Magnet-Kugel / so zu Londen im Gresham Colledge gezeiget wird / zu sehen ist / so eben kein sonderlich grosses Gewicht hält / ob sie schon 60. ???. schwer ist / wiewohlen sie die Nadeln uff 9. Schuh weit beweget / wie die Herrn Lipsienses in ihren Actis A. 82. Mens. Febr. auß dem Grevv wohl observiren. Weßwegen dann auch der Preiß dieses Steins nicht nach der Grösse / sondern nach den Qualitäten angesetzet wird / und ein Magnet / welcher 20. ???. hält / neulich in Holland vor 1000. Gulden verkauffet worden ist / wie mir der berühmte Mechanicus zu Leyden / Herr Muschenbroeck geschrieben hat. Woher aber die so wunderbahre Würckungen des Magneten herrühren? wird noch heut zu Tag von den Naturkündigern erforschet / und hat Gilbertus davon einen besondern Tractat geschrieben / welche Subtilitäten auff den Catheder und nicht in die Material-Kammer und Apothecken gehören. Dieses nur ist zur Conservirung desselben zu wissen nöthig / daß man den rohen Magneten immer in Feilstaub halte / dem gefasten Magneten aber immer seyn Gewicht lasse / sonst ersterben sie bald. Man muß sie auch sauber halten und nicht mit Fette oder anderm Unrath beschmieren / sonsten verderben sie oder ziehen so generos nicht / wie zuvor; daß aber solches auch von dem Knobloch-Safft / wie insgemein davor gehalten wird / geschehe / wird von Borello in Hist. & Obs. Cent. 2. Obs. 88. vor [48] erdichtet und fabulos gehalten. Ein Gelährter / Fortius Ringelbergius, schreibet in seinen Experim. pag. 609. daß man dem Magneten die verlohrne Kräfften wieder bringen könne / wann man denselben in das Blut eines Widders lege / welches zu probiren stünde. Dieses ist gewiß / daß zu Vermehrung derselben sehr dienlich sey / wann man dem gefasten Magneten täglich sein Gewicht mit einem kleinen Zusatz vergrössert.

§. 4.
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Der Nutzen und Gebrauch des Magnetsteins ist unbeschreiblich groß / wann man nur den gemeinen und Schiff-Compas ansiehet / welcher gleichsam die Seele aller Seefahrt / und ein Band der ober- und unter-irrdischen Welt ist. Was die Kunst-Erfahrne und curiose Naturkündiger vor Wunder- und Erstaunungswürdige Experimenten damit anstellen können / ist in des Welt-berühmten P. Kirchers Tr. de Magnete und dessen Nachfolgers P. Schotti Schrifften zu sehen; auß welchen ein gelährter Franzos in einem absonderlichen Buch / genandt Traîte de l' Aiman vieles in schönen Kupffern unter Augen geleget hat. In der Artzney-Kunst hat er / wie der Blut-Stein / eine anhaltende und außtruckende Krafft / wird aber nur äusserlich gebrauchet / indem er innerlich von einigen gefährlich und gifftig gehalten wird / wie Wormius in Mus. pag. 63. zeiget. Daß aber viele Doctores und Barbierer denselben zu Pulver stossen und unter ihre so genandte Magnetische Pflaster / wodurch sie eiserne Spitzen / verschluckte Messer und der gleichen auß dem Leibe ziehen wollen / mischen / ist ein grober Irrthumb / indem der Magnet kein Eisen ziehet / wann er zerstossen oder mit Wachs vergleistert wird. Solte derowegen etwas bey den beruffenen Messer-Schluckern außgerichtet worden seyn / muß es mit dem gantzen Magnet geschehen seyn. Der Aberglauben / welche mit dem weissen Magnet (so gemeiniglich falsch ist) getrieben werden / mag nicht gedencken / Vid. Wormius l. c.

§. 5.
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Mit diesem biß daher betrachteten Magneten hat der Blut-Stein oder LAPIS HAEMATITES eine grosse Verwandtschafft / indem dieser nicht allein / wie Jener / in den Eisen-Gruben gefunden wird / sondern zuweilen auch das Eisen an sich ziehet / wie der seel. D. Bauschius, erster Praeses der curiosen Teutschen / in einem besondern Buch de Lap. Haemat. in Acht genommen / dessen Inhalt ich in meiner Hist. Literar. Acad. Leopold. Cont. II. kürtzlich erzehlet habe: Ist sonsten ein dunckel-rother / harter und schwerer Stein / auß langen Streiffen gleichsam zusam̅en gesetzet: wird umb Hildesheim im Joachims-Thal und andern Orten in Teutschland gefunden. Der beste kombt von Compostell auß Spanien: muß in schönen streiffichten Stücken bestehen / und recht roth seyn. Er kan auch durch die Kunst nachgemachet werden / wie in den Miscellan. Acad. Germ. Cur. Dec. I. zu sehen ist.

§. 6.
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Ohne den rechten und wahren Blut-Stein hat man auch einige Bastarden davon / mit welchen er offt verfälschet wird: worunter der so genandte SCHISTUS der vornehmste ist / welcher dem Blut-Stein sehr gleichet / doch aber hieran noch von demselben erkandt werden kan / weilen der Blut-Stein gemeinlich in stumpffen Stückern / der Schistus aber spitz und wie ein Keil anzusehen ist. Jener hat ungleiche Streiffen und zerspringet auch in unebene Stücker: dieser zertheilet sich in gleiche Tafeln / und scheinet in gleiche Streiffen geschieden zu seyn / weßwegen er auch Lapis scissilis genennet wird / nicht deßwegen / als ob er leicht gespalten könte werden / sondern weilen er nach seinen Streiffen also gespalten scheinet.

§. 7.
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Noch eine andere Art davon findet man bey denen Materialisten / welche sie Braun-Stein nennen / welcher nicht so hart ist / wie die vorige sind / und färben die Häfner an etlichen Orten ihre Gefäse damit / wovon Boëtius in seinem Buch von den Gemeinen und Edelsteinen pag. 390. zu sehen ist. Ob aber dieser Stein einerley Art mit dem jenigen Braunstein / dessen wir oben bey dem Glasmachen gedacht / seye? kan vor gewiß nicht bestreiten.

§. 8.
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In der Artzney-Kunst haben alle diese Blut-Steine eine anhaltende und stopffende Krafft / absonderlich in den Blut-Stürtzungen und Blut-Flüssen / so wohl innerlich / wann man solche zu einem subtilen Pulver zerstösset / und mit Muscaten oder Muscaten-Oehl eingibt: als äusserlich / wann man solches Pulver in die Wunde streuet oder den blossen Stein in der Hand hält / welches im übermässigen Nasen-Bluten zwar gut thut / doch muß man zusehen / daß man mit den Spitzen dieser Steinen sich nicht verletze / weilen sie gefährliche Wunden mache / wie Pomet in seiner Material Kammer Part. 3. l. 2. pag. 62. davor warnet. Man sublimiret auch auß dem Blut-Stein mit Salarmoniac rothe Flores, welche einige Aroma Philosophorum oder das Philosophische Gewürtz nennen: Auß welchen mit dem Spiritu Vini die R. Lap. Haemat. oder Blut-Stein-Tinctur gemacht wird / welche gegen das Blut-Speyen / Lungen-Sucht / Blut-Harnen / Nasen-Blu [49] ten und dergleichen Kranckheiten sehr gerühmet wird. Die Goldschmiede brauchen den Blut-Stein zum vergulden.

§. 9.
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Hier ist auch des Schmergels nicht zu vergessen / welchen obbelobter Boëtius c. l. auch vor eine Art Blut-Stein / andere aber vor einen steinichten Marcasit halten: wird sonsten Lateinisch SMIRIS genennet / und ist ein sehr harter eisenfarbichter Stein / welcher theils auß Spanien / theils auß Schweden und Engeland gebracht wird. Der erste hat hin und wieder Gold-Adern in sich / welches auch darauß zu bringen seyn soll / und ist derowegen von dem König in Spanien sehr hoch verbotten / solchen auß dem Land zu führen. Der Schwedische kombt auß den Kupffer-Gruben und siehet etwas röthlicht auß / wird zuweilen vor den Spanischen verkaufft / ist aber leicht daran zu erkennen / wann er keine Gold-Adern hält. Der letztere ist der gemeine und gebräuchliche / welcher in Engeland auff gewissen Mühlen auch zu Pulver gestossen und gemahlen wird / welches / wie auch der gantze Schmergel / bey den Materialisten zu finden.

§. 10.
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Was desen Gebrauch anlanget / so wird der Spanische Schmergel von den Alchimisten sehr aestimiret / und zu dem Goldmachen und Philosophischen Stein gebraucht / weßwegen er auch dem Gold gleich bezahlet wird / und ist doch nicht wohl zu bekommen. Der gemeine Schmergel wird / wann er noch in gantzen und darzu geschliffenen Stücken bestehet / von den Gläs???ern zum Glas-Schneiden gebraucht / dann er / wie der Diamant die Gläser ritzet. Man reisset auch Figuren damit in Marmor und andere Steine. Der Smiris in Pulvere oder Schmergel-Pulver wird von den Renovanten / Waffen- und Messerschmieden / die Harnisch und Pantzer / Degen / Messer / Metallische Brennspiegel und dergleichen damit zu poliren gebrauchet. In der Artzney-Kunst hat er sonderlich keinen Nutzen / ausser daß das Pulver von einigen unter die Zahn-Pulver gemischet werde.

Das XVIII. Capitel Von dem Stein-Flachs / Talch und dem Talch-Oehl.
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Abbildung
|| [50]

§. 1.
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DEr Stein- oder Erd-Flachs (so von den Lateinern LAPIS AMIANTHUS und ASBESTUS genennet wird) ist ein zaselichter schwartz-grünlicht-schifferichter Stein / welcher sich wie Federn voneinander reissen lässet (dahero er auch bey einigen Feder-weiß heisset) und von dem Feuer nicht verbren̅et noch verzehret / sondern nur weisser und säuberer wird: kombt meistens auß Indien und Türckey; und ob schon auch in Italien dergleichen was gefunden werden soll / so ist es doch so kurtz und zerbrüchlich / daß es sich / wie der rothe Stein-Flachs / nicht spinnen lässet / wie Boëtius Tract. de Lap. pag. 383. bezeuget. Viel weniger aber ist das Alumen plumosum vor eine Art dieses Steines zu halten / welches so wohl von dem Feuer / als gewissen Menstruis kan gezwungen werden / da hergegen der Flachs-Stein beyden widerstehet / und da dieser ein Beissen an der Haut erwecket / so thut es jener nicht / wie anderwerts schon erwiesen hab.

§. 2.
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Dieses ist derjenige Stein / worauß die alle Römer ihren unverbrennlichen Leinwad gemacht haben / worinnen der Königen und anderen Magnaten Leiber verbrandt und also die Aschen conserviret wurde / indem derselbe also zubereitet werden kan / daß man ihn zu Faden spinnen / und wie auß unserm Flachs Leinwad darauß weben könne / welcher im Feuer nicht verbrennet / sondern nur weisser und von aller Unreinigkeit gesäubert wird / als oben in der Figur zu sehen ist. Wie aber dieses alles zubereitet werde / ist heut zu Tag sehr wenigen bekandt / und wird vor ein groß Arcanum gehalten; Und ob zwar Jo???. Bapt. à Porta Lib. 4. c. 35. und Wormius in Museo pag. 55. die Art und Weiß den Stein-Flachs zu spinnen beschrieben / so ist doch jener gar schwer zu verstehen / dieser aber nicht zulänglich. Indessen ist doch die Sach an sich selbsten gewiß / indem ich dergleichen Faden zeigen kan / auch der seel. D. Ettmüller in seinem Comment. ad Schroed. pag. 797. erzehlet / daß er zu Mayland in dem Museo Septaliano einen Geld-Beutel darauß gesehen / welchen desselben Besitzer selbsten gewircket hatte: anbey bezeugend / daß als sie einige Müntze darein gethan / und ins Feuer geworffen / die Müntze zerschmoltzen / der Beutel aber unversehret blieben seye. Ingleichem sind vor diesem die Dachten zu den ewigbrennenden Liechtern hiervon gemacht worden. Ob man aber auß gewissen Kräutern einen dergleichen Dacht und unverbrennlichen Leinwad machen kön̅e / wie Pomet in seiner Material Kammer Part. 3. lib. 2. c. 48. pag. 81. behaupten will / lasse an seinen Ort gestellet seyn. Glaublicher ist / was Vielheuer in der Beschreibung frembder Materialien pag. 21. von Hr. Kisten erzehlet / welcher einen Dacht erfunden / so von zarten Faden auß dem klaresten / doch auff sonderliche Art geschmoltzenem / Gold gezogen war: worauff er ein Oehl auß dem ??? und Naphtha, und einem nicht so gar unbekandten Kraut gemacht / gegossen / welches zwar viel gethan / aber nach Verfliessung vier Wochen / doch beynahe eines Strohhalmes breit in dem Gefässe hatte abgenommen.

§. 3.
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Seinen Gebrauch zur Medicin belangend / so wird er innerlich gegen den weissen Fluß der Weiber / in Wein oder Brandtenwein gerühmet. Eusserlich kan er in der Lähmigkeit und Schwinden der Glieder an statt der Nessel-Cur gebrauchet werden / indem er auch also beisset und brennet / und deßwegen von einigen Schälcken andern als das juckende Juc Juc der Landstreicher / in die Hembder gestreuet wird. In den Apothecken hat man ein Sälblein oder Linimentum de Amiantho gegen den bösen Grind / welches Boëtius cit. loc. miraculosum oder Wunderens-würdig genennet und von D. Schroederô lib. 2. cap. ult. pag. 306. beschrieben worden. Man findet auch eine andere Salb darvon in des Aldrovandi Museo Metallico pag. 646. wormit man die Hände salben und nachmahlen das Feuer ohne Schaden angreiffen soll / welche Ettmüllerus in seinem Commentario Schroed. pag. 797. auß demselben beschrieben hat.

§. 4.
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Nicht viel anderst verhält es sich mit dem TALC, welcher gleichfals ein grünlicht-gläntzend- und schifferichter Stein ist / äusserlich wie Fett anzugreiffen / ob er schon gantz trucken und schwer ist / auch wie der Stein-Flachs sich in dem Feuer sehr hartnäckicht erzeiget. Er kombt meistens auß Venedig / wo er wächst / wiewohlen auch in Engel- und Teutschland dessen viel zu finden ist. So gedencket auch Pomet in seiner Histoire des Drogues Part. 3. lib. 4. c. 14. pag. 108. eines rohten Talchs / so auß Moscovien und Persien komme / und in grosse durchsichtige Blätter könne getheilet werden / welche die Nonnen an statt des Glases über ihre Bilder und Agnos Dei legten; welcher doch vielmehr vor den Lapidem Seleniten oder Frauen-Eis zu halten ist / wie Wormius in Mus. pag. 57. auch muthmasset.

§. 5.
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Unterdessen ist doch nicht ohne / daß man unterschiedene Sorten davon finde / indem auch Paracelsus Tr. de Min. schon vier Species, als den rothen / weissen / gelben und schwartzen erzehlet. Bey den Materialisten findet man iusgemein den [51] zweyerley / als Talcum aureum & argenteum, den Gold- und Silber-Talc. Der beste ist so grünlicht-weiß / in grossen Stücken / glatt und wann er zerbrochen wird / wie Silber gläntzet / auch wann er zu Blättern gerissen wird / hell und durchsichtig ist. Man muß aber Achtung geben / daß er durch und durch also sey / dann in den grossen Stücken sich zuweilen gelbe und rothe Adern finden / welche gemeiniglich etwas Erde bey sich führen / so den Talc unwerth und unannehmlich machen. In Ansehung der Landes-Art / ist der Venedische der beste: nachgehends der Englische / und letzlich der Moscowitische.

§. 6.
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Dem Nutzen und Qualitäten nach wird der Talc nur äusserlich zum Schmincken tüchtig erachtet / und bestrebet sich das Frauenzimmer sonderlich umb das so hoch-gerühmte TALC-Oehl / welches gleichsam ein Engelisches Angesicht machen / und wann davon nur ein Tröpfflein über die Nase gesalbet werde / dasselbige gantz hell und gläntzend machen soll; weßwegen manche Dame es zehenmahl theurer als Gold bezahlen solte / wann es nur zu haben wäre. Dahero die Frage unter den Gelährten und Laboranten erstanden / ob man auch das so sehr verlangte OLEUM TALCI oder Talc-Oehl darauß machen könne oder nicht? Die meisten halten es vor unmöglich / indem der Talc weder gestossen / noch durch das Feuer oder aufflösende Wasser kan gezwungen werden / wie Ettmüllerus l. c. pag. 810. zeiget. Andere aber wollen das Gegentheil behaupten / und bemühen sich sehr darum; wie dann in dem Schroeder und andern Scriben???en ein grosser Haufe Beschreibungen davon zu finden ist / welche doch gemeiniglich mehr Geschrey als Wolle mit sich führen / und wann man endlich ein Oehl darauß erzwinget / so rühret es nicht von dem Talc / sondern von andern Sachen / so man hinzugethan / her / oder steckt sonst ein Betrug darhinder; wie dann der berühmte und auffrichtige Zvvelferus von dem sonsten auch Welt-bekandten Tackenio einen artlichen Streich in seiner Refut. Tacken. Part. 1. c. 1. pag. 33. erzehlet / welcher die so genandte Terram foliatam Tartari lange vor einen Talc außgegeben / und dessen Liquorem vor das Talc-Oehl verkauffet hat: Als aber obgemeldter Zvvelferus unter andern Processen jetzgemeldte Terram foliatam auch gefunden / und es nachmahlen dem Tackenio gezeiget hatte / konte dieser endlich die Finesse nicht läugnen / sondern sagte zu Zvvelfero: Si scis, bene, tacebis, oder: Ist es euch kund / so haltet reinen Mund. Geschicht das am grü-Holtz / was will am dürren werden? Thun das die Gelährte? was solten die Verkehrte / als Storger / Laboranten und Betrüger? En fin! Die Welt will betrogen seyn.

Das XIX. Capitel Von dem Nasern- und Pocken- Stein / wie auch dem Bononischen Phosphoro.
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Abbildung

§. 1.
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DEr Pocken-Stein oder LAPIS VARIOLATUS, ist ein dunckel-grüner und sehr harter Stein / welcher auff einer Seite etwas erhabene und hell-grüne Flecken / gleich den Kinder-Pocken hat / so auch auf der andern Seiten und inwendig etwas / aber [52] nicht also erhaben / zu sehen sind / dahero er in Europa seinen Nahmen davon bekommen hat: ist anfänglich von den PP. Jesuiten auß Indien gebracht worden / wo er eigentlich GAMAICU heisset / unter welchem Nahmen mir ein Stück einer Castanien groß zum Praesent verehret worden / woran obige Gestalt und Qualitäten accurat zu sehen sind. Solle sonsten gar rar und hoch gehalten werden / wie Pomet im Anhang seiner Histoire des Drogues pag. 15. bezeuget / welcher diesen Stein nicht ohne Grund vor eine Art Rissel-Stein hält: wird auch in Schottland gefunden / wie Sibbaldus in Hist. Scot. Nat. Lib. 4. Part. 2. pag. 149. bezeuget.

§. 2.
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Gleichwie man aber zweyerley Pocken an den Kindern observiret / nemlich / die einfache und zusammen-fliessende / wie Sydenham vor andern Medicis in seinem Tract. de Morb. Acutis??? schön gelehret hat: Also stehet man diesen Unterscheid auch mit Verwunderung an den Steinen selbst / an welchen die Flecken auch theils zusammen-fliessen / wie oben in der erften Figur zu ersehen: theils von sich Unterschieden sind / wie die andere Figur zeiget. So soll auch an der Farb ein Unterscheid seyn / indem einige grün / einige gelbicht / andere anderst sollen gefärbet seyn / wie Ulysses Aldrovandus in seinem Museo Metallico Lib. IV. Cap. LXVII. pag. 883. bezeuget. L' Usage du Gamaicù. FAitez tiedir de l' eau & trempez le dite pierre dans l' eau tiede. Alors frottez tout le visage de l' enfans ou grande Personne & personne ne sera gasté de la dite maladie. Mais il faut troisfois le jour frotter la personne. Des autres font boüillir de l' orge & tremper la pierre dans la dite decoction.

§. 4.
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Nebst diesem hat man noch einen andern frembden Kisselstein / welcher auff den Hügeln und Bergen umb Bononien in Italien gefunden und deßwegen der Bononische Stein oder LAPIS BONONIENSIS genennet wird: ist ein schwerer graulicht- und gläntzender Stein / an der Gestalt dem Lapidi Nephritico oder Nieren-Stein nicht viel ungleich / welcher vor andern diese Eigenschafft hat / daß wann man ihn auff gewisse Art und Weiß calciniret / und an die Sonnen oder bey einem Feuer leget / er nachmahlen in der Nacht leuchtet und einen Schein von sich gibt; weßwegen er auch von P. Kirckero PHOSPHORUS, von andern aber SPONGIA SOLIS & LUNAE benahmset wird / und findet sich davon ein Abriß in Miscel. Acad. Nat. Cur. Dec. II. A. VII. pag. 3.

§. 3.
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Was dessen Nutzen anbelanget / so sollen die Hirten in Indien diesen Stein dem Viehe anhängen / daß sie von den Blattern / welchen sie unterworffen / befreyet bleiben möchten; weßwegen er auch gegen die Pocken der kleinen Kinder vortrefflich gut seyn soll / so gar / daß wann er nur äusserlich an den Hals gehänget wird / daß er das Hertz-Grüblein berühre / die scharffe gifftige Materie so balden auß dem Leib gezogen / und die Kinder ausser Gefahr gesetzet werden sollen. Und ob zwar solches etwas abergläubisch scheinen möchte / so hält doch obgedachter Ulysses Aldrovandus c. l. solches der Warheit ähnlich / indem die Araber / der äusserlichen signatur wegen / die Linsen gegen diese Kranckheit nicht ohne Nutzen so hoch recommendiret / welche doch an diesen Steinen klärlicher zu sehen ist. Und weilen auch insgemein die Medici, die Augen der kleinen Kinder / wann sie die Blattern bekommen / mit Gold und andern Sachen zu praeserviren suchen / so hält er vor besser / daß mau diesen Stein / wann er bey Handen / mit mehrerem Fug umb die Augen reiben oder in gewisse destillirte Gewässer legen und solche darumb streichen könne. Ja es soll auch dieser Stein die Kinder vor den Gruben und Narben preaserviren / wie in der Franköischen Beschreibung / so mir bey obgemeldtem Stück zu Handen kommen / vorgegehen wird / welche also lautet: Gebrauch des Blatter-Steins. MAn machet laulicht-warmes Wasser und leget den Steindarein. Nachmahlen reibet man das gantze Gesicht der Kinder oder auch grosser erwachsenen Personen damit / so wird niemand davon ein heßlich Angesicht bekommen. Allein das reiben muß alle Tag dreymahl geschehen. Andere sieden ein Gersten-Wasser und legen den Stein darein.

§. 5.
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Man hat dessen wohl fünfferley Species, als nemlich eine / welche sich / wie das Fraueneis / in Schalen oder Täffelein zerlegen lässet: Andere haben weißlichte und gläntzende Streiffen / wie das Antimonium: Andere haben eine rauhe Kruste: und endlich sind etliche schwartz und mürb / wie solche von Wormio in Museo pag. 46. erzehlet / und von dem Curiosen Graffen Luigi Ferdinand. Marsigli in einem Italiänischen Tractat Del Fosforo Minerale in schönen Figuren unter Augen geleget werden.

§. 6.
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Die Art und Weise / wie er calcinirt und zum leuchten praeparirt werden muß / beschreiben heyde jetzt-belobte Autores loc. cit. wie auch Hoffmannus in Clavi Schroed. p. 19. Es wird nehmlich dieser Stein enrweder gantz / wanner sauber [53] und gut ist / in einem darzu bereiteten Ofen calcinirt / oder wird zuvor zu kleinem Pulver gestossen / von andern Impuritäten gesäubert und mit Ever-Weiß oder Leinschmaltz wieder zusammen geschlagen. Wann er nun durch die erste Calcination das äusserliche Liecht nicht annimbt / noch im Finstern wieder von sich gibt / so wird die Calcination wiederholet / biß er tüchtig darzu worden / welches auß einigen Körnlein / welche als ein Thau sich äusserlich zeigen und die Sonnen-Strahlen meist in sich fassen / abzunehmen ist. Wann er recht praepariret ist / so wird er in ein Büchslein gethan / welches gegen die Sonn oder Feuer zu setzen und des Nachts in eine dunckele Ecke zu legen / so wird er wie feurige Kohlen leuchten und anzusehen seyn / in dessen Ursach an obberührtem Ort auch weitläufftig nachgesuchet wird.

§. 7.
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In der Artzney-Kunst soll er die Haar außfallen machen / wann man nur den Ort damit reibet; welches auch die Lauge / die man von dem calcinirten Stein machet / praestiren soll. Das Pulver davon / oder auch gemeldte Lauge soll auch ein Erbrechen oder Vomitum verursachen / wie in obigem Ort zu sehen / über welchen Licetus auch in einem eigenen Tractat davon zu lesen ist.

Das XX. Capitel Von dem Juden- und Luchsen-Stein / wie auch der Donner-Art.
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Abbildung

§. 1.
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ZU den jenigen Steinen / welchen die Natur eine gewisse und beständige Figur und Gestalt gegeben / gehöret auch der Juden- und Luchsen-Stein. Jener wird in den Apothecken LAPIS JUDAICUS
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genennet / weilen er anfangs auß Judäa gekommen / wird aber heut zu Tag auch in Schlesten / item: umb Hildesheim und anderstwo gefunden / und ist ein länglicht-runder Stein / wie eine Oliv anzusehen / mit vielen und der Länge nach gesetzten Linien und Streiffen umb und umb gezieret / welche eine gleiche Distantz haben / als wann sie abgezirckelt wären: Siehet grau auch bißweilen röthlicht auß / und hat keine sonderliche Härte / und wann er voneinander geschlagen wird / so scheinet er inwendig weiß-grau und gläntzend / wie ein Kisselstein / dessen er ein Art seyn soll; wiewohlen Samuel Dale in seiner Mineralog. pag. 90. auff die Gedancken gekommen / ob es irgend die zu Stein gewordene Strahlen von dem Meer-Igel wären / deme diese Steine äusserlich nicht ungleich scheinen.

§. 2.
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Es ist aber zu wissen / daß der Juden-Stein nicht allemahl einerley Länge und Grösse habe / sondern es gibt ohne den Gemeinen auch einen langen und schmahlen / welchen einige das Mänlein / und den andern das Weiblein nennen. Jener soll mehr gegen den Nieren-Stein: dieser aber gegen den Blasen-Stein dienen / wie Boëtius de Boot. de Lap. pag. 409. vorgibt: sintemahl der Gebrauch dieses Steines hauptsächlich den Harngängen zu gut kommet; weßwegen er nicht allein zu Pulver gestossen / und mit candirtem Zucker vermischet den kleinen Kindern gegen den Stein und verschlossenen Harn mit Nutzen gegeben wird / wie Hoffmann. in Comment. Schroed. pag. 180. zeiget; sondern er kombt auch unter den bekandten Liquorem Nephriticum D. Michaëlis, wie auch unter dessen Magisterium Nephriticum.

§. 3.
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Diesem wird insgemein der so genandte LYNCURIUS, LAPIS LYNCIS oder Luchsen-Stein zugesellet / deme seyn Nahme von den Luchsen gegeben worden / weilen man vor diesem gemeynet hat / er werde auß derselben Urin gezeuget; welches doch gantz falsch und vielleicht daher kommen ist / weilen einige darvon (S. V.) wie Katzen-Seich riechen. Besser aber wird dieser Stein / wegen seiner Figur / BELEMNITES oder Schoßstein und Alpschoß geheissen / weilen er länglicht / rund / schmal und wie ein Pfeil außgespitzet ist / wie auß der Figur zu ersehen ist. Sonsten findet sich dieser Stein von unterschiedlicher Farb / weiß / gelb / schwartz / bald gantz / bald halb durchscheinend / und insgemein mit einer Linien gleichsam unterschieden / wo er leicht zu spalten ist / welcher letzte / wann er klein ist / vor den besten gehalten wird: Theils scheinet er gleichsam mit Silber / theils mit Gold überzogen / wie obangeführter Boëtius loc. cit. pag. 478. weitläufftig davon handelt. Er wird aller Orten in Teutschland / absonderlich / umb Hildesheim / umb Königsberg in Preussen / in der Schweitz / umb Paris und auch in Sicilien gefunden / wie Boccone in seinen natürlichen Untersuchungen bezeuget.

§. 4.
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Seine Kräfften betreffend / so werden ihm eben diejenige Tugenden / den Stein und Harn zu treiben / wie dem vorigen / zugeschrieben / über welche sich doch Ammannus de Mat. Med. weidlich mocquiret / indem er zweiffelt / ob es in Warheit einige Steintreibende Artzneyen gebe? welcher Streit aber auff den Catheder gehöret. Mit mehrerem Recht könte jemand von dieser Macht zweiffeln / womit er den Alp und Nachtschrecken verjagen soll / und derowegen Alpschoß genennet wird / es seye dann / daß er durch das blose anhangen und anrühren die Leute von dem übermässigen und gar zu tieffen Schlaff erwecke und munter erhalte. Sonsten aber rühmet ihn Hoffmannus in Clavi Schroed. pag. 182. gegen die Gelbsucht / Wechsel-Fieber und Seitenstechen / ein halb Quint darvon eingenommen.

§. 5.
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Obgemeldtem Luchsen-Stein kommet an der äusserlichen Figur und Außspitzung der so genandte Donner-Keil/ CERAUNIA oder LAPIS FULMINARIS etwas gleich / welches ein schwartzer / harter und sehr schwerer Stein ist / welcher gemeiniglich an dem Ort / wo sein AEquilibrium ist / ein Loch hat und entweder auch gespitzet / oder unten wie eine Art geschärffet ist / dahero er auch offters ein Donner-Art genennet wird / dieweilen der gemeine Mann nicht allein / sondern auch wohl die gelährteste Leut darvor halten und bestreiten wollen / es werde dieser Stein in den Wolcken gezeuget / und wann es einen harten Donnerschlag gebe / herunter auff die Erden geschossen; dahero sich auch viele unterstanden an den jenigen Orten / wo das Wetter eingeschlagen / viel Klaffter tieff unter die Erde zu graben / und solchen Douner-Keil auffzusuchen. Nun ist es zwar nicht ohne / daß die Acker-Leut offters dergleichen Steine auß der Erden hervorarbeiten und finden: Ob aber dieselbige in der Lufft gezeuget und mit dem Donnerschlag herunter geschossen würden? davon findet man weder bey den alten Naturkündigern / noch in der Natur selbsten gnugsame und zulängliche Gründe. Unter jenen hat der bekandte Arabische Medicus und Philosophus Avicenna diese Meynung zum erstenmahl auff die Bahn gebracht / welcher aber sehr viele abergläubige und [55] fabulöse Dinge lehret / und derowegen so blosser Dings nicht zu bestreiten ist. Die Natur selbsten zeiget viel ein anders / indem alle Effectus, so von dem Donnerschlag entstehen / ein viel subtilere Materie / worvon dieselbe herrühren / unter Augen legen / welche ohnmöglich von solchem dicken und groben Stein herfliessen können. Es ist männiglichen bekandt / wie so wunderliche / krause und subtile Ritze und Strieme das Wetter an einem Baum / in welchen es schläget / erwecke / wie sie Schlangenweiß in so subtilen Linien herumb lauffen / daß es kaum zu sehen ist: wie ein Degen in der Scheide davon schmeltze / daß es dieser nicht schade / und was dergleichen Dinge mehr sind / welche unmöglich von einem so dicken und groben Stein herkommen können. Ist derowegen der Warheit viel ähnlicher / daß diese so genandte Donner-Keile / gleich andern Steinen / in der Erden gezeuget / und durch spielen der Natur eine solche Form und Gestalt gewinnen.

§. 6.
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Der Unterscheid dieser Steine wird entweder von der Materie / worauß sie bestehen / genommen / da man in Ost-Indien auch Metallische Donner-Keil findet / deren Herr Rumphius in den Ost-Indianischen Send-Schreiben (welche im Anhang dieses Buchs zu finden/) wie auch in den Miscell. Cur. German. an einem Ort gedencket / welches desto ehe zu glauben / weilen auch in Teutschland dergleichen zuweilen gefunden werden / wie D. Crüger in Misc. German. Cur. Dec. 3. A. 8. erwiesen hat: Oder leitet man denselben von der äusserlichen Figur her / nach welcher einige wie Keil anzusehen: Andere wie ein Art: Andere wie ein Pflugschaar: Andere wie ein Hammer / welche Straalhämmer genennet werden: Andere wie ein Schlegel; welche doch alle so hart sind / daß man sie auch nicht feilen kan.

§. 7.
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Mit allen denselben Steinen werden grosse Aberglauben an Menschen und Viche von dem gemeinen Mann getrieben. Jene soll er von dem Donner und Wetter bewahren / wann er entweder in den Kleidern getragen / oder in dem Hauß gehalten wird. Diesen soll er die verlohrne Milch wiederbringen / wann man die Euter damit streichet / und was des Zeugs mehr ist / welches mich hier zu referiren verdriest. In der Artzney-Kunst aber ist dieser Stein nicht gäntzlich zu verwerffen / wann er zu Pulver gestossen und ein halb Quint davon eingenommen wird; wormit D. Michaël, ein Welt-berühmter Practicus zu Leipzig / zu seiner Zeit die Gelbsucht curirete; und hat man diese Krafft dem darinn verborgenen Schwefel zuzuschreiben / mit welchem er / wie alle Feuer-Steine (dessen er ein Art zu seyn scheinet) angefüllet ist / wie D. Ettmüller davon in Comment. ad Schroeder. pag. 802. zu lesen ist.

Das XXI. Capitel Von dem ???armor / Alabaster / Serpentin-Berg-blau und Lasur-Stein.
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Abbildung
|| [56]

§. I.
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DEr Marmor-Stein (MARMOR) ist ein harter und glatter Stein / von vielerley Couleur, nach deren Unterscheid derselbe mit verschiedenen Nahmen beleget wird / indem der weisse und weiche / Alabaster / der schwartze / Lapis Lydius, der rothe / Porphyrites, der grüne / Malakit, der grün-buntige Serpentin-Stein / andere anderst benahmset werden: Wird hin und wieder in Europa gegraben / und findet man denselben in der Graffschafft Idstein und Wißbaden in grosser Menge / von dannen er in Holland und anderstwo verführet wird.

§. 2.
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Was den weissen Marmor anlanget / so finden sich derselben unterschiedene Species, deren einige hart / als der so genandte LAPIS PARIUS, welcher von einem alten Künstler / so die Venus zum erstenmahl darauß gehauen / seinen Nahmen hat: einige aber sehr zart und weich sind / als der Alabaster oder ALABASTRUM, worauß nicht allein allerhand Geschirr und Haußrath gedrehet / sondern auch einige Artzneyen / als das bekandte Unguentum Alabastrinum gemachet werden; und wann er zu einem Kalck gebrenner und calciniret wird / so bekommet man den so genandten Spat oder Gypß / Lateinisch GYPSUM, wie in des Wormii, Mus. pag. 64. und auß demselben bey dem Dale pag. 87. zu sehen. Wiewohlen andere auch den geringeren Alabaster-Stein selbsten SPATUM oder GYPSUM heissen / wie bey dem Agricola und Christoph Entzeln / in Corpor. Jur. Metall. pag. 55. zu sehen ist; wie dann Graff Marsigli in seiner Epistel del Fosforo Minerale noch verschiedene Gypß-Steine erzehlet hat. Dieser Gypß nun dienet hauptsächlich zur Stockatur-Arbeit in Fürstlichen und andern vornehmen Gemächern / und wird auch von dem gemeinen Mann innerlich gegen die rothe Ruhr und andere Bauch-Flüsse mit Nutzen genommen / indem er die böse Säure versüsset / außtrucknet und stopffet / wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 797. zeiget. So dienet er auch gegen das Blut-Speyen / übermässiges Schwitzen und andere Gebrechen / wie obbelobter Marsig. l. c. schreibet.

§. 3.
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Zu dem schwartzen Marmor gehöret der bekandte Probier-Stein oder LAPIS LYDIUS, welcher zum erstenmahl auß Lydien gebracht / und deßwegen so genennet worden: dienet das Silber und Gold darauff gegen die Streich-Nadeln zu probiren / über welche man noch einen andern eisenfarbichten Marmor-Stein hat / so in länglichten Stücken und Stangen wächset / und der Meißnische Probier-Stein / Lateinisch BASALTES genennet wird / dessen Figur in des Boëtij de Boot Tr. de Lapid. pag. 497. zu sehen; gleichwie die Italiäner einen grünen Marmor / den sie VERDELLO nennen / an statt unsers Probir-Steins gebrauchen / worvon Wormius in Muse??? pag. 43. kan nachgesehen werden.

§. 4.
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Der rothe Marmor oder PORPHYRITES ist ein sehr harter Stein / welchem durch das Reiben nichts oder sehr wenig abgehet / weßwegen er auch zu denen Mörsern und Reibsteinen / worauff die Mahler ihre Farbe / und die Apothecker ihre praeparata klein reiben / angewendet wird / und siehet man in Italien viele kostbare Seulen davon / Vid. Boetius de Boot. l. c. p. 506.

§. 5.
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Zu dem grünen Marmor-Stein gehöret der so genandte MALACHITES, MOLOCHITES, LAPIS PAVONIUS oder MALAQUITTE, dessen Pomet in seiner Histoire des Drogues Part. 3. l. 3. pag. 100. und 104. gedencket / und bey denen Materialisten in unterschiedenen Sorten geführet wird; wiewohlen andere diesen Stein vor eine Art Jaspis halten: ist dunckel-grün / wie die Malva / daher er genennet / und wird nach den Adern die er führet unterschieden. Er wird gegen den Donnerschlag / Magen-Geschwär / schwere Geburt / Krampff und schwere Noth gerühmet / und kommet am Preiß dem Achat gleich / besiehe davon Boët. pag. 265. & Ettmüller. c. l. pag. 807.

§. 6.
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Unter denen bunten und von Natur gemahlten Marmor-Steinen sind die LAPIDES FLORENTINI oder die Florentinische Marmor-Steine wohl am schönsten / in welchen die Natur viel artige Figuren / als Bäume / Häusser / Städte und dergleichen abgebildet / wie in denen Figuren / so im Anfang dieses Capitels beygesetzet / zu sehen ist; dergleichen Steine auch auff dem Berg Sinai sollen gefunden werden / wie in des Worm. Mus p. 44. davon bericht zu hohlen ist: wer [57] den zu allerhand schönen Tafeln / Kästlein und Cabinetten emploiret. Doch sind diejenige Ertz-Steine / welche in verschiedenen Teutschen Berg-Wercken gefunden werden / und entweder die Figur gewisser Kräuter / als im Thüringer Ambt Schwartzwald / oder Fische / als zu Eißleben / führen / noch curioser / von welchen andersiwo soll gehandelt werden.

§. 7.
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Hieher gehöret auch der Serpentin-Stein oder OPHITES, welcher also wegen seiner Flecken / dergleichen auff den Schlangen-Häuten zu sehen sind / genennet worden: siehet sonsten grün auß / mit eben dergleichen / aber etwas dünckelen / Flecken bemahlet / und wird in Meisen häuffig gefunden / allwo man Krüge / Flaschen / Becher / Schüsseln / Schreckstein und andere Sachen darauß formiret / und von dar mit folgender Beschreibung hin und wieder verschicket und verhandelt: Warhafftiger Bericht / von der Krafft und Tugend des Edlen Serpentin-Steins. Seine Krafft und Tugend ist / daß er erwärmet und verzehret die Feuchtigkeit / zertheilet und vertreibet das Reissen / die Schmertzen des Leibes und aller Glieder Solche seine Tugend und Krafft beschreiben die hochgelährte und weitberühmte Naturkündiger / als Plinius lib. 36. cap. 7. Galenus lib. 9. cap. 7. Dioscorid. lib. 5. 119. Dieser Edle Serpentin-Stein leidet kein gifftiges Würmlein / wie dann umb und in den Stein-Brüchen kein gifftiger Wurm oder Ungeziffer ist gefunden oder gesehen worden. Er dienet auch für nachfolgende Gebrechen: Erstlich / wider die Colic / Bärmutter oder Hefeninutter. Zweytens / wider das Stechen in der Seiten. Drittens / wider das Reissen im Leibe. Vierdtens / wider einen bössen erkälteten Magen. Fünfftens / wer etwa einen bösen Trunck gethan / oder etwas undauliches gegessen hätte. Sechstens / lindert den Schmertzen des reissenden Steins. Zum Siebenden / lindert den Schmertzen des Podagra oder Zipperleins. Für solche Beschwerungen soll man beydes auß diesem edlen Serpentin-Stein trincken / auch denselben wärmen / und also warm auff die Brust / Seiten / Bauch oder wo der Schmertzen ist / legen sc. Ob er aber solches auß einer sonderlichen und eigenen Krafft / oder nicht vielmehr durch die äusserliche Wärme verrichte / lasse einen Vernünfftigen judiciren / und im übrigen einen jeden seine Waare loben. Das beste find die Grimmen-Steine / so darauß gemachet werden / welche in Cardialgia, Colic / Mutter-Schmertzen und dergleichen sehr gut thun.

§. 8.
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Damit man aber den farbichten Steinen zusammen abhelffe / so wollen wir in diesem Capitel auch des Armenier- und Lasursteins noch gedencken / zumahlen Ettmüller. l. c. pag. 797. solche vor eine Art Marmor hält. Jener wird LAPIS ARMENIUS oder der Armenier-Stein genennet / weilen er anfangs auß Armenien kommen / wird aber nunmehr in Tyrol und anderstwo auch gefunden. Es ist ein grün-blauer Stein (weßwegen er auch Teutsch Berg-blau und Frantzöisch Verdazur genennet wird) in der Grösse einer bleyernen Kugel / und ist hin und wieder mit kleinen gläntzenden Sand-Körnlein / gleich als mit Diamanten versetzt / wie er von Pomet. loc. cit. pag. 102. beschrieben wird. Er wächset offt nebst dem Chrysocolla oder Berg-grün / wie Boëtius pag. 293. in Acht nimbt / welcher ein Stück hat / worauff beyde Steine zugleich gewachsen sind. Dem Gebrauch nach hat er eine purgirende Krafft / und wird von den Arabern gegen die Melancholy / Wahnsucht und schwere Noth gelobet / dahero man auch die Pilulas de Lapide Armeno in vielen Apothecken findet. Allein Ettmüllerus loc. cit. hält dieses Mittel nicht unbillig vor suspect, zumahlen man andere und viel bessere in solchen Fällen hat. Dienet derohalben mehr zur Mahlerey / indem das so genandte COERULEUM MONTANUM oder Berg-blau darauß gemachet wird / nachdem der Stein gemahlen / gewaschen und also von dem Sand und kleinen Steinlein gesäubert wird darvon man vier Sorten / immer eine feiner als die andere / bey den Materialisten findet. Die beste / so am ersten abgenommen wird / muß hoch an der Farbe / fein und recht trucken seyn. Mit den übrigen wird das Berg-Grün offt verfälschet / welcher Betrug aber durch das blose Gefühl bald zu entdecken ist / wie Pomet l. c. zeiget.

§. 9.
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Mit diesem hat der Lasurstein oder LAPIS LAZULI eine grosse Gleichheit und Verwandtnus / welcher auch ein blauer / aber doch viel härterer und mit viel güldenen Täfelein und Strichlein gezierter Stein ist: wird in den Gold- und Kupffer-Bergwercken gefunden. Er kommet theils auß Orient / theils auß den Teutschen Bergwercken und wird derowegen in zwey Sorten / nemlich / den Orientalischen und Occidentalischen unterschieden. Jener behält seine Farbe in dem Feuer und wird derowegen Fixus genennet: dieser aber bestehet nicht im Feuer / sondern ver [58] wandelt seine Farbe in eine Grüne / weßwegen er non-Fixus genennet wird / wie bey dem Boëtio de Boot. pag. 275. und Ettmüllern in Comm. Schrœder. pag. 805. zu ersehen ist. Sonsten aber wird der schwereste und rechte Indigblaue vor den besten gehalten / absonderlich / wann er durchauß also / inwendig und außwendig / anzusehen ist / sintemahl ihm offt außwendig ein dunckele Farb mit Oehl gegeben wird. Viele halten auch den vor besser / welcher viel schöne güldene Adern hat: Allein Pomet zeiget in seinem Buch pag. 101. daß solcher vor den besten nicht passiren könne / weilen man befunden / daß er viel weniger Ultramarin gebe / als der recht blaue / ohne viel Adern; dann zu solcher Farb er am meisten dienet / indem er heut zu Tag in der Artzney-Kunst langsam gesuchet wird / ausser daß er unter die Conf. alkermes geschmissen / und im übrigen wie der Armenier-Stein gebrauchet wird.

§. 10.
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Was nun das jetztgemeldte ULTRAMARIN anlanget / so ist es die schöne und wegen seiner sehr mühsamen Zubereitung gar theure blaue Farb / welche von dem Lasur-Stein gemacht und also genennet wird / entweder weilen sie erstlich über Meer / in der Insul Eypro oder Engeland erfunden worden / oder weilen seine Farb viel blauer als das Meer scheinet: ist nichts anderst / als ein sehr zarter Schlich / welcher von dem calcinirten Orientalischen Lasur-Stein zubereitet / mit einem gewissen Pflaster abgefeimet und nachmahlen von diesen wieder abgewaschen wird / wie solches Boëtius de Boot. loc. cit. pag. 280. & seqq. weitläufftig beschrieben. Man hat unterschiedene Sorten davon / indem das jenige / so am ersten separiret wird / immer besser / als die folgende Pulver sind / derohalben bey dem Einkauff zuzusehen ist / daß es hoch an der Farb / wohl gestossen und præpariret sey / welches leicht zu sehen / wann man etwas davon unter die Zähne nimbt und versuchet / ob es sandicht sey oder nicht? Ob es aber verfälschet sey / kan man / wie oben zu sehen / durch das Feuer probiren / worinnen der gute seine Farb behält: wird zu Oehl-Farben und der Miniatur-Arbeit gebrauchet.

§. 11.
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Auß dem Teutschen / Occidentalischen und nicht Fixen Lasur-Stein wird eine andere dergleichen Farb / welche Asur-blau genennet wird / auff eine gleiche Manier zubereitet / welche aber nicht beständig ist / sondern / wie das Berg-blau / mit der Zeit grün wird. Doch mischen es die Mahler offt mit der vorigen. Vid. Boëtius loc. cit.

§. 12.
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Man hat auch noch ein andere dergleichen Farb / welche Esch-blau genennet / und auch auß einem gewissen Stein bereitet wird / deren Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 71. und Pomet loc. cit. pag. 103. gedencken: Muß schön zart / hoch an Couleur und recht trucken seyn / welches auch zur Mahlerey dienet.

Das XXII. Capitel Von dem Ballmey / Bein-Bruch / Bymsen- und Schwamm-Stein.
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Abbildung
|| [59]

§. 1.
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UNter den löcherichten und porosen Steinen wollen wir des Galmeyes oder LAPIDIS CALAMINARIS, am ersten gedencken / welches ein Ertzichter Stein ist / eines weiß-gelben oder röthlichten Ansehens und erdichten Geschmacks / und wird besser CADMIA NATIVA METALLI EXPERS (zum Unterscheid der Cadmiae metallicae oder Cobolts) genennet / weilen das Wort Calaminaris vor ein verdorben Latein gehalten wird / wie solches von D. Stahlen auß dem Caesalpinô in Disp. de Metallurg. pag. 72. erinnert worden.

§. 2.
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Es finden sich indessen zwey Sorten bey den Materialisten / davon die eine weiß-grau / dem grauen Bolo nicht ungleich / aber härter: Die andere aber röthlicht oder gelb / mit weissen Adern durchsäet ist / an welcher schwere / runde / und harte Körnlein / wie der Pfeffer zu finden sind: wird hin und wieder in Teutschland gefunden / obwohlen der beste von Achen über Cölln herauff kombt / welcher keinen Bleyglantz führet / da hergegen derjenige / so von Goßlar oder Westphalen kommet / einen dergleichen Bley-glantz bey sich hat / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 77. in Acht genommen hat. Sonsten aber wird auch ein Galmey in den Brenn-Oefen oder Schmeltz-Hütten gefunden / allwo man viel Spiauter und Bley schmeltzet / worvon sich solche Materia anhänget / und weilen sie dem Galmey gleich stehet nicht allein Cadmia factitia und Lap. Calaminaris factitius genennet / sondern auch das Kupffer dadurch zu Messing gemacht werden kan. Vid. c. l.

§. 3.
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Dem Gebrauch nach hat der Galmey eine außtruckende / anhaltend- und heilende Krafft / und wird derowegen der zuvor klein geriebene oder praeparirte Galmey nicht allein zu den Streu-Pulvern / wormit die kleine Kinder / wann sie wund seyn / oder auch diejenige so von vielem Reiten frat seyn worden / gestreuer werden / gebraucht / sondern er heilet auch alte Schäden und Wunden; weßwegen nicht allen die bekandte Salb auß Galmey / Weinessig und Baumöhle / sondern auch einige Pflaster / als das Zelten-Pflaster oder Empl. è lap. calam. darauß gemachet werden / wie in dem Schroedero und Zvvelfero nachzusehen. Notabel aber ist / daß wann der Galmey allein gebrauchet wird / die Narbe an den Wunden roth werde: Wann er aber mit Oehl oder Fett vermischt wird / so wird sie weiß / wie die andere Haut / welches Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 801. in Acht genommen. Sonsten wird sehr viel zu dem Messing verthan / worvon anderstwo gehandelt wird.

§. 4.
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Gleich wie nun jetztgemeldter Stein äusserlich eine vortreffliche Krafft zu heilen hat / also gibt demselben der so genandte Bruch-Stein/ Stein-Bruch oder OSTEOCOLLA innerlich wenig nach / welches ein weisser oder grauer und weicher Stein ist / in gestalt eines Beines / worvon er den Nahmen hat: wird hin und wieder in Thüringen / Schlesten / absonderlich aber im Darmstädter Land / auff der Bergstraß / biß nach Heidelberg und Speier / wie auch in der Wetterau umb Butzbach und Friedberg in grosser Menge gefunden / allwo er in den holen Wegen gleichsam Glumben-weis auß den hohen lättichten Rainen quillet und zu Stein wird / wie ich offt gesehen hab; und hält derowegen Worminus in Mus. pag. 53. nicht ohne Ursach dafür / daß es ein Species Margae seye / welche also auß der Erden dringe und zu einem Stein erhärte.

§. 5.
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Dieser Stein hat eine sehr wunderliche und heilende Krafft / wann man ein Bein / Rippe und dergleichen gebrochen hat / so gar / daß der berühmte Tackenius einsmahlen Doct. Ettmüllern Seel. erzehlet / daß er einen Schiffer zu Venedig / welcher von dem Mastkorbe gefallen und zwey Rippe zerbrochen / mit diesem Stein allein cutiret habe. Ja Hildanus meldet in seinem Chir. Obs. C. 1. Obs. 91. daß so ein junger Mensch dessen zu viel einnehme / der callus an den gebrochenen Enden gar zu dick und ungestalt wachse. Andere als Timaeus à Güldenklee rühmen ihn auch in dem weissen, Fluß der Weiber. Gegen die Wechsel-Fieber und dergleichen wird davon ???j. oder auch ??? auff einmahl gegeben. Ein gewisser Bauer hier zu Land curiret auch daß Vieh darmit / wann es ein Bein vertretten / gebrochen oder sonsten einen Schaden hat.

§. 6.
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Unter den porosen und zugleich leichten Steinen ist der PUMEX oder Bymstein sehr gemein / welches ein Spongioser / durchlöcherter und gleichsam von Natur calcinirter Stein ist; weßwegen er entweder von den Feuerspeyenden Bergen / als AEtna und Vesuvio außgeworffen wird / wie Boccone aux Recherches Nat. pag. 54. gedencket; oder wird an den je [60] nigen Orthen / worumb es warme Bäder gibt / als umb Coblentz ohnweit dem Embser Bad / gefunden / indem das unter-irrdische Feuer solchen calciniret und also leicht brennet / daß / wann er durch Uberschwemmungen und andere Wege in das Meer gebracht wird / er allda schwimmend getrieben und an daß Ufer / wo man ihn auch findet / auß geworffen wird / von welchem er seinen saltzichten Geschmack entlehnet / dergleichen man offters an ihm spüret.

§. 7.
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Man hat dessen zweyerley Sorten in denen Material-Kammern / nehmlich den gemeinen grauen und den weissen Venetianischen / welcher inwendig gläntzet und viel zarter als der ander ist. Beyde sind von unterschiedenen Formen und Gestalten / nehmlich rund oder plat / klein oder groß / darvon die grossen und zugleich leichte vor die beste gehalten werden / absonderlich von den Pergament-Machern / welche eine grosse Quantität darvon verthun; da hergegen die Kannengiesser die kleine suchen / weilen sie solche doch zu Pulver stosen müssen; und weilen auch die Weißgärber und Löber die abgedeckte / und die Bader die lebendige Häute damit zureiben pflegen / so ist fast kein Stein oder Simplex, das in so grosser Menge abgehet / als der Bimsenstein / wie Pomet in seiner Histoire des Drognes Part. 3. Lib. 4. pag. 108. gestehet.

§. 8.
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In der Artzney wird der Bymstein innerlich gegen die Kröpffe im abnehmendem Liecht genommen. Die Söffer nehmen ihn auch gegen die Trunckenheit / welches doch lächerlich und aberglaubisch ist. Am meisten wird er äusserlich zu den Zahn-Pulvern gebraucht / wann er zuvor gebrandt und in Milch oder Wein etlichmahl abgelöschet wird; dahero man den Pumicem ustum oder gebrandten Bymstein auch in den Apothecken findet. Man kan ihn aber auch ohne solchen Ceremonien entweder allein / oder mit Corallen und dergleichen zu einem Zahn-Pulver machen und gebrauchen / welches den Weinstein an den Zähnen wegnimbt und alle Säuer daran tödtet.

§. 9.
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Ein dergleichen leichter Stein wird in den Bad-Schwämmen gefunden / welcher dahero LAPIS SPONGIAE oder Schwamm-Stein genennet wird: Ist ein poroser und zerreiblicher kleiner Stein / wie eine Mandel anzusehen / entweder grau oder weiß; welcher gleichfals innerlich gegen die Kröpffe / wie auch gegen den Stein gebrauchet wird / dahero ihn auch einige CYSTEOLITHUM nennen / wie bey dem Boëtio de Boot Tr. de Lap. ac Gemm. pag. 408. zu sehen: kombt unter die Liq. Nephriticos. Andere geben ihn auch gegen die Spulwürme der kleinen Kindern / wie Pomet c. l. Part. l. Lib. V. pag. 165. bezeuget.

§. 10.
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Hier muß dem gelahrten und curiosen Leser zu gefallen noch eines / bey uns noch gantz unbekandten / doch aber sehr nutzbahren Steines gedencken / welcher auch eine Art eines Stein-Schwammes seyn und in West-Indien / an etlichen Orten des Mexicanischen Meer-Busems gefunden werden soll; und weilen man das gemeine Wasser dadurch gleichsam filtriren und von allen Unteinigkeiten reinigen kan / so wird er in Franckreich und anderstwo FILTRUM, wie auch LAPIS MEXICANUS genennet / dessen Natur und Gebrauch auß folgender Beschreibung / welche mir von Mons. Schatz, einem geschickten und curieusen Advocaten von Straßburg / (dessen darinnen gedacht wird) selbsten im Frantzdischen also communiciret / und von mir nicht allein in einer absonderlichen Disput. De Filtro Lapide abgehandelt / sondern auch andern der Lateinischen und Frantzöischen Sprach unkündigen also verteutschet worden:

Memoire
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Sur le Filtre, ou Pierre de Mexique, curieuse & extraordinaire pour sa grosseur.
IL croist naturellement dans quelques endroits du Golfe de Mexique une espece de champignon medicinal, a environ cent brasses de profondeur sous l'eau, sur la roche vive, lequel se petrifie par luy mesque à l'air, dont les Espagnols d' Ametique transportent a grands frais les plus grosses pieces jusqu'a la mer du Sud, d'ou ils les embarquent pour le Jappois, ou ces sortes de

Beschreibung Eines Mexicanischen Steins / FILTRUM genandt / so wegen seiner Grösse und Dick sehr rar und curioß ist.
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ES wächst an etlichen Orten des Mexicanischen Meer-Busems / ohngefehr 100. Claffter unter dem Wasser / an den Felsen / von Natur eine Art Schwämme / zur Artzney nicht undienlich / welche von sich selbsten in der Lufft erharten und zu Stein werden: deren gröste Stücke von den Spaniern / nicht ohne grosse Unkosten / auß America an das Suder-See gebracht / und von dar nach Japponien in Schiffen geführet werden/
|| [61]

pietres, sur tout lors qu'elles sont grosses, sont tres estimées & se vendent au poid de l'or, parce qu'ils estiment, que l'impression de ce Cham pignon petrifié sert a la longue vie.
Les Japponois le font creuser en forme des pots ou des mortiers, pour pouvoir contenir les liqueurs & particulierement l'eau pour boire, dont ils sont grands amateurs.
L'eau commune se filtre & passe au travers de cette pierre poreuse & quelque claire qu'elle paroisse, lors qu'on la met dans ce filtre, elle y depose toujours une quantité de faisses imperceptibles, au point qu'elle devient sensiblement plus legere & par consequent plus pure, meilleure & plus propre à la santé, puisque l'eau, n'estant de soy qu'un air condensé, de mésme que l'air etant une eau rarifiée, il est de bons sens de conclure, que la bonne eau, qu'on boit à l'ordinaire, fait le même effet, que le bon air, qu'onrespire.
C'est pour cela, que ces Insulaires, (qui ne scavent ce que c'est que gravelle, ny maux des reins dans leur pays & qui preferent leurs santé a tous les autres biens de la vie,) principalement les Princes, les Mandarins & les autres Gens de qualité ont dans leurs maisons des armoires ou bufets, faits expres, dans lequels ils tiennent enfermez ces filtres sur des trespieds propres, ou passe continuellement l'eau pour leur usage personnel, dont ils ne confient la clef à personne, pas mésme à leurs femmes, ny à leurs enfants. Ils disent vulgairement, que c'est leur tresor. Ce qu'il y a de certain, est que cette eau, ainsi depurée, conserve sans glace beaucoup plus long temps sa fraicheur naturelle & quelle ne se corrompt plus quelque long temp, qu'on la puisse garder.
Il est à remarquer, que les Grands Seigneurs Espagnols ne reviennent presque sans rapporter avec eux en Europe, ou pour leurs usages particuliers, ou pour donner a leurs amis (qui est selon eux un present magnifique,) quelquunes de ces pierres de Mexique, dont le plus grosses ne contiennent guere, que cinq ou six pintes d'eau, tout au plus, parce qu'en effet les plus grandes pieces sont, comme il est marqué cy dessus, pour le commerce du Jappon & de la Chine, qui leur est tres avantageux, par le grand profit, qu'ils font sur ces pierres, lors qu'elles sont fort grosses.
A Cadix, à Seville & à Madrid même il y a des Seigners, qui ont chez Soy deux ou trois de ces filtres proprement agencées l'un sur l'autre:
allwo diese Art Steine / absonderlich / wann sie groß und dick sind / sehr hoch gehalten und dem Gold gleich verkauffet werden / indem sie der gäntzlichen Meynung sind / daß diese zu Stein gewordene Schwämme eine Krefft das Leben zu verlängern empfangen hätten.
Die Japponenser aber lassen dieselbige wie Töpffen oder Mörser formiren / daß man allerhand Liquores, absonderlich das gemeine Wasser / so man trincket / darein schütten könne / von welchem letztern sie grosse Liebhaber sind.
So klar nun das Wasser auch scheine / so wird es doch immer etwas unreines und gleichsam gantz unsichtbahre Häfen zurück lassen / nachdem es sich durch die enge Löchlein und poros dieses Steines gezwungen und filtriret hat; da es dann endlich ein merckliches leichter und folglich viel reiner / besser und zur Gesundheit viel dienlicher wird / indem das Wasser an sich selbsten nichts anderst / als eine zusammen geronnene Lufft / und die Lufft nichts anderst / als ein dünn gemachtes und außgetheiltes Wasser ist / und dahero leicht zu schliessen / daß das Wasser / so man täglich trincket / eben solche Würckung thue als die Lufft selbsten / so man durch das Athemholen schöpffet.
Dieses ist die Ursach / warumb die Einwohner dieser Insulen / (welche in ihrem Land weder von dem Stein / noch anderer Nieren-Gebrechen ichtwas wissen / auch ihre Gesundheit allen andern Gütern des Lebens weit vorziehen) absonderlich ihre Könige / Mandarins und andere Stands-Personen / eigene und hierzu allein gemachte Schräncke und Thresuren in ihren Häussern haben / worinnen sie diese Filter-Steine auff artlichen Dreyfüssen verwahren / wodurch sich das Wasser / so sie brauchen / stetigs läutert und durchseyhet / worzu sie keinem Menschen / ja auch ihren eigenen Weibern nicht die Schlüssel anvertrauen sollen. Sie sagen insgemein / daß dieses ihr bester Schatz seye. Dieses ist gewiß / daß das Wasser / so also gereiniget und filtriret worden / ohne Eiß viel länger frisch und natürlich kalt verbleibe / auch sich viel länger als andere Wasser halten lasse.
Merckwürdig ist / daß auch die vornehmste von den Spaniern fast niemahlen wieder in Europa kommen / das sie nicht etliche dieser Steine / entweder zu ihrem eigenen Nutzen / oder ihre Freunde (indem sie es vor ein kostbahr Präsent halten) zu verehren mit sich solten bringen / von welchen die grösten doch zum höchsten über fünff / biß sechs / Schoppen Wasser nicht halten / weilen die gröste Stücke davon / wie schon oben gemeldt ist worden / in Japponien und China verhandelt werden / allwo sie sehr g. ossen Profit darvon ziehen / absonderlich / wann sie sehr dick und groß sind.
Zu Cadix / Seville und zu Madrid selbsten gibt es vornehme Herren / welche zwey oder drey dergleichen Filter-Steine besitzen / so gar genau
|| [62]

Mais ils conviennent tous, qu' une seule de ces plus grosses pierres de Mexique seroit de beaucoup preferable en sa qualité naturelle, en ce, quelle fait sensiblement un tout autre effet pour la santé, ce qui se peut aisement verifier par le moyen du Pese-liqueures.
Une Personne, qui vouloit se menager de la faveur aupres de Feu Monsieur de Louvois (qui aymoit passionnement la bonne eau) ayant cru, ne pouvoir rien presenter à ce Ministre, qui luy fut plus considerable, ny pust mieux convenir à un Sur-Intendant General des Bastiments du Roy, qu'une pierre ainsi pretieuse pour la santé, a fait la depense d' en faire achepter une d'une grosseur enorme en ce genre, puis qu'elle contient environ quatre seaux; mais comme ce Ministre s'est trouvé mort à arrivée de cette pierre, la personne la voudroit bien faire passer à quelque Grand Seigneur d' Allemagne, qui eut assez de soin de sa santé, pour en faire la depence; pour cela elle offre de la faire venir à Strasbourg, pour la mettre a Mon. Schaz, son particulier Amy, lequel en pourra disposer ainsi, qu'il jugera à propos, soit pour la presenter à quelque Prince, ou pour en faire tel autre usage, qu' il luy plaira, êtant certain, qu' il n' en est par encor venue en Europe de la grosseur de celle, dont il s'agit & par consequent de plus considerable & si pretieuse.
Le Pere de Martel, Jesuite, fameux Autheur, a fait imprimer à Blois une Dissertation sur la qualité de cette pierre de Mexique & sur les vertus, qu' il dit avoir soigneusement examinées sur une de cette pierres de mediocre grandeur, qu'il avoit recovrée.
auff einander schliessen. Unterdessen sind sie alle hierinn einig / daß ein einiger von diesen Mexicanischen Steinen / so recht dick ist / allen anderen vorzuziehen sey / weilen er von besserem Effect und Qualitäten ist / und ein merckliches mehr zur Gesundheit contribuire; welches vermittelst eines Wasser-Wägers leichtlich unter Augen zu legen ist.
Ein gewisse Person / welche des Monsieur de Louvois (so ein gut Wasser über die Massen sehr liebete) Gunst und Gewogenheit zu gewinnen suchte und sich flattirte / daß er diesem Minister nichts angenehmers anbieten / auch einem solchem General-Intendant der Königlichen Gebäuen nichts würdigers seye / als ein solcher kostbahrer und zur Gesundheit dienlicher Stein / hat deßwegen keine Kosten gesparet einen dergleichen von einer ungemeinen und sehr grossen Dicke einzuhandeln / indem er ohngefehr vier Eymer in sich hält. Weilen aber dieser Minister bey Uberkunfft dieses Steines schon todtes verblichen / als möchte erwehnte Person solchen wohl einem hohen Haupt in Teutschland / so vor seine Gesundheit sorgete / gönnen; weßhalben sie sich erbotten solchen nach Straßburg an Hr. Schatzen / als einem ihm vertrauten Freund zu übermachen / welcher darmit nach Belieben und wie es ihn am besten zu seyn düncket / verfahren und entweder einem Fürsten und Herru unterthänigst praesentiren / oder sonsten emploiren kan; anbey gewiß versicherende / daß noch kein dergleicher Stein / von solcher Dicke und Grösse / in Europam kommen / auch dieser deßhalben vor den kostbahrsten und merckwürdigsten zu halten sey.
Sonsten hat P. de Martel, ein Jesuit und berühmter Scribent, zu Blois einen eigenen Tractat von der Krafft und Tugend dieses Mexicanischen Steines trucken lassen / als welche er selbsten an einem von mittelmäßiger Grösse (wie er zu bekommen gewesen) untersuchet und erfahren hat.
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Das XXIII. Capitel Von dem Mutter-Adler- und Krotten-Stein.
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Hysterolithus albicans Abbildung

§. 1.
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VNter andern natürlichen Cörpern / welche sich in unserem Hessen-Land befinden / ist der noch wenigen bekandte Mutter-Stein oder HYSTEROLITHOS nicht der geringste / welches ein schwartzer / bißweilen auch weiß und gleichsam verrosteter Stein ist / in der Grösse einer Welschen Nuß / auff der einen Seiten rund gewelbet / auff der andern Seiten / wie die äussere Geburts-Glieder der Weiber anzusehen / weßwegen er von Cardano Hysteropetra oder Lapis Hystericus genennet wird; und weilen zuweilen unter voriger Figur auch das männliche Glied daran zu sehen (wie solches Wormius in seinem Mus. p. 84. an den von D. Horsten ihme zugesendeten Steinen unter Augen geleget hat) so kan man ihn mit Recht auch vor den DIPHYEN halten / dessen Plinius lib. 37. c. 10. gedencket. Er wird umb das Fürstl. Hessen-Darmstädtische Schloß zu Braubach / wie auch umb die Vestung Ehrenbreitstein / bey Cobolentz / gefunden / wie Gesnerus an einem Ort erwehnet hat.

§. 2.
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Von seinem Gebrauch findet man noch wenig bey denen Scribenten, ausser daß obgemeldter D. Horstius, weyland Hochfürstl. Hessen-Darmstädtischer Leib-Medicus, auß der äusserlichen Signatur schliesset / daß er gegen die Mutter-Schwachheit und deren Erstickung gut seye / auch wann etwa den Männern die Mannheit und deren Ehe-Weibern die Fruchtbarkeit durch Hexerey benommen worden / dargegen helffen möchte / zumahlen auch die Heyden vor diesem den Priapum an statt eines Amulets angehänget haben. Ja er glaubet auch / daß wann dieser Stein an Händen angehänget werde / derselbige Venerem in beyderley Geschlecht erwecken könne / worvon Wormius c. l. pag. 84. zu sehen ist.

§. 3.
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Solte nun dieser Stein oder dessen Antitypus etwas gutes gewürcket haben / so ist billich / daß man den guten Weiblein noch einen andern Stein in Garten werffe / womit sie die schwere Geburts-Arbeit erleichtern können / welches insgemein Adler-Stein / sonsten LAPIS AETITES genandt / zugeschrieben wird. Dieser aber ist ein brauner oder grauer und äusserlich rauer Stein / insgemein länglicht rund / von unterschiedlichet Grösse / welcher in seiner inwendigen Höhle noch einen andern Stein in sich hält / und dahero / wann er beweget wird / klappern thut; weßwegen er auch von andern der Klapper-Stein genennet worden: findet sich hin und wieder auff den Aeckern / Bergen und an den Flüssen / allwo er auch wächset / mit nichten aber in den Adlers-Nestern / wie der gemeine Mann davor gehalten / auch deßwegen diesem Stein solchen Nahmen gegeben / weilen der Adler durch dessen Beyhülff besser hecken solle.

§. 4.
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Von diesem Stein findet man viele unterschiedene Arten / indem einige sehr groß / einige mittelmässig / einige (als wie der Orientalische) kleiner sind: einige sind weiß: einige röthlicht [64] braun: einige sind grau / einige rauh und sandicht. Der vornehmste Unterscheid aber wird von den inneren Dingen und contentis genommen / in Ansehen deren man dreyerley Adler-Stein findet: Als erstlich denjenigen / welcher einen andern Stein / Callimus genennet / in sich hat / deme vor andern der Nahme Aëtites gegeben wird. Zweytens / einen andern / welcher an statt des Steines Sand oder Erde in sich hat / und GEODES genennet wird. Drittens / noch einen andern / welcher Wasser in sich hält und HYDROTITES heisset / wie davon Boëtius de Boot. Tract. de Gem. & Lap. pag. 380. & seqq. zu sehen ist. Uber welche Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 796. eines andern gedencket / so wie Violen riechet und LAPIS VIOLACEUS genennet wird.

§. 5.
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Seinen Nutzen und Gebrauch belangend / so wird insgemein darvon gesagt / daß wann ein schwangere Frau diesen Stein an den Arm binde / er eine zu frühe Geburt oder Abortum verhindere: hergegen an dem dicken Fleisch über dem Kuie die Geburt beschleunige / auch selbige so starck anziehe / daß / wann er nachgehends nicht bald hinweggethan werde / die Gebär-Mutter herabgerissen und zugleich außgetrieben werde. Weilen aber dieses letztere allen / so in der Anatomie erfahren und jemahlen gesehen / wie fest die Gebär-Mutter mit ihren Banden angebunden sey / ohnmöglich scheinet / so macht dieses den gantzen Handel verdächtig / daß andere fast alles vor Aberglauben halten / wie Sam. Dale auß dem Ammanno p. 89. Mineralog zeiget; es seye dann / daß durch das blosse anrühren und drucken er etwas contribuiren könne. Viel weniger ist zu glauben / daß wanner unter den Teller geleget werde / dadurch verhindert würde / daß man keine vergifftete Speise geniesse. Am allerwenigsten aber / daß wann man solchen unter das Brod mische / die Diebe / (welche solches nicht sollen schlucken können) dadurch entdecket werden könten / wie von solchem Aëtitico Pane und der Griechen Aberglauben Hoffmannus in Clav. Schroed. pag. 172. weitläufftig gehandelt hat. Besser ists / wann man entweder den Stein zu Pulver stosset und so wohl in-als äusserlich gegen die schwere Noth gebrauchet; auff welche Art er auch die Geburt befördern und die Milch vermehren kan. So ist auch die inwendige Erd gegen die Pestilentialische Fieber wohl so gut / als ein Siegel-Erde / und dienet auch gegen die jenige rothe Ruhr / wo ein ansteckend- und hitziges Fieber darbey ist: Wie von diesen und noch vielen andern Tugenden dieses Steines der seel. D. Bauschius, ehemahliger Praeses der curiosen Teutschen / in einem besondern Tractat de Lap. Haemat. & Aëtite weitläufftig handelt / dessen contenta im Frantzöischen Tag-Register (Journal des Sçavans) Anno 1666. Eph. XXXVI. und in meiner Historiâ Literar. S. R. I. Acad. Nat. Curios. zu finden sind.

§. 6.
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Was ferner vor aberglaubische Meynungen von dem so genandten Krotten-Stein / BATRACHITE oder LAPIDE BUFONINO, hin und wieder geheget worden / wie er nemlich entweder im Gehirn der alten Kröten gezeuget / oder auff den König der Kröten von andern gespien / nachmahlen aber von solchem / wann er auff ein roth Tuch gesetzet werde / außgeworffen würde / ist männiglichen bekandt und erzehlet alles auß den alten Naturkündigern vor andern Hoffmannus in Clav. Schroed. p. 646. gar schön: daß aber solches falsch und ohne Grund sey / zeiget Boëtius l. c. pag. 301. welcher selbsten eine Krotte auff rothen Scharlach gesetzet / aber nichts weniger als solchen Stein bekommen hat; weßwegen derselbe mit den heutigen Naturkündigern davor hält / daß diese Steinlein / wie andere Edelgesteine auß der Erden kommen / und gleichsam wie Schwämmlein an andern Steinen und Felsen wachsen / als Wormius in Mus. lib. 2. c. 18. pag. 107. schreibet: wiewohlen Merret, ein berühmter Engeländer / in Act. Soc. Angl. Vol. 1. pag. 301. behaupten will / daß solche nichts anderst / als die Backen-Zähne von dem See-Wolff oder Lupo Marino seyen / wie dessen Worte selbsten in des Sam. Dale Zoologia pag. 513. zu lesen sind.

§. 7.
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Man findet deren zweyerley Arten / eine rund / die andere länglicht-rund oder oval-förmige. Beyde sind gelb-braun / wie Haar-Farb / oben gewelbt und glatt / unten aber entweder etwas hohl / oder platt / wie auß den obigen Figuren zu ersehen ist. Sie werden wie andere Edelgesteine in Gold und Ringe eingefasset / und nachdem sie einen Liebhaber finden / bezahlet / indem sie an sich selbsten nicht kostdahr sind. Vid. cit. Boëtius.

§. 8.
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Was die Qualitäten solcher Steinlein anlanget / so will man sie sonderlich gegen dië Bien- und Wespen-Stich rühmen / dabey sie alle Inflammation und Entzündung verhüten sollen / wann sie nur darauff gehalten werden / welches auch wohl ein Messer oder sonsten was hartes praestiret. Daß er aber schwitzen und gleichsam weinen solle / wann ihm Gifft zu nahe kommet / ist ziemlich abergläubisch und fundiret sich in obiger falschen Meynung von deren Ursprung. Andere rühmen ihn gegen die Stein-Schmertzen / wie auch gegen die Wasser-Sucht / worvon Ettmüllerus in seinen Anmerckungen über des Schroeders Pharmacopoeiam Medico-Chym. pag. m. 772. zu lesen.
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Das XXIV. Capitel Von den Natter-Zünglein und andern figurirten Steinen.
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Abbildung

§. 1.
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DIe Natter-Zünglein oder GLOSSOPETRAE sind dreyeckicht-zugespitzte Aschen-farbichte Steine / oben glatt und unten mit einem rauhen Satz versehen / so am meisten in der Insul Maltha gefunden und deßwegen von denen gelährten Linguae Melitenses oder Malthesische Otter-Zungen / von den Teutschen aber Stein-Zungen genandt worden / obwolen sie mehr der Zungen einer Alster oder Azel / als Schlangen-Zungen gleich sehen / indem bekandt / daß die Nattern und Schlangen keine breite und einfache / wie diese / sondern sehr spitzige und gespaltene Zungen haben. So findet man auch dergleichen anderstwo / und in Teutschland / umb Lüneburg und Hildesheim / in Ungaren und in der Schweiß / wie nicht allein Lachmundus in Hildesheimensi, sondern auch Reiskius in einem besondern Tractat de Glossopetr. Lunaeburg. Geierus de Glossopetris Alzeiensibus und Misc. Germ. Cur. Dec. II. A. VIII. p. 303. lehren.

§. 2.
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Beydes nun machet gleich Anfangs dem gemeinen Wahn einen grossen Verdacht / in welchem diejenige stecken / welche diese so genandte Malthesische Natter-Zünglein vor rechte und in Stein verwandelte Schlangen-Zungen halten / welches man demjenigen Wunder-Werck / so der Apostel Paulus / als er die Otter / so ihm an die Hand geschossen / ohne Schaden von sich geschlenckert / zuschreiben und zugleich vorgeben will / es wäre dazumahlen allen Schlangen in dieser Insul das Gifft genommen / als wann sie gleichsam zu Steine verwandelt wären / wie nicht allein die Einwohner solches in Italiänischen und Frantzöischen Zettuln und Beschreibungen / (dergleichen Herr Niederstet in seinem alt- und neuen Maltha, und auß demselben Reiskius von den Lüneburgischen Otter-Zungen wiederhohlet /) sondern auch einige vornehme Theologi, als Cornelius à Lapide in Comm. ad Acta, Sam. Bochartus in Hieroz. und andere fast glauben wollen. Allein / weilen die H. Schrifft hiervon nichts bezeuget / auch keine Folgerung machet: Paulus hat eine Schlange vom Finger geschleudert / deßhalben hat er alle Schlangen verflucht / deßhalben sind sie zu Stein worden sc. wie Herr D. Major in seiner Vorstellung etlicher Kunst- und Naturalien-Kammern in Africa und an Gräntzen Euro [66] pae, Cap. IX. zeiget / so kan man diesem Vorgeben so blosser dings keinen Glauben zu stellen.

§. 3.
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Andere / als Gesnerus, Boëtius, Königius in regno animali &c. halten dar für / daß diese Natter-Zungen von der spielenden Natur / gleich dem gegrabenen Einhorn / auß einer fetten Bolarischen Erden gezeuget / und entweder in Gestalt dieser Zungen oder Schlangen-Augen / dergleichen in obangeregter Insul Maltha und anderstwo auch gefunden werden / gebildet würden: wie sie dann auch eine gleiche Gifft-treibende Krafft mit der Malthesischen Siegel-Erden haben. Ja es sind einige welche mit dem Plinio diese Stein mit dem Donner-Keil vermischen und dafür halten / daß sie endlich dieses letzten Gestalt gewinnen / wie Boëtius de Boot. in seiner Historie von den Edelgesteinen solches p. 341. bezeuget. Nun ist zwar nicht ohne / daß man dieje so genandte Zungen / gleich wie andere Steine / zum öfftern in ihrer Mutter und Erden fest sitzend antreffe / wie solche nicht allein Thom. Barthol. in der Insul Maltha gefunden zu haben / im vierten Hundert seiner Historien bezeuget / sonder auch D. Major an oben-angeführtem Ort abmahlet. Allein / dieser Meynung stehet entgegen / daß die Schlangen-Zungen / so man sie durchs Feur probiret / gleich andern Beinen / zuvor zu einer Kohlen werden / ehe sie in Kalck oder Aschen zerfallen: da hergegen alle Steine niemahlen zu Kohlen / sondern so bald in Kalck verwandelt werden / wie solches Fabius Columna in seinem Buch de Purpura, wie auch obbelobter D. Major in seinen Anmerckungen über dasselbige observiren.

§. 4.
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Weßwegen andere curiose und sehr gelährte Naturkündiger / als Andr. Caesalpinus lib. 1. de Metal. c. 44. Fabius Columna im Anhang seines Buchs de Purpurâ, Steno in Anat. Pisc. Carch. und andere auß vielen Ursachen dafür halten / daß diese so genandte Zungen nichts anderst / als gewisse und in Steine verwandelte Zähne seyen / welche von einem Fische oder See-Hund / Carchatia genandt / herrühren / und entweder zur Zeit der Sünd-Flut oder durch andere grosse Uberschwemmungen in die Welt außgestreuet / auch in der Erde gleichsam zu Stein worden seyen; wie dann gleich bey dem ersten Anblick der Figur dieses Fisches / so wohl vierhundert Zähne im Munde hat / und von einem berühmten und curiosen Edelman in Sicilien / Nahmens Boccone, aux Recherches & Observations Naturelles pag. 314. unter Augen gestellet worden / eine sehr grosse Gleichheit unter dessen Zähnen und den Natter-Zünglein verspüret wird / so gar / daß Wormius in seiner Kunst- und Naturalien-Kammer pag. 67. solches zwar nicht zu verneinen getrauet / doch aber der vorigen Meynung nicht gäntzlich gute Nacht zu geben / einige Natter-Zungen auß der Erden / etliche aber von solchen Zähnen herleitet. Und obgleich dieser Meynung einige Schwürigkeiten in Weg zu stehen scheinen möchten / so hat doch obgemeldter Columna und nebst ihm Hr. Bocconius in oben angeführten Orten alle schon gehoben und mit solchen Gründen widerleget / daß auch Hr. Reiskius im Anhang seines Tract. von den Lüneburgischen Natter-Zungen über allen angewandten Fleiß solchen noch nicht gnug thun können.

§. 5.
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Ob schon aber diese Steine nicht theur / sondern (wie Boëtius pag. 342. loc. cit. bezeuget) noch gutes Kauffes sind / so muß man doch zusehen / daß man sie ohnverfälscher bekomme. Die beste sind die Malthäsische / und zwar die Aschen-farbichte / wie Joh. Frid. Abela, so von Hr. D. Hoffmann in seinen Anmerckungen über den Schroeder. pag. 131. angezogen wird / lehret. Sie müssen auch fein glatt und mürb seyn / nicht hart / sonder daß man sie / wie gebrant Helffen-Bein / mit den Zähnen zermahlen könne. Andere Zeichen der Güte haben wir oben schon gedacht.

§. 6.
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Ihre Krafft und Nutzen belangend / so erhellet derselbige auß obgedachten Italiänischen und Frantzöischen Zettuln / so man bey Verkauffung der Natter-Zungen mit gibt / und von offt-berühmtem Wormio in seiner Naturalien-Kammer am siebenden Blat Lateinisch gegeben worden / welche nebenst dem Teutschen hier angefüget sind: Vires Lapidis S. Pauli, Linguarum, item: Oculorum Serpentum pretiosorum, qui in Jnsula Melitâ reperiuntur:
TErra quae S. Pauli vocatur, in Insula Melita reperta, in ipsa Specu D. Pauli, colore albo est, exque ea fiunt imagines, tabellae, vasa &c.
Linguae coloris sunt fusci, Oculi Serpentum lutei, atque per totam Insulam inveniuntur eâ, qua venduntur forma. Krafft und Tugend des Steins S. Pauli / Schlangen-Zungen und kostbahren Natter-Augen / so in der Insul Maltha gefunden werden:
DIe von S. Paulo benahmte und in der Insul Maltha / in S. Pauli Höhl gefundene Erde ist weiß / und werden darauß Bilder / Täfelein etc. gemacht
Die Zungen sind braun: die Schlangen-Augen gelb / und werden durch die gantze Insul also / wie sie zu Kauffe sind / gefunden.
|| [67]

Mirae sunt virtutes tam Terrae, quàm Linguarum & Oculorum, dum omni veneno resistunt, à morsibus venenatis non solùm defendunt, sed & curant, aliisque morbis medentur.
Usus hic est: Annulis includuntur Oculi dicti, ita ut gestantis tangant carnem & instar aliarum gemmarum digitis sint ornamento.
Linguas collo aut brachiis appendunt.
Parum dictae terrae vino aut aquae miscent, ut bibatur.
Linguas & Oculos itidem aquae aut vino infundunt, ut ebibatur liquor.
Vasis ex hâc terra fabricatis si vinum vel aqua infundatur, ac ubi vim eorum absorpserunt, ebibantur, multis affectibus medebuntur.
Sed ante omnia attendendum, ut dictae Linguae & Oculi sint veri, ex Melita per fide dignos transportati, ne fraus aliqua contingat.
Die Erde so wohl / als die Zungen und Augen haben recht wundersame Kräffren / indent sie allem Gifft widerstehen / von gifftigen Bissen nicht allein bewahren / sondern selbige auch curiren und viele andere Kranck heiten heilen.
Sie werden also gebrauchet: die so genandte Augen werden in Ring gefasset / doch daß sie die blose Haut berühren und zwar die Finger / wie andere Jubelen.
Die Natter-Zungen hänget man an den Hals oder träget sie an den Armen.
Von der Erden thut man etwas in Wein oder Wasser / solche zu trincken.
Nicht weniger leget man die Zungen und Augen in Wein oder Wasser / daß der liquor nachmahlen davon getruncken werde.
So schüttet man auch Wein oder Wasser in die von solcher Erde gemachte Gefässe / und wan̅ sie deren Kräffte an sich gezogen und getruncken werden / vertreiben sie viele Schwachheiten.
Unterdessen muß man vor allen Dingen zusehen / das besagte Zungen und Augen ohnverfälschet seyen / und durch glaubwürdige Leut auß Maltha gebracht worden seyen.

§. 7.
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Letzlich findet man in den curiosen Kunst- und Naturalien-Kammern noch einig andere seltzame und artig figurirte Steine / worunter auch die Ammons-Hörnlein oder CORNUA AMMONIS der Schnecken-Steine oder CONCHITES der Rogen-Stein oder STALACTITES der Hertz-Stein oder ENCARDIA der Stern-Stein oder ASTROITES die Pfältzische Sand-Pfeiffen oder LAPIDES SABULOSI (wovon Thom. Erastus einen curiosen Brieff geschrieben) und noch viele andere gehören; weilen aber dieselbige weder von denen Materialisten in Handlung geführet / noch auch zur Medicin gebrauchet werden / so wollen wir uns bey denselben nicht auffhalten / sondern etwa anderstwo / solche weitläufftiger / (ob GOtt will) abhandlen. Der curiose Leser kan inzwischen davon insgemein einige Nachricht in des Aldrovandi Museo Metallico und des Bootii Tr. de Gemmis & Lapidibus finden: Absonderlich aber werden die jenige / so man in Bayern und der Schweitz findet / von D. Velschio in Hecatost. Observ. D. Wagnern und D. Scheuchzero in Historiâ Helvet. Naturali: die in Meissen von Joh. Kentmanno in Nomenclat. rerum fossilium in Misnia: die in Nieder-Sachsen von Frid. Lachmund. In Hildesheimensi: die in Schlesien von Caspar. Schwenckfeld in Catal. Fossil. Silesiae: die in Böhmen von P. Balbino in Hist. Bohem: und die in Schottland von Sibbaldo Hist. Nat. Scotiae beschrieben. Es kombt doch mit diesen Steinen auff eine blose Curiosität an / indem diejenige Tugenden und Qualitäten / so ihnen von Gaffarello in Curiositatibus Inauditis Cap. 5. p. 138. zugeschrieben werden / meistens aberglaubisch sind / wie der Königliche Probst zu Flenßburg / Michaëlis in seinen Notis über die Gaffarellische Curiositäten auffrichtig bekeunet: so gar / das J. C. Vaninus, ehe er auff den Atheistischen Irrweg gerathen / nicht unrecht geschrieben / daß ein eintziger Floch mehr Krafft habe / als alle kostbahre Steine mit ihren Stein-Figuren / Vid. ejus Amphitheatri aeternae providentiae Divino-Magicae Exercit. 6. p. 46. Vielweniger aber ist denen mit Hebräischen Characteren und so genandten Figuris Talismanicis bezeichneten Steinen zuzuschreiben / auff welche ein gewisser vornehmer Freund vor diesem ein solche Confidence setzte / daß er sich damit gleichsam unsterblich zu machen getrauete: ist aber in seiner Meynung also betrogen worden / daß ob er schon fast alle Glieder damit beleget hatte / doch ad plures gehen und seine so theur erkauffte Steine (wormit nach seinem Todt die Kinder im Hauß gespielet haben sollen) nebst andern Curiositäten / lachenden Erben hinterlassen müssen.
|| [68]

Das XXV. Capitel Von dem gemeinen / geschlagenen und gemahlenen Gold.
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Abbildung

§. 1.
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INter allen Metallen wird das Gold / ??? oder Aurum vor das edleste gehalten / weilen es an sich selbsten das allerreineste / dauerhafftigste / dichteste und schweresie ist: hat inßgemein eine gelbe Farb / obwohlen zuweilen auch ein weisses Gold gefunden wird / welches von jederman vor Silber gehalten werden solte / wann es nicht an der Schwerigkeit / Geschmeidigkeit und andern dem Gold nur zukommenden Eigenschafften erkandt würde; dergleichen umb Prag in Böhmen zu finden ist / wie solches Balbinus, ein gelahrter Jesuit / in seiner Historia Bohemiae Part. 1. cap. 14. pag. 40. beschrieben hat: wie dann auch auff Chymische Art und Weiß dem gemeinen Gold seine gelbe Tinctur bald genommen / bald wieder gegeben werden kan.

§. 2.
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Es findet sich aber das Gold entweder gantz pur und gediegen / dergleichen nicht allein in Guinea und anderstwo zuweilen auß der Erden gegraben / sondern auch häuffig in den Goldreiche̅ Flüssen als Tago, Pactolo und dem Rhein unter dem Sand gefunden wird / welches die darzu bestellte Gold-Wascher auffsuchen und vermittelst des ??? oder Quecksilbers das Gold daraus zu bringen wissen / wie hiervon Münsterus in seiner Cosmographie, Georgius Agricola de Re Metallic. Erckerus im Probier-Buch p. 101. absonderlich aber Marquardus Freherus P. 2. Originum Palatinarum cap. 17. und I. F. Spicilegium Antiquitatum Palatinarum cis Rhenum zu lesen sind: Oder stecket annoch in seinen Mineris und Gold-Ertzen / welche gemeiniglich grau- und asch-farbicht außsehen / wie beym Agricola lib. 5. de Re Metallica p. 26. zu sehen / und dergleichen von Beslero in Gazophylacio Fol. 1. in obgesetzter Figur abgebildet sind; obwohlen zuweilen dieselbige auch von anderer couleur sind / nachdem viel oder wenig von andern Metallen / als Silber / Kupffer und dergleichen darunter stecket / von welchen es durch die Mercurialische Amalgamation, das Scheid-Wasser / Caementen und andere Handgrieffe geschieden und separiret wird / wie in des obberührten Agricola, Caesalpini und anderer Schrifften zu sehen ist.

§. 3.
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Ob nun das Gold recht lauter pur und unverfälschet seye? solches kan man entweder durch den Strich / oder durch das Feuer und die Wasser-Wag erfahren. Der ersteren Prob bedienen sich die Gold-Schmiede / welche das Gold auff dem Probier-Stein gegen ihre Streich-Nadeln examniren / deren Zubereitung in des Erckeri Probier-Buch pag. 123. zu finden ist. Die Gold-Schmiede aber legen soviel Müh nicht an / sondern schneiden ein Stücklein von einem Ducaten / von einer Krone und von einem Rheinischen Gülden / löten ein jedes an einen kupffernen Stifft / darnach sie das Gold zu streichen pflegen. Der zweyten Prob ge [69] brauchen sich die Wardeinen und Müntz-Meister / welche das Gold entweder durch den ??? auff der Capell / oder durch das ??? passi???en lassen / oder auch durch die quartation zu examiniren pflegen / von welchen Ettmüllerus im Colleg. Chym. und Comment. in Schroederum, wie auch Borrichius und Erckerus in ihren Probier-Büchern weitläufftig handeln. Sehr curioß aber ist die dritte Prob / durch die Wasser-Wag / welche von Archimede erfunden und darinnen bestehet / daß wann zwey Stücker Golds oder zwey güldene Müntzen / so ausser dem Wasser einerley Gewicht haben / und nachmahlen entweder mit zwey gemeinen Wag-Schaalen oder dem gläsernen Wasserweger / dessen sich die Saltz Factors bedienen / unter dem Wasser gewogen werden / das jenige Stück so unverfälscht ist / das andere / so schlechtere Metallen bey sich führet / mercklich überwieget.

§. 4.
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Das recht pure und unverfälschte Gold suchen absonderlich die Gold-Arbeiter und Goldschläger / deren jene auß dem dritten Theil eines grans, vermittelst ihrer Draat-Zügen / oder Modellen einen Gold-Draat von 134. Schuhen ziehen: Diese aber auß einer Untzen Gold wohl 1600. Blätter / deren jedes 37. Quadrat-Linien in sich hält / schlagen können: daher das AURUM FOLIATUM, oder das Geschlagen Gold / welches die Material sten und Apothecker auch führen / entspringer / und von den Goldschlägern zwischen Pergament oder Ochsendärmen (welche die Frantzosen Baudruche heissen) mit breiten Hämmern geschlagen und theils in grösseren / theils kleineren Büchlein verkauffet wird / deren jenes die Materiahsten AURUM FOLIATUM IN LIBRIS, dieses AURUM FOLIATUM in LIBELLIS (dergleichen die Sinenser auch in noch viel kleineren seidenen Papier-Büchlein haben) nennen / von welchen beyderseits 2. Sorten in den Apothecken zu finden: Eine ist AURUM FOLIATUM FINUM oder geschlagen fein Gold: das andere AURUM FOLIATUM MISTUM oder Zwisch-Gold / welches auff der einen Seite weiß außsihet / und weilen es kein pur Gold ist / kaum halb so theuer als das andere ist. Unterdessen pflegen die Goldschläger auch das Feine in unterschiedene Sorten zu theilen / deren sie wohl 3. oder 4. haben: Die erste / als die beste / halten sie vor die Schwerd-Feger / welche solche zu den Damascenirten Klingen brauchen: die zweyte vor die übrige Waffen-Schmiede / die Harnisch und andere Waffen zu vergülden: Die dritte vor die Buchbinder / so Bücher zu übergülden / und die vierdte vor die Chymicos und Apothecker / umb solche unter die medicamenta zu mischen / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues Part. III. Lib. I. cap. 3. pag. 3. schreiber.

§. 5.
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Von den abfallenden kleinen Stücklein des geschlagenen Golds wird das AURUM IN MUSCULIS oder Muschel-Gold zubereitet / wann es mit Jungfern Honig klein zerrieben und in kleine Muscheln oder so genannte Krebs-Schüsselein eingetheilet wird / welches nachmahlen mit Gummi-Wasser angemachet und entweder zu den Gülden-Schrifften oder zum Mahlen kan gebrauchet werden / worvon Thom. Garzon im allgemeinen Schauplatz aller Kunst- und Handwerckern / pag. 1051. zu sehen ist.

§. 6.
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Uber dieses hat man in den Material-Kammern auch das AURUM MUSICUM, welches doch nichts / als den Nahmen mit dem Gold gemein hat / und nicht so wohl auß diesem Metall / als auß Zinn / Wißmuth / gelben Schwefel und dergleichen zubereitet wird / wie Kunckelius im Anhang des Andern Theils seiner vollständigen Glaß-Kunst pag. 95. beschrieben: wird zum Glaß und andern Illuminir- und Mahlwercken / auch zum Türckischen Papier und vielen Dingen gebrauchet.

§. 7.
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Ingleichen kommet an nichts als der blosen Farb das AURUM SOPHISTICUM mit dem Gold überein / welches auß einem halben ???. Grünspan / acht Loth Tutiae, Borras und Salpeter vier Loth und ???, mit Baumöhl impastiret / in einem glüenden Smeltztiegel / vermittelst einem starcken Feuer / geschmoltzen wird / wie A. C. V. H. in Arte Chymica Naturae AEmula fol. 17. solches beschrieben hat.

§. 8.
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Was endlich den Nutzen und Gebrauch des Goldes anlanget / so ist selbiges mehr eine rechte Panacaea gegen einen leeren Beutel / als gegen allerhand Kranckheiten des Menschlichen Leibes / und halte ich dafür / daß man mit grösserem Nutzen Gold auß medicamenten / als medicamenten auß Gold machen könne; und obschon bißdaher nicht allein das Aurum Foliatum unter viele Composita gemischet / sondern auch Pillen und andere Sachen damit übergüldet worden / so wird doch nicht sowohl das krancke Hertz / als der Reichen und Grossen Aberglau [70] ben hierdurch gestärcket / indem die Medici biß auff den heutigen Tag noch nicht eins sind / ob das geschlagen Gold in dem Magen und Leib könne auffgeschlossen und zur Würckung gebracht werden / von welchem Streit Doct. Hoffmann in Clavi Schroederiana pag. 200. vor andern zu sehen ist. Vielweniger hat man sich in dem Auro Potabili, Gold-Tincturen / Panacaeis Solaribus und dergleichen zu vertieffen / deren Effect gemeiniglich nicht dem Gold / sondern dem menstruo zuzuschreiben. Unter allen Praeparatis aber hat das AURUM FULMINANS etwas sonderliches an sich / welches auß dem (mit der ???.) solvirten Gold durch das ??? Tart. ??? oder ???. darnieder geschlagen wird / und ausser seiner donnerenden und schlagenden Gewalt (welche von dem Gold-Schwefel und Salpeter der ??? herrühret) die von Winden herrührende Grimmen und Schwere-Noth der kleinen Kindern vertreibet / auch theils laxiret / theils auch den Schweiß befördert / darvon Schroederus und andere zu lesen sind.

Das XXVI. Capitel Von dem Silber und Silber-Ertzen.
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Abbildung

§. 1.
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DAs Silber (???. oder Argentum) folget an Geschmeidigkeit und Schönheit dem Gold stracks nach / obwohlen es am Gewicht und der Farb demselben nicht zuvergleichen ist / indem es nicht gelb / sondern weißlicht scheinet: wird fast in allen Landen / besonders auch in Teutschland / in Sachsen und anderstwo in denen Berg-Wercken gefunden / in grösserer Quantität aber von den Spaniern mit der Silber-Flotte auß Peru / und von den Holländern auch auß andern Theilen der Welt / sowohl Ost-als West-Indien / herauß gebracht.

§. 2.
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Es wird aber das Silber entweder gantz pur und gediegen in denen Silber-Gruben angetroffen / es seye gleich in Gestalt silbernen Haaren / Sträuchlein oder Bäumlein / wie oben in der Figur zu sehen ist / oder auch in grossen Glumben / dergleichen vor diesem bey Annaberg in solcher Grösse gefunden worden / daß Hertzog Albert sich dessen an statt eines Tisches bedienet / wie Münsterus in seiner Cosmogr. Lib. I. c. 9. berichtet: Oder wird auß denen Silber-Ertzen / nachdem solche die Wardeynen erstlich auff [71] Silber probiret und mit ihrem Centner Gewicht (so sie in den Gefächlein des Kistleins A. bey sich tragen) sich deren halt erkundiget haben / geschmoltzen und abgetrieben / welche deßwegen gepucht / zu Schlichen gebracht / geschmoltzen und auff verschiedene Art geschieden werden / wie bey dem Agricola, Erckero und andern zu sehen ist: allwo auch unterschiedene Species der Silber-Ertzen / absonderlich das so genandie Glass-Ertz und Rothgülden-Ertz beschrieben werden / deren jenes viel Schwefel / dieses aber etwas von Arsenico bey sich führet; wie dann auß Vermischung des Magnetis Arsenicalis und ??? ein recht Rothgülden-Ertz: Auß Schwe???l und Silber aber ein natürliches Glaß-Ertz künstlicher Weiß kan nachgemacht werden / ???ie Ettmüllerus in seinem Comment. Schroederiano pag. 832. erwiesen hat.

§. 3.
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Nachdem aber das auß den Ertzen geschmolzene Silber gemeiniglich noch an???ere Metallen / absonderlich aber Kupffer in sich hält / (welches durch die Streich-Nadeln Lit. B. auff dem Probierstein Lit. C. kan gesehen wer???en) hierdurch aber / sowohl zur Artzney / als ardern Arbeiten untüchtig wird / so muß man ??? olche entweder durch das Scheid-Wasser oder auff der Capell / vermittelst des ???. darvon br???gen / als welcher alle andere Metallen in sich ???isset / das Silber und Gold aber allein zurück ässet / welches alsdann Capellirt-Silber genandt / und zum Draat-Ziehen / gesch???genen Silber und andern dergleichen Arbeiten gebrauchet wird.

§. 4.
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Das geschlagene Silber oder ARGENTUM FOLIATUM wird auff eben die Manier / als das geschlagen Gold zubereitet / indem das Silber-Blech offters ins Feuer gehalten und zwischen zwey ledern zu dergleichen dünnen Blätlein getrieben wird / welche nachmahlen in denen Büchlein verkauffet werden; und weilen auch a???hier viele Schnitzlein abgehen / so werden diesellige auch mit Gummi gerieben und angemachet / worauß das ARGENTUM IN MUSCULIS oder Muschel-Silber / zum schreiben und der Mahlerey entstehet.

§. 5.
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Das so genandte ARGENTUM MUSICUM, hat mit diesem Metall nichts zuschaffen / indem es nur auß Zinn / Wißmuth und Quecksilber gemachet wird / wie die Beschreibung darvon in Johannis Kunckelii Glaßmacher-Kunst / und absonderlich im Anhang des zweyten Buchs / im zweyten Theil pag. 96. zufinden / auch dessen Gebrauch zur Mahlerey allda zu sehen ist.

§. 6.
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Sonsten aber werden auß dem Capellirten und wohl gereinigtem Silber noch einige vortreffliche und kräfftige Artzneyen gemacht / unter welchen die CRYSTALLI LUNARES oder Silber-Crystallen nicht die geringste sind / welche auß dem in ??? oder ???. auffgelöstem und nachmahlen zur gehörigen consistens abgerauchtem Silber entstehen / worauß der berühmte Engeländer Robertus à Boyle seine Pilulas Lunares oder Silber-Pillen gemacht / nachdem er dieselbige etlichmahl calcinirt / solvirt und wieder coagulirt hat / wie er dieselbige im Anhang seines Tr. De Utilitate Philosophiae Experiment. pag. 361. und auß demselben Du Hamel Lib. de Affect. Corp. pag. 395. beschrieben: sind vortrefflich gut die Wassersichtigen zu purgieren / indem auch nur gr. ij. von den Crystallen in Brod oder sonsten etwas eingenommen / das unnatürliche Gewässer häuffig treiben können / wie bey dem Ettmüllero in Comment. Schroeder. pag. 833. zu schen ist.

§. 7.
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Fast auff gleiche weisse wird das bekandte Corrosiv, welches die Frantzosen La Pierre infernale, LAPIDEM INFERNALEM, das ist / den Höllischen-Stein zu nennen pflegen / auß dem Silber zubereitet / wann man nemblich das im ??? auffgelösete und zu Crystallen gebrachte Silber im Feuer so lang schmeltzen lässet / bißes wie ein Oehl im Schmeltz-Tiegel fliesse / welches nachgehends in einen warmen und inwendig mit Unichlitt geschmierten Einguß gegossen wird / worinnen die Materia wie ein Stein erhartet; dessen Prob ist / wann er braun ist und gleichsam eine Eisen-Farbe hat / weder die Finger noch Papier brennet / wann er nicht feucht und naß ist / auch nicht leicht an der Lufft schmeltzet: sobalden aber anbrennet / wann er nur ein wenig naß gemachet wird. Derjenige / so grün außsihet / auch das Papier / worinnen er gewickelt / grün schmutzet / ist zuverwerffen / weilen er von vermischtem Silber oder Kupffer gemacht ist / auch leicht in der freyen Lufft schmeltzen thut. Einige machen ihn auch von außgebrandtem Faden-Silber / allein er ist auch so dauerhafft nicht / als welcher von Capellirtem Silber gemacht worden. Die kleine Stücker / etwa eines [72] Fingers lang / so zu gleich trucken und solid sind / werden vor die besten gehalten: muß schwartz von Couleur seyn. Vid. Pomet Histoire Simpl. Part. 3. lib. 1. cap. 10. pag. 7. Er ist sonsten sehr dienlich Fontanellen damit zu setzen / wann man nur einer Erbsen groß auff die Haut setzet; nicht weniger etzet er das faule und wilde Fleisch in denen Wunden hinweg; wo man doch Achtung zu geben hat / daß das gesunde Theil nicht angerühret und dem Patienten dadurch ohnnöthige Schinertzen verursachet werden. Man kan auch aller hand Figuren damit auff Marmor schreiben und mahlen / welche so in das inwendige dringen / wie sie von aussen anzuseben sind.

§. 8.
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Letzlich hat man auch cine auß diesem Metall außgezogene Tinctur in den Apothecken / welche man TINCTURAM LUNAE heisset / ist gemeiniglich Himmel-blau oder grünlicht / welche Farb aber entweder von dem solvirenten Spiritu oder Menstruo, als ???, *, oder andern dem Silber noch anhangenden Metallen / absonderlich dem Kupffer / zuzuschreiben / weßwegen solche nicht vor genuine gehalten wird / so lang sie diese Farb an sich hat; da hergegen das recht pure- und von andern Metallen durchauß geläutertes Silber keine Tinctur, sonder eine helle Solution, wie Wasser von sich gibet / wie D. Bohnius in seiner Dissert. Chymico-Phys. XIV. §. 34. gezeiget: wird sonsten in der schwere Noth / gantzen und halben Schlag / auch andern haupt-Kranckheiten zu 15. bis 16. Tropffen gebrauchet.

§. 9.
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Zur Beygab und Erlustigung der curiosen Gemüther thun wir mit wenigem noch etwas von dem ARBORE PHILOSOPHICA oder Philosophischen Baum melden / welcher auch auß Silber gemachet und also zubereiter wird: Rec. Lunae cupelatae ???. ??? dieses solvire man. Nachgehends Rec. ??? viv. j. l???sse es auch solviren / und wann auch dieses geschehen / so schütte beyde Solutiones zusammen und thue noch darzu ??? viv. ??? ??? font. ??? Th???e alles in ein länglicht Glas / und setze es an einen temperirten Ort / so wird ein Bäumlein an???hiessen / welchem man mit einem gewissen Zu???atz auch güldene Aepfflein anhängen kan / welhes gar artlich anzusehen. Der vor etlich Jahren verstorbene Hr. Peikenkamp, ein sehr curi???ser Philosophus Experimentalis zu Marburg in Hessen / hat ein gantzes Buch davon geschrieben / welches des Drucks wohl werth wär: vor diesem aber hat Fabricius Bartholetus, ein glährter Italiäner in seiner Encyclopaed Medica ???avon gehandelt / welche doch rar ist; wie dann auch Hr. Kirchmayer nach diesem einen eigenen Tractat davon geschrieben hat.
|| [73]

Das XXVII. Capitel Von dem Kupffer-Ertz / Vessing / Brün-Span und dergleichen.
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Abbildung

§. 1
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DAs Kupffer (??? oder Cuprum) ist unter den schlechten Metallen das geschmeidigste / glüet lang im Feuer / ehe es zum Fluß zu bringen ist / und lässet sich / nebst dem Gold und Silber / sehr außdähnen und treiben: wird in Europa / absonderlich / aber in Schweden und Denneinarck häuffig gefunden / obwohlen auch in Teutschland / und besonders in Kleeberg und Franckenberg / dessen eine ziemliche Quantität gegraben wird.

§. 2.
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Von diesem Metall findet man wenig pur und gediegen / ausser daß in etlichen Silber-Gruben dessen etwas gefunden wird / aber gemeiniglich nur in kleinen Tröpfflein / oder Blättlein / so an den Ertzen hangen / wie beym Agricola lib. 8. de Fossil. pag. 603. und ind des Wormij Mus. pag. 125. zu sehen ist Insgemein wird es auß seinen eigenen Ertzen gebracht / welche in geschmeidig- und weichflüssige / (dergleichen das Kupffer-Glas-Ertz ist) und strenge oder hartflüssige Kupffer-Ertze unterschieden werden. Beyde haben meistens grüne oder auch blaue Flecken und Adern / dergleichen oben in der ersten Figur zu sehen sind / außgenommen der schwartze Schiffer / welcher auff den Manßfeldischen Gebürgen und [74] umb Eißleben gefunden wird / an welchen gelbe goldachtichte Flecken / und von der Natur artlich eingeprägte Bildnussen von Häring und andern-Fischen zu sehen sind / deren Abriß in des Ulyss. Aldrovand. Mus. Metall. und in obiger zweyten Figur zu sehen ist. Woher aber diese Bildnussen der Fische in den Manßfeldischen Schieffern entstehen / und welches deren rechter Ursprung seye? ist noch eben so wenig biß dahero außzugründen gewessen / als die Kräuter-Figuren auff denjenigen Schieffern / welche in der S. Andreas Stollen / im Kräuter-Gebürge des neu-auftgerichteten Sachsen-Gothaischen Berg-Wercks im Thüringer Walde / im Ambt Schwartzwald / gefunden werden / worauff das Farenkraut / Engelsüsse / Katzen-Wedel und dergleichen recht artlich von der Natur abgebilder sind / wie solche in des Anonymi aufgefangenen Brieffen zweyter Ravage, im fünfften Paquet, pag. 431. unter Augen geleget worden. Ob nun Hr. Friederich Hayn in seiner Unterirrdischen Kunst-Kammer (welche er meditiren soll) diese Schwürigkeit heben werde / wie Hr. D. Grimm in seiner Historischen Physicalischen und Medicinischen Relation cap. 4. wie auch Hr. D. Kirchmayer in Tract. De Arb. Philosophic â Ramo??? Aureo Virgin. c. 1. §. 3. die Hoffnung von ihm schöpsfen / wird die Zeit geben.

§. 3.
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So bald nun diese Minerae auß der Erden gekommen / so müssen sie / ehe das Kupffer darauß geschmoltzen wird / vor das erste von allen Unreinigkeiten gewaschen / und von dem überflüssigen stinckenden Schwefel / durch das Rösten / gesäubert werden; worauff sie geschmoltzen und das Kupffer in verschiedene Formen gelassen wird. Dieses wird nachmahlen zum zweytenmahl in andere / in Sand gemachte / Formen geschmoltzen und in Kuchen oder noch ungleiche Platten gegossen. Soll es dann ferner dahin gebracht werden / daß es sich schlagen lasse / so wird es zum drittenmahl geschmoltzen und zu andern Kuchen formiret / welche ohngefehr 15. Zoll im Diameter und 3. Zoll in der Dicke haben. Auß diesen gantzen oder geviertheilten Kuchen werden nachmahlen auff den Kupffer-Mühlen (dergleichen eine bey Alsfeld in Hessen zu sehen ist /) die Kupffer-Platten geschlagen / auß welchen die Kesselmacher mit denen Füssen / welche mit Schaaf-Beltz angezogen sind / die Kessel formiren / die Kupfferschmied aber noch viele andere Geschirr und Haußrath zubereiten.

§. 4.
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Sonsten wird das Kupffer von einigen in das schwartze / rothe und gelbe getheilet. Die zwey erstere Sorren / als das schwartze und rothe Kuppffer / sind nicht anderst unterschieden / als daß jenes nicht so pur und sauber / als dieses ist: sind aber beyde geschmeidig und zertreiblich. Das gelbe hält noch andere Metallen in sich / und wird in Ansehung desselben entweder AES CALDARIUM, oder Glocken-Speiß / oder ORICHALCUM, das ist messing genennet.

§. 5.
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Das AES CALDARIUM oder die Glocken-Speiß Ist nichts anderst al seine Vermischung der Metallen / worinnen Kupffer und Zinn die Oberhand haben / sie werde nun von der Natur in der Erden also zusammen vermischet / oder durch die Kunst zusammer geschmoltzen. Die Franzosen nennen solches La Bronce, und machen nicht allein / wie bey uns / die Glocken und Mörser davon / sondern giessen auch ihre Statuas und Monumenta, als Königliche Pferde und dergleichen darauß. Zu Paris werden die Sols marqués darvon gepräget. Hiervon rühret auch her / was die Artzte DIPHRYGES nennen / welches gleichsam die Hefe und Unflat von der Glocken Speise ist: Wurde vor diesem zuweilen in der Medicin gebrauchet / heut zu Tag aber ist es fast unbekant und weiß man in den Apothecken nichts davon. Wann man sauber Wasser über die geschmoltzene Glocken-Speiß giesset / und ein eiserne Platte über die Röhren / dadurch es fliesset / leget / so gerinnen von dem Rauch kleine / rothlicht-gläntzende Körnlein / welche FLORES AERIS genennet werden / deren bey dem Hippocrate und audern alten Medicis offt Meldung geschiehet. Wann aber mehr Zinn unter das Kupffer gemischet wird / als ohngefehr 12. oder 25. pro cento, so wird die Mixtur schlechter dings METALL genennet / worauß saubere Degen-Gefäß / Löffel und dergleichen gemacht werden / so offt vor silbern Geschirr angeschen werden.

§. 6.
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Was das ORICHALCUM oder Messing anlanget / so fragt sichs / ob solches auch Natürlich in der Erden gefunden werde? Kircherus, der berühmte Jesuit meldet in seinem Mundo Subteraneo pag. 218. daß man zuweilen solches finde / welches auch wohl möglich seyn kan; indessen ist doch gewiß / daß es selten geschehe / und insgemein das Messing durch künstliche Vermischung des Kupffers und Gallmey-Steins entstehe / wann nemlich zu vier theil alt Kupffer / ein Theil Gallmey geschmoltzen wird / gleichwie auch auß sechs Theil Kupffer und ein Theil Zinck / das so genandte Gelb-Kupffer oder Printz-Metall gemachet wird / dessen D. Stahl [75] in Disp. de Metallurgia pag. 73 gedencket. Hierauß wird nachmahlen das so genandte Rausch-Gold oder CLINCANT verfertiget / wann nemblich das Messing zu solchen Blättern / als Papier geschlagen / zusammen geleget und in dickem Papier verschicket wird. Wann aber solches noch dünner und zu gar subtilen Blättlein / wie das geschlagen Gold / geschlagen und in dergleichen Büchlein eingetheilet wird / so werden die geschlagene Metall-Gold-Blätter / oder METALL darauß / welche die Frantzosen Or d’ Allemagne oder Teutsch-Gold nennen / weilen es zu Augspurg in Teutschland häuffig gemacht / und daher auch von andern Augusta genennet wird / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 29. meldet. Was davon unter dem Schlag abfället / wird vollends zu Pulver gerieben / und entweder also verkauffet / oder zu dem schlechten Muschel-Gold angemachet: dienet den Mahlern und andere Sachen zu überziehen. Die Venetianer machen auch das so genandte PURPURINE von dem Messing / welches vor diesem die Carossen zu übergülden gebrauchet wurde. Ingleichen wird das AVANTURINE der Jubelirer und Glasmacher von dem Messing gemacht / worvon obgemeldter Pomet loc. cit. zu sehen ist. Nichts weniger wird der so genandte Gold-Drat / instrument-Seiten / Hohl und Platt-Gold / und dergleichen auß dem Messing gezogen und geschlagen / deren sich die Goldspinner und Goldsticker bedienen; gleichwie auß dem Kupffer selbsten der Kupffer-Drat gezogen wird.

§. 7.
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Wann das Messing zubereitet und gegossen wird / so hänget sich oben an die viereckichte eiserne Stangen / welche den Schmeltz-Tiegel bedecken / wie auch an die Zangen der Arbeiter / ein leichtes weisses Pulver an / welches nichts anderst ist / als der Apothecker POMPHOLIX oder Weisser Galmey / welcher sonsten auch NIHIL ALBUM, weisser Nicht und Augen-Nicht genennet wird / welches Schroeder und dessen Außleger Hoffmann und Ettmüller vor die rothe Tutiam der Alten oder Cadmiam Capniten halten / weßwegen beyde Simplicia offters confundiret werden. Heutiges Tages ist unter diesem Medicament und unter der Tutia Offcinarum ein grosser Unterscheid / indem diese nichts anderst / als die Cadmia factitia, so von dem Metall und Glocken-Speiß herrühret. Jenes aber nur von dem Messing entspringet. Es muß sonsten schön weiß / leicht / sauber und zart seyn / dergleichen auß Holland kommet / wo es am saubersten colligiret wird: dienet zu äusserlichen Krebs- und andern Schäden und allerhand Augen-Kranckheiten. Ein gewisser Rothgiesser hat dem Frantzöischen Materialisten / M. Pomet, erzehlet / daß einige solches bey ihm gegen das, Fieber suchten / und in Wein einnehmen sollen / allein / weilen es ein gar violente operation hat / so warnet er billich / daß man behutsam damit umgehe / vid. ejus Hist. Simplicium Lib. 3. Part. 1. cap. 49. pag. 29.

§. 8.
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Man hat auch ein ander und diesem sehr gleiches simplex, welches SPODIUM GRAECORUM. oder Grauer Nicht geheissen und von dem vorigen nur darin unterschieden wird / daß jenes sich oben / dieses aber wegen seiner Schwerigkeit sich unten im Schmeltztiegel anhängen soll / und wird nach Unterscheid der Farben mit vielen Namen / nehmlich grau / gelb / schwartz oder grüner Hütten- und Zechen-Rauch vom Agricola und andern beleget / wie in des Herrn Doct. Hoffmanni Clav. Schroed. pag. 331. zu sehen ist: hat mit dem vorigen einerley Kräfften.

§. 9.
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Was aber die TUTIEN oder TUTIAM ALEXANDRINAM OFFICINARUM anlanget / so rühret dieselbige keines weges von dem Messing her / wie einige vermeinen / sondern von dem Metall und Glockenspeiß / indem unter wärendem fliessen und giessen derselben sich / wie die vorige von dem Messing / ein Dampff oder Rauch oben an die höltzerne Waltzen / welche zu dem Ende über die Schmeltzöfen der Rothgieser geleget werden / anhänget und dieselbe in Form einer Rinde oder Schale umbgiebet / welche inwendig glatt / außwendig aber rauh und wie Chagrin anzusehen ist / wie solches fast an allen Stücken der Tutien zu sehen ist. Sie wird sonsten auch CADMIA FACTITIA genennet / und nachdem sie äusserlich entweder eine Traube / Schnecke oder Muschel und dergleichen praesentiret / wird sie CADMIA BOTRITIS, OSTRACITIS oder PLACITIS benambset / deren die erste und beste in der Mitten / die zweyte gantz unten und die dritte oben in den Oefen gesamlet warden soll. Sonsten aber wird diejenige Tutia vor die beste gehalten / welche auß schönen dicken Schaalen bestehet / so inwendig bleich-gelb / außwendig mäußfahlicht granulitet / nicht leicht zerbrichlich ist und nicht viel kleine Stücklein / vielweniger andere Unreinigkeiten / untermischet hat. Dieje [76] nige / so von Orleans kombt / ist die berümbteste. Sie wird auch nur in äusserlichen Schaden / absonderlich zu den Augen gebraucht / worzu sie aber wohl praepariret seyn muß.

§. 10.
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Unter denjenigen Stücken aber / welche von dem Kupffer selbsten praepariret werden / ist zum ersten das AES USTUM oder gebrandt Kupffer zumelden / welches durch Hülffe des Schwefels also gemachet wird / daß auß kleinen Stücklein Kupffers und dem Schwefel (welchem ein wenig Meer-Saltz zu vermischen ist) ein Stratum super Stratum, in einer Gieß-Buckel geleget und alles in ein starck Kohlfeuer gesetzet werde / und wann der Schwefel alle verbrandt / man das Kupffer herauß nehme / welches von aussen graulicht / wie Eisen / inwendig aber roth-gläntze̅d anzusehen / und gantz zerbrüchlich ist: Muß / wann es probat und gut seyn soll / von einer mit-telmäsigen Dicke seyn und nebenst obiger Couleur, wie Zinnober / roth scheinen / wann ein Stück an das ander gerieben wird; welches doch nicht zu observiten / es werde dann etwas Saltz darzu gethan. Und dieses ist bißdaher der Holländer Geheimnuß gewesen / welche lange Zeit das AEs Ustum besser / als die Frantzosen / gehabt und verkaufft habe̅. Sein Gebrauch ist äusserlich gut / indem es die Wunden sauber hält. Einige / so sich dessen bedienen / glüen es im Feuer neummahl auß und löschen es allemahl in Leinöhl / stossen es hernach zu Pulver / welches das faule Fleisch in den Wunden weg nehmen soll. Dieses also praeparirte aes ustum wird auch Crocus ??? genennet.

§. II.
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Nechst diesem hat auch das VIRIDE AERIS, der Grünspahn oder AERUGO von dem Kupffer seinen Ursprung / welcher entweder von Natur in der Erden gefunden / oder durch gewisse Handgriffe Künstlicher weisse zubereitet wird. Jener / nemblich der natürliche Grünspahn / ist zwar sehr rar / finder sich aber doch zu weilen in den Kupffer-Gruben und ist ein grünlichter Marcasit, den Schlacken nicht unähnlich / welche sich ingleichem in den Kupffer-Bergwercken finden lassen. Dieser aber / nemblich der gemachte Grünspahn / bestehet auß blau-grünen metallischen Glundern / welche auß Franckreich / von mompelier und andern Orten / in Blasen und Häuten / herauß gebracht und in zweyerley Sorten / nemblich in Form eines gröblichen Pulvers / oder in Kuchen / ohngefehr von 25. ??? verkauffet wird: Ist eine gefährliche und den Specerey-Händlern offt schädliche Waar / indem sie dieselbige nicht allein naß und mit andern Sachen vermischet einkauffen / sondern auch die Häute / worinnen sie kommet / dem Grünspahn gleich bezahlen müssen / wodurch sie nach gehends fast einen Trittel verlieren / indem ein Stück / so naß und weich 25. ??? gewogen / und ohngefehr 20. Alb. gekostet / sie nachgehends / wann es trucken und leicht worden / biß 28. Alb. zu stehen kombt. Wäre derowegen besser gethan / wann mann das beste und truckene kommen liesse / solte es auch viel theurer bezahlet werden.

§. 12.
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Von seiner Zubereitung sind gar diverse und verschiedene Meynungen / und ist deßwegen vor diesem unter dem Tackenio und Zvvelfero ein grosser disputat gewesen. Jener hielte mit dem Boyleo davor / daß auß den Kupfferblantten und Weintrester ein S. S. S. gemachet / und also durch die saltzichte Theilger der Trester das Kupffer zu einer solchen Substantz durch fressen werde / dahero er den ???. aeruginis vor nichts anders als ein acetu̅ destillatum fortissimum gehalren. Dieser hergegen wolte behaupten / daß zu solchem S. S. S. etwas Essig und Urin / ja auch ??? und O. hinzu gethan und also der ???. was mehrers hinter sich habe / wie von diesem Streit ein mehrers in des Zvvelf. Apolog. contra Tracken. pag. 203. zu lessen ist. Pomet hergegen / welcher des Grünspahns Zubereitung selbsten gesehen / versichert / daß kein Essig / sondern der beste Wein auß der Provintz Languedoc darzu genommen werde: Berichtet anbey / daß dessen Zubereitung eine schwere und sehr niedliche Sache seye / deren Beschreibung er in der zweyten Edition seiner Histoire des Drogues, Part. 3. Lib. 1. cap. pag. 31. c. l. zu geben versprochen hat.

§. 13.
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Seine Güte und Prob bestehet darin / daß er schön hart / trucken auch recht grün sey und wenig weisse Flecken und Stücker in sich habe. Bey uns / (schreibet der Nürnbergische Materialist Joh. Jacob Marx in der Teutschen Material-Kammer pag. 31.) ist er offt probirt / aber niemahlen richtig befunden worden. Die Ursach ist oben gemeldet: Wird sonsten in grosser Meng von den Färbern / Kirschnern / Hutmachern / Schmiedten und Mahlern gesuchet / auch in der Chymie und Artzney-Kunst zu weilen gebraucht / worinnen der ???. Spiritus Asthmaticus D. Mich. Ens ??? Helmontii und andere SAchen darauß praepariret werden / von welchen Ettmüllerus, Boyle und andere mit mehrerem handeln. Warumb aber die CRYSTALLI AERIS oder Grünspahn-Blumen und Crystallen von den Schmieden und Mahlern destillirter Grünspahn genennet werden / kan ich nicht fin [77] den / indem solche durch keine destillation, sondern von den Apotheckern auff gemeine Weisse crystallisiret werden / wann nemblich der Grünspahn in destillirtem Essig solviret / filtriret / abgerauchet und im Keller crystallisiret wird. Unterdessen sind die jenige Crystallen / so auß Holland und von Lion kommen / viel schöner / welche auff die Art / wie der candirte Zucker / über gewisse Stöcke anschiessen und demselben auch / (die Farb außgenommen) gantz gleich sehen: Muß auß schön grossen / klaren und durchscheinenden Crystallen bestehen / wohl außgetrucknet und nicht mit Holtz vermischet seyn. Andere solviren das Kupffer in ???, evaporiren und crystallisiren es / welches nichts anders als das ??? ist. Die vorige Crystallen aber werden von den Mahlern zur Miniatur-Arbeit / und in der Medicin die Wunden von dem faulen Fleisch zu saubern gebrauchet.

§. 14.
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Ob das VIRIDE MONTANUM Berggrün / Steingrün / Schiffergrün / (welches sonsten CHRYSOCOLLA genennet wird) auch hierher gehöre / und wie einige meinen) von dem Kupffer gemacht werde? ist noch ungewiß. Die meiste Materialisten halten es vor eine natürliche und steinichte Erde / dahero es auch von andern TERRA VIRIDIS genennet wird: Ist ein grünlichtes und auß kleinen / dem Sand ähnlichen / Körnern bestehendes Pulver / welches in den Ungarischen Gebürgen gefunden wird / so von Preßburg biß in Pohlen reichen. Es ist eine kostbare Waare / und findet man unterschiedene Sorten / fein / mittel und gemein. Das beste muß trucken / schön grün und körnericht seyn / woran man das natürliche von dem auß Grünspahn und Bleyweiß nachgekünstlete unterscheiden kan: wird zur Mahlerey und zur graß-grünen Farb gebraucht.

Das XXVIII. Capitel Von dem Englischen-Zinn / Stanniol / Schmeltzwerck und dergleichen.
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Abbildung
|| [78]

§ 1.
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DAs Zinn (???. oder Strannum) ist ein weich- und leichtflüssiges / weisses Metall / welches nebst vielen schwefelichten Theilen auch etwas ??? rii in sich zu halten scheinet / indem es (wie das Quecksilber) die Würine und ander Geschmeiß tödtet / auch das Peltzwerck von den Motten und Schaben praeserviret: wird meistens auß Engeland gebracht / ob schon in Teutschland und andern Orten dessen auch / doch in geringerer Güte und Quantität gefunden wird.

§ 2.
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In den Bergwercken findet man dessen zweyerley / entweder Gediegen / oder in den Ertzen und Zinn-Graupen. Jenes findet sich entweder an den Canälen der Wässer / an welche es sich wie Sand anhänget / welches Boyleus in Trans. Phil. Angl. 29. ???. granulatum nennet: oder in gantzen Stücken und Glumpen / dessen Matthesius Sarept. Conc. 9. gedencket / auch hier-oben eine Figur auß des Besleri Kunst-Kammer zu sehen ist. Dieses wird entweder auß den weissen metallischen Flüssen geschmoltzen / dergleichen oben in der Figur einer zu sehen / oder wird auß den andern Zinn-Steinen / welche man Zwitter- und Zinn-Graupen nennet / gebracht / davon Agricola, Matthesius und das Corpus Juris Metallicum pag. 25. zu lesen sind.

§. 3.
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Unter allen aber wird das Englische Zinn vor das beste gehalten / dessen man doch wider verschiedene Sorten hat / worunter das recht pure / wie es auß den Zinn-Gruben kommet / und von den Frantzosen l'etain plané oder das glatte Zinn genennet wird / vor das allerbeste zu halten. Nach demselben ist das klingende Zinn zu setzen / welches doch schon mit Bißmuth / Zinck / Kupffer und dergleichen vermischet ist / als welche Sachen ihm den Klang geben. Endlich ist das gemeine und schlechte Zinn noch übrig / worunter etwas Bley gemischet wird / wie Pomet in seiner Material-Kammer davon zu sehen ist / allwo auch die Probe davon zu finden / unter welchen die gemeinere ist / daß man verschiedene Arten Zinnes in eine Kugel-Forme giesset / davon hernach die leichteste vor die beste gehalten wird. Die Kannengiesser probiren es mit den Zähnen / ob es krache oder nicht. Das Teutsche Zinn soll gemeiniglich auß dem jenigen / was bey überziehung des Blechs untüchtig ist / bestehen v. c. l.

§. 4.
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Von den ersten und besten Sorten wird das STANNIOL oder STANNUM FOLIATUM geschlagen / welches in kleinen Schachteln verkauffet wird / deren jede ein Groß / oder zwölff Dutzend solcher Blätter in sich hält. Man hat es nicht allein weiß / sondern auch gefärbet / welches STANNUM FOL. COLORATUM genennet wird: ist roth / gelb / schwartz und von andern Farben zu finden. Das beste Stanniol ist / welches gantze dichte / glatte und wohl-gerollte Blätter hat. Es wird zu den Wachs-Fackeln in Promot. Doct. Wappen bey Adelichen Leichen / zu Außziehrung der Häusser und Tächer / auch andern Sachen gebrauchet.

§. 5.
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Hieher gehöret auch die Zinn-Asche / Zinn-Kalck oder CINERES ???. welche nichts anderst sind / als ein calcinirtes Zin̅ / bestehend auß einem graulichten Pulver / dessen sich die Porcellain- und gemeine Töpffer / wie auch die Glas-Schleiffer zum poliren gebrauchen. Diese Cineres dienen absonderlich die metallische Brenn-Spiegel sauber zu poliren. Wann man sie so lang calcinirt / biß sie gantz weiß werden / so wird ein Pulver darauß / welches einige Cerussam ???, andere Bezoardicum ??? ale nennen: ist nichts anders als der Frantzosen Blancd' Espagne oder das Spanische Weisse / welches zum Schmincken mißbrauchet wird.

§ 6.
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Wann man aber dieses Metall mit sauberem Sande und Soude d'Alican zu einem Glase brennet / und mit unterschiedenen Metallen tingiret / wird mancherley Email, Schmeltz-Glas oder Schmeltz-Werck welches einige Materialisten (wiewohl unrecht) SMECTIS heissen / darauß / welches in kleinen und mit vielerley Zeichen marquirten Kuchen auß Venedig und Holland kommet / unter welchen das Weisse gleichsam eine Mutter der anderen Farbichten ist / und wird nicht allein von den Porcellin-Töpffern / sondern auch von den Jubelirern und Goldschmieden zu dem Schmeltz Werck und veramuliren gesucht / welche die Prob am besten zu nehmen wissen. Das Blaue Schmeltz-Glas wird mit Kupffer und Cyprischem Vitriol gefärbet. Das Fleisch-Farbe mit Periguer. Das Gelbe mit Feil-Staub. Das Grüne mit Nadel-feilig und Messing. Andere mit andern Metallen / worvon Pomet loc. cit. pag. 27. und Kunckelius im zweyten Theil seiner Glasmacher-Kunst Lib. 2. pag. 93. nach zu sehen sind.
|| [79]

§. 7.
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Unter den Artzneyen / welche von dem ???. gemachet werden / ist das so genandte ANTIHECTICUM POTERII das gebräuchlichste / welches entweder auß dem Regulo ??? Joviali, so mit drey theilen Salpeter zu verpuffen / oder auch auß dem blossen ??? und Englischem Zinn / welche beyde im Feuer zu Schlacken zu bringen / und nachgehends gleicher-weise mit dem ??? zu detoniren sind / praepariret wird / worvon Dan. Ludov. in Pharm. Mod. Sec. Applicandâ pag. 355. zu sehen ist: wird nicht allein gegen die Hectic, sondern auch andere hitzige Fieber / Kinder-Blattern und dergleichen gebrauchet.

§. 8.
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Einige sublimiren das Zinn mit dem ??? oder ??? umb die FLORES ???. Zu haben / auß welchen sie nachmahlen das MAGISTERIUM ???. praecipitiren / welches an statt einer Schmincke gebrauchet wird; worzu letzlich auch das SAL JOVIS emploirt wird / welches auß dem Zinn selbsten (so doch zuvor auff den höchsten grab calcinirt seyn muß) mit dem schärffesten aceto destillatô gezogen wird / und so es rechtmässig sein soll / schön weiß / trucken / leicht und in kleinen Spitzlein sein muß: wird unter die Pomaden und andere Unguenta gethan / und gegen die Zittermähler nützlich gebrauchet.

Das XXIX. Capitel Von den Bley-Ergen / Wasser- und gemeinem Bley / Mengen / Bleyweiß / Silberglett und dergleichen.
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Abbildung

§. 1.
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DAs Bley (???. oder PLUMBUM) ist das weicheste und flüssigste Metall unter allen / doch nechst dem Gold das schwereste: welche Eigenschafften von der Vielheit der ??? rialischen Theilger / mit welchen es vor andern begabet ist / herrühren: wird hin und wieder / so wohl Gediegen / als in seinen Ertzen gefunden / deren jenes entweder hart / als das Polnische Bley / oder etwas weicher / als das Teutsche zu seyn pfleget.

§. 2.
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Nicht weniger werden auch die Bley-Ertze in die weichere und härtere unterschieden. Jene sind an der Farb wider unterschiedlich / in Ansehung deren sie in weise / rothe und gelbe Bley-Ertz getheilet werden / welche letztere man Bley-Schweif nennet. Das beste aber unter denselben ist das Glantz-Ertz / oder Glantz / dessen sich die Häfner zu ihren Glasuren bedienen / wird von den alten Lateinern GALENA und PLUMBUM MINERALE, von den Frantzosen aber ALQUIFOUX geheissen. Dieses ist ein sehr schweres Ertz / welches leicht [80] zu zerstossen / aber schwer zu schmeltzen ist / wird in Stücken von verschiedener Grösse auß denen Berg-Wercken gegraben / welche theils sauber und pur / theils auch mit Kis und Steinen vermischet sind / und wann sie von einander gebrochen werden / so gläntzen sie / wie das Antimonium, sind auch an der Farb bleich-schwarzt: ist zwar keine Waare von grosser consequence, jedoch müssen sich die Materialisten in dem Verkauf wohl fursehen / die Häfner alle Stück auffbrechen und sich nachgehends einen Revers, daß sie content damit gewesen seyen / geben lassen / dann hiermit sie alle gerichtliche Process ablehnen können / welche die Häfner ihnen sonsten leicht an den Hals werffen möchten / wann sie irgend dergleichen Stücker darunter solten bekommen / welche ihr Töpffer- und Glasur-Werck verderben könten. Sonsten werden die grössere Stücker / welche schwer und gleichsam fetticht und zart zu tractiren sind / auch schöne gläntzende Schuppen haben / vor die beste gehalten / welche dem Wißmuth fast gleich sehen. Diejenige Stücker hergegen / so viel Kis und Stein in sich haben und mit vielem hartem Bley-Ertz vermischet sind / taugen nichts. Die harte Kissichte Bley-Ertz aber sind insgemein nicht so schwer / wie die vorige / aber viel härter / und wann sie auffgeschlagen werden / sehen sie Mäuß-fahl und sehr Hartkörnericht auß: sind derowegen bey weitem nicht so gut / als die vorige / und werden von den Töpffern wie Brand gemeidet / weilen sie ihre Hand-Arbeit leichtlich ruiniren können.

§. 3.
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Zu diesen Bley-Ertzen gehöret auch das Wasser-Bley welches sonsten PLUMBAGO, CERUSSA NIGRA, oder schwartz Bleyweise (vid. Marx. p. 78.) und von den Außländischen CRAYON und POTELOT genennet wird: ist nichts anderst / als was andere Lapidem Molybditen heissen / welchen Caesalpinus am besten beschrieben hat. Die Alten haben solches Plumbum Marinum und Wasser-Bley genennet / weilen sie vermeinten es würde auß dem Grund des Meers gelanget; allein die tägliche Erfahrung bezeuget ein anders / indem es hin und wider in den Berg-Wercken gefunden und besser vor ein Bley-Ertz gehalten wird / welches die Außländer / absonderlich die Italiäner / rohe von den Teutschen handeln / und wann sie das Reiß-Bley davon gemacht / uns wider verkauffen. Beydes aber ist zweyerley / feines und gemeines. Die feine Sorte muß leicht / schwartz und gleichsam versilbert / gläntzend / dicht und nicht körnicht / in mittelmässigen Stücken / doch lang / nett und leichtlich zu zerschneiden / und deßwegen nicht zu hart und auch nicht zu weich seyn / dann dasjenige Wasser-Bley / woraus das längste Reis-Bley kan geschnitten werden / am meisten aestimiret wird / und kan ein Handels-Mann solches so hoch verkauffen / als er will / weilen dasselbige von den Ingenieurs, Baumeistern und Mahlern sehr gesuchet wird: kommet gemeiniglich auß Engeland. Das Gemeine hergegen überschicken die Holländer in andere Länder / welches doch die Nürnberger sehr starck nachkünstlen / obwohlen / nach der auffrichtigen Bekantnuß des Nürnberger Materialisten Marxij pag. 78. in seiner Material-Kammer / der Grund ihnen noch fehlet / und wird nur die saubere Tafeln damit zu reiben gebrauchet. Die Kessel-Flicker reiben und poliren das alte Eisenwerck damit / daß es vor neu passire: welcher Betrug doch leicht zu erkennen / wann man entweder die Finger daran reibet / welche davon gefärbet werden: oder man lässet nur Wasser darüber lauffen / welches das Wasser-Bley so bald abwischet / indem fast nichts eher das Wasser an sich nimbt / als dieses Metall. Das beste ist / welches noch in gantzen Stücken ist / und keine Schlacken noch Stein oder andere Unreinigkeit in sich hat / wann es auffgeschlagen wird; un übrigen gilt es gleich viel / ob es hart oder zart / grob oder kleinkörnicht sey. Man hat es auch in Pulver gestossen / welches doch von bekandten und honnêten Leuten zu kauffen / weilen durch Vermischung anderer Sachen grosser Betrug mit unterlauffet. In der Artzney wird es / wie die andere Saturnina, nur äusserlich in fliessenden Schäden / Rothlauf und heissem Brand gebrauchet / worvon Hoffmannus in Clav. Pharm. Scbroed. pag. 243. zu sehen.

§. 4.
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Auß diesen obbeschriebenen Bley-Ertzen / besonders aber den ersteren / wird das Bley selbsten gegossen / und wann es entweder durch offteres abschäumen oder durch Seife und andere Fettigkeit gereiniget wird / so giesset man es in gewisse Formen zu den Bley-Glumben und Kennel-Bley / von unterschiedlicher Grösse und Gewicht / welche am meisten aestimiret werden / wann sie leicht zu schneiden / schön weiß und gläntzend sind. Der Schaum aber / welchen diesenige / so das Bley giessen und reinigen / oder auch Mußqueten-Kugeln und andere Sachen darvon machen / den Materialisten überschicken / wird den Häfnern unter dem Nahmen der Bley-Aschen oder Bley-Schaumes verkauffet.

§. 5.
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Wann aber obgedachtes Bley-Ertz oder Glantz zu Pulver gestossen und durch ein starckes Feuer calciniret wird / so entstehet anfangs die OCHRA PLUMBARIA FACTITIA oder das so genandte Bley-gelb / welches ein Mahler-Farb ist / darauß: nachgehends aber wird durch ferneres brennen das
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MINIUM oder Menning darvon gemacht / welches andere bißher von dem Bley selbsten auff besondere Art gemacht zu seyn vermeynet haben / da doch der geringe und sehr leidliche Preiß der Menning viel ein anders hätte lehren können / welcher vielmehr Glauben machet / daß das Minium nicht so wohl auß dem geschmoltzenen Bley / als dessen Ertz gebrandt worden sey / zumahlen das Bley auch in dem stärckesten Feuer so roth nicht wird / als das Bley-Ertz / wie Pomet in Hist. Simpl. Gen. Part. l. 1. c. 71. p. 43. mit mehrerem zeiget. In Teutschland wird die Meng nirgends schöner und zärter / als in Nürnberg gemacht / deren Hütten nur zwey in dem gantzen Römischen Reich seyn sollen / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 130. erwehnet. In Engeland wird sie zwar auch häuffig gebrennet / und in Franckreich und andere Orten verschicket / allein dieselbe ist sehr grob. Die beste Menning ist / welche eine hohe Farb hat / meistens auß Pulver bestehet / und so viel möglich sauber ist. Man muß auch Achtung geben / daß sie nicht gewaschen sey / welches an der weißlichten Farb zu sehen / und wann sie in kleinen Ballen kombt. Müssen also die Sorten wohl erkennet und unterschieden werden / davon man eine feine / mittelmässige und bißweilen schlechte bey denen Marerialisten findet. Sie werden alle zur Mahlerey und von denen Töpffern zum rothen verglassuren gebracht. In der Artzney-Kunst aber werden einige Salben und Pflastern davon gekochet / absonderlich / das Emplastrum de Minio und das so berühmte Nürnberger Pflaster / welches auß drey Stücken / nemblich auß dem Minio, Rosen-Oehl und Campfer bestehet.

§. 6.
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Auß dem Bley selbsten wird erstlich das Bley-Pulver gemacht / welches nicht nach Art der Apothecker zu verfertigen / welche das Bley klein feilen und in einem Mörser klein zu zerstossen sich unterstehen: sondern man lässet das Bley in einem irrdenen oder eisernen Gefäß zer gehen und zerschmeltzen / rühret kleine gestossene Kohlen darunter / welche nachmahlen wieder darvon abgewaschen werden. Auff diese Manier kan man ehe ein Centner Bley zu Pulver machen / als eine Untz im Mörser. Es ist eben nicht viel gebräuchlich / ausser daß die Häfner auch damit verglassuren. Vid. Pomet. c. l.

§.7.
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Noch besser aber lässet sich das Bley zu Pulver stossen / wann es zuvor gebrennet wird / welches PLUMBUM USTUM oder gebrandt Bley in den Apothecken genennet wird. Hierzu aber nimbt man Bley zu dünnen Blech geschlagen / machet damit / und mit dem gemeinen Schwefel / in einem Topff / ein stratum super stratum lässet es außbrennen / so wird ein braunes Pulver darauß / welches offters abzuwaschen und wohl zu trucken ist: wird zu einigen außtrucknenden Salben und Pflastern gebraucht.

§. 8.
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Hiernechst wird auch das Schieferweiß auß dem gegossenen Bley gemacht / wann nemblich dieses zu dünnen Blättern geschlagen / hernach also / daß eines das andere nicht anrühre / zusammen gerollet und in einem Topff / worinnen guter Essig enthalten / über kleine Stänglein geleget / endlich mit dem also angefüllten und wohl verstopfftem Topff in einen Misthauffen verscharret und dreysig Tage allda gelassen wird / nach welcher Verfliessung der Topff herauß gelanget werden kan / worinnen das Bley von dem Essig-Dampff also durchfressen und corrodiret zu finden ist / daß es gantz zerbrüchlich und von gantz weisser Farb ist. Sobald man die also zubereitete Blätter heraußgenommen hat / werden sie in Stücker zerbrochen und an der Lufft getrucknet. Solche müssen schön zart / auß- und inwendig weiß / in außerlesenen Stückern / und mit keinen schwartzen Schieffern / vielweniger anderem kleinen Unrath vermischet seyn. Der Gebrauch aber ist den Mahlern und Weißbendern / welche es mit Oehl oder Wasser anmachen / am meisten bekandt.

§. 9.
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Wann nun dieses so gemachte Schifferweiß entweder in dem Mörser oder darzu gehörigen Mühlen zerstosen / mit Wasser zu einer Massa und in gewissen Formen zu kleinen Kuchen oder Kegeln getrucknet ist / so wird es CERUSSA oder Bleyweiß genennet: kommet zwar gemeiniglich in blauem Papier auß Holland und Engeland / allein das beste und auffrichtigste kommet auß Venedig / und wird auch das Venetianische genennet / indem die Venetianer fast die ersten gewesen / welche diese Marchandise erfunden. Weilen indessen dieses letztere wegen seines grossen Wehrtes und Preyses sehr rar und nicht wohl zu haben ist / so führen die Materialisten meistens das Holländische Bleyweiß / welches die [82] Mahler fast eben so gern / als das Venedische kauffen / ohnerachtet es mit Oehl oder Wasser angemacht und nicht lange die Weisse hält / indem es sehr viel Krayden in sich hat; da hergegen das Venedische Bleyweiß eine dauerhaffte Farbe gibt / welches auß blossem Bleyweiß bestehet. Weßwegen dann auch diejenige / so einige Medicamenten / als Saccharum ???. und dergleichen auß der cerussa machen wollen / keine andere Sorte / als die Venetianische darzu employren sollen / oder können auch an statt des praeparirten Bleyweisses / das rohe und gemahlene Bleyweiß nehmen / welches man doch von gewissenhafften und bekandten Leuten kauffen soll / indem auch dasselbige vielfaltig verfälschet werden kan. Die Holländer sollen nur das staud- und mehlichte / so von dem Bleyweiß / wann es in Stücker gebrochen wird / abgehet / zu ihrer Cerussa nehmen / und weilen solches nicht sufficient ist / eine dergleichen Quantität / als darzu vonnöthen / und hin und wieder verthan wird / darauß zu machen / so sollen sie eine Art weisser Kräyde darunter mischen. Das Englische soll noch schlechter seyn / weilen noch mehr Kräyden darunter stecket / wie Pomet, ein Frantzöischer Materialist in seiner Histoire des Drogues Part. 3. Lib. I. cap. 73. pag. 45. von beyden judiciret. Die Prob aber ist / daß es außbündig weiß / zart / doch hart und recht trucken / aucht nicht brüchicht sey; was aber gern voneinander fället oder sonsten andern Unrath in sich hat / muß man nicht annehmen / weilen es gemeiniglich nicht wohl getrucknet worden / ehe es eingepacket worden. Es wird nun auch in Franckfürt und Nürnberg gemacht / wie Marxius in seiner Material Kammer pag. 78. geschrieben: Ist sonsten nicht allein denen Mahlern und Weißbendern / sondern auch den Medicis, Apotheckern und Barbierern zu verschiedenen außtrucknend- und heilenden Salben und Pflastern / als Unguentum camph. alb. Empl. alb. coctum, de ranis c. & s. ???. &c. sehr dienlich und gebräuchlich.

§. 10.
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Auß diesem Bleyweiß entstehet das so genandte SANDIX, welches ein rothes Pulver und nichts anderst / als ein calcinirtes Bleyweiß ist / und kommet an der Farb und Gebrauch mit dem Minio sehr überein; daher es auch kommen mag / daß einige davor gehalten / es wäre die Menning auß dem Bleyweiß per calcinationem praepariret / welche doch weit fehlen / indem das Bleyweiß auß Holland / das minium aber auß Engeland kommet / dieses auch immer viel wohlfeiler ist / als das Bleyweiß; weßwegen dann auch das Sandix gar selten gebraucht wird / indem das Minium eben das praestiret / was davon zu hoffen / auch viel besseres Kauffs ist.

§. 11.
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Wann aber das Bleyweiß nicht starck im Feuer gedrennet / sondern nur gelind geröstet wird / so entstehen darauß einige andere Farben / welche inßgemein MASSICOTS oder MASTICHOTS genennet werden / wie Pomet c. l. davon meldet; obwohlen Kunckelius im zweyten Theil der Glaßmacher-Kunst pag. 53. einige andere Beschreibungen / welche auß Zinn-Kalck / Soda und dergleichen bestehet / an Tag gegeben hat. Die Holländer überschicken wohl drey biß vier Sorten / nemblich die gemeine / mittel und feine / welche von unterschiedenen Farben sind / nachdem sie durch viel oder wenig Feuer gegangen. Lässet man das Bleyweiß oder Zinn-Kalck nur eine wenige Zeit im Feuer / so wird es etwas gelblicht / welches das weisse Massicot genennet wird: lässet man es länger darinnen / wird es recht gelb und gibt das gelbe Massicot: Treibt man das Feuer stärcker / so bekombt es ein gold-gelbe Farb davon es auch den Nahmen hat. Und auff solche Manier könte man noch die vierdte Art Massicot zu wegen bringen / wann man das Bleyweiß solang im Feuer arbeitete / biß es gantz roth würde / welches doch nichts anderst als das obige SANDIX oder gemeine Vermillon wäre. Sonsten aber müssen alle Massicots schwer seyn / doch auß einem zartesten Pulver bestehen / hoch an der Farbe / nachdem es die Art und Sort erfordert: werden zur Mahlerey gebrauchet.

§. 12.
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Letztens rühret auch das LITHARGYRIUM Glette oder Silberglette von dem ???. her / welches nichts anders als ein zu Schlacken calcinirtes Bley ist / und bestehet auß solchen Stücken und Schieffern / wie das Schiefferweiß / welche etwas röthlicht und zerbrüchlich sind; wird entweder von Natur zu bereitet in der Erden gefunden / welches doch sehr rar und fast unbekandt: oder wird durchs Feuer also gemacht / wann man das Gold oder Silber durch das Bley reiniget: kombt auß Dantzig / Schweden und Dennenmarck herauß / wird aber doch auch wohl in Teutschland gemachet; dahero Pomet in seiner Frantzöischen Beschreibung der Materialien Part. 3. Lib. 1. cap. 77. pag. 47. schliessen will / daß, das Lithargyrium, welches die Materialisten führen / vielmehr von demjenigen Bley herrühre / welches zur depuration des Kupffers gebrauchet worden / zumahlen die Goldschmiede die Glette / so bey Scheidung oder purificirung des Golds und Silbers entstehet / langsam oder gar nicht zu verkauffen / sondern wieder zu Blen zu schmeltzen pflegen / welches sie immer wieder zu der [83] gleichen Arbeit gebrauchen / auch auff solche Manier dasjenige / was etwa von Gold oder Silber noch darinnen zurück geblichen / wieder bekommen. Weßwegen dann auch die beyde Species, als LITHARGYRIUM AUREUM & ARGENTEUM nicht deßwegen so genennet werden / als ob dieses zu Reinigung des Silbers / jenes aber zur Reinigung des Golds gebrauchet worden / wie viele bißdaher dafür gehalten / sondern weilen jenes gelb / dieses aber weißlicht außsiehet: welche Couleuren von dem Feuer entstehen / indem eben die Glette / so anfangs weißlicht oder bleich-gelb außsiehet / hald gold-gelb und röthlicht werden kan / wann sie länger und stärcker im Feuer exerciret wird; hahero es andere auch auß blossem Bley also verfertigen können / mit welchem es einerley Qualitäten hat. Das beste ist / so hoch an der Farbe und ist das Dantziger inßgemein besser als das Englische. Die kleine und dünne Stücker sind besser als die dicke / weilen sie mehr calciniret und derowegen auch eine lebendigere Farb haben / lassen sich auch eher solviren Es wird sonsten zu vielen Sachen / nicht allein in der Artzney / zu den außtrucknenden und kühlenden Salben und Pflastern / sondern auch zu der Häfner-Glasur / zum Firnuß der Mahler / von Färbern und Kirschnern und andern dergleichen gebrauchet; daß sich aber die Wein-Wirthe dessen auch zu Versüssung der sauren Weinen gebrauchen / ist ein höchstschädlicher Mißbrauch / indem es etwas gifftmäsiges und corrosivisches bey sich heget / wie nicht allein Samuel Stockhusius in seinem Tract. de Lithargyrii fumo noxio und dessen Anhang von der Berg-Katze stattlich gezeiget / sondern auch noch vor kurtzen Jahren die klägliche Erfahrung im Würtenberger Land erwiesen / wo durch dergleichen mit der Glette versüssete Weine / eine gichtmäsige Colic und andere gefährliche Kranckheiten im gantzen Lande eingeführet worden / wie auß verschiedenen damahlen heraußgegebenen Teutschen Schrifften so wohl / als auch den Miscellan. Ac ad. Germ. Cur. Dec. 3. Ann. 4. Obs. 30. pag. 77. seqq. hier von mit mehrerem zu lesen ist.

§. 13.
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Was endlich andere / auff Chymische Art auß dem ???. oder Bley zubereitete Artzneyen / (deren einige die Materialisten auch zu weilen führen) anlanget / so ist darunter das SACCHARUM SATURNI sehr bekandt / welches entweder auß dem Minio oder auß dem Schiefer- und Bleyweiß / durch wiederhohlte solution und coagulation mit destillirtem Essig zubereitet wird: Ob aber diese salstchte Erystallen von den ??? ninis oder dem Essig herrühren / davon wird unter den Gelährten sehr disputiret / wie bey D. Hoffmann. in Clav. Schroed. pag. 245. der Länge nach zu lesen ist. Das beste ist recht süß / schön weiß / leicht und in kleinen Crystallen / welche das Wegrich-Wasser gantz weiß machen: kühlet vortrefflich in- und außwendig des Leibes. Die Materialisten haben es in Crystallen und am Pulver / welches letztere wohlfeiler. Wann man solches im Keller von sich selbsten zergehen lässet / oder auch in Terpentin-Oehl solviret / bekombt man den BALSAMUM SATURNI, welcher auch hitzige Schäden und Wunden sicher heilet. Lässet man aber das Saccharum ???. in halb Wasser und halb destillirten Weinessig zergehen / so kan man es an statt der Jungfern-Milch gebrauchen / auch die Finnen im Angesicht damit curiren / wann man wenige Tropffen davon in Wasser tropffet und sich damit abwäschet. Man kan auch das MAGISTERIUM ???. darauß praecipitiren / wann man das ??? Tart. per deliq. darinnen tröpfflen lässet / welches eben den Effect thut. Doch ist zumercken / daß ob schon diß Magisterium eine weisse Couleur habe / solches doch / wie andere metallische weisse Pulver / die Haut nicht weiß / sondern schwartz mache und daher so trucken nicht zu gebrauchen seye. Von den übrigen besiehe den Scroeder und Ettmüller.
|| [84]

Das XXX. Capitel Von dem Lisen / Stahl / Blech und Stahl-Artzneyen.
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Abbildung

§. 1.
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DAs Eisen (??? oder Ferrum) ist ein sehr hartes / ungeschlachtetes und nicht gern flüssiges Metall / welches sich doch treiben lässet: wird in verschiedenen Ländern / absonderlich aber in Schweden und Teutschland häuffig gefunden / und wird nicht allein auß den Eisen-Steinen geschmoltzen / sondern fliesset auch zuweilen von sich selbsten in der Erden; dahero offters pure und geschmoltzene Eisen-Körner oder auch gantze Stücker davon in den Eisen-Gruben gefunden werden / dergleichen mir eines zu Handen kommen. Absonderlich aber soll sich in Norwegen dergleichen gediegen Eisen offters finden / als Wormius in seinem Museo pag. 123. erzehlet. Ja es schreibet Rulandus in Lex. Alchym. pag. 266. daß in der Steyermarck dergleichen Eisen-Körner auch in einigen Flüssen gefunden würden.

§. 2.
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Am meisten aber wird es auß den Ertzen und gegrabenen Eisen-Steinen geschmoltzen / welche gemeiniglich braun oder wie verrostet Eisen außsehen; wiewohlen der beste und gar reiche Eisen-Stein auch ein blaulichte Farb hat / und dem gediegenen Eisen nahe kombt / vid. Ercker. im Probier-Buch pag. 83. Beyde werden zu erst an einem fliessenden Wasser von denen noch anhangenden Erdichten Unreinigkeiten gewaschen / nachmahlen auff den Schmeltz- Hütten in grossen darzu bereiteten Schmeltz-Ofen / darunter das Feuer durch zwey grosse / von einem Mühlen-Rad getriebenen Blas-Bälgen angeblasen wird / geschmoltzen / diß es wie geschmoltzen Bleye anzusehen / da alsdann die Schlackeu davon abgeschaumet / die Blas-Bälge gehemmet / und der Ofen unten mit einer Stang Eisen durchstossen wird; worauff das geschmoltzene Eisen / wie ein feuriger Strohm / in die darunter gemachte lange Löcher und Gies-Formen / durch das Loch herauß fliesset / und also zu denen so genandten Goesen formiret wird / welche gemeiniglich 6. bis 7. Schuh lang und einen Schuh dick sind. Will man aber Stück-Kugeln / Oefen / Mörser / Gewicht-Stein / Hiepen- und Waffeln-Eisen giessen / so werden darzu eigene Formen in Sand oder Eisen gemacht / worinnen man das geschmoltzene Eisen fliessen lässet / oder auch mit grossen Löffeln einträget. Allwo zu mercken / daß je feiner und sauberer die gegossene Gefässe werden sollen / je länger das Eisen im, Fluß zu erhalten / also / daß da zu den Goesen und groben Sachen solches nur 12. Stund im Feuer [85] zu lassen / zu den sauberen es wohl 15. bis 18. Stund fliessen müsse.

§. 3.
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Diese Goesen werden nachmahlen auff die Eisen-Hämmer geführet / allwo sie durch die von dein Wasser getriebene grosse Blas-Bälge in der Esse ferner außgeglüet / durch offteres bewegen geschmeidiger gemacht / und nachmahlen auff einem grossen Ambos / durch einen sehr grossen / von dein Wasser gleichfals ge triebenen / Hammer zu den Eisen-Stangen oder Stäben geschlagen wird / allwo alle unreine erdichte Materie wegspringet / und also das Eisen zum feilen und andern Arbeiten zubereitet wird. Will man aber solches so bald zu Pflug-Eisen / Pflug-Schaaren / Hopfen-Eisen und dergleichen formi haben / so können damit die Hütten-Knecht so bald an die Hand gehen.

§. 4.
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Auß diesen Stangen oder Stäben werden nachmahlen die eiserne Ruthen / und auß diesen der Eiserne Drath von den Drathziehern / auff den Drathzügen gemacht / wann dieselbe erstlich durch die grössere und hernachmahlen durch kleinere Löchlein gezogen werden / nachdem der Drath dick oder dünne werden soll / welcher alsdann zu grossen Ringen gewickelt / und also verkauffet wird.

§. 5.
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Nicht weniger werden aus denen offters außzuglüenden Stäb-Eisen auch verschiedene Sorten von Blech geschlagen / welches entweder in grossen und doppelten / oder kleinen und einfachen Platten bestehet: auß welchen nachgehends mit kleinen Hämmern das dünne und überzinnte Blech geschlagen wird / dessen sich die Spengler bedienen / so am allerbesten in Teutschland gemachet und allda ein guter Handel damit getrieben wird. Sie machen es zwar auch in Franckreich / welches aber so sehr nicht aestimiret wird / als das Teutsche / indem jenes leichtlich verrosten thut.

§. 6.
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Ingleichem wird auch der Stahl viel besser in Teutschland / als anderstwo gemacht / so gar / daß auch die Frantzosen ihre Scheer-Messer / Lancetten und andere Chirurgische Instrumenten auß dem Teutschen Stahl / absonderlich demjenigen / welchen sie l' acier de Carne nennen / zu machen pflegen; von welchem auch die Damascener Klinge̅ herrühren. Er wird aber nicht anderst gemacht / als wann das Eisen offt außgeglüet und in besondern Säfften von volatilischen Kräutern wider abgekühlet wird; dahero auch die Schmiede das glüende Eisen offters an die Pferds-Hüfe halten / und solches durch das darinn verborgene volatilische Saltz zu mehrerer Härtung bringen. Zu meiner Zelt war ein Messerschmied zu Leyden in Holland / welcher eine gewisse Härtung von dem berühmten Cartesio solte bekommen haben / dahero er insgemein der Cartesianische Messerschmied genennet wurde: machte zwar vortreffliche Scheermesser und andere Instrumenten / liesse aber sich alles theuer genug bezahlen. Doch bezeuget Rulandus in Lex. daß am Fustelberg in Voigtland auch natürlicher Stahl in der Erden gefunden werde / welchen Paracelsus ???. Marem, das Eisen hergegen ???. Foeminam nennet.

§. 7.
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Unter denen Artzneyen / welche von Eisen und Stahl herrühren / ist der Feil - Staub oder LIMATURA ???. das erste / welche am besten von denjenigen Künstlern / so in Stahl arbeiten / absonderlich von den Nadelmachern zu haben / und ist die Prob davon / daß man sie ans Liecht hatte / all wo diejenige / so nur bis an die Helfft brennet und das Liecht außlöschet / vor untüchtig und mit Eisen gemenget gehalten wird / wie Pomet in seiner General Historie der Materialien Part. 3. Lib. 1. cap. 17. pag. 10. zeiget.

§. 8.
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Auß dieser Limamtuâ ???. kan man leichtlich den so genandten CROCUM ???. APERITIVUM CUM SULPHURE praepariren / wann man gleich so viel Schwefels darunter mischet und im Feuer wohl außbrenen lässet; welche andere auch also verfertigen / daß sie ein Stück Stahls bey einer Esse recht glüend machen / ein Stück gantzen Schwefel daran halten / worvon der Stahl wie Butter zerschmeltzet und ins Wasser fället / welchen man in ???. reverberii so lang außglüet / bis ein rothes Pulver darauß wird. Andere setzen den Feil- Staube an das Thau-Wetter / oder feuchten ihn mit Regen - Wasser zum verrosten an / daß sie den Crocum ???. aperitivum erlangen / allein es gehet viel Zeit darauff.

§. 9.
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Der CROCUS ???. ADSTRINGENS wird durch blose calcination des ???. gemachet / und kan man solchen in der Menge auff den Eisen-Hütten umbsonst haben / worinnen er sich häuf [86] fig anhänget. Man findek ihn auch an den Stählen und Eisen / welche unsere Weiber zu dem Biegeln offt außglüen.

§. 10.
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Unter den Stahl-Tincturen und Essentien ist heut zu Tag die TINCTURA ???. CUM SUCCO POMORUM sehr gebräuchlich / welche recht zu haben / wann man die Limaturam ???. erstlich mit dem Borstorffer-Apffel-Safft auff dem warmen Ofen infundiret / bis alles schwartz / wie Dinten außsiehet: hernacher koche den Safft zum Extracto ???. welches abermahlen mit dem Spiritu Vini oder ???. cochleariae solviret und also zur ???. oder Essentz bereitet wird. Von andern ??? alibus, als ???. Sanguine ???. oder ???. cum Terra fol. Tartari, Marte Diaphoretico und dergleichen / besiehe den Schroederum und dessen Außleger / Hoffmannum, Ettmüllerum und andere.

§. 12.
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Der Gebrauch derjenigen Artzneyen / so auß Stahl und Eisen gemacht werden / ist in langwierigen Kranckheiten / so insgemein von Verstopffung der Leber und Miltzes hergeleitet worden / als Wassersucht / Gelbsucht / windigen Melancholey / Bleichsucht der Kinder / Jungfern und Weibern sc. sehr bewährt / ohnerach???tet ein gewisser Engeländer / Gedeon Harveus in seinem Buch de Arte curandi morbos expectatione Cap. V. solche ziemlich durchgezogen / welchen nicht allein andere gelährte Medici, sondern die Erfahrung selbsten zur Genüge wiederlegen.

Das XXXI. Capitel Von der Lisen-Blum.
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Abbildung

§. 1.
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DIe Eisen-Blum oder FLOS FERRI ist noch bey wenigen Materialisten und Apotheckern zu finden / sondern man siehet solche nur in einigen curiosen Naturalien-Kammern; ob schon zu wünschen wäre / daß sie bekandter bey uns würde / weilen sie in verschiedenen Kranckheiten eine herrliche Artzney abgiebt: Ist sonsten nichts anderst / als ein Schneeweisser oder zuweilen Silber-farbichter mineralischer Stein / so in den Berg-Wercken auff einigen Ertzen und besonders auff den Eisen-Steinen in die Höhe schiesset / und entweder wie geschmeidige Aestger / Corallen-Zincken / gestreiffte Crystallen oder in andern Figuren anzusehen / wie sie von Beslero in dessen schönem Gazophylacio fol. 8. und von der Kayserlichen curiosen Societät in Miscell. Acad. Nat. Cur. Dec. 2. Ann. 6. pag. 297. abgemahlet wird.

§. 2.
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Diese so genandte Blume wächset sonderlich in der Ober-Steyermarck / so an Oestreich gräntzet / und zwar bey einem Dorff / welches [87] wegen menge der Eisen-Gruben / Eisen-Ertz genandt wird / in dessen Berg-Wercken diese Eisen Blumen häuffig gefunden und von dannen den curiosen Liebhabern überschicket werden / welche desto angenehmer und besser sind / wann sie gantz weiß und mehr durchsichtig als dunekel und mit anderen mineralischen Dinge vermischet sind.

§. 3.
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Auff was Art und Weisse aber dieselbe generiret und hervorgebracht werde / und auß welcher Materie sie bestehe? davon sind verschiedene Meynungen. Die Einwohner des Orts sagen / es würde die Eisenblum von und auß ei nein besonderem Stein-Wasser / so durch die Erde und Wände der Eisen-Gruben tröpffele und so gleich zu Stein werde / gezeuget. Woher aber dieses Wasser solche Krafft habe / ist von andern / so ein grösseres Einsehen hierin haben / nachmahlen entdecket worden / welche in Acht genommen haben / daß alle Eisen-Adern dasiger Gegend von einem harten Kalckstein bedecket seyen / welcher das Regen- oder Schnee-Wasser / so ihn gleichsam löschet und auffschliesset / in sich schlinget und ihm solche Schärffe mit theilet / daß es nachmahlen die Eisen-Steine durchdringen könne / auß welchen es durch die Bergdünste und Treibgewalt der Lufft hervor getrieben und in solche Blumen figuriret wird. Und weilen dieses Wasser zuvor durch die enge Löchlein der Erden gestegen und gleichsam filtriret wird / so ist diese Blum / gleich dem Crystall und den Edelgesteinen durchsichtig / doch aber nicht so hart / sondern wie die Kalckstein selbsten zuweilen mürb und weichlicht.

§. 4.
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Hierauß erscheinet nun / daß der Eisenblumen Ursprung mehr obgedachten Kalcksteinen / als dem Eisen-Ertz zuzuschreiben sey / zumahlen ein berümbtes Mittglied obbelobter Teutschen Societät der Naturkündiger / Doct. Oehmb durch sehr viele Proben / so er so wohl von dem obgedachtem Stein-Wasser / als der Eisenblum selbsten genommen / alles dasjenige observiret / was der berümbte Sächsische Leib-Medicus D. Ludovici durch allerhand Chymische Experimenten auß dem Kalck gebracht / und in oben angeführten Miscellaneis Dec. I. Ann. VI. et VII. Obs. 244. beschrieben hat. Wiewohlen nicht zuläugnen / daß auch etwas vom Eisen selbst darin verborgen sey / wie vermittelst eines Magnets leichtlich kan gezeiget werden / auch dessen anhaltende und adstringirende Krafft solches behauptet.

§. 5.
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Indessen darff man sich doch nickt scheuen diese Eisenblume auch wohl innerlich zu gebrauchen / indem bekandt / daß auch das Kalckwasser selbsten (Decoct. calcis vivae) von dem berümbten Willisio und andern innerlich in desperaten Kranekheiten mit gutem Erfolg gebrauchet worden. Weßwegen dann auch D. Hoefferus in Hercule Med. Lib. 3. cap. 5. pag. 169. den innerlichen Gebrauch der Eisenblum in allen Blutstürtzungen / absonderlich aber in der Rothen-Ruhr höchlich recommendiret. Ja es bezeiget der sehr berümbte Augspurgische Medicus, Herr Doct. Velschius in Observ. Phys. Med. Hecatost. I. Obs. 37. daß wann er / nach Unterschied des Alters / ein halb Quint oder zwey Scrupel der gestossenen oder auch calcinirten Eisenblum in der Rothen-Ruhr gegeben habe / es allemahl mit der Cur einen glücklichen Außgang gewonnen habe.

§. 6.
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Viel sicherer kan man sie äusserlich gegen allerhand Räudigkeit / Krätze / böse Geschwär und andere Verletzungen der Kaut gebrauchen / indem sie eine sehr außtrucknende und heilende Natur hat und deßwegen in allen Fällen / so sonsten die Aqua Calcis Vivae recommendiret wird / auch verschrieben werden; und zweiffle ich nicht / daß sie wegen ihrer schönen weissen Farb auch dem Frauen-Zimmer eine gute Schmincke abgeben könne / indem die Eisenblume viel schöner und fast auch zährter ist / wie das Magisterium Marcasitae, so sonsten die weisse Schmincke abgiebet.
|| [88]

Das XXXII. Capitel Von denen Marcasiten / Wiszmuth und Zinck.
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Abbildung

§. 1.
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MArcasit (MARCASITA) ist nichts anders / als ein unzeitiges ??? rialisches und sehr flüssiges Metall / von unterschiedlicher Couleur, doch meistens gelblicht: wird sonsten inßgemein von einigen auch Wißmuth oder BIS MUTHUM geheissen / welcher Nahme doch von andern nur derjenigen Marcasit, so auß den Zinn-Gruben kommet / beygeleget wird / wie in des Herrn Pomets General Historie der Materialien Part. 3. Lib. 1. cap. 6. et 25. zu sehen ist.

§. 2.
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Gleich wie nun ein jedes Metall seine eigene Marcasitam hat / also ist leicht zu dencken / daß man vielerley Arten davon finde / und solches domehr / weilen fast ein jedes unbekandtes Metall vor ein Marcasit will gehalten werden; dahero man zuweilen vielerley Sorten bey den Materialisten antrifft / als graue / schwartze / gelbe / und solche entweder in runden / viereckichten und platten Stückern. Inßgemein aber führen sie zwey biß drey Sorten / als I. die MARCASITAM AUREAM, Gold-Kieß / welche auß kleinen / runden / sehr schweren und nicht leicht zerbrüchlichen Kugeln bestehet: 2. MARCASITAM ARGENTEAM oder Silber-Marcasit, welche fast eben so figuriret ist / doch aber weniger Tinctur hat / und 3. die jenige / so auß den Kupffer-Minen herkombt / welche auß grossen Kugeln / wie ein Ball / doch gemeiniglich uneben / auch zuweilen auß länglichten Stückern bestehet. Diese letztere Marcasit, ist zwar sehr hart / dennoch wann sie an einem feuchten Ott gehalten wird / so zerfället sie leichtlich und wird in ein Vitriol von der Feuchtigkeit / welche sie durchdringet / soiviret.

§. 3.
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Sonsten hat man auch noch eine Art von Kupffer-Marcasit, welche Lateinisch PYRITES und von den Frantzosen MONDIQUE genennet wird: ist ein schwerer und grauer Stein mit gelben und gläntzenden Flecken und Adern / worauß auch Vitriol gemachet wird.

§. 4.
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Die bekandteste unter allen ist die Zinn-Marcasit oder das BISMUTHUM, welches sonsten auch STANNUM CINEREUM und von den Frantzosen L' êtain de glace, zu teutsch Wißmuth / und per excellentiam vor andern in den Apothecken Marcasit genennet [89] wird / weilen es alle andere an der Schönheit und Güte übertrifft. Ob es aber also natürlich in den Zinn-Gruben gefunden werde / will obgemeldtem Frantzöischen Materialisten Pomet c. l. sehr zweiffelhafftig vorkommen / dieweilen alle und jede Materialisten / mit welchen er entweder schrifftlich oder mündlich deßwegen conferiret / bekennen / daß der Wißmuth / wie sie ihn heut zu Tag verkauffen / eine künstliche Mixtur auß Zinn / Weinstein und Salpeter sey. Die Engeländer sollen etwas Kupffer darunter mischen / dahero derselbige etwas röther oder gelber wird. Weßwegen ihn obiger Author vor ein Regulum ???. halten will. Andere hergegen wollen versichern / daß der Wißmuth in der Erden generiret und auß seiner Minera entweder vor dem Blaßbalg / oder durch den Wind / getriebenes Feuer in gewisse Schüsselein geschmoltzen werde / wie solches Erckerus im Probier-Buck Part. 4. p. 74. in obiger Figur zeiget / und Ettmüllerus in seinem Comment. in Schroed. pag. 895. bestättiget. Scheinet also daß Herr Pomet durch die geschmoltzene Figur dahin geleitet worden / daß er ihn vor einen Regulum hält: Muß sonsten in hübschen grossen Stücken / welche weiß und leicht zu zerbrechen seyn / bestehen / und dem Regulo ??? gleich sehen.

§. 5.
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Was den Gebrauch der Marcasiten an langet / so werden sie sonderlich von den Chymicis und Alchymisten gesuchet / am meisten aber der Gold-Kieß / welcher gleichsam der Saame des Goldes ist / wie die andere Marcasiten der andern Metallen sind. Die gemeine Marcasit oder Wißmuth aber wird auch sehr von den Kannen-Giessern / an statt des Reguli ???. gebrauchet und in der Artzney werden einige äusserliche Mittel / als weisse Schmineke / darauß gemacht / so nichts anderst ist / als das MAGISTERIUM MARCASITAE, welches einige auch BLANC de PERLES und BLANC d’ ESPAGNE auff Frantzöisch nennen. Dieses wird also gemacht: Man solviret den Wißmuth in ???. rectif. und praecipitiret es nachgehends mit fliesend Wasser / nicht aber mit Brunnen-Wasser / welches alles trüb machet. Andere schlagen die Solurion mit dem ??? Tart. per deliq. darnieder / und bekommen also des so genandte COSMETICUM CLUVII, welches gegen allerley, Flecken des Angesichts dienet / und dasselbe schön weiß machet. Es wird beydes also gebrauchet / daß man es den Fetten Personen mit Bohnen-Wasser / den Mageren aber mit Jasmin-Oehl oder Pomade anmache und dieselbige damit anstreichen lasse. Die Perruquen-Macher sollen die rothe Haar weißlicht oder blau darmit färben / welches aber im Regen den Strich nicht hält; wie dann auch die Apothecker dieses Magisterium nicht in grosser Quantität machen sollen / weilen es leichtlich gelblich wird / wann es alt ist. Diejenige aber / welche es von andern kauffen / müssen es von redlichen und bekandten Leuten kauffen / dann ein grosser Betrug darmit unterlauffen kan. Einige machen es auch auß den FLORIBUS MARCASITAE, welche von dem calcinirten und mit Salarmoniac sublimirtem Wißmuth zubereitet werden. Diese Flores in Wasser zerlassen und mit dem ???. oder auch ??? Tart. p. d. niedergeschlagen / geben ingleichem ein dergleichen weisses Pulver und Magisterium, welches wie das vorige gemitzet wird.

§. 6.
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Letzlich ist der Zinck noch übrig / welcher sonsten auch Speauter genennet / und in viereckichten dicken Kuchen / worzu er / wann er gereiniget wird / in eine Form gegossen / kommet: findet sich häuffig umb Goßlar / wo das Kupffer-Wasser oder Vitriol herkommet und ist eine Art Bley-Ertz / aber viel härter / weisser und gläntzender / als das gemeinen. Einige / als M. Charas vermeinen / es würde der Zinck auß Bley und Arsenic, mit Salpeter und Weinstein gemachet: allein, Pomet, dessen Mittbürger / hat offentlich gezeiget / daß solches sich nicht thun lasse / und also dieses ein natürlich / wiewohl unvollkommenes / Metall sey. Das beste ist schön weiß / in grossen Stückern und nickt leicht-brüchig. Je länger es im Feuer gewesen / je schöner es ist / welches an den kleinen Sternlein darauff zu sehen / wann es wieder gegossen und zu kleinen Stücklein formiret wird.

§. 7.
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Es wird dieses Metall in grosser Quantität von den Kannen Giessern, verthan / nachdem sie in Acht genommen / daß das Zinn viel besser dadurch / als durch den Feilstaub der Nadelmacher von seinem Unflat zusaubern sey. Einige stehen in den Gedaneken / sie vermehreten das Gewicht des Zinnes damit; allein daß dem nicht so sey / erhellet darauß / indem sie unter einen Centner Zinns / kaum ein ??? Zinc nehmen: und ist zu verwundern / ras der Zinck das Zinn also reinige / als das Bley das Gold / Silber oder Kupffer. Es dienet auch den Rothgiessern und zum Löthen: allwo man doch wohl zu sehen mus / daß der Zinck gut sey / sonsten verdirbt man die gantze Löthung. Zinck gibt dem Kupffer eine Gold-Farbe / absonderlich wann man etwas Curcuma darzu thut / zwingt auch das Kupffer nicht anders / als Arsenicum, wann man das weisse Kupffer machet: Oder auch wie der Gallmey Kupffer in Messing verändert / und der Ungarische Vitriol das Eisen in Kupffer tingiret / wie / Pomet auß den Act. Soc. Regiae Londin l. c. wohl angemercker hat. Von dessen Praeparatis, als Floribus Zinci, besthe Ettmüllerum l. c. pag. 896.
|| [90]

Das XXXIII. Capitel Von dem rohen und gegossenen Spiesglas / wie auch dessen Praeparatis.
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Abbildung

§. 1.
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DAs Spieß-Glas / ???. oder Antimonium, wie es bey denen Materialisten gefunden wird / ist ein hartes / schweres / doch zerbrichliches Metall / schwartzlicht wie Bley anzusehen / und mit langen gläntzenden Streiffen / auch (wann es vom besten) röthlichten Tüpfflein begabet: wird insgemein Antimonium Crudum, oder Rohe Spiesglas genennet / welches doch unrecht ist / indem es nicht rohe auß den Berg-Wercken / sondern in Klumpen und also gegossenen Kuchen gebracht wird / welche auß der Minera ???. oder dem rohen Spiesglas durch Hülff des Feuers gezwungen werden: kombt meistens auß Franckreich und Teutschland / nachdem das Ungarische (welches das beste) nicht mehr wohl zu haben ist.

§. 2.
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Diese Minera ???. findet sich in vielerley Gestalt / und bestehet insgemein auß schwartzen und etwas gläntzenden Ertz-Steinen / oder wächset an gewissem Schiefer-Sand und andern Steinen / hat auch zuweilen durchsichtige Flüsse und metallische Crystallen über sich / wie Ulysses Aldrovandus in seinen Museo Metallico pag. 188. durch obgesetzte Figuren zeiget. Und obwohlen Plinius lib. 33. cap. 6. diese Mineram in das männliche und weibliche Geschlecht getheilet und die letztere vor die beste gehalten hat / so will doch Pomet auff solchen Unterscheid wenig geben / noch gesehen haben / ob er schon vieles ???. sein Lebtag durchtrieben / wie seine Historie Generale des Drogues Part. 3. lib. 2. pag. 54. außweisset. Man sehe nur zu / daß sie schwer / reich und lauter von Kissen sey / welche auch Marxius in seiner Material-Kammer pag. 27. vor die beste hält: absonderlich wann sie auß Ungarn zu haben / welche Gold-reich / aber heut zu Tag sehr rar ist; doch findet man auch in Teutschland vieles ???. welches auch nicht zu verwerffen ist.

§. 3.
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Auß diesen Mineris wird das gemeine Spiesglas also geschmoltzen: man nimbt zwey irrdine Töpffe / gräbt den einen in die Erde / bedeckt denselben mit einem eisernen Blech / wie ein Schaumlöffel durchlöchert / stürtzet alsdann den andern / welcher mit der zerstossenen, Minerâ ???. angefüllet / das unterst zu oberst / darüber / umgib beyde Töpffe mit einem starcken Feuer / so tropffet das ???. in den untersten Topff zu solchen Kuchen und Kegele / wie es gebracht wird: das Blech aber verhindert / daß der Kieß und, Steine von der Minerâ zurück bleiben.

§. 4.
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Der Gebrauch des so genandten Antimonii Crudi ist gar vielerley / indem man es nicht allein auff den Schmeltz-Hütten / andere Metallen zum reinen Fluß zu bringen / emploiret / sondern auch in den Schrifft-Giessereyen zu den Buchstaben der [91] Drucker sehr nöthig hat. So brauchen sich auch dessen die Roß- und Vieh-Aertze / absonderlich / zu den Pferdten / denen man solches unter das Futter menget / und einen Schweiß da durch zu wegen bringt / wordurch sie vortrefflich curiret werden / wie in den Actis Societ. Reg. Londin. davon geschrieben wird. Ob man aber solches den Menschen geben könne oder dörffe / davon ist immer unter den Artzney-Doctoren, ein grosser Disputat gewessen? Gewiß ist es / daß vor dem zwölfften Seculo solches innerlich nicht gebrauchet worden; nachdem aber Basilius Valentini, ein vermeinter Münch / dessen Tugenden erfahren und in seinem so genandten Currutriumphal. ???. so höchlich angerühmet hat / ist es so bekandt worden / daß einige Medici darauß eine Apotheckgegen alle Kranckheiten zu machen sich unterstehen. In Franckreich allein / absonderlich zu Paris / hat es sehr widrige und wunderliche Fata gehabt / wo im Jahr 1566. das Parlament den Gebrauch des ???. offentlichen verbotten / auch einen Medicum, Besnier genandt / Anno 1609. auß der Facultät außgeschlossen / weilen er darwieder gehandelt / biß endlich Ann. 1637. dieses wider auffgehoben und nur den Medicis erlaubet worden die ??? alia wieder zu gebrauchen; dahero heut zu Tag nicht allein viele Praeparata darvon täglich gebrauchet / sondern das ???. crudum in den Holtzträncken zuweilen verschrieben wird; welches auch einige zu etlich granen in Substantiâ gegen die schwere Noth / Jucken der Haut / und die Frantzosen eingeben / welches doch grössere Behutsamkeit vonnöthen hat.

§. 5.
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Unter den PRAEPARATIS ??? alibus (deren sich die meiste auch in denen Material-Kammern finden) ist erstlich das VITRUM ANTIMONII, welches nichts anders als ein calcinirtes und von seinem gifftigen Schwefel befreyetes Spiesglase ist. Man findet solches zuweilen von der Natur selbsten unter der Erden praeparirt / und hab ich selbsten eine Mineram ???. in Handen / an welcher ein Purpur-farbes Vitrum ???. zu sehen ist. Weilen aber solches sehr rar ist / so wird es durch eine künstliche und starcke calcination unter eine̅ grossen Camin verfertiget / worbey man sich sehr vor dem gifftigen Rauch zu hüten hat. Es kommet insgemein auß Holland / wo sie einen grossen apparat darzu haben / und hält man davor / daß die Holländer gemein Glas unter das fliessende ???. mischen thäten / damit die Schwärtze des ???. geändert werde. Das gemeine ist dunckel-braun in dicken / auch dünnen Stücken / ohne welches die Chymici auch ein Purpur-farbes / gelbes und von andern couleuren zu machen wissen. Ben dem Einkauffe erkiese man die Platte / rothlichthelle und durchsichtige Stücker / worunter kein oder wenig kleines / schwartzes u̅n graues Gemirbel sey: wird zu erbrechenden und purgirenden Artzneyen gebraucht / wann man es über Nacht in Wein leget. Man kan auch purgirende Becher darauß machen lassen / wann man es entweder selbsten dazu giesset / oder streuet es gröblich zerstossen unter das noch frische Hartz / wormit die hierzu gemachte höltzerne Becher gehärtzet werden. Im Krieg sollen sie vergiffrete Kugelen darauß machen / deren eine unter meinen raritäten habe / welche in eines Frantzosen Musquet gefunden worden.

§. 6.
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Einige calciniren das gestossene Spiesglas gelind an der Sonnen / vermittelst eines metallischen oder auch gemeinen Brennspiegels / wodurch nicht allein der gifftige Schwefel von demselben geschieden / sondern auch durch concentrirung und Vereinigung der Son̅en-Strahlen ihm was sonderliches zugeleget wird / welches von des Vermehrung des Gewichts abzunehmen ist; kan also das ???. hindurch figiret werden / daß es mehr ein Schweiß-treibend- und Hertz-stärckendes Mittel / als ein Vomitiv abgebe / wie solches Le Febure in seinem Tract. de la Chymie Tom. 2. pag. 996. & seqq. weitläufftig abhandelt / und die gantze Operation in obiger Figur vorstellet. Was aber Bartholetus vor ein Geheimnuß darauß mache / kan bey dem Ettmüller in Comm. Schroed. ad h. l. gesehen werden.

§. 7.
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So man ferner das ???. mit Wein-Stein und Salpeter calcinirt und zum Fluß bringet / in eine fett gemachte Gießpuckel giesset / und so lang an diese mit dem Hammer klopffet / biß sich der schwere metallische Theil zu Boden gibt / so bekombt man den REGULUM ???. COMMUNEM, welcher / so er recht gut und wohl gerathen / auß schönen gläntzenden Stücken / wie Wißmuth / bestehen muß. Wann er aber noch nicht schön ist / muß er von neuem mit dem ???. gegossen und gereiniget werden: dienet auch zum Erbrechen und Purgiren / über Nacht in Wein geleget. Man kan auch Becher darauß giessen lassen / worinnen ein Glas Wein über Nacht gegossen Morgends purgiret. Andere machen de einer Schmied-Esse silberne Kugeln / Ringe und dergleichen darauß / legen sie über Nacht in Wein: oder machen immerwährende Pillulen darauß. Vor diesem haben ihn die Engeländer unter das Zinn gemenget / an dessen statt sie jetzt den Wißmuth gebrauchen. Nimbt man an statt des Salpeters gemein Küchen Saltz und Wein-Stein / bekombt man den REGULUM ???. MEDICINALEM, dessen rechte Beschreibung in des Vigani Medulla Chym. p. 20. zu finden ist, Nimbst du aber Feil-Staube oder Huf-Nägel zu dem ???. und ???. so bekombt man den REGULUM [92] MARTIS STELLATUM, welchen einen desto schöneren Stern-Glantz bekombt / je länger er im Feuer gehalten und die gläntzende Streiffe des Spießglases dadurch an den Rand getrieben werden. Wie mit andern Metallen die Reguli zu machen seyen / findet man in dem Schroedero und dessen Außlegern.

§. 8.
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Uber diesen Königen oder Regulis setzen sich die Schlacken oder Scoriae in der Gießpuckel / auß welchen das SULPHUR AURATUM ANTIMONII praecipitiret wird / wann man die Schlacken in Wasser auffsiedet und mit Essig darnieder schläget / allwo nach einem hefftigen Gestanck sich ein rothes Pulver zu Boden setzet / welches wegen der Farb das Sulphur Antimonii Auratum genennet / und je offter es praecipitirt ist / je besser gehalten wird: treibet den Schweiß und wann es auffs höchste gebracht wird / so curiret es die schwere Noth / zu 1. bis 3. Gran eingegeben / worvon Ettmüllerus in Valetudinar. Infant. Tit. de Epil. zu sehen ist. Man macht auch eine Tinct. ???. davon.

§. 9.
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Lässet man aber das mit gleicher quantität Salpeter vermischtes Antimonium so gleich durch Anzündung der Mixtur verpuffen und detoniren / so bekommet man das so genandte HEPAR ANTIMONII: ist ein Leber-farbichtes Pulver / von welcher Farb es so genennet wird / welches / so es offters mit warm Wasser abgeschwemmet / von dem Salpeter befreyet und also außgesüsset wird / gelblicht wie Saffran außsiehet und derowegen CROCUS METALLORUM genennet wird: auß dessen Infusion die Vina Emetica oder Brech-Wein / Aqua benedicta Rulandi, Tartarus emeticus Myns. und dergleichen den Medicis wohl-bekandte Emetica oder Brech-Mittel verfertiget werden / worvon Dan. Ludovici in Pharm. Mod. Seculo applicanda Tit. de Vomit. Min. zu sehen. Dieses wird auch Lothweis den Pferden eingegeben / und ist der Grund des so genandten Pulveris Imperalis vor die Pferde / worvon Soleysel in einem Frantzöischen Tractat von den Pferd-Curen zu sehen ist.

§. 10.
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Vermischet man aber drey Theil Salpeter mit dem gestossenen Spießglas und detoniret es entweder auff einmahl / oder noch und nach / so bekommet man das ANTIMONIUM DIAPHORETICUM, so ein vortrefflich Schweiß-treibendes Mittel ist / und wann man an statt des gemeinen Antimonii, dessen Regulum nimbt / wird es vor besser gehalten / auch CERUSSA ANTIMONII genennet: muß beyderseits abgesüsset werden / und hat man alsdann auß dem abgeschwelten Wasser das ??? atum umbsonst / welches auch bey Verfertigung des Croci metallorum in Acht zu nehmen ist.

§. 11.
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Wann man das Spießglas ohne Zusatz in einem Kolben oder Topff in die übergesetzte Hüte oder Aludel sublimiret / so bekommet man die FLORES ANTIMONII, deren sich die Charlatans zum vomiren / aber offters mit gröster Lebens-Gefahr bedienen / und kenne ich einen Empiricum, welcher die schwere Noth damit perfect curiret / aber auch manchen schlaffen leget. Gibt ordentlich 3. Gran davon.

§. 12.
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So man endlich das Antimonium mit dem Mercuriô sublimiret / so gehet erstlich das BUTYRUM ANTIMONII, welches man zum Fontanell-Setzen gebrauchet / über / und folget alsdann der so genandte CINNABARIS ANTIMONII, welcher in schönen grossen Stücken und roth / mit gläntzenden Streiffen / seyn soll / nicht schwartzlich: muß etlichmahl sublimiret werden. Derselbe ist ein vortrefflich Schweiß-treibendes und Nerven-stärckendes Medicament. Man bekombt auch etwas von dem Mercuriô resuscitato bey dieser Operation, davon anderstwo gesagt worden. Will man das BEZOARDICUM MINERALE haben / so lässet man das Butyrum Antimonii in Wasser zergehen / praecipitirt darauß den MERCURIUM VITAE, ziehet darüber den ???. also hat man das verlangte Bezoardicum, welches so gut ist / als das Antimonium diaphoreticum, auch nur in halber dosi. Das überbleibende Wasser etwas abgerauchet gibt den ??? Philosophicum: welche Praeparata in denen gemeinen Apothecker-Täxen so hoch angeschrieben sind / daß so man vor 1. Rthlr. Spießglas hierzu anwendet / nicht viel weniger als 100. Rthlr. dadurch zu gewinnen sind / wie es Daniel Ludovici Tract. de Moderatione Taxarum außgerechnet hat.
|| [93]

Das XXXIV. Capitel Von dem Queck-Silber / und Zinnober.
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Abbildung

§. 1.
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DAs Queck-Silber / oder ARGENTUM VIVUM ist ein sehr schwerer / flüssig - und flüchtiger metallischer Safft / gleich als ein gläntzender silbener Fluß anzusehen / weßwegen es auch Griechisch Hydrargyrum, wegen seiner Unbeständigkeit im Feuer aber ???, oder MERCURIUS genennet wird: kommet heut zu Tags meistentheils auß Oestreich und Hungarn über Holland / in ledernen Schläuchen von Schaaf-Fellen / welche in höltzerne Stäncher geschlagen und das übrige spatium mit Sägspänen oder Hexel außgefüllet werden. Ist also der Warheit gantz nicht gemäß / daß einige davor halten wollen / es wäre das Quecksilber / umb solches desto besser in andere Länder zu führen / erstlich fast alle zu Zinnober gemacht / aus welchem es nachmahlen wieder resuscitiret und außgeschmoltzen werde; indem wohl ehe 1000. ??? Quecksilber oder so viel praeparirter Zinnober anderstwo verführet werden / als 50. ??? roher Zinnober / und würden die Holländer viel eher den ??? coaguliren als zu Zinnober bringen / wann er nicht in Natura fortzubringen wäre.

§. 2.
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Es findet sich aber das Quecksilber entweder also pur und fliessend in den Bergwercken / welches ??? VIRGINEUS genennet und vor den reinesten geachtet wird; wiewohlen auch derjenige ??? / welcher entweder aus dem Cinnabari artificiali oder andern Chymischen Praeparatis resuscitiret und ??? RESUSCITATUS geheissen wird / ihm an Gütigkeit sehr nahe kommet: Oder wird auß seinen eigenen Ertzen und Mineren gebracht / welche gemeiniglich röthlicht sind / wie ich dergleichen habe / oder etwas graulicht / mit gläntzenden Streiffen / wie das ??? anzusehen / dergleichen MINERA ??? oben in der Fig. abgebildet ist. Eine solche soll sich fast nur in zweyen Ländern in gantz Europa finden / nemblich in Spanien und Hungarn. In Spanien zwar wird das beste Quecksilber gefunden / welches das Silber ubergülden soll und deßwegen von den Alchymisten sehr aestimiret wird: Ist aber sehr rar und übel zu haben / indem der König in Spanien verbotten solches in andere Königreiche zu führen / ausser denen Indien / allwo es zu Scheidung und Reinigung des Goldes und Silbers employiret wird. Muß also fast alle das Quecksilber auß Ungarn und Siebenbürgen / allwo in Histria, fünff Meilen von Labach / an den Venedischen Gräntzen / ein so reiches Ertz zu finden / daß 4. Centner desselben 3. Centner Quecksilber und Zinnober geben / wie Marxius in seiner Material Kammer pag 28. schreibet; träget also solches Bergwerck Ihro Majestät dem Römischen Kayser jährlich etliche Millionen ein / von welcher es die Holländer heut zu Tage in Bestand haben / und weilen ihnen jetzo das Monopolium zukombt / so haben sie den Preyß darvon umb ein merckliches gesteigert.

§. 3.
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Unter denjenigen Anzeigungen und Signis, wordurch die Quecksilber-Adern entdecket werden / ist hauptsächlich ein dicker Dunst / welcher sich morgends früh im Aprill und May-Monath kurtz bey der Erden sehen lässet / und wegen seiner Schwerigkeit nicht weiter in die Höhe [94] steiget: An welchen Orten alsdann die Bergleute ansetzen / absonderlich / wann sie gegen den Nordwind streichen / auch viel Wasser umb sich haben. Die außgegrabene Ertze aber thun sie in grosse eisserne Retorten / und destilliren darauß den ??? in andere mit Wasser angefüllte Excipienten / oder auch in zwey auff einander gesetzte Töpffen per descensum: Und wann sie das Quecksilber empfangen / so wird hernach solches durch ein Leder gedrucket und also von seinen Unreinigkeiten befreyet.

§. 4.
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Das also verfertigte Quecksilber muß schön / weiß / sauber / recht lebendig und fliessend wie ein helles Wasser seyn. Das jenige aber / so in einer kupffernen Schaale gleichsam wie Bley und dunckel anzusehen ist / sich auch / als ob es fett wäre / zihet / oder an den Händen hangen bleibet und sich daran in runde Kugeln formiret / ist zu verwerffen / weilen es entweder durch Betrug oder von ohngefehr mit Bley vermischet und also den Spiegelmachern / Goldschmieden und andern / welchen es zu den Foliis, übergülden und dergleichen meistens consumiren / grossen Schaden zufügen könte. Die Prob davon ist / wann man den ??? destilliret / oder in einem silbernen Löffel über dem Feuer abrauchen lässet: Gehet er dorten gantz über / oder lässet hier einen gelben Flecken hinter sich / so ist er gut. Lässet er aber nach dem destilliren ein Sediment und nach dem Abrauchen einen schwartzen Flecken hinter sich / so ist er verfälschet. Einige können die Güte des Quecksilbers durch das Gewicht erforschen / an welchem es nechst dem Gold alle andere Metallen über trifft / so gar / daß ein stück Eisen von 50. ??? auff einer Quantität Quecksilber / wie sie auß Holland kommet und ohngefehr 160. oder 125. ??? wieget / nicht untergehet / sondern wie Holtz auff dem Wasser schwimmet. Nach Außrechnung einiger Mathematicorum wieget ein gevierter Schuh ??? 947. ??? da hergegen ein solcher Schuh Wassers nur 62. ??? wieget; welches mit einem kupffernen und hohlen Cubo, dergleichen sich die Philosophi Experimentales im Wasserwägen bedienen / einem jeden gleich unter Augen kan gestellet werden. Die Gelährten / so fernere Nachricht hiervon haben wollen / können davon des berühmten Holländischen Philosophi, Burch. de Volder Disp. de Aëris Gravitate p. 55. & seqq. nachschlagen / allwo sie am Ende die Proportion des ??? gegen des Wassers Schwerigkeit finden werden.

§. 5.
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Den Gebrauch des ??? betreffend / so thut er / über jetztberührten Nutzen / den er den Spiegelmachern / Goldschmieden / Wardeinen und andern bringet / den Medicis in der Artzney auch grosse Diensten / indem sie nicht allein viele Praeparata, (davon unten ein mehrers) darauß verfertigen / sondern auch den rohen und crudum ??? offters / so wohl in-als äusserlich / gegen einige sehr hartnäckichte Kranckheiten gebrauchen / welche fast nicht anderst / als dadurch zuheben und zubändigen sind. Obwohlen sie noch nicht einig sind / ob der ??? kalter oder warmer Natur sey / darvon das erste der Warheit ähnlicher ist / indem der ??? auch äusserlich so kalt ist / daß man ohnmöglich die Hand darin / nur ein Viertelstund / halten könne. Innerlich zwar wird das Quecksilber manchmahl in grosser Quantität gegen die Darmgicht / welche sonsten Passio Iliaca und Miserere Mei genennet wird / eingegeben / so gar / daß Doct. Erbenius, vor diesem Königlicher Pohlnischer Leib- und Feld-Medicus, nachmahlen Physicus zu Speyer / einsmahl 3. ??? davon eingegeben / wie Ettmüllerus in Comm. ad Schroed. berichtet. Es muß aber alsdann der Patient in der Stube hin und her gewältzet werden / damit der ??? wieder durch den Stuhlgang fortgehe / sonsten dörffte es schlimme Händel setzen. Man reibt ihn auch mit Hutzucker in einem höltzernen Mörser solang / biß der Zucker schwartz wird / oder schüttelt entweder gemein Wasser oder ??? hyperici damit ab / und gibt beydes ohne das Quecksilber gegen die Würme der kleinen Kinder / welchen er / gleich allem andern Ungezieffer / als Läuse / Wand- und Filtzläuse sc. ein rechter Gifft ist; dahero er auch in der gemeinen Läuß- und Reuter-Salbe das meinste thut. Eusserlich wird das rohe Quecksilber ferner gegen die Frantzosen zu der Salivation und Spey-Cur gebraucht / wann es mit Schweinen-Schmaltz zu einer Salb gemacht und in einer warmen Stube in alle Gelencke gerieben wird / welche Cur der berümbte Englische Practicus D. Sydenham in einem besonderm Brieffe de Cur. Luis Venere??? vor andern kurtz / auffrichtig und deutlich beschrieben hat / und hab ich sie also zu Straßburg im Blatter-Hauß selbst mit erwünschtem Success appliciren gesehen-Gleicher gestalt wird es auch gegen alle Räudigkeit und Krätze / aber in geringer Quantität gebrauchet / auch in einen Gürtel von weissem Müller-Tuch gerieben / welchen man CINGULUM ??? RIALE oder den Mercurialischen Gürtel nennet / und umb den Leib gürtet; wo doch beyderseits grosser Behutsamkeit vonnöthen / von welcher D. Hoffmann in Clavi Schroed. p. 263. zu lesen ist. Die Naturkündiger brauchen ihn auch zu den Barometris oder Wetter-Glässern / dadurch man die Schwerigkeit der Lufft / und also böß oder gut Wetter ersehen kan / welche in einem Frantzöischen Tractätlein und in einer Disputation De Barometris von Herrn Prof. Hambergern schön beschrieben und abgemahlet sind.

§. 6.
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Alle diese Kräfften sind auch demienigen ???, welcher auß dem Zinnober resuscitiret wird / [95] zuzuschreiben / und weilen derselbe viel reiner und besser als der gemeine / so wird er von den Chymicis zu der ??? rialischen Panacaee, zum Goldmachen und andern Sachen vor besser gehalten. Der Zinnober aber ist zweyerley: nemlich der natürliche und gemachte Zinnober. Der erste nemlich CINNABARIS NATIVA oder der Berg-Zinnober ist eine Art von Quecksilber-Ertz / und bestehet auß einem rothen / schweren und gläntzendem Stein / welcher gleichsam von der Natur selbsten auß den ??? rialischen und schwefelichten Dünsten / welche durch das Unter - irrdische Feuer sublimiret sind / mit dem Stein - Saamen zusammen gesetzt und gezeuget worden: Findet sich häuffig in Spanien / wie auch verschiedenen Orten in Franckreich und Teutschland / als zu Altzey in der Pfaltz / bey Marburg in Hessen / in Ungarn und andern Orten / wo zu Winters-Zeit der Schnee roth wird / und nachdem er viel oder wenig steinichtes und hart ungeschlachtetes Wesen führet / wird er vor besser oder schlim̅er gehalten; wie man dann bey den Materialisten verschiedene Sorten findet / entweder steinicht / oder pur / in Körnern oder in Granis, welcher letztere so schlechter Dings kan gestossen und gerieben werden / da der erstere vieler Reinigung bedarff.

§. 7.
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Der beste ist der veritable Spanische Berg-Zinnober / welcher hoch an der Farbe und schön gläntzend ist / auch nicht zu viel steinichtes hat. Solte aber derselbe nicht zu haben seyn / kan man auch sonsten einen saubern und absonderlich den Ungarischen / so eine Gold-artichte Natur hat / brauchen.

§. 8.
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Auß diesem Zinnober pflegt man an einigen Orten / vermittelst zweyer Töpffen / das Quecksilber per descensum zu destilliren und heraußzubringen. Ob man aber denselben auch sicher zur Altzney innerlich gebrauchen könne? wollen einige / als Hoffmanaeus in Clav. Schroed. pag. 291. zweifflen / deme doch andere schon ein Genüge gethan / und zeiget die Praxis selbsten / daß man sich dessen freylich in den Gichtern und andern Nerven - Kranckheiten / Glieder- und Mutterschmerzen sc. wohl bedienen könne / absonderlich / wann er wohl gesäubert und abgeschwemmet. Daß ihn aber andere durch öffteres sublimiren zuvor säubern wollen / ist mehr schädlich als dienlich / wie Schulzius in Triga Cinnaber. schön erwiesen hat. In den Recepten sehe man nur zu / das keine Salia darunter gemischet werden / welche den ??? darinn schärffen und gleichsam einen ??? darauß machen können / welches grausame Tormina und andere Unfällen causiren kan. Eusserlich wird er auch zuweilen in Salben und Pflaster gebraucht. Was aber sonsten vor Medicamenten darvon gemacht / und in welchen Kranckheiten sie gut seyen / hat Clauderus in seinem Invento Cinnab. und auß demselben Tillingius in Scrutin. Cinnab. Min. weitläufftig gezeiget.

§. 9.
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Der gemachte Zinnober oder CINNABARIS FACTITIA wird durch die Kunst auß dem Quecksilber und Schwefel gemacht / wann man nemblich zwey Theil wohlgereinigten Quecksilbers in einen Theil schönes / compacten und gelben Schwefels / welcher in einen glasirten Hafen gelind geschmoltzen / incorporirt und gradatim sublimiret: oder wann man den ??? zuvor in Scheidwasser solviret / mit dem Schwefel vermischet / hernacher das Scheidwasser per dest. abziehet und das übrige sublimiret / wie beyde Wege von Lazaro Erckero im Probier-Buch Lib. 4. pag. 93. beschrieben sind. Insgemein sublimiren sie von der mixtur XXV. ??? auff einmahl / und wann solches geschehen / wiederum so viel / biß das Gefäß voll ist; dahero es kombt / daß die Kuchen oder Stücker / darinn der gemachte Zinnober auß Holland gebracht wird / Schichtweis an einander hangen und nachmahlen 3. bis 4. Centner wiegen / wie Pomet. in Hist. Simpl. Gen. Part. 3. Lib 1. c. 28. p. 17. in Acht genommen hat: Muß von schöner hoher Farb und schönen Streiffen seyn.

§. 10.
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Nebst dem gantzen Zinnober / welchen / wie gesagt / die Holländer an grossen Stücken schicken / kommet auch der von ihnen gestossene und entweder mit ???. oder Spiritu Vini praeparirte / welchen die Frantzosen VERMILLON nennen / dessen die Holländer zwey Sorten machen / nemblich die rothe oder die bleiche: welcher Unterschied nur daher rühret / nachdem der Zinnober mehr oder viel gemahlen oder gestossen wird; dann je mehr er gestossen wird / je bleicher und besser ist er / absonderlich / vor diejenige / so das Sigil-lac oder Spanisch-Wachs damit färben. Sonsten aber wird der praeparirte Zinnober vor den besten gehalten / welcher gantz subtil, trucken und nicht erdicht ist / welchen die Holländer vor andern zu praepariren wissen / und müssen einen sonderlichen Handgrieff haben / oder etwas darunter mischen / weilen ihr Vermillon so bald trücknet / da hergegen der rohe Zinnober / wann er gestossen und angefeuchtet wird / gar langsam und schwerlich wider trucken wird.

§. 11.
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Der Gebrauch des gemachten Zinnobers / so wohl des gantzen / als des praeparirten / kom [96] met hauptsächlich den Mahlern / und denjenigen / so das Spanische-Wachs / Oblaten und dergleichen damit färben / zu gut. Zuweilen unterstehet sich das Frauenvolck rothe Backen damit zu machen / welches gar eine gefährliche Schmincke wegen des ??? ist / und mögen solche ehe das Vermillon d' Espagne brauchen / welches von Safrano oder Orientalischen Safran gemacht wird. In der Medicin wird der gemachte Zinnober innerlich nicht gebrauchet / ausser daß den Pferden Pillen davon gemacht werden. Eusserlich brauchet man ihn zum räuchern in der Spey-Cur. Die Chymici resuscitiren mit Feil-Staub und Kalck den ??? darauß / welcher schòn weiß und flüssig seyn muß.

§. 12.
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Unter den übrigen Mercurialischen Praeparatis, welche die Materialisten führen / ist erstlich der ??? SUBLIMATUS oder der sublimat, welcher auß dem mit Scheidwasser und andern saltzichten Cörpern / als ??? comm. und der gleichen geschärfftem und sublimirtem Quecksilber gemacht wird: kombt meistens auß Holland und Venedig / allwo die Gelegenheiten darzu gebauet und er in grosser Menge zubereitet wird. Man bringt auch einen Sublimat auß Smyrnen, welcher aber nicht viel tauget. Am sichersten aber ist es / daß man den Mercurium Sublimatum selbsten praeparire / weilen der frembde offters mit dem Arsenico verfälschet wird; weßwegen man ihn durch folgende Proben gehen lässet: man giesset nehmlich ein wenig vom ??? Tartari per deli quium darauff / oder reibt ein wenig mit dem Weinstein-Saltz: wird er alsdann gelb / so ist es ein gewiß Zeichen / daß er vom Quecksilber gemacht und gut sey: wird er hergegen schwartz / so ist es ein böß Zeichen und tauget nichts. Alexius Pedemontanus hat in seinen Secretis Part. III. pag. 21. diese Prob: Schütte den Mercurium ??? auf glüende Kohlen / ist er gut / so wird er so gleich brennen und eine blaue Flamme geben: gibt er eine andere Farbe / so ist er nicht zum besten: En fin, er muß auß schönen Crystallen / so nicht nur hell / sondern auch Schnee-weiß / gläntzend und nicht schwer / noch dicht sind / bestehen: der schwere und welcher viel Spiegelstücker hat / ist zu verwerffen. Er wird von den Goldschmieden / Schmieden und Barbieren nur äusserlich gebraucht. Innerlich kan man ihn ohne Lebens-Gefahr nicht geben / dann es eines von den ärgsten und stärcksten Gifften ist: ob schon einige Bößwichter die Salivation damit zu erzwingen suchen / welche offters wackere Leut darmit schlaffen legen / wie kürtzlich ein Exempel zu Giessen geschehen ist.

§. 13.
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Auß diesem Sublimat wird der so genandte ??? DULCIS durch widerholte sublimation des Mercurii ??? mit dem gemeinen Quecksilber praepariret / welches mit seinen runden Kügelein die Spitzen des Sublimats verstecket und unkräfftig machet: muß zum wenigsten dreymahl sublimiret werden / sonsten er böse und dem Mercurio ??? to ähnliche Würckunge nach sich ziehet / wie dergleichen Exempel in den Pandectis Medico-Legalibus zu finden sind. Er muß auß schönen weissen / gläntzenden / kleinen / doch harten / Crystallen bestehen / welche auff der Zunge ohne Geschmack seyn / und wann er gestossen wird / etwas gelblicht werden: ist ein vortreffliches Mittel gegen die Frantzosen / Krätz / Würme der Kinder und andere Kranckheiten / innerlich und äusserlich gebrauchet. Wann er auß dem Mercurio resuscitato gemacht und achtmahl sublimiret wird / so wird die PANACAEA MERCURIALIS darauß / deren Gebrauch in der Frantzosen Cur auß einer Frantzöischen Beschreibung / so zu Paris gedruckt worden / zu sehen / welche in meinen Polychrestis Exoticis auch zu finden ist.

§. 14.
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Endlich ist auch der Praecipitat oder MERCURIUS PRAECIPITATUS in denen Material Kammern nicht unbekandt / und zwar erstlich der weisse oder Mercurius ??? albus, welcher auß des Mercurii solution cum ??? mit dem gemeinen Küchen-Saltz nieder geschlagen / hernacher abgesüsset und getrucknet wird. Soman aber das Menstruum ohne Niederschlag abrauchen lässet / so bekombt man zweytens den rothen ??? oder Mercurium ??? rubrum, welcher am gebräuchlichsten ist und zugleich auß Holland in andere Länder geschicket wird / wo er am besten gemachet wird. Die Prob davon hat Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 60. mit diesen Worten: Wann man von dem ein wenig auffs Kohl-Feuer legt / und die Glut denselben verzehrt und wegnimmet / so ist er gut: was aber übrig bleibt / ist Meng. Pomet reibt ein stück Goldes damit / und wann solches weiß wird / hält er den ??? vor gut: wird es aber schwartz / so ist er mit Meng vermengt: Ist in äusserlichen Schäden / welche er von faulem Fleisch reiniget / den Barbieren sehr gebräuchlich. Innerlich aber wird er nicht gebrauchet / es seye dann / daß er zuvor offt und zum wenigsten sechs mahl mit guten Brandtenwein abgebrennet werde / da alsdann das ARCANUM CORALLINUM darauß entstehet / welches von einigen auch innerlich gegeben wird. Ingleichen wird auch drittens der gelbe ??? LUTEUS oder
|| [97]
TURBITH MINERALE zum öfftern innerlich / die Salivation damit zu erwecken gegeben / welches auß dem resuscitirten und in ??? solvirtem ???. mit laulichtem Wasser praecipitiret / auch wie die andern gewaschen und getrucknet wird: ist ein gewaltig Vomitiv und Purgans, welches in der Frantzosen Cur sehr gebräuchlich ist / wie in des Sartorij Frantzosen-Artzt mit mehrerem zu sehen ist. Man kan auch dem ??? noch andere Farben geben / wann der ???. mit allerhand Metallen solviret und ???tirt wird / welche (wie auch andere ??? rialische Sachen mehr) bey dem Schroedero und dessen Außlegern Ettmüllero, Hoffmanno, auch andern Chymicis zu sehen sind.

Das XXXV. Capitel Von dem Sauer-Wasser / wie auch Besund- und Heil-Brunnen.
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Abbildung

§. 1.
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DIe Sauer-Brunnen / Sauer-Wasser oder ACIDULAE sind schöne clare und helle mineralische Gewässere / von unterschiedenem Halt und Geschmack / doch insgemein säuerlich / und werden so wohl in andern von uns entlegen Ländern / als in Teutschland / innerlich und äusserlich / gegen vierlerley Kranckheiten mit Nutzen gebrauchet.

§. 2.
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Alldieweilen aber die Krafft und Tugend derer Sauer-Brunnen meistens von denen Mineralien / welche sie in sich halten / herrühren / diese hergegen sehr unterschiedlich sind: Als gibt es auch unter den Sauer-Brunnen einen sehr grossen Unterschied / indem diejenige / so Eisen und Vitriol führen / mehr eröffnen und in langwierigen Kranckheiten gut thun: Andere so ein ??? oder Salpeter führen / gegen den Stein und Nieren-Weh: diejenige aber / so einen Schwefel bey sich haben / zu der Brust auch dienlich sind: wie nicht allein diejenige / so von allen Sauer-Brunnen insgemein geschrieben / als Theodorus Tabernaemontanus im neuen Wasser-Schatz / Rulandus in Hydriatico &c. sondern auch andere / welche von diesem und jenem Sauer-Brunnen absonderlich gehandelt (deren sehr viele gezehlet werden) längsten erwiesen haben. Allwo doch zu mercken / daß der allgemeine Welt-Geist oder Spiritus Mundi auch ein grosses contribuite / und zuweilen in den so genandten Gesund- und Heil-Brunnen offters sehr wundersame Würckunge thue / welche von diesen und jenen Mineralien nicht dependiren können / wie Hr. D. Tackius, weyland Hoch-Fürstl. Hessen-Darmstädtischer Leib-Medicus in seiner Beschreibung des zwischen Griß [98] heimb und Godelau entstandenen Heil-Bronnes gar schön erwiesen hat; Und gleichwie dieser Welt-Geist unsichtbar ist / also können auch die Mineralien, welche in den Sauer-Brunnen stecken / nicht bald unter Augen geleget werden / weilen sie zu flüchtig und gleichsam nur die innerliche Essentz der Mineralien sind / doch aber durch allerhand Proben erforschet werden können / von welchen Dietericus in Beschreibung der Schwallbächer Sauer-Brunnen und Henricus ab Heer de Fontibus Spadan. zu sehen sind.

§. 3.
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Die Art und Weiß solche zu gebrauchen ist schon von sehr vielen Medicis beschrieben worden / und stehet man noch täglich neue / aber meistens anffgewärmte / Büchlein darvon / nachdem sich ein jeder damit bey den Brunnen bekandt zu machen suchet. Alles kombt Hauptsächlich auff 3. Stück an / (welche vor 20. und mehr Jahren in meinen Erinnerungen von dem rechten Gebrauch der Sauer-Brunnen in Ober- und Unter-Hessen allbereit in Druck gegeben habe) wie man sich nemblich 1. vor 2. in 3 nach der Cur zu halten habe. Was das erste anlanget / so ist vor angefangener Cur hochnöthig / daß man in langwierigen Schwachheiten zuvor einen rechtschaffenen und gelahrten Medicum consulire / ob solche durch die Brunnen-Cur könten gehoben oder gelindert werden? und welcher Sauer-Brunn absonderlich darzu dienlich sey / indem / wie oben schon gesagt worden / darinnen ein grosser Unterschied ist und nicht alle einem jeden wohl bekommen; inmassen dann gewiß / daß der Schwallbacher Sauer-Brunn denen Lungensüchtigen oder welche zu dieser Kranckheit geneiget sind / sehr gefährlich sey und gleich ein Blutspeyen errege / welchen der Selterer hergegen mehr dienlich als schädlich ist. Zu Wildungen ist auch dem gemeinen Mann nicht unbewust / daß der so genandte Stadt-Brunn Schwind- und Lungensüchtigen keinen Schaden zufüge: da hingegen der Thal-Brun / so eine Stunde davon entspringet / dem Schwallbacher gleich / denenselben schon zu starck ist / als welchem er so wohl am Geschmack als andern Eigenschafften im geringsten nichts nachgeben wird / wie jhn vor diesem selbsten allda probiret habe. Nicht weniger ist gewiß / daß das Frauenzimmer auß gewissen Ursachen den Schwallbacher nicht allemahl vertragen könne / wohl aber den Tönnessteiner / ob gleich dieser in grösserer Quantität zu nehmen ist: welcher dann auch in denen so genandten obstructionibus viscerum den Meister spielet / da hingegen der Schwallbacher in denen Scorbutischen Kranckheiten / als lauffenden Gicht und Lähmigkeit der Glieder die Oberhand hat: welchem doch in der fliegenden Hitz der Selterer widerumb weit vorgezogen wird. So ist auch wohl zu erwegen / ob ein Patient die Cur recht außstehen und vollführen möge? dann wo Lung und Leber / auch übriges Eingeweid / nicht wohl beschaffen ist / so heist es Manum de Tabulâ! die Hand von dem Glase: und thäten solche Patienten besser / wann sie an statt der Brunnen jährlich eine gute Kräuter- oder Mayen-Cur hielten: Dergleichen sich vor diesem der Kayserliche General und Commendant in Philipsburg / Graff Starenberg / mit grossem Nutzen bedienete. Wann man sich aber zu der Brunnen-Cur resolviret / so muß alsdann der Leib zuvor recht zubereitet und gereiniget werden: allwo man sich doch vor den starcken purgirungen höchstens vorzusehen hat / welche zu nichts anderst taugen / als daß sie die schon schwache Lebens-Geister mehr darnieder werffen und die Stärcke oder Tonum des Magens dermassen schwächen / daß er das Wasser hernach nicht vertragen kan; zu geschweigen / daß Helmontius, Holterhof und andere / so vom langen und gesunden Leben geschrieben / ohne Scheu bekennen / daß sie das menschliche Leben verkürtzen / so gar das Gehema solche in einem besonderen Tract. vor grausame Medicinische Mord-Mittel außgeschrien. Ich an meinem wenigen Ort halte viel von den Senet-Träncklein / welche / wie offt erfahren / auch diejenige / so durch die stärckeste purgirungen nicht zu gegewinnen / wohl bewegen können. Zu dem End auch die ???. laxativa Viennensis in wohlbestelten Apothecken immer zu finden ist.

§. 4.
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Hierauff kan man zweytens zu dem Werck selbsten schreiten und in währender Cur Zeit / Maß / Art und Weiß des Wasser-trinckens wohl in obacht nehmen. Was das erste betrifft / so bestehet die beste Zeit in den 3. Sommer-Monaten / Junio, Julio, Augusto, weilen alsdann die Brunnen ihre rechte Stärcke haben / und so wohl die Mineralische Witterungen / als auch der so genandte allgemeine Welt-Geist und geheime Lebens-Speiß darinnen häuffig concentiret sind: wiewohlen im Fall der Noth ein verständiger Medicus am End des Maji und Anfang des Septembris noch dispensiren kan. In den übrigen Monaten aber gilt der Holländer Reime: Mensibus in quibus R. non debes bibere Water. In Ansehan der Quantität muß man zweytens seinen Magen zu Rath ziehen / und zu Anfang so viel zu sich nehmen / als derselbe ohne Beschwerung und Auffblöhung vertragen kan. Man fänget insgemein etwa mit einem oder zwey Schoppen an / und steiget auff ein / zwey / biß drey Maase / nach Unterscheid der [99] Brunnen und Personen / wornach man sich im Absteigen auch zu richten hat. Und weilen das Wasser mit seiner Kälte dem Magen offt schadet / so kan man es nach der heutigen Medicorum Art entweder etwas warm machen / oder die Citron- und Magen-Marsellen / überzogen Kümmel / Fenchel / Aniß / Calmus / und dergleichen dabey gebrauchen / auch wohl gar die ???. Carminat. ???. Physogon. Zedoariae und andere Sachen dabey geniessen. Auch muß drittens das Wasser nicht auff einmahl eingeschüttet werden / sondern fein gemach / nach und nach / mit unter- und nachgesetzter Bewegung / welche gleichsam die Seele der Brunnen ist / und die Natur dergestalt secundiren kan / daß sie das Wasser nicht allein durch alle Adern des Leibes zertheilen / sondern auch nach gethaner Würckung wieder außtreiben könne: wie sie dann gemeiniglich die erste Woche durch den Stuhlgang / die zweyte durch den Harn / und die dritte durch den Schweiß zu würcken pfleget / welches doch nicht allemahl angehet; weßwegen man immer auff ihre Würckung Acht zu geben und wo sie hingehet / zu helffen hat. Solte dann der Leib sich halßstarrig erzeigen / kan man zuweilen den praeparirten Wein-Stein / den Tartarum solub. auch wohl gar die Fol. Sennae in Sauer-Wasser infundiren / oder die Franckfurter / Mayntzer-Jesuiter / oder Doct. Bechers Pillen bey die Hand suchen. Doch muß man solche Sachen unter wärender Cur nicht gar zu offt und ohne Noth gebrauchen / viel weniger sich stärckere Purgierungen auffschwatzen lassen / welche dasjenige wieder umbreissen / was etwa das Sauer-Wasser gebauet hat / welches Sydenham auch bey der Stahl-Cur wohl erinnert hat. Mit grösserem Nutzen aber kan man mit dem Brunnen solche Sachen mischen / welche denselbigen zu den Harngängen und Schweißlöchern führen können / als R. ???. Tartari ???. und bey vornehmen Leuten R ???. B. Valentini. Worbey doch vierdtens noch aller Medicorum Klage auch zu hören / wie daß nemblich unter hunderten kaum zehen der Diaet und Leibes-Verpflegung recht abwarten / welche doch wohl in Acht zu nehmen / wo man anderst gedeylichen Effect verhoffen will. Weßwegen durchauß keine debauche zu machen / welche als eine vergüldete Pille ihre Bitterkeit verborgen führet / bald aber hernach / wo man sichs am wenigsten verstehet / ihr Gifft an Tage leget.

§. 5.
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Und eben dieses muß auch drittens nach vollbrachter Cur / irgend noch ein vierthel Jahr / continuiret / und also die gewiß erfolgende Nachwürckung der Brunnen befördert werden. Was aber endlich die mancherley Zufälle und Symptomata, welche denen Brunnen-Gästen zuzustossen pflegen / anlanget / so können hiervon andere / welche von den Sauer-Brunnen und deren Gebrauch geschrieben / absonderlich Theodorus Tabernaemontanus, Rochas, Langius, Rhumelius, Camerarius, Horstius, Geilfusius, Mogius, Wolffius, Ellenberger, Tileman, Ramlov, Melchior, Gladbach, und andere mehr gelesen werden.

§. 6.
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Nachdem endlich nicht jedermans Gelegenheit ist denen Sauer-Brunnen nachzuziehen / solche auch / wann sie anderstwo verführet werden / bey weitem nicht so kräfftig / als bey der Quelle selbsten sind / sie mögen auch so wohl verwahret werden / als immer möglich ist: So machen und bereiten andere auch künstliche Sauer-Brunnen oder ACIDULAS ARTIFICIALES, wann man entweder eine gute Stahl-Tinctur, R ???. oder andere dergleichen auff eben solche Art gebrauchet / worvon D. Ettmüllerus in seinem Comment. Schroed. pag. 678. kan gelesen werden.
|| [100]

Das XXXVI. Capitel Von den warmen Bädern.
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§. 1.
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DIe warme Bäder / THERMAE genandt / bestehen auß einem Mineralischen Wasser / so von Natur entweder laulicht oder gantz warm ist / und weilen sie allerhand mineralische Säffte und Theilgens mit sich führen / werden sie zu vielerley Gebrechen des menschlichen Leibes gebrauchet: find nicht allein in Teutschland an vielen Orten / als zu Aachen / Embs / Wißbaden sc. sondern auch in Ungarn und Türckey / als zu Ofen: wie auch in Engeland und anderstwo häuffig zu finden.

§. 2.
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Nun fragts sichs / wo die Wärme dieses Wassers herkomme? worvon nicht einerley Meynung unter den Gelährten geheget wird. Viele leiten solche Wärme von dem unter-irrdischen Feuer her: welches doch andere nicht zulassen / indem ohne Lufft / und wo diese nicht hinkommen kan / nicht leicht ein Feuer oder Flamme entstehen kan. Weßwegen andere die Hitze der warmen Bäder von einer unter-irrdischen Gärung und Bewegung der Mineralien herleiten / welche entweder von verschiedenen und wiedrigen metallischen Säfften und wann der saure Erdschwefel die Metallen naget / entstehet / wie Helmont. de Febr. cap. 9. §. 25. meinet / oder wann ein Kalckmässige Marcasit in dem Wasser auffgeldset und wie der gemeine Kalck gelöschet wird / dergleichen ein gelahrter Engeländer / Etmundus Meara umb die warme Bäder in Engeland angetroffen / wie auß dessen Send-Brief an D. Brugam in des Childray Histor. singul. Natur. Angl. zuersehen ist; dahero es dann kein wunder ist / daß offters mitten in einem kalten Fluß dergleichen warme Quelle springet / wie zu Embs in der Lahne zu sehen ist / weilen an solchem Ort dergleichen Gärung nur entstehet: Wiewohlen auch andere Mineralien / als Alaun / Salpeter / Schwefel / Vitriol, Saltz / Eisen und dergleichen auff subtile Art und Weiß das ihrige beytragen können / wie D. Horstius in Beschreibung des Embser-Bades / pag. 1. meinet.

§. 3.
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Hierauß ist nun leicht zu schliessen / daß in Ansehen dieser viel- und mancherley ingredientien auch unter den warmen Bädern ein grosser Unterscheid sey / welcher nicht allein von einer gelinderen oder stärckeren Wärme / sondern auch hauptsächlich von obgemeldten Mineralien herrühret / deren etliche mehr in diesen / etliche mehr in andern warmen Bädern zu finden sind. Weilen dann zum Exempel in dem Carls-Bad nicht allein eine dergleichen Kalckmässige und schwefelichte Ader / sondern auch etwas von dem ???. oder Eisen enthalten / wie Langius de Therm. Carolin. cap. 3. bezeuget: Andere aber als die Thermae Teplicenses, das Embser- und Wißbad / auch Alaun und Salpeter bey sich führen / wie D. Geilfus Seel. auß gewissen davon genommenen Proben im klärlichen Unterricht vom Wißbad pag. 9. erwiesen hat: Als kan es nicht wohl anderst seyn / sie müssen nothwendig auch andere Würckungen thun; wiewohlen fast in allen der Schwefel den Vorzug hat / krafft dessen sie eine zertheilende / reinigende / heilende / anziehende und erwärmende Tugend haben / und auch mehr den feuchten und melancholischen / als hitzigen Naturen dienlich find.

§. 4.
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Dem Nutzen und Gebrauch nach heilen sie alle Gebrechen und Käudigkeit der Haut / Krätze / Aussatz und dergleichen: stärcken die erkältete und zitterende Glieder / sambt deren Lähmigkeit und Contracture / absonderlich wann sie auff die Colic erfolget / gegen welche sie zugleich [101] sehr dienlich sind: lindern den Stein-Schmertzen / das scorbutische und gemeine Gliederweh / Gicht und Podagra / wann es noch nicht lang gewäret / noch zu tieff eingewurtzelt / da sie sonsten mehr schaden und die nodos mehr verhärten könten; und weilen etliche zugleich sehr adstringiren und anhalten / so curiren sie das Außfallen der Mutter und des Affters / welches schon lang gewäret und von andern medicamenten nicht hat können gehoben werden / wie noch vor kurtzen Jahren der Hochfürstliche Hessen-Darmstädtische Leib-Medicus, Herr D. Hert / an einer hohen Stands-Person auß Norwegen erfahren hat / welche gegen der gleichen Außfallen des Affters schon alle ersinnliche Mittel von den berümbtesten Aertzten in Teutschland vergebens gebrauchet / und endlich in dem Embser Bad curiret worden: Allwo sehr merckwürdig / daß als gedachte vornehme Person zum erstenmahl in das Bad gekommen / das Wasser ihr den Affter wohl Spannlang mit Gewalt herauß gezogen: Als sie es aber dennoch continuiret / nach und nach wieder so eingezogen und endlich fast an seinem Ort gehalten / daß sie nachgehends mercklich curiret / und von solcher Beschwerung befreyet worden. Zarte Personen

§. 5.
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Die Art und Weisse die warme Bäder zu gebrauchen / ist in Beschreibung dieses oder jenes Bades absonderlich von verschiedenen geschickten und erfahrnen Practicis, als Horstio, Geilfusio, Langio, Melchiore, und andern weitläufftig beschrieben worden / welche alle darinnen einig sind / daß man vor dem Gebrauch des Bades nicht allein den Leib durch gelinde Laxierungen reinige / sondern auch durch andere zertheilende und Schweiß treibende Mittel zuvor praeparire / daß die Bäder hernach desto besser würcken können / sonsten können böse Fieber / Räudigkeit des Leibes und dergleichen darauß entstehen; weßwegen dann auch die warme Bäder nach vorher gebrauchter Sauerbrunnen Cur weit bessern Effect thun / als sonsten / wie D. Ettmüllerus in seinen Anmerckungen über den Schroeder pag. 780. lehret. Wann nun der Leib also zubereitet ist und der Patient etwas außgeruhet hat / kan er nach Unterscheid des Bades zum erstenmahl nur ¼. Stund hinein gehen / und nachgehends nach den vorgeschriebenen Bad-Ordnungen auff und absteigen. Zu Embs und Wißbaden hält man insgemein diese Ordnung: Starcke Personen So bald man aber auß dem Bad kommet / soll man ohngefehr enie halbe Stunde im Bett liegen und den Schweiß / da er zu leiden / erwarten und also nach einer Stunde Mahlzeit halten / gesunde verdauliche Speisse geniessen / auch nach der Mahlzeit nicht ehe wieder baden / biß 3. gute Stunde zum wenigsten vorbey / sintemahl das Baden mit ledigem Magen geschehen soll. Nach vollbrachter Cur pfleget man wieder ein gelind Laxativ zu nehmen und nicht eher / als bey gutem Wetter abzureissen / worvon obgemeldte Authores mit mehrerem handeln / bey welchen auch zu sehen / wie allen Zufällen bey dem Bad zu begegnen sey.

§. 6.
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Man brauchet auch die warme Bäder offt innerlich und trincket das Wasser / wie die Sauerbrunnen / gegen obbeschriebene und viele andere Kranckheiten / worzu sonsten das Sauerwasser auch gebrauchet wird; wie dann jetziger Zeit sonderlich das Embser Brünngen sehr berümbt ist / welches die Gäste inßgemein in wehrendem Baden auch zu trincken pflegen: Fangen mit einer Aechtmaß an und steigen auff anderthalb Maaß / mehr oder weniger / nach dem es die Natur leiden kan und die Kranckheit erfordert / worvon obbenambte Büchlein und Beschreibungen zu lesen sind.

§. 7.
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In Ermangelung dieser natürlichen warmen Bäder können die von allerhand mineralien nachgemachte Bäder oder THERMAE ARTIFICIALES auch nützlich gebrauchet werden / von welchen man verschiedene Beschreibungen in des Fuchsii, Capivaccii, D. Michels und andern vornehmen [102] Practicorum Schrifften findet / welche D. Joh. Horatius Molitor in seinem Tr. De Thermis Artificialibus VII. Mineralium Planet arum cap. 1. pag. 1. zusammen gefasset und mit den seinigen beschrieben hat. Doch gefallen mir diejenige fast am besten / welche auß wenigen und doch zulänglichen Stücken bestehen / dergleichen in des Kayserlichen Leib-Medici, Doct. Paul Sorbaits Schrifften pag. 312. zu finden sind / welcher ein ??? lebendigen Schwefels und ein ??? lebendigen Kalcks in acht ??? Wassers siedet: den andern Tag ein Bad auß warmen Wasser zubereiten lässet / solches mit voriger Lauge abkühlet und die Patienten also einsitzen lässet; welches Bad / so schlecht es auch anzusehen / gemeldter D. Sorbait lange Zeit in geheimb gehalten / und in vielerley Glieder-Beschwerungen / Stein- und Mutter-Schmertzen / Lähmigkeit und andern Zufällen / worgegen die natürliche warme Bäder sonsten verordnet werden / mit gutem Success gebrauchet hat. Will man aber gute und zu den Kranckheiten dienliche Kräuter darzu thun / kan es alsdann nichts schaden und nach jedes Belieden auch geschehen.

Das XXXVII. Capitel Von den ???Weerballen und Bad-Schwämmen.
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§. I.
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DIe Meer-Ballen oder PILAE MARINAE sind gelb-braune / runde oder länglichte / doch über all haarichte rauhe Ballen / welche meistens auß dem Mittelländischen Meer über Venedig in verschiedener Grösse kommen; obwohlen sie auch in dem grossen Meer / ja gar in stehenden Wassern gefunden werden / dahero sie auch von Wormio in Museo pag. 139. Pilae Stagnales genennet werden.

§. 2.
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Was es nun eigentlich vor eine Bewandnus mit diesen Ballen habe / und woher sie entspringen? ist biß uff den heutigen Tag noch sehr ungewis. Der Nürnbergische Materialist Marxius hält in seiner Teutschen Material-Kammer pag. 162. davor / sie seyen nichts anders / als ein mit vielen See-Hunds Haaren / Sand / Muscheln und dergleichen vermischter Meerschaum / welchen die Einwohner zu Ballen machten. Allein weilen zum wenigsten gewiß / daß diese also formirte Ballen in dem Meer gefunden und von dessen Wellen an das Ufer getrieben werden / so halten die Gelährten es vor ein natürliches Wesen / obwohlen noch nicht außgemacht / was es eigentlich seyn möge. Einige / als Tabernae-Montanus will es vor einen Schwamm erkennen / mit welchen er doch keine Gleichheit hat. Andere vermeinen es wären excrementa von einem Seekalb oder dem Meerochsen / Hippopotamus genandt: Allein es will auch diese Opinion bey andern wenig statt finden / weilen es ohnlaug [103] bahr / daß dieses Thier nur in dem Nilo zu finden / wie an gehörigem Ort soll erwiesen werden: da hergegen die Meerballen fast in allen Meer-Wassern zu finden sind; weßwegen einige glauben / daß sie auß dem Schilff / Haaren und dergleichen durch die stetige Wallung und Zusammenschlagung der Wellen also / wie der Huthmacher Filtz mit Händen und Füsen / zusammen gestossen und zu solchen runden Ballen formiret würden. Allein es hat diese Meynung auch ihre Schwürigkeit / indem erstlich die Materi an den Ballen immer einerly ist / auch die runde Form so schlechter dings von der ungleichen Bewegung des Meers nicht wohl kan hergeleitet werden Derohalben Herr D. Faber, berümbter Würtenbergischer Medicus und ein Mittglied der Academae Natur. Curios. endlich am glaubhasffsten zu sein vermeinet / daß sie in dem Magen eines gewissen Fisches oder anderen Thiers im Meer gezeuget würden / welches erwa den Schilff oder andere Kräuter also klein kaue / woraus dann nachmahlen diese Ballen / gleich der Hirsch- oder Gemsen-Kugel in dem Magen coaguliret / und von dem Magenschleim zusammen geleimet würden: indem er durch genaue Untersuchung dieser Ballen gefunden / daß sie alle auß dergleichen Fibris oder Zasseln / so von einem Rohr oder Schilff herrühren mögen / zusammen gestossen und inwendig Sand / kleine Muscheln und dergleichen (welche zugleich verschlucket würden) in sich hielten / wie er solches in einem besonderen Tractätlein de Pilae Marinae Anatome gar schön und curieus beschrieben hat / welches im Anhang der Miscellan. Acad. Nat. Cur. Dec. II. Ann. X. pag. 197. seqq. zu sehen ist.

§. 3.
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Ob nun schon / wie oben gemeldet / die Meerballen nicht einerlen Figur oder Gestalt haben / indem einige gantz rund / andere erwas platt / und zusammen gedruckt: andere auch länglicht seyn; so hat doch solcher Unterscheid nicht viel zubedeuten / wann sie im übrigen nur schön leicht und trucken seyn.

§. 4.
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Den Gebrauch dieser Ballen betreffend / so werden sie jetziger Zeit nicht sonderlich aestimiret und fast gar nicht verordnet; doch wird ihnen eine erwärmende Krafft im Appendice ad Schroederum pag. 28. von andern aber eine außtrucknende Tugend zu geschrieben / dahero sie gegen die Kröpffe und andere Kranckheiten der Kaut dienen sollen. Galenus leget ihnen eine Krafft die Haare zubefestigen zu / und bezeuget l. c. cap. 2. de Compos. Med. daß er einen Baumschneidler wisse / welcher von einem Baum gefallen und fast alle Knochen zerbrochen / dennoch aber hiermit curiret worden sey; welches mit eben diesen Worten wormius in mus. Pag. 139. von sich selbsten redet.

§. 5.
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Damit aber der Unterscheid unter den Meerballen und den Meer-Schwämmen desto mehr gesehen werde / so ist männiglichen bekandt / daß die SPONGIAE MARINAE oder Bad-Schwämme auß weichen / löcherichten und leichten Stücken bestehen / welche entweder gelb / oder weißlich sind und keinen sonderlichen Geschmack oder Geruch haben: wachsen also an den Felsen in dem Mittel-Ländischen und auch andern Meeren und kommen von Venedig.

§. 6.
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Man findet deren verschiedene Sorten bey denen Materialisten / nemblich gar-groß / mittelgroß / mittel / mittel klein / klein / gar-klein / wie sie Schurtzius in seiner Material-Kammer pag. 100. unterschieden hat. Andere / als Pomet theilen sie in feine und gemeine. Jene müssen schön gelb / leicht / zart und mittel-mässig groß seyn / kleine und hart zusammen gesessene Löchlein und wenige Stein in sich haben / besihe dessen Histoire de Drogues pag. 165. und Marxii Material-Kammer pag. 193. Von diesen letzteren brauchet man die grosse zum baden und wäschen; die kleine Stücklein aber werden calciniret und zu Pulver verbrennet.

§. 7.
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Die Feine werden auch in der Artzney und Barbier-Kunst gebraucher / aber nur eusserlich / indem sie in dem Magen nicht können auffgelöset werden / sondern nur auffschwellen und entweder über oder unter sich wieder außgestossen werden / weßwegen sie von Samuele Dale in Part. II. Mat. Med. pag. 109. zu den gifftigen Sachen gezehlet worden sind. Eusserlich aber stillen sie das Blut / und machen die Barbierer auch ihre Meissel oder turundas davon / wormit sie die enge Wunden erweitern; weßwegen man auch den zu Stücken geschnittenen / und in weissem Wachs eingeweichten Schwamm bey einigen Materialisten praeparirt haben kan. So hat man auch die calcinirte Schwämme in den Apothecken / welche unter die Zahn-Pulver können genommen werden; worvon Achigenis Fragmenta de Usu Spongiae mit mehrerem zu lesen sind.

§. 8.
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Von dem LAPIDE SPONGIAE oder dem Stein / welcher sich in den Schwämmen findet / ist anderwerts schon zur Genüge gehandelt worden / dessen man sich allhier wieder bedienen kan.
|| [104]

Das XXXVIII. Capitel Von den Corallen / Meer-Mooß- und Corallen-Stein
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§. 1.
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DIe Corallen oder CORALLIA sind steinichte harte Zweigen / von unterschiedlichen Farben / welche im Grund des Meers / wie kleine Bäumlein / offt etliche Schuh hoch in die Höhe wachsen. Ob sie aber so groß / als unsere Kirsch-Bäum und so hoch / daß die Zincken auß dem Meer hervor stehen / zu finden seyen? wie Vielheur in Beschreibung frembder Materialien pag. 28. auß dem P. Kirchero vorgeben will / scheinet einem Mährlein / als der Warheit ähnlicher: kommen sonsten meistentheils auß dem Mittelländischen Meer; doch sollen sie sich auch in Ost-Indien umb Bantam / absonderlich die weisse und schwartze Corallen finden lassen / worvon im Anhang dieses Buchs / nach den Ost-Indianischen Send-Schreiben / ein außführlicher Bericht zu lesen ist. Ja es schreibet Balbinus in seiner Historiâ Bohemiae Lib. 1. cap. 29. pag. 77. daß in Böhmen / unter dem Hügel Scheberle / in einem Fluß Corallen zu finden seyen / welche an der Farb den andern nichts nachgeden: daß also die Corallen nicht allein im Meer / sondern auch in Flüssen wachsen.

§. 2.
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Nun fragt sichs / ob die Corallen unter die Kräuter zu rechnen? auch ob sie / wie insgemein dafür gehalten wird / unter dem Wasser gantz weich seyen / allein ausser dem Meer hart würden? von welchem Streit D. Hoffmann in seinem Clavi Schraed. p. 158. seqq. weitlä???tig handelt / und es mit dem berühmten Boyle zum wenigsten nicht vor unmöglich hält / daß die Corallen unter dem Wasser weich seyen. Allein beydes verneinet auß eigener Erfahrung ein curioser Italianet / nahmens Boccone, welcher auß Sicilien bürtig und der Corallen-Fischerey umb Messina selbsten beygewohnet / auch in seinen Recherches & Observations-Naturelles Ep. 1. & 2. auffrichtig bezeuget hat / daß er die Corallen unter dem Wasser so hart / als ausser demselbigen / gefunden / außgenommen oben an den runden Enden / in welchen ein weisse Feuchtigkeit / wie Wolffs-Milch / zu finden. Und ob schon diese Milch (welche einen säuerlichten anhaltenden Geschmack hat / und wo sie hin fält einen Ansatz von Corallen verursachet) von einigen als Gassendo in vitâ Peireskij der Corallen-Saamen / und obgemeldte runde Ende (welche in gewisse Höhle und Cellulas unterschieden) Flores Coralliorum
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Abbildung
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oder Corallen-Blumen genenner werden / so kan er sie doch vor keine Pflantzen oder Vegetabilia erkennen / weilen sie weder Wurtzel / Blätter / noch einige Folia haben / wodurch sie / wie andere Kräuter / könten genehret werden; Und ob sie schon äusserlich auch eine schleimichte Haut (welche dem gemeinen Irrthumb / daß die Corallen unter dem Wasser weich seyen / Ursach gegeben) umb sich haben / so ist doch solche vor kein natürlich Häutchen / wie an den Kräutern / zu halten / sondern vor eine Unreinigkeit des Meers / welche sich umb die Corallen anhänget / worvon der berühmte Svvammerdam in einer Epistel an obbelobten Bocconem c. l. pag. 177. gar schön handelt. Was aber Plinius von seinen rothen Beeren gedrucket / ist im Grund erdichtet / wie Wormius in Mus. pag. 231. erwiesen hat.

§. 3.
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Die Corallen-Fischeren geschiehet von Anfang des Aprilis bis zu End des Julii, und werden offters 200 leichte Fahrzeuge darzu gebrauchet / welche mit grossen Seegelen versehen sind / auf daß sie den Corsare̅ und Türckischen Galeeren entwischen können. Damit sie nun die Corallen / welche unter hohen Ritzen und Felssen tieff im Meer wachsen / hervorbingen mögen / so fügen die Fischer zwey Zimmer-Höltzer Creutz-weiß zusammen / setzen in die Mitte ein groß Stück Bley / das Holtz damit sinckend zu machen: alsdann binden sie Hanf oder langen Flachs umd die Höltzer / und lassen denselben also zottig / eines Fingers dick herab hangen: das Kreutz-Holtz aber binden sie mit zwey langen Seilern an das forder und hinder Theil des Schiffs / und also fahren sie neben den Felsen. So bald nun der Flachs oder Hanf an einen Corallen-Zweig kombt / wickelt er sich umb denselben und ziehet ihn mit fort. Wann dann das Kreutz-Holtz soll gehoben werden / müssen wohl 15. bis 20. Schiffe darzu helffen / das sie dasselbe mit den Corallen hervorbringen / von welchen doch viele abbrechen und wieder in das Meer fallen / wie solches Tavernier in seiner Reiß-Beschreibung und auß demselben Pomet pag. 163. und Marxius in der Teutschen Material-Kammer pag. 82. beschreiben. In der Barbarey aber sollen so geschickte und verwegene Wasser-Taucher seyn / welche die Corallen mit Händen abreissen und vor den Augen Brillen-Gläser haben / daß sie auch unter dem Wasser sehen können / wie Mallet solches in seiner Welt-Beschreibung Part. 1. pag. 1159. zeiget / und in einem Kupffer-Stuck unter Augen geleget hat.

§. 4.
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Sonsten werden die Corallen in Ansehen der couleur in rothe und weisse Unterscheiden. Zu jenen gehören auch die eine bleichere Färb / wie Rosen haben; jedoch je röther sie sind / je besser sie gehalten werden. Einige thun noch die dritte speciem, nemblich die schwartze Corallen hinzu / welche doch etwas anders zu seyn scheinen / indem sie viel zäher und wie Horn anzusehen sind / auch lang und strack wachsen / daß man sie an statt eines Stocks brauchen kan / wie mir neulich ein dergleichen Stück von Hn. Vito / welcher sie auß Ost-Indien gebracht / verehret worden ist. Diese Art heisset sonsten Antipathes, dessen Abriß oben in der Figur zu sehen. Doch setzet Pomet auch in seiner Figur ein veritabel schwartzes / welches doch nie gesehen hab. Indessen kan man von beyden gewisse Nachricht auß des Hn. Rumphen Beschreibung des Calbahars, im Anhang dieses Wercks / finden. Von den beyden ersten haben die Materialisten noch verschiedene Sorten / nachdem sie auß etwas schonen oder mittelmäsige̅ Corallen-Zincken / oder auch Fragmenris bestehen / welche viel wolfeiler sind / als die Zincken / ob sie wohl einerley Krafft haben. Das Gewicht aber / da die Corallen in Genua oder anderstwo ins groß verkauffet werden / ist umb 15. pro cento grösser / als sonsten das ordinari, nemblich 115. ???. Genueser Corallen ???. thun 100. ???. Nürnberger. Deßgleichen ist auch zu Antorff / Bruck und Bergen das Corallen-Gewicht umb 5. pro Cento grösser / dann das Cölnische Gewicht / wie Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 25. erwehnet. Die Dicke werden rarer und theurer gehalten / welche die Japponeser sehr aestimiren / vid. Franc. Calceolarius in Mus. Sect. I. pag. 3.

§. 5.
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Was ihre Kräfften und Tugenden belanget / so haben sie eine versüssende Krafft / wormit sie alle Säuer im Leibe lindern und versüssen / und also alle Auffwallung und effervescens in den Gedärmen und dem Geblüt verhindern: halten auch etwas an und stopffen in der rothen Ruhr / Blut Stürtzungen und dergleichen; weßwegen sie in sehr vielen Kranckheiten des gantzen Leibs gebraucht werden / wie Gansius in einem besondern Buch von den Corallen weitläufftig gezeiget hat / dessen Begriff kürtzlich in meiner Historiâ Literariâ, in Append. Miscell. Acad. Nat. Cur. Dec. 2. A. 2. zu finden ist. Einige wollen sie auch gegen die Hexerey und Zauber-Kranckheiten rühmen / und so wohl auß verschiedenen Welt- berühmten Scribenten / als Zoroast. Metrodori, Orphei, Alberti Magni, Paracelsi, Libavii und anderer Schrifften / als auß der täglichen Erfahrung solches behaupten; wie dann obbelobter Gansius einen gewissen Medicum kennet / welcher viele dergleichen Kranckheiten mit folgendem Recept, darinnen die rothe und weisse Corallen den Reyhen führen / soll curirt haben: Rec. Corall. rubr. alb.
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Dent. hom. demort. ??? Zj. Herb. & Sem. anthirrin. Zij. M. F. Pulv. wormit die bezauberte Glieder so lang zu räuchern sind / biß die Kranckheit nachlasse. Daß aber die Corallen den Donner- und Hagel-Schlag / auch andere Gewitter verhüten / alles Ungeschmeis vertreiben / und die Reisende davor praeserviren sollen / ist ein blosser Aberglaub. Wie dann auch gantz falsch zu seyn scheinet / daß wann sie nur am Hals oder an den Armen getragen würden / das Frauenvolck zur Geilheit und Unzucht dadurch beweget würde. Auff solche Gefahr können die darvon gemachte Hals- und Arm-Bänder schon sicher getragen werden / wann man sich nur vor denjenigen Corallen / so in dem Meer der kleinen Welt zu finden / hütet / auff welche die Alten / so diese Meynung am ersten auff die Bahn gebracht / ihr Absehen mögen gehabt haben. Sonsten ist am besten / wann man sie nur zu einem subtilen Pulver stosset und also gebrauchet / indem das ???. coralliorum nur ein solution, das Magisterium ein verdorbener Kalck / auch andere dessen praeparationes nicht viel Nutz sind / absonderlich die so sehr gerühmte Corallen-???ctur, deren ein gewisse Person über 300. Beschreibungen zehlet / wiewohlen die meiste / so mit sauren ???. geschehen / der Corallen Krafft castriren und verderben / wie D. Ettmüller in einer besondern Disp. de R. Corall. und im Comm. Schroed. lehret / Conf. Hoffm. in Clav.

§. 6.
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Hieher gehöret auch die CORALLINA oder Corallen-Mooß / welches nicht viel anderst / als die Corallen sich im Meer an die Meer-Felsen / Muscheln und die Corallen selbsten / als ein Mooß anhänget und wächset / dahero es auch Meer-Mooß genennet wird. Dieses bestehet auß dünnen / haarichten und gleichsam von vielen kleinen aneinander hangenden Schüplein zusamen gesetzten Stengelein / welche bißweilen weiß / bißweilen röthlicht / zum offtern aber grünlicht außsehen; weßhalben dessen verschiedene Arten gefunden werden / unter welchen diejenige / welche von C. Bauhino in Pin. pag. 364. Muscus coralloides squamulis loricatis genennet ist / zur Medicin erlesen wird. Sie muß schön grünlicht seyn / auch nicht viel kleine Stücklein und Staubichtes in sich halten / wann sie vor gut passiren soll / wie Pomet in seiner Material-Kammer p. 165. lehret. So hält man auch solche vor besser / welche auff den Corallen gewachsen und in deren Ermangelung / diejenige welche von den Felsen gekommen / vid. Hoffmannus in Clavi Schroed. p. 452. kombt sonsten auch auß Italien und Franckreich / auß dem Mittelländischen Meer.

§. 7.
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Den Gebrauch betreffend / so adstringiret sie und hat eine sonderliche Krafft die Spul-Würme der kleinen Kinder zu tödten / so gar / daß D. Ettmüller in seinem Comment. in Schroed. pag. 553. Ed. novis. das Corallen-Mooß dem bekandten Wurm-Saamen vorziehet / wann es nur noch frisch und nicht zu all ist. Es wird davon ???j. Zß. biß auff Zj. gegeben.

§. 8.
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Alle diese See-Bäumlein wachsen (wie oben gemeldet /) entweder an den Klippen oder auff denen so genandten Corallen-Steinen / von welchen der begierige Leser einen außführlichen Bericht im Anhang dieses Buchs / nach den Ost-Indischen Send-Schreiben finden wird / wo auch von den Corallen selbsten und einigen andern See-Gewächsen noch weitläufftiger gehandelt wird. ENDE des Ersten Theils.
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Der vollständigen NATUR- und MATERIALIEN-Kammer Zweytes Buch / Von denen Saamen / Wurtzeln / Kräutern / Blumen / Bäumen und Früchten Erste Abtheilung Von denen Medicinalischen Saamen. Das I. Capitel Von den Biesam-Körnern oder Abel-Moschi.
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Abbildung

§. 1.
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DIe Biesam-Körner / oder Abel-Moschi-Saamen / sind kleine / braungraue und äusserlich rauhe Körner / wie kleine Nieren formirt / deren Geruch gleichsam auß [108] Biesem und Amber miscirt ist / weßwegen dieser Saamen auch von den Frantzosen l' Ambrette genennet wird.

§. 2.
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Das Gewächs / daran sich diese wohl-riechende Körner finden / ist in Ost-Indien / Egypten / America / in den Antillen-Insulen / und besonders in der Insul Martinique anzutreffen / welches letztere die besten Körner gibet: Ist eine Art Fellriß und wird deßwegen auch von den Botanicis Alcea Indica Villosa, von andern aber Althaea AEgyptiaca genennet: wächset gerad über sich / hat breite / grosse und grüne Blätter / so wie Sammet anzugreiffen: trägt gelbe Glocken-Blumen / nach welchen dreyeckichte / außwendig braune und inwendig weisse Hülsen / eines Fingers lang folgen / welche den Saamen in sich halten / wie alles gar schön im zweyten Theil des Horti Malab. Fig. 38. unter Augen geleget wird.

§. 3.
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Weilen aber diese Körner mit der Zeit ihren Geruch verlieren / so muß man zusehen / daß man keine alt - verlegene und wurmstichichte Waare überkomme / sondern nach dem noch frischen Saamen / welcher doch recht außgetrucknet sey / auch vollkommene und dicke Körner und einen noch guten Geruch habe / trachte.

§. 4.
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Was den Gebrauch dieser Körner anlanget / so werden sie in der Medicin noch sonderlich nicht verschrieben / und findet man auch wenig oder gar nichts von ihren Qualitäten und Tugenden bey den Scribenten / ausser daß Ettmüllerus mit sehr wenigen Worten in seinem Comment. in Schroed. setzet / daß man diesen Saamen in Spiritu Vini lege / und demselben einen Biesem-Geschmack damit zuwegen bringe. Unterdessen warnet und erinnert Mons. Pomet in seiner Historiâ Simpl. pag. 29. daß wann man nicht wohl wisse damit umbzugehen / man diese Körner nicht leicht unter andere Dinge mische / solchen einen Geruch damit zu machen / weilen an statt eines Biesems-Geruch man leichtlich alles verderben könne. Sonsten aber bedienen sich die Parfumirer in Italien dieses Saamens / welcher auch eingeschnürt und zu Rosen-Kräntzen / Hals- und Arm-Bändern (welche vornehme Damen des guten Geruchs wegen tragen) zubereitet und also von den Gänglern und Italiänern hin und wider verkauffet wird.

Das II. Capitel /lbVon dem AMOMO und der Rosen von Jericho.
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Abbildung
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§. 1.
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ISt etwas unter allen Materialien dessen sich die Herrn Medici und Naturkündiger noch zuweilen befleissigen / auch darunter vielerley Meynungen führen / so ist es der Alten Amomum, welches eine Art Saamen und Gewürtz ist / so zum Theriac mitgenommen wird. Maroneus hat einen gantzen Tractat davon geschrieben / auß welchem Samuel Dale ein Engeländer XII. Meynungen in seiner Pharmacol. pag. 327. erzehlet. So sind auch die Apothecker hierinnen gantz ungewiß / welche bald den Paradiß-Körnern / bald den grossen Cardamömlein / bald den grossen runden Körnern / so von der Cassia Caryophillata herkommen und Piper de Jamaica und Amomum Plinii heissen / diesen Nahmen geben; weßwegen dann andere an statt des Amomi veri entweder den Calmus / oder die Nägelein zum Theriac gebrauchet haben / wie beym Schrödero, Schurtzio, Vielhäuer und andern zu sehen. Hergegen machet Charas, ein Frantzöischer Apothecker / in seinem Tractat von des Theriacs Ingredientien pag. 180. diese Sach gantz leicht / und vermeinet mit grösserem Bestand davon judiciren zu können / indem ihm das rechte Amomum noch an seinen Trauben hangend in seine Apotheck gebracht worden / welches auch sonsten bey verständigen Materialisten in gantz Franckreich häuffig zu haben sey / und hält also das Amomum Racemosum vor das rechte Amomum Dioscoridis; worinnen Pomet in seiner Material-Kammer pag. 39. mit ihm eins ist / auch diese unsere Figuren deßwegen mitgetheilet hat. Dieses Amomum bestehet auß Purpur-Fardichten und bey nah viereckichten Saamen Körnlein / welches so Accurat zusammen gesetzet sind / daß sie einige runde Köpfflein formiren / welche mit einer runden und weißlichten Hülsse umbgeben / und also einem Trauben-Kern ähnlich sind. Diese Köpfflein und Hülßlien hangen auch / wie die Trauben / aneinander an einem Stiel / worauff sie gleichsam / wie der Pfeffer / hart angeleimet sind: werden auß Indien in Holland gebracht / und von dannen in Europam zertheilet.

§. 2.
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Bey dem Einkauff sehe man zu / daß / so viel es seyn kan / das Anomum noch frisch und nicht alt oder verlegen sey / runde weiß-gelbichte / schwere und mit Körnern wohl angefüllte Hülssen habe / auch groben und kernhafften Saamen / welcher scharff / aromatisch und den Cardamömlein gleich sey / in sich halte. Die leichte / auffgerissene und mit schwartzen Körnern anfüllte Hülssen-Köpff oder Trauben nehme man nicht an.

§. 3.
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Diese also erlesene Körner werden zum Theriac gesuchet / da alsdann die Hülssen auffzumachen / die schwartze runtzelichte Körner wegzuschmeissen / die schwere / lebhafftige und gewürtzte außzulesen / und damit die dünne Häutlein / wormit sie unterschieden / wegbleiben möchten / reibet man sie zwischen den Händen und schwinget sie auff einem Papier wohl auß.

§. 4.
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Was aber die Rose von Jericho / worinnen dieses Gewürtz nach einiger Meynung soll wachsen / anlanget / so hat sie diesen Nahmen von einem müsigen und ungelahrten Münch bekommen / indem / (wie Bellonius an einem Ort zeiget) sie nicht umb Hiericho, sondern in denen Arabischen Wüsten / an den Ufern des rothen Meers / auß dem Sand hervor wächset: wird sonsten in Italien auch Rosa Sancta: Mariae, Rosa, Hierici, inßgemein aber Lateinisch Rosa Hierichuntina genennet.

§. 5.
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Sie bestehet auß einem fast Handbreiten Stäudlein / hat viele sich in einander flechtende und holtzichte Aestlein / kleine / länglichte und schmahle Blätter / träget in der Mitten runde Körner oder Früchten / und ist inßgemein selbsten rund / ehe sie sich voneinander thut / welches in warmen Wasser geschiehet.

§. 6.
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Von ihren Tugenden hat Joh. Sturmius, Prof. zu Löwen ein eigenes Büchlein / aber voller Aberglauben / geschrieben. Der gemeine einfältige Mann glaubet / daß sie sich in der Christ-Nacht auffthue / sie möge so dürr sein / als sie wolle: allein es ist eine Fabel und Mährlein. Thut sie sich auff / kombt es von des Winters Feuchtigkeit und kan solches auch in den andern Nächten geschehen / wie Wormius in seinem Museo pag 152. nechst der Erfahrung zeiget. Vid. Dn. Nebelius in Not. ad Amm. Charact. Plant. pag. 546. Die übrige Kräfften werden in einem Zettul / so die Charlatans und andere Läuffer außstreuen / also beschrieben: Krafft und Würckung der Rosen von Jericho. 1. Wann solche Rose in ein glaßvoll Brunnen-Wasser diß zu Ende der gantzen Wurtzel gethan wird / thut sie sich in Zeit einer 1/2. biß I. Stund außbreiten und eröffnen; und da man sie auß dem Wasser nimbt / wird sie sich nach wenig Stunden wieder in vorige Form zusammen krümmen. Diesen Effect wird sie täglich [110] thun / sie mag so alt werden / wie sie will. 2. Gebrauchen solche die Morgenländische Weiber in Judäa und gantz Asien / den gebährenden Weibern / wann solche nicht genesen können / und werffen diese Rose in das Getränck oder Wasser / und geben davon zutrincken / soll gute Hülff leisten. 3. Wann man solche der Gebährer in auff den Kopff oder auff den Leib hält (verstehet sich mit der gantzen Wurtzel in der Hand) oder ihr selbsten in die Hand gibt / oder aber die Rosen in ein Trinckglaß mit Wasser (wie oben gemeldt) stecket / und wann sich selbe nach wenig Zeit eröffnet / soll es ein Anzeig seyn / daß solche genese; da es sich aber nicht eröffnet / solle sie nicht genesen und des Lebens nicht sicher seyn.

Das III. Capitel Von dem Cretischen Ammey-Saamen.
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§. 1.
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DEr Ammey-Saat / oder SEMEN AMMEOS wird fast von allen Scribenten als ein sehr kleiner / runder und gestreiffter Saamen beschrieben / so dem Sand gleich seye / davon ihm auch der Nahme ist gegeben worden / und soll also viel kleiner / als der Petersilien-Saamen seyn. Allein wann man denjenigen / so man heut zu Tags in den Apothecken und Materialien. Kammern antrifft / genauer ansihet / so kombt er mit solcher Beschreibung gar nicht über ein / weilen solcher länglich und fast dem Kümmel nicht ungleich / und also nicht so gar klein ist; wie dann auch der in AEthiopien wachsende Ammey-Saamen deßwegen Cuminum AEthiopicum genennet wird. Weßwegen der berübinte Ettmüller in seinem Comment. über Schroed. Pharm. Tom. I. pag. 512. nicht unbillich zweiffelt / ob man heutiges Tages den rechten und auffrichtigen Ammey-Saamen bey uns antreffen könne: welchem Hermannus, Dale und andere gleichfals Beyfall geben.

§. 2.
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Indessen sind fast alle darin eines / daß dessen Kraut gleich dem Fenchel / Dill und andern Kron-Kräutern auffwachse / und nach dem es weisse kleine Blümcher getragen / dessen Saamen herfür bringe: Und ob schon dessen vielerley Gattung in verschiedenen Ländern gefunden / auch in vornehmen Gärten erzielet werden / als das gemeine / das Alexandrinische / das Cretische / so werden doch die letztere nur auffgesuchet / und wann man solche nicht haben könte / rathen einige an deren statt den gemeinen Kümmel zugebrauchen; zumahlen dieser Saamen / gleich wie bey uns / in AEgypten in dem Brodt gebacken wird / wie solches auß des Marxii Material-Kammer Christoph Vielhäuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 72. angemercket hat.
|| [111]

§. 3.
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Die Güte dieses Saamens wird auß seinem scharffen und aromatischen Geschmack und starckem Geruch / welcher theils nach Dosten-Kraut oder Origano, theils nach Thymian riechet / erkandt / welchen man vor andern an dem Cretischen spüren kan: und muß zugleich der Saame kernhafft und vollkommen / frisch und sauber seyn / vid. Charas l. c. pag. 228.

§. 4.
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Seine Tugenden und Gebrauch anbelangend / so kombt er nicht allein mit zum Theriac / sondern wird auch unter die vier kleine erwärmende Saamen / oder vier Sem. calida minora, Ammeos, Amomi, Apii, Dauci, gezehlet / weilen er warmer und truckener Natur ist und die Winde in der Colic / Mutter-Stein- und andere Schmertzen zertheilet. Absonderlich machen einige davon grosses Wesen / das Weisse oder Weissen-Fluß der Weiber zu curiren / auch derselben Unfruchtbarkeit zu heben / wor gegen D. Freytag in Aurorâ Medic. cap. 49. pag. 846. diesen Saamen selbsten in Wein oder Fleischbrüh allezeit über den andern Tag ein Quint recommendiret / und zwar mit der condition, daß alsdann der Mann sich der Frauen entohnige: Simon Paulli aber darbey zugleich ein Mutter-Clystier / auß eben diesem Saamen und andern ingredientien mit Nutzen gebrauchet / welches er in Quadripartito Botanico pag. 195. beschrieben hat.

Das IV. Capitel Von dem Cretischen Vogelnest-Saamen / oder DAUCO CRETICO.
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§. 1.
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DEr Cretische Mohren- oder Vogelnest-Saame / Daucus Crenticus genandt / ist ein länglicht und außgespitzter grauer Saame / mit einer beltzichten Schale umbgeben / eines guten Geschmacks und starcken Geruchs: wird auß der Insul Candia über Venedig in Teutschland gebracht / und ob schon derselbe auch auff den Alpen-Gebürgen in der Schweitz und anderstwo gefunden wird / so kombt er doch an seinen Qualitäten und Tugenden dem Cretischen nicht bey / vielweniger der zahme und wilde Mohren-Saamen / so bey uns aller Orten sonsten häuffig zu finden ist; weßwegen der Cretische nur zum Theriac gesuchet wird.
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§. 2.
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Daß Kraut selbsten wächset zwischen den Felsen / an steinichten Oertern anderthalb Schuh hoch / auß einer Fingers-dicken Wurtzel: kommet / den Blättern nach / dem Fenchel etwas gleich / trägt an den Spitzen der Stengel unterschiedene / und mit weissen Blümcher gezierte Kronen / nach welchen der Saame selbsten / gleich wie der Kümmel / zu wachsen pfleget / wie auß des Pomets Figur zuersehen / welche doch / den Blättern nach / der Botanicorum, absonderlich Paullini Beschreibung nicht gar ähnlich scheinet / und deßwegen von dem Plukenet verbessert wird.

§. 3.
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In seiner Krafft und Tugend hat er eine grosse Gemeinschafft mit dem Kümmel und Angelic Wurtzel / wie D. Ettmüller in seinen Anmerckungen über Schro̅deri Pharmacop. pag. 562. lehrer. Hat derowegen eine sehr erwärmende Krafft / zertreibet die Winde / stillet die Mutter-Schmertzen / und treibet den Stein und Harn; weßwegen der Aeltere Helmontius in seinem Tractat von dem Stein / cap. 1. §. 19. cap. 7. §. 14. wie auch Charleton, ein Englischer Medicus in seinem Buch von dem Steinmachenden Spiritu pag. 177. ein groß Wesen davon machen. Dahero dann auch die Engeländer noch heut zu Tag ein gewisses Bier damit gegen den Stein machen / gleich wie sie dergleichen auß dem Löffelkraut gegen den Schaarbock / guß der Wurtzel China gegen die Frantzosen / auß Citronen-Schaalen gegen die Colic sc. zubereiten / wie oben angeführter Herr Ettmüller weitläufftiger davon zu lesen ist. Der berümbte Dänische Botanicus, Doct. Simon Paulli lobet diesen Saamen auch gegen beygebrachtes Gifft / und andere gegen den Spinnen-Stich / welches unter andern die Ursach seyn mag / weßwegen er von den Alten zum Theriac genommen worden.

§. 4.
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Weilen unterdessen der Saame offters sehr alt wird / ehe er auß Candia durch Italien zu uns übergebracht werde / so mus man wohl Achtung darauff geben / daß / wann man ihn einkauffet / derselbe noch frisch / kernhafft und kräfftig / auch von allem Staub und Schaalen wohl gereiniget sey: und wann ja derselbe also nicht zu finden wäre / kan man auch wohl denjenigen Vogelnest-Saamen / so in Italien wächset / an dessen Stelle gebranchen / wie Schroederus in seiner Pharmacopoeâ Medico-Chymicâ zu seiner Zeit gerathen hat.

§. 5.
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Diesen und andern Kron-Kräutern kommet die heut zu Tag auch bekandte VISNAGA etwas gleich / welche vom Ammanno in Char. Plantarum Nov. pag. 615. vor eine species Gingidii gehalten wird: hat Blätter wie der Fenchel und einen länglichten gestreifften Saamen / an langen Stengeln und Spitzen / welcher auß Türckey gebracht wird / obwohlen dieses Kraut auch zu Paris in Franckreich im Königlichen Garten und anderstwo gezogen wird. Diese Spitzen werden nur an statt der Zahnstörer gebraucht / und lassen einen guten Geschmack im Mund: müssen schön groß / gelb und noch gantz seyn / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 188. davon zu sehen ist.
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Das V. Capitel Von dem ???assilischen Sessel-Saamen.
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Abbildung

§. 1.
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DEr Frantzöische Sessel-Saame / oder Semen Seseleos Massiliensis ist ein länglichter / platter und eckichter Saame / so in Franckreich / absonderlich in der Provintz Languedoc umb Marseille und derselben Gegend / häuffig wächset / und dem wilden Fenchel nicht ungleich scheinet; wie dann auch dessen Kraut vor eine Art Fenchel gehalten wird / welches die Lateiner Foeniculum tortuosum, oder den gewundenen Fenchel nennen / weilen die Stengel gleichsam als gewunden wachsen: Findet sich sonsten aller Orten an den Wegen und ungebaueten Plätzen / so wohl auff dem flachen Land / als auff den Bergen: blühet im Sommer und bringet kleine weisse Blümcher hervor / welche (wie auch der Saame) gleich den andern Kron-Kräutern einen Krantz formiren / wie solches auß der Figur zu sehen / welche uns der Frantzöische Materialist / Herr Pomet an die Hand gegeben hat.

§. 2.
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Zwar finden sich anderstwo mehrere Species dieses Krauts / als das Cretische / AEthiopische und dasjenige / so auff den Wiesen zu finden ist / wie solches Doct. Hoffmann in seinen Anmerckungen über den Schroederum mit mehrerem anziehet: Es wird aber doch keines / als das Massilische / und zwar nur dessen Saame unter die Materialia gerechnet / obwohlen Monsieur Charas bezeiget / daß die Wurtzel und die Blätter nicht weniger sehr aromatisch seyen / als der Saame selbsten. Solte man aber den Cretischen auch gutes Kauffs und auffrichtig haben können / so ist derselbe dem Frantzöischen wo nicht vorzuziehen / doch gleich zu schätzen / indem alle Kräuter so auß Candia kommen / wegen der Landes Art / kräfftiger als andere sind / wie Doct. Ettmüller solches in Comm. ad Schroed. Tom. I. pag. 663. bezeuget.

§. 3.
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Im übrigen muß man zusehen / daß dieser Saame in seiner Zeitigung / bey gutem truckenen Wetter gesamblet werde: Und wann man ihn einkauffet / gebe man Acht / daß er recht kernhafft / grünlicht-bleich / eines scharffen und aromatischen Geschmacks sey: den blassen und bleichen aber verwerffe man / als welcher gar zu lang auff dem Stengel gesessen und krafftloß / gleich wie der kleine leicht und unvollkommene nicht recht zeitig worden ist / wie obgemeidter Charas in Beschreibung der Theriac-Ingredientien p. 219. lehret.

§. 4.
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Man braucht diesen Saamen hauptsächlich zum Theriac / und hat fast eben die Qualitäten / als der Macedonische Petersilien-Saame / ist aber doch zugleich in allen Brust-Schwachheiten sehr dienlich / und wird darbeneben vor ein sonderliches Gifft-treibendes specificum gegen den Wüterich oder Cicutam gehalten / wie auß des Schröders Pharmacopoeiâ solches der Engelische Medicus Samuel Dale in seiner Pharmacologiâ pag. 182. wohl erwehnet hat.
|| [114]

Das VI. Capitel Von dem Macedonischen Petersilien-Saamen.
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Abbildung

§. 1.
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DEr Macedonische Petersilien-Saame oder Semen Petroselini Macedonici ist nach dem äusserlichen Ansehen dem Ammi Saamen nicht ungleich / längslichter / als der gemeine Petersilien-Saame / doch schmaler / klein / streifficht und lockicht / schwartz-grüner Farb / eines scharffen und aromatischen Geschmacks und starcken Geruchs: hat seinen Nahmen von dem Königreich Macedonien / worinnen er häuffig hervorkommet / und von dannen in Europa gebracht wird / dann der Saame allein in unsern Landen zur Artzney gebrauchet wird.

§. 2.
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Was das Kraut selbsten anlanget / so ist es unserm Cellery fast gleich / wofür es Samuel Dale in seiner Pharmacologia pag. 198. halten will / von welchem es mit den übrigen heutigen Botanicis unter die Cron-Kräuter gezehlet wird / dann es die Blüth und Saamen / dem Fenchel gleich / in einer Cron herfür bringet / und soll es nach des Marxii Bericht in Franckreich bey schatticht- und feuchten Orten eines Manns hoch wachsen / wie in dessen Material Kammer pag. 152. zu lesen ist. Unterdessen wissen die Frantzosen / als Pomet, Charas und andere seldsten hiervon nichts / sondern rathen vielmehr diesen Saamen auß seinem rechten Vatterland zu erhandeln / welches sie nicht thun würden / wann er in Frankreich zu haben wäre; dahero unser Cellery vor den rechten Macedonischen Petersilien schwerlich gehalten / noch demselben kan substituiret werden.

§. 3.
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Vielweniger wollen sie den gemeinen Petersilien-Saamen demselben gleich gehalten haben / wie sonsten der berühmte Dänische Medicus Simon Paulli in seinem Quadripartito Botanico pag. 428. und Dan. Ludovici in Pharm. Moderno Sec. appl. pag. 408. darauff dringen: Indem der Macedonische den gemeinen an seiner Schweiß- und Gifft-treibenden Tugend weit übertrifft / wie solches nicht allein der Gelährte Ettmüller Oper. Tom. 1. pag. 626. bestättiget / sondern auch der Geruch / Geschmack und andere Qualitäten Augenscheinlich zeigen; dahero auch Moyses Charas, ein bekandter Apothecker in Paris / in einem gewissen Frantzöischen Buch / worinnen er die vornehmste Species, so zum Theriac kommen / beschreibet / pag. 161. einem gewissenhafften und Ehr-liebenden Materialisten und Apothecker räthet lieber so viel vor eine Untze des Macedonischen Petersilien-Saamens zu geben / als davor man sonsten wohl ein ???. des gemeinen haben könte.

§. 4.
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Man muß auch nicht jedweden Saamen [115] dieses Nahmms ohne Unterscheid zu dem Theriac nehmen / sondern wie mit den übrigen Ingredientien geschiehet / auch hier den besten erwehlen / keinen alten verlegenen sich von den Materialisten auffhencken lassen / sondern zusehen / daß er frisch / kernhafft / aromatisch und von gutem Geruch sey / auch so er staubicht / auff einem Papier wohl außschwingen und säubern lassen.

§. 5.
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Der vornehmste und gemei???este Gebrauch dessen ist / daß man ihn zum Theriac, Antidot. Matthioli und einiger Medicorum Tinct. Bezoard. verlange / weilen ihm ein Gifft-treibende Eigenschafft zugeschrieben wird; wiewohlen Galenus selbsten Lib. 1. de Antidot. cap. 30. pag. 304. diesen Saamen nicht so wohl solcher Tugend halben / als daß er den Magen stärcke und denen Wasser-Süchtigen zu hülff käme / lobet / indem er gleich dem gemeinen Petersilien den Urin gewaltig treibet / vid. Schroederus in Pharm. Med. Chym. pag. 119. Doch ist auch wohl zu glauben / daß er die enervirte Mannheit stärcken könne und der Holländer Sprich-Wort auch hier statt finde: Peterlely helfft the Man to Paerdt Ende the Vrouven onder the Aerdt.

Das VII. Capitel Von dem Anis.
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Abbildung

§. 1.
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DEr gemeine Anis oder ANISUM ist ein länglicht-runder / kleiner und gestreiffter Saame / grünlicht-gelber Couleur, eines süssen und aromatischen Geschmacks und guten Geruchs: wird zu Bamberg un Franckenland häustig gezogen und in Teutschland aller Orten geführet. Es wird auch eine Art davon auß Italien über Venedig in andere Länder gebracht / welche aber viel kleinere Körner / als der Teutsche hat / davon Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 82. zu sehen ist.

§. 2.
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Das Kraut / worvon der Anis herrühret / gehöret unter die Cron-Kräuter und blühet wie der Fenchel / Kümmel / Angelica und dergleichen mit welchen es in Ansehung der Qualitäten und Würckungen auch ziemlich übereinkommet: hat rund-zerkerbte Blätter / welche je höher sie steigen / je schmäler sie werden / wie beystehende Figur solches unter Augen stellet. Sonsten wird das Kraut zu nichts in der Medicin gebraucht / welche sich mit dem Saamen vergnügen lässet.
|| [116]

§. 3.
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Wann er gesamblet oder auch eingekauffet wird / so muß man zusehen / daß er graulicht und nicht zu alt falle / doch recht trucken und nicht naß sey / sonsten wird er schwartz und hält sich nicht. Der groß- und dickkörnerichte / welcher einen piquanten und atomatischen / doch süssen und keinen bittern Geschmack hat / wird vor den besten gehalten / er braucht auch keiner weiteren Zubereitung / als daß er von den Stengeln und andern Unreinigkeiten wohl gesaubert und außgeschwungen werde / welcher sonsten den Venedischen und Malthesischen Anis unscheinlich machen. Wie schädlich und übel aber diejenigen mit dem Anis umbgehen / welche ihn / ehe er zum Theriac genommen werde / zu rösten pflegen / hat Charas schon zu seiner Zeit in seinem Büchlein von den Theriac-Ingredientien pag. 207. klärlich gezeiget / indem durch diese unnöthige und lächerliche Praeparation die beste und volatilische Theilcher in die Lufft gejaget / die übrige aber unnützlich verbrandt werden.

§. 4.
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Es hat aber dieser Saame / entweder allein oder mit Zucker überzogen / wegen seinen vielen öhlichten Theilcher / eine sehr erwarmende Krafft und wird deßwegen von den Medicis unter die vier grössere erwärmende Saamen gezehlet. Er stärcket und erwärmet alle Glieder des Haupts / der Brust und des Bauchs: zertheilet die Winde / verhütet und heilet die Bauch-Grimmen der kleinen Kindern / wann er entweder von den Säugenden (denen er die Milch zu gleich vermehret) fleissig genossen / oder den kleinen Kindlein / mit Krebs-Augen vermischet / in dem Brey oder Milch eingegeben wird / und ist dieses merckwürdig / daß das Pulver von dem Anis eines scrupels schwer die kleine Kinder zu laxiren pflege / ohne zweiffel / weilen er die Winde und Krampff-mässige Außdähnung der Gedärme besänfftiget.

§. 5.
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Von gleichmässiger Würckung ist auch das destillirte Anis-Oehl / obwohlen nicht zu läugnen / daß der Saame selbsten / so darauß ein Tranck gesotten wird / viel eher die Winde zertheile / als das künstlich davon zubereitete Oehl; wordurch dann / mit dem berühmten Holländischen Medico D. Heurnio, Simon Paulli in seinem Kräuter-Buck pag. 103. bewiesen / daß die Simplicia viel kräfftiger und gewisser zum curiren seyen / als der Apothecker Mischmasche und Schmieralien. Als der Höchste GOTT die Kräuter und andere Creaturen erschaffen / und sie ansahe / da war alles gut / aber die armseelige Menschen wollen es immer noch besser machen und ziehen ihre erbärmliche Spiritus, Essentzen / Tincturen und dergleichen des Schöpffers Mixturis vor / dahero es dann kombt / daß noch so viel unheilbahre Kranckheiten gezehlet werden / davon Seidelius ein gantz Buch geschrieben / wie im Eingang dieses Buchs schon erwehnet worden. Unterdessen kommen wir wieder zu unserem Anis-Oehl / welches deßwegen eben nicht gäntzlich verwerffe / sondern auch in seinem Werch lasse / indem es freylich auch ein herrlich und penetrantes weisses Oehl ist / welches durch eine kleine Kält gefrieret / aber auch durch eine gelinde Wärme wieder dünn und flüssig wird; kan Tröpsflein-Weiß den purgierungen zugemischer werden / umb die Grimmen zu verhüten. Zu Schmalkalden in Thüringen machen sie davon den Balsamum Sulphuris anisatum, in den Apothecken aber den ??? anisatum, welchen man wegen seiner herrlichen Tugend in dem Keichen und kurtzen Athem / so sich absonderlich vor den Röthlen der Kinder einfindet / den Brust-Spiritum oder Spiritum pectoralem zu nennen pfleget. Charas der obbelobte Frantzöische Apothecker hat in seiner Königlichen Apotheck gezeiget / daß man auch ein grünlichtes Oehl auß dem Anis außpressen könne / welches fast eben so gut / als das destillirte sey / und von einigen die Quint-Essentz von dem Anis geheissen wird: beyde aber werden auch in vielen Stücken äusserlich / so wohl von den Medicis, als den Parfumirern zum guten Geruch ihrer Savonetten / Säcklein und der gleichen gebraucher: wie dann D. Ettmüller seel. eine gewisses Kunst-Stücklein offenbahret / welches man in die Handschuh reiben / sich damit Balsamiren und einen guten Geruch geben kan / welches also gemacht wird: Rec: Zibethi, Moschi ??? gr. j. mische es mit dem ???. Anisi, dessen gebrauch ist / wie gesagt worden; besiehe dessen Anmerckungen über Schroed pag. 515.

§. 6.
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Sonsten ist bey kurtzen Jahren ein gewisser Saame auß Indien gebracht wordn / welcher am Geschmack und Tugend dem Auis fast gleich kommet / und deßwegen der Stern-Anis genennet wird / weilen er zugleich an der äusserlichen Gestalt einen Stern abbildet / indem er auß 6. 7. und wohl mehr Zacken bestehet / welche alle auß einen Centro hervorschiessen und wann sie oben auffspringen / so viel Körner zeigen / als sie Strahlen haben: hat äusserlich ein gelb-braune Farb / gläntzet inwendig und hält einen länglickt- und gläntzenden Saamen / wie Lein-Saamen in sich / obwohlen er noch viermahl grösser ist / hat einen gleichsam auß Anis- und Fenchel-vermischten Geschmack und sehr guten Geruch / und wird auch von andern der Sinesische Fenchel / Zinghi, Badian und von D. Leonhardo Ursino Anisum Canadense &c. genennet: kombt auß [117] den Philippinischen und Syberischen Insulen / wie Barthol. Belli in der Beschreibung des Anisi Stellati zeiget.

§. 7.
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Das Kraut dieses Saamens wachset in Sina und der Tartarey / und weilen es keine Gleichheit mit dem Anis hat / so will Simon Paulli pag. 102. auch den Saamen vor keinen Anis erkennen / obwohlen er unter diesem Nahmen schon längsten von dem Clusio in Hist. rariorum plantarum cap. 25. beschrieben / auch heutiges Tages noch also verkauffet wird. Vielweniger kan es vor ein Art des Fenchels gehalten werden / weilen es keine Cron-Blumen hat / auch einen andern Saamen trägt / wie davon Nebelius in Not. ad Amman. Char. Plant. pag. 284. mit mehrerem zu lesen; ist also ein besonderes und nicht gar bekandtes Gewächs / und wird nur von dem Geschmack also genennet.

§. 8.
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Seine Tugenden anbelangend / so will zwar Franciscus Redi in seinen Experim. Nat. so er an P. Kircherum geschrieben / pag. 172. demselben wenig mehr Kräfften als dem gemeinen Fenchel und Aniß zuschreiben: Allein Pomet judiciret viel anders davon / wann er in dem Anhang seiner Materialien pag. 10. lieber 1. ??? dieses Sinesischen Aniß / als des gemeines 10. ???. erwählet; wie dann auch der berümbte Hermannus in Ansehung des sehr annehmlichen Geschmacks und Geruchs / den ersten dem letzten weit vorziehet / ob sie wohl sonsten in den übrigen Qualitäten überein kommen / auch eben sowohl ein Oehl auß dem Stern-Aniß / als auß dem gemeinen destilliret werden kan. Die beste Krafft bestehet in den Zacken und eusseren Schalen: Der innere Saame ist fast ohne Geschmack. Die Chinenser bedienen sich dieser Früchten bey Gebrauch des Cosfe, Thee, und nach Tisch / sich damit einen guten und wohlriechenden Athein zu machen. Ingleichen schneiden sie denselben mit der Wurtzel Ninzin in warm Wasser / welches sie / gleich dem Thee einnehmen und sich damit stärcken / weilen dieser Saamen den Magen und übrige Viscera sehr erwärmet und stärcket / auch den Nieren-Stein mit seiner balsamischen Krafft praeserviren und treiben soll. Sie machen anitzo einen Aniß-Brandewein darauß / welchen die Holländer ANIS-ARAK nennen / welche ein Picol dieser Frucht (so 120. ???. hält/) in Holland vor 20. biß 30. Rthl. verkauffen.

Das VIII. Capitel Von dem Feld- oder Wiesen-Kümmel.
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Abbildung
|| [118]

§. 1.
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DEr Wiesen-Kümmel oder Semen Carui ist ein kleiner / länglicht-gestreiffter und etwas getrümter brauner Saame / eines scharffen und aromatischen Geschmacks und guten Geruchs; wächset in Teutschland überall / von dannen viel tausend Pfundt in die See-Städte und andere Orten verschicket werden / absonderlich von Nürnberg auß / wie Marxius, ein dasiger Materialist, in seiner Teutschen Material-Kammer pag. 46. gedencket.

§. 2.
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Das Kraut wächset gern in den Wiesen / dahero auch sein Nahme entspringet / hat tieffgekerbte Blätter und treibet verschiedene eckichte Stengel eines Schuhes hoch / auff deren Spitzen weiß-geblümbte Cronen wachsen / welche diesen Saamen / so im Julio und Junio zur Zeitigung kommet / tragen / welcher schön grob / frisch / grünlicht / und eines gleichsam gewürtzten Geschmacks seyn muß / wann er anderst vor gut erkandt werden soll.

§. 3.
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Seine Krafft und Tugenden streichet Hieronymus Bock in seinem Kräuter-Buch pag. 169. mit diesen Worten herauß: Dieser Kümmel ist nunmehr auch allenthalben gebräuchlich / ja auch nutzlich in seiner Acht / als kein Wurtz auß Arabien: Helmontius aber nennet ihn / nebst dem Fenchel und Römischen Kümmel einen Trost der Armen / welchen er in vielen Kranckheiten zu Hülff kommet. Absonderlich stärcket er den Magen / das Haupt und das Gedächtnüß: zertheilet die Winde / in der Colic / Mutter- und andern Bauch-Schmertzen / absonderlich wann solche von trüben und ungekochtem Bier / sauren Wein und dergleichen herrühren / wo dieser Saame / zu einem halben Quintlein gestossen / bald hilfft / wie Doct. Ettmüller auß des Thoneri Observationen in seinen Anmerckungen über des Schroederi Apothecker-Runst pag. 535. anführet. So befördert er auch den verschlossenen Harn und stillet die Stein-Schmertzen / absonderlich wann sie / wie gemeiniglich zu geschehen pfleget / mit der Colic vereinbahret sind.

§. 4.
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Es wird aber dieser Saame auff vielerley Art / so wohl innerlich / als äusserlich gebrauchet / indem er entweder gantz in das Brodt / Käß und andere Speisen von uns Teutschen geknäten / auch also mit Zucker überzogen wird / dessen man sich bey der Brunnen-Cur offters zu bedienen pfleget: oder wird das Wasser und Oehl davon destillirt / welches letztere in etlichen Tropffen obbemeldte Kranckheiten / absonderlich die Colic / gewiß und ohnfehlbahr stillet. Eusserlich kan man es in die Clystiren thun; wie dann auch der Saame selbsten in ein noch heisses Brod gethan und also warm auff den Leib geleget / die Colic stillen / der Schwaden aber davon das Gehör wiederbringen soll / wie Doct. Simon Paulli in seinem Kräuter-Buch pag. 40. lehret.
|| [119]

Das IX. Capitel Von dem Römischen Kümmel.
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Abbildung

§. 1.
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DEr Kömische Krahm-over Garten-Kümmel / Semen Cymini oder Cumini genandt / ist wohl noch so groß als der Wiesen-Kümmel / an Farb gelbbräunlicht / länglicht und streifficht / eines scharffen aromatischen Geschmacks und starck-widrigen Geruchs: wächset häuffig in Apulien auff einem dem Fenchel nicht ungleichen Kraut / und wird auß Italien in Teutschland gebracht; man ziehet ihn auch in Negropont, welcher doch nicht so groß / auch nicht so rein ist / als der vorige. So sollen auch in der Insul Malta noch zweyerley Arten davon gefunden werden / deren eine scharff wie Zimmet / die andere süß als Anis schmecken soll / wie Schurzius und Marxius in ihren Material-Kammern vorgeben; ja es will Samuel Dale in seiner Pharmacol. pag. 178. so wohl als Pomet in der Material-Histori pag. 11. behaupten / daß auch der vorige Garten-Kümmel in Malta gezogen werde / wo man ihn / wie bey uns die Früchte / in gantze Feldern sähen soll.

§. 2.
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Seine Kräfften und Tugenden kommen mit dem Wiesen-Kümmel / Fenchel und Anis überein / indem so wohl der Saame selbst / als dessen destillirtes Oehl die Winde in der Colic / Windsucht und dergleichen mächtig zertheilen / auch wegen seiner aromatischen Natur die Nerven und Eingeweid sehr stärcken. Unterdessen wird der Krahm-Kümmel in den Mutter-Beschwerungen dem Wiesen-Kümmel weit vorgezogen / indem er die Monaten und Schwürungen nach der Geburt mehr befördert / auch die falsche Wehen in der Geburt / so er in warmen Bier gesotten und getruncken wird / mäch [120] tig stillen kan / wie davon Ettmüllerus über den Schroederum pag. 557. weiter zu lesen ist Von dem Anis aber gehet er hierinnen ab / daß da jener die Milch der säugenden Weiber vermehret / dieser solche / so wohl in-als äusserlich vermindert / und derowegen bey Abstossung der Säuglingen gebrauchet wird. Er wird auch wegen seiner durch dringenden und erwärmenden Krafft bey den Pferden und dem Rind-Vieh / wann es auffstössig wird und sich auffblöhet / nutzlich adhibiret / und weilen die Taubenfänger / wann sie diesen Römischen Kümmel unter ihre Atze thun / die Tauben sehr an sich ziehen können / so soll an vielen Orten den Krämern verbotten seyn solchen zu verkauffen / wie Pomet solches an abgedachten Ort unter andern auch meldet.

§. 4.
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Bey dem Einkauf muß man zusehen / daß dieser Saame nicht zerstochen und Wurm-mäs-fig seye / welches so bald kan in Acht genommen werden / wann man ihn zwischen den Fingern haltend in die Höhe hebet und der Saame sich an einander hänget. Der beste Romanische Kümmel ist grob / grün-gelbliche / hart / starck und fast stinckend von Geruch / rein und nicht mit Staub vermenget.

Das X. Capitel Von dem schwargen Kümmel.
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Abbildung

§. 1.
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DEr schwartze Kümmel wird Semen Nigellae genandt / weilen es ein sehr schwartzer / eckichter / und runtzelichter Saame ist / eines scharsften Geschmacks und sehr starcken Geruchs: wird sonsten auch der schwartze und Römische Coriander genennet / theils wegen des starcken Geruchs / theils weilen er Anfangs auß Italien gekommen; wie dann auch heut zu Tags einige denjenigen / welcher auß Italien gebracht wird / dem Einheimischen von Bamberg und Nürnberg vorziehen wollen / wie auß Pomets Material-Rammer pag. 42. zu sehen ist.

§. 2.
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Das Kraut wird sonsten von den Botanicis Melanthium genennet / wächset ohngefehr zwey Schuh hoch / mit schwancken / zerschnittenen grünen Blättern / grosse weiß-blauen und auch weissen Blumen / welche entweder einfach oder gefüllt sind / wie auß dem Kupffer oben zuerse [121] hen; nach welchen ein grosser und in fünff Höhle außgetheilter / auch mit so viel Hörnern gezierter Hülssen-Knopff erfolget / in welchem der Saame sich befindet / so nicht gelb oder grau / wie Pomet schreibet / sondern sobalden schwartz in den Schalen ist / auch davon seinen Nahmen bekommen hat.

§. 3.
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Diesen Saamen soll man immer frisch haben und zu sehen / daß er dick-körnericht und wohl außgewachsen sey / einen starcken und gleichsam gewürtzten Geruch ha???e / und ist wohl Achtung zugeben / daß an statt des schwartzen Corianders niemanden die schwartze Raden / oder Semen Nigellastri auffgehänget werde / welcher obige Qualitäten nicht hat / auch deßwegen nicht in der Medicin gebrauchet wird / wie solches Simon Paulli entgegen und wieder Doct. Schroederum am 391. Blat seines Kräuter-Buchs erwiesen. Conf. & Hoffmann. Clav. Schroed. pag. 514.

§. 4.
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Seine Krafft ist erwärmend / trucknend und zertheilend / weßwegen er den Umblauff des Geblütes und anderer natürlichen Feuchtigkeiten befördern / und deßwegen innerlich die Monathliche und Kindbetter-Reinungen treiben kan / wie solches nicht allein Forestus in seinen Observationen lib. 28. Obs. 4. an den Menschen / sondern auch der gemeine Mann an dem Rind-Vieh / welchem sie / nach dem es der Kälber loß wird / schwartzen Coriander zu dem Ende in dem Getränck gibt / bestättigen. So geben auch einige den Saamen die Milch der Frauen zu befördern / und die Würme zu tödten. Eusserlichen aber wirb er täglich von den bewehrtesten Medicis gegen die Catarrhen und den Schnupffen / in den Riech-Knöpfflein glücklich gebrauchet / welche bey dem Hartmanno, Tabern???montano, Ettmüllero und andern zu finden. Man rühmt ihn auch / daß er äusserlich das quartan und andere Fieber curire.

§. 5.
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Ob er aber einige gleichsam gifftige Malignität bey sich führe / wie etliche vorgeben / zweiffelt nicht unbillich der berümbte Hermannus in seinen MSS indem andere ihn vielmehr gegen das Gifft loben: und kommet solches vielleicht daher / weilen er / wann er noch gantz frisch / den Mund angreifft und gleichsam entzündet / welches doch / wann er älter wird / nicht zu beförchten: und ist deßwegen auch so hoch nöthig nicht ihn mit dem Essig zu corrigiren / oder vielmehr zuschwächen. Das Wasser und Oehl / so man davon destilliret / werden langsam verschrieben / und finden sich deßwegen nicht in allen Officinen.

Das X. Capitel Von dem Fenchel-Saamen.
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Abbildung
|| [122]

§. I.
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DEr Fenchel oder FOENICULUM ist ein sehr bekandter / länglichter und außgestreiffter Saame / auff der einen Seite etwas eingebogen: eines süssen und etwas scharffichten Geschmacks und annehmlichen Geruchs; gehöret unter die vier grosse erwärmende Saamen der Apothecker / und kommet unter den Kräfften und Qualitäten mit dem Anis mehrentheils über ein.

§. 2.
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Das Fenchel-Kraut selbsten wird aller Orten in Teutschland in den Gälten gezogen: wiewohlen derjenige Fenchel / so in Italien umb Florence, und in Franckreich in der Provintz Languedoc häuffig gesäet wird / einen viel annehmlicheren und gantz aromatischen Geschmack hat / und deßwegen vor andern von dem Frantzöischen Apothecker Moyse Charas zum Theriac erkohren wird / wie in dessen Tractat von denjenigen Simplicibus, so zu dem Theriac kommen / pag. 209. zu lesen ist: Obwohlen in dessen Ermangelung der Teutsche auch gut ist.

§. 3.
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Was den Nutzen und Gebrauch des Fenchels betrifft / so wird nicht allein der Saame / sondern auch das Kraut selbsten sambt der Wurtzel vielfaltig zur Artzney gebraucht / welches in Wasser oder Wein abgesotten / einen vortrefflichen Trunck vor die säugende Weiber gibt / indem es die Milch sehr vermehret / auch derselbigen einen Balsamischen Geschmack mittheilet / und derowegen von Amato Lusitano, Hartmanno, Ettmüllero und andern vortrefflichen Practicis sehr gerühmet wird. So soll auch eben dieser Tranck den Harn und die verstopffte Monatliche Reinigung befördern. Sonsten aber brennet man ein Wasser darauß / so den trüben und dunckelen Augen wohl zu statten kombt / auch die Fell an den Augen und andere Gebrechen heilen und vertreiben soll; welches auch der Thau / so auff die Cron und Blumen fället / praestiret / absonderlich wann man etwas Zucker in einen hohlen Fenchel-Stengel thut und solchen über Nacht darinnen / biß er von dem Thau und Feuchtigkeit des Fenchels zu einem dünnen Wasser auffgelöset wird / stecken lässet / daß dieser Gebrauch des Fenchels zu den Augen von den Schlangen seye entdecket worden / wie D. Strobelberger in einem absonderlichen Schrifftlein de Foeniculo davon zu sehen ist.

§. 4.
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Was aber der Saame vor eine herrliche erwärmende / balsamische und Wind-zertreibende Krafft habe / ist jederman bekandt / und wild derowegen auch zu den Magen-stärckenden den Artzneyen fleissig gebrauchet. So wird derselbige auch in allen Leib- und Bauch-Grimmen nicht ohne Nutzen verschrieben / indem er die Winde nicht allein zertheilet / sondern auch die Krampff-massige Zusamenziehung der Gedärmen lindert / und derowegen mit den Purgierenden Artzneyen öffters vermischet / auch gegen das Zittern der Glieder / so von dem Gebrauch oder Verarbeitung des Queck-Silbers herrühret / von Hn. D. Hoffmann / in den Notis ad Schroederum pag. 476. gerühmet wird. Absonderlich aber ist dieler Saame auch in allen Brust-Beschwerungen ein vortrefflich Mittel / löset den Schleim / so die Lungen vergleistert / auff / und kommet denjenigen zu gut / so das Keichen und kurtzen Athem haben: stillet den Husten / absonderlich bey den schwangern Weibern / welche den Fenchel-Saat desto fleissiger gebrauchen sollen / weilen man glaubet / daß die Kinder in Mutter-Leib sehr klare Augen davon bekommen sollen / worvon D. Ettmüller in seinen Anmerckungen über den Schroederum weitläufftiger handelt.

§. 5.
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Dieses alles vermag auch das Oehl / so man auß dem Fenchel destilliret / wann man einige Tropffen unter Zucker mischet und geniesset; worbey man auch das destillirte Wasser um???sonst haben kan / welches zu den Augen-Wässerlein offt verschrieben wird. Einige machen die Blumen oder Cronen auch in Zucker ein / und verkauffen dieselbige umb einen guten Athem und Geruch zu geben; wie dann dieselbige auch mit Oliven, Cucumern und dergleichen eingemachet werden. Die Zucker-Becker und Confiturirer aber überziehen den Saamen mit Zucker / und nachdem er dick oder dünn überzogen wird / pflegen sie denselben zu fortiten und mit einem gewissen Numero zu bezeichnen: Wird / wie der überzogene Kümmel / bey den Sauer-Brunnen fleissig gebrauchet / und unter dem Wasser-Trincken genossen.

§. 6.
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Zu allen diesen Zubereitungen muß man den noch frischen / dickkörnerichten / langen und günlichten Saamen erlesen / welcher einen guten und Zucker-hafften Geschmack hat / und von allen Spitzen und Unreinigkeiten wohl gesäubert ist.

§. 7.
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Nebst diesem gemeinen Fenchel hat man noch ein ander Gewächs dieses Nahmens / welches man den Meer-Fenchel zu nennen pfleget / dessen Abbildung im Anfang des Capitels bey dem gemeinen zu sehen. Solcher wird von den Hn. Doctoribus Crithmum [123] genennet / und wächset gern an den Glippen im Meer und anderstwo / daher er auch den Nahmen hat. Und ob wohl dieses Gewächs in den Apothecken selten gebrauchet und nur zu des Jouberti Syrupo Nephrocatharctico verlanget wird / so werden doch die eingemachte Cronen und Blumen davon an vielen Orten / und absonderlich in Franckreich von vornehmen Herrn bey dem Essen an statt der Capern gebrauchet / welche auß Spanien gebracht und von einigen Materialisten / welche es Frantzöisch Fenoüil marin nennen / verkauffet worden. In Frankreich werden sie mit den kleinen Cucumern in Essig eingemacht / welchen sie einen sehr angenehmen Geschmack geben.

§. 8.
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Den Effect dieses Meer-Fenchels betreffend / so wird er gleichfals den Harn zu befördern gerühmet. Ingleichen soll er gegen die Gelbsucht dienlich seyn / wie davon wei???läufftiger bey D. Simon Paulli in dem vierfachen Kräuter-Buch pag. 278. zu lesen.

Das XII. Capitel Von dem Coriander-Saamen.
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Abbildung

§. I.
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DEr Coriander oder SEMEN CORIANDRI ist ein runder dunckelgelbicht- und gestreiffter Saame / dessen inwendiges Marck unter einer dünnen Schale in zwey Theil getheilet ist: hat einen süßlichten / doch scharffen und aromatischen Geschmack / und wann er nicht zu frisch / einen guten Geruch; wird von den Griechischen Scribenten K??? genennet / weilen das Kraut / wann es noch grün ist / nicht anderst als eine Wandlauß riechet / worvon Scapula in Lex. Graco - Latin. pag. 849. zu lesen ist.

§. 2.
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Das Kraut / so diesen Saamen trägt und in den Gärten wächset / ist anfänglich an den Blättern dem Fenchel / zuletzt aber den Chamillen-Blumen gleich / hat auch wie die wilde Chamillen / einen sehr starcken wiedrigen Geruch / und träget ein weisse / mit Purpurfarb vermischte Cron-Blum / wornach die Knöpffger / so den Saamen geben / folgen; und ob zwar auch ein dergleichen Kraut von sich selbsten hervorwächset / so der wilde Coriander genennet wird / so braucht man doch des vorigen Saamen nur in den Apothecken / welcher auch allein auffgesuchet wird: Soll von Venedig und von Magdeburg häuffig überbracht werden / wiewohl der letztete kleiner als der erste ist / wie Schurzius in seiner Material Kammer zeiget.
|| [124]

§. 3.
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Wann er eingesamlet wird / so muß man ihn nicht so gleich einfassen und einschliessen / sondern zuvor auff dem Speicher auß einander breiten und wohl außtrucknen lassen / sonsten / wo nur etwas davon noch nicht recht außgedorret ist / das übrige all angehen und gäntzlich verderben kan. Nachgehends muß man diesen Saamen vor den Ratten und Mäussen wohl verwahren / welche demselben sehr gefährlich sind / wie beydes Pomet in seiner Material Histori pag. 18. wohl anmercket und zugleich guten Unterricht gibt / welcher vor andern zu erkiesen / nemblich / der noch frische / vollkommene und dick-körnerichte / so von allen Unreinigkeiten wohl gesäubert ist.

§. 4.
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Sonsten pflegen ihn auch die Apothecker insgemein so lang / diß er zischet und gleichsam blatzet / in Essig zu legen und ihm den Gifft dardurch zu nehmen / weilen von vielen davor gehalten worden / daß er etwas böses und dem Haupt schädliches bey sich führe; welches Simon Paulli pag. 277. zwar in so weit gelten lässet / weilen ein überflüssige Vorsorg nicht schaden könne: Allein weil eben dieser Author, wie auch andere vornehme Medici, von einer solchen Gifft-mässigen Krafft des Corianders nichts wissen wollen / ausser daß wegen überflüssiger Feuchtigkeit das noch grüne Kraut dergleichen wiedrigen Geruch bey sich führet / welcher doch durch das Außdörren von sich selbsten verlöschet: Der Essig auch diesem sonst vortrefflichen und Balsamischen Saamen die Kräfften nehmen kan / so hat der in den Apothecken berühmte Zvvelferus schön längsten denen Apotheckern deßwegen eine gute correction in seinen Anmerckungen über das Augspurgische Dispensatorium pag. 410. gegeben / welchen auch gegen andere Hn. D. Hoffmann Comment. in Schroed. p. 433. zu vertheydigen suchet / wo von diesem Streit ein mehrers zu finden ist.

§. 5.
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Im übrigen wird der Coriander vielfältig mit Nutzen gebrauchet / indem er in der Hauß-haltung dem Bier / Brod und Bratwüsten einen sehr annehmlichen Geschmack gibt / in der Artzney aber den Magen und das Haupt stärcket und deßwegen entweder mit Zucker überzogen / unter dem Confect, oder in den Magen-Treseneyen dienlich gebrauchet wird / wie beym Schroedero pag. 50. zu ersehen. Einige machen darauß auch einen purgierenden Confect, dessen Beschreibung in des Ettmüllers Anmerckungen über je???gemeldten Schroeder pag. 553. zu finden ist.

Das XIII. Capitel Won den Cardamömlein
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Abbildung
|| [125]

§ 1.
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VOn den Cardamömlein hat man zweyerlen Art in den Apothecken / darvon eine Cardamomum Majus, die andere Cardamomum Minus genennet wird. CARDAMOMUM MAJUS oder die grosse Cardamömlein sind eckichte kleine und graue Körner / eines aromatischen Geruchs und Geschmacks / welche beyde doch nicht so starck sind / als bey den kleinen Cardamönlein: werden gar selten in den Apothecken gefunden / allwo man die grana Paradisi dafür halten thut / wie in vorigem Capitel schon erwehnet worden. Sie kommen auß Ost - Indien von Cananor, Java und der Insul Ceilon.

§. 2.
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Das Kraut dieses Saamens soll bey den Indianern Endzal heissen / wie der berümbte Hermannus in seinem Coll. MSS. berichtet. Wie aber solches wachse / darinnen sind die Indianische Scribenten noch nicht einig. Garcias ab Orta schreibet es würden diese Körner wie Erbsen gesäet / wächsen auch so auff / und berichten andere / daß das Kraut auff dem Feld wie Heiden-Korn auzusehen sey. Andere / als Jacobus Bontius wollen auß dem Augenschein behaupten / daß es ein Art Rohr seye / welches Hoffmannus auß desselben Commentario in seinen Clavi Schroederiana pag. 429. weitläufftig beschreibet; Doch gestehen alle / daß die Körner in dreyeckichten Schooten oder Hülssen wachsen / und wohl dreymahl länger seynen / als der kleinen Cardamömlein / weßwegen sie auch die grössere: Die Paradieß-Körner aber / in Ansehung der dicksten Hülssen / die gröste genennet werden: Vid. fig. aenea.

§. 3.
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CARDAMOMUM MINUS oder die kleine Cardamömlein werden gemeiniglich in ihren kleinen / dreyeckicht- und etwas länglichten Hülssen auß Indien / über Holland / zu uns gebracht / welche außwendig weiß-grau / streifficht und mit einem kleinen Stiel versehen sind. Solche werden in einen Sack gethan / und darauff mit runden Brügeln solang geschlagen biß die Hülssen auff und abgesprungen / welche abgeschwungen und durch das Sieb gereiniget werden / wie Schurtzius in seiner Marterial. Kammer pag. 85. zeiget. Die also gesauberte Körner aber sind kleine eckichte und graue Körnlein / eines aromatischen scharffen Geschmacks und sehr guten / gleichsam nach Campher riechenden / Geruchs.

§. 4.
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Das Gewächs oder Kraut / worvon sie gesamblet werden / ist noch sehr unbekandt / ausser daß Pomet beygesetzte Figur davon gegeben / aber doch vor gewiß nicht außgeben kan: die Zeit wird ein gewissers darvon lehren / und muß man sich indessen mit der Frucht begnügen lassen / welche / soviel möglich / frisch / vollkommen / schwer und nicht durchstochen seyn mus.

§. 5.
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Dieser Saame wird insgemein verstanden / wann der Cardamömlein schlechter dingsgedacht wird / zumahlen die vorige Species sehr rar und nicht wohl zu haben ist; weßwegen dann die kleine in der Medicin und anderstwo fast allein gebrauchet werden / indem doch beyde fast einerley Kräfften haben / ausser daß die kleinere etwas stärcker und durchdringender sind. Sie haben aber / wie alle Gewürtze / eine erwärmende Krafft / welche doch viel temperirter als in den andern ist / und in dem fast alle aromata den Mund und den Schlund gar zu sehr angreiffen und gleichsam entzünden / hat man sich dessen von den Cardamömlein nicht zu beförchten. Sie stärcken den Magen / zertheilen die Winde in den Gedärmen / und dienen also gegen die Colic und Mutter - Schwachheit So thun sie auch im Schwindel und andern Haupt-Schwachheiten / so auß dem Magen entstehen / trefflich gut / stärcken das Gedächtnus / wie Ettmüllerus davon weiter in seinem Schroedero Dilucidato pag. 532. kan gelesen werden.
|| [126]

Das XIV. Capitel Von den Paradieß-Körnern.
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Abbildung

§. I.
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DIe Paradieß-Körner / oder Grana Paradisi sind dreyeckichte kleine Körner / außwendig röthlich-braun / inwendig gantz weiß / eines scharffen und beissenden Geschmacks / dem Pfeffer nicht viel ungleich: werden von einigen Cardamomum maximum oder die gröste Art Cardamömlein genennet; dahero ohne zweiffel der Irrthum in den Apothecken entstanden / daß diese Paradieß-Körner vor die grosse Cardamömlein / welche eigentlich auß der Mittel-Art bestehen / gehalten werden / da unter deyden doch ein grosser Unterscheid ist. Unterdessen will doch der berümbte Frantzoß Moyses Charas in seinem Tractat von den Theriacs-Ingredientien p. 215. behaupten / daß diese Frucht unter die Cardamömlein gehöre / und in Ansehen der grossen Hülssen / worinnen sie wächset / vor das gröste Cardamomum könne passiren.

§. 2.
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Das Gewächs / woran die grana Paradisi wachsen / wird Malaguetta genandt / dahero die Frantzosen die Frucht selbsien auch Maniguette oder Melligette heissen: hat schöne grüne Blätter und träget ziemlich grosse Hülssen-Knöpff / so dick und an der Figur wie Feigen / auch schön roth auzusehen sind. In diesen wachsen die Körner / welche entweder wegen deren Schönheit / oder wegen des sehr angenehmen Geruchs / so die noch frische Früchte von sich geben / Grana Paradisi genennet werden. Melaquette aber heissen sie die Außländer / weilen sie erstlich auß der Stadt Melega in Africa sollen kommen seyn / wiewohlen sie heutiges Tages von unter schiedenen Orten über S. Malo heraußommen: und wollen einige vorgeben / man finde das Gewächs auch in Franckreich / worvon doch der Frantzöische Materialist / Mons. Pomet, nichts wissen will.

§. 3.
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Diese grana Paradisi kommen / ihren Qualitäten und Eigenschafften nach / dem Pfeffer sehr nahe / ausser daß sie etwas gelinder und nicht so hitzig sind: werden in allen Lähmungen der [127] Glieder und Nerven zustärcken gerühmet / sonsten aber nicht viel zur Artzney gebrauchet. Die Würtz-Krämer / so hin und wieder herumb streichen / wie auch einige vortheilhaffte Apothecker pflegen sie unter den gestossenen Pfeffer zumischen / indem sie viel wolfeiler sind / und da man jetzo 15. biß 18. alb. vor das ???. Pfeffer geben mus / kan man das ???. von den granis Paradisi wohl umb 3. Batzen kauffen; weßwegen man wohl thut / wann man das Gewürtz ungestosen einkauffet.

Das XV. Capitel Von dem Steinbrech-Saamen.
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Abbildung

§. 1.
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DEr also genandte Steinbrech-Saame oder Semen Saxifragiae bestehet auß runden und röthlichten Knötlein / einer kleinen Erbsen groß / so an der Wurtzel des Krauts wachsen / und derowegen auch von dem Schraederô denen Wurtzeln zugerechnet wird / obwohlen sie sowohl bey den Materialisten als Apotheckern den Nahmen eines Saamens bißdaher behalten haben / weilen in den rothen Schälcher kleine und einem Nachen gleich außgehöhlte Körnlein gefunden werden / welche ihm villeicht den Nahmen eines Saamens zuwegen gebracht haben.

§. 2.
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Ob nun gleich sehr viele Kräuter Steinbrech genennet werden / welche entweder unter den Steinen hervor wachsen / oder auch den Lenden und Blasen-Steinen zermalmen und forttreiben sollen; so wird doch insgemein der weisse Steinbrech mit runden Blättern und weissen Blümcher (Saxifraga alba foliis rotundis) dadurch verstanden / von welcher auch das Steinbrech. Wasser / so in denen Apothecken fleissig verschrieben wird / herrühret: wächset häuffig in den Wiesen.

§. 3.
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Den Gebrauch und Nutzen dieses Saamens zeiget der Nahme selbsten an / indem er also genennet wird / weilen er die Steine in den Nieren und der Blasen / (welche beyde neben dem Kraut abgemahlet sind) zermalmen und dieselbe / nebst aller schleimichten Materie / so die Nieren verunreiniget / außführen und durch den Harn / den er zugleich befördert / [128] außtreiben soll; wie dann zu diesem End das Wasser / so man von dem Kraut selbsten destilliret / täglich verschrieben wird: allein der berühmte Ettmüller will eben kein groß Wesen davon machen / sonden hält vielmehr davor / daß beyde hierinnen wenig taugen; wie dann insgemeine diejenige Medicamenten / so den Stein im Leibe zermalmen sollen / den Strich nicht halten / so gar / daß bey denen gelährten Medicis noch sehr in disputat gezogen wird / ob auch in der gantzen Welt dergleichen Stein zermalmende Artzneyen / welche sie Lithontriptica nennen / zu sinden seyen?

§. 4.
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Wann unterdessen doch dieser Saame zuweilen noch gesuchet wird / und derowegen von den Materialisten und Apotheckern auffgehoben werden muß / so soll man zusehen / daß derselbe immer frisch zu haben sey / welcher etwas schärffe auff der Zunge zurück lässet / davon Pomet in seiner Material-Historien pag. 10. zu sehen / welcher doch das rechte Kraut / weder im Abriß / noch in der Beschreibung unter Augen geleget hat.

Das XVI. Capitel Von dem Kreusch-Baum oder Schaafmillen-Saamen.
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Abbildung

§. 1.
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DEr Schaafmillen-Saamen oder Semen Agni Casti bestehet auß runden Körnern / welche fast wie Pfeffer anzusehen / aber doch kleiner sind: sitzen über die Helfft in einem grauen hütgen wie die Eicheln / an sich selbsten aber sind sie schwartz-braun / eines scharffichten und etwas anhaltenden Geschmacks: werden meistens auß Welschland gebracht / obwohlen man das Gewächs auch in Teutschland in einigen Gärten findet.

§. 2.
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Der Strauch oder Bäumlein / woran dieser Saame zu finden / wächset gern an den Wassern / wie auch in den Gärten: hat dünne [129] zähe und schwancke Reiser und Blätter wie die Weyden / dahero er auch Vitex geennet wird: und weilen man erehlet / daß einige fromme Dames zu Athen / in steter Keuschheit zu leben / auff den Blättern dieses Bäumges geschlaffen hätten / auch deßwegen die Mönche in den Clöstern dieses Bäumchen ziehen sollen / so ist es biß daher Agnus Castus genennet worden / kan auch wohl seyn / daß man dahero diesen Saamen hernach in den Saamen-Flüssen und andern Venerischen Kranckheiten gebrauchet und verschrieben hat: ist sonsten zweyerley Gewächs / indem eines zerkerbte / das ander gantze Blätter träget.

§. 3.
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Bey dem Einkauff dieses Saamens hat man dahin zu sehen / daß er frisch / dick und grob-körnericht sey und auß warmen Ländern / auß Italien und Sicilien gebracht werde / dann er in andern kalten Ländern nicht so wohl zur Zeitigung kommen kan / auch nicht so kräfftig ist.

§. 4.
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Seiner Kräfften und Qualitäten halber sind die Medici biß auff diese Stund noch nicht unter einen Hut zu bringen / indem ihm gantz wiedrige Würckungen zugeschrieben werden / wann Schroederus schreibet / daß er die Monatliche Zeit der Frauen treibe / dessen Außleger D. Hoffmann zugleich ihm eine Milch-vermehrende Krafft zueignet / die meisten aber den mänlichen Saamen zu vermindern oder dessen Auffwallung damit zu zwingen und zu verhindern suchen; derowegen sich bey den Gelährten ein Streit erhoben / ob dieser Saame eine erwärmende oder erkaltende Natur habe? Unterdessen ist der Außschlag leicht zu geben / wann man seine scharffe und aromatische Natur betrachtet / welche dem Pfeffer etwas gleich kommet / und deßwegen auch dieser Saame der Münch-Pfeffer ist genennet worden. Gleichwie nun alle scharffichte Kräuter und Saamen eine erwärmende Krafft haben / so kan man auch nicht anders von diesem Saamen judiciren / welcher deßwegen auch die erkaltete Natur der Männer stärcken und die ???. und Geilheit vermehren kan / wie dessen ein gewisses Zeugnuß und Exempel von D. Simon Paulli inseinem Kräuter-Buch pag. 189. beygebracht worden. Wann er derowegen das Gegentheil würcken und die Keuschheit befördern solte kan solches anderst nicht / als daß er die Feuchtigkeiten zu sehr außtrockne / geschehen und begriffen werden / worvon an jetztberührtem Ort mit mehrerem zu lesen ist.

Das XVII. Capitel Von dem Bauren-Senff.
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Abbildung
|| [130]

§. 1.
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DEr Bauren-Senff oder SEMEN THLASPIOS ist ein kleiner / länglichtrunder / schwartz-brauner Saame / welcher im Munde gehalten und gekäuet / nebst einiger Schleimigkeit / einen scharffen Geschmack gleich dem Kressen. Saamen / hinterlässet: ist Anfangs etwas röthlich anzusehen / welches bey dessen Einkauff in Acht zu nehmen / wo nach dem frischen / röthlichen / scharffen und sauber gereinigten zu trachten / auch selbiger nicht bey den gemeinen Saamen-Krähmern zu hohlen ist / welche offters eine Art Kressen- oder andere Saamen darvor außgeben oder zum wenigsten alte verlegene Wahr verkauffen: weßwegen auch alle andere Saamen vielmehr bey redlichen und raisonablen Leuten / als bey dergleichen Landstreichern und Cutrenten auffzusuchen sind.

§. 2.
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Das Kraut / worvon der Bauren-Senff gesamblet wird / nennet man Besem-Kraut / Lateinisch Thlaspi, mit welchem fast alle Kräuter / so ihre Saamen in kleinen Täschlein. zeugen / benennet worden / wie solches D. Ettmüller in seinen Anmerckungen über den Schraed. p. 673. bezeuget. Es wächset aller Orten und in allen Lauden / auch auff ungebaueten Stellen und wie Moyses Charas in der Theriac Histor p. 123. in Acht genommen / meistens auff dem Rand der Wasser-Gräben / ohngefehr eines Fusses hoch / hat länglicht / unten breite / und oben außgespitzte Blätter: theilet sich in viele Aestlein auß / welche erstlich kleine weisse Blümlein / nach diesen aber viele Täschlein tragen / deren jedes zwey Körnlein von dem Saamen in sich hält / welcher erstlich gelb-roth / nachgehends braun / und wann er alt / gar schwartz-braun anzusehen ist / so fast allein zur Artzney gesuchet wird / indem das Kraut mehr zum färben / als zur Artzney gebräuchlich ist / wie Ettmüller an obigem Ort bezeuget; ob schon einige dasselbe auch unter den Salat zu mischen pflegen.

§. 3.
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Nachdem aber so viele Species von diesem Kraut gefunden werden / ist die Frage entstanden / von welcher der Saame eigentlich zu colligiren sey / besonders derjenige / welcher zum Theriac zu nehmen? Einige / denen die frembde mehr als einheimische Sachen gelten / beliebten den Cretischen: Allein / weilen dieses frembde Gewächs vielen nicht besser / als dem Hund das Graß essen / bekommet / wie D. Simon Paulli solches mit einer von Adriano Spigelio beschriebenen Histori in seinem vierfachen Kräuter-Buch pag. 503. an Tag geleget hat / so sind heut zu Tag fast alle Authores darinn einig / daß man denjenigen Saamen / so bey uns zu finden / darzu gebrauchen solle / welcher mit des Dioscoridis Beschreibung gantz übereinkommet / vid. cit. loc.

§. 4.
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Seine Krafft und Tugenden bestehen in einem subtilen und flüchtigen Saltz / wormit er erwärmet und außtrucknet: wird innerlich sehr gegen das Hüfften-weh gerühmet / und weilen er den Urin gewaltig treibet / so hält man davor / daß er den Stein zermalme und das geronnene Geblüt zertheile / wie Pomet in seiner Material-Histori pag. 7. anzeiget. Merckwürdig aber ist / daß er deßwegen auch die rothe Ruhr und Wasser-Sucht curire / wie der obberühmte D. Simon Paulli und auß demselben Doct. Hoffmann über den Schroederum pag. 559. zeigen. Er soll auch die Monatliche Zeit befördern / so gar / daß Schroederus in seiner Pharmacopaeiâ Galeno-Chym. pag. 160. schreibet / daß er die Frucht in Mutter-Leibe tödten könne und deßwegen solchen den Schwangern zu geben höchlich verbietet. Eusserlich rühmen auch etliche diesen Saamen in fliessenden Schäden / welche er außtrucknen soll / ziehet alle Feuchtigkeit durch die Nase ab / wie andere ptarmica und scharffe Kräuter / als Bertram Wurtzel und dergleichen zu thun pflegen.
|| [131]

Das XVIII. Capitel Von den Läuß- oder Stephans-Körnern.
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Abbildung

§. 1.
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DIe Stephans-Körner oder Semen Staphisagriae, sonsten auch Staphisander genandt / sind rauhe und schwartzgraue Körner / wie Schagren anzusehen / beynahe dreyeckicht / eines scharffen und brennenden Geschmacks und eckelhafften Geruchs: werden auß Welschland und Franckreich in Teutschland gebracht; wiewohlen auch das Kraut bey uns von einigen Garten-Liebhabern zuweilen gezogen wird.

§. 2.
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Die Staphisagria selbsten wird sonsten Herba Pedicularis genandt / wächset gern am Ufer des Meers: hat grosse und grüne Blätter / tieff gekerbt und gleichsam zerschnitten / wie die wilden Reben: trägt Himmel-blaue Blumen / so auff einem besondern Stiel wachsen / nach welcher Abfallung die grüne Schöttlein folgen / darinnen die Körner so accurat zusammengefüget liegen / daß man kaum mit grosser Müh sehen kan / wie sie von einander geschieden seyen: sind inwendig weiß / und außwendig Braungrau / voller Düpfflein / wie unten an der Figur zu sehen ist.

§. 3.
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Es muß aber dieser Saame / so viel möglich / frisch angeschaffer werden und zwar der recht zeitig und dick-körnericht ist / auch keine Unreinigkeiten an sich hat; welches alles auch die obige Qualitäten mehr an Tag geben werden.

§. 4.
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Ob nun schon vor diesem dieser Saame auch innerlich / als eine laxierend- oder purgierende Artzney eingegeben worden / wie Ettmullerus in seinen Erinnerungen über den Schroederum pag. 668. bezeuget: So ist doch heutiges Tages solches wegen seiner Schärffe gantz nicht mehr gewöhnlich / so gar / daß auch einige nicht zugeben wollen / daß man ihn nur in den Mund nehmen könne / da sonsten diese Körner in Essig gesotten und die Brüh gegen das Zahn-Weh im Munde gehalten wird / welches er durch Abzapffung vieles Schleimes stillen soll / wie bey Sim. Paulli, Schroedero, Dale und andern zu sehen. Weßwegen diese Körner jetzo nur äusserlich / die Läuse auf den Köpffen der Kinder zu tödten / adhibiret werden / indem die Mütter entweder solchen zerstossen in Laugen sieden / und hiermit die Köpffe waschen / oder aber das Pulver mit ungesaltzener frischer Butter zu einem Sälblein machen / und damit die Köpffe schmieren: wornach sich das Ungeziefer entweder so bald retiriret oder fast Zusehens getödtet wird; wie dann auch diese Körner das Haupt-Stück unter der gemeinen Läus-Sald der Apothecker abgeben. Andere bedienen sich auch des Pulvers in alten Schäden / welche es sauber halten und kein faul Fleisch wachsen lassen soll.
|| [132]

Das XIX. Capitel Von dem Wurm-Saamen.
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Abbildung

§. 1.
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DEr Wurm-Saame oder SEMEN SANTONICI, sonsten auch Lateinisch Semen contra Vermes oder nur Semen contra genandt / ist ein kleiner länglicht- und gelbgrünlichter bitterer scharffer Saame eines starcken Geruchs / welcher in den täglichen Gebrauch bey den Materialisten und Apotheckern so gemein und abgängig ist / daß ihn der berühmte Pomet in seiner Frantzöisch-geschriebenen Material-Kammer oben angesetzet hat. Andere nennen ihn Sementinam oder auch Semen Cinae vel Sinae, in Meynung er kähme nur auß dem Königreich Sina und den äussersten Enden der Indien / wie Christoph Vielheuer / ein Apothecker / in der gründlichen Beschreibungen frembder Materialien pag. 151. redet: welchem doch der berühmte und gelahrte Kauff-Herr Herbertus de Jager keinen Beyfall gibt / sondern / weilen man diesen Saamen viel näher hat / solches vor erdichtet hält / vid. Miscell. Acad. Nat. Cur. Dec. II. A. III. Obs. 1. pag. 206. Ob es aber dergleichen Bewandtnus auch mit dem andern Wort Santonico oder Semine Sancto habe? und ob solches nicht so wohl a Terra Sancta, wo es Rauvvolfius und andere gesehen zu haben vermeinen / als Xantonicum, von dem Land Xantonge in Franckreich / allwo es häuffig wächsen soll / zu nennen sey? wie Hoffmann. in Clav. Schroed. in voc. Santon. p. 541. und Elsholzius Misc. A. N. C. D. I. Anno 6. 7. Obs. 227. p. 169. davor halten / stehe noch an meinem wenigen Ort an / weilen der oben belobte Frantzöische Materialist über allen angewandten Fleiß davon nichts erfahren können / sondern auffrichtig bekennet / daß all der Wurm-Saame so sie darvon verkauffen / auß Persien (wo es in den Wäldern wächset) und Moscovien zu ihnen gebracht würde / indem die Persianer solchen in ihren Caravanen oder grossen Wallfahrten / zu welchen sich die Kauff-Leute gesellen / nach Aleppo, Alexandrien und Smirnen brächten / von wannen er ferner in Holland / Engeland und Franckreich über geführet würde / weßwegen mir der Unterscheid / den der sonsten berühmte Medicus D. Ettmüller in seinen Operibus Tom. 1. pag. 653. unter dem Alexandrinischen und Frantzöischen machet / annoch sehr zweiffelhafftig vorkommet / zumahlen auch Johann Jacob Marx in seiner Teutschen Material-Kammer pag. 54. nur des Alexandrinischen Meldung gethan hat.

§. 2.
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Mehrere Schwürigkeit machet das Kraut / welches diesen Saamen zeuget. Der ältiste Kräuter-Mann Dioscorides hielte es zu seiner Zeit vor eine Art Wermuths / weßwegen auch der seel. D. Fehr. pag. 14. in seinem Lateinischen curiosen Buch von dem Wermuth solches darzu zehlet / und weilen auß eben dessen und anderer Erfahrung unser Wurm-Saame / wann er hier zu Land gesäet wird / keine Wermuths-Art / sondern ein ander Kraut hervorbringet / so kombt er auff die Gedancken / daß wir heut zu Tag der Alten wahren Alexandrinischen Wurm-Saamen nicht hätten / sondern ei [133] nen andern / und (wie Ettmüllerus loc. cit. vermeinet) nur den Frantzöischen zu bekommen pflegten; weßwegen dann die Welt-belobte Kayserl. Societät der Natur-Kündiger / welche die Medici in Teutschland auffgerichtet / vor gut befunden hat / sich durch den Teutschen Medicum in India / Hn. D. Cleyerum, zu erkundigen / was es doch mit diesem Kraut vor eine Bewandnus habe / welcher auch an oberwehnten Hn. de Jager deßwegen geschrieben / aber doch nichts gewisses erhalten können / indem er nicht recht Achtung auff das noch wachsend- und grünende Kraut gegeben / doch aber davor hält / es seye eben dasjenige Kraut / welches Rauvvolfus umb Bethlehem im H. Land gefunden und nachgehends in seiner Orientalischen Reiß-Beschreibung im dritten Theil cap. 22. im offentlichen Truck abgemahlet hat / auch obbenahmter Marxius vor genuin hält: die heutige vornehinste Botanici aber / als der berühmte Herman, Dale und andere mit dem Hn. de Jager vor eine speciem Abrotani oder eine Art Stab-Wurtz halten / wie auß den Ost-Indianischen Send-Schreiben Num. 3. erscheinet: Und hat man dessen zweyerley Species, wie auß dem IX. Ost-Indianischen Send-Schreiben zu sehen ist.

§. 3.
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Auff was Art und Weise dieser Saame von den Persianern eingesamblet werde / zeiget Mons. Tavernier in seiner Reiß-Beschreibung pag. 384. Weilen er nemblich gar gern außfallen thut / auch wann man ihn mit den Händen samlen wolte / unsauber würde / so nehmen sie ihn mit einem Löffel ab: den übrigen Theil aber / so in den Stengeln bleibet / samblen sie mit zwey Wannen / so sie in den Wiesen gehend von einer Hand zur ander schlagen und nachmahlen ferner zu säubern wissen.

§. 4.
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Weilen aber der rechte Wurm-Saame offters durch andere dergleichen bittere Saamen / insonderheit mit dem Stab-Wurtz- oder Reinfahren-Saamen verfälschet wird / wie solches der offters-belobte Hr. Pomet wohl erinnert / so muß man wohl zusehen / daß man ihn recht sauber / dickkörnericht / länglicht / grünlicht und frisch / auch von gutem und starcken Geruch erlese: sintemahl der falsche viel leichter und gelblichter ist / auch mehr klein-geschnittenem Hexel oder Stroh / als einem Saamen gleich siehet / und weilen die Materialisten gemeiniglich den altverlegenen viel wohlfeiler als den frischen verkauffen / daß sie dessen nur los werden / so wird ein rechtschaffener Apothecker hier sein Gewissen in Acht nehmen und immer die beste Sorte sich anschaffen / die schlechte aber den Storgern und Land-Streichern / welche das arme einfältige Volck damit betriegen / überlassen.

§. 5.
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Den Gebrauch anbelangend / so ist derselbe so bekandt / daß es fast nicht nöthig etwas davon zu melden / hat auch deßwegen den Nahmen bekommen / weilen er bey uns den Kindern gegen die Würme gegeben wird / welchen er so zu wieder ist / daß auch der seel. Ludovici, weyland Sächsischer Leib-Medicus, in seinem sehr herrlichen Buch / de Pharm. Mod. Sec. applicanda (worinnen er hauptsächlich auff Abschaffung der unnöthigen und frembden Artzneyen dringet) dem Santonico seinen Platz noch vergönnet / wann er nur nicht mit Essig und andern Einbeitzungen entkräfftet ist. Die Perstaner / ja auch die Holl- und Engeländer selbsten / mischen ihn / gleich dem Aniß / überzogen unter ihre Trisenet / dann er den Magen stärcker und aller Fäulung wiederstehet: weßwegen man sich billich über den sonst gelahrten Frantzosen Mons. Rochas verwundern muß / daß er in seinem Tr. de Rebus Min. s. Metall. zu den Gedancken kommen / es würden die Spul-Würme durch Gebrauch des Wurm-Saamens vielmehr erzeuget / als getödtet / weilen er durch putrificirung des Saamens einiges Ungeziefer hervorgebracht; da doch auff solche Manier auß einem jeden Kraut / auch von dem Wermuth selbsten einige Würmer können erwecket werden / welches / wie ein jeder bekennen muß / den Spul- und anderen Würmen Augen-scheinlich zuwieder ist. Vielleicht ist gemeldter Scribent durch der Land-Streicher Betrug / den Tabernaemontanus in seinem Kräuter- Buch an Tag geleget / dahin bewogen worden / welche die außgetriebene und zu Pulver gestossene Spul-Würme den Kindern eingeben / auß welchem bald ein grosser Wust dergleichen Würmer hervor kommet / und durch andere Mittel von ihnen / mit Verwunderung des Pöbels / außgeführet wird / wie dann solches auch auß Faulung der Würmer kommen kan.

§. 6.
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Diesem aber vorzukommen / so ist sehr nöhtig / daß manden Wurm-Saamen nicht allein / sondern mit andern laxirenden medicinen, als Rhabarb. Spec. diaturbith. c. Rhabarbaro und dergleichen eingebe / daß / so bald sie getödtet und gestorben sind / sie auch außgeführet werden möchten: anderst sie zur Fäulung im Leibe gerathen und dadurch ein heßlich-stinckender Athem / Wurm-Fieber und dergleichen bey den Kindern erreget werden / wie solches offters gesehen und erfahren habe; wie dann auch durch Zuthuung dergleichen andern Pulvern die wiedrigkeit des Saamens in etwas gemindert wird / daß man nicht so bald nöthig hat solchen mit vielem Zucker zu Confect, Morsellen / Leckkuchen / Zucker-Bletz zu machen / und in andere Formen zu giessen / welches / so es bey gar zu delicaten Kindern vonnöthen ist / doch leichtlich mit den laxirenden Zusätzen auch geschehen kan.
|| [134]

Das XX. Capitel Von dem Blumenköhl-Saamen.
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Abbildung

§. 1.
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DIeweilen der Blumenköhl-Saame fast nirgens als in der Insul Cyprus zur rechten Zeitigung kommet und derowegen von den Gärtnern und andern bey den Materialisten pfleget eingekauffet zu werden / so hat man denselben auch nicht übergehen wollen / obwohlen er sonsten in der Medicin gar nicht gebrauchet wird. Es ist ein kleiner runder Saame / dem Cappes-Saamen nicht ungleich / aber etwas kleiner / auch nicht so braun / sondern graulicht / wird über Massilien in Franckreich und von dar in Teutschland gebracht. Mann will ihn wohl auch zu Genua in Italien erziehen / allein er kombt dem von Cypro nicht bey / sondern ist viel schlechter.

§. 2.
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Man muß aber wohl zusehen / daß er frisch / nicht verfälschet und von der rechten Art sey; weßwegen auch die Materialisten / wann sie solchen einhandeln / sich ein Attestatum von denjenigen Orten und Handels- Leuten müssen zeigen lassen / von wannen er gesendet wird / daß er nemblich auffrichtig / frisch und von dem Jahr sey / wann sie anderst ihren Glauben bey denen Gärtnern und andern ehrlichen Leuten nicht verlieren wollen / welchen die Materialisten an einigen Orten / als in Franckreich / darvon rêpondiren und nicht allein vor den Krauffschilling / sondern auch vor alle Unkosten / von der Zeit an / biß er auffgehen pfleget / gut seyn müssen / wie solches der berühmte Materialist zu Paris / Mons. Pomet in seiner Histoire Generale de Drogues p. 17. selbsten bekennet. Wer dann nicht betrogen seyn will / der kauffe den Blumenköhl-Saamen nirgends / als bey den Materialisten / solte er ihn auch etwas theurer zahlen / als bey den Läuffern und Saamen-Krämern.

§. 3.
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Der Blumenköhl selbsten (welcher von den Lateinern Brassica Cypria und Flore-Caulis und von den Italianern Caulifiori genennet wird) muß also erzogen werden: Der Saame wird un Frühling / wann die Sonn in Steinbock gehet / bey vollem Mond in ein gut Mist-Bett gesähet und wann die Pflantze groß gnug ist / so versetzt man ihn / eben auch im Stein-Bock / in ein fettes wohlgedungtes Land: Nach dem Herbst werden die gantze Stöck / welche im Land ihre vollkommene Blumen noch nicht bekommen / in dem Keller / in Sand oder Erden versetzet / allwo sie auch mitten in dem Winter ihre völlige Blumen bekommen.

§. 4.
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Sein Gebrauch ist den Köchen bekandt / welche den Blumenkohl / wann er sauber gewaschen und wie der gemeine Kohl gebrühet / mit Fleisch- oder Hüner-Brüh / Gewürtz / Saltz [135] und Butter anzumachen und entweder so allein oder über junge Hüner und Tauben anzurichten wissen. Man brauchet ihn auch in Potagen und Pasteten: ist vor Krancke und Gesunde ein gutes angenehmes Essen.

§. 5.
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Sonsten gedencket der seel. Hermannus in seinen MSS. eines Kohl - Saamens / dessen man sich in der Artzney bedienen kan / welchen die Lateiner Semen Oleris Atri nennen: Ist ein runder schwartzlichter Saame / eines bittern und scharffen Geschmacks / dessen Kraut man Brassicam fimbriatam nennet: wird vor ein besonder Mittel im Scorbutischen Stein-Schmertzen gehalten / wann man den Saamen mit Cichorien - Wasser zu einer Milch oder Emulsion stösset und eingiesset. Ist er nicht zu haben / kan man Steckrüben - Saamen / welcher Bunias heisset / an dessen statt nehmen.

Das XXI. Capitel Von dem Foenogrec oder Bockshorn - Saamen.
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Abbildung

§. I.
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DEr Griechische Heu - oder Bockshorn - Saame / Lateinisch Semen Foenugraeci genandt / ist den Fuhr - Leuten / der Pferden wegen / eine bekandte und angenehme Frucht / hat kleine / gelbe / eckichte und oben gleichsam umbgebogene Körnlein: wird in Franckreich so wohl / als in Teutschland zwischen Bamberg und Nürnberg häuffig gezogen und beyderseits Centner - weiß in Holland und andere Länder verkauffet / wie Pomet in seiner Frantzöischen pag. 20. und Marxius in der Teutschen Material. Kammer pag. 93. schreiben.

§. 2.
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Das Kraut hat zweyfache Blätter / wie der Klee / doch länglicht und etwas zerkerbt / und wann die kleine weisse Blümcher abgefallen / träget es lange krum - außgespitzte Hülsen / darinn der Saame wächset / welche einem Horn nicht ungleich sind / weßwegen es von den Griechen Bucera oder Ageoceras, von den Teutschen aber Bockshorn genennet wird.

§. 3.
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Der Saame muß schön groß / hart / reckt dürr und hell - gelb an der Couleur seyn / wann [136] er anderst frisch seyn soll / da hergegen derjenige / so röthlicht oder braun außsiehet / schon zu alt und untauglich ist: hat einen starcken und fast wiedrigen Geruch / welcher auch andere Bestien / so neben den Pferdten / welche diesen Saamen unter ihrem Futter gefressen / entkräfften und ermünden kan; dahero die Fuhr - Leute von ihren Mittgespannen und Gesellen nicht leiden können / daß sie den Pferdten Foenugraecum geben.

§. 4.
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Sein Gebrauch ist mehrentheils äusserlich / ausser daß die Roßkämme und Fuhrleute diesen Saamen den Pferden geben / daß sie desto starcker / fetter und ansehnlicher werden sollen; welches doch andere / so es probiret haben / nicht loben wollen / indem er keine gute Nahrung geben kan. In äusserlichen Artzneyen aber wird sowohl der Saame / als dessen Mehl oder Pulver in den erweichenden und zertheilenden Auffschlägen mit Nutzen gebrauchet. So wird er auch sehr offt zu denen Clystiren genommen / indem er die Winde zertheilet und alle Erhärtung erweichet / obwohlen bey dem Frauenzimmer / wann demselben ein Clystier zuverordnen / dieser Saame außzulassen / weilen einige von dem Geruch mit der auffsteigenden Mutter überfallen werden / wie Simon Paulli in seinem Kräuterbuch p.306. in Acht genomnen hat.

§. 5.
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Sonsten ziehet man mit gemeinem oder destillirten Gewässern einen Schleim auß diesem Saamen / welchen obbelobter D. Simon Paulli in bösen flüssigen Augen nicht gnugsam loben kan / so gar daß er auch ein mit Blut unterloffenes Aug (so von der Schwere - Noth hergekommen) damit glücklich curiret habe; dahero es dann D. Schroeder und dessen Commentatores D. Hoffmann, D. Ettmüller und andere auch hierin recommendiren. Benzo ein Indianischer Reißbeschreiber bezeuget / daß in Peru dieser Saame in solcher Menge wachse / daß die Einwohner dorten einen Wein (oder vieleicht Brandenwein) davon machten.

Das XXII. Capitel Von dem Schnecken- und Kaupen-Klee.
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Abbildung
|| [137]

§. I.
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OHne den gemeinen Klee - Saamen / wormit einige einen grossen und sehr profitablen Handel führen / werden zu weilen bey den Materialisten zwey hier zu Land noch unbekandte Klee-Saamen auffgesuchet / deren eine der Schnecken-Klee / der ander der Raupen-Klee genennet wird: haben fast einerley Figur und werden auch von den Gärtnern gemeiniglich bey einander gesäet / obwohlen deren Kräuter gantz keine Gleichheit und Gemeinschafft mit einander haben.

§. 2.
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Der Schnecken-Klee wird also genennet / weilen die Blätter dem Klee-Blat / die Hülsen aber einer Schnecken gleich sehen: wird Lateinisch Medica genandt / weilen die Griechen / als sie den Darium, der Perser - König / bekriegten / den Saamen auß Medien in Griechenland gebracht / und denselben von seinem Vatterland also genennet haben. Die Frantzosen nennen dieses Gewächs Lucerne, und ziehen es in der Provintz Languedoc und in der Normandie in grosser Meng / wie bey uns der Klee gezogen wird / weilen sie das Kraut in einem Jahr wohl 5. biß 6. mahl abgrasen und die Pferde / Maul-Eseln und Rind - Vieh (welche es gar zu gerne fressen sollen) damit außbringen und mesten können / wie der Frantzölsche Materialist / Mons. Pomet in seiner Materialien Historie Pag. 21. bezeuget: hat Blätter wie der Klee und purpur-blaue Blümcher / wie die Pappel-Blumen anzusehen.

§. 3.
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Der Saame wächset in den Schneckichten Hülsen / (welche / absonderlich in dem Englischen Schnecken - Klee oder Medicâ Anglicâ sehr artlich gestaltet) wie ein halber Mond / doch klein und bleich-gelbe / wann er noch gantz frisch / rötlich aber und etwas braun / wann er älter wird / am Geschmack scharfficht / wie Kressen-Saame doch nicht so starck. Wann man ihn saen will / mus er in ein gut Land / welches man auch wässern kan / gesäet werden: alsdann wird das Kraut sehr fett und kan sehr offt abgemähet werden / weilen es eine grosse und fast einer Ehlen lange Wurtzel hat / welche die Nahrung in der Menge zu sich ziehet; und weilen sie über Winter bleibet / so dauret das Kraut / wann es einmahl gesäet worden / eine lange Zeit / wann nur das Land zuweilen gedünget und gewässert wird. Es kombt aber langsam zur Zeitigung / deun das Kraut und Stengel sonst zu hart / und von dem Vieh nicht angerühret werden; daher es dann kombt / daß der Saame desto theurer ist / und nachgehends bey den Materialisten mus geholet werden; welchen man doch vorkommen könte / wann davon etwas auff ein eigen Land gesäet und solches zur Zeitigung gebracht würde.

§. 4.
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Der Nutzen ist droben schon gemeldet / dann weder das Kraut / noch der Saame in der Medicin gebrauchet / sondern das Vieh nur damit gemester wird / welches doch mit Behutsamkeit geschehen soll / dann das Vieh es so gern frisset / daß es davon zerbärsten könte / wann man ihm zu viel davon geben oder zulassen würde / absonderlich / wann es noch grün und nicht dürre gemacht ist.

§. 5.
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Das andere Kraut / welches einige Gärtner den Raupen - Klee nennen / ist eigentlich kein Klee - Kraut / indem es kein dreyfaches / sondern eintzeles Blat / fast wie junger Binetsch hat / so schmahl und länglicht ist: blühet gelb / wie der Ginster / und träget nachdem schwartze und graue / gekrümte / haarichte oder stachelichte Raupen / fast grauerlich anzusehen / weßwegen es das Raupen - Kraut / und von den Botanicis Scorpioides genennet wird. In dieser Raupen steckt der Saame / welcher dem Schneckenklee - Saamen nicht ungleich / doch etwas kleiner ist / wird auch / wie derselbige / gesäet / und von vornehmen curiosen Leuten in den Gärten zur Rarität und zum Lusten erzogen / welche die Raupen bey ihren Gastereyen auff und unter das Gemüß mengen / damit sie ihre Gäste / welche es vor natürliche Raupen ansehen / damit erlustigen können. Sonsten haben sie keinen Nutzen. Die Figur davon hat Theod. Tabermont. in dem zweyten Theil seines Kräuter - Buchs pag. 575.
|| [138]

Das XXIII. Capitel Von dem MAGALEP - Saamen.
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Abbildung

§. I.
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MAgalep, oder Sem. Magaleppae, ist ein Kern von kleinen Früchten / welcher einem Kirschkern nicht unähnlich scheinet: lieget in einer grünen und sehr dünnen Schaale / und wird am meisten auß Engeland / Franckreich / auch Teutschland gebracht und von den Materia listen verkaufft.

§. 2.
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Diese Frucht wächset auff einem Strauch / so einige vor eine Phylliaream, andere vor ein speciem Cerasi petreae halten: hat grosse breite und oben außgespitzte Blätter / wie ein gemeiner Kirsch - Baum / da immer zwischen zweyen die Frucht am Stengel hervor kommet / wie auß der hier beygefügten Figur zu ersehen ist.

§. 3.
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Es müssen aber diese Körner noch frisch / dick und grob - körnericht / und von der äusseren Schaale wohl gereiniget / auch eines guten Geruchs seyn / anderst kan man sich deren nicht wohl bedienen.

§. 4.
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Sein Gebrauch ist den Parfumierern wohl bekandt / welche den Magalep - Saamen zu der kostbahren und wohlriechenden Savonette, welche zu Florence sonsten so theuer muß bezahlet werden / gebrauchen / es seye nun / daß sie solchen in gemeinem oder Rosen - Wasser einweichen / und ein wohlriechendes Wasser / womit sie die Seiffen waschen / darvon destilliren / wie Mons. Pomet in seiner Material-Kammer p. 24. meldet / oder daß sie dessen Pulver unter die Seiffen mischen / wie auß folgender wahren Beschreibung obgemeldter Savonetten / welche ein vornehmer und gelahrter Italianer auß Padoa, Bonelli mit Nahmen / vor diesem / Herrn Doct. Schellhas, berümbten Kayserl. Medico bey dem Hochpreißlichen Cammer-Gericht zu Wetzflar / in einem Italianischen Brieff mitgetheilet hat / und hiermit dem curiosen Leser wohlmeynend vergönnet wird:
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Saponetto Odorifero oder Wohlriechende Seiffe. SI pigli lissivio, fatto con due parti di calce viva & una di cenere di quercia, con acqua sufficiente, lib. XX. grasso ò sevo vaccino liquefatto e colato per panno lib. X. si metta à bollire detto lissivio in vaso di rame capace, e bollendo si aggjunge tutte le lib. X. di sevo, e si và dimenando con un bastone ronde, continuandole sin tanto, che mettendone un poco sopra un marmo resti in forma rappresa eben conglutinata. Si ripone in vasi di terra vetriati, ampli e larghi, (ove si cuoce la carne in casa di Signori) e si mette al Sole per tutta l'està, voltandole spesso, & ogni volta, che diverra asciutto bene e duro, si aggjunge tante acqua commune, che torni liquido: e cosi si và ripetendo per un' anno, acciò si separi la mala qualita nauseosa del sevo e resti ben purgato. Dopo, che sara di nuovo asciutto bene e duro, si aggjunge altra quantità sufficiente d' acqua stillata di fiori di Triboli seu Trifoglio odoroso, e si liquefacci come prima, e si vadi dimenando al Sole del secondo anno, e dopo fatto un' altra volta duro al Sole, si aggjunge altra quantità d' acqua di fiori di mortella, e si facci liquido come prima, e resti al Sole, semper dimenandolo, e quando sarà indurito, si aggjunge altra quantità d' acqua di rose, di quelle di centofoglie solutive, che in Toscana chiamano incarnate & in Napoli Damascene. Asciutto che sarà, e che odori bene, e che non si senta piu quel sito cattivo del sevo, ma odori bene dell' acque sudette, allora se aggjunga quattro oncie di un certo seme, che usano Profumieri, rotondetto, conforme questo, che viene incluso, chiamato MACALEPO. Questo sia ben pistato con un poco d' Ireos Florentino, acciò più facilmente si polverizzi, e non venghi oliginoso, e si mescoli bene nel sapone. Dopò faccisi trè in quattro libre d' Acqua d' Angeli, nella quali si stemprino ???iijj di Muschio perfettissimo, e ???iij. Zibetto ottimo, in questo modo: Si mettino il Muschio e Zibetto in un mortajo piccolino di bronzo netto, e con esse circa un' oncia di Zucchero bianco asciutto, e si spolverizzino assieme, e poi si meschino con la detta Acqua d'Angeli dentro un vaso ò di rame à forma di cucurbita alta NEhme Laugen / so auß zwey Theil ungelöschten Kalcks / und einem Theil Eichene Asche̅ mit gehöriger quantität Wasser getropfft worden / ???. 20. zerlassenes und durch ein Tuch gesiehenes Rinder - Unschlitt ???. 10. lasse gedachte Lauge in einem, grossen Hafen warm werden / und wann sie heiß ist und siedet / so thue die zehen Pfund Unschlitt darzu / und rühre es mit einem runden Holtz continuirlich so lang umb / biß daß ein wenig davon auff einen Stein oder Marmer gethan zusammen geronnen und gleichsam zusammen geleimet stehe. Lasse dieses in grossen und weiten irrdenen Töpffen (worin man in vornehmer. Herrn Häuser das Fleisch kochet) welche inwendig gläsirt sein müssen / stehen / stelle es an die Sonne / den gantzen Sommer durch / und rühre es offters durcheinander: So offt es aber hart und geronnen wird / thu so viel Wasser darzu / biß es wieder flüssig werde / welches ein gantzes Jahr lang zu wiederholen / damit das Unschlitt den bösen äckelhafften Geruch verliere und wohl gereiniget werde. Wann es alsdann von neuem wieder erhartet / so thue wieder / so viel nöthig sein wird / von dem destillirten Siebengezeit - Wasser darzu und mache es / wie zu vor / damit weich und setze es das zweyte Jahr durch an die Sonne. Nach dieser Zeit / sobald es wieder hart worden / nehme wieder so viel von destillirtem Myrthenblumen-Wasser / erweiche es / wie das vorige / setze es an die Sonne / rühre es offt und wann es wieder erhärtet und geronnen ist / thue so viel Rosen-Wasser / welches von den Centifolien / welche in Italien incarnate, und zu Naples Damascenische Rosen heissen / destiliret ist / darzu. Wann es nun wohl zusammen geronnen / wohl riechet und kein Geruch des Unschlitts mehr zu spüren ist / sondern nach den obigen Wassern riechet / so thu acht Loth von einem gewissen Saamen / den die Perfumierer brauchen / und wie beykommender / rundlich außsihet / MAGALEP genandt / darzu / welcher mit einem wenig Pulver von Viol-Wurtz / damit er sich leichter zu Pulver stosen lasse / und nicht öhlicht werde / zermalmet / und mit der Seiffen wohl vermischet werden mus. Nach diesem schaffe man sich drey bis vier Pfund von der ???. Angel. ???iij, von dem besten Biesam / und ???iij. von dem besten Zibeth auff diese Weis zu misciren: Man thu??? den Biesam und Zibeth in ein kleinen und sauberen messingen Mörser / und stösset dieselbe mit ohngefehr zwey Loth vom harten und weissen Zucker / misciret als [140] con bocca stretta, ò di terra invetriato & il mortaio se lavicon detta acqua, e si meschi nell'istesso vaso, quale si cuopre bene la bocca e si mette in calore moderato, per cinque ò sei hore, che sia in modo, che non bolla, acciò la parte svave non svapori, e questa compositione cosi calda si deve meschiare in tutta la quantita del sapone, quale deve stare unito in un solo vaso vetriato di terra, e ben coperto si lasci stare al Sole per molti gjorni, e si vadi da quando in quando dimenando, e serà fatto. Poi si lasci cosi, e quando piu si riposa, tanto piu si fermenta e perfezziona nella fraganza. Avertimento. LA bonta de lissivio si conozze, che si vuovo fresco resti voverto dal lessivio, ma non al mezzo, ò al fondo, ma alla parte di sopra, e vadi natando. dann dieses Pulver mit der ???. Angel. In einem Gefäß / welches wie ein langer destillir-Rolbe formiret ist und oben einen engen Mund hat / etwa von überglassurter Erden / wascher den Mörser mit eben dem Wasser auß und schüttet es in eben solches Gefäß / stopster es oben wohl zu und setzer es 5. bis 6. Stund in eine gelinde Wärme / doch daß es nicht koche oder siede / und der beste und angenehmste Geruch wegfliehe; Endlich wird diese noch warme Composition mit der gantzen quantität von der Seiffen misciret / in ein eintziges überglassurtes irrdines Gefäß gethan / wohl verwahret und zugebunden viele Tage in die Sonne gestelt / zuweilen gerühret und alsdann ist alles fertig. Dieses hebet man so auff / und se länger es stehet und fermentiret / je besser wird der Geruch. Erinnerung. DIe Güte der Laugen wird dadurch erkandt / wann ein frisches Ey / (so darin geworffen wird) von der Laugen bedecket wird / doch also / daß das Ey nicht in der Mitten oder im Grund schwebe / sondern oben in der Laugen treibe und gleichsam schwimme.

Das XXIV. Capitel Von dem Reisz.
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Abbildung
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§. 1
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DEr Reitz oder Semen Oryzae ist eine sehr wohl bekandte Frucht / welche so wohl in Ost-Indien und der Tartarey / als in gantz Europa / doch in einer Landschafft mehr als in der ander / zu finden ist. In Teutschland wird er sonderlich in der Schweitz und in dem Franckenland / umb Bamberg und anderen Orten gezogen: In Italien im Maylän dischen Gebiet und in Piemont / wo die Pferde / an statt der Habern / damit gefüttert werden. In Franckreich will er sich gar nicht ziehen lassen / dieweilen das Erdreich allda zu trucken ist / da hergegen der Reiß einen feuchten / nassen Grund und Boden haben will / und derowegen auch hier zu Land gern umb die Teiche wachsen thut.

§. 2.
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Der Halm / worauff der Reiß wächset / ist einer Elen lang / mit Gewerben und Geleychen unterschieben / hat Blätter wie Lauch und gewinner am ober-Theil rothe Blumen wie die Hirschen / darauß werden langlichte Hülsen wie kleine Säcklein / darinnen der Reisz zu finden / und hat dieses Gewächs vor andern diese Art an sich / daß wann es blühet / es zugleich in den Kern wächset.

§. 3.
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Der beste und dauerhaffte Reiß muß schön / rein / frisch / grob / weiß und lauter seyn: auch keinen schimlichten Geruch von sich geben. Der rothlicht-gelbe und klein-körnerichte passirt nicht vor Rauftmans-Gut und wird derowegen immer wohlfeiler gegeben. Der Italiänische und besonders der Piemontesische ist insgemein weisser und schöner / als der Spanische / welcher letztere röthlicht scheinet und einen unartigen Geschmack hat.

§. 4.
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Der Gebrauch des Reisses dienet mehr zur Nahrung als zur Artzney / und leben in vielen außländischen Orten die Leute fast einig davon / als in Trückey und der Tartarey / allwo man auch die vornehmste Ambassadeurs, ja den Türckischen Kayser selbsten mit dem Reiß / (welcher bald weiß / bald gelb / bald braun / und zwar mit oder ohne Zucker gebacken / oder bald dick / bald dünn gesotren / und asso auff vier- oder fünfferley weiß auff einmahl auffgetragen wird) tractiret / wie Schvveigerus in setner Reiß-Beschreibung nach Constantinop. pag. 148. berichtet. Hier zu Land wird er entweder mit guter Fleisch-Brüh zu einer Suppen / oder mit süsser Milch zu einem Brey gekocht; welche beyde denjenigen / so mit einem Durchbruch oder rothen Ruhr behafftet / gar dienlich sind / auch wann von den Kindern Nadeln / Ringe / Knöpff und dergleichen eingeschlucket werden / sehr gut thun / weilen der gleichen Sachen darinnen gleichsam verwickelt und wieder ohne Schaden per alvum weggehen.

§. 5.
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Einige destilliren auch ein Wasser davon / welches aber / wie alle andere nährende Destillata wenig Kräfften hat / indem die beste nährende Krafft zurück bleibet / wie Zvvelferus schon längsten gezeiget. So hat auch der Brandewein / den man in Orient davon destilliret / vor unserm gemeinen Frucht-Brandewein keinen Vorzug / und wäre derselbe hier zu Land viel zu kostbar zu praepariren.

§. 6.
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Nebst dem Reiß verkauffen auch einige Materialisten Hirschen / unterschiedliche Art Perlen-Gersten / Schwaden oder Semen Mannae und dergleichen. Weilen aber jene hiesiger Orten gar zu bekandt / und derowegen ohnuöthig ist solche zu beschreiben / so ist von dem letzteren nur dieses zu melden / daß der kleine Mann-Saame auff einem Graß / so Gramen Mannae genennet / und von Tabernaemontano pag. 544. Lib. 1. abgebildet wird / in Pohlen und den See-Städten wachse: ist anfänglich in der Hülsen schwartzlicht / aber wann er geschelet wird / schön weiß; kombt dem Nutzen nach mit dem Hirschen und Reiß überein / ist aber gesünder / weilen er etwas kühlet.
|| [142]

Das XXV. Capitel Von dem Stärck- oder Amelmehl / Oblaten, Vermicelli &c.
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Abbildung

§. 1.
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WAs die weisse Stärcke / Krafft- oder Amelmehl / Lateinisch Amydum oder Amylum genandt / seye / ist auch allen Wäscherinnen und alten Weibern bekandt. Wie es aber zubereitet und gemacht werde / auch welches vor das beste zu halten / dörffte wohl manchem noch ziemlich unbekandt seyn; weßwegen auch hiervon etwas zu melden / und was sonsten vor Apothecker-Waaren darauß gemacht werden / zu berichten ist.

§. 2.
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Es wurde nemblich Anfangs das Krafft- oder A???ehl auß einer gewissen Frucht / so von den Teutschen Amelkorn / von den Botanicis aber Frumentum Amyleum und Far Candidum genennet wird / gemachet / welches theils mit der Speltzen / theils mit dem Weitzen über einander kombt; weilen aber solches nicht aller Orten gezogen wird / so wird heutiges Tages die weisse Stärcke auch auß Speltzen und gutem Weitzen / auff folgende Manier zubereitet: Man nimbt die beste und vollkommenste Körner von obigen Früchten / und nachdem dieselbige sauber gewaschen / so schüttet man sauber Bach-Wasser darüber / lässer sie darinnen liegen / und geusset täglich das Wasser ab und wieder frisches darüber: wann solches etwa 5. ober 6. Tage gescheschehen und die Frucht gantz weich worden / lässet man das letzte Wasser in ein sauber Gefäß ablauffen / drucket das übrige durch ein Tuch / und damit der Marck alle heraußkommer / schüttet man immer von dem letzten Wasser etwas zu / lässet nachgehends sich alles setzen / giesset offt gemächlichen das Wasser / so sich oben setzet / ab / und trucknet das übrige an der Sonnen / lässer es in Klumpen zusammen / so hat man ein gutes Stärckmehl.

§. 3.
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Diese Waare wurde vor diesem häuffig in Meissen / Thüringen (woher sie noch heutiges Tages zu uns gebracht wird) zubereitet / und von dar in Holland / Franckreich und andere Länder verführet; allein es haben sich auch nun die Außländische daran gemacht / und wird nunmehr das beste Krafftmehl auch zu Pariß verfertiget / wie Pomet in seiner Material. Rammer p. 19. bezeuget. So wird es auch in Nürnberg gar schön gemacht / wo man dreyerley Sorten findet / nach Unterscheid der Schwerigkeit und der Früchten / worauß es gemachet wird / wie Joh. Jacob Marx in seiner Teutschen Material-Rammer pag. 17. meldet. Das beste ist / so auß groben und doch leichten / gantz weissen Klum [143] ben bestehet / welche wohl abgedorret / krauß und ain Geschmack nicht sauer / auch so man die Stitcke von einander bricht / nicht schimlicht / sondern inwendig / wie außwendig / schön weiß sind. Sie müssen auch zart und nicht zu hart seyn / welches letztere geschiehet / wann das Mehl nicht an der Sonnen / sondern auff dem Ofen / wo es auch graulicht wird / gedörret ist.

§. 4.
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Was den Gebrauch anbelanget / so werden nicht allein allerhand Kräfftige und zu den Bauchflüssen dienliche Breylein davon gemacht / sondern es gebrauchen sich dessen auch in vielen Stücken die Zucker-Becker zu dem schlechten Confect, auch zu dem auffgeblasenen Zucker / dessen Zubereitung in des Theod. Tabernaemon. Kräuter-Buch pag. 638. zu finden / allwo von der Stärcken innerlichen und äusserlichen Gebrauch weitläufftig gehandelt wird. Jetzo wollen wir nur noch zweyerley gedencken / so darauß gemacht werden / nemblich der Italiänischen Würmcher / welche Vermicelli, mille fanti &c. genennet warden und dann der Oblaten, so man zu den Briessen und sonsten gebrauchet.

§. 5.
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Die VERMICELLI werden entweder auß dem Krafftmehl oder anderem Vorsprung / so mit Wasser geknäten / und durch eine mit vielen Löchlein unten durchbohrte Sprätze getrieben wird / zubereitet und zu aller hand Essen geleget: warden insgemein von den Italiänern herauß gebracht / könten aber in Teutschland eben so wohl gemacht werden.

§. 6.
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Die HOSTIEN und OBLATEN werden gleichfalß auß dem Stärckmehl gemacht / wann man darauß mit Wasser einen dünnen Teig machet / und entweder also weiß in denen Kupffer-Hostien-Eisen / oder zuvor mit Minien oder Cinnober roth / oder mit Kienrauch schwartz färbet / in den Oblaten oder Hiepen-Eisen backet / nachmahlen mit grossen / mittel-mässigen / kleinen / runden und hohlen Eisen außstichet und zu denen Oblaten, wormit man die Briefe zumachet / formiret; welches gewißlich ein sehr profitable Waare ist / und kenne ich einen guten Freund / welcher / nachdem er von den Türckischen Galeren befreyet / aber Blut-arm in Hessen gekommen / durch diesen Oblaten-Handel sich also erhohlet hat / daß er jetzo ein sehr reicher Mann worden ist. Beschlusz. SO viel von den jenigen Saamen / so unsere Materialisten meistens von den Außländern erlangen und einhandeln; üder welche sie auch noch viele Einheimische führen / deren Kräuter / Wachßthub / Nutzen und Gebrauch in allen Kräuter-Büchern beschrieben / auch guten Theils dem gemeinen Mann nicht unbekandt sind: weßwegen es ohnnöthig zu seyn scheinet / darvon allhier grosses Wesen zu machen; doch wollen wir der Saamen selbsten auch mit wenigen gedencken / welche nach der Ordnung des Alphabets also solgen: Semen Acetosae oder Saur-Ampfer-Saame ist ein kleiner / dreyeckichter und Castanien-brauner Saame. Semen Althaeae, Eibisch-Saame ist ein gelb-brauner Saame / wie ein halber Mond formiret / hat einen schleimichen Geschmack / aber keinen Geruch. Semen Anethi, Dill-Saame ist ein platter dünn und häutichter Saame mit drey Striemen / eines scharffen aromatischen Geschmacks und gleich einschläffenden Geruchs. Semen Angelicae, Angelic-Saame ist ein weisser / breiter Saame und hat gleichfals einen starcken Geschmack und Geruch. Semen Apii, Eppich-Saame oder wie er in den See-Städten heisset / Marckt-Saame ist ein kleiner Saame / streifficht / wie Petersilien-Saame anzusehen / eines scharffen / erwärmenden Geschmacks und guten Geruchs. Semen Aquilegiae, Ackeley-Saame ist ein kleiner länglichter runder / doch etwas eckichter / schwartz- und gläntzender Saame / eines wiedrigen und wie alt Oehl lasfenden Geschmacks / ohne Geruch. Semen Artischocki, Artschocken-Saame ist etwas groß / fast wie Pinien anzusehen / länglicht / grau und sprenglicht / und wird der Poloneser vor den besten gehalten.
|| [144]
Semen Asparagi, Spargeln-Saame bestehet auß dunckel-rothen Beerlein / einer Erbsen groß / welche unter dem äusserlichen Häutlein oder Hülse drey kleine schwartze und sehr harte Kernlein / so einen scharffen Geschmack haben / enrhalten sind / und inwendig an einander sitzen. Semen Atriplicis, Milten-Saame bestehet auß dünnen häutichten Blättlein / worinnen ein platter Saame / ohne sonderlichen Geschmack und Geruch / enthalten. Semen Bardanae, Groß-Kletten-Saame ist ein langer und etwas rundichter brauner Saame / mit schwartzen Streifflein gemahlet / hat einen etwas bittern Geschmack. Semen Basiliconis, Basilien-Saame ist ein kleiner / schwartzer und mit rothen Kernlein vermischter Saame / eines schleimichten Geschmacks. Semen Brusci, Mäußdorn-Saame bestehet auß grossen Körnern / so den Jujuben nicht viel ungleich: haben äusserlich eine dürre Schale / worinnen zwey weisse an einander gedruckte Kern liegen / deren jeder wie eine grosse Erbs / aber auff einer Seiten platt / anzusehen ist. Semen Cannabis, Hanff-Saame ist ein kleiner runder und graulichter Saame / eines etwas süßlichten Geschmacks. Semen Cardui benedicti, Cardobenedicten-Saame bestehet auß länglicht runden gestreifften Körnlein mit einer stachelichten Bürst / sind bitter von Geschmack. Semen Cardui Mariae, Marien-Distel-Saame sind länglichte und etwas zusammen gedruckte braune Körner / ein wenig grösser / als der Cardobenedicten-Saame / eines bitteren Geschmacks. Semen Chaerefolii, Körbel-Saame ist ein langer / schwartzer / dünner und außgespitzter Saame / eines etwas scharffen Geschmacks. Semen Ciceris albi, weisse Küchern sind weisse runde Körner / etwas grosser als Erbsen / aber nicht so rund und schmecken wie die andere Hülssen-Früchte. Semen Ciceris rubri, rothe Küchern sind röthlicht braune Küchen-Erbsen / etwas kleiner / wie die weisse / aber viel eckichter. Semen Cichorei, Megwart-Saame ist ein kleiner schwartz-länglichter Saame / den Endivien nicht ungleich / und wann er noch in den Schalen stecket / ist er Schwartz und weiß. Semen Citrulli, Citrullen-Körner sind schwartze und platte Saamen / wie die Kürbskörner / aber etwas krauß und am Rand mit einer erhöheten Linien versehen; kommen meistens auß Indien über Welschland herauß. Sie müssen frisch und nicht bitter oder Oehlicht seyn. Semen Coccognidii, Kellers-Halß-Saame sind braune oder schwartz-graue runde Körner / etwas grosser als der schwartze Pfeffer / eines sehr scharffen brennenden Geschmacks. Semen Cucumeris, Gurcken-Saame ist ein langlichter / platter und weisser Saame / ohne sonderlichen Geschmack und Geruch. Semen Cucurbitae, Kürbs-Kerne sind grosse länglichte und platte weisse Kerne / so mit den Citrullen sehr über einkommen / werden bald rantzicht / und müssen deßwegen immer frisch seyn und warm gehalten werden / wie Marxius pag. 48. warnet. Semen Cydoniorum, Quitten-Kern sind röthlicht-braune Kerne / wie die Apffelkern / und haben einen sehr schleimichten Geschmack. Die beste / so auß Franckreich kommen / müssen schön roth seyn: wann sie aber schwartz und mit Schimmel angelauffen / taugen sie nichts. Semen Dauci vulgaris, wild Vogelnest-Saame ist ein zusammen gebruckter Saame / etwas kleiner / wie der Cretische Vogelnest-Saame / am Rand zotticht / eines guten Geruchs und am Geschmack nicht gar so aromatisch als der frembde.
|| [145]
Semen Ebuli, Attich-Körner sind röthlich schwartze Beerlein / wie die Hollunder Beeren und werden sonsten auch Lateinisch Grana, actes genandt / worauß die bekandte Tinctura granorum actes gemacht wird. Semen Endiviae, Früh-Salat-Saame ist etwas weiß und schwartzlicht / wie der Cichorien-Saame. Semen Erucae, weisser Senff-Saame bestehet auß sehr kleinen runden und gelben Körnlein / so einen sehr scharffen Geschmack haben. Semen Fraxini, Esch-Saame oder Vogel-Zunge bestehet auß langen / platten und wie eine Zunge außgespitzte Blättern / in welchen ein gelb-brauner und fast eben so formirten Saame / (so aber viel kleiner ist) lieget und einen etwas scharffen und bitteren Geschmack hat. Semen Fumariae, Feldrauten-Saame ist ein kleiner / runder und grüner Saame / bitter am Geschmack. Semen Genistae, Pfriemenkraut-Saame bestehet auß kleinen / etwas platten und wie ein Hertzlein formirten Saamen-Körnlein / so Anfangs etwas süßlicht / zu letzt aber bitter schmäcken. Semen Graminis Mannae, Schwaden oder Mann ist ein sehr kleiner weisser Saame / so von einer Art Grase gesamblet und auß den See Städten zu uns gebracht wird / worauß man Suppen und Breylein machet. Semen Hyoscyami albi, Pilsen-Saame ist ein gelb-brauner kleiner platter und krauser Saame / fast wie kleine Nieren formiret / eines öhlichten und etwas bitteren Geschmacks. Semen Hyperici, S. Johanneskrauft-Saame ist ein kleiner schwartzbrauner / länglicht und wie ein Cylinder formirter Saame / eines bitteren Geschmacks und hartzichten Geruchs. Semen Hyslopi, Ysop-Saame ist ein kleiner schwartzer Saame / so in kleinen Häußlein wächset. Semen Lactucae, Lattich ober Salat-Saame ist ein kleiner länglichter und platter weisser Saame / so auff beyden Seiten außgespitzt ist und einen wässerichten Geschmack hat. Semen Lapathi acuti, Mengel oder Grindwurtz-Saat ist ein brauner dreyeckichter Saame / eines anhaltenden Geschmacks. Semen Lavendulae, Spicanarden-Saame ist ein runder / kleiner und schwartzer Saame / so einen sehr guten Geruch hat / an welchem man im Reiben sehen und erkennen kan / ob er frisch sey. Semen Levistici, Liebstöckel-Saame ist ein länglichter / platter und gestreiffter Saame / dem Dill Saamen nicht gar ungleich / allein noch halb so lang / eines scharffen und aromatischen Geschmacks und guten Geruchs. Semen Lini, Lein-Saame ist ein kleiner / platt-klatter und gläntzender Saame eines öhlichten Geschmacks / ohne Geruch. Semen Lupinorum, Feig-Bohnen find grosse weisse Körner / wie Kücher-Erbs / aber nicht so eckicht / sondern runder und auff beyden Seiten bäuchicht / jedoch daß jedweder Bauch etwas eingebogen. Semen Majoranae, Majoran-Saame ist ein kleiner röthlicht-brauner und wohlriechender Saame eines aromatischen Geschmacks. Semen Malvae, weisser Pappeln-Saame bestehet auß weiß-grauen / runden und mit einem außgekerbten Rand versehenen Küchlein / worinnen ein brauner Saame / wie der Eibisch-Saame / aber viel kleiner / anzusehen. Semen Melonum, Melonen-Kern / sind wie Cucumern-Kern / aber dicker und vollkommener / muß nicht alt noch rantzicht seyn. Semen Milii Solis, Meer-Linsen ist ein klein runder und sehr glatter Saame / so gantz gläntzend weiß und etwas kleiner dann Hanff-Saame ist: wird sonsten auch Meerhirschen genandt. Semen Napi vel Buniadis, Steckruben-Saame ist ein kleiner runder und röthlich-schwartzer Saame / so einen scharff-bitteren Geschmack hat. Semen Nasturtii, Kressen-Saame ist ein kleiner / länglicht-runder / und gelbbrauner Saame / eines scharffen und darbey sehr schleimichten Geschmacks und starcken Geruchs.
|| [146]
Semen Orobi, Wicken / sind röthlicht braune und etwas runde Körner / wie Erbse schmeckende. Semen Papaveris albi, weisser Mag-Saame ist ein kleiner sehr weisser Saame / eines öhlichten süssen Geschmacks und schärffichten Geruchs. Nigri, grauer Mohn / ist ein dergleichen aber grauer Saame. Semen Perfoliatae, durchwachs-Saame ist ein schwartz-brauner länglichter Saame / so auff einer Seiten bäuchicht / auff der ander etwas platt mit einem Kerblein gezeichnet / eines etwas scharffen Geschmacks. Semen Petroselini vulgaris, Petersilien-Saame ist ein kleiner länglichtrunder und etwas eingebogener / auch gestreiffter Saame / eines scharffen aromatischen Geschmacks. Semen Plantaginis, Wegbreit-Saame ist einer von den kleinesten Saamen / etwas länglicht und hellbraun / wie Flöhe anzusehen / hat einen schleimichten Geschmack / wie der Welsche Flöh-Kraut-Saame. Semen Poeoniae, Gicht-Körner / sind schwartze runde und gläntzende Körner / so inwendig einen weissen Kern haben. Semen Portulacae, Purtzelkraut-Saame ist ein klein und schwartzer Saame. Semen Psyllii, Welscher Flöh-Kraut-Saame ist ein länglichter schwartzbrauner Saame / fast wie Flöh anzusehen / hat Anfangs einen sehr schleimichten / nachgehends aber etwas scharffen und wiedrigen Geschmack. Semen Rosarum, Rosen-Saat / ist sehr klein und röthlich-braun / wie Purpur anzusehen. Semen Rusci, Mäußdorn-Saame bestehet aus röthlicht-braunen runden Beerlein / etwas grösser als Spargel-Saame / am Geschmack süßlicht. Semen Rutae, Rauten-Saame ist ein kleiner schwartzer krum-gebogener Saame / wie einhalber Mond / hat einen scharff-bittern Geschmack und starcken Geruch. Semen Scariolae, Scariol-Saame ist dem Lattich-Saamen nicht ungleich / nur daß dieser mehrentheils schwartz und ein wenig weiß darunter: der Lattich-Saame hergegen gantz weiß ist: wird auch Endivien-Saame genandt. Semen Sesami, Canarien-Saat ist ein kleiner länglicht-runder Saame / mit einem Streiffgen / hat einen schleimichten und nach Knobloch schmeckenden Geschmack. Es gibt zweyerley / lang und rund: doch wird der lange nur den Vögeln gegeben / vid. Schurzius pag. 84. kombt meistens auß alexandria über Venedig herauß / wie Marxius pag. 174 berichtet. Semen Sinapi, Senff ist ein kleiner runder und brauner Saame / kommet am Geschmack mit dem weissen Senff überein. Semen Sophiae Chirurg. Besem-Kraut-Saame ist ein sehr kleiner gelber und länglicht-runder Saame / eines schleimichten und etwas scharffen Geschmacks / wie der Kressen-Saame. Semen Sumach, Gerber-Baum-Körner sind kleine röthlich-braune Beeren / welche inwendig einen braunen platten Kern / so oben rund und unten bäuchicht ist / in sich haben: außwendig aber etwas beltzicht sind. Semen Thymi, Thymian-Saame ist ein sehr kleiner / dunckel-brauner und runder Saame / eines schleimichten Geschmacks. Semen Trifolii, Klee-Saame ist ein weißgelber und länglichter runder Saame / außwendig gantz glatt / eines etwas anhaltenden Geschmacks. Semen Violarum, Veylen-Saame ist ein kleiner weisser und runder Saame / wie Hirschen / so an einem Ort etwas außgespitzet ist. Semen Urticae, Nessel-Saame / ist ein dunckel-brauner gläntzender und platter Saame / eines etwas scharffen Geschmacks. ENDE des zweyten Buchs erster Abtheilung / von den Saamen.
|| [147]

Desz zmeyten Buchs zweyte Abtheilung Von Allerley Wurtzeln. Das I. Capitel Von der Brasilianischen Ruhr-Wurtzel IPECACUANHA.
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Abbildung

§. 1.
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DIe Wurtzel Ipecacuanha ist ein kleine Fingers-lange äusserlichschwartz-braune / und gleichsam Gliederweiß gedrehete Wurtzel / welche vor gar wenig Jahren bekandt worden und gegen die rothe Ruhr in Franckreich starck gebrauchet wird: heisset in West-Indien / absonderlich in Brasilien (von wannen sie durch die Portugiesen und Holländer in Europam gebracht worden) Ipecacuanha, Hypoacanna und Cagosanna: bey den Spaniern / Bexugillo, Beguquelle, Beculo Beloculo: bey den Portugiesen / Cipo de Cameras, und bey den Frantzosen / Becouquille ou Mine d' or, das ist / Gold Ertz / weilen sie sonderlich umb die Gold-Gruben soll gefunden werden / allwo sie von denjenigen / so zu den Berg-Wercken verdammet worden / aufgesuchet wird / unter welchen doch der allerfleissigste in einem gantzen Jahr nicht mehr als 12. ??? soll samlen können / welches sie auch so theuer machet / daß in Holland das ??? auff 30. fl. kommet / ja darumb nicht könte verkauffet werden / wann sie dieselbe nicht vor andere Wahren von den Indianern außtauscheten.

§. 2.
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Was das Kraut und Gewächß dieser Wurtzel anlanget / so zehlet solches der sehr berühmte Botanicus, D. Hermann. seel. unter die kriechende [148] und auff der Erd liegende Gewächse / welches von Rajo in Hist. Plant. Tom. 1. L. 13. cap. 17. p. 669. Herba Paris Brasiliana genennet wird: Pomet aber in seiner Frantzöisch-geschriebenen Historie der Materialien (auß welcher unser Abriß genommen) schreibet / daß solches theils auff der Erd krieche / theils aber in die Höhe wachse / hätte länglichte-außgespitzte Blätter / wie die Parietariae oder Tag und Nacht / auch weisse Blümcher und gelbe Beerlein / welche / wann sie reiffworden / dunckel-roth seyen. Wo es aber eigentlich in West-Indien zu finden seye / davon sind unter denen Kauff-Leuten und Indianischen Scribenten verschiedene Meynumgen. Grenerius, ein Kauffmann von Paris / schreibet in seinen Anmerckungen über des Helvetii Gebrauch dieser Wurtzel / daß man sie auß Peru, überkomme / hergegen Piso und Marggravius, und andere sagen / daß sie in Brasilien / umb die gegend Rio de Genecyn gefunden werde. Pomet endlich gibt vor / daß die braune und weisse auß Brasilien: die gelbe aber auß Peru, über Cadix herauß gebracht werde. Unterdessen kan es wohl seyn / daß dieses Kraut in allen beyden Provintzen gefunden / oder die Wurtzel auß einer in die andere gebracht und verkauffet werde / wie der berühmte Hr. Leibnitz beyde Meynungen in seinem Brieffe / so er an die curiose Teutsche Societàt von dem neuen Americanischen Medicament gegen die rothe Ruhr im Lateinischen herauß gegeben / zu vereinigen suchet.

§. 3.
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Sonsten gibt es unterschiedene Gattungen von dieser Wurtzel / dann schon Piso in seiner Histor. Nat. & Med. Brasiliae Lib. 4. cap. 53. p. 131. zweyerley benambset / nemblich die schwartzbraune und die weisse. Jene ist die gemeineste / so zu uns gebracht wird: diese aber / so von den Portugiesen Ipecacuanha Blanca genennet wird / ist viel rarer und in Europa nicht im Gebrauch / soll wie das Been album oder wie die weisse Diptam-Wurtzel außsehen. Welcher obenberührter Herr Pomet in dem Anhang seiner Materialien-Historie, die dritte Gattung / nemblich / die Gelbe hinzusetzet / welche in der Höhe der Gold-Bergen gefunden werden soll / weßwegen solche die beste / doch auch die rarest- und theureste von ihm gehalten wird.

§. 4.
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Bey Einkauffung und Verschreibung dieser Wurtzel ist wohl in Acht zu nehmen / daß die glatte Zasern davon abgesöndert / und nur dasjenige / was rauh und viele Ringlein hat / außerlesen werde / indem jene keine Krafft haben und doch das Gewicht und Preiß vermehren. Es muß auch die Wurtzel nicht zu alt / sonder zähe / dicht / fleischicht und hartzicht seyn / weßwegen diejenige am besten ist / so eine dicke Schale oder Rinde hat / und wann sie die rothe ist / so hat und führet sie nebst einem scharff- und bittern Geschmack etwas schleimichtes / so man sie im Munde kauet / mit sich und gehet mitten ein Fäserlein / gleich einem dicken Zwirn-Faden dadurch / welches eben den Geschmack hat.

§. 5.
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Was deren Nutzen und Gebrauch anlanget / so pfleget sie zwar oben herauß durch Erbrechen zu purgiere / doch aber also / daß sie eine zusammenziehend- und anhaltende Krafft zurück lasse und zu gleich durch die Schweislöcher außtreibe; weßwegen sie dann hauptsächtlich in der rothen und weissen Ruhr / sie seye auch so gifftig und ansteckend als sie wolle / vortreffliche Würckung thut / und dadurch in dem letzteren Krieg bey der Frantzöischen Armee und von dem berühmten Holläudischen Medico D. Helvetio in Pariß viele hundert Personen sind erhalten worden / obwohlen demselben / da er sich die Erfindung dieses Mittels zugemessen / von einem Kauffman zu Pariß ein grosser Process an Hals gehänget / und endlich durch einen Außspruck des Parlaments geschlichtet worden / darvon weitläufftiger in meinen / Polychrestis Exoticis, und absonderlich in der Disputation von dieser Wurtzel c. 1. §. 2. gehandelt wird. Der seel. Hr. D. Hermann, weyland Prof. Bontan. zu Leyden hat sie in denen Wechsel-Fiebern auch sehr gut befunden / wie er in seinem berühmten geschriebenen Collegio über die Materialien bezeuget / und pflege ich sie auch in andern Kranckheiten / wo eines Brechmittels vonnöthen / entweder allein / oder mit andern Artzneyen zu verschreiben / dann sie gar gelind würcket und den Leuten nach dieser Wurtzel Gebrauch gantz wohl und ruhig ist / wie Piso schon zu seiner Zeit in Acht genommen hat.

§. 6.
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Ehe man aber diese Ipecacuanham denjenigen so mit der rothen und weissen Ruhr behafftet sind verordne / muß man zuvor zusehen / ob der Magen Gedärme und übriges Eingeweid noch nicht entzündet oder gar mit einer Fäulung und kalten Brand angestecket seyen / welches auß einem cadaverosen und abscheulichen Gestanck abzumercken; dann den solchen Umbständen dieses Medicament keine statt findet / wie Doct. Helvetius in seinem Bericht davon wohl anmercket / welcher doch hierinnen sick zu irren scheinet / wann er vorgibt / man solle nach Einnehmung dieser Wurtzel das Erbrechen mit Gewalt zurück halten / indem solches vielmehr zu befördern als zu hemmen ist. Man soll auch nicht erschrecken / wann so bald drauf ein Eckel / Bangichkeit und dergleichen erfolgen / dann wo dieses nicht ist und auch weder Erbrechen oder Stuhlgang darauff erfolget / wird der Krancke gemei [149] niglich drauff gehen / indem das Gefühl in dem Eingeweid schon erstorben ist / wie Hr. D. Hermann. loc. cit. lehret.

§. 7.
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Man gibt diese Wurtzel entweder gestossen / Morgens einen Scrupel / oder dritten Theil eines Quintes / oder auch / in starcken Personen / ein halb Quint in Tormentill-Wasser oder warmem Bier / und wann die Ruhr darauff nicht nachlässet / wiederhohlet man es noch ein oder zwey mahl / so wird sie gewiß nachlassen. Will man es lieber in Form eines Tränckleins nehmen / so thut man zwey Quint in rothen Wein / lässet es über Nacht am warmen Ort stehen / seiget es durch und gibt es dem Krancken. Andere brauchen sie auch in Clystiren.

§. 8.
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Letzlich ist wohl in Acht zu nehmen / daß bey und nach Gebrauch dieses Medicaments ein gute Diaet gehalten / und nichts als weiche Speise genossen werden / indem viele Soldaten so dieses nicht in Acht genommen / ohnerachtet ihnen die Ipecacuanha verschrieben worden / doch drauf gegangen sind / wie der berühmte Obrecht von Straßburg solches kurtz vor seinem Todt gegen einem vornehmen Freund gedacht und wohl errinnert hat.

Das II. Capitel
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Von der Rhabarbar und Rhapontic-Murtzel. Abbildung

§. 1.
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DIe Rhabarbal-Wurtzel oder RHABARBARUM (welches in allen Sprachen so genennet wird) ist eine grosse länglicht- und knollichte Wurtzel / etwas schwammicht / doch ziemlich schwer dabey / äusserlich gelb / inwendig aber wie eine Muscat anzusehen / eines scharff-bittern und eckelhafften Geschmacks / so eine anziehende herbigkeit zurücklässet und einen starcken und fast aromatischen Geruch von sich gibet: wird in grossen Stücken / welche mitten durchbohret sind / eingefäselt und auß Sina nacher Venedig gebracht / von wannen sie in alle andere Länder verführet wird.

§. 2.
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Je bekandter aber diese Wurtzel in denen Apothecken ist / je unbekandter und ungewisser ist das Kraut / davon sie herrühret / indem biß auff den heutigen Tag man noch keine gewisse und unwiedersprechliche Abbildung und Beschreibung dessen hat / sondern was einige vor Rhabarbarum, außgeben / das halten andere vor das Rhaponticum; welches vielleicht daher kom [150] met / weilen kein verständiger Medicus das Kraut an seinem eigenen Ort gesehen / sondern hierin alles auff der Reissenden und Handels-Leuten Erzehlungen ankommet / welche gemeiniglich mehr auff ihre Interesse, als Erforschung der Natur zu sehen pflegen. Unterdessen sind doch alle geschickte Botanici hierinnen eins / daß dieses Kraut eine Art Grind-Wurtz oder Lapathi seye / welches Neuhoff in der Gesandschafft nach China bestättiget. Morison, ein berümbter Engeländer nennet es Lapathum per excellentiam, in Horto Bles. pag. 340. Myntingius aber Lapathum Chinense longifolium: wird insgemein beschrieben / daß es grosse Blätter habe / welche untenher schmahl / oben hinaus aber breit seyen / und einen wollichten Rand habe / Blumen an der grösse wie Violen trage und auß einer dicken Wurtzel / so offters eines Arms dick und etlich Spannen lang ist / hervor schiesse / welche doch andere kleine Zäserlein umb sich hat / wie Doct. Hoffmann in seinem. Clav. Schroederiana pag. 615. hiervon weitläufftig handelt.

§. 3.
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Die beste Zeit / da sie gesamlet wird / ist der Anfang des Frülings ehe die grüne Blätter sich sehen lassen und also der Safft in der Wurtzel gleichsam eingesperret ist: und hat man in Acht genommen / daß in der Wurtzel / so im Sommer gegraben worden / die rothe fleischfarbichte Strieffen / welche an der guten Rhabarbar zu sehen / sich nicht finden / auch die Wurtzel viel leichter seye. Wann sie nun gegraben / schneidet man die kleine Fäßlein ab / das übrige wird in grosse Stücker getheilet / welche auff Bretter an einem schattichten Ort vier Tag lang / täglich drey oder viermal / umbgewendet werden / damit der Safft nicht heraus fliesse / sondern darin gleichsam anwachse / wie solches Wormius, Hoffmannus und andere an berührten Oertern beschrieben. Sonsten lässet sie sich in Hirschen oder Leinsaamen ambesten halten.

§. 4.
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Man hat verschiedene Sorten von der rechten Rhabarbar-Wurtzel in den Material-Kammern / welche entweder nach den Ländern / woher sie kommen / genennet / oder nachdem diese Wurtzel alt oder frisch ist / unterschieden werden. Den Ländern nach hat man die Sinesische oder Levantische welche die beste / die Türckische / und dann die Moscovische / welche zwar von einem Kraut herrühren / aber an Kräfften sehr unterschieden sind / wie Wormius c. l. anmercket. Pomet gedencket auch einer Americanischen in seiner Histoire des Drogues pag. 52. allein solche ist nichts anderst / als Rhabarbarum Monachorum, davon Hernandez p. 217. seines Buchs handelt. Von der Moscovischen hat man vor diesem nichts gewust auch / wie noch / davon nicht viel gehalten / weßwegen sie unter die Levantische verstecket wird. Dem Alter nach theilen einige Materialisten solche in Rhabarbarum electum, oder den außerlesenen / medium die Mittelgattung und das commune oder gemeine / so offt gar in stücklein ist / welche aber alle rechtschaffene Apothecker nicht ansehen / sondern immer die außerlesene nehmen sollen.

§. 5.
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Wie aber alle diese zu unterscheiden seyn / und was man sich im Einkauff der Rhabarber vor Proben bedienen müsse / solches haben verschiedene und hierinnen wohl erfahrne Materialisten / als Marxius, Schurtz, Pomet und andere schon wohlmeynend erinnert. Die Moscovische ist unter der Levantischen leicht zuerkennen / weilen sie nicht so schön roth und gelb gestriemet / sondern meistens auß schwartzen / schweren und ungeschickten Stücken / in wenig Theil zerstückt / auch mürb ist: Und damit sie möge vor gute verkaufft werden / färben sie solche äusserlich gelb / welches doch daran leicht zu sehen / wann solches gelbe Pulver sich an die Finger hänget. Die rechte Levantische und außerlesene Rhabarbar hergegen ist mit Fleisch-farbe / gelb / grün oder einer schönen Haar - Farbe / oder sonst allerhand Farben gezieret / mus auch Mittelmässig schwer seyn. Ist sie zu schwer / so hat sie viel Holtz: ist sie leicht / so ist sie nicht viel nutz und kan also auß dem Gewicht unauffgeschlagen erkennet werden / indem die Materialisten / ja auch die Grossierer nicht immer zu geben / daß man sie auffschlage / weilen sie eben so wohl als andere damit können betrogen werden; weswegen einige nur an dem schadhafften Ort / oder wo der Strick durchgehet / solche mit einer Nadel sondiren oder ein Messer hinein stecken / daß sie sehen / ob sie zähe und also noch frisch seye / dann offters die Alte wieder gefärbet und von aussen / wie die Moscovische begleistert wird. Wann aber es erlaubet zum wenigsten an einem Strang ein Stück auff zuschlagen / so hat man diese Prob: die beste ist / so da recht trucken / ein wenig schwer am Gewicht / und so man solche auffbricht muß ein Streiff Goldgelb / der andere Saffran- gelb / der dritte weiß seyn. Nimbt man ein wenig in den Mund und zerkäuet es / so muß es bitter und anziehend / auch sonsten nicht verlegen / noch wurmstichicht seyn / und einen guten Geruch haben / auch so es auff Papier gestrichen wird / färbet es wie Saffran. Wann diese nicht in doppeltem Preiß gehalten wird / kan man im Einkauffen wohl bestehen. Die verfälschte ist zuvor außgekocht und also die beste Krafft hinweg und ist derowegen leicht / obwohlen einige sie wieder schwer machen können. In der Farb ist sie dem unreiffen Saffran oder Ockergelb gleich: Hat [151] weder weisse / noch gelbe Streiffen / und wann man solche im Mund zerkäuet / so gibt sie eine verlohrne schwartz - gelbe Farb.

§. 6.
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Was die Kräffte / Nutzen und Gebrauch des Rhabarbars anlanget / so sind dieselben sehr weitläufftig und bey nahe durch alle Kranckheiten in einem besondern Buch / so den Tit. Rhabarbarologiae Curiosae hat / von D. Tillingio Prof. zu Rinteln / beschrieben worden. Ihre vornembste Krafft ist / daß sie die Gall und auch andere böse humores außtreibet und gelind purgieret / und da sonsten fast alle purgirende Artzneyen etwas schädliches an sich haben / so sagt man von der Aloë und der Rhabarbar, daß sie allein nichts gifftiges mit sich führen; darbey hat sie doch auch eine anhaltende Krafft hinter sich / in Ansehen deren sie in der rothen Ruhr biß daher Anfangs gebrauchet worden / insonderheit wann sie zuvor etwas geröstet ist / da sie alsdann Rhabarbarum Tostum genennet wird: An dessen statt doch Pomet in seiner Frantzöischen Material. Kammer pag. 51. das schwartze / so umb die Löcher / wodurch die Stricke gegangen / von der Rhabarbar, zu dem Durchbruch und rothen Ruhr recommendiret / welches sonsten / als verdorben / verachtet und weggeschabet wird. Ferner alteriret und corrigiret dieselbe auch die Gall / wann sie etwa zu dick oder öhlicht ist / weßwegen sie auch anima hepatis oder die Seele der Leber genennet / und in der Gelbsucht und dergleichen Kranckheiten angerühmet wird. Ja es lobet dieselbe Paracelsus, daß wann schon die purgirende Krafft darvon geschieden wäre / sie doch den Stein curire / und kennet D. Ettmüller eine gewisse Person / welche alle Woche ein Quint davon genommen und damit verhütet / das so keine grosse Steine mehr von ihr gegangen; davon in dem Schroed. Dilucid. p. 752. zu lesen; wiewohlen solches auch daher geschehen / weilen die böse Feuchtigkeiten immer außgeführet werden / welches auch andere laxirende Sachen / als Aloe und dergleichen würcken können. Sie tödtet auch die Würm und treibt sie zu gleich auß.

§. 7.
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Wie vielerley Medicamenten von den Alten auß dieser Wurtzel gemacht worden / und in den Apothecken zu finden seyen / als Syrupi, Trochisc. pil. Extr. &c. beschreibet Doct. Schroëder in seiner Pharmacop. Medico. Chym. Heutiges Tages ist die Tinctur, welche man Animam Rhabari nennet / und der Syr. de Cichorio cum Rhabarbarô, oder der Rhabarbar-Safft noch im Gebrauch / davon der letztere das schwartze böse Zeug von den neu-gebohrnen Kindlein treibet / und sie also von allem Schrecken und der schweren Noth praeserviret: Die erstere aber wird von Herrn Doct. Wedeln in den Teutschen Curiosen Tag- und Zeit-Registern / oder Miscell. Acad. Nac. Cur. in App. & ad Ann. 4. 5. beschrieben. Am meisten aber wird die Rhabarb. mit den Senetblättern in Wasser oder Quetschen-Brüh / (so mit dem Weinstein-Saltz geschärffet ist) über Nacht eingeweicht und Morgends warm getruncken; und kan man also diejenige / so mit den starcksten Purgantien sonsten nicht zu bewegen sind / ohnfehlbar laxiren / wie solches sehr offt probiret hab. Wie ungereimbt aber die Rhabarbar unter die Pflaster genommen werde / zeiget / Ludovicus in seiner Pharmac. pag. 143.

§. 8.
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Weilen indessen die rechte und veritable Levantische Rhabarbar zu weilen gar hoch am Werth ist / so bedienen sich an deren statt einige der Münch-Rhabarbar oder RHABARBARI MONACHORUM, welches eine lange und starcke Wurtzel ist / zasicht / wie die Angelica, aber schwerer und dichter / äusserlich schwartz und gleichsam wie Chagrin, inwendig geib / doch nicht marbriret oder mit rothen und weissen Striemen vermischet: wird sonsten auch Patienten-Kraut Wurtzel genennet / wie bey Saem. Dale in seinem Buch de Mat. Med. pag. 131. zu sehen.

§. 9.
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Das Kraut dieser Wurtzel ist eine Art der Grind-Wurtzel und wird von den Botanicis Lapathun hortense latifolium genandt / hat grosse / lange und außgespitzte Blätter / wie auß der dritten Figur zu ersehen ist. Einige nennen dieses Kraut Patientia, welches zwar nicht in allen / doch auch in den Tautschen Gärten, wächset / ob es schon in grösser abundantz in West-Indien zu finden / wie Hernandez in Hist. Plant. Mexican. p. 217. bezeuget. Warumb es aber Münch-Rhabarbar geheissen werde / davon sind verschiedene Meynungen. Einige geben vor / daß als vor vielen Jahren den Türcken erlaubet worden sich des See-Havens zu Marseille zu bedienen / dieselbe den Saamen von dem rohten Alexandrinischen Rhabarbar etlichen Frantzöischen München verehret hätten / woraus nachmahlen dieses Münch-Rhabarbar entsprossen sey; allein obbelobter Hernandez hält dieses nicht unbillich vor ein Märlein; weßwegen glaublicher ist / daß solcher Nahm von denjenigen München entsprossen / welche über den Mesuem geschrieben und in Mangel des rechten Rhabarbari diese Wurtzel an deren Statt gebrauchet / wie Ettmüllerus in seinem Erläuterten Schroederô. pag. m. 752. dafür hält.

§. 10.
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Den Kräfften nach kommet diese Wurtzel mit der Levantischen-Rhabarbar überein / [152] indem sie ebenfals gelind purgieret und mit ihrer adstringirenden Krafft / so sie zurück lässet / den Magen und übrige Eingeweid / ja auch die schlaffe Leber stärcket; weßwegen nicht allein Hernandez sie der rechten Rhabarbar an Kräfften gleich achtet / sondern es zweiffelt der berümbte Teutsche Practicus Dan. Ludovici in oben berührtem Ort gar nicht / daß man eben so viel damit außrichten könne / bekennet auch frey heraus / daß er sein Lebtag kaum ein Untz von der rechten und so theuren Rhabarbar verschrieben / doch aber seine Patienten glücklich curiret habe. Unterdessen wird von allen Scribenten erinnert / daß man die Münch-Rhabarbar in doppelter dosi nehmen müsse; und ist derohalben fast einig in den Träncken (Decoctis und Infusis) zu gebrauchen / dann des Pulvers auff einmahl zu etlich Quint einzunehmen beschwerlich und widrig fallen dörffte.

§. 11.
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Die RHAPONTIC betreffend / so hat dieselbe Wurtzel mit der Rhabarbar eine so grosse Gleichheit / daß auch einige davor halten / es kämen beyde Wurtzeln von einem Kraut her / und käme der Unterscheid nur von zweyerley Ort und Erdreich / worinnen sie gepflantzet würden / wie Paulus Hermanni selbsten in seinem MSS. de Mat. Med. davor halten thut. Andere aber halten es vor zwey unterschiedene Kräuter / obwohlen in Beschreibung derselben noch grosse Schwürigkeiten übrig sind.

§. 12.
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Solchen nun vorzukommen ist nöthig zu wissen / daß man zweyerley Rhapontic bey den Materialisten finde / nemblich die Pontische Rhapontic und die gemeine Rhapontic. Die Pontische Rhapontic wird Lateinisch RHAPONTICUM VERUM THRACICUM genennet / weilen es in Thracien auff einem Berg wächset / worvon Prosper Alpinus einen eigenen Tractat geschrieben / und ist dessen Kraut welches in obgesetzten Figuren das mittelste ist / dem rechten Rhabarbar so gleich / daß Tournefort es vor das Levantische Levantische Rhabarbar gehalten / wie Pomet l. c. pag. 52. bezeuget; und daher mag es wohl kommen / daß die rechte auffrichtige Pontische Rhapontic selten in den Apothecken zu finden / sondern wann man dieselbige nothwendig haben soll und mus / so wird man sie wohl eher unter der rechten Rhabarbar finden / worunter sie / wegen der grossen Gleichheit / so beyde Wurtzeln mit einander haben / vermischet und verkauffet wird. Wie aber beyde zu unterscheiden seyen / zeiget vor andern Pomet c. l. klärlich an / wann er schreibet / daß / da die Levantische Rhabarbar gemeiniglich in grossen und breyten runden Stücker komme / und inwendig überzwerche Striemen habe / die Pontische Rhapontic hergegen auß langen Stücken bestehe / und inwendig auch lange und rothe Striemen habe. Uberdiß kan man den Unterschied noch besser auß dem Geschmack haben / indem die rechte Rhabarbar keine Viscosität oder Schleimigkeit im Mund zurück lässet / dergleichen die Rhapontic von sich spüren lässet. Sonsten ist sie an der Farbe ebenfals gelb außwendig / und inwendig marbrirt.

§. 13.
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Die gemeine Rhapontic ist eine länglichte Wurtzel / außwendig braun und inwendig gelblicht / eines bittern und anhaltenden Geschmacks: wird auß Savoyen und Italien / wie ingleichen auch auß Littauen und Reussen heraus gebracht / und lässet sich lang halten / wann sie nur an einem truckenen Ort auffgehalten wird. Das Kraut nennen die Botanici Rhaponticum folio helenii incano, und weilen die Blume endlich einen Flocken und beltzichte Bürste zurück lässet / wird es von den heutigen Kräuter-Verständigen unter die Cyanos gerechnet / worvon D. Amman in Charact. Plantarum Novô P. 544. zu sehen ist.

§. 14.
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Sonsten kommen alle beyde an denen, Kräfften sehr überein / in Ansehen deren sie mehr adstringiren / als die Rhabarbar und sind derowegen vor diesem nicht allein in den Blutstürtzungen / sondern auch in Verwundungen und schweren Fällen gegen das geronnen Geblüt innerlich und äusserlich gebrauchet worden. Heutiges Tages werden beyde langsam und fast gar nicht gebrauchet / ausser daß die wahre Rhapontic Wurtzel zum Theriac genommen / und deßwegen von Moyse Charas auch weitläufftig davon in der Frantzöisch geschriebenen Histori derjenigen Kräuter / Thieren und Mineralien / so zum Theriac erfordert werden / gehandelt wird.
|| [153]

Das III. Capitel
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Von der MECHOACANNA oder Weissen Rhabarbar-Wurtzel. Abbildung

§. 1.
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DIe weisse Rhabarbar oder MECHOACANNA ist eine grosse und leichte Wurtzel / so in runden und mit vielen Cirelen gezierten Scheiblein auß West-Indien gebracht wird / welche Anfangs in- und außwendig gantz weiß sind / mit der Zeit aber weiß-grau werden: wird sonsten auch die Indianische Zaunrübe und Frantzöisch Rhamindique genennet / weilen sie / wie diese / gelind purgieret. Sie ist von einigen München / welche von dem König in Spanien / ein Closter in der Province Mechoacam auffzurichten / in Neu-Spanien gesandt waren / bekandt worden / nachdem derselben P. Provincial von einem Indianischen Medico glücklich darmit curiret wurde / welche diese Wurtzel von dem Land / darin sie wächset / Mechoacanna genennet haben / wie die Authores der Frantzöischen Oeconomie, deren Titul: La Maison Rustique, in einem besonderen Discours von dieser Wurtzel pag. 129. seqq. weitläufftig berichten.

§. 2.
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Ob nun wohl die Wurtzel den Zaunrüben gar gleich sibet / so ist dennoch das Kraut derselben keine Art der Bryonien / sondern ein Convolvulus, wie nicht allein jetzt ermeldte Authores solches in vornehmen Gärten offt gesehen / sondern auch Hernandez solches also abmahlet / wie in dessen Beschreibung der Gewächsen in Neu-Spanien pag. 164. zu sehen. Ammannus nennet es in seinem Charact. Pl. auß des Pisonis Hist. Brasiliana Convolvulum Americanum Jeticu dictum. Hat Blätter wie ein Hertz / und trägt kleine Beerlein.

§. 3.
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Schroederus gedencket zweyerley Gattung von der Wurtzel / deren eine auß der Insul Mechoaca: die andere aber auß dem festen Land Nicaragua komme / welche letztere viel kräfftiger sein soll. Zu weilen kommet auch das Pulver darvon auß America in Spanien / welches aber bey weitem nicht so wohl purgiret / wie die Wurtzel selbsten / wie in obbemeldtem Buch la Maison Rustique lib. 2. fol. 129. erinnert wird.

§. 4.
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Die beste ist diejenige / so inwendig und außwendig weiß / und an hübschen / grossen und [154] recht außgetruckneten Scheiben ist / welche je schwerer / und gummosichter / je besser zu halten. Sie muß auch fast ohne eintzigen Geschmack seyn / wodurch man leichtlich erkennen kan / ob sie mit der Raß-Wurtzel oder Rad. bryoniae verfälschet sey / welche einen bitteren und steinichten Geschmack hat / da hergegen die Mechoacanna zart und ohne Geschmack auff der Zungen sitzet. Es hat auch diese letztere viel mehrere und nähere Circulen / als jene. Die Wurmstichichte ist leicht zu erkennen und zu meiden. Sie lässet sich in Hirschen besser halten.

§. 5.
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Ihre Tugenden sind / daß sie sehr gelind alle wässerichte und schleimichte Feuchtigkeiten auß den Gedärmen und gantzen Leib außführet / weßwegen sie vor diesem die Purgier-Wurtzel genennet worden: war auch deßwegen in grossem Preiß / welcher nunmehro sehr gefallen / wie Marxius in seiner Material-Kammer Pag. 116. erwehnet; welches ohne Zweiffel daher gekommen / weilen die Jalappa nachgehends bekandt worden / welche starcker ist und in weniger Quantität genommen wird; weßwegen dann auch heut zu Tag die Mechoacanna bey Erwachsenen fast gar nicht mehr verschrieben wird / es sey dann daß man das Frauenzimmer / wann es einen unnatürlichen Appetit zu Kalck oder Kreyden hat / damit betriegen wolle / wie es dem Seel. Herrn D. Febrio geglücket / besage dessen Tractat de Absinthio pag. 98. Am meisten braucht man sie / die kleine Kindern zu laxiren / weilen das Pulver ohne Geschmack und wie Mehl ist / auch deßwegen unter den Brey und andere Speisse kan gemischt werden. Den gar kleinen gibt man 10. biß 20. gran, den grössern Zj. den erwachsenen Zij.

§. 6.
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In den Apothecken machet man auch einen Extract von dieser Wurtzel / welche Schroederus und andere mit dem Spiritu Vini extrahiren / und rechnet der Apothecker Vier Heuer auß / daß man auß einem Pfund der Wurtzel 2. bis 3. Loth Extracti machen können. Allein es zeiget Ettmüllerus in seinem Commentario über des Schroederi Pharm. pag. 750. daß solcher Extract mit dem Spiritu Vini gemacht gar nichts nutz seye / indem die Mech. gummos und also durch einen wässerichten Schlüssel muß eröffnet werden / wie bey obbelobten Auth. weiter zu sehen / welcher auch noch andere Medicamenten / so daraus gemacht werden / auffgezeichnet hat.

Das IV. Capitel
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Von der JALAPPA. Abbildung
|| [155]

§. 1.
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DIe JALAPPA / GIALAPA oder JALAPIUM ist eine länglichte / dicke und hartzichte Wurtzel / welche in runden Scheiben zerschnitten zu uns gebracht wird: ist der Mechoacanna nicht sehr ungleich / doch schwartzer und schwerer / hat einen scharffichten und widrigen Geschmack: wird auß Weft-Indien / absonderlich aus der Insul Madera / wo sie häuffig wächset / in Europam geführet / und sehr fleisig zur Artzney gebrauchet.

§. 2.
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Von dem Kraut dieser Wurtzel sind biß auff den heutigen Tag noch verschiedene Meynungen. Anfangs / als sie bekandt worden / (welches noch so gar lang nicht ist) meinete man / es wäre eine frembde Art der Bryonien oder Zaunrüben / zumahlen sie offters auch Mechoacanna Nigra genennet und also vor eine Species der Mechoacannae gehalten wird / welche sonsten auch vor die Americanische Bryonien will gehalten werden. Andere halten sie vor eine Art Nachtschatten / welche der Frantzöische Botanicus, Mons. Tournefort Solanum Mexicanum, magno flore, semine ruzoso, jalapium existimatum nennet / welche mit der Mirabili Peruviana oder Peruvianischen Wunderblum übereinkommet / davon Ettmüllerus in Com. in Schro̅d. p. 748. diese Wurtzel auch herleitet. Plukenet, ein Engelländer / nennet es Convolvulum Americanum, sub Jalapae nomine receptum und setzet den Abriß davon in Tab. XXV. N 1. welche einige Gleichheit mit des Hernandez Figur / so er in seinem Buch p. 164. Mechoacannam Foeminam nennet / zu haben und also die beste scheinet. Pomet aber hat einen andern Abriß / welcher gleichsam auß beyden bestehet / aber doch auch der Flori admirabili gleich kommet / deren Wurtzel wann sie bey uns gezogen wird / auch purgiret / doch nicht so starck / wie die Jalappa Americana, vid. Ettum. c. l.

§. 3.
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Die Güte dieser Wurtzel kan man unter andern daran erkennen / wann sie sich an glüenden Kohlen oder an einem Licht gleich anzünden lässet / und hat man immer die gröbste Stücker / so mit den Händen nicht leicht zerbrochen / doch aber mit dem Hammer bald zermalmet werden / außwendig schwartz-grau / inwendig aber gläntzend und resinos anzusehen / eines scharffen und widrigen Geschmacks / zu erkiesen; man mus auch zu sehen / daß keine andere Wurtzelen / als die Bryonia und dergleichen untermenget seyen. Man kauffe sie aber immer in gantzen Stücken / nicht zu Pulver gestossen / welche gemeiniglich alt und verlegen ist.

§. 4.
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Der Gebrauch dieser Wurtzel ist männiglichen bekandt / indem fast keine Purgirung gemacht wird / da die Jalappa nicht den Meister spiele. Sie purgiret das Gewässer / doch zugleich auch die Gall / Schleim und andere böse humores, wie dessen Nutzen fast durch alle Kranckheiten D. Paullini ohnlängst in einem besondern Buch de Jalappa weitläufftig beschrieben hat. Indessen mus man sich mit der Dosi nach dem Alter / sowohl der Person / als der Wurtzel / richten. Der Person nach giebt man den Kindern so viel Gran / so viel Jahr sie alt sind / Erwachsenen aber 20. Gran / wann die Wurtzel frisch und resinos: Ist sie schon alt / kan man ein halb Quint und mehr geben / dann mit der Zeit die resina darin auch enerviret wird. Eusserlich ziehet sie das Gewässer auß der Nase / davon Paullini c. l.

§. 4.
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Man kan sie auff vielerley Manier gebrauchen: Gemeiniglich aber wird sie nur zn Pulver gestosen / welches desto besser und mit wenigen Schmertzen operiret / je subtiler es ist; doch stärcket man es gemeiniglich mit seiuer eigenen RESINA oder MAGISTERIO JALAPPAE, welche mit dem Spiritu Vini rectif. daraus gezogen und entweder mit Wasser praecipitiret oder per abstractionem Spiritus Vini zubereitet wird: mus schön weißgelb und gläntzend seyn: sihet es wie Colophonium auß / so taugt es nicht und hat viel vom Extract bey sich / welches von dem übrigen noch kan außgezogen werden. Ein Pfund Jalappae gibt ???. biß ???. resinae / wie Vielheuer in seiner Beschreib. frembder Materialien p. 115. solches außgerechnet hat. Von dieser Resina kan man 10. Gran in Spiritu Vini oder Spir. Carmin. aufflösen / so hat man eine angenehme Purgirung / besonders wann es süß gemacht wird / dergleichen vor delicate Jungfern und andere zu Breßlau / Halle / Leipzig sc. sehr gebräuchlich seyn soll / wie D. Major in Obs. Anat. de Calcul. Sperling. schreibet; doch mus man nicht so gleich eine Suppe darauff nehmen oder trincken / sonsten praecipitirt sich es wieder im Leib und machet Grimmen. Boyle macht mit Tragant kleine Pillen daraus / so auch leicht zu nehmen sind: vid. ejus Tr. de Utilit. Philos. Experiment. Viele verschreiben sie auch in den Mixturen / aber ohne Effect, es komme dann ein Spiritius darzu; wie dann die Wurtzel selbst in denen Infusis oder Laxir-Wein nicht wohl verschrieben wird / indem sie Resinos und nur mit einem Spiritu kan auffgelöset werden / wie den Chymicis bekandt ist.
|| [156]

Das V. Capitel
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Von der TURBITH-Wurtzel. Abbildung

§. 1.
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DAs Vegetabilische TURBITH ist das äussere Theil einer länglichten dicken und resinosen Wurtzel / äusserlich grau und inwendig weißlicht anzusehen / eines scharffichten und eckelhafften Geschmacks / wird Lateinisch Turpethum Vegetabile genennet: damit es von dem Mineralischen Turbith, welches die Chymici auß dem ???. zubereiten / unterschieden würde.

§. 2.
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Von welchem Gewächs diese Wurtzel herkomme / sind gar verschiedene Meynungen / welche Hernandez de Rebus Med. Nov. Hisp. pag. 178. und auß demselben Frid. Hoffmannus in Clav. Schroed. pag. 636. weitläufftig erzehlen. Unterdessen hat D. Paulus Hermanni, weyland Prof. und Inspector des Horti Medici zu Leyden / welcher vor diesem dasselbige in Ost - Indien selbsten gesehen / den Außschlag gegeben und in seinem Catalog. Horti Lugd. pag. 78. gezeiget / daß es ein Indianische Winde sey / welche er Convolvulum Indicum alatum maximum folio Ibisci, daß ist / die grosse geflügelte Indianische Winde nennet / weilen sie sowohl in Ost-als West-Indien wächset und die Blätter / so dem Eibischkraut gleich kommen / gleichsam wie Flügel anzusehen sind / wie auß der Figur zu ersehen: wächset gern an feuchten Oertern / nahe an dem Meer / hat Fleisch-farbichte glatte Blumen wie die Winde / und wann es außgeblühet / trägt es in seinen Hülssen vier schwartze Körner / so halb rund / und an der Grösse dem Pfeffer gleich sind.

§. 3.
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Die Materialisten führen dieser Wurtzel zweyerley Sorten / deren eine sie Turpethum finum oder die beste Turbith: die andere aber medium oder auch die graue Turbith nennen / wie in Herrn Bansae Catologo Francof. zu sehen. Die erstere ist diejenige / welche wir oben beschrieben. Die andere ist nichts anderst als die Thapsten- oder Fenchelgert Wurtzel / welche auß der Insul Sicilien kommet und offters von betrüglichen Leuten unter die Turbith gemischet wird / besihe Schurzii neu-eingerichtete Material-Kammer pag. 77.

§. 4.
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Wie aber der Betrug zu entdecken und beyde zu unterscheiden seyen / zeiget Pomet in seiner Histoire des Drogues Lib. 1. pag. 59. Die rechte Turbith nemblich ist außwendig röthlich-grau / inwendig aber graulicht / ziemlich schwer und zähe / daß sie nicht leicht zu erbrechen ist. Die Thap [157] sien Wurtzel hergegen ist leicht / runtzelicht und von aussen silber-farbicht grau / eines so scharffen und brennenden Geschmacks / daß sie Blasen am Munde zihet / absonderlich wann sie frisch ist. Damit aber bey der rechten und wahren Turbith auch die Wahl wohl getroffen werde / so ist in acht zunehmen / daß sie sauber voneinander gespalten und das holtzichte Hertz herauß genommen sey. Sie muß auch nicht wurmstichicht sondern durchaus hartzicht seyn; diejenige aber / so nur an den Enden hartzicht scheinet / ist entweder allda in Hartz eingetaucht / oder von den Indianern geröstet worden / dadurch sie das hartzichte an die Ende treiben / welche nichts tauget / absonderlich wann sie weiß / leicht und zerbrichlich ist. Die mittelmäsige Stücker sind auch besser / als die grösten.

§. 6.
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Ihre Kräfften sind / daß sie den Schleim und andere böse Humores aus dem Gedärme / Brust und anderen Theilen mächtig purgiret / so gar / daß die Medici ein Sprichwort führen: was der Agaricus nicht treibet / das greiffet Turbith an: was Turbith nicht angreiffet / das durchtreiben die Coloquinten &c. Es tödtet diese Wurtzel auch die Würme gewaltig und hält man davor / das nechst dem Quecksilber kein besser Mittel dargegen seyn / als die hieraus gemachte Species diaturbith cum rhabarbaro, wie bey Doct. Ettmüllern in Comment. Schroed. pag. 755. weitläufftiger zu finden ist.

§. 7.
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Einige machen auch einen Extract oder Resinam c. Spiritu Vini daraus / allein es gibt sehr wenig und aus einem gantzen Pfund kaum 2. Loth. Was aber sonsten vor Composita von dieser Wurtzel herrühren / ist bey dem Schroeder in Pharmacop. Med. Chym. p. 236. zu ersehen.

Das VI. Capitel
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Von der schwartzen Viesz-Wurtz. Abbildung
|| [158]

§. 1.
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DIe schwartze Nieß-Wurtzel oder Radix Hellebori Nigri bestehet auß vielen / dünnen / zasselichten und an einem Gnoden hangenden Wurtzeln / außwendig schwartz und inwendig weiß / eines bittern / scharffen und beissenden Geschmacks und unannehmlichen eckelhafften Geruchs: ist eines von den uhralten Purgir-Mitteln / so dem Hippocrati und andern alten Medicis sehr gebräuchlich gewesen. Sie wird sonsten auch Christ-Wurtz genennet / weilen das Kraut umb das Christ-Fest zu blühen pfleget. Die Lateiner nennen sie auch Veratrum, à vertendo, weilen sie den verrückten Verstand wieder ändert und zurecht bringet.

§. 2.
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Es finden sich aber unterschiedliche Arten dieses Krauts / welche nicht allein in den Kräuter - Büchern / sondern auch bey D. Ettmüllern in Comment. Schroed. können gelesen werden. Das rechte / worvon der Materialisten Nieß-Wurtz herkommet / hat schöne Rosen / Anfangs weiß und endlich bleich-roth und zerkerbte Blätter wie auß der Fig. zu ersehen: Wächset in dem Schweitzer und Tyroler Gebürg / aber häuffig in der Steyer-Marck / dahero es auch Helleb. niger Stiriacus genennet wird.

§. 3.
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Die Materialisten verkauffen sie entweder bloß oder in Säcklein / welche von Nürnberg kommen / allwo man 144. oder 12. Dutzend in einen Bund machet und in Säcklein thut / wie der Buchhalter Schurzius pag. 74. in seiner Material. Kammer meldet. So wissen sie auch die kleinere von den grössern zu sortiren / unter welchen die letztere die beste find / absonderlich wann sie zu gleich lang / wohl gedört und sauber sind / daß sie sich lang halten können. Unterdessen mus man sich wohl fürsehen / das man an deren statt nicht die Radices aconiti, welche gemeiniglich an einem Ort wachsen und der Nieß-Wurtz sehr gleich sehen / einsamble / und an statt einer Artzney dem Krancken Gifft beybringe / worvon Hildanus in Prafat. Oper. kan gelesen werden.

§. 4.
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Dieser Wurtzel gebrauchet man sich den sauren und melancholischen Schleim und Feuchtigkeit / worvon die so genandte Miltz-Beschwerung / Melancholie, Tobsucht und dergleichen herrühren / auß dem Leib zubringen. Ist auch sonsten in allen Haupt-Kranckheiten / Krätz und andern affectibus curtaneis ein gut Ding: wird entweder in den Purgir-Wein und Säcklein gebraucht / oder macht man auß dem Extracto Helleb. Nigri und andern Sachen Pillen / worvon Schroederus und dessen Commentatores, Doct. Hoffmann, Ettmüller und andere weitläufftig handeln. Die Schmiede curiren den Wurm an den Pferden mit dieser Wurtzel; wie dann auch Die weisse Nieß-Wurtz mehr den Pferden und räudichten Schaafen / als den Menschen dienlich ist / obwohlen einige Medici in der Tobsucht oder Mania auch solche innerlich gebrauchen / und ein starck Erbrechen dadurch zu erregen suchen; weswegen der von diesem berümbdte Sächsische Medicus Doct. Michel eine Essentz daraus verfertiget; zum wenigsten mus man sehr behutsam damit verfahren / sonsten es leichtlich eine hypercatharsin geben kan. Wie es Herr D. Ettmüllern damit ergangen / als ein Apothecker Gesell an statt des verschriebenen helleb. nigri den weissen genommen / kan in dessen Comment. Schroeder. pag. 745. gelesen werden. Eusserlich aber kommet sie unter den Schnupff-Tabac.

§. 5.
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Die beste ist wann sie dicke und starcke Wurtzeln hat / mit vielen weissen Zasseln umbfasset / außwendig gelb / und inwendig weiß / anbey scharff und etwas bitter / auch eines äckelhafftigen Geruchs ist.
|| [159]

Das VII. Capitel
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Von der Seidelbast-Wurtzel / Und Der PAREIRA BRAVA. Abbildung

§. 1.
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DIe Seidelbast-Wurtzel oder Radix Thymelaeae ist eine holtzicht- und zasselichte Wurtzel / von unterschiedlicher Grösse / außwendig röthlich / und inwendig weiß: schmäcket anfänglich süß / lässet aber eine solche Schäffe auff der Zunge zurück / daß es wie Feuer brennet / absonderlich wann sie frisch gegraben ist. Sie wird aber selten gantz in den Apothecken gefunden / sondern nur die eussere Rinde / wie es mit der Wolffs - Milch Wurtzel oder Radice Esulae sonsten auch zu geschehen pfleget; weswegen sie dann auch von andern unter dem Nahmen Corticum Mezerei zu den Rinden gezehlet wird.

§. 2.
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Auß dieser Wurtzel entsprosset ein Sträuchlein mit schön - grünen und gläntzenden Blättern / wie Lorbeer-Blätter anzusehen / weswegen es auch Laureola genennet wird: trägt rothe Blümlein / woraus die Bienen einen gifftmäsigen Honig saugen / und nach denselben Beerlein / welche Anfangs grün / zuletzt aber roth seyn / und in den Apothecken Granum Gnidium, Coccus Gnidius, Sem. Coccognidii oder Kellers-Hals Saamen genennet werden. Es wächset auch bey uns in Wäldern und Gärten / doch kommen die beste Wurtzeln auß Italien von Pisa, Rom / und Neapolis / wie Marxius in der Teutschen Material-Kammer / pag. 49. vorgibt.

§. 3.
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Beyde / nemblich Wurtzel und Saamen haben einerley Kräfften / treiben und purgiren gewaltig das böse Gewässer in der Wassersucht / weswegen man in den Apothecken auch die Pilulas de Mezereo zu solchem End verfertiget hält / mit welchen aber / wie auch mit der Wurtzel und den Körnern selbsten / gar behutsam zu verfahren und brauchen deswegen eine gute correction und sichere dosin, darvon beyderseits D. Ettmüller in seinem Comment in Schroeder. kan gelesen werden. Doct. Hoffmann will damit gar nichts zu thun haben / Vid. ejus Clav. Schroed. pag. 624. Eusserlich aber thut die Wurtzel in bösen flüssigen Augen sehr gut / wann man das Ohrläplein durchbohret / und ein Stück davon in das Loch stecket / daß sich die böse Flüsse dadurch heraus zihen mögen.
|| [160]

§. 4.
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Sonsten hat man vor kurtzer Zeit eine Wurtzel auß Indien gebracht / welche dem eusserlichen Ansehen nach der Seidelbast-Wurtzel ziemlich gleich sihet und von den Portugiesen PAREIRA BRAVA genennet wird / welches so viel als eine wilde Weinrebe heisset / weilen auß die ser Wurtzel eine dergleichen Rebe / so sich an die Gemäuer und Bäume anhänget / hervor schiessen soll / wie Pomet solches in seiner Hist. des Drogues pag. 69. auß anderer Relation schreibet. Hermannus nennet so wohl das Kraut als die Wurtzel Botnam / und beschreibet sie in seinem Mssc. de Mat. Med. daß es eine lange und Daumens-dicke Wurtzel sey / etwas gewunden und gleichsam gedrehet / außwendig schwartz und mit vielen erhöheren Ringlein und Gnödlein geziret / inwendig graulicht und circulirt / eines scharffichten und füssen Geschmacks / dem Süßholtz nicht ungleich / wächset in Brasilien und kostet das Pfund ohngefehr drey Gulden.

§. 5.
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Ihre Kräffte betreffend / hat sie ingleichem viel mit dem Süßholtz gemein / praeserviret und curiret den Stein / welchen sie gewaltig treiben soll; weswegen sie auch in Portugal fast in allen Apothecken zu finden und viel gebräuchlicher / als die Ipecacuanha, seyn soll. Die Dosic davon ist ??? ad ???. wird pulverisirt und Morgends nüchtern in Wein eingenommen. Andere infundiren sie in heiß Wasser und wann die Krafft heraus gezogen ist / nehmen sie es wie Thee oder Coffi ein.

Das VIII. Capitel
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Von dem Säu-Brodt und der Hermodactel-Wurtzel. Abbildung
|| [161]

§. 1.
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DAs Säubrodt oder RADIX CYCLAMINIS ist eine dicke / runde und sehr fleischichte Wurtzel / außwendig schwartzlicht und inwendig weiß / eines scharffen / und wann sie noch frisch ist / recht beissendund brennenden Geschmacks / aber ohne Geruch: wird in Teutschland in vornehmen Gärten der Blumen wegen gefunden; sonsten aber wächset es wild auff hohen Bergen.

§. 2.
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Das Kraut wird von den Griechen und in den Apothecken ARTHANITA geheissen / welches breyte und runde Blätter hat / so unten erwas purpur-farbicht sind: Blühet im September und trägt artliche und wohlriechende / purpur-rothe Blümlein / deren Blättlein herumb gebogen / und inwendig gleichsam zusammen gefüget sind / wie alles oben auß der Figur am besten kan gesehen werden.

§. 3.
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Die Wurtzel (welche davon allein gebräuchlich ist) kombt in ansehen der Kräfften mit der Hasel-Wurtz oder Radice Asari sehr überein / welcher auch das Gewächs nicht viel ungleich sihet: wird deswegen unter die stärckeste Purgantia, gerechnet / so gar / daß sie innerlich mehr den Schweinen (wovon sie den Nahmen hat) als den Menschen dienlich ist; weswegen sie mehrentheils eusserlich / die Monatliche Reinigungen / die todte Frucht der Weiber und dergleichen zu treiben / gebrauchet wird: zu welchem End dann auch das in den Aporhecken bekandte UNGUENTUM de ARTHANITA daraus gemacht worden / welches auch eusserlich purgiret / und wann es mit Aloe, Ochsen-Gall und dergleichen vermischet wird / die Würme der kleinen Kinder (welche etwa innerlich nichts einnehmen wollen) weg treibet / dafern es nur auff den Unter-Leib gerieben wird. Andere machen auch ein Miltz-Pflaster davon / welches dessen Härte und andere dergleichen Scirrhos zertheilen soll / wovon D. Ettmüller in Comment. Schroed pag. 557. zu sehen ist. Sonsten aber wird auch der Safft von dieser Wurtzel zu den Geschwären und Außfliesen der Ohren / wie auch Verstopffung der Nasen gebrauchet; wann man aberden Safftnicht haben kan / so brauchet man an dessen Stell das Decoctum Radicis, so gar / daß solches auch offt zu dem obbeineltem Unguent. de Arthanitâ genommen wird / wie Simon Paulli in seinem Quadripartito Botanico pag. 527. bezeuget. Von dem zweyfachen Oehl / welches Petraus und Doct. Hoffmann von diesem Gewächs machen / kan obbelobter Ettmüllerus c. l. mit mehrerem gelesen werden.

§. 4.
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Weilen aber / wie oben schon gemeldet / diese Wurtzel innerlich nicht wohl zu gebrauchen ist / so kan man sich an deren statt der Hermodattel-Wurtzel gebrauchen / welche viel gelinder purgiret. Diese HERMODACTYLI aber sind länglicht-runde / breyte und gleichsam zusammen gepreste Wurtzeln / wie ein Hertz anzusehen / außwendig röthlich-weiß / inwendig aber gantz weiß / eines süßlicht- und scharffichten Geschmacks / ohne Geruch: werden auß Syrien über Smirna, und Aleppo herausser gebracht. Und ob zwar Schur???ius in seiner Material-Kammer pag. 20. vorgeben will / daß solche auch in den Wäldern umb Nürnberg und anderstwo wachsen solle; so widerspricht ihm doch Marxius, ein anderer Nürnberger Materialist p. 102. in seiner Material-Kammer / so gar / daß er solches einem Unverstand zuschreibet.

§. 5.
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Wovon nun die rechte und wahre Hermodactyli herrühren / und was sie eigentlich seyen / wird noch uff den heutigen Tag unter den Gelährten nachgeforschet. Pomet, der Frantzöische Materialist, scheuet sich nicht in seinem Buch pag. 210. allen Botanicis zu widersprechen / und da diese einmüthig dafür halten / daß die Hermodatteln gewisse Wurtzel seyen / will er behaupten / daß es vielmehr Früchte eines frembden Baums wären / obwohlen er niemahlen erfahren können / wie die Blumen und Blätter desselben beschaffen wären / welches ich ihm wohl glauben will. Andere hergegen halten sie vor Wurtzeln / welche doch wieder nicht eines Sinnes sind. Viele meinen sie kähmen von dett Zeitlosen oder Colchicis: Andere von dem Cyclamine oder Säubrodt. Gleich wie aber ein jedweder gleich auß dem Augenschein sehen kan / daß diese beyde Meynungen nicht statt finden können: Also kommet mir D. Ammanni Meynung am glaubhaffsten vor / welcher in seinem Charact. Plantarum Nov. pag. 420. mit andern da für hält / das die rechte Hermodactyli nichts anderst / als die Wurtzel von einer frembden Art Schwertel-Blumen / welche Iris tuberosa, folio anguloso, flore obscurè viridi Svvertii genennet / in Hortô Oxoniensi pag. 348. beschrieben / von Eman. Svvertio in Florilegio abgemahlet / auch bey Anfang dieses Capitels von uns deswegen beygesetzet worden / daß man sehen könne / wie die Hermodactyli mitten auß der Wurtzel genommen worden / und derowegen oben und unten abgebrochen scheinen.

§. 6.
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Die besien müssen groß / vollkommen / dicht und schwer / außwendig röthlicht / inwendig weiß / noch frisch / aber doch so viel möglich / [162] wohl auffgedörret sey. Inwendig müssen sie kein Mehl haben / und weilen diese Wurtzeln gar leicht wurmstichicht werden / müssen sich die Materialisten und Apothecker darmit nicht zu sehr überladen.

§. 7.
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Ihre Würckung und Tugenden bestehen in einer purgirenden Krafft / wormit sie den zehen Schleim und scharffes Gewässer von den Gliedern abführen sollen / und deswegen von unsern Vorfahren Anima Articulorum, das ist / der Gliedmassen Seelt genennet worden find; weswegen sie gegen das Zipperlein / Chiragram und Podagram von Schroedero und dessen Commentatoribus, Ettmüllero, Hoffmanno, wie auch Dale und andern gerühmet werden; worgegen dann auch die Pillen davon / oder Pilulae de Hermodact. von den Alten gebrauchet worden. So kommen sie auch unter des Paracelsi Glieder-Pulver / welches D. Hartmannus in Prax. Chym. cap. 230. ???. 17. beschreibet. Ingleichen werden sie unter das Electuarium Marocostinum Mindereri gezogen. Eusserlich kommen sie zu den Fontanell-Kügelein / welche ein vornehmer Doctor in der Graffschafft Oldenburgauß dem Turbetho, Agaricô, Iva Arth. Hermod. und Wachs zubereitet / und an etlichen Orten fleissig gebrauchet werden / wie Vielt-Heuer in Beschreibung frembdter Materia. lien pag. 114. berichtet / wo deren Beschreibung und Recept zu finden ist.

Das IX. Capltel
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Von der Sinesischen Wurtzel NINSING oder GIN-SEM.
|| [163]

§. 1.
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NInsing ist eine länglichte / und eines kleinen Fingers-dicke Wurtzel / wie Petestlien-Wurtzel oder Pastinack (aber kleiner) anzusehen / welche gemeiniglich mit zweyen / offters auch mehr Zacken versehen / in- und außwendig bleich-gelb / und auff der eussersten Rinde mit kleinen schwartzen Strichen / Circkuln und Adern gezieret / auch wie die Mandragora gleichsam in Beine zertheilet / inwendig aber mit einem hartzichten Circkul bezeichner ist: Hat einen etwas scharffen / doch süssen / mit einer nicht unangenehmen Bitterkeit melirten Geschmack / wie die Liquiritien, auch sehr annehmlichen Geruch; wird von den Japonensern Nisi, von den Wilden Canna, von den Sinensern aber Ninsing und besser Gin-sem (welches letzteres Wort eines Menschen Gleichheit bedeutet / wie es D. Menzelius in Misc. Acad. Germ. Cur. Dec. II. A. V. p. 74. auß Pisonis Mantissa Spagyricâ außleget) genennet / weilen diese Wurtzel zuweilen gleichsam Arme und Beine / wie ein Mensch / hat / obwohlen dergleichen nicht in der gemeinen Leuten Hände kommen / sondern in China selbsten von den vornembsten Personen zur Rarität auffgehoben werden soll / wie Herr Rumphius, aus Ost-Indien / in einem Brieff an wohlermeldten D. Menzeln berichtet / welcher an eben gemeldtem Ort pag. 74. zu finden ist.

§. 2.
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Diese Wurtzel findet man häuffig in dem eussersten Nordischen Theil von Sina, in der Provintz Leautung und in der Insul Corea; und obwohlen sie auch in Japan wachsen soll / so hält man doch die Coreanische vor weit besser als die Japonische / welche hierin von der vorigen zuerkennen / das sie eusserlich auff der Rinde keine Circkel und Linien hat / inwendig weis und hart ist / auch so keinen kräfftigen Geschmack und Tugendte hat / wie die vorige. Was es aber mit dem Kraut dieses Nahmens vor eine Bewandnus habe / davon sind unterschiedene Meynungen. Wormius hielte es zu seiner Zeit vor eine Art Manns-Treu / weilen die Wurtzeln an Gestalt und Geschmack übereinkommen / obwohlen er in seinem Museo pag. 157. selbsten gestehet / daß er die Blätter nie gesehen. P. Martin. Martini wurde gleichfals durch die Gestalt der Wurtzel dahin geleitet / daß er das Kraut vor eine Alt Alraun oder Mandragorae hielte / auch andere / als Kircherum, Blumentrostium &c. solches zu glauben verursachte; allein es hat auch derselbe das Kraut niemahlen zu sehen bekommen / wie in dessen Atlante Sinico zu lesen. Der Seel. D. Hermannus, berümbter Professor Botan. zu Leyden / hält es in seinem Collegio in Mat. Met. vor das Sisarum Montanum, indem er aus dem Saamen / so er aus Japonien davon bekommen / ein dergleichen Kraut erziehlet hat / obwohlen er gestehet / daß die Wurtzel so kräfftig nicht gewesen / als Ninseng, welches er der Lands-Art zuschreibet. Unterdessen ist gewiß / daß die Figur / welche in der Japaner und Sineser Kräuter-Bücher, gefunden und von Hr. D. Menzeln dem Miscell. Cur. D. 2. A. V. Obs. XXXIX. einverleibet ist / mit Sisaro Montano eine grosse Gleichheit habe: Allwo D. Rumphius auch diß Kraut / wie es ihm von einem Chinesischen Burger mitgetheilet worden / also beschreibet: daß es ein kleines Kraut seye und an einem schmalen Stengel auff beyden Seiten Blätter wie Mayer trage / eines Fingers-breit / durch deren mitten eine gerade Ader gehe / welche kleine Fäselein auff beyden Seiten werffe / wie solches auch aus der Figur / so wir aus dem Englischen Botanico, Hr. Plukenet Tab. CI. n. 7. entlehnet / zu sehen / welche der Junge Herr Breynius in Disput. de Rad. Nisi vor andern aestimiret / obwohlen die seinige spitzigere Blätter hat / wie in der Figur zu sehen.

§. 3.
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Die Einsamlung dieser Wurtzel ist sehr curios und merckwürdig / und wird von obbelobtem Herrn Rumphen an gemeltem Ort beschrieben: weilen nemlich diese Wurtzel in den 3. Winter-Monathen / November, December und Jenner / da sich das Kraut schon gantz verlohren / mus gegraben werden / so geben die Einwohner bey nächtlicher Zeit genau Achtung / wo sie auff der Erden eines Glantzes gewahr werden / welchen die Wurtzel / so erwas aus dem Erdreich hervor gewachsen / von sich gibt und etwan von dem Thau / oder von seiner eigenen Feuchtigkeit / oder auch von der Sonn / wie ein Phosphorus, empfangen hat. Auff diesen Glantz streuen sie etwann Kalck oder Aschen / und wo sie des andern Morgends dieses Merckmahl antreffen / graben sie die grössere Wurtzel aus / und bedecken die kleinere wieder mit der Erden. Die ausgegrabene müssen sie ihren Herren bringen / welche die schönste und wie ein Mensch formirte Wurtzelen vor sich zu behalten / die andere aber ihren guten Freundten zuverehren und den Frembden keine zuverkauffen pflegen; weswegen alle diejenige / die in Europam gebracht werden / heimlich gegraben und verkauffet müssen werden. Und daher mag es gurhen Theils kommen / das sie in Holland so rar und theur gehalten wird / so gar / daß der berümbdte Materialist / Mons. Pomet in Ainbsterdam vor die Untze 25. livres zahlen und solche nur bey einem eintzigen Droguisten finden können / wie er im Anhang seiner Historien pag. 5. meldet. Jetzt gilt die Untz 20. Gülden Holländisch / und hat vor diesem woh 50. Reichsthaler gelten müssen / wie ich noch kürtzlich von Herrn D. Spenern auß Ambsterdam berichtet worden bin.
|| [164]

§. 4.
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Was ihre Krafft und Tugend anlanget / so wird sie von den Sinensern vor eine rechte Panacae gehalten / weilen sie nicht allein von aussen einem Menschen ähnlich / sondern auch eine sonderliche Gemeinschafft mit desselben Geblüt und Lebens-Geistern haben soll / wie Hermannus in seinem Msc. redet / und deswegen von dem Pisone in Mantiss. Arom. dafür gehalten wird / daß sie die natürliche Wärme oder Calidum innatum mit ihrer temperirten Wärme stärcke und erhalte / so gar / daß P. Martini in seinem Atlante Sinico vorgiebt / man könne die gantz krafftlose und mit dem Todt schon ringende damit solang erhalten / biß sie Zeit gewinnen auch noch andere Mittel zugebrauchen; weswegen sie dann vor eine sonderliche Hertzstärckung in Ohnmachten und dergleichen gehalten und deßhalben so wohl von den Sinensern und Japoniern, als auch einigen vornehmen grossen Herrn in Europa sich eine besonder Stärcke damit zuwegen zubringen / gebraucht wird / absonderlich von denjenigen / welche bey dem Venerischen Frauenzimmer sich Heldenmäsig zeigen wollen. Von den Medicis wird sie sonderlich in der Colicâ Convulsivâ oder kramffmäsigen Colic, wie auch daraus öffters herrührenden Lähmung und Contractur, im Schwindel / geschwächten Memori und andern Haupt-Kranckheiten sehr gerühmet / ja auch alsdann / wann die Gebährende nach außgestandener grosser Arbeit gantz abgemattet liegen / welche dadurch sehr gestärcket werden / indem sie die Lebens-Geister gleich besänfftiget / und derowegen von Doct. Blumentrost unter die Ruheund Schlaffbringende Mittel in Miscell. Acad. Germ. Cur. Ann. VIII. Dec. II. pag. 487. gezehlet wird.

§. 5.
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Die Art und Weiß dieselbe zu gebrauchen und zu geniessen / kommet mit dem Thée fast überein / indem man diese Wurtzel in kleine Stücker zerschneidet und in warmem Wasser außbeitzet / welches hernach früh und nüchtern genossen wird. Man bedienet sich auch derjenigen Gefässen / die sonsten zum Thée gebrauchet werden / welche P. Martini durch das Balneum Mariae (wodurch es passiren müste) verstanden / wie solches auff Begehren Herrn D. Menzels der obig belobte Herr Rumphius l. c. expliciret. Unterdessen ist wohl zumercken / daß die Wurtzel Ninseng ein gut Theil länger im Wasser liegen müsse / als der Thée, kan auch wieder auffgetrucknet und noch einmahl gebrauchet werden. Andere nehmen diese Wurtzel mit der Brüh von den Indianischen Vogelnestern oder mit gekochtem Reiß. Wann sie aber von den Medicis verschrieben wird / so werden gemeiniglich andere zu der Kranckheit dienliche Mittel darzu gethan / weilen wegen des sehr hohen Preysses keine grosse dosis kan verschrieben werden / welche sonsten nach Beschaffenheit des Alters reguliret wird / wie auß dem Journal de Siam solches Pomet an citirtem Ort pag. 4. zeiget. Doch nehmen die Indianer gemeiniglich ein oder 2. Quintger zu ein paar Becher Wasser / welche biß zur Helfft einsieden müssen.

§. 6.
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Man kan sie aber auch zu Pulver stossen und entweder also eingeben / oder zu einer Latwerg vermischen; wie dann noch vor kurtzen Jahren ein vornehmer Raths-Herr in Leyden / welcher schwere Convulsiones gehabt / mit 20. gran. davon befreyet / und nach dem solche wieder kommen / und dieses Medicament alle 6. Stund widerholet worden / davon durch Herrn Doct. Decker, berümbten Practicum zu Leyden in Holland / gäntzlich curiret worden: Als welcher auch noch ferner einer Tinctur und Extracts, so mit dem Spiritu Vini daraus zumachen / gedencket / davon in dessen Exercit. Pract. Pag. 669. 670. wie auch obberührete / und unter dessen Praesidio Anno 1700. zu Leyden / durch Herrn Joh. Phil. Breynium gehaltene Disputation De Rad. Ginsem, seu Nisi, pag. 9. & seqq. kan nachgeschlagen werden. Allwo doch zu mercken / daß dieser Extract behutsam zu brauchen / indem Herr D. Cleyer in einem Brieff an D. Scheffern Seel. berichtet / daß einer / so ???. damit stimuliren wollen / davon gestorben sey.
|| [165]

Das X. Capitel
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Von der Virginischen Schlangen-Wurtzel / Oder SERPENTARIA VIRGINIANA. Abbildung

§. 1.
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DIe Virginische Schlangen-Wurtzel / oder SERPENTARIA VIRGINIANA ist eine dünne zasselichte Wurtzel / deren Fäserlein alle an einem Stämlein hängen / außwendig grau-braun / inwendig aber gelb anzusehen / eines scharffen Geschmacks und guten aromatischen Geruchs sind: heisset sonsten auch Viperina Virginiana, weilen sie gegen alle Schlangen-Bisse / und besonders gegen eine gewisse klingende Schlange / so man in Virginien Boicininga nennet / und eine Art von Vipern ist / ein bewehrtes Mittel abgibt; weswegen sie auch von andern Contrayerva Virginiana genennet wird.

§. 2.
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Das Kraut / von welchem sie herrühret / wird von einigen vor eine Art Diptam oder auch Poley gehalten / wie dann Pomets Abbildung beynah dahin zielet / welche in dessen Histoire Generale des Drogues Lib. 2. cap. 3. pag. 49. zu sehen. Allein es scheinet / daß dieser sonst curiose Materialist, wie in verschiedenen / also auch hierinnen andern / welche ihm dieses oder jenes so vorgemahlet / zu viel geglaubet habe / indem ein gelahrter Engeländer Leonhardus Plukenet in seiner sehr schönen und kostbahren Phytographi das rechte und wahre Gewächs dieser Wurtzel viel anderst / in drey unterschiedenen Speciebus unter Augen leget / welche doch alle eine Art der Osterlucey oder Aristolochiae sind / und deswegen auch Aristolochiae oder Pistolochiae Virginianae in dessen Tab. XV. LXXVIII. und CXLVIII. genennet worden; welcher Meynung der berümbdte Holländische Botanicus P. Hermannus in seinem Parad. Bat. p. 219. wie auch Sam. Dale in Pharmacol. pag. 260. beypflichten. Es wächset in Jamaica und gehöret unter die kriechende und sich windende Kräuter / und ist vor etwa 40 Jahren schon bekandt worden / obwohlen die Wurtzel bey wenigen Jahren bey uns in Gebrauch gezogen worden / welche einige Materialisten / auß Unwissenheit / unsern Apotheckern vor die [166] Ipecacuanham verkauffet haben / ehe die letztere recht bekandt worden.

§. 3.
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Wo die Wahl davon zu haben / muß man diejenige erwehlen / so dicke und vollkommene Zasseln oder Wurtzeln habe / nicht alt und verlegen / sondern eines scharff-beissenden und etwas bitteren Geschmacks und aromatischen Geruchs sind / welcher dem Baldrian oder auch dem Vincetoxico gleich / aber viel lieblicher ist. Man muß auch zu sehen / daß nicht andere Unreinigkeiten untermischet seyen / weilen diese Wurtzel ohne dem theuer / und das Pfund auff fünff biß sechs Holländische Gulden kombt.

§. 4.
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Den Nutzen und Gebrauch dieser Wurtzel anlangend / so gehöret dieselbe unter die Alexipharmaca oder Gifft- und Schweiß - treibende Mittel: wird heutiges Tags in allen Fiebern sehr gebrauchet / und in den kalten Fiebern mit der China Chinae, in den hitzigen Flecken-Fiebern mit der Rad. Contrayervae und Salibus volatilibus verschrieben / welches auch ein gewisses Mittel in den Blattern und Röteln der kleinen Kinder ist / welche / wie ich selbsten gesehen / dadurch gewaltig außgetrieben werden. Man braucht sie auch im Schaarbock / Schlagflüssen und Lähmigkeiten mit andern hierzu dienlichen Medicamenten. Absonderlich aber wird sie in den Schlangen-Bissen / und der tollen Hund - Bissen sehr gerühmet / und soll die hieraus entstehende Hydrophobiam verhindern. Man gibt darvon 10. biß 20. Gran auff einmahl in Wermut-Wein. Andere infundiren davon ein oder andere Quintlein in Wein / und wann die Krafft außgezogen / trincken sie solchen in obgemeldten Kranckheiten. So kan man auch ein liebliches Oehl davon destilliren / welches doch bey uns noch unbekandt und vielleicht zu theuer fallen dörffte.

Das XI. Capitel
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Von der Bifft - Wurtzel CONTRAYERVA genandt. Abbildung
|| [167]

§. 1.
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DIe Gifftwurtz / CONTRAYERVA genandt / ist ein länglichte / gnodichte und mit vielen Zäserlein umbhängte Wurtzel / außwendig röhtlich-braun / wie Caneel-Farb / inwendig aber weißlicht anzusehen / eines anziehenden und aromatischen Geschmacks; wird sonsten auch Drakena von Fr. Drake, einem Frantzosen / so sie zu erst in Europam gebracht / und von andern Cyperus longus inodorus genennet / weilen sie einige Gleicheit mit der lange̅ Cyper-Wurtz zuhaben scheinet: wiewohln die Gelährten von den beyden letzten Nahmen noch sehr disputiren / wie bey Hoffmanno in Clav. Schroed. p. 450. und VVormio in Mus. p. 154. zusehen. Kommet auß Peru über Holland in Teutschland und andere Oerter.

§. 2.
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Das Kraut dieser Wurtzel wurde anfangs vor eine Art Caryophillaten von Sim. Paulli in Quadrip. Botan. p. 41. gehalten; gleichwie andere dieselbe unter die Cyper-Wurtzeln zehleten / wofür sie auch Ettmullerus in seinem Commentario in Schroederum außgab. Andere halten es vor eine speciem Anthorae Ind. Vid. Amman. in Ch. Plant. p. 348. Es hat aber Franciscus Hernandez, welcher fast alle West-Indische Gewächs gar eigentlich und mit sonderbahrem Fleiß beschrieben / in seinem kostbahren Thesauro Rerum Medic. Novae Hisp. p. 301. gezeiget / daß es viel ein ander Gewächs und der Passions-Blum / Granadill genandt / nicht ungleich sey / welches von P. Hermanno Clematis Peruana genennet wird: Hat Blätter / wie Huf-Eysen und windetsich mit den Stengeln umb andere Dinge in die Höhe / wie auß der Figur, welche der Wahrheit viel ähnlicher / als des Pomet 5. Abriß / zu sein scheinet / klärlich zu ersehen.

§. 3.
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Die beste Wurtzel ist / welche noch frisch / schwer und dick ist / viele Fäserlein umb sich hat / und einen scharffen und gewürtzten Geschmack von sich gibt; und wann sie vielleicht also nicht zuhaben / oder andere / in Ansehen daß die Blätter dieses Krauts gifftig sein sollen / sich darvor scheuen / so kann man entweder die Zittwar Wurtzel an deren statt gebrauchen / welche fast dergleichen Kräfften hat / wie Ludovicus in seiner Pharmacie p. 253. vermeinet: oder auch die Rad. Vincetoxici, so häuffig bey uns zu finden / substituiren.

§. 4.
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Sie wird hauptsächlich gegen alles Giff??? (worvon sie den Nahmen hat) gelobet / wiewohlen Olaus VVormi???s l. c. den ???. sublimatum außnimbt / welcher gar zu corrosiv ist. Gegen die andere / wie auch gegen die Liebes-Träncke nimbt mandes Pulvers ein halb oder eingantz Quint ein und erwartet einen Schweiß darauff. So wird sie auch gegen alle grassirende hitzige Kranckheiten / Flecken-Fieber / Pest und dergl. gebrauchet und komt deßwegen zu der bekandten Tinctura bezoardica. Andere mischen sie mit der China Chinae gegen die Wechsel-Fieber / und mit der ipecacuanha gegen die grassirende rothe Ruhr; Und weilen sie auch in dem Seitenstechen / Gliederweh und allen andern Schwachheiten / wo man eines Schweisses vonnöthen hat / von Joh. Terrentio in Not. ad Hernand. l. c. sehr gerühmet wird / so hat man nicht allein diese Wurtzel unter das heutiges Tages so berühmbte Englische Gifft-Pulver / oder Pulv. Bezoart. Anglicum genommen / sondern man hat auch einige übergüldete Kugeln darauß gemacht / welche LAPIDES CONTRAYERVAE genennet / und in der Engeländer Pharmocopoeiâ Bateanâ pag. 86. also beschrieben werden: R, Magister. CC. Corall. alb. rubr. Margagarit. Succin. alb. Ocul. ??? ana zii. Rad. Contrayerv. ??? Apic. nigr. chel. ??? pulv. & commist. adde Gelatin Vip. q. s. F. Globuli, Fol. ??? obducendi & siccandi. Addunt alii Ambr. ziß. Von diesen gibt man einen halben Scrupel biß uff ein halb quint in Taubenkropff- oder cardobenedicten Wasser / in allen hitzigen und ansteckenden Kranckheiten / Kindtesblattern / Röteln und dergl. mit grossen Nutzen.
|| [168]

Das XII. Capitel
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Von der SARSAPARILL-Wurtzel. Abbildung

§. 1.
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DIe SARSAPARILLA bestehet auß vielen langen Reb-artichten Wurtzeln / welche so dick wie ein Federkiel sind und alle auß einem Gnoden herauß wachsen: sind außwendig falticht und runtzelicht / von braun-fahler Farb / aber inwendig weiß. Sie hat keinen sonderlichen Geschmack oder Geruch uud wird auß America über Spanien herauß gebracht.

§. 2.
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Das Kraut dieses Nahmens ist eine Art von der stechenden Winde / welches bey den heutige Kräuter-Verständigen SMILAX ASPERA PERUVIANA heisset: hat lange / breite und oben außgespitzte Blätter / weise Stern-Blümlein und rothe säuerlichte Beerlein / hänget sich mit seinen Zäserlein an die Bäume oder Mauren / wie in obengesetzter Figur zuschen ist. Sie wächset in West-Indien / an feuchten Orten / und wird auch in Italien dergl. gefunden / deren Wurtzel fast eben die Kräfften hat.

§. 3.
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Man findet aber verschiedene Sorten dieser Wurtzeln bey den Materialisten / indem ohne die Spanische auch eine Art auß Holland / in kleinen Schachteln / gebracht wird / welche an beyden Enden beschnitten ist / aber von verständigen Materialisten nicht viel geachtet wird. So bringt Mann auch eine andere Art aus Franckreich / in langen Kistlein / so außwendig röthlicht ist / welche etwas besser und der Spanischen sehr nahe kommet. Es wissen sie auch die Droguisten nach dem sie alt sind / zu sortiren und in die Feine / Mittele und Gemeine zu unterscheiden / darunter immer die Feinere / ob sie gleich theurer / einzukauffen / willman etwas damit außrichten.

§. 4.
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Die beste ist die Spanische / welche lange Zasern hat / so außwendig grau-braun und inwendig weiß / mit zwey röthlichten Strichen anzusehen auch leicht zu spalten ist / aber doch nicht stäubet / wann man sie spaltet / welches ein Zeichen / daß sie wurmstichicht ist. Wann diese gesotten wird / so gibt sie dem Wasser eine rothe couleur. Sie muß nicht feucht sein / mittelmässiger Dicke / wie ein Federkiel / dann die gar dünne nichts taugen; Vielweniger ist die Falsche Sarsaparilla zu brauchen / welche einige / wiewohl unrecht / die Moscowitische Sarsaparillen nennen / da sie vielmehr von Marignan kommet und in beygesetzter Figur zusehen ist. Es ist auch vorträglicher / daß man diese Wurtzel ungebunden kauffe / als in Bündlein / weilen in diesen gemeiniglich viel klein Zeug und Unreinigkeiten eingemischet werden / wie in des Marxen Material-Kammer p. 175. angemercket wird.
|| [169]

§. 5.
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Was die Kräffte dieser Wurtzel anbelanget / so ist sie durchdringender und subtiler Art / und komt derowegen D. Simon Paulli nicht ohne Ursach ungereimt vor / daß Hernandez derselben eine kalte Natur zuschreibet. Sie treibt nicht allein den Schweiß / sondern purgiret auch dabey / welches ausser dem Fallopio fast bey keinem Scribenten zulesen / doch aber auch von mir in der That selbsten observiret worden; Weßwegen dann diese Wurtzel ein vortrefflich remedium gegen die gar zu feiste Wänste oder corpulentiam nimiam zu halten ist. Absonderlich aber heilet sie alle gefährliche und alte Schäden / ja den anfangenden und verborgenen Krebs selbsten und wird deßwegen von einigen die Heilwurtz genennet. In den Frantzosen oder Lue Venereâ ist sie viel gewisser / als das Frantzosen Holtz / welches Fallopius in seinem Buch de Morbo Gallico pag. 723. auffrichtig bekennet / auch einige Exempel anführet / daß / da nach gehaltener Holtzcur noch einige Geschwär / Schrunden im Affter / Lahmbeülen und dergl. zurück geblieben / solche durch diese Wurtzel vollends vertrieben worden. So kenne ich auch einen gewissen und sehr versuchten Chirurgum, so zugleich bey einen Hohen Fürstl. Hauß Cammerdiener ist / welcher eine gewisse Cur die Frantzosen / welche von andern nicht können gezwungen werden / zu heilen hat / die er vor sehr geheim hielte und vor kein Geld wolte mittheilen. Als ich aber mit ihm eine gewisse Adeliche Person in der Cur gehabt / hab ich in acht genommen / daß es die blosse Sarsaparilla sey / und bestunde sein Geheimnuß in der coction, welche ihm doch auch abgesehen / auch zum Theil in obangezogenem Ort des Fallopii und noch deutlicher in des Cardani Tr. de rad. Chinae. p. mihi 1619. zufinden ist. Uuterdessen ist wohl in acht zu nehmen / daß zu dieser Curimmer die beste Sarsaparilla zunehmen seye / sonsten man wenig wird außrichten können.

Das XIII. Capitel
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Von der Pocken oder CHINA-Wurtzel. Abbildung
|| [170]

§. 1.
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DIe so genandte Pocken-Wurtzel oder Radix CHINAE ist eine dicke / gnodichte / glatte und holtzichte Wurtzel / außwendig gelb-braun / inwendig röthlich-weiß / ohne Geruch und Geschmack / obwohlen sie frisch einen glebrichten und scharffen Geschmack von sich gibt. Sie komt auss Ost-Indien und absonderlich auß China, worvon sie auch den Nahmen hat / und wird theils rohe / wie sie auß der Erden komt / theils von der eusserlichen Schale gesäubert herauß gebracht.

§. 2.
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In Ansehen des Gewächses / woher sie entspringet / gehöret sie mit der Sarsaparilla unter ein Geschlecht / dahero sie beyde auch einerley Kräffte haben / dann es ingleichen eine Art der stechenden Winde ist / welche von dem Seel. Hr. D. Hermanno und andern berümbten Botanicis Smilax aspera Chinensis, LAMPATAM dicta, genennet wird / besihe davon Sam. Dale Pharmacol. p. 239. absonderlich aber das 3. Ost-Indianisch Sendschreiben im Anhang dieses Buchs / wo das Gewächse und dessen Gebrauch gar schön beschrieben werden; wie dann auch die Mexicanische China Wurtzel / welche auß West-Indien gebracht wird / so wohl von dem Hernandez als auch Plukenet vor eine Art der stechenden Winden gehalten und von jenem Lib. 6. cap. 55. p. 212. Thes. Rerum Med. Nov. Hisp. von diesem aber Tab. CX. n. 4. beschrieben und abgemahlet worden: obwohln auch die Alte Indianische Scribenten / als Garcias ab Horto, Acosta, Monardes und andere deren schon gedacht haben. Dieses Gewächs soll theils in Gärten erzogen / theils wild wachsen / und sollen der letzten Wurtzel nur in Europam kommen / indem die zahme / als die beste / von den Sinensern behalten werden.

§. 3.
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Ohne diesen Unterscheid der Ost- und West-Indischen Pocken-Wurtz pflegen die Materialisten dieselbe noch zuweilen in die Feine / Mittel-Gattung und die Gemeine zu sortiren / davon die Gemeine gemeiniglich als alt verlegen und wurmstichicht gar nichts / die mittel-Gattung wenig nutz / die Feine aber die rechte ist. Diese / als die beste / wird daran erkennet / wann sie schwer und resinos ist / nicht leicht zerschnitten werden kan und inwendig nicht zu roth / wie die Mexicanische und wilde / sondern röthlich im weiß anzusehen ist. Man muß auch wohl in acht nehmen / daß sie nicht wurmstichicht und die Löchlein nicht wieder verstopffet und vergleistert seyen / welche schöne Kunst der Buchhalter Georg Nicolaus Schurtz in seiner Neu-eingerichteten Material-Kammer / als ein sonderliches Kunststücklein offentlich in Druck zugeben sich nicht gescheuet hat / wann er pag. 73. also schreibet: Wann solche wurmstichicht worden / so muß man die China klein nehmen und stossen. Alsdann mit Gummi Tragant angemacht / in der Dicke wie ein Kitt: darnach muß die wurmstichichte China ins Wasser getaucht und der Kitt in die Löcher eingeschlagen / hernachmahls die China wieder gleich geschnitten / ein wenig mit Umbra angestrichen und mit Venedischer Seiffe geschmieret und gerieben werden. Allein mein lieber Mensch / werhat dich solches gelehret? Ist dieses auch raisonabel und gewissenhafft gehandelt? O nein! ein gewissenhaffter und auffrichtiger Materialist wird sich dergl. und andern Künsten / welche D. Ludvvig von Hornick in unsern Pandectis Medica-Legalibus Part. I. Sect. VI. Cas. 6. guten theils entdecket hat / niemahlen unterfangen und sich deßwegen auch mehr Glücks zugetrösten haben.

§. 4.
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Den Gebrauch der China-Wurtzel betreffend / soll derselbe zu erst Anno 1535. Carolo V. bekandt worden und nachmahlen von vielen Gelährten Medicis in besonderen darvon geschriebenen Tractaten gezeiget seyn / worunter Cardanus de Rad. Chinae und Vesalius in einem Brieff davon am meisten bekandt sind. Sie trucknet sehr und treibet den Schweiß / heilet die Wassersucht / böse Schwären / Grind und die Frantzosen / worinnen sie denen Sarsaparillen nahe komt / doch temperirter ist. Sie curiret auch die außgedörrete und schwindsüchtige Leute / wann die Kranckheit von scharffen bösen Feuchtichkeiten herrühret / da sie alsdann nutzlich mit den kleinen Rosinen gekocht wird / wie bey D. Ettmüllern in Com. Schroed. de Rad. Chinae zusehen. Jngleichen dienet sie gegen alles Gliederweb / Podagram und dergl. Es wird ein Decoctum davon gemacht / wie man mit der Sarsaparilla verfähret / und nimt man nach Unterscheid ???zj. ad. ???iij. zu XV. ??? Wasser / wird 24. Stund eingeweicht / und in einem verdeckten Hafen solang gekochet / biß der dritte Theil eingesotten / wie Cardanus l. c. es zubereitet. Schroederus spricht / daß 2. Loth der Wurtzel zu 9. ???. Wasser schon gnug seyen: besihe dessen Pharm. Med. Chym. lib. IV. p. 44.
|| [171]

Das XIV. Capitel
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Von der Küchen-Schell Wurgel. Abbildung

§. 1.
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INter andern herrlichen medicamenten, welche bey uns häuftig wachsen / aber nichts geachtet / oder gar nicht auffgesuchet werden / ist auch die Wurtzel der Küchen-Schell oder Radix Pulsatillae, so gar / daß / als einsmahl ein Charlatan, der sie unter seinen Orvietan verlangte / allhier in den Apothecken darnach fragte / die Apothecker auch deren Nahmen nicht wusten / vielweniger in ihrem Augustano und Schroedero solchen finden kunten; weswegen ich derselbe auch hier gedencken wollen / zumahlen so wohl die Grösse als eusserliche Gestalt dieser Wurtzel anzeigen / daß was sonderliches darin verborgen seye / indem sie fast eines Schuhes-lang / auffgerissen wie die Eber-Wurtzel / am Geschmack süßlicht / und einer gelinden Schärffe ist: daß sie also einen rechten medicinischen Geschmack führet.

§. 2.
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Diese Wurtzel bringet im angehenden Frühling kleine / rauhe und zer spaltene Blätter herfür / so / wann sie grösser worden / wie der Fenchel / doch etwas breiter / sich vertheilen: Darzwischen wächset der Stengel einer Spannen-lang / worauff im Martio schöne purpur-braune Blumen (auff jedem Stengel eine) floriten / welche mitten gelbe Fäserlein haben / und wird solche Blume im Mayen zu einem haarichten Knopff wie ein Jgel / worinnen der Saame ist / womit es sich häuffig besaamet und gantze dürre Heiden und Plätze einnimbt / wie in dem Wald zu Franckfurt am Mayn zusehen ist.

§. 3.
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Die Krafft und Eigenschafft der Küchen-Schell kommt mit den Hanenfüsen oder Ranunculis überein (dahero sie auch von einigen zu denselben will gezehlet werden) indem sie also hitzet und brennet / daß es sogleich Blasen giebt: weswegen das Kraut nur äusserleich in dem Hüfftweh / Podagra, Chiragra und dergleichen / wie andere vesicatoria, auch die Runtzeln an den Nägeln / Wartzen / Zittermahlen und Flecken der Haut wegzuetzen / gebrauchet wird; wie dann die Blumen auch dergleichen Schärffe / doch etwas gelinder / bey sich führen / mit welchen sonsten in der Pfaltz die Oster-Eyer schön grün sollen gefärbet werden / ob schon die Blume eine viel andere couleur hat.

§. 4.
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Mit der Wurtzel aber hat es eine viel andere Bewandtnus / welche bey weitem nicht so hitzig / sondern viel temperirter ist / doch aber auch eine erwärmende / austrucknende / ja Gifft- und Schweiß-treibende qualität hat; dahero sie innerlich gantz sicher und mit Nutzen gegen die Pestilentz und alles Gifft gebraucht / auch des wegen von dem berümbten Theodoro Tabernamontano unter das Gülden-Ey gemischet wird / [172] wie er in seinem grossen Kräuter-Buch pag. 28. Part. 1. lehret. Andere nehmen es anch unter den Orvietan, wiewohlen diese Wurtzel in den vier Beschreibungen / so theils von Thomâ Bartholinô, theils von andern dem guten alten Simoni Paulli mitgetheilet und desse vierfachen Lateinischen Kräuter-Buch pag. 124. & seq. einverleibet worden / nicht zu finden ist.

§. 5.
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Wer sich nun dieser Wurtzel auch auff andere Art bedienen will / der kan entweder ein Quintlein davon in halb Wein und halb Essig zur Zeit der Pestilentz einnehmen und darauff schwitzen: Oder lege die Wurtzel in Wein und trincke darüber zum praeserviren: Oder stosse die frische Wurtzel mit Zucker zu einer Conserv und nehme davon einer Castanien groß. Andere destiliren auch ein Wasser von dem Kraut und brauchen solches gegen das viertägige Fieber / welches es curiren und die darauf erfolgende Wassersucht zurück halten soll; und glaube ich / das man einen guten ???. abstractitum davon haben könne / welcher im Schaarbock und andern Unreinigkeiten des Geblüts nicht undienlich seyn solte.

Das XV. Capitel
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Von der Eber-Wurtzel. Abbildung

§. 1.
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DIe Eber-Wurtzel oder Radix Cardopatii ist eine Daumens-dicke lange Wurtzel / außwendig braun und voller langen Schrunden / inwendig aber weiß / eines starcken Geruchs und ziemlich-angenehmen / doch etwas scharffen / Geschmacks: wird sonsten auch CARLINA genennet / weilen vorgegeben wird / diese Wurtzel seye vor diesem Carolo Magno durch einen Engel gezeiget worden / daßer damit seine armee von der Pest habe befreyen können: wird auß der Schweitz und dem Schwartz-Wald überbracht.

§. 2.
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Das Kraut dieser Wurtzel ist eine Art von Disteln / welche sonsten Chamaeleon albus genennet wird / hat grosse / tieff und Wellenweis zerkerbte Blätter / mit Stacheln versehen / welche sich rund auff der Erden außbreiten. In der mitten dieser Blättern bricht eine grosse und ohngefehr 5. Zoll breyte Blume hervor / so ohne Stengel hart auff der Wurtzel sitzet / weswegen auch von den Botanicis dieses Gewächs Chamaeleon acantos magno flore C. B. genennet wild / und weilen die Blume weiß ist / wild die gemeine Eberwurtz / so wir in denen Apothecken haben / auch die weisse Eberwurtz oder Carlina alba genennet; nebst deren noch eine andere / nemblich die Carlina nigra gefunden wird / welche einen hohen Stengel treibet und eine blaue Blu [173] me trägt / dessen Kraut Chamaeleon niger flore coeruleo heisset / welche alle beyde auß dem Kupffer-Stück erkennet werden können.

§. 3.
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Die beste ist / welche noch frisch / vollkommen und wohl außgedörret ist / auch einen süssen Geschmack und guten aromatischen Geruch hat. Anbey aber ist wohl Achtung zu geden / daß sie nicht mit andern Wurtzeln vermenget sey / wormit offtmahlen / wann diese Wurtzel theuer ist / ein Betrug vorgehet.

§. 4.
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Den Kräfften nach ist unter der schwartzen und weissen Eberwurtz kein sonderlicher Unterscheid / und sind beyde leicht darinnen zu erkennen / daß die schwartze gemeintglich halb offen / und gleichsam gespalten / auch nicht so schwer / wie die weisse / ist. Sie sind beyde vortrefflich gegen alle gifftige und pestilentzialische Kranckheiten / erregen den Schweiß / treiben den Urin und das Monatliche Geblüt / tödten auch die Spuhlwürme. Ferner stärcket diese Wurtzel den Magen / und vertreibet die Blöhungen und Bauchgrimmen. Ob sie aber zugleich eine Magnetische und anziehende Krafft habe / so gar / daß wann sie entweder gekäuet oder nur einem Menschen und Thier angehänget wird / andern / so neben diesen sick befinden / die Kräfften entziche und jenem mittheile / wie Paracelsus, Helmontius, Tenzelius, Staricius und andere vorgeben wollen / lasse ich an seinen Ort gestellet seyn. Unterdessen kan man auch den Herrn Doct. Ettmüllern Seel. davon lesen / welcher in seinem Comment. über den Schroeder pag. 530. obiger Scribenten Meynungen kürtzlich erwehnet. Ist es geschehen daß andere davon matt worden / mag es von dem Geruch / den sie etwa nicht dulten können / geschehen seyn. Diejenige aber / so die Wurtzel käuen / stärcket sie wegen der aromatischen Krafft / so die Lebens-Geister ermundert. Sonsten sollen die Landes-Leut in der Schweitz und umb die Pyreneische Gebürge / wo diese Wurtzel zu finden ist / sich nicht allein der Wurtzel / sondern auch der Blumen in denen Speissen bedienen / indem die letztere wie Artischocken schmäcken und auch also zubereitet werden können.

Das XVI. Capitel
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Von der Bärwurtz oder Bären-Dill-Wurtzel. Abbildung
|| [174]

§. 1.
[arrow up]

DIe Bärwurtzel / welche Lateinisch RADIX MEU heisset / ist eine lange Wurtzel / welche oben ein Hauffen dünner Fäserlein / einem Barth gleich zusammen gesetzet / zeuget / außwendig braun und wie Eissen-Flecken / inwendig aber weißlicht anzusehen / am Geschmack der Angelic-Wurtzel nicht sehr ungleich / doch nicht so scharff und eines penetranten Geruchs / welcher etwas lieblicher als vom Liebstöckel ist: wird gleichfals von den Alpen und Pyreneischen Gebürgen heraus gebracht und Bärwurtzel genennet / entweder weilen die Fäserlein den Haaren an der Bärenhaut gleich sehen / oder weilen man sie gegen die so genandte Bärmutter zngebrauchen pfleget / dahero sie auch Mutterwurtz und Hertzwurtz genennet wird.

§. 2.
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Das Gewächs dieser Wurtzel kommt dem Dill oder Fenchel sehr nahe bey / und wird deswegen auch Bärendill und Bärenfenchel / von den Botanicis aber Meum foliis anethi genennet / welches ein Myrrhis ist / wie Amman in seinem Char Pl. pag. 475. zeiget. Es treibet einen Stengel / welcher Schuhes-hoch ist / kleine zerkerbte Blätter / und ein Kronen-Blume träget / wie der Dill / nach welcher der Saame folget / welcher etwas dicker als der Fenchel ist: wird zuweilen auch bey uns in den Lust-Gärten erzogen.

§. 3.
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Man braucht aber nichts weiters in denen Apothecken als die Wurtzeln dieses Krauts / welche / ehe das Kraut hervorschiesset / sollen gegraben / wohl gewaschen und gedörret werden. Je dicker und wohl gewachsener sie sind / je besser sie zuhalten / wann sie nur noch frisch / scharff und aromatisch schmäcken.

§. 4.
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An den Kräfften und Tugenden kommet diese Wurtzel mit den Radicibus Angelica: und Levistici überein / erwärmet den Magen und andere Eingeweid / absonderlich auch die Mutter: und ist derowegen nicht allein gegen die ructus, so von einem verdorbenen Magen herrühren / ein bewehrtes Mittel / sondern stillet auch alle Leibs-Schmertzen und Grimmen / absonderlich die grosse Mutter-Schmertzen / so gar / daß wann die hystericae solche nur unter der Zungen halten oder im Mund käuen / dieselbe sobalden von den grausamen Mutter-Schmertzen befreyet sollen werden / wie Bock in seinem Kräuter-Buch Tom. I. cap. 148. pag. 165. schreibet. Uberdiß hat sie auch ein Schweiß- und Gifft-treibende qulität / weswegen sie auch mit unter den Theriac genommenwird. Ja sie soll auch den Stein und Urin befördern / weswegen sie auch vor alters schon unter die Species Lithontript. Nicol. gezogen / und von Mesue zu dem Diacroco gemischet worden / weilen sie auch die Lunge von allem anhangenden Schleim und Wust befreyen soll / davon Hoffmannus in Clav. Schroeder. pag. 503. zu sehen ist.
|| [175]

Das XVII. Capitel
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Von der Arabischen COSTUS-Wurtzel. Abbildung

§. 1.
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DIe Arabische Costus-Wurtzel oder COSTUS ARABICUS ist eine lange und dicke Wurtzel / an der Farb wie Buchsbaum anzusehen / eines scharffen und etwas bittern aromatischen Geschmacks und guten Geruchs / welcher der Viol-Wurtz nahe kommet: wird etwas hohl und krum gewunden aus Syrien, Arabien und andern Orientalischen Ländern in Europa gebracht und zum Theriac gebrauchet.

§. 2.
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Das Gewächs dieser Wurtzel ist noch sehr unbekandt / weswegen Theod. Tabernaemontanus die blosse Wurtzel ohne das Sträuchlein setzet. Pomet hat die heygesetzte Figur in seiner Historie der Materialien l. 2. c. 8. welche den Zweigen und Blättern nach eine sehr grosse conformität mit der H. Christophoriana hat / deren Wurtzel einige auch Costum Nigrum, oder die Schwartze Costwurtzel nennen / wie bey jetztgemeldtem Tabernaem. pag. 483. des andern Theils seines Kräuter-Buchs zu sehen ist. Stehet also dahin / ob es vor daß rechte Sträuchlein / worvon der erste herrühren soll / zuhalten oder nicht?

§. 3.
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Sonsten hat man vornehmlich dreyerley Species der Costwurtzel / deren eine Costus Arabicus Verus, die Arabische Costwurtzel: die zweyte Costus dulcis oder die süsse Costwurtzel / und die dritte Costus amarus, oder die bittere / genennet werden / welche doch alle von einerley Gewächs herkommen / also daß unter der Arabischen und süssen Costwurtzel gar kein Unterscheid ist / wie der Herr Commelin, Inspector des Horti Medici zu Ambsterdam in Comment. ad Tom. XI. Horti Malab. zeiget. Ja es halten die Indianische Natur- und Reiß-Beschreiber / als Garcias ab Horto, Acosta, Bontius, Clusius und andere davor / daß auch der dritte / nemblich der dittere Costus von denselben nicht zu unterscheiden sey / indem die Arabische und anfangs süsse Costus-Wurtzel mit der Zeit bitter werde. Und weilen die zwey erstere bey uns sehr rar sind / so gebrauchet derowegen Charas den dritten zum Theriac / weilen er daran alle gehörige qualitäten befunden / wie in dessen Frantzöischen Historie der Theriac-Ingredientien pag. 125. zu sehen. Heut zu Tag haben sich einige unterstanden canellam albam, oder den weissen Zimmet vor den rechten Costum Arabicum zu halten / welchen sie Costum corticosum oder Ventricosum nennen / wie in des Wormii Museo pag. 166. zu sehen: Allein daß dieses keine Art vom Costo sey / sondern ex ignorantia von den Hamburgern und Leip [176] tzigern Materialisten so genandt worden / zeiget Paulus Hermanni in seinem Coll. Msc. soll auch im Theriac deswegen nicht substituirt werden.

§. 4.
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Auß obigem Discurs kan ein jeder leicht ermessen / daß je frischer die Costwurtzel / je besser sie zu halten seye. Sie muß auch dicht und compact, wohlriechend und aromatisch seyn; Und wann der Geschmack auß einer Süsigkeit und Bitterkeit gleichsam temperiret ist / kommt er denjenigen qualitäten / so Dioscorides beschreibet / desto näher / besiehe davon Samuel. Dale Pharmacol. pag. 330.

§. 5.
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Ihre Kräfften sind auß dem Geschmack leicht zuerkennen. Sie erwärmet und trucknet / eröffnet und zertheilet / und wird in Magen-Leber-Mutter und Nieren-Beschwerungen gebraucht / vid. cit. loc.

§. 6.
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Was für Composita davon gemachet werden / als Oleum Costinum, Pilulae, Elect. &c. kan bey dem Schroeder und dessen Außlegern D. Frider. Hoffmanno in Clau. Pharm. p. 498. und D. Ettmüllern in Schroed. Diluc. pag. 554. Part. l. Op. gesehen werden / allwo auch deren Gebrauch zu finden ist.

Das XVIII. Capitel
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Von der Bembsen-Wurtzel / wie auch der Gifft-Heil-Wurtz ANTHORA genandt. Abbildung

§. 1.
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DIe Gembs- oder Schwindel-Kraut-Wurtzel / Radix Doronici genandt / ist eine länglichte runde und knodichte Wurtzel / außwendig gelbicht und inwendig weiß / eines süßlicht und etwas adstringirenden Geschmacks / welcher zuletzt eine kleine aromatische Bitterkeit und viscosität zurück lasset: wird von seinen eusserlichen Zasseln gesäubert aus Italien / Piemont und der Schweitz gebracht und in Franckreich / Teutschland und andere Orten verführt.

§. 2.
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Das Kraut wird Doronicum Romanum, zu Teutsch Schwindel-Kraut genennet / wächset auff den Alpen-Gebürgen / hat runde / breyte Blätter und gelbe Stern-Blumen / wie aus der Figur zuersehen. Bey dieses Gewächses Wurtzeln (welche in der Erden eines Scorpions-Schwantz ähnlich sind) soll man jederzeit einige Quecksilber-Körnlein / wie Perlen finden / und wann von denselben der Safft gepresset und des Nachts an die Lufft gestellet wird / so soll [177] sich dasselbe auch zum Theil in Quecksilber verwandlen / absonderlich wann es hell und klar Werter ist; welches als etwas sehr nachdenckliches von Marxio in der Teutschen Material. Kammer p. 85. angemercket und jetzo an seinem Ort gelassen wird.

§. 3.
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Im Einkauff muß man zusehen / daß sie nicht mit Gips oder andern Sachen weiß gemacht / alt und verlegen / noch wurmstichicht sey. Die gröste Stücker sind am besten / welche inwendig schön weiß und eines scharffichten aromatischen Geschmacks sind.

§. 4.
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Von den Qualitäten dieser Wurtzel ist unter den Gelahrten ein grosser Streit / indem einige dieselbe vor gifftig halten / weilen man erfahren / daß Hunde und andere Thiere davon gestorben seyen; dahero Simon Paulli in seinem vierfachen Kräuter-Buch pag. 84. dieselbige auß den bekandten Compositionibus: Spec. diambr. diamosch. elect. de gemm. bannisiren will. Andere hergegen halten sie vor ein Giffttreibendes Mittel / wie dieser Streit weitläufftig von Doct. Wormio in Mus. pag. 145. angeführet wird: welchen D. Hoffmannus in Clav. Schroed. p. 468. also zuschlichten suchet / daß es wohl sein könne / daß diese Wurtzel den Thieren schade / hergegen dem Menschen eine dienliche Artzney abgebe / dann nicht eine Natur gleich wie die andere beschaffen sey. Ausser dem hält man sie vor ein sonderlich Mittel gegen den Schwindel / dahero auch die Seil-Täntzer ein besonderes Pulver darvon im Gebrauch haben sollen / welches Ettmüller in Com. Schroeder. pag. 563. beschreibet; wie dann auch die Gembsen-Kugeln oder AEgagropilae, so auß dieser Wurtzel in den Gembsen gezeuget werden / darwieder gut sind / worvon D. Welschius einen besondern Tractat geschrieben / und von uns anderwerts soll gehandelt werden.

§. 5.
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Sonsten bringet man ingleichen von den Alpen-Gebürgen eine andere Gifft-treibende Wurtzel / welche deswegen Anthora und Gifft-Heil genennet wird: wächset in zweyen Theilen / den Rapuntzeln gleich / länglicht-rund / ist außwendig braun mit einigen Fäserlein / inwendig weiß / eines bittern und scharffen Geschmacks und wiedrigen Geruchs.

§. 6.
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Das Kraut ist dem Napello oder Eisen-Hüttlein nicht ungleich / gegen welche diese Wurtzel auch / als ein Alexipharmacum gebrauchet wird. Absonderlich aber dienet sie gegen ein ander gifftiges Kraut THORA genandt / dessen Bildnus auch darbey gesetzet ist / mit dessen Safft man die Pfeile / wormit die Wölff / Füchs und dergleichen getödtet werden / vergifftet. Schroederus recommendiret die Anthoram auch gegen alle gifftige Bisse / welchem aber Samuel Dale in Pharmacol. p. 252. eben keinen grossen Glauben beymessen will.

Das XIX. Capitel
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Von dem Süsz-Holtz. Abbildung
|| [178]

§. 1.
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DAs Süßholtz / Lateinisch Radix Liquiritiae, oder Glycirrhizae, ist eine sehr lange rebenmäsige Wurtzel eines Fingers dick / außwendig braun / inwendig gelb und hat einen süssen Geschmack: Wird in Candiâ und in Teutschland umb Bamberg in grosser Menge gezogen und in andere Länder geführet; und wird diese Wurtzel gemeiniglich zu grossen Cräntzen gewunden / auff welche Art sie auch sicherer als in Püschlein geschnitten / gekauffet wird / weilen in diesen viel Unflath / so nichts taugt / eingebunden wird / wie Marxius in seiner Teutschen Material-Kammer p. 98. wohl anmercket.

§. 2.
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Diese Süßwurtzel oder Süßholtz kommet von einem Strauch her / so auß runden und holtzichten Gärten oder Stengeln / 2. oder 3. Ehlen hoch / mit schwartz-grünen und klebrichten Blättern bekleidet / bestehet. Die Blumen / so den Linsen und Wicken Blumen fast ähnlich / sind Leibfarb / und blühen im Julio / nach welchen kurtze und länglichte Hülsen folgen / in welchen drey oder 4. Körner / wie Linsen / zu finden: Wurtzelt sehr umb sich / wo es einmahl gepflantzet worden / kan aber weder Küh-noch Roß-Mist wohl vertragen / wie Tabernaem. im andern Buch von den Kräutern C. XXXIV. zeiget / worinnen zweyerley Geschlecht / nemlich die echinata und siliquosa abgemahlet sind / unter welchen die erste bey den Alten / die letzte heut zu Tag gebräuchlich ist / besthe hiervon Sim. Paulli in Q. B. p. 324.

§. 3.
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Wann man das frische Süßholtz einkauffet / muß man zusehen / daß es dicht und glatt / eines Fingers dick / außwendig röthlich braun / inwendig aber schön Gold-gelb / anbey eines recht süssen und annehmlichen Geschmacks sey / und leicht zerschnitten werden könne. Unterdessen muß man es wohl inacht nehmen / damit es nicht verderbe / dann es gar bald angehet und gleichsam den Brand krigt / welcher / so es nur an einem Ort angegriffen wird / gar bald die Wurtzel verderben kan; und geschiehet dieses leichtlicher / wann es durch Regen oder Hagel geführet oder im Keller gehalten wird. Weßwegen auch Pomet in seiner Hist. des Drogues L. 1. C. 35. p. 90. Niemanden rathen will / daß er sich mit dieser Wurtzel zu handeln unterfange / wofern er nicht alles wohl verstehe / dann es eine grose Sorgfalt erfordert solche zu conserviren / und anzubringen. So muß man auch in Kauffung der dürren Wurtzeln zusehen / daß es keine Außwürffe seyen / welche gemeiniglich schwartz und verlegen sind. Die beste muß auch schön gelb und recht trucken seyn / welche sich wohl 2. Jahr halten lässet.

§. 4.
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Der Nutz und Gebrauch dieser Wurtzel ist männiglichen bekandt / indem sie gegen alle Brust-Beschwerung / Husten / Keichen und dergl. ein allgemeines Mittel ist / und ist deren Süssigkeit auch den Miltz-süchtigen und scharbockischen / welche alles Zuckerwerck / wegen der verborgenen Säur / nicht vertragen können / unschädlich / wie Ettmüllerus in Com. Schroed. p. 577. wohl erinnert. Sie dienet auch sehr gegen den Nieren und Lendenstein / wegen ihrer balsamischen Krafft: kan entweder mit gestossenen Krebs-Augen genommen / oder mit Venedischem Terpentin zu Pillen gemacht werden / wie Sim. Paul. l. c. lehret. Die Roß-Täuscher geben das Pulver mit gleichem Theil Schweffel oder Schweffel-Blumen den Pferden zu jii. biß IV. Untzen unter dem Futter / 8. Tag lang / täglich zweymal und curiren sie damit / wann sie Bauchbläsig sind. Es soll auch verhindern / daß man es in etlich Tagen nicht mercke / wann sie damit beladen sind / dafern sie zuvor davon genossen / weßwegen solches die Pferd-Händler in acht zu nehmen haben.

§. 5.
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Auß diesen Wurtzeln wird der Succus Liquiritiae oder Süßholtz-Safft gemacht / wann man entweder die Wurtzel kocht oder nur eine Zeit lang in Wasser einweicht / den Safft außprest / und auff dem Ofen oder an der Sonn außrauchen lässet: wird Theils auß Spanien und Candien über Venedig, theils auß de̅ Bamberger-Land in andere Länder verführet / wiewohlen man bey uns des Frembden nicht vonnöthen hätte / indem zu Bamberg ein solcher Vorrath gemacht wird / daß von dar eben soviel dieses Bamberger Saffts über Nürnberg nach Venedig geschicket wird / als dessen von Candiâ nach Venedig kommet / allwo sie ihn in grosse Kuchen von I. ??? machen / da hergegen der Bamberger in kleinen runden Küchlein kommet / oder doch in kleinen Stücken von etlich Untzen.

§. 6.
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Der beste muß außwendig recht schwartz und inwendig recht gläntzend schwartz / auch leicht zerbrichlich seyn und ein angenehmen Geschmack haben. Der weich-röthlichte taugt nichts / absonderlich wann er inwendig zäserlicht und sandicht ist / auch nach dem Brand schmäcket. Wird in eben den Zuständen gebraucht als das Süßholtz selbsten: umb mehrer Sicherheit aber zerlassen ihn einige in Hyssop-Wasser / damit alle Unreinigkeiten davon kommen mü [179] sten / wovon Ettmüller an angezogenem Ort zu sehen ist.

§. 7.
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Letztlich macht man auch das gebacken Süßholtz oder LIQUIRITIAM COCTAM auß dem Süßholtz Pulver / wann es mit Zucker / Stärckmeel und Violwurtz vermischet und zubereitet wirb / welches in obigen Kranckheiten auch gebraucht und öffters mit den Flor. Sulph. oder Schweffel-Blumen versetzet wird / obwohlen andere das Extr. oder Süßholtz-Safft solchen verzuckerten Dingen nicht ohne Ursach vorziehen.

Das XX. Capitel
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Von der wohlriechenden Viol-Wurgel oder IRIDE FLORENTINA. Abbildung

§. 1.
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DIe wohlriechende Viol-Wurtzel oder Radix Iridis Florentinae ist eine länglichte / knottichte und etwas zusammen gedruckte Wurtzel / ohngefehr eines Fingers dick / weiß an couleur, scharff von Geschmack und eines annehmlichen und den Mertz-Violen ähnlichen Geruchs: wird auß Italien / von der Insul Rhodô, Cyprô, Dalmatien und andern Orten überbracht.

§. 2.
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Das Kraut darvon ist eine Art von der Iride Sylvestri, oder wilden Schwerdt-Lilien / welche in Italien von sich selbsten wächset: hat lange grüne Schwert-Blätter und eine weise Blume: bekomt unterschiedliche Beynahmen / nachdem sie in diesem oder jenem Land gefunden wird; weßwegen die Italianische / so umb Florentz auch zu finden / Florentina, die Wendische aber Illyrica heisset / obwohlen es einerley Kraut und einerley Wurtzel ist.

§. 3.
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Nachdem aber fast alle Kräuter / so in wärmeren Ländern wachsen / immer vor die beste gehalten werden / so wird auch die Florentinische und Italianische Iris, absonderlich welche auß Dalmatien komt / der Wendischen oder Illyricae [180 ] (welche über Venedig komt und deßwegen auch die Venedische genennet wird) weit vorgezogen / absonderlich / wann sie an feinen grossen Stückern / so zugleich dick und dicht sind / herauß kommer / wohl außgedörret und doch nicht zerbrüchlich ist; die dünne runtzelichte / magere und weiche / so fast keinen Geruch hat und Wurmstiche zeiget / ist kein Kauffmans-Gut. Je weisser und säuber sie ist / je besser ist sie: Dann auch diese keine weitere Zubereitung bedarff / weilen sie in Italien zuvor gescheelet und gesäubert wird; solte aber dieselbe an einigen Orten röthlich oder trüb scheinen / kan man es leichtlich so weit mit einem Messer abschaben.

§. 4.
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Der innerliche Gebrauch dieser Wurtzel ist hauptsächlich in allen Brustbeschwerungen / welche von einem Zähen Schleim herrühren / sehr dienlich / indem derselbe hierdurch auffgelöset und zum Außwurff bequem gemacht wird / welches in der kleinen Kinder Husten / Grimmen und andern affecten mit desto grösserem Nutzen geschiehet / weiln das Pulver darvon in wenig Granen zuweilen auch ein gelindes Erbrechen in denselben verursachet. Man kan es mit etwas rein gestossen Schweffel und gebacken Süßholtz vermischen / so hat man ein vortreffliches Brust-Pulver zu vielen Kranckheiten zu gebrauchen. Eusserlich wird diese Wurtzel zu dem so genandien Haar-Pouder, welches die Apothecker Pulv. de Cypro nennen / wie auch zu den Savonetten und andern wohlriechenden Dingen gebrauche; weßwegen nicht allein die Parfumierer / sondern auch die Färber sich derselben bedienen / daß sie den bösen Oehl-Geruch auß den Tücher bringen. Sie komt auch unter den gantz kleinen Confect, welchen die Frantzosen Nompareille nennen.

§. 5.
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In den Apothecken macht man ein Extract davon / und gibt ein Pfund der Wurtzel 6. Loth des Extracts, wie es der Apothecker Vielheuer in der Beschreibung frembder Materialien pag. 115. observiret hat. In Italien machen sie auch diese Wurtzel ein / welches Conditum bey uns nicht bekandt / noch gebräuchlich ist. Die Species diaireos hergegen sind in der Artzney sehr gebräuchlich / deren Zubereitungen in denen Dispensatoriis gelesen werden.

§. 6.
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Einige Materialisten coufundiren die Florentinische Viol-Wurtz mit den blauen Lilien oder der Iride Nostrate, wie in des Schurtzen und Pomets Material. Kammer zusehen / unter welchen der letztere in dem Anhang seines / sonsten schönen / Buchs einen Wiederruff thut und solches vor einen groben Fehler achtet / wie es dann in der That selbsten ist / sintemahl die Blumen zeigen / daß IRIS NOSTRAS, sonsten die blaue Schwert-Lilien genandt / von der Violwurtz unterschieden seye / in dem diese weise / jene aber blaue oder mit andern Farben versetzte Blumen trägt; So haben auch die Radices Ir. Nostratis so keinen lieblichen Geruch und werden nur frisch gebrauchet / da hergegen die Violwurtz mehr dürr zugeniesen ist.

§. 7.
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Es wird nemblich die Blau-Lilien Wurtzel oder Rad. Ireos Nostratis wegen ihres Saffts von den Medicis gebraucht / welcher das Gewässer in Hydrope gewaltig treibt / so man ein paar Loth davon mit Spanischem Wein vermischet und einnimbt: auß welchem sich auch ein meelichtes Pulver praecipitiret / so Faecula ireos genennet wird / aber nicht viel tauget. So ist auch der Syrup darauß nicht viel werth / weilen im Rochen die purgirende Krafft weggehet. Eusserlich komt er zu dem Empl. diachylon. So wird auch auß den blauen Blumen von den Mahlern eine kostbahre Farb oder Lacca extrahiret / welche die Frantzosen Verd d' Iris nennen und zur Mignatur-Arbeit gebrauchen / deren Zubereitung in dem Frantzösischen Büchlein / welches von der Mignature handelt / be schrieben ist und mit dem Carmin und andern Laccen übereinkommek. Das Oleum Irinum oder Violwurtz-Oehl wird auch auß dieser Wurtzel / und nicht auß der rechten Violwurtz gemacht. Vid. Dispens. Augustan. Zvvelf. pag. 319. Ist in Verstopffung der Naßen / Schnupffen und dergl. ein gut Ding / wie Ettmüller in Comment. Schroed. p. 588. schreibet.

§. 8.
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Hierher gehören auch die gelbe Schwert-Lilien / deren Wurtzel insgemein ACORUS ADULTERINUS genennet wird: ist eine erwa Fringers dicke länglichte Wurtzel / außwendig braun und inwendig roth: wird in runden Scheiblein zerschnitten und auffgehoben / und hat einen anhaltenden und herben Geschmack.

§. 9.
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Diese gelbe Schwerdt-Lilien wächset in sumpffichten Orten und Gräben / weßwegen sie auch Iris lutea palustris und von andern Pseudo-iris genennet wird; wie dann auch Ettmullerus l. c. dieselbe vor keine Iridem erkennen will / sondern gladiolum luteum nennet / welches zu erörtern hier zu weitläufftig und ohnnöthig seyn würde.

§. 10.
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Diese Wurtzel wird von einigen sehr zur Rothen-Ruhr gerühmet / wie dann auß dem [181] Geschmack selbsten zu schliessen / daß sie darin und andern Bauch-Flüssen nicht undienlich sey. Ob sie aber in gewissen Constellationen und Zeichen des Himmels zu colligiren / und alsdann eusserlich als ein Amulet angehänget / zu eben diesen affecten so dienlich seye / wie Paracelsus und andere fabuliren / lasse an seinen Ort gestellet seyn. Heut zu Tag ist man mit der neuen Ruhr-Wurtzel / oder Rad. Ipecacuanhâ besser verwahret / welche den Medicum so wohl als den Krancken nicht bald im Stich lassen wird / wie oben darvon weitläufftig gehandelt worden.

Das XXI. Capitel
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Von dem gemeinen und dem wohlriechenden Calmus. Abbildung

§. 1.
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DEr gemeine Calmus oder CALAMUS AROMATICUS VULGARIS ist eine länglichte / etwas platte Wurtzel / welche an der äusserlichen Schale in Geleiche abgetheilet und grau-röthlicht / inwendig aber weis und schwammicht ist / eines scharffen und bittern Geschmacks und aromatischen Geruchs: wird besser Radix Acori oder Acker-Wurtz genennet / dann es der rechte Calmus der Alten nicht ist / welcher bey uns fast unbekandt und eine Art Binßen ist: dieser aber ist eine Wurtzel und wächset bey uns allenthalben; wiewohlen auch viel 1000. ??? auß Böhmen / Pohlen und Thüringen / so wohl grün gescheelt / als auch dürr heraus gebracht werden / welche man zu Nürnberg und andern Orten mit Zucker überziehet und wieder verhandelt; wie dann auch die weisse gescheelte anderwerts verschicket wird / worvon Marxius pag. 54. zu sehen ist.

§. 2.
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Diese Wurtzel hafftet gern in sumpffichten Teichen / stösset lange grüne Blätter / wie die Schwerteln und nach diesen einen schwartzen sammeten Kolben / wie der lange Pfeffer anzusehen: ist ohngefehr 3. Zoll lang.

§. 3.
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Die beste Wurtzel ist / welche noch frisch / vollkommen / zähe und von den Zasseln wohl gesäubert ist: muß eine frische Farb / einen lieblichen und aromatischen Geruch und nebst der [182] Schärffe eine nicht wiedrige Bitterkeit haben / auch wohl verwahret werden / dann sie gar leicht wurmstichicht wird / wie Moyses Charas in seiner Histori des Theriacs pag. 183. lehret.

§. 4.
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Ihre Tugenden sind auch dem gemeinen Mann bekandt / indem nicht allein die Wurtzet selbst / sondern auch der überzogene Calmus / der Extract darvon / das Elect. diacorum, ???. dest. und andere davon den Magen trefflich stärcken / worvon Ettmüllerus in Com. Schroed. unter diesem Titul weiter zusehen. Die Parfumirer brauchen ihn auch sehr zu ihren Galanterien.

§. 5.
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Was aber den rechten und wahren CALAMUM AROMATICUM oder den wohlriechenden Calmus anlanget / so ist zwar vor diesem unter den Gelahrten ein groß Wesen gemacht worden / ob derselbige von unserm Calmus zu unterscheiden sey oder nicht? ob es eine Wurtzel oder Ried? worumb wir uns jetzo nicht bekümmern wollen und kan darvon Wormius in seinem Museo p. 144. und Frid. Hoffmannus in Clav. Schroed. p. 426. gelesen werden. Die heutige vornembste Botanici und Materialisten als Hermannus, Charas, Pomet und andere sind darin eins / daß es keine Wurtzel / sondern dünne und mit Geleichen ausgetheilte Stengelein seyen / welche auswendig gelb / inwendig aber weiß sind und ein leicht - schwammichtes Marck in sich haben / welches einer zusammen gewundenen Spinn-Webe nicht ungleich scheine / eines scharffen und mit einer lieblichen Bitterkeit vermengten Geschmacks / und vortrefflichen aromatischen Geruchs: Ist zwar sehr rar / wird aber doch zuweilen in Holland und anderstwo bey curiosen Materialisten gefunden; wie dann auch Tabernamontanus in seinem ersten Buch von den Krätern cap. 40. pag. 598. erwehnet / daß er solchen zu Metz bey des Caroli V. Hoff-Apothecker gesehen / und bezeuget auch Pomet, daß dieser Calmus zuweilen über Marseille in kleinen Potten komme / die er in obiger Figur abgerissen.

§. 6.
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Dieses Gewächs wächset in AEgypten und Syrien und nennet es Alpinus in seinen Exot. Cassabel Darrira, welches Ettmüllerus vor ein Speciem Gladioli hält wiemohlen Herr Herbertus de Fager in dem III. Ost-Indianischen Sendschreiben zweifflen will / ob dieses das rechte Gewächse sey / welches er vor ein Reid hält / vid. c. l. hat einen langen geraden Stengel / so dicke wie ein Feder-Kiel / wo immer 2. Blätter gegen einander stehen / theilet sich oben in kleine Aestlein und trägt sehr kleinen schwartzen Saamen.

§. 7.
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Der beste ist / welcher dicke frische Stengel hat und von den kleinen Nebensprößlein wohl gesäubert ist / wornach auch in den Schachteln zusehen. Er ist auch besser / wann er auswendig etwas röthlich ist und inwendig ein weisses Marck hat / welches / so er alt wird / gelb sihet und meelicht wird / als wann es von Würmen zerstochen wäre; besihe Pomet in seiner Histoire des Drogues Lib. I. cap. 37. p. 92.

§. 8.
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Sein Gebrauch ist / daß er zum Theriac gesuchet wird / wiewohlen in dessen Ermangelung man sich mit dem gemeinen Calmus begnügen lassen muß / mit welchem er an Kräfften übereinkommet.
|| [183]

Das XXII. Capitel
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Von dem Ingber. Abbildung

§. 1.
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DEr Ingber / Imber oder ZINGIBER, ist ein sehr bekandt Gewürtz / welches auß einer gnodicht-ästichten und etwas zusammen gedruckten Wurtzel bestehet / der Zitwer-Wurtz nicht ungleich / aber ästichter und mit mehren Zäserlein durchwachsen: siehet außwendig grau oder weißlicht / inwendig aber gelb und braunicht aus / hat einen scharffen aromatischen und brennenden Geschmack und starcken Geruch. Er ist vor diesem auß Ost-Indien / absonderlich auß Malabar, Bengala, Sina &c. von den Persiern herausgebracht worden: Nachdem er aber in den Antillen-Insulen und S. Dominico in America auch gepflantzet worden / wird der meinste dahero in Europam geschicket; besihe davon Ximenem und Sansonem d' Abbeville in Descr. Amer. p. 169.

§. 2.
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Die Pflantze dieser Wurtzel wird von den Gelährten verschiedentlich beschrieben und abgemahlet. Einige beschreiben sie als eine Art Rohr / welche die Americaner Chilli heissen sollen / wie Hernander. in seinem Buch von den Kräutern in Neu-Hispanien p. 169. berichtet / mit dessen Figur beygesetzter des Herrn Pomets Abriß überein kombt / welchen einige Botanici Arundinem humilem clavatam radice acri nennen / andere unter eine eigene Claß mit der Zedoaria setzen. Hermannus hergegen hält es [184] mit dem Morison, und meient es ware Iris latifolia flore albo deren Figur hierhey zu sehen. Es können aber wohl beyde recht haben / und scheinet daß der gemeine graue Ingber von dem ersten: der weisse aber von dem zweyten herrühre / welches doch vor gewis noch nicht behaupten will.

§. 3.
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Im außgraben dieser Wnrtzel brechen die Indianer das öberste / wie bey uns an dem Meer-Rettig / ab und stossen es wieber in die Erde / so bekommen sie über ein Jahr neuen Ingber: das übrige dörren sie an der Sonnen / und verwahren es im Leymen / damit es seine natürliche Feuchtigkeit nicht verliere / auch nicht wurmstichicht werde / welches dem Ingber gar gefähr und gemein ist. Bißweilen trucken sie den Ingber auch auff dem Ofen / welcher aber gar hart und trucken ist / wie man ihn zuweilen findet.

§. 4.
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Die Materialisten haben unterschiedene Sorten / welche entweder von dem Land / wo sie herkommen / genennet werden / als Brasilischer / Bengalischer und Sinesischer / darunter der letzte der beste / wie Vielheuer pag. 566. judiciret. Andere nennen die Sorten Puli, Belledin, Portorisch / Portoriche, Domingo, wie in des Schurtzii Material. Kammer pag. 112. zu sehen. Ober es wird der Ingber der Farb nach weiß / schwartz / roth oder gerbelirt genennet; dann vor diesem zu besserer conservirung der Ingber theils mit Kreyden weiß / theils roth gefärbet wurde / von welchem damahlen viel gehalten worden / wie ermeldter Schurtzius die Farb l. c. auch beschreibet. Nachdem aber heut zu Tag der schwartze Ingber in Flor gekommen / ist dieser rothgemachte und inwendig sehr weisse Ingber in Abgang gekommen / indem jener das schönste und gelbste Mehl gibt / und nicht so leicht wurmstichicht wird.

§. 5.
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Der beste Ingber ist / welcher noch frisch-getrucknet und vollkommen ist / auch nicht leicht zerbrochen kan werden: außwendig röthlicht grau / inwendig hartzicht außsihet / und einen scharffen und beissenden Geschmack hat. Der weisse und fasselichte Ingber auß Engelland taugt nicht viel / und wird gemeiniglich bald wurmstichicht / dahero das übrig fasselichte böß zu pulverisiren ist / wie Pomet pag. 61. zeiget. Doch hält er sich einige Jahren / wann er in einem truckenen Ort auffgehalten wird. Der Ingber-Staub ist noch weniger nutz / dann derselbige voller Sand / und ist darauff / wie auff alle pulverisirte Materialien / wohl Achtung zugeben / wie Schurtzius an obigem Ort wohl erinnert.

§. 6.
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Die Kräfften des Ingbers sind / daß sie hauptsächlich den erkalteten Magen und Gedärme sehr erwärmen / die Dauung befördern / alle cruditäten verzehren / auch in allen Haupt-Kranckheiten / so auß dem Magen entstehen / als Schwindel / Schwer- und Düsterkeit des Haupts / und wann es einem so neblicht vor den Augen ist / gute Hülffe verschaffen; wie dann der Ingber auch eusserlich in den Augen-Kranckheiten dienlich ist / wie bey Herrn Ettmüllern in Comm. Schroed. pag. 173. zu sehen.

§. 7.
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In solchen Fällen ist der Indianischeingemachte Ingber ZINGIBER IN INDIA CONDITUM vortrefflich gut / welcher am besten in Bengala und China gemacht wird / alwo sie die frische und gröste Wurtzeln in Honig oder Zucker einmachen / nachem sie dieselbige zu vor gescheelet und etwas in Essig geweichet / wie Hermannus in Clav. Schr. pag. 570. zeiget. Der beste ist / welcher nicht fasselicht / sondern weich / auß grossen goldgelben Stücken bestehet / eines angenehmen und nicht zu scharffen Geschmacks / und dessen brodium weiß und wohl gekocht ist. Man hat auch eine andere Sort / welche in Teulschland verfertiget wird / ist aber dem vorigen nicht zuvergleichen / doch aber nicht gäntzlich zuverwerffen. Die übrige Composita suche in des Schroeders Pharmacopoeiâ pag. 173. & seqq.
|| [185]

Das XXIII. Capitel
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Von der runden und langen Zittwer-Wurtzel. Abbildung

§. 1.
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DIe Zittwer-Wurtz oder ZEDOARIA ist eine gnodichte und etwas zusammen gedrückte Wurtzel / außwendig weißgrau / inwendig etwas brauner / eines scharffen / etwas bittern und aromatischen Geschmacks und guten Geruchs: wird auß Ost-Indien / absonderlich auß Bengala und Malabar, wo sie von sich selbsten wächset / in Europam gebracht.

§. 2.
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Von dem Gewächs diefer Wurtzel sind verschiedene Meynungen. Der Nürnbergische Materialist Georg Nicol. Schurz meynet sie komme vom Sandanischen Wermuth / dessen viel in der Insul Ceilon gefunden würde / laut dessen Material-Kammer pag. 78. Andere / so der Kräuter besser kundig sind / beschreiben das Kraut / daß es dem Ingber gleich wachse / und nennen auch eine Art darvon den wilden Ingber oder Zinziber latifolium sylvestre, wie bey Paulo Hermann. Cat. Hort. Lugd. Zu sehen / welcher in seinen Colleg. Msc. Das rechte Kraut auch Zedoariam Chinensem heisset. Solches treibet auß einer Wurtzel zweyerley Stengel / einen vor die Blätter / den andern vor die Blumen / welche auff einem länglichten Boltzen / wie der Cannae Indicae Blüth / doch kleiner wachsen / und nachdem deren 5. Blätter abgefallen den Saamen von vielerley Gestalt in einer zäckichten Hülse geben; dahero die Botanici diese Wurtzel weder zu der Cyper-Wurtz / noch zu den Rohren / sondern zu einem eigenen Geschlecht / worinnen der Ingber / Curcuma, Galanga und dergl. auch gehören / rechnen / welches sie / nach dem heutigen method, pentapetalam coniferam tricapsularem nennen.

§. 3.
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Ob man nun gleich in den Apothecken gemeiniglich nur einerley Zittwer / nehmlich die lange findet / so werden doch von den Gelährten noch verschiedene Species benahmet / welche D. Samuel Gotthilff Manitius in einem besonderen sehr artigen Büchlein de AEtatibus Zedoariae am besten abhandelt. Die gemeineste sind 1. Zedoaria longa oder die lange Zittwerwurtz 2. Zedoaria rotunda die runde und 3. Zedoaria tuberosa oder knodichte Zittwer-Wurtzel: welche 3. aber eben dieser Author nicht anders zu unterscheiden weiß / als daß es verschiedene Theile einer Wurtzel seyen / indem das obere runde Theil abgeschnitten / und Zedoaria rotunda das übrige lange Stück aber / worauff dieselbe gesessen / Zedoaria longa genennet wird; worinnen auch Pomet pag. 62. mit ihm eines ist. Andere thun 4. der Arabier Zerumbeth hinzu / welche doch nach des Schroeders, Manitii und Pometi Meynung nichts anders als die runde Zittwer ist / und zuweilen in runden Scheiben / wie die Jalappa herausser komt: obschon Hoffmannus in Clav. Schroed. p. 569. hierinnen wiederspricht. Diejenige aber / so Geidvvar Avicennae genennet wird / ist ein ander Species, aber in Indien selbsten sehr rar. Letzlich hat obbelobter Herr Manitius bey Herrn Hermanni und D. Ruyschen auch eine Art davon gesehen / welche wie Campher gerochen / und derowegen Zedoaria Ceylanica Camphoram redolens genennet wird.

§. 4.
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Es muß aber aller Zittwer schön hart / schwer / trucken und nicht wurmftichicht seyn / in- und außwendig grau / zähe und nicht zerbrichlich / eines heissen und gewürtzten Geschmacks: je weniger Fasseln sie hat / je delicater ist sie inwendig. Unterdessen müssen sich die Materialisten und Apothecker damit nicht überladen / weilen eben so grosser Abgang davon nicht ist und diese Wurtzelen leichtlich wurmstichicht werden.
|| [186]

§. 5.
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Den Kräfften nach erwärmet und trucknet der Zittwer: ist wegen seiner Bitterkeit dem Magen und wegenseiner flüchtigen und öhlichten theilgen zur Eröffnung der Mutter sehr dienlich und hat eine gifft-treibende Gewalt: Wird deßwegen in kalten und hitzigen ansteckenden Fiebern (wo Manitius eine schöne Tinct. Bezoardicam darauß machet) in verlohrnem Appetit, Colic, erkalteten Mutter und Verstopffung der Monat-Zeit / in den erkalteten / Nerven und dergleichen gebrauchet.

§. 6.
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Man macht einen Extract darvon / welcher mit dem ???. dulc. die Würine der Kinder tödtet. So erwehnet auch Herr Manitius, daß die Indianer eine Massam darauß backen / welche er Panem Zedoariae oder Zittwer-Brod nennet / und gegen die erkaltete und verlohrne männliche Krafft oder Impotentiam sehr heraußstreichet. Was aber vor andere Compositiones daher entspringen / und wie sie zugebrauchen seyn / kan theils im Schroedero, theils in dessen Außlegern / D. Ettmüllern gelesen werden.

Das XXIV. Capitel
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Von dem grossen und kleinen Balgant. Abbildung

§. 1.
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OB man schon in unsern Apothecken selten mehr als eine Art von der Galgant-Wurtzel findet / so führen dennoch die Droguisten deren zweyerley Species, davon eine Galanga Major oder die grosse Galgant-Wurtzel / die andere Galanga Minor, oder die kleinere dieses Nahmens genennet wird: Kommen beyde auß Ost-Indien / Syrien und von Alexandria in Europam.

§. 2.
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GALANGA MAJOR. ist ein knollichte Wurtzel / eines Daumens dick und auch wohl drüber / voller Gnoden / außwendig braun / und durch runde Circulen gleichsam in gewisse Geleiche außgetheilet / inwendig bleich / eines scharffen aromatischen und bitterichten Geschmacks und guten Geruchs: wird auß Java und Malabar herauß gebracht / allwo sie von sich selbsten wächset und Blätter / wie die Iris, treibet / welche auß beygesetzter Figur zusehen und von D. Frid. Hermanno in Clav. Schroed. pag. 478. beschrieben wird.

§. 3.
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GALANGA MINOR oder die kleine Galgant-Wurtzel aber kommet von einem Sträuchlein her / dessen Blätter dem Myrtho gleich sollen seyn / und wird von Paulo Hermanno in seinen Msc. Ragonti genandt. Diese Wurtzeln nun sind dem eusserlichen Ansehen nach der vorigen gantz gleich / ausser daß sie kleiner / in- und außwendig röthlicht und eines schärffe [187] ren brennenden Geschmacks seyn: wächset in Chinâ von sich selbsten.

§. 4.
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Beyde müssen schwer von Gewicht / wohlriechend und scharff an Geschmack / aber nicht wurmstichicht seyn / noch Staub von sich geben / wann man sie zubricht; Und weilen die kleine Galanga meistens gesuchet / auch deßwegen mit der Grossen offt vermenget wird / so kan man den Betrug leicht so wohl am Geschmack / als der Farb erkennen / indem die Kleine viel schärffer in die Zunge beisset und gleichsam ein Brennen zurück lässet / auch röthlich außsihet / welches beydes an der grossen Galanga nicht zufinden. So sind auch die Stücker der Kleinen / wie sie uns gebracht werden / selten grösser als ein kleiner Finger / da die andere wohl eines Daumens Dicke hat.

§. 5.
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Die Kräfften beyder Wurtzeln kommen mit der Zedoariae und des Calmus Tugenden über ein / haben wegen ihres flüchtigen Saltzes und aromatischen Oehls eine erwärmende Krafft / und werden von den Indianern deßwegen an statt des frischen Ingbers in den Salaten / auch an statt der Capern in den Sauçen genossen / welche sie Alhar, nach Bontii Relation nennen. Absonderlich dienen sie in allen Magen-Beschwerungen / machen guten appetit und verzehren die cruditäten / welche sonsten das Haupt per consensum anfeinden / auch Schwindel und dunckele Augen verursachen / wo die Species diagalangae ein sehr gut Mittel abgeben. Paracelsus nennet umb dieser Ursachen willen die Rad. Galangae den eusseren Magen oder Ventriculum externum, weilen auch die Wurtzel in eusserlichen Bähungen den Magen stärcken soll. Sonsten aber sollen sich die Essig-Händler dieser Wurtzelen zum Essigmachen bedienen / wie Pomet in Histor. fimpl. Gen. pag. 65. Lib. 2. erwehnet.

Das XXV. Capitel
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Von der langen und runden Cyper-Wurtzel. Abbildung

§. 1.
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DIeweilen die beyde Cyper-Wurtzeln von einigen die wilde Galgant Wurtzeln genennet werden / so setzen wir solche billich anhero; unter welchen die Lange Cyper-Wurtzel oder CYPERUSLONGUS aus langen / dünnen / knodich- und in Geleiche zertheilten schwartzlichten Wurtzeln bestehet / eines lieblichen / doch scharfficht- und aromatischen Geschmacks und guten Geruchs: kommet / wie die runde / aus Italien / absonderlich von Verona, obwohlen sie besser in Asien und Ost-Indien zu finden.

§. 2.
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Sie entspringet von einem Rohrmäsigen Wasser-Gewächs / so eine Art von den Gla [188] diolis ist / wächset in sumffichten Gräben nnd längst den Bächen / wie Calmus und andere dergleiche scharffe / aromatische und volarilische Wurtzeln mehr / wie Ettmu̅llerus in Comment. Schroeder. p. 560. bemercket.

§. 3.
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Die runde Cyper-Wurtzel oder CYPERUS ROTUNDUS. ist eine aus vielen dicken Gnoden zusammen gesetzte Wurtzel / wie ein Rosencrantz anzusehen / wann sie eben aus der Erden komt / wie aus der Figur zuersehen: In den Material-Kammern aber sind die Knöpsfe separiret und weilen sie wie kleine Büchslein anzusehen / so wird diese Wurtzel von den Griechen genennet / vid. Wormius in Mus. p. 154. ist auswendigbraun / inwendig grau / eines aromatischen und etwas anhaltenden Geschmacks und guten Geruchs: komt über Holland und Engelland aus Syrien und AEgypten, allwo sie ebenfals an den Flüssen wächset / und dreyeckichte harte Stengel treibt / welche mitten unter den Blättern hervorschiesen und röthlichte Binsen-Blumen tragen / wie aus beygesetztem Abris zu schen ist.

§. 4.
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Von beyden Cyperus sind die grosse / schwece / harte und vollkommene Stücker am besten / müssen aber nicht schimlicht riechen / noch wurmstichicht aussehen / worzu sie sehr geneigt sind: und damit man nicht angeführet werde / so warnet Pomet in seiner Historia Simpl. p. 66. daß man nicht nur die öberste Handvoll in den Säcken beschaue / sondern tief hinunter greiffe / welches auch in anderer Sachen Einkauff in acht zunehmen ist. Sie müssen in Schachteln auffgehoben werden / daß sie nicht verriechen.

§. 5.
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An den Kräfften und Qualitäten ist die runde etwas temperirter / als die lange / wird auch deswegen mehr in der Artzney gebrauchet; da hergegen / die lange den Parfumirern / so die wohlriechende Romanische Handschuh machen / zn gut kommet. Sie stärcken beyde den Magen / zertheilen die Winde in den Gedärmen / und wann sie in Wein gesotten und getruncken werden / curiren sie die Colic, treiben den Urin und die Monatliche Zeit und werden deswegen von D. Schroedern die anfangende Wassersucht zuverhindern gerühmet. Sie sind auch gegen den Schwindel und werden von Palmario Tr. de morb. contag. p. 485. unter die Gifft-treibende Mittel gezehlet. Im Munde gekaüet befestigen sie die Zähne und machen einen guten Athem vid. Hermann. in Coll. Msc. de Mat. Med. & ex eo Dale. p. 335.

Das XXVI. Capitel
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Von der Gilb-Wurtzel / CURCUMA genandt. Abbildung
|| [189]

§. 1.
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DIe Gilb-Wurtz / oder CURCUMA ist ein langlicht. runde / gnodichte und dem Ingber nicht ungleiche Wurtzel / in- und außwendig gelbicht anzusehen / eines etwas scharffen und bitterichten Geschmacks und ziemlichen Geruchs: wird theils von Araber / Perser und den Türcken über Babilon / theils von der Ost-Indianischen Compagnie auß Indien gebracht; weßwegen sie auch Cyperus Indicus oder Indianische Cyper-Wurtz / und Crocus Indicus, oder Indianischer Saffran genennet wird. Sonsten aber heisset sie bey den Apotheckern auch Terra Merita, welches vielleicht daher kommet / weiln sie zu Pulver gestossen der gelben Ocher-Erd nicht ungleich fibet.

§. 2.
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Das Kraut dieser Wurtzel wird von den Indianern Cahae oder Kua genennet / welches soviel als Saffran heisset: hat schöne breyte grüne Blätter / welche an dem Stengel gegen einander über wachsen und trägt eine Blume / so der Spica nicht ungleich kommet / wie am besten auß beygesetzter Figur, welche der Seel. D. Hermanni ni Catalogo Horti Lugdunensis mitgetheilet / und in dem Horto Malabarico in natürlicher Grösse zusechen ist / erhellet.

§. 3.
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Einige / als Samuel Dale zehlen deren zweyerley Species, die lange und die runde / wie in dessen Pharmacologie pag. 324. zu lesen ist: allein weilen man fast nir gend oder an wenigen Orten dieselbe alle beyde findet / mag es vielleicht seyn / wie mit der Zittwer-Wurtz / da die lange und runde verschiedene Theile einer Wurtzel sind / wie an gehörigem Ort zusehen ist. Zum wenigsten will der berümbte Frantzösische Materialist / Ms. Pomet von keinen zweyen speciebus wissen / und hält es vor einen grossen abus, daß etliche zuweilen nach der rothen Curcuma fragen / deren es keine gibt / ausser daß die gemeine und gelbe Curcuma mit der Zeit / wann sie veraltet / braun wird / und so man diese stösset / ein etwas röther Pulver gibt / als die frische / wie auß dessen Histoire generale des drogues Lib. 2. C. 12. pag. 66. erhellet.

§. 4.
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Die beste ist / welche noch frisch / hartzicht und in grossen und schweren Stückern komt / auch nicht leichtlich zerbrochen warden kan. Die Wurmstichichte und mit vielem Staub angefülte ist zur Artzney nichts nutz / ob sie schon in dem Färben nicht gäntzlich zuverwerffen ist.

§. 5.
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Den Gebrauch der Curchmae betreffend / so wird sie von den Medicis gar fleissig in der Gelbsucht gebrauchet / dahero sie auch die Gelbsucht-Wurtzel genennet wird: worinnen sie dann destomehr zu rühmen / weilen sie auch die Stein-Gelbsucht und den Lenden-Schmertzen / so von kleinen Steinen in der Gallen Blaßen herrühren / curiret und die Steinlein befördert / wie davon ein sehr merckwürdiges Exeinpel bey D. Frid. Hoffmann pag. 463. Clav. Schroederian. zusehen. So dienet sie auch gegen die Wassersucht / Miltz-Beschwerung und andere langwierige Verstopffungen / absonderlich wann das Pulver oder die Species diacurcumae mit den Stahl-Pulvern / ???. diaphor. ???. ali und dergleichen vermischet wird. In Indien gebrauchen sie sich der Curcuma aß statt des Saffrans / färben den Reiß / Fisch / Fleischbrühe und andere Speißen damit. In unsern Landen färbet man damit allerhand Waaren / und gebrauchen sich derselben nicht allein die Tuch- und Zeug-Färber / sondern auch die Säckler und Parfumierer / die Rothgieser und Knöpffmacher / welche die höltzerne Knöpff / so mit gesponnen Goldfaden zu überziehen sind / damit anstreichen / damit das Holtz nicht durchscheine.
|| [190]

Das XXVII. Capitel
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Von der weissen und rothen BEHEN-Wurtzel. Abbildung

§. 1.
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VNter denjenigen frembden Artzneyen / deren Gewächse annoch unbekandt und derowegen vielerley Meynungen unter den Gelahrten erreget haben / sind die beyde BEEN-Wurtzeln auch begriffen / deren eine die weisse und die andere die rothe Been-Wurtzel / sonsten auch Gliedweich- und Wiederstos-Wurtzeln genennet worden; von welchen beyden die alte Arabische Scribenten zwar ein groß Wesen gemacht haben / ist aber heut zu Tag der Mühe kaum werth / daß man sich so sehr darumb bekümmere / indem sie fast gar in Abgang gekommen und von niemanden gebrauchet werden. Weilen sie aber doch bey den Materialisten und Apotheckern noch gefunden werden / wollen wir dieselbe auch kürtzlich beschreiben.

§. 2
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Was dann nun die weise BEEN-Wurtzel oder BEHEN ALBUM anlanget / so kombt dieselbe an der Gröse der rechten Bertramwurtz sehr nahe / ist auswendig graulich und inwendig etwas weiser: hat anfänglich fast gar keinen Geschmack / juletzt aber lässer sie doch eine ziemliche Bitterkeit zurück; soll vor diesem auß Syrien und America gebracht seyn worden / obwohlen die heutige Botanici, als Hermannus, Ammannus und andere darvor halten / daß es die Wurtzel von den Marien-Rößelein seye / welche Lateinisch Lychnis Sylvestris und Papaver Spumeum genennet wird / und von Tabermont. p. 12. L. 2. besser als in des Pomets Figur / so hierbey zusehen / abgerissen ist.

§. 3.
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Die grosse Wurtzeln / welche nicht wurmstichicht / sondern zähe und noch frisch sind / werden vor die beste gehalten / absonderlich / wann sie den obbeschriebenen Geschmack auch haben. Sie sind in langen Stücken / wie die Figur zeiget.

§. 4.
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Die rothe Behen-Wurtzel oder BEEN RUBRUM hergegen wird in runden Scheiben / wie die Jalappa, aus eben denen [191] Ländern überbracht: ist auswendig braun und inwendig röthlicht / hat einen erdichten und etwas anhaltenden Geschmack; und soll die gantze Würtzel / wann sie eben aus der Erden kommet / wie grosse Rettich anzusehen seyn / welche breite lange Blätter / wie das Limonium, treibet / dessen species es sein soll.

§. 5.
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Die beste sind / so hoch an der Farb / wohl getrucknet und doch noch frisch sind / auch nebst dem adstringirenden Geschmack etwas aromatisch schmäcken: werden leicht wurmstichicht.

§. 6.
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Was ihre Tugenden betrifft / so wird der weisen eine Hertzstärckend- und Gifft-treibende Krafft zugeschrieben. Die rothe aber ist von den Alten gegen alle Bauch-Flüsse / absonderlich aber gegen die rothe Ruhr / auch alle Blutstürtzungen und den weissen Flus der Weiber gebraucht werden / wie bey dem Avicenna davon weitläufftig kan gelesen werden. Heut zu Tag wird man beyde selten in einem Recept sehen / indem man andere medicamenten an der Hand hat / von denen man bessere Kundschafft und Versicherung findet.

Das XXVIII. Capitel
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Von der Bertram-Wurtz. Abbildung

§. 1.
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DIe Bertram-Wurtzel / Radix Pyrethri genandt / ist eine lange und dicke Wurtzel / eusserlich schwartz-röthlich / inwendig aber weiß anzusehen / eines sehr beissenden und gleichsam wie Feuer brennenden Geschmacks; dahero auch der obige Lateinische / oder vielmehr Griechische Nahme herkommet: heisset sonsten auch Speichel-Wurtz / weilen sie im Munde gekäuet den Speichel herbey zihet.

§. 2.
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Man findet deren zweyerley bey den Materialisten / erstlich die rechte / welche aus dem Königreich Tunis über Italien gebracht wird / und derowegen auch die Italianische genennet wird: und dann eine andere Art / welche auch in Böhmen und Teutschland umb Magdeburg wachsen soll / und deßwegen die Teutsche genennet wird. Die erste ist eines Fingers dick / da die andere kaum halb so dick ist / welche zugleich oben von den kleinen abgeschnittenen Zasseln gleichsam einen Bart oder Bürste hat / wie die Bär. Wurtz / und wird in unsern Apothecken ehe / als die recht Italianische / gefunden.
|| [192]

§. 3.
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Das Kraut dieser beyden Wurtzeln ist der Chamillen nicht sehr ungleich / wiewohlen die Blumen sehr unterschiedenen sind / indem des ersteren Blumen fast wie die Maßliebger / oder vielmehr wie das Chrysanthemum außsehen / das andere aber eine Cron-Blume trägt; weßwegen auch jenes Pyrethrum flore bellidis genennet / und von Ammanno in Char. Plant. den Chrysanthemis zugerechnet: dieses aber Pyrethrum Umbelliferum genennet wird. vid. cit. libr. p. 534.

§. 4.
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Die beste Bertram-Wurtzel ist / welche noch frisch / vollkommene / starcke und wohl gedörte Wurtzeln hat / sich nicht leicht brechen lässet / und so wohl an Farb als Geschmack sich also findet / wie sie oben beschrieben worden.

§. 5.
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Beyde Wurtzeln sind sehr hitzig und von einem subtilen durchdringenden Wesen / und ist die dünne fast schärffer / als die dicke oder Italianische: werden wegen ihrer Schärffe selten innerlich gebraucht / ausser daß einige solche unter die geilmachende oder Venerische Mittel mischen. Eusserlich aber ist diese Wurtzel vortrefflich gegen die Lähmigkeit der Zunge. Wann derowegen diejenige / so von dem Schlag gerühret sind / nicht recht reden können / so wird sie sehr dienlich im Munde gekäuet oder unter der Zunge gehalten. Sie dienet auch also gegen das Zahnwehe / weswegen sie auch von einigen die Zahnwurtzel genennet wird: ziehet mit dem Speichel die böse scharffe Flüsse gewaltig aus. Auch thut man diese Wurtzel unter die scharffe und erweckende Clystiren / welche denen / so die Schlaffsucht / schwere Noth und Erstickung der Mutter leiden / oder auch vom Schlag gerühret sind / gegeben und von Ettmüllern in Com. Schroed in Beschreibung der Betram-Wurtz beschrieben werden.

§. 6.
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Man hat auch noch eine wilde Bertram-Wurtzel / dessen Kraut PTARMICA genennet und bey uns aller Orten auff den Wiesen gefunden wird / ist aber in den Apothecken nicht gebräuchlich; wiewohlen sie an den Kräfften der rechten Bertram-Wurtz ziemlich nahe kombt / und in deren Ermanglung wohl auch gebrauchet werden könte.
|| [193]

Das XXVIIII. Capitel
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Von der runden Hollwurtz. Abbildung

§. 1.
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DEr runden Holl-Wurtz oder ARISTOLOCHIAE ROTUNDAE hat man dreyerley Arten bey den Materialisten / worunter die erste und vornembste Aristolochia rotunda vera oder die Welsche runde Hollwurtz genennet wird: ist eine dicke / runde / knodichte und runtzelichte Wurtzel / außwendig grau und inwendig gelb: eines überaus bittere̅ Geschmacks und etwas aromatischen Geruchs. Diese wird aus Italien und den hohen Schweitzer-Gebürgen gebracht / allwo das Kraut mit vielen zähen und biegigen Stengeln / einer Ehlen hoch / mit Hohlkehlen gezieret / wächset / so zum Theil auff der Erden flattern. Die Blätter sind wie Ephew / doch runder. Die Blumen sind schwartzbraun und lang wie spitze Hüte: die Frucht ist wie eine Birn formiret / darinnen der Saame / wie ein Hertz gestaltet lieget / so sich sehen lässet / wann die Frucht zeitig ist und von sich selbsten auffpringt.

§. 2.
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Weilen aber diese nicht allemahl zuhaben / so wird offters an deren Stell die gemeine Hollwurtz / oder ARISTOLOCHIA ROTUNDA VULGARIS NOTA gebraucht / welche nichts anders ist / als Radix Fumariae bulbosae, welches Kraut eine Art Taubenkropff ist / welchem es mit den Blättern und Blumen gleichet: wird bey uns in der Menge gefunden / und ist die Wurtzel in- und auswendig graulicht / gantz [194] hohl / auch voller Sand und Erden / welcher im Herbst und Frühling / wann sie gegraben / herausgeschwemmet wird: ist bitter wie die vorige.

§. 3.
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Uber diese hat man noch eine andere Art / welche ARISTOLOCHIA FABACEA und kleine runde Hollwurtz genennet wird / weilen diese Wurtzel einer Bohnen groß / auch unten und oben platt anzusehen ist: kommet auch von einer Fumaria bulbosa her / und wird von der vorigen daran unterschieden / daß sie so keine grosse Höhle hat. Sie wird auch langsam in denen Apothecken gebraucht / obwohlen sie schon fast eben die qualitäten hat.

§. 4.
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Die Wahl der runden Hollwurtz betreffend / so ist die beste / welche schwer / hart / fest / gnodicht und inwendig fein gelb außstehet. Je bitterer / je besser sie ist. Alle aber müssen wohl ausgetrucknet und dörr gemacht seyn.

§. 5.
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An den Kräfften kommen sie zwar alle überein / doch hat die Italianische den Vorzug: sie erwärmen und zertheilen das gesteckte Geblüt in der Brust und absonderlich der Mutter / treiben die Monathliche und Kindbetter-Reinigungen / welche man Lochia nennet / dahero auch diese Wurtzel Aristolochia, qs. heisset. Wird derowegen täglich mit gutem success in Obstructione mensium und andern Weiblichen Kranck heiten / in dem Kräuter-Wein und andern Artzneyen verschrieben. Sie treibet auch die todte Frucht und andere Mißgewächs / welche man sonsten Molas heisset. Eusserlich kan man sie unter die Mutter-Zäpfflein thun / gleich wie sie in den scharffen Clystiren, welche man denjenigen / so vom Schlag gerühret sind / oder die Schwere-Noth haben / zuverordnen pfleget / auch gute Würckung thun.

Das XXX. Capitel
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Von der Osterlucey oder langen Hollwurtz. Abbildung

§. 1.
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OBschon die runde Hollwurtz von sehr vielen auch Osterlucey Wurtzel genennet wird / so geben doch einige / als Dale in seiner Pharmacol. pag. 259. und Marx in seiner Material. Kammer pag. 15. diesen Nahmen absonderlich der langen Hollwurtz oder ARISTOLOCHIAE LONGAE, welche eine länglichtrunde / dicke und runtzelichte Wurtzel ist / auß [195] wendig grau-braun und inwendig gelbicht / eines bittern und scharffen Geschmacks und ziemlichen Geruchs: komt auch auß Italien / obschon das Kraut auch bey uns gezogen wird.

§. 2.
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Das Gewächs dieser Wurtzel ist der Welschen runden Hollwurtz nicht gar ungleich / ausser daß die Blätter nicht so rund und die Blumen grün-gelb sind / welchen eine Frucht / wie kleine Birnlein folgen; ohne welches noch zwey andere Kräuter sind / deren Wurtzeln auch unter die lange Hollwurtzelen gerechnet werden / worvon das eine ARISTOLOCHIA CLEMATITIS, das andere ARISTOLOCHIA TENUIS oder PISTOLOCHIA genandt worden: haben beyde schmale dünne Wurtzeln / welche doch nicht im Gebrauch sind / absonderlich da heut zu Tag die Serpentaria Virginiana bekandt worden / welche eine Art von der Pistolochiâ ist / und mit grösserem Recht und Nutzen unter den Theriac könte gezogen werden / als die Aristolochia Tenuis, welche Charas darzu erwehlet / wie in dessen Tr. von denjenigen simplic. so zum Theriac kommen pag. 232. zusehen ist.

§. 3.
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Wann diese Wurtzel gut ist / so mußsie compact, hart und nicht wurmstichicht seyn. Je dicker und vollkommener sie ist / je besser sie ist; da hergegen die / so gar runtzelicht / fast nichts als eine blosse Schale und nichts nutz ist / worvon Jacob Sylvius Lib. 1. de delectu medic. zusehen wäre.

§. 4.
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Es werden aber von der langen Hollwurtz nicht allein die Wurtzeln / sondern auch die Blätter zur Artzney gebrauchet: haben beyde eine heilende Krafft und werden deßwegen nicht allein zu eusserlichen / sondern auch innerlichen Schäden und Verwundungen gebrauchet. In jenen hat der alte Practicus Simon Paulli von diesen Wurtzeln verschiedene treffliche Probe genommen / indem er damit sehr alte Löcher an den Füssen auß dem Fundament geheilet / wie in dessen vierfachen Krauter-Buch pag. 22. zusehen. In diesen / nemblich den innerlichen Verwundungen findet man bey Hoffmanno in Clavi Schroed. pag. 414. eine besondere Cur gegen die Schwind- und Lungensucht / da man täglich über die Blätter der langen Hollwurtz trincket / und mit denselben / gleich wie in der Saurbrunnen Cur auff und absteiget. So brauchet man auch einen Tranck darvon gegen die Grätze. Ja sie soll auch die Geburt und nachfolgende Reinigungen treiben / so gar / daß Valleriola Lib. 1. Obs. 1. pag. 8. solche der runden Hollwurtz weit vorziehet; welches vielleicht daher komt / weilen sie zugleich mit ihrer heilenden Krafft die Verwundung der Geburts-Glieder / welche gemeiniglich alsdann nicht ungewöhnlich ist / heilen thut. Daß die Rad. Aristol. tenuis zum Theriac genommen werde / ist droben schon gemeldet worden.
|| [196]

Das XXXI. Capitel.
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Von der ANCHUSA oder rothen Ochsen-Zung-Wurtzel. Abbildung

§. 1.
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DIe rothe Ochsen-Zung-Wurtzel oder RADIX ANCHUSAE (welche die Frantzosen ORCANETTE heissen) ist eine lange / dicke und holtzichte Wurtzel / außwendig blutroth und inwendig weiß / eines herben und anhaltenden Geschmacks / ohne Geruch: wird sonsten auch ALCANNA genennet / weilen sie an statt einiger kostbahren Blätter / welche vor diesem auß Ost-Indien unter diesem Nahmen gebracht worden / zum Färben gebraucht wird: wächset häuffig umb Montpelier in Franckreich / obwohlen die beste auß Italien herbey geschaffet wird.

§. 2.
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Das Krautdieser Wurtzel oder die ANCHUSA wird bey uns Teutschen die rothe Ochsen-Zunge genennet / wächset auch bey uns an dürre Orten / und wird absonderlich dessen nmb Mayntz viel gefunden: hat Blätter / wie die rechte Ochsen-Zung und kleine blaue Blümger; indessen ist die Wurtzel bey uns zu dem Färben fast untauglich / und gibt so keine Röthe / wie die frembde / wie Marxius in seiner Teutschen Material Kammer pag. 13. zeiget.

§. 3.
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Die beste ist / welche nochfrisch und zähe / doch aber wohl außgetrucknet ist / außwendig recht blut-roth / inwendig aber weiß ist / und wann sie entweder trucken oder naß gerieben wird / auffdem Nagel / oder der Hand selbsten / eine schöne rothe Farbe gibt; und weilen die Tinctur nur in der eusse???en Rinde stecket / so hat man die kleine und dünne Wurtzeln hier viel lieber / als die grössere.

§. 4.
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Was den Gebrauch dieser Wurtzel anbelanget / so wird sie in der Artzney nicht sonderlich genutzet / ob sie schon innerlich gegen den Durchbruch / Rothe-Ruhr und Blutstürtzungen nicht undienlich ist. Eusserlich aber wird sie mit gemeinem oder Stein-Oehl extrahirt / wormit die frische Wunden geheilet werden. Am meisten aber wird sie in den Apothecken ander medicamenten / oder auch den Aquavit roth damit zu färben gebrauchet; wie dann auch die rothe Butter oder Unguentum rubrum potabile damit gemacht wird. Eusserlich wird diese Farb zum Schmincken mißbrauchet und hält Simon Paulli nicht unbillich davor / daß die so genandte Portugisische Schmincke oder Charta Hispanica davon gemacht werde / besihe dessen Quadripartitum Botan. p. 198. Sonsten wird sie von den Wachs - Poussirern sehr gesucht / welche das Wachs damit [197] roth färben; wie dann auch die Färber den rothen Tuch / die Mahler auch Holtz und andere Sachen damit zu tingiren wissen.

§. 5.
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Pomet, der Frantzöische Materialist / gedencket noch einer andern Anchusae, welche über Constanstinopel herauß komt und die ORIENTALIsche ORCANETTE genennet wird: ist eine dicke / gleichsam auß vielen Blättern / wie Tabac / zusammen gesponnene rothe Wurtzel / welche zwar wenig im Gebrauch / doch viel besser als die gemeine gehalten wird / weilen sie ein schönere und bessere Röthe geben soll / besihe dessen Histoire Generale des Drogues Lib. 1. pag. 84.

§. 6.
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Man findet auch bey uns noch eine Art Wilder Rothen Ochsen-Zungen / welche Matthiolus in seinem Kräuter-Buch / und Tabernamontanus nach demselben ONOSMA nennet: hat viel rauhe und doch weiche Blätter / wie die kleine Ochsen-Zung / vier zwerch Finger lang / eines Fingers breit / liegen auff der Erden rings umbher außgebreitet: bringt keine Stengel / auch kein Blüt. Die Wurtzel ist lang und dünn / gibt einen Blut-rothen Safft / welcher auch nur in der eusseren Rinde stecket; Weswegen sich denn dieser Wurtzeln die gemeine Bürgers-Töchter zu gebrauchen wissen / welche solche über Nacht in Rosen-Wasser oder Brandenwein legen und sich Morgens damit waschen / daß sie fein clar und roth scheinen / wie mir neulich dergleichen Dirnen eine selbsten gestanden / welche es das Schminck-Würtzelgen nennete. Die Fig. davon findet man in D. Jacobi Theodori Tabern???montani andern Buch von den Kräutern pag. 551.

Das XXXII. Capitel
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Von der Färber-Wurtz / GRAPP und Färber-Röth. Abbildung

§. 1.
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DIe Färber-Wurtz / oder Radix Rubiae Tinctorum ist eine dünne / lange und safftige Wurtzel / mit einigen Gnoden und Geleichen unterschieden / in- und außwendig roth / ohne Geruch und gibt anfangs einen süßlichen / zuletzt aber bittern und etwas herben Geschmack.

§. 2.
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Das Kraut oder Rubia Tinctorum selbsten (welches die Botanici ad plantas bacciferas stel [198] latas referien) wird in Flandern und Seeland häuffig gezogen / dann die Holländer mit der Wurtzel / so sie zu der Färber-Röth und Grapp mahlen / einen sehr grossen und profitablen Handel führen / welchen vor diesem die Böhmen gehabthaben / ist aber durch den 30. jährigen Krieg vor dar in Schlesien gekommen / wie der gelährte Jesuit Balbinus in seiner Böhmischen Histori Lib. 1. Cap. 45. erzehlet; wie dann gewiß ist / daß diese Wurtzel umb Breslau in Schlesien auch häuffig wachse / doch nicht mit solcher Sorgfalt / wie in Seeland excoliret werde; weßwegen auch die Schlesinger Grapp nicht so gut / als die Seeländische ist / davon der Anhang an des Schröders Apothecker-Kunst gelesen werden kan.

§. 3.
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Ob nun wohl diese Wurtzel meistens zum Färben gebraucht wird / (davon sie auch den Nahmen hat) so wird sie doch öffters auch in der Artzney nützlich gebraucht / indem sie unter die fünff eröffnende Wurtzeln gerechnet wird. Sie reiniget die Leber / Miltz / Nieren und Mutter / heilet die Gelb- und Miltzsucht / treibt das dicke Gewässer und hauptsächlich das Monathliche Geblüth / zertheilet das geronnene Geblüth / so von Fallen und Stossen sich gesetzet; wie dann auch deßwegen die gemahlene Wurtzel in Verrenckung des Rückgrads / wann man sich wehe gethan / gebrauchet wird / davon Ettmüllerus in Com. Schroed. pag. 645. zusehen. Einige färben den Wein damit.

§. 4.
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Die gemahlene Färb-Wurtz oder GRAPP wird in Seeland und Flandern zubereitet und werden die beste Sorten alle Jahr umb Pfingsten im Kau-Marckt verkauffet und zwar nach dem Centner / in Ballen von 900. ??? deren jeder sein eigen signum hat / wo er gemacht werde / wie Georg. Nic. Schurtz und Marx. in der Material - Kammer pag. 90. lehret. Also komt darvon jährlich sehr viel ins Reich / in Franckreich und andere Länder.

§. 5.
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Zumercken aber / daß bey einigen Materialisten zweyerley Gtapp zu finden / davon die eine von uns schlechter Dings die Färber-Röth / die andere aber eigentlich Grapp genennet wird / welche von den meinsten confundiret werden. Die Färber-Röth wird auß der gantzen Wurtzel / wie sie gegraben / zubereitet / und wird derowegen von den Frantzosen Garance non robé genennet. Die Grapp aber wird nicht auß der gantzen Wurtzel gemacht / sondern es wird erstlich die eussere Rinde und der inwendige holtzichte Kern darvon genommen / das übrige aber wird hernacher zu einem gröblichen Pulver gemahlen und also verführet: diese nennen die Frantzosen allein Grappe, oder auch Garance robbé, wie Pomet in seiner Material-Kammer Lib. 1. pag. 85. zeiget.

§. 6.
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Der beste ist die rechte und letzte Grapp, absonderliche die Flemmische und nach dieser die Seeländische: Muß anfänglich eine schöne gelb-hochrothe Farb und guten Geschmack haben / welche mit der Zeit / so sie alt wird etwas dunckel rother wird. Muß in Säcken / doch trucken und wohl verwahret auffbehalten werden.

§. 7.
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Was den Nutzen anlanget / so haben beyde in der Medicin eben die Kräffte / als die Wurtzel selbsten. Doch werden sie am meisten von den Färbern gesuchet / welchen das ??? umb 12. alb. verkauffet wird. Unterdessen muß Niemand sich von dem Nahmen dahin verleiten lassen / daß er eine rothe Farb von der Grapp allein zu erzwingen suche / welche nur dunckel gelb färbet / wann man sie in Wasser siedet und die Wolle / Tücher / Strümpff und dergleichen (welche doch zuvor mit alaun und Weinstein müssen gebeitzet sein) darinnen siedet / zu etlichmahlen abkühlet und wieder einwindet. Will man aber dergleichen Sachen roth färben / muß man entweder das Gefärbte in Laugen tauchen oder Presilien Spän oder Ferneboc darzu thun / so wird es schön roth / wie in den Färb-Büchlein hin und wieder zulesen / welchen aber nicht immer zutrauen ist.
|| [199]

Das XXXIII. Capitel
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Von der Allraun-Wurtzel und deren Rinde. Abbildung

§. 1.
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VOn der Allraun-Wurtzel oder MANDRAGORA, hat man in den Apothecken und Material Kammern mehrentheils nur die Schale oder Rinde / welche man meistens brauchet: ist eine graue / runde und dicke Schale / welche inwendig weißlicht / eines bitteren Geschmacks und gifftigen Geruchs ist. Sie kombt auß Franckreich und Italien / und werden zuweilen die Wurtzeln in kleinen Scheiben / wie die Jalappa, darunter mitgebracht / welche aber so viel nicht im Gebrauch / wie die Schale sind / indem das mittele theil oder Hertz der Wurtzel wenig Kräfften hat.

§. 2.
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Der Mandragorae selbsten hat man zwey Geschlecht / nemblich Marem & Foeminam. Das Männlein hat grosse breite Blätter / wie Mangolt, aber zart / bleich-grün / glatt / mit vielen Adern durchzogen / welche sich auff der Erden außbreiten / ohne Stengel: trägt bleichgelbe Blumen / nach welchen ziemlich grosse saffran-färbichte Aepffel mit weissen breitem Saamen / eines starcken Geruchs erfolgen / welche einige vor die Dudaim halten / deren Gen. 30. gedacht wird: worinnen doch der berümbdte Ludolf in seiner Hist. AEthiopica ein gewisseres zeiget. Das Weibgen hat schmälere und kleinere Blätter und Aepffel / inwendig voller Saamen. Beyde aber haben eine Wurtzel / so bißweilen Arms-dick / welche offt dem Untertheil eines Menschen mit zwey Füssen gleich sehen. Sie wachsen häuffig in Franckreich umb Montpellier und in Italien auff den Pyrenaeischen Gebürgen.

§. 3.
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Cortex Mandragorae muß immer frisch gesuchet werden / so viel es möglich ist und zwar der beste / welcher außwendig röthlicht grau und mit seiner dünnen Schale / welche etwas krauß und Schagreniret / versehen / inwendig aber grau-weiß ist / wie solche Pomet in seiner Histoire Generale des Drogues Lib. IV. Cap. 7. p. 135. vor andern erkieset. Marxius hergegen räthet diejenige / so gantz weiß und wohl außgetrucknet ist / außzulesen / wie in dessen Material-Kammer pag. 120. zu sehen ist.

§. 4.
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Was den Gebrauch anlanget / so hat man vor diesem diese Rinde in Wein geleget oder gesotten / und wegen ihrer narcotischen und Schlaaff-bringenden Krafft denjenigen / welchen ein Arm oder Bein sollte abgenommen werden / gegeben / damit sie den Schmertzen nicht fühlen sollten. Allein weilen solches sehr [200] gefährlich ist / so wird es heut zu Tag nicht mehr gedultet / wie bey Doct. Ettmüllern in Comment. Schroed. pag. 600. zu sehen. Es wird deswegen jetzo nur dessen Oehl (worvon Schroederus zu sehen) eusserlich in harten Geschwulsten gebrauchet / welche es erweichen und zur Zeitigung bringen kan. Es stillet auch den Schmertzen und bringet eusserlich den Schlaaff; weswegen auch die Blätter mit unter das Unguentum Populeonis kommen / an deren Stelle in Notis Dispensat. Augustani, die Wurtzeln von Bilsenkraut oder Hyosciamo substituiret werden / wo die Mandragora nicht zuhaben wäre: welches aber Pomet c. l. gewissenhafften Apotheckern wiederräthet / sondern vielmehr haben will / daß man diese Salb alle Jahr frisch von Montpellier solle kommen lassen / weilen solche über ein Jahr ihre kühlende Kraffe nicht behalten soll / wie Bauderon in seiner Pharmacop. pag. 136. gezeiget hat. Allein es scheinet / daß er der Materialisten interesse hier beobachten wollen / da hergegen man dieses Unguenti eher gar entbehren / als solches / der conf. alkermes gleich / einen so weiten Weg her holen solle / zumahlen man wohl 100. andere Mittel hat / welche eben den effect thun können. Was sonsten die Storger und ander Gesindlein vor Aberglauben und Hexereyen mit der Wurtzel treiben / indem sie selbige so wohl als die Bryonien zu denen so genandten Heintzel-Mänchens zu bilden wissen / ist gnugsam bekandt / und theils von Deusingio in einem besonderen Dificurs De Mandragora, theils in Miscell. Acad. Germ. Cur. Dec. I. A. I. Obs. 48. p. 123. beschrieben; scheinet noch von den Heyden hergekom̅en zu seyn / bey welchen die CIRCE sich dieses Gewächs auch soll bedienet haben / weswegen es auch CIRCAEA genennet wird / wie bey D. Hoffmann in Clav. Schroed. pag. 499. zu sehen. Vor einigen Jahre hab dergleichen Männlein bey Herrn Peikenkamp, einem sehr curiosen Physico zu Marburg gesehen / so auff der Cantzley einem verdächtigen Mann war abgenommen worden / welchem es Geldt soll gebracht haben; Allein dem ehrlichen Herrn Peikenkamp wolte es nichts bringen / indem er mit dem armen Teuffel nichts zu thun hatte.

Das XXXIV. Capitel
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Von der Meer-Zwibel. Abbildung
|| [201]

§. 1.
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DIe Meer- oder Mäuß-Zwibel / Lateinisch SCILLA genandt / ist eine frembde grosse Zwibel / einer Faust dick / hat einen sehr scharffen und bitteren / doch schleimichten Geschmack / aber keinen Geruch: wird aus Spanien überbracht / allwo sie an dem Meer und dabey gelegenen Orten wachsen soll / daher sie also genandt worden.

§. 2.
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Es gibt derselben zwey-biß dreyerley Art / nemlich die weisse und rothe / welche einerley Grösse haben und dann noch eine grössere / die PANCRATIUM genennet wird; diese letztere hat zwar breitere Blätter / aber sie trägt weder Blumen / noch Saamen. Die erstere treiben zuvor einen schönen langen / runden und glatten Stengel / daran schöne weiß gelbe Blumen auff beyden Seiten wachsen: wann aber dieselbe verdorren und abfallen / so kommen über etliche Tage hernach breite dicke Blätter / ohne Stiel / wie an den weissen Lilien / wie oben aus dem Kupfferstück zusehen ist.

§. 3.
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Die beste sind / so noch frisch / schwer / hart und wohl gewachsen / und muß man Achtung haben / daß sie an der Seite des Kopffs nicht angestossen und faulicht seyen / worzu sie sehr geneiget sind / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues p. 179. wohl erinnert. Sie sollen auch wohl und trucken mit Stroh verwahret seyn / doch daß keine die andere berühre / sonsten wachsen sie aus und vergehet die Krafft / welches Marxius in seiner Material-Kammer p. 176. berichtet

§. 4.
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Ihre Kräfften betreffend / so ist sie einer sehr hitzigen austrucknenden Natur und von solcher Schärffe / daß / wann man sie rohe und frische mit den Händen tractiret / an denselben Bläßlein verursachet; weswegen die frische von etlichen vor gifftig gehalten werden / so gar / das wann man sie brauchen will / solche in Stücken zerschnitten und an der Lufft getrucknet werden müssen / wordurch sie die Schärffe etwas verlieren. Es pflegen auch deswegen die Apothecker umb diese Zwiebeln einen Taig zuschlagen und als ein Brodt im Back-Ofen zubacken / nachmahlen mit einem höltzern Messer davon wieder abzusondern und Schichtweis zertheilet auffzutrucknen / wie nicht allein der Apothecker Vielheur in Beschreibung frembdter Materialien p. 145. berichtet / sondern auch im Dispensatorio Augustano befohlen wird. Allein weilen hierdurch ihr flüchtiges Saltz (worinnen die Kräffte meistens bestehen) wegrauchet und die Zwibel mehr verdorben als gebessert wird / so verwirffet nicht allein Zvvelferus solche correction in Pharm. Reg. pag. 146. sondern sie mißfället auch andern vornehmen Medicis, als Hoffmanno und Ettmüllero in Comm. Schroed. p. 547. 659. Sonsten hat sie eine sehr zertheilend- und aufflösende Krafft und bringet den zähen harten Schleim von der Brust / worvon die Engbrüstigkeit und kurtzer Athem meistens herrühren; weswegen das bekandte OXYMEL SCILLITICUM und LOCH de SCILLA in solchen Kranckheiten sehr gut thun / wie ingleichen das ACETUM SCILLITICUM oder Meerzwiebel-Essig / welcher auch de̅ Schleim im Magen und Gedärm aufflöset und wegführet und vom Pythagora (dessen ersten Erfinder) vor ein Panacea und dergleichen Mittel / welche zu einem langen Leben dienet / gehalten worden / wie in des Tabernaemontani andern Buch von den Kräutern p. 342. zulesen. Ja es soll jetzt gemeldter Pythagoras diese superstition davon gehabt haben / daß / so man eine dergleiche Zwiebel über die Hauß-Thür hänge / keine schädliche Artzney ins Hauß kommen könne. Man macht auch Trochiseos davon / so mit zum Theriac kommen. So kombt sie auch unter einige eusserliche Mittel / als das Althä-Pflaster und Diachyl. magnum. Beschlusz. SO viel von den raresten und meistentheils Außländischen Wurtzeln / welche einig und allein bey denen Materialisten zu finden und allda von den Apotheckern / wie auch andern Künstlern / auffzusuchen sind. Indessen führen dieselbige auch noch viele einheimische Wurtzeln / welche alle allhier / auff vorige Art und Weisse / zubeschreiben und abzubilden gar zu weitläufftig fallen dörffte; weswegen man derselben nur kürtzlich gedencken wird / indem sie in allen Kräuter - Büchern zu finden / auch den gemeinen Wurtzel-Gräbern und Gärtnern nicht ohnbekandt sind / und folgen nach dem A. B. C. einander also: Radices Althaeae, Eibisch - Wurtzeln sind längliche / weiß geschabte und zerschnittene Wurtzeln / so einen schleimichten Geschmack haben. Radices Angelicae, Engel- oder Brust-Wurtz ist eine braune / scharffe und etwas bittere Wurtzel / von gutem Geruch / welche im Elsaß / [202] Breißgau und Lothringen häuffig wächset. Wann solche frisch ist / muß man sie in Wermuth legen / damit sie nicht wurmstichicht werde / worvon Schurzius in seiner Material-Kammer pag. zu 71. zu sehen. Radices Apii, Eppich-Wurtzel ist ein Daumens. dicke Wurtzel / welche oben einen Knopff und unten viel kleine Zincken oder Fasseln hat; dahero sie wie ein Schweitzer-Barth anzusehen: wird aber gemeiniglich in dünne Scheiblein zerschnitten / und also von den Apotheckern verwahret. Hat einen etwas scharffen Geschmack. Radices Aronis, Aron-Wurtzel ist eine weisse und runde Wurtzel / fast halb so groß / als die Hermodactyli, und hat einen sehr scharffen Geschmack: muß allezeit in Schachteln gehalten werden. Radices Asari, Haselwurtz ist eine kleine / zasselichte und verwirte Wurtzel / eines widrigen und scharffen Geschmacks und lieblichen Geruchs / so den Narden fast gleich kommet. Radices Asparagi, Spargel-Wurtzeln sind lange weisse und zasselichte Wurtzeln / so aus einem Knopff schiessen / eines süßlicht-schleimichten Geschmacks: werden in Büschlein gebunden und an einem truckenen Ort auff den Boden gehalten / da die Lufft durchstreichen kan: wächst zwar auch in Teutschland / kombt aber meistens aus Spanien und Franckreich. Radices Asphodeli, Goldwurtzeln bestehen aus gelbichten Schalen oder Stücker von der Zwibel dieses Krauts / und haben einen schleimichten Geschmack. Radices Barbae Caprinae, Geißbarth-Wurtzel ist dick / außwendig schwartz / inwendig roth / mit vielen Zasseln behenget / eines guten Geruchs. Radices Bardanae, groß Kletten-Wurtzel ist eine länglichte dicke Wurtzel / außwendig schwartz / inwendig weiß / eines süßlichten / doch etwas scharffen Geschmacks / ohne sonderlichen Geruch. Radices Bistortae, roth Natter-Wurtzel ist eine länglichte Wurtzel / so dick als ein Daume / außwendig braunschwartz / inwendig bleich-roth / eines anhaltenden Geschmacks. Radices Borraginis, Borragen-Wurtzel ist eine lange / oben stracke und unten zasselichte / Wurtzel / außwendig braun / und inwendig weiß / eines süßlichten Geschmacks. Radices Brusci, Mäußdorn - Wurtzel ist eine gar kleine zähe Wurtzel / an gantzen Büschlein / auß- und inwendig weiß-grau: muß auff dem Boden gehalten werden. Radices Bryoniae, Gicht-Rüben-Wurtzel ist eine sehr grosse und dicke / in- und außwendig weisse Wurtzel / mit vielen Circkeln / eines scharff-bitteren Geschmacks und widrigen Geruchs: wird in Stücker und Scheiben zerschnitten und auffgehoben. Radices Buglossae, Ochsen - Zungen Wurtzel kombt mit der Borragen Wurtzel / so wohl dem Ansehen / als Kräfften nach / überein / wiewohlen sie etwas dickere Zasseln hat / als jene. Radices Caryophillatae, Caryophilloten Wurtzel ist eine sehr wohlriechende Wurtzel / welche oben einen Knopff hat / woraus viel Zasseln wachsen / hat einen etwas scharffen Geschmack / und riechet wie Näglein / worvon sie den Nahmen hat. Radices Cervicariae, Halßkraut-Wurtzeln sind lange / weisse und knodichte Wurtzeln / mit wenig Zäsern / am Geschmack lieblich und süß. Radices Chelidonii, Goldwurtz / ist ein gelbraune / oben dicke und unten dünne bittere Wurtzel. Radices Cichorii, Hindlauff - Wurtzel ist eine dicke / lange und mit vielen Sprossen besetzte Wurtzel / außwendig braun und inwendig weiß / eines etwas scharffen und anhaltenden Geschmacks. Radices Consolidae majoris, Wallwurtz ist ein lange Fingers dicke Wurtzel mit vielen Sprossen / außwendig schwartz und inwendig weiß / eines [203] süßlichen und schleimichten Geschmacks. Radices Cucumeris Asinini, Esels-Cucumer-Wurtzel ist eine weisse scharffe Wurtzel / so ziemlich breit und deßwegen in Scheiben zerschnitten / gedörret und also an die Materialisten verhandelt wird: wächset gern in hitzigen Landen / sonderlich in Italien; wird abez doch auch in Teutschland gezogen. Radices Cynoglossae, Hundszungen-Wurtzel ist eine lange Fingers-Dicke Wurtzel / eines anhaltenden Geschmacks. Radices Dictamni albi, Aesch-Wurtz bestehet in den Officinen auß den Schalen der Wurtzel / so wie Röhren anzusehen und gantz weiß sind / eines etwas bitteren Geschmacks. Radices EbuIi, Attich-Wurtzeln sind lange Wurtzeln eines bitteren / etwas scharffen und widrigen Geschmacks. Radices Enulae, Aland-Wurtzel ist eine ziemlich dicke / braune und wohlriechende Wurtzel / etwas bitter und scharff; wird in Scheiben geschnitten / gedörret und an einer Schnur auffgehänget: Wächset gern in feuchten Gründen und Wiesen / und ist ein recht aromatische Wurtzel / so gar / das einige ein flüchtig Saltz / dem Campher nicht viel ungleich / davon destilliren. Radices Eringii, Manstreu-Wurtzel ist ein gelb-braune Wurtzel / eines scharfichten und anfangs bitteren / nachmahlen süssen Geschmacks. Radices Esulae, Wolffsmilch-Wurtzel ist zweyerley / klein und grosse / worvon diese so dick als ein Daume / scharff und widrig schmäcket: Jene zwar kleiner ist / aber dergleichen Kräffte hat: werden in Thüringen gegraben / und wird der inwendige Kern außgeschnitten / das andere gedörret und verkauffet. Radices Farfarae, Hufflattich-Wurtzeln sind kleine dünne Wurtzeln eines scharffen und schleimichten Geschmacks. Radices Filicis, Fahrenkraut-Wurtzeln sind schwartz-braune stracke Wurtzelen / von mittelmälsiger Dicke / eines anhaltenden und wenn sie noch frisch / schleimichten Geschmacks. Radices Filipendulae, Roth-Steinbrech / Wurtzel ist eine knodichte Wurtzel / außwendig braun und inwendig röthlich gelb / eines anhaltenden Geschmacks. Die Knollen hangen an langen dünnen Zasern / dahero der Lateinische Nahme gekommen ist. Radices Foeniculi, Fenchel-Wurtzel ist eine lange und nicht gar zu dicke weise Wurtzel / so einen süssen Geruch und einen schleimichten / doch etwas aromatishen / Geschmack hat. Radices Gentianae, Entzian-Wurtzel ist eine lange dicke und glatte Wurtzel / euserlich lichtbraun und inwendig gelb / eines sehr bitteren Geschmacks. Radices Gentianae, albae, weise Entzianwurtzel ist die Welsche Haarstrang - Wurtzel / so gar nicht im Gebrauch ist. Radices Graminis, Graß-Wurtzeln sind lange und dünne quecken / mit vielen Geleichen / eines etwas scharffen Geschmacks. Radices Hyosciami, Bilsenkraut-Wurtzel ist eine dicke und so wohl eusserlich als innerlich gelbichte Wurtzel / eines sehr bitteren und scharffen Geschmacks. Radices Hirundinariae, Schwalben-Wurtz ist eine kleine mit vielen weisen Zasern behängte knollichte Wurtzel / so einen süßlichten und etwas scharffen Geschmack / auch einen guten Geruch hat. Radices Imperatoriae Meister - Wurtzeln find ziemlich dicke und rauhe Wurtzeln / eusserlich dunckelbraun und inwendig weiß / eines scharffen und sehr aromatischen Geschmacks und guten Geruchs: Kommen meistens auß der Schweitz und absonderlich dem Walliser Gebieth in Bündelein / wie Schurzius in seiner Material-Kammer p. 73. bezeuget. Radices Lapathiacuti, Grindwurtz / ist eine stracke / braune Wurtzel eines anhalten Geschmacks. Radices Levistici, Liebstöckel-Wurtzel ist ein Daumens-Dicke lange Wurtzel / so [204] sich in dicke Zasern außtheilet / außwendig braun / inwendig bleich / eines scharffen und aromatischen Geschmacks / auch guten Geruchs: wird gar leicht wurmstichicht. Radices Liliorum alborum, weise Lilien-Wurtzelen bestehen auß schuppichten Zwibelen / so einen schleimichten Geschmack haben; werden aller Orten in den Gärten gezielet. Radices Malvae, Pappelnwurtz ist ein lange / weise und schleimichte Wurtzel. Radices Morsus Diaboli, Teuffels-Abbiß / ist ein zäserlichte Wurtzel / welche oben einen dicklichen Knollen hat / so unten stumpff scheinet / als ob etwas abgebissen wäre / dahero sie auch den Nahmen hat. Radices Nymphaeae, Seeblumen-Wurtzel / ist ein dicke und schwammichte Wurtzel / so einen anhaltenden herben Geschmack hat. Radices Ononidis, Hechelwurtz ist eine lange / zackicht- und holtzichte Wurtzel / anfangs etwas bitter / nachgehends aber süßlicht. Radices Petasitis, Neunkräfften oder Pestilentz-Wurtz ist eine sehr hartzichte Wurtzel / welche daher einen aromatischen und etwas bitteren Geschmack / auch guten Geruch hat; wächset gern an den Bächen und deren Ufern. Radices Pentaphylli, fünff Finger Kaut-Wurtz ist eine lange stracke Wurtzel / außwendig Zimmet-roth / inwendig bleich / zeiget einen Stern / wann sie in Stücken zerschnitten wird; es wird aber gemeiniglich der Kern herauß geschnitten und die dicke Schale / so zu Röhren zusammen lauffen / in denen Apothecken gefunden / welche einen anfangs anhaltenden / nachmahlen etwas durchdringenden Geschmack haben. Radices Peucedani, Haarstrang Wurtzel ist eine lange dicke Wurtzel / in- und außwendig weiß / eines hartzichten Geruchs und eines scharffen / etwas bitteren und schleimichten Geschmacks. Radices Phu Pontici, Groß Baldrian-Wurtzel ist ein zäserichte Wurtzel oben mit einem Knopff / außwendig lichtbraun / inwendig bleich: eines aromatischen und etwas scharffen Geschmacks und guten Geruchs. Sie muß vor den Katzen bewahret werden / welche sich gern darauff wältzen. Radices Pimpinellae, Bibenell-Wurtzel ist eine lange Wurtzel / so dick als ein grosser Feder-Kiel / eines scharffen Geschmacks. Radices Poeoniae - Poeonien-Wurtzelen sind ziemlich dicke und wohl einer Hand lange Wurtzeln / eusserlich braun / werden aber geschabt / daß sie in den Apothecken in- und außwendig weiß außsehen / haben einen süßlichten / doch etwas scharffen und gelind-anhaltenden Geschmack. Radices Polypodii, Engellsüß ist eine rauhe / lange Wurtzel / in der Dicke eines kleinen Fingers / hat einen sehr süssen und doch etwas scharffen Geschmack. Wann sie fein braunlicht gedörret / im Brechen inwendig gelblicht / und von aussen nicht schwartz ist / wird sie vor gut gehalten. Radices Rhodia, Rosenwurtz / ist eine knollichte mürbe Wurtzel / außwendig braun und inwendig weiß / wie die Rosen (davon sie den Nahmen hat) riechend / gleich dem Ligno Rhodino, mit welchem sie doch nicht confundiret werden soll. Radices Satyrii, Stendel-Wurtz bestehet aus länglicht runden Knollen / eines süßlichten Geschmacks / nach Schweiß riechend. Radices Saxifragiae, Steinbrech-Wurtzeln sind lange Wurtzeln / eines kleinen Fingers - dick und scharffen Geschmacks. Radices Scabiosae, Scabiosen Wurtzel sehen gantz wie Teuffels-Abbiß / nur daß sie brauner sind. Radices Scorzonerae, Schlangenmord-Wurtzel sind Fingers-dicke Wurtzeln / so an ihren eusseren Rinde [205] röthlicht-weiß / inwendig gantz weiß außsehen und einen süssen Geschmack haben: wachsen umb Jena. Radices Scrophulariae, Braunwurtz ist eine dicke / ungleiche und wartzichte Wurtzel / außwendig schwartzbraun / und inwendig bleich / eines scharffen / bitteren und etwas anhaltenden Geschmacks. Radices Sigilli Salomonis, Weißwurtz / ist eine ziemlich dicke und lange Wurtzel / auß- und inwendig weißlicht anzusehen / eines süßlichten und etwas schärfflichten Geschmacks. Radices Tormentillae, Tormentill-Wurtzel ist eine kurtze knollichte Wurtzel / außwendig dunckelbraun und inwendig röthlicht / eines anhaltenden Geschmacks. Radices Victoralis, Aller-Manns Harnisch-Wurtz ist zweyerley / nemblich Rotunda, die runde / und Longa die lange: kommen beyde aus Tyrolen und dem Saltzbürger Gebürg / und werden von den Marckschreyern zu allerhand Aberglauben gesuchet: Sonsten aber von den Medicis langsam gebrauchet: kommen an den Kräfften mit dem Knobloch überein. Radices Urticae, Nessel-Wurtzeln sind sehr lange und in viele Geleiche außgetheilte Wurtzeln / wie Stroh anzusehen / eines etwas scharffen Geschmacks.
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Desz zweyten Buchs dritte Abtheilung Von den Frembden Kräutern und Blumen. Das I. Capitel Von den ACMELLEN-Blättern.
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Abbildung

§. 1.
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DIe Acmellen-Blätter oder Folia Acmellae sind zarte und zerkerbte Blätter / an der Grösse und Gestalt den Taub-Nesseln nicht sehr ungleich / welche bey kurtzen Jahren / nemblich 1690. durch die Ost-Indianische Compagnie erst aus Ost-Indien in Holland gebracht worden und in Teutschland noch nicht sonderlich bekandt sind / obwohlen nicht zu zweifflen ist / daß sie noch / wegen ihrer angerümbten Eigenschafften / bey uns auch werden auffkommen: haben sonsten einen etwas subtilen und erwärmenden / doch nicht scharffen Geschmack.

§. 2.
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Es wächset aber dieses Kraut Acmella meistens in der Insul Ceylon, und wird von denen Kräuter-Verständigen Chrysanthemum bidens oder Bidens Zeylanicum genennet: trei [207] bet aus einer weissen zasselichten Wurtzel einen bey nah viereckichten Stengel / etwa eines Schuhes hoch / viele Aestlein / mit länglichten ausgespitzten und gekerbten Blättern / wie aus beyden Figuren zuersehen / deren eine mir von Herrn D. Spenern in seinem Brieffe / so er von den See-Mäussen aus Ambsterdam Anno 1700. durch offentlichen Druck an mich abgelassen / und zugleich der erste von diesen Blättern offentlich geschrieben / communiciret worden; und obgleich dessen Figur von andern angefeindet worden / so ist er doch leicht zu excusiren / dieweilen man anfänglich nicht so bald alle minutissima von solchen frembden Gewächsen erfahren kan und sich offters mit anderer Relation begnügen muß. Die andere Figur ist bald hernach in eben diesem Jahr von dem jungen Herrn Breynio (welche sie von Herr D. Ruyschen zu Ambsterdam bekommen) in einer besonderen / zu Leyden gehaltenen / Disputation vorgebildet und von den Herren Leiptzigern denen Actis Eruditorum Anno 1701. Mens. Jan. pag. 31. einverleibet worden / in welcher die kleinere Figuren sub Lit. A. das Blümchen allein / Lit. B. das angehenckte Schüpgen und dann Lit. C. dessen Saamen abbilden.

§. 3.
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In Ausfsuchung dieser Blätter muß man in Acht nehmen / daß / soviel es möglich ist / sie noch frisch und nicht zu alt seyen / dann ihre Kräfften mehrentheils in subtilen flüchtigen Theilgen bestehen / durch welche sie den Urin / so sehr er auch gesteckt sey / gewaltig treiben und also den jenigen / die auch schon viele Jahr her mit dem Nieren- und Lenden-Stein / auch andern affecten beladen gewesen / wohl zustatten kommen / sintemahl dieselbige auch von den vornembsten Einwohnern in Ceylon vor ein sonderlich Mittel gegen den Nieren und Blasen-Stein / Verschliessung des Harns und dergleichen gehalten werden; wie sie dann auff eben diese Manier die Monathliche Reinigung der Weiber befördern sollen.

§. 4.
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Gleich wie nun diese Acmellen-Blätter an der Gestalt dem gemeinen Thee nicht gar ungleich scheinen / auch in dergleichen blechinen Büchsen anffgehalten werden / also kommen sie dem Gebrauch und Rutzen nach dem Medicinal-Thee, welcher von einigen Thee-Boeye genennet wird / sehr nahe / indem sie von den Indianern auff eben solche Art in warm Wasser infundirt werden / und dieses / nachdem es die Krafft ausgezogen hat / also warm genutzet wird.

§. 5.
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Uber dieses aber wird auch aus diesen Blättern ein besonderer Brandenwein und Spiritus gebrennet / wann man nemblich den Liquorem Arack darüber schüttet und nachmahlen wieder abziehet / welches eine Art Brandenwein ist / so die Indianer entweder aus Reiß / wie Pomet in dem Anhang seiner Material-Kammer vermeynet / oder / wie andere berichten / aus Zucker und Palmen-Wein destilliren. Ich halte aber man könne eben sowohl unsern Brandenwein oder auch einen andern dienlichen Spiritum hierzu nehmen und über offtgedachte Blätter abziehen / daß man deren Spiritum überkomme / von welchem / so er recht gemacht ist / 12. biß 20. Tropffen den Urin gewaltig befördern / wie solches obgemeldter D. Spener an berührtem Ort mit seinem eigenen Exempel bezeuget.

§. 6.
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Indessen muß man sich in Acht nehmen / daß man ihnen nicht grössere und gantz fabelhaffte Tugendten zuschreibe: daß nemblich / wann man diese Blätter mit einem Kisselstein käue / dieser davon gantz erweichet und zermalmet werde / wie einige sich davon träumen lassen; dann obbelobter Herr Breynius auffrichtig bekennet / daß / da er solches probiret / in seiner Hoffnung wäre betrogen worden. Sonsten aber führet er verschiedene schöne Curen an / welche der berümbte Herr D. Dekker in Stein-Schmertzen / verschlossenem Harn und dergleichen damit gethan / unter dessen Praesidio er obberührte schöne Disputation de Radice Ginsem & Chrysanthemo Bidente Zeylanico, Acmella dicto, gehalten / welche hiervon mit mehrerem handelt.
|| [208]

Das II. Capitel.
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Von dem Bemeinen- und Kayser-THEE. Abbildung

§. 1.
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DIe THEE-Blätter sind heut zu Tage so bekandt / daß es fast ohnnöthig scheinet / solche weitläufftig zubeschreiben. Damit aber doch auch demselben sein Recht geschehe / so ist zuwissen / daß der Thee, wie er den Europäern zu Handen kommet / aus schwartzen oder dunckel-grünen / und zusammen gerolten Blätterlein bestehe / welche eines etwas bitteren / aromatischen und gelind adstringirenden Geschmacks / auch eines anmuthigen und gleichsam nach frisch gemeyhetem Heu riechenden Geruchs sind: Wird aus Ost-Indien in grossen metallischen Capsulen und Einschlägen (welche aus Calin / einem gewissem Metall / so nicht so gut als Zinn / aber viel besser als Bley ist / bestehen / und damit ja nichts von der Krafft weggehe / umb und umb mit Indianischem Papier eingefasset sind) zu ¼, ½. und gantzen Centner durch die Compagnie in Holland und Engelland gebracht / bey uns aber in kleinen blechinnen Büchsen von ¼. oder ½. Pfund hin und wieder verkauffet.

§. 2.
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Kaum waren diese Blätter kund worden / so bestrebeten sich die Natur- und Kräuter-Verständigen zuwissen / von was vor einem Gewächs sie herrühren möchten? Einige / welche am ersten davon geschrieben / nahmentlich Bontius, Varenius, Olearius, Mandelslo und andere gaben vor / es wäre ein Kraut. Als aber einige PP. Jesuiten Trigautius, Rhodius, Martini &c. als Missionarii in Chinam und Japponien gekommen / haben sie in Acht genommen / daß es kein Kraut / sondern ein kleines Bäumlein oder Strauch sey / welches die Zähigkeit der Blätter selbsten zeigen konte. Hiermit aber waren die Gelahrten noch nicht vergnüget / sondern griebelten weiter nach / ob nicht dergleichen Sträuchlein und Gewächs auch in Europa / und vielleicht in Teutschland selbsten zu finden sey / daß man nicht nöthig habe / das dazumahl noch gar zu theure Thee-Gewächs aus Ost-Indien kommen zulassen? Da dann der berümbte Dänische Medicus, D. Simon Paulli uff die Gedancken kame / es wäre dieses Bäumlein nichts anders / als der Chamaeleagnus, teutsch Post genandt / welche Meynung er in einem besonderen Tractat de Abusu Tabaci & Herb. Thée weitläufftig zu behaupten suchete / und einer gantzen Medicinischen Facultät zu Paris zu dijudiciren übersandte. Als er aber kurtz darauff auch Herrn Lic. Cleyern, Proto-Medico in Neu-Batavien / durch seinen Sohn / Herrn Joannem Joachimum Paulli (welcher dazumahlen selbsten in Ost-Indien reissete) begrüssen / und umb die wahre Beschaffenheit befragen liesse / antwortete dieser / sonsten in allen seinen Relationen gar redliche und auffrichtige Freund / daß / ob schon der Thee und die Blätter vom Chamaeleagno an der eusseren Gestalt etwas gleich kämen / so wäre doch unter beyden Gewächsen noch [209] ein gar zu grosser Unterscheid / wie auß der im Anfang dieses Capitels gesetzten Figur (welche wohlgemeldter Herr Cleyer in Japan von dem lebendigen Strauch nehmen lassen und in den Act. Med. Hafniensibus Vol. IV. pag. 2. auch zu finden ist) zusehen war: Anbey berichtend / auff was manier derselbe gepflantzet und wie der Thee davon gesamler werde. Es machen nemblich die Einwohner in China und Japan (wo es eigentlich wächset) eine Grube in die Erde und werffen darin 40. biß 50. Saamen-Körner / scharren alsdann alles zu und bedecken es mit Strohe. Hiervon entspringen ohngefehr 6. 8. 10. biß 14. Sträuchlein / welche sie alle zusammen auffwachsen lassen / weilen sie gern dick stehen. Solche lassen sie also 3. Jahr ruhen / ehe sie die Thee-Blätter davon samblen / und wann solche vorbey / so samblen sie im April die neu-hervor schiessende junge Blättlein (welche von den alten / so der Strauch nicht abwirffet / und deßwegen gelbicht werden / leicht zu unterscheiden sind) bey hellem Wetter / darunter die dünne und schmale / so nur 3. oder 4. Tage alt sind / vor die besten gehalten werden / wiewohlen auff fetten und wohlgebaueten Aeckern auch die breite in solcher Zeit wachsen können.

§. 3.
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Hier aber ist sehr merckwürdig / daß der also frische Thee eine narcotische und gantz dum- und trunckenmachende Krafft habe / welche biß daher von Niemanden unter so vielen Authoren, welche von demselben geschrieben haben / meines Wissens / observiret worden. Indessen hat mich dessen vor wenigen Jahren ein damahlen auß Ost-Indien kommender und in diesen Sachen sehr erfahrner Mann / Nahmens Herr D. Kempffer auß Westphalen (welcher sich lange Zeit bey obgemeldtem Herrn Cleyero in Ost-Indien auffgehalten und in dieses Nahmen vor etwa 16. Jahren einen Brieff in duplo an mich schreiben / auch einige Curiositäten schicken müssen / so mir aber wegen Ver-Unglückung des Schiffes nicht zu Handen gekommen) mündlich versickert / und kann auch theils auß der praeparation, welche durch das Rösten geschiehet / theils durch seine Krafft / wormit es den Schlaaff (wie andere in gar geringer dosi genommene opiata) verhindert / leicht geschlossen und geglaubet werden. Damit nun die frische Blätter davon befreyet und zum täglichen Gebrauch praepariret werden möchten / so thun sie dieselbige in eine grosse eiserne oder kupfferne Pfanne und wältzen sie darin mit der Hand / über dem Feur / hin und her / biß der Safft etwas hernach gehe: hernach wältzen sie andere auff einem Banck zu Bützger / welche wieder / wie zuvor / etlichmahl geröstet und gerollet werden: dann nachdem sie weniger oder mehr also gearbeitet werden / je wohlfeiler oder theurer sie sind / wie solches nicht allein obbelobter Herr D. Kempffer mündlich / sondern auch Herr Cleyerus in seinem Brieff an D. Simon Paulli berichtet / welcher in den Act. Hafniensibus l. c. kan gelesen werden.

§. 4.
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Sonsten hat man verschiedene Sorten von dem Thee, welche entweder nach der Blättern Grösse / oder nach der Farbe unterschieden werden. Der beste ist recht hell grün / hat einen guten Geschmack und Geruch / wie der Japonische insgemein zu seyn pfleget / welcher nicht allein rarer und besser / sondern auch viel theurer ist / und mag vielleicht derjenige seyn / welchen wir hier zu Land Kayser-Thee oder auch Thee Boye nen̅en: mit welchem Nahmen doch in Indien nur die Blüth (welche der Käyser meistens trincket) beleget wird / wie Georg Meister indem Ost-Indischen Lust-Gärten p. 176. berichtet: und kan man den Unterscheid auch an dem Thee-Wasser sehen / indem der frisch- und gute Thee eine grünlichte / der schlechte aber eine gelbe couleur und Tinctur gibt: wiewohlen auch viel an der Zeit gelegen / wie lang man ihn extrahiren lässet. Pomet gedencket über dieses auch der Thee-Blumen / welche vielmehr einer Blum / als Blättern gleich sehen / eine schwartz braune couleur haben und von den Holländern dem Gold gleich sollen geschätzet werden / worvon dessen Frantzöische Material-Kammer pag. 144. zu sehen. In Indien selbst soll ein Catjen 100. Thaler kosten / wie Georg Meister schreibet.

§. 5.
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Nachdem aber diese Thee-Blätter so theur gehalten und noch heutiges Tages das ???. unter 5. Rthlr. langsam zu bekommen ist: als haben verschiedene Medici darvor gehalten / daß man wohl bey Uns audere gute Kräuter finden könne / welche eben den effect thun würden; derohalben einige die Beronien / welche dem Thee fast gleich sihet: Andere den Ehrenpreyß / welchen sie derowegen Veronicam Theeizantem in eigenen Büchlein genennet / als Francus und Pechlinus: Andere den Roßinarin / als Ettmüllerus in Comm. Schroed. pag. 673: Noch andere die Salbey an dessen statt recommendiren / welche letztere nicht allein in der letzteren Campagne von den Officirern mit Nutzen getruncken / sondern auch von den Indianern gegen den Thee also außgetauschet wird / daß sie der Ost-Indischen Compagnie vor I. ???. Salviae 2. ???. und wohl mehr Thee geben; welches die Ursach seyn mag / daß der Thee bey uns wohlfeiler / als in Indien [210] selbsten / zuhaben ist. Will man aber jedoch des Thee nicht gäntzlich entohniget seyn / so kan man mit dem berümbten Olao Borrichie noch andere und zu jeder Kranckheit dienliche Kräuter darzu mischen und also ein Thee appropriatum darauß machen / dergleichen in dessen Tr. de Usu Plantarum zu finden ist.

§. 6.
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Beyder / nemblich des eintzelen und vermischten Thee Gebrauch ist / daß man ein oder oder 2. quint, oder soviel beliebig / in siedheissem Wasser extrahiren lasse / biß solches grünlicht werde / welches alsdann in die porcelline Köpger gegossen und also eingeschlurffet wird. Die Kesselein und andere Thee-Geschirr / welche nicht allein die Indianer / sondern auch die Leutschen in den Coffi - Häussern brauchen / findet man in oben allegirtem Tr. de abusu Tab. & herb. Thee, D. Simon Paulli, in schönen Abrissen und Figuren. Will man es lieber süsse haben / so thut man geflossenen Canarien Zucker darein / so viel beliebig ist / an dessen statt die Indianer den Stern-Aniß gebrauchen / welchem man hier zu Land den Gemeinen / oder auch das Süßholtz substituiren kan.

§. 7.
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Was endlich seine Kräffte und Qualitäten anlanget / beschreibet dieselbige in drey Stücken sehr kürtzlich und nervôs der Author des Atlantis Sinici Novi, nehmlich P. Martinus / Martini, indem er pag. 106. schreibet / daß das Thee 1. das Haupt erleichtere 2. den Magen stärcke / und 3. die Nieren von Sand und Stein befreye. Seine übrige Tugenden sind von einem guten Freund in folgenden Reymen abgefasset: Krafft / Ligenschafft und Würckung des Edlen Thees. 1. WIltu der Gesundheit pflegen Und vor Kranckheit mancher Art Biß ins Aller seyn verwahrt / Laß dir diß seyn angelegen: Recipe Edlen Thee / Der verschafft durch seine Tugend / Daß wir werden wie die Jugend. 2. Wo der Magen ist geschwächet / Wo dein Blut entzündet ist / Und du kranck im Haupte bist / Wann du auch zuviel gezechet / Recipe Edlen Thee / Der befreyet Haupt und Magen Gar geschwind von allen Plagen. 3. Hastu Noth von vielen Winden / Ist der Darm so voll gepfrofft / Die Passage ist verstopfft / Daß der Außgang nicht zu finden / Recipe Edlen Thee / Der wird besser als Clystiren Auff den rechten Weg es führen. 4. Will dich Gicht und Scharbock quälen / Greifft das Zipperlein dich an / Daß kein Artzt dir helffen kan / Dieses Mittel wird nicht fehlen: Recipe Edlen Thee / Der wird deinen lahmen Füssen Jhre Schmertzen bald versüssen 5. Flecken / Finnen / Eyterbeulen / Kupffer-Nasen / und Gesicht Da der Wein mit Macht außbricht / Wilstu auß dem Grunde heylen / Recipe Edlen Thee / Der wird von Gesicht und Nasen Solchen Unflat bald weg blasen. 6. Macht die Colic dir viel Schwertzen / Zeucht der Krampff die Sennen an / Daß dir niemand rathen kan / Und betrübest dich von Hertzen / Recipe Edlen Thee / Der wird alles bald curiren Und das Hertz zur Freude führen. 7. Ist der Vater dir gestorben / Wolte gerne seine Pflicht Legen ab / und kan doch nicht / Und die Mutter auch verdorben / Recipe Edlen Thee /
|| [211]
Der wird ihn zu Liebes-Wercken Kräfftig / auch die Mutter / stärcken. 8. Hat der Ehftand dir versaget Einen Erben anzusehn / Und thust traurig einhergehen / Ey nur nicht zu bald verzaget / Recipe Edlen Thee / Der wird in die Nieren lauffen / Daß du bald wirst lassen tauffen. 9. Summa, alles was da kräncket Unser Leib und Glieder all / Deren beyden ohne Zahl Und was nur zur Kranckheit lencket / Nimbt ohn Weh Weg der Thee; Drum so preyse seine Kräffte / Höher als die Lebens-Säffte. 10. Diß nur hab Ich wahr genommen / Daß wer Noth an Würmen spührt / Und davon will seyn curirk / Nicht muß an diß Mittel kommen / Weil ich seh / Daß der Thee / Mehrt die Würme fast mit Hauffen / Denen die Jhn täglich sauffen.

Das III. Capitel
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Von dem Indianischen Blatt / Yautz und Dudaim. Abbildung

§. 1.
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DAs Indianische Blat / FOLIUM INDUM oder MALABATHRUM ist ein ziemlich grosses / länglichtes / dick / glattes und breites / doch oben außgespitztes Blat / wordurch der Länge nach drey starcke fibrae oder Fasseln gehen / eines guten Geruchs und etwas aromatischen Geschmacks: hat mit den Blättern von dem Zimmet oder Caneel-Baum eine grosse Gleichheit / ausser daß das Indianische Blat in der Mitten etwas breiter / auch unten an dem Stiel nicht so, aromatisch schmäcket / wie das Zimmet-Blat; wie solcher Unter scheid vor andern von Fabio Columna, in seine Anmerckungen über des Hernandez Histor. Rerum Med. Nov. Hispan. pag. 864. wohl angemercket und gezeiget worden. Wiewohlen Herr Herbert de Jager am End des VI. Ost-Indianischen Send-Schreibens es vor das Caneel-Blat hält / und solches gewiß wissen will.

§. 2.
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Von dem Gewächs dieses Blats findet man verschiedene Meynungen / indem unsere [212] alte Vorfahren / als Dioscor. und Avicenna darvor gehalten haben / sie wüchsen und schwimmeten auff den stehenden Wassern / wie die Nymphaea; Dahero Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 599. fast zweifflen will / ob man heutiges Tages der Alten Malabathrum habe / nachdem gewiß ist / daß unser Indianisch Blat von einem gewissen Baum in Indien herrühre / welcher nach einiger Scribenten Meynung an denen Wassern umb Cambaja wachsen / und einem Citronen-Baum an der Grösse nicht ungleich fallen / auch einige Beerlein / wie der Caneel-Baum / doch kleiner / tragen soll; wie dann auch unter den Blättern zuweilen kleine Bläßlein hervorschiessen sollen / wie beydes aus obgesetzter Figur zuersehen / welche Pomet in seiner Material-Kammer pag. 142. abgemahlet. Noch andere von den neuesten Botanicis halten vor gewiß / daß dieses Blat von der Canella Malabarica, oder demjenigen Baum herrühre / worvon die Casia Lignea genommen wird / wie solches D. Dexbach in Disp. Inaug. de Casia & Malabathro pag. 7. 16. zu behaupten suchet; welche letztere Meynung fast am allerwahrscheinlichsten ist.

§. 3.
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Die Blätter selbsten müssen schön groß und breit / auch so viel möglich / frisch und noch grün- scheinend erlesen werden. Sie sollen auch noch gantz / und nicht zerrissen oder zermalmet seyn / welche ihre Kräffte besser erhalten. Die alte / verlegene und zerstossene hergegen verlieren sowohl ihren Geschmack / als guten Geruch / welches die Ursach ist / daß man offters an diesem Blat weder Safft oder Krafft spüret / so gar / daß obgemeldter Materialist / M. Pomet sich verwundert / warumb man doch solches vor diesem und annoch unter den Theriac mische.

§. 4.
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Sonsten kommen seine Kläffte und Würckungen mit den Nardo überein. Es machet einen guten und wohlriechenden Athem / treibet den Stein und Harn / stärcket den Magen / und wird auch eusserlich / wann es in Wein gekocht und auffgelegt worden / gegen die Entzündungen und trieffende Augen gerühmet. Es soll auch die Kleider vor Schaben und Motten praeserviren / wie solches Wormius in Mus. pag. 162. vor andern am besten beschrieben. Endlich kan man auch ein Oehl aus diesen Blättern destilliren / welches dem Zimmet-Oehl gleich kommen / aber etwas schwehr seyn soll: stärcket den Magen und andere Glieder.

§. 5.
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Auff Veranlassung des Indianischen Blats kan nicht unterlassen des allergrösten Blats / so in der Welt mag gefunden werden / allhier mit wenigem zugedencken / welches von einem sehr wunderlichen Gewächs / so in Syrien und Abyssinen zufinden ist und insgemein Mautz oder MUSA genennet wird / herrühret und gemeiniglich so lang und breit ist / daß eine ansehnliche Person mit dem gantzen Leib darauf liegen kan / wie D. Rauwolff (welcher dergleichen umb Tripol gesehen) in seinem Jtinerario meldet / und kan ich selbsten bezeugen / daß ich vor diesem bey Herrn / Sebastian Scheffern Seel. zu Franckfurt ein dergleichen Blat gesehen / welches eint sehr hohe Thür an einem grossen Bücher-Schranck gäntzlich bedeckete / und ist zubedauren / daß nach seinem Todt solches nebst seinen schönen und raren curiosen Büchern umb ein bagatel an die Juden verkauffet worden.

§. 6.
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Man hat sich aber desto mehr über die Grösse dieser Blätter zuverwundern / weilen sie nicht an einem Baum / sondern an einem Kraut wachsen / welches der Weltberümbte Jobus Ludolfi in seiner Historia AEthiopica Lib. 1. cap. 9. aus dem Horto Malabarico in einer gesetzten, Figur unter Augen geleget / auch in seinem sehr curiosen Commentario. pag. 141. 142. aus des Fürsten Radizivils, Rauwolffen und andern Reiß-Beschreibungen gründlich und deutlich beschrieben und zugleich derjenigen Irthumb wiederleget hat / welche dieses Gewächs vor einen Baum gehalten / da es kaum ein Staude genennet werden kan / weilen es gantz kein Doltz hat und jährlich entweder abgeschnitten wird / oder gar verdorret. Dem eusserlichen Ansehen nach ist es wie ein Federpusch anzusehen / wächset 1 1 / 2. biß weilen auch 2. Mann hoch / von aussen glat / schön grün und fast wie ein Rohr mit Blättern bekleidet anzusehen / welche von den Winden offters so zerrissen und zerfetzet werden / daß nichts als die blose Stengel und Fäserlein darumb hangen / wie Wormius solches aus Clusii Not. ad Garc. p. 163. Mus. weitläufftig beschrieben hat.

§. 7.
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Die Früchten / (welche dieses Gewächse nur einmahl / so lang es stehet / träget) werden in der Radzivilischen Reiß-Beschreibung also abgemahlet: Auff einer Stauden / daran die Frucht wächset / hangen unterweilen solcher in einem Büschel wohl 50. beyeinander / die sich dann / wegen des grossen Gewächs / wie die Melonen auff das Erdreich ausbreiten / und wo man sie lang liegen lässet / verfaulen: sehen unsern Cucumern nicht unähnlich / ausser daß sie etwas dicker / krummer und länger gestalt ist. D. Rauwolff aber thut hinzu / daß sie [213] von aussen glatt / mit einer dicken Schelffe überzogen seye / und ob sie schon erstlich gelb wäre / doch / wann sie wenig Tage gelegen / schwarzfaulicht werde / auch wie die frische Feigen sich abziehen liese / wäre auch / wie diese / süß und gut zu essen, Obbelobter Herr Ludolf hat dergleichen vor einigen Jahren aus Orient bringen lassen / bey welchem auch solche selbsten kosten zukönnen das Glück gehabt: waren noch von gutem Geschmack / ob sie schon lang eingesaltzen gewesen.

§. 8.
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Der Gebrauch und Nutzen ist wegen der grossen rarität hiesiger Orten gantz unbekandt. Es ist aber zu vermuthen / daß sie mit den Feigen sehr übereinkommen; wie dann das Gewächs von Acosta auch FICUS INDICA genennet wird. Und weilen diese Frucht die Natur bey Mann- und Weibs-Personen / wegen ihrer guten Nahrung / sehr stärcket / so ist sehr probabel, daß sie nichts anders / als die DUDAIM, deren Gen. 30. §. 14. 15. & seqq. gedacht wird / seyen / wie nicht allein Herr Ludolf solches an obbemeldten Stellen stattlich erwiesen / sondern auch schon von Guilandino und andern dem Gewächs selbsten deßwegen dieser Nahme beygeleget worden ist.

Das IV. Capitel
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Von dem Cretischen Dictam / Berg-Poley und Amber-Kraut. Abbildung
|| [214]

§. 1.
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ALldieweilen obige drey Kräuter mit unter den Theriac kommen / auch aus Frembdten Landen gebracht werden / so müssen sich die Materialisten vor andern auch damit versehen. Von allen aber braucht man nur das Kraut oder Blätter: und ob man gleich von dem gemeinen Diptam auch die Wurtzeln in den Apothecken findet / so braucht man doch dieselbige von dem Cretischen Dictam oder DICTAMNO CRETICO gar nicht / sondern es bestehet dieser in den Officinen as dicken / weissen und gleichsam gantz wollichten Blättern / eines scharffen und aromatischen Geschmacks und starcken Geruchs.

§. 2.
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Dieses Kraut wächset häuffig in Candiâ oder Cretâ, (davon es seinen Nahmen hat) zwey oder drey Schuh hoch / hat runde und auff beyden Seiten wollichte Blätter und schöne wohlriechende purpur-farbe Blümelein / wie Hopffen zusammen gefüget / mit schwartzen Stengeln: wird in Teutschland gar nicht / in Italien aber / absonderlich im Horto Medicô zu Padua nur zuweilen gefunden; und muß derowegen aus obgemeldter Insul Candien gebracht werden.

§. 3.
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Man muß aber zu sehen / daß diese Blätter noch frisch / breit und wollicht / auch eines guten Geschmacks seyen und zugleich noch mit der Blüt kommen; woran man sich vorsehen soll / daß sie nicht mit dem falschen Cretischen Diptam verfälschet seyen / welcher dem rechten an den Blättern ziemlich gleich ist / aber eine andere Blüte und weisse Stengelu hat / da der rechte hergegen an schwartzen Stielen wächset / mit welchen er doch nicht vermenget seyn soll / absonderlich bey dispensation des Theriacs, wo die beste simplicia erfordert werden.

§. 4.
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Seine Qualitäten sind erwärmend und wird derowegen von dem berümbten Casp. Hoffmanno de med. offic. p. 269. zu dreyen Stücken hauptsächlich gerühmet / daß er nemlich 1. alle Dorne und Stacheln auß dem Leibe ziehe / oder vielmehr treibe / 2. die Geburth gewaltig befördere und 3. dem Gifft widerstehe / weswegen Er auch unter dem Theriac genommen worden. So Er aber nicht zuhaben wäre / so substituiret ihm Sim. Paulli in Quad. Bot. pag. 286. den gemeinen Poley: die Pharmaec. Augustana aber das Scordium oder Lachen Knoblauch.

§. 3.
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Gleich Tugenden rühmet man von dem Berg-Poley oder POLIO MONATANO, dessen öberste Blätter / samt der Blüte / in den Apothecken zu finden / worvon jene klein / dicke und zerkerbt / auch oben und unten mit einer gelben Wolle umbgeben sind: Diese aber Goldgelbe und an kleinen Sternlein zusehen sind; beyde eines etwas scharffen und aromatischen Geschmacks und starcken Geruchs: Wird von Montpelier gebracht.

§. 6.
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Dieses Kräutlein wächset häuffig in der Provintz Languedoc in Franckreich / und zwar auff hohen Bergen / ohngefehr eines Schuhes hoch: Blühet im Sommer / darinnen es auch gesamlet und in kleinen Schachteln / mit einer andern Art / welche auff der Ebene / längst den Wegen / im Sand und andern truckenen Dertern wächset / heraußgebracht wird / worvon doch das rechte bald zu unterscheiden / indem jenes viel kleinere Blatter hat / auch nicht so wollicht / au dem Geschmack aber viel bitterer und gantz weiß ist / wie Pomet in seiner Frantzöischen Material. Rammer Part. 1. Lib. V. c. 2. pag. 140. zeiget.

§. 7.
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Man muß gleichfals nur das frische und mit der Blüte noch versehene Polium Montanum choisiren / welches einen bitteren und beynahe widrigen Geschmack hat; und weilen es hauptsächlich zum Theriac verlanget wird / so muß man es bey dessen dispensation wohl von den Stengeln saubern und von den obgedachten weissen Blättern (als welche an der Krafft viel schwächer seyn) absondern.

§. 8.
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An den Kräfften und Qualitäten ist es ein volatilisches / durchdringend- und erwärmendes Kräutlein / welches den Urin und die Monat-Reinigungen gewaltig treibt / auch sonsten allen Mutter-Leber und Miltz Verschleimungen gut thun soll. Man rühmt es auch gegen die Gelb- und Wassersucht. Ja die Alten haben es auch gegen die Schwere Noth sehr herauß gestrichen / so gar / daß Apulejus de Virtut. Herb. c. 7. pag. 182. auch dessen eusserlichen Gebrauch solche Krafft zuschreibet. Doch ist unter den Critischeu Grieblern noch ein grosse dispute, welches das rechte Polium Theophrasti und Galeni seye / von welchem Streit. Salmasius in Exercit. ad Solin. Polyhist. pag. 1067. gelesen werden kan. Weilen unterdessen solches auch gegen vergifftete Thiere-Biß gelobt wird / so ist es vor diesem auch zum Theriac gekommen.

§. 9.
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Nicht weniger sind die Botanici und Kräuter-Verständige bekümmert / eigentlich zu wissen / welche das
|| [215]
MARUM VERUM, oder Das rechte Amber-Kraut sey? dessen wohl viererley Species in des Tabernaemontani Kränter-Buch Part. 2. p. 56. zu finden sind. Wir wollen uns aber damit nicht auffhalten / sondern vergnügen uns mit demjenigen / so biß daher in den Material Kammern ist passiret worden / dessen gebräuchliche Blätter sehr klein / grün / auch wie die eisserne Spitzen an den Piquen gestaltet sind und einen sehr bitteren und widrigen Geschmack haben / in Ansehen dessen es auch Marum, quasi amarum, genandt worden ist.

§. 10.
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Dieses Kräutlein wird insgemein vor ein Art Majoran gehalten: allein der erste Anblick dessen zeiget / daß es mehr mit dem Thymian übereinkomme / von dessen species es beynahe von D. Ammannen in Char. Plantarum Nat. pag. 470. gehalten wird: wachset in Franckreich umb Toulon, trägt purpurfarbichte und wohlriechende Blümlein / welche als kleine Aehren / wie die Lavendel-Blumen / hervorkommen / Vid. Pomet. l. c. p. 141.

§. 11.
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Die beste Blätter sind / welche noch nicht alt / schön grün und ihre Blumen noch haben / auch einen starcken Geruch von sich geben; und wann sie zum Theriac kommen / müssen sie von ihren Stielen gesäubert und außgelesen werden.

§. 12.
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Der Gebrauch kommet mit dem Majoran und Thymian überein und wird dieses Kraut wegen seines aromatischen und erwärmenden Geschmacks in den Schlag- und andern Flüssen sehr gerühmet / so gar / daß es billich zu allen hauptstärckenden Spiritus und Essentzen kommen solte / wie Ettmüllerus in Comment Schroed. pag. 601. darvon judiciret. Weilen es aber hier zu Land ziemlich rar ist / so wird es auch langsam verschrieben / ausser daß es zu zweyen Compositis gesuchet wird / nemblich zu den so davon genandten Pil. Marocostinis Mindereri und zu den Trochiscis Hedychroi, welche sonsten unter den Theriac kommen.

Das V. Capitel
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Von den Linheimischen und Frembden VENUS-Haaren / wie auch der Mauer-Rauten. Abbildung
|| [216]

§. 1.
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DAs Kräutlein / so in den Apothecken Frauen-Haar / Venus-Haar oder CAPILLI VENERIS genennet wird / bestehet auß kleinen und tieff zerkerbten Blättern / dem jungen Coriander Solche bleiben den gantzen Winter grün und haben einen erdicht-adstringirenden / hinten nach etwas süßlichten Geschmack / aber keinen Geruch: werden theils in Teutschland gefunden / theils auß Spanien und Franckreich gebracht.

§. 2.
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Das Gewächs selbsten hat zäserlichte und haarichte Wurtzeln / auß welchen dünne und kürtze Stengel / so gläntzend und starricht seyn / ohngefehr eines Schuhes hoch / bißweilen auch nur Fingerslang / in die Höhe schiessen / daran gar viel bey einander stehen / und mit ihren zerkerbten Blättern gezieret sind / wie oben auß den Figuren zu ersehen; und weilen dessen verschieden Species zu finden / welche zwar verschiedene Nahmen haben / aber wegen ihrer Gleichheit öffters confundiret werden / so wollen wir von allen und jeden absonderlich mit wenigen handeln.

§. 3.
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Die rechte und wahre Capilli ???. oder Venus-Haar werden von den Botanicis oder Kräuter-Verständigen ADIANTHUM VERUM & VULGARE genennet / welches gar dünne und gantz schwartze Stengel hat / aber hier zu Land nicht wächst / sondern entweder auß Indien / als das ADIANTHUM BRASILIANUM und CANADENSE, oder auß Italien und Franckreich / als das ADIANTHUM MONSPELIENSE gebracht wird / deren Abbildung bey Anfang dieses Capitels zusehen. Wann derowegen die Capilli Veneris so schlechter Dings von den Medicis in ihren Recepten verschrieben werden / so müssen die Apothecker dieses Kraut verstchen und vor andern darzu nehmen / welches sie sonsten auch Adianthum album heissen / welcher Nahme doch lieber der Mauer-Rauten von andern beygeleget wird / wie in des Sam. Dale Phytolog. pag. 119. zu sehen ist.

§. 4.
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Diese Mauer-Rauten oder ADIANTHUM ALBUM aber wird auch bey uns häuffig / an alten Mauren / Thürnen und Altanen gefunden / wächset nicht so hoch als der vorige und hat auch etwas breytere und stumpffere Blätter / wie auß der Figur zu sehen: wird sonsten auch SALVIA VITAE genennet. Muß also diese verstanden und von den Apotheckern genommen werden / wann die Medici das Adianthum album verschreiben.

§. 5.
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Die dritte Art wird ADIANTHUM NIGRUM geheissen: hat einen schwartze Stiel / auch dickere und längere Blätter / als die vorige / welche insgemein mit einem gelben Staub auff der einen Seite besprenget sind: und weilen solches insgemein an schattichten Hügeln und umb die Wurtzeln der Bäumen / wie das Fahren-Kraut wächset / so wird es von einigen Onopteris mas und Esels-Fahren benahmset; und obgleich viele Apotheckern es auch Frauen-Haar nennen / so sollen doch dieselbige dieses allein nehmen / wann das Adianthum nigrum schlechthin verschrieben wird.

§. 6.
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Im übrigen werden sich die Apothecker vorzusehen wissen / daß ihnen die Einheimische nicht vor die Frembde auffgehänget werden möchte / worzu die genaue Betrachtung obiger Figuren dienen kan. Alle Species aber sollen frisch / schön grün und an gantzen Blättern eingekaufft werden. Doch müssen sie wohl auffgetrucknet seyn / auch keinen schimlicht- und dumpffichten Geschmack haben / wie Marxius in seiner Teutschen Material. Kammer pag. 44. wohl erinnert.

§. 7.
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In Ansehen ihrer Wülckung und Qualitäten kommen sie fast alle über ein / sind gar temperirt und trucken / dahero sie auch eine Krafft zu trucknen und zuzertheilen haben; weswegen sich dann der Herz Ettmüllerus in seinem Comm. Schroederiano pag. 506. nicht unbillich verwundert / daß / wie einige melden / aus 1. ???. dieses Krauts fast eben soviel Saffts soll außgepresset werden können / worvon einige Nachricht im Anhang der Miscellan Acad. N. Cur. A. 4. & 5. Dec. 1. zu finden ist. Es werden aber diese Kräutlein am meisten zu den Brust-Träncken gebraucht / indem sie den groben Schleim zertheilen und auß der Brust raumen / und deßwegen gegen den schweren Athem / wider das Keichen / langwürigen Husten und Lungensucht verschrieben werden. Anbey werden sie auch gegen andere langwürige und hart???ückichte Schwachheiten / als gegen die so genandte Milßsucht / Wassersucht und dergleichen von den Alten gerühmet; wie sie ingleichen gegen das Blutharnen / absonderlich aber gegen das versteckte und geronnene Geblüt in den Harngängen mit Nutzen gesotten und genutzet werden. Wo aber etwa Stein und Sand vorhan [217] den / kan man denselben etwas von den Juden-Kirschen und Meerhirschen zugesellen. In welchen Fällen auch der Gafft davon / das ist der SYRUPUS CAPILLORUM VENERIS, oder Capillair-Syrup sehr gebräuchlich ist / welcher deswegen offt von Montpelier auß Franckreich / ja gar von Canada verschrieben wird; wie dann auch in Franckfurt bey den beyden Parfumeurs, Daniel Brusson und Jean Rey dergleichen wohl 3. biß fünfferley Sorten / als der Capillair-Syrup mit Pomerantzen-Blüth / der Parfumirte / Gemeine und andere zu finden: wiewohln man solche eben so gut in Teutschland praepariren kan / und der Frembden so hoch nicht vonnöthen hat. Solten sich aber vornehme oder curieuse Personen gar zu sehr darin verliebet und dieselbe mit Gewalt auß Franckreich verschrieben haben wollen / so muß man zusehen / daß man den rechten und veritablen bekomme / welcher eine schöne gelbichte Farb hat und doch klar und durchsichtig ist / einen guten Geschmack und rechte consistentz hat: der saur???chte aber und schimlichte / wie auch der gantz weisse / ist als verdächtig zuverwerffen: und sollen einige vortheilhafftige Apothecker zu Nisme und Monipelier solchen auß denen schon einmahl gekochten und wider auffgetrockneten Kräuter nachmachen / wie Pomet. solches in seiner Histoire des Drogues Gener. pag. 149. entdecket, Sonsten hat man in den Apothecken auch noch einen vermischten Safft oder Syrupum Capillorum Veneris Compositum davon / dessen Zubereitung in dem Dispensatoriô Augustanô zu finden ist. Die Conserv, (welche einige auch von Montpelier kommen lassen) ist nicht von grossem Abgang / worvon doch jetztgemeldter Materialist c. l. zu sehen ist.

Das VI. Capitel
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Von dem Filtz-Kraut und der Thym-Seiden. Abbildung
|| [218]

§. 1.
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DAs so genandte Filtz-Kraut oder CUSCUTA bestehet aus dünnen und langen Fäserlein / welche sich umb andere Kräuter schlingen und verwickeln / von welchen es auch immer anderst genennet wird / als Epistoeba, wann es auff der Stoebe, Epipolion, wann es auff dem Polio wächset / wie Simon Paulli in seinem Quadripartito Botanico pag. 281. weiter zeiget; worbey doch zumercken / daß / wann die Cuscuta schlechterdings und ohne Beynahme von den Medicis verschrieben wird / solche dasjenige Filtz-Kraut verstanden haben wollen / welches entweder auff den Nesseln-Hopffen oder Flachs zu finden ist / von welchen es auch Flachs-Seiden genennet wird.

§. 2.
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Ob nun gleich diese Fäserlein nur eine Außwachsung von andern Kräutern sind / auch davon ihre Nahrung haben; so vermehret sich doch dieses Gewächs nicht desto weniger auch durch seinen eigenen Saamen / welcher sehr klein / wie Magsaame ist / und in kleinen runden Schöttlein wächst: trägt keine Blätter / sondern kleine Fleisch-farbichte Blümlein / welche gliedweiß längst den Fäserlein hervorkommen / wie Mons. Tournefort solches in des Pomets Histoire des Drogues pag. 181. mit mehrerem beschrieben hat.

§. 3.
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Dieses Filtz- oder Miltz-Kraut wird von den Kräuter-Verständigen in das grössere und kleinere (CUSCUTAM MAJOREM & MINOREM) getheilet / nachdem es entweder an grossen oder kleinern Kräutern zu finden ist / und hält man deswegen die gemeine Cassutham vor die grössere / und den Epithymum oder Thym-Seide vor die kleinere Art.

§. 4.
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Insgemein aber sind diese Gewächse Nitrosischer Art / weswegen sie auch eine eröffnende / aufflösende und reinigende Krafft haben / wie Ettmüllerus in Colleg. Schroederiano pag. 558. aus dem Hoffmanno wohl angemercket hat; und weilen sie nicht allein den Tartarischen Wust und Schleim in denen Gedärmen und Eingeweid / wie auch Leber / Miltz und Gegröß gelind durch den Stuhlgang abführen / sondern auch den Grieß und Sand aus den Nieren und Harngängen treiben; so werden sie von den Aertzten sehr fleissig in denen Laxier-Püschlein und Kräuter-Weinen mit andern verschrieben / und gegen die schwartze und gemeine Gelbsucht absonderlich gerühmet / gegen welche Crato fast kein besseres Mittel gefunden hat / wie in seinem 110. Brieff bezeuget wird. Andere brauchen die Cuscutam in der anfangenden Wassersucht / langwierigen Fiebern und dergleichen. Einige machen auch einen Syrupum davon / welcher aber nicht so gebräuchlich / als der Syrupus de Epithymo oder Safft von der Thym-Seiden / welche auch eine species der Cuscutae ist.

§. 5.
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Was nun absonderlich diejenige Cuscutam, welche auff dem Thymian wächset / anlanget / so wird dieselbige davon die Thym-Seide und EPITHYMUM genennet / und bestehet aus sehr dünnen und braunen haarichten Zäserlein / eines sehr guten aromatischen Geruchs / und wird aus den warmen Ländern / als Candien und Italien überbracht / indem es bey unserm Thymian nicht wohl zu finden ist.

§. 6.
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Denen Materialisten sind dessen zweyerley Sorten bekandt / nemblich das Cretische und Venedische Epithymum. Jenes / nemblich das Cretische hat viel kleiner- und dünnere Fäserlein / welche braun von couleur und eines sehr guten Geruchs sind: Dieses / nemblich das Venedische ist zwar etwas länger und starcker an den Fäserlein / aber bey weitem so aromatisch nicht / als das Cretische. Beyde aber sollen noch frisch / wohlriechend und nicht zermalmet seyn / wann sie vor gut passiren wollen / wie Pomet in obangeführter Stell vor audern erinnert.

§. 7.
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Seinen Kräfften nach wird es unter die Laxierend- und gelind purgierende Artzneyen / welche den harten und sauren Schleim / so sich in denen Eingeweid und Gegröß-Aederlein offt anleget / gelind abwischen und außführen / gerechnet; und wird deswegen mit den Senet-Blättern und dergleichen gegen die windige Melancholey / Scharbock / Schwindel und andere Haupt-Kranckheiten / welche per consensum aus dem Magen entstehen / nicht ohne Nutzen verschrieben. Allwo doch wohl in acht zu nehmen / daß dieses zartes und flüchtiges Kräutlein nicht gekochet / sondern über Nacht nur infundiret und eingeweichet werde / dann sonsten zu besorgen / daß die beste Krafft durch das kochen verrauche / wie Forestus im dritten Buch seiner Curen / Observ. 32. angemercket. Weilen auch dieses Mittel wegen seiner hitzigen und aromatischen Stärcke / Durst und Hitz erwecken könte / so gibt Fernelius anbey den Rath / daß man es nicht allein / sondern mit kleinen Rosinen oder Violen-Safft vermischen und ein [219] nehmen solle. Der Safft davon oder SYRUPUS de EPITHYMO ist ein sehr weitläufftiges und aus vielen Stücken zusammen gesetztes Compositum, dessen Kräffte mehr den übrigen purgierenden Zugaben / als Agarico, Tamarinden und dergleichen zu zuschreiben / und vielleicht wenig von der Thym-Seiden (deren Krafft in dem Kochen wegfliehet) behalten haben: Wird aber doch auch zu eben denjenigen melancholischen Kranckheiten / dargegen dieses Kräutlein oben gerühmet worden / zuweilen verschrieben.

Das VII. Capitel
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Von dem Bemeinen und Virginischen TABAC, allerhand Schnup-Tabac und dergleichen. Abbildung

§. 1.
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DEr TOBACK oder TABACUM bestehet aus langen / breiten und meistens oben zugespitzten / weichen und fetten Blättern / tines scharfen Geschmacks und gruficht-Schlaafbringenden Geruchs: heiset eigentlich PETUM, wird aber von einer Insul dieses Nahmens / wo er am häuffigsten gezogen wird / TABACUM und von einem Portugiesischen Abgesandten Joh. Nicot NICOTIANA genennet / alldieweilen derselbige die heilsame Kräfften dieses Gewächs an seinen Dienern zuvor in Indien erfahren und nachgehends vor ohngefehr 150. Jahren zum erstenmahl heraus in Europam gebracht hat / wie davon die gantze historie weitläufftig und sehr artlich von den beyden Frantzosen Charle Estienne und Jean Liebault Lib. II. de la maison rustique pag. 123. erzehlet wird.

§. 2.
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Dieses Kraut und Gewächs (welches jederman so bekandt ist / daß es weitläufftig zu beschreiben gantz ohnnöthig zu seyn scheinet) wird allhier zu Giessen / wie auch zu Butzbach und umd Hanau sonderlich und häuffig aus einem [220] seht kleinen Saamen auff folgende Art gezogen: Der Saame wird umb Peters-Tag gegen den Frühling ein paar Tag in Bier eingeweicht / in einen Hafen voll guter / schwartzer und fetter Erden gemischet und so lang in eine warme Stube gestellte / biß der Saame auffzublatzen beginnet. Hierauf wird er alsdann mit solcher Erden auff eine wohl zugerichtete Mist-Kutsche gesäet / welche mehr auß Pferds-Dung / als Kühemist bestehen soll / damit es besser treibe und die Pflantzen desto eher auffgehen und groß wachsen möchten; zu welchem End einige auch noch Hühner und Taubenmist darüber schütten und fleissig begiesen. Sobald nun die Pfläntzlein sich zeigen / müssen sie fleissig gegäten oder von dem Unkraut befreyet werden / damit sie darunter nicht ersticken. Wann sie aber groß gnug seyn / werden sie in ein wohl-gebautes und wohl-gedungtes Land also gesetzet / daß jede einen Werckschuh von der andern entfernet stehe und also denen Blätter gnugsamer Platz zum Wachsthumb gelassen werde; welches doch bey nassem Regen-Wetter geschehen soll / damit die Pfläntzlein so gleich begleiben und nicht so offt begossen werden müssen / dann sonsten verdorren sie / indem sie so jung gantz keine Hitze vertragen können / so gar / daß man sie bey gar dürrem Wetter anfänglich mit grosser Müh offters mit Mooß zudecken muß. Wann nun selbige etwas grösser worden / so wird auff beyden Seiten mit kleinen und breiten Häcklein die Erde umb sie herumb gehäuffet / welches man hier zu Land das Räuschen nennet: worauff sie augenscheinlich besser in die Höhe treiben und täglich ein merckliches zunehmen. Damit aber die Blätter desto breiter und länger werden möchten / so muß man die kleine und schmahle Neben-Schößlein / welche man den Geitz heisset / fleissig abreissen / und wie man redet geitzen / auch wann das Kraut oben schosset und blühen will / solche Stengel außbrechen und nur etliche Stengel zum Saamen stehen lassen / welcher wohl in Acht zu nehmen ist / indem er wegen einbrechenden Frostes nicht alle Jahr gerächet / und alsdann manchmahl umb das Geld nicht zu haben ist. Wann nun die Blätter fein dick und ledericht sind / einen starcken Geruch von sich geben / an den Spitzen gelb werden / und also zur Zeitigung kommen / so werden sie biß auff die unterste Sand-Blätter (welche à part gesamlet und vor halb Gut verkauffet werden) abgebrochen und nach Hauß getragen / und nachdem sie einige Tage an den Betten außgeschwitzet / fein gelb und zähe geworden / so werden sie in gutes und starckes Bind-Garn mit den Tabacs-Nadeln eingeschnüret / und so lang an die Dächer (wo er offt mit Besemen gekehret wird / damit es kein Brand-Gut gebe) angehänget / biß er recht dürr worden. Worauff er bey feuchtem Wetter / vor dem Mertz / wieder abgenommen und auff grosse Hauffen geschlagen wird. Auff welche Weiß auch mit dem Geitz / so hernach wächst / verfahren wild.

§. 3.
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Dieser also gesamlet- und gedörrete Tabac nun wird entweder also rohe und ungemacht Centner weiß an die Frembden verkauffet und von hier nach Brenen / Hamburg und gar in Holland verführet / so daß man hier vor den centner 3. 4. 5. 6. biß zehen Thaler / nachdem es schöne grosse / gelb-braune und zähe Blätter (welche man Spinn-Gut nennet) oder nur gemeine / grünlichte und keine Blätter sind / bezahlet: Oder wird zu runden und platten Stangen (welche öffters hier zu Land mit Eisen-Wasser / anderswo aber mit Syrup schwartz gefärbet werden) gebunden und gepresset / welche dem gemeinen Mann gantz oder zu Stücken geschnitten von den Vorhäcker verkauffet werden: Oder wird in den Tabacs-Stuben (welche auch hier zu Land zu Franckfurt von den Hn. Flammerdingen / und zu Hanau von Herr Grayen und andern unterhalten werden) zu Rollen gesponnen / und was etwa abfället und zerrieben worden / zum Brieff-Tabac gemacht: welches letztere gemeiniglich in absonderen Gemächern / welche sie die heimliche Arbeit nennen / geschiehet / damit niemand die Heimlichkeit ersehe und lernen könne; Und hat man sich wohl höchstens über die Einfalt der Teutschen Tabacs-Brüder zu verwundern / daß da diese Rollen und Tabacs-Brieffger in grossen Fässern und Einschlägen von Hanau zuvor in Holland gesendet werden / eben diese nachmalen wider von den Holländern theurer gekauft und mit grossen Kosten und schwerem Fracht herauff auß Holland verschrieben und vor einen besondern / rarern und bessern Tabac getruncken werden. Sind das nicht Albertäten! Was mögen wohl die Holländer von dieser Teutschen Einfalt hallen?

§. 4.
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Uber diesen findet man auch bey denen Materialisten den Ost- und West-Indischen Tabac: davon jener / als der Japponische / der beste und lieblichste / aber auch der rareste ist / weilen Er wegen Weite des Wegs / und weilen sie drey Tage unter der Sonnen fahren müssen / verderbensoll / wie Vielheur solches in Beschreibung frembder Materialien pag. 133. zeiget. Unter dem West-Indischen ist der Virginische / so dick und trucken / der beste: Diesem nach der Presill-Tabac, welcher schwartz und Fingers dick ist / wie Pomet. in seiner Material-Rammer p. 157. lehret; ohne welchen der Canaster-Tabac / (wie ihn Marx. in seiner Material-Rammer pag. 136. nenet) wie auch [221] der so genandte Species-Tabac bey den Apotheckern noch bekandt ist / welcher letztere auß Tabac und wohlriechendem Rauchwerck vermischet wird; wie dann gemeldter Marxius pag. 198. eines Fluß-Tabacs gedencket / worunter er den Thee mischet und 1. ???. vor 30. Kreutzer gibt. Die Indianer haben sonderlich vier Species, als den grünen und Amazonen Tabac, welche runde Blätter haben und den Vermischen und Zungen Tabac / welche lange und außgespitzte Blätter haben: worvon Mallet im 8. Buck seiner Welt-Beschreibung pag. 178. mit mehrerm kau gelesen werden.

§. 5.
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Nicht weniger Sorten werden von dem so genandten und bekandten Schnup-Tabac bey denen Materialisten und Apotheckern gefunden / nachdem Er entweder auß blossem gestossenen oder granulirten Tabac / oder andern Kräutern und Blumen bestehet / auff vielerley Art gefärbet / oder auch mit Biesem und Amber angemachet wird / dessen die Parfumcurs viele Sorten / als den ambrirten und bisamirten Tabac de Pogibonci, den Ambrirten und Bisamirten de Franchipane, beydemit Blumen / den ambrirten und bisamirten Maltheser oder Spanischen / den Tabac de Neroli &c. führen und verkauffen.

§. 6.
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Die Art den Toback zu rauchen und zu schmauchen ist nach Unterscheid der Nationen unterschiedlich. In Ost-Indien sollen die Einwohner das Blat nur oben weit und unten eng / gleich eine Dutte drehen / oben anstecken und so lang das Blat glimmet und sie es im Mund halten können / den Rauch nach sich ziehen / ohne eintzigen Gebrauch der Tabacs-Pfeiffen: Ja sie sollen den säugenden Kindern / wann sie gesogen haben / ein Blat also ins Maul stecken und solchesobalden schmauchen lehren / wie auß dem Georg Nic. Schurzio solches Vielheur in Beschreibung frembder Materialien pag. 133. vorgibt. In West-Indien / absonderlich in der Insul Floride, hangen sie kleine Hörnlein von Rohr oder Palmen an ihre Hälse / wordurch sie den Tabac rauchen / wie in einem besonderen Discurs von diesem Kraut / welcher in des Estienne und Liebault zweyten Buch der Frantzöischen Haußhaltung pag. 125- zu finden / berichtet wird. Die Türcken und Ehinenser brauchen sehr lange Pfeiffen von vielen / in einander zuschiebenden Röhrlein / mit einen Kopff von Thon: Oder an statt der höltzernen / eine lange über Drath gewundene lederne Röhr / welche man umb die Hände wickeln kan. In Europa hergegen hat man die weisse / und entweder schöne glatte / oder gemeine Tabacs-Pfeiffe / von welchen anderswo schon gemeldet worden ist.

§. 7.
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Was die Tugendt und Qualität des Tabacs anlanget / so hat er eine außtruckende / zertheilende und Schlaaf-bringende Krafft / deren jene von seinem volatilischen Saltz: Diese aber von seinem stillenden und narcotischen Oehl herrühren. Krafft der ersten zertheilet er den zähen Schleim auff der Brust / und wird derowegen auch ein Safft oder Syrup davon gegen das Keichen / Husten und dergleichen in einigen Apothecken gefunden: zertheilet auch damit die scharffe Flüß / und ist deßwegen denjenigen / so feuchter Complexion sind vor andern dienlich / erwerde gleich gerauchet / oder wie andere pflegen gekäuet. Krafft des 80. und Sulph. Narcotici machet er truncken und sollen sich der Indianer Pfaffen damit zuvor toll machen / ehe sie von künfftigen Dingen weissagen, wie obgemeldte Authores, pag. 187. de l' Agriculture berichten; gleichwie er auch damit alle Schmertzen / absonderlich die Erstickung der Mutter / stillet / wie nicht allein an jetztgemeldtem Ort zu sehen / sondern ich in der That selbsten erfahren / daß ein Weib in der Pfaltz fast mit nichts anders / als den Tabacs-Rauch curiret werden können. Noch viele andere dessen Würckungen werden von verschiedenen Gelährten / welche eigene Bücher davon geschrieben / als Everhardo, Magneno, Neandro und andern weitläufftig beschrieben; Da hergegen auch andere dessen Mißbrauch zur Genüge bezeiget / als der König Jacob in Engeland in einen besondern Buch / wie auch D. Sim. Paulli Tr. De Abusu Tabaci. Merckwürdig ist / daß der Groß-Hertzog zu Florentz eine Essence auß dem Tabac gehabt haben soll / damit man eine Taube gleich hat tödten können / wann man nur einen Faden darin gefeuchtet / und durch den einen Flügel gezogen. Von andern praeparatis, ???. Oehlen / Ungt. und anderen Compositis können D. Ettmüller inseinen Comm. ad Schroed. p. 616. und Hoffmannn in Clavi Schroed. p. 514. gelesen werden.

§. 8.
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Die Engeländer haben auch den Rauch mit Nutzen in Clystiren gebraucht und ein eigen Instrument darzu erfunden / welches von Bartholino in Epist. und Obs. Anatom. Stisser. in Disp. de Machinis fumiductoriis abgerissen und auch in meinen Polychrestis Exoticis Disc. de Clyst. Tabacino zu finden ist. Dieses thut sehr gut / in allen Bauch- und Mutter Schmertzen / wie auch Nieren- und Blaßen-Stein / wann die Schmertzen zu groß und fast unleidlich find. Der Rauch in die Nasse geblassen ermundert diejenige so die Schwere Noth haben.
|| [222]

Das IIX. Capitel.
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Von den Sener-Blättern und der Meer-Minde. Abbildung

§. 1.
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DIe Senet-Blätter oder FOLIA SENAE sind länglicht-außgespitzte und von ihren Stengeln abgestreiffte Blätter / eines bitteren / etwas scharffen und also widrigen Geschmacks / von gelb-grüner Farbe: kommen aus Orient und werden derowegen von einigen Medicis auch FOLIA ORIENTALIA genennet.

§. 2.
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Das Kraut / woran die reckte Senet-Blätter wachsen / ist ein Sommer-Gewächse / welches keinen Frost leiden kan; weßwegen es auch in den wärmeren Europaeischen Theilen vor dem Majo nicht gepflantzet werden kan / und müssen auch die Blätter früh im Herbst / wegen der Kälte gesamlet werden / wie Tabernaemont. im Andern Buch von den Kräutern pag. 230. aus Lobelio und Andern meldet; dahero es ein grosser Irrthum ist / wann einige vermeinen / die rechte Senet-Blätter wächsen wie die Colutea, welches ein Baum ist und in unsern Gärten lange Jahre stehet / wie solches Guibertus in einem eigenen Frantzöischen Tractat von der Senna pag. 272. weitläufftiger gezeiget hat. Indessen findet man doch verschiedene Geschlechte davon / worunter das erste / die Sena Orientalis oder die AEgyptische und Alexandrinsche vor die beste gehalten wird: hat dünne runde Stengel / wie der melilotus, anderhalb Schuh hoch / mit länglickten / schmalen / spitzigen und grünlichten Blättern / auff beyden Seiten / wie das Süßholtz Bäumlein / besetzet / welche bleich-gelbe Blu [223] mem mit röthlichten Aederlein / und nach diesem platte (nicht wie die Colutea vesicaria auffgeblasene) Schöttlein tragen / in welchen ein braunlichter und grau-farbichter Saame verschlossen ist. Das andere Geschlecht ist die Welsche Sena oder Sena Italica, so der ersten fast gleich ist / ausser daß sie kurtzere / breitere und rundere Blätter und einen schwartzen Saamen hat / und der vorigen an Kräfften nicht beykommet.

§. 3.
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Hier ist aber zumercken / daß die Orientalische oder Alexandrinische Senet-Blätter wieder in zwey Sorten kommen / darvon die erste MECHINA heisset / weilen sie von Mecha kommet und die allerbeste ist: hat länglichte / schmale / etwas spitzige und dicklichte Blätter / welche an der Farb grünlicht mit gelb vermischet sind / und werden sonsten von den Frantzosen Sene de la Palte genennet / weilen deswegen ein grosser Zoll (welchen die Türcken Palte heissen) an den Groß-Türcken zu zahlen ist / weßwegen sie auch rar und theuer sind. Die andere wird von dem Ort / da sie wächset / SAETTO genennet / welche aus grünen Blättern bestehet / so den vorigen an der Güte nicht gleichen / doch aber besser dann die Welsche sind / wie Marxius in seiner Teutschen Material-Kammer pag. 171. meldet. Unterdessen will Pomet in, seiner Hist. de Drogues pag. 147. noch nicht glauben / daß in Italien solche wachsen / sondern meinet sie kämen auch aus Orient über Tripoli, und möchte diese Meynung daher entstanden seyn / weilen die wilde Senet-Blätter oder Colutea Vesicaria in Italien häuffig zu finden seyen.

§. 4.
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Aus obigem Unterscheid wird nun leicht zu entscheiden seyn / welche Senet-Blätter die beste und vor andern zuerlesen seyen? Einige halten diejenige / welche aus grossen / breiten und recht grünen Blättern bestehen / vor die beste und dringen auch wohl bey Visitation der Apothecker darauff. Allein obgemeldter Pomet sagt allen diesen hautement ins Gesicht / daß sie hiervon schlechte Wissen schafft hätten / und bezeuget anbey / daß ihm ein gantz Sträuchlein / (dessen Abriß oben Fig. I.) von der rechten Orientalischen Senâ aus Alepo, gesandt worden / aus welcher zuersehen / daß dieselbe mittelmäsige / etwas außgespitzte und gleichsam wie eine Spitze an den Piquen gebildete Blätter habe / welche gelbicht anzusehen und einen starcken Geruch haben und gelind anzugreiffen sind: von welcher Sort er auch eine grosse Parthy durchtrieben und verhandelt habe: müsse aber doch von ihren Stengeln und anderem Unrath wohl gesaubert werden / wie solches auch in der andern Sort in Ermangelung der besten) in Acht zunehmen ist. Die Fragmenta hergegen und Staub darvon (welchen die Landstreicher auch à part verkauffen) sind gäntzlich zuverwerffen.

§. 5.
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Warumb man aber die Bälg- oder Schöttlein / welche Lateinisch FOLLICULI SENAE heissen / so gar ausser Acht und Gebrauch lasse / da sie doch viel gelinder / als die Blätter purgiren / auch / weilen sie weder Geschmack und Geruch haben / besser einzunehmen sind / ja deßwegen von einigen weltbelobten Medicis, als Fernelio, Fallopio, Jac. Sylvio. Guiberto und andern den foliis senae vorgezogen werden / hat man sich nicht ohne Ursach zu verwundern / und meritirten sie billich auch verschrieben zu werden / wann sie nur recht zeitig und hübsch-vollkommene Saam-Körnlein haben / nicht schwary und zerrissen / sondern gantz / grün und noch frisch sind.

§. 6.
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Was nun den Gebrauch der Senet-Blätter anbelanget / so ist einmahl gewiß / daß sie eine vortreffliche und wann sie recht gebraucht werden / sehr gelinde Krafft zu purgiren haben / und alle scharffe / saltzichte / saure und schleimichte Feuchtigkeiten außführen / absonderlich aber in allen langwierigen Kranckheiten sehr gut thun; Und ist merckwürdig / daß / wie ich offt erfahren / diejenige / welchen die stärckste Purgierungen sonsten nichts thun / von den Senet-Träncklein beweget werden. Unterdessen muß man ihnen doch nicht zu viel trauen / indem sie bißweilen wunderliche Händel machen / wie neulich ein guter Freund / welcher sonsten, kein Medicus, aber bißweilen in der Artzney gern zu stimpeln pfleget / an sich selbsten aus Fürwitz erfahren / indem er nicht allein die über Nacht eingeweichte Senet-Blätter starck außgepresset / sondern auch noch etwas von dem Pulver in substania darzu genommen / wodurch er den Magen so zugerichtet / daß er vier gantzer Wochen einen gefährlichen Durchlauff / mit Gefahr des Lebens / erfahren müssen; wie dann fast dergleichen effect vor kurtzer Zeit an einer Adelichen Fräulein erfahren / welcher ein Wund-Altzt das Pulver davon gegeben hatte. Weßwegen am allersichersten ist / daß man die Senet-Blätter nur infundire, auch nicht hart außdrucke / weilen die Grimmen und übrige Ungelegenheiten von dem zähen Wesen / das sie bey sich führen / herrühren / wie Doct. Ettmüller in Comment. Schroeder. pag. 753. nebst andern zeiget. Daß Pulver wird sehr langsam verschrieben; und ob man zwar ein gewiß vermischtes Pulver davon in den Apothecken findet / welches Pulvis Senae Montagnanae genen [224] net wird / so wirdes doch von niemanden recht verschrieben. Ingleichen wird der Extract davon auch wenig aestimiret / dessen man sonsten ohngefehr ???ij. auß einem ???. haben kan / wie es Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 157. außgerechnet hat.

§. 7.
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Weilen man im übrigen nechst den Senet-Blättern noch ein andere Art purgirende Blätter in den Officinen findet / welche Meer-Kohl / Meer-Winde oder SOLDANELLA genennet wird / so wollen wir derselben auch mit wenigen gedencken. Es sind nemblich runde Blätter / eines scharffen / saltzichten / dabeneben etwas bitteren und also widrigen Geschmacks: kommen von einem kleinen Kräutlein / welches Blätter wie die Holwurtz hat / ausser daß sie kleiner und dicker sind / und tragen purpurfarbichte Glocken-Blümlein wie die Winde. Sie wachsen in dem Alpen-Gebürgen / unib Inspruck und Ravensburg / wie auch in Oestreich und der Steiermarck / werden aber mehrentheis auß Italien und Franckreich gebracht / weilen des Krauts auch viel längst dem Meer wächset / dahero es den Nahmen hat. Die Blätter müssen frisch und gantz nichtzerrissen seyn / wann sie vor gut passiren sollen.

§. 8.
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Der Kraft und Würckung nach ???eiben sie durch den Stuhlgang alle rohe wässerichte Feuchtigkeiten / so gar / daß Erastus räthet / daß dieses Kräutlein nie unter denjenigen Purgirungen / welche den Wassersüchtigen verschrieben werden / außzulassen sey: wird sowohl in substantiâ, als infuso, gebraucht / worden Ettmüllerus l. c. p. 754. zu sehen ist.

Das IX. Capitel
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Von der Weid-Fard / LACMUS, TORNESOL und SUMAC. Abbildung DEr Weid ist ein blaue Farb / wie der Indig / aber viel unsauberer / erdichter / so in sehr harten Stückern / ohngefehr einer Welschen-Nuß groß / kommet und meistens in Thüringen (wo immer ein grosser Handel damit getrieben worden) mit [225] grosser Mühe zubereitet; wiewohlen in Geldern und dem Gülicher Land / wie auch in Franckreich umb Tolouse- solcher auch / aber nicht so gut / als in Thüringen / gemacht wird.

§. 2.
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Das Kraut / worvon diese Waar gemachet wird / hat im Leutschen eben den Nahmen Weid / und heisset bey den Botanicis JSATIS, auch GLASTUM, und bey den Frantzosen Guesde und Pastel: hat lange / unten breit und oben außgespitzte Blätter / gelbe Blümlein und breite / platte und stumpffe Schöttlein / worinn ein gelb Saamen-Körnlein / dem Gersten-Korn nicht ungleich / aber nicht so dick und vollkommen / wächset / auß welchem es auff folgende Manier gezeuget wird: Der Acker muß ein schwastzes / fettes und fruchtbahres Land haden / welches noch vor dem Winter oder zum wenigsten in der Fasten einer Ehlen tieff geackert / geäget oder gegraben wird, Herrach wirfft man den Saamen in das frische Erdreich / welcher bey den warmen Nächten / zwischen Ostern und Pfingsten / 3. oder 4. Blätter / wie Klee gewinnet / biß er den wohl 10. oder mehr stösset. Diese junge Sträuchlein müssen von dem Unkraut offt be freyet werden / biß sie recht auff gewachsen / daß es abgenommen werde.

§. 3.
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Wie aber das Kraut abgenommen und nachmahlen die Farb darauß zubereitet werde / beschreibet Colerus sehr weitläufftig in seiner Oeconomiâ Rurali & Domest. lib. 6. cap. 86. pag. 155. seqq. Es wird nemblich solches im Jahr dreymahl von der Wurtzet / die eines kleinen Fingers dick und eines Schuhes tieff in die Erde gewurtzelt / mit einem scharffen Eisen / ohngefehr einer Hand breit / abgestossen / welches gleich nach dem Fest der H. Drenfaltigkeit zum ersteninahl geschiehet. Darnach wird es an kleine Bäch lein geführet / sauber abgewaschen und auff einem grünen Wasen / bey Sonnen-Schein / durch offteres Umbwenden / geschwind auffgedörret / doch also / daß es noch etwas von dem Safft in sich behalte- Hierauß wird es auff Windoder andern Mühlen klein gemahlen und feucht mit den Händen zu Ballen gedruckt / welche auff Hurden an der Sonne gedörret und nachmahlen offentlich auff dem Marckt / mit dem Weid-Maaß / (deren jedes gemeiniglich 10. Schock Ballen hält) verkauffet werden Die Prob davon ist / daß man sie auff ein Papier reibt / wo sie insgemein einë schwartz grünen Flecken machen; wann er aber dunckel blaue ist / so werden die Ballen vor besser und theurer gehalten. Diese Weid-Ballen werden nachmahlen von den Weid-Häuffern auff einen gebretterten Boden Ehlen hoch auff einander geschüttet / allwo sie auff einander erwärmen und verrauchen / diß sie endlich gantz träge und weißlicht von aussen und so hart wie ein Stein werden / auch uff die Helfft einschrumpffen. Nach Michaelis, werden alsdann sehr starcke Arbeits Leute gedungen / welche solche grosse Hauffen der Weid Ballen mit höltzernen Hämmern zerschlagen und von einander brechen / daß sie zu Stücker wie die Welsche Nüsse werden / welche wider auff einen Hauffen geworffen und mit Wasser begossen werden / wodurch sie auffs neue erhitzen und biß das Wasser wieder verrauchet und verzehret worden / eine gewisse Zeit liegen müssen: worauff solche Hausten mit grossen Hacken von einander gerissen und wieder klein zerrieben werden / welches wohl dreymahl geschehen muß / ehe er zur Farb zubereitet und von den Weid Herzn auff der Leiptziger Messe / wie auch andern grossen Iahr-Märckten verkauffet werden kan: Welche denselben in Fässern / da eines etwa 6. Tonnen hält / in frembde Länder verschicken / deren jedes 36, biß 40. Fl Meißnischer Müntz kommen soll / nach dem die Farb davon / auffs Papier gestrichen / gut ist.

§. 4
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Dessen Gebrauch belangend / so wirb er von den Schwartz- und Weid-Färbern meistens gebraucht / die Wolle / müllene Tücher Strümpff und dergleichen damit zu färben / dann der Weid ein fundament der schwartzen Farb ist / und die schwartze saubere Tücher nicht so leicht Flecken setzen oder gar abschiessen / wann sie mit Weid gefärber sind. Wann nun der Weid im Weid-Kübel zum färben angesetzet wird / so find sich ein Schaum oder Gescht dar auff / welchen die Färber abschaumen und auff trucken / auch nachlmahlen unter dein Nahmen der Weid, Blumen / Frantzöisch FLOREE D'INDE, auffheben / welche schön blau / wie Indig außsehen / auch öffters vor Indig von Unverständigen erkaufft worden; weßwegen dann Pomet in seiner Material Kammer pag. 155. nicht ohne Grund davor hält / daß / so der Weid also wie der Indig / auß dem Kraut gezogen werde / man eine Farb dem Indig gantz ähnlich darauß machen könne. In der Artznen machen etliche mit dem zugerichteten Weid in Brunnen-Wasser ein Gurgel Wasser gegen die Bränne / so doch gleich im Anfang gebraucht werden soll.

§. 5.
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Uberdiß hat man noch eine andere blaue Farb / welche in den Teutschen Aporhecken und Materia Kammern LACMUS genennet und gemeiniglich in viereckichten und etwas viol-blauen Stückern kommet und bey den Mahlern, sonsten Turnis heisser / ohne Zweif [226] fel weilen es von einem Kraut / welches die Frantzosen Tornesol nennen / gemacht wild; weßwegen auch die Frantzosen diese Farb selbsten TORNESOL en Pate, ou en pierre nennen: Kommet meistens auß Holland und Flandern wo man es zubereitet / und wird deßwegen auch von den Welschen Pers de Flandre genant / wie Vieheut in Beschreibung frembder Matertalien pag. 31. schreibet.

§. 6.
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Obgemeldtes Kraut heisset sonsten HELIOTROPIUM TRICOCCUM oder Son̅en Wende / wächset mit eine̅ Stengel / fast eines Schuhes hoch / mit außgebreiteten Aestlein / an welchen schwartze und weiche Blätter / dem Nachtschatten gleich / hervorkommen: Trägt Gold-gelbe Blümlein und dreyeckichte / rauhe und schwartzlichte Schöttlein / in welchen ein äschfarbichter Saame lieget / wodurch sich das Kraut alle Jahr selbsten besaamet. Es wächset in Franck-reich und Italien. Hiervon nun sollen die Holländer mit Urin / Kalck und einer graulichten Erde / Perelle genandt / auff gewisse Art eine massam machen / und in kleine Fäßlein von ohngefehr 30, ???. schlagen / welche die Frantzosen TORNESOL EN PATE heissen. Weilen aber diese Art selten herauß komimet / sondern zuvor in viereckichte Stücker oder Kuchen formiret / auffgerrucknet und also verschicket wird / so nennen sie solche TORNESOL EN PIERRE, wie Pomet in seiner Histoire Generale des Drogues pag. 157. meldet Bey uns heisset es insgemein LACMUS.

§. 7.
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Weilen unterdessen der truckene Lacmus viel wohlfeiler ist / als der obgemeldte weiche und derohalben zu muthmassen / daß er durch Sand und allerhand Unreinigkeicen verfälscher werde: so muß man zusehen / daß man etwas gutes bekomme / welcher recht trucken / etwas viol blau außsehe und wann er auffs Papier gerieben wild / mehr blau / als röth licht schmutze.

§. 8.
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Sein Gebrauch und Nutzen ist den Zucker-Beckern / Carten- und andern Mahlern zur Genüge bekandt / dann es nur mit Wasser kan angemacht werden; Betrügliche Apochecker färben in Ermangelung der Mertz Violen den zum Syrup gekochten Zucker damit / und vertauffen solchen vor den rechten Violen-Safft oder Syrup, Violarum, wie mir ein gewisser Apothecker allhier zu Siessen selbsten gestanden. Vor 16, Jahren fiele einem Apothecker zu Glünstadt in der Pfaltz ein groß Gefäß mit dem Syr. Viol. entzwey / solchen raffet er auft / schmiß ein gut quantität Zucker darzu / und macht also wieder einen herrlichen Veilen-Safft das sind Practiquen-Macher.

§. 9.
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Wann man über diese Farb etwas sauers giesset / so wird sie roth; weßwegen auch zu Lyon in Franckreich nicht allein ein rothe Farb (ORSEILLE de Lyon) davon gemachet wird / von welcher Pomet l. c. pag. 157. zu sehen: sondern es hat auch die bey uns so genandte TORNA SOLIS davon ihren Ursprung / welche auß langen / schmahlen / dunckel-rothen und zusammen gerolten Lappen bestehet und von der Frucht des obgemeldten hehotropii tricocci also tingiret worden: Kommer auß Holland und Franckreich / und muß fein trucken seyn / nicht verschimlet außschen / auch voll von dem Safft seyn / wann sie vor gut paffiren soll. Sie muß auch das Wasser nicht Viol farbicht / sondern roth färben / wann man ein Stücklein zum Versuch darein wilffet.

§. 10.
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Diese Tornesol wird insgemein darzu employirt / daß man dem Wein / aquavit und andern liquoren eine schöne rothe couleur damit gebe. Allein Simon Paulli solte einem wohl schlechten appetit darzu machen / wann er in seinem Quadripartitô Botanicô pag. 329. schreibet / datz sie offters auß, leusichten und garstigen Lappen und Lumpen bestehe / und derowegen sehr auff die Mundschencken und Kellermeistere fulminiret / daß sie auch wohl hohen Häuptern damit das Getränck färben: Weßwegen man dergleichen wohl auch bey uns auß andern rothen Säfften, zubereiten möchte; wiewohlen die flores pap, errat, oder Klapper Rosen Blätter / Kirschen und dergleichen eben das praestiren können.

§. 11.
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Letzlich brauchen auch die Färber, und Gerber noch eine andere fremdde Farb / welche SUMACH oder Schmack genennet wird / und von einem frembden Baum / so RHUS SUMAC, und Teutsch der Färber-Baum heisset / herrühret: bestehet entweder auß denen zerstossenen Stengeln und Blättern / oder dessen rothen Zapffen oder Früchten / deren Figur auß der im Anfang des Capitels gesetzten Abriß zu sehen. Man hat dessen zweyerley / nemblich den Portoportischen und Malgischen. Jener ist der beste / hat einen lieblichen Geruch und ist röchlich / [227] hat jedoch wenig Stengel / sondern viel Körner, Dieser hat viel mehr Stengel und ist weiß / darumb ist er nicht so gut / wie Schurtz in seiner Material Kammer pag. lehret. Der beste ist der frische und grünlichte / welcher zur schwatzen Farbe dienet / Vid. Pomet c. l. Wird in der Medicin auch zu Stopffung des Durchlauffs und andern affecten gebrauchet.

Das X. Capitel
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Von den Wost-Kräutern / als Beer-Lapp / Stein-Leber- und Jungen-Kraut. Abbildung Ist noch etwas in dem grossen Welt- und Natur- Buch übrig / so den Botanicis oder Kräuter-Verständigen zu schaffen machen kan / so sind es gewitzlich die Neben und Aussen-Gewächse / als die Schwämme und allerhand Mooß / welcher sich an Bäume / Steine und andere Dinge hangen thut. Von jenen / nemblich den Schwämmen / hat ein gelehrter Niderländischer Priester / nahmens Sterrebek ein sehr curioses Buch / Theatrum Fungorum genandt / in seiner Mutter-Sprach geschrieben / worinnen doch noch einige rare Schwämme ermangelen: Von den vielen Mooß- Kräutern aber hat noch niemand ex professo geschrieben / welche wohl einen eigenen Tractat erfüllen könten / wann sich jemand die Mühe nehmen wolle davon zu handeln. Inzwischen aber muß man sich mit des Zaluzanii Eintheilung vergnügen / welcher den Mooß hauptsächlich in zweyerley Art theilet / nemblich den schmaal- und breit-blätterichten / (angustifolium & latifolium) worvon dessen annoch sehr rares Buch oder Methodus Herbaria Lib. 2. cap. 3. zu lesen ist.

§. 2.
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Unter dem ersten Geschlecht dörffte wohl einer der vornembsten und nützlichsten derjenige seyn / welchen man in den Material-Kammern und Apothecken LYCOPODIUM, sonsten aber MUSCUM TERRESTREM CLAVATUM und in unser Mutter-Sprach / Beerlapp / Gurtel-Kraut / Sau-Tannen / Schlangen-Mooß sc. nennet / worvon der berümbte Sächsische Medicus und Professor. Herr D. Wedel, ohnlängst eine schöne Disputation zu Jena / Respondente Hannekeniô Jun., gehalten hat. Dieser Mooß nun kriechet mit vielen Reben auff der Erden / so wegen ihren schuppichten Blättlein wie die Tannen anzusehen sind / trägt auch ein dergleichen Kölblein mit Schuppen / zwischen welchen [228] nicht allein die Nieren-formige Schöttlein / mit einem sehr subtilen Saamen / hervorsckiessen / (welche Tournefort Tab. 326. Instit. Rer. Herb. sehr artlich abgemahlet hat) sondern es hat auch dieser Mooß vor dem Saamen seine eigene Blüt / deßwegen er von dem berümbten Engeländischen Botanico Morison ein vollkommener Mooß oder Muscus Perfectus geheissen wird.

§. 3.
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Jetztgemeldter Saame oder SEMEN LYCOPODII nun ist eben dasjenige / welches diesen Mooß so berümbt machet / und bestehet aus einem sehr subrilen / leichten und gelben Staub / fast wie Schwefel-Blumen anzuschen / hat auch eine dergleiche schweffelichte Art / indem er / durch ein Licht geblasen / blitzet und eine grosse Flamme gibt / obwohlen er auff Kohlen geworffen nicht so / wie der Schwefel / brennet: Gibt aber auch einen acidum und ein schwartzes Oehl von sich / wann man den Mooß durch eine Retort, treibet / wie obbelobter Herr Wedelius erfahren hat; und weilen er also eine balsamische Art an sich hat / ist er sehr dauer hasst und lässet sich über 30. Jahren halten; und ob man schon anfangs diesen Saamen meistens aus Pohlen und Moscau (allwo sie ihn Plaun nennen) beschreiben müssen / so findet man ihn doch nun auch allenthalben in Teutschland / daß man in Friedens-Zeiten ein gantzes Pfund umb einen Gülden haben kan.

§. 4.
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Auß obbemeldten schwefelichten Theilgen fliessen die so belobte Kräffte und Tugenden dieses Stäubleins her / welches nicht allein den Schweiß und Urin / ja auch zuweilen den Stuhl-Gang befördern kan / sondern auch eine besansitigende und stillende Krafft hat und deßwegen gegen die schwere Noch und andere Haupt-Kranckheiten / absonderlich aber gegen das Alp-drucken sehr gerühmer wird. So ist auch nicht zu zweifflen / daß er in denen Scorbutischen Nerven-Kranckheiten / lauffenden Gicht / Nieren und Lenden-Weh / guten Effect thue / wie Herr D. Wedel versichern will / indem er von dem berümbten Ludovici gegen den Stein selbsten mit Nutzen gebrauchet worden. Absonderlich aber ist dieser Balsamische Saame / wegen seiner heilenden Krasft auch in allen Brust-Schwachheiten / als Lungensucht / Blutspeyenund dergleichen gut / und rühmet ihn Ettmüllerus auch gegen die Hectic. In Pohlen brauchen sie ihn gegen die Hollen-Zöpffe oder Plicam Polonicam, als ein specificum, worvon in den Miscellan. Germ. Cur. Dec. 1. An. 2. Obs. 52. pag. 94. zulesen ist. Was er aber eusserlich un Blutstillen der Wunden vermöge / bezeuget der Seel. Doct. Feht Tr. de Scorzon. pag. 12. Er heilet auch allerley Räudigkeit / Verwundungen / Rothlauff / Jucken an heimlichen Oertern / absonderlich wann die kleine Kinder allda wund werden. Man kan diesen Saamen auch zum Haar-Pouder gebrauchen / weilen ersehr leicht ist und die Haar von den Milben befreyet So wird er auch zu den Kunst. Feuern oder Feuer, Wercken gebrauchet / allwo er nur blitzet / und keinen Knall von sich gibt / man mische dann gestosen Bircken-Laub darunter / wie Olearius in seiner Persianischen Reiß-Beschreibung L. 4. cap. 25. lehret. Doch kan man auch aus den Büchsen damit schiessen / wie solches vor diesem Hertzog ???rnst / der Fromme genandt / zu Gotha / in beysein Herrn Doct. Wedels, aus sonderlicher Culiosität probiren lassen / wie in obgemeldter Disputation zu sehen / worinnen auch allerhand Composita, so von diesem Pulver können gemacht werden / beschrieben sind.

§. 5.
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Zu den breit-blätterichten Mooß-Kräutern gehöret das Stein-Leber-Kraut / wie auch das Lungen-Kraut / welche beyde auch gedörret in den Apothecken auffgehoben werden. Das erste / nemblich das Stein-Leber-Kraut wird Lateinisch LICHEN genennet / weilen es gleichsam wie ein Außsätziger Grind eufferlich an den Felssen in tieffen Brunnen sitzet / und bestehet aus breiten / tieff außgekerbten fetten Blättern / zwischen welchen mit der Zeit kleine Stengel mit gesternten Blümlein hervor kommen / wie oben aus der Figur zu sehen ist: wird innerlich gegen einige langwierige Kranckheiten / so vor diesem von Verstopffung der Leber hergeleitet worden / als gegen die Gelbsucht / Krätze und dergleichen von den Alten gerühmet / wiewohlen die heutige Medici, als Ettmüllerus, und andere kein grosses Werck davon machen. Eusserlich soll es das Blut in Verwundungen stillen / wie Hoffmannnus in Clau. Schraed. p. 496. bezeuget.

§. 6.
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Was endlich das Lungen-Kraut / oder PULMONARIAM ARBOREAM, sonsten auch Muscum Arboreum genandt / anlangen thut / so bestehet dasselbige aus breiten lederichten Lappen / so an den alten Eychen und andern Bäumen gefunden werden: hat eine außtructnende und etwas anhaltende Krafft / weßwegen es in der Lungensucht / so von über flüssiger Feuchtigkeit und Flüssen herrühret / in denen Brust- Träncken / innerlich gebrauchet werden kan. Eusserlich stillet es ingleichen das Bluten / zu Pulver gestossen und eingetruncken.
|| [229]

Das XI. Capitel
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Von der MOXA. Abbildung

§. 1.
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Die Moxa ist ein bunb-graues wollichtes Medicament welches vor etwa zwantzig Jahren auß Ost-Indien / mit länglichten und schwartzen Stänglein / eines kleinen Stroh-Halmens dick / in Teutschland gebracht worden und alle beyde bey denen Materialisten auch zu finden find; wiewohlen heut zu Tag wenig Nachfrag deßwegen geschiehet / nachdem sie theils den angerümbten effect nicht gethan / theils auch in unsern Landen nachgemacht worden ist.

§. 2.
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Der erste / so dieses simplex den Europäern entdecket hat / ist ein Holländischer Domine oder Priester bey der Ost Indianischen Compagnie, nahmens Buschoof, gewesen / welcher diese Moxam, als ein gewisses und bewährtes Mittel gegen das Podagram, in einem besonn deren und in Holländischer Sprach geschriebenen Büchlein / recommendiret / auch verschiedene Exempel erzehlet / dadurch solche gantz rasend-tolle Leut / auch diejenige / so mit der fallenden Sucht beladen gewesen / glücklich curiret worden seyen. Als nun dieses Büchlein dem Seel. Herzn Erico Mauritio, Weyland Höchstmeritirtem Assessori bey dem Hochpreyßlichen. Cammer-Gericht zu Speyer / zugeschickt worden / liesse er solches sobalden seinen damahlen vertrauten Freund / Herzn. D. Scheffern [230] berümbten Medicum in Franckfurt / wissen / welcher es der sämbtlichen Curiosen Societät in Teutschland / in deren jährlichem Zeit-Register oder Miscell. Germ. Cur. Dec I. An. VI. Obs. 218. zu wissen thäte / denen auch D. Elsholz kurtz hernach den Inhalt obgedachten Büchleins einverleibet hat: und weilen sich bald darauff ein Streit unter den Gelahrten erhobe? Ob dieses Mittel auch den Alten und absonderlich dem Hippocrati bekandt gewesen seye? So hielte Herr D. Geilfus, nachmahlen Leib-Medicus bey Ihro Durchl. der Fr. Hertzogin in Ost-Frießland und Professor zu Franecker, eine schöne Disputation zu Marburg in Hessen davon / dahero sie auch bey andern desto mehr bekandt gemacht wurde.

§. 3.
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Nun ware noch übrig / daß man auch erfahren möchte / was dieses Gewächs eigentlich sey? weilen Herr Buschoof in seinem Büchlein nichts davon gemeldtet oder nur verblümt und dunckel davon geschrieben hatte. Einige meineten es wäre eine Art Schwämme / so also wachsen thäte / wie obberührter D. Geilfusius solches außdrücklich davor hielte. Als aber andere solches etwas genauer und mit kleinen Perspectiven oder Vergrösserungs-Glässern betrachteten / wurden sie einiger kleiner Blätter / unserm Beyfuß nicht ungleich / gewahr / und hielten derowegen dafür / es wäre die Moxa nichts anders / als das weissen wollichte und einer Spinnen-Webe nicht ungleiches Häutgen / so eusserlich an dem Beyfuß zu finden / auch von dem gedörten Kraut selbsten / wann die Stengel heraußgerieben werden / zu praepariren ist: Wie dessen Zubereitung von Herrn Cleyero in Misc. Dec. 2. A. 4. Obs. 1. und dessen AEmulo, ten Rhyne in Disp. de Arthrit. pag. 108. offenbahret wird. Damit man aber dessen eine Gewißheit hätte / so schriebe deßwegen obbelobter Herr D. Scheffer in Ost-Indien an Herrn Cleyerum, damahligen Medicum der Ost-Indischen Compagnie, ob sich es mit der Moxâ also verhielte / welcher es auch auffrichtig gestande / wie auß dessen Antwort in angeregten Miscellan. Germ. Dec. II. Ann. IV. zu sehen ist; weßwegen ich dann bewogen wurde / nochmahlen einen eigenen Brieff von der Moxa und dem Podagra an jetzgedachten Herrn Cleyerum nach Batavia Nova in die Insul Bantam zu schreiben / welche damahlen zu Leyden in Holland drucken liesse / bin aber unglücklich gewesen / daß seine doppelte Antwort / welche er durch Herrn D. Kempffern, seinen damahligen Domesticum an mich abgefertiget / mit den beygefügten raren Muscheln und andern Curiositäten Schiffbruch gelitten / wie jetzt berührter Herr D. Kempffer, als er auß den Indien zurück kahme / mündlich berichtete. Als man nun der Sach gewiß ware / zeigete Herr D. Wedel zu Jena / daß man der Indianischen Moxa wohl entrathen und alles mit der Teutschen Moxa außrichten könte / was man von der Frembden bißdaher gehoffet hatte; Wie dann andere gar gemeine Wolle / Baumwolle / geschabte Lunten und dergleichen an deren statt gebrauchten; davon die Miscellan. Germ. l. c. zu sehen sind.

§. 4.
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Was den Gebrauch und Nutzen dieser Moxae anbelanget / so macht man spitze und länglichte Stäblein / gleich einem Rauch-Kertzgen darauß / setzet solche in der Tobsucht und Schwere Noth umb den Kopff / in dem Chiragrâ und Podagrâ aber auff Hände und Füsse / (wie die Fig. Lit. A. B. C. D. zeiget) und stecket solche mit dem wohlriechenden Stängelein Lit. C. an / so brennet sie ohne sonderlichen Schmertzen eine Krust / davon der Schmertze und die Kranckheit von Stund an nachlässet. Unterdessen müssen alle die Bedingungen / welche bey den gemeinen Cauteriis und Brennungen (für welchen die Moxa eben so grossen Vorzug nicht hat / wie Sydenham de Podagra schreibt) angemercket werden / auch hier in acht genommen seyn: Und hat die Moxa, wie dieselbe / mehr in der so genandten kalten Gicht / so von wässerichten und schleimichten Feuchtigkeiten herkomt / statt / als wo eine Entzündung und Röthe an den Gliedern sich befindet / wo die Moxa grosse und gefährliche Ungelegenheit causiren könte / wie solches von dem berümbten Alten Medico Herrn D. Joh. Daniel Horsten an verschiedenen vornehmen Personen observiret worden. Dafern man aber vorsichtiglich damit umzugehen weiß / so ist dieses Mittel nicht zu verwerffen / welches an sich selbsten Mons. Temple, ein vornehmer Edelmann / gut befunden und deßwegen in einem besonderen Frantzöischen Tractaetgen: Essay du Moxa contre la goutte sehr gerühmet hat; Besihe dessen Büchlein: Les Oeures melêes de Mons. le Chevalier Temple Tom. I.
|| [231]

Das XII. Capitel
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Von der wilden Branaten-Blüt und den Granat-Aepffeln. Abbildung

§. 1.
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OBschon die Materialisten sowohl die Blüt / als die Frucht von dem Granat-Baum führen / so kommen doch beyde nicht von einem Baum / sondern die Aepffel oder Frucht von dem zahmen / die Blüt aber von dem wilden Granat-Aepffel-Baum / indem sich die Blumen von dem zahmen / sonsten CYTINI genandt / nicht sowohl / als von dem wilden halten lassen / wie Pomet in Histor. Simpl. pag. 180. berichtet. Diese wilde Granat-Aepffel Blumen nun werden von den Apotheckern insgemein FLORES BALAUSTIORUM geheissen / welche aus schönen licht-rothen und wohlaußgedörten Rosen bestehen / welche von dem wilden Granat-Baum / BALAUSTIUM genandt / herrühren / und theils aus Orient von Carthago, theils aus Italien / Spanien und andern warmen Ländern heraus gebracht werden.

§. 2.
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Von diesen Blumen findet man zweyerley Sorten / nemblich die Feine und Gemeine. Jene bestehen aus den gantzen Blumen: diese aber nur aus dem untersten Theil oder Bälcklein / worinnen die Blume gleichsam eingeschlossen ist; welche letztere nicht viel taugen und derowegen wenig gesucht werden. Weßwegen die volle und feine zu erwehlen / welche noch frische / aber wohl gedörrete / schöne breite und mit einer hochrothen Sammet-Farb gezierte Blume haben / und von allem Staub und kleinem Gemirbel gesaubert seyn sollen.

§. 3.
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Dem Nutzen und Gebrauch nach sind sie nicht allein zum färben sehr dienlich / wie Schurtzius in seiner Material. Kammer pag. 30. berichtet / sondern haben auch in der Artzney-Kunst eine grosse Krafft zusammen zu ziehen und außzutrucknen; weßwegen sie nicht allein innerlich gegen alle Durchbrüche / Rothe-Ruhr / sondern auch eusserlich in Blut-Stürtzungen und dergleichen sehr gebraucht werden. So kommen sie auch zu den anhaltenden und zurücktreibenden Gurgel-Wassern / worvon Ettmüllerus in Commentar. Schroederiano pag. 578. zu lesen ist. Andere nehmen sie unter die Zahn. Pulver / absonderlich wann das Zahnfleisch blutet und Schaarbockicht ist / worzu sie sonderlich vom Tabernaemontano pag. 760. gerühmet werden.
|| [232]

§. 4.
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Uber diese Blumen brauchet man auch die Granat-Aepffel oder MALA PUNICA, welche groß und rund / außwendig rothlichtbraun / inwendig aber gelb / mit viel rothen / eckichten / safftigen und harten Körnlein besetzet sind / in Ansehen deren sie von denen Frantzosen Migraine oder millegraine genennet werden: kommen aus Spanien / Italien und der Provintz Languedoc.

§. 5.
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Diese Aepffel wachsen nur auff dem zahmen Granat-Baum / dessen Blätter dem Myrthenlaub bey nahe gleich / schmal / dick und gläntzend sind / von einer saatgrünen Farb mit rothen Aederlein durchzogen: ist ein Gewächs wie Citronen und Pomerantzen-Bäume / so die Kälte nicht vertragen kan; weßwegen es in Teutschland (wo es in vornehmen Gärten auch in Kasten gezogen und erhalten wird) keine Früchte trägt / ob es schon zu weilen blühet / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 123. in Acht genommen hat.

§. 6.
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Diese Granat-Aepffel werden von wegen des Geschmacks in drey Geschlechte abgetheilet / also / daß einige süß / einige sauer / andere aber weinsäurige Granaten genennet werden / welche letztere einen vermischten Geschmack haben / und also einer mitleren Art sind. Die Süße stärcken das Hertz und bekommen auch der Brust wohl. Die Saure kühlen und halten an / stärcken den Magen und Appetit / gleich denen Citronen und Limonen. Die Weinsäurige refraichiren vor andern in hitzigen Fiebern und stärcken das Hertz; weßwegen dann auch der bekandte Granaten-Wein oder VINUM GRANATORUM mehrentheils aus diesen gepresset und zu eben dem Gebrauch auffgehoben wird: wiewohlen auch von den andern der Safft oder SUCCUS GRANATORUM also gepresset und zu uns gebracht wird / dessen Qualitäten mit der Frucht selbsten übereinkommen.

§. 7.
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Gleiche Bewandtnus hat es auch mit dem Syrop oder SYRUPO GRANATORUM dessen Zubereitung Theod. Tabernaemontanus im dritten Buch von den Kräutern p. 761. vor andern wohl beschrieben hat: ist sonderlich gegen das so genandte Hertz-Geblüt / oder Haemorrhagiam Uterinam bey den Weibern in grossem Werth; wiewohlen dem Zucker nicht immer zu trauen ist.

§. 8.
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Endlich hat man auch die Schalen oder CORTICES GRANATORUM in denen Officinen / welche aus dunckel-braunen harten Rinden bestehen / so eusserlich rauh und wie alt Leder (daher sie auch MALICORUM heissen) anzusehen / inwendig aber bleich-gelb sind / und einen herben zusammen ziehenden Geschmack haben: müssen aber wohl gedörret seyn und nicht schimlicht schmäcken; weßwegen die gantz-gedörrte Granaten nicht leicht anzunehmen sind / welche insgemein inwendig gantz verschimlet und von so einem bösen Geschmack seyn / daß man einen Patienten wohl mehr damit schaden / als dienen könne / wie Pomet in seiner Frantzöischen Material-Kammer l. c. wohl erinnert hat.

§. 9.
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An ihrer Krafft kommen die Schelffen gäntzlich mit den Gall-Aepffeln überein / so gar / daß man auch aus denselben (wie auch der Granaten-Blüt) mit dem Victril eine schwartze Dinte machen kan: Haben eine sehr zusammenziehende Qualität / wormit sie die Blumen übertreffen / und werden derowegen in allen Bauch-Flüssen und Blut-Stürtzungen mit grossen Nutzen gebraucht. Daß sie aber zugleich die Menses oder Zeit der Weiber befördern können / wie der berümbte Thomas Bartholinus in seinen Histor. Anat. Cent. 4. Obs. 39. in Acht genommen / kommet daher / weilen diese Schelffe die böse Säuer im Leib / welche das Geblüt stecken kan / versüsset oder verzehret; wiewohlen dieses anbey nicht zu vergessen / daß man alsdann nicht so wohl die Schale selbsten und wie man redet / in substantiâ eingebe / sondern nur die Brühe oder Decoctum davon nehme / welches auch eusserlich zur praeservirung der Augen in denen Kinds-Blattern gerühmet wird. So dienet es auch die wacklende Zähne fest zu machen / und wehret dem blutenden und abfaulenden Zahn-Fleisch.
|| [233]

Das XIII. Capitel
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Von der Indianischen und Welschen Spicanarden. Abbildung

§. 1.
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DEr Spicanarden findet man zwar vielerley Arten in den Kräuter-Büchern / worunter doch nur die zwey vornembste / nemblich die Indianische und Welsche Spic von denen Materialisten und Apotheckern geführet werden. Jene / nemblich die Indianische Spic, heisset Lateinisch NARDUS INDICA, oder auch SPICA INDICA, welche nichts anderst / als der öberste und haarichte Theil der Gangetischen Cyper-Wurtzel / und gleichsam auß den Rippen vieler zerribenen Blättern zusammen gewickelt anzusehen ist / wie es der berümbte Hermanni in seinem Msc. de Mat. Med. beschreibet: Ist etwa Fingers lang und auch beynahe so dick / röthlich-braun / eines scharffen / bitteren und gewürtzten Geschmacks und an Geruch der Cyper-Wurtzel nicht viel ungleich. Sie kommet dürr auß AEgypten von Alexandriâ, samt andern Specereyen / soman jährlich gen Venedig bringet / wie Marxius in der Teutschen Material-Kammer pag. 172. und Vielhener in Beschreibung frembder Materialien pag. 158. bezeugen.

§. 2.
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Es gibt deren zweyerley Species, nemblich die kleinere und grössere / davon die erste Pomet vor andern in seiner Histoire Generale des Drogues pag. 187. schön beschrieben und in obiger Figur unter Augen geleget hat / anbey aber nicht leugnend / daß diese sehr rar und wegen ihres grossen Preysses langsam gesucht werde; daß man also nur die grosse in den Officinen findet: Und ob zwar von diesen auch zwey Sorten / als die Feine und Mittel-Gattung bey denen Materialisten zu haben sind / so müssen doch beyde / wann sie zum Theriac genommen werden / von den mittelsten bleichen Rippen und allem staubichtem Wesen wohl gesaubert werden / damit der beste aromatische Theil nur zurück bleibe / wie Moyses Charas in Beschreibung derjenigen Materialien / so zum Tberiac genommen werden / pag. 138. lehret.

§. 3.
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Die beste muß schön kurtz / leicht / vielhääricht / gelb-braun / frisch / fest und wohlrie [234] chend seyn / auch am Geschmack dem Galgant oder Cyper-Wurtzel gleich kommen / Vid. Marxius c. l. Und weilen solche offt mit der Frantzöischen und falschen Nard vermischet wird / so ist wohl zu mercken / daß die Frantzöische Spic (sonsten Nard de Montagne oder Berg-Nard genandt) in der Mitten der Aehren einige harte und holtzichte Fäserlein hat / woran sie gar leichtlich zu erkennen ist / wie obberührter Frantzöischer Apothecker Charas in angeführtem Ort zeiget. Die Andere falsche Nardus (so auch auß Franckreich kommet und Nardus Narbonensis heisset) hat gar keinen aromatischen / sondern Moosichten Geruch / wie Theod. Tabernaemontanus im andern Buch von den Kräutern pag. 572. beweiset.

§. 4.
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Ihre Kräfften sind erwärmend / zertheilend und etwas anhaltend. Sie stärcket de̅ Magen und zertheilet die Winde: treibet den Urin und Monathliche Reinigung / wird aber allein nicht gar offt verschrieben / sondern kommet meistentheils zum Theriac; doch hat man auch ein zweyfaches Oehl davon in den Apothecken / nemlich das Oleum Nardinum Simplex & Compositum, oder das Gemeine und vermischte Narden-Oehle / welches gegen den Krampff und Lähmung der Glieder sehr gerühmet und von Schroedero und andern beschrieben wird.

§. 5.
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Die Welsche Spic oder NARDUS CELTICA bestehet auß langen schuppichten und mit vielen Fäserlein behängten Würtzlein / sambt den öbern gelbichten Blättern / eines scharffen / bitteren und aromatischen Geschmacks / und starcken Geruchs: kommet in Püschlein gebunden / theils auß Welschland (dahero sie den Nahmen hat) theils auß Tyrolen / Kärnten und der Steyrmarckt / allwo sie auff den hohen Gebürgen zu finden ist.

§. 6.
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Das Gewächs selbsten wird von denen heutigen Botanicis vor ein Art Baldrian gehalten / hat länglichte bleich-gelbe Blätter und treibt einen dünnen Stengel mit gelben Blümelein / wie oben auß der Figur zu sehen / welche mit der Valeriana oder Baldrian ein grosse Gleichnuß hat und derowegen von dem berümbten Hermanno in seinem Msc. und Sam. Dale in Pharmacol. pag. 172. in einer Class mit derselben abgehandelt worden.

§. 7.
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Weilen aber auch diese Celtische Nardus mit einem andern Gewächs / welches ihr an der eusseren Gestalt fast gleich kommet und von den Kräuter-Verständigen HIRCULUS oder Geißböcklein genandt ist / verfälschet wird: so ist zu wissen / daß dieses letztere Kraut weissere Blätter / ohne Stengel habe / die Wurtzel aber nicht bitter sey / auch einen unfreundlichen und fast stinckenden Geruch habe / weßwegen es Hirculus genennet worden. Die rechte und auffrichtige Welsche Nardus aber hat einen wohlriechenden aromatischen Geruch und etwas bitteren Geschmack / gleich wie die Indianische / und muß die beste schön gelb und roth seyn / einen frischen Geruch haben und wie oben schon gemeldet worden / in kleinen Püschlein gebunden seyn / wie in des Nürnberger Materialisten Marxii Material. Kammer pag. 172. zu sehen ist.

§. 8.
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Gleichwie nun diese Celtische Nardus an der eusserlichen Gestalt mit dem Baldrian überein kommet / also hat sie auch dergleiche Tugenden und Kräfften an sich / wie Rajus in Histor. Plantarum pag. 391. zeiget; weßwegen sie nicht allein erwärmet und wie die Indianische die Winde und böse Feuchtigkeiten zertheilet / sondern auch wider gifftige Thier-Bisse und alle giffmässige pestilentialische Fieber gerühmet / auch deßhalben mit zum Theriac genommen wird. Ehe man aber dieselbe zur dispensation auffsetzet / muß sie zuvor von allen abgeschmackten Fäserlein und Unsauberkeit wohl gereiniget und deßwegen auff einem Papier zuvor an einen feuchten Ort gestellet werden / damit sie etwas Feuchtigkeit anziehe und die Wurtzel nicht in viele kleine Stücklein unter dieser praeparation zerspringe / wie eben dieses der Frantzöischer Apothecker Charas im 40. Capitel seiner Histoire von den Theriacs-Ingredientien pag. 185. lehret.
|| [235]

Das XIV. Capitel
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Von dem guten- und wilden Saffran. Abbildung

§. 1.
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DEr rechte und gute Saffran / im Lateinischen CROCUS genandt / bestehet aus den inneren Fäserlein einer Blume dieses Nahmens / welche eine rothgelbe Farb / einen scharffichten / etwas bitteren und öhlichten Geschmack / und sehr durchdringenden Geruch haben: wird theils aus Orient, am meisten aber aus Spanien / Franckreich / Engeland und Oestreich in Säcken heraus gebracht / und sowohl gantz / als gestossen zu vielerley Gebrauch angewandt.

§. 2.
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Diese Blume wächset aus einer Wurtzel / wie eine graue Zwibel / und zwar ohne Blätter / wie die Zeitlosen / denen sie auch gleich sind / aber von unterschiedenen Farben. Mitten in den Blumen finder man den blutrothen Saffran / wie ein schmales Zünglein / mit drey. Fäserlein / welche zwischen andern 6. Fäserlein oder gelben Zäpfflein (wie in den weissen Lilien) hervor schiessen. Wann die Blumen vergangen seynd / so kom̅en alsdann sehr schmale und lange Blätter hernach / so den gentzen Winter über grün bleiben / aber gegen den Sommer werden sie welck. Im vierdren Jahr / gegen dem Früling / gräbt man die Wurtzel aus / so findet man bey einer Wurtzel fünff oder sechs junge Zwieblein / welche in der Lufft / aber nicht an der Sonnen / sollen gedörret werden. Diese werden alsdann im Früling wieder Reihenweis / wie die Weinstöck in die Erde gesteckt / welche aber im ersten Jahr nichts / als die blosse Blätter tragen: das zweyte Jahr kommen die Blumen und Fäserlein / welche im September oder October vor der Sonnen Auffgang gesamlet / und wann sie wohl gesäubert / über dem Feuer getrucknet werden. Den andern Tag und so ferner werden die jenige / so über Nacht hervor geschossen / auff gleiche Manier / abgeschnitten / biß die Zwibeln nichts mehr hervor schiessen lassen / welche sonsten / nicht ohne Verwunderung / binnen 24. Stund wieder neue Blumen gaben / wormit eine grosse Handlung getrieben wird.

§. 3.
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Ist aber eine Specerey, deren man viele und verschiedene Sorten hat / so ist es gewißlich der Saffran / nachdem er entweder aus Türckey und andern Orientalischen Ländern / als Persien / aus der Insul Madagascat und dergleichen gebracht wird / oder aus Spanien / Franckreich / Engeland und Oestreich herkommet / deren jede wieder ihre besondere Sorten hat. Zwar dem Türckischen Saffran will man heut zu Tag nicht viel guts zuschreiben / sondern vor den geringsten halten; dann [236] ob er schon an sich selbsten nicht unrecht wäre / so sollen doch die Türcken solchen den Christen nicht gantz zukommen lassen / sondern sollen die beste essentz zum Färben außziehen und nachgehends mit Honig wieder anschmieren / dahero er zum mahlen oder stosen untüchtig ist: wird sonsten zu Venedig mit current Geld eingekaufft / welches 20. pro Cento geringer / dann Banco-Wehrung ist / und kombt in ledernen Säcken oder Puti, deren jeder 30. Pfund Nürnberger Gewicht schwer ist / wie theils Schurtzius, theils Marxius in den Teutschen Material-Kammeru pag. 72. berichten. Von dem Spanischen Saffran hat man sehr viele Sorten / als den Adler Saffran oder Zima de Aquila: den Maglianischen / Aragonischen / Puglianischen / Ruschavoca, Catalonischen sc. unter welchen die erstere am besten sind / und wird der Aragonische wieder in fein / mittel und gemein Gut unterschieden. Sie werden alle von den Land-Leuten auff gewissen Jahr-Märcken zum Adler / zu Albiges und anderstwo in Spanien / entweder nach der Voce, oder nach eigemen Accord verkaufft / wie Schurtzius hiervon in seiner Material-Kammer pag. 17. & seqq. einen sehr weitläufftigen Bericht erstattet. Unterdessen will auch von dem Spanischen Saffran Pomet in seiner Frantzöischen Material-Kammer pag. 178. deßwegen kein groß Wesen machen / weilen sie / aus der Meynung / daß er sich sonsten nicht halten liesse / Oehl darunter thäten und also denselben untüchtig machten; weßwegen er den Frantzöischen Saffran / absonderlich denjenigen / welcher SAFRAN du GATINOIS heisset / allen andern vorziehet / welchen auch Charas deßwegen zum Theriac erkohren / doch also / daß er den Oranien-Saffran demselben gleich halte / wie in dessen Histoire Nat. des animaux, des Plantes & des Mineraux, qui entrent dans la compos. de la Theriaque pag. 129. zu sehen. Die andere aber als Safran de Toulose, d' Angoulême &c. sind nicht so gut. Der Englische Saffran ist wie ein grosser runder Teller zu sammen gepresset / wird in Engeland in 4. Saffran Märckt / zwischen Michaelis und Allerheiligen verkaufft / und wann er schön trucken und roth von Farben / so ist er gut. Jetziger Zeit aber wächst und ist der beste Saffran in Oestreich unter dem Fluß der Ens / und heisset deßwegen CROCUS AUSTRIACUS, welcher am berümbtesten / und nicht allein alle andere Europäische Saffran / sondern auch den Orientalischen übertrifft / wie obgemeldte Materialisten / absonderlich aber Georg Nic. Schurtzius (welcher diesen Handel selbsten getrieben und am besten verstehet) pag. 17. in seiner Material-Kammer bezeuget / welchem auch Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 99. beyspringet. Einige als Tabernaemontanus wollen vorgeben / es wächse auch umb Landau / Wormbs und andere Orten am Rhein dergleichen Saffran; allein solches wird von dem falschen oder wilden Saffran zu verstehen seyn / welcher von diesen Orten in Franckreich und anderstwo geführet wird / wie Pomet cit. libr. pag. 179. berichtet.

§. 4.
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Die Prob des Saffrans ist / daß er 1. eine breite / lange und starcke Blume hat / welche 2. licht-roth an der Farb / auch 3. einen guten und starcken Geruch hat. 4. Soll er nicht zu viel weisse oder gelbe Ende an der Blume haben / 5. nicht putzicht noch zapfficht / 6. nicht schmiericht / kleberig / noch schwartz / noch 7. feucht oder naß seyn. Alle alte Saffran geben mehr Meel als der neue / aber die Farb ist bey weitem nicht so schön. Er will in einem leinen oder wüllenen Sack hart auffeinander gepackt / und in eine Kist oder Faß geleget seyn / daß keine Lufft darzu kommen könne: dann an einem truckenen Ort er 2. biß 3. Jahr gut bleibt. Es können zwar betrügliche Leut dem abgestorbenen Saffran auch wieder helffen / allein der Betrug ist aus obigen Proben leicht zu erkennen / Conf. Schroederus pag. 54.

§. 5.
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Seine Kräffte und Qualitäten sind so vortrefflich und vielfaltig / daß er vor ein Gewürtz der Weisen / König der Vegetabilien, ja gar vor eine Panacee will gehalten werden / wie in des Hoffmanni Clavi Schroed. pag. 459. zu sehen. Absonderlich ist er wegen seiner theils aufflösenden / theils stillender und balsamischen Natur der Lungen sehr dienlich / und wird derowegen Anima Pulmonum oder die Seeleder Lungen genennet: Stärcke anbey das Hertz und Lebens-Geister / und wird derowegen in sehr vielen Kranckheiten mit Nutzen gebraucht / wie solches Doct. Hertodt in seiner Crocologie weitläufftig erwiesen / dessen Begriffe man in meiner Historia Literaria, in Appendic, Miscellan. Acad. Nat. Cur. Dec. II. Ann. III. pag. 582. lesen kan. Unterdessen muß man dem Ding nicht zu viel thun / dann er sonsten übermäsig genommen bey den Weibsleuten durch sein sehr volatilisches Saltz die Monatliche Reinigungen gar zu sehr treiben und eine Blut-Stürtzung verursachen / bey andern aber durch seine öhlichte und zum theil narcotische Theilger truncken und gar närrisch machen kan; wie dann Dörin̅gius in seinem Tr. de Usu Opii pag. 108. aus dem Amato Lusitano erzehlet / daß ein Kramer / welcher zu viel Saffran in das Essen gethan / dadurch in ein so übernatürliches Lachen gefallen / daß er bald davon hätte sterben müssen. Ein anderer ist gar gestorben / als er die Nacht durch auff den Saffran Säcken geschlaffen / welches dann auch [237] einem geitzigen Kauffmann widerfahren / welcher einige Säcke in seine Kleider verstecket / daß er keinen Zoll bezahlen dörffte / wie der Cantzlar Baco de Verulamio in Hist. Vit. & Mort. pag. 211. berichter. Ja es sollen auch die Pferde / so den Saffran tragen davon unkräfftig werden. Weßwegen dann andere viele Praeparata darauß machen / als ein Extractum, dessen man ein halb ???. von einem ???. Saffran mit dem Spiritu Vini, nach Vielheuers Außrechnung haben kan: welches doch D. Ettmüller in Comment. Schroed. pag. 555. nicht aestimiren will / weilen durch Außrauchung die beste Krafft wegfliehet; weswegen die Tinctura Croci besser ist / deren Zubereitung auch allda zu sehen. Die Alten haben das Electuarium de Ovo davon gemacht. Eusserlich wird er in Auffschlägen zu erweichen und Eyter zu machen gebrauchet / und ist das Empl. Oxycroceum daher berümbt und bekandt / welches zu Nürnberg Crucifix heisset / Vid. Sim. Paulli de Croco.

§. 6.
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Weilen im übrigen der rechte und veritable Saffran öffters mit dem so genandten SAFFLOR oder Wilden-Saffran verfälschet wird / so hat man auch dessen / dem Betrug desto eher zu begegnen / mit wenigen gedencken sollen / zumahlen auch derselbige von den Färbern sehr gebrauchet wird. Solcher aber ist die Blume von einem Kraut / CARTHAMUS oder CNICUS genandt / welches eine Art Distel ist / so ohngefehr 2. Schuh in die Höhe wächset / lange / grüne und stachlichte Blätter hat / und auff jedem Aestgen am End einen kleinen runden Knopff träget / welcher sich in kleine rothe und gelbe Fäserlein auffthut / so den Namen des wilden Saffrans bekommen / weilen er die Speise und andere Sachen auch also färbet / ob er schon so aromatisch nicht ist / wie der rechte Saffran: Wird im Elsaß und am Rhein / auch anderswo im Reich häuffig gezogen und verführet / weswegen ihn die Frantzosen auch den Teutschen-Saffran nennen. Er soll zum Spanisch-Roth gebraucht auch von den Feder-Schmückern / Färbern und andern zum färben gesucht werden. Der Beste kommet von Straßburg und Franckfurt. In der Artzney-Kunst aber wird der Saame oder SEMEN CARTHAMI mehr als die Blume genutzet / welcher auß weisen / länglichten und eckichten Körnern bestehet / und unter einer harten Schale einen weisen Marck / so von süssem Geschmack ist / eingeschlossen hält: Muß schöne / dicke und wohlgewachsene Körner haben / auch noch frisch und doch recht trucken seyn / wann er vor gut passiren soll; und weilen einige Betrüger die Melonen und Cucumer-Kern also schneiden können / daß sie dem gescheelten semini carthami ähnlich kommen und davor verkauffet werden / so ist zu wissen / daß der rechte Saame hiervon an einem End rund / an dem andern aber spitzig ist / auch nicht so weiß außfihet / wie die Melonen und Kurcken-Kern. Er hat eine purgierende Krafft und dienet deßwegen zu den purgierenden Emulsionen. Man hat auch die Species diacarthami davon / darinnen er das Hauptstück abgibt.

§. 7.
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Letzlich gedencket auch Pomet in seiner Histoire des Drogues p. 179. noch einer andern Art des wilden Saffrans / so auß Levant / von Alexandrien / herausser komme und SAFRANUM genennet werde. Solcher soll auß sehr kleinen / krausen und röthlichten Fäserlein bestehen und auch von einer gewissen und kleineren Art des Carthami herrühren. Wird zu Lyon und andern Orthen in Franckreich von den Färbern in grosser Menge gebraucht und zu den feinen und hohen Farben / als Incarnadin d' Espagne, angewendet.
|| [238]

Das XV. Capitel
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Von dem Kameel-Stroh und Arabischen Stoechas. Abbildung

§. 1.
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DAs Kameelstroh oder SCHOENANTHUM bestehet auß gelben und harten Stengeln und Blättern / wie Stroh anzusehen / eines scharffen und etwas bittern / boch Lieblich-aromatischen Geschmacks und sehr annehmlichen Geruchs: Komt theils auß AEgypten / theils Arabien von Alexandriâ, über Marseille, in kleinen Potten oder Schachteln / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 173. berichtet.

§. 2.
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Das Gewächs / worvon es herrühret / ist eine Art Bintzen-Graß dahero es auch von andern JUNCUS ODORATUS genennet wird: hat eine kleine un̅ zaselichte Wurtzel / worauß lange / steiffe und außgespitzte Bintzen-Blätter wachsen / welche untenher dicke / wie die Wasser-Bintzen sind und wann sie dürr werden / fahl oder roth-gelb außsehen. Zwischen solchen Blättern wachsen runde Stengel hervor / fast eines Schuhes lang / anderen Obertheil kleine geährte wollichte Blümelein zwischen kleinen Blättlein herauß wachsen / welche Leib-farbicht und sehr schön anzusehen sind / aber selten mit herausser kommen / weilen die Kameelen solche mit den öbersten Gipffeln wegfressen sollen / wie Tabernaemontanus in seinem ersten Buch von den Kräutern pag. 583. geschrieben. Herr Herbertus de Jager hat in Persien auff der Küsie Choromandel gantze Felder davon angetroffen / auch dessen rechte Gestalt und Nutzen schön beschrieben / welche im III. Ost-Indianischen Sendschreiben zu lesen sind.

§. 3.
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Man findet dessen zweyerley Sorten in denen Material-Kammer / nemlich das Feine / und Gemeine oder Mittel-Gattung. Jenes ist Feuer-röthlich / mit vielen Blumen wohl bestzet / welche doch offters auch à part kommen / dahero an der Mittel-Gattung fast keine zu sehen / welche auß blossen Stengeln und Blättern bestehen. Beyde aber sollen / so viel es möglich ist / noch gantz und frisch seyn / welches theils auß der röthlichen Farb / theils auß dem aromatischen und lieblichen Geschmack abzunehmen / welcher den Blumen gleich kommen soll. Die Blumen aber werden in Jahres Frist unkräfftig / weilen ihre Krafft in einem sehr flüchtigen Saltz bestehet / dahero sie nichts mehr taugen sollen / wann sie zwey Jahr alt werden: Wiewohlen Charas in Beschreibung der Theriac-Ingredientien pag. 140. das Gegentheil behaup [239] ten will. Sie kommen auch zuweilen etwas unsauber und müssen alsdann von denen Apotheckern mit einem Tuch durch grosse und verdrießliche Mühe gesäubert werden / absonderlich welche zum Theriac zu erlesen sind / worvon Pomet und Charas loc. cit. zu sehen. Man muß auch wohl Achtung geben / daß dem rechten und veritablen Kameelheu nichts von dem falschen Kameelheu oder SCHOENANTHO ADULTERINO, wie öffters geschiehet / untermischet sey / welches an den langen Fuchs-Schwantz-Blumen / die es trägt und Ermangelung des recht aromatischen Geschmacks zu erkennen / wie beyde auß des obbelobten Tabernaemontani Beschreibung und Figur l. c. pag. 586. zu ersehen.

§. 4.
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In Ansehung solches aromatischen Geschmacks und Geruchs hat das Schoenanthum eine erwärmende und etwas zusammen ziehende Krafft: Stärcket das Haupt und den Magen: Treibet den Urin und Monathliche Reinigung / machet einen guten Athem und ist vor diesem den purgierenden Mittelen zu einer correction beygesellet worden / wie Ettmüllerus in Commentariô Schroed. pag. 657. in Obacht genommen. Am meisten aber wird es zum Theriac employirt / worzu man immer die beste und außerlesenste Sorte und wann es möglich ist / die Blumen selbsten nehmen soll / wie Charas l. c. darauff dringet. Solten aber dieselbige nicht zu bekommen seyn / so muß man alsdann die beste Sort von dem Kameelheu selbsten suchen. In Arabien soll solches nicht allein den Kameelen zum Futter dienen / sondern soll denselben auch untergestreuet werden / weßwegen es diesen Nahmen bekommen.

§. 5.
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Zu eben diesem Gebrauch und Zubereitung des Theriacs werden auch die Blumen von dem Arabischen Stoechas, oder FLORES STOECHADIS ARABICAE angewendet / welche in länglicht-runden / schuppichten und und oben mit Helm-Blümmelein gezierten Köpfflein bestehen und einen scharffichten / auch etwas bitteren Geschmack und starcken Geruch haben: kommen heutiges Tags auß der Provintz Languedoc in Franckreich und können derowegen nicht mehr von ein Arabisch Gewächs / wie vor diesem / gehalten werden / wie Pomet in obangeregter Material - Kammer p. 187. bezeuget; doch glauben andere / daß auch noch heutiges Tags diese Blum zuweilen auß Orient gebracht werde.

§. 6.
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Das Kraut dieser Blumen soll in verschiedenen Insulen (welche Stoechades heissen und 2. Tag Reise von Massilien abgelegen sind) in solcher Menge wachsen / daß die Einwohner solches dörren und die Stuben damit einheitzen können / wie Hoffmannus in Clavi Schroed. p. 553. auß anderen Scribenten berichtet: Ist sonst mit Wurtzeln / Stengeln und Blättern dem Lavendel nicht viel unähnlich: hat eine holtzichte Wurtzel und viele dergleiche Aestlein / langlichte / dicke und graue-äschen-farbichte Blättlein / auch oben am Stengel hat es einen geährten Kolben / auß vielen kleinen blauen Blümlein zusammen gesetzt / wie auß der Figur zu ersehen. Es trägt ein klein Säämlein / wie Melissen / auß welchem es zwar auch bey uns auffgehet / aber selten Blumen oder Saamen träget / wie D. Theod. Tabernaemont davon im andern Buch von den Kräutern pag. 91. geschriehen hat.

§. 7.
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Es müssen aber diese Blumen / absonderlich wann sie zum Theriac gesuchet werden / noch auß gantzen Aehren und Knöpffen bestehen und ihre blaue Farb noch haben / welchen sie leicht verlichren; wiewohlen die Frantzöische Apothecker solchem auch zu remediren wissen / indem sie die zuvor außgetrucknete Blätter in gewisse Bücher legen / und also die Farb conserviren / wie Pomet in seiner Material-Histoire pag. 181. berichtet; Weswegen dann auch der Geschmack und Geruch darbey zu examiniren / welcher zeigen kan / ob die Blumen frisch oder alt?

§. 8.
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Was die Kräfften dieser Blumen anlanget / so haben sie in Ansehen ihres sehr flüchtigen Saltzes und aromatischen Oehls eine sehr erwärmende und zertheilende Tugend und werden deßwegen in allen Haupt- und Nerven-Kranckheiten sehr gerühmet; weßwegen sie auch von den Alten in viele Hauptstärckende Artzneyen gemischet worden / welche sonsten gegen den Schlag / Schwindel / Haupt-Schmertzen und dergleichen sehr gerühmet werden / als da sind der Syrupus de Stoechade Simplex & Compositus. So sind sie auch vordiesem in den Brust-Schwachheiten / Mutter-Beschwerungen und dergleichen im Gebrauch gewesen / worvon Ettmüller in Comment. Schroed. pag. 669. zusehen. Einige haben in Acht genommmen / daß sich die Seyden-Würme gern an dieses Kraut anhängen und dessen Geruch sehr lieben / wie Charas in der Historie der Theriacalischen Ingredientien pag. 159. bezeuget.

§. 9.
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Die bey uns wachsende STOECHAS CITRINA oder Rhein-Blumen sind so bekandt und gemein / daß ich vor unnöthig achte dieselbige / sampt deren Tugenden / weitläufftig zu beschreiben / zumahlen sie auch langsam innerlich / sondern mehr eusserlich zum streichen oder räuchern gegen die Flüsse gebraucht und deßwegen auch Streich-Blumen genennet werden. Sie sind sonsten gar dauerhaffte Blumen / welche ihre Farb und Glantz / wie die perpetuel-Blümlein / viele Jahr halten und erhalten.
|| [240]

Das XVI. Capitel
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Von den Zucker-Röhren. Abbildung

§. 1.
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DAs Zucker-Rohr oder CALAMUS SACCHARIFERUS ist ein dickes und in viele Geleiche außgetheiltes Schilff oder Rohr / von sieben / biß acht / Schuh lang und gemeiniglich zwey Daumen dick / außwendig grünlich-gelb / und inwendig weiß und voll süsses Marcks / gleich dem Hollunder Marck anzusehen: kommet aus Ost- und West-Indien / absonderlich aus Brasilien und den Antillen-Insuln / wo es zwar auch wild auffwächset / doch mehr von den Einwohnern gepflantzet und des Saffts oder Zuckers wegen gezogen wird; und obgleich Doct. Olaus Borrichius in den Actis Hafniensibus Vol. 1. pag. 119. auch eines Meer-Grases oder Algae Sacchariferae gedencket / welches das Ißländische Meer in Norden zuweilen außwerffe / und dessen Saffts sich die Einwohner an statt des Zuckers bedienen / so weis man doch noch von keinem Zucker / so davon gemacht oder heraus gebracht werde.

§. 2.
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Was die Pflantzung anbelanget / so wird vor allen dingen ein gutes / feistes und feuchtes Land darzu erfordert / welches / so es wohl gebauet / in kleine Hügelein gefälget und eingetheilet wird / darzwischen die Zucker-Röhre reihen-weis geleget und alsdann mit Erden bedecket werden. Bald hierauff schiessen aus einem jedweden Knopff und Geleich neue Röhren hervor / mit langen / grünen und schneidenden Blättern versehen / welche alle drey Monathen zum theil müssen abgeschnitten und wie der Tabac gegeitzet werden / damit sie den Rohren den Safft und Nahrung nicht entziehen; welches so offt zu widerholen / biß das Rohr etwas groß worden und zur Zeitigung kommet / welche aus dessen gelben Farb außwendig zuerkennen / und gemeiniglich nach 8. biß 12. Monathen geschiehet / wie solches alles der berumbte Engelländer / Joh. Rajus in seiner Historiâ Plantarum Tom. 2. Lib. 22. pag. 1278. seqq. wie auch Mallet im fünfften Theil seiner Welt-Beschreibung pag. 175. aus andern Indianischen Scribenten weitläufftig erzehlen.

§. 3.
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Diese also erwachsene Zucker-Röhre sind gemeiniglich ein-biß zwey Daumen-dick; dieje [241] nigen hergegen / welche als ein Arm in der Dicke hinaus schlagen / nehmen / je dicker sie werden / je mehr an Gütigkeit ab. Ehe sie aber zur Zeitigung gelangen / treiben sie oben / recht mitten aus den öbersten Blättern / einen sehr langen Stengel / auff dessen Spitze eine lange Silberfarbe Blume / wie ein Feder-Pusch anzusehen / wie gleichfals aus obiger Figur zu ersehen.

§. 4.
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Sobalden nun die Zucker-Röhr zur Zeitigung gelanget sind / werden sie von Americaner abgeschnitten / von den Blättern gelöset / in Büchlein zusammen gebunden und zur Trapiche / (Trapetti) oder diejenigen Häusser und Hütten / allwo man den Zucker heraus presset / getragen / wie in folgendem Capitel soll gezeiget werden. Die öberste Stengel und Binsen aber brauchen die Wilde zu ihren Bogen und Pfeilen / deren sie sich auff der Jagt und in den Kriegen gebrauchen.

§. 5.
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Sonsten ehe man die Art den Zucker heraus zu pressen gewust / haben sich die Alten nur des Saffts / so von sich selbsten aus den Röhren gedrungen / von der Sonnen-Hiß allda erhärtet / und von einigen Saccharum de Mambu, Tabaxir genennet wird / gebrauchet; obwohlen andere / als Wormius in Museo pag. 141. diesen von der Cannâ Saccharifera arborescente oder Zuckerbaum von den Indianern Hakra genandt / herleiten / und den Safft der gemeinen Zucker-Röhr mit dem Avicennâ Mel Cannae nennen wollen; und kan also der Gelährten Streit: Ob der heutige Zucker mit der Alten Zucker eines sey? leicht geschlichtet werden / worvon der berümbte Salmasius in Exerc. Plin. in C. Jul. Salin p. 926. weitläufftig handelt.

Das XVII. Capitel
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Von dem Zucker und dessen Zubereitungen. Abbildung
|| [242]

I.
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AUs dem vorhergehenden Capitel ist schon zur Genüge zu ersehen / daß der Zucker nichts anderst sey / als ein süsser Safft / welcher aus den Zucker-Röhren gepresset / auch künstlicher weis zur gehörigen Consistentz gesotten und gesäubert worden. Damit man aber zugleich eine kleine Nachricht habe / wie solches alles geschehe / so hat man vor nöthig geachtet dessen Zubereitung etwas genauer zu beschreiben / damit man hernacher die verschiedene Sorten und Species Sacchari desto besser zu unterscheiden wisse.

§. 2.
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Die Expression des Saffts nun erstlich betreffend / so geschiehet dieselbige auff besonderen hierzu erbauten Mühlen / deren die Holländer an manchem Ort 10. biß 12. auffgerichtet haben. Diese Mühlen bestehen aus dreyen höltzernen und außwendig mit eissernen Blechen umbgebenen Rollen oder Waltzen / davon die Mittelste wohl noch so lang / als die andere ist / wordurch oben zwey lange Bäume durch passiren / welche von zwey Ochsen gezogen das gantze Werck treibet / wie aus der Figur am besten zu ersehen ist. Je nachdem nun diese Waltzen sich umbdrehen / so werden von benen sich dabey befindenden Mohren die oftt bemeldte Zucker-Röhre zwischen dieselbige häuffig hinein gestossen / da dann die Rollen dieselbige zerknirschen und zugleich zur andern Seiten außwerffen: Der Safft indessen rinnet in ein sehr grosses Gefäß / welches darunter stehet / von dannen er durch Hülffe eines kleinen Canals oder Rinne in den ersten und grössern Kessel geleitet wird.

§. 3.
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Unter diesen Kessel macht man ein gantz gelindes Feuer / nur damit er ein wenig warm werde / und man ihn ohngesorten abschäumen könne / und geben nachmahlen die Indianer den Schaum ihrem Vieh zu fressen. Nachdem man ihm also die meiste und gröbste Unreinigkeit genommen / thut man ihn wieder in einen etwas kleinern Kessel / in welchem er mit Beyhülff eines weit grösseren Feuers gantz hefftig sieden muß / auff daß er desto besser geläutert werden könne. Wann dieses verrichtet / so schüttet man etliche grosse Löffel-voll einer gewissen Laugen / welche aus Disteln gemacht / oder auch / wie andere meinen / Kalck-Wasser / wonrinen Eyerweiß zerschlagen / darein / und thut noch über das etliche Tropffen Oel darzu / welche die Gewalt des Sudes oder Walle außlöschen und des Saffts Außlauff verhindern. Wann man dann siehet / daß er anfängt dick zu werden / so läst man ihn durch ein Tuch rinnen / und theilt ihn in noch kleinere Kessel aus / welche gemeiniglich von Bronçe oder Metall sind / in denen man ihn wieder sieden macht und ohnauffhörlich umherrühret / biß so lang er gantz und gar außgekocht / welches daraus abgenommen wird / wann er / indem man ihn in die Höhe zieht / im herniederfallen fast aneinander hangen verbleibet. Nach diesem wird er wieder in frische Kessel gethan / in welchen man ihn erkühlen läst / jedoch also / daß er noch allezeit so lang umgerühret werde / biß daß man gantz eigentlich in seinem Syrop kleine Körnlein / gleich wie Sand / siehet / welche ein ohnfehlbahres Kennzeichen des völlich zubereiteten Zuckers abgeben.

§. 4.
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Wann nun der Zucker in soweit zur Perfection gekommen / so schüttet man ihn / dieweil er noch warm ist / in gewisse Formen / welche unten ein zugestoptes Loch haben / und wann er darinnen erhartet / (welches gemeiniglich in Zeit von vier und zwantzig Stunden zu geschehen pfleget / ) so tragen ihn die Schwartzen mit den Formen in ihre Hütten und Wohnungen / und nachdem sie das untere Loch eröffnet und den Zucker zuvor durchstochen haben / so setzen sie die Formen über kleine Töpffen / damit der SYROP herunter lauffe und darinnen auffgefangen werde.

§. 5
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Dieser SYROP wird in Tonnen heraus in Europam gebracht / und weil er stätig weich / wie ein dünner Honig bleibet / so wird er von denen Materialisten und Simplicisten Remel, Mel Saccharinum, Teutsch Zucker-Honig und Frantzöisch Doucette und Mellage genennet: wird in Ambsterdam / Hamburg und dergleichen Handel-Städten gar wohlfeil verkaufft / und weilen er noch besseres Kauffs / als der Honig ist / so wäre er in vielen Dingen an dessen statt nützlich zu gebrauchen / wann nicht sonsten viel Betrugs damit unterlief. Unterdessen brauchen ihn die Haußleute in der Küchen: wie ingleichen die Lebkuchen-Becker an einigen Orten sich dessen mit Vortheil bedienen. Ja es sollen auch einige Materialisten und Apothecker andere medicinalische Syrupos und Electuaria damit amnachen / welches doch ein schändlicher Betrug ist / so durchaus nicht zu dulten. Man feuchtet anderstwo den Tabac auch damit an / und soll man auch einen Branden-Wein daraus brennen können.

§. 6.
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Wann nun der Syrup alle abgeflossen / so hauen sie die Zucker-Hüt (welche anfänglich gar groß sind / daß wohl einer zwantzig Pfund wieget / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 148. bezeuget) in grosse Stücker / und wird dieser Zucker alsdann [243] grauer MOSCOVADE, Frantzöisch Moscovade grise ou Sucre des Isles non atteré genennet / und ist gleichsam das Fundament und diejenige materie, auß welcher alle andere Sorten des Zuckers gemacht werden: Muß weiß-grau trucken / nicht fett und schmiericht seyn / auch soviel möglich nicht nach dem Brand und Feur schmäcken / soll er anders gut seyn. Wird also roh nicht viel gebraucht / ob er wohl zu dem syrupisiren und rothen Confituren nicht untauglich ist.

§. 7.
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Auß diesem Moscovade wird nachmahlen der so genandte CASSONAD-Zucker sonsten auch CASTONADA und Cassaun-Zucker genandt / zubereitet / welches Wort einige daher deriviren / weilen dieser Zucker gemeiniglich in Kasten überbracht wird: welches doch nicht allemahl geschiehet / indem fast eben soviel in kleinen Tonnen ankommet / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues Lib. 2. pag. 96. bezeuget. Andere heissen ihn Farin-Zucker / weilen er nicht an Hüten / sondern grossen und kleinen Stücker kommet. Die Frantzosen nennen ihn auch Sucre des Isles atteré, zum Unterschied des vorigen. Seine Zubereitung bestehet darin / daß sie den Moscovade Zucker abermahl zerlassen / wohl läutern / durch ein Tuch seyhen / und wann er wider zum Flug gekocht / in die Formen giessen / auch wie mit dem vorigen / wieder verfahren. Wann alsdann der Syrup abgeflossen / so thun sie eines Zolls dick weise Erde oder mit Wasser angefeuchtete Kreyde darauff / damit das Wasser sich durch den Zucker ziehe und was noch unsaubers darinnen ist / mit sich nehme. Sobald nun alles ab- und durchgeflossen / thut man den Zucker auß den Formen und theilet ihn in drey Theile / welche von den Americanern also sortiret werden / daß sie den untersten Theil allein / den mittelsten auch allein / und das oberste auch à part legen / welcher letztere der schlechte ist. Wann auch dieses geschehen / so breiten sie alles auff grosse Tücher / lassen es vollends an der Lufft außtrucknen und schlagen es nachmahlen in Kasten und Tonnen / worinnen sie uns gebracht werden Der allerbeste Cassanade aber komt auß Brasilien / welcher schön weiß / trucken / eines guten Geschmacks ist / und gleich nach Violen riechen muß / dergleichen der unterste Theil zu seyn pfleget. Er wird von den Conditern und Confiturirern sehr gebraucht / weilen er sich nicht so balden candisiret / und die Confituren schön weiß davon werden / auch sich besser haltenlassen.

§. 8.
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Zu wissen aber ist / daß auch ein gut Theil von dem Moscowade clarificirt und zu Hüte gegossen in blau Papier herauß gebracht werde / welchen die Frantzosen Sucre de sept livres oder den Sieben-Pfund-Zucker nennen / wiewohl ihm solcher Nahme nicht so gar wohl zukommet / indem diese Hüte gemeiniglich 12. Pfund wiegen / wie Mons. Pomet. l. c. selbsten bekennet: Gleichwie die Holländer dergleichen grosse Hüte an statt des Papiers in Palmen-Blättern verschicken / welche auch Sucre de palme oder Palm-Zucker genennet werden. Unterdessen werden auch von diesen verschiedene Sorten gefunden / nach dem sie recht weiß oder auch Flecken oben haben: Ist eine Waar vor die gemeine Leut / dann er nicht so kostbar und doch viel süsser machr / als der kostbahre / indem fast jederman bekandt / daß jemehr der Zucker rafiniret werde / je mehr er an Süssigkeit verliehre.

§. 9.
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Auß diesen obgesetzten Zuckern werden nachmahlen durch wiederhohltes rafiniren die kleinere Zucker-Hüte verfertiget und in 2. 3. 4. biß 6. Pfündige sortiret. Je kleiner die Hüte sind / je besser der Zucker ist / und wird der allerfeineste von den Frantzosen Sucre Royal genennet / nach welchem der Demy-Royal, welches bey uns die beste Canarien-Zucker sind. Die andere werden bey uns Refinat genennet und haben wieder verschiedene Sorten. Es wird nunmehr in Holland / Hamburg und dergleichen Orthen auch viel Zucker refiniret / und findet sich der Hamburger viel härter als der Amsterdammer: so ist er auch viel weiser als der Italianische / weßwegen er auch mehr aestimirt wird; dann je härter und weiser der Zucker ist / je besser er ist / absonderlich wann er zugleich dicht / gläntzet und gleichsam wie ein Glaß klingt / so man mit den Fingern daran schläget.

§. 10.
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Sonsten pfleget man den Zucker auch nach den Orten / woher er kommet / zu unterscheiden / nach welchen I. SACCHARUM MADERIENSE oder der Madery-Zucker den Vorzug hat / und also von der Insul Madera, worauß er kommet / genennet wird: ist der beste und feineste Zucker / welcher noch über den Canarien-Zucker ist / aber langsam an uns kommet. Diesem kommet II. SACCHARUM CANARIENSE oder der Canarien-Zucker sehr nah / dessen doch die Specerey-Händler auch verschiedene Sorten haben: wird von den Canarien-Insuln so genennet / obwohlen nicht zu zweifflen / daß sie auch andern Zucker also zubereiten können. Also hat man auch III. SACCHARUM MELITENSE
|| [244]
oder den Melis-Zucker / so auß der Insul Maltha kommen soll / welcher offters an der Härte dem Canarien-Zucker sehr nahe komt / obwohln er grauer und nicht so weiß ist und derowegen auch von Tabernaemontano in 1. Buch der Kräutern pag. 600. diesem gleich nachgesetzt und dem Refinat vorgezogen wird. Dieser wird gemeiniglich in Essen-Speissen gebrauchet und ist auch ein guter Melis in den Apothecken nicht zu verwerffen / dann man auch verschiedene Sorten davon findet. Was IV. SACCHARUM THOMAEUM oder den Thomas-Zucker anlanget / so zweiffle auch / ob derselbe alle auß der Insul Thomä gebracht werde / wie insgemein davor gehalten wird / indem Pomet an obberührten Ort pag. 97. meldet / daß dieser Zucker auß dem Syrup der grossen Zucker-Hüte gemacht werde / und also eine Art der Cassonade sey: Ist gemeiniglich roth / und wird auch deßwegen Saccharum rubrum oder der rothe Zucker genennet. Der beste ist / welcher fein trucken / und nicht nach Brand schmäcket: Wird nur eusserlich in den Clystiren gebraucht. Daß aber einige Apothecker denselben auch zu den Medicinalischen Syrupen gebrauchen und vermeinen es seye diejenige Materie, worauß all der Zucker gemacht und gebracht werde / ist ein sehr grober Irzthumb.

§. II.
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Alle diese Zucker haben innerlich genutzet eine besänfftigende Krafft / die böse und scharffe saltzichte Feuchtigkeiten / so die Gurgel und die Lungen anfeinden und wund machen / zu besänfftigen / und kommen derowegen in allen Brust-Kranckheiten hauptsächlich gut; wiewohlen auch in andern Magen- und Gedärm-Verwundungen / in dem Nieren- und Blaßenstein und dergleichen der Zucker und was davon gemacht / auch gut thut; weiln aber doch in dem Zucker eine scharffe Saüre stecket / welche so gar die Zähne schwartz frisset / so muß man auch das Zucker. Werck nicht so sehr brauchen / besthe hiervon Ettmüllerum in Com. Schroed. ad h. l. Euserlich heilet der Zucker alle Wunden und Löcher und ist zu den Augen / rinnenden Ohren und der gleichen ein gut Mittel / vid. cit. loc.

§. 12.
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Dieweilen aber aller Hut-Zucker noch sehr schleimet / so hat man denselben noch zu grösserer Reinigkeit bringen und den CANDIRTEN-Zucker oder SACCHARUM CANDUM darauß machen wollen / dessen man zweyerley / nemblich den Weisen und Braunen / in den Material-Kammern und Apothecken findet. Der Weise oder SACCHARUM CANDUM ALBUM wird von dem besten Maderi- oder Canarien-Zucker gemacht / welcher geschwind mit Wasser über dem Feuer zerlassen und syrupisiret / alsdann in ein / mit vielen zwerch Höltzlein belegtes Gefäß geschüttet und 15. biß 20. Tag in eine warme Stube / wohl zugedeckt / gesetzt wird / in welcher Zeit der Zucker sich anhängt und sich schön candisiret: der übrige Safft wird weiter gekocht und wie zuvor übergeschüttet / wie solches Tabernaemontanus Lib. 1. pag. 604. schön beschrieben und kan man in Teutschland / wo schöner Wasser ist / diesen Zucker viel klarer machen / als anderswo; weswegen auch der Holländische immer theurer ist / wie der Frantzöische / wie Pomet selbsten gestehet / dann seine Güte darin bestehet / daß er schön weiß und durchscheinend seye. Von dem letzten / welcher zu offt und zu viel gekocht wird / entstehet der rothe Cannel-Zucker oder SACCHARUM CANDUM RUBRUM, welcher doch auff eben solche Manier auch auß dem rothen Zucker oder Saccharo Thomaeo gemacht wird: Dienen beyde zu obigen Kranckheiten.

§. 13.
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Weilen unterdessen der Cannel-Zucker vor die kleine Kinder gar zu hart ist / so macht man vor dieselbige einen sehr gelinden Zucker / welcher PENID-Zucker oder SACCHARUM PENIDIUM genennet wird. Solcher lässet sich von gemeinem Hut-Zucker oder auch gar Cassaun-Zucker machen / welcher mit Brunen-Wasser überm Feur durch Eyerweiß clarificitet und so lang / biß er zerbrichlich und nicht an den Zähnen hangen bleibt / gekochet / nachgehends auff einem mit Mandel-Oehl angemachtem Marmor zu einem Taig gewältzet / an einen Hacken geworffen / und mit Stärck-Mehl zu langen Seylern gewunden wird / wie es Tabernaemontanus an obigen Ort auch schön beschreibet: Wird den kleinen Kindern / wann sie husten und keichen gegeben. Der Gersten-Zucker wird nicht viel anders gemacht.

§. 14.
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Sonsten machen die Zucker-Becker noch allerhand CONFECT auß dem Zucker / welcher entweder glatt oder krauß ist: werden beyde im Conficir-Kessel / welcher über einem Wind-Ofen hanget / also gemacht: Man thut Fenchel / Aniß / Cubeben / Mandeln / zerschnittene Citronen-Schalen / Nägelein sc. in den Kessel / schüttet syrupisirren Zucker darüber / stosset den Kessel hin und her / biß sich der Zucker angehenckt hat; solches wird offt wiederhohlet / nach dem man es dick oder dünn überzogen haben will. Bißweilen thut [245] maln etwas Stärck-Mehl darzu / und wann der Confect krauß werden soll / muß der Syrup gantz hoch eingeschüttet werden / daß es tretschet und kleine Glundern gibt. Nachdem nun der Confect dick oder dünn überzogen ist / viel oder wenig Mehl hat / entstehen viele Sorten daraus / welche die Zucker-Becker mit allerhand Nahmen und Num. bezeichnen / wie in deß Pomets / Material- Kamme pag. 100. zu sehen. Die Zimmet-Mandeln werden in einer Schachtel im Zimmet gewältzet / wann sie noch nicht trucken worden. Das auffgeblaßene Zucker-Werck wird mit schönem weissen Tragant angemacht / und in der Pasteten- oder Tarten-Pfann auffgezogen. Wie die rothe Saurach-Küchlein / Manus Christi, Rosen-Zucker sc. gemacht werden / findet sich in allen Dispensatoriis. Die Portugiesische Biesem-Stengel / Biesem-Kugeln und dergleichen werden mit Amber und Biesem angemacht / und entweder im Conficir Kessel oder mit Tragant formiret / welches alles bey den Zucker-Beckern deutlicher kan gesehen werden. Beschlusz der Kräuter und Blumen. UNter den übrigen gemeinen und einheimischen Kräutern und Blumen / so nicht allemahl in den Material-Kammern zu finden / sondern von den Apotheckern durch die Wurtzel-Gräber und Kräuter-Weiber selbsten gesamlet / auch in allen Kräuter-Büchern abgemahlet und beschrieben werden / sind die folgenbe mehr im Gebrauch: HERBA Abrotani Stabwurtz-Kraut. Absinthii Wermuth. Acetosae Sauer-Ampffer. Acetosellae Sauerklee. Agrimoniae Odermennig. Alceae Zellriß. Alchimillae Sinau. Alsine Hünerdarm. Althaeae Eybischkraut. Anagallis Gauchheil. Anethi Dill. Anserinae Gänserich. Antirrhni Hunds-Kopss / Kalbs-Nase. Apii Eppich. Aquilegiae Ackeley. Ari Aronblätter. Aristoloch. longae Osterlucey. Artemisiae Beyfuß. Atriplicis Melten. Auriculae muris Mäußöhrlein. Barbae caprinae Geißbart. Beccabungae Bachpungen. Bellidis prat. Gänßblumen. Betae albae Weiß Mangolt. ???rubrae Roth Mangolt. Betonicae Braune Betonien. Bifolii Zweyblatt. Boni Henrici Hundsmilten. Borrag. Borretsch. Brancae ursinae gemeine Bäran-Klau. Brassicae Kohl-Kraut. Bruoniae Leuffels-Hirschen. Buglossae Ochsenzungen. Bursae pastoris Leschelkraut. Calaminthae Ackermüntz. Calendulae Ringelblumen. Cardiacae Hertzgespann. HERBA Cardui benedicti Cardebenedicten. Centaur. min. Lausend-Gülden-Kraut. Cerefolii Körbel. Chamaedrios Gamanderlein. Chamaemeli Chamillen. Chelidon. maj. Schellkraut. ??? min. Schaarbocks-Kraut. Cochleariae Löffelkraut. Consolidae regalis Ritter-Sporn. Saracen. Heidnisch Wund-Kraut. Cynoglossae Hunds-Zungen. Dentis Leonis Pfaffen-Röhrgen. Draconis hortensis Dracun-Kraut. Ebuli Attich-Blätter. Endiviae Endivien. Epat. nobilis Edel-Leber-Kraut. Ericae Heide Eryngii Mannstreu. Erucae sativae Senffkraut. Erysimi Wilder-Senff. Esulae Wolffsmilch. Eupatorii Leberbalsam. Euphrasiae Augentrost. Farfarae Huff-Lattich. Filicis Fahrenkraut. Filipendulae rother Steinbrech. Foeniculi Fenchelkraut. Fragariae Erdbeerkraut. Fraxinellae Weisser Diptam. Fumaria Laubenkropff. Galegae Geißrauten. Gallii Megerkraut. Gallitrichi Garten-Scharlach. Hederae arb. Eppich. ??? terr. Gundelreben.
|| [246]
HERBA Herniariae gelb Harnkraut. Hirundinariae Schwalben-Wurtz-Kraut. Hyperici S. Johannis-Kraut. Hyssopi Ysop. Jaceae Dreyfalrigkeit-Kraut. Intybi Endivien. Ivae arthet. Schlagkraut. Juniperi Wacholder-Kreiß. Lactucae Lattich. Lapathi acuti Grindwurtz-Kraut. Lappae maj. grosse Klettenkraut. Lavendulae Lavendel. Lepidii Pfefferkraut. Levistici Liebstöckel. Ligustri Reinweibe. Linariae Leinkraut Linguae cervinae Hirschzung. Lupuli Hopffen. Lysimachae Wiedrich. Majoranae Majoran. Malvae Pappeln. Marrubii weisser Andorn. Matricariae Metern. Matrisylvae Waldmeister. Meliloti Stein-Rlee. Melissae Melissen. Menthae Balsamkraut. Saracenicae Frauenmüntz. Mentastri wilde Wüntze. Mercurialis Bingelkraut. Milii solis Meerhirschenkraut. Mororum Maulbeerblätter. Morsus Diaboli Leuffels-Abbiß. Nasturtii aquat. Brunn-Kreß. ???hort. Gartenkresse. Nepetae Katzeninüntze. Noli me tangere Springsaamenkraut. Nummulariae Pfeningkraut. Nymphaeae Seeblätter. Ononidis Heuhechel. Ophiogloffi Natterzungen. Origani Dostenkraut. Papav. errat Klapper-Rosenkraut. Paralyseos Schlüsselblumen Kraut. Parietariae Tag und Nacht. Pentaphylli Fünff-Fingerkraut. Perfoliatae Durchwachs. Persicariae Flöhkraut. Petasitidis Pestilentz-Wurtzkraut. Petroselini Petersilien. Pimpinellae Biebenell. Plantaginis Wegerich. Polygoni Weg-Graß. Polygonati Weißwurtz-Kraut. Polytrichiaurei Gülden Widerthon. Portulacae Portulac. Prunellae Braunellen. HERBA Ptarmicae Wilder Bertram. Pulegii Poley. Pulmonariae Lungenkraut. ???maculosae fleckicht Lungenkraut. Pyrolae Wintergrün. Rorismarini hort. Roßmarin. Sylv. wild Roßmarin. Roris Solis Sonn-Thau. Rubi vulg. Brombeerblätter. Rutae hortens. Rauten. ???murar. Mauer-Rauten. Sabinae Siebenbaum. Salicis fol. Weidenblätter. Salviae Salbey. Sambuci fol. Hollerblätter. Saniculae Sanickel. Saponariae Seiffenkraut. Saturejae Saturey. Saxifragiae Steinbrech. Scabiosae Scabiosen. Scariolae klein Endivien. Sclareae Scharlach. Scordii Scordien. Scrophulariae Braunwirtz-Kraut. Sedi maj. Haußwurtz. min klein Haußwurtz. Senecionis Kreutzkraut. Sigilli Salom. Weißwurtz-Kraut. Solani Nachtschatten. Sonchi Säu-Distel. Spinachiae Spinat. Talictri Beruffkraut. Tanaceti Reinfarn. Taraxaci Pfaffen-Röhrgen. Thymi Thymian. Tiliae Lindenblätter. Tithymali Wolffsmilch. Tormentillae Tormentill. Tussilag. Hufflattich. Valerianae vera Theriac-Kraut. ???vulg. Baldrian. Verbasci Wullkraut. Vermicularis klein Haußwurtz. Veronicae Ehrenpreiß Vesicariae Judenkirschen. Vincae pervincae Wintergrün. Vincetoxici Schwalbenkraut. Violariae Violenkraut. Virgae aureae Heydnisch Wundkraut. Vitis Weinlaub. Volubilis Wegewinde. Umblici ♀??? Nabelkraut. Urtic. maj. groß Kletten-Blätter. min. klein Klettenkraut. Rom. Römische Nessel. Uvular. Zapffenkraut.
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FLORES Acatiae Schlehen-Blüt. Anethi Dillblüte. Anthos Roßmarinblüte. Aquilegiae Ackeleyblumen. Bellidis Maßliben. Beton. Betonienblüte. Borragin. Borragenblumen. Buglossae Ochsenzungenblumen. Calendulae Ringelblumen. Centaur. min. Tausend Gülden-Kraut-Blumen. Chamom. Rom. Römische Chamillen. vulg. Chamillen. Cheiri gelbe Violen. Cichorei Wegwartblumen. Consol. Regal. Ritter-Sporn Blumen. Cyani Kornblumen. Enulae Alandtblüte. Epat. nob. Edel Leberkraut-Blumen. stellat. Sternlebenkraut-Blumen. Fabarum Bognenblüte. Farfarae Hufflattichblumen. Genistae Pfriemenkraut-Blumen. Hyperici S. Johans-Blumen. Jaceae Dreyfaltigkeit-Blumen. Lavendulae Ladendelblüt. Lilior. alb. weisse Lilien. convall. Mayblumen. Lupuli Hopffen. FLORES Malvae arbor. Munbrosen. ???vulg. Pappelnblumen. Matricariae Meternblumen. Meliloti Steinkleeblumen. Melissae Ital. Welsch Melissen-Blumen. Nymphaeae Seeblumen. Ononidis Heuhechelblumen. Papav. errat. Klapper-Rosen. hortens. Mohnblumen. Paralyseos Schlüsselblumen. Persicorum Pfersingblüt. Poeoniae Poeonien-Rosen. Primul. veris Schlüsselblumen. Pruni sylvestris Schlehenblüte. Rosar. albar. weisse Rosen. rubrar. rothe Rosen. sylvestr. wilde Heckenrosen. Salviae Salbey-Blumen. Sambuci Hollerblüte. Saxifragiae Steinbrech-Blumen. Scabiosae Scabiosen-Blumen. Tanaceti Reinfahrnblumen. Tiliae Lindenblüte. Tunicae hort. Graßrosen. sylv. Donner-Nägelein. Tussilaginis Hufflattich-Blumen. Verbasci Wullkraut-Blumen. Violarum blaue Violen.
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Desz zweyten Buchs vierdte Abtheilung / Von den Rinden und Höltzern. Das I. Capitel Von der Holtz-Caszie oder Caszien-Rinde / wie auch der Cassiâ Caryophillata.
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Abbildung

§. 1.
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DIe Cassien-Rinde oder CASSIA LIGNEA ist eine zusammmen gerolte Rinde / etwas dicker als der Zimmet / doch am Geschmack und Geruch bey weitem nicht so starck und scharff / sondern etwas schleimicht im Munde / ist auch viel röther als der Zimmet und ingleichem von seiner eusseren Schale gereiniget: Wird auß Ost-Indien Teutschland und andere Oerter gebracht und von einigen Mutter-Zimmet genennet / welcher Nahme doch besser dem dickern Zimmet beygeleget wird.

§. 2.
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Woher und von welchem Baum diese Rinde komme / davon sind unterschiedene Meynungen / welche beym Schroedero in Pharm. Medico-Chym. pag. 45. zu sehen. Viele meineten sie käme von eben dem Baume / da der Zimmet von gescheelet wird / dessen eussere und dickere Rinde CASSIA LIGNEA, die mittlere aber CINAMOMUM geheissen würden / wie Hernandez selbsten in seinem Americanischen Kräuter-Buch pag. 35. vermeinet. Andere hergegen hatten mit besserem Grund davor / daß bende Rinde von gantz unterschiedenen Bäumen herrühren / welche doch sich einander gleich schienen. [249] Pomet. der Frantzöische Materialist vermeinet / es käme vielleicht dieselbe von der Canella Sylv. oder dem wilden Canellen-Baum / welcher in folgendem Capitel abgehandelt zu finden und unter denen rechten Zimmets-Bäumen wachsen soll. Allein Sam. Dale zeiget in seiner Pharmacologie pag. 386. ein anders / und hält mit grösserem Recht dafür / daß solche von einem andern Canelbaum herrühre / welchen er Arborem Canelliferam Malabaricam nennet / weilen er in der Insul Malabar, Java &c. wächset / und von denen Wilden Garva genennet wird / dessen Figur in dem kostbahrm Horto Malabarico T. 1. Fig. 107. zu sehen ist.

§. 3.
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Nach Unterscheid dieser Bäumen Hat eben gemeldter Dale auch zwey Arten der Voltz-Caßien / eine / so in dünnen / aber doch sehr glatten Rinden und Rohren bestehet / und die andere / so dickere Rinde und Pfeiffen hat / welche gemeiniglich in unsern Apothecten zu finden / da hingegen die erstere zum offtern mir unter den Zimmet gemischet wird / vor welchem sie doch bald zuerkennen / indem sie einen viel gelinderen Geschmack und Geruch hat / in dem Mund gantz schleimicht wird / auch darinnen fast gäntzlich zergehet: da hingegen bey dem Zimmet kein schleimichter Geschmack zu finden ist / auch immer von der Rinde etwas zurück bleibet.

§. 4.
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Die besie ist / welche frisch und hoch an der Farbe / auch am Geschmack und Geruch aromatisch ist / dem Zimmet nahe kommet / auch im Munde zergehet / wie Charas in seiner Hist. der Theriacs. Ingredientien pag. 134. lehret. Die breyte und bicke / so nicht anders als Holtz schmäcket / tauget nichts und ist zu verwerffen.

§. 5.
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Jhre Kräfften betreffend / so kom̅en solche mit dem Zimmet überein / und solches desto mehr / je besser sie ist: wird auch deswegen mit zu dem Theriac gezogen. Daß sie aber darzu mißbrauchet und unter dem Zimmet verkauffet wird / ist nicht rechtschaffen gehandelt / sondern betrüglich / indem ein ???. gutes Zimmets so viel kostet / als 4. ???. von der Cassiâ Ligneâ.

§. 6.
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Ein gleicher Betrug gehet mit dem Nelcken-Zimmet oder CASSIA CARYOPHYLLATA vor / wormit die gestossene Nägelein sehr offters verfälschet werden. Diese Schale ist unsern Vorfahren gantz unbekandt gewesen / indem solche vor etwa 60. biß 70. Jahren zu erst von den Portugiesen / wie nunmehro durch die Engeländer / auß America gebracht worden / und bestehet auß einer dünnen / röthlicht-braunen und von den eusseren Schalen gesäuberten Rinde / welche / wie der Zimmet / in länglicht-runde Röhre gerollet ist: hat einen scharffen / beissenden und aromatischen Geschmack und einen guten Nelcken-Geruch- Sie kommet auß Brasilien und Madagascar, in Binsen-Körben / nachdem sie zuvor in schöne grosse Blätter eingewickelt ist / welche nichts anders sind / als Arum hederaceum foliis bisectis, rigidis & scutatis, worinnen sie sich lang halten lässet / Vid. Pomet. pag. 131. Ob aber derjenigece CORTEX CARIOPHYLLODES, welchen der berümbte Ost-Indianische Botanicus / Herz Georg Everhard Rumphius in seinem Ambonischen Kräuter-Buch Lib. 2. Cap. 22. beschrieben / und CULILAWAN genennet hat / ein Ding mit der Cassia Caryophillata seye und von einem Baum (den er dorten beschrieben) herrübre / zweiffele deswegen / weilen diese letztere viel dicker als jene ist. Unterdessen hab einem Extract von obbemeldtem Buch hiervon unter des Herberts de Jager Mss. gefunden und am End dieses Tr. nach den Ost-Indianischen Sendschreiben beygefüget.

§. 7.
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Der Baum dieses Nelcken-Zimmets ist eine Art der Nelcken-Bäume und wird von Plukenet in seiner Phytographie Tab. CLV. Fig. 3. Caryophillus Aromaticus Ind. Occid. fruct. rot. genennet / allwo er zwey Figuren abgebildet hat / deren eine mit der obigen übereinkommet. Hernandez heisset ihn pag. 30. nach der Americaner Sprach Xocoxochitl, Caninga, Piper Tavasci: Franciscus Redi Piper Chiapae, andere Pimenta: hat Blätter wie der Lorbeer-Baum / (aber wie der Myrrhen-Baum außgespitzet / weswegen er auch von D. Hermann in Mss. M. M. Myrtus arborea Americana genennet wird) und bringet an statt der Frucht schwartze. aromatische Beerlein / etwas grösser dann Pfeffer-Körner / welche am Geschmack und Geruch den Neleken gleich kommen und inwendig 2. Körner / wie die Bisem-Körner anzusehen / in sich haben / wie solche bey obgedachtem Plukenet neben der Figur zu sehen sind.

§. 8.
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Die beste ist / welche dünne Schalen hat und von der euseren Rinde / welche gemeiniglich grau und rau ist / wohl gesäubert ist / röthlichbraun / eines scharffen und recht gewürtzten Geschmacks??? / welcher nebst dem Geruch den Nelcken gleich kommet. Man muß auch Achtung geben / daß sie nicht nach Schimmel riehe und die Päcke nicht mit der dicken euseren Rinde / welche ohne Geruch und Geschmack ist / wie offters geschiehet / gefüttert seyen.
|| [250]

§. 9.
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Den Gebrauch und Nutzen dieser Rinden anbelangeud / so kommet sie darin mit den Nägelein über ein / stärcket das Haupt / Magen / Nerven und alle nervose Theile des Leibes / absonderlich auch die Mutter / und wird deßwegen in schwerer Geburts-Arbeit / wie auch der Wassersucht sehr gerühmet. Einige ziehen mit dem Spiritu Vini eine Tictur oder Essentz darauß und verkauffen sie vor die Nelcken-Essentz / welches ein Betrug ist / so wenig Seegen bringet. Die Zucker Becker überziehen sie auch mit Zucker / oder mischen sie an statt der Nägelein unter die Tragaeas grossas. Daß aber die Würtz-Krämer das Pulver davon unter die gestossene Nägelein mischen / ist ein schändlicher Betrug / indem die gestossene Nägelein wohl 4. biß 5. mahlen theurer sind / als die Rinde: Weßwegen auch diese Waar in Nürnberg gar nicht passirlich seyn soll / sondern wird auff der Schau verworffen / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 68. berichtet.

§. 10.
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Die Frucht von diesem Baum ist noch von niemanden recht beschrieben worden / ausser daß Franciscus Redi, ein gelehter Italianischer Edelman / deren in seinen experimentis natur. pag. 168. unter dem Nahmen PIMENTA de CHIAPA oder PIPERIS TAVASCI gedacht: Andere heissen sie AMOMUM PLINII, und scheinet eben dasjenige Gewürtz zu seyn / welches Pomet in seiner Frantzöischen Material Kammer pag. 120. auff dem Campeschen-Baum wachsen / an einem andern Orr pag. 195, aber unter dem Nahmen des PIPERIS JAMAICENSIS beschreibet / welche beyde an Gestalt und Kräfften mit der Frucht der Cassiae Caryophillatae gäntzlich über einkommen / und macht der Geschmack und Geruch schon ein grössere praesumption, daß beyde von jetzbeschriebenem Baum und nicht sowohl von dem Campeschen-Holtz herrühren / welches dergleichen Geschmack oder Geruch nicht hat. Diese Frucht hat eusserlich auch das Ansehen wie die Cocculi de Levante, weßwegen sie auch im Museô der Königl. Englischen Societät Cocculi Indi aromatici genennet werden.

§. 11.
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Diese Körner haben eben die Kräfften / welche der Nelcken-Zimmet selbsten bat / können auch in allen denjenigen Kranckheiten / worinnen diese gerühmet worden / füglich gebraucht werden.

Das II. Capitel.
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Von der Zimmer-Rinde. Abbildung

§. 1.
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DEr Zimmet / welcher Lateinisch CINNAMOMUM, CASSIA CINNAMOMEA und CANELLA genennetwird / bestehet auß einer dunnen / von seiner eusseren Schale gesäuberten und in langen Röhren zusammen gerolten Rinde / so gelb-röthlicht ist und einen scharff-beisenden / süßlichten und aromarischen Geschmack / auch einen sehr angenehmen Geruch hat: wird auß Ost-Indien / absonderlich auß der Insul Ceylon, über Holland [251] ins Reich und andere Länder gebracht / indem er sonsten nirgends weder in Africa / Sina, Persien / noch andern warmen Ländern / viel weniger gegen Norden und gar in Finnland / als einige vorgeben / wächset / wie Olaus Rudbekius im dritten Theil seiner Altlanticae, cap. 12. pag. 506. bekennet und gegen Diodorum behauptet.

§. 2.
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Den Baum dieser Rinde nennete P. Hermannus (welcher selbsten in Ceylan gewesen) anfänglich Laurum Zeylanicum baccis calyculatis, hat sich aber nachgehends in Cat. Horti Lugd. Bselbsten cotrigiret und hält ihn vor ein besonder Baum-Geschlecht / von welchem er in seiner Mss. M. M. schreibet / daß der Stamm eines Linden-Baums Dicke und Grösse habe / und mit breiten grossen und immer-grünenden Blättern / wie Citronen-Blätter und nach Näglein riechend / gezieret sey / durch welche der Länge nach 3. Nerven gehen / und immer 2. gegeneinander stehen (wiewohlen Plukenet eine andere Art abmahlet / da die Blätter fast viereckicht sind): Trägt kleine weisse sechs-blätrerichte Stern-Blümlein / und nach diesen kleine Eycheln / wie Oliven und wächset aus einer Wurtzel / so nach Campher riechet / so gar / daß man mit Wasser auch Campher davon destilliren kan / wie solches Tavernier in seiner Keiß-Beschreibung / Acta Soc. Angl. Vol. 1. pag. 724. und die Acta Hafniensium Vol. 3. pag. 37. bestättigen / auch noch weitläufftiger und klärer in einer Disp. Inaugurali, so Herr Dexbach A. 90. zu Marburg in Hessen de Casia Cinnamomea & Malabathro gehalten / gezeiget wird.

§. 3.
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Es taugen aber nicht alle Bäume hierzu / daß man den Zimmet daran erziehe / sondern nur die junge / als drey- und vier-jährige; Weßwegen die Indianer die alten Zimmet-Bäume / wann sie junge Sprossen dabey finden / abwerffen und den jungen damit Lufft und Platz machen; und wann ja die Rinden von den alten Bäumen auch unter die andern geschelet werden / werffen sie solche doch nachgehends auß und destilliren das Oehl davon. Das Holtz aber / so wohl an jungen und alten / kan weder dergleichen Geschmack noch Geruch geben / welche beyde nur an den Rinden in solcher Stärcke zu spühren.

§. 4.
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Wie es mit der Einsamblung und Abschelung der Rinden hergehe / wird von Sn. Herberto de Fager weitläufftig in einem besondern Bericht beschrieben / welcher im Anhang dieses Tractats zu finden ist. Sie geschicher nembelich des Jahrs zweymahl / als im Februario und Augusto, zu welcher Zeit eine gewisse Feuchtigkeit zwischen dem Stamm und der Schale zu finden / und also desto leichter zu separiren sind. Wann nun diese Zeit herbey kommen / so schelen die Nigriten und Zimmerscheler (deren etlich hundert hierzu employiret werden) die erste und mittel-Rinde ab / ohne daß sie die dritte verletzen dörffen / dann sonsten der Baum Noth leiden müste: Also setzet alsdann der Baum in ???1½. Jahr allzeit wieder neue Rinden / welche zärter und kräfftiger werden / als die erste oder diejenige / so selten abgelöst werden. Die Ablösung aber gesch ehet nicht anders / als hier zu Land eine Rinde von einem Baum abgezogen wird / ohnerachtet sie also rund eingekrümmet sind / welches darumb geschiehet / dieweilen sie erstlich noch grün sind und nachmahlen von der Sonnen also eingebogen werden / welche durch ihre Hitze nicht allein ihre Kräfften und Geschmack mehr erhöhet und hervor treibet / sondern auch ihr die schöne röthliche Farb giebt / da sie von dem Baum gantz braun und rauh kommet. Einige sagen / daß der Zimmet erst noch ein Monath / oder gar nach ein Jahr seine rechte Kräffte bekomme / so doch nicht wohl glaublich ist / denn ja alle Gewächs frisch am stärcksten sind.

§. 5.
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Ob aber der also gesamlete und auffgetrucknete Zimmer umb einen so schlechten Preiß an die Außländische verkauffet werde / wie Schurtzius in seiner Material-Kammer pag. 26. vorgibt / so gar / daß man des besten Caneels ein Quintal / das ist 128. ???. in Ceilon umb 2. Holländische Gülden kauffen könne / ist deßwegen nicht wohl glaublich / weilen die Holländer ein grosses daran wenden / und nicht allein die zu dieser Arbeit destinirte Leut gemeiniglich mit 15. biß 1600. Soldaten bedecken / sondern auch wol ein gleiche Anzahl Arbeiter das gantze Jahr durch unterhalten müssen / welches den Preiß des Zimmets nothwendig sehr vermehren und erhöhen muß / wie Tavernier davon mit mehrererm zu lesen. ist.

§. 6.
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Ohne den gemeinen und oben beschriebenen Zimmet kommet zuweilen aus Holland eine andere Art / welche aus breiten und sehr dicken Schalen bestehet / welchen die Alten mit den Arabern Darcheni und die Frantzosen Canelle matte nennen / wie Pomet in seiner Histor pag. 126. berichtet. Dieser rührer von dem wilden Zimmet-Baum oder Canella sylvestri-so Katou Karva genennet wird / her dessen Raius in. Hist. Plant. Tom. 2. fol. 1562. gedencket: ist gegen den Zeylanischen vor Pusch-Zimmet zu halten / wie G. Meister. im Ost-Indianischen Lust-Garten pag. 78. redet. D. Amman nennet ihn in seinem Tract. de Mat. Med. Mutter-Zimmer / welchen Nahmen sonsten [252] die Cassia lignea auch hat. Unterdessen halten ihn alle vor schlechter / als den gemeinen / indem sein Geschmack nur in dem inwendigen dünnen Häutgen stecket / und wann dieses abgeschabet wird / hat das übrige weder Safft noch Krafft / weder Geschmack noch Geruch.

§. 7.
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Die Prob des Zimmets ist / wann die Rinde dünne und zart / auff der Zunge sehr scharff / doch mit einer anhaltenden Süssigkeit vermischet ist / einen guten Geruch und hochrothe Farb hat. Die dicke Rinde / wie auch diejenige / so weisser und schwartzer Farb ist / werden verworffen. Der Zimmet an langen Pfeiffen und Röhren wird auch mehr aestimiret / als der kurtze Zimmet / welchen man Spolett und Frantzöisch Escavisson nennet / dessen 2. ??? vor I. ??? langen im Verkauffen gegeben werden / wie Schurtzius cit. loc. bezeuget. Welche eine grosse partie davon einkauffen / müssen zusehen / daß keine Rinden / davon das Oehl schon abgezogen ist / untermenget seyen / welches schwer zu erkennen / man koste dann eine Röhre nach der ander; wiewohlen die Betrüger allhier zu remediren wissen / indem sie mit einer gewissen Beitze solchen Rinden den scharffen Geschmack wieder zu geben wissen: weßwegen am besten / daß man sich an bekandte auffrichtige Leute halte / und die verlauffene Landstricher und Bündel-Träger meide. Einige stecken den Zimmet in den Pfeffer / wo er sich befser halten soll. Die Cassia lignea ist am Geschmack leicht zu unterscheiden / welcher klebricht und bey weitem nicht sol scharff als der Zimmet ist.

§. 8.
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Was den Nutzen und Gebrauch anbelanget / so erquicket der Zimmet mit seinen flüchtigen aromatischen Theilgens die Lebens-Geister / und stärcket mit seinen übrigen erwärmenden und mässig-anhaltenden Krafft den Magen / Mutter und andere Glieder / und wird derowegen in Obnmachten / Hertz-klopffen / Magen-Weh und Bangigkeit / vornehmlich aber in allen Mutter-Beschwerungen und Schwachheiten der Schwangeren nützlich gebrauchet; wiewohlen vernünfftig in diesen damit umbzugehen / weilen er zugleich treibet / und also / wann man dessen den Schwangern zu viel oder zu offr geben wolte / eine Blutstürtzung der Mutter oder unglückliche Geburth vor der Zeit zuwegen gebracht würde; wie dann deßwegen der Zimmet / und was davon gemacht wird / die Geburth / Nachgeburth und Schwürungen befördern kan / und den Gebährenden deßhalben zu verschreiben / absonderlich / wann sich Ohnmachten und Schwachbeiten zeigen wollen. So ist auch der Zimmet in den Haupt-Kranckheiten / als dem Schlag / Flüssen und dergleichen sehr dienlich / absonderlich denjenigen / welche aus dem Magen herrühren.

§. 9.
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Zu diesem End brauchet man den Zimmet nicht allein bloß zu Pulver gestossen / sondern man hat ihn auch dürr mit Zucker überzogen / welchen einige Canellam de Milano nennen; wie dann auch die Holländer den noch frischen Zimmer in Indien zu condiren und zu überziehen wissen / dessen sie sich doch mehr zur See gegen den Scharbock / als hier zu gebrauchen pflegen. So verkauffen auch die Materialisten an einigen Orten das Zimmet-Wasser / den Syrup / rothe und weisse Essentz zum Hippocras und dergleichen / welche sie müssen von Montpelier kommen lassen / obwohlen solche auch bey uns in Teutschland gemacht werden; Gleichwie man auch das Zimmet-Oehl oder OLEUM CINAMOMI bey uns wohl destilliren kan / welches am besten über einem Lampen-Feuer kan getrieben werden / da man ohne das gemeine / rothe und dicklichte Oehl / welches zu letzt kommet / erstlich ein sehr subtiles, durchdringendes und leichtes Oehl überkommen kan / welches oben auff dem destillirten Wasser schwimmet / da bergegen das gemeine gleich zu Boden sincket / wie davon in D. Ettmiilleri Comment. in Schroed. p. 548. weitläufftig zu lesen ist. Weilen aber es hier zu Land selbsten zu destilliren gar zu kostbahr fället / indem aus einem Pfund Zimmet kaum ein Quintlein Oehls zu bringen / wie Lemery in seinem Cours de Chymie, und Dielheuer in Beschreibung frembder Materialen pag. 94. außrechneu: Die Holländer hergegen einen gewissen Vortheil hierin wissen sollen / von welchem Pomet loc. cit. p. 128. sonderlich geschrieben; als kauffen gemeiniglich die Materialisten dieses Oehl von denselbigen mit grösserem Profit; Allein man muß sich wohl fürsehen / daß man nicht angeführet werde / indem viele Betrüger dieses Oehl mit dem Spiritu Vini Rectificatiffimo vermählen und vermischen sollen / daß da man vermeinet eine Untz von dem Oehl zu haben / nachmahlen kaum die Helfft darunter ist. Der Betrug ist aber also zu entdecken / daß man das Glase / worinnen das Oehl kommet / wohl schüttele und zusche / ob man kleine Bläßlein / oder Perlen darin in Acht nehme / welche eine wässerichte ??? ose Feuchtigkeit darinnen bedeuten; oder aber duncke die Spitze von dem Messer hinein und halte es an das Feuer: Brennet das Oehl so balden / so ist von dem rectificirten Branden-Wein darunter. Ist aber das Oehl pur / so wird es nicht gleich brennen / sonndern nur einen Rauch von sich geben. Dieses Oehl ist die rechte Quintessentz von dem Zimmet / welches man leicht mit etwas Canarien-Zucker zu einem Elaeosaccharo bringen / und in oben berührten Kranckheiten dienlich brauchen kan. [253] Es kommet auch zu dem Turinischen Rossoli, welcher nach Doct. Spleissen Annot. Ad Zapat. Mirabil. pag. 39. also gemacht wird: R. ???. Cinam. Caryoph. Lign. Rhod. Ana ??? Moschi, Ambr. ana gr. iij. Sacch. ??? Ros. Spiritus Vini ana lib. j. M. S. A. filtrentur. Von andern Compositis, als Speciebus Diacinam. Balsam. &c. findet man die Beschreibungen in den Dispensatoriis, wie auch bey dem Schroedero und dessen Außlegern Doct. Hoffmann, Doct. Ettmiillern und andern Seribenten.

Das III. Capitel
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Von dem CORTICE WINTERANO und dem weissen Zimmet. Abbildung

§. 1.
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UNter die bißher erzehlete aromatische Rinden gehöret nicht unbillich der so genandte CORTEX WINTERANUS, welcher aus einer dicken und dichten zusammen gerolten Rinde bestehet / so eusserlich mit einer Asch-farben / mosichten und von vielen Rissen gespaltenen ungleichen Schaale umbgeben / inwendig aber braunlicht anzusehen ist / eines scharffen aromatischen Geschmacks und sehr wohlriechenden Geruchs: kommet aus West-Indien / allwo er zum erstenmahl von einem Englischen Ritter / nahmens Wilhelmo Wintero gefunden und in Engeland gebracht worden / von welchem er den Nahmen hat: wird auch von etlichen CHAQUERILLE oder SCHACHARILLA genennet / welches Wort sonsten in Spanischer Sprach eine Rinde bedeutet / welche deßwegen auch die Chinam Chinae Cascarillam de la Oja, das ist / die Fieber-Rinde heissen soll / wie Stisserus in Febr. Intermittentium Consid. Nová cap. 16. pag. 95. schreibet.

§. 2.
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Den Baum dieser Rinde nennen einige Kräuter-verständige Canellam Laurifoliam Magellanicam cortice acri, welche Samuel Dale p 379. Phytol. vor das Pericly menon odoratum hält: Trägt Blätter / wie der Lorbeer-Baum / wohlriechende weisse Blümlein / und nach diesen grünlichte Beerlein / wie etwa die erste Figur / welche Pomet in seiner Material-Kammer pag. 125. bat / zeigen möchte.

§. 3.
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Viele stehen in der Meynung es wäre der Cortex Winteranus nichts anders / als der weisse Zimmet / welcher sonsten auch Costus Ventricosus genennet wird; wie dann jetztgemeldter Pomet selbsten auch in den Gedancken stehet: allein dieses findet sich gantz falsch / indem diese zwey Cortices gantz von einander unterschieden sind / von zwey unterschiedenen Bäumen herrühren / auch sich dem Ansehen nach gantz nicht [254] gleich kommen / ob sie schon den Kräfften nach einige Verwandschafft haben / welche doch in dem Cost. Ventricoso viel durchdringender sind; weßwegen auch der berümbte D. Paul. Hermanni in seinem Msc. unter beyden diesen Unterscheid machte / daß er diejenige Rinde / die wir jetzt beschrieben / CORTICEM WINTERANUM VERUM, den weissen Zimmet aber CORTICEM WINTERANUM SPURIUM genennet / welchen die Apothecker offt substituiren / wann sie den rechten nicht haben.

§. 4.
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Die Kräffte des Corticis Winterani veri belangend / so hat er eine erwärmende und zertheilende Qualität / wormit er den Magen stärcken / auch das dicke scorbutische Geblüt flüssig und zur Circulation tüchtig machen kan: weßwegen er auff der See gegen die Seekranckheit / den Scharbock und dergleichen affecten sehr dienlich ist; wie dann der berümbde Willisius ihn zu gleich sehr in Paralysi und Lähmigkeit der Glieder rühmet / welche er wegen der volatilischen Schärffe und durchdringenden oleosischen Theilger sehr stärcken kan. Wird von 10. biß 15. gran pulverisiret gegeben / und wann man nur eine Infusion oder Decoctum davon machen will / kan man ???j. biß ???zij. nehmen. Man destilliret auch ein Wasser davon / wormit das Oehl übergehet / aus welchem mit gestossenem Zucker leicht ein Elaeosaccharum in obbesagten Kranckheiten zu machen. Eusserlich kan man diese Rinde in die scharffe Elystieren thun / welche in den Schlag-Flüssen / Schlaaff-Sucht und dergleichen appliciret werden. Die Taback-Schmäucher stecken ein Stücklein dieser Rinde in die Pfeiffe unter den Taback / welches einen guten Geruch gibt / und wie eitel Nelcken riechet. D. Alpinus substiruiret sie der Chinae Chinae, und hat nicht allein die Wechsel-Fieber / sondern auch die Flecken-Fieber damit curirt / wie in seiner Historica Relatione Febris Epidem. A. 94. & 95. zu sehen ist.

§. 5.
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Der Frantzdische Materialist Pomet gedencket auch eines Hartzes oder Gummi / so aus dem Stamm des Baumes fliessen solle / welches die Drogisten Gummi ALOUCHI nennen / so doch bey uns noch unbekandt ist. Die Americaner sollen es unter ihre Rauchwercke thun.

§. 6.
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Was aber den CORTICEM WINTERANUM SPURIUM oder CANELLAM ALBAM, den weissen Zimmet betrifft / so ist derselbe von dem Cortice Winterano vero leicht zu unterscheiden / indem derselbe wohl noch so dicke Rinde hat / als dieser letzte / auch gemeiniglich von der eusseren Schaale gesäubert kommet. Solche Rinden sind so wohl außwendig / als inwendig weiß / sind auch viel dichter und zäher / und haben einen sehr scharsten aromatischen Geschmack / auch einen sehr guten Geruch. Bißweilen ist die eusserliche Schaale entweder gantz oder zum theil noch daran / welche viel schwammichter als die innere / voller Runtzeln / rauhe und so wohl in die Länge als Breite geritzet / und also gleichsam wie der Holler cusserlich anzusehen ist / wie Herr D. Olaus Wormius in seinem Mus. pag. 176. geschrieben: kommet mit andern Gewürtzen zusammen gebunden / in Schelsten / aus Indien / und wird in unsern Apothecken insgemein COSTUS VERUS, COSTUS CORTICOSUS ALBUS oder weisser Costus genennet / obwohlen er mit dem Costo verô, ausser denen Kräfften / nichts gemein hat / welcher eine Arabische Wurtzel ist / wie anderstwo gezeiget worden; weßwegen auch Charas nicht zugeben will / daß man diese Rinde im Theriac substituire / Vid. ejus Tr. Gall. de Ingred. Ther. pag. 125.

§. 7.
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Von was vor einem Baum diese Rinde herkomme? sind gar verschiedene Meynungen / welche bey gedachtem Wormio loc. cit. zu finden. Die vornembste Botanici aber sind heut zu Tag darinnen eins / daß dieselbe von einer Art Cassien-Bäume / welchen sie Cassiam Ligncam Jamaicensem nennen / herrühre / welcher ingleichem Blätter / wie der Lorber-Baum / purpurfarbe Blümlein und eine Frucht / als kleine Eichelntrage / wie solchen Samuel. Dale pag. 383. beschreibet / Plukenet aber in seiner kostbahren Phytographie Tab. LXXXI. Fig. Fig. I. abmahlet und in oben gesetztem Kupffer unter Augen leget.

§. 8.
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Im Einkauff dieser weissen Zimmet-Rinde muß man nach den weissen und glatten Röhren sehen / welche von der eusseren ungeschlachteten Schaale wohl gesäubert seyen / einen recht scharften und gleichsam von allen Gewürtzen mêlirten Geschmack haben / welcher an der Schärffe den Pfeffer / am Geruch und Anmüthigkeit die Mußeaten-Nüß übertreffe / oder wie Hermannus solchen beschreibet / gleichsam aus Näglein / Löffelkraut und Zimmet vermischet und zusammen gesetzet sey; weßwegen auch Marxius in seiner Material-Kammer schreibet / daß dieser so genandte Costus alles gute Gewürtz gantz allein in sich habe.

§. 9.
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Seinen Qualitäten nach kommet er in vielen mit dem Zimmet überein / wiewohlen er so viel Oehl nicht in sich hat. Unterdessen [255] hat er doch eine viel grössere und sehr durchdringende Schärffe und wird deßwegen unter die antiscorbutische Artzneyen gerechnet / kan auch dem Cortici Winterano, wo derselbe nicht zu haben / substituiret werden. Sonsten aber stärcket er / wie alle Gewürtze / den Magen / Haupt und Nerven / absonderlich in Schlag-Flüssen / worinnen er ein vortrefflich Mittel ist. So dienet er auch in der Colic und Mutter-Schmertzen / absonderlich wann man etwas von frischem Theriac und Castorco dabey gebrauchet. Einige Medici käuen ihn zum praeservativ wann sie die Krancken bey ansteckenden Seuchen besuchen.

§. 10.
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Man kan ihn nicht allein zu Pulver gestosseu brauchen / sondern macht auch eine Essentz / Lattwerg / ??? dest. simpl. & comp. Pilulen sc. davon / welche theils bey dem Schroedero, theils in D. Ettmülleri Comment. pag. 554. zu sehen sind.

Das IV. Capitel
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Von der Peruvianischen Fieber-Rinde CHINA CHINAE. Abbildung

§. 1.
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DIe Fieber-Rinde China Chinae, oder / wie es andere außsprechen / Kinkina ist eine bittere und anhaltende Schlae eines Baums / eusserlich grau-gelb und etwas mosicht / inwendig aber wie Zimmet anzusehen / und wird also genennet / nicht als ob sie in Chinâ wachse / indem sie nicht auß Ostsondern West-Indien gebracht wird: sondern weilen des Spanischen Vice-Re in Peru, Grafen del Cinchon, Gemahlin damit vom Fieber curiret / und also zuerst den Europäern bekandt worden; und weilen diese Rinde in Anno 1650. von dem Cardinal de Lugo, Jesuiter Ordens / zum erstenmahl in Europam gebracht und das Pulver von den PP. Soc. Jesu gegen das Fieber in einer besonderen Beschreibung gerühmet worden / nennen es einige das Jesuiter-Pulver. Sonsten aber wird sie Lateinisch besser Cortex Peruvianus und Cortex Febrifugus, das ist / die Peruvianische Fieber-Rinde tituliret: und weilen das Quartan-Fieber sonderlich damit vertrieben wird / heisset es D. Amman in einem besonderen Tr. Antiquatium Peruvianum.
|| [256]

§. 2.
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Der Baum / worvon diese Rinde geschälet wird / heisset bey dem Bontio Gannanaperide, wächset in America / absonderlich in dem König-Reich Peru, in der Provintz Quitto, nechst der Stadt Loxa, und zwar auff den Gebürgen / ist an der Grösse beynahe einem Kirschen-Baum gleich / trägt runde Blätter / wie ein Pflaumen-Baum / welche doch darbey zaserlich sind / samt einer langen rothen Blüte / wie die Balaustia oder Granaten-Blüt. Ob aber darauff ein Frucht folge oder nicht? davon sind verschiedene Meynungen Viele geben vor / es gehöre dieser Baum unter die Unfruchtbahre / weilen er nichts als die Blumen hervor bringe: Hergegen Mons. Pomet, ein Frantzöischer Materialist / dessen schon offt Meldung geschehen / versichert / daß er von einem Doctore Medicinae, so offters in West-Indien gewesen / gehöret habe / daß dieser Baum freylich auch eine Frucht trage / worinnen eine Mandel / mit einer dünnen Schale umbgeben / zu finden sey. Dem seye aber / wie es ist / so ersetzet doch die herrliche und sehr nützliche Rinde schon alles / in Ansehung derer einige diesen Baum Arborem Vitae oder den Baum des Lebens zu nennen pflegen: Die Spanier aber nennen dessen Holtz Palo de Calenturas, das ist Fieber-Holtz / wiewohlen sie die Rinde selbst auch so heissen.

§. 3.
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Die Rinde pflegen sie in Indien also zu sortiren / daß diejenige / so entweder unten an den Bergen oder sonst in niedrigen Oertern wächset / vor die geringste: Diejenige so oben auff den Gebürgen gesamlet wird / vor die Mittel-Gattung: und dann die / welche mitten an den Bergen zu haben / vor die beste gehalten werde / indem die erste zu viel Nahrung und Feuchtigkeit hat und deßwegen dicker uud inwendig bleicher außfihet: die zweyte hat etwas zu wenig Nahrung / weßwegen sie viel zarter / doch auch höher an der Farbe ist: Die letztere aber ist die beste / weilen sie nicht zu wenig noch zu viel Feuchtigkeit in sich ziehet und deßwegen die bitterste und bräuneste / doch zugleich vor andern die rareste ist / davon Mons. Pomet in seiner Hist. pag. 133. zu sehen.

§. 4.
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Uber diese 3. Soxten findet man noch eine andere Art bey einigen Materialisten / welche sie die Bastard-China nennen / ist außwendig gantz grau / rau und mosicht / inwendig schwartz / welche entweder von andern Rinden mit der aloe gefärbet und bitter gemacht wird / wie diesen Betrug ein gewisser Apothecker zu Rom entdecket / oder aber die alte und verfaulte China China ist / weßwegen sie auch viel wohlfeiler / aber bey weitem so kräfftig nicht ist / wie die wahre und ohnver fälschte. Damit dann Niemand so leicht damit angeführet werde / so ist wohl in acht zu nehmen / daß die rechte Peruvianische Fieber-Rinde hart / wichtig und trucken seyn müsse / auch nicht durchs Wasser verdorben und mit andern Unreinigkeiten vermenget / wie zuweilen die jenige Stücker / so unten in den Päcken gefunden werden / außsehe: Von aussen muß sie gleichsam wie Schagren seyn / braunichte und hier und dar weißlichte Mooß-Flecken haben / inwendig aber nicht gantz roth / wie die Faule / sondern röthlicht und wie Caneel außsehen: welche Farb doch euserlich nicht zum besten ist / obschon einige der Sachen nicht recht verständige solche vor andern aestimiren. So sind auch die kleine und feine Stücklein die besten / welche zwar leicht gebrochen werden / doch aber kein Mehl und Staub von sich geben / auch nicht zaserlicht inwendig sind. Der rechte Geschmack ist bitter und etwas aromatisch: der Geruch lieblich und doch gleichsam etwas schimlicht / aber nicht widerlich / welchen Geruch der berümbdte Englische Medicus. D. Morton vor ein gewiß Zeichen der rechten China Chinae hält. Solten einige mit der Aloe verfälschte Stücker darunter seyn / wird man sie leicht an der gantz widrigen Bitterkeit und zähen Schleim / welchem sie im Mund zurück lassen / erkennen. Daß aber die Cassia Caryophyllata vor die rechte China Chinae nicht passiren könne / hat D. Hoffmann in Com. über den Schroederum pag. 443. schon gezeiget.

§. 5.
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Was die Krafft und Tugend dieser Rinden anlanget / so ist sie bißdaher fast einig und allein gegen alle Wechsel-Fieber / absonderlich aber gegen das Quartan gebrauchet worden / ausser daß kürtzlich auch von einigen der Teutschen Käyserl. Societät in acht genommen worden / daß solche die Spul-Würme gleich andern bitteren Kräuter tödte und außtreibe / wie davon deren Miscellan. Cur. Dec. II. A. VII. zu sehen sind. Heut zu Tag brauchen es etliche / als D. Hermann und Apinus, auch in den hitzigen und Flecken-Fiebern / thut aber doch mehr / wo ein Wechsel-Fieber mit verstecket ist. Es ist deswegen zu verwundern / daß dieses vortreffliche Medicament gleich nach dessen Erfindung von einigen so verdächtig und verhast gemacht worden / daß solches wohl 30. biß 40. Jahren in Europa fast gar nichts geachtet worden / biß endlich Talbotius, ein Engeländer / solches wieder in Auffnahm gebracht / nachdem er den Dauphin zu Pariß damit vom Fieber befreyet und ein grosses Geld von dem König gestrichen / daß er es offenbahret hat / wie davon weitläufftig in mei [257] nen Polychrestis Exoticis Disp. de Chinâ Chinae gehandelt worden. Das vornembste Geheimnuß komt auff die Art und method an / wie es einzugeben und zu gebrauchen ist / welcher auff Befehl des Königs LUDOVICI XIV. in Frantzöischer Sprach herauß gegeben und nachgehends auch im Italianischen und Lateinischen nachgedrucker worden. Vid. cit. loc.

§. 6.
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Man braucht diese Rinde unter mancherley Gestalt / indem solche zu Pulver gestossen und entweder in Wein eingebeitzet und zugleich mit demselben eingetruncken wird / wie obgemeldter Engeländer solche zu geben pflegte: Oder mischet man ein paar Loth unter einen Syrup / Honig oder Rosen-Zucker und machet eine Lattwerg darauß: Ober kan man auch Pillen darauß formiren / und wann diese zuwider wären / ziehet man die Tinctur, Essentz und Extract herauß / davon Thomas Barthol. Cent. V. Hist. 50. kan gelesen werden. Ja man hat vor wenigen Jahren gefunden / daß / so einige Leut gar zu zart und eckelha???tig seyen / daß sie nichts davon einnehmen könten / noch wolten / die China Chinae in Clystiren die Fieber auch perfect curire / wie solches in einem besonderen Tractätgen von dem jungen Herrn Helvetio, berümbten Practico zu Pariß / ohnlängst entdecket und kund gethan worden ist. Indessen müssen solche Clystiren offters wiederhohlet und die Rinde nicht gesparet werden / will man anders seinen Wunsch erreichen; wie dann bey dem innerlichen Gebrauch dieses wohl in acht zu nehmen / daß / ohnerachtet das Fieber schon getilget worden / der Gebrauch des Medicaments noch eine Zeit lang continuiret / oder kurtz hernach wiederhohlet werde / wodurch man verhüten kan / daß kein Recidiv oder Umbschlag des Fiebers (wie offters geschiehet) nach der Cur erfolge. Den Armen gibt man die Entzian-Wurtzel auff solche Manier / welche die Europäische Kinkinna genennet wird / wie Pamet pag. 74. erwehnet hat.

Das V. Capitel
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Von dem Korck oder Pantoffel-Holtz. Abbildung

§. 1.
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DIe Korck / welcher fast männiglichen bekandt und Lateinisch SUBER genennet wird / ist nichts anders / als die eussere Rinde von dem Stamme eines frembden Baumes / welcher häuffig in Spanien und einigen Frantzöischen Provintzen zu finden ist / von dannen er in grossen Stückern und Taffeln herauß gebracht wird.

§. 2.
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Der Korck- oder Pantoffel-Baum aber (so an der Grösse und Dicke unsern Eich-Bäumen wenig nachgibt) ist zweyerley / darvon der eine breite und ringsumb zerkerbte Blätter hat / und derowegen Suber latifolium genennet wird / welcher hier oben zu sehen: Der andere aber ist mit schmalen unzerkerbten Blättern verse [258] hen / und wird suber angustifolium geheissen. Beyde tragen Eycheln / welche an dem schimalblätterichten auch kleiner seyn / und haben eine sehr dicke Rinde / welche Matthiolus Ehlen-dick gesehen / so ohne Verderbung des Baumes abgeschälet und in andere Länder verschicket wird; Besiehe davon Tabernaemont. im dritten Theil des Kräuter-Buchs pag. 695.

§. 3.
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Wann die Einwohner den Korck samblen / so spalten sie den Stamm an der Rinde von oben biß unten / ziehen dieselbige ab / und legen sie biß auff eine gewisse Höhe übereinander in die hierzu bereitete Wasser-Gräben / beschweren alles mit Steinen / und lassen es eine Zeit lang darinnen liegen: Nachgehends sollen sie dieselbe herrausser thun und wiederumb also in drey andere Gräben nacheinander schlagen / worauff alles auffgetrucknet und in Ballen anderwärts verschicket und verhandelt wird.

§. 4.
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Zu wissen aber / daß es zweyerley Korck gebe / einer / welcher der weisse und Frantzöische genennet wird / und dann der schwartze oder Spanische / welcher deßwegen äusserlich schwartz werden soll / weilen er in dem Meer-Wasser gebeitzet wird. Der erstere muß in schönen Tafeln seyn / keine Knöpff oder Hügelein haben / einer mittelmässigen Dicke / außwendig und inwendig grau-gelbicht / und wann mann ihn auffschneidet / dicht und gleich seyn. Der andere muß äusserlich schwartzlicht / als wann er gebrandt wäre / außsehen / inwendig aber gelbicht / so dick als er zu haben / doch leicht zu schneiden / inwendig auch dicht / aber doch leicht seyn. Je dicker dieser / je besser er ist / dann der dünne nicht viel aestimiret wird.

§. 5.
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Was den Gebrauch des Korcks anlanget / so wird er in der Medicin langsam oder gar nicht gebraucht / ausser daß einige das Pulver von dem gemeinen oder gebrandten Korck gegen das übermässige Bluten innerlich geben. Eusserlich aber soll der gebrandte Korck mit dem Saccharo ??? und frischer Butter vermischet die Haemorrhoides stillen. Zuweilen hängen ihn die Weiber / so die Kinder gewehnen / an den Hals / umb die Milch zu vertreiben. Sonsten dienet er den Schustern / den Fischern und andern Handwerckern. Die Apothecker stopffen und verwahren die Gläser damit. Die Spanier brennen den Korck auch zu einer gantz schwartzen und sehr leichten Farb / wie Kierauch / welches die Frantzosen NOIR D' ESPAGNE nennen: wird zu unterschiedlichen Künsten und Arbeiten gebrauchet: Muß recht schwartz / leicht und nicht sandicht seyn / Vid. Pomet Histor. Gen. des Drogues pag. 137.

Das VI. Capitel
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Von dem Paradisz- oder ALOËS-Holtz. Abbildung
|| [259]

§. 1.
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DAs Paradiß-Holtz / AGALLOCHUM oder LIGNUM ALOES, bestehet aus gewissen Holtz-Spänen / von einem Sinesischen Baum / oder / wie Hermannus in Msc. vermeynet / von der Wurtzel dieses Baums / so Calambac genennet wird. Diese Späne sind dicht / hart / schwer und resinos, von unterschiedlicher Grösse / an Farbe fast Castanienbraun / mit schwartzen hartzichten Strichen / eines scharffen / aromatischen und bitteren aloëtischen Geschmacks (worvon sie den Nahmen haben) und so sie angezündet werden / eines sehr annehmlichen Geruchs. Dieses Holtz wird sonsten auch Creutz- und Augen-Holtz genennet.

§. 2.
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Ob aber solche Späne / welchen man in den Apothecken diesen Nahmen beyleget / das wahre und auffrichtige Paradiß-Holtz seyen / und ob man dieses bey uns recht ohnverfälscht haben könne? Wollen einige sehr zweifflen / theils / weilen es entweder im Paradiß / oder doch in hohen Einöden wachsen soll / da wegen der grimmigen Löwen / Tieger- und Panter-Thieren nicht hinzukommen sey: Theils / weilen solches in Ost-Indien selbst viel theurer als bey uns ist / auch bey Lebens-Verlust verbotten seyn soll / dasselbige herauß zu führen / wie D. Velschius in Miscell. Acad. Germ. Cur. Dec. 1. An. 1. p. 293. bezeuget / und der Herr Rumphius aus Indien an Herrn D. Menzelium ib. Dec. 2. Annot. 3. obs. 22. pag. 74. geschrieben hat. Allein es lässet sich diese Schwürigkeit gar wohl heben / nachdem man in Erfahrung gekommen / daß dieser Baum (welcher sonsten den Oliven-Bäumen nicht ungleich / und eine rorhe Frucht / wie Kirschen / tragen soll) dreyerley Holtz an seinem Stam̅ und Wurtzel habe: Das erste / so gleich unter der Schale folget / ist gantz schwartz / dicht und sehr schwer / wie schwartz Ebenholtz / weßwegen es solcher Farb wegen auch von den Portugiesen Pao d' Aquila, oder das Adler-Holtz genennet wird. Das zweite ist etwas leichter / voll Adern / und wie verdorben und brandicht Holtz anzusehen / von brauner Farb / welches sonsten auch das Holtz von Calambouc, oder das rothe Aloës-Holtz genennet wird. Das dritte ist der mittelste Kern / oder das kostbare Holtz von Tambac oder CALAMBAC. Von diesen wird die erste Sorte zuweilen unter dem Nahmen des Asphalati gefunden / wie in künfftigem Capitel zu sehen. Die zweyte ist unser Agallochum oder Xylalcës. Die dritte aber ist so rar / daß sie dem Gold gleich geschätzet / auch nirgends / als bey hohen Stands-Personen zu finden / welchen es von den Ost-Indianischen Königen zum Praesent geschicket wird; gleichwie die Ambassadeurs von Siam (welche zu meiner Zeit / vor 16. Jahren / zu Pariß ankamen) unter andern Geschencken dem König Ludov. XIV. auch ein grosses Lavoir mit seiner Gieß-Kanne von solchem Holtz / auff Art der Sineser außgearbeiter / mitgebracht haben / von welchen sich nachmahlen wegen dieses Gewächses Mons. Pomet selbsten informiren lassen / wie in dessen Histoire Generale des Drogues Lib. 3. cap. 1. pag. 104. zu sehen ist.

§. 3.
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Muß also dasjenige / so Calambouc heisset / oder das mitlere Paradiß-Holtz / zur Artzney gut gnug seyn / und ist die Prob davon / wann es am Geschmack bitter / absonderlich / wann man es ein Weil im Mund gehalten: auch an der Farb schwärtzlich und ein wenig mit grau vermischet un̅ voller Adern ist: Muß nicht wurmstichicht / sondern voll Hartz seyn; wo aber doch zuzusehen / ob dieses Hartz irgend mit Fleiß hinein gestecket / auch etwa ein ander Holtz / deme die Sinenser mit einer Beitze von rechtem Agallocho den Geruch und Geschmack geben können / untermischet sey. Vid. Miscell. Acad. Germ. Cur. Dec. 2. Annot. 3. obs. 22. Auff dem Feuer muß es nicht so balden brennen / sondern ehe an einigen Orten schmeltzen und ein Gummi außwerffen / doch einen sehr guten Geruch / wie Ambra / geben / und wer solchen Rauch zu sich ziehet / daß demselben der Mund voll Wasser lauffe. Es muß auch schwer seyn / daß / wann es in einen Becher voll Wein oder Wasser geworffen wird / es zu Boden sincke. Wo aber das Lignum Aloës zuvor gekocht / und die beste Krafft hinweg genommen worden / so ist es gar leicht / schwimmet oben und ist die Farbe auch lichter / wie in des Schurtzen, Marxen und andern Matcrial-Kammern zu sehen. Alle andere Höltzer / so obige Eigenschafften nicht haben / und doch unter diesem Nahmen außgegeben werden / sind zu verwerffen und nicht anzunehmen. Vid. Pomet. citato loco.

§. 4.
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Nach Unterscheid dieser Eigenschafften und nachdem das Paradiß-Holtz in grossen Stückern / oder nur in kleinen fragmentis ist / haben die Materialisten verschiedene Sorten / nemblich das Feine / die Mittel-Sorte und Fragmenta, wie in deren Catalogis zu sehen. Das feine ist noch so theuer am Werth / als die Mittel-Gattung: die Fragmenta aber sind viel wolfeiler / wovon die Apothecker-Täx zu sehen sind.

§. 5.
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Was den Gebrauch und Nutzen dieses Holtzes anlanger / so stärcket es mit seiner aromatischen Krafft die Lebens-Geister / in Ohnmachten und andern Schwachheiten / obwohlen der frische Safft dieses Baums vor gifftig [260] gehalten wird / wie in den Act. Anglic. Vol. I. pag. 724. zu lesen. Es stärcket auch den Magen / absonderlich bey Alten betagten Leuten / wie die Ambra, und bringet denselben das Gedächtnus wieder / Vid. Ettmüllerus in Com. Schroed. Pag. 506. weßwegen dann auch die Species diaxylaloes welche meistens zu den Cucuphis kommen / in dergleichen Kranckheiten gut thun / davon Zvvelferus in Disp. Aug. handelt; wie dann auch ein Extract und Essentz davon gemacht werden / so in dem Schroeder und dessen Autßlegers D. Hoffmanni Clavi zu sehen ist. I. Pfund ligni aloes gibt Resin. Zij. und etwas darunter oder darüber / nachdem es resinos ist / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 71. in Acht genommen hat. Eusserlich kombt es unter die Rauch-Pulver / und wird beßwegen in Indien von denen Braminen oder Indianischen Pfaffen sehr auffgekaufft / welche es mit den Todten-Cörpern verbrennen / und dadurch die Seele der Verstorbenen ihren vermeinten Göttern desto angenehmer zu machen suchen.

Das VII. Capitel
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Von dem ASPHALAT- und Rosen-Holtz. Abbildung

§. 1.
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DEr Rhodiser Dorn oder LIGNUM ASPHALATI ist ein holtzichter und aus vielen Adern gleichsam gewundener Span von der inneren Wurtzel / deren verschiedene Farben sie an etlichen Orten röthlich machen / da sie sonsten wie Buchsbaum anzusehen / auch also hart / schwer und öhlicht ist / mit einer dicken und grauen Kinde umbgeben / welche doch langsam daran bleibt: hat einen etwas bitteren und öhlichten Geschmack / Vid. Sam. Dale in Pharmacol. p. 467.

§. 2.
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Der Baum dieses Gewächses ist noch viel unbekandter / als des Agallochi, und wird deßwegen offters mit dem Ligno Rhodino oder Rosenholtz / deme es fast gleich siehet / confundiret / zumahlen er auch in der Insul Rhodus wachsen soll; obwohlen andere meinen / daß dieses Holtz in Syrien Aegypten wachse / besiehe davon Marxii Teutsche Material-Kammer pag. 22. Alpinus gibt vor / es wäre ein Strauch / mit dichten Aesten / weissen Dornen / sey drey Ehlen lang und trage schöne wohlriechende Blumen / wie aus dessen Buch de Plant. AEgypt. solcher in Appendice Pharm. Schroederi p. 2. beschrieben wird.

§. 3.
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Zuweilen wird auch ein gantz schwartzes und sehr schweres Holtz unter dem Nahmen Asphalati bey den Materialisten gefunden / davon mir ein Stück zu Handen gekommen ist / welches Pomet in seiner Frantzöischen Material-Kammer pag. 105. das rechte Lignum Aquilae oder Adler-Holtz zu sein vermei [261] net / davon wir in vorigem Capitel gehandelt haden.

§. 4.
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Seine Kräfften kommen fast mit dem Agallocho überein / welches damit auch offt verfälschet wird / wiewohlen es daran zu erkennen / daß das Lignum Asphalati kein Hartz in sich hat / wie das Lignum Aloës, doch aber noch so gern brennet. Sein Gebrauch ist meistens / daß es zu den Trochiscis Hedychroi erfordert wird / und unter diesen auch mit zum Theriac gebrauchet werde / von welchen obangezogener Anhang des Schroederi weitläufftig handelt. Charas hält davor / man könne auch in diesen Trochiscis das Agallochum nehmen / wann das rechte Asphaltum nicht zu haben / besiehe dessen Theriacs-Ingred. Pag. 65. In frembden Landen machet man schöne Geschirr / Tisch und Sessel davon.

§. 5.
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Mit diesem Gewächs vergleicht sich in vielem das so genandte LIGNUM RHODINUM oder Rosen-Holtz / so vielmehr eine holtzichte Wurtzet eines Baums oder Strauches ist / welche doch / wie Holtz / dicht und voller Oehls stecket: hat an dem eusseren Rand eine weisse / und mitten eine dunckel-gelbe couleur, etwas bittern Geschmack und einen sehr angenehmen und nach Rosen riechenden Geruch: kommet aus Ost-Indien / absonderlich aus dem Königrich Sina; wiewohlen sie auch in den Insulen Rhodo und Cypern wachsen soll / von welchen es auch den Nahmen führet.

§. 6.
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Von was vor einem Gewächs dieses so genandte Rosen-Holtz her komme / ist ingleichen noch nicht gäntzlich außgemacht / indem auch die heutige / sonsten sehr erfahrne / Botanici darinnen noch nicht eines Sinnes sind. Der Seel. Doct. Herman vermeinet es seye des Cytisi Canariensis holtzichte Wurtzel / welchem doch D. Amman deßhalben widersprichet / weilen der Cytisus kein Oehl oder Hartz von sich gibt / wie das Rosen-Holtz. Andere sagen es kähme von einem Baum / welcher mit dem Castanien-Baum einige Gleichheit haben soll / wie solches aus P. du Tertre Reiß-Beschreibung Mons. Pomet in seiner Histor. de Drogues pag. 105. wie oben stehet / unter Augen stellet: von Plukenet hergegen Arbor Lucens genennet / und viel anderst in seiner sehr netten Phytographia Tab. CCI. Fig. 3 abgemahlet wird. Muß man also die Gewißheit hierin noch von der Zeit erwarten.

§. 7.
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Im übrigen aber sind die gröste Stücker hier die beste / wann sie nur noch frisch / schwer / dunckel-gelb und einen guten Rosen-Geruch haben / auch glatt und nicht so verdrehet scheinen.

§. 8.
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Sein Gebrauch anlangend / so will man ihm eine adstringirende Krafft zuschreiben / wird aber des kostbahren Werths halben langsam gebraucht / ausser daß einige im Nieren-Stein einen Tranck davon machen. Man braucht es gemeiniglich eusserlich zum Pouder und anderem Rauch-Werck; wie dann auch die Barbierer die rasuram davon im Wasser sieden / welches sie zum Bartbutzen vornehmer Herrn gebrauchen. Andere pflegen das Rosen-Wasser damit nachzumachen / welches sie so viel wohlfeiler geben können / wie Pomet loc. cit. vermeinet.

§. 9.
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Die Holländer destilliren ein weisses und wohlriechendes Oehl davon / welches sie unter dem Nahmen Olei Ligni Rhodini herausser schicken / wiewohlen es bey uns auch gemacht werden könnte / also daß I. Pfund Ligni Rhod. ???j. olei nach Vielheuers Außrechnung gebe; obwohlen Glauberus pag. 34. des ersten Theils seiner Op. Mit dem Spiritu Vini ein mehrers zu erzwingen lehret. Dieses Oehl ist anfangs dünn wie Baumöhl / wird aber mit der Zeit dick und dunckel-roth: dienet den Parfumierern und kan man die eusserliche Salben auch wohlriechend damit machen. Es ist merckwürdig / daß D. Ludovici pag. 707. in seiner Pharmacie, dieses Holtz mit Zucker zur fermentation zu bringen / und einen Spiritum per ferm. davon zu destilliren lehret.
|| [262]

Das VIII. Capitel
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Von dem Frantzosen- oder Pocken-Holtz. Abbildung

§. 1.
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DAs Frantzosen-Holtz oder GUAJACUM Officinarum ist ein sehr hartes / dichtes und schweres Holtz / eusserlich weiß-gelb / wie Buxbaum und an dem inwendigen Kern schwartz braun und hartzicht anzusehen / hat einen scharff-bitteren Geschmack und aromatischen Geruch: komt in grossen und langen Stücken von 400. biß 500. ???. auß West-Indien über Venedig / und wird sonsten insgemein auch LIGNUM SANCTUM genennet / indem viele / als Schroederus und seine Außleger / D. Hoffmann und D. Ettmüller vermeinen / daß es einerley Holtz sey: Allein die heutige Botanici bezeugen ein anderst / daß nemlich Guajacum und Lignum Sanctum von unterschiedenen Art Bäumen herrübren / wie Terentius schon in Notis ad Hernandez. pag. 63. gezeiget / auch drunten ein mehrers davon wird gemeldet werden.

§. 2.
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Der Baum dieses Holtzes wächft am häuffigsten in Neu-Spanien / in der Insul S. Domingo, ist in der Grösse eines Welschen-Nuß-Baums / mit schönen dicken und runden Blättern / welche an den Aesten gegen über stehen / wie in der auß des Plukenet Tab. XXXV. Genom̅enen Fig. I. zu ersehen / in welcher die Aber und Gestalt viel schöner / als des Pometi Fig. zu ersehen sind: Trägt bleich-gelbe und an langen Stielen hangende Cronen-Blumen und eine Schote / wie die bursa Pastoris, worinnen beygesetzter Kern zu finden / welchen obbemeldter Terentius loc. cit. auch à part unter Augen leget und zweyen auff einander gelegenen Lupinen vergleichet.

§. 3.
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Das beste ist / so von einem Baum mittelmäsigen Alters herrühret / welcher an kräfftigsten ist / indem die jungen Bäume noch unvollkommen / die alten aber schwach und krafftloß sind. Solche Mittelmäsigkeit muß an den Aesten betrachtet werden / dann die Mittelmäsige sind am besten. So ist auch im Einkauffen darauff zusehen / daß es fein gleich und nicht knodicht seye. Ie mehr schwartzen Kern es hat / je besser es ist / weilen hierin mehr Hartz zu finden. Dünne Stücker kan man am ersten verkauffen / derowegen müssen diejenige / so nicht ins Groß handeln / die grosse in kleine Stücke zerschneiden. Man hat es auch geraspelt / welches RASURA LIGNI SANCTI genennet wird; darbey dieses wohl zu mercken / daß / wer sicher gehen und etwas techtschaffenes damit außrichten will / sich die rasuram von dem Holtz selbsten feilen oder raspeln lasse / indem die gemeine offt von den Drechslern / Schreinern und dergleichen Handwerckern auffgekauffet wird / welche viel andere Späne und Unrath in sich hat. Viele probiren das Holtz uff dem Wasser / dann es [263] auch / wegen seiner Schwerigkeit / in kleinen Stückern zu Grund fället / da sonst alle andere Höltzer im Wasser schwimmen / vid. Terentius l. c. Marxius und andere.

§. 4.
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Der Gebrauch dieses Holtzes ist fast männiglichen / auch auß dem blossen Nahmen / bekandt / indem es also genennet ist / weilen es gegen die Frantzöische Kranckheit gebrauchet wird / und Frantzöische Kranckheit gebrauchet wird / und soll ein Spanier / Consalvus mit Nachmen / dieses Mittel zu erst erfunden und seinen Kindern damit über 300000. Gulden erworben haben / wie Vielheur in Beschreibung frembder Materialien pag. 109. vorgibt. Die Veranlassung und occasion darzu beschreibet D. Hoffman in Clav. Schroed. Pap. 473. Seine Würckung ist / daß es den Schweiß und Urin mächtig treibet / weßwegen es auch nachmahlen in vielen andern Kranckheiten / als in Gliederweh / Flüssen / Wassersucht / Grätz und dergleichen zur Reinigung des Geblüts gebrauchet worden. Es pfleget gemeiniglich in Wasser eingeweichet und darnach biß uff die Helffte / oder den dritten Theil eingesotten zu werden / welches Decoctum doch im Sommer sich über 3. Tag nicht halten lässet / wie Terentius l. c. erinnert. Mayovv ein Engeländer gibt in seinem Tr. De Nitro pag. 37. vor dieses Decoctum walle von dem ???. auff / welches curios ist / wodurch seine alkalische Kräfften könten werwiesen werden. Was übig bleibet / wird zum ordinarie Tranck gemeiniglich noch einmahl gekocht / wie von beyden Sartorius im Frantzosen Artzt kan gelesen werden. In den Apothecken macht man einen Extract davon und kön̅en auß I. ???. des Holtzes Extracti zv. Nach Vielheurs Hand-Griff l. c. gebracht werden. Andere destilliren einen Spiritum und ???. davon / welche nebst dem ???. bey dem Schroedero pag 77. zu finden sind. Was die Ebenisten / Drechsler / Schreiner sc. davon machen / ist bekandt und gehöret sonderlich hierzu nicht / ausser daß einige die Kugeln davon gegen die Festigkeit rühmen / welches wir an seinen Ort gestelt seyn lassen.

§. 5.
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Ferner wird auch die Rinde oder CORTEX LIGNI GUAJAC. unter den Materialien geführet / welche gleichfals sehr hart / holtzicht / resinos, und gleichsam auß vielen Blechlein zusammen gesetzet ist: euserlich grau / mit grünlichten Flecklein vermischet / inwendig etwas bleich und röthlich / hat einen scharffen und bitteren Geschwack und guten Geruch. Diese Rinde hanget an dem noch grünen Baum so fest / daß sie kaum mit eisernen Instrumenten davon zu bringen: mit der Zeit aber gehet sie gern ab / besihe davon Terentium in Notis ad Hernand. Pag. 63. Sie wird sonsten dem Gebrauch nach in allen obigen Kranckheiten auch gebrauchet / doch / daß man weniger davon / als des Holtzes nehme / welches gemeiniglich damit gestärcket wird / weilen die Schale viel kräfftiger ist / wie bey Ettmüllero l. c. zu sehen / ohngeachret Dale einer anderen Meinung zu seyn scheinet. vid. ejus Pharmac. pag. 443.

§. 6.
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Uber diß hat man auch ein Gummi oder Hartz davon / welches RESINA GUAJACI genennet wird: ist ein schwartzlichtes / doch durchscheinendes und mirbes Gummi / eines scharffen Geschmacks und guten Geruchs: wird in ziemlichen Glumben gebracht / ist aber bey uns etwar rar. Dieses Gummi treibet den Schweiß auch gewaltig und wird besonders sehr gegen den Trippert oder Saamen-Fluß / (Gonorrhoeum malignam) gelobet / absonderlich wann es ein Ansatz zur Frantzöischen Seuch geben will / allda man 6. biß 7. Gran in Wegrich-Wasser geben kann. Es dienet auch gegen die Krätze und Luem ???. selbsten / worvon Ettmüllerus in Comment. Schroed. Pag. 579. zu sehen ist.

§. 7.
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Was nun das LIGNUM SANCTUM anlanget / so kombt es zwar an den Kräfften mit dem vorigen überein / allein in vielen andern Stücken findet man doch daran einen ziemlichen Unterscheid / indem es viel gelber und weiser ist / als da Guajacum, auch keinen so grossen Mittel-Kern oder meditullium hat / dessen es in den Aesten keines / in dem Stam̅ aber nur ein geringes hat / welches doch wenig schwartz und grünlicht mit blau vermischt ist / dabero es auch von den Indianern Hoaxacan genennet wird. Der Geschmack ist viel schärffer als am Guajaco, deßwegen es auch diesem von den Einwohnern vorgezogen wird.

§. 8.
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Der Baum komt dem Guajaco ziemlich gleich / ist aber doch kleiner / wie der Pappelbaum / mit dornichten Stam̅ und Aesten: hat kleine Blätter / welche der länge nach am Stiel zubeyden Seiten stehen / trägt Blumen an Farb und Geschmack der Vinca pervinca gleich / wie solches aus des Hernandez Abriß zu sehen / davon die Blätter doch viel schöner von dem Engeländer Plukenet Tab. XCV. abgemahlet sind.

§. 9.
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Den Qualitäten nach curiret es nicht allein alle obige Kranckheiten / sondern es greiffet auch noch andere an / denen das Guajacum nicht gewachsen ist / indem es gar penetrant, wie auß dem Decocto selbsten zu sehen / welches viel [264] bitterer / stärcker von Geruch und auch gelber an der Farb ist: wird derowegen seiner Krafft halben Lignum Sanctum genennet / wiewohlen es auch nicht zu viel und übermäsig zu nehmen ist / davon Terentius l. c. zu sehen. Weßwegen dann verschiedene Scribenten eigene Bücher davon geschrieben / deren Nahmen in des Lindenii und Lipenii Bibliotheken zu sehen sind.

§. 10.
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Letzlich gedencket auch der Frantzöische Materialist Pomet eines Falschen Guajaci welches er Guajac de France in seiner Histoire des Drogues pag. 115. nennet und nichts anderst zu seyn meldet / als das Buchsbaum-Holtz / so aus Spanien und Champagnen am meisten gebracht werde. Mit diesem sollen einige Chirurgi in Franckreich sich unterstehen die Frantzosen eben sowohl / als mit dem Guajaco zu curiren; und scheinet solches daher zu kommen / weilen ohne zweiffel in der Rasura Ligni Sancti (welche / wie gedacht / von den Drechslern gekaufft wird) die Schnitzlein von dem Buchsbaum (welchen sie offt verarbeiten) gefunden worden. Ob nun wohl der Buchsbaum in allen dem Guajaco nicht gleich würcke / so ist er doch auch nicht gäntzlich zu verwerffen / zumahlen auch das Oleum buxi ein vortreffliches Mittel gegen das Zahnweh abgibt / worinnen auch das Oehl von dem Frantzosen-Holtz bey Doct. Ettmüllern und andern recommendiret wird.

Das IX. Capitel
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Von dem SASSAFRAS oder Fenchel-Holtz. Abbildung

§. 1.
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DAs Fenchel-Holtz oder LIGNUM SASSAFRAS (wie es heut zu Tag noch in den Officinen zu finden) ist die Wurtzel eines Indianischen Baums / Salsafras genandt / hat eine mittelmäsige Schale / so außwendig Aschen-farbicht / inwendig aber braun Eissen-farbicht ist / unter welcher eine leichte / porose und holtzichte substantz enthalten / welche gleich unter der Schale grau / mitten aber röthlich-weiß anzusehen ist: hat einen scharffen aromatischen / doch zugleich süssen Geschmack (dahero es Fenchel-Holtz heisset) und [265] einen guten Geruch: wird auß West-Indien gebracht und sonsten auch von einigen / wiewohl fälschlich Lignum Pavanum, genennet / worvon unten soll gehandelt werden. Zu geschweigen daß dieses so genandte Fenchel-Holtz wie obgedacht / die Wurtzel / und nicht das Holtz selber ist / welches viel dichter und schwerer ist / wie D. Velschius schon längsten in Misc. Acad. Germ. Cur. Dec. 1. A. 1. Observ. 52. gezeiget hat.

§. 2.
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Dieses so genandte Holtz kommet von einem gar schönen Baum / welcher einen langen / schönen und glatten Stamm hat / und sollen in Florida gantze Wälder davon zu finden seyn: wird verschiedentlich beschrieben und abgemahlet / indem Manardus die Blätter fast wie Feigen-Blätter abmahlet / dessen Figur sowohl Wormius in Museô, als auch Pomet in seiner Material-Kammer pag. 113. nachgemahlet / wie Fig. 2. zu sehen ist. Hernandez hergegen / welcher die West-Indianische Gewächs allein und mit sonderem Fleiß beschrieben / mahlet ihn schon anderst ab / wie an der 1. Figur zu finden: Am aller schönesten aber stellet die Blätter in dem / aus seinem Herbario vivo genommenen / Abriß der Engeländer Plukenet Tab. 222. Fig. 6. unter Augen / welcher sonsten in dergleichen Abrissen gar accurat und proper ist.

§. 3.
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In dem Einkauff muß man zusehen / daß man das Sassafras mit seiner dicken röthlichten und rauhen Schale bekomme / welche das beste Theil von dem gantzen Baum ist / indem sie einen scharffen Geschmack und sehr aromatischen Geruch hat / so gar / daß da die Spanier zu erst an der Insul Florida anländeten / sie wohl zwey Meilen davon dessen Geruch empfunden / und anfangs vermeinten / es wäre der Canellen-Baum; und ob sie schon daran betrogen waren / so schlossen sie doch aus dem Geruch / daß dieser Baum etwas hinter sich hätte: brauchten ihn gegen die Frantzosen / und als solches glücklich außschluge / brachten sie jährlich eine gute Menge in Europam. Gleich wie nun die Rinde besser / als die Wurtzel schiene / also ist die Wurtzel doch besser als das Holtz / welche / nach Schurtzii Bericht / die Materialisten am liebsten haben / wann sie klein sind / auch im Spalten gelb-weiß fallen / weilen sie nicht allein bessere Kräfften und Qualitäten haben / sondern auch länger behalten und erhalten werden / wie auch Marxius in seiner Material-Kammer pag. 185. wohl erinnert. Vor diesem / als die Sassafras noch theuer am Werth gewesen / haben sie die Betrüger nachgeäffet / Tannen-Holtz in Fenchel-Brüh gesotten und vor das Fenchel-Holtz außgegeben / wie dieser Betrug von dem Frantzöischen Materialisten Pomet in seiner Histoire des Drogues Lib. 3. cap. 10. pag. 115. entdecket worden.

§. 4.
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Man hat auch das geraspelte Fenchel-Holtz / welches aber immer frisch seyn muß / dann es bald seinen Geruch verlieret und nachgehends nicht viel tauget. Man hat dabey in Acht genommen / das diejenige / so es raspeln oder klein machen / grosse Kopff-Schmertzen von dem Geruch bekommen / und weilen auch dergleichen nach dessem Gebrauch verspüret worden / so hat es viel von seinem Credit verlohren.

§. 5.
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Was den Nutzen des so genandten Fenchel-Holtzes anlanget / so ist es anfänglich / wie oben gemeldet worden / gleich den andern Holtz-Träncken / gegen die Frantzöische Kranckheit gebrauchet worden / allwo ein Loth davon in zwölff Pfund Wasser über Nacht eingeweichet und biß uff den dritten Theil eingesotten wird / welches doch in einem zugemachten Gefäß geschehen muß / damit sich die beste Krafft nicht verrieche oder verkoche / wie Jo???. Terrentius Lynceus in seinen Anmerckungen über des Hernandez Hist. pag. 62. wohl errinnert. Nachgehends hat man die Sassafras auch in andern Kranckheiten / als verdorbenen Magen / Colic / Nieren- und Lenden-Stein und dergleichen gut befunden / wie solches Hernandez l. c. am ersten und nach ihm Neander in seiner Sassafrasologia weitläufftig gezeiget hat. Absonderlich aber wird dieses Mittel in allerhand Catarrhen und Flüssen sehr gerühmet / so gar daß es von Brunnero in Consil. Panacea Catarrhorum genennet wird / und deßwegen auch der berümbdte Sächsische Practicus, D. Michael eine Tinctur davon gemacht hat / welche in dessen Schrifften kan gesehen werden. Andere machen ingleichen eine Essentz, Ol. dest. und dergleichen darvon / welche in D. Ettmüllers Schroed. Dilucid. pag. 655. zu finden sind.
|| [266]

Das X. Capitel
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Von dem Tamarißken-Holtz. Abbildung

§. 1.
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DAs Tamarißken-Holtz oder LIGNUM TAMARISCI ist ein sowohl in-als außwendig weisses Holtz / ohne sonderlichen Geschmack und Geruch / muß mit der gelben Schelffe (darinnen die Krafft meistens stecket) noch umbgeben / doch aber von der eussersten braunen Schelffen gesäubert seyn: kommet meistens aus der Provintz Languedoc in Franckreich / wo es häuffig wächset; obwohlen es am Rheinstrom / nahe an Straßburg / und noch mehr oberhalb Schwaben / gegen Lindau zu / auch soll zu finden seyn / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 203. berichtet.

§. 2.
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Der Baum dieses Holtz / TAMARISCUS genandt / wächset langsam über eines Mannes Höhe / hat kleine schmale Blätter / dem Seven-Baum oder dem Baum deß Lebens nicht sehr ungleich / trägt schwartze Trauben-förmige Früchten und Rinde auch viele in Woll bekleidete Saamen-Körner.

§. 3.
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Was den Gebrauch des Holtzes anlanget / so wird es als ein sonderliches Mittel vor alle Miltz-Beschwerung gehalten / dessen Verstopffungen es eröffnen und das allda gesteckte schwartze Geblüt / oder schwartze Gall zertheilen soll; weßwegen man auch vor dergleichen Patienten kleine Fäßlein / Becher / und dergleichen aus diesem Holtz drehen lässet / daß sie ihr ordentlich Getränck darin infundiren und daraus trincken. Andere machen gar Löffel und anders Zeug vor dieselbe daraus. Es dienet auch zur Krätz / schwartzen Gelbsucht und andere dergleichen affecten.

§. 4.
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Viele halten mehr von den Schalen oder CORTICIBUS TAMARISCI welche an statt des Holtzes in vielen Apothecken zu finden sind: werden theils von dem Holtz / theils von der Wurtzel geschälet / wie bey Hoffmanno in Clav. Schroed. pag. 558. zu sehen ist. Diese Schalen sind mittelmäsiger-Dicke / außwendig grau-braun / inwendig röthlich / eines scharffen / etwas bittern und anhaltenden Geschmacks: werden nicht allein in eben den obberührten Miltz-Affecten gerühmet / sondern sollen auch den Harn und Stein treiben / die Nieren und das Geblüt reinigen / und an der Krafft mit den Eschen-Rinden sehr übereinkommen / weßwegen sie auch in Träncken und andern Artzneyen offters mit einander verschrieben werden / wie bey Ettmüllero in Comment. ad Schroeder. pag. 670. zu sehen / welcher in eben diesem Buch pag. 655. diese Rinde auch in den Flüssen rühmet / wo sie [267] eben so gut als das Fenchel-Holtz oder Sassafras seyn sollen. Eusserlich dienen sie gegen den bösen Grind. Vid. Schroederus in Pharm. p. 159.

§. 5.
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Die Körner und Früchte dieses Baums werden von den Färbern an statt der Gall-Aepffel gebraucht. Mit den Zweigen aber haben sich vor diesem die Aegyptische Priester auff dem Fest Jovis gekrönet und hernach darmit viel Aberglauben getrieben / wie in des Hieron. Bockers Kräuter-Buch zu sehen ist.

§. 6.
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In den Apothecken macht man nicht allein auß den Rinden ein Extract, sondern auch auß denselben und dem Holtz das Tamarisken-Saltz / welches in schönen / truckenen Crystallen bestehen und nicht gar klein zermalmet seyn soll / ob ihm zwar solches sehr gemein ist / wie Pomet. in seiner Material. Hist. pag. 113. lehret: Wird auch in den Miltz-Schwachheiten gebrauchet; worinnen auch offt die Pilulae Spleneticae von verschiedenen Authoren verordnet werden / welche gemeiniglich auch etwas von dem Tamarisco in sich haben.

Das XI. Capitel
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Von dem Grieß-Holtz oder LIGNO NEPHRITICO. Abbildung

§. 1.
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DAs Grießholtz oder LIGNUM NEPHRITICUM ist ein bleich-gelbes dichtes / dickes und schweres Holtz / welches von seiner eusseren schwartzen Rinde gesäubert / in Stückern / so offters Arms-dick sind / überbracht wird: hat einen scharffichten und etwas bitteren Geschmack und kommet auß America / absonderlich auß Neu-Hispanien / und wird von einigen Sandalum Coeruleum oder der blaue Sandel genennet / weilen es das Wasser blau tingiret / wie unten zu sehen seyn wird.

§. 2.
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Der Strauch / worvon es gehauen wird / wächset im Mexicanischen Land / ist ziemlich groß / hat einen glatten dicken Sta??? / wie ein Birnbaum und Blätter wie die Ziser-Erbsen / doch nicht so groß / trägt gelbe und länglichte Blumen / wie Hernandez denselben in Hist. Rerum Me dicarum Nov. Hisp. pag. 119. unter dem Nahmen COATLI beschreibet. Sonsten wird er von den heutigen Botanicis unter die Hülsen-tragende Sträuche gerechnet / wie in des Sam. Dale Pharmacol. p. 465. zu sehen ist.

§. 3.
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Wormius gedencket in seinem Museô p.171. noch eines anderen Grießholtzes / welches auß Brasilien komme / und gleiche Kräffte mit dem vorigen habe / obschon es an der Farb mit demselben nicht übereinkomme. Und weilen auch Po [268] met in seiner Frantzöischen Beschreibung der Materialien Lib. 3. C. 6. pag. 110. erwehnet / daß an statt des rechten Grießholtzes zuweilen eine Art Ebenholtz / Grenadille oder dergleichen verkauffet würde / so muß man bey dessen Einkauff einige Stücklein in kalt Wasser legen / welches in wenig Stunden Himmel-blau davon werden muß / wann es das rechte uffrichtige Lignum Nephriticum seyn soll; da hergegen die andere Höltzer das Wasser entweder gar nicht / oder nur gelbicht tingiren; Und obwohlen Sim. Paulli in seinem Quadrip. Bot. p. 310. dergleichen couleur auch vom Fraxino oder Eschbaum gesehen und deßwegen glaubet / daß das Lignum Neph. eine Art davon sey: so bekennet er doch selbste̅ / daß nicht das Holtz vom Eschbaum / sondern dessen innere Rinde diese Tinctur von sich gebe. Unterdessen ist dieses wohl darbey in acht zu nehmen / daß alsdann das Glaßmit der infusion nicht gegen das Licht gehalten werde / dann auff solche Weiß das Wasser nicht blau / sondern Gold-gelb scheinen würde. Wie dann auch nichts saueres darin muß gegossen werden / welches die blaue Farb auch verändert; wie man dann nicht allein durch vielerley positur des Glases / sondern auch mit zuthun allerhand Saltzen diese Tinctur auff mancherley Weiß verändern und wunderlich damit spielen kan / wie nicht allein der berümbte Engeländer Robertus â Boyle in seinem Buch de Coloribus pag. 203. sondern auch Herr D. Camerarius, Prof. zu Tubingen / in zweyen Disputationen de Infuso Ligni Nephritici alles artlich unter Augen gestellet haben.

§. 4.
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Den Nutzen anlangend / so dienet dieses Holtz die Nieren zu erwärmen und also zu balsamiren / daß sowohl darin / als in der Blasen kein Stein gezeuget / oder so schon Sand und Steinlein darinnen / dieselbige fortgetrieben werden / wann man über dieses Holtz trincket. Man legt etliche Stücklein in frisch Wasser / biß es blau werde / welches also getruncken und eine Zeitlang continuiret werden muß. Zu welchem End in Miscell. Acad. Germ. Cur. D. 1. Ann. 3. pag. 74. mit dem ??? auch eine Essentz davon gemachet wird. D. Cnefelius hat das Holtz nicht in gemein Wasser / sondern in Bircken-Safft infundiret / welchem auch Helmontius grössere Kräfften zuschreibet. Sonsten gedencket Hernandez an obangezogenem Ort / daß auß diesem Holtz auch ein Gummi fliesse / welches gegen die hitzige entzündete Augen ein gut Mittel abgebe / und das darin gewachsene wilde Fleisch wegnehme.

Das XII. Capitel.
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Von dem MASTIX-Baum und dessen Holtz. Abbildung
|| [269]

§. 1.
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DAs Mastix-Holtz / oder Lignum Lentiscinum, bestehet in den Apothecken auß gnodichten Aestlein / eines Fingers dick / welche inwendig weiß / außwendig aber mit einer Asch-Farbichten Schale bedecket sind / haben einen hartzichten Geruch und adstring. Geschmack: Muß frisch angeschaffet werden / dann es bald wurmstichicht wird / wie wohlen es schwer und hart ist / und weil es offters mit dem Visco Corylino verfälschet wird / muß man es daran erkennen / daß die Aestger vom Mastix-Baum viel gröber und dicker sind / als die Mispel / vid. Pomet. Hist. Simpl. p. III.

§. 2.
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Der Baum dieses Holtzes wird Lentiscus oder Mastix-Baum genennet / wächset in verschiedenen Orientalischen Ländern / als AEgypten / Indien sc. wird aber doch am sorgfältigsten in der Insul Scio, oder Chio, gepflantzet und erzogen / auch in solchem Werth gehalten / daß derjenige / so einen solchen noch guten und nicht verdorbenen Baum abhauen solte / sobalden die Hand verlieren müste / indem der Einwohner Reichthumb hierin bestehet / daß sie den Mastix davon samblen und in die Welt schicken / welcher Handel ihnen jährlich bey die 20000. Gold-Gülden außtragen soll / wie Eichovius in seinen Reiß-Beschreibungen pag. 95. berichtet; weßwegen dann auch im letztern Türcken-Krieg / da die Venetianer diese Insul einnahmen / die Türcken nicht ruheten / biß sie dieselbige wieder gewonnen hatten. Im übrigen wächset der Baum so gar hoch nicht / hat Blätter wie Myrthen Blätter / blühet im Mertz und April / trägt darnach schwartze Beerlein / auß welchen die Italiäner (so ihn auch ziehen) ein Oehl / gleich auß den Lorbeern / pressen.

§. 3.
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Das Holtz wird zuweilen in Träncken gegen die Bauch-Flüsse / Rothe Ruhr und absonderlich gegen den so genandten Leber-Fluß (wornach leicht ein Wasser sucht erfolget gebrauchet; an dessen statt / weilen es rar und theur ist / D. Ettmüller das Quitten-Baum Holtz in seinem Com. ad Schroed. pag. 593. recommendiret / welches auch in den Blut-Stürtzungen und weisem Fluß der Mutter gut thue. In Engeland und Franckreich machet man Zahn-Stecher aus diesem Holtz / weilen es sehr hart und fest ist / so gar / daß die Türcken auch ihre Lantzen-Stiele davon machen sollen.

§. 4.
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Je seltener aber das Mastix-Holtz in der Artzney gebrauchet wird / je öffrer wird dessen Gummi oder MASTIX verschrieben / welches ein schön durchsichtiges / gelb-weises und gleichsam in runde Tropffen zusammen geronnenes Gummi ist / eines hartzichten und adstringirenden Geschmacks und guten Geruchs: kommet meistens auß der Insul Scio, wiewohlen auch viel auß Ost-Indien von den Holländern und Portugiesen gebracht wird.

§. 5.
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Dieses Gummi tropffet von sich selbsten bey grosser Hitze auß den dicken Aesten und dem Stamm selbsten / wie bey uns der Vogel-Leim auß den Kirschen Bäumen dringet. Doch sollen die Einwohner auch des Jahrs 12. mahl den Stamm ritzen / und das herabfliessende Gummi in einem / unter dem Baum mit Fleiß gemachten / Grüblein samblen / wie auß der Figur zu sehen; Und weilen nebst dem besten Mastix / welcher schön weiß / hell / klar / trucken und nur Tropffen-weiß abtropffet / auch dasjenige / was hangen bleibt / oder in eine reine Stätte fält / untereinander gemischet / und also in Sorten zu uns gebracht wird / so wird dieser bey den Materialisten MASTIX IN SORTIS, die außerlesene schöne Körner aber MASTIX ELECTA oder in granis genennet. Die Morgenländer sortiren ihn gemeiniglich selbsten / thun den Schlechten unten in die Fäßger / die Mittel-Gattung / in die Mitte / und den Besten oben darauff / verkauffen aber keine Sort allein / sondern es muß eines mit dem andern gehen. Vid. Pometi Hist. Gen. Simpl Lib. 3. 6. 8. p. 112.

§. 6.
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Der beste Mastix muß voll von schönen / lautern / gläntzenden und klingenden Körnern seyn / welche schön groß sind / doch leicht zerrieben werden können: Muß wenig Rinden und Unreines / kein Pulver / Staub / auch kein Holtz oder schwartz darunter haben und überall wohl riechen. Je weisser / je besser. Wiewohlen Marxius, Schurtzius und andere Materialisten auch eines rothen Mastichis gedencken / welcher dem andern den Körner nach gleich / aber roth seyn soll / welcher doch hiesiger Orten gantz unbekandt ist.

§. 7.
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Was den Nutzen und Gebrauch dieses Gummi anlanget / so trucknet es und zeucht mittelmäsig zusammen; weßwegen es innerlich den welcken Magen stärcket und dessen Tonum durch seine zusammenziehende Krafft befestiget / auch in allem Erbrechen / Bauch- und andern Flüssen / besonders bey den Kindern / gebraucht wird / man schlucke nun die Körner zu ij. biß iv. gantz ein / oder nehme selbige zu Pulver gestossen / gilt gleich. Man kocht sie auch in Wasser oder Wein und trinckt die Brühe da [270] von. So hat man auch ein destillirtes Wasser / welches Aqua Mastichina heisset und einen Spiritum davon / welche in eben solchen Kranckheiten dienlich sind / von welchen nebst andern D. Ettmüller l. c. zu sehen ist. Eusserlich käuet man den Mastix gegen das Zahn-Wehe / wacklende Zähne / Flüsse und der gleichen; wie dann deßwegen die Pflaster an die Schläffe / Räuch-Werck und andere Mittel davon zubereitet werden / welche Strobelbergerus in seiner Mastichologiä, als einem besondern Tractat hiervon / der lägne nach beschrieben hat. Die Mahler machen einen schönen Firniß davon / dessen Beschreibung Kunkelius im zweyten Theil seiner Glaßmacher-Kunst pag. 26. mitgetheilet hat.

Das XIII. Capitel
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Von dem weissen / gelben und rothen SANDEL-Holtz. Abbildung

§. 1.
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OBschon einige der Meynung sind / daß die drey Arten des Sandel-Holtz von einem Baum herkähmen und der Unterscheid der Farb nur von unterschiedlichen Ländern / darinnen sie erwachsen / herfliesse; so zeigen doch die heutige Botanici, als Hermannus, Dale und andere / daß solches mit dem rothen Sandel-Holtz keine statt habe / dessen Baum gantz unter ein ander und von den beyden ersten gantz unterschiedene Geschlecht der Arborum siliquosarum gehöre / welches mit dem Brastlien-Holtz mehr übereinkommet / vid. Dale Pharmac. pag. 464.

§. 2.
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Was aber die andere beyde / als das weisse und gelbe Sandel-Holtz / betrifft / so entspringen sie von einem Stamin eines Ost-Indianischen Baums Sarcanda genandt / dessen auff der Insul Timor gantze Wälder zu finden sind: soll dem Esch-Baum nicht ungleich seyn / und Früchte wie Kirschen tragen / welche anfangs roth / nachgehends aber / wann sie zur Zeitigung gelangen / schwartz werden / doch aber ohne Geschmack und untauglich seyn sollen. Dieser Baum nun hat an dem eusseren Theil des Stamms / unter der Schale ein weisses / mitten aber ein gelbes Holtz / unter welchen jenes SANTALUM oder (wie andere nach dem Ursprung schreiben) SANDALUM ALBUM, dieses aber SADALUM CITRINUM genennet wird.

§. 3.
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SANDALUM ALBUM oder das weisse Sandel-Holtz ist ein hartes / schweres und bleiehes Holtz / wel [271] ches aus der Insul Timor in Stücken / so von ihrer Schale abgelöset und gereiniget sind / überbracht wird / und wann es gut ist / hat es einen bitterichten und aromatischen Geschmack auch guten Geruch / wie das gelbe; obwohlen es auff den Kohlen so keinen guten Geruch / auch kein Gummi / von sich gibt / wie das gelbe / wie Marxius in seiner Teutschen Material-Kammer p. 152. lehret: wird in die Feine und Mittel-Gattung sortiret / nachdein es alt und wohlriechend ist.

§. 4.
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SANDALUM CITRINUM oder das gelbe Sandel-Holtz ist so wohl an solidität / als den Kräfften etwas stärcker als der weisse / hat eine gelbichte Farb / einen etwas bitteren und aromatischen Geschmack und sehr guten Geruch: wird ebenfals in grossen Stückern überbracht / davon die schweresten am besten und deßwegen zu erkiesen sind. Man hat auch wohl Achtung zu geben / daß es nicht mit dem falchen Sandel / welches sonsten wegen seines Geruchs CITRONEN-Holtz genennet wird / und dem gelben Sandel sehr gleich seyn soll / vermischet und verfälschet sey / indem solches zur Medicin untauglich und nur den Schreinern und Drehern zukommet: ist / wann es geglättet wird / wie polirte Cocus-Nüß anzusehen / und nennen es etliche auch Jasmin-Holtz / weilen die Blumen dieses Baums wie Jasmin riechen sollen. Der Betrug aber ist daraus zu erkennen / daß das rechte Sandel-Holtz einen guten und angenehmen Geschmack und Geruch hat / darbey auch nur etwas resinos: Das Citronen-Holtz hergegen hat einen starcken und nach Citronen schmäckenden Geruch / und ist darbey öhlicht; so sind auch die Stücker von dem Citronen-Baum viel grösser / als von dem gelben Sandel-Holtz / indem diese insgemein über hundert Pfund nicht wiegen / jene aber biß Tausendt Pfund kommen / wie solches Pomet in seiner Histoire Generale des Drogues Lib. III. Cap. IV. pag. 108. erinnert. Es wird sonsten auch der güte nach von den Materialisten in die Feine und Mittel-Gattung sortiret.

§. 5.
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SANDALUM RUBRUM oder der rothe Sandel endlich ist der holtzichte Kern eines Stammes / sehr hart / dicht und schwer / einer dunckel-rothen Farb / adstringirenden Geschmacks und ohne Geruch: wird sonsten auch von den Holländern das CALIATUR Holtz genandt / worvon doch unter dem Herrn Rumphio und Herbert de Fager vor diesem ein grosser Streit gewesen / wie aus deren Wechsel-Brieffen unten im Anhang dieses Buchs / in denen Ost-Indianischen Send-Schreiben weitläufftig kan gesehen werden; Und ob schon dieses Holtz unter allen Sandel-Höltzern vor das schlechteste und wohlfeileste gehalten werde / so geht es doch am meisten ab / dann wohl 50. Pfund des rothen un??? gestossenen Sandels verkaufft werden / ehe man eimnahl nach weissem und gelben fraget: wird auch in grossen langen Stücken aus der Insul Tanassarin, von der Seiten Coromandel gebracht / und wird davon das meiste zum pulverisiren zu Hamburg eingethan / zu Nürnberg und anderstwo auff Mühlen gestampffet und sowohl ins Reich / als andere Länder verhandelt. Vid. Schurtzii Material-Kammer p. 81.

§. 6.
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Die Materialisten führen auch verschiedene Sorten / als Feine und Gemeine. Der besie ist / welcher hart-spaltig und nicht gern von einander springet / eusserlich schwartzlicht und inwendig duckel oder roth-Blut-roth ist; woran er vor dem CORALLEN-Holtz / wormit der rothe Sandel zum öfftern verfälschet wird / erkäntlich ist / welches eine viel hellere und lichtere rothe Farb hat / darbey auch sehr leicht und inwendig streifficht ist; da hergegen das rothe Sandel-Holtz schwer und keine dergleichen Faden oder lange Streiffen hat; worvon obgemeldter Pomet abermahlen an citirrem Ort cap. V. pag. 109. mit mehrerem kan gelesen werden.

§. 7.
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Eben dieser letzt benambte Materialist gedencket alda auch eines Sandel-Taffets / welcher aus Constantinopel gebracht werde / und nichts anderst / als ein mit dem gemahlenen rothen Sandel gefärbter Taffet sey / dessen Zubereitung darin bestehe / daß der Sandel mehr mit einigen sauren Dingen gekocht / und der Taffet eingetuncket werde; welcher je röther er ist / je besser er ist. Sein Gebrauch aber ist / daß man ihn in den Augen-Curen / an statt des grünen Taffets über die Augen binde.

§. 8.
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Was den Nutzen und Gebrauch der Sandel-Höltzer anlanget / so sind sie vor diesem in der Artzney zur Stärckung und Kühlung der Leber angerühmet worden / ob wohlen der Effect mehr an dem Geblüt / dessen Auffwallung sie etwas stillen / als an der Leber zu spüren ist / doch dieser auch / wie allen andern Theilen des Leibes / zu gut kommen kan. Einige Practici rühmen diese Höltzer zur Lungen [272] sucht und in andern Kranckheiten / wo die Holtz-Curen verschrieben werden / worunter man diese auch nehmen kan. Das rothe Sandel-Holtz adstringiret etwas / und ist in Bauch- und andern Flüssen deßwegen vor andern zu gebrauchen: Gleichwie in eben den Flüssen und davon berrührenden Haupt-Kranckheiten das gelbe Santel-Holtz unter den Suffimigiis und Räuch-Wercken auch nicht zu verachten / deme das Weise nicht zu vergleichen / welches deswegen auch in der Artzney langsam gebrauchet wird. Das Rothe brauchen die Färber auch und kan man das rothe Magen-Wasser oder Aquavit damit färben; wie dann auch eine Tinctur, it. das rothe Sandel-Pflaster und anderes Zeug in den Apothecken davon gemachet werden / worvon Joh. Placotomus in seinem Discurs von den Santalis, Zvvelferus, Schroederus und dessen Außleger D. Hoffmann und. D. Ettmüllerus in ihren Commentariis zu lesen sind. Die Indianer sollen vom rothen Sandel-Holtz ihre Abgötter machen / damit sie desto köstlicher seyen; Gleichwie dieselbe und auch andere Völcker / so allda wohnen / das weise und gelbe Sandel-Holtz zu Pulver zerstossen / einen Brey darauß machen und sich am Leib zur Kühlung damit anschmieren sollen / wie solches auß des Linschotts Reiß-Beschreibung der Apothecker Vielheur pag. 151. seiner Beschreibung frembder Materialien erzehlet.

Das XIV. Capitel
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Von dem CEDERN-Holtz. Abbildung

§. 1.
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DAs Cedern-Holtz oder LIGNUM CEDRI ist ein sehr festes und wolriechendes Holtz / welches so daurhafft seyn soll / daß es gar nicht faulen könne: wird auß Ost-Indien gebracht.

§. 2.
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Der Baum dieses Holtzes oder CEDRUS selbsten ist ein sehr grosser Baum / welcher an der Länge alle andere übertreffen soll / und ist dessen Stamm so dick / daß vier Mann denselben nicht umbgreiffen können: wächset wie ein Pyramid in die Höhe / also / daß die unterste Aeste immer grösser als die öberste: hat Blätter wie Fichten-Blätter / aber kürtzer und nicht so stachlicht: träget auch Zirbeln / wie der Thannen-Baum / doch etwas dicker und mit weichen Schuppen besetzet.

§. 3.
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Dieses Holtz wird zwar in der Artzney wenig gebraucht / ausser daß man mit dessen Späne die Schlangen vertreiben soll / wie Ursinus in Arbereto Biblico pag. 297. schreibet. Doch wird ein grosser Handel damit getrieben / indem / we [273] gen seiner Härte es zu künstlichem Schreiner-Werck / zu Lauten / Zittern und dergleichen gesuchetwird / und sollen die alte Heyden ihre Götzen darauß geschnitzer auch / die Leiber der Verstorbenen mit dem Safft balsamiret baben.

§. 4.
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Sonsten fliesset auch bey grosser Hitze ein schön weises Hartz oder Gummi auß dem Stam̅ / welches CEDREN-Hartz und von einigen MANNA MASTICHINA genennet wird / wie Pomet in seiner Hist. Simpl. pag. 116. schreibet / welches Gummi auch durch Ritzung des Baums erhalten wird: ist schön gelb-weiß / durchsichtig / von einem sehr annehmlichen Geruch und lässet sich bald zerreiben. Es ist bey uns sehr rar und derowegen nicht gebräuchlich.

§. 5.
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Ohne diesen grossen Gedren-Baum / welcher sonsten auch Cedrus Libani heisset / gibt es noch eine ander Art / welche OXICEDRUS oder der kleine Cedern-Baum genennet und mit vielen Aesten / als mit Flügeln besetzt ist: hat ein röthlicht Holtz und reucht wie Cypressen. Die Blätter sind schmal und sehr spitzig / tragen in der Mitte eine Frucht / den Myrthenbeern gleich / aber einer Hassel-Nuß groß / welche röthlicht / einer guten Geruchs und süssen Geschmacks ist / und deswegen von den Einwohnern des Lands zum Brod-Essen gebrauchet wird.

§. 6.
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Auß diesem Baum fliesset ingleichem ein helles und durchsichtiges Gummi / welches der rothe und wahre SADARACH, aber so rar ist / daß man an dessen statt sich des gemeinen Wacholder-Gummi bedienen muß.

§. 7.
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Man deftilliret auch von dein Holtz dieses Baums ein schwartzes Oehle / welches rectificiret und alsdann CEDRIA und in Franckreich oleum de Cade genennet wird: ist aber ingleichen sehr rar und hier zu Land gantz unbekandt / weßwegen man andere dergleichen resinosa, absonderlich den Safft vom grossen Wacholder oder Bech-Oehl an dessen Stell gebrauchen muß: obwohlen es sonsten vortrefflich gegen die Zitter- und Feuermähler dienen / auch allerhand Grind und Unrath an den Pferden / Ochsen und Schafen heilen soll. Besihe des obberührten Frantzöischen Materialisten Buch hiervon.

Das XV. Capitel
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Von dem Wacholder-Holtz. Abbildung
|| [274]

§. 1.
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DAs Wacholder-Holtz / ode Lignum Juniperi, ist ein weißlichtes / festes und sehr wohlriechendes Holtz / von dem grossen Wacholder-Baum und zuweilen die Wurtzel von dem kleineren: welches letztere bey uns gnugsam zuhaben / das erstere aber wird nebst dem Gummi Juniperi auß Schweden / über Hamburg und Engeland / in andere Länder häuffig geführet.

§. 2.
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Der Juniperus, worvon es herkommet / ist / wie schon gemeldet / zweyerley / der Grosse / so ein langer Baum ist und in den Nordischen Länder häuffig wächset: Und der Kleinere / so vielmehr ein Strauch und in Teutschland fast in allen Wäldern zu finden ist / in Italien aber sehr rar seyn soll / so gar / daß die Italiäner solchen den Teutschen mißgönnen. Beyde haben ein rissige und zerfetzte Schale / welche einige Corticem Bugiae nennen: ist außwendig grau / inwendig aber röthlich / mit spitzen schmale̅ Blättern: tragen die aller Orten bekandte Wacholder-Beeren / werden. Solche sind viel grösser an dem Baum / als am Stauden / und kommen derowegen viel schöner auß Norwegen / als sie in Teutchland sind.

§. 3.
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Das Holtz erwärmet und trucknet sehr auß / treibet den Schweiß und Urin / und wird deßwegen an statt des Guajaci uud Sassafras zu den Holtzträncken in der Frantzosen-Cur von D. Ettmülern in seinen Com. in / Schroed. pag. 591. sehr gerühmet. Eusserlich zünden es die gemeine Leut an statt des Rauch-Pulvers an / gibt einen schönen und annehmlichen Geruch. Man macht auch Trinck-Geschirz / Büchslein zu den Praeservativen und andere Sachen davon. Die Bauren brennen in Töpffen ein wässerichtes Oehl davon / so euserlich nicht uneben / und meinet Tabernaemontanus dieses wäre der Frantzosen ??? de Cade.

§. 4.
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Sonsten kommet von dem grossen Wacholder-Baum das bekandte Gummi Juniperi her / welches sonsten insgemein SANDRACHA genennet wird / so entweder bey grosser Hitz von sich selbsten dar auß fliesset / ober wann der Baum zuvor geritzet wird / hervor tringet: siehet dem Mastix bey nah gleich / und muß auß schönen weisen Glundern bestehen / auch keinen Staub in sich haben / wann es gut seyn soll. Es wird sonsten auch trucken Firniß und Glaß-Firnis genennet / indem der Firniß darauß gemacht wird: und weilen die Griechen das Auripigmentum auch Sandarach heissen / so wird dieses Gummi zum Unterscheid Sandaracha Arabum genennet; obwohlen Simon Paulli in seinem Quadripartito Bot. pag. 536. treulich räthet / daß man es immer Gummi Juniperi nenne / damit kein Irzthumb in den Apothecken vorgehe und an dessen statt Gifft oder Operment gegeben werde. Sein Gebrauch ist / daß man es in dem Rauch-Werck und Sussimigiis gegen alle Flüsse / Nerven und Glieder-Weh brauche. Die Buchbinder brauchen es zum palniren / und die Schreiner zum Firbiß / welcher darauß gemacht wird / wann es in Terpenthin-Oehl zerlassen wird.

§. 5.
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Was die BACCAE JUNIPERI, oder Wach older-Beern vor ein trefflich gut Ding seyen / ist männiglichen bekandt / und haben auch viele Gelehrte / als Michael Bapst, Beckerus und Scharffius solches in besonderen Bücher / so sie vom Wacholder geschrieben / an Tag geleget. Am meisten aber werden sie innerlich / wegen ihrer balsamischen Krafft / gegen den Nieren- und Blassenstein / so wohl zu praeserviren / als curiren gebrauchet. Stillen die Colic, die Kaltel-Piß und dergleichen Mängel. Eusserlich dienen sie dem gemeinen Mann zu räuchern und so wohl in Pest und andern Zeiten die Lufft zu reinigen.

§. 6.
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Unter andern Praeparatis, welche darauß gemacht werden / ist I. der SPIRITUS oder Wacholder-Wasser / welches per fermentationem gemacht wir / dund gehet alsdann das Oehl oder OLEUM JUNIPERI deftill. mit über. 2. Das EXTRACTUM oder ROB JUNIPERI, welches auß den gesottenen Beern gepresset und zu seiner consistentz eingekochet wird / welches etliche der Teutschen Theriac nennen. Wann man dieses mit seinem eigenen Spiritu ausflöset / hat man 3. das MALVATICUM JUNIPERI, welches zu Leipzig gegen den Stein sehr gebräuchlich ist. 4. Kan man das SAL JUNIPERI entweder auß den dürren Beeren / sie seynen schon außgeprest oder nicht / oder auch von dem Holtz und Sträuchen machen: Welche Medicamenten meistentheils alle diejenige Kräffte / auch wohl mit mehrerer Stärcke haben / als die Wacholder-Beern selbsten / wie dovon der schon obbelobte Herz Scharffius in seiner Curiosa Juniperi Descriptione mit mehrerem zu lesen ist.
|| [275]

Das XVI. Capitel
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Von dem FERNAMBUC, Brasilien- und SAPAN-Holtz. Abbildung

§. 1
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BRASILIUM oder Brasilien-Holtz ist ein dunckel-rothes und zum theil gelbbraunes Holtz / ziemlich hart und eines süßen Geschmacks: kombt aus Brasilien über Lißbon / Engeland / Holland / und wird entweder in grossen Stückern / oder geraspelt / heraus gebracht; und ob schon von Antiglia aus West-Indien dergleichen rothes Holtz auch gebracht wird / so ist doch das Brasilien-Holtz aus Lissabon besser.

§. 2.
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Der Baum wächset 10. oder 12. Meilen von der See / Land-werts ein / in unterschiedlichen Brasilianischen Provintzen / und zwar nicht in dichten Wäldern / sondern nur hier und da / zwischen andern Bäumen: hat einen sehr dicken Stamm / lange Aeste / voller grünen und gläntzenden Blättern / trägt rothe und wohlriechende Blumen / und nach diesen eine Hülsse mit zwey platten Kernen; und ob gleich der Stamm eines Menschen oder Mannes Dicke hat / so wird doch nur der inwendige Kern / etwa eines Beines-dick / heraus gefchicket / indem die Indianer den eusseren sehr dicken Bast und Schale so weit davon machen / welche nicht roth / sondern grau außsiehet / auch zum Färben untauglich ist.

§. 3.
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Zuwissen aber ist / daß man gar viele Sorten des Brasilien-Holtzes bekomme / nachdem dieser Baum an unterschiedenen Orten wächset und erzogen wird / davon er meistens den Nahmen hat. Das erste und beste ist das FERNAMLUC, so von der Brasilien-Stadt Fernambuco, also genennet wird / welches deßwegen am Preyß auch viel höher / dann die andere ist / und der Centner 29. biß 30. Gülden kostet / da andere kaum II. biß 12. Gülden gelten. Nach diesem hat man Brasilium de Japon, welches die Engeländer und Holländer das SAPAN-Holtz nennen / darvon wieder zwey Sorten / als das grosse und kleine zu finden. Drittens folget Brasilium de Lamon und Brasilium S. Marthae. Worzu letzlich das Brasilien-Holtz von den Antillen-Insuln kommet / welches aber das schlechte ist / wie oben schon gemeldet worden: Werden offters durcheinander gemischet und unter dem gemeinen Nahmen des Presilien-Holtzes verkauffet.

§. 4.
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Im Einkauffen muß man die Augen wohl auffthun / damit man kein Holtz / so von den Saltzwassern schon außgezogen ist / überkomme / oder sonst mit faulem Kern oder altem Holtz betrogen werde. Das Fernambuc-Holtz insonderheit muß an schönen mittelmäsigen Stämmen seyn / und im käuen ein röthliche Farb und eine liebliche Süsse haben / worinnen es von dem Lamomer Brasilien-Holtz / welches an viel grössern Stämmen kombt / welches an viel grössern Stämmen kombt / zu unterscheiden ist. [276] Dieses letztere wird sonsten auch Allerheiligen-Holtz genennet / weilen es von dem so genandten Allerheiligen Land kommet. Das Brasilium de Japon ist gemeiniglich etwas feucht / da hingegen die andere alle trucken müssen seyn / woran jenes von diesen zu unterscheiden. Es ist auch viel sicherer das Brasilien-Holtz an gantzen Stücken zu kauffen / als in geraspelten Spänen / weilen offt die beste mit den schlimmen vermischet werden / wie oben schon gedacht worden. Legt man sich aber auch diese zu / so ist keine bessere Prob / als daß man sich an ehrliche und honête Leute halte / die sich keines Vortheils oder Verfälschung bedienen; worvon Pomet, Marxius und andere in ihren Material-Rammern zu sehen sind.

§. 5
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Was den Gebrauch der Brasilien-Höltzer anlanget / so werden sie in der Artzney langsam oder gar nicht gebraucht / ob sie schon an den Kräfften dem rothen Sandel wenig werden nachgeben und ingleichem zu den hitzigen Fiebern und andern hitzigen Kranckheiten von Sam. Dale in Pharmacol. pag. 464. gelobet werden. Am meisten werden sie zum Färben gebraucht / indem diese / (am besten aber das Fernambuc,) schön roth färben. Und ob gleich auch andere Höltzer / so gelb / blau sc. färben / in Brasilien wachsen / so werden sie doch mit ihren eigenen Nahmen benennet und unterschieden. Einige melden / daß man mit sauren menstruis eine Tinctur aus dem Brasilien-Holtz machen und davon / wie aus den Cochenillen, Carmin bringen könne. Andere machen eine flüssige LAC zur Mignâtur-Mahlerey davon / wie auch die rothe Kreyde / so bey den Frantzosen ROSETTE genennet wird. Vid. Pomet. c. l. p. 120

§. 6.
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Gleichen Nutzen hat man von dem obbemeldtem SCHAPPAN oder SAPAN-Holtz / welches in Ost-Indien von dem Sapan-Baumgenommen wird. Dieser Baum wächset meistens in Siam, wo er die beste couleur gibt / wie auch auff der Insul Mauritii: wächset so hoch wie ein Linden-Baum / hat Blätter / wie der Arbor Siliquosa Brasiliana Breynii Cent. p. 14. doch etwas grösser: hat nach seiner Blüt Schotten einer-Spannen lang und sind die Aeste stachelicht / wie Georg Meister (welcher dergleichen Baum zu Batavia Nova auff der Chineser Kirchhoff gesehen) solchen im Ost-Indischen Lust- Gärtner pag. 90. beschrieben bat. Sein rothes Holtz wird / wie Presilien-Holtz (dessen Art es ist) in Teutschland zum färben gebrauchet / und ist nicht so theuer / wie das rechte Ferneboc.

Das XVII. Capitel
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Von dem Blau- oder CAMPESCHEN-Holtz. Abbildung
|| [277]

§ 1.
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DAs (Campeschen-Holtz ist ein dem Brasilien-Holtz eusserlich gantz gleichförmiges Holtz / wird aber bey uns insgemein Blau-Holtz genennet / weilen es blau färbet: kommet aus America, wo gantze Wälder davon zu finden sind / und bringt man ingleichen nur den inwendigen Kern in Europam / nachdem die Americaner die Rinde und das eusserliche Holtz / wie an dem Brasilien-Holtz abgeschälet haben. Es wird sonsten auch schlechter dings das Indianisch Holts genennet.

§. 2.
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Der Baum dieses Holtzes hat nach Pomets Beschreibung einen dicken und geraden Stamm / mit einer dünnen / glatten / silber-farbichten und theils gelben Schale / und oben mit schönen Aesten versehen / welche lange / grüne und wie Schagren gekrausete Blätter haben / so fast wie Lorbeeren anzusehen / und weilen dieselbe gantz aromatisch und wie Näglein schmäcken / so nennen etliche den Baum Laurum Aromaticum Indorum. Ferner soll er auch gar schöne Blumen und nach diesen runde und dunckel-rothe Früchte wie Erbsen tragen / welche an einem dünnen Stiele / wie Cubeben hangen / oben eine kleine Cron und einen sehr scharffen und gewürtzten Geschmack / wie die Näglein haben / weßwegen sie auch Grana Caryophyllorum oder Näglein-Körner sollen genennet werden; wiewohlen sie nach Pomets Meynung besser Campeschen-Körner / oder auch Piper de Jamaica, genennet werden / vid. Pomet. Histoire Gen. des Drogues Lib. III. Cap. XV. pag. 120

§. 3.
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Hier zu Land ist das Holtz am meisten bekandt / welches nicht verfaulet / noch naß seyn soll: Wird entweder gantz / oder gemahlen aus Holland gebracht; wiewohlen es in Hamburg und andern Orten auch auff den Stampff-Mühlen gemahlen wird / da sie alsdann immer etwas Wasser daran sprützen / daß es an der Farb besser scheine / wie mir ein Materialist entdecket. Hiervon wird jährlich eine unbeschreibliche Menge von den Färbern / Huth-Machern / Leder-Händlern / Säcklern und dergleichen / welche blau und schwartz damit färben / verthan.

§. 4.
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Indessen sollen ferner die Blätter dieses Baums auch sehr gut zur Artzney seyn / indem sie an den Kräfften fast in allem dem Folio INDO gleich kommen / ja eine grössere Krafft haben / welchem dieselbe Pomet zu substituiren räthet. Die Americaner sollen die lahme und erkältete Glieder darmit nicht ohne grossen Nutzen bähen.

§ 5.
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Die gröste Krafft aber soll die Frucht dieses Baums haben / welche nach Pomets Meynung die Indianer MELAQUETTE heissen und unter den Chocolat mischen: Die Holländer aber vor das rechte Amomum, und die Engeländer vor den Pfeffer de JAMAIQUE halten sollen / welche sich dessen / als eines vortrefflichen Gewürtzes lang sollen bedienet haben / biß endlich die Capers von S. Malo ihnen einige Schiffe damit weggenommen / und sie den Frantzdischen Specerey-Händlern / unter dem Nahmen der Nelcken-Körner / auch bekandt worden / weilen / wie oben gesagt / dieselbige am Geschmack den Caryophyllis oder Nägelein gantz gleich kommen / odwohlen sie auch den Geschmack von einig-anderen Gewürtzen an sich haben / so gar / daß wann sie gestosen und eine sauçe davon gemachet wird / die Leute vermeinen / ob wäre nicht allein solche von Nelcken / sondern auch von Mußeaten / Zimmet und dergleichen gemacht worden: Und weilen dem so genandten PIPERI CHIAPAE ober TAVASCI, welchen die Spanier sonsten in Beschreibung der Chocolaten haben / von dem berümbten Francisco Redi in Experim. Nat. pag. 170. eben dergleichen Qualitäten zugeschrieben werden / auch dessen Gestalt und Abbildung mit diesen so vermeinten Campeschen-Körnern gäntzlich übereinkommet / so will es fast scheinen / daß es einerley Früchte seyen / sie mögen nun auff dem Campeschen-Holtz oder auff einem andern Baum wachsen welchen Pomet im siebenden Buch seiner Hist. Mat. pag. 191. unter dem Nahmen Piperis de Thevet, Plukenet Tab. CLV. Fig. 3. aber Caryophyllum Arómat. Indiae Occid. nennet / von welchem Baum die Cassia Caryophyllata auch herkommet / wie bey dem Samuel. Dale Pharmacol. pag. 378. zu sehen ist Es will also fast scheinen / daß der Materialist Pomet diese Bäume confundire und das Campeschen-Holtz von einem solchen Aromatischen Baum drivire / welches vielmehr eine Art Brasilien-Holtz zu seyn scheinet und vielleicht weder dergleichen aromatische Blätter / noch Früchte trägt / worinnen noch zu inquiriren wäre.
|| [278]

Das XVIII. Capitel.
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Von den Gelben-FUSTEL- und andern Höltzern. Abbildung

§. 1
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DAs gelbe Holtz / welches einige Lignum Fustet oder FUSTEL nennen / ist der Stam̅ und Wurtzel eines Strauches / welchen die Botanici Coggyriam Theophrasti und Cotinum Plinii nennen / hat eine gelbe couleur und muß recht trucken seyn / wann man damit bestehen soll: Wächset theils in Italien theils in der Provintz Languedoc in Franckreich / welches besser dann der Welsche ist.

§. 2.
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Der Strauch dieses Holtzes hat etwas runde und schön-grüne Blätter / trägt eine Blume / welche anfangs wie eine Traube außsihet / nachgehends aber sich wie ein Son̅en-Foche außtheilet / zwischen welcher schwartze Körner / wie ein Hertz formiret / wachsen. Der Stamm und Wurtzeln werden von den Frantzosen und Italianern zuvor geschälet / und ist wunderlich / daß / da dieses Holtz in Franckreich wächset / zu Pariß doch selbiges wohlfeiler auß Holland und Engeland zu habe / als wann es auß der Provence selbsten beschrieben wird / wie Pomet in seiner Histoire Generale des Drogues pag. 122. berichtet.

§. 3.
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Sein Gebrauch ist den Färbern bewust / welche dunckel-gelb und Caffe-Farb damit anstellen. So brauchen es auch zuweilen die Schreiner zum einlegen.

§. 4.
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Uber dieses komt noch ein ander gelb-Holtz auß Holland und Engeland / dessen sich die Färber auch zu der gelben Farb bedienen. Ist in grossen Stücken zu haben / obwohlen noch nicht recht bekandt / von welchem Baum es herkomme.

§. 5.
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So kommen auch noch vielerley frembde Höltzer von andern Farben auß Ost- und West-Indien über Holland als S. LUCIEN-Holtz / welches röthlicht / CALAMBOURG, welches grün und sehr wohlriechend ist / so gar / daß es auch die Barbierer / wie das Rosen-Holtz / zum Bart-Wasser gebrauchen sollen: POLIXANDER-Holtz / welches violet, das Letterhout oder LIGNUM LITERATUM, welches von roth auff violet außsihet: Schwartz / roch- und grün EBEN-Holtz: ANIS-Holtz / worauff der Stern-Anis / dessen Geruch und Geschmack es [279] hat / wachsen soll; welche aber alle in der Artzney nicht gebrauchet / sondern nur von den Schreinern zu der eingelegeten Arbeit auffgesuchet werden; von welchen theils Wormius in Mus. pag. 171. theils Pomet lib. cit. 123. Könten gelesen werden.

§. 6.
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Etlicher medicinalischen noch mit wenigen zu gedencken / so machen einige ein groß Wesen / von dem LIGNO COLUBRINO, welches doch vielmehr ein holtzichte Wurtzel desjenigen Gewächses in Ost-Indien ist / welches die kleine Krähe-Augen oder Nuces Vomicas Moluccanas trägt und von andern Solanum arborescens Moluccanum genennet wird: hat eine sehr glatte / gelbichte und mit Asch-farben Flecken gezeichnete Schale / auch einen scharffen und bitteren Geschmack / welcher an dein Staim̅ selbsten so seht nicht zu spür en ist. Die Indianer sollen es gegen die Schlangen-Biß gebrauchen / dahero sein Nahme entsprossen. P. Her: mannus rühmet es in den Fiebern / soll das Tertian und Quartan curiten / wann man ein Loth über Nacht in Wein leget und diesen trincket / welches auch gegen die Würme dienet Vornehme Kauffleute machen Becher davon / worinnen sie den Wein schütten / dergleichen einen vor diesem bey D. Wincklern, Churf. Pfältzischen Leib-Medicô; in seiner Gefängnuß / gesehen / welchen ihm Helvetius mit auß Ost-Indien gebracht hatte. Andere nehmen auch etwa ein halb Ouint von dem Pulver / oder vom Extract ???. ein / welches doch einem Drechsler bey dem Daele in Pharmac. pag. 44. nicht zum besten bekommen ist / indem dieses Holtz etwas gifftiges mit sich fühlen soll / welches andere nur von dem grünen und nicht von dem dürren verstehen. Besthe davon Böntium in seinein Tr. de Med. Ind. Hort. Malabar. Tom. 7. und Hermann. Colleg. Mat. Med. Msc.

§. 7.
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Ferner nühmen einige das LIGNUM PANAVA, welches andere auch PAVANA und LIGNUM MOLUCCENSE nenne / weilen es in der Indianischen Insul Molucca wächset / wird in Malabar. meisten gezogen: ist ein leichtes / schwammichtes und bleiches Holtz / mit einer Asch-fahlen Schale / eines scharff-beissenden / brennenden und äckelhafften Geschinacks und ohne Geruch / wie es Samuel Dale in seiner Pharmacologia pag. 129. mit des Seel. Hermanni Worten beschrieben. Es komt von dem Ricino Arborescente, davon die Grana, Tilli herkommen / welcher Baum in dem Horto Malabarico schön beschrieben ist; weswegen dann auch dieses Holtz / wie die Früchte selbsten / starck unten und oben auß purgiret / und das Gewässer in Hydrope forrtreibet / absonderlich wann es noch frisch ist / lässet aber / wie die Grana Tilli selbsten / ein grosses Brennen und Beissen in dem Affter zurück. Doch verliehret es die Kräffte / wann es alt und trucken wird / da es viel gelinder purgiret und zugleich den Schweiß treibet / und kan also des Pulvers ein halb Quint und wann es nur infundiret wird / wohl ein Loth des Holtzes genommen Werden; da her gegen von dem frischen kaum ein Scrupel in substantiâ; und wann es eingweichet / nicht über 3. quint zu nehmen ist. Einige machen auch ein Extract mit dem Spiritu Vini darauß / von welchem sie 10. biß 15. Gran eingeben. Hier zu Land aber ist noch alles davon still und ungebräuchlich.

§. 8.
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Vor einigen Jahren brachte ein Materialist ein noch unbekandtes Holtz auß Ost-Indien / welches gantz wie Campher riechet und schmäcket / so er LIGNUM CAMPHORATUM nennete: ist ein röthlicht-braunes / leichtes und gestreifftes Holtz; ob es aber von dem jenigen Baum sey / wo der Campher außfliesset / wie es scheinet / oder ob es dessen Geruch doch an sich habe / auch was es vor Qualitäten habe / stehet zu weiterer Erkundigung.

§. 9.
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Ein ander dergleichen frembdes und nach Amber riechendes Holtz ist mir fast zu eben derselbigen Zeit von Herrn Doct. Petersen, vornehmen Materialisten in Franckfurth am Mayn communiciret worden / welches er LIGNUM AMBRATUM hiesse und eine Art Sandel-Holtz zu seyn scheinet: ist außwendig grau und inwendig weiß-gelb / auch eines sehr angenehmen Geruchs; dörffte unter die Species pro Cucupha, gleich wie das Agallochum, nicht undienlich seyn / mit welchem das LIGNUM CARABACCIUM, dessen Baglivius in Tr. de Salivae Natura gedencket und als ein vortrefflich Stomachicum rühmet / in der Würckung überein zu kommen scheinet.

§. 10.
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Noch ein anderes schickte mir Herr Doct. Spener vor drey Jahren auß Holland / welches der Mägden-Holtz genennet wird / weilen die Mägde / so mit der Dinâ spatzieren gegangen / sich ihre verlohrne Jungfrauschafft damit wider zu erzwingen suchen: Ist aber dem Ansehen nach mehr eine Rinde / als das Holtz selbsten / außwendig grau / und inwendig braun / hat eine anhaltenden und adstringirenden Geschmack / wie alle andere dergleichen Mittel / welche pro Sophisticatione Virginum mißbrauchet werden.

§. 11.
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Pomet gedencket auch des SAMBARAM, ACAJOUX, ACOMATS und Eisen-Holtzes / deren Nahmen / (des Gebrauches zn geschwelgen) auch hier zu Land den meisten Materialisten und Apotheckern nicht bewust sind / weßwegen man sich damit auch nicht auffzuhalten hat.
|| [280]

Desz zweyten Buchs fünffte Abtheilung / Von Allerhand Früchten. Das I. Capttel Von der Indianischen Frucht ANANAS.
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Abbildung

§. I.
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ANANAS ist eine sehr schöne und überaus liebliche Frucht / bey nahe wie ein Tannen-Zapffen formiret / aber mit weichen und safftigen Schuppen begabet: ist so groß als eine Melon und hat oben (wo sie anfangs feuer-roth / wie Zinober / nachmahlen aber bleicher ist) einen Strauß von kleinen Blättern: kombt an dem Geschmack den Erdbeern nahe und hat einen anmuthigen Geruch: wird aus den Americanischen Insulen gebracht / und ist davon eine / in Doct. Jacobi Voorn Museo Indico, in dem Umbgang des Universitäts-Gartens zu Leyden / zu sehen.

§. 2.
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Diese sehr herrliche Frucht wächset nicht anderst als eine Artischoc, mitten aus einem Apffel-tragenden Kraut / welches unter dem Nahmen MATZATLI oder PINEAE INDICAE von Hermandez in Hist. Rerum Med. Nov. Hisp. pag. 311. am besten beschrieben und abgemahlet ist / wiewohlen Piso und Garzias auch desselben schon gedacht haben. Sie ist mit langen und breiten Blättern / wie die Schwert-Lilien besetzet / auch auff beyden Seiten voller Spitzen / deren viele auff der Erden / nechst der zaselichten Wurtzel / wenige aber mitten an den Stengeln entspriesen / welcher zwey Zoll dick und anderthalbe Schuhe lang ist. Auff diesen wächset die Frucht selbsten / welche rund umbher mit vielen weißgelben und safftigen Bläßlein / wie mit Schuppen / besetzet ist / auff welchen schöne |blaue Blümlein / mit drey Blättern / hervor kommen / so nachmahlen wieder abfallen / wann die Frucht grösser und reiffer wird. Und ob zwar das Kraut [281] auch Neben-Schösselein gewinnet / welche nachmahlen Früchte tragen können / so sollen doch diese bey weitem nicht so schön und gut seyn / als diejenige / so von der oberen Cron / von der Frucht / erzogen wird / welche darvon abgebrochen und also ohne Wurtzel in die Erde gesencket / in folgendem Jahr wieder Früchte tragen soll / wie in dem Museô Wormianô pag. 185. geschrieben wird.

§. 3.
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Sonsten sollen sich dreyerley Art dieser Früchten finden lassen / welche Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 236. vor andern umbständlich beschrieben hat / worunter die I. die grosse und weisse Ananas genennet wird / welche 8. biß 10. Zoll im diametro hat / und 15. biß 16. Zoll hoch ist / mit einem weissen und fasselichten Marck unter einer gold-gelben Schale angefüllet / und wann sie recht reiff sind / soll sie nach Quitten / aber etwas lieblicher / riechen. So groß und schön sie aber sey / so ist sie doch von so gutem Geschmack nicht wie die andern / soll auch den Zähnen viel gefährlicher seyn und das Zahnfleisch mehr blutend machen / als die andere. Die II. Art nennen sie den Zuckerhut (pain de sucre) weilen diese Frucht so außgespitzt / auch längere und strackere Blätter hat. Diese ist nicht so gelb / wie die vorige / hat aber einen besseren Geschmack / wiewohlen sie das Zahnfleisch auch bluten machet. In dieser hat ermeldter Author auch einige Körner und Saamen gefunden / und dadurch falsch befunden / daß die Ananas ohne Körner seyn solle. Die III. Species ist die kleine Ananas, welche die lieblichste und anmuthigste seyn / auch die Zähne und den Mund nicht so angreiffen soll / wie die andere / es seye dann / daß man sie übermäsig gebrauche.

§. 4.
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Ob nun gleich unter diesen dreyen Sorten (welche alle andere unter sich begreiffen) einiger Unterscheid zu spüren ist / so kommen sie doch darinnen überein / daß sie auff einerley Art wachsen / alle oben einen Strauß / auch inwendig ein fasselichtes Marck haben / welches doch im Mund zu lauter Safft vergehet / so einen lieblichen aus sauer und süß vermischten / Geschmack / theils den Quitten und Pfersing / theils den Mußcaten-Nüß gleichend / von sich geben. Sie haben eine kühlende und stärckende Krafft / und werden deßwegen in den hitzigen Fiebern / so wohl zu refraichiren als den Durst zu löschen von den Americanern gebrauchet / wie Hernandez c. l. berichtet. Daß aber Wormius solche den Febricitanten und Verwundeten verbiethet / mag von den unreiffen und corrosiven verstanden werden / welche auch meistens den Mund angreiffen und das Zahnfleisch blutend machen / wie Pomet vermeinet. Absonderlich aber soll diese Frucht den Stein gewaltig treiben / so gar / daß / wann solcher zu groß und die Frucht ihre Würckung thut / die Krancken ihres Lebens nicht sicher seynd / wie Cleyerus in einem geschriebenen Brieff vor etwa 16. Jahren an Herrn D. Scheffern Seel. aus Ost-Indien berichtete / welcher im Anhang dieses Buchs zu finden ist.

§. 5.
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Zu diesem End schälen die Indianer die recht zeitige Frucht / schneiden sie in Scheiben und hencken sie in einer glassurten und wohlverwahrten Englischen Flasche in einen Kessel voll Wasser / worunter das Feuer gehalten wird / damit der Safft von sich selbsten heraus lauffen / und durch das kochen alle cruditäten weggehen möchten. Von diesem Safft nehmen sie nach belieben; doch essen sie auch bißweilen die Frucht mit Saltz / und wann sie förchten / daß sie noch eine Schärffe bey sich habe / schneiden sie solche / wie gesagt / zu Scheiblein / und legen sie in Spanischen Wein / welcher die beste Krafft herausser ziehet / doch aber den Mund nicht gäntzlich unangefeindet lässet / wie bey obangeführtem Wormio zu sehen ist.

§. 6.
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Ferner sollen die Americaner auch einen Wein von dieser Frucht keltern / welcher wie Malvasier schmäcken / auch gantz truncken machen soll. Dieser Wein soll nach etwa drey Wochen sich so verändern / daß man ihn vor abgefallen und verdorben halten solte: doch aber in kurtzer Zeit sich also wieder erholen / daß er nachmahlen viel starcker und herrlicher wie zu vor ist / wie Pomet c. l. vorgibt: Stärcket die Lebens-Geister und erfreuet das gantze Gemüth; doch sollen sich die Schwangere davor hüten / weilen er die Frucht abtreibet.

§. 7.
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Die Indianer sollen die frische Ananas auch in Stücken zerschneiden und einsaltzen / wodurch sie das jenige / was sonsten leicht zur Galle werden könte / zu corrigiren suchen / wie Hernande??? in obberührtem Ort zugleich berichtet. So hat man auch heut zu Tag in Paris und andern Orten diese Frucht mit Zucker eingemacht / welche also aus Indien kombt: Soll ein sehr herrlich Essen seyn / absonderlich wann es wohl condirt worden: stärcket den Magen / die Natur / und bringet Alten und betagten Personen die natürliche Wärme wieder / welchen auch der Wein von dieser Frucht nicht undienlich seyn mag.
|| [282]

Das II. Capitel
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Von dem CAFFE und dessen Yiszbrauch. Abbildung

§. I.
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DAs heutige Tages so gemeine Caffe oder COFFI ist nicht anders / als der Kern einiger kleiner Nüßlein / wie Lorbeern anzusehen / welcher / wie die Bohnen / auß zwey Theilen bestehet / so oben gewelbet und unten (wo sie gleichsam eine Furche haben) platt sind: Von couleur braun / eines mehlichten Geschmacks und wie verbrande Bohnen riechend: Werden auß Persten und Türckey über Massilien und andere Orthen in gantzen Ballen herauß gebracht.

§. 2.
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Diese Früchten kommen von einem frembden Baum / in der Grösse einer Linden / welcher immer grün ist und nachdem er auß geblühet hat / diese Nüßlein träget: Wird von dem Gelehrten Italianischen Grafen Luigi Ferdin. Marsigli in der so genandten Notitia di Constantinopoli Sopra la pianta del Caffe am schönsten beschrieben / in welchem Buch verschiedene Species abgemahlet werden / von welchen die vornembste allhier in der grossen Figur zu sehen ist. Weswegen diejenige gantz unrecht dran sind / welche meynen / es kämen diese Kerne von einem Krant her und seyen vor eine Art Bohnen zu halten; Welcher Irrthumb daher kommen mag / weilen die Araber diese Früchte Bun, Buna, Bon oder Ban geheissen / auch solche den Bohnen an der Figur und Geruch nicht ungleich kommen; wiewohlen der effect und ihre Würckung gantz anders sind.

§. 3.
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Die beste Caffe-Bohnen müssen grünlicht / frisch und von mittelmäsiger Grösse seyn / nicht schimlicht riechen / auch von den harten und hohlen Schalen / so zuweilen darunter kommen / wohl außerlesen und gesäubert seyn. Wer sie in gantzen Ballen kauffet / sehe zu / daß keine Ecke davon naß und feucht sey / wodurch diese Früchte sobalden anziehen und verderben können. Wer den Caffe germahlen und gebrandt kauffet / muß sich an gewissenhaffte Leute halten / dann man leicht betrogen werden kan / indem einige Bohnen oder Korn zu rösten wissen / daß es von dem Caffe nicht leicht zu unterscheiden ist.

§. 4.
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Den Gebrauch und Nutzen des Caffe hat Doct. Laurentius Strauss, mein Seel. Antecessor auff hiesiger Universität zu Giessen / in einer eigenen Disputation auß andern beschrieben / welche dessen Herr Schwieger-Vatter Seel. D. Joh. Daniel Horst nachmahlen des Schroederi Pharmacopoetae anhängen lassen / ist auch darauff in England von einem Anonymo unter dem Titul: The Manner of making of Coffée, Tea and Chocolate Englisch herauß gegeben worden: und zeiget obgemeldter Author, daß diese Frucht [283] vor undencklichen Jahren von den alten Araben / als Rhase, Avicenna und andern beschieben worden; gleichwie sie heutiges Tag noch bey denenselben und den Türcken in stetem Gebrauch ist / wie Olearius solches im V. Buch oder Persianischen Reise-Beschreibung pag. 399. weitläufftig beschrieben hat. Sie soll den Magen stärcken und dessen Däuung befördern / treibet den Urin und vertreibet den Schlaaff / indem sie alle schleimichte Theilger im Geblüth zertheilet / die Lebens-Geistern extriciren und beweget / wie es Willisius in Pharm. Rat. p. 202. außleger. Was aber Bontekoë, in seinem Kort Tractaat van de Kragten en’t gebruyk van de Coffi, vor Wesens davon mache / ist männiglichen bekandt. Indessen muß man der Sach nicht zuviel thun / weilen auß dem Mißbrauch leichtlich andere Kranckheiten entstehen können / wie Sim. Paulli in seinem Quadripartito Botan. und Commentariô de Usu & Abusu Herb. Thee weitläufftig erwiesen hat: wo merckwürdig ist / daß nicht allein Willisius c. l. einiges Abnehmen / Lähmigkeit und dergleichen darvon observiret habe / sondern es erzehlet auch obbelobter Olearius, daß ein Perser-König / nahmens Sulthan Mahmud Casuin durch dessen Mißbrauch seine Männliche Krafft verlohren und seiner Gemahlin dadurch Ursach zum Ehebruch gegeben habe / welche / als sie gesehen / daß man einen Hengst zu wallachen niedergeworffen / solle gesagt haben: daß wäre ohnnöthig / man solte dem Pferd nur das schändliche Cahvvae- Wasser zu trincken geben / so würde es dem König bald gleich werden; dahero ein Persianer auff seine Sprache gewisse Verse gemacht / welche folgendes außdeuten: Caffe du schwartzes Angesicht / Daß man dich doch mag leiden! Wo du hinkompst / muß man da nicht Die Lust und Beyschlaff meiden.

§. 5.
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Die Art und Manier den Caffe zu trincken ist bekandt. Nemblich die gantze Caffe-Bohnen werden in gewissen durchlöcherten Pfannen gebrennet und wann sie zu Pulver gestossen oder gemahlen sind / wirfft man etwas davon in siedend-hieß Wasser / giesset es in Thee-Köpger und nimbt es mit oder ohne Zucker. Warumb sie aber müssen gebrennet werden / leget der Seel. D. Hermanni in seinem Colleg. de Mat. Med. also auß / damit nemblich die öhlichten Theilen dadurch herauß gebracht und die schärffere theilger temperirt werden. Einige sollen die Caffe-Bohnen auch kochen und wie Erbsen essen / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 205. gedencket. Die Zucker-Becker machen jetziger Zeit auch einen braunen Confect darvon / den sie Caffee Zucker heissen: wird wie der Tragant-Zucker angemacht und auffgetrieben.

Das III. Capitel
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Von der CACAO und CHOCOLATEN. Abbildung
|| [284]

§. I.
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CACAO oder (wie es bey denen Americaner heisser) CACAVI ist der Kern einer frembden Frucht / von verschiedener Grösse / doch gemeiniglich so groß als eine Mandel / welcher er auch an der Form und eusserlichen Gestalt gantz gleich kommet / ausser daß die cacao etwas dicker und auffgeblasener / auch an der eusserlichen Farb etwas röthlicher ist: Hat einen öhlichten und etwas bitteren Geschmack / aber keinen Geruch / und wird auß West-Indien / absonderlich auß Neu-Spanien / herauß gebracht.

§. 2.
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Diese Frucht wächset auff einem Baum / welcher deßwegen ARBOR CACAVIFERA genennet / und von Hernandez Lib. 3. Cap. XLVI. Rerum Medicarum Nov. Hisp. pag. 79. am besten beschrieben wird / wo dessen vier unterschiedene Arthen zu sehen sind / welche auch Wormius in Mus. pag. 191. auß demselben beschrieben hat. Sie kommen an der Grösse und denen Blättern dem Citronen-Baum nicht viel ungleich und tragen eine Frucht wie Melonen / in welcher diejenige Kerne / so man Cacao nennet / wie in einem Granat-Apffel zusammen liegen / und sollen deren zuweilen über sechtzig in einer Frucht gefunden werden / wie Pomet in seiner Hist. Gener des Drogues pag. 206. berichter / welcher deren Figur nach des Herrn Tournefort Original communiciret / wie solche oben im Anfang dieses Capitels zu sehen ist. Weswegen dann der Seel. Herr Ettmüllerus (dafern es seine eigene Worte sind) hierinnen unrecht daran ist / wann er die Cacao vor die Cocos Nüsse gehalten / wie man in dessen Comment. Schroed. pag. 721. ersehen kan.

§. 3.
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Nach dem Unterscheid dieser vier Bäumen hat man auch vier Sorten von der Cacao selbsten / deren zwey die grosse und kleine CARAQUEN (weilen sie auß der Provintz Nicaraga kommen) genennet werden: Die dritte und vierdte aber die grosse und kleine Cacao von den Insuln heissen / weilen sie auß den Americanischen Insulen / absonderlich S. Domingo gebracht werden: unter welchen die allererste und so genandte dicke Caraques, absonderlich zum Chocolat, vor die Beste gehalten werden / wie obgemeldter Pomet solches am berührten Ort vor andern gemeldet hat. Man bringt sie auch zuweilen zu Kuchen gestossen / absonderlich die letzte / welchen aber nicht zu trauen ist.

§. 4.
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Es müssen aber die Cacao-Körner noch frisch / schwer und wichtig / auch wann es seyn kan / von den grösten Caraquen wann sie vor gut passiren sollen: Außwendig schwartzlich / inwendig dunckel-roth / wie gebrandte Mandeln anzusehen; wie dann Hernandez l. c. meldet / daß / weilen sie gar zu öhlicht seyen / vor dem Gebrauch in America geröstet würden. Es mag auch wohl seyn / daß sie also herausser kommen / wiewohlen solches vor gewiß nicht sagen kann. Sie müssen auch nicht wurmstichicht oder schimlicht seyn / sondern einen guten Geschmack haben und nicht zerbrochen / sondern noch gantz seyn.

§. 5.
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Ihren Nutzen und Gebrauch betreffend / so hat man vor diesem in America diesen bey den Wilden so genandten Cacavatl-Saamen an statt der Müntz gebraucht / gleich wie andere Orientalische Völcker Muscheln / Blätter und dergleichen an statt des Gelds außgeben. In der Artzney aber ist dieses das Haupt- und Grund-Stück des heut zu Tages so bekandten Chocolats oder Succolates, welches eine Composition auß diesen Körnern und andern Gewürtzen ist / wie bald hernach soll gesaget werden. An sich selbsten aber ist diese Frucht etwas kalter Natur / doch aber sehr nahrhafftig / wie die Mandeln / so gar / daß ein gewisser Engeländer / nahmens Stubbe in einem Tr. von der Chocolate ohngescheuet vorgibt / daß in einer Untz Cacao mehr Nahrungs-Safft stecke / als in einem gantzen ???. Ochsen-Fleisch; und ist merckwürdig / daß wann solche Frucht auß einer Retorte destilliret wird / ein phlegman davon übergehen soll / welches wie Fleisch-Suppen schmäcket: nachmahlen aber ein Oehl und ???. welche wie gebraten Fett riechen sollen / wie Ettmüllerus solches auß des Le Feure Chymie in seinem Comment. Schroed. p. 721. erinnert hat. Weswegen dann diese Frucht den Schwindsüchtigen sehr dienlich seyn soll / wann sie entweder allein / oder mit Türckischem Korn in Wasser gesotten getruncken wird / und komt also hierin mit unsern Pineln und Pimper-Nüssen überein. Die Americaner geben solchen gegen die Rothe-Ruhr / worzu sie auch das Gummi von dem Baum recommendiren / dessen Hernandez an obigem Ort gedacht hat. In dem Husten sollen sie sich damit räuchern. Das Oehl / so davon gepresset wird / dienet an statt des Schmincke.

§. 6.
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Weilen aber / wie obgemeldtet / die Cacao-Körner kalter Complexion sind / so haben die Americaner solche durch allerhand Gewürtz und Zucker zu corrigiren gesuchet / dahero das bekandte Compositum, welches sie Chocolatl, wir aber CHOCOLATAM oder auch Succolatam nennen / entsprungen. Diese CHOCOLATA nun ist einen Mass / aus Cacao, Zucker und verschiedenen Gewürtzen zubereitet / dessen Be [285] schreibung Anton. Colmen. de Ledesma, ein Spanischer Barbierer in einem kleinen Tractät- ???. Nucl. Cacao n. 100. Sacch. albiss. ???. Pip. de Tavasc. gr. XIV. Caryophyll. ???. Vanill. n. iij. Sem. anis. Ziij. Achiotl. q. s. M. Einige nehmen auch Maitz oder Türckisch Korn / Spanischen Pfeffer und eine Americanische Blume / welche die Spanier Flor de la Oreja, oder Florem Auriculae, das ist / Ohren-Blume nennen / weilen die Blätter wie Ohren anzusehen / welche Hernandez auch beschrieben hat / wie im folgendem Capitel soll gezeiget werden. Andere nehmen an statt der Cacao Mandeln / und weilen viele von den obigen ingredientien fast gar nicht zu haben sind / andere Gewürtze / und machen mit gutem Zucker eine dergleichen Mixtur, so der Chocolaten an der Gestalt und Kräfften gantz gleich kommet / wie Grevv in Mus. Soc. Reg. Angl. berichtet / dessen in Act. Erud. Lips. An. 82. Mens. Jan. pag. 1. gedacht wird: und hab ich in Holland einen Caffe-Wirth gekennet / welcher nichts dann dergleichen Chocolaten schenckete.

§. 7.
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Wann dann noch viel andere Beschreibungen des Chocolats gefunden werden / so kan man leichtlich dencken / daß man derer vielerley Arten finden werde. Die beste wurde vor diesem aus America und nachmahlen aus Spanien / entweder in Schachteln / wie das Quitten-Brod / oder in dicken Zapffen herausser gebracht / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 195. und Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 160. berichten; wie dann noch heut zu Tag die Chocolata bey den Materialisten in Schachteln / Taffeln und runden Küchlein zu finden ist. Nachdem man aber zu Paris / Londen / in Holland / ja in Teutschland dieselbige eben so gut (wann die Ingredientien nur recht und auffrichtig bey die Hand geschaffet worden) gemacht werden kan / so wird dieselbige nicht so häuffig mehr aus Indien und Spanien verschrieben / welcher Pomet die Parisische gar vorgezogen hat. Ja man hat bey uns in Europa noch Verbesserungs-Puncten darzugesetzet und die Ambrirte Chocolate erfunden / welche gemeiniglich in kleineren und runden Küchlein kommet und sehr annehmlich / doch auch die theureste ist.

§. 8.
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Gleich wie aber alle Composita gar schwer zu unterscheiden sind / also ist es auch gar mißlich von der Gütigkeit der Chocolaten zu judiciren / absonderlich wann man absolut determiniren solte / ob alle darzu gehörige Stücke darunlein von der Chocolaten also mitgetheilet hat: ???. Hundert Cacao-Kerne. anderthalb Pf. weissen Zucker. Tavascen-Pfeffer gr. 14. Näglein ein Loth. Banillen n. iij. Anis. 3. Quint. Orlean so viel genug zu färben M. ter seyen? so gar / daß auch der berümbte Bontekoe in seinem Tr. van de Kragten en’t Gebrjuyk van de Chocolate pag. 269. sich offentlich beklaget / daß er weder unter den Lebenden / noch unter den Scribenten jemand finden könne / der ihn entweder durch den Geruch / Geschmack oder andere Zeichen die rechte Chocolate von der falschen zu unterscheiden lernete. Dahero so vielerley judicia darvon lauffen / so viele Köpffe gefunden werden / indem diese die runde / jene die viereckende Täfflein vor die beste halten. Die Beste indessen muß nicht allzu süß seyn / nicht bitter / nicht zu sehr nach Pfeffer oder Näglein schmäcken / und muß auch einen angenehmen Geruch haben / hart und drucken seyn / und wann sie in Stücken gebrochen wird / müssen einige weissen Flecken und Striemen dadurch lauffen / das übrige aber von brauner Farb seyn.

§. 9.
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Die Kräfften und Gebrauch der Chocolaten sind von sehr vielen Authoren in eigenen Büchern beschrieben / welche Bravo in seinen Consultationibus C. XIV. erzehlet / unter welchen Francisc. Mariae Cardin. Brancatii in seiner Diatrib. de Usu Chocol. in Zweiffel und Disputat ziehet / ob man die Chocolate, wegen ihrer grossen Nahrungs-Krafft / auch auff die Fast-Täge trincken dörffe? wie davon im Journal des Scavans Ann. 66. Mens. Jan. 18. mit mehrerem zu lesen ist: bekombt sonsten dem schwachen und erkalteten Magen wohl / dienet denen Schwind- und Lungensüchtigen / wann das Fieber nicht so starck: ist auch gut zur Brust / zum schleimichten Husten: stärcket das Haupt / vertreibet den Schwindel: reitzet aber zugleich zum Beysehlaff; weßwegen auch die Confect. Pacif. de Succolatâ Inda Myns. darzu verschrieben wird: wie solche und noch viele andere Nutzen der Chocolaten von obbemeldtem Bontekoe weiter beschrieben und gerühmet werden; allwo auch die Art und Manier dieselben zu gebrauchen / beschrieben wird / welche darin bestehet / daß die Chocolate entweder in blossem und heissem Wasser mit einem zackichten Holtz zu einem Schaum geschlagen und also genutzet / oder auch mit Milch also zubereitet werde / in welche andere auch Eyer schlagen.
|| [286]

Das IV. Capitel
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Von den VAINILLEN und der FLORE AURICULAE. Abbildung

§. 1.
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SObald der CHOCOLAT in Europa kund worden ist / hat man auch Vanillen oder Banillen, wie sie einige nennen / als eines von dessen vornembsten Ingredientien bringen lassen / welche deswegen in Holland auch gemein und wohl zu bekommen sind. Diese Vainillen oder VAINIGLIAE nun bestehen in langen und gleichsam zusammen gepresten Hülssen oder Schoten / welche in der Länge sechs auch mehr Zoll / in der breite aber einen Zoll haben und gleichsam wie eine Messer-Scheid anzusehen sind: Außwendig schwartzbraun und gläntzend / inwendig von eben solcher Farb / voller kleiner Kernlein / wie die Feigen: eines etwas scharffen / fetten und aromatischen Geschmacks / und dem Biesem ähnlichen Geruchs: kommen von Gatimalo und S. Domingo aus West-Indien.

§. 2.
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Das Kraut / woran diese Früchte wachsen / heisset bey dem Hernandez (welcher es vor andern schön beschrieben) ARACUS AROMATICUS: ist eine Art von denen Winden und Convolvulis, und lauffet den Bäumen hinauff: hat breite Blätter / wie unser grosse Wegrich / aber länger und fetter: trägt schwartze Blümlein (von welchen es auch FLOS NIGER genennet wird / ) und nach diesen obbemeldte siliquas oder Hülssen / aus welchen / wann sie gar zu reiff sind und auffblatzen / ein schwartzer wohlriechender Balsam fliessen soll / welchen die Spanier vor sich behalten und nicht leicht herausser schicken.

§. 3.
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Sobald die Hülssen zeitig sind / werden sie von den Americaner abgethan / an einem End angebunden und damit sie dürr werden / an einen schattichten Ort auffgehencket. Wann sie dann soweit auffgedörret sind / das sie sich halten lassen / so streichen sie dieselbe eusserlich mit einem Oehl an / daß sie nicht gar zu starricht werden und zerbrechen / binden sie zu Paquetlein oder Bündlein von 50. biß 100. und mehr Stücken / und verschicken sie also in andere Länder: Und weilen der Biesem-Geruch leicht daran vergehen kan / so werden diese Früchte offt mit dünngeschlagenem Chinesischem Zinn / welches man Calin nennet / umbgeben / auch noch mit Indianischem Papier vergleistert / damit ja solcher gute Geruch möchte conserviret werden; wie mir ein solches Stück aus Holland überschicket worden / allwo man eines umb einen Holländischen Schilling kauffet.

§. 4.
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Die beste sind / welche aus grossen / vollkommenen / schweren und frischen Schoten bestehen / fein glatt und nicht runtzelicht / doch auch [287] nicht geschmieret / voll Marck und Kernlein und von gutem Geruch sind. Man muß auch Achtung geben / daß mitten in denen Bündlein keine kleine noch untaugliche unterschoben seyen; vielweniger können die Schoten passiren / woraus der obbesagte Balsam gelauffen und mit schmalen Höltzlein von denen Indianer außgefüllet seyn / welchen Betrug Pomet in seiner Histoire Gener. des Drogues p. 208. entdecket hat.

§. 5.
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Ihre Kräffte und Tugenden bestehen in einem flüchtigen Saltz und durchdringendem Oehl / welche beyde denselben eine sehr erwärmende und zertheilende / anbey aber auch stärckende Krafft mittheilen / wormit sie den Magen stärcken / die Winde zertheilen und dem Gehirn / der Mutter und anderen nervosen Gliedern sehr gut thun. Sie treiben den Harn / befördern die Monatliche Reinigung / natürliche Geburt und Schwierungen: Treiben auch die Nachgeburt und todte Kinder fort / und kommen also dem weiblichen Geschlecht in ihren meisten Kranckheiten wohl zu pas. Ingleichen werden sie gegen die erstarrend-machende gifftige Biß und andere dergleichen gifftige Sachen gebrauchet / wie solches alles obbelobter Hermandez in Descript. Rerum Med. Nov. Hispan. Lib. 2. Cap. XVI. pag. 38. beschrieben hat. Am meisten aber werden die Vanillen zu Verfertigung der Chocolaten gebrauchet / welche sie anmutiger und kräfftiger machen. Die Tabacks-Brüder brauchen sie auch den Taback wohlriechend zu machen.

§. 6.
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Benebenst diesen Vainillen thun die Americaner auch eine wohlriechende Blume unter ihren Chocolat, welche aus 6. Blättern / die inwendig purpur-farbicht / außwendig aber grün außsehen / und an der Figur / wie kleine Ohren scheinen / bestehet / weswegen sie insgemein FLOS AURICULAE, von den Spaniern Flor de la Oreja und von andern d’Oreje valla genennet wird; weswegen der Frantzöische Materialist Pomet gantz ungütlich mit seinem Lands-Mann / Mons. du Blegny, verfähret / wann er diesen in seiner Histoire des Drogues pag. 207. mit ziemlich spöttischen Worten durchhechelt / daß er in Beschreibung der Chocolaten dieser Blumen Meldung gethan / welche er nirgends erfragen können / ob er gleich allen möglichsten Fleiß daran gethan / und derowegen solche vor erdichtet halten will. Es macht ja gar keine Folgerung / daß wann ein oder der ander eine Sach nicht so gleich auffsuchen und überkommen kan / solche alsobalden vor fabulos und imaginaire zu halten sey / indem diese und dergleichen Specereyen nicht so gleich aus Indien herausser kommen sind. Gnug aber ist es / daß solche von glaubhafften und berümbten Scribenten abgemahlet und beschrieben worden; wie dann auch diese Blum von dem obbelobtem Hernandez in seinem angeführtem schönen und rarem Buch pag. 30. zur Genüge unter Augen geleget worden.

§. 7.
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Es wächset aber solche Blume auff einem besonderen Baum / welcher lange und schmale dunckel-grüne Blätter hat / und hänget die Blume an einem langen und gleichsam verwelckten Stengel herunter werts / welche von den Indianern in sehr grossem Werth gehalten und wegen des vortrefflichen Geruchs sehr hoch geschätzet wird; daher es auch kommen mag / daß solche in Europa gar rar oder niemahlen gesehen wird. Nach den Blumen kommen gewisse Hülssen oder siliquae hervor / welche 6. Zoll lang und 1. Zoll dick sind / in welchen ein blutrother Saame zu finden / welcher aus einiger Zusammendrückung etwas eckicht ist; wie solches alles obberührter Scribent im vierdten Capitel seines zweyten Buchs pag. 30. in der Figur zeiget.

§. 8.
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Sie hat gleichfals eine sehr erwärmende Krafft / zertheilet die Winde / wann man sie entweder allein oder in Wasser nimbt: Löset den zähen Schleim auff / so auff der Brust und im Magen sitzet / welchen sie auch stärcket und erwärmet. Ingleichen erfreuet sie das Hertz und Lebens-Geister. Absonderlich aber gibt sie der Chocolaten / wegen ihres vortrefflichen Geschmacks und sehr lieblichen Geruchs / eine grössere Anmuth; weßwegen auch die recht auffrichtige Americanische Chocolate, wie oben gemeldet / andern Compositionen nicht unbillich vorzuziehen ist. Könte man ihrer habhafft werden / so zweiffele nicht / daß man einen vortrefflichen Spiritum, Oehl und dergleichen davon machen könne; welches alles die Erfahrung nach und nach lehren wird.
|| [288]

Das V. Capitel Von den FABIS S. IGNATII.
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Abbildung

§. 1.
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VOr sehr wenigen Jahren hat man diese noch fast unbekandte Früchten oder Körner / so einer kleinen Mußcat-Nuß groß / doch selten rund / sondern vielmehr länglich / wie ein Hühner-Hertz / außwendig mit einen Silber-farben glatten Häutgen umbgeben / inwendig gelb braun und durchsichtig / wie ein Horn anzusehen sind / in Europam gebracht / welche von den Indianern Igasur und Mananavus, das ist Siegreich: Von den Spanier pepitas de Bysayas und Cathaloyan genennet werden. Warumb man sie aber Fabas S. Ignatii geheissen habe / ist noch nicht bekandt: ob sie vielleicht von denen Jesuiten / deren Stiffter S. Ignatius gewesen / erfunden oder zu uns überbracht worden? Dieses aber ist gewiß / daß es keine Bohnen oder Fabae sind / indem sie nicht auß 2. Theilen / wie die Bohnen bestehen / auch kein mehlichtes Wesen in sich haben / sondern hart / wie ein Horn sind / weswegen sie auch eher geraspelt / als gestossen werden können.

§. 2.
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Diese so genandte S. Ignatii-Bohnen findet man sonderlich in denen Philippinischen Insulen / worauß sie von denen Portugiesen in Europam gebracht worden: wachsen nicht auff beyden Seiten eines Stengels / wie der Pfeffer / als ich ehemahle von einem guten Freund berichtet worden / davon in meinen Polychr: Exot: Disp. I. Meldung gethan habe: Sondern man findet sie in einer gewissen Indianischen Frucht / welche etwas grösser als eine Melon ist / in deren Mitten / gleich wie in den Granat-Aepffeln / wohl 20. biß 24. dieser Körner anzutreffen und durch ein weiches und gelbes Fleisch unterschieden sind. Die Frucht selbsten hat cuserliche ein sehr glattes / gläntzendes und gelbgrünichts Häutgen / unter welchem ein Steinharte Schale verborgen / welche als eine Cocos-Nuß die Körner in sich hat. Diese Frucht wächset auff einem Kraut / von den Indianern Catalougay und Cantara genandt / welches sich umb die höchste Bäume windet und in die Höhe steiget / dessen Blätter / Blüthe / benebenst der Frucht und einigen Fabis selbsten P. Camelli in einem Sendbrieff an den berümbten Englischen Botanicum, Joh. Rajum entworffen hat / worauß sie erstlich die Königliche Societät zu Lon [289] den in Actis Angl. Anno 1669. pag. 87. und nachmahlen auß diesen die Gelehrte zu Leiptzig in ihren Actis A. 1700. Mens. Decembr. pag. 552. uns mitgetheilet haben.

§. 3.
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Ob nun gleich diese Fabae S. Ignatii, wann sie auffgetrucknet und dürr gemacht sind / sehr hart und gleichsam wie ein Huff oder Horn anzusehen sind / auch eine ziemliche Bitterkeit / welche dem Tausend-Gülden-Kraut nahe kombt und die Citronen-Körner darin übertrifft / in sich hat / so kan doch beydes nicht verhindern / daß sie nicht wurmstichicht und löchericht werden / wiewohlen solches ihnen nicht sobalden / als andern Saamen / Schaden zufüget / indem auch die wurmstichichte num. 2. (weilenim Anfang keine andere überkahmen) noch kräfftig gnug befunden; indessen wo die Wahl zu haben / muß man doch diejenige erkiesen / so noch gantz und nicht löchericht sind / obschon sie noch so theuer zu zahlen wären / als die Wurmstichichte / von welchen letzteren die Droguisten in Holland das Stück vor ein paar Schilling geben / da von den gantzen und unverletzten das Stück wohl 4. biß 5. Schilling gelten muß / wie mich Herr Doct. Spener, jetzo vornehmer Königl. Medicus in Berlin / auß Ambsterdam berichtet hat.

§. 4.
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Ihre Krasst und Tugend anbelangend / so haben sie eine erwärmende / Gifft- und Windtreibende / und zugleich etwas anhaltende oder zusammenziehende Gewalt / wormit sie den Magen / das Gedärm und Nerven stärcken. Daß sie aber von oben und unten purgiren / wie in obgedachtem Sendbrieff gedacht wird / habe ich noch nie gesehen / wiewohlen sie auch Säugenden Kindern eingegeben habe. So viel ist mir bewust / daß sobalden sie eingenommen werden / ein Rumpeln im Leib erwecket werde / sogardaß einsmahls ein Knäbgen nach Gebrauch einiger Gran davon in diese Wortherauß brache: Hört doch / wie die Würme im Leib thun: und vielleicht purgiren sie / wann man die dosin etwas zu starck nimbt / da sie an den Spaniern gar den Krampff und Gichter erregen sollen / welches bey den Indianern doch nicht zubeförchten ist. Wie es einem / so genandten Domine in Holland / so die Essentz davon an statt Brandenweins genommen / ergangen sey / findet sich in meinen Polychrestis Exot. Disp. 1. pag. 9. wo zum erstenmahl von diesen Körnern gehandelt habe. Es bleibt einmahl hierbey: Zuviel verderbt alles Spiel.

§. 5.
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Sonsten ist gewiß / daß wann diese Fabae S. Ignatii recht gebrauchet werden / sie eine vortreffliche Artzney gegen viele und sonsten hartnäckichte Kranckheiten abgeben und kan ich bezeugen / daß damit die kalte Fieber / besonders in kleinen Kindern perfect gehoben worden seyen. So bezeuget auch der berümbte Med. und Professor zu Jena / Herr D. Wedel in einem Brieff / daß er solche auch in hitzigen Fiebern gut befunden habe. Die Indianer selbsten brauchen sie gegen alle gifftige Seuchen / Pest / zauberische Vergifftungen / Liebes-Tränck und dergleichen und halten die heutige Gelehrten davor / daß diese Fabae S. Ignatii die rechte Krähen-Augen oder Nuces Vomicae seyen / welche Serapio beschreibet und mit in den Theriac genommen werden sollen / da dißdaher in deren Ermangelung die gemeine und gifftige Krähen-Augen / nicht ohne sonderliche Gefahr / darzu gebrauchet worden. Ob sie aber auch eusserlich als ein Amulet angehenckt / oder auff gifftige Biß und Wunden gehalten das Gifft an sich ziehen können / wie gesagt wird / stelle zu weiterer Erfahrung auß. Was sie ferner in den Gichtern vor eine treffliche Würckung thun / habe neulich an einem kleinen Kind / so die Schwere-Noth des Tages wohl sieben mahl gehabt / gesehen / welche mit ein paar Gran von diesen Fabis gestillet habe. So hab sie ingleichen in dem Gicht-Flug der Kinder / wie auch dem gemeinen Flug oder Maculis Volaticis sehr gut befunden. Weswegen sie auch in den innerlichen krampffmäsigen Bewegungen und Schmertzen des Magens und der Gedärme / nemlich in dem Hertz-Gespann / Hertzens-Angst / Colic, Darm-Gicht / Rothen-Ruhr / Darm-Zwang / Mutter-Schmertzen und dergleichen guten effect thun / indem sie zugleich den Magen stärcken / appetit erwecken / und alle böse cruditäten darin verzehren. Insonderheit kommen sie auch dem Haupt zu gut / wann wegen eines blöden Magens dasselbe Noth leidet / in allerhand Schlag- und andern Flüssen / Lähmungen / Zaln-Schmertzen und dergleichen / wann sie entweder eingegeben / oder nur unter der Zung gehalten werden / da sie den Speichel treiben und die schon mit dem Todt ringende ermundern sollen. Sie dienen auch in den Brust-Kranckheiten / Keichen / Gicht-Husten und Erstickungen / besonders wann sie von spasmodischer Zusammenziehung der Lungen herrühren. Sie treiben den Urin / die Monathen und Nachgeburt der Gebährenden: tödten die Spul-Würmer / und stillen auch eusserlich die Blut-Stürtzungen.

§. 6.
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Man gibt sie zu Pulver gestossen in geringer dosi, 2. 3. biß 6. Gran / dann ein halber Scrupel oder zehen Gersten-Körner schwer schon purgiren sollen. Man legt sie auch ein oder zwey Stund in ein destillirtes Wasser / biß es bitter werde / gleichwie man sonsten mit dem Pedra Porco verfähret / welchem diese Bohnen einen grossen Stoß geben dörfften / wie Doct. Goris in seiner Medicinâ Contempta pag. 185. propheceyet / zumahlen sie in einem Jahr an dem Preyß die [290] Helfft abgenommen und da man solche im Anfang des 1699. Jahrs das Stück mit 5. Gulden oder einem Ducaten in Holland zahlen müssen / nunmehr solches vor 50. Stüber oder 1. Rthlr. habe̅ kan. Unter solcher Einweichung löset sich das außwendige Häutgen / gleich dem Indianischen Seiden-Papier anzusehen / ab und sihet der Kern alsdann braun-streifficht auß. Man machet auch eine Essentz davon mit dem Spiritu Vini oder sonsten einem appropriaten Spiritu, davon man einen Scrupel, oder auch ein halb biß ein gantzes Quintlein auff einmahl geben kan. So machen auch etliche ein Oehl darauß / wann man diese Körner in Baum-Oehl kochet / oder auch mit Nuß-Oehl und andern vermischet / welches beyde zur Krätze und Glieder-Schmertzen dienlich ist; besihe darvon weiter unsere oben angeführte Polychresta Exotica.

Das VI. Capitel
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Von den Muscaten-nüssen und Muscaten-Blumen. Abbildung

§. 1.
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DIe Muscaten–Nüsse / Nuces Myristicae oder NUCES MOSCHATAE sind runde / harte und dicke Kerne einer frembden Nuß / eusserlich graulicht und voller Runtzeln / inwendig aber röthlich mit vielen Adern: Haben einen etwas bitteren / anhaltenden und aromatischen Geschmack und guten Geruch. Sie werden auß Ost-Indien von der Compagnie nach Ambsterdam gebracht und in andere Länder verhandelt / wie Christoph. Frick in der Ost-Indianischen Keyse pag. 138. Linschottanus, Mercklein, Mandelslo in ihren Itinerariis und Hülsius in Navig. in Ind. Or. p. 2. 6. 19. schreiben.

§. 2.
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Diese Muscaten-Nüsse wachsen häuffig in der Insul Bandam und denen darumb liegenden Orten / an einem Baum / welcher nach Joh. Nieuhofs Beschreibung / in 15. Cap. seiner Chinesischen Keiß / so groß als ein Birn-Baum ist und grünet / eine Asch-fahle Rinde / löcherichtes Holtz und Purpur-farbichten Kern hat: Seine Blätter sollen gantz wohlriechend seyn / deren Gestalt von Plukenetio in obiger Figur abgemahlet ist: Blühet wie die Kirschen und trägt darnach so viele Früchte / daß sich die Bäume davon biegen sollen. Solche Früchte als sie zeitig und reiff sind / gleichen den Pfirschen und haben 3. Schalen / ehe man zum Kern kommet / als 1. eine weiche und säfftige / wie die grüne Welsche–Nuß–Läuffe / welche zur Zeit der Zeitigung von sich selbsten auffspringet / daß man alsdann 2. die Rothe (welche doch nicht gantz und gleichsam zerschnitten ist / ) sehen kan / so insgemein Foli oder Muscaten-Blumen geheissen wird und an dem Baum Blut-roth außsihet / wie auß der rechten Beschreibung im Anhang dieses Tractats nach den Ost-Indischen Send- [291] Schreiben weitläufftig zu sehen ist: Unter welchen 3. noch ein dünne / aber harte und holtzichte Schale lieget / woriunen der Kern oder die Muscat-Nuß selbsteu stecket. Dieser Frucht sollen gewisse Vögel / welche etwas grösser als ein Papagey sind / sehr gefährlich seyn / und sobald die eusserste Schale von einander geborsten / die Muscat–Nuß / samt den Blumen / fressen / weswegen die Holländer solche Nuß Esser nennen / welche die Einwohner wegen ihres sehr angenehmen und durchauß aromatischen Geschmacks mit dem Eingeweid essen sollen. Wann sie aber solche mit den excrementis wider von sich geben / sollen hernach die Muscaten-Bäume wild davon auffwachsen / wie H. I. Saar in dem Ost-Indianischen Kriegs-Dienst c. 3. Neuhof l. c. und andere melden; wiewohlen die Bäume / so davon kommen / nicht dauerhafftig sind / auch schlechtere Früchten / denn andere tragen sollen / welche wenig geachtet und nur umb der Foli oder Blumen willen / womit man die beste Blumen vermischet / eingesamlet werden. Die beste Bäume aber werden auß den Nüssen gezeuget / welche leicht Wurtzel gewinnnen und außschlagen sollen / absonderlich wann sie mit der gantzen und halb-reiffen Frucht gesetzet werden / worvon obbelobte Beschreibung mit mehrerem handelt.

§. 3.
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Die reiffe Nüsse werden von den Bandaner im April / May und August-Monath gesamlet / weilen der Baum des Jahrs dreymal Früchte bringet. Es pflegen die Weiber die Nüsse auß den Schalen zu machen / die Blumen herab zu lösen / und / wann die Nüsse zuvor an der Sonnen etwas gedörret / werden solche in Kalck–Wasser / (so von Muscheln und Corallen-Steinen gebrandt ist) gewaschen / damit sie vor aller Fäulung bewahret und über Wasser geführet werden können; wiewohlen Marxius in seiner Material–Kammer pag. 38. nicht ohne Ursach förchtet / daß sie ein schwerer Gewicht davon bekommen / auch solches darauff angesehen seyn möchte. Von solchen Muscaten nun sollen die Indianer denen Holländern das Catien oder ??? 5. Stüber / thut ohngefehr das ???. einen Meißnischen Groschen: die Blumen aber das Catien 9. Stüber / oder 3???. Groschen das ???. geben / jedoch / nachdem die Jahre sind I. ß. mehr oder weniger / wie Schurtzius in seiner neuen Material–Kammer pag. 62. berichtet.

§. 4.
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Wann sie nachgehends in Holland überbracht worden / so werden sie zu Ambsterdam im Ost-Indischen Hauß außgelesen und sortiret / davon die schönste und erlesene die Feine: Wie sie unter einander kommen / Mittel oder in sortis und die schlechteste Rumpi oder Rümpff genennet werden; obwohlen die Materialisten von diesen Rümpffen verschiedent Meynungen führen / indem einige / als Schurzius c. l. vermeinen / solche kämen von den wilden oder auch unzeitigen Muscaten her / welche / wie obgedacht / von den Nuß-Essern gepflantzet werden: Marxius hergegen solches vor nichtig erachtet / weilen die Rümpffe vielmehr vor unzettige Außwürffling und verlegene oder wurmstichichte Nüsse zu halte̅ sind / wormit sich dennoch einige Apothecker einen grossen Vortheil zu machen wissen / welche sie in grosser Quantität wohlfeil einkauffen und das Oleum Nucistae daraus pressen oder destilliren / wie mir ohnlängst einer auß Franckfurt bekennet hat.

§. 5.
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Sonsten pflegen nicht allein die Gelehrten / sondern auch einige Materialiste̅ die Muscaten Nüsse in zweyerley Geschlecht / als die Männliche und Weibliche zu unterscheiden / worvon jene / als Nux Moschata Mas länglicht und den Männer gut: Diese Nux Moschata Foemina rund und den Weibern dienlich seyn soll; wiewohlen andere es umkehren und die lange Mutter-Muscaten zu nennen pflegen / welches Ettmüllerus in Comment. Schroed pag. 609. vor einen Irrthumb erkennen will / indem die Runde vielmehr so zu heissen seyen / welches auch Georg Meister im Ost–Indischen Lust-Garten pag. 74. bestättiget. Weilen aber eben gemeldter Auhor gestehet / daß die Indianische Scribenten / als Nieuhofius und andere diesen Unterscheid wenig achten / auch Herr Licent. Dietz Seel. in seiner Gradual Disputation, welche er Anno 1680. allhier in Giessen de Nuce Moschata gehalten und nachgehends vermehret herauß gegeben / pag. 16. referiret / daß / als er zu Roterdam gewesen / ein Schiffer / welcher eben auß Ost-Indien gekommen / vor gewiß ver sichert / daß man in Indien nicht mehr als eine Art / nemlich die gemeine Runde / hätte: Und dann gewiß ist / daß man von denen Langen langsam eine zusehen bekommen könne; als wollen einige behaupten / daß solche keine eigene Art / so auff besonderen und unterschiedenen Bäumen wachse / außmache / sondern etwa zuweilen / wie an andern Früchten auch geschiehet / unter den gemeinen ohngefehr per lusum Naturae wachse; allein diese Meynung ist gantz falsch / indem mich noch kürtzlich ein Materialist / so lang in Ost-Indien gewesen / nahmens Herr Joh. Gottfried Vitus, jetzo in Wormbs gesessen / versichert / daß es in der Warheit ein besondere Art seye und wären 2. Bäume darvon zu Batavia Nova im Garten bey dem Wirths Hauß vor the Nieue Port zu sehen: von welchem er auch die von den lebendigen Blättern / [292] Blüt und Früchten genommene Abriß mit lebendigen Farben bekommen hat / welche letztere nebst den gemeinen von Herrn Basilio–Beslero in Continuat. rariorum aeri incisorum unter Augen geleget worden sind. Ja es finden sich noch andere Malabarische Mußcaten / so gar keinen Geschmack und Geruch haben sollen / welche deswegen nichts geachtet und bey uns langsam oder gar nicht zu sehen sind / deren Abbildung und Beschreibung in dem Hortô Malabaricô zu finden ist.

§. 6.
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Noch rarer sind die so genandte Königs–Nüsse oder NUCES MOSCHATAE REGIAE, deren fast niemand / als Wormius in Mus. pag. 210. gedacht / welche an der Figur den andern zwar gleich kommen / aber nicht grösser / als eine dicke Erbs seyn sollen; dahero wohlgemeldter Wormius anfänglich vermeinet / es wäre diejenige / so ihm von einer jungen Person / so eben aus Ost-Indien gekommen / gebracht und verehret worden / etwa ein unreiffes und verdorbenes Stücke. Nachdem aber diese Person hergegen solche mitten von einander geschnitten und gezeiget / daß sie eben die gewöhnliche Farbe / Geschmack und Geruch habe / so scheinet er solcher Relation fast Glauben bey zu messen / obwohlen biß daher niemand der gleichen Meldung gethan hat. Weßwegen andere meinen / daß sie zuweilen auch unter den rechten also wächsen / indem es geschiehet / daß ausser dem gemeinen Lauff der Natur an der Grösse eine die andere übertrifft / wie Schurtzius raisoniret. Allein auch dieses Stück kan leicht aus obangezogener Beschreibung der Mußcaten-Nüssen gehoben werden / wo eine dergleichen Art erzehlet wird. Besiehe den Anhang dieses Buchs.

§. 7.
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Die besie Nüsse sind Aschen-farbig und gleichsam marbrirt / inwendig röthlicht / schwer / dicht und öhlicht / auch wann sie geraspelt werden / lieblich von Geruch / müssen auch im Mund einen scharffen aromatischen Geschmack hinterlassen. Die in Sorten müssen geklaubet werden / und muß man zusehen daß nicht viele Rümpff und Wurmstichichte darunter seyen. Doch muß man sich das kleine Loch / so an allen Mußcaten zu finden / nicht irren lassen / indem selbiges kein Wurmstich / wie einige meinen / sondern von dem kleinen Häutgen / so mit der Schale hinweg gezogen wird / entstehet / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues p. 203. erinnert.

§. 8.
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Den Kräfften und Qualitäten nach sind die Mußcaten-Nüsse warmer / außtrucknender / auch etwas zusammenziehender Natur; weswegen sie nicht allein die Nerven und das Gehirn / sondern auch absonderlich die Gebähr–Mutter / Eingeweid und den Magen stärcken; weilen sie aber mit ihrem Oehl den Magen-Safft gar zu sehr versüsen und mildern / so sollen deßwegen die Indianer die frische Mußcat–Nüß / wann sie recht zeitig sind / in Saltz und Essig einbeitzen und also vor der Mahlzeit damit den Appetit schärffen / wodurch ihr überflüssiges Oehl etwas bezähmet wird. Zum öfftern aber werden die Mußcaten entweder auff geröstet Brod gerieben oder zu Pulver gestossen und gegen alle Durchbrüche / rothe Ruhr und dergleichen bey Jungen und Alten gebrauchet: wo einige auch eine gantze Mußcat-Nuß am Licht anstecken und verbrennen lassen / nachmahlen aber eingeben / welches andere vor ein bewehrte Fieber-Artzney halten. So ist diese Nuß auch den Schwangern Weibern / die Frucht zu stärcken und zu erhalten / sehr dienlich: zertheilet die Winde in der Colick und wird auch sonsten in vielerley Gebrechen des gantzen Leibs / auff vielerley Art und Weiß gebrauchet / wie solches durch die meiste Kranckheiten und anderer Medicorum Recepten von obbemeldtem Herrn Diezen in allegir tem Tractätlein de Nuce Moschatâ weitläufftig gezeiget worden. D. Hoffmann mercket aus Jac. Bontio an / daß die Mußcaten auch eine Schlaaff-bringende Krafft haben / und deswegen nicht zu mißbrauchen seyen / vid. Clav. Ejus pag. 507. Eusserlich kan man sie den Schwangern auff den Nabel mit andern Sachen binden und die Frucht stärcken / auch wann die eussere Lufft in die Mutter gedrungen und solche auffbläset dieselbige darmit räuchern / wie Ettmüllerus c. l. solches aus andern Practicis gezeiget hat. Einige machen aus den gestossenen Mußcaten und Alaun mit Honig ein vortreffliche Zahn-Lattwerg / gegen das Bluten der Zähne / welche es auch befestiget.

§. 9.
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Obgemeldte Würckungen verrichten auch die eingemachte Mußcaten-Nüsse / welche gleich frisch und unzeitig in Banda̅ mit den Schelffen / wie bey uns umb Johanni die Welschen Nüsse / in Honig oder Zucker eingemachet und nachmahlen von den Indianern nach dem 1000. verkaufft werden; unter welchen die gröste und in Zucker eingemachte vor die besten gehalten werden / absonderlich wann sie noch frisch / nicht sauer oder schimlicht schmäcken / wie Marxius loc. cit. lehret. Und dieses sind die in unsern Apothecken so genandte NUCES INDICAE CONDITAE oder eingemachte Indianische Nüß; wordurch nicht etwa die Cocus-Nüsse zu verstehen sind / welche sonsten eigentlich Nuces Indicae heissen: [293] kommen aus Holland / bißweilen mit dem Syrop oder Brodio, bißweilen trucken und sind dem Magen vortrefflich gut / werden auch deswegen von denen Septentrionalibus oder Mitternächtigen Völckern gegen den Scharbock sehr aestimiret.

§. 10.
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In Franckreich hat man an deren statt ein trucken Pulver von Mußcaten / welehes sie POUDRE DUC oder Hertzogen-Pulver nennen: bestehet aus einem Pfund Zucker und zwey Untzen Mußcaten / worzu einige etwas Zimmet thun: wird in warmen Wein gegen die Heisserkeit und Flüsse / so von Erkältung herrühren / gebrauchet / wie der Frantzöische Materialist Pomet l. c. davon zu sehen ist.

§. 11.
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Ferner hat man auch zweyerley Oehl / so von den Mußcaten herrühret / nemblich das außgepreste und dann das destillirte Oehl. Jenes wird insgemein OLEUM NUCISTAE EXPRESSUM von denen Apotheckern geheissen / welches theils aus Ost-Indien in Porcellinen Töpffen gebracht wird / und dick / fett / an der Farb wie die Mußcaten-Blumen / und von sehr gutem Geruch ist: Theils von denen Holländern gemacht und in viereckichten Kuchen heraus geschicket wird / welches härter als das erste / bleicher / auch nicht so wohlriechend / wie das vorige / und deswegen auch viel schlechter ist. Weilen aber das recht Indianische bey uns sehr rar ist / wie Dale in Pharmacol. pag. 395. meldet: das Holländische hergegen sehr verfälschet wird / und wie Pomet vorgibt / fast mehrentheils aus frischer Butter bestehet und deswegen von demselbigen verworffen wird; so thun die Apothecker nicht besser / als daß sie es selbsten zubereiten / welches sehr leicht zugehet / wann man die gröblich zerstossene Mußcaten auff einem hätinnen Tuch über sidend Wasser hält / nachmahlen zwischen einem doppelten Haar–Tuch und einer Platt (welche auch über dem Dampff des heissen Wassers zu erwärmen) so geschwind als es seyn kan / außpresset: muß schön Gold-gelb und von gutem Geschmack / auch Geruch seyn. Das andere wird destillirt und gibt ein Pfund Nüß zwey Loth destillirtes Oehl / wie Vielheuer pag. 130. in acht genommen hat. Doct. Hermanni hat aus dieser letzten Cap. Mort. noch ein ??? erzwungen / welches / wie das opium, einschläffern können. Vid. ejus Msc.

§. 12.
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Diese beyde Oehl haben treffliche Tugenden den Magen und andere Viscera zu stärcken und zu erwärmen. Am meisten aber wird das außgepreste Oehl inn- und eusserlich / absonderlich bey den kleinen Kindern / wann sie den Magen verdorben und einen Durch-Lauff haben / gebrauchet. So dienet es auch an statt des Fundaments oder Corporis pro balsamis, alle eusserliche wohlriechende Balsam daraus zu machen; wie dann auch der in Sachsen so berümbte Scherzers-Balsam daraus meistens bestehet.

§. 13.
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Eben diejenige Nutzen schöpffet man auch von der so genandten Mußcaten–Blüt / welche sonsten auch von den Kauffleuten Foli und MACIS von den Gelehrten genennet wird: Ist eigentlich keine Blüt oder Blume / sondern die mittlere Schale / welche die Mußcaten wie ein Netze umbgiebet: soll anfangs gantz roth / nachmahlen aber Gold-gelbe werden und ist am Geschmack viel schärffer und aromatischer / als die Nüsse; weswegen auch die Indianer diese Blüt zur Artzney / und die Nüsse in der Speisse geniesen sollen.

§. 14.
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Die beste oder feine Macis muß schön hoch an der Farbe seyn und aus grossen Blumen oder Stücker bestehen. Die kleinen sind Messana, wie Schurtzius pag. 62. redet / welche zu meyden / absonderlich / wann sie zugleich bleich sind / welches ein Zeichen / daß sie schon alt und ohne Kräfften sind. Und weilen sie von einem Feuerspeyenden Berg schon in Indien verdorben werden / so steiget offt deren Preyß wieder Vermuthen / wie mir ein Ost–Indien–Fahrer referiret hat.

§. 15.
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Hiervon kan man auch ein Oehl pressen und destilliren; weilen sie aber nicht so öhlicht / wie die Nüß selbsten sind und also wenig geben / trägt es die Mühe und Unkosten nicht aus. Wann man aber das schöne / flüssige / rothe und wohlriechende OLEUM MACIS EXPRESSUM, welches aus Indien in glässernen Flaschen zuweilen (wie Samuel. Dale l. c. berichtet) kommen soll / haben könte / möchte man es freylich nützlich gebrauchen. Weilen aber solches rar / hergegen das gemeine / welches einige UNGUENTUM MACIS nennen / mehr aus Unschlitt und Mußcaten-Oehl bestehet und dem vorigen nicht beykommet / kan man sich mit dem guten Mußcaten-Oehl vergnügen lassen.
|| [294]

Das VII. Capitel
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Von den Bemeinen–Nutter- und Königs-Näglem. Abbildung

§. 1.
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DIe gemeine Würtz-Nägelein oder CARYOPHYLLI AROMATICI sind nichts anders / als ein länglichter Anfang oder Satz der Frucht eines Baums / wie ein Nagel formiret / welcher oben vier Spitzlein / und in deren Mitte einen runden Knopff oder zugeschlossene Blüte hat / unten auß aber zu gespitzet / zusammen gedrucket und etwas runtzelicht ist: Von couleur dunckel–braun / eines scharffen aromatischen Geschmacks und sehr annehmlichen Geruchs. Sie werden von der Ost-Indischen Compagnie auß Ost–Indien nach Ambsterdam in das Ost-Indische Kauff-Hauß gebracht / allda / nebst den andern Gewürtzen außgelesen und ins gantze Reich und andere Länder verschicket / wie Max. Transsylvanus in Epist. de Moluctis Insulis und Schicsai im Persianischen Kosenthal pag. 117. bezeugen.

§. 2.
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Der Nägel-Baum wächset heut zu Tag meistens auff Amboina in Ost–Indien / (indem die Malabarische gantz anderst wachsen / auch keinen Geruch haben / wie Commelinus in Not. ad Hort. Mal. l. 2. pag. 96. zeuget) ist wie ein Lorbeer–Baum / doch grösser / dessen Holtz sich mit dem Buchs-Baum / die Blätter aber mit den Lorbeer-Blättern vergleichen: blühet erstlich weiß / darnach grün und zuletzt roth; und obgleich die Blüth von dem Regen offt verdorben wird / so erhohlet sich doch der Baum auff folgenden Sonnen-Schein und bekombt andere Blüth / dadurch er seine Früchte erlanget / deren in den Spitzen zu 10. und 20. bey einander sitzen und so dick stehen / daß wann das Jahr gut (weiches fast alle 3. Jahr geschiehet) mancher Baum 2. Baren, deren jede 625. ???. hält tragen kan. Vid. Fig. anea. Und weilen die Holländer mit diesem Handel ein grosses gewinnen / so lassen sie keine andere Nation darzu; weßwegen sie alle Bäume auff den Moluccischen Insuln / absonderlich Ternaten (wo sonsten die Näglein häuffig und allein von sich selbsten gewachsen) außgerottet und in die Insul Amboina gepflantzet haben / weilen sie die andere Nationes hier besser zwingen können.

§. 3.
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Die Näglein selbsten sind erstlich weißlichtgrün / nachmahlen röthlicht / welche also / ehe sie reiff und braun werden / von den Insulairen mit Röhren abgeschmissen und in der Sonnen gedörret werden / weilen in Ansehung ihres flüchtigen Saltzes die Kräfften an den Zeitigen vergehen und diese bey weitem nicht so scharff und kräfftig sind / wie die gemeine Würtz-Näglein: werden vom Anfang oder Mittel des Septembr. biß auff den Februar. gesamlet. Wann sie ihnen die schwartze couleur geben / sollen sie geräuchert werden / wie Rumphius in seinem [295] Brieff an Doct. Menzeln (so in Miscel. A. N. C. Dec. 2. Anno 1. befindlich ist) und Georg Meister im Ost-Indischen Lust-Gärtner pag. 75. schreiben

§. 4.
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Die besie sollen schön schwartz und nicht roth oder taub / ohne ???. seyn / welche letztere diejenige sind / welche noch nicht zu ihrem vollkommenen Wachsthumb kommen und mit denen übrigen abgeschlagen worden sind / wie Georg Nic. Schurtzius in seiner Material-Kammer pag. 36. berichtet. Anbey müssen sie recht trucken / leicht zu zerbrechen / und mit ihrem öbersten Knöpfflein noch versehen seyn / auch wann man sie mit den Nägeln zwicket oder eine warme Nadel hinein stecket / etwas Oehl geben. Es ist auch wohl acht zu haben / daß sie nicht feucht seyen / dann man sie mit Limonien-Lack Meer- und anderm Wasser feucht machen kan; wodurch sie an den Kräfften grossen Schaden leiden / wie Ettmüller in Comm. Schroed. Pag. 536. zeiget: Welches aber bald zu mercken / wann man sie zwischen den Nägel zerdruckt und zusiehet / ob Oehl oder Wasser herauß gehe. Noch mehr aber hat man sich vor denen zu hüten / von welchen das Oehl schon außgezogen / dergleichen offt unter die übrige gemischet werden / wie Pomet in seiner Hist. des Drog. p 199. berichtet. Letzlich müssen sie auch nicht mit Staub verunreiniget oder mit Capletten vermischet seyn / wie Marxius in der Teutschen Material. Kammer pag. 68. erinnert. Durch die Capletten (welche sonsten FUSTI und Capeletti heissen) werden die Festucae oder Stiehl von den Näglein verstanden / welche auß dem feinen Gut müssen außgelesen seyn. Wer die gestossene Näglein kaufft / habe acht / daß sie nicht mit der Cassia Caryoph. oder den Fusti (welche die Materialisten à part und sehr wohlfeil verkauffen) verfälschet seyen.

§. 5.
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Diese Näglein nun haben eine sehr erwärmende / durchdringende und zertheilende Krafft / stärcken das Haupt / Hertz / Magen und Sennen / und werden deßwegen in Ohnmachten des Hertzens / kaltem Magen / Schwindel des Haupts und absonderlich gegen das Zahn-Weh von kalten Flüssen gebrauchet / worzu auch das destillirte Oehl oder OLEUM CARYOPHYLLORUM in grossem Gebrauch ist / welches die Holländer in der Menge darauß destilliren und herausser bringen: muß sehr scharff und nach den Näglein schmäcken / auch auff dem Wasser schwimmen. Wann man sorget / daß es mit dem ???. Cass. Caryoph. verfälschet sey / giesse man es auff Wasser / da es schwimmet / das ???. Cassiae aber zu Boden gehet. Wann es frisch / muß es Gold-gelbicht seyn / dann / wann es alt wird / roth außsihet. Will man es selbsten destilliren / kan man auß einem ???. Nelcken anderthalb / biß dritthalb / Untzen ???. haben / wie es der Apothecker Vielheur in Beschreibung frembder Materialien pag. 87. außgerechnet hat. Man kan es auch auß dem Holtz des Baums destilliren / welcher überall aromatisch ist / wie Doct. Hermanni Msc. berichtet. M. Lemery ein Frantzos / lehret ein weisses Oehl auß den Näglein durch einen besonderen Handgrieff machen / ist aber der Mühe nicht werth. Die Parfumirer brauchen solches in grosser Menge / nnd in der Artzney dienet es gegen den Frost in dem Fieber auff die Hertz-Grube gerieben. Bey Dispensation des Theriacs wird es dem Opobalsamo substituiret. Mehrere Praeparata davon findet man in Doct. Friedels Disp. Inaug. de Caryophyllis Aromaticis.

§. 6.
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Eben die vorgemeldte Nelcken / wann sie so lang an dem Baum gelassen werden / daß sie zu ihrer rechten Zeitigung gelangen und recht vollkommen werden können / heissen nachgehends ANTHOPHYLLI oder dicke Mutter-Näglein / welche den andern zwar gleich / aber viel dicker / vollkommener und etwas schwartzer sind / auch unter einer hartichten Schale einen länglichten braunen Kern / von einem sehr annehmlichen Gewürtzten Geschmack haben / so zwar nicht so starck / als in den vorigen / jedoch lieblicher ist / und sollen die rechte Mutter-Näglein ein hartes und schwartzes Hartz / von einem sehr annehmlichen Geruch und Geschmack in sich halten / wann sie von den rechten sind / welche bißweilen nicht viel kleiner / als ein Daumen seyn sollen / wie Pomet c. l. berichtet / ob er wohl selbsten keine grössere / als das letzte Glied am kleinen Finger gesehen; weswegen er auch zweiffeln will / ob die rechte Grossen herauß kähmen / weil sonderlich keine Nachfrage darnach seye. Auff welchen Fall er denjenigen Fehler / welcher ihm in der obbelobten zu Hall gehaltenen Disput. Inangurali de Caryophyllis Aromaticis beygeleget wird / noch disputirlich machen könte / als welche von keinem Hartz darinnen wissen will. Die Apothecker lesen offt an deren statt die grössere Stück auß den gemeinen Würtz Nägelein / und verkauffen solche unter diesem Nahmen / wiewohlen solches deßwegen nicht zuzulassen ist / weilen die rechte Mutter-Nägelein viel temperirter sind und also eine viel andere Eigenschafft haben / als die gemeine.

§. 7.
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Auß diesen werden die Bäume fortgepflantzet / welche / so sie auff die Erde fallen / von [296] sich selbsten eine Wurtzel gewinnen und außschlagen / wie Mons. Tournefort solches in einem Abriß in des Pomets Material-Kammer pag. 198. unter Augen leget. Sonsten aber werden sie in der Artzney den Weibern in den Mutter-Schmertzen und andern derselben Kranckheiten verschrieben / darvon sie auch den Nahmen bekommen haben; Weßwegen dann auch ein Safft oder Syrup davon gemacht wird / welcher gegen das Auffblöhen der Mutter / den weisen Fluß der Weiber / auch deren Sterilität und Unfruchtharkeit gelobet und von Doct. Ettmüllern. c. l. recommendiret wird.

§. 8.
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Uber diese vorbemeldte hat man noch eine andere Art sehr kleiner Nägelein / welche CARYOPHYLLI REGII oder Königs-Näglein genennet / und bißher von wenigen oder fast niemanden / ausser dem berümbten Wormiô, in seinem Museo pag. 203. beschrieben worden: Sind kaum eines Gersten-Korns dick und formiren mit ihren Zacken (davon auff beyden Seiten wohl 6. biß 8. zu sehen sind) eine Cron / welche einer Blumen ähnlicher sind als einer Frucht / wie sie in oben gesetzter Figur (dergleichen ich zu Franckfurt am Mayn bey Herrn Vito, als Er eben auß Ost-Indien kommen / gesehen) von Plukenetio Tab. 155. abgemahlet worden: Sind sonsten an Farb und Geschmack / wie auch Geruch / den andern gleich.

§. 9.
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Der Baum dieser Königs-Nägelein soll von denen Einwohnern der Insul Macciam in grossen Ehren gehalten und THINCARADOI, das ist / Caryophyllus Regius genennet werden / welchen der König gedachter Insul mit einer Wacht bewahren soll / damit er nicht violiret werde / auch die Frucht nicht so leicht vereussert werden könne / welche deswegen auch so rar zu bekommen seyn soll; Wie man dann zugleich vorgibt / es wäre nur ein eintziger dergleichen Baum in der Welt zu finden und daß andere Bäume sich gegen denselben gleichsam neigeten / auch wann er blühe / alle andere Blüth von den andern Bäumen abfallen thäte. Allein alles dieses scheinet einem Mährlein viel ähnlicher / als einer warhafftigen Histori (ohnerachtet es ein gewisse Person / so den Baum gesehen haben will / obgemeldtem Wormio vor gewiß erzehlet hat) indem der Herr Rumphius, in seinen Brieffen an Herr Herbert de Jager, versichert / daß die Bäume der rechten Königs-Nägelein gäntzlich außgerottet worden seyen / dahero auch die grosse rarität der Früchte entstanden ist / wie unten im Anhang dieses / auß den Ost-Indianischen Sendschreiben / zu ersehen ist.

§. 10.
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Obwohlen nun nicht zuzweifflen ist / daß diese Näglein eben solche Qualitäten und Tugenden haben / wie die vorige / so sind sie doch viel zu rar und zu kostbahr / daß sie also in den Speisen und Artzneyen könten employirt werden. Weßwegen sie nur in den Kunst- und Naturalien-Kammern zur Rarität gezeiget / von den Indianern aber eingefädent und an statt der Arm- und Halß Bändern angehenget werden.
|| [297]

Das IIX. Capitel
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Von dem schwartzen / weissen / langen und Spanischen Pfeffer / wie auch von den Cubeben. Abbildung

§. 1.
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UNter so vielerley Arten von dem Pfeffer ist der Schwartze oder PIPER NIGRUM der gemeineste und gebräuchlichste / welcher / wie männiglichen ohne dem bekandt / aus runden / schwartz und runtzelichten Körnern / einer Erbsen groß bestehet / einen sehr scharffen / brennenden und gleichsam feurichten Geschmack und guten aromatischen Geruch hat: wird von der Compagnie aus Ost-Indien gebracht und in grossen Ballen hin und wieder verschicket: Und wann die Medici den Pfeffer ohne Zusatz oder Beynahmen verschreiben / muß der schwartze immer verstanden werden.

§. 2.
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Das Gewächse / woran der Pfeffer wächset / findet sich häuffig in Java majori: ist eine Art der Winde oder Colvolvuli, welche breite und mit vielen starcken Adern versehene Blätter hat / dem Betel (so eine Art des langen Pfeffers ist und im Horto Malab. Tom. 7. Fig. 13. schon abgemahlet worden ist /) nicht viel ungleich / deren Unterscheid Fabius Columna in Annot. ad Anton. Recchi res Nov. Hisp. pag. 876. klärlich gezeiget hat. Wann nun der Pfeffer auff die Art und Weiß / wie im Anhang dieses Buchs nach den Ost-Indischen Send-Schreiben berichtet wird / gesäet oder gepflantzet ist / so hänget sich das Kraut / wie der Eppich / mit seinen Krappeln an andere Bäume / windet sich hinauff und bekommet viele Außschläge / je eine 2. oder 3. Spannen lang. An jedem Reblein hangen etwa 6. Pfeffer-Träublein / fast eines Schuhes lang / woran viele Kernlein / an der Farbe wie die Wein-Beeren / wann sie anfangen zu zeitigen / zu sehen sind. Nachmahlen werden sie im Wein-Monath / wann sie noch grün sind / auff Matten von Palmen-Blättern abgelesen und drey Tage an die Sonne geleget / allwo sie alsdann dürr / schwartz- und runtzelicht werden / wie Marxius in der Teutschen Material-Kammer pag. 144. und Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 142. solches aus andern beschrieben und im Horto Malab. Tom. 7. Tab. 12. bestättiget wird.

§. 3.
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Von diesem schwartzen Pfeffer nun hat man wohl dreyerley Sorten / welche Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 68. in grob / mittel und klein Gut unterscheidet: über welche doch auch viel marinirter / der nemblich unten im Schiff von dessen laquirung / durch das Meer-Wasser / Schaden gelitten hat / heraus kommet und viel wohlfeiler / als der an [298] dere verkauffet wird. Noch klärlicher aber wird der Pfeffer / nach Unterscheid der Länder / woher er kommet / von dem Frantzöischen Materialisten Mons. Pomet in seiner Historie Generale des Drogues Part. I. Lib. 7. pag. 139. also sortiret / daß der erste und schöneste der Malabarische: der zweyte von Jamby und der dritte von Bilipatham herrühre: welcher letztere / ob er schon gantz dürr / mager und klein-körnericht ist / von den Türcken doch am höchsten aestimiret / und weilen er nicht zu hitzig / am meisten gesuchet wird; weswegen dessen von den Holländern sehr wenig heraus gebracht wird / so die Türcken gern bey ihrem Wahn und Glauben lassen / und hergegen mehr nach dem grob- und schwerkörnerichten Pfeffer trachten / welchen sie von den Wilden gemeiniglich gegen andere Waaren / als Quecksilber / Zinnober / Opium und dergleichen außtauschen; weswegen sie auch dieses Gewürtz viel wohlfeiler / als die Engeländer / geben können / weilen diese baar Geld geben / da die Holländer an ihren eigenen Waaren hergegen offt Cento pro Cento gewinnen können / welche ihn in grosser Menge heraus führen / und fast an statt des Ballast in den Schiffen gebrauchen / wie Georg Meister im Ost-Indischen Lust-Gärtner pag. 114. schreibet.

§. 4.
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Die Prob des Pfeffers betreffend / so muß solcher fein grob an Körnern / schwer in der Hand / braunlicht / glatt und nicht zu runtzelicht seyn / auch viel weisse Körner in sich halten / welche sich / wie die andere all / nicht leicht zerreiben lassen / sondern gantz bleiben. Man muß auch zu sehen / daß die gröste und beste Pfeffer-Körner nicht heraus gesuchet und außgelesen seyn / aus welchen einige vortheilhaffte Materialisten und Apothecker den weissen Pfeffer machen; welches darmit zuentdecken / daß man die Körner in Wasser werffe und in obacht nehme / ob sie zu Grund gehen oder oben schwimmen: Sintemahl derjenige / welcher schon in warmen Wasser gewesen und also der weisse darvon gemacht worden / nur oben schwimmet auch sich leichtlich in der Hand zerreiben lässet. Wo aber viel Staub unter ist / hält man nicht vor Kauff-Manns-Gut. Weilen auch die gemeine Würtz-Krämer und Schachtel-Träger den Pfeffer meistens gemahlen und gestosen herumb tragen / zuvor aber mit denen so genandten Paradieß-Körnern vermischen / oder wohl gar geröst Brod oder andere Sachen darunter thun / so muß ein kluger Hauß-Vatter ihnen nicht so schlechter dings trauen / sondern den Pfeffer / wie auch andere Gewürtze / lieber gantz / als zerstosen kauffen.

§. 5.
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Die Krafft und Tugendt des Pfeffers bestehet in einem sehr erwärmenden / zertheilenden und außtruckenden flüchtigen Saltz und feurigem Oehl / wormit es den erkalteten Magen erwärmen und allen Schleim darin verzehren kan; weswegen man den Pfeffer nicht allein zu allen kalten und zähen Speissen thut / sondern auch in der Artzney fleissig gebraucht / indem einige Körner nur gröblich zerbissen und also gantz verschlungen den schwachen Magen stärcken / guten Appetit machen und die Winde auch zertheilen könne. Die gemeine Leut brauchen ihn fleissig gegen das Fieber / indem sie sieben / biß zehen Körner gröblich zerstosen in einem Löffel voll Branden-Wein vor dem Anstoß einnehmen und darauff schwitzen; welches aber nicht allemahl sicher ist und nur bey starcken und kalten Complexionen gut thut. Sicherer ist es / daß man das Oleum Piperis oder destillirte Oehl darvon gegen den allzugrossen Frost des Fiebers in die Hertz-Grube oder Rück-Grad reibe. In den Apothecken hat man die Species von dem Pfeffer / diatrion Pipereon genandt / welche zu denen Haupt- und Magen-Morsellen / Magen-Pulvern / Tresenet und dergleichen kommen.

§. 6.
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Ob aber aus besagtem schwartzen Pfeffer der so genandte weisse Pfeffer oder PIPER ALBUM allein durch künstliche Beitzung und Einweiung geschälet und verfertiget werde? oder ob derselbe auch natürlich also wachse? davon sind die Natur-Kündiger und Materialisten noch nicht einerley Meynung. Viele halten es mit der ersten Meynung / indem nicht allein Erasmus Francisci in seinem Ost-Indianischen Lust-Garten pag. 399. sondern auch die Englische Societät in Londen in ihren Actis Vol. 1. pag. 879. wie auch der Scribent des Horti Malabarici Tom. 7. Tab. 12. pag. 23. versichert / daß der weisse Pfeffer von dem schwartzen herrühre / welchen Ettmüllerus, Charas, Marxius, Schurzius und andere auch beypflichten / so gar / daß bemeldter Charas die alte Vorfahren und andere / so da glauben / das der weisse Pfeffer also wachse / in seiner Histori der Theriacs-Ingredientien pag. 146. mit verschiedenen Gründen zu widerlegen suchet. Andere hergegen / als Gerard, Parkinsonius und andere so sich auff die Erkändnus der frembden Kräuter absonderlich geleget / unterstützen das Gegentheil und beschreiben eine besondere Winde / welche den weiß-grauen Pfeffer trage / und in dem Kupffer-Blat oben von Pometo unter Augen gestellet wird; welches auch weder der berümbte und hierinnen sehr erfahrne. Doct. Hermanni in seinen Mss. Noch auch Dale in seiner Pharmacologia pag. 446. gäntzlich zu verneinen sich getrauet haben / anbey aber dieses versicherende / daß kein natürlicher weisser Pfeffer aus Indien in Europam komme / son [299] dern der Unserige durch Kunst also auß dem schwartzen Pfeffer zubereitet werde.

§. 7.
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Die Art und Weise der Zubereitung beschreibet Moyses Charas in obangezogenem Buch pag. 148. Man nimbt nehmlich die gröste und schwereste Körner von dem schwartzen Pfeffer / weichet sie in Meer-Wasser ein / biß sich die eussere Schale auffbläset und zu separiren beginnet / worauff / wann sie an die Sonnen gesetzet werden / die eussere runtzelichte Haut sich bald ablöset und die Körner also weiß-grau liegen bleiben; und weilen nicht allein der beste Pfeffer hierzu genommen / sondern auch einige Mühe darzu erfordert wird; so ist der weise Pfeffer ein gutes theurer / als der schwartze. Besihe weiter die nach den Ost-Indischen Sendschreiben angehängte Beschreibung der Pfeffer-Plantagien / wo zuletzt auch von dem weisen Pfeffer gehandelt wird.

§. 8.
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Der besie ist der Holländische / groß- und schwer-Körnichte / welcher keine schwartze Körner / vielweniger fragmenta, Staub und dergleichen in sich hat. Er soll auch nicht weiß gefärbet und durch vieles Künsteln gebleichet seyn / welches leichtlich zu sehen / wann er in den Händen gerieben wird / da er / wann er nur ein wenig gefärbet / gleich gelb werden wird. So scheinet auch der rechte und veritable weisse Pfeffer / als wann er auff den Seiten Striemen und Streiffen / wie Rippen habe / und wann er gestossen wird / so ist das Meel weiß-grau.

§. 9.
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Sein Gebrauch kommet mit dem Schwartzen überein und wird nechst diesem zu dem Theriac gebrauchet. In Franckreich ambriren sie den weissen Pfeffer / indem sie denselben gröblich zerstossen / etwas von der Essentiâ Ambrae darauff sprützen / welchem sie den Nahmen BERGERAC geben: und bedienen sich dessen die vornehme Leute / sowohl in der Speiße / als in der Artzney zu den Magen-Pulvern und Trisenetten / worvon Pomet c. l. pag. 192. zu sehen ist.

§. 10.
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Was den West-Indianischen runden Pfeffer anlangt / dessen Hernandez. in seiner Hist. Mexicana und Francisc. Redi in Exper. Nat. pag. 168. unter dem Nahmen PIPERIS TAVASCI, gedencken und von andern PIMENTA, PIPER de JAMAICA, de THEVET &c. genennet wird / so haben wir an einem andern Ort / wo von der Caßien-Rinden gehandelt worden / dessen gnugsame Meldung gethan; weßwegen man sich hier mit der anfangs gesetzten Figur begnügen wolle.

§. 11.
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Mit mehrerem Recht aber kan man hier des langen Pfeffers oder PIPERIS LONGI auch gedencken / welcher also genennet wird / weilen er auß langen / Asch-fahlen und auß vielen Körnlein zusammen gesetzten Stänglein / so groß als eines kleinen Kindes-Finger bestehet und so wohl am Geschmack als Geruch dem runden gleich kommet / auch also / wie andere / an Winden wächset / welche im Horto Malabaric. Tom 17. Tab. 14. 15. 16. abgemahlet sind: Wird ingleichen meistens auß Ost-Indien gebracht / wiewohlen auch in West-Indien dergleichen zu finden ist / wie bald soll gedacht werden.

§. 12.
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Dieser lange Pfeffer wächset auff einem viel anderen Kraut / als der runde / indem es sich nicht anhänget und so hoch auffwindet / sondern fast wie ein Sträuchlein fest stehet und nah an der Erden fladdert / an welchem der lange Pfeffer / wie kleine Würmer herab hangen: wie oben auß den Figur. zu sehen. Worauß dann erhellet / daß derjenigen Meynung gar nicht statt haben könne / welche dafür halten wollen / es wäre der lange Pfeffer nicht / anderst / als der unreiffe runde Pfeffer / dessen Träublein / ehe die Körner groß geworden / also außsehen thäten; welches Moyses Charas vor andern in seiner Histoire der Theriac Ingredientien pag. 72. mit verschiedenen Gründen widerleget hat.

§ 13.
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Man findet dessen auch dreyerley Species, als 1. den gemeinen Orientalischen / welcher in Bengala häuffig gezogen wird / und recht frisch / dicht und hart seyn / auch keine wurmstiche haben soll / worzu er sonsten / ohnerachtet er fast schäffer und bitterer / als der runde ist / sehr incliniret; weswegen bey Dispensation des Theriacs die Stiele davon abzubrechen und alles pulvericht- und meelichte davon abzuwischen. Nechst diesem wächset 2. eine andere Art davon in West-Indien / welche auß sehr langen Stänglein bestehet und von den Einwohnern MECAXUCHITL genennet wird / unter welchem Nahmen es mit unter die Chocolaten kommet: Sonsten aber langsam und rar zu sehen ist. Worzu 3. der schwartze und lange AEthiopische Pfeffer oder PIPER NIGRUM AETHIOPICUM kommet / welcher in Abyssinien und AEthiopien an einem kriechenden Stengel / doch ohne Blätter und Blumen wächset / und auß langen Schotten und Hülsen / in der länge eines kleinen Fingers / so dick als ein Schreib-Feder / bestehet / außwendig braun und inwendig gelbicht. Diese Hülsen sind durch gewisse Knoden unterschieden / in deren jedem eine kleine Bohn / so [300] außwendig schwartz und inwendig röthlich ist / aber weder Geruch noch Geschmack hat / da hergegen die Hülse sehr scharff und aromatisch ist; weswegen sie die Schwartzen gegen das Zahn-Weh / wie wir die Bertram-Wurtz / gebrauchen: Ist im übrigen gantz rar und unbekandt.

§. 14.
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Was den Gebrauch des langen Pfeffers anlanget / so bedienen sich die Indianer dessen in der Artzney / gleichwie des runden in der Speise. Bey uns wird er langsam und fast nur zum Theriac gebrauchet.

§. 15.
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Letztens hat man auch den West-Indiantschen Pfeffer / welcher in America, absonderlich in Brastlien häuffig wächset / und allda CHILLI, bey uns aber SILIQUASTRUM, CASPICUM oder Spanischer-Pfeffer genennet wird: bestehet auß länglichten und eines Daumens grossen Schotten / welche roth oder gelb anzusehen und einen sehr scharffen und brennenden Geschmack haben: wurden anfangs auß Goa und Calicut gebracht / nunmehr aber ziehet man ihn aller Orten auß dem Saamen in den Lust- und andern Gärten.

§. 16.
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Das Kraut wächset ohngefehr einer Ehlen hoch / hat schwartz-grüne / glatte und länglichte Blätter / wie der Nacht-Schatten: Neben den Aestlein kommen weisse Blümelein herfür / welche mitten ein grünes Näblein hahen und wann sie abfallen / so folgen Fingerslange Schöttlein / welche erstlich grün und darnach / wann sie zeitig worden / entweder hochroth / gelb oder braun anzusehen / in welchen inwendig ein kleiner gelbichter Saame verschlossen ist / wie oben in der Figur kan gesehen werden.

§. 17.
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Man hat dessen vielerley Arten / nachdem die Hülsen oder Schotten entweder lang oder rund / strack oder krumb / glatt oder rauhe sind / wie deren vier Species bey Tabernaemont. in dem andern Buch von den Kräutern pag. 559. abgemahlet sind / welche doch besser vom Hernandez in seinem Buch de Rebus Nat. & Med. Novae Hispan. und sehr weitläufftig von Gregoriô de Regio in Tract. de Capsicis beschrieben worden. Der beste muß noch frisch seyn und auß gantzen / großen und recht rothen Schotten bestehen.

§. 18.
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Dieser Pfeffer komt mit den Kräfften dem rechten Pfeffer sehr nahe / und stärcket den Magen; weswegen ihn nicht allein die Americaner / sondern auch die Siamensern rohe / wie wir die Rettich / essen. Man condirt ihn auch entweder mit Zucker oder mit Essig und Fenchel / und gebraucht ihn bey den Braten an statt der sauçe. Die Indianer nehmen ihn auch zum Chocolat, ihre Geilheit zu stärcken. D. Ettmüller rühmet ihn in seinen Comment. ad Schroed. p. 628. gegen das Fieber / vor dem Anstoß eingenommen / und machet eine Essentz vor den Magen darauß. Sonsten aber wird er am meisten von den Essig-Machern verthan und wissen auch die Brandenwein - Brenner den schlechten Frucht - Brandenwein / wann sie zuviel lauffen lassen / darmit zu stärcken.

§. 19.
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Endlich hat man der Cubeben auch allhier gedencken wollen / weilen sie / sowohl dem Ansehen / als Kräfften nach / eine grosse Gleichheit mit dem Pfeffer haben / und derowegen von den Frantzosen Poivre a queuë oder geschwäntzte Pfeffer genandt worden / weilen sie mit einem kleinen Stielgen versehen sind. Diese CUBEBAE nun sind runde dürre Körner / wie Pfeffer anzusehen / doch offters etwas grösser und nicht so schwartz / sondern graulicht / außwendig mit einer runtzelichten Schale und kleinem Stiel versehen / inwendig aber etwas hohl und einen kleinen runden Kern in sich haltende / welcher außwendig schwartz und von innen weiß ist: Von gutem Geruch / und scharff-aromatischen / auch etwas bitteren Geschmack: Werden auß Ost-Indien / wie der Pfeffer / zu uns überbracht / allwo sie in der Insul Java häuffig wachsen.

§. 20.
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Ob aber die Cubeben von einem Baum / oder von einen Kraut herrühren? ist biß uff den den heutigen Tag noch nicht gantz außgemacht / indem beyde Meynungen ihre Unterstützer finden / wie bey Sam. Dale in Pharmacol. pag. 420. zu sehen ist. Einige vermeinen / sie wächsen auff einem Baum / welchen / Plukenet Tab. 140. Fig. I. abgemahlet hat. Andere hergegen glauben vielmehr / daß sie / wie der Pfeffer / an einem Convolvulô oder Winde wachsen / wie obe̅ in dem Kupffer-Blat zu sehen / welcher Meynung der berümbte Hermanni in seinen Mss. de Mat. Med. und Pomet c. l. pag. 195. beypflichtet. Beyde Theile aber gestehen / daß sie auß der Insul Java kähmen / deren Einwohner / wie man glaubet / sie zuvor in Wasser sieden sollen / ehe sie solche herauß schicken / damit man nicht solche in Europâ auch pflantzen und erziehlen möge / wie Hoffmannus in Clav. Schroed. pag. 461. erwehnet. Sie müssen sonstenschön groß und wohl gewachsen / auch nicht zu runtzelicht seyn.
|| [301]
An den Kräfften sind sie etwas temperirter / als der Pfeffer / erwärmen den Magen und Eingeweid / stärcken die Nerven und sind dem Haupt sehr vorträglich. Absonderlich aber werden sie gegen den Schwindel (welcher meistens aus dem Magen herrühret) sehr gerühmet / worinnen sie an mir selbsten vortrefflich gut befunden hab. So stärcken sie auch das Gedächtnus und machen einen guten Athem in dem Mund gekauet; weswegen man sie nicht allein also rohe kauen / sondern sich auch des Confects davon oder der überzogenen Cubeben bedienen kan. So hat man auch ein vermischt Pulver darvon / welches unter dem Nahmen der Specierum Diacubebarum in denen Apothecken kommet / und zu den Haupt- und Magen-Morsellen sehr dienlich ist. Aus dem Oehl kan man mit Canarien-Zucker ein Elaeosaccharum machen / welches in eben diesen Fällen sehr gut thut.

Das IX. Capitel
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Von den Orientalischen und Occidentalischen Anacardien oder Elephanten-Lauß. Abbildung

§. 1.
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HIer hat man Hertzen und Nieren zu prüffen / indem eine von obgesetzten Früchten wie ein Hertz / die andere wie die Nieren außsehen. Jene wird von solcher Figur ANACARDIUM, und von den Teutschen Elephanten-Lauß genennet: Ist eine schwartze / gläntzende und etwas zusammen gedruckte Frucht / wie ein Vogel-Hertz anzusehen / welche unter einer doppelten Schale einen weissen und süßlichten Kern: zwischen den beyden Schalen aber einen dunckel - rothen / öhlichten und scharffen Schleim wie Honig hält: werden von Cananor, Cambaja und Malabar aus Ost-Indien gebracht.

§. 2.
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Von dem Gewächs dieser Frucht sind verschiedene Meynungen. Pomet, der Parisische Materialist / gibt in seiner Material-Kammer pag. 210. vor / es seye eine Art Bohnen / welche den Bäumen / wie andere dergleichen Kräuter / hinauff lauffe / wie er sie auch in dem Kupffer-Stück vorgestellet hat. Die Gelehrte und Botanici hergegen schreiben / daß sie an einem Baum wachse / welcher doppelte glatte Blätter / kleine gelbe Blümlein und diese Früchte trage / und in dem schönen Horto Malabarico Tom. IV. OEPATA genennet wird; welche letztere Meynung der ersten desto mehr vorzuziehen ist / weilen man an dieser Frucht oben noch etwas von dem Stiel / woran sie gehänget hat / sehen [302] kan / dergleichen an keinen Bohnen zu finden ist.

§. 3.
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Die beste sind / welche schön groß / frisch und wohl außgewachsen scheinen / auch inwendig einen schönen weissen Kern / wie eine Mandel haben. Die kleine / eingeschrumbte und verruntzelte taugen nichts.

§. 4.
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Was die Kräfften und Qualitäten dieser Früchten anbelanget / so sind sie einer sehr erhitzenden und gleichsam brennenden Natur / so gar / daß die frische und noch grüne Anacardien vor gifftig gehalten werden. Die gedörrete aber sind so scharff und ätzend nicht mehr / und weilen sie ein sehr flüchtiges Saltz und Oehl in sich haben / ermundern sie die Lebens-Geister und dienen gegen viele Haupt-Kranckheiten der Alten / nemblich den Schlag / Lahmigkeit der Glieder / schwaches Gedächtnus und dergleichen / worgegen unsere Vorfahren die bekandte CONFECTIONEM ANACAR??? DINAM offters verschrieben / welche heut zu Tag / wegen der vielen und scharffen Gewürtzen / so darzu kommen / zu hitzig und derowegen nicht sonderlich gebräuchlich ist. Den Safft / welcher zwischen beyden Schalen lieget / sollen die Indianer den Cattun zu färben brauchen / welcher so hinein dringet / daß er sich gantz und gar nicht wieder außwaschen lässet. So hat mich auch Herr D. Kempffer, als er vor einigen Jahren aus Ost-Indien gekommen / versichern wollen / daß die Schnesen und Japonenser ihren schönen Firnus daraus machten / nicht aber / wie andere vorgeben / aus dem Gummi Laccae. In Malavar brauchen sie solchen zum ätzen / und wann man nur ein Tröpfflein davon in einen holen Zahn fallen lässet / soll es denselben zermalmen und außfallen machen / wie Wormius in Mus. pag. 182. berichtet. Christophorus à Costa meldet / daß etliche der Indianer die Frucht forn an die Messer - Spitze zu stecken und an ein brennendes Licht zu halten pflegen / darauff der Safft so wunderlich soll blatzen und krachen / auch seltzame Feuer - Funcken / von unterschiedenen Farben / von sich werffen / daß es wie ein Blitz anzusehen wäre: worbey sie die Einfältigen bereden sollen / ob erschienen ihnen darinnen die Geister und offenbahrten ihnen viele Heimlichkeiten. Letzlich hat man in den Apothecken auch das so genandte MEL ANACARDINUM oder Anacardien - Honig / welcher nichts anderst / als der obgemeldte Safft ist / so mit Wasser daraus gekochet und gebracht wird: ist vor diesem gleicher Weiß in obbemeldten Haupt - Kranckheiten gebrauchet worden: Heut zu Tag aber wird er / wie auch das OLEUM ANACARDII langsam verschrieben / wovon beyderseits Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 512. kan gelesen werden.

§. 5.
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Die Occidentalische Anacardien werden von den Indianern CAJOUS und ACAJOU, von den Holländer aber CASUBEN oder KAETTSHU (wie Georg Meister schreibet) genennet / und bestehen aus länglichten Sorten und aus Asch-farbichten Körnern / so groß wie eine Welsche - Bohn und wie ein Nieren anzusehen: haben / wie die vorige / zwey Schalen und zwischen denselben ein röthlichtes / beissend- und ätzendes Oehl / inwendig aber einen schönen und Schneeweissen Kern / wie süsse Mandeln schmäckend: kommen aus Brasilien und andern Americanischen Orten / wiewohlen sie auch in Ost - Indien zu finden / und von Georg Meistern im Ost-Indischen Lust-Gärtner pag. 95. beschrieben / und schön abgerissen sind.

§. 6.
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Der Baum / woran diese Körner wachsen / ist etwa sechs Schu hoch / aber sehr breit und schatticht: hat ein sehr hartes Holtz / gelb-grüne Blätter und kleine Rosen-farbichte Blümelein / wie Träublein zusammen gesetzet. Nach diesen trägt er eine roth - gelbe Frucht / wie eine Pomerantze oder Abricot, worauff oben diese Körner oder Cajous sitzen / wie in obgesetzter Figur zu sehen / dergleichen auch im Horto Malabarico Tom. 3. zu finden / allwo dieser Baum Kapamara genennet wird.

§. 7.
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Es müssen aber diese Cajous dick / vollkommen / frisch und außwendig wie Oliven anzusehen seyn. Wann die inwendige Mandel - Kerne schön weiß außsehen / so ist es ein Zeichen / daß sie recht zeitig und gut seyen.

§. 8.
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Den Nutzen und Gebrauch dieser Früchten anbelangendt / so sollen die Americaner die gelbe Frucht selbsten von einander schneiden und mit Zucker / wie wir die Citronen / geniessen: und weilen solche sehr guten Geschmacks sind / refraichiren und das Hertz stärcken / so sollen die Brasilianer wegen dieses Baums offt Kriege führen / wie solches Wormius pag. 192. Mus. aus den Indianischen Scribenten anführet. Die harte Kerne oder Cajous, so oben sitzen / werden gebraten und sollen wie Castanien schmäcken. Man schreibet ihnen ein Magenstärckende Qualität zu / und sollen den Eckel und das Brechen desselben stillen / wie Rajus in Hist. Plantar. pag. 1649. meldet. Derjenige Safft oder Oehl hergegen / welches zwischen beyden [303] Schalen zu finden / ist sehr scharff und ätzend / wormit man Krebs- und andere Schäden heilen / auch die Hüner-Augen an den Füßen wegbringen kan. So soll er auch die rothe Flecken und Mähler unter dem Gesicht wegnehmen / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 209. davon berichtet. Einige haben dafür halten wollen / das die Terra Japponica hiervon entspringe / auch deßwegen Catzu von Cajou genennet würde / welche Meynung doch Samuel Dale in seiner Pharmacologie pag. 340. zur Genüge widerleget hat / und ist auch schon anderwerts etwas davon gedacht worden.

Das X. Capitel
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Von den Scharlach oder Karmasin Beerlein und den GRANIS d' AVIGNON. Abbildung

§. 1.
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DIe Karmasin-Beer oder Grana Chermes sind rothe / leichte und gleichsam schwammichte Körner oder vielmehr Würm-Behälter / einer Erbsen groß / etwas scharff und bitter von Geschmack und ziemlich gutem Geruch: werden sonsten auch Grana Tinctorum genennet / weilen sie / wie unten soll gemeldet werden / den Färbern auch dienlich sind.

§. 2.
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Das Stäud- oder Bäumlein / woran diese Dinger wachsen / ist eine Art Stech-Eichen / so Ilex Coccigera genennet wird / hat grün-gläntzende und stachlichte Blätter / und wächset häufig in Spanien / Portugal und absonderlich in einigen Frantzöischen Landen / in der Provence und umb Languedoc, woraus so wohl die Körner / als der Safft darvon in Teutschland gebracht werden. An diesen Sträuchlein wachsen / ohne die natürliche und gewöhnliche Früchten / unten schwischen dem Stämlein und den Aesten einige runde kleine Knöpflein / wie die Erbsen anzusehen / welche der anderen / so auff und unter den Blättern / gleich wie Gall-Aepfflein / hervorbrechen / Mütter genennet werden / sind anfangs alle weiß - grau / werden aber nachgehends roth und weilen darinnen / wie in allen dergleichen Neben - Gewächsen / sonderliche Würmlein wachsen / welche den inneren Marck verzehren / so werden dieselbige von den Einwohnern mit Ansprengung starcken Essigs vertrieben / deren Reichthumb und Nachrung fast in diesen Körnern bestehet / absonderlich der Armen / welche [304] sonsten nichts / als die blosse Mühe zur Einsamblung darauff wenden dörffen / davon Quiqueranus Tract. de Laudibus Gallo - Provinciae mit mehrerem zu sehen ist. Doch sollen auch dergleichen Grana Chermes auß America kommen / deren sich die Färber meistens gebrauchen / wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 534. gedencket; wie dann auch in Polen an der Wurtzel eines Krauts / Polygonum Coccigerum genandt / dergleichen Körner zu finden / davon die Teutschen Curiosi in Miscell. Ac. N. C. Dec. 1. A. 1. p. 27. und Wilh. Robertson in Lexico Concord. mehreren Unterricht geben.

§. 3.
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Nach Einsamblung der Karmasin-Beeren werden dieselbige entweder also / wie sie gewachsen / auffgeddrret und in andere Länder verschicket: Oder man presset den Safft und Marck darauß / welchen die Apothecker mit Zucker vermischen und also in andere Länder verkauffen / wo man die Confectionem Alkermes darauß machet: Die zurückbleibende Häutlein aber werden gesäubert und den Färbern verhandelt / welche den Apotheckern offters das außgelegte Geld wieder zahlen müssen.

§. 4.
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Im Einkauff der Karmasin-Beeren muß man die grosse und gantz frische / von dem letzten Jahr erwehlen / welche recht dunckel-roth und noch marckicht sind. Die wurmstichichte leicht-körnichte sind schon zu alt / weilen die Würme / so alsdann darinnen wachsen / das inwendige Meel oder Scharlach-Weid verzehren und nichts / dann das Häußlein zurück lassen / welches die Krafft der Beeren sehr vermindert. Die Frantzöische auß Languedoc sind insgemein die beste / weilen sie groß und durch auß roth: Die Portugiesische werden so hoch nicht aestimiret / weilen sie gemeiniglich klein / mager und schwartzlich-roth außschen. Vid. Pomet Lib. 1. C. 26. p. 36. absonderlich aber Joh. Stephanus Strobelberger in seinem Buch von den Coccobaphien.

§. 5.
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Den Qualitäten nach wird ihnen eine etwas anhaltende und stärckende Krafft zu geschrieben / darvon jene die verletzte Senn-Adern zu recht bringet / diese aber die Lebens-Geister in Ohnmachten / Hertz-Klopffen und andern dergleichen Schwachheiten stärcken sollen. Man gibt sie den Schwangeren Weiber / wann sie gefallen / auch zur Geburt arbeiten / zu Pulver gestossen in einem Ey. Sonsten aber werden sie mehrentheils zu der kostbahrren Scharrlach-Farb und in der Medicin zu dem Alkermes-Safft und darauß entstehenden Confection gesuchet.

§. 6.
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Was die Scharrlach-Farb anbelanget / so werden nicht allen die gantze Körner darzu gebrauchet / sondern man ziehet auch absonderlich das zarte saubere Meel oder Pulver auß den Körnern / so etliche die Scharlach-Weid / oder wie es die Frantzosen heissen / Pastel d' Ecarlatte nennen: Ist das beste Theil davon / und kan nur auß den frischen und sehr rothen Körnern gemacht werden. Dieses brauchen die Färber zu den kostbahren Scharrlach-Tüchern; Und wellen diese Waare von denen Betrügern offters mit Essig angefeuchtet und also die Röthe dadurch erhöhet / auch das Gewicht vermehret wird / so muß man bey dem Einkauff wohl in acht nehmen / daß die Waare nicht feucht sey und unannehmlich rieche / woran der Betrug zu erkennen. Nechst dieser wird Der Alkermes-Safft oder Syrup zu Montpelier in der Provence mit Cassonad-Zucker verfertiget / und in kleinen Fäßlein von weisem Holtz in Teutschland und andere Orten verschicket: Muß recht und durchauß roth Frisch auch seyn und eine rechte consistence haben / auch nicht candisiret seyn. Wann er zu viel Zucker hat / wird er etwas bleicher und gar zu susse seyn / ohne eintzige Bitterkeit / welche in dem recht-auffrichtigen / doch ohne widerwillen / gekostet wird. Unter diesen Safft kan man zur Zeit der Noth und des Gebrauchs sobalden andere Hertz-stärckende Mittel / als praeparirte Perlen / Zimmet und dergleichen mischen und also an statt der CONFECTIO ALKERMES gebrauchen / zu mahlen verschiedenen Gelehrte Medici wegen einiger Stück / so entweder eckelhafft / als die rohe Seide / oder zuweilen gefährlich / wie der Lazur-Stein / sind / dieselbe sehl desrecommendiren und mit Dan. Ludovici eine andere dergleichen Mixtur von dem Rosen Extract gebrauchen / wie in dessen Pharmac. pag. 708. zusehen. Wolte man aber dieselbe den Alten und dem gemeinen Mann zu gefallen noch gebrauchen / muß man solche nach des Zwelffers Anmerckungen verbessern / in Beysein der Medicorum, oder auch des Raths / verfertigen und nicht von den Landstrichern / welche dieselbe / als die wahre Provintzialische von Montpelier, hin und wieder tragen / kauffen / indem diese Betrüger lauter falsche Waare und der Materialisten Außwürffe zusammen raspeln und andern auffhangen; weswegen Herr Pomet solches offenbahren und an obigem Ort alle rechtschaffene Leut vor ihnen warnen wollen Der Gebrauch dieser Confection ist bekandt: Es ist die allgemeine Hertz-Stärckung und letzte Oehlung [305] davon die completa den Manns-Leuten / die incompleta dem Weiber-Volck verschrieben wird. Sie wird auch eusserlich auff das Hertz gerieben / ja über den Leib an den Kindern / wann sie die Rötheln bekommen wollen / geschmieret / worinnen sie der Dänische Medicus, D. Simon Paulli gewaltig rühmet / vid. Quadrip. Bot. pag. 69. Von den übrigen Tugendren / auch andern Praeparatis, besihe Ettmüllerum c. l. It. Strobelbergerum, und Eichstadium: welche eigene Bücher davon geschrieben haben.

§. 7.
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Sonsten bringet man noch einige andere frembde Färb-Körner auß Italien und Franckreich / welche man GRANA AVENIONENSIA oder GRANA d' AVIGNON nennet. Diese Körner nun sind bey uns noch gantz unbekandt / werden aber in Franckreich sehr gebraucht und bey den Materialisten auffgesuchet / weßwegen sie von Mons. Pomet in seiner Hist. des Drogues p. 25. auch beschrieben und in obiger Figur unter Augen geleget worden: Sind grün-gelbe Körner / so groß als ein Rocken-Korn / bald 3. bald viereckicht / bald auch wie ein Hertz formiret / eines herben und bitteren Geschmacks.

§. 8.
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Sie wachsen sehr umb Avenion, einer Stadt in Franckreich / dem Pabst unterthan / weswegen sie davon genennet werden / obwohlen in der Provintz Languedoc dergleichen auch zu finden sind; und weilen sie auch in Lycia zu finden / so wird der Strauch Lycium und in Ansehen der vielen Dornen von andern Pixacantha genennet: hat lange Aeste / mit einer grauen Rind / gelbe und holtzichte Wurtzeln / kleine / dicke und wie die Myrthen rangirte Blätter / an der Größe dem Buchs-Baum nicht ungleich.

§. 9.
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Solche Körner nun werden gleichfals von den Färbern gebraucht / welche gelb damit färben. In Holland siedet man sie mit Römischer oder Englischen Alaun in Wasser und machet mit derjenigen weisen Materie, womit sie sonsten das Bleyweiß verfälschen / einen Taig daraus / welchen sie in kleine gedrehete Küchlein formiren und wann sie außgetrucknet / unter dem Nahmen Stil de grain in Franckreich und anderstwo schicken.

§. 10.
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Dieser Stil de grain muß schön Goldgelb / zart und zerbrüchlich seyn / nicht Sand- und Kothicht: Wird zur Mignatur und den Oehl-Farben gebrauchet.

Das XI. Capitel.
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Von den Citronen / Pomerantzen und Aepffeln Sina. Abbildung

§. 1.
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DIe Citronen oder MALA CITRIA sind aller Orten so bekandt / daß es ohnnöthig ist solche weitläufftig zu beschreiben. Sie haben euserlich eine bleich-gelbe lederichte Schale / mit vielen Düplein / inwendig weiß / eines scharffen / etwas bitteren und aromatischen Geschmacks und sehr guten Geruchs: sind anfangs auß Mediâ gebracht worden / weßwegen sie auch MALA MEDICA genennet werden: Nunmehr aber werden sie in Italien und Spa [306] nien in grosser Menge gezogen / und kommen die meinste von S. Remmes, Nissâ, Manton, einer kleinen Stadt in Savoyen / allwo sie nur zu gewissen Zeiten / etwa des Jahrs 2. oder 3. mahl / im Majo und Septembri, nachdem sie wohl gerathen / mit Consens des Raths verkauffet / und alsdann zu Wasser und Land über Massilien und Lycien in andere Länder verschicket werden / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues lib. 7. pag. 231. berichtet.

§. 2.
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Den Citronen-Baum betreffend / so ist derselbe nicht groß / sondern von mittelmäsiger Länge: Grünet immerdar und trägt seine Frucht das gantze Jahr durch / welche ehe nicht zur Zeitigung gelanget. Die Blätter vergleichen sich den Lorder- und Pomerantzen-Blätter / bleiben immer grün und haben viel keine Löchlein. Die Blüt ist etwas Purpur-roth und dick / inwendig mit Fäßlein versehen. An den Aesten sind kleine Dornen / und der Saame in denen Citronen ist fast holtzicht / wie Gersten-Körnlein anzusehen. Den gantzen Stamm aber beschreibet Virgilius lib. 2. Georg. dessen Wort ins Teutsche übersetzet also lauten: Auß Meden ist ein Frucht von Alters her entsprossen / Die hat ein sauren Safft in ihrem Bauch verschlossen / Es kan kein besser Tranck noch lieber Julep seyn / Er weert der Schlangen-Gifft und dessen schwere Pein. Solt schon der Leib von Gifft an allen Orten schwellen / Ihn kan Citronen-Safft in besser Wesen stellen / Er ist weit nützlicher / als ander heilsam Kraut Und treibt den bösen Schleim gar häuffig durch die Haut. Der Stamm von dieser Frucht dem Lorber-Baum thut gleichen / Und so man vom Geruch kein Unterscheid erreichen Könt: Muß es seyn der Baum / so von der Daphne kam Und der auch / wie man sagt / nicht acht des Blitzes-Flamm Entstehet schon ein Wind mit schrecklich grossen Sausen Und daß ohn Unterlaß der AEolus will brausen / Sein Blat doch bleibet vest / und acht das Blasen nicht / Die Blüth desgleichen auch vorm Wind sich nicht verkricht. Die Meden thun ihn hoch für allen Bäumen preisen / Weil er den schweren Ruch des Athems kan verweisen.

§. 3.
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Indessen findet sich an den Citronen ein grosser Unterscheid / welcher theils von der Grösse / theils von dem Geschmack genommen wird. Beyde aber rühren offters von der Zeitigung oder Unterscheid der Ländern her / indem die Zeitige viel grösser und süsser sind / als die Unzeitige; und ist gewiß / daß diejenige / so zu uns heraus kommen / insgemein unzeitig abgenommen werden / dann sich die zeitige nicht so wohl halten lassen / wie Herr Doct. Nebel in seiner Disp. Inaug. de malô Citreo pag. 19. versichert. Weswegen dann die grössere und zeitige meistens in grosse Stücker zerschnitten mit Zucker eingemacht nnd Citronat genennet werden. Die unzeitige Citronen werden guten theils auch eingesaltzen und alsdann Lemonien genennet / welchen Nahmen ihnen die Wahlen sollen gegeben haben / wie auß des Hieron. Bocks Kräuter-Buch der Apothecker Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 95. erwehnet. Die grösseste Citronen sind die Adams-Aepffel / oder so genandte POMA ADAMI, welche ohne Zweiffel so genennet werden / weilen sie tieffe Schrammen in der Schale / wie Menschen-Bisse / haben / von welchen obbelobter Doct. Nebel c. l. und Theod. Tabernaemontanus lib. 3. pag. 684. seines Kräuter-Buchs zu sehen sind.

§. 4.
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Bey dem offentlichen Einkauff der Citronen sollen die Mackler in Italien einen eusernen Ring gebrauchen / und alle Stück / so dardurch passiren / außwerffen / welche entweder den Färbern überlassen oder den Safft darauß zu nehmen / angewendet werden / wie Pomet c. l. berichtet. Hier zu Land suchet man die dünn-schälige / welche desto mehr Marck und Safft in sich haben / und kan man solches durch das fühlen und drucken erkundigen. Wer die Menge einkaufft / muß sie mit Spreu oder Hirschen-Saamen wohl verwahren und in truckenen Kellern auffhalten / auch fleißig durch suchen / dann sie leicht angehen / wie Marxius in seiner Material. Kammer pag. 47. erfahren hat.

§. 5.
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Was den Nutzen und Gebrauch dieser Früchten anlanget / so werden die grössere Citronen sehr von den Juden auffgesuchet / weilen ein jedes Geschlecht / nach ihrem Aberglauben / jährlich einen im Hause haben muß / solten sie auch solche noch so theuer bezahlen; weßwegen sie auch Juden-Aepffel genennet werden. Die übrige haben sowohl in der Küche / als in der Artzney-Kunst einen grossen Nutzen; und ob [307] gleich alle Theile an den Citronen dem Gifft / aller Fäulung / Scharbock und dergleichen zuwider sind / so haben doch dieselbe nicht alle einerley Qualitäten / indem die eussere Rinde erwärmend / und gantz aromatisch / das Marck oder der Safft hergegen kühlend und sauer: die Kerne aber bitter und derowegen den Würmen zuwider sind. Alle diese Theile aber kommen dem Magen und dem Hertzen sehr zu gut / welche sie beyde stärcken; und weilen / wie obgedacht / sie aller Fäulung wehren / so bedienen sich deren diejenige / welche auff den weiten Schiffarten mit dem Scorbutô angefeindet werden / nicht allein innerlich / sondern auch ensserlich / wie beym Simon. Paulli in Quadripart. Bot. p. 383. zu sehen ist. Was die Citronen in der letzten Pest zu Wien / wie auch zu Basel / vor Nutzen geschafft haben / bezeuget Herr D. Nebel aus andern pag. 32. in seiner Disputation. Weswegen dann auch in andern hitzigen Fiebern / Ohnmachten und dergleichen selbige mit gutem Success auff vielerley Manier gebrauchet werden / worvon der gelehrte Italianer / Johann. Baptista Ferrarius S. I. in seinem Buch de Malorum aureorum Cultura & Usu mit mehrerem kan gelesen werden. Was aber D. Hoffmannn in Clav. Pharm. Schroed. pag. 444. von einem Studioso, so zu Paris in des Charas Apothecken von einer Viper gebissen / und mit einer Citronen curiret worden / erzehlet / ist mit Behutsamkeit zu lesen / und kan Charas selbsten davon gesehen werden.

§. 6.
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Gleichen Effect thun auch alle Condita und Praeparata, so darvon herrühren / als I. Die gantz-überzogene oder eingemachte Citronen / welche aus Madera gebracht werden und sehr annehmlich zu geniessen sind / absonderlich / wann sie wohl condirt, zart / grün und noch frisch sind. Wann man solche hier zu Land condiren will / müssen die Kerne erst heraus genommen werden / ehe man sie in Zucker kochet und einmachet / und ist die Brühe nicht wegzuschütten / sondern mit Zucker zu einem Syrop zu kochen / wie Zvvelferus in Pharm. Aug. Ref. c. 14. pag. 472. unterrichtet. II. Die überzogene oder truckene und weiche eingemachte Citronen-Schalen / welche auch aus Madera gebracht werden / müssen frisch / klar und durchsichtig / oben grün und unten gleichsam mit Eiß überzogen / leicht zu zerschneiden / doch aber recht trucken / und mit keinen schwartzen Flecken und Löchern geschändet seyn / welche eine Anzeigung sind / daß sie alt und naß worden / wie Pomet pag. 232. in seiner Material-Kammer berichtet. III. Das Oehl von den Schalen / welches insgemein die Essentz von den Italianern genennet wird / dessen man zweyerley hat / nemblich das Feine / welches aus dem abgeriebenen gelben von der Schale mit Wasser destilliret wird / schön weiß ist und einen sehr starcken aromatischen Geruch hat: Hernach das Gemeine / welches aus der Häfen / so sich auff dem Grunde derjenigen Fässer und Tonnen / wo sich der Citronen-Safft setzet / destilliret wird / zwar auch hell und wohlriechend / aber grünlicht ist / und berichtet jetztgemeldter Frantzöischer Materialist / daß man insgemein aus 50. Pfund solcher Häfen drey Pfund klares Oehl haben könte / doch mehr oder weniger / nachdem die Citronen gewesen. Sie werden beyde in grosser Menge von den Parfumierern verthan. IV. Kan man auch ein Oehl aus dem gelben pressen / welches / aber sich so lang nicht halten lässet / wie das vorige; doch lässet sich die Ambra gleich darin solviren / und hernach zu vielerley gebrauchen. V. Hat man den sauren Citronen-Safft oder Acidum Citri, welcher sonsten auch VINUM CITRI genennet wird / kombt auch aus Italien und wird von den unzeitigen und gar kleinen Citronen gemacht. Man machet ihn auch wohl in Teutschland / aber gemeiniglich von angesteckten Citronen / weswegen man ihn lieber selbsten machen soll / wann man was gutes haben will. Die Türcken machen einen Tranck davon / welchen sie SOR BEC nennen und über Alexandrien heraus senden / bestehet aus Zucker und Citronen-Safft; wie dann die Holländer und Engeländer ein dergleichen Gemeng aus Citronen-Safft / Zucker / Muscaten und Branden-Wein machen und Poleponze nennen / wormit sie diejenige / so auff dem Meer mit der See-Kranckheit geplaget sind / stärcken / auch sich damit praeserviren. In den Apothecken machet man den Syrupum acetositatis citri darvon / welcher sehr wohl refraichirt, stärcket und kühlet. VI. Hat man in den Apothecken das Elixir Citri, doch auch zweyerley / eines welches zur Artzney Tropffen-weis gebrauchet wird / das andere so an statt eines Branden-Weins und Aquavits getruncken wird / welches mehr ein infusum zu nennen ist. VII. Machen die Zucker-Becker auch allerhand Confect von den Citronen-Schalen / welche sie entweder zu Kräntzlein winden und mit Canarien-Zucker zu Candisirten Citronen-Schalen machen / oder diese Schalen in kleine Stücklein zerschnitten entweder glatt oder krauß mit Zucker in dem Conficir-Kessel überziehen / woraus die Zucker-Stengel meistens unter dem feinen Confect bestehen. So wissen auch die geschickte Hauß-Mütter den Citronen-Biscuit, Citronen-Salat und andere Lecker-Bißlein daraus zu machen / worvon jetzo weitläufftig zu handeln nicht nöthig seyn wird.
|| [308]

§. 7.
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Wir schreiten deswegen zu denen Pomerantzen / welche die Lateiner MALA AURANTIA nennen / weilen doch gemeiniglich dieselbe mit den Citronen in den Orangerien bey einander wachsen / auch meistens bey einander feil getragen werden: sind von den Citronen theils durch die eusserliche Figur / welche nicht oval, sondern rund und etwas zusammen gedruckt / theils durch die Farb / welche roth- oder Goldgelbe ist / unterschieden: Haben gleichfals eine dicke lederichte Schale / voller kleiner Löchlein und übertreffen / an dem scharffen / bitteren und aromatischen Geschmack / die Citronen. Sie kommen ebenmäsig aus Italien / Portugal und der Provintz Languedoc in Franckreich / wo sie frey und ohne einige Gesetz oder Bedingungen verkauffet werden.

§. 8.
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Der Pomerantzen-Baum kommet mit der Grösse dem Citronen-Baum nahe / ist etwa zwey oder drey Ehlen lang / mit vielen kurtzen Zweigen / so immer grün / auch das gantze Jahr über Frucht träget / nachdem er zuvor im April oder Majo weisse und wohlriechende Blüte gehabt; wie dann auch die Blätter / welche dick und den Lorbeer-Blättern gleich sind / einen ziemlich guten Geruch haben. Man will sagen / daß die Bäume / so Früchte trügen / aus Indien müsten gebracht werden / indem aus dem Saamen keine Frucht-tragende zu erziehen seyen. Wann sie aber auff andere Bäume gepfropffet werden / sollen sie tragen / wie D. Hermanni in seinem Mss. setzet. Und daher mag es vielleicht kommen seyn / daß man davor gehalten / die Pomerantzen hätten ihren Ursprung von einem Citronen-Baum / so auff einen Granaten-Baum gepflantzet worden; welches doch nicht glaublich / sondern ist kein Zweiffel / daß sie / wie andere Bäume / auch in der ersten Schöpffung erstanden seyen.

§. 9.
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Ihr Unterscheid wird entweder von den Ländern / wo sie wachsen / genommen / da man ohne die gemeine / auch die so genandte Aepffel Sina unter die Pomerantzen zu zehlen hat: Oder von dem Geschmack / in Ansehen dessen man Süsse / Saure / oder auch Wein-saure hat / welche letztere am meisten gebräuchlich sind. Von allen aber kan man aus dem sehr schönen und raren Buch / welches / Ferrarius Anno 1646. zu Rom in Folio unter dem Tit. Hort. Hesperidum her auß gegeben / mehreren Unterricht nehmen / dessen wir bey den Citronen schon gedacht haben. Pomet gedencket auch der gantz kleinen und unzeitigen Pomeräntzlein / welche zu den Rosen-Kräntzen gesucht werden; weswegen die Materialisten solche auch bringen lassen / wie er in seinem Buch pag. 234. zeiget.

§. 10.
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Wie Nützlich und dienlich aber diese Früchten seyen / bezeuget der Indianer Sprich-Wort / welche sagen sollen / daß derjenigen Schwelle kein Medicus betretten soll / in deren Häusser viele Pomerantzen-Schalen zu sehen / wie Piso von den Brasilianern in Histor. Brasil. Lib. 1. pag. 10. erwehnet. Weilen aber an denen Früchten ein so grosser Unterscheid / als unter den Ländern selbsten ist / so muß man in Europa behutsam damit umbgehen / absonderlich die Teutschen / deren viele sich in Franckreich und Italien an denen Pomerantzen todt gefressen / wie Sim. Paulli in seinem Quadr. Bot. pag. 385. bezeuget. Sonsten kommen sie den Kräfften nach mit denen Citronen in vielem überein / doch also / daß die Schale viel kräfftiger / aromatischer und erwärmender seyen / als die Citronen-Schalen / weswegen sie in allen Leibs- und Mutter-Schmertzen / Windsucht / Magen-Wehe und dergleichen sehr gut thun. Dem Safft hergegen ist der Citronen-Safft überlegen / welcher doch auch kühlet und stärcket: beyde aber wehren der Fäulung des Scharbocks / wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 520. zeiget.

§. 11.
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Zu diesem End werden vielerley Praeparata von den Pomerantzen in denen Apothecken gefunden / als die Essentz / Tinctur, Syrup und dergleichen / welche im Schroeder und denen Dispensatoriis zu sehen sind. Jetzo wollen wir nur derjenigen gedencken / welche die Materialisten aus den Frembden bringen lassen: da sie dann I. mit der Orangen-Blüt einen grossen Handel treiben / welche sie eingemacht aus Italien und der Provintz in Franckreich bringen lassen: Woher auch II. das Pomerantzen-Blüt-Wasser oder so genandte AQUA NAPHAE herkommet / dessen sich nicht allein die Parfumierer gebrauchen / sondern auch die Medici, indem es nicht allein das Hertz und die Frucht in Mutter-Leibe stärcket / sondern auch gegen die Peste gelobet wird. Weilen es aber langsam verschrieben wird / ist es gemeiniglich in denen Apothecken verdorben und schmäcket wie schlecht Wasser / da es hergegen einen bitteren Geschmack und dabeneben einen sehr lieblichen starcken Geruch haben / auch über ein Jahr nicht alt seyn soll: länger lässet es sich nicht halten. Ingleichen rühret III. dasjenige wohlriechende Oehl / welches die Parfumierer NEROLI heissen von dieser Blüt her / und ist nichts anders als das 80. destillarum florum aurantiorum oder destillirtes Pomerantzen-Blüt-Oehl / ist schön hell und überaus [309] wohl riechend / wird am besten zu Rom und dann auch in der Provence destilliret. Unterdessen muß man sich vorsehen / daß man an dessen statt nicht IV. das Oleum infusum, welches mit der Been-Nuß / gleich wie das Jasmin-Oehl kan gemacht werden / überkomme / wormit das rechte Neroli offt verfälschet wird. Nicht weniger schicken die Einwohner der Provence auch V. zweyerley Oehl / welche von den Pomerantzen-Schalen destilliret werden / deren eines von dem gelben der Schale / so ein paar Tag in Wasser eingeweichet wird / durch den Helm übergetrieben wird und von gar gutem Geruch ist: das andere aber von den kleinen und unzeitigen Pomerantzen / welche zuvor fünff oder sechs Tage in Wasser geleget werden / also destilliret wird und Gold-gelbe außsiehet; welche beyde Oehle die Winde zertheilen / auch die Würme der kleinen Kindern vertreiben: worzu auch das Wasser / so zugleich mit übergehet / dienlich ist und deßwegen von den Parfumierern mit gantzen Fässern voll heraus gebracht wird und kommet das meiste von Canetten, Nizza und andern darumb liegenden Orten. So bringet man auch VI. die überzogene und Condirte-Pomerantzen heraus / welche entweder gantz und zuvor von den inneren Kernen geleeret / oder in grossen Stücken sind / welche schön hell und gleichsam durch sichtig und hoch von Farb seyn müssen und von Tours am besten kommen: der Orangeat aber ist dicker und wird von Lyon gebracht.

§. 12.
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Die süsse Pomerantzen werden guten theils Aepffel-Sin / oder POMA AURANTIA SINENSIA genennet / ob sie gleich Chinam ihr Lebtag nicht gesehen haben / sondern meistens aus Goa und denen Benachbahrten Insulen / durch die Portugiesen / gebracht werden / indem Alvarus Semedus, ein Jesuit / welcher lang in China gewesen / bezeuget / daß er dergleichen Früchte daselbsten nicht gesehen habe / wie Ferrarius in obangeführtem Ort berichtet.

§. 13.
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Gleich wie nun die vorige Pomerantzen unterschiedlicher Grösse sind / also sind die Aepffel-Sina auch nicht einerley Grösse / sondern es gibt kleine und grosse. An diesen letzteren haben Ihro Hoch-Fürstl. Durchl. von Hessen-Darmstadt / Herr Ernst Ludwig / Landgraf zu Hessen / Fürst zu Herßfeld / Graf zu Catzenelnbogen / Dietz / Ziegenhain / Nidda / Schaumburg / Ysenburg und Büdingen sc. Mein allergnädigster Land- und Lehen-Herr / vor diesem eine Curiose Observation gehabt / indem / als sie dergleichen auffgeschnitten / einen andern gantz vollkommenen Apffel darinnen gefunden: welche schwangere und auffgeschnittene Frucht annoch in der sehr schönen und kostbahren Hoch-Fürstl. Bibliothec zu Darmstadt abgemahlet zu sehen ist; allwo auch des Seel. Arndtii Paradieß-Gärtlein / so in dem Feuer soll gelegen haben / mit vieler Geistlicher Bedencken / auffgehoben wird / welches etlichmahl in meinen Händen gehabt habe. Die aller gröste wachsen in Ost-Indien vor Batavia / und werden von den Holländern Pumpelmus, sonsten aber Mazchan oder Tieger-Limonen genennet / von welchen Georg Meister im Ost-Indianischen Lust-Gärtner pag. 84. zu sehen / allwo sie auch abgemahlet sind.

§. 14.
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Den Kräfften nach kommen sie in Ansehen der Schalen mit den andern Pomerantzen über ein und ist wohl schade / daß so viel hundert davon von den leckerhafften Leuten / so das Marck nur daraus saugen / weggeschmissen werden / da doch solche mehrere Tugenden in sich haben / als der mittlere Theil. Das Fleisch hergegen hat eine viel andere Eigenschafft / als der anderen Marck / weilen es süsse / und derohalben mehr laxieret / als anhält. Doch stärcket es auch die Natur und Lebens-Geister und dienet zugleich gegen alle Fäulung / Scharbock und dergleichen / wie theils bey D. Ettmüllern in Commentar. Schroederiano pag. 520. theils in Herrn Doct. Burggraffs Disputatione Graduali, de Malo Sinensi Aureo, mit mehrerem kan gelesen werden. Von obgemeldter grösten Art (welche Alexander der Grosse jenseit des Ganges-Fluß gefunden und admiriret haben soll) machen die Indianer einen Wein / welcher sehr herrlich seyn soll / wie Georg Meister cit. loc. berichtet.
|| [310]

Das XII. Capitel
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Von den schwarczen und rothen Brust-Beerlein. Abbildung

§. 1.
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DJe schwartze Brust-Beeren / SEBESTEN genandt / find kleine schwartze Früchte / wie unsere Pflaumen anzusehen / welche oben meistentheils ein weisses Hütgen / wie die Eicheln / inwendig aber / unter dem Honig-süssen Fleisch / ein kleines Steinlein führen: Werden auß Syrien und Aegypten / über Alexandrien / nacher Venedig und Massilien / von dannen aber in Teutschland gebracht / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien p. 155. auß dem Schroeder anmercket.

§. 2.
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Diese Früchte wachsen auff gewissen Bäumen / wie die Pflaumen / deren wir zwey- erley Species bey dem sehr accuraten und annoch sehr neuen Botanico, Leonardo Plukenet Tab. CCXVII. Phytographi??? finden: Eine wird Prunus Sebestena Domestica foliis subrotundis, oder die zahme und rund- blätterichte Sebesten genennet: Die andere aber Prunus Sebestena Sylv. Malabarica, welche etwas läglichte Blätter hat / wie oben auß beyden Figuren klärlich zu ersehen ist. Beyde blühen im Früdling und geben im Herbst die Früchte / welche alle Hütger oder Calices haben.

§. 3.
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Die beste sind / welche noch frisch / vollkommen und fleischicht sind / außwendig schwartz-braun außsehen und ihr Hütlein noch haben / woran man erkennen kan / daß sie noch frisch und nicht gewaschen / noch mit etwas angerieben find. Das Fleisch davon muß süße / schleimicht / braun-roth und weich seyn. Diejenige hergegen so schwartzgläntzend und auffgeblasen scheinen / auch keine Hütger mehr haben / sind nicht gut; wie dann auch die gantz kleine / röthlichte und harte nichts taugen / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues p. 212. lehret.

§. 4.
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Ihren Qualitäten nach sind sie temperirter Natur / erweichen den zähen Schleim und lindern die scharffe / saltzichte und beissende Feuch-tigkeiten / worvon die Flüsse und allerhand Brust-Kranckheiten herrühren; weßwegen sie den Husten / die Heisserkeit der Kehlen / Eng. brüstigkeit / Lungensucht / Seitenstechen und dergleichen Gebrechen mehr vertreiben. Ingleichen dienen sie gegen die hitzige Gallen-Fieber / Nieren und Lendenweh / so von scharffem Urin herrühren / welchen sie auch vergleistern und lindern. So hatten auch unsere Vorsahren ein gewisse Lattwerg darvon / welche Electuatium Diasebesten Montagnanae genennet und zu etlich Loth gegeben wurde / damit der scharffe Schleim dadurch abgeführet würde: Weilen aber solche Lattwerg sick nicht lang halten lassen / auch langsam verschrieben worden / als ist sie heutzu Tag gäntzlich in Abgang gekommen; will man aber solche noch gebrauchen / muß sie in geringer quantität angemachet werden / wie Simon Paulli in Quad. Botan. pag. 44. erinnert. [311] Sonsten meldet auch Tragus inseinem Kräuter- Buch daß man in Orient ein Vogel-Leim auß diesen Früchten mache (wie bey uns auß dem Mispel geschiehet) welchen man den Alexandrinischen Vogel-Leim nennet und schön grün / nicht wässericht / noch stinckend seyn soll; Worvon Pomet c. l. auch zusehen ist.

§. 5.
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Die rothe Brusi-Beerlein oder welsche Hagenbutten werden in den Apothecken Ziziphae und JUJUBAE genennet: sind rothe Beeren / so groß als eine Olive / schmäcken beynahe wie grosse Rosinen / und haben inwendig einen länglichten und auff beyden Enden ausgespitzten Stein oder Kern: werden auß Italien nnd Franckreich herauß gebracht / wo sie häuffig wachsen.

§. 6.
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Der Baum dieser Früchten wächset ziemlich hoch / hat einen gewundenen Stamm / mit einer schwartz-rothen Rinde bekleidet. Das Holtz vergleicht sich dem Hagedorn: Seine Aeste sind groß / auß welchen andere kleine gebogene Neben-Aestlein entspringen / an welchen die Blätter doch ungleich gegen einander gesetzet sind / welche etwas länglicht / dick / rings umb-herzerkerbt und starck anzusehen sind Die Blumen sind bleich- gelb und mosicht / nach welchen die Beerlein wachsen / einer Oliven gleich / erstlich grün / nachgehends / wann die zeitig werden / hoch-roth. Der Banm ist auch überall mit spitzigen Stacheln versehen / wie Theodorus Tabernamontanus im dritten Buch von den Kräutern pag. 758. alles beschrieben hat.

§. 7.
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Wo man die Wahl haben kan / muß man die noch frische / dicke / vollkommene und marckichte / welche doch wohlaußgetrucknet sind / erwehlen / damit sie sich zum wenigsten ein paar Jahr halten lassen: Worauft diejenige / welche gantze Schachteln oder Einschläge voll kommen lassen / wohl Achtung zu geben haben / indem solche / wann sie zu bald eingeschlagen werden / leichtlich warm werden / nachmahlen aber verfaulen und schwarß außsehen. Mann muß auch zu sehen / daß sie nicht feucht kommen oder an einen feuchten Ort gestellet werden / auch fleißige Acht darauff haben / absonderlich wann sie nicht wohl gedörret oder gar zu reiff gesamlet und eingeschlagen worden / dann man dadurch ingrossen Schaden kommen kan. So bald sie nun anfangen warm zu werden / muß man sie außpacken und etliche Tage auff ein weiß Tuch auß einander breiten / auch so viel es müglich / sie fortschaffen / absonderlich / wann man gewiß ist / daß sie wider wohl gerathen sind. Doch geschiehet es zuweilen / daß wann es wenig frische gibt / sich der Preyßsehr vermehre. Sonsten aber / wann man versichert ist / daß sie wohl gedörret und verwahret seyen / soll man die Ballen nicht ohne Noth eröffnen / indem sie sich verschlossen viel besser / als in der freyen Lufft / halten lassen / wie Pomet in seinem offt allegirtem Buch pag. 212. wohl erinnert.

§. 8.
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Ihr Nutzen und Gebrauch kombt mit den vorigen sehr überein / dann sie gleicher weiß ' mästglich kühlen und humectiren: besänfftigen den rauhen Valß / zähmen die scharffe Flüsse / von welchen der Husten / Lungensucht und dergleichen entstehen. Ingleichen stillen sie das Blut-Speyen / so es auß solchen saltzichten Flüssen herrühret; weßwegen sie unter die Brust-Träncke zu nehmen sind / welche nachmahlen mit dem Brust- Beern- Safft oder SYRUDO JUJUBINO können süß gemacht werden / welcher in allen obgemeldten Kranckheiten auch täglich verordnet wird.
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Das XIII. Capitel Von den Datteln und Soden-Brod.
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Abbildung

§. 1.
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DIe Datteln oder DACTYLI sind länglicht- runde Früchte / an der Grösse und eusserlichen Gestalt den Eicheln nicht ungleich / aber etwas grösser / welche eusserlich ein dünnes rothlich-gelbes Häutgen haben / unter welchem ein süsses und gleichsam schleimichtes Marck enthalten / in dessen Mitte ein sehr harter / länglicht-runder Kern lieget / durch welchen der länge nach ein Ritze gezogen ist: kommen aus Syrien / Tunis, Sale und anbern Orten / über Spanien und Italien / wie Schurzius pag. 19. der Teutschen Material-Kammer schreibet.

§. 2.
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Diese Früchten wachsen auff den Palmen- Bäumen / dahero sie auch Palmulae genennet werden. Weilen es aber solcher Bäume vielerley Species gibt / so gar daß Plinius deren bey nahe funfftzig gezehlet hat / wie der berümbte Wormius pag. 164. Musei aus demselben anführet: So ist zu wissen / daß die Datteln nur an der so genandten grossen Palma zu finden / welche deßwegen auch der Dattel- Baum genennet wird / welehen Herr D. Kempffer, aus selbst eigener Erfahrung / in seinem Phoenice Persico, ex professo, beschrieben hat / so etwa bald an des Tages Licht kommen dörffte. Er hat einen langen und dicken schuppichten Stamm / an dessen Höhe viele Aeste mit grossen langen Blättern / den Schwertein gleich / hervorsprie-sen / unter welchen die Blumen gleichsam in einem Gehäusse verstecket liegen / welches sich endlich auffthut und erstlich die weisse Blumen zeiget / nachmahlen aber die Datteln häuffig / wie Trauben an einander hangend / träget / wie oben aus der Figur einiger massen zu ersehen ist. Und ob zwar viele vorgeben / daß solche Bäume allererst nach hundert Jahren Früchte trügen / so widerspricht doch denenselben der Printz Radzevil, in seinem dritten Brief / mit diesen Worten: „Daß etliche sagen der Dat-" tel-Baum bringe keine Frucht / dann über „ hundert Jahre nach seiner Pfropffung / ist „ ein gantz erdichtetes Werck / denn sie gleich „ anderen Bäumen in dem dritten oder vierd- „ ten Jahr Frucht bringen / fürnemlich / so sie „ etwas niedrig seyn. Ob aber auch derjenigen Meynung / welche dafür halten / daß das Weiblein von dem Palmen- Baum nicht eher Früchten trage / es seye dann von dem Staub oder Saamen des Männleins gleichsam impraegniret worden / vor erdichtet und fabulos zu halten sey / stehe deßwegen an mit dem Po, et zu statuiren / weilen solches nickt allein Mich. Boym in Flora Sinica, Prosper Alpinus, Vesling. und andere von Sim, Paulli in Quadrip. Bot. pag. 544. angeführte Scribenten glaubhafftig berichten / sondern auch in den übrigen Kräutern und Bäumen dem gemeinen Lauff der Natur nicht zuwider ist / wie Herr D. Camerarius solches in [313] einem sehr curiosen und an mich vor diesem geschriebenen Brieff de Sexu Plantarum startlich erwiesen / welcher in meinen Dissert. Epistolicis zu finden ist.

§. 3.
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Sonsten müssen die Datteln schön groß und vollkommen / ohne Runtzeln / außwendig röthlich gelb und inwendig weiß / vor allen Dingen aber noch frisch / gantz und nicht zerquetscht / vielweniger Wurm-stickicht seyn / auch einen guten und Zucker- süsen Geschmack haben. Diejenige so von Tunis kommen / werden von / Pomet in Hist. Simpl. pag. 213. vor besser gehalten / als die andere von Salé, welche viel magerer sind dann die vorige.

§. 4.
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Was den Gebrauch der Datteln anlanget / so ist derselbe bey den Morgen-Ländern viel grösser als bey uns / deren sich viele Millionen davon nehren. Ja es soll diese Frucht in Egypten / Syrien / absonderlich zu Hiericho, so gemein seyn / daß sich die Säu davon nehren / wie bey uns mit den Eicheln und Buch- Eckern / als Hieron. Bock und aus demselben Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 102. gedencken. In Europa bedienet man sich deren wegen ihres linderendes und schleimichten Geschmacks / gegen die scharffe Flüsse / welche sie besänfftigen / und werden derowegen gegen den rauhen Halß / Husten / Schwind-Sucht und dergleichen in denen Brust- Träncken und Tisanen / gleich den rochen und schwartzen Brust-Beerlein / gebrauchet. Gleicher-weiß dienen sie auch gegen die Nieren- und Blasen- Mängel / so von scharffem Urin entstehen. Sie stillen auch die Leibs- Schmertzen und den Durch- Lauff: stärcken die Frucht der Weiber / welche doch ihrer nicht zu viel essen sollen / indem sie schwer zu verdauen sind. Sie kommen auch mit unter eine purgierende Lattwerg / welche von ihnen Elect. Diaphoenicon. genennet wird / obwohlen dessen Kräffte mehr dem Turbith, Diagridio und anderen zu zuschreiben sind; besser aber kommen sie unter das Looh de Pino Mes. Ob sie in dem Emplast. Diapalma ein grosses praestiren können / lasse an seinen Ort gestellet seyn.

§. 5.
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Einige Materialisten / als Marxius und Schurtz, gedencken auch eines Palmen- Weins / von den Indianern Terri. von unsern Gelehrten aber PALMITES genennet wird; welcher doch von einer andern Art Palmen- Bäume / nemblich Palma Minore herrühret / und auff diese Manier gesamblet wird: Es haben nemblich die Indianer gewisse Messer und Instrumenten / wormit sie die un. terste grobe Aeste am Baum ritzen / und den heraußfliesenden Safft mit angehenckten Schläuchen und Boutellgen auffangen / wie man bey uns das Bircken-Wasser samblet; welches zu meiner Zeit / vor etwa 16. Jahren / der berümbte und Seel. D. Hermanni an der im Horto Medic. Lugdunensi stehenden Palma Minore zeigete: Soll ein sehr lieblicher und stärckender Tranck seyn.

§. 6.
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Ingleichen wird das Palmen-Dehl oder OLEUM PALMAE von einem andern / oben in der Figur bey gesetzten / Palmen-Vaum zubereitet / welcher gewisse Früchte / in der Grösse eines Eyes träget / aus deren Kern das Oehl / wie das Lorbeer-Oehl aus den Baccis Lauri gepresset wird: ist dicklicht / wie Butter / gold gelb und wann es noch frisch / riechet es wie Violen. Es muß schön frisch / eines süssen Geschmacks und guten Geruchs seyn / auch eine schöne gold-gelbe Farb haben / woran man sehen kan / ob es noch frisch oder nickt / indem das alte gantz weiß wird. Unterdessen muß man wohl zu sehen / daß es nicht mit Wachs / Baum- Oehle / Vtol - Wurtz und Curcum- Mehl nachgekünstelt werde / welcher Betrug leicht zu entdecken / wann man es an der freyen Lufft stehen lässet / da das rechte die Farb verändern wird / welches an dem falschen und nachgemachten nickt in Acht genommen werden kan. So nimbt auch das rechte / wann es weiß geworden / seine vorige Farb wieder an / wann man es über ein wenig Feuer zergehen lässet / welches mit dem falschen auch nicht angehet. In Franckreick besänfftiget man die Glieder- Schmertzen / so von kalten Feuchtigkeiten / Podagra und dergleichen herrühren / mit diesem Oehl / worvon der Franßöische Materialist Pomet vor andern in seiner Histoire de Drogues pag. 214. mit mehrerem zu lesen wäre.

§. 7.
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Weilen im übrigen mit den Datteln und Brust-Beerlein die so genandte SILIQUAE in denen Brust-Schwachheiten offt verschrieben werden / so kan man solche hier nicht gäntzlich vorbey gehen. Dieselbige bestehen aus langen dunckel- braunen Schoten oder Hülssen / in der Länge eines Fingers und Daumens-breit / bißweilen strack / bißweilen krum / wie ein Horn / weßwegen sie auch Bocks-Hörnlein und Ceratonia genennet werden: haben einen süssen Geschmack / aber keinen sonderlichen Geruch und werden zu Teutsch insgemein [314] S. Johannes Brod genennet / welchen Nahmen (wie der berümbte Herr Ludolf in Comm. ad Hist. AEthiop. pag. 181. muthmaset) ihnen etwa vor diesem ein Storger mag gegeben haben / indem S. Johannes davon nie gelebet hat; weßwegen andere sie besser Sooden-Brod nennen / weilen sie gegen den Sood ein gewisses Remedium abgeben: kommen aus Syrien / Indien und heut zu Tag aus Spanten.

§. 8.
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Der Baum / woran sie wachsen / ist ziemlich groß und kan auch in Teutschland erzogen werden / wo doch die Früchte nicht zur Zeitigung gelangen; wie dann Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien. pag 157. berichtet / daß er vor diesem zu Leiptzig in dem Weidmannischen Garten dergleichen im Pomerantzen-Hauß gesehen / welcher trefflich schöne Pfirsings-Blüt-farbichte Blumen / auch endlich grosse Schoten getragen habe / so aber nicht vollkommen reiff worden seyen.

§. 9.
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Die Schoten oder Siliquae selbsten sollen frisch und noch grün einen widrigen Geschmack haben; sobald sie aber auffgetrucknet worden / werden sie süß und lieblich. Sie müssen wohl gewachsen / frisch und safftig / auch nicht Wurm- stichicht seyn / denn in dem Safft und dicken Honig / so darinnen stecket / die beste Krafft verborgen lieget; weßwegen auch die Indianer solchen herauß pressen / und den Ingber / Tamarinden / myrobolanen und dergleichen damit einmachen sollen. Ettmüllerus gedencket pag. 663. Comment. Schroed. daß man auch in Teutschland nicht allein die gantze Frucht / sondern auch die Hülss??? ohne Safft gebrauche.

§. 10
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Den Nutzen betreffend / so hat die gantze Frucht / da der Safft noch innen ist / eine sonderliche Krafft die saltzichre scharste Flüsse zu besänst tigen / und bekommet deßwegen der Brust sehr wohl; weßhalben sie auch unter den Syr. Diacod. Montani kommen. Die Hülsse aber ist gegen den Sood und brennen des Magens dienlich / weilen sie die scharffe Säuer in sich frisset: muß aber auch mästglich gebrauchet werden / indem sie / wie alle holtzichte Dinge / übel zu verdäuen ist / welches Sim. Paulli in Quadrip. Bot. pag. 43. erinnert. Die Mohren essen diese Früchte sehr gern und weilen sie in Orient häuffig wachsen / sollen auch die Schweine / entweder mit der gantzen Frucht / oder mit den Hülssen gemestet und ernehret werden; dahero die Außleger Heil. Schrifft dafür halten / daß durch die Trebern / wormit der verlohrne Sohn sich bey den Schweinen beholffen / diese Siliquae zu verstehen seyen / wie Ursinus in Arboreto Biblico pag. 558. und obbelobter Herr Ludolf. cit. loc. vor andern davon gelesen werden können.
|| [315]

Das XIV. Capitel
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Von den Zibeben / grossen und kleinen Rosinen / Spanischem Wein / Secco, Weinstein und dessen Praeparatis. Abbildung

§. 1.
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ALle Rosinen oder UV AE PASSAE sind nichts anderst / als künstlich auffgedörrete oder getrucknete Wein-Trauben / von unterschiedlicher Grösse und Farb / doch meistens braun / süsse von Geschmack und guten Geruchs: werden auß Syrien / Spanien und Italien / theils in kleinen Centner-Fäßlein / theils in Körben gebracht und von den Specerey-Händlern eingehandelt.

§. 2.
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Der Weinstock / davon sie herrühren / wie auch die grüne Trauben sind jedermann so bekandt / daß es vielen wohl lächericht vorkommen solte / wann man dieselbe hier weitläufftig beschreiben wolte. Dieses nur ist zu wissen / daß diejenige Weinstöck und Trauben / worvon die gröste Rosinen kommen / so groß wie Bäume in die Höhe wachsen und berichtet der berümbte Olearius im sechsten Buch der Persianischen Reiß-Beschreibung c. 4. pag. 699. 704. daß er dergleichen in Persien gesehen / welche am Stamm so dick / als ein Mann gewesen; dergleichen auch zu Damasco wachsen / und kan man in Savoyen schon eine solche Art zu sehen bekommen: Welches daher kommen mag / weilen allda die Stöcke sehr weit von einander gepflantzet werden / daß zum wenigsten ein Karn darzwischen fahren kan / wie Eichovius in seiner Reiß-Beschreibung pag. 203. nicht unbillich davor hält; weßwegen man sich nicht zu verwundern hat / daß so grosse Trauben daran wachsen / deren einige über 20. ??? wiegen sollen / wie Pomet in seiner Materail Histori p. 247. schreibet: welche doch auch nicht gar zu groß zumachen / wie von Strabone geschehen / so denenselben eine Länge von 2. Ehlen zugemessen und derowegen von obberührtem Oleario c. l. bezüchtiget wird / daß er ziemlich über die Schnur gehauen habe.

§. 3.
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Diese Trauben nun / wann sie zu Rosinen gemacht werden / müssen an der Sonnen [316] auffgetrucknet uud eingethan werden / damit sie säfftig und fleischicht bleiben / anderst würde man nichts als Hülsen bekommen / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 154. berichtet. Wie aber solches zugehe / beschreibet Sam. Dale in seiner Pharmacolog. p. 426. Sie schneiden nemlich den Stiel überzwerch / biß in die Mitte / von einander / damit der Traube also ein guter Theil der Nahrung genommen werde: die also halb abgeschnittene Trauben lässet man alsdann so lang am Stock hangen / biß sie von der Sonne und Ermangelung der Nahrung dörr und trucken worden / worauff sie abgenommen und eingepacket werden. Nicht viel anders gehet es mit den andern grossen Rosinen her / wie davon Rajus in seinem Itinerario zu sehen: Wiewohlen einige vorgeben / daß ehe solche gedörret werden / man sie in eine Laugen von Pottasch zu stecken pflege. Die kleine aber sollen zu erst abgenommen und auff der Erden in der Sonne auffgedörret werden / wie Pomet l. c. pag. 248. berichtet / und bald mit mehrerm soll gezeiget werden.

§. 4.
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Was sonsten die drey Species der Rosinen / nemblich der grösten / grossen und kleinen anlanget / so werden die letztere von denen Materialisten Wein-Beerlein oder Corinthen: Die zwey erste aber Meer-Trauben und grosse Rosinen genennet; unter welchen die gröste ZIBEBAE heissen / so in halb runden Einschlägen von Damasco, einer Hauptstatt in Syrien / kommen und derowegen UV AE DAMASCENAE genennet werden; wiewohlen Eichovius c. l. pag. 123. versichern will / daß derselben auch viele auß der Insul Cypern gebracht würden. Die beste müssen noch frisch / schön groß und vollkommen seyn / und muß man Achtung geben / daß keine Spanische / Massilier und Calabrier Rosinen darunter gemischet seyen / welches offters von einigen vortheilhafften Specerey-Händlern geschehen soll; welcher Betrug dar an zu erkennen / daß die rechte Zibeben dick / groß / fett / trucken und hart sind / nur 2. Kern haben / auch etwas widrig am Geschmack scheinen: da hergegen die andere grosse Rosinen weich / gar süsse und gleichsam wie Zucker schmäcken. So kan man auch leicht sehen / ob die Päcke auffgemacht / und die Zibeben auffgerühret worden / worvon Pomet c. l. vor andern zu sehen ist.

§. 5.
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Die gemeine grosse Rosinen oder PASSULAE MAJORES sind wider unterschiedlicher Art / nachdem sie entweder auß Spanien oder Italien / und zwar in weisen höltzernen Kasten oder Körben kommen und schwartz-blau oder hell außsehen. Die schwartz-braune sind meistens Genueser: Die blaue kommen auß Spanien über Marsilien / weßwegen sie auch die Massilier Rosinen vom Schroedero pag. 169. genennet werden. Die Korb-Rosinen (so die schlechtesten) kommen über Hamburg ins Reich. Sie sollen alle schön vollkommen / trucken und doch auch säfftig / darbey zugleich fest und hart seyn / dann solche sich am besten halten lassen / wie Marxius l. c. pag. 156. lehret.

§. 6.
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Die kleine Rosinen oder PASSULAE MINORES sind sehr kleine Träublein / in der Grösse der rothen Johannes-Beern / von unterschiedlicher Farb / als schwartz / roth und weiß / werden theils auß Corintho (worvon sie auch UV AE CORINTHIACAE genennet worden) theils auß der Insul Zante gebracht / allwo sie in solcher Menge wachsen sollen / daß die Türcken jährlich 150000. Gold-Gülden nur vor Wein / kleinen Rosinen und Oehl ziehen sollen / wie obbelobter Eichovius in seinen Reiß-Beschreibungen pag. 61. berichtet. Weswegen dann auch die Engeländer und Holländer ihre Consules und die Frantzosen ihren Commissarium stetig allda dieses Handels wegen halten.

§. 7.
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Wie dieselbe zubereitet und accommodiret werden / beschreibet Pomet c. l. pag. 248. Wann nemblich diese Träublein zeitig sind (welches im Augusto geschiehet) brechen solche die Zantheser ab / lösen sie von den Stielen und dörren sie an Betten bey der Sonne. Wann sie alsdann trucken gnug sind / werden solche in die Stadt getragen und verkauffet / allwo man sie durch ein Loch in grosse Magazine oder Gewölber / welche die Einwohner Seraglio heissen / schüttet / wo sie sich durch ihr eigen Gewicht so hart auff einander setzen / daß sie nachmahlen mit grossen eisernen Hacken wieder von einander müssen gerissen werden. Nachmahlen werden sie in Tonnen oder auch Ballen von unterschiedlichem Gewicht gepacket und durch gewisse Personen mit den Füssen hart zusammen gestampffet / welche deswegen ihre Füsse mit Oehl schmieren. Wann sie nun also accommodiret sind / kauffen sie die Holländer und Engeländer sehr wohlfeil / gemeiniglich den Centner vor 1½. ??? müssen aber nachgehends den Venetianern wohl auch so viel Zoll davon geben; weswegen zu Marseille der Centner schon uff 5. Gulden kommet. In Venedig werden sie nach dem Ster verkaufft / so 260. ??? klein Gewicht ist und zu Nürnberg 154. ??? thut / wie Schurtzius in seiner Mate [317] rial. Kammer pag. 109. berichtet. Und weilen die Europäer solche Früchte so häuffig auffkauffen / so sollen die Zanteser dafür halten / man brauchte sie bey uns zum färben. Sie müssen schön frisch / klein / in grossen Klumpen / nicht von einander gerissen / noch vielweniger mit Honig gerieben seyn. Auch muß man Achtung geben / daß sie nicht von den euseren Enden der Ballen oder Tonnen seyen / welche insgemein weiß und von den Milben angefressen sind; auch sollen keine kleine Spanische Rosinlein darunter gemischet seyn / welche etwas grösser sind / als die rechte Corinthen. Sie können zwey biß drey Jahr lang gehalten werden / wann man sie nur nicht auffreisset und keine Lufft darzu lasset: Worvon obbemeldter Frantzöischer Materialist in angeführtem Ort mit mehrerm kan gelesen werden.

§. 8.
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Sonsten kommen fast alle Rosinen / sowohl kleine als grosse mit ihrer Krafft und Tugend sehr über ein / haben eine recht temperirte Natur / mildren die schärffe Feuchtigkeiten und geben zugleich gute Nahrung; weswegen sie den Schwind- und Lungensüchtigen wohl zu pas kommen: Gleichwie sie auch zu andern Brust-Kranckheiten in den Brust-Träncken fleißig gebrauchet werden. Sie kühlen auch und stillen den Durst in den hitzigen Fiebern und erweichen den harten Leib; allwo doch zu mercken / daß die Rosinen alsdann außgekernt werden müssen / indem die innere Kernlein stopffen / wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 303. erwehnet.

§. 9.
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Weilen im übrigen von denjenigen Trauben / davon die grosse und kleine Rosinen entspringen / der Spanische-Wein und der so genandte Sec oder VIN SECCO guten Theils herrühret / auch die Materialisten und Specerey-Händler grosse Handlung damit treiben / so wollen wir derselben mit wenigen Worten nur gedencken / indem sie fast einerley Würckung haben und insgemein hitzige starcke Weine sind. Ohne dem gemeinen Spanischen Wein nun hat man VINUM CORINTHIACUM ALCONENSE de THIN, De TINTE CANARIENSE XERANUM MALACENSE oder welche letztere entweder sauer und süsse kommen / worunter diese am theuersten sind. Hierher gehöret auch der Peter Simonis oder pietersemin, welcher in Castilien gezogen und von Teutschland zum erstenmahl dahin soll gepflantzet seyn / wie Schurzius in der Material-Kammer pag. 109. schreibet. Item, de monte Fiascon, propter est est: Prosecker Reinfall / Rosatzer: Item, der so genandte Frotignan, de Coste-Rotie & c. welche meistentheils in Pfeiffen / gleichwie die Italiänische insgemein in bouteillen gebracht werden / deren doch viele von Brixen auß Tyrol kommen / allwo ein vortrefflicher rother Wein wächset / welchen viele Fürsten und Herrn bringen lassen / wie Eichovius in seinen Reiß-Beschreibungen pag. 28. in Acht genommen hat. Unter den Frantzöischen oder Franschen-Weine̅ ist der bleichrothe Champagner Wein sehr berümbt. Der weisse und rothe / welchen sie Claretum oder Vin Clairet nennen / ist aller Orten bekandt.

§. 10.
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Den Unterscheid und Würckung anderer und bey uns in Teutschland wachsenden Corinthen-Wein / Alicanten-Wein / Tint-Wein / Canarien-Seck / Serinischen-Seck / Mallagas-Seck / Weinen hat Jacobus Horstius Tr. de Vite Vinif. und Sachsius à Levvenheimb in seiner Ampelographia Cur. weitläufftia beschrieben / welchen letzteren Sim. Paulli in Quadr. Bot. pag. 558. den andern Plinium nennet; wiewohlen Ettmüllerus l. c. pag. 681. von beyden gar kaltsinnig judiciret. Am besten aber hat Andreas Baccius Tr. de Vini generibus und noch kürtzlich Doct. Joh. Valentin Kauppers in seiner zu Hall gehaltenen Disput. Inaug. de Natura & Pr???stantia Vini Rhenani in Medicinâ davon geschrieben. Der gemeine Mann gibt alles kurtz in dem gemeinen Sprichwort: Francken-Wein / Krancke-Wein Necker-Wein / Lecker-Wein Rheine-Wein / Feine-Wein. Doch ist ein guter Moseler-Wein auch nicht zu verwerffen / welchen diejenige / so das liebe Podagra haben / vor andern suchen. Wie man aber allerley Kräuter-Wein machen solle / zeiget in einem eigenen Tractat Mons. Guybert aux Oevres Charitables, wie auch Colerus in seiner Oeconomie.

§. 11.
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Hierher gehöret auch der SPIRITUS VINI, welchen man hier zu Land zum Unterscheid des gemeinen Frucht-Brandenweins [318] Rheinischen Brandenwein nennet und wird entweder von dem Wein selbsten oder der Wein-Häfen gebrennet / welcher letztere zwar viel stärcker / als der andere ist / aber einen etwas unangenehmen Geruch hat: wird häuffig von Colmar und Straßburg herunter gebracht / welcher hier zu Land sehr gesuchet wird / indem der / so auß Francken komt / nicht so gut ist. In Holland und Engeland hat man die von dem Frantzen-Wein gemachte Brandenweine / unter welchen die von Conjac, Nantes und Bourdeaux am bekandsten sind und auff der See in der Meng getruncken werden. Der beste Brandenwein ist / welcher schön weiß / hell und klar / eines guten Geschmacks ist / auch die Prob, und wie man redet / die Perle hält / das ist / welcher viele Bläßlein auffwirfft und solche lange hält / wann man ihn im Glaß beweget. Andere zünden ihn an / und wann er gleich brennet uud nicht viel zurück lässet / ist er gut. Man muß zusehen / daß er nicht mit Frucht-Brandenwein verfälschet sey / welchen man hier zu Land nicht allein von Korn-Früchten / sondern auch von abgefallenen und wurmstichichten Quetschen häuffig brennet / auch mit Fenchel / Aniß / Wacholder-Beern und dergleichen zuweilen abläutert. So hat man auch in den Apothecken den Rectificirten-Brandenwein oder SPIRITUM VINI RECTIFICATUM, welcher entweder durch widerhohltes destilliren oder Abziehen / oder durch eine Schlange so weit getrieben wird / biß er das Pulver anstecke / auch wann er angestecket wird / gantz keine Feuchtigkeit zurück lasse und so man einige Tropffen außschüttet / solche in der Lufft zergehen und die Erde nicht berühren / welche die drey Proben sind / wodurch er erkennet wird. Doch kan man durch einen viel kürtzeren Weg darzu gelangen / wann man den Rheinischen Brandenwein mit dem ??? Pottaschen / Soude und dergleichen in einem Gefäß wohl schüttelt und rüttelt / welche alles ??? in sich schlucken / wie zu meiner Zeit den rectificirten Brandenwein auff diese Manier zu Pariß / in dem Königlichen Laboratorio, gleichsam in einem moment habe machen gesehen. Ist ein vortrefflich-herrliches Werck / nicht allein andere Cörper aufzulösen und allerhand Essentzen / Tincturen und dergleichen zu machen / sondern er selbst stärcket die Nerven und Gliedmaßen der gestalt / daß ich einen guten Freund und Anverwandten kenne / welcher denselben vor eine Panacee hält und nur durch eusserliches Einreiben an Menschen und Viehe damit recht glückliche Curen thut.

§. 12.
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Nicht weniger wird mit dem Wein-Essig oder ACETO VINI ein grosser Handel getrieben und legen sich wohl eigene Personen auff das blosse Essig-machen. Je besser der Wein / worauß er gemacht wird / je stärcker der Essig ist. Und weilen man auch Eßig von den sauren und schlechte̅ Baum-Früchten / Bier / Breyhahn und dergleichen machen kan / hat man sich vorzusehen / daß man solche nicht vor Wein-Eßig kauffe. Er komt auch in Tonnen von Straßburg am besten: Hat eine kühlende und anhaltende Krafft / treibet doch auch den Schweiß und behütet vor Fäulung; weßwegen er auch gegen die Pest selbsten gerühmet und allerhand Bezoardische-Eßige in den Apothecken darauß gemachet werden.

§. 13.
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Ein dergleichen sauerer Safft wird auch aus den unreiffen Trauben oder Uvis agrestis gedrucket / welchen die Apothecker OMPHACIUM, die Frantzosen und Holländer aber du VERIUS nennen: Hat eine anhaltende und zugleich kühlende Krafft / stärcket den Magen / machet appetit und refraichiret diejenige / so grosse Hitze haben / wann er in der Speise und anderstwo genossen wird; wie dann auch deswegen ein Syrop davon zu finden / welcher Syrupus de agrestâ genennet wird: Soll auch zur Reinigung des Wachses gebrauchet werden. Es muß nicht mit dem ??? omphacino confundirt werden / wie Sim. Paulli l. c. pag. 413. erinnert.

§. 14.
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Letzlich muß man auch die Wein-Hefen nicht vorbey gehen / auß welcher die Kiefer guten Brandenwein brennen / welche offters davon allein reich werden. Diejenige Wein-Händler aber / so ins Grose handeln und die FAECES Vini nach dem Ablaß in grosser Menge bekommen / pflegen solche nicht leicht den Kiefern zu überlassen / sondern pressen und keltern sie zuvor auß / und bekom̅en offters noch einen ziemlichen Wein darvon: Nachgehens lassen sie solche zu einer schwartzen Farb verbrennen / welche die Frantzosen von Franckfurt / Mäyntz und Straßburg nach Pariß kommen lassen und NOIR d' ALLEMAGNE nennen: ist am besten / wann es etwas feucht / doch nicht mit Wasser naß gemacht / schön gläntzend-schwartz / zart und leicht ist / auch keine Körnlein in sich hat / absonderlich wann an statt des gemeinen Beins / Helffenbein damit verbrandt worden; wird uff gewissen Mühlen und Machinen klein gemahlen. Es dienet den Kupffer-Druckern zu ihrer Farb / welche [319] sie in die gestochene Kupffer-Platten reiben und alsdann auff der Kupffer-Presse die Kupffer-Stücke und Figuren damit abdrucken.

§. 15.
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Von den übrigen Hefen / so sich in den Wein-Fässern anhängen und mit der Zeit erharten / entstehet der Weinstein oder TARTARUS VINI, welchen Glauberus deßwegen auch mit grossem Profit aus der Hefen künstlicher Weisse zubereiten weiß / worvon in dessen Buch / Teutschlands Wohlfahrt genandt / mit mehrerem gehandelt wird. Dieser Weinstein nun ist ein Art Saltzes / welches sich wie ein Saltz-Stein inwendig an die grosse Stück-Fässer / ein oder zwey Finger-dick / anhänget und einen säuerlichten / auch etwas scharffen Geschmack hat: kommet meistentheils vom Rhein-Strom und aus dem Francken-Land / und zuweilen auch aus der Provintz Languedoc, Lyon und andern Orten in Franckreich.

§. 16.
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Man hat dessen verschiedene Sorten / nemblich weiß und roth / nach Unterscheid des Weins / von welchem er herrühret / und wird jener / nemblich der Tartarus albus dem rothen oder Tartaro rubro immer vorgezogen / zumahlen wann er fein grob / leichtbrüchig / außwendig weiß und inwendig gläntzend ist / nicht viel Erde / noch Staub oder Pulver untermischet hat / welcher gemeiniglich mit den kleinen Fragmentis verkauffet wird. So hält man auch der Lands-Art nach einen Unterscheid darunter / indem der Teutsche Weinstein auch von den Frantzosen selbsten vor den besten gehalten wird / wie bey dem Frantzöischen Materialisten Pomet c. l. pag. 251. zu sehen. Er ist insgem̅ein dicker / als der frembde / außgenommen der Ungarische / welcher stetig dünn fält / aber doch von Marxio c. l. pag. 295. vor den besten will gehalten werden: da hergegen Schurzius c. l. pag. 107. den Fränckischen Weinstein / andere den Rheinischen / absonderlich den Straßburgischen und Pfältzischen / (dann der Ober-Ländische von Schaffhaussen und Lindau zugleich weiß und röthlicht ist) eligiren. Nach diesem ist der Provintzialische und endlich der Lyonische zu setzen / deren Güte nach dem Teutschen zu aestimiren ist.

§. 17.
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Was dessen Nutzen und Gebrauch anlanget / so wird der rohe Weinstein in grosser Menge von den Färbern / Müntzern und Gold-Schmieden / welche das zuvor geglüete Silber damit weiß zu sieden wissen / consumirt. In der Artzney aber werden dessen Praeparata, so die Chymici und Apothecker daraus machen / mehr gebrauchet; wiewohlen auch der rohe Weinstein eine aufflösende und gelind-laxierende Krafft hat und den sauren Schleim aus dem Magen und Gedärme abführet / man nehme ihn gleich in der Speisse / an statt des gemeinen Saltzes / oder in einem Tranck / mit Feilstaub / welcher zur Monatlichen Reinigung dienlich ist.

§. 18.
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Gleich wie nun der berümbte Helmont die generation des Weinsteins am besten entdecket / also werden uns dessen Praeparata von einigen Chymicis / absonderlich Angelo Sala, Zobelio &c. in besonderen Büchern und Tartarologiis weitläufftig unter Augen geleget / mit welchen zuweilen die Materialisten auch grosse Handlung treiben / absonderlich mit dem CREMORE und CRYSTALLIS TART. welche die Francken Centner-weiß nach Franckfurt bringen und den Materialisten verkauffen / bey welchen sie die faule Apothecker / so die Mühe solche selbsten zu machen nicht nehmen wollen / Pfund-weiß abholen; wie dann auch von Montpelier eine grosse Quantität verführet wird / absonderlich von den Crystallen / dann es mit dem Cremore Tartar. etwas langweilig hergehet und endlich nicht viel dran gelegen ist / ob man nur eines von beyden gebrauche / weilen sie einerley Kräsfte haben / auch auff eine Art zubereitet werden / wann man nemblich den rohen Weinstein in Wasser siedet und entweder die öberste und saltzichte Haut abschäumet / oder das übrige zu Crystallen anschiessen lässet. Die beste sind / so in grossen / weissen und durchscheinenden Crystallen kommen / auch nicht viel kleinen und schwartzen Unrath untermischet haben. Doch muß man sich vorsehen / daß sie nicht mit Salpeter verfälschet seyen / welchen einige Betrüger zugleich mit anschiessen lassen / daß sie desto weisser werde̅ und sie mehr am Gewicht bekommen möchten. Sonsten kan man sie durch offtere solution und widerholtes crystallisiren weiß gnug machen / worvon doch verständige Medici wenig halten / indem die erste Crystallen viel mehr und besser operiren / als andere so offt depurirte / obwohlen sie nicht so weiß scheinen. Ihre Operation aber bestehet in einer eröffnenden / abführenden und laxierenden Krafft / durch welche sie den festen Schleim in dem Gedärme aufflösen und deßwegen vor und mit den Purgierungen gebrauchet werden können; und weilen dieselbe auch die fliegende Hitze / so von einigen der hitzigen Leber beygemessen wird / kühlen und dämpffen / so haben die Sächsische Medici den so genandten Pulv. hepaticum Rubr. Dresdensem daraus gemachet. Doch muß man dergleiche / an sich gute / Sachen nicht zu viel ge [320] brauchen und gar vor eine Panacee halten / indem viele die Säure des Crem. Tart. nicht vertragen können; anderer Ursachen jetzo zugeschweigen / welche die Heilbrunner Medici in einem eigenen Tractat de Cremore Tartari (welchen fie contra einem Dorff-Pfarrer geschrieben) angeführet haben.

§. 19.
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Damit aber den Weinstein-Crystallen obgemeldte Säuer in etwas benommen werde / sie auch nicht nur in warmen / sondern auch kalten vehiculis oder Träncken genossen werden könten / hat man den so genandten TARTARUM SOLUBILEM oder SAL VEGETABILE erfunden / welches aus den obbemeldten Crystallen und dem ???. Tartar. oder Weinstein-Saltz gemachet wird / dessen Erfindung Pomet loc. cit. einem Capuciner / nahmens F. Angelo zuschreiben will / welcher denselben zu Paris zum erstenmahl eingeführet und in unglaublicher Quantität verkauffet / indem der gemeldte Materialist allein demselben jährlich mehr dann zwölff Centner rohen Weinstein und wohl Tausend Pfund Crystallen verkauffet hat. Es kan aber ermeldter Capuciner denselben wohl eher von den Teutschen überkommen haben / bey welchen er längsten schon bekandt gewesen / obwohlen anfänglich die Beschreibung und Zubereitung heimlich gehalten worden / welche heut zu Tag fast allen Apotheckern bekandt ist. Er muß schön weiß / trucken und wohl saturiret seyn. Will man ihn scheinlicher machen / kan man ihn auch solviren und zu Crystallen bringen lassen: kommet an den Kräfften mit den Crystallen überein / nur daß er besser corrigiret ist / und wird bey der Sauer-Brunnen Cur zum Laxieren sehr gebrauchet.

§. 20.
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Gleichergestalt kan man auch den aus Weinstein mit Feilstaub gekochten TARTARUM CHALYBEATUM zu schönen Crystallen anschiessen lassen / auch aus dem TARTARO SOLUBILI und der Stahl-Tinetur einen TARTARUM MARTIALEM SOLUBILEM verfertigen: welche beyde in denen langwierigen Miltz-Beschwerungen / Gelb- und Wassersucht sehr guten Nutzen schaffen.

§. 21.
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Nicht weniger wird der so sehr bekandte TARTARUS EMETICUS, als das gebräuchlichste Brech-Pulver / aus den Weinstein-Crystallen gemacht / wann man dieselbige mit gleicher Quantität von dem Croco Metallorum in zwölff Theil Wasser kochet oder drey Tag an einem warmen Ort offt umbrühret / filtriret und entweder abrauchen oder zu Crystallen anschiessen lässet; dergleichen Medicament andere auch aus dem Salpeter / Salarmoniac und Tartaro solubili zu machen pslegen / von dessen rechtmäsigen Gebrauch Mynsich, als der erste Erfinder / in seinem Armament: Medico-Chymic. kan gelesen werden. Man gibt hier zu Land insgemein ij. biß iij. Gersten-Korn schwer / mit noch so viel Zucker / im Anfang der Fieber / übergeschossenen Gall und andern Kranckheiten.

§. 22.
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Wann man aber den Weinstein auß einer Retorten treibet und destilliret / so bekommet man erstlich den SPIRITUM TARTARI, welcher ein gut Schweiß- und Urin-treibendes-Mittel ist: wormit zu gleich das stinckende Weinstein-Oehl oder OLEUM TARTARI FOETIDUM übergehet / welches eusserlich trefflich zertheilet und zu den dicken Brüsten und andern Geschwulsten dienlich ist; Und wann man den Satz oder Caput Mortuum, welches zurück bleibet vollends calciniret und weiß brennet / kan man das rechte und veritable Weinstein-Saltz / oder SAL TARTARI davon außlaugen / und also umbsonst haben: da / wann die Apothecker den Weinstein in den Häfner-Oeffen brennen lassen / der vortreffliche Spiritus mit dem Oehl zu schanden gehen: muß schön weiß / trucken / etwas scharff und ein wenig bitter / auch nicht mit Salpeter verfälschet seyn / welches leicht zu erkennen / wann es uff den Kohlen / wie der Salpeter / blatzet. Dieses Saltz muß vor andern an einem truckenen Ort gehalten / und von der Lufft wohl verwahret werden / sonsten es leicht schmeltzet und sich in ein klares Wasser verwandeln thut / welches man OLEUM TART. PER DELIQUIUM nennet: wo sehr merckwürdig ist / daß man aus einem Pfund ???. Tartar. wohl zehen Pfund solches Oehls haben könne / weilen es die Luffr und ???. Mundi so an sich ziehen kan / wie Digbaeus solches in seiner Oration de Pulv. Sympathet. in Acht genommen. Es trucknet sehr aus / heilet den Grind / Flechten / Finnen / und macht eine schöne Haut: wird auch von einigen innerlich gegen die scharffe Säuer im Magen gegeben.

§. 23.
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Wann man das ???. Tartar. ein paar Tage lang im Feuer wohl calciniret und außglüet und den Spiritum Vini Tartarisatum darauff gieset / hat man in einem Augenblick die Weinstein-Tinctur oder TINCTURAM TARTARI, welche schön roth seyn muß / wird aber endlich / wann sie zu alt ist / gelb: soll das Geblüt reinigen und den Urin treiben.
|| [321]

§. 24.
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Vor allen aber wird das flüchtige Weinstein-Saltz oder SAL TARTARI VOLATILE sowohl zu den geheimeren Secreten der Chymie, als auch zur Artzney gerühmet; worvon Daniel Ludovici Tr. de Volatilisatione Salis Tartari gar schön geschrieben hat / und kan auch Charas in seiner Königlichen Apothec (so Frantzöisch herauß gekommen /) darvon gelesen werden / welcher selbiges auß der Wein-Hefen machet.

§. 25.
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Was endlich den TARTAR. VITRIOLATUM anlanget / davon sind alle Bücher voll: Muß auß wohl verwahret werden / wann er nicht schmeltzen soll: Ist ein gut digestiv und eröffnet die Verstopffungen.

Das XV. Capitel
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Von denen Lorbeeren / Feigen / Prunellen und Castanien. Abbildung

§. 1.
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DIe Lorbeeren oder BACCAE LAURI sind länglicht-runde und schwartze Körner / welche unter einen dünnen Schale einen braunen Kern haben / so sich in zwey Stücke zertheilet: Sind eines scharffen / bitteren / öhlichten und gewürtzten Geschmacks / auch guten Geruchs und werden benebenst denen Blättern auß Italien in Teutschland gebracht.

§. 2.
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Die Lorbeer-Bäume / von welchen sie herrühren / sind gar unterschiedlich / zahm und wild. Jene werden wider in die breit- und schmalblätterichte unterschieden / darvon beydes die so genandte Weiblein nur Früchte tragen / wie davon weitläufftig in des Tabernaemontani Kräuter-Buch lib. 3. pag. 676. seqq. nachzusehen ist. Sie haben alle länglichte harte / grüne und wohlriechende Blätter / am Geschmack bitter / nach welchen an den Weiblein grüne Blümlein / und nach solchen die Frucht erfolget / welche anfangs grün / und wann sie reiffen / braun werden. Sie werden in Teutschland auch erzogen / allwo sie Kern-Früchte tragen.

§. 3.
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Die beste Lorbeeren sollen noch vollkommen und wohl gewachsen / doch recht trucken und außdörret / auch so schwartz / als es möglich ist / seyn und muß man wohl zusehen / daß sie nicht wurmstichicht und durchfressen seyen / worzu sie sehr geneigt sind / wann sie nicht wohl verwahret werden.

§. 4.
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Ihren Qualitäten nach sind sie aromatisch und also einer erwärmenden und durchdringenden Natur / stärcken die Glieder / zertheilen [322] die Winde im Magen und Gedärme / treiben den Urin / die Monatliche Zeit der Weiber und die todte Frucht; weßwegen auch Sim. Paulli den armen Kindbetterin 6. oder 7. Lorbeeren gibt / daß sie desto leichter gebähren / wie in dessen Quadripartito Botan. pag. 73. zu ersehen ist. Worzu dann auch das OLEUM LAURINUM oder Lor-Oehl eusserlich dienet / welches aus Mayland zu uns gebracht wird / allwo sie es auß den frischen Lorbeeren pressen / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien p. 119. berichtet. Doch wild auch dessen viel auß der Provintz Languedoc in Franckreick gebracht / absonderlich von Calvisson, nahe bey Montpelier, wo sie die frische Lorbeeren in Wasser sieden / außpressen / und wann das Oehl kalt worden / in kleine Fäßlein thun und anderstwo verführen: muß schön frisch / wohlriechend / etwas körnicht / doch dick und hart seyn auch eine etwas gelb- grüne Farb haben: weßwegen der gantz grüne und weiche / so nicht nach Lorbeeren riechet / zu verwerffen / wie Pomet in seiner Hist. des Drogues p. 246. lehret. Und weilen also in diesem Oehl / welches einige Betrüger aus Unschlitt und Terpenthin / (welche sie mit Safft-Grün färben /) nachmachen / ein grosser Betrug stecket / muß man sich in dem Einkauft wohl vorsehen. Wird sonsten gegen alle kalte Schmertzen / Flüsse und dergleichen an Menschen und Vieh sehr gebrauchet und absonderlich von den Roß-Aertzen sehr consumiret. Wie dann auch das Lorbeern-Pflaster oder Emplastrum de baccis Lauri, so in den Apothecken zu finden / dergleichen effect thut / dessen Beschreibung / benebenst der Lattwerg und andern / in dem Dispensatoriô Augustanô zu lesen ist.

§. 5.
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Die Blätter oder FOLIA LAURI werden sehr in den Küchen zu den Wildpret-Pasteten und andern Speisen gesuchet / auch in der Artzney gegen die Bien- und Wespen-Stich auffgeleget und kommen an den übrigen Kräfften mit den Lorbeern überein.

§. 6.
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Zu diesen und dergleichen frembden Baum-Früchten gehören auch Die Feigen / welche in den Apothecken CARICAE genennet werden / auß sehr marckickten und körnerichten Früchten / von unterschiedlicher Farb / wie Birne formiret / bestehen / und eines süssen Geschmacks / auch lieblichen Geruchs sind: werden auß Spanien / Franckreick und anderen Orten in Körben oder Kisten herauß gebracht.

§. 7.
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Der Feigen-Baum / woran sie wachsen / ist ohngefehr eines Mannes hoch / mit grossen breyten und zerkerbten Blättern: hat fast kein Holtz und mag ehe eine Rinde oder Röhre heissen / so am Stamm etwa einer Spannen dick ist. Ein Zweig davon hat bey 200. Feigen / welche sambt dem Stengel / wann sie halb zeitig / nemblich halb grün und halb gelb sind / abgeschnitten und an einen Balcken oder Posten gehencket werden / da sie in 4. oder 5. Tagen hernach gantz zeitig und gelb werden / wie Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 35. schreibet. Wann sie nun recht auffgetrucknet sind / werden sie von denen Außländern entweder in Bintzen-Körbe von Palmen-Blättern oder Kisten und Schachteln geschlagen / an welchen man den Unterscheid schon eusserlich erkennen kan.

§. 8.
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Der Feigen selbsten gibt es sehr viele Sorten / welche theils mit Rosmarin, (dahero einige Rosmarin-Feigen heissen) theils mit Lorbeer-Blättern oder grünen Anis-Cronen unterleget sind. Die Spanische in Fäßlein oder Faß-Feigen kommen über Hamburg: Caricae de Cypro, auch in Fäßlein / über Venedig: Die Provintzialische Korb-Feigen in Körblein von Massilien auß Franckreich / wie Vielheuer auß obbemeldtem Schurtzio in Beschreibung frembder Materialien pag. 85. schreibet. Pomet aber / der Frantzöische Materialist / theilet die Provintzialische wider in drey Sorten / nemblich I. in die Blauen / welche groß / trucken und frisch seyn müssen 2. in die Massilier-Feigen / welche klein / weiß / frisch und trucken seyn / auch keine lederichte Haut haben müssen / und leicht an den bunten und kleinen Körben zu erkennen sind / 3. in die gar grosse und fette Feigen / welche in grossen Körben / wie die Spanische / kommen / sind aber bey weitem nicht so gut / wie die andere in kleinen Körben / worvon in dessen Histoire des Drogues pag. 257. mit mehrerm zulesen ist. Bauhinus der berümbte Kräuter-Mann erzehlet auch drey Sorten in Pinac. l. II. Sect. I. pag. 457. davon die erste in grossen Bintzen-Körben: Die zweyte in Kisten oder auch dergleichen Körben mit Lorbeer-Blättern gemischet und die dritte in kleinen und länglicht-gewundenen Bintzen-Körben gebracht und die Massilier-Feigen genennet werden / welche letztere viel süsser und besser als die andere / auch gantz dünn-häutig / ob sie gleich nicht so groß / als die übrige sind. So findet man auch noch vier Arten in Indien / welche Schurtzius l. c. erzehlet / aber bey uns unbekandt sind. In Italien werden die Feigen nach dem Ster und nicht nach den Centnern ver [323] kaufft / deren eines 220. ???. hat / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 58 zeiget.

§. 9.
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Den Nutzen betreffend / so haben die Feigen eine erweichende Krafft und besänfftigen die scharfte Flüsse / weßwegen sie zu den Brust-Träncken gebrauchet werden: Treiben zugleich den Urin und befördern die Frucht in Mutter-Leibe / weswegen sie Simon Paulli in Q. B. pag. 300. den Schwangeren recommendiret / weilen sie auch eine gute Nahrung geben / absonderlich wann sie mit Mandeln genossen werden / wormit die Hamburger ihre Feigen-Käß von unterschiedlicher Grösse machen / welche nicht schlim zu essen sind. Sie treiben auch die Blattern und Röthlen der kleinen Kindern auß. Eusserlich aber werden sie gebraten / auff die Geschwulst des Zahn-Fleisches geleget / worauß sie den bösen Schleim häuffig ziehen.

§. 10.
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Nebst den Feigen bringen sie aus Franckreich / absonderlich einer kleinen Stadt in der Provintz / so Brignole heisset / röthlicht-gelbe außgekernte und auffgedörte Pflaumen / in länglichten Kistlein / oder Schachteln mit künstlich geschnittenem Papier bedecket / welche man PRUNA de BRIGNOLES, und teutsch PRUNELLEN heisset: müssen schön gelb / fleischicht / recht trucken und der Zucker unter dem Papier nicht naß oder geschmultzen seyn / woran zu erkennen daß sie gut und auffrichtig sind: haben einen Weinsäurigen anmuthigen Geschmack. In Teutschland machet man sie auß geschälten und noch nicht gantz reiffen Quetschen nach / welche doch nicht so gut sind.

§. 11.
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Ingleichen bringen auch die Frantzosen von Lyon und andern Orten die grosse Castanien / welche sie MARONEN heissen; sind viel grösser dann die Unserige / so im Elsaß und der Pfaltz wachsen / wiewohlen sie einerley Geschmack haben: müssen aber nicht faul oder angelauffen / sondern noch frisch / auch hart seyn. Sie werden auch mit Zucker überzogen und Marons glacez genennet / worvon Pomet c. l. pag. 258. weiter kan gesehen werden.
|| [324]

Das XVI. Capitel
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Von den Indianischen Klapper- oder COCOS-Nüssen. Abbildung

§. 1.
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DIe grosse Indianische Cocos-Nüsse sind gewisse Baum-Früchte / eines Kinds-Kopffs groß / welche eusserlich mit einem dicken Bast und fasselichten Schale umbgeben sind / worinnen eine sehr grosse ovalrunde Nuß / mit einem erhabenen Striemen gleichsam in drey Theile getheilet / zu finden ist / bestehend auß einer sehr harten holtzichten / eines halben Fingers-dicken und oben mit drey Löchern (deren einige blind fallen) bezeichneten Schale und einem weissen und süssen Kern / welcher fast so groß / wie ein mittel-mäsig Ey / inwendig hohl und eusserlich mit einem dünnen Häutgen bedecket ist. In diesen Kernen samblet sich allezeit ein sehr liebliches süsses Wässerlein / welches endlich darin vertrucknet; weßwegen dann alle diejenige Nüß-Kern / so zu uns heraus gebracht werden / hohl und leer sind: kommen meistens auß Ost-Indien / wiewohlen auch in America eine Art zu finden ist.

§. 2.
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Der Baum / worauf diese Cocos-Nüsse wachsen / wird in den Ost-Indianischen Insuln der Klapper-Baum / CLAPPUS oder CLAPPA genennet / und vergleichet sich den Palmen / wächset sehr hoch in die Höhe und bestehet dessen Stamm aus einem sehr harten Holtz / so gleichsam in Geleiche unterschieden ist. Die Blätter sind groß / wie an den Palmen / doch etwas breiter / die Blüte / wie an den Castanien-Bäumen / und hangen die Aeste gleicherweisse / wie an denen Palmen herunterwerts gebogen / wie solche Mallet seiner Well-Beschreibung / und Georg Meister in dem Ost-Indianischen Lust-Gärtner pag. 49. (so selbsten viel hundert gepflantzet) in einem absonderlichen Kupffer-Stück vor gestellet hat. An den untersten kleinen Aesten / nahe am Stam̅ / wachsen fünff / biß sechs / auch mehr / grosse Nüsse / aus welchen die Bäume auch fortgepflantzet werden können / wann sie in ein [325] fettes und wohlgedungtes Erdreich eingeleget werden.

§. 3.
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Ob aber dieses auch in Europa angehe? hat man vor einigen Jahren in dem neu-angerichteten Medicinischen Garten zu Ambsterdam mit gutem Success probiret / wie Hr. Dumbsdorff / ein basiger Teutscher Apothecker / an den jüngern Herrn D. Volckamer nach Nürnberg berichtet. Solches gienge also zu: sie legten eine grosse Cocos-Nuß im Herbst also in die Erde / daß das öberste grosse Aug oben lage: worauf aus einem der kleineren Augen / welche unten lagen / ein Stämlein entsprossen / welches in zwey Jahren fünff Viertel einer Ehlen hoch gewachsen ist. Hierum kamen die Blätter hervor / welche drey Vierthel von einer Ehlen lang waren: Und wann solche abfielen / entstunden davon einige Striemen wie Knöpffe / welches die Ursach seyn mag / daß der Stamm solche Reifflein und Gelencke hat / wie alles aus der oben gesetzten Figur / welche in denen Miscellan. German. Cur. Dec. 2. Ann. 7. Obs. 250. pag. 467. enthalten / klärlicher zu sehen ist.

§. 4.
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Der Unterscheid dieser Früchten wird entweder von ihrer Grösse oder eusserlichen Figur genommen. Der Grösse nach sind einige groß / wie die gemeine: Einige kleiner / welche auff besonderen Bäumen wachsen und von Tabernaemontano im dritten Buch von den Kräutern pag. 649 Nuculae Indicae oder Indianische Nüsselein genennet werden / obwohlen sie an sich selbsten so klein nicht sind. Der Figur nach sind die meisten oval-rund; doch findet man zu weilen auch länglichte / wie alles aus dem obigen Kupffer-Stück zu sehen ist.

§. 5.
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Was den Nutzen und Gebrauch der Cocos-Nüsse anlanget / so haben dieselbige nicht weniger als der gantze Baum einen überaus grossen Nutzen / indem sie nicht allein eine gute Nahrung geben / davon sich etliche hundert Million Seelen ernehren und die Schwind-Süchtige sich erhalten sollen: sondern auch den natürlichen Saamen vermehren / auch ihrer Fett- und Oehligkeit halben dem Stein-Schmertzen wehren können. Weßwegen dann auch aus dem Kern ein zweyfaches Oehl von den Indianern gepresset wird / eines aus den frischen / welches gelind laxieret und den harten Leib erweichet: das andere aus den dürren oder etwas gerösteten Kernen / welches sie nicht allein zu den Lampen brauchen / sondern es dienet dasselbe auch den Contracten Gliedern und Glieder-Schmertzen / wie Wormius in Mus. pag. 209. davon meldet. So sollen sie auch aus der obersten Rinde einen dergleichen öhlichten Liquorem pressen / welcher zu eben dergleichen Nerven-Kranckheiten dienlich ist / auch die Würme im Leib tödten soll / wie Tabernaemontanus pag. 649. seines Kräuter-Buchs aus dem Avicennâ gedencket. Man kan auch aus diesen Kernen / so man sie mit Wasser zerstöset / eine Emulsion, gleich der Mandel-Milch / machen / worinnen die Indianer den Reiß und andere Speisse kochen und delicater machen. Nicht weniger ist das süse Wässerlein in den Kernen sehr nützlich / indem es nicht allein einen angenehmen Tränck abgibt und sich lang halten lässet / sondern auch ein vortrefflicher Spiritus und Aquavit davon kan destilliret werden / welcher des berümbten D. Hermanni Liquor balsamicus ist / worinnen er allerhand rare Gewächse und Ungezieffer conserviret und zu seiner Zeit zu Leyden in seinem Museo Ceylanico sehen liese / wie mir solches Herr Doct. Kempffer, so ihm denselben bey seiner Retour aus Ost-Indien mitbrachte / entdecket hat.

§. 6.
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Aus der harten und holtzichten Schale dieser Nüß machte man allerhand Galanterien / als Trinck-Geschirr / Löffel / Dosen und dergleichen / absonderlich wann sie eusserlich schön poliret werden; worzu diese Nüsse bey denen Materialisten sehr gesuchet werden / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 214. bezeuget. Was davon abgehet / kan man entweder zu Dinten-Pulver brauchen / oder zu Kohlen verbrennen / welche den Gold-Schmieden sehr dienlich sind.

§. 7.
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Ingleichen dienet die eussere bastichte Rinde den Indianern zu den Schiff-Seiler / welche bey die funfftzig Claffter lang / fast eines halben Manns-dick sind und nicht so leicht in dem Wasser verfaulen; weßwegen sie auch die Ritze und Löcher an den Schiffen damit außstopffen: Und weilen auch das Holtz von dem Stamme zu dem Schiff- und andern Bau sehr dienlich ist / auch die Indianer mit den Aesten und Blättern ihre Hütten und Schiffe decken / Marten-Körbe und andere Sachen davon machen / so ist fast kein nützlicher Baum / als dieser / in der Welt zu finden / wie obbelobter Wormius in seinem schönen Museo pag. 209. wohl raisoniret / auch oben angeführter Georg Meister (so viele Jahr in Ost-Indien bey dem Justitz-Rath und Medico D. Cleyern, als ein Gärtner / gedienet hat) solches loc. cit. pag. 49. bestättiget / welcher davon sehr umbständlich handelt.
|| [326]

Das XVII. Capitel
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Von der MALDIVER COCOS-Nusz/ COCCEL-Körner und Krähen-Augen. Abbildung

§. 1.
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ÜBer die gemeine und runde Cocus-Nüsse / davon wir im vorhergehenden Capitel gehandelt haben / gibt es noch eine andere / aber rare / Art / welche man die Maldiver Cocus-Nüß oder COCUM MALDIVENSEM zu nennen pfleget: ist den vorigen fast in allem gleich / ausser daß sie eusserlich eine andere Gestalt hat / und da die andere bey nahe rund sind / ist diese wie ein Hertz anzusehen und wird sonsten auch Tavarcaré genennet; Und weilen die Sinenser solche als einen Abgott in ihren Häussern bewahren / und solche aller Orten auffsuchen / so ist sie deßwegen übel zu bekommen / wie Herr Rumphius in dem zwölfften Ost-Indianischen Send-Schreiben unten im Anhang dieses Buchs schreibet.

§. 2.
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Dieser Frucht wird vor andern eine grosse Krafft gegen allerhand Gifft zugeschrieben / dahero sie auch von dem berümbten Bauhino Nux Indica ad venena celebrata oder die Indianische Gifft-Nuß genennet wird. Absonderlich aber wird die so genandte GEMMA NUCIS MALDIVENSIS, deren Wormius in Museo pag. 203. gedencket / in Indien deßwegen hoch gehalten / und nicht allein / wie der übrige Kern / gegen allerhand Gifft / Flecken-Fieber und dergleichen gerühmet / sondern gar vor eine Panacée gehalten. Solche findet sich in der Mitten des Nuß-Kerns / wie ein Aug / daraus sie wieder sprosset: ist rund / in der Grösse eines kleinen Tauben-Eyes / glatt / hart und wie die Perlen gläntzend: hat meistentheils eine gelbe Farb / ausser daß sie an einem Theil etwas weiß ist. An dem einen End ist ein kleines Stielgen zu sehen / wormit sie dem übrigen Nuß-Kern angehänget gewesen: wigt ohngefehr anderthalb Quint und gehet im Wasser zu Grunde. Die Indianer sollen sie in güldene und silberne Ringe also einfassen / daß sie die blosse Haut an den Fingern anrühre / und halten also diese Ringe vor ein sonderbahr Amuler wieder die Zauberey und alle Vergifftung. Unterdessen kan auch viel Aberglaubiges Wesen darunter stecken / welches diejenige Histori bestättigen kan / deren Franciscus Redi in seinen Experimentis Naturalibus p. 35. gedencket. Als nemblich eine frembde [327] und in Africa gebohrne Person / unter andern frembden Raritäten diese Maldivische Coccus-Nüsse in Italien an einen vornehmen Hofe gebracht und unter andern deren Tugendten vermeldet / daß sie alles Eisenwerck also von sich stosse / gleichwie hergegen der Magnet solches an sich ziehe / solches aber gedachter Scribent nicht glauben wolte / hat er es mit einem Degen probiren und bestättigen wollen / welches aber fehl geschlagen / ohnerachter alle Umbstände / so darbey erfordert werden / in Acht genommen worden / wie an gedachtem Ort mit mehrerm zu lesen ist. Von den übrigen Qualitäten aber können die Indianische Natur-Kündiger und Scribenten / als Hernandez, Garz. ab Horto, Acosta, Piso und andere auffgeschlagen werden.

§. 3.
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Weilen im übrigen die bekandte Coccel-Körner auch Indianische-Nüßlein / Cocculi Indi und COCCULAE ORIENTALES genennet werden / so wollen wir denselben bey den vorigen Cocos-Nüssen auch abhelffen. Es bestehen dieselbe in dunckel-braunen Körnern / so groß als eine kleine Lorbeer / aber etwas runder: Sind mit einer runtzelichten Haut / wie die Muscaten umbgeben / sehen an einer Seiten / woder Stiel gewachsen / wie kleine Nieren auß / und haben einen bitteren Geschmack: Werden auß Malabar und Aegypten herauß gebracht.

§. 4.
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Von dem Gewächs / worvon sie herrühren / sind unterschiedliche Meynungen. Einige vermeynen es seye eine Art Nachschatten. Andere halten es vor eine Art Wolffs-Milch. Die heutige Kräuter-Verständige / als Breynius und andere versichern hergegen / daß sie an einem gewissen und sich windenden Strauch wachsen / welcher in dem Horto Malab. Tom. 7. Tab. 1. Natsiatam und Holländisch Waterquaad heisset. Der berümbte Rumphius aber versichert / daß sie an einer wilden und rauhen Rancke / TUBA BACCIFERA genandt / wachsen / welche er im 16. Cap. des 7. Buchs seines Ambonischen Kräuter-Buchs schön beschrieben / wie wir aus dessen Msc. in den Ost-Indischen Sendschreiben zeigen werden. An solchem hängen der Körner viel an einem Stiel / wie in obiger Figur zu sehen: Sollen anfänglich weiß / dann röthlicht / endlich braun außsehen / wie ermeldter Stiel: Haben inwendig einen Kern / so sich in viele Theile zertheilet; und weilen derselbe leicht wurmstichicht wird / so kommen sie meistens hohl und leer / absonderlich wann sie alt sind.

§. 5.
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Die beste sind / welche noch frisch / schwer und hoch von der Farbe / so groß / als sie seyn können / und mit keinem Unrath vermischet / wie Pomet in seiner Frantzöischen Material-Kammer pag. 216. unterrichtet.

§. 6.
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Den Gebrauch dieser Früchten hat Codronchius in einem besonderen Buch beschrieben. Sie haben etwas Gifft-mäsiges an sich und werden deßwegen in der Artzney innerlich nicht gebrauchet. Riverius, ein berümbter Frantzöischer Doctor, hat sie zu seiner Zeit eusserlich gegen das Podagram gebrauchet / wie in Append. Schroederi p. 5. zu sehen ist. Sonsten aber werden sie mit den Stephans-Körnern zu denen Läuß-Salben gemischet. So bedienen sich derer auch die Knaben zu dem Fichfangen / indem sie diese Körner mit faulem Käß / Campffer und andern in des Wormii Mus. p. 197. beschriebenen Mittelen zu Pillen mischen und in das Wasser werffen / da dann die Fische davon toll werden und oben mit den Händen können gegriffen werden; welche gekünstelte Fischerey oder Piscatio Medica doch in denen Rechten nicht wohl gestatter wird / wie Zacchias in Quaestionibus Medico-Legalibus pag. 473. mit mehrerm lehret.

§. 7.
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Gleich wie nun diese Fisch-Körner den Fischen ein Gifft sind / also tödren hergegen die Krähen-Augen oder NUCES VOMICAE einige vierfüsige Thiere / als Hunde / Katzen und andere / so blind zur Welt kommen. Solche bestehen in runden / zusammen gedruckten Saamen-Küchlein / so groß als ein doppelter Grosche / eusserlich grau und etwas wollicht / wie Sammet anzugreiffen: Inwendig wie Horn / auch so hart / eines bitteren Geschmacks: kommen von der Insul Zeylan auß Ost-Indien.

§. 8.
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Von welchem Gewächs sie herrühren / ist bißdatzer gantz unbekandt gewesen / diß endlich der berümbte Hermanni und andere Kräuter-Verständige darhinder gekommen / daß sie von einem frembden Baum / welcher im Horto Malabarico Tom. 1. pag. 67. unter dem Nachmen Cairam beschrieben wird / herrühren. Worauff sie in gewissen Früchten (welche so groß als Pomerantzen sind) in einem schleimichten Marck liegen / wie an obgemeldtem Ort / und Herrn Matth. Seutteri Disputatione Grad. de Nuce Vomicâ mit mehrerm zulesen ist.

§. 9.
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Indessen hat D. Hermanni in seinen Schrifften bezeuget / daß man deren zweyerlen Art finde / nemlich die grössere und gemeine aus Zeilan, und [328] die kleinere ex Insula Timorensi, welche bey weiten nicht so groß / wie die vorige / sondern dreymahl kleiner sind / weilen auch die gantze Frucht kaum einer Muscaten-Nuß groß ist / welche samt dem Baum / (dessen Wurtzel Lignum Colubrinum genennet wird) in Horto Malabarico Tom. 7. Tab. 2. & seq. in verschiedenen Arten abgemahlet ist.

§. 10.
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Hier zu Land sind die erstere / nemblich die grosse / mehr bekandt / welche noch frisch / schön groß / Asch-farbicht und etwas gelbicht / nicht wurmstichicht / noch mit anderem Unrath vermischer seyn sollen / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 216. lehret.

§. 11.
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Sie haben gleichfals eine gifftige Natur / so gar / daß zwey Quint davon genommen einen Menschen tödten sollen / wie Tabern. im dritten Buch von den Kräutern pag. 650. berichtet. In geringer dosi machen sie erbrechen. Warumb sie aber unter die Alexipharmaca gerechnet und unter das güldene Ey oder Elect. de ovo genommen worden / hat man sich billich zu verwundern und mögen die Alten dadurch etwas anderst / nahmentlich die Fabas S. Ignatii verstanden haben. Die Diebe mißbrauchen solche die Hunde / so ihnen verhinderlich seyen / zu tödten / sind auch vor diesem von den Hoch-Fürstl. Hessischen Beambten bey denselben gefunden worden / wie in meinen Pandectis Medico-Legalibus erwehnet hab.

Das XVIII. Capitel
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Von den süssen und bitteren Mandeln / wie auch denen Zirbel- und Pimper-Nüssen. Abbildung

§. 1.
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DIe Mandeln oder AMYGDALAE sind läuglichte / etwas zusammen gedruckte und auff beyden Seiten bäuchichte Kerne einer Stein-Frucht / außwendig mit einer röthlich-gelben Schale umbgeben / in welcher ein Schnee-weisser Kern / auß zweyen Theilen bestehend / enthalten wird: werden theils aus Franckreich und Italien gebracht / theils in Teutschland / absonderlich in der Pfaltz umb Türckheim / Landau und andern Orten häuffig gesamlet.

§. 2.
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Die Mandeln-Bäume / worvon sie wachsen / sind wie bekandt den Pfersing-Bäumen sehr gleich / haben auch eine dergleiche Fleischfarbichte Blüth / wornach die Frucht erfolget / so außwendig mit einer länglichten-grünen Schelffe / wie die Welsche-Nüsse / umbgeben [329] ist / welcher endlich / wann sie zeitig werden / auffspringet und die Mandelen in einer andern sehr harten / mit vielen tieff eingeschnittenen Strichen gezierten Schale / fallen lässet / welche nachmahlen zu eröffnen und die Kerne darauß zusamlen sind. Doch gibt es auch eine Art / an welcher diese holtzichte Schale also zart ist / daß man sie mit den Zähnen auffbeissen kan / weswegen sie auch Beiß-Mandelen genennet und also gantz bey dem Nach-Tisch auffgetragen werden; dahero sie auch die Materialisten also gantz bringen lassen / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 225. erwehnet hat.

§. 3.
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Es gibt aber zweyerley Mandeln / nemlich süsse und bittere. Die süsse Mandelen oder AMYGDALAE DULCES werden hinwiederumb in verschiedene Sorten getheilet / deren eine Ambrosin, die andere Commun-Mandeln genennet werden. Jene sind grösser und höher an der Farb / werden zu Bavia, in Pugli / Calabriâ, nach dem Cantar (welches in Venedig alla grossa 187. ??? alla subtila 294. ??? in Nürnberg aber 172. ??? thut) eingekaufft / wie Georg Nic. Schurtzius in seiner Material-Kammer pag. 13. berichtet. Diese aber bestehen auß kleineren und nicht so schönen Kernen. Sonsten aber werden sie auch nach den Ländern / worauß sie kommen / genennet / dahero einige die Provintzische / einige die Valenser / andere die Barbarische genennet werden. Die Provintzische kommen auß der Provintz Languedoc in Franckreich / welchen doch obgemeldter Materialist diejenige / welche von Genff kommen / vorziehet. Die Valenser kommen über Welschland / und wann sie groß sind / gehen sie den Provintzischen weit vor: wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 16. lehret. Die Barbarische aber / welche gar auß Orient und Indien kommen / sind fast die schlechteste / indem sie klein und guten Theils halb rund sind / wie Pomet c. l. berichtet; und weilen die süsse Mandeln frisch am besten sind / so ziehet Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 72. allen solchen Außländischen nicht ohne Ursach unsere Teutsche / welche immer frisch und gut zu haben sind / weit vor.

§. 4.
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Sie mögen aber herkommen / wo sie wollen / so müssen die beste noch frisch / schön groß / breit / hoch an der Farb / nicht zu blaß / inwendig schön weiß und von einem recht süssen und angenehmen Geschmack seyn. Sie sollen auch keine Schale / keine Stücker / vielweniger andern Staub in sich halten / sonsten müssen sie zuvor anßgelesen werden. Doch muß man unter dem Staub die Blume nicht verstehen / welche die Mandel-Kernen erhält. Diejenige / welche gantze Tonnen und Ballen davon einkauffen lassen / sehen wohl zu / daß sie durch und durch gut und nicht vermischet seyen / indem einige Kauffleut zu Lyon und Pariß solche also zu dressiren und zu packen wissen / daß man leicht Schaden nehmen kan / wann man sich nicht wohl vorsiher / wie Pomet c. l. von seinen eigenen Lands-Leuten auffrichtig bekennet und warnet.

§. 5.
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Den Nutzen betreffend / so ist unläugbar / daß die Mandeln nicht allein eine grosse Nahrung geben und also in den Küchen zu vielen delicaten Speisen / Marcipanen / Macronen / Mandel-Milch sc. gebrauchet werden / absonderlich aber die Frucht der Schwangeren Weiber stärcken / auch den Männlichen Saamen vermehren / sondern auch wegen ihres temperirten Oehls alle scharffe Feuchtigkeiten besänfftigen und deßwegen den Lungensüchtigen / Schwindsüchtigen und dergleichen zu gut kommen. Zu welchen End dann auch das Süß-Mandel-Oehl oder OLEUM AMYGDALARUM DULCIUM darauß gezwungen wird; und weilen solches nicht allein eusserlich / sondern auch innerlich gebraucht wird / so muß es wohl praepariret / nicht auß alten / runtzelichten / und verlegenen Mandeln / (worvon Schurtzius in seiner Material-Kammer pag. 65. das gemeine herführet) sondern recht frischen und guten Kernen / und zwar kalt / ohne Feuer / außgepresset werden / sonsten es sobalden einen andern / nach dem Feuer riechenden / Geschmack bekommen kan. Es wird innerlich den neugebohrnen Kindlein / mit oder ohne einem purgierenden Säfftgen eingegeben / damit die schwartze Unreinigkeiten (worvon sie sonsten Grimmen / Schwere-Noth und dergleichen bekommen) bey Zeiten auß dem Leibe geschaffet werden. In erwachsenen Personen besänfftiget es den Stein-Schmertzen und befördert den Nieren und Blaßen-Stein / beilet auch andere Gebrechen des Urins: Laxiret und stillet die Colic / befördert das Außwerffen im Seitenstechen / Husten und der gleichen. Eusserlich aber wird es von den Heb-Ammen in der Geburth und vielen andern Dingen gebrauchet; wie dann auch der hinterlassene Taig der Schalen von dem Frauen-Zimmer gebrauchet und die berümbre Mandel-Seiffe davon gemachet wird / wormit sie sich eine zarte Haut und geschweidige Hände zu machen getrauen / worzu doch die bittere Mandeln viel desser sind. Sonsten soll I. ??? Mandeln ???. olei geben / wie Vielbeuer c. l. in Acht genommen hat.

§. 6.
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Die bittere Mandelen oder
|| [330]
AMYGDALAE AMARAE kommen an der eusserliche Gestalt mit den vorigen gantz überein / dahero / wann sie theurer / auch mit solchen verfälschet werden / wiewohlen sie dutch den Geschmack leicht zu unterscheiden sind / welcher in diesen gantz bitter und etwas scharff ist; in Ansehen dessen sie eine erwärmende / zertheilende und eröffnende Krasst haben: Stärcken den Magen und treiben den Urin / weswegen sie beyderseits die Trunckenheit verhüten. Zu welchem Ende diejenige / welche sich im Trincken Heldenmäsig auffführen wollen / sowohl die gantze Mandeln / als auch den biscuit, so man davon macht / vor dem Schmaustren essen. So machet man auch ein Oehl davon / welches zu den Gebrechen der Ohren sehr dienlich ist / auch eine schöne Haut machet / worzu ingleichen die Kleyen davon sehr dienlich ist / welche / wegen ihrer durchdringenden und zertheilenden Krafft / viel tüchtiger darzu / als von den süssen Mandeln gehalten wird. Merckwürdig aber ist / daß / da diese Früchte dem Menschen so dienlich sind / solche den Hühnern und anderem Gevögel sehr schädlich und ein tödliches Gifft ist / so gar / daß sie auch von dem Gatz / worvon das bitter Mandel-Oehl gepresset worden / sterben / wann sie solchen verschlucken / wie D. Lyserus, ein Dännenmarcker in Obs. 14. pag. 239. Cult. Anat. annoch in Acht genommen hat.

§. 7.
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Weilen im übrigen die Zirbel- und Pimper-Nüß / der Würckung nach / mit den süssen Mandeln sehr überein kommen / wollen wir derselben noch mit wenigen gedencken; und zwar die Zirbel-Nüß / Pinelen oder NUCES PINEAS betreffend / so bestehen dieselbige auß länglichtrunden kleinen Kernlein / welche in- und auswendig gantz weiß und eines öhlichten süssen Geschmacks sind: Kommen theils auß Indien / theils auß Italien / allwo sie umb Ravenna, nicht fern vom Ufer des Venetianischen Meers und andern Orten häuffig wachsen / wie Schurzius und Marxius in thren Material-Kammern berichten. Zwar wachsen auch bey uns einige Fichten mit ihren Zapffen / tragen aber keine Nüßlein / sondern diese wachsen an dem PINO DOMESTICA, welcher nur in Italien und warmen Ländern gut thut: hat lange spitzige Blätter / wie Tauben-Rock und trägt grosse / auß vielen harten und holtzichten Schuppen zusammen gesetzte Zapffen / unter welchen die harte holtzichte Nüßlein stecken / deren unter jedem Schuppen 2. liegen / wie Wormius in Mus. pag. 210. berichtet. Solche wirfft man in warme Oefen oder hält sie über das Feuer / so thun sich die Schuppen von einander / und fallen die harte Nüßlein herauß / weiche aufgeschlagen und die Kernlein so mit einem rothen und zartë Häutlein umbgeben sind / herauß genommen werden. Sie müssen schön weiß / frisch / groß / süß und nicht rantzicht seyn. Ob das rothe Häutlein daran zu lassen oder nicht? sind die Materialisten nicht einerley Meynung / indem einige dafür halten / sie hielten sich besser darin / andere aber meynen sie wären dadurch unscheinlich Weilen aber solche sehr leicht und am Gewicht wenig aufftragen / so kan man damit nach belieben verfahren. Wann man sie sauber schält / werden sie sowohl in den Küchen zu Pasteten und andern Speisen / als in der Artzney sehr gebrauchet / absonderlich vor die Schwind- und Lungensüchtige / indem sie gute Nahrung geben und alle Schärffe / auch den Stein besänfftigen. So mehren sie auch den Natürlichen Saamen und stärcken die Mannheit; zu welchem End auch ein Oehl darvon geprest wird / welches ein gewisser Reichs- Fürst immer bey sich führen soll / wie Ettmüllerus Comment. Schroeder. p. 626. berichtet. Was vom Oehl übrig bleibet / machet weise Hände / wie die Mandel-Kleyen.

§. 8.
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Gleiche Kräfften haben auch die Welsche Pimper-Nüßlein oder PISTACHIA, welche auß länglichten und eckichten Kernen einer Nuß bestehen / so an einem Theil etwas höher / als an der andern / eusserlich mit einer Purpur-rothen Schale umbgeben / inwendig grünlicht ist: kommen auß Persten / von Alexandria und Damasco über Italien / ingleichen auß Java / Neapel und Sicilien / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 156. berichtet. Der Baum woran sie wachsen / ist so groß / wie ein junger Nuß-Baum / an welchem die Früchte Trauben-weiß hangen und eusserlich grün / mit roth vermischt / in der Grösse einer grünen Mandel anzusehen sind. Uuter der grünen Schale ist die Nuß selbsten / mit einer weisen / aber nicht so gar harten Schale / welche einen Kern / wie die Blut-Nüsse anzusehen / in sich hält. Diese Nüßlein werden entweder gantz herauß gebracht / oder nur die Kernlein / und werden beyde in den Material-Kammern gefunden. Jene sollen noch frisch / schwer und vollkommen seyn / deren drey Pfund zum wenigsten ein Pfund Kern geben müssen / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 228. lehret. Die Kern selbsten aber sollen außwendig schön roth / inwendig grün / und noch frisch seyn / auch einen süssen / doch etwas anhaltenden / nicht rantzichten oder öhlichten Geschmack haben. Die Materialisten lieben die grossen / die Zucker-Becker aber / welche die Mühe nicht gerne nehmen solche im conficiren zu zerschneiden / die keinen. Alle aber sollen mit [331] telmäsig trocken auffgehalten werden / wo sie nicht bald rantzicht werden sollen. Wann sie in warm Wasser eingeweichet werden / gehet die rothe Schale ab und bleiben die Pistacien Graß-grün. Dem Gebrauch nach kommen sie mit den Pineln gäntzlich überein / mit welchen sie gemeiniglich zugleich verschrieben werden / und kan man auch das Oehl auff obige Manier gebrauchen.

Das XIX. Capitel
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Von der ARECA, BEN-Nusz / wie auch den Blut- und Celler- Nüssen. Abbildung

§. 1.
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ARECA ist eine Frucht eines frembden Baumes dieses Nahmens / sonsten auch Pynan-Bamn genandt / welche eusserlich einer Muscat-Nuß nicht viel ungleich ist / nur daß sie nicht so rund / sondern unten platt und oben aus zugespitzet ist: siehet unten / wo sie auffsitzet / weiß-grau und oben braun: inwendig aber ist sie mit purpur-rothen und weissen Streiffen durcheinander / wie die bunte Seiffen / gemarmelirt: hat einen etwas anhaltenden Geschmack aber keinen Geruch. Sie wird sonsten auch FAUFEL genennet / und kommet aus Ost-Indien.

§. 2.
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Der Baum ist den Palmen und absonderlich dem Dattel-Baum sehr gleich / wie ihn Garcias ab Horto. Plant. Lib. 1. c. 25. und Georg Meister im Ost-Indianischen Lust-Gartner pag. 71. beschrieben / und droben unter den Pfeffer-Figuren zu sehen ist / allwo der weisse Pfeffer daran geleitet worden. Die Frucht aber wächset unter den Blättern nah am Stamm / in grossen und langen Hülssen / so vier Spannen-lang sind / woran die Blumen und Früchte an ihren Stielen liegen / und wann daß Gehäuß auffblatzet / so hänger denn die Frucht Trauben-weiß / welche in einer wollichten Rinde oder Schale / so gleichsam güldene Fäserlein untermenget hat / lieget / wie Wormius in Mus. pag. 199. berichtet. So lang aber die Nuß in dieser grünen Schale lieget / ist sie viel weicher / als wann sie heraus genommen. Der Baum / daß Gehäuß mit den Früchten und die Nüsse felbsten sind sehr schön in dem Horto Malabatic??? Tom. 1. Tab. 5. 6. 7. 8. unter dem Nahmen Caunga beschrieben und abgemahlet.

§. 3.
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Der eusserlichen Gestalt nach hat man verschiedene Species, deren Bauhinus in Pin. lib. 12. s. 6. drey / Pomet aber nur zwey / als die halbrunde und lange Pyramidalische anführen / wel [332] che Theod. Tabernaement. im dritten Buch von den Kräutern pag. 646. mit und ohne den eusserlichen Schelffen abgerissen und unter Augen geleget hat.

§. 4.
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Den Qualitäten nach hat sie eine außtrucknend- und anhaltende Natur oder Eigenschafft / stärcket den Magen / wehret dem übermäsigen Brechen / Durchlauff / rothen Ruhr und Blutspeyen: Befestiget die Zähne und stillet das bluten des Zahnfleisches; zu welchem End die Indianer diese Frucht mit den Betel-Blättern und andern Sachen mischen und täglich käuen sollen. So wissen sie auch einen Branden-Wein oder Spiritum Arecae zu mamen / welcher unserm Frucht-Brandenwein sehr gleich kommet. Die unzeitige und noch rohe Frucht soll gantz truncken machen / weßwegen diejenige wilde Leut / so gepeiniget sollen werden / dieselbige essen / daß sie die Schmertzen nicht fühlen / wie der obberührte Wormius l. c. aus andern meldet. So sollen auch die Indianer den Cattun damit färben und mit purpur-farben Blumen zieren / welche sich gar nicht außwaschen lassen / wie Georg Meister c. l. pag. 72. berichtet.

§. 5.
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Den Nüß-Früchte aber vollends abzuhelffen / folget das BEN-Nüßlein / welches sonsten in den Apothecken auch BALANUS MYREPSICA und Glans Unguentaria genennet wird: ist ein dreyeckichte Nuß / so groß wie ein kleine Hasel-Nuß / und hält unter einer holtzichten Schale einen gleichfals dreyeckichten weissen Kern (so mit einem weissen schwammichten Häutgen umbgeben ist /) welches sehr öhlicht und eines bitteren / auch etwas scharffen Geschmacks ist. Sie wild aus Indien und AEgypten gebracht.

§. 6.
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Dieses Nüsselein wächset auff einem Baum / welcher sich dem Tamarisken-Baum vergleichet / wie aus dem Ast / so in obiger Figur abgebildet / zu ersehen ist. Die Frucht aber wächset in denen dabey abgerissenen und sonsten von den Aesten hangenden Schoten oder Hülssen / und zwar / wie oben schon gemeldet / dreyeckicht / wie die Buch-Eckern / dahero sie auch von denen Griechen ???, das ist: Eicheln geheissen werden.

§. 7.
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Es sollen derselben zweyerley Arten geben / nemblich grosse und kleine / wie Hoffmannus is Clav. Schroed. pag. 418. gedencket / worvon doch nur eine / nemblich die grössere heraus kommet / dann die kleine / so wie die Ziser-Erbsen sind / gar schädlich seyn sollen. Dahero je grösser und schwerer sie sind / je besser sie gehalten werden / absonderlich / wann der Kern schön weiß und frisch außsiehet / wie Pomet in seiner Hist. des Drogues pag. 226. schreibet. Sehe derowegen nicht / warumb Tabernaemontanus im dritten Buch von den Kräutern pag. 644. die alte vor die beste hält / es seye dann / daß man nur das Oehl daraus machen wolte.

§. 8.
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Den Kräfften nach sind sie hitzig und sollen oben und unten aus purgieren: Außwendig aber den bösen Grind und allerhand Flecken der Haut vertreiben / worvon Schroederus und andere zu sehen. Am meisten aber werden sie des Oehls wegen / so daraus gepresset wird / verlanget / welches / ???. de been OLEUM BALANINUM oder BEEN Nuß-Oehl genennet / und wie die Nüsse selbsten / aus Arabien / Moren-Land und Indien über Italien gebracht wird / weilen es sich gar lang halten lässet und nicht wie andere außgepreste Oehle / rautzicht oder stinckend wird. Ob nun wohl dieses Oehl auch eine sehr erweichende und zertheilende Krafft habe und derowegen zu harten Geschwären / Nerven und Glieder-Schmertzen / auch andern dergleichen Affecten sehr dienen soll / wie in dem Dispensatorio Augustano Zvvelff. pag. 328. zu schen; so wird es doch meistens zum parfumiren gebraucht / indem es vor andern bequem und proper ist das Jaßmin-Oehl / wie auch andere Olitäten / als von Tuberosen / Orangen-Blüt und dergleichen (welche sonsten unter dem Nahmen der Essentz von den Italianern verkauffet werden) darmit durch einweichen oder infusion zu machen / weilen es sich lang hält und sonst keinen Geschmack hat. Weilen aber die Landstricher an dessen Stell entweder schlechtes und über dem Feuer außgeprestes Mandel-Oehl oder gar Baum-Oehl nehmen / thur man am besten / daß man es selber mache oder sich bey gewissenhafften und raisonablen Leuten addressire.

§. 9.
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Hier muß man letzlich der Hasel-Nüssen noch mit wenigem gedencken / absonderlichen diejenigen / welche die Materialisten zuweilen auch führen / deren Schurzius in der Material-Kammer pag. 63. dreyerley Sorten erzehlet / nemblich I. die NUCES PONTICAS oder Welsche Hasel-Nüsse aus Italien / welche dicke und groß und beynah als ein Herß formiret sind. 2. Die Blut- oder Lamperts-Nüsse / welche länglicht und inwendig umb den Kern eine blut-rothe Schale haben: werden also genennet / weilen der gemeine Mann dafür hält / daß wann sie umb Lamperti Tag / es sey kurtz zuvor oder hernach / im zunehmenden Mond [333] gesetzet werden / sie viele und grosse Nüsse bringen. 3. Die Zeller-Nüß welche von Zell / bey Würtzburg / aus dem Franckenland kommen und an der Grösse / Figur / wie auch der güte den Lamperts-Nüssen gleich kommen / nur daß sie / an statt der rothen Schale / eine weißgelbichte haben.

§. 10.
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Diese Nüsse dienen nicht allein zur Nahrung und auff dem Nach-Tisch zu gebrauchen / sondern man kan sie auch / an statt der Mandeln / oder mit diesen zu den Emulsionen und Mandel-Milchen nehmen. So könte man auch ein Oehl daraus pressen; weilen aber die gemeine hierzu gut gnug sind / auch die vorige nicht immer in der Menge zu haben sind / so werden sie nicht bald darzu employrt.

Das XX. Capitel
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Von denen Oliven / Baum-Oehl und Capern. Abbildung

§. 1.
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DIe Oliven (OLIVAE) sind gelbgrüne Früchte des Oehl-Baums / ohngefehr so groß als ein Tauben-Ey / welche unter einer glatten Haut und öhlichtem Marck einen sehr harten und rauhen Kern in sich haben / und eines etwas bittern und anhaltenden herben Geschmacks sind: werden aus Spanien / Italien und der Provintz Languedoc in Franckreich eingemacht heraus gebracht.

§. 2.
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Von dem Oehl-Baum selbsten hat man verschiedene Species, deren einige wilde / einige zahme genennet werden / und sind die letztere wieder unterschiedlich. Derjenige / welcher die Oliven träget / ist nicht so groß / hat lange / schmahle Blätter und trägt weisse Blümlein / nach welchen die Oliven selbst folgen / welche anfangs gantz grün und im December / wann sie reiff worden / röthlicht-grün außschen. Wann sie nun so weit kommen / daß sie zum einmachen dienlich sind / (welches gemeiniglich im Junio und Julio geschiehet /) werden sie abgelesen und von den Bauren in die Städte getragen / von welchen sie diejenige / so sie einmachen und verhandeln / kauffen müssen. Wann sie dieselbige nun einmachen wollen / so schütten sie solche eine zeitlang in frisch Wasser / und nachdem sie darinnen gelegen / nehmen sie dieselbe wieder heraus und beitzen sie in einer Lauge von Pott-Aschen oder Soude gemacht / und nachdem sie auch darinnen ihre Zeit gelegen / werden sie in Potten und Fäßlein von unterschiedener Grösse eingetheilet / welche vollends mit Saltz-Wasser angefüllet werden / worauff sie eine vermischte Essentz von Nägelein / Zimmet / Coriander / Fenchel und andern Gewürtzen schütten; und weilen die gröste Kunst in dieser Essentz bestehet / so halten sie solche sehr in geheimb / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues p. 241. berichtet.

§. 3.
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Dieser eingemachten Oliven kommen / nach Unterscheid der Grösse und der Länder / wo sie gewachsen / verschiedene Sorten / deren meistens dreyerley bekandt sind / nemblich I. die Spanische / welche groß / wie ein Tauben-Ey / (weßwegen sie vielleicht die Stoltze oder Superbae bey dem Hoffmann. in Clav. Schroed. pag. 527. heissen) bleich-grün und eines bitteren Geschmacks sind / und derowegen nicht einem jeden anstehen. 2. Die Provintzialische / welche sonsten auch Lucenses genennet werden und von mittelmäsiger Grösse sind: und dann 3. die Italianische / welche die kleineste und bißweilen nur wie Capern anzusehen / aber sehr lieblich und gutes Ge [334] schmacks sind. Die beste sind / welche noch frisch / hart und wohl eingemacht / auch nicht zu bitter sind / und muß man wohl zu sehen / daß die Sauce nicht davon gelauffen seye / in deren Ermangelung sie weich und schwartz werden und nicht vor gut passiren / woraus im Handel ein grosser Schaden entspringen kan / weilen diese Früchte theuer sind. Unter den Provintzialischen werden die so genandte Picholines am meisten aestimiret / welchen Nahmen sie von gewissen Personen / so picholini heissen / und die Oliven am besten einzumachen wissen / empfangen haben: sind insgemein grüner und süsser / als andere / so aus diesen Ländern kommen.

§. 4.
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Was den Nutzen und Gebrauch der Oliven anlanget / so haben sie eine kühlende und zusammenziehende Krafft / weßwegen sie denjenigen dienlich sind / so allezeit Wasser im Mund haben und immer geiffern / ziehen den sehr schlaffen oder welcken Magen zusammen und stärcken denselben / bringen Appetit und benehmen den Eckel; weßwegen sie nicht allein zeitig / sondern auch ehe sie gäntzlich zur Zeitigung gelanget sind / eingemacht werden / damit sie desto mehr adstringiren möchten. Sie werden hier zu Land bey dem Gebratens genossen. Sobald sie aber rantzicht werden / thun sie dem Magen mehr schaden / als nutzen / wie Vielheuer nicht ohnbillich in Beschreibung trembder Materialien pag. 131. erinnert.

§. 5.
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Gleichmäsige Würckung thut eusserlich das so genandte OLEUM OMPHACINUM, welches aus denen noch unzeitigen Oliven geprest wird und gleichfals eine kühlende und anhaltende Krafft hat / wie in dem Schroedero zusehen. Allwo Simon Paulli in seinem Quadripartito Botanico pag. 413. wohl erinnert / daß die junge Practicanten den Safft / welcher aus den unreiffen Weinbeeren gepresset und in den Apothecken Omphacium genennet wird / bey Leibe nicht mit dem ??? omphacino confundiren / und eines vor das andere halten oder verschreiben möchten.

§. 6.
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Ferner wird aus denen recht zeitigen Oliven das OLEUM OLIVARUM oder Gemeine Baum-Oehl gepresset / wie solches Rajus in Hist. Plant. eigentlich und umbständlich beschrieben hat. Es ist aber auch dieses gar unterschiedlich / nach dem es zubereitet ist und von unterschiedenen Oertern herrühret. Das allerbeste ist / welches sobalden aus den zeitigen und frischen Oliven / auff denen hierzu bereiteten Ohlig-Mühlen geschlagen wird / welches schön gelb / süsse und wohlriechend ist / und wird derowegen FLOS OLEI, it. Jungfern-Oehl von Hoffmanno c. l. bey denen Materialisten aber Cartzer- oder Garten-Seer-Oehl genennet / und vor das kostbahrste gehalten / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 148. bezeuget. Weilen aber die annoch frische Oliven sehr wenig Oehl geben / so lassen solche andere eine Zeit lang auff dem Boden liegen / auch wohl gar rösten / damit sie desto mehr bekommen / wodurch man aber ein Oehl bekommet / so einen wiederlichen Geruch und Geschmack hat: ja sie pflegen auch noch heiß Wasser darauff zu schütten und besser außzudrucken; und dieses ist das gemeine Baum-Oehl / davon das Italianische und Provintzialische besser und dem Cartzer-Oehl näher kombt / als das Spanische und Lisabonnische / welche die schlechteste Sorten sind / wie Pomet c. l. davon schreibet. Puisch ist dem Spanischen gleich: Sevillisch dem Provintzialischen. Sie werden alle besser am Geschmack / als an der Farb erkennet / welche man ihnen leicht geben kan / wie Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 65. berichtet / bey welchem auch weitläufftig zu sehen / wie in Puglia, Sevilia, und absonderlich in Botzen / auff den drey hierzu angestellten Oehl- und Jahr-Marckten / daß Oehl ins Grose einzukauffen / einzuschiffen und herauß zu bringen sey.

§. 7.
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Der Gebrauch des Baum-Oehls erstrecket sich sowohl in der Küche und Hauß-Haltung / als in denen Apothecken / (in welchen fast kein Salbe / Pflaster sc. ohne dasselbe kan gemacht werden) so weit / daß man es nicht alle hier enwehnen kan: ist gar temperirt / erweichet und heilet innerlich und eusserlich / worvon Schroeder und dessen Außleger D. Ettmüller mit mehrerem handelt.

§. 8.
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Weilen im übrigen die Capern fast eben so / wie die Oliven / bey denen Braten genossen / auch aus eben denen Ländern kommen / so wollen wir denenselben auch allhier abhelffen. Diese Capern oder CAPPARES nun sind keine Früchte / wie einige vermeinen / sondern vielmehr Augen oder unzeitige Blumen-Knöpff eines Sträuchleins / (dessen Figur im Anfang des Capitels zu sehen ist) welche eingemacht in kleinen Stännlein aus Spanien / Italien und Franckreich gebracht werden.
|| [335]

§. 9.
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Die Art und Weiß / wie man sie einmachet hat Samuel Dale in seiner Pharmacologia pag. 430. auff folgende Manier beschrieben: Sie nehmen die außgewachsene und vollkommene Augen oder Knöpfflein / ehe sich die Blume auffthut / lassen sie etwa drey oder vier Stunde im Schatten liegen / daß sie etwas welck werden und nicht auffblatzen: nachmahlen thun sie Essig in einen Hafen darüber / decken es zu und lassen es acht Tage also stehen: Wann diese vorbey / drücken sie die Capern etwas aus und weichen sie wieder acht Tage in neuem und frischen Essig ein / welches also zum drittenmahl widerholet wird. Alsdann werden sie mit frischem Essig in die Fäßlein getheilet und in andere Länder verschicket.

§. 10.
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Pomet gedencket in seinem Buch pag. 245. daß die Außländer die Capern / vermittelst einigen Siebben von unterschiedenen Löchern / in verschiedene Species sortirten / nemblich in kleine und grosse / welche doch von einem Gewächs herrühren. Je kleiner und härter sie sind / je besser sind sie / absonderlich / wann sie ihre Stiele noch haben. Weßwegen die Spanische / welche groß und keine Stengel haben / nicht so hoch aestimiret werden / als die andere / so aus Italien von Genua, Candia und Cypern kommen / wie Schurzius in seiner Material. Kammer p. 27 schreibet. Die Alexandrinische kommen mit den Spanischen: die von Majorca aber (welche zu Friedens-Zeiten sehr abgehen) mit den Italianischen. In Franckreich brauchen sie meistens die Provintzialische.

§. 11.
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Sonsten hat man auch von diesem Gewächs die Capern Rinden oder CORTICES CAPPARUM in den Officinen / welche aus dicken / Asch-fahlen / runtzelichten und löcherichten Schalen / welche von der Wurtzel dieses Strauches abgeschälet und wie Zimmet zusammen gerolt werden / bestehen / und einen scharffen / auch etwas bitteren Geschmack haben: kommen aus Alexandria, AEgypten und Apulien / wie Marxius in seiner Material- Kammer pag. 65. bezeuget.

§. 12.
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Dem Gebrauch nach werden die Capern selbsten mehr in der Küche zu aller hand Speissen / als Pasteten / Darten und bey den Braten genutzet und absonderlich den Appetit zu stärcken gelobet: Die Kinden aber haben in der Artzney einigen Nutzen / weilen sie eine eröffnende / durchdringende und etwas anhaltende Qualität haben / weßwegen sie zu denen Miltz-Beschwerungen gerühmet werden; worzu auch das Capern-Oehl oder Oleum Capparum, sowohl einfach als vermischt / die Trochisci de Capparibus, Extractum und dergleichen auch in denen Apothecken auffgehalten werden / deren Beschreibung und Tugenden in der Pharmacopoeia Augustana Zvvelferi und anderen zu sehen sind.
|| [336]

Das XXI. Capitel
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Von den Balläpffeln / Lichen-Yistel und Lerchen-Schwamm. Abbildung

§. 1.
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OBschon so wohl unsere / als auch andere frembde Eich Bäume oder QUERCUS durchauß und an allen Theilen zu vielen Stücken / als zum Bauen / Bren̅en und der Mast sehr nöthig und dienlich sind / auch das Holtz / dessen Asche und die Früchte zur Artzney gezogen werden; so scheinet doch vor andern nöthig zu seyn / daß man anjetzo derjenigen Dingen meistens gedencke / welche die Materialisten darvon zur Handlung ziehen und aus der Frembde bringen lassen / worunter die sonst bekandte Galläpffel / GALLAE oder Galles hauptsächlich zu beschreiben sind. Diese Galläpffel nun sind nichts anders / als ein Neben-Gewächs / welches sich / gleichsam wie Wartzen / auff die Blätter des Eich-Baums setzet und von der unreinen Feuchtigkeit / so darauß dringet / gezeuget wird: Sind rund und ohngefehr so groß / wie ein grosse Muscat-Nuß / außwendig rauhe mit ungleichen Zacken besetzet / inwendig schwam- und holtzicht und mit einem Löchelein versehen / eines herben und sehr anhaltenden Geschmacks: kommen theils auß Türckey / theil aus Franckreich und Teutschland / und wird ein sehr grossen Handel damit getrieben.

§. 2.
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Nun gibt es zwar sehr viele Gattungen von den Galläpffeln / als klein und groß / schwartz und weiß / glatt und knockicht / schwer und leicht / Sorianisch- und Aleppischer / Schmirnischer / Tripolischer und Puischen-Galles: Man führet aber fast nimmer über 2. Sorten davon / nemblich Türckisch (worunter fast alle frembde Nationen stecken) und Puisch-Gallus, wie Marxius in seiner Material- Kammer pag. 99. berichtet. Jener / nemblich der Türckische / wird von Aleppo, Tripoli und Smirna gebracht und richten sich verständige Materialisten nach den Ballen / worinnen er kommet / indem die Aleppische / (welche die besten) in länglichten und stracken Ballen: Die Smirnische und Tripolitanische aber (welche etwas schlecht) in dicken und kurtzen Ballen kommen und ist das Pack-Tuch insgemein streifficht. Die Materialisten aber mischen hernach alle durch einander und nennen sie Gallas in Sortis und sollen diejenige / so dergleichen kauffen / zu sehen / daß die kleineste und schwereste nicht herauß gelesen seyen. In Puglia und Romana soll auch guter Galles wachsen / welcher zu Venedig ins Groß verkaufft wird / wo der Saum netto 370. ???. hält / worvon Schurzii Material- Kammer pag. 36. mit mehreren handelt. Puischen-Gallus, als der schlechteste / komt auß Franckreich und Teutschland: Ist insgemein groß / glatt / [337] röthlicht und leicht; da hergegen der beste Türckische ungleich und gleichsam stachelicht (daher ihn die Frantzosen Galles à l' epince nennen) schwartz-blau / klein / aber sehr schwer ist; beyde sollen keinen Staub noch andere Unreinigkeiten von den Eich- Bäumen untermischet haben.

§. 3.
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Hier ist zu mercken / daß auff gewisse Eich-Bäumen in Türckey noch ein ander röthliches aber irregulaire und nicht so rund Gewächs / den Galläpffeln sonsten nicht viel ungleich / wachse / welches die Türcken BAZGENDGE nennen / und wie es in der Figur oben zu sehen / offters unter den Aleppischen Galläpffeln gefunden wird. Dieses brauchen die Türcken sehr mit Zusatz der Kutzenellen und Wein-Stein eine schöne Scharlach-Farbe darauß zu machen / worvon Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 261. weiter zu sehen ist.

§. 4.
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Der Gebrauch der Galläpffel ist männiglichen bekandt / indem sie meistens zum schwartz-färben und zur Schreib-Dinte gebraucht werden / wiewohlen sie auch zu vielen Farben / als der braunen / grauen sc. kommen / wie auß den gemeinen Farb-Büchlein zu sehen ist. Die Türckische und schwartze Galläpffel dienen mehr die Wüllene - der Puisch-Gallus aber die Seiden-Stoffe zu färben. In der Artzney dienen sie wegen ihrer adstringirenden Krafft zu dem Durchbruch und Blutstürtzungen / innerlich und eusserlich / werden aber wie Eicheln und deren Hütlein (so gleiche Kraft haben) langsam verschrieben.

§. 5.
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Sonsten aber wird der Eichel-Mistel oder VISCUS QUERNUS, so auff den Eichen zu finden / fleisiger zur Medicin gebrauchet / welcher in Gestalt eines Struches auß den Aesten des Eich- Baums hervor sprosset / auß kleinen sich in einander flechtenden Aestlein / welche hart und schwer / eusserlich braunlicht und inwendig weiß-gelb / gleichsam mit einer Sonnen gezieret sind / bestehet / länglicht-runde / dicke / bleich-grüne / aber immerwährende Blätter / und kleine weise Beerlein / so groß als die weise Johannes-Träublein / träget / welche inwendig eine schleimichte Feuchtigkeit in sich haben; wie alles droben in der Figur kan ersehen werden.

§. 6.
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Je dicker diese Aestlein sind / je rarer und besser sie zu halten / absonderlich / wann sie zugleich schwer und vollkommen sind. Man muß aber zusehen / daß es der rechte Eichen-Mistel sey; weßwegen man es mit der rechten im Einkauff gleichsam confrontiren und gegen die Prob halten muß. So ein Stücklein von Eich-Baum daran zu finden / kan man demselben desto eher trauen. In Italien bey Folligni, zwischen Rom und Loretto soll eine grosse Menge von dem schönsten Eichen-Mistel anzutreffen seyn / deren Pomet l. c. gedencket.

§. 7.
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In diesem Eichen-Mistel ist ein sonderlichbesänfftigende und stillende Krafft verborgen / wor mit man die wütende Lebens-Geister begütigen und also die Schwere-Noth selbsten bezäumen kan: Muß aber in grosser dosi von einem halben biß gantzen Quint genommen werden / und hab ich einen Empiricum auß Giessen gekandt / welcher auch langwierige und recht eingewurtzelte Epilepsias damit curiret hat / brauchte aber zuvor starcke Vormitoria. Andere recommendiren dieses Mittel auch zum Schlag / Seitenstechen / zu dem Hertz-Geblüt / pro-lapsu uteri und andern Kranckheiten; und obgleich Doct. Ettmüller in Comm. Schroed. pag. 638. demjenigen Visco, so auff einer Linden oder Haselstaud zu finden ein mehrers zuschreiben will / so hält doch Sim. Paulli seinem Quadrip. Bot. p. 548. im Gegentheil davor / daß der Eichen-Mistel denen andern alle vorzuziehen sey / welcher auch nur als ein Amulet am Halß getragen helffen soll / wie solche und noch mehr Qualitäten von einem Italiäner in einem Tract. von dem Holtz des Heil. Creutzes weitläufftig beschrieben worden.

§. 8.
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Sonsten machen unsere Vogelfänger ihren Vogel-Leym oder VISCUM AUCUPARIUM auß dem Eichen-Mistel / wann sie nemblich die Beerlein solang in Wasser kochen / biß sie auffblatzen / nachmahlen im Mörser zerstossen und letzlich solang mit Brunnen - Wasser waschen / biß alle Kleyen und Splitterlein herauß sind: wie Sam. Dale pag. 433. Pharm. berichtet. Dergleichen Vogel-Leim die Egyptier von den Sebesten machen sollen / welche einige Viscum Alexandrinum nennen / dessen Pomet c. l. pag. 212. gedacht hat. Der beste ist / welcher grünlicht / nicht wässericht und nicht stinckend ist. Man kan ihn lang in den Kellern halten / wann man nur immer frisch Wasser darauff giesset. Der Gebrauch ist bekandt / und kan auch in der Artzney eusserlich zum erweichen gebrauchet werden.

§. 9.
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Endlich findet man an den Eich-Bäumen auch einen Schwamm / welchen einige / als Po [338] met Agaricum Quercüs nennen / ohne Zweiffel / weilen er auff solche Art / wie der rechte Agaricus oder Lerchen-Schwamm / wächset. Weilen aber derselbige in der Artzney nicht gebräuchlich / sondern nur zum Zunder dienlich ist / als wollen wir jetzo an dessen Stell den rechten AGARICUM oder Lerchen-Schwamm betrachten / welcher an dem Stamm des Lerchen-Baums (so den Tannen etwas gleich kommet und oben in der Figur zu sehen ist) so wohl in Orient, als in Tyrolen und dem Schwartz-Wald zu finden ist und auß runden / doch ungleichen und eckichten Schwämmen / so etwa einer Faust dicke sind / bestehet: hat außwendig eine röthlich-graue Schale / unter welchen ein gantz weises / sehr leichtes / mirbes Marck / mit vielen Fäserlein enthalten: gibt anfangs einen süßlichten / zuletzt aber bitteren / etwas scharffen und anhaltenden / doch widrigen Geschmack / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 16. vor andern in Acht genommen hat. Er komt auß Holland und Italien.

§. 10.
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Dieser Schwamm wächset nicht sobalden wie andere / sondern muß ein gantzes Jahr haben / biß er zu seiner rechten Grösse komt; worauff er von des Baumes- Rinde abgenommen wird / so bald er dürr ist und Spalten bekommen will. Nachgehends muß vor das erste die eusserste Hautrein und subtil abgenommen und alsdann noch einmahl beschnitten werden. Wan̅ dieses geschehen / wird er an die Sonne gesetzet und 2. oder 3. Wochen lang / nach dem die Zeit ist / gebleichet / ferner mit höltzernen Hämmern oder Klopffholtz geschlagen / gerieben und gekloffet / damit man kein Schneiden daran sehen könne. Bißweilen wird er auch mit Stärck-Mehl oder sauberem geriebenen agaricô eusserlich angestrichen / welches doch anderen verdächtig vorkommen will.

§. 11.
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Einige von den Gelehrten setzen dessen zweyerley Species, nemblich das Männlein und das Weiblein. Jenes ist schwer / gelb und holtzicht und wegen einer malignität nicht gebräuchlich: Dieses aber wird von den Materialisten sortiret: nachdem es zubereitet ist. Schurzius setzet in seiner Material-Kammer pag. II. 2. biß 3. Sorten / nemblich den Agaricum Messanum, welcher schlecht ist / Finum und dann die Rasuram Agarici, welches die Schnitzlein sind / so zum zweytenmahl abgeschnitten und von den Apotheckern gern gekauffet werden / weilen sie wohlfeiler und zum Agarico trochiscato nach ihrer Meynung schon gut sind. Bey unsern Materialisten in Franckfurt und anderstwo findet man den Agaricum crudum oder rohen Lerchen-Schwam̅ / den Agaricum albissimum oder feinen / und die Rasuram oder Schnitzlein. Der beste muß leicht / weiß / zart und bitter seyn / nach der Regul: Res frangi praestò pretiosus Agaricus esto, Candidus & splendens, bonus in libra leve pendens. Er muß im übrigen an einem trucknen Ort gehalten / und wann man vermercket / daß der Wurm darzu komt / mit einem kleinen Börstlein gereiniget werden: bleibet sonsten viel Jahr lang gut / wann er wohl verwahret wird.

§. 12.
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Den Qualitäten nach purgiret er alle zähe schleimichte Feuchtigkeit und Galle auß dem Magen / Gedärme / Nerven und andern Theilen / tödtet die Würme und treibet die Menses, wie Wormius in Mus. pag. 138. weitläufftiger berichtet. Weilen er aber etwas ungeschlacht operiret und Grimmen machet / corrigiren ihn die Apothecker mit dem Ingber und machen ihn zu Küchlein / welche AGARICUS TROCHISCATUS genennet werden. Man machet auch mit dem Spiritu Vini ein Extract davon / dessen man ???v., biß ???viij. auß einem ???. haben kan / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 65. in Acht genommen. Die Rasura Agarici dienet den Färbern Von seinen übrigen Nutzen handelt Bellonius in einem eigenen Tract. de Agarico.
|| [339]

Das XXII. Capitel
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Von den MYROBALANEN. Abbildung

§. I.
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OBschon sowohl bey denen Materialisten / als auch Apotheckern fünfferley Arten der Myrobalanen zu finden sind / nemblich Citrinus, Chebulus, Bellericus, Emblicus, Indus, so will doch Cordus ein alter Scribent behaupten / daß derselben nur drey recht unterschiedenen wächsen / indem die schwartze / gelbe und braune von einem Baum herrühren thäten / und nachdem sie eher oder später abgethan / reiffer oder unreiffer seyen / bald klein / bald groß / bald schwartz / bald gelb anzusehen wären. Hergegen versichert Garcias ab Hortô, daß diese fünff Species gantz unterschieden wären / indem ihre Bäume wohl sechtzig biß hundert Meilen von einander zu finden seyen: Mit welchem es auch die meinste Gelehrte halten / so gar / daß Jacob Bontius noch der sechsten gedencket / welche in Java rund und ohne Streiffe wachsen soll. Ja man hat auch bey uns eine Art kleiner / gelben und roth gesprengten Pfläumlein / welche Myrabellen genennet werden. Weilen aber diese einen andern Effect, als die Myrobalanen haben / jene aber noch unbekandt sind / so wollen wir die obbemeldte fünff Sorten allein nach einander de sehen / welche sonsten alle aus Indien von Bengala, Goa und andern Orten kommen / wie Marxius, Schurzius und andere bezeugen.

§. 2.
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Die MYROBALANI CITRIN???E oder Gelbe Myrobalanen sind länglicht-rund / schwer / vollkommen und außwendig mit tieffen Furchen gezieret / einer gelblichten Farb / inwendig unter der fleischichten Haut mit einem harten Kern begabet: werden von den Holländern und Portugiesen meistentheils trucken / zuweilen aber auch mit Zucker eingemacht und in Fäßlein geschlagen aus Indien gebracht; und wann sie fein groß / schwer / nicht leicht-brüchig / auch außwendig roth-gelb und in gewisse Theile gefalset sind / werden sie vor gut gehalten / und muß man Achtung geben / daß sie mit den braun- und Asch-farbichten nicht vermenget seyen.

§. 3.
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Die MYROBALANI CHEBULAE oder Grosse schwartz - braune Myrobalanen sind wohl noch so lang / wie die vorige / eusserlich schwartz-braun / schwer und etwas runtzelicht anzusehen / und haben inwendig einen langen löcherichten Kern. Sie wachsen in Bengala [340] wild auff einem Baum / so groß / wie ein Apffel-Baum / dessen Figur oben zu sehen ist. Die besten sind groß / schwer und vollkommen: Je weniger Runtzeln sie haben / je besser sie sind / absonderlich wann sie mehr braun als schwartz / auch gleichsam hartzig inwendig sind / am Geschmack anziehend und etwas bitter.

§. 4.
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Die MYROBALANI BELLERICÆ oder Bellerische Myrobalanen sind runde / bißweilen auch eckichte Früchte / so groß wie ein Gall-Apffel / außwendig lichtbraun / inwendig gelbicht / mit einem harten Kern: haben einen scharfficht- und etwas anhaltenden Geschmack / deren Baum Blätter / wie der Lorbeer-Baum / haben soll: Müssen vollkommen / wohl gewachsen und noch frisch seyn / weilen sie leicht wurmstichicht werden.

§. 5.
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Die MYROBALANI EMBLICÆ oder Asch-farbichte Myrobalanen bestehen aus kleinen Asch-farbichten Schnitzlein / welche eusserlich gantz krauß / wie Schagren, außsehen / und einen ziemlich sauren Geschmack haben. Sie wachsen auff glossen Bäumen / welche lange rund-gekerbte Blätter haben / an welchen die Myrobalanen / in der Grösse eines Gall-Apffels / rund und glatt wachsen; und weilen sie zur Zeit der Zeitigung von sich selbsten in vier biß sechs Theile auffspringen / wie Theodorus Tabernamont. l. 3. pag. 641. solches artlich zeiget / so kommen sie insgemein an kleinen eingeschrumpfften Schnitzlein ohne Kern heraus / welche doch fleischicht / schwer und groß / auch mit sonst keinem Unrath vermischet seyn müssen / wann sie vor gut passiren sollen.

§. 6.
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Letzlich sind die MYROBALANI INDAE, das ist / Die Indianische oder schwartze Myrobalanen noch übrig / welche aus kleinen und länglichtrunden Früchten bestehen / so etwa eines Dattel-Kerns groß / außwendig schwartz und runtzelicht / inwendig aber schwartz / glatt und gläntzend / wie Ebenholtz / anzusehen sind: haben aber gantz keinen Kern / woran sie von den andern leicht können unterschieden werden / obwohlen sie am Geschmack (welcher säuerlich und anhaltend) den vorigen sehr gleich kommen. Sie wachsen in Ost-Indien (worvon sie den Nahmen haben) auff einem grossen Baum / dessen Blätter / wie die Weiden / anzusehen sind / und die Figur oben / nebst denen übrigen / im Kupffer-Stück zu sehen ist. Die beste sind / welche dick und vollkommen / reckt schwartz / schwer und doch recht trucken sind und einen sauren anhaltenden Geschmack haben.

§. 7.
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Was die Krafft und Würckung dieser Früchten anbelanget / so werden sie insgemein unter die purgierende Mittel gerechnet / und zwar also / daß man vorgeben will / die gelbe Myrobalanen führten die Gall aus: die schwartze die Melancholey / und die Asch-farbe und Bellerische den Schleim / wie bey dem Schrœdero und andern zu sehen ist. Andere hergegen schreiben ihnen vielmehr eine stopffende Krafft zu / so gar / daß Marxius in seiner Material-Kammer pag. 117. außdrücklich schreibet / sie haben / wie der Gallus eine stopffende Krafft / welche aus dero herben und sauren Geschmack auch probiret werden könte. Solchen Streit nun suchet der Seel. D. Ettmüller in seinem Comment Schrœd. pag. 750. also beyzulegen / daß er statuiret / die Mytobalanen könten zwar in Ansehung ihres schleimichten Fleisches etwas erweichen und laxieren / wann sie über Nacht eingeweichet oder nur ein wenig gekocht würden / absonderlich die etwas hartzicht sind / wie die grosse und schwartz-braune: wann sie aber selbsten / in substantiâ oder auch sehr außgekocht genommen würden / thäten sie mehr anhalten und stopffen. Indessen bekennen alle einmüthig / daß sie sehr gelind laxieren und zugleich etwas anhalten; weswegen sie auch nur in dem Durchbruch / rothen Ruhr / wie das Rhabarbarun, oder wo von der gärenden und auffwallenden Gall fliegende Hitze vorhanden / verordnet werden / welche sie in Ansehung ihrer Säurigkeit stillen können. Weswegen dann auch Sennertus, Mynsicht und andere einige Säffte oder Syrupos davon kochen lassen / welche in dergleichen Fällen verschrieben werden. Sonsten sollen die Indianer auch einige / absonderlich die Asch-farbe / zum Leder-ferben / wie wir hier zu Land den Schmack oder Sumach, gebrauchen.
|| [341]

Das XXIII. Capitel
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Von der Rohr- und-Purgier-Cassien. Abbildung

§. 1.
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DIe Rohr-Cassie oder CASSIA FISTULA bestehet auß länglicht-runden und Cylindrischen Schotten von unterschiedticher Grösse / welche auswendig mit einer schwartzen / harten und holtzichten Schale: Inwendig aber mit einem schwartzen / scharffichten und doch süssem Marck / in unter schiedenen Gefächlein / (worinnen auch ein platter gläntzender Saame wie ein Hertz lieget) versehen sind: kommet theils aus Ost-theils aus West-Indien.

§. 2.
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Die Orientalische Cassia ist wiederumb zweyerley / indem eine Art aus Cambaja, Cananor und andern Orten der Indien / die andere auß Egypten kommet. Jene wird schlechterdings CASSIA ORIENTALIS oder die Levantische Cassien genennet und hat viel grössere und dickere Schotten / als die andere / (davon die geringste eines Schuhes lang sind / wie aus der grossen Kupffer-Tafel zu sehen ist) welche zugleich schwere und gantz seyn auch nicht schlotteren sollen. So sollen sie auch ein Zucker-süsses Marck / welches nicht sauer noch schimlicht schmäcket / in sich halten: Werden im Sommer in Kellern und an kalten Orten / daß sie nicht trucken werden können / des Winters aber im Gewölb / und wann sie etwa anlauffen wollen / muß man sie sauber abwischen und auch wohl ein wenig / doch nicht zu viel / mit Baum-Oehl abreiden / wie Schurzius in seiner Material-Kam???er pag. 27. lehret Die andere An von der Orientalischen / welche auß Egypten über Alexandrien kommet und deßwegen CASSIA ÆGYPTIACA genennet wird / hat viel dünnere / schmälere und zärtere Schlotten / welche an den übrigen Qualitäten der vorigen gleichen sollen. Beyde aber wachsen an sehr grossen Bäumen / welche von Wormiô in Mus. pag. 194. auß andern in etwas beschrieben und von dem Parisischen Materialisten M. Pomet in obgesetztem Kupfferstück / welches in dessen Histoire des Drogues p. 217. zu finden / unter Augen geleget / noch besser aber in dem Horto Malabarico Part. I Tab. XXII. abgemahlet worden.

§. 3.
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Nicht weniger hat man von der Occidentalischen Cassien 2. verschiedene Sorten / deren eine von Brasilien / die andere auß den Antillen-Insulen gebracht worden. Jene / nemblich die CASSIA BRASILIENSIS, destehet auß sehr grossen / langen und dicken Röhren / welche wohl etliche Schuh lang und einer Faustdicke sind / dergleichen obgemeldter Pomet eine bey dem Herrn Tournefort (welcher jetzo auß bloser Curiosität noch selbsten in Orient gereiset) [342] gefehen hat; weilen aber diese Cassie eine dergleiche purgirende Krafft nicht haben soll / wie die andere / als Thomas Bartholinus seiner Zeit auß Holland an Doct. Wormium Ep. 3. Cent. I. pag. 8. geschrieben und Doct. Ettmüller auch gegen Doct. Schrœderum auffgezeichnet hat; So wird auch selbige wenig oder gar nicht von denen Materialisten geführet / sondern vielmehr die CASIA INSULARUM in Handlung gezogen / welche an Form / Gestalt / Farb und übrigen Qualitäten der Orientalischen bey nah gleich kommet / und je näher sie derselben kommt / je besser sie ist / besihe obangezogenen Pomet c. l. Unterdessen muß man zusehen / daß sie sauber und nicht unflätig seyen / indem sie von den Boots-Knechten offters in die Schiffe geschmissen / und weilen sie umbsonst zu haben / nichts geachtet werden / zumahlen diese Eassien-Bäume in den Antillen-Insulen in so grosser Menge sollen wachsen / daß / wann die Köhre von dem Wind zusammen gestossen werden / nach Unterscheid derselben / und nachdem sie mehr oder weniger Höhle in sich haben / ein solches Gethöne und Zischen davon entstehen soll / als ob tausend Heerde Endte oder Gänse zusammen schnatterten / wie Wormius in Mus. pag. 194. berichtet; weswegen nichts weiter uff solche Rohre darff angewendet werden / als die Mühe solche zu samblen: daß also mit derselbe offt nur die Schiffe / als mit Steinen / beschweret auch andere Waaren mit außgestopffet und verwahret sollen werden.

§. 4.
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Was den Nutzen und Gebrauch der Cassien-Röhren anbelanget / so pflegen sie den Leib von der überhäufften Gall und anderen scharffen flüssigen Feuchtigkeiten / zu purgiren / welches nur von dem inneren Marck / nicht aber von der holtzichten Schale und dem Saamen zu verstehen ist / welches letztere mehr stopffen und anhalten / wie Boyle de Orig. Form. pag. 199. bemercket; doch sollen die innere runde Stücklein / welche die Gefächlein der Röhren / wie eine Schiedwand unterscheiden / auch zugleich / wie das Marck / purgiren / welches an einem Affen / so dieselbige verschlungen / wahr genommen worden / wie Doct. Pechlin, Fürstlicher Hollsteinischer Leib Medicus in seinem schönen Buch de Purgantibus pag. 216. angeführet hat. Weilen aber dieses Medicament durch eine Gährung würcket und also zugleich Winde und Blöhungen verursachet / so können solches nicht alle Patienten / absonderlich die Miltzsüchtige / Scorbutische und zu der Mutter-Erstickung geneigte Personen vertragen / in welchen es den alten Wust leicht erregen und also mehr Schaden / als Nutzen bringen könte. Auß eben dieser Ursach thun diejenige nicht wohl / welche die purgierende Cassien denen Febricitanten geben / in welchen ohne dem dergleiche Auffwallungen leicht zu befahren sind.

§. 5.
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Weilen dann / wie oben gedacht worden / zu diesem End nur das innere Marck gebrauchet werden kan / so wird dasselbe von denen Apotheckern / auff die Art und Weise / wie es Schrœderus in seiner Pharmacop. Lib. 4. Class. 3. p. 22 vorgeschrieben hat / herauß gezogen und alsdann PULPA oder auch FLOS CASSIAE genennet / welche aber immer frisch gemacht werden muß / weilen sie sich gar nicht lang halten lässet / sondern bald sa??? wird / da es dann eine solche Schärffe gewinner / daß es innerlich den Magen und Gedärm leicht angreiffen könte; welches Quercetanum beweget / daß er die Cassien als ein corrosives Mittel gar verworffen. Und obgleich einige Apothecker die Pulpam mit Zucker abkochen und also solche länger zu conserviten vermeinen / so wird doch dadurch nur übel ärger gemacht / indem man an statt eines laxirenden Mittels ein untüchtige Lattwerg und verzuckerten Gifft in Leib bekommet / wie Pomet in seinem Buch pag. 219. wohl erinnert.

§. 6.
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Heutiges Tages wird die Cassia mehrentheils eusserlich in denen Elystiren gebraucht / indem auß dem Marck samt andern erweichenden und laxirenden Kräutern / mit Honig / eine gewisse Lattwerg in denen Apothecken zubereitet und CASSIA PRO CLYSTERIBUS EXTRACTA genennet wird / davon man etliche Loth oder Untzen unter ein Clystir zu mischen pfleget: Und hat hat man auch noch einige innerliche Lattwerge / als Elect diacass. cum manna, Cassiam Extr. cum & sine foliis sennae. u. s. w. darvon Schrœderus in obgemeldtem Buch zu sehen ist.

§. 7.
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Die Egyptier pflegen auch die noch grüne und unzeitige Cassien-Röhrlein mit Zucker einzumachen und also nach Venedig zu bringen / wie Tabernaemontanus im dritten Buch von denen Kräutern pag. 474. allschon berichtet hat. Solche müssen noch frisch / nicht sauer oder schimlicht schmücken / auch in einem brodio oder Syrup von rechter consistence liegen: werden von vornehmen Leuten / den Leib darmit offen zu erhalten / gesuchet und gebrauchet.

§. 8.
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Letzlich ist zu mercken / daß die Schalen oder Rinden der Röhren / wann sie zerstossen und in Wasser geleget werden / das Haar / welches zum offtern damit zu kämmen / wachsend machen sollen / wie Monardus solches und auß demselben Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 88. in Acht genommen hat.
|| [343]

Das XXIV. Capitel
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Von den Tamarin den und Coloquinten. Abbildung

§. I.
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DIe TAMARINDI oder sauere Datteln sind (wie sie zu uns gebracht werden) nichts anderst / als das inwendige Marck einer Baum-Frucht / mit vielen Häutlein / Kernen und Zaseln vermenget / eusserlich schwartz-braun anzusehen und eines angenehmen säuerlichen / doch etwas schärfflichen Geschmacks: kommen meistens aus Ost-Indien / von der Insul Madagascar und Ceilon, wiewohlen sie auch in West-Indien zu finden / wie in des Her nandez Beschreibung von Neu-Spanien und dessen Kräutern lib. 3. cap. 5. zu sehen ist.

§. 2.
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Die Bäume / worauff sie wachsen / werden vor eine Art Palmen gehalten und sollen nicht gepflautzet werden / sondern von sich selbsten häuffig in den Wäldern / und zwar schön und groß / mit schmalen Blättern gezieret wachsen. Sie tragen weisse Blümlein gleich der Pomerantzen-Blüt / und nach solchen grüne Schoten oder Hülssen-Früchte / einer Hand-lang / welche im Anfang grün / und wann sie reiffen / braun werden und zwar des Jahrs zweymahl / wie Erasmus Francisci solches in seinem Ost-Indiamschen Lust-Garten / Alpinus von den Kräutern m AEgypten Cap. I. auch andere beschrieben haben.

§. 3.
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Wann die Früchte zeitig worden / samblen sie die Einwohner und lassen sie etwas an der Sonnen trucknen / ehe sie solche in andere Länder senden: Sollen / wann sie übereinander liegen / wie unsere Mispeln taig werden / weswegen man sie mit Feigen Blättern umbwickelt zu Marckt träget / wie Georg Meister im Ost-Indischen Lust-Gärtner pag. 94. berichtet. Sie kommen aber nicht in den gantzen Schoten heraus / sondern meistens zerquetscht und zerdruckt / in Fässer eingestampfft / mit Stengeln / Kern und Marck. Solcher Tamarinden nun bekommen wir zweyerley Sorten / eine Gattung braunlicht / mit vielen Stengeln und kleinen Kernen: die andere gantz schwartz / nicht viel Stengel habend / aber mit grossen Kernen verschen. Diese letztere Art ist viel säuerer dann die erste / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 200. in Acht genommen hat. In Senega sollen sie die Schwartzen gar zu Kuchen formiren / nachdem sie die Kerne und Stiele heraus genommen haben / welche aber nicht herausser kommen.

§. 4.
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Aus allen werden diejenige Lamarinden vor die beste gehalten / welche gantz schwartz / mit Kernen und kleinen langen Faßlen vermischet / auch durchstchtig sind / und wann von dasselben ein wenig abgerissen wird / gleichsam ein wenig [344] fett scheinen / wie Georg Nicolaus Schurzius in seiner Material Kammer pag. 106. zeiget. Man muß aber zusehen / daß sie nicht zu naß und feucht / und etwa in Kellern gestanden seyen / welches theils an dem Geruch / theils an den Kernen / so alsdann gleichsam auffgeblasen außsehen / zu erkennen ist. Vielweniger sind diejenige anzunehmen / welche mit Syrop / Honig und Essig geschmieret und verfälschet sind / welchen Betrug Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 220. entdecket.

§. 5.
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Ihre Krafft und Tugend betreffend / so kühlen sie und eröffnen zugleich den Leib; weßwegen nicht allein die Araber die noch unzeitige Schoten abbrechen / mit Zucker condiren und mit sich auff die Reisse nehmen sollen / damit sie den Durst damit löschen und den Scharbock meiden könten / wie Wormius in Mus. pag. 215. berichtet; sondern es sollen auch die Javaner einen sehr lieblichen Limonat davon machen / den sie an statt des Biers trincken / dessen Composition Bontius Hist. Ind. Or. lib. 6. cap. 4. und Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 162. auffgezeichnet hat. Bey uns werden sie nur zum laxieren gebrauchet und sind in solchen Fällen vortrefflich zu gebrauchen / wann von der überflüssigen oder auffwallenden Gall etwa fliegende Hitze (welche insgemein einer hitzigen Leber von dem Pöbel zugeschrieben wird) vorhanden / oder in wechsel- oder hitzigen Fiebern der Leib verschlossen ist / wo man die Tamarinden entweder allein / oder mit kleinen Rosinen / ins Geträncke legen / oder auch ein Decoctum davon machen kan / worvon Ettmüllerus in Com. Schrœd. weitläufftig zu sehen ist. Wolte aber ein Patient lieber eine Lattwerge haben / kan man die PULPAE Tamarindorum, oder auch der Tamarinden-Lattwerg mit Senet-Blättern (Elect. de Tamar. c. fol. Sennae) gebrauchen.

§. 6.
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Je gelinder aber die Tamarinden würcken / je stärcker und ungestümmer purgieren die oben beygesetzte COLOQUINTEN, welche dicke / runde und einer Faust grossen Früchte sind / unten eine weisse lederichte Haut / ein sehr leichtes / schwammichts Marck und kleine blatte Kernlein / wie Cucumern-Saamen anzusehen / einschliessen und einen überaus bitteren / widrigen / ja abscheulichen Geschmack haben: kommen aus Orient / absonderlich von Alexandria aus AEgypten / über Massilien und andere See-Häfen in Europam / nachdem sie von ihrer eussersten grün-gelben Schale zuvor gesäubert und geschälet worden. Sie werden von einigen auch Pariß-Aepffel genennet.

§. 7.
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Das Kraut oder COLOCYNTHIS selbsten ist eine Art von wilden Kürbsen / welche mit ihren runden und rauhen Reben auff der Erden fladert. Die Blätter sind rauh / Aschenfarb oder grau / rings umbher zerschnitten: trägt bleich-gelbe Blumen / welche nicht gar groß und nach denselben eine runde Frucht / erstlich grün / darnach Citronen-gelb / welche spat und erst im Herbst zur Zeitigung gelanget; weswegen sie auch in Europa niemahlen recht zur pecfection kommet / ob man schon das Kraut allda auch in den Gärten auffbringen kan / wie Marxius c. l. p. 52. bezeuget.

§. 8.
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Diese Coloquinten nun müssen in noch gantzen Aepffeln kommen / wann sie vor gut passiren sollen: wenig Kerne haben / auch groß / schön weiß / licht / schwammicht und pulposicht seyn. Je grösser / weisser und leichter sie sind / je besser sie gehalten werden / wie Schurzius in seinem Buch pag. 21. lehret. Die auffgeblatzte und zerbrochene werden nicht gern angenommen / deswegen auch Pomet l. c. pag. 224. allen Materialisten / welche die Coloquinten in grosser Quantität einkauffen / treulich räthet / daß sie solche von ihren Commissairen und Correspondenten wohl packen und accommodiren lassen möchten / sonsten sie unter hundert Stücken kaum vierzig gute und erlesene Coloquinten / sondern das meiste an Körner und Schalen finden werden / welche zu nichts taugen und hinweg geschmissen werden.

§. 9.
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Die Kläffte und Würckung betreffend / so werden die Coloquinten nicht ohne Ursach vor das starckeste purgantz unter allen Kräutern gehalten / und weilen sie mit ihrem dicken Hartz (worinnen ihre Qualität enthalten) sich an die Gedärme anhängen und grausame Bauch-Schmertzen verursachen / so werden sie von den meisten Medicis langsam oder gar nicht verschrieben. Nachdem aber gewiß und ohnläugbahr ist / daß sie allen zähen Schleim / welcher sich tieff in die Sennen und andere Glieder gesencket / angreiffen und außführen / so halten wackere Medici und absonderlich der alte Dänische Practicus D. Sim. Paulli in Quadrip. Bot. pag. 323. davor / daß man solche in alten und hartnäckichten Kranckheiten / als langwierigem Kopffweh / Schwindel / Schweren-Noth / Keichen / Glieder-Schmertzen und dergleichen mit gutem Fug gebrauchen könne; wie dann auch Helmontius, welcher sonsten von den purgierenden Artzneyen kein groß Wesen machet / die Coloquinten in verschiedenen Stellen zu dergleichen langwierigen Gebrechen sehr herausser streichet / und versichern will / daß er mit denen zuvor wohl corrigirten Coloquinten [345] die Frantzosen ehe und gewisser curiren wolle / als mit allen Holtz-Curen / indem selbige in einem Tag mehr thäten / als die Sarsaparillen oder andere Holtz-Träncke in drey Wochen / worvon Doct. Ettmüller in Comment. Schroed. pag. 740. mit mehrerm kan gelesen werden: welcher die urinische Salia / absonderlich aber das ???. oder Weinstein-Saltz vor das wahre und gewisseste Corrigens der Coloquinten halten thut / von dessen Gewißheit sonsten Doct. Hoffmann in Clav. Schroed. fast zweifflen will.

§. 10.
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In denen Apothecken findet man ohne die Frucht selbsten noch drey darauß gemachte Autzneyen / als 1. das Extractum, desen man ???j. Zj. auß einem ???. Coloquinten haben kan / wie es der Apothecker Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 96. außgerechnet hat. 2. Das ???. diacolocynth. Quercet. oder gekocht Colocynthen-Oehl / welches mit der Aloe und Ochsen-Gall vermischet und auff den Nabel der kleinen Kindern garieben die Würme im Leibe tödtet und anßtreitbet. 3. Die so genandte TROCHISCOS ALHANDAL (von dem Arabischen Wort Handal, welches Coloquinten heisset) so sehr violent purgiren und derowegen nur zu etlichen Granen andern Purgierungen zur Verstärckung beygegeben werden. Allwo die Apothecker doch nochmalen zu warnen sind / daß / weilen die Büchsen / worinnen diese Küchlein auffgehalten werden / insgemein bey den Trochiscis alkekengi stehen / und wann die Wörter nur halb angemahlet werden / leicht verwechselt werden können (wie vor diesem hier in Giessen / da ich einem einhafftirten Müntz-Meister Zj. Trochisc. alkekengi verschrieben und der Apothecker-Jung soviel Trochisc. alhandal genommen / nicht ohne Lebens. Gefahr des Patienten geschehen) dannenhero darauff wohl Achtung zu geben sey. Letzlich machen sie in Franckreich auß den bitteren Kernen auch einen Vexir Confect, wann sie solche mit Zucker überziehen und unter andern Confect mischen / worvon Pomet c. l. zu sehen wäre.

Das XXV. Capitel
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Von den Zecken-Körnern / Granatilli, Purgier-Nüssen und S. Thomas-Bohnen. Abbildung

§. 1.
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DIe Zecken-Körner oder SEMEN RICINI sind länglicht- und oval-runde / doch etwas zusammen gedruckte Körner etwas kleiner / als eine Bohne: Haben außwendig eine graue und mit schwartzen Strichen schön marbrirte Schale und inwendig einen [346] weisen / öhlichten und auß zweyen Theilen zusammen gefügten Kern / welcher einen widrigen / süßlichten / doch scharften Geschmack hat: werden also genennet / weilen sie an der eusserli chen Figur den Hunds-Zecken oder Läusen gleich sehen.

§. 2.
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Das Gewächs / woran sie wachsen / heisset RICINUS, Teutsch der Wunder-Baum / welcher sonsten auch Palma Christi, genennet wird: ist zwar ein frembd Gewächs / wird aber doch in unsern Gärten auch alle Jahr auß den Kernen gezogen: Hat runde breyte Blätter / zwischen welchen ein runder / hohler / röthlichter / hoher und zarter Stengel hervorkomt / an welchem die ringsumb tieff außgeschnittene Blätter in der Höhe am grösten und breytesten werden. An den Neben-Aestlein wachsen traubichte und stachlichte Kolben / daran zweyerley Blüt zu sehen / nemblich gelb und roth. Jene stehet unten und fällt ohne Frucht ab. Diese ist den Saffran-Blumen gleich / nach welchen stachlichte Körner / mit dreyen Ecken kommen / auß welchen / so ste recht zeitig werden / die Zecken-Körner herauß fallen / die man klein und groß haben kan.

§. 3.
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Diese Körner haben eine sehr starcke purgierende Krafft und treiben den zähen Schleim / Gall und andern Unrath oben und unten auß. Weilen sie aber in grosser dosi, zu 8. biß 15. zu nehmen / auch gar vehement würcken / werden sie fast gar nicht gebrauchet / zumahlen da die Grana Tilli und Americanische Purgier-Nüsse bekandt worden / deren nur ein halbe gnugsam purgiren kan. Sonsten aber sollen die Egyptier ein Oehl darauß pressen / welches sie zu ihren Ampeln und Leuchtern / ja auch zum Essen gebrauchen / wie Theod. Tabernaemont. im andern Buch von den Kräutern pag. 481. und Olearius in der Persianischen Reiß-Beschreibung pag 566. schreiben.

§. 4.
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Was nun die jetzgemeldte GRANA TIGLIA anlanget / so bestehen dieselbe auß kleinen Körnern / etwa so groß wie eine Erbse / aber länglicht-rund / sind anfangs gelb-weiß / aber wann sie recht reiff werden / schwartzlicht-grau und eines widrigen / sehr scharffen Geschmacks: kommen auß West-Indien und werden von den Landstrichern insgemein Italianische Pillen genennet.

§. 5.
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Diese Körner sollen von eben dem Ricino arborescente herrühren / worvon das purgierende PAUAN-Holtz / dessen wir anderwertig Meldung gethan / genommen wird; wiewohlen im 2. Theil des Horti Malab. Fig. 33. ein ander Kraut abgemahlet wird / welches (außgenommen die Blumen) mit des Herrn Breynii Figur Cent. 1. Exot. c. 54. ziemlich überein komt. Sie wachsen in einer drey-fachichten Hülse: Und weilen sie an der eusseren Gestalt den Pinelen nicht ungleich sind / auch das Gewächs von einigen Pinus Indica genennet wird / so heissen die Frantzosen dieselbe nicht anders als pignons d' Inde, oder Indianische Pinelen / ob sie schon eine gantz andere Natur und Krafft haben.

§. 6.
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Sie müssen aber frisch / schwer und nicht mit andern Schalen und Unrath vermenget seyn. Auch soll man Achtung geben / daß sie nicht mit den kleineren Zeck-Körnern oder sem. palmae Christi vermischet seyen / welches an der eusseren / bunten und gleichsam gemarmelten Schale / welche diese letztere haben / zu sehen ist / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 225. wohl erinnert.

§. 7.
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Ihre Würckung betreffend / so purgiret man ingleichen davon über- und unter sich / und weilen sie gar starck operien / muß man damit gar behutsam umbgehen und nur sehr starcken Personen über I. oder 2. derselben nicht geben / welche wider gantz fortgehen sollen / obwohlen sie das ihre doch meisterlich gethan. Ein gewisser Storger hat D. Ettmüllern versichern wollen / daß sie die. Würme trefflich außtreiben / so gar / daß er auch einen grossen breyten Wurm damit fortgetrieden habe; Und weilen sie inwendig gar öhlicht sind / soll man auch ein Oehl darauß pressen können / dessen I. oder 2. Tropffen mit Fleisch-Brühe oder Zucker eingenommen schon gnugsam purgieren.

§. 8.
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Uber diese hat man noch eine grössere Art / welche Simon Paulli in seinem Quadrip. Bot. (wo er sie am besten abgemahlet und beschrieben) Semen nigrum Ricini Americani majoris, die gemeine Leut aber Brech- und Purgier-Nüsse zu nennen pflegen: Sind wohl 3. biß 4. mahl grösser / als die Grana Tilli, außwendig schwartz / auff einer Seiten platt / und auff der andern gewölbet: Inwendig mit einem / auß zweyen Theilen zusammen gefügtem weissen Kern / einer Mandel gleich / versehen / in dessen Mitte zwey hoch-weise zarte Blätter zu finden / welche benebenst der Frucht selbsten von jetztbelobtem Doct. Sim. Paulli c. l. pag. 270. in einer schönen Figur unter Augen geleget worden sind.
|| [347]

§. 9.
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Der RICINUS AMERICANUS, woran sie wachsen / soll dem Feigen-Baum an der Grösse gleichen / auch dergleichen breyte Blätter / doch ein sehr weiches und zerbrüchliches Holtz haben / woran eine sechseckichte dicke Hülse wächset / welche nachgehends von sich selbsten in drey Theile auffspringet / auch nur 3. Körner in sich hält / wie solches theils Marcgravius in Hist. Rerum Nat. Brasiliae pag. 96. theils Petrus Lutzen, ein Dänischer Bedienter / bey obbemeldtem Sim. Paulli c. l. pag. 553. weitläufftig beschrieben haben.

§. 10.
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Sie kommen in Ansehen ihrer Würckung mit den vorigen überein / indem sie gleicherweiß starck purgiren / welche Krafft nur in den dünnen weisen Häutlein / so zwischen den beyden Theilen der Körner zu finden / bestehen soll / welche man auß 3. Kernen herauß nehmen und mit einer Conserva einnehmen kan / wormit obgedachter Lutzen viele von dem Fieber befreyet hat. Ein gewisser Boots-Knecht / so solche auß America in Dennemarck gebracht / mischte sie heimlich den Hof-Dienern unter die Speise / und nachdem alle / so davon genossen / die schnelle Catharine bekommen / kriegte er an statt des Artz-Lohnes den Farren-Wedel zu versuchen / worvon Sim. Paulli c. l. mit mehrerm zu sehen ist. Einige machen mit Wasser oder andern Liquoren eine purgirende Milch von den inwendigen Kernen / wodurch ihre Schärffe etwas temperiret wird / wie Ettmüllerus in Com. Schroed. pag. 752. vermeinet. Indessen werden alle diese Sachen heut zu Tag / da man gelinderere und sicherere Mittel erfunden / langsam ober gar nicht mehr verschrieben.

§. 11.
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Der Frantzdische Materialist / Mons. Pomet gedencket noch einiger anderen Sorten in seiner Material-Kammer pag. 225. nemblich der Barbarischen / welche an der Grösse den Granatillen gleich kommet: und dann der gantz kleinen und runden Zecken-Körner / welche vielleicht von dem Ricino Indico aromatico, dessen Ammanus in Char. Plant. nat. pag. 545. gedencket / herrühren; weilen aber solche sehr rar und gar nicht gebräuchlich / wie obbemeldter Author selbsten bekennet / so wollen wir auch kein weiteres Wesen davon machen.

§. 12.
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Ingleichen ist es ohnnöthig von denen Purgier-Bohnen oder FABIS DIVI THOMÆ weitläufftig zu handeln / indem solche theils vom Tabernaemontano, theils von dem Wormiô auß des Clusii Exoticis zur Genüge beschrieben worden / auch gar nicht gebräuchlich sind; Weßwegen nur deren Abriß und eusserlichen Figur (wormit sie einem Hertzen gleich kommen) nebst dem Kraut selbsten der obigen Figur beysetzen wollen / welche beyde Plukenet in seiner Phytographia Tab. CCXI. Fig. 6. am schönsten abgemahlet hat.
|| [348]

Das XXVI. Capitel
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Von den Myrthen- oder welschen Heidel-Beerlein. Abbildung

§. 1.
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DIe welsche Heydel-Beern oder Baccae Myrthi Italicae sind schwartze länglichte Beern / wohl noch so groß als die gemeine Teutsche Heidel-Beeren / haben oben ein Krönlein wie andere Beeren / und sind voll weisser / harten und gleichsam zusammen gedruckten Körner / welche wie ein halber Mond / dessen Spitzen inwarts gebogen / formiret und eines sehr herben und zusam̅enziehenden Geschmacks sind: werden insgemein von den Apotheckern auch / wie unsere Heidel-Beeren / Myrtilli genennet / welches einigen sonst gelehrten Medicis und Materialisten Anlaß gegeben / daß sie entweder wanckelmüthig worden oder gar behaupten dörffen / die Myrthen-Beerlein in den Apothecken wären nichts anderst / als unsere gemeine Heidel-Beern / wie solches der sonsten sehr artige Materialist zu Paris / Monsieur Pomet mit seinem eigenen Exempel bezeuget / welcher im ersten Theil seiner Maeterial Histori im 22. cap. pag. 26. (und zwar recht) gezeiget hatte / daß die Myrthen-Beerlein von dem Italianischen Myrtho, wie er von Moyse Charas gehöret hatte / herrühreten: Nachmahlen aber in dem Appendice sich selbsten ohnnöthiger weiß corrigiret / und auff Beredung des Herrn Tourneforts behaupten will / daß die Baccae Myrthi der Apothecker nichts anders als der Teutschen Heidel-Beern / oder Baccae Vitis Idaeae seyen; worinnen er sich mächtig verhauen / indem unsere Heidel-Beern nicht halb so groß / keine Kron oben haben / rund und nicht länglicht sind / sehr kleine runde Kernlein haben sc. und hätte er also hierin eher dem Charas, als einem Apothecker / dann Mons. Tournefort glauben sollen / indem einem jeden Künstler in seiner Kunst zuglauben ist.

§. 2.
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Dieses ist unter andern auch daher zu erweissen / weilen die rechte Myrthen-Beerlein aus Welschland und Franckreich zu uns gebracht werden / wie Marxius / Schurtz / Vielhauer und andere Materialisten in offentlichen Schrifften bekennen / allwo sie an den grossen Myrthen-Bäumen (deren obgedachter Chara??? auff seiner Reiß in Spanien einen / so Mannsdick gewesen / bestiegen / wie Pomet l. c. von ihm gehöret hat) neben dem Meer wachsen: haben eine vortrefflich und wohlriechende Blüte / [349] woraus die Parfumierer ein Wasser destilliren / welches sie zu ihren Savonetten und andern Galanterien brauchen / wie auch anderstwo in diesem Buch zu sehen ist: In Teutschland aber wird eben damit / wie auch mit den Beeren selbsten kein grosser Handel geführet / nachdem man bey uns die gemeine Heidel-Beern zu dörren und an statt der Italianischen zu brauchen angefangen / welche der berümbte Simon Paulli in seinem Kräuter-Buch pag. 405. auch frisch / den Myrthen-Safft oder Syrupum Myrthinum (welcher sonsten von den Italianischen gemachet wird) daraus zu praepariren lobet; welches doch einiges Nachdencken machet / weilen unsere Heidel-Beern / besonders wann sie frisch sind / eine böse und scharffe Feuchtigkeit bey sich führen / so gar / daß umb die Zeit / wann sie zeitig und zu kauffen sind / gemeiniglich die rothe Ruhr grassire / wie Doct. Ettmüller in seinem Tractat über den Schroederum meldet / und ich in der That selbsten erfahren hab.

§. 3.
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Es übertreffen auch die Italianische Heidel-Beern die unsere weit an ihrer kühlenden und anhaltend-zusammenziehenden Krafft / mit welcher sie alle Bauch- und andere Flüsse / Blut-Stürtzungen / Außfallen des Affters und der Mutter / unnatürlichen Schweiß / Verrenckungen der Glieder und andere Gebrechen heilen / wie aus Schroedero und andern Samuel Dale in seiner Pharmacologia pag. 376. weitläufftig anführet.

§. 4.
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Doch kan man in diesen Kranckheiten auch die gemeine Heidel-Beern nehmen / welche auch zum blau-färben gebraucht werden / wann man ein Hafen voll Heideldeer-Safft / ein Becher Essig / zwey Loth gestosen Alaun und ein halb Loth Kupffer-Schlag mit einander sieden und Garn oder Tuch darein duncken lässet / welches abgewaschen blau wird: und wann es licht-blau werden soll / nimbt man kein Kupffer-Schlag darzu. Solte es aber dunckeler seyn / thut man zwey Loth gepulverisirten Gallus darzu / worvon Tabernaemont: in seinem Kräuter-Buch pag. 803. P. 11. zu sehen ist.

Das XXVII. Capitel
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Von den Juden-Kirchen. Abbildung
|| [350]

§. I.
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DIe Juden-Kirschen sind dunckelgelbe und zusammen geruntzelte Früchte einer Kirschen groß / welche von einem platten / runden und theils wie Nieren formirten Saamen angefullet sind: haben einen scharffichten und etwas bitteren Geschmack und fast keinen Geruch / und werden sonsten Baccae Alkekengi oder Halicacabi genennet / welche in den Apothecken zu verschiedenen Artzneyen angewendet werden / wie drunten mit mehrerem angezeiget wird.

§. 2.
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Das Kraut wächset gern in Wein-Gärten und schattichten Orten / blühet im Julio und trägt hernacher groß auffgeblasene grüne Blasen / weswegen es auch Solanum Vesicarium genennet wird; und wann diese Blasen gelbicht werden und endlich gar auffblatzen / so erscheinet diese runde und roth-gelbe Kirsche / wie aus der Figur zu ersehen: Worbey auch der West-Indische Halicacabus, dessen Hernande??? gedencket / mitgetheilet wird.

§. 3.
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Man muß zusehen / daß man sie frisch become und nicht die Wurmstichichte übernehme / welche keinen Safft noch Krafft mehr haben; zu welchem Ende man sie selbsten erziehen könte / daß man sie / wie sie bißweilen verlanger werden / zugleich frisch haben könne.

§. 4.
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An den Kräfften und Qualitäten kommen sie / wie auch das Kraut / darin mit dem Nacht-Schatten überein / daß sie eine gelinde schmertz-stillende Krafft in sich haben / auch ein nitrosisches und essentialisches Saltz mit sich führen / vermög dessen sie allen Schleim abwäschen und abtrucknen können; weswegen sie dann fast in allen Nieren- und Blasen-Gebrechen vortreffliche Hülffe leisten / den Harn und Stein befordern / und deswegen in der Kalten-Piß / Trippert / Lenden-Weh und dergleichen trefflich zu statten kommen / indem sie durch die tartarische und narcotische Theilger die krampffmäsige Zusammenziehung der Harngängen besänfftigen / durch das Nitrosische Saltz aber alle Unreinigkeiten darinnen abwaschen.

§. 5.
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Man braucht sie auff verschiedene Art und Weiß / weicht oder kocht sie entweder mit Süßholtz in Wasser zu einem Tranck / oder macht ein destillirtes Wasser und Spiritum daraus / womit verschiedene Essentiae aus dem Extract oder Safft der Beeren gemacht werden / wie davon etliche Beschreibungen bey dem berümbten Ettmüllero in seinem Commentario über des Schroederi Apothecker-Kunst p. 509. zu finden sind. Es werden auch diese Juden-Kirschen zu andern Compositionen genommen / als unter den purgierenden Rhabarbar-Safft Syr. De cich. cum rhab. genandt / und hauptsächlich unter der alten Trochiscos de Alkekengi; wobey dieses in den Apothecken wohl in Acht zu nehmen / daß weilen die Trochisci de Alkekengi gemeiniglich nechst an denen Trochiscis Alhandal stehen / die Wörter an den Büchsen / wie gewöhnlich / nicht abbreviirt, sondern fein außgeschrieben werden / damit nicht eines vor das anderer genommen / und wie mir ein mahl zu Giessen (da ich ??? von den Trochisc. Alkekengi verschrieben / der Apothecker-Junge aber soviel von den Troch. Alhandal genommen hatte) widerfahren / der Medicus in Schrecken / der Krancke aber in grosse Schmertzen / ja Lebens-Gefahr gestürtzet werde. Vid. Miscellan. German. Curios. Dec. III. Ann. III. Obs. 78. pag. III.
|| [351]

Das XXVIII. Capitel
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Von der MOMORDICA oder Balsam-Aepffeln. Abbildung UNter diejenige Gewächse / welche biß dahero zwar noch in wenigen oder fast keinen Material-Kammern und Apothecken auffgehoben / doch aber offters sowohl von den Gärtnern / als andern Liebhabern gesuchet werden / auch eine vortreffliche Krafft in der Medicin nach sich ziehen / gehöret billich die Momordica, und zwar deren Früchte oder röthlichte Aepffel / welche länglicht-rund wie ein Ey / doch nicht so groß sind / außwendig rauch und stachelicht / auch wann sie reiff worden von sich selbsten auffspringen und einen gleichfals rothen und breiten Saamen zeigen / welcher / so er trucken worden / schwartz-braun außsiehet; und weilen dieser Saame gleichsam voller Schrunden / die zeiger die Natur gleich durch die Signatur an / daß ein heilsame halsamische Krafft darinnen verborgen seye / dahero die Momordica auch Balsamina genennet wird.

§. 2.
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Das Kraut / so aus diesem Saamen in die Höhe wächset / hat eine kleine Wurtzel / aus welcher dünne Reißlein mit zusammen gerolten Fäserlien hervorschiessen / mit welchen es sich an die Stöcklein und Pfeiler / daran es gestecket wird / anhenget und in die Höhe steiget: hat Blätter wie die Stick-Wurtz / und trägt ziemlich grosse und bleich-gelbe Blumen / nach welchen obig beschriebene Frucht erfolget; und weilen dieses ein zartes und frembdes Gewächs / so gantz keine Kält vertragen kan / ist / so muß es zu Sommers- und Winters Zeit in Acht genommen werden: Zu welchem End der Kern im Früling zeitlich in eine fette Erde und an einen solchen Ort gesteckt werden muß / da es den Wiederschein der Sonnen immer hat / und wann [352] man es fleissig mit dem Wasser / wo das Fleisch mit gewaschen wird / giesset / so wird die Frucht desto eher zeitig / doch nicht eher als im Augusto oder September. §. 3. Dieses Kraut samt der Frucht ist über auß balsamisch und heilsam / weßwegen einige das Pulver von diesem Kraut sehr in den Darm-Wunden rühmen / welche es heilen soll / obschon die Gendärme auff beyden Seiten durchbohret seyen / wofür ich doch keinem gut wolte seyn. Sonsten wird das Kraut selbsten innerlich nicht gebrauchet / auch die Frucht welche doch eusserlich ingleichem ein gewisses Mittel in allen Verwundungen abgibet / wann nemblich dieselbe entweder allein außgekernt oder mit dem Siebengezeit Saamen in Baum- oder Mandel-Oehl geleget und also das Oleum Momordicae darauß gemachet wird / welches in einigen Apothecken auch zu finden ist. Dieses Oehl heilet alle frische Wunden / ohne Entzündung / in wenig Tagen: Ist vortrefflich zu allen Schrunden am Mund / an den Brüsten / Händen und heimlichen Oertern. Ja es sind einige / die behaupren wollen / man könne ein gantzes Glied / so es vom Leib abgehauen / mit diesem Oehl wiederumb anheilen; welches ob es wohl viel gesaget zu seyn scheinet / so finden sich doch recht wundersame Curen / so mit diesem Oehl geschehen sind / welche auß des Wittichii Consiliis und eigener Erfahrung von Doct. Ettmüllern in seinem Comment. in Schroederum pag. 603. beschrieben sind. So hat auch dieses letzteren Praeceptor, Doct. Michel zu Leipzig / vor diesem die wütende Gülden-Ader damit gestillet. Andere brauchen dieses Oehl auch in den Clystiren gegen die Rothe-Ruhr / wie auch in den Mutter-Clystiren / wann selbige verletzet / verwundet oder geritzet ist / auch wann die Frucht nicht folgen will; wie bey jetzbelobten Medicis mit mehrerm zu ersehen ist.
|| [353]

Das XXIX. Capitel
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Von der Baumwolle / Watte und KAPOC. Abbildung DIe Baumwolle / Cattun / GOSSIPIUM oder BOMBAX, ist ein sehr zarte und Schnee-weise Wolle / so in kleinen Früchten / den Nüssen nicht viel ungleich / auff einem gewissen Kraut / dieses Nahmens / wächset / und weilen nach einigen Indianischen Scribenten dergleichen auch auff Bäumen zu finden / ist sie von den Teutschen Baumwolle genennet worden: Komt theils auß Ost-Indien / theils auß America, wo das Kraut sehr häuffig gezogen wird; ohwohlen auch in Maltha, Candien und den benachbahrten Insulen solche zu finden / wie Schurtzius in seiner Material-Kammer pag. 15. schreibet.

§. 2.
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Das Kraut / worvon die Baumwolle herrühret / wird von den Wilden sehr sorgfaltig gepflantzet und hat Blätter so unserm Brom-Beer Strauche nicht unähnlich sind / träget viel schöne gelbe Blumen / welche unten etwas Purpur-farbicht und gestreiffet sind / darinnen mitten ein ovaler Knopff / welcher endlich wie ein Tauben-Ey groß wird / scheinet eusserlich schwartz-braun / wann er zeitig ist / und / nachdem er von sich selbsten in drey Theile auffgeblatzet / blähet er sich so groß als ein Hühner-Ey auff / da dann die Schnee weise Wolle gleich zu sehen ist / wie oben auß der Figur erhellet / und müssen derowegen bey guten Wetter abgenommen werden. In dieser Wolle liegen ohngefehr 7. schwartz-graue Saamen-Kerne / so groß als kleine Lupinen / welche inwendig weiß / dhlicht und von gutem Geschmack sind: dienen den Einwohnern das Kraut dardurch fortzupflantzen / welches Hernandez lib. VIII. Rerum Med. Nov. Hisp. pag. 308. in obgestzter Figur am besten unter Augen geleget hat; nechst welchem Nieuhofius in Beschreibung der Sinesischen Gesandschafft pag. 125. auch einen Baum oder Gossipium arborescens, welchen er in Sina will gesehen haben / abmahlet / anbey aber gestehet / daß die Wolle davon bey weitem nicht so gut falle / als von dem Kraut / worvon [354] Sim. Paulli in Quadr. Bot. pag. 528. ferner zu sehen; und weilen mich Herr Joh. Gottfried Vitus auch versichert hat / daß dergleichen Cattun- und Baumwoll-Bäume / CAPAS KIZIL genandt / (so eines Manns-groß / und wie Quitten-Bäume anzusehen seyen) in Ost-Indien / wie er selber gesehen / häuffig zu finden seyen / so ist wohl glaublich / daß in der eintzigen Landschafft Nanking über zweymahl hundert tausend Wolenweber leben und soll der Sinesische Käyser jährlich von der Baumwolle 250000. Ducaten intraden haben / wie in dem Atlante Sinico pag. 94. zu lessen ist. Was aber Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 80. von denen Sinesischen Hühnern / welche auch Baumwolle auß dem Mund speyen sollen / auß dem Erasmo Francisci anführet / brauchet noch weiterer Confirmation.

§. 3.
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Sonsten gibt es dieser Zeit vielerley Sorten von der Baumwolle / nemblich die Cyprische / welche schön weiß / zart / rein und lang: darnach die Corosanische / die ist feiner / länger und zärter / aber knollicht: Nach dieser die Barbarische / so zapfficht / gelb und rein ist: Alsdann die Schmyrnische / welche die geringste unter den andern ist / wiewohlen offt darunter auch sehr feine gefunden wird: wie dann auch die von Maltha und Broda vor die beste unter der langen gehalten werden / wie der Nürnbergische Materilist Marxius in seiner Material-Kammer pag. 33. lehret. Je weiser / süsser und länger sie ist / je höher sie gehalten wird; und müssen sich diejenige Materialisten / welche gantze Ballen kauffen / wohl vorsehen / daß sie nicht angefeuchtet / faul und vermodert seyen. Wegen des Einkauffs aber gibt Schurzius l. c. guten Unterricht / nach welches bericht die Nave das erstenmahl von Venedig nach Soria umb Woll zu laden abgehen: das andermahl im Julio nacher Barbarien: Im April nacher Aqua morta: Im Martio die Pilgram. Schiff: Im May ins H. Land gen Barutti: Im Augusto die Galéren nach Alexandrien biß auff den halben September. Wie aber die Wolle von den Indianern gesponnen und zu Cattunen-Tücher geweben werde / beschreibt Georg Meister in dem Ost-Indischen Lust-Gärtner pag. 90. allwo auch des Baumes Beschreibung zu sehen ist.

§. 4.
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Was den Nutzen und Gebrauch der Baumwollen anlanget / so wird dieselbe nicht allein von den Außländern gesponnen und also auch in Strängen herauß in Europam verhandelt (von deren Handlung / wie auch von den Licht-Dochten / Hanff und Bindgarn / Pomet in seiner Histoire der Materialien pag. 239. weitläufftig schreibet) auch zu den Cattunen-Tüchern und andern Waaren verarbeitet; sondern wird auch zuweilen in der Artzney gebrauchet / aber nur eusserlich / zum Bluthen / welches das zu Pulver gebrandte Baumwoll hemmen soll / wie Tabernamont. im andern Buch von denen Kräutern pag. 476. berichtet. So wird er auch mit der Ambra in die Ohren zum Gehör gebrauchet.

§. 5.
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Innerlich wird der Saame / so in der Wolle zu finden und SEMEN BOMBACIS in denen Officinen heisset / zuweilen gegen den schweren Athem und Husten gebrauchet / welchen auch wegen seines Oehls gegen den Stein-Schmertzen von obbelobtem D. Sim. Paulli l. c. gerühmet wird. Solches Oehl kan man auch darauß pressen und gegen allerhand Flecken der Haut gebrauchen / soll ein schön Angesicht machen. Die Indianer sollen ihre Schweine damit mästen / weilen diese Körner einen Geschmack wie Eycheln haben.

§. 6.
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Uber diese gemeine Baumwolle gedencket Pomet l. c. noch einer anderen Art / welche gleichfals auff einem Kraut / in dergleichen länglichten Früchten wachsen soll / und von ihm HOUATTE genennet wird; und weilen diese zu nichts anderst / als die Schlaaf- und anderer Röcke damit außzufüttern dienen soll / so scheinet / daß solches diejenige Materi sey / worauß die so genandte Watten oder Seiden-Watten gemacht werden / welche der gemeine Mann sonsten vor eine außgekammete Seide gehalten hat. Solches Kraut soll Apocynum Cynocrampe heissen und umb Alexandrien in Egypten / an feuchten und morastichten Orten hauffig wachsen / dessen Figur oben nechst der Baumwoll zu sehen ist.

§. 7.
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Noch einer anderen Art Baumwolle gedencket Wormius nin Mus. pag. 205. welche in Ost-Indien CAPOCK oder CAPAS PUSSAR genennet wird / und gar weich / glatt und zart / wie Seiden ist / welcher sie vielmeyr / als der gemeinen Baumwoll ähnlich ist; und weilen mann dieselbe auch nicht spinnen / sondern nur unterzufüttern brauchen kan / so ist es dem Gebrauch nach entweder ein Ding mit der Houatte, oder kommt derselben sehr gleich / wie an demjenigen Stück / so mir zu Handen gekommen / zu sehen ist / woran auch noch die eusserliche graue und wie Schagren anzusehene Haut oder Schale hänget / worauß klärlich zu erse [355] hen daß sie / wie die Baumwolle / in einer Hülse wachse. Weßwegen wohlgemeldter Authorvermeinet / sie kähme von demjenigen Wolltragenden Baum her / welchen Clusius Exot. Lib. 1. Cap. 14. also beschreibet / daß es ein langer Baum voller Aesten seye / an welchem länglichte Hülsen / die außwendig mit einer grünen und etwas runtzelichten Haut umbgeben wären und nachdem sie in 5. Theil von stch selbsten auffblatzen thäten / eine schöne / weise und überauß zarte Wolle / wie die Baumwoll-Nuß / zeige / doch also / daß der Saame nicht in der Wolle / sondern umb dieselbige zu finden sey. Diesen Baum nennet Bauhinus Gossypium Javanense foliis Salicis. Die Wolle aber selbsten soll sich entweder gar nicht / oder doch auff eine gantz andere Manier spinnen lassen / weßwegen sie mehr zu Küssen / Matratzen und zu den Japanischen Nacht-Röcken soll gebraucht werden.

§. 8.
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Dieser Capoc-Baum wächset durchgehends in Indien / gleichwie die Linden-Bäume in der Wildnuß und vermehret sich durch den außfallenden Saamen oder Körner / welcher wie das Semen Bombacis außsihet: wächset so hoch / als ein Nuß-Baum: Hat Blätter / wie der Agnus Castus, doch etwas länger und breyter: Seine Aeste wachsen Kron-weise / einer Manns-Länge über den andern / fast wie das Querl-Holtz: Trägt viele Früchte oder Schotten / so eines Fingers / ja offt einer Hand lang und Daumens-dick seyn sollen / welche / so sie von der Sonnen getrucknet werden / weiß-bräunlicht sehen / wie die Baumwoll-Nüß auffspringen und den Capoc zeigen. Wann solche abfallen / brechen die Indianer die Schale ab / querlen die Capoc-Woll von den schwartzen-Kernen: stecken sie in bastene Säcke / und bringen sie nach Batavia, wo man ohngefehr vor I. Groschen in die 16. Pfundkaufft / wie Georg Meister im Ost-Indianischen Lust-Gärtner pag. 59. schreibet / auch Herr Vitus mir bestättiget hat / welche beyde alles selbsten gesehen haben.
|| [356]

Desz zweyten Buchs sechste Abtheilung / Von Allerhand Säfften und Hartzen. Das I. Capitel Von dem Teuffels-Dreck und wohlriechenden Assand.
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Abbildung

§. 1.
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DEr so genandte Teuffels-Dreck / Assand oder ASSA FOETIDA ist ein hartzichtes Gummi / welches theils aus weissen / theils gelben / theils Fleischfarbichten Glundern durcheinander vermischet und versetzet ist / worunter einige gläntzende Düplein hervor leuchten: hat einen beissenden / zähen und wiedrigen Geschmack und sehr starcken Geruch / wie der Knobloch. Er wird aus Libyen / Syrien / Meden und Persien in Palmen-Blättern oder auch in grossen irrdinen Häfen / wie der Terpenthin / nach Londen in Engeland gebracht / allwo er in kleinen und mit eissernen Reiffen beschlagenen Fäßlein ins Reich und andere Länder verschicket wird: und soll sich desselben zuweilen ein solche Quantität in Londen befinden / daß man grosse Gewölber damit angefüllet siehet / wie Pomet in seiner Material-Histori pag. 255. berichtet.

§. 2.
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Das Gewächs / worvon dieses Gummtherrühret / ist noch zur Zeit von niemanden recht beschrieben worden: welches Herrn D. Kempffern / berümbden Medicum in Westphalen / dahin beweget hat / daß / als er in Persien und Ost-Indien gewesen / diesem einigen Kraut zugefallen 40. biß 50. Meilen weit gereisset und [357] dasselbige selbsten in Augenschein genommen hat; dahero nur deßwegen zu wünschen wäre / daß er seine sehr curiose Reiß-Beschreibung / wie er vor einigen Jahr mündlich gegen mich versprochen / dermahlen in offentlichen Druck gebe / da man etwas zuverlässiges von diesem Gewächs haben würde. Indessen hat mich Herr Vitus, ein geschickter Materialist (so damahlen auch in Ost-Indien gewesen und nach seinem Bericht dieses Kraut wohlermeldtem Herrn Kempffern aus Batavia in Africam, nach Capo de bonne Esperance, nachgeschicket hat) versichert / daß es eine dicke und lange Wurtzel / wie eine gelbe Rübe oder Möhr habe / welche oben ein haarichtes Wesen oder Börste / wie die Alraun-Wurtzel / trage: Blätter wie Lieb-Stöckel habe / so theils auff der Erden fladderten / theils umb den Stengel an den Aehren stünden / welcher auch ziemlich dick sey: wachse ohngefehr so hoch / als unser Taback. Wann nun die Sclaven die Assam foetidam colligiren wollen / schneiden sie den Stengel oben ab und samblen den heraußdringenden Safft / in dessen Ermangelung sie den Stengel noch tieffer und kürtzer abschneiden / da er von neuem quillet; welches sie so lang continuiren / biß sie ihn alle gesamblet haben. Sonsten vermeynen andere / es seye das Kraut Laser, so umb Utard in Persien häuffig wachsen soll / welche Meynung auch Jacob Sponius, der curiose Antiquarius, in seinen Aphor. Nov. pag. 368. angenommen und bezeuget hat / daß es eine Planta Ferulacea seye / welche die Einwohner Magudarine heissen. Acosta hergegen schreibet / daß er vor gewiß berichtet worden / das Gewächs habe Blätter wie der Hasel-Staude / aus dessen Blättern der Safft außgezogen / von den Einwohnern in Ochsen-Häute gefasset und / daß er sich besser halten lasse / mit Wäitzen-Mehl vermischet werde; daherd die Kleyen / so zuweilen darunter gesehen werden / ein gewisses Merckmahl seyn sollen / daß er uffrichtig und gut sey / wie D. Wormius in Mus. pag. 223. bemercket. Andere aber / als Pomet l. c. glaubet / daß der Safft bey heissem Wetter von sich selbsten aus dem Sträuchlein dringe / welches er in obiger Figur abgemahlet hat / so doch nicht genuin seyn soll / wie obgemelder Herr Vitus versichert.

§. 3.
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Man findet dessen zweyerley Sorten / nemblich die Feine und Gemeine. Jene hat viel schöne weisse Zähren und Glundern / welche zuweilen auch außerlesen und Assa foetida in granis, oder Frantzöisch en larmes, genennet wird / siehet anbey schön Fleisch-farbicht roth: Diese aber bestehet entweder aus grössern und nicht so körnichten Stückern / oder ist verlegen / welches an der Farb zu sehen / dann der frische Teuffels-Dreck roth / weich und Fleisch-farbicht / mit grau vermenget ist: Wann er aber alt ist / so wird er hart / schwartz und stincket nicht mehr / da sonst der frische sehr übel und starck riechet / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 21. in Acht genommen hat. Wormius sortiret ihn c. l. nachdem er entweder aus den Stengeln oder der Wurtzel geflossen / und nennet jenen Scaparium, diesen Radicaceum. Der beste muß frisch / nicht zu fett / voller Körner oder Zähren / Fleisch-farbicht / durchsichtig und stinckend seyn: Der alte schmirichte / schwartze / dunckele / unreine und mit Sand / Rinden und dergleichen verfälschte / ist zu verwerffen / worvon Pomet c. l. weitläufftig zu sehen ist.

§. 4.
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Ob nun zwar der Teuffels-Dreck einen überaus stinckenden Geruch hat / so gebrauchen sich doch dessen die Indianer / wo er wächset / fast in allen Speissen / welche kein Essen recht wohlgeschmackt und Gewürtzt düncket / denen derselbe mangelt: weßwegen sie dann ihre Häfen und Schüsseln damit bestreichen sollen / wie Erasmus Francisci im Ost-Indianischen Lust-Garten / Olearius in der Persianischen Reiß-Beschreibung und andere melden. In Europa wird er nur zur Artzney gebraucht / weilen et ein flüchtig- und öhlichtes Saltz in sich hält und deßwegen sehr zertheilet: wird meistens gegen alle Mutter-Schmertzen / Erstickung der Mutter / Colic / und dergleichen innerlich und eusserlich gebraucht; weßwegen auch einige Composita davon / als Pilulae Foetidae, in den Apotheckenzu finden sind. So brauchen ihn auch die Roß-Aertzle in grosser Quantität / und habe ich einen Krebsfänger in der Pfaltz gekennet / welcher durch eine gewisse Artzeney die Krebs von weitem zusammen bringen und gleichsam bannen konte / welche (wie er mir vertrauet) aus Teuffels-Dreck / Campher und Bibergeil bestunde.

§. 5.
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Damit man aber den Unlusten von jetzt ermeldter stinckenden Materie mit einem besseren Geruch vertreibe / wollen wir hier auch eines wohlriechenden Hartzes / nemblich des BENZOINS gedencken / zumahlen es fast einen Nahmen mit dem vorigen hat / und ASSA DULCIS oder wohlriechender ASSAND genennet wird: Ist ein hartes und mit vielen gläntzenden Bröcklein vermischtes Hartz / so theils gelb / theils weiß außsehen. Es hat einen hartzichten und fetten Geschmack und sehr guten und annehmlichen Geruch: kommet aus Ost-Indien und absonderlich von Siam, dahero die Bediente der Ambassadeurs von Siam An. 1697. eine grosse Quantität davon nach Paris gebracht haben / wie Pomet in Hist. Simpl. pag. 248. berichtet.
|| [358]

§. 6.
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Dieses Hartz fliesset aus einem sehr dicken und grossen Baum / welcher Blätter / wie der Citronen-Baum / aber nicht so grün / sondern auff einer Seiten weißlicht / haben / auch Früchte wie Mußcaten-Nüß tragen soll / und vom Grimmio in den Miscell. Acad. Germ. Cur. Dec. II. A. I. p. 370. am besten beschrieben worden; wie dann auch Plukenet in seiner Phytogr. T. 139. Fig. 3. 4. einen Ast davon schön abgemahlet hat. Wie er aber gepflantzet und unterhalten werde / kan der curiose Leser im Anhang dieses Buchs / nach den Ost-Indianische Sendschreiben / in einer absonderlichen Beschreibung mit mehrerem ersehen. Dieser Baum nun wird von den Einwohnern in Ceilon, Malme, Virginien sc. am Stamm mit fleiß geritzet / daß der Safft destomehr herauß fliese / wie Wormius in Mus. pag. 222. aus andern berichtet: und sollen die noch junge Bäume den meisten und besten Benzoin geben / weßwegen die Indianer solche über sechs Jahre nicht kommen lassen / sondern als untüchtig abhauen.

§. 7.
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Indessen finden sich auch hiervon verschiedene Gattungen in denen Material-Kammern / deren Samuel Dale in Pharmacol. pag. 296. wie auch ermeldter Wormius c. l. drey erzehlet / I. AMYGDALOIDES, welche schöne weisse Flecken / wie Mandeln / in sich hält. 2. NIGRIUS und 3. NIGRUM. Daß erste soll in Siam: die andere in Java und Sumatra wachsen; wiewohlen Grimmius behauptet / daß alle aus einem Stamm herzukommen pflegen. Das beste ist / welches schöne grosse Körner hat / weiß und gelb vermenget / auch hart ist / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 21. schreibet; weßwegen auch dieses von unsern Materialisten das Feine und von den Frantzosen Benjoin en larmes genennet wird. Das andere heissen sie das Gemeine / Commune, in Sortis, welches doch auch sauber / mit keinem Staub / Holtz und dergleichen vermischet seyn soll / und je mehr weisses es hat / auch dem vorigen näher kommt / je besser ist es / worvon offt belobter Pomet am sorgfältigsten handelt.

§. 8.
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Den Gebrauch des wohlriechenden Assands oder Benzoins betreffend / so hat er wegen seines Balsamischen Oehls eine sonderliche Krafft die scharffe Flüsse zu versüssen und alle Verletzungen der Lungen und Lufft-Röhren / so daher rühren / zu heilen; weßwegen er innerlich gegen den Husten / Keichen / Schwind- und Lungen-Sucht: Eusserlich gegen die Flüsse / Schnupffen und dergleichen gebrauchet wird. Innerlich zwar werden dessen FLORES gelobet / deren man aus einem Pfund per sublimationem ???iß. ad ???ij, per coctionem aber ???j. und ???. rectific. ???iß. haben kan / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 77. außgerechnet und in Acht genommen hat. Eusserlich aber kommet er entweder unter die Rauch-Pulver / Rauch-Kertzen und dergleichen / oder wird in Mußcaten-Oehl zerlassen und mit Biesem und Amber zu einem Balsam gemachet. So wird auch die bekandte Tinctur oder Jungfern-Milch / so die Italianer in so grosser Menge herumb tragen und dem Frauenzimmer / die Hände weiß zu machen / verkauffen / daraus gemacht / welche nichts anderst als die TINCTURA BENZOINI ist / und entweder auß dem Benzoin allein / oder mit Zusatz des Storax auff folgende Manier zubereitet wird: ???. Benzoini Storac. ana oder gleiche Theil / giesse darüber 4. oder 6. Theil des Rectificirten Spir. Vin. setze es an einen warmen Ort / rühre es offt umb / biß die Tinctur Blut-roth werde / welche gemach abzugiessen oder zu filtriren ist. Hiervon wenige Tropffen in Rosen-Wasser oder Weiß-Wurtz Wasser getropffet / geben eine weisse Milch / wormit das Angesicht und die Hände zu waschen sind.
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Das II. Capitel
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Von dem Campher. Abbildung

§. 1.
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DEr Campher / CAPHURA oder CAMPHORA ist ein Schnee-weisses und wie Salpeter durchscheinendes hartzichtes Gummi / eines scharffen / bitterichten / aromatischen und sehr durchdringenden Geschmacks und sehr starcken / auch etwas widrigen Geruchs: wird auß Ost-Indien gebracht und wann es rafiniret ist / in grossen / breiten / doch platten Scheiben / wie grosse Hafendeckel / von denen Materialisten und Apotheckern eingekauffet.

§. 2.
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Ihr Ursprung kombt von einem Baum / welcher deßwegen von den heutigen berümbtesten Botanicis und Indianischen Scribenten / als Breynio, Hermanno, Grimmio &c. Arbor Camphorifera oder der Campher-Baum / von den Indianern aber CUSNOKY genennet wird / welcher / theils in der Insul Bornco, theils in Japponien in den Wildnüssen häuffig zu finden ist / und allhier einen so dicken Stamm hat / daß ihn zwey Männer kaum umbfassen können; Und ob zwar die Campher-Bäume in Borneo viel kleiner seyn sollen / so bringen sie doch viel besseren und kostbahrerern Campher. Beyde aber haben ein sehr festes Holtz / worvon die Indianer schöne Schräncke machen / auch gantze Häusser bauen / wie D. Grimmius in Miscell. Germ. Cur. Dec. 2. A. 1. Obs. 15. berichtet / allwo auch der gantze Baum abgemahlet ist. Sie tragen Blätter / wie der Näglein-Baum / aber rund und besser außgespitzet / welche immer grün bleiben / und wann sie außgeblüet haben / kommen die kleine runde Nüßlein / wie Eicheln in ihrem Hütgen / worinnen ein gespaltener Kern zu finden / wie solches Herr Jacob Breynius in seinen Botanischen Schrifften sehr wohl beschrieben / welcher vor diesem ein Aestlein von dem Baum mit den Blättern an den Seel. D. Sebast. Scheffern verehret hat / so mit nachmahlen zu Theil worden. Indessen ist merckwürdig / daß man auch aus den Rinden der Zimmet-Baum-Wurtzel Campher destilliren könne / wie aus den Act. Soc. Lond. Vol. 1. p. 724. erhellet.
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§. 3.
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Nach Unterscheid dieser Bäumen / absonderlich aber der Länder / worauß der Campher kommet / hat man dessen zweyerley Species, nemblich den Borneischen und Japonischen / welchen letzteren die Materialisten auch den Sinesischen nennen / wie auß Schroederi Pharm. Medico Chym. pag. 182. erhellet. Jener / nemblich die Borneana, tropffet entweder von sich selbsten auß dem Baum / wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. m. 696. vermeinet / oder wird auff eine andere Art darin gesuchet / welche in des Bocconis Recherch. & Obs. naturelles pag. 268. und noch umbständiglicher in des Arent Sylvii Rapport, so im Anhang dieses Buchs / nach den Ost-Indischen Send-Schreiben zu finden ist / beschrieben wird / so also zngehet: Wann nemblich die Bäume voller Campher z seyn pflegen / so halten die Einwohner bey der Sonnen Auffgang ihre Ohren an die Bäume und wann sie ein Geräusch darin mercken / hauen sie solche ab / spalten sie und lassen sie an der Sonne dürre werden: Nachmahlen zerbrechen sie alles zu kleinen Stücker und suchen den Campher in kleinen Stücken herauß / welcher mit einem Sieb von allen Unreinigkeiten gesäubert / und in verschiedene Sorten unterschieden wird / dir Garzias ab Horto lib. 4. erzehlet. Und dieses ist der beste Campher / so die Indianer vor sich behalten / weßwegen er so rar / daß er in Europa kaum zu sehen ist. Er soll viel heller und durchsichtiger der Gemeine seyn / doch nicht also von der Lufft verzehret werden / wie dieser. Auff was Art und Weiß aber der letztere / nemblich der Japonische gesamlet und zubereitet werde / hat Herr Doct. Cleyerus, Proto-Medicus in Ost-Indien / in den Miscellaneis Acad. Germ. Cur. Dec. 2. A. 20. pag. 74. sehr schön also beschrieben: Es nehmen die Japonier die Wurtzel und junge Aestlein von den Bäumen / schneiden sie in gantz kleine Stücklein / kochen solche in einem destillir-Kessel N. 1. voll Wasser 48. Stund lang / da alsdann der Campher sich sublimiret und sich oben in dem Hut N. 3. anhänget / wie alles im Anfang dieses Capitels auß des Herrn Cleyeri Figur zu sehen ist. Man will sagen / daß er auch zu Constantinopel also gemacht werde / welcher doch nicht so gut / als der Indianische seyn soll / wie Schurzius in seiner Material. Kammer pag. 22. schreibet.

§. 4.
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Alldieweilen aber der Campher / so auß Ost-Indien gebracht wird / guten Theils unsauber ist / und weilen er entweder also auß den Bäumen auff die Erden geloffen / oder nicht sorgfältig gnug praepariret worden / so wird er in Europa von neuem sublimiret und wie man redet / rafiniret / worzu eigene Leut in Holland und zu Venedig bestellet sind / welche Refinatores oder Rafinirer genennet werden. Wie aber solche Arbeit zugehe / ist bißdaher von keinem Chymico beschrieben worden / worüber sich Pomet, der Frantzöische Materialist / nicht unbillich verwundert und deswegen alles in seiner Histoire des Drogues pag. 247. deutlich und umbständlich beschrieben hat. Wann nemblich der unreine Campher (welchen ermeldter Materialist Camphre brute, Schroederus aber rudem, das ist / den rohen Campher nennet / so auß unreinen Glundern von unterschiedlicher Grösse bestehet und wie Saltz anzusehen ist) auß Indien ankommet / wird er in gewissen sublimir Gefässen oder Matrazzen über einem kleinen Feuer sublimiret; da sich dann der Campher oben im Capitello in Kuchen anhänget / woran auch viele Körnlein zusehen sind / welche sich sobald nicht einverleiben können. Auff dem Grund aber bleibet ein Caput Mortuum, so meistens auß den faecibus besteher und zu nichts anders mehr tauget.

§. 5.
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Der besie muß schön weiß / clar und durchsichtig seyn / keine Flecken / noch gelbe Farb / sondern einen starcken Geruch haben / in schönen Stücken kommen / doch mit den Fingern leichtlich zerriben / auch wann man ihn anstecket / nicht können gelöschet werden / wie Schroederus l. c. lehret. Andere probiren ihn in einem heissen Brod / worinnen er gantz schmeltzen muß und je ehe er schmeltzen thut / je besser er ist. Ob aber der refinirte Campher mit Unschlitt / Mastix und dergleichen könne verfälschet werden / wie Scaliger zu seiner Zeit vorgeben hat / davon zweiffelt obgemeldter Pomet gar sehr / indem diese Materie so clar und sauber ist / daßman derselben nicht leichtlicht etwas zusetzen kan / sie müsse dann am eusserlichen Schein auch Noth leiden. Er muß sonsten von der Lufft wohl verwahret und entweder in Blasen auffgehoben werden / worinnen er sich wohl ein Jahr und länger / ohne Abgang / halten lässet / wann sie nicht eröffnet werden / wie Schurtzius c. l. bezeuget: Oder muß in Lein-Saat / Pfeffer-Körnern und andern öhlichten Sachen gehalten werden / damit er sich nicht verzehre und weg fliehe.

§. 6.
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Von den Kräfften und Qualitäten des Camphers ist von langen Zeiten her biß dato noch ein gewaltiger Streit unter den Gelehrten / ob er nemblich warmer oder kalter Natur sey? Ludovicus von Horning, welcher eine eigene Epist. de Qualitatibus Camphorae an Doct. Greg. Horsten geschrieben hat / will mit andern behaupten / daß die Camphora kalter Natur seye / zu [361] mahlen sie / wie andere frigida, die Geilheit vertreibe / ja die Manns-Leute gar entkräffte und zum Bey-Schlaffe untüchtig mache / nach der Alten Vers:
Camphora per nares castrat odore mares,
Der Campher ists / der Wunder kan
Sein riechen nur entmant den Mann. Andere hergegen vertheidigen mit besserem Grund das Widerspiel / daß nemblich derselbe warmer Natur sey / welches sein Geschmack / Geruch und alle Würckungen bestättigen / indem er nichts anders als ein sehr flüchtig und öhlichtes Saltz ist / welches wie alle ???. Vol. ???. sa nothwendig erwärmen muß. Was aber von Entkräfftung der Männlichen Natur gesaget wird / befindet sich entweder falsch / indem die Rafinirer zu Venedig geil gnug, sind / auch viele Kinder zeugen / wie Tachenius in Hippocrat. Chym. pag. 183. in Acht genommen hat: Oder komt auß einem andern Fundament her / weilen er den Saamen-Fluß cuniret / wie Ettmüller in Com. Schroeder. pag. 697. vor andern mit mehrerm zeiget. So stehet auch nicht im Weg / daß er die Entzündung der Augen und anderen Theilen verhindere und zertheile / auch in den hitzigen Fiebern kühle: Indem beydes durch seine Schweiß- und Gifft-treibende Kraft geschiehet / mit welcher er die hitzige Flecken-Fieber / Pest und dergleichen curiret / so gar / daß der Campher auch nur eusserlich angehänget / die Wechsel-Fieber zu curiren pfleget. Unterdessen hat er wegen seiner öhlichten Theilger auch eine stillende und etwas einschläfferende Kraft / wormit er den Kopf- und andere Schmertzen / Nasen-Bluten / Gonorrhoeam und dergleichen stillen / auch die Irrigkeit oder Deliria in hitzigen Fiebern zwingen kan / er werde gleich innerlich / mit dem Nitr. depur. temperiret / eingegeben / oder eusserlich in Umbschlägen gebrauchet; Wie dann auch der Spiritus Vini Camphoratus, ???. Camph. und andere Praeparata zu vielen Sachen gut sind / welche in dem Schroedero und dessen Außlegern zu finden sind. Auff was Art und Weise aber alle diese Camphorata in vielen Kranckheilen des gantzes Leibes zu ordiniren und zu verschreiben seyen / oder von andern vornehmen Medicis in vielen Rececpten verschrieben worden / hat Doct. Gothofredus Moebius in seiner Anatomiâ Camphorae und Herr Doct. Wedel in Disp. De Camphorâ weitläufftig und ex professo gelehret. So wird auch heut zu Tag viel darvon zu den Feuer-Wercken und Wasser-Kugeln verthan / weilen der Campher unter dem Wasser brennet / so gar / daß so man ein Stück anzündet und in einen Schnee-Ballen stecket / dieser zwar abschmeltzet / aber der Campher fort brennet / wie Vielheur in Beschreibung frembder Materialien pag. 82. geschrieben hat.

Das III. Capitel Von dem Galbano, Serapin und Ponax-Gummi.
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Abbildung
|| [362]

§. 1.
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DAs GALBANUM ist ein holtzichtes Gummi / so immer weich bleibet und sich wie Wachs drehen lässet; und weilen es am Licht brennet / wie das Hartz / doch aber nur in Wasser zergehet / hat es gleichsam ein Mittel-Natur zwischen den Hartzen und Gummi: Sihet eusserlich insgemein gelb oder röthlich / frisch aber weißlich / hat einen bitteren und scharffen Geschmack und einen sehr starcken / auch widrigen Geruch: wird auß Syrien über Marseille gebracht.

§. 2.
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Das Krant / auß welchem es fliesset / heisset Ferula Galbanifera, welche (wie oben zu sehen) Pomet in seiner Hist. des Drogues pag. 255. von dem Original des Herrn Tourneforts abstechen lassen. Seine Stengel / Saamen und Blätter sind offters unter dem Galbano zu finden.

§. 3.
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Es werden dessen zweyerley Sorten gebracht / nemblich 1 das granulirte oder in granis (welches Schroederus pag. 187. P. Cartilaginosum heisset / weilen es schön weißlich / wie Knorbel anzusehen ist /) und 2. das in Kuchen oder in Pane, welches desto besser ist / wann es viel von dem granulirten in sich hat / schön hell / gelbicht / weich und doch nicht anglebend / auch mit Schelffen / oder Rinden des Gewächses vermischet ist. Holtz / Stein und Sand aber taugen nichts darin / worvon Marxius in seiner Material. Kammer / pag. 100. zu sehen ist. Das erste muß in kleinen Stücken kommen und dem Weyrauch gleich sehen / auch schön / rein und durchscheinend seyn / wie in des Wekeri Antidot. 1. Spec. 17. zu sehen ist.

§. 4.
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Den Kräfften nach zertheilet und erweichet es den zähen Schleim / treibet die Monatliche Zeit der Weiber / befördert die Frucht und Nach-Geburt / ermundert mit seinem starcken Geruch diejenige / so mit der Schwere-Noth / Mutter - Erstickung und dergleichen behafftet sind und stärcket auch eusserlich die Glieder; weßwegen das so beschreyte Galbanetum Paracelsi (so ein davon destillirtes / doch vermischtes / Oehl ist) in der Lähmigkeit / und Darm-Gicht (worvon solche offt herrühret) so sehr gerühmet wird / worvon Ettmüllerus in Com. Schroed. pag. 702. zu lesen ist. So kommet es auch zu den Zugpflastern der Balbierer / Mutter-Pflastern oder Cerota matricalia, worzu das Emplastrum de Galbano, welches in den Apothecken zu finden / auch gehöret.

§. 5.
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Gleiche Bewandnuß hat es mit dem Gummi SERAPINO, welches fast einerley Ursprung / Geruch und Tugendten hat und sonsten insgemein SAGAPENUM genennet wird: Ist ein durchscheinendes Gummi / so eusserlich gemeiniglich röthlich-gelb / inwendig aber weißlicht außsthet / einen scharffen Geschmack / sehr starcken und widrigen Geruch / wie Knobloch / hat / in Ansehen dessen es der assae foetidae fast gleich kommet: wird auch meistens auß Persten und Ost-Indien über Venedig gebracht.

§. 6.
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Sein Ursprung rühret auch von einem Ferul-Kraut her / welches dem vorigen nicht viel ungleich seyn soll / ausser daß die Blätter sowohl / als der Saame kleiner sind: soll häuffig in Persten gefimden werden / und fliesset das Gummi auß dem verwundeten Stengel / wie oben in der Figur zu sehen ist.

§. 7.
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Von diesem Gummi nun gibt es auch zwey Sorten in denen Material-Kammern / nemblich in granis und in Pane; welche beyde fast von allen Medicis und Materialisten alsdann vor probat gehalten werden / wann sie eusserlich gelb / röthlich und durchsichtig sind / wie auß dem Schroed. pag. 204. und des Marxii Material-Kammer p. 180. erhellet. Allein allen diesen ist der Parisische Apothecker Charas zuwider / welcher in Beschreibung der Theriac-Ingredientien pag. 230. versichert / daß / als er in anno 1650. zu Beaucaire, in der Provintz Languedoc, auff dem Jahr-Marckt / welcher meistens zum Verkauff der Specereyen / so auß Orient kommen / gewidmet ist / gewesen / er selbsten einen frembdten Specerey-Händler angetroffen / welcher unter andern ein Kistlein mit dem Gummi Sagapeno angefüllet / so ohngefehr 20. oder 30. ???. gewogen / auß Orient gebracht / und gantz frisch zu seyn versicherte / welches inwendig und außwendig so weiß wie Milch außgesehen / sonsten aber einen überaus starcken Geruch gehabt; weswegen ermeldter Charas die gemeine Prob der gelben Farb verwirfft / sondern vielmehr glaubt / daß solche nur an dem alten Sagapeno zu sehen sey / da hergegen das frische gantz weiß seyn müsse; weßwegen auch Pomet c. l. pag. 256. das weise vor das beste hält / absonderlich wann es sauber und am Geruch der Fichten gleich kommet.

§. 8.
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Sein Gebrauch komt / wie oben schon gemeldet / dem vorigen gleich / indem dieses Gummi nicht allein den zähen Schleim in- und eus [363] serlich sehr zertheilet / sondern auch außführet / und deßwegen in dem kurtzen Athem / Husten und andern langwierigen Kranckheiten die Pillulen davon / oder Pilulae de Saga peno gerühmet werden. Wegen des starcken Geruchs dienet es auch zur Fallenden-Sucht und Mutter-Kranckheiten / und treibet die Menstrua starck. Eusserlich ziehet es die Pfeile und andere dergleichen aus dem Leibe / weßwegen auch Doct. Hoffmann solches vor das Hauptstücke seines Magnetischen Pflasters gegen die Brüche hält / wie aus dessen Comment. in Schroed. pag. 599. zu sehen ist. Doch muß man bey zarten Personen zu sehen / ob dieselbe auch dergleichen starckriechende Dinge vertragen können / damit man sich zum wenigsten von allen ungleichen Judiciis schützen könne / indem neulich ein Artzt dem andern die Schuld beymessen wollen / daß ein Adeliches Fräulein V. R. (welches auff zwey oder dreymahl kaum einen Scrupel genom̅en) darvon Todtes verblichen sey; welcher Casus auff verschiedene Facultäten ist verschicket worden: sind excusationes excusationum in peccatis, wie Helmont redet.

§. 9.
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Damit man aber dergleichen stinckenden Säfften endlich loß werde / wollen wir noch des so genandten Angelicken-Safftes mit wenigen gedencken / welcher insgemein Ponax-Gummi oder auch OPOPANAX genennet wird / welches ein fettes / leichtes und zerbrichliches Gummi ist / so von aussen röthlich-gelb / inwendig aber weißlicht ist / eines bitteren und widrigen Geschmacks und sehr starcken Geruchs. Es kombt aus Orient über Marseille in Kisten / welche wegen des sehr starck entgegen dringenden Geruchs behutsam zu eröffnen / wie / Pomet l. c. die Materialisten mit seinem eigenen Schaden warnet.

§. 10.
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Das Kraut / so es zeuget / heisset Panax Heracleum, hat Blätter wie die Pastinaken / weisse Kron-Blümlein und einen wollichten Stengel / auch eine weisse Wurtzel / umb welche die Einwohner einen reinen Platz machen / legen darumb grosse Blätter / und lassen also den auß den geritzten Wurtzeln fliessenten Safft darauff fliessen und trucken werden / welcher anfangs weiß / mit der Zeit aber gelbicht wird / worvon Marxius pag. 144. seiner Material. Kammes fernere Nachricht gibt.

§. 11.
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Man findet zum wenigsten zwey Sorten in denen Material-Kammern / nemblich die granulirte / und in Brod oder Kuchen. Pomet thur l. c. pag. 257. die dritte darzu / welche er die platte nennet / und in der Dicke und Länge eines Daumens kommen soll: Wie dann auch C. Hoff. mannus Tract. de Med. Officin. dreyerley Species, Opopanax Heracleum, Chironium und AEsculapium erzehlet. Das beste / welches in granis kommt / muß obige Kennzeichen haben und inwendig voll weisser Körner seyn / auch so trucken / als es sein kan. An dem Opoponace in pane oder in Brod ist nicht viel gutes / dann es gemeiniglich ein verfälscht Ding und ein Betrug darmit ist / und weiß man auch bald nicht / wo der in pane gerecht solle herkommen / wie Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 39. bezeuget: in Ermangelung des ersten aber sehe man welches Brod am meisten grana hat. Noch weniger hält Pomet von der dritten Sort / welche die Landstricher aus einem sehr wohlfeilen Hartz nachmachen und unter dem Nahmen der Compagnie vor das granulirte Opoponax außgeben; welcher Betrug gleich an der eusserlichen Gestalt zu sehen / indem die recht granulirte in kleinen runden Glundern / die falsche und platte aber in Daumens-grossen Stückern kommet.

§. 12.
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Dem Gebrauch nach stimmet es mit dem vorigen fast in den meisten Qualitäten überein / wird aber langsam innerlich / sondern mehrentheils eusserlich in denen Wund-heilenden Pflastern verschrieben / und kommet deßwegen mit unter das Emplastrum Divinum.
|| [364]

Das IV. Capitel
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Von der Myrrhen und Fleisch-Leime. Abbildung

§. 1.
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DIe Myrrhen / oder MYRRHA, ist ein hartes und truckenes hartzichtes Gummi / in gelb-braunen oder röthlichten Stücklein / durch welche graue oder weisse Striemen gehen: hat nebst einem bitteren / scharffen und aromatischen Geschmack / einen ziemlich starcken Geruch: kombt aus AEgypten und Mohrenland über Massilien in Sorten / in grossen ledernen Ballen von 4. biß 5. Centner / wie Pomet in seiner Material-Kammer p. 253. berichtet.

§. 2.
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Der Myrrhen-Baum / worvon solche herfliesset / ist noch nicht gnugsam untersuchet worden / weßwegen noch verschiedene Meynungen darvon sind / ob es ein Strauch oder Baum seye? Die meiste Scribenten halten sich an des Plinii Beschreibung / nach welcher er ohngefehr 5. Ehlen hoch / dornicht / hart und gewunden seyn soll / wie in des Sam. Polisii Myrrhologia cap. 4. pag. 10. mit mehrerem davon gehandelt ist: wird von den heutigen Botanicis ad arbores bacciferas referiret / wie Dale in seinem Pharmacolog. pag. 434. berichtet. Aus diesen Bäumen / wann sie noch Jung sind / fliesset von sich selbsten ein Balsamischer Liquor, welcher STACTE genennet wird / so aber nimmer in Europam kombt / und deßwegen zu weilen künstlich aus der gemeinen Myrrhen / durch solution und expression, nachgekünstlet wild; dahero Dioscorides zu seiner Zeit schon zweyerley Stacten / nemblich den natürlichen und gemachten beschrieben / wie Schroederus in Pharm. Medico. Chym. p. 196. in Acht genommen hat.

§. 3.
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Es wollen auch einige / als Fuchsius, Charas und andere zweifflen / ob die uns bekandte Myrrha recht genuin sey / indem sie die Wahrzeichen und Eigenschafften / so Dioscorides ihr beyleget / nicht habe: und wollen derowegen dasjenige / was heut zu Tag unter diesem Nahmen verkauffet wird / vor das Bdellium oder sonsten ein Gummi halten. Allein obbemeldter Parisische Materialist Pomet will solches von sich und seinen Collegen nicht gesagt haben / und versichert / daß es die rechte Myrrha sey / welchen auch Bauhinus und Parkinsonus secundiren: Und obgleich einige Kennzeichen daran / die nur an der gantz frischen (welche grünlicht-roth außsiechet / auch fett und beissend ist / wie Charas sie zu seinem Theriac hat kommen lassen) zu finden sind / ermangelen / so ist sie doch deßwegen nicht sogleich vor verdächtig und untauglich zu halten / indem sich dieses simplex sehr lang halten lässet / wie Charas selbsten in Beschreibung der Theriac-Ingredientien p. 122. gestehet.

§. 4.
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Weilen aber diese unsere Myrrha aus dem zerritzten Baum gleichsam mit Gewalt gezwungen wird / so kan es nicht wohl anderst seyn / daß nicht etwas von den Baum-Rinden und anderem Unrath sich darunter mische / wann sie in Sorten herausser kommet; weßwegen sie durch ein Sieb gereiniget und die Kleinigkeiten [365] abgesondert müssen werden / daher die so genandte MYRRHA PARVA entstehet. Das übrige wird alsdann in drey Sorten (deren Dioscorides und aus demselben Polisius l. c. wohl sieben erzehlen) getheilet / worunter diejenige / so fein rau / rein und gummicht ist / MYRRHA ELECTA: die glatte / reine und helle FINA die schwartze / hohlichte und andere unreine Stücke COMMUNIS oder MESSANA genennet werden / wie Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 39. zeiget. Weßwegen dann nicht allein im Außlesen fleissige Auffsicht vonnöthen / sondern man muß bey dem Einkauff der Myrrhen in Sortis auch Achtung geben / ob viel von der Myrrha electa darunter seye / welche im Anhauchen flugs ein röthere Farb bekommet / und weilen sie auch in schönen / klaren und durchscheinenden Zähren ist / nennen sie die Frantzosen Stacté en larmes: Die Feine aber / mit weissen Strieffen / wie Nägel-Pfetzen / Myrrhe onglée: welche beyde die beste sind / wann sie zugleich leicht und mürb / bitter und doch lieblich auff der Zungen sind / wie Marxius pag. 119. in seiner Material-Kammer geschrieben hat.

§. 5.
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Jhre Kläffte betreffend / so hat sie eine erwärmende / zertheilende und Gifft-außtreibende Gewalt / treibet alle Unreinigkeit aus der Mutter / und bekombt den Gebährenden / die lebendige und todte Frucht / wie auch die Nachgebuhrt und Schwierungen zu befördern / sehr wohl: sie treibet die Pocken und Masern der Kinder / behütet vor Fäulung und ansteckenden Kranckheiten / weßwegen einige Gelehrte und vorsichtige Medici dieselbe bey Besuchung der Krancken immer im Munde käuen; wie dann auch deßwegen davon viele Praeparata und Composita, als die Essentz davon / Essentia Salutis genandt / Extractum, ???. per deliq. Trochisci deMyrrhâ und dergleichen in denen Apothecken zubereitet / auch solche und die Myrrhen selbsten in vielen bewehrten Beschreibungen und Recepten / so in sehr vielen Kranckheiten zu gut kommen / täglich gebrauchet werden / welche beyderseits sehr weitläufftig in der obbemeldten Myrrhologiâ D. Polisii, (so in Append. Misc. Acad. Germ. Cur. Dec. 2. A. VI. zu finden) angeführet worden. So hat sie auch eusserlich eine sehr heilende und Balsamische Krafft und hält die todte Cörper lang ohne Fäulung; wie dann D. Ettmüller in seinem Commentario Schroed. pag. 706. erzehlet / daß er gesehen / daß kleine verstorbene Kinder lange Jahre also in Spiritu Vini Myrrhato von der Fäulung praeserviret worden seyne; welches denen Anatomicis in Holland / absonderlich dem berümbdten Doct. Ruischen in Ambsterdam / nicht ungemein ist und zweiffle ich nicht / daß dessen materia ceracea (wie er sie nennet) wormit er allerhand Viscera und Theile des Menschlichen Leibes zu balsamiren pfleget / auch vieles der Myrrhen zu dancken habe.

§. 6.
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Gleich wie nun die Myrrhen alle fleischichte Theil des Menschlichen Leibes von der Fäulnus bewahren kan / also heilet dieselbige / wann sie gewaltsamlich zerschnitten und zerrissen werden / ein ander Gummi / so Fleisch-Leim oder SARCOCOLLA genennet wird / welches aus Körnlein von unterschiedlicher Grösse bestehet und dem feinen Weyrauch gleich siehet / ausser daß es viel kleine röthlichte Körnlein untermischet hat: Ist eines bitteren und schleimichten Geschmacks / welcher doch zuletzt eine Süssigkeit / wie die Liquiritia, zurück lässet: und wann es gestosen wird / siehet es dem Schmack gleich / wie Schurzius pag. 40. in seiner Material-Kammer schreibet: kommet aus Persien über Marseille und andere Seehäfen in Europam.

§. 7.
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Das Gewächs / worvon es entstehet / ist gleichfals noch zweiffelhafftig / indem es einige von einem Hülsen-tragenden Baum: andere von einem Strauch: andere von einem Kraut / welches viele vor ein Speciem Tithymali, andere vor Argemon-Rößlein halten / herleiten / wie Sam. Dale in seiner Phytologiâ pag. 465. erwehnet: worinnen die Zeit und der unverdrossene Fleiß der heutigen Botanicorum vielleicht bald etwas gewisseres lehren werden. In Ermangelung aber dessen habe im Anfang dieses Capitels des Pomets Figur mit beyfügen wollen / welchen zwey gute Freund von Marsilien versichert / daß es ein kleiner dornichter Baum sey / welcher in dem glücklichen Arabien häuffig wachse / wie in dessen Buch pag. 267. zu sehen ist.

§. 8.
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Eben gemeldter Materialist gedencket über die gewöhnliche und überall bekandte Sarcocolla, noch einer andern Sorte / die an einer braunen massa komme / welche entweder nachgekünstelt / oder / wie er glaubet / marinirt / durch das See-Wasser zusammen geschmoltzen und deßwegen zu verwerffen ist. Wie dann ingleichen diejenige / in welcher die gantz kleine Körnlein braun sind und auch sonsten andere Kleinigkeiten und Staub untermischet haben / nichts tauget. Die beste Sarcocolla aber ist / welche aus weissen granis, so gelb oder roth beginnen zu werden / bestehet / leicht zerbrechlich / anfänglich bitter und zu letzt etwas süsse ist; dann welche nicht bitter [366] schmäcke / ist gewiß verfälscht / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 181. davon judiciret.

§. 9.
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Den Kräfften nach hat dieses Gummi eine anhaltende und sehr heilende Tugendt / weßwegen es innerlich gegen die Rothe-Ruhr und das Blutspeyen gegeben wird / gegen welches Oribasius, ein alter Artzt / ein gewisse Lattwerg darauß verfertiget / wie dann auch Pillen darauß gemacht werden / welche im Disp. Aug. zu sehen sind. Eusserlich heilet es die Fleisch-Wunde sehr bald / weßwegen es auch Fleisch-Leime und Sarcocolla genennet wird; Dahero die Barbierer ihre Hefft-Pflaster davon machen / wie Ettmüllerus in Commentario Schroederiano pag. 721. bezeuget: Und weilen es wegen seines schleimichten und leimichten Saffts die scharffätzende Feuchtigkeiten sehr besänfftigen kan / so wird es auch zu dem Beisen und Röthe der Augen gelobet und zu dem End in Rosen. Wasser oder Frauen-Milch zerlassen und in die Augen getropfft / worvon Schroederus in seinem Buch pag. 200. und dessen Außleger Fridericus Hoffmannus in Clav. pag. 600. mit mehrerem zu sehen ist.

Das V. Capitel
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Von dem Weyrauch / Gummi Anime, Cancamô und Copal. Abbildung

§. 1.
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DEr Weyrauch / THUS, oder OLIBANUM ist ein bleich-gelbes / hartes / und durchsichtiges Hartz / so theils auß kleinen Körnern / wie der Mastix / theils auß grösseren Granis von unterschiedlicher Gestalt bestehet / auch einen etwas bitteren und hartzichten Geschmack und guten Geruch hat: Wird meistens aus Ost-Indien und Türckey zu uns heraus gebracht; wiewohlen heut zu Tag die Compagnie in Franckreich auch eine Art auß Wef??? Indien gebracht hat / wie drunten soll gezeiget werden.

§. 2.
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Von dem Baum dieses Gummi hat man bißdaher noch nichts gewisses erfahren können: und ob zwar einige dessen Blätter des Birn-Baums / andere ven Esch-Lorbeern- oder Weiden-Blättern verglichen: Noch andere aber ei [367] ne Art Fichten darauß machen wollen / so bleibt doch dessen Gestalt annoch ungewiß / und wird deßwegen von dem berümbten Rajo und Sam. Dale in Phytol. pag. unter die unbekandte Bäume gerechnet: weswegen auch des Pometi Figur / da die Blätter aus schönen Büschlein bestehen / nicht habe imitiren mögen / zumahlen er nicht gesetzt / woher er sie bekommen habe / doch sind die Scribenten darin fast einerley Meynung / daß er in Arabien bey dem Berg Libano wachse / allwo ein grosser Wald von 30. Meilen / wie Schurtzius in seinem Buch pag. 39. meldet / seyn soll und von sonderlichen allda heilig gehaltenen Leuten (ausser welchen niemand erlaubet die Art der Bäumen zu beschauen) also gesamlet werden soll: Sie hacken nemblich des Baums Rinden / und belegen ihn unten mit Matten und Decken / damit der Weyrauch so herunter fället / nicht unrein werde. Unterdessen bleibet auch viel an dem Baum hangen / welches der allerbeste ist und das Männlein genennet wird / absonderlich wann er im Sommer geflossen / welcher viel weiser ist / als derjenige / so im Frühling gesamlet wird und roth scheinet / wie Schurtzius l. c. und Marxius in seiner Material-Kammer pag. 143. geschrieben hat.

§. 3.
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Daher komt nun gutentheils / daß sich verschiedene Sortenvom Olibano finden / deren Wormius in Mus. pag. 229. fünff erzehlet / als I. das Masculum oder Männlein / welches auß schönen runden / grossen / und weiß-gelben Glundern bestehet / welche bißweilen doppelt / wie 2. Hödlein / meistens aber einfach sind. 2. das Mammosum oder länglichte / wie die Wartzen an den Brüsten / welches eigentlich das Weiblein seyn möchte / wiewohlen / nach Schroederi Meynung / das weiche und gantz gelbeso genennet wird. 3. Das Orobaeum oder Erbsen-Weyrauch / welcher außkleinen Körnlein wie Mastix bestehet und mit dem Masculo im übrigen gleich kommet. 4. MANNAM THURIS, welches die gantz kleine meelichte Körnlein / so von hin und her stossen der Säcken entstehet / seyn sollen; wiewohlen viele das vorige auch so nennen / wie Dale c. l. pag. 473. bezeuget. 5. Das Indicum oder der Indianische Weyrauch / welchen die Frantzosen entweder in kleinen Granen oder in einer grossen weichen Masâ, welche doch viel Unreines in sich hat und OLIBANUM de MOCA von Pometo pag. 270. Hist. des Drogues genennet wird / haben.

§. 4.
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Das beste Olibanum ist / welches schöne grosse / weisse und saubere Grana hat / und derowegen von den Materialisten das Feine genennet / und insgemein zum Theriar außerlesen wird; wiewohlen die kleinere Grana den Kräfften nach eben so gut / nur daß jene mehr in die Augen leuchten / wie Charas in Beschreibung der Theriacs-Ingredientien p. 143. selbsten gestehet. Was noch kleine Grana untermischet hat / wird Olibanum in sortis geheissen: Muß den Speichel / so es gekäuet wird / gantz weiß färben / auch einen bitteren Geschmack haben. Das letzte und (wie es einige nennen) Frantzöische Olibanum wird zuweilen vor das Bdellium verkaufft / welches doch nicht recht ist / wie Pomet c. l. erinnert; vielweniger können diejenige bestehen / welche das Oehl davon destilliren / und nachmahlen doch vor das rechte Olibanum verkauffen / wie ich vor kurtzen Zeit bey einem gewissen Apothecker gesehen / welcher in Anno 1701. dergleichen Olibanum (so dazumahl in Holland sehr wohlfeil war) in Quantität sich bringen und das Oleum Olibani davon abziehen liese / und weilen dieses im Tax sehr hoch angesetzet ist / hatte er ohne Zweiffel viel mehr darauß lösen können / als ihn der Weyrauch gekostet / welchen er doch unter dem Rauchwerck fortbringen können. Am schlimsten aber ist / wann es mit Kienhartz verfälschet wird / welches doch auff den Kohlen nach Terpenthin riechet / und hiedurch erkennet wirb.

§. 5.
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Die Würckungen des Weyrauchs bestehen in einer erwärmenden / außtrucknenden und etwas anhaltenden Krafft / weswegen er nicht allein eusserlich / sondern auch innerlich gegen die scharffe Flüsse im Haupt und Brust-Schwachheiten / Magen-Weh / Durchbruch und dergleichen gebrauchet / am meisten aber eusserlich in den Rauchwercken zu dergleichen Flüssen / Zahnweh / auch zu Heilung der Wunden verthan wird. Das Oehl oder OLEUM OLIBANI soll in der Lungensucht gar vorträglich seyn / wie Ettmüller in Comment. Schroed. pag. 279. bezeuget.

§. 6.
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Weilen aber dem Weyrauch in den wohlriechenden suffimigiis insgemein das so genandte GUMMI ANIME zugesetzet wird / so wollen wir so gleich dessen auch gedencken / zumahlen es an der Farb dem vorigen nicht ungleich und ein hartes / außwendig weises / inwendig ader weiß-gelbes / etwas durchsichtiges und mirbes Gummichtes Hartz ist / von unterschiedlicher Gröse / hattzichtem Geschmack und so es angezündet wird / sehr guten Geruchs; Kommt auß Brastlien in West-Indien über Spanien und Portugall.

§. 7.
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Den Baum / worauß es fliesset / hat [368] Plukenet Tab. 82. Phytographiae am schönsten in obiger Figur abgemahlet / welcher an jedem Stengel zwey gegeneinander stehende Blätter / so den Myrthen-Blätter etwas gleich komwen / zeiget / grosse und dicke Schoten / so man isset / trägt / und darin harte Kerne / wie die grosse Zecken-Körner träget / wie aus dem Kupffer-Blat selbsten zu sehen / und von Wormio in Mus. pag. 224. weiter beschrieben ist.

§. 8.
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Von diesem Hartz zehlet Schroederus in Pharmac. Medico. Chym. pag. 176. dreyerley Sorten / nemblich 1. das gelbe und durchsichtige / 2. das schwartze / so wie Colophonium außsiehet und 3. das harte und bleiche: lässet aber die vierdte und beste Art / nemblich die weisse / aus / welche Pomet l. c. pag. 272. hinzu gesetzet und zugleich glaubwürdig berichtet hat / daß diese alle vier von einem Baum fliessen / und offters an einem Stück zu sehen seyen / indem er ein dergleichen Stück einer Faust dick in Handen habe / welches ihm Mons. Brisot, ein Dactor Medicinae von Paris / aus West-Indien mitgebracht hat und alle vier Sorten in sich halte / deren erste / wie Amber / die zweyte schwartz / wie Colophonium, die dritte / wie Horn / und die vierdte schön weiß und trucken anzusehen sey; welche letztere er vor das rechte und feine Gummi Anime hält. Die übrige geben entweder die schlechtere oder Mittel-Sort / die man bey den Materialisten findet / oder sind nichts anderst / als was andere CANCAMUM nennen / wie obgemeldter Wormius l. c. pag. 225. auch glaubet / indem sonsten kein dergleichen Gummi bey denen Materialisten zu finden ist / und derowegen einige das Gummi Lac, andere den wohlriechenden Assand / andere was anderst dardurch verstehen wollen / wie in des Sam. Dale Phytolog. pag. 475. zu ersehen ist.

§. 9.
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Weilen man aber in den Apothecken meistens nur das uns bekandte Gummi Anime findet / so ist zu mercken / daß das weisse / truckene und doch leicht zerbrichliche / so von den andern wenig oder nichts untermenget hat / gemeiniglich vor das beste gehalten werde / absonderlich / wann es sehr wohl riechet; wiewohlen diese Wahl nur auff das eusserliche Ansehen und gemeinen Wahn / nicht aber auff die Qualitäten ankommet / an welchen es mit den andern übereinkommet / wie Pomet. c. l. schreibet.

§. 10.
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Solche Qualitäten nun bestehen in einer zertheilenden / außtrucknenden und Balsamischen Krafft / weßwegen auch Wormius cit. loc. dieses Gummi eimen Balsam nennet: wird sonsten meistens eusserlich / in Rauch-Wercken gegen die Flüsse / auch heilenden Wund-Pflastern / gegen die Haupt- und Nerven-Wunden gebrauchet; weßwegen es auch in Lähmigkeit der Glieder und Contractur derselben gerühmet wird / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 110. auffgezeichnet hat.

§. 11.
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Daß aber jetztgemeldter Vielheuer c. l. das so genandte COPAL-Hartz oder RESINAM COPAL vor das Gummi Anime halten will / auch Pomet des Wormii Figur von dem Gummi Anime-Baum dem Copal zugeeignet hat / ist beydes eine gantz irrige Meynung / indem solches viel ein anderes / nemblich ein hartes / gelb oder weißgelbes / durchsichtiges und dem Gummi Arabico oder Agstein nicht viel ungleiches Hartz ist / doch auch einen guten Geruch hat / mit welchem es dein Olibano gleich kommet: wird gleichfals aus Neu-Spanten in West-Indien in Sorten gebracht.

§. 12.
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Ob nun gleich in West-Indien / wo nicht alle / doch sehr viele Bäume / welche ein Gummi geben / Copalliferae oder Copaltragende Bäume genennet werden / deren Hernandez lib. 3. Rer. Med. Nov. Hisp. wohl achte erzehlet und theils abgemahlet hat / so fliesset doch dieses Hartz me??? stens auß demjenigen / welchen er Num. 11. und. Plukenet Tab. 56. Fig. 1. etwas anderst und ohne zerkerbte Blätter unter Augen leget: hat rothe Aest / gelb-rothe Beerlein und stehen die Blätter / wie am Esch-Baum / worvon auch Raji Hist. Pl. pag. 1797. zu sehen ist.

§. 13.
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Gleich wie nun obbelobter Plukenet bezeuget / daß er selbsten das klare Gummi copal von diesem Baum abgelesen habe / also muß man zu sehen / daß man es entweder in Sortis, wie es kommet / ehe es außgelesen / überkomme / oder das Feine kauffe / welches in schönen grossen Stückern / weiß und nicht röthlicht / recht durchsichtig und sauber ist / auch auff dem Feuer gleich schmeltzet.

§. 14.
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Sein Gebrauch ist gleichfals meistens eusserlich: dienet aber mehr zu einem Firnus / welcher nach Marxii Bericht / dem Wollenen- und anderem Zeug vermischet und / damit der Regen nicht durchschlage / verarbeitet wird. Die Betrüger pflegen solches auch unter das Succinum zu mischen / welches doch am Geruch zu spüren welcher gegen dem Agstein gleichsam stinckend ist / wie Pomet c. l. berichtet.
|| [369]

Das VI. Capitel
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Von dem gemeinen und weichen Storax, wie auch der Liquidambra. Abbildung

§. 1.
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DEr STORAX oder STYRAX ist ein hartzichtes Gummi / so eusserlich gelbroth und fest ist / auch auß Bröcklein von unterschiedener Gröse bestehet / einen hartzichten und etwas scharffen Geschmack und einen sehr guten Geruch hat: kommt auß Syrien und andern Morgenländern über Massilien.

§. 2.
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Er flieset / wie man schreibet / von dem Stamm eines Baums / dieses Nahmens / welcher mittelmäsiger Gröse ist / dessen Blätter / wie die am Quitten-Baum / anzusehen / aber etwas kleiner sind: Trägt kleine runde Nüßlein / und wird deßwegen von dem neuen und berümbten Botanicô, Joh. Rajo, in Meth. Plant. Nov. Tab. 4. pag. 36. unter die Nüß-Bäume gerechnet; wie dann die Schalen von diesen Nüßlein zuweilen unter dem Storax gefunden werden / welches einigen occasion gegeben / daß sie vermeynet haben / daß der Storax von diesen Nüssen herrühre / wie Pomet in seiner Hist. des Drogues pag. 249. berichtet.

§. 3.
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Wann dieser Baum von den Einwohnern geritzet wird / so dringet der Storax entweder in schönen lauteren Granis oder Körnern / oder auch etwas unreiner hervor / welches dann die Einwohner all unter einander mengen und in grosse Stücke pressen / es seye dann daß gemeldte Grana, welche schön fallen / zuvor außgelesen und auff die Seite gethan würden / welche auch vor diesem allein in hohlen Röhren und Calamis herauß gebracht und deßwegen STORAX CALAMITA genennet worden. Weilen aber dieser entweder gar fehlet / oder auch zu theuer fället / indem ein Untz von der CALAMITA FINA so hoch kommet / als von dem gewöhnlichen ein gantzes ???. wie Charas in Beschreibung der Theriacs-Ingredientien pag. 175. meldet / ja gar nachgekünstelt werden kan / wie eden dieser Apothecker in seiner Frantzöischen Pharmacop. pag. 296. eröffnet und Pomet c. l. pag. 250. durch eigene Erfahrung bestättiget: so gebrauchen sich andere lieber des ordinairen Storax, welcher wider in zweyerley Sorten zufinden / eine welche schön pur / fett und viel Grana untermischet / so deßwegen von den Materialisten und Apotheckern auch STORAX CALAMITA MEDIA genennet wird / wie Dale in seiner Phytol. pag. 302. erinnert: Und die schlechtere / so leichter / unsauberer und STORAX EXPRESSA heisset / weilen die Einwohner offt den besten Safft / als einen köstlichen heylenden Balsam / davon drucken und dann den nur halb kräfftigen Storax, so gantz höltzern und trucken herausser schicken / wie Marxius in seiner Marterial-Kammer pag. 182. schreibet.
|| [370]

§. 4.
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Der beste muß in schönen / fast lauteren und klaren Granis, zähe / gelb-roth / fettlich / doch nicht anklebend / und mit etwas weiß untermenget / nicht bitter im Mund seyn / auch einen dauerhafften und lieblichen Geruch haben / dergleichen der wahre Calamita ist. Je näher nun die ordinaire Sort dieser kommet / je besser sie ist / welche doch bey den Alten von der vorigen unterschieden und weilen sie mehr roth / Rubra genandt worden: und finden sich gewisse Stellen / da der Storax Calamita und Storax Rubra zugleich verschrieben worden / wie Sam. Dale l. c. erwiesen. Der holtzichte und außgepreste Storax aber ist gäntzlicht zu verwerffen.

§. 5.
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Den Kräfften nach hat der Storax eine erwärmende / austrucknende und zertheilende Qualität / stärckt das Haupt / die Nerven und zertheilet die scharffe Flüsse; weßwegen die Pillen davon / oder Pilulae de Styrace, von einigen Medicis gegen den Husten / Heiserkeit des Halses und dergleichen nicht ohne Nutzen gebraucht werden. Andere machen auch ein Magen-Pflaster davon / welches in des Ettmülleri Comment. in Schröd. p. 722. zu sehen ist. Am meisten aber wird er in allerhand Rauch-Werck / als Rauch-Pulver / Rauch-Kertzen / Ofenlac oder Mastix ad fornacem und dergleichen consumiret / auch zu der Tinctura Benzoini oder so genandten Jungfern-Milch gethan / deren Beschreibung wir im Capitel vom Assand gegeben haben.

§. 6.
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Was aber der weiche Storax oder STORAX LIQUIDA eigentlich sey? davon sind sehr ungleiche Meynungen. Einige vermeynen / es seye der balsamische Safft / welchen die Morgenländer / wie oben gemeldet worden / von dem Styrace Calamitâ pressen; welches doch nicht glaublich ist / anderst er viel theurer seyn müste. Andere halten es vor die Stacten / deren wir bey der Myrrhen gedacht haben Allein es ist auch dieses ohne Grund / indem die Stacte, wie die Myrrha selbst / in Wasser zergehet / da der weiche Storax hergegen / wie andere hartzichte Dinge / nur in einem öhlichten menstruô kan solviret werden. Viele meynen es wäre dieser Safft entweder auß den Nüssen oder Rinden des Styrax Baumes (von welchen nachmahlen die CORTICES Thymiamatis entstehen sollen) gepresset / welcher letzten Meynung Schurzius in seiner Material Kammer pag. 40. beypflichtet / welches doch mit der dicken Consistentz dieses Wercks nicht wohl übereinkommet. Weßwegen viel glaublicher ist / daß dasjenige / was unter diesem Nahmen in unsern Apothecken zu finden ist / vielmehr ein gekünstelter Mischmasch von vielen Stücken / nahmentlich Storax, Terpenthi??? Wein und Oehl zusammen geschmoltzen seye / wie Sam. Dale c. l. solches von den Apotheckern in Londen gehöret / auch Pomet c. l. bestättiget.

§. 7.
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Dieser weiche Storax nun bestehet auß einem fettichten / zähen / gelb- oder röthlicht-braunen Hartz so allezeit weich bleibet / wie Honig / (daher es auch Storax-Honig und Falber-Safft von Schurtzio l. c. genandt worden) und hat einen sehr starcken / aber nicht widrigen Geruch: wird in Fäßlein herauß gebracht / und hält sich am besten / wann oben immer Wasser darauff geschüttet wird / wie Marxius c. l. pag. 183. erinnert.

§. 8.
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Der beste ist / welcher röthlicht-braun ist / am Geruch dem Storax sehr gleich kommet / ein gute Consistentz hat / keine Unreinigkeiten in sich hält und auß Holland kommet / worauß der beste gebracht wird / wie Pomet, der Frantzöische Materialist / in obberührter Stell berichtet.

§. 9.
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Den Qualitaeten nach kommet er mit dem vorigen in vielen überein und hat eine sehr heilsame und balsamische Art an sich; weßwegen nicht allein ein vortreffliche Salb davon gemacht wird / mit welcher zu Pariß in dem Weltberühmten Hospital à l' hôtel-Dieu allerhand Wunden / Faülnüssen und dergleichen curiret werden: sondern er kommt auch unter andere Galenische Compositiones: zu geschweigen / daß die Parfumierer sich dessen auch fleissig bedienen. Doch hat man darauff zu sehen / daß er bey einigen zarten Personen Kopff-Weh und Schläffrigkeit verursachen kan / wie Schroederus in Pharmac. Medico-Chym. pag. m. 207. auß dem alten Dioscoride angemercket hat.

§. 10.
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Gleiche Bewandnuß hat es mit der LIQUIDAMBRA, welche von den Teutschen auch weicher und fliessender Storax genennet wird / weilen er gleichfals ein gelb-rothes flüssiges Oehl / wie Venedischer Terpenthin ist / auch am Geruch und Geschmack dem vorigen gleich kommet: Wird in kleinen Fäßlein auß Neu-Spanien gebracht / ist aber heut zu Tag sehr rar / und wird von vielen Authoren vor den [371] rechten weichen Storax gehalten / wie Dale in seiner Phytol. pag. 364. bezeuget / zumahlen der Baum / woraus er fliesset / auch von den Botanicis, als Rajo in Hist. Pl. pag. 1681. Styrax Aceris folio genennet wird / dessen Abbildung im Hernandez, noch besser aber in des Plukenets Phytographiâ Tab. 42. zu finden und droben nebst der Frucht / Blume und Saamen zu sehen ist. Er erwärmet / zertheilet und heilet / wie der vorige.

Das VII. Capitel
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Von dem Gummi CARANNA und BDELLIO. Abbildung

§. 1.
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DAs so genandte Gummi CARANNA ist zähe und hart / welches / wann es frisch ist / sich wie Pech ziehen lässet / wann es aber alt wird / hart und zerbrichlich ist: stehet außwendig grau- oder auch gelbschwartz / inwendig aber wie Hartz: hat einen schleimichten und bitteren Geschmack / und so es angezündet wird / einen sehr guten Geruch: wird auß America und absonderlich Neu-Spanien an breiten Stücken / in Binsen-Blättern herauß gebracht / wie in des Marxii Material-Kammer pag. 62. zu sehen ist.

§. 2.
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Es fliesset auß einem Baum / welcher umb Cartagena in Neu-Spanien häuffig zu finden ist / den Palmen nicht viel ungleich siehet / von den Einwohnern Quahuitl, wie auch Caragna genennet / und von Hernandez lib. 3. Rer. Med. Nov. Hisp. also beschrieben wird / daß er einen gelbichten / leichten und wohlriechenden Stamm / auch öhlichte Blätter / wie Kreutzer zusammen gefüget / habe / dessen Abbildung Pomet in obiger Figur unter Augen geleget hat.

§. 3.
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Ob es aber ausser dem gemeinen und bekandten Gummi Caragna noch eine andere und zwar besondere Sorte gebe / welche einige die weisse Carannam nennen / zweiffelt jetzt gemeldter Materialist / es seye dann / daß sie die Carannam, wie sie frisch von dem Baume fliesset / dadurch verstehen / welche weißlicht seyn mag und mit der Zeit / wann sie älter worden / grau oder schwartzlicht wird. Je weisser deßwegen die Caragna ist / je besser ist dieselbige / absonderlich / wann sie weich / wie ein Pflaster / doch nicht klebricht ist / auch einen lieblichen und aromatischen Geruch hat / wie Schurtzius in sei [372] ner Material-Kammer pag. 37. und Pomet in seinem Buch pag. 265. zeiget. Wann aber viel Unrath und harte Stücker von andern ungleichen Gummatibus, mit welchen / so er theuer ist / derselbige vermischet wird / darunter gespüret werden / ist solcher zu verwerffen.

§. 4.
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Dem Gebrauch nach kombt dieses Gummi mit der Tacamahaca in allem über ein / ausser daß es stärcker / als diese ist / so gar / daß diejenige Schäden und Bäule / so durch die Tacamahaca nicht haben können geheilet werden / durch die Carannam zu bez??? / wie ??? cit. loc. bezeuget; weßwegen es dann in dem Magen-Wehe und Hertzens-Angst bey hitzigen Fiebern vortrefflich gut thut / wann es in einem warmen Mörsel mit dem Peruvianischen Balsam malaxiret und zu einem Pflaster gemacht wird; wie dann Schroederus pag. 185. Ph. M. auch ein sonderlich Pflaster gegen das Podagra und dergleichen Glieder-Schmertzen davon beschrieben hat. Gleicher Weisse dienet es auch zu denen Pflastern an die Schläffe / gegen das Zahnweh / muß aber mit Terpenthin oder einem andern Oehl geschmoltzen werden / damit man es desto besser zu einem Pflaster streichen könne / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. III. unterrichtet. Sonsten sollen die Americaner in der Meynung stehen / daß der böse Geist diesen Baum scheue / und also derselbige auch gegen die Zauberey gut und vorträglich sey / wie obgemeldter Hernandez l. c. erzehlet. Auch machen sie einen kostbahren Wund-Balsam davon / welchen Pomet l. c. beschrieben hat.

§. 5.
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Gleich wie nun das vorige Hartz nur eusserlich bey uns im Gebrauch ist / also wird hergegen das im Anfang des Capitels dabey stehende BDELLIUM mehr innerlich genutzet / welches ein fettes und zähes Hartz / wie Wachs anzugreiffen / ist: Hat eusserlich eine Eissen-farbichte Röthe / wie die Myrrhen / und wann davon ein Stück zerbrochen wird / scheinet es etwas durchsichtig. Es ist am Geschmack etwas scharff und bitter / gibt einen guten Geruch von sich / absonderlich / wann es angestecket wird / da es zugleich eine starcke und nicht leicht außgehende Flamme gibt und wie Pulver blatzet / wie Hermannus in seinem Coll. Mss. de Mat. Med. in Acht genommen hat: wird meistens auß Asien / in Stücken von unterschiedlicher Figur gebracht / wiewohlen insgemein das Feineste auß oval-runden Klumpen / den Ohrgehencken gleich / bestehet / wie der Parisische Materialist Pomet in obangezogenem Buch pag. 267. bezeuget.

§. 6.
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Von dem Baum dieses Hartzes sind verschiedene Meynungen / indem einige denselben einer Hag-Eichen / andere dem Myrrhen-Baum vergleichen / wie bey Sam. Dale in Phytolog. pag. 475. zu sehen ist. Die heutige und vornembste Botanici aber sind fast darinnen einig / daß es ein dornichter und stachelichter Baum sey / dessen Blätter den Eich-Blättern nicht viel ungleich scheinen / ausser daß sie länger und schmähler sind / wie dieselbige von dem noch neuen Englischen Botanico, Leonardo Plukenet in Phytographia Tab. 145. Fig. 2. abgemahlet und unter dem Nahmen Arb. Lactescentis acut. folquernis Bdelliferae unter Augen geleget worden; gleich wie das Holtz davon in des Wormii Mus. pag. 166. beschrieben wird.

§. 7.
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Sonsten soll ohne das gemeine / welches oben beschrieben worden / noch eine andere Sort aus Guinea kommen / welche auß harten und schwartzen granis bestehen und sonsten am Geschmack der vorigen gleich kommen soll / wie Dale l. c. berichtet. Unterdessen ist dieses nicht so gut / wie das vorige / welches vor diesem unter dem Gummi Senica, oder dem heutigen Gummi Arabico gefunden und von den Färbern daran unterschieden worden / weilen es nicht / wie das Arabische Gummi / zergehet und fliesset. Nachdem man aber dessen Werth erfahren hat / findet man heut zu Tag in einem gantzen Centner Gummi Arabici kaum drey biß vier Untze des Bdellii, wie Pomet c. l. berichtet.

§. 8.
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Das beste ist / welches auß klaren und durchscheinenden Stücken bestehet / so von aussen gelb oder grau-roth / inwendig aber wie der Englische Leim anzusehen sind / auch wann man dran lecket / gelb werden / gern brennen / bitter von Geschmack und lieblich von Geruch sind; es mag darnach herkommen wo es will und lassen wir den Alten ihre Wahl von den Landen / daraus es kommet / da Galenus das Scytische / Plinius das Bactrianische und Dioscorides das Saracenische beliebte / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 38. geschrieben hat. Wir können auch wohl leiden / daß solches von den Materialisten in das Feine und Gemeine sortiret werde. Daß aber in dessen Ermangelung einige die braune Myrrhen dafür verkauffen / wie Schurzius in seinem Buch pag. 37. ungefoltert gestehet / ist nicht wohl zu dulten / und kan solches an dem Geschmack erkandt werden / indem das Bdellium bey weitem nicht so bitter / als die Myrrha ist / auch viel Holtz umb sich hat.
|| [373]

§. 9.
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Seine Qualitäten sind erweichend und etwas anhaltend; weßwegen es innerlich in den Brust-Schwachheiten / Husten / Keichen und dergleichen gebrauchet / auch die Pillen davon / oder Pilulae de Bdelliô gegen die gar zu sehr fliessende Gülden-Ader gerühmet werden / wie Ettmüllerus in Commentario Schroed. pag. 695. auß andern angemercket hat. So kommet auch dieses Gummi unter den Mithridat und einige andere Galenische Compositiones. Eusserlich heilet es die frische Wunde und erweichet die erhärtete Nerven / Glieder-Schwämme und Uberbeine / wie Doct. Wormius in Mus. pag. 219. davon meldet.

Das IIX. Capitel
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Von dem AEthiopischen Oehl-Baum-Hartz und der TACAMAHACA. Abbildung

§. 1.
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DAs AEthiopische Oehl-Baum-Hartz / welches sonsten insgemein GUMMI ELEMI genennet wird / ist ein gelb-weisses und etwas grünlichtes / fettes / auch durchsichtiges Gummi / welches / so es angestecket wird / einen sehr lieblichen Geruch von sich gibt: kombt in grossen runden Stücken und Brodten / von drey biß vier Pfund / in Blättern von der Cannâ Indicâ, auß AEthiopien / wie Schurzius pag. 37. und Pomet pag. 261. in ihren Material-Kammern berichten.

§. 2.
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Solches Gummi fliesset auß einem deswegen auffgeritzten Baum / welcher von mittelmäsiger Grösse ist / weiß-grüne und auff beyden Seiten gleichsam übersilberte und außgespitzte Blätter / rothe Blümlein und Früchte wie die Oliven tragen soll / weswegen ihn auch einige den wilden und AEthiopischen Oehl-Baum heissen / dessen Frucht und Blätter Plukenet Tab. CCXVII. Fig. 4. wie oben in der mittelste Figur zu sehen / am schönsten abgemahlet hat.

§. 3.
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Ohne das gemeine / welches in Blättern [374] kombt / sollen zuweilen einige andere Sorten / deren eine wie gemein Hartz / in Näglein-Holtz: Die andere aber / so graulicht oder braun anzusehen ist / zu uns herauß gebracht werden / Pomet c. l. pag. 262. mit mehrerm gedencket / wir aber in Teutschland langsam theilhafftig werden. Das beste muß trucken und doch etwas weich / grünlicht weiß und eines guten Geruchs seyn: Und muß man sich vorsehen / daß man kein Fichten-Hartz mit Spic-Oehl angemachet / vor das Gummi elemi einkauffe / wormit einige Betrüger dieses nachahmen und unter dem Nahmen des Americanischen Gummi Elemi verhandeln; welcher Betrug sowohl an der gantz weisen Farb / und übelen / nach Terpenthin schmäckenden / Geruch zu erkennen / wie jetzt belobter Materialist gezeiget hat.

§. 4.
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Seine Qualitaeten betreffend / so hat dieses Hartz eine erweichende / zertheilende und sehr heilende Krafft ist / und ein rechter Wund-Balsam / der absonderlich in denen Haupt-Wunden und andern Stichen vortrefflich gut ist und derowegen das Hauptstück in des Arc???i Wund-Balsam abgibt / worvon Sennertus Lib. V. Prax. pag. 399. zu sehen wäre. So machet auch Frid. Hoffmannus ein bewährtes Pflaster gegen die reissende Schulter-Schmertzen davon / dessen Beschreibung in Clavi Schroederiana pag. 183. zu lesen ist. Weßwegen dann auch ein sehr dienliches Oehl davon destillirt wird / welches den contracten und lahmen Gliedern zu gut kommet / wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 700. berichtet hat.

§. 5.
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Gleichen Effect kan man sich auch von der so genandten TACAMAHACA versprechen / welches ein buntes und sprencklichtes Hartz ist / so theils röthlich / theils gelb-braun und fast durchsichtig außsihet / einen hartzichten aromatischen Geschmack und guten Geruch hat: Wird auß West-Indien von denen Spaniern in runden Stücken / mit Blättern verwickelt / gebracht / wie Schurzius in seiner Material-Kammer p. 39. bezeuget.

§. 6.
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Es rühret so wohl dem Nahmen als seinem Wesen nach von einem Baum / Tecomahaca genandt / welcher ziemlich groß und dem Papelbaum nicht ungleich / länglicht-runde / außgespitzte und rundumb zerkerbte Blätter hat / wie oben an der Figur zu sehen: Trägt an den eussersten Spitzen seiner Aestlein eine länglichte und gelbe Frucht / welche einen Kern / wie die Pfersing-Kern / in sich hat / wie solchen Hernandez lib. 3. Rerum Med. Nov. Hisp. pag. 55. beschrieben und abgemahlet hat.

§. 7.
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Auß diesem Baum nun fliesset das Gummi entweder von sich selbsten / und zwar weiß / durchscheinend und von gutem Geruch / welches anfangs gantz weich ist / nachmahlen etwas dick wird und deßwegen von den Einwohnern in Schalen oder hohle Stöcke eingefasset werden muß; welches ohne Zweiffel die weiche Tacamahaca ist / deren in den Miscellaneis Germ. Cur. Dec. 1. A. 3. Obs. 296. gedacht und von dem Frantzöischen Materialisten Pomet pag. 263. seines Buchs Tacamahaca sublime ou en Coque das ist: Tacamahaca in Schalen genennet worden und wie Lavendel riechen soll. Weilen aber diese Sort sehr rar uud bey uns fast niemahlen zu sehen ist / als müssen wir uns mit der Gemeinen / so auß denen mit Fleiß auffgeritzten Bäumen fliesset / begnügen lassen / deren man doch auch zweyerley Sorten findet / nemblich die Feine und Mittel-Gattung. Jene ist in Granis: Diese aber in grossen Stücken / worvon die beste viele weise Grana haben / schön rein und gelb seyn / auch am Geruch der vorigen sehr nahe kommen soll / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 201. und Pomet c. l. schreiben.

§. 8.
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Ihre Würckungen bestehen in einer erwärmenden und zertheilenden Qualität / Krafft welcher sie alle Flüsse / Winde und Geschwär / auch alle daher rührende Schmertzen vertreiben kan / so gar / daß / wie Monardes bezeuget / die Americaner sich deren gegen alle Schmertzen mit Nutzen bedienen / absonderlich wann sie von unbändigen Flatibus (daher sie gar viele Kranckheiten herleiten) und kalten Flüssen herrühren. Bey uns Europäern aber wird sie am meisten gegen die Haupt-Flusse und darvon herrührende Zahn-Schmertzen gebrauchet / worgegen man insgemein einige Pflästerlein an die beyde Schläffe darvon machet / welche / wie die gemeine Leute reden / die Flüsse zuruck ziehen und auffhalten sollen / wiewohlen sie meistens die lympham erwärmen / zertheilen und die wütende Lebens-Geister besänfftigen. So thut auch die Tacamahaca unvergleichliche Würckung gegen das Hertz- und Magen-Weh / welches sonsten Cardialgia, oder Angst und Bangigkeit des Hertzen genennet wird / wann man davon ein Pflaster streichet / auff den Magen oder Hertz-Grube leget und einen warmen Grimstein darüber bindet / wormit Poterius Wunder-Curen gethan haben soll / [375] wie in seinem Buch lib. 3. cap. 32. zu lesen. Weßwegen dann auch dergleichen / Magen-Pflaster / Emplastrum de Tacamahaca genandt / in den Apothecken parat gehalten wird. Nicht weniger thut sie gleichmäsige Würckung / so wohl in der Colic, als auch in Mutter-Schmertzen / wann sie auff eben der Art auff den Nabel und Unterleib geleget wird / und kan auch dadurch das Außfallen der Mutter gehemmet werden / wie Hernandez l. c. bezeuget.

Das IX. Capitel
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Von der Socoterischen / Leber- und schwartzen Aloes. Abbildung

§. 1.
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DIe Aloes oder ALOE ist ein sehr bitterer / harter / doch mirber Safft / so theils hartzicht-theils gummosichter Art ist / und am Geruch der Myrrhen sehr nahe komt / von unterschiedlicher Farb / doch gemeiniglich röthlicht- oder gelb-braun: komt entweder in Schaaf-Fellen / oder in grossen Kürbsen auß Ost-Indien / zum Theil auch auß America.

§. 2.
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Das Gewächs dieses Nahmens ist zwar unter die Kräuter zu rechnen / dörffte aber in Ansehen seines Stengels / welchen er mit den Blumen treibet / den Bäumen / an der Höhe / wenig nachgeben: Hat Blätter / wie die grosse Hauß-Wurtz / aber sehr lang / dick und so spitzig / daß man wohl einen Mann damit spalten solte: Blühet sehr langsam und treibet einen sehr hohen Stengel / mit wunder-schönen Blumen / welcher nach der gemeinen Sage plötzlich / mit einem grossen Geräusch hervorschiesen soll / wie Marzius in seiner Material. Kammer pag. 19. schreibet: Allein es ist dieses ein rechtes Gärtner-Mährlein / indem solches die Erfahrung nicht bestättiget / wie in dem Horto Regio Parisiensi (in welchem die Aloë etlich mahl geblühet) pag. 8. De Aloe bezeuget wird. Nach den Blumen folgen dreyfache Schöttlein voller Saamen / welche Doct. Tournefort selbsten an der Americanischen Aloe in Spanien gefunden / wie Pomet pag. 297. Hist. Simpl. berichtet und in obiger zweyten Figur unter Augen leget. Die letztere Aloe ist sonsten eigentlich und weitläufftig vom Hermandez Lib. VIII. Rerum Med. Nov. Hisp. pag. 271. beschrieben worden.
|| [376]

§. 3.
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Ob nun wohl diese Gewächs auch in Teutschland in vornehmer Herren Gärten erzogen werden / so können wir doch allhier zum Safft nicht gelangen / sondern müssen denselben auß Asien und Arabien bringen lassen: wird entweder auß den dicken Blättern / nach Schurzii Meynung / oder wie andere schreiben / auß der Wurtzel gepresset / und nachdem sich derselbe gesetzet und das klare gelind abgegossen worden / über einem gelinden Feuer zu einem dicken Safft gekochet und abgerauchet / in dünne Häutlein gefasset und anderwerts verschicket / worvon Rajus in Hist. Plant. pag. 1196. weiter zulesen ist.

§. 4.
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Nachdem nun dieser Safft mehr oder weniger gereiniget ist / wird er in drey biß vier Sorten getheilet / unter welchen die gantz schlechte und unsaubere ALOE CABALLINA oder die schwartze Aloes genennet wird / welche gantz trucken / unrein / sandicht / schwer und schwartz ist / und weilen sie ohne eintzigen Geruch und Krafft ist / den Pferdten und Thieren / nicht aber den krancken Menschen gewidmet ist / wie Schroederus und dessen Außleger schreiben. Allein der obgemeldte Pomet ist hierinnen noch viel auffrichtiger / indem er auch solche dem Vieh nicht zugeben räthet / weilen es nichts anderst / als der verbrandte Satz und Häfen ist / so bey Zubereitung der rechten Aloes zurück bleibet / und weder Safft noch Krafft hat / auch derowegen wünschet / das sie gar verworffen und nicht in Handlung geführet würde; wird sonsten in Körben von Palm-Blätter und Binssen gebracht. Die etwas bessere und mehr gesäuberte Aloes, wird ALOE HEPATICA oder Leber Aloes genennet / weilen sie eine Farb / wie die Leber hat und voller Löchlein / wie geöffnete Adern / ist / wie Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 11. in Acht genommen hat: Muß recht trucken und nicht übelriechend seyn / dergleichen sonsten zuweilen kommet / und wie Pomet vermeynet / auß den Blättern gepresset wird / welche / so man sie auffschneidet oder entzwey bricht / einen grossen Gestanck von sich geben. Ist insgemein mitten in den Ballen schwartz / aber umb die Ende Leber-farb / welches daher kommen mag / weilen sie inwendig hitziger lieget und deswegen auch weicher ist / wie außwendig / obschon solches den Kläfften wenig benimbt: Soll meistens auß den Americanischen Insuln kommen / und weilen sie den weitem nicht so gut / als die Socoterische ist / kan man sie / an statt der Caballinae, dem Vieh und den Pferdten gebrauchen / und also die rechte und beste ALOEN SOCOTERINAM zur Artzney der Menschen behalten / welche meistens auß der Insul Socatra oder Socatera in Ost-Indien gebracht und entweder noch gantz oder in fragmentis von den Materialisten verkauffet wird. Diese letzte muß schön / rein / gläntzend / luck / leicht / bitter und ohne widrigen Geruch / auch leicht zerbrichlich seyn / dessen Pulver / wann man daran kratzet / beynah gold-gelb und wie Saffran außsehe / wie obgemeldte Materialisten einmüthig schreiben. Hieraus entstehet endlich die ALOE LUCIDA, wann die vorige soweit gereiniget und gesaubert worden / daß sie gantz hell und durchscheinend / wie das Vitrum ???. anzusehen; welche am allerbesten zum inneren Gebrauch / aber auch am theuresten und raresten ist.

§. 5.
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Demnach aber die gute und beste Aloe offt mit dem Gummi Arabico, Succo Acatiae und dergleichen verfälschet wird / so muß man auff solchen Betrug Achtung geben und hieran erkennen / daß solcher vermischter Aloe die Bitterkeit vergehe / am Geruch nicht so starck sey / auch alsdann nicht so leicht gebrochen und zwischen den Fingern zerriben werden könne / wie Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 11. unterrichtet.

§. 6.
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Die Krafft und Würckung der Aloes recht zulernen muß man theils auff derselben Hartzichte / theils auff das Gummosichte Wesen reflectiren. Jenes erwärmet / adstringiret etwas und praeserviret wegen seiner Balsamischen Natur von aller Fäulnus / stärcket den Magen / tödtet die Würme und kommet deswegen unter viele Composita, absonderlich welche mit dem Spiritu Vini extrahiret werden / als das Elixir Proprietatis und dergleichen in welchem und andern Stücken es gegen sehr viele Kranckheiten gebrauchet wird / wie theils Mindererus in seinem Aloëdario, theils Ettmüllerus in Comment. ad Schroed. pag. 756. weirläufftig erwiessen haben. In Ansehung des Gummosichten Saffts laxieret die Aloe und treibet die Gallichte und Schleimichte Feuchtigkeiten auß dem Magen und Gedärm; weswegen es gleichsam der Grund zu allen laxierenden Pillen ist / welche Schroederus und andern in ihren Dispensatoriis sehr weitläufftig erzehlet haben. Absonderlich aber werden die so genandte Franckfurter / sonsten auch die Englische Pillen/ oder PILULAE ANGELICAE FRANCOFURTENSES darvon zubereitet / wormit die Materialisten [377] und Apothecker in Franckfurt am Mayn immer einen grossen Handel getrieben haben und deswegen noch in vorigem 1703. Jahr auch in grosse Strittigkeit gerathen sind / weilen die letztere vor sich ein Kayserliches Privilegium darüber bekommen haben / wie damahlen auch in denen wochentlichen Zeitungen ist gemeldet worden. Beyde haben die Beschreibung sehr in Geheim halten / vor welche der General Tilli vor diesem einem derselben 300. Reichs-Thaler soll gezahlet haben / wie Simon Paulli in Append. Quadripart. Bot. pag. 577. auß dem Grülingio berichtet. Indessen will dem gemeinem Besten zu gut die wahre Beschreibung derselben dem geneigten und curiosen Leser hiermit umbsonst mittheilen / wie sie auß dem Manual eines gewissen Apotheckers / welchem sie von dem Authore / Herrn Doct. Beyern selbsten / sub fide Juramenti anvertrauet worden / dechiffriret habe und also lautet: ???. Aloes succotrinae von der besten q. v. reibe sie klein / schütte darüber so viel ???. Viol. oder Veilen-Wasser / daß es vier Finger hoch darüber stehe / setze es an einen warmen Ort / und lasse es wohl verwahret also drey Tag stehen / alsdann giesse das gefärbte Wasser sanfft ab / schütte so offt frisches Veilen-Wasser darzu / biß die Tinctur, auff vorige Manier / alle außgezogen sey. Alle diese extrahirte Tinctur nun lasse zusammen gelind abrauchen / biß ein Extract, wie dicker Honig / zurück bleibe: Diesem setze noch soviel Violen-Safft zu und inspissire es l. a. zu einer Pillen-Masse / woraus die Pillen in gewöhnlicher Grösse zu formiren sind. Weilen aber ein gewisser Frantzdischer Edelmann Herrn D. Bohnen zu Leiptzig versichern wollen / daß ein Extr. Colocynth. darzu gehöre / Hoeferus hergegen muthmasset / daß das Diagridium darzu komme / auch Pomet schreibet / daß noch viele andere purgantia darunter gemischet würden: So will das Gegentheil auß des Authors / theils auch D. Schroederi Worten beweissen. Jener / nemblich Doct. Beyer Seel. schreibet in dem Anno 1647. von diesen Pillen gedruckten Zettul also: "Meine Pilulae Angelicae oder „Englische Pillen sind nichts anderst / als ein „sonderbar und künstlich Extractum Aloës &c. welche letztere Wort in den heutigen Zettulen / so insgemein bey die Pillen in allerley Sprachen gegeben werden und sonsten in allem mit dem alten concordiren / mit allem Fleiß außgelassen worden. Dieser / als Doct. Schroederus schreibet am Ende des 75. Cap. Lib. 2. in seiner Apothecker-Kunst / daß ihm zwar nicht erlaubet seye die Beschreibung zu publiciren / doch dieses zur Nachricht diene / daß diese Pillen ein Extractum propriè dictum Extracto impropriè dicto commixtum seyen. Das erste ist das Extractum aloes cum aq. viol. Das andere der Violen-Safft. Sapienti sat!
|| [378]

Das X. Capitel
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Von der laxierenden MANNA oder Himmel-Brodt. Abbildung

§. 1.
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DIe laxierende MANNA bestehet auß kleinen und weisen Glundern / wie Zucker / aber weicher und etwas klebericht anzusehen / eines süßlichten und fetten Geschmacks: Wird meistens auß Sicilien und Calabrien in Schachteln herauß gebracht / dahero sie insgemein Manna Calabrina und im Teutschen Himmel-Brod / Himmel-Thau genennet wird.

§. 2.
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Von dem rechten Ursprung dieser Manna haben die Medici biß daher sorgfaltig disputiret / und widerwärtige Meynungen gehäget. Die Alten (welchen Schroederus P. M. pag. 245. noch Beyfall gibt) vermcyneten gäntzlich es wäre ein Thau / welcher nächtlicher Weil auff gewisse Bäume falle / nicht anderst als das Manna, wormit die Kinder Israel in der Wüsten vom Himmel gespeisset worden / dahero es auch den Nahmen bekommen. Ja es fügten noch einige hinzu / daß obschon diese Bäume nechst andern stünden / der Thau doch nicht auff diese / sondern nur auff jene fallen thäte: Allein eben dieses letztere hätte die gute Alten auff einen andern Wahn bringen können / weilen es der Vernunfft zu wider / auch nachgehends ferner in Acht genommen worden / daß die Manna nicht nur oben auff den Blättern / (wie der Thau) sondern sich auch unten anhänge / obschon auch der Baum des Nachts mit einem Tuch bedecket werde / wie Thomas Cornelius Consentinus, so nicht weit davon gelebet / selbsten probiret und Doct. Rajo erzehlet hat; Ja sie kommt auch an denen abgehauenen und in einen Keller gelegten Aesten hervor / wie Lobelius in Acht genommen; zugeschweigen / daß diese Materia von der Sonnen erhärtet / der Thau aber davon verzehret wird / wie Sam. Dale in seiner Pharmacolog. pag. 449. weiter davon raisonniret. Weßwegen dann auch Donatus ab Altomari, ein alter Medicus, schon zu seiner Zeit davor gehalten / daß die Manna kein Thau seye / sondern auß den Bäumen schwitze / welches auch nachgehends die Erfahrung bestättigte / indem diejenige / so deswegen in Sicilien und Calabrien gereisset / selbsten gesehen / daß die Manna auß denen verletzten Esch-Bäumen und Hainbuchen / wie ein Safft hervor dringe und von der Sonnen alsdann gleichsam zu einem Gummi außgetrocknet werde / und hat solches Thom. Bartholinus nicht allein mit seinen [379] Augen gesehen / wie er Cent. I. Epist. 54. pag. 231. berichtet / sondern hat auch denselben noch an der Schale des Baumes hangend von seiner Reise in Dennemarck gebracht / wie Doct. Wormius in Mus. pag. 227. bezeuget: Wie dann auch andere sehr berühmte Leute / als Salmasius, Mugnenus, Deusingius &c. dieses in eigenen Traect. de Manna bestättiget haben. Und obschon dieses hier zu Land an den Eschbäumen / wegen Unterscheid des Landes / nicht so wohl angehen will / so zweiffle doch nicht / daß an andern Bäumen dergleichen nicht solte gefunden werden / indem die so genandte Manna de Briancon auß dem Lerchen-Baum dringet und ich selbsten vor diesem an einer alten Eiche eine dergleiche Materi / welche darauß flosse / gefunden / so der Manna gantz gleich kame auch deren Geschmack hatte; wie dann umb Ormus in Asien von einigen Eich-Bäumen ein Manna Liquida soll gesamblet werden / welche die Einwohner in Bock-Felle biß nach Goa bringen und verkauffen / wie Pomet in seiner Material-Kammer pag. 239. berichtet.

§. 3.
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Auff was Art und Weiß nun die Manna in Calabrien gesamlet werde / beschreibet obbelobter Thom. Bartholini l. c. umbständig: Es ritzen nemblich die Einwohner die Eschbäume zu gewissen warmen Zeiten / absonderlich umb die Hunds-Tage / wann es nicht regnet / mit höltzernen Messern / auff diese Art ???. worauff des andern Tages ein Safft herauß dringet / welchen sie auch mit höltzernen Messern (damit die Manna nicht schwartz werde) abschaben / auff den Tisch in die Sonne breyten / daß die wässerichte Feuchtigkeit davon abrauche und der Safft ein mittel-consistentz zwischen dem Gummi und Hartz bekomme: Und weilen es also mit Gewalt zugehet / nennen sie dieses Mannam Sforsatam: andere Mannam Corporis; ohne welche noch eine andere von sich selbsten auß den Blättern dringet / welche deßwegen Foliata genennet wird und insgemein klein und rund granuliret ist: die vorige aber hat grössere Glundern / wie Mastix / dahero sie auch Mastichina heisset; und weilen die andere kostbahrer ist / so pflegen die Betrüger diese durch enge Sieblein zuschlagen / umb der ersten gleich zu formiren. Indessen hat Doct. Robinson auff seiner Reise in Acht genommen / daß wann die Heuschrecken an dem Eschbaum fressen und nagen / die Manna auch von sich selbsten außlauffe / wie Sam. Dale c. l. berichtet.

§. 4.
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Der Unterscheid der Manna wird entweder von den Ländern / wo sie herkommet / genommen / da man wohl 3. biß 4. Sorten hat / indem I. in Orient, in Syrien / Persien und Ost-Indien / absonderlich in Ceylon, eine Art zu finden / deren in Miscel. Acad. Germ. Cur. Dec. 1. A. 9. & 10. pag. 459. und Dec. 2. A. 1. pag. 370. gedacht wird / welche doch sehr rar und uns unbekandt ist: worzu auch die Berg-Manna oder MANNA MONTIS gehöret / welche auff dem Berg Gargano in Apuliâ wachsen soll / wie Doct. Baglivius in Disput. de Tarantula pag. 11. berichtet. 2. Die Calabrische / welche auff dem Berg S. Ange gar schön quellen soll / aber etwas zu fett und schmierig ist / weßwegen die Materialisten / die es nicht verstehen / solche nichts achten / da sie doch die beste ist. 3. Komt eine auß Sicilien / welche truckener / auch schön weiß und körnericht ist / doch offters verfälschet wird. 4. Die Frantzöische Manna de Briancon, welche die schlechteste und unsauberste ist / wovon Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 237. weitläufftig handelt. Unsere Materialisten führen insgemein nur zwey Sorten / nemblich die Feine und Mittel-Gattung / welche sie entweder nach dem eusserlichen Schein oder Alter sortiren. Die beste ist / welche noch frisch auffgetrucknet / leicht / schön weiß / süß von Geschmack / nicht mit grossen Glundern oder auch kleinem Unrath verfälschet / auch so viel es seyn kan / granuliret ist; wo doch in Acht zu nehmen / daß die grössere Grana und Glundern nicht gar zu verwerffen seyen / welche auch also an den Bäumen generiret werden / wie Pomet c. l. zeiget / welcher zugleich dieses vor ein gutes Zeichen hält / wann mitten in den Glundern noch ein Safft / wie Syrop zu finden / welches eine Anzeig ist / daß die Manna noch gantz frisch komme. Daß aber einige Materialisten / als Marxius und Schurzius zu jedem Pfund schlechter Manna ein halb Pfund Grana zuthun und also jener ein gut Muster und Ansehen zu machen heissen / hält er nicht auffrichtig / sondern Judisch / indem die Juden in Calabrien sich auch auff dergleichen Künste legen und die Manna nachmachen / welche doch schwer und nicht so hell-weiß / wie die rechte ist. Alle Manna aber muß in einem truckenen Gemach auffgehalten werden / denn sie sonsten / wann sie feucht stehet / verdirbt und gelb wird / wie Schurtzius in seiner Material-Kammer pag. 59. berichtet.

§. 5.
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Sonsten hat man noch eine flüssige Mannam oder MANNAM LIQUIDAM
|| [380]
welche Tereniabin von Bellonio l. 2. Obs. cap. 65. genennet wird / so ein weisser und etwas zäher Safft / wie Jungfern - Honig / ist / und in Persien umb Alkair und Aleppo von einem stachelichten Kraut / in Asien aber auß gewissen Eich-Bäumen fliessen soll / deren Figur oben zu sehen. Weilen aber diese Manna bey uns gantz unbekandt und nicht herauß kommet / so macht man in einigen Officinen eine dergleiche Mixtur auß der gemeinen Manna / Weinstein und Wasser / deren Beschreibung in des Hoffmanni Clavi Schroeder. pag. 637. zu sehen ist.

§. 6.
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Was die Kräfften und Qualitäten der Manna anlanget / so hat sie eine Krafft gelind zu laxiren und die Gall abzuführen / welche Operation sie so gleich frisch thun kan: und ist wohl lächericht / daß einige verführische Materialisten die Apothecker und andere Leut bereden wollen / daß die Manna besser operire / wann sie alt werde / nur daß sie der gelben und verdorbenen Manna loß werden möchten / wie der auffrichtige Pomet l. c. solchen Betrug selbsten widerleget hat. Weilen unterdessen die Manna grossen und erwachsenen Personen in grosser dosi muß gegeben werden / so wird sie denenselben langsam verschrieben / sondern meistens vor die kleine Kinder gebrauchet / welchen sie in den Breylein / Suppen und dergleichen leicht bey zu bringen ist. Die Composita aber / als Manna Tartarisata, Elect. lenit. de Manna, Aqua laxat. Viennensis und dergleichen dienen auch grossen und erwachsenen Personen. Daß aber einige Chymici auß der Manna einen solchen Spiritum zu destilliren suchen / welcher das Gold gründlich eröffnen und solviren könne / scheinet auß der Alten irrigen Meynung herzu fliessen / nach welcher die Manna vor einen Himmlischen Thau gehalten worden / in welchem der allgemeine Welt - Geist oder Spiritus Mundi in grösser Quantität eingeschlossen und concentriret sey / worvon Tackius in Tripl. Phas. Sophica mit mehrerm zu lesen ist.
|| [381]

DAS XI. Capitel Von dem EUPHORBIO und Epheu-Gummi.
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Abbildung

§. I.
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Das EUPHORBIUM ist ein gelbicht- und hartzichtes Gummi / bestehend auß länglichten und gleichsam röhrichten Stücklein von unterschiedlicher Grösse und Gestalt / welche einen überaus scharff-brennenden und widrigen Geschmack / aber keinen sonderlichen Geruch haben: werden auß Ost-Indien und Africâ heraus gebracht.

§. 2.
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Von dem Ursprung dieses Hartzes sind verschiedene Meynungen. Einige halten dafür / es komme von einem Baum / so der Ferulae nicht ungleich sey / welchen die Einwohner in Libyen mit Schaaff-Fellen umbgeben / und nachdem sie den Baum von weitem durchstossen / den heraußdringenden Safft darinnen aufffangen sollen / wie solches Doct. Hoffmann in Clav. Schroed. pag. 636. auß Dioscoride und andern beschrieben hat. Einige halten davor das Euphorbium wäre ein auffgetrockneter Safft einer Frucht / so den Cucumern gleich seye. Andere hergegen / und zwar die meinste von den alten und neuen Botanicis, halten das Gewächs des Euphorbii vor ein sonderliches und fast wunderliches Kraut dieses Nahmens / so einige / als Hermannus und Plukenet, Tithymalum Mauritanicum nennen: hat lange / sehr dicke und stachelichte Blätter / auß welchen dieses Gummt fliesset; wie dann Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 268. versichert / daß er ein dergleichen Blatt in Handen habe / woran das Euphorbium, so durchgedrungen / augenscheinlich zu sehen sey / welches er auch an gemeldtem Ort abgemahlet und beschrieben hat. Vielleicht haben andere dieses Gewächs einen Baum genennet / weilen man einige Species davon findet / welche sehr hoch / wie die Bäume in die Höhe [382] wachsen / worzu der Cereus Peruvianus (so oben Fig. 2. abgemahlet und zu Leyden im Universitäts Garten zu sehen ist) gehöret. Wiewohlen Commelinus in seinen Anmerckungen über die zwey Theile des Horti Mal. pag. 82. alle diese nicht vor genuin, sondern dasjenige / doch gleichmäsiges Gewächs / so allda Fig. 42. abgemahlet wird / vor das wahre Euphorbium halten will.

§. 3.
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Unterdessen haben diese unterschiedene Meynungen den guten alten Casp. Hoffmannum dahin vermöget / daß er in seinem Buch von den Officinal-Medicamente p. 35. geschrieben / daß der alten Vorfahren Euphorbium etwas anderst gewesen sey / als dasjenige / was wir heut zu Tag bekommen und also heissen / welches wir an seinem Ort beruhen lassen. Gnug ists / daß man hinter des bekandten Euphorbii Ursprung soweit gekommen ist / dessen Schroederus in Pharm. pag. 239. zweyerley Sorten hat / nemblich das granulirte / so in kleinen Körnern / wie Erbsen / etwas durchlöchert und wie die Sarcocolla durchscheinend gelb sey: Und die andere / so in den Schläuchen / worinnen es auffgefangen wird / in weißlichten Klumpen komme.

§. 4.
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Das beste ist / so in schönen Granen kommet / weiß-gelb / recht trucken und sauber ist / kein Staub / noch viel kleines geröhrichtes bey sich hat / wie Marxius pag. 90. in seiner Material- Kammer schreibet. Daß aber einige nur dasjenige / so ein Jahr alt ist / auffsuchen und dem frischen nicht trauen wollen / ist eben so kein nothwendig requisitum, indem es wohl ehe / als binnen Jahres frist / nicht herausser kommet / auch eher altes als frisches zu haben ist. Es lässet sich sonsten biß ins vierdte Jahr halten / nach welchem es abnehmen soll / dafern es nicht in Hirschen oder Linsen auffgehalten werde / wie Tabernaemontanus im andern Buch von den Kräutern pag. 406. berichtet; und weilen es zuweilen mit der Sarcocolla, Gummi und Wolffsmilch-Safft verfälschet wird / hat man im Einkauff Achtung darauff zu geben.

§. 5.
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Der Würckung und Qualitäten nach ist dieses das allerhitzigste und schärffste Gummi unter andern allen; und ob es zwar auch unter die purgierende Medicamenten gerechnet wird / so darff man doch selbiges nicht wohl innerlich verschreiben / weilen es gar zu starck und ungestüm würcket und das gute mit dem bösen außfeget; weßhalben es mehr von den Huf-Schmieden und Roß-Aertzten gebrauchet wird. Doch wollen es einige noch bey sehr starcken Bauren / wann sonsten nichts treiben will / oder auch in hartnäckichten Kranckheiten / als der Schlaaf-Sucht / Schlag-Flüssen und dergleichen / zulassen / absonderlich wann es etwas alt und mit sauren Säfften corrigiret ist / wie in des Ettmülleri Comment. in Schroeder. pag. 759. zu sehen ist. Eusserlich aber hat es einen grossen Nutzen das Abnehmen und Schwinden der Glieder zu curiren / wann man nebst steter Bewegung dieselbe entweder mit dem Euphorbio oder dessen Oehl (welches Schroeder l. c. pag. 240. nebst dem Extract. und andern beschrieben hat) fleissig reibet / auff welche Manier ich einen guten Freund / dem der Arm gantz geschwunden war / hab curiren lassen. So dienet dasselbige auch vortrefflich die Cariem Ossium oder angefressene Beine zu heilen / wann die scharffe ätzende Feuchtigkeiten in alten Schäden die Knochen angegriffen: welche Schäden nimmermehr auß dem Grund zu heilen sind / wo nicht die Caries Ossium zuvor weggenommen / welches entweder durch subtile Schab-Eissen oder dergleichen scharffe und außtruckende Pulver geschehen kan. Zuweilen kommet es auch unter die Nieß-Pulver und Schnupp-Taback / allwo man doch auch behutsam zu verfahren hat / indem es so starck operiret / daß offters das Blut hernach gehet; weswegen dann auch die Apothecker / wann sie das Euphorbium zerstossen / nicht allein die ohne dem bedeckte Mörsel oben mit Oehle anstreichen und also den subtilen Staub allda hemmen / sondern auch die Nase-Löcher mit Baum-Wolle zustopffen müssen / anderst ihnen leichtlich ein gefährliches Nasen-Bluteu und dergleichen zustossen kan.

§. 6.
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Mit was Grund aber dem gemeinen Epheu-Hartz oder GUMMI HEDERAE ein gleichmäsige Schärffe (wormit es die Haar außbeissen soll) beygeleget werde / kan ich nicht finden / indem dergleichen Haar-abätzende Krafft daran nicht kan gespüret werden / wie Theod. Tabernaemont. schon im andern Buch von den Kräutern pag. 595. bemercket hat: ist sonsten ein grün-schwartzes / dürres / hartes und inwendig wie braun Glaß anzusehen des Gummi / eines scharfficht-auch etwas anhaltenden Geschmacks / und guten Geruchs: kommet in kleinen Stückern / wie dicke Bohnen / theils auß Indien / theils auß der Provintz Languedoc in Franckreich / allwo zu Montpelier im Königlichen Garten Pomet einsmahl ein grosses Stück an dem Eppich gefunden / wie er in seinem Buch pag. 264. berichtet; wie es dann obbelobter Tabernaemontanus auch in Teutschland gefunden hat.
|| [385]

§. 7.
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Kommet also dieses Gummi ohnstreitig von dem bekandten Epheu oder Baum-Eppich her / absonderlich von dessen grösseren Art / welche entweder den Mauren oder den Bäumen hinauff lauffet / und kleine Träublein / welche anfangs grün / nachgehends schwartz sind träget; wie dann dessen Gummi als das schwärtzeste unter allen von Schurziô in der Material- Kammer pag. 38. beschrieben worden.

§. 8.
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Das beste Gummi Hederae muß recht trucken / durchsichtig und eines etwas balsamischen Geruchs seyn / wie Pomet l. c. erfordert / welcher zugleich erinnert / daß man Achtung gebe / daß man an dessen Stell nicht das Gummi Alouchi (welches von dem Costo corticoso oder auch Cortice Wintherano fliessen und auch schwartz seyn soll) davor einkauffe.

§. 9.
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Seine Qualitäten sind / daß es wegen seiner balsamischen Natur auch Wunden und andere Schaden heile. Daß es aber die Haar weg ätzen soll / auch die Läusse tödte / wie Galenus und Dioscorides geschrieben / will sich in der That nicht zeigen / und muß entweder ein Irrthumb hierin vorgehen / oder müssen die Alten etwas anderst dadurch verstanden haben / worvon Sim. Paulli in seinem Quadripart. Botan. pag. 327. weiter zu sehen wäre.

Das XII. Capitel
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Von dem SCAMMONEO und GUMMI GUTTAE. Abbildung

§. I.
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Das SCAMMONIUM ist ein grauschwartzes und hart-hartzigtes Gummi / eines scharffen und eckelhafften Geschmacks und sonderlich widrigen Geruchs: kombt von Alexandria auß Egypten und Syrien gen Venedig / in ledernen Beuteln / von dannen es zu uns gebracht wird / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 152. schreibet.

§. 2.
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Das Kraut / auß dessen Wurtzel es gepresset wird / ist nach einhelliger Meynung der Simplicisten eine Winde oder Volubilis, welche häuffig in Orient umb Aleppo wachsen soll / [384] allwo sie den Safft auß der Wurtzel pressen und nicht an der Sonnen / sondern durch das Feuer aufftrucknen / indem zuweilen Kohlen darunter gefunden werden / wie Pomet in Hist. Simpl. pag. 292. in Acht genommen hat. Unterdessen wollen einige gelehrte / als Ettmüllerus in Comment. Schroeder. pag. 761. Morisson und andere / zweifflen / ob das rechte und den Alten so berümbdte Scammonium uns bekandt sey / indem das gemeine / so man in den Apothecken findet / viel schärffer und beissender ist / wie der Alten / auch nur zu etlichen Granen und Gersten-Körner schwer purgiret / da die Alten von dem Ihrigen wohl ein Quint gegeben; dahero Fallopius de Purg. pag. 129. sich auch nicht darein finden kan / daß / da er einmahl eine Untze davon gegeben und sie nicht purgiren wollen / andere von etlichen Granen beweget worden; welches doch von unterschiedlicher Güte auch herrühren können. Es sey ihm aber / wie ihm wolle / so dienet dieses zum wenigsten darzu / daß / weilen das Scammonium von den Betrügern offt auß der Wolffs-Milch und anderen gantz giftigen Kräutern (dessen obgemeldter Pomet ein sehr merckliches Exempel l. c. erzehlet) nachmachen / die Materialisten sich wohl fürsehen und bestreben sollen / daß sie das rechte und unverfälschte überkommen und führen möchten.

§. 3.
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Ingleichen sollen sich rechtschaffene Apothecker angelegen seyn lassen / immer das Feine / und nicht das Mittelmäsige Scammonium zu kauffen / welche beyde Sorten immer bey den Materialisten zu finden find; weiche letztere entweder alt / verlegen oder schwartz / schwel / steinicht / weich und unrein ist / dergleichen das Smyrnische Scammonium zu seyn pfleget; da hergegen das Aleppische mehr graulicht / als schwartz / leicht / zart / nicht zu hart seyn / und wann ein wenig davon gebrochen wird / durchsichtig scheinen muß / auch sich wie ein Pech gleich zerreiben lässet / wie Schurtzius in seiner Material- Kammer pag. 80. berichtet. Daß aber einige Materialisten / als Marxius in der Material- Kammer pag. 181. ja Doct. Schroederus selbsten pag. 243. dieses auch vor eine Probe halten wollen / daß das rechte Scammonium, wann man ein wenig davon käuet / einen Milchweisen Schaum geben müsse / ist sehr gefährlich und betrüglich / indem dieses mehr eine Anzeige ist / daß es mit der Wolffs-Milch verfälschet sey / wie Sim. Paulli in Quadrip. Bot. pag. 470. lehret / absonderlich / wann es zugleich auff der Zunge brennet. Vielmehr wird die Feine / so man ein wenig davon leckt / alsobald blau / nach Schurtzii Meynung l. c. welches ein gute Anzeigung ist / absonderlich so man davon auff die Hand speyet und das Pulver graulicht sihet / auch bitter schmäcket / wie Pomet c. l. weiteren Unterricht gibt: Welcher zugleich diejenige / so gantze Beutel voll davon kauffen / warnet / daß sie Achtung geben / daß die unterste / wie die öberste sey / indem die Morgenländer offter das zusammen gerolte Scammonium mit Kohlen / Stein / und dergleichen anfüllen: Andere aber mit dem Colophoniô verfälschen; dahero das Scammonium ein rechtes Auffsehen und Verstand im Kauffen brauchet / wie Marxius cit. loc. pag. 182. wohl erinnert.

§. 4.
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Seine Qualitäten betreffend / so purgieret es alle wässerichte / gallicht- und schleimichte Feuchtigkeiten auß dem Leib / in welchem es einen gewaltigen Auffruhr erreget; weßwegen es auch nicht leicht allein von gewissenhafften Medicis verschrieben / sondern nur andern gelinderen Purgier-Mitteln pro Stimulo oder zur Beyhülffe gegeben wird; ja es wird nicht einmahl also rohe / sondern / wann es zuvor corrigiret ist / gebrauchet / welches entweder durch einige sauere Säffte / als Citronen- und Quitten-Safft (dahero das DIAGRYDIUM) oder durch den Schwefel-Rauch / wie in dem SCAMMONIO SULPHURATO zusehen ist / geschiehet / welche beyde auch in wenigen Granen andern beygesellet werden. So kan man auch mit dem rectificirten Brandenwein ein EXTRACTUM darauß haben / dessen ???x. ohngefehr auß einem Pfund gebracht werden können / wie der Apothecker VielHeur l. c. pag. 152. auffgezeichnet hat.

§. 5.
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Weilen im übrigen einige von eben dem Tithymalo oder Wolffs-Milch / wormit das Scammonium offt verfälschet wird / auch ein ander dergleichen Medicament / so GUMMI GUTTAE heisset / herleiten / wollen wir dessen auch hier mit wenigem gedencken. Solches ist ein hartes / doch glattes und Gold-gelbes hartzichtes Gummi / so einen scharffen und sehr widrigen Geschmack hat und auß Ost-Indien in hohlen Röhren / wie Würste / oder in grossen / wie ein Türckischer Turban herumb gewickelten Stücken / gebracht wird.

§. 6.
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Von was für einem Gewächs aber dieses Gummi herrühre? davon sind von langen Zeiten her viele Meynungen gewesen. Jacob Bontius, ein Indianischer Medicus, schreibet in Not. ad Garc. und in seinem Method. Med. Ind. cap. 9. daß er von der Javanischen Wolffs-Milch herrühre / welchem nebst andern Mer [385] ret in seinen Anmerckungen über des Neri Glaßmacher-Kunst pag. 307. wie auch Wormius in Mus. Beyfall geben. C. Hoffmannus vermeynet in Tract. de Med. Offic. pag. 27. es käme von den Zecken. Körner her / und wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 759. glaubet / auß deren Gewächs / nemblich dem Ricino Jndico. Hergegen setzet Pomet in seiner Material Kammer p. 240. ein ander seltzames Kraut / so weder Blätter / noch Blumen hat / darvon nach seiner Meynung / (welche / wie es scheinet / ihm die Siamische Gesandschafft / deren Bediente eine quantität Gummi Guttae mitbrachten / vorgeschwätzet haben) herfliesse. Allein nunmehr hat man beffere Nachricht / daß dieses Gnmmi vielmehr auß einem Baum dringe / welcher Früchte / wie Pomerantzen träget und unter dem Nahmen Cuddam-pulli im ersten Tomô des Horti Malabarici Fig. 24. pag. 41. abgebildet und vom Rajo in Hist. Pl. pag. 1661. beschrieben wird; wiewohl Doct. Syen in seinen Anmerckungen über gemeldten Hortum Malabaricum dieses vor eine eigene Art halten / und von dem gemeinen / so auß einer frembden Wolffs-Milch entspringe / unterterscheiden will / wie Sam. Dale in seiner Pharmacologiâ pag. 438. in Obacht genommen hat.

§. 7.
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Das besie muß schön hell / glatt / gelb und nicht sprenglicht vermischt seyn / wie Marxius in seiner Material - Kammer pag. 100. zeiget. Zuweilen findet sich ein rothes / clares und durchfichtiges Hartz in den gantzen Stückern / wie die Aloes Socoterina anzusehen / welches / so schön es auch scheine / nichts tauget / und weilen es so keine schöne Farb / wie das rechte gibt / zuverwerffen ist / wie Pomet l. c. pag. 240. lehret. Hoffmannus hat in seinem Clav. Schroeder. pag. 636. noch eine andere Prob / indem er setzet / daß wann man das rechte Gummi guttae anstecke / es ein blaulichte Flamme gebe und eine schwartze Asche zurück lasse.

§. 8.
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Seine Kräfften kommen beynah mit dem Vitro ???. überein / indem es über und unter sich purgiret und alles überflüssige und böse Gewässer gewaltig auß dem Leibe treibet; weßwegen es in der Wassersucht / Grätze und dergleichen Kranckheiten mit Bedacht kan gebrauchet werden. Daß es aber die Landstricher / Bader und dergleichen Gesindel also ohne Unterscheid hingeben / ist ein schädlicher Mißbrauch / wodurch manche schlaffen geleget werden. Die Mahler brauchen es am meisten / weilen es eine Dotter-gelbe Farb gibt und zur Mignatur - Arbeit dienlich ist. Wer aber ein mehrers darvon wissen will / kan sich des Castelli Tract. de Guttâ Gambodiâ zulegen / auch was Doct. Reudenius und Hoechstetterus (welche vor diesem einen grossen Disputat darüber gehabt) davon in einem eigenen Buch geschrieben haben / lesen.
|| [386]

Das XIII. Capitel
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Von dem rechten und fasschen Drachen-Blut. Abbildung

§. I.
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DAs Drachen-Blut oder SANGUIS DRACONIS ist ein dunckel-rothes hartz / welches am Feur gleich schmeltzet und sich entflammet / auch durch das Reiben ein Blut-rothe Farbe von sich gibt / eines hartzicht- und anhaltenden Geschmacks: Kommet meistens aus West - Indien von der Insul Socotera, Madagascar und andern Canarien - Insulen; wiewohlen in Ost - Indien dessen auch viel zu finden ist.

§. 2.
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Dieser Safft soll nach der gemeinesten Meynung auß dem so genandten Drachen-Baum oder DRACONE arbore fliessen / welcher so genennet wird / weilen in der Frucht von der Natur die Figur eines Drachen soll abgebildet seyn / wie Manardus selbsten geschrieben; wiewohlen Clusius in seinen Anmerckungen über gemeldten Scribenten versichert / daß er solches niemahlen in der Frucht habe finden können / wie in dessen descr. Rariorum Plantarum lib. I. cap. I. zu ersehen ist. Dahero auch Flacourt in der Beschreibung der Insul Madagascar solches vor einen Aberglauben hält / wie im Anhang dieses Buchs im VI. Ost-Indianischen Sendschreiben zu sehen ist. Mit gewisserem Grund aber wird er von Herrn Commelin. in Hort. Ambstel. unter die Palmen gerechnet / und wellen er lange spitzige Blätter / wie die Schwerteln / oder die Jucca gloriosa hat / von demselbigen Palma Prunifera Fol. Juccae genandt worden: Hat sonsten einen dicken Stamm / auff welchem acht oder neun Aeste / etwa zweyer Ehlen hoch / ohne Blätter / gantz nackend stehen / welche sich oben wieder in drey oder vier andere dergleichen / aber nur eines Ehlenbogens hoch und eines Arms-dick / zertheilen / worauß sich die spitzige lange Blätter in die Höhe schwingen / so einer Ehlen hoch und eines Daumens-dick / in der Mitten mit einer Linien durchzogen und auff der Seiten etwas röthlich find / auch immer grün bleiben. Unten an den Aesten hänget die Frucht Trauben weiß / welche gelb und einer Kirschen groß ist / am Geschmack sauer / mit einem dunnen Häutlein bekleidet und inwendig mit einem steinichten Kern / wie die Kirschen versehen / wie Theod. Tahernaemont. alles auß obgemeldten Clusio gar deutlich im dritten Buch von den Kräutern pag. 687. beschrieben hat. Ob es aber in den Canarien-Insulen noch andere Bäume gebe / welche ein gleiches Gummi zeugen und so / wie sie Pomet in obiger Figur abgerissen / anzusehen seyen? will eben nicht widersprechen / indem auch in Ost- [387] Indien dergleichen Hartz von verschiedenen Bäumen gesamlet wird.

§. 3.
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Auß dem Stamm dieses Baums / welcher sehr rauh und gerissen ist / soll in den Hunds-Tagen das obgemeldte Gummi fliessen / so man Drachen-Blut nennet / welches die Einwohner vor diesem in die Blätter des Drachen-Baums eingewickelt / und in der Grösse eines Tauben-Eyes herauß geschicket haben sollen / wie jetztgemeldter Pomet pag. 260. seiner Material-Histoire berichtet. Heut zu Tag aber kommet dasselbige in länglichten kleinen Stücklein / wie der Ohr-Finger / (deren jedes ohngefehr anderhalb Quint wieget) mit Blättern umbgeben / wie nicht allein jetztgemeldter Materialist / sondern auch Wormius iu Museo pag. 229, bezeuget. Weilen aber zuweilen in dem Außfliessen sich einige Unreinigkeiten untermengen / machen die Einwohner noch ein sehr feines und lauteres Drachen-Blut daraus / welches in Schlotten oder Röhren kommet / wiewohlen solches auch aus den grossen Broden / so auß Africa kommen / in Teutschland gemacht wird / wie Marxius (welcher es selbst machen helffen) in seiner Material-Kammer pag. 180. 181. schreibet: Und will Hoffmannus Clav. Schroeder. pag. 599. davor halten / daß es also gemacht werde / wann das erste mit dem Spiritu Vini auffgelöset und wieder inspissiret werde / indem dieses Drachen - Blut in Brandtenwein so balden eine Blut-rothe Tinctur von sich gebe.

§. 4.
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Daher komt es nun / daß man zwey biß drey Sorten von dem Drachen-Blut bey denen Materialisten haben kan / nemblich das granulirte oder in granis, und das Feine oder Sanguinem Draconis Finum. Auß welchen noch ein geringere Art gemacht und in Brodte formiret wird / welche Sang. Draconis in pane, oder / weilen es selten pur gelassen / sondern mit dem Arabischen Gummi (wie obgemeldter Marxius c. l. schreibet/) und andern dergleichen vermenget ist / SANGUIS DRACONIS FACT ITIUS genennet wird / welcher auch dunckel-roth und so wohl außwendig / als inwendig / wie Hartz gläntzen thut. Ja Pomet will gar versichern / daß eine Art Drachen-Blut auß Holland komme / welche vor nichts anders / als bloß Gummi Arabicum, so mit Brasilien-Holtz roth gefärbet sey / zu halten wäre; welches man auff dessen Verantwortung lässer ankommen. Indessen hält auch Joh. van Bevervvyck dafür / daß unser Sanguis Draconis nichts anders sey / als Bocks-Blut / so mit Bolo und Esch-Rößlein Safft vermischet sey / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 150. in Acht genommen hat.

§. 5.
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Das beste soll seyn / welches in Granis und mit Blättern umbwickelt kommet / welche klar durchsichtig / mirb und schön roth seyn müssen. Weilen aber solche sehr rar sind / kan man sich der zweyten Sorten bedienen / welche der ersten nahe kommen / schön klar und hoch-roth im Zerreiben und leicht zu zerbrechen seyn muß. Die beyde letztere Sorten aber haben weder Farb / Geschmack / noch andere Tugendten des rechten Drachen-Bluts an sich / und werden derowegen nicht allein von den Medicis, als Ettmüllero in Comment. Schroeder. pag. 720. sondern auch den Materialisten / als Pomet pag. 261. c. l. gäntzlich verworffen.

§. 6.
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Soviel findet man von dem Ursprung und Unterscheid des Drachen - Bluts / sowohl in der Medicorum, als der Materialisten Schrifften: welchem allem doch Herr Joh. Gottfried Vitus, berümbdter Materialist zu Wormbs (welcher / ehe er in Ost - Indien gereisset / schon viele Jahr bey der Handlung gewesen und also desto genauer darauff inquirirete) gäntzlich widersprichet und versichert / daß das Drachen-Blut oder Sanguis Draconis von keinem Baum / sondern von einem dicken Rieth oder Rohr herrühre; welches so blosser dings zu glauben nicht getrauet hätte / wann nicht eben dieses in Herrn Rumphii, des sehr gelahrten Botanici, Ost-Indischen Send-Schreiben / an den Ober-Kauffmann Herbertum de Jager, de dato Amboina Victoria d. 15. Septembr. 1689. gefunden hätte / welcher das Rohr in einem andern Brieff Palmi-Juncum nennet / weilen es lange schmale Blätter hat / wie die Palmen. Dieses Rieth PALMI-JUNCUS nun wächset auff der West-Küst in Sumatra, und hat an seinen Geleichen nicht allein das junge Rieth / sondern auch obgemeldte Blätter / wie auch böse Dornen mit den kleinen Knöpfflein / oder Früchten wie Klicker / so geschilfft und schuppicht hervorkommen / geschlossen sind und inwendig einen Kern haben: Außwendig aber sitzet der Sanguis Draconis, von welchem die rothe Flecklein herrühren / welche zuweilen an den Stäben oder so genandten Spanischen Rohren / so darvon geschnitten werden / gesehen wird: und weilen obgemeldte Früchte den Thannen-Zäpfflein etwas gleich kommen / so wird das Gewächs auch von andern PALMA - PINUS, wie auch PALMA CONIFERA SPINOSA genennet / dessen vollkommene Beschreibung Herr Doct. Kempffer in seiner Dec. Obs. Exot. [388] §. 5. gegeben / welche auch im Anhang dieses zweyten Buchs verteutschet zu finden ist. Von diesem Sanguine Draconis haven sie in Ost-Indien vier Sorten / worunter die erste und allerbeste an Fingers-langen Stücklein / in gantz grünen Blättern / so immer also grün bleiben / kommen / ohngefehr fünff Zoll lang / und wigen ¼. Pfund / an drey Untzen: gibt die allerhöchste Farb. Die zweyte wird in Büschlein mit Graß umbgeben und mit Korteln gebunden / an langen Schnüren / so etliche Ehlen lang / gebracht / und wieget eines ohngefehr ???. Die dritte Sort ist in Taffeln / von ohngefehr 1. Pfund / auch zuweilen an grössern Stückern / wo das Gesicht die Feinigkeit gibt. Die vierdte kombt in grossen Massen oder Stücken / von einem halben / biß gantzen Centner / welche aber unsauber / dunckel und grummelicht ist. Bißdaher obgemeldter Herr Vitus, so umb bessern Bericht zu haben / einige Tage bey mir gehabt.

§. 7.
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Ob nun nicht zu zweifflen / daß sich die Sache hiermit also verhalte / so ist doch nicht zu läugnen / daß das Drachen-Blut auch noch auß andern Bäumen / so einen blut-rothen Safft von sich geben / herrühren und fliessen könne / indem Flacourt in seiner Histoire de Madagascar pag. 135. & seqq. wohl drey dergleichen Bäume erzehlet / dessen Worte im Anhang dieses Buchs / im sechsten Ost - Indianischen Send-Schreiben zu finden sind: in welchem der Herr de Jager auch bewiesen / daß ein dergleichen Sanguis Draconis auß dem Baum des Caliaturs - Holtz oder Santali rubri schwitze und seinen Gegentheil / den Herrn Kumphium / soweit gebracht hat / daß er endlich im folgenden siebenden Send - Schreiben zugibt / daß auch auß andern Gewächsen dergleichen Sanguis Draconis dringen und quellen könne / weiches ingleichen obbelobter D. Kempfferus in seiner Beschreibung des Dsjerenang gleich im Anfang erwehnet / und also die Sach sich wohl conciliiren lässet.

§. 8.
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Den Nutzen und Gebrauch des Drachen-Blutes anlangend / so ist dasselbe bey denen Alten in grossem Gebrauch gewesen und wurde vor den rechten Zinnober des Dioscoridi??? gehalten. Der wahre und auffrichtige Sanguis Draconis muß eine kühlende / truckende und zusammenziehende Krafft haben / wormit er gegen die rothe Ruhr / Blut -Stürtzungen und starcke Flüsse innerlich / und gegen alle Verwundungen eusserlich dienlich seyn soll / wie Schroederus und andere bezeugen. Weilen aber solche Qualitäten an unserm Drachen-Blut langsam zu finden sind / und also umb deswegen derselbe verdächtig scheinet; so brauchet Ettmüllerus l. c. an dessen Stell das Extract von der Tormentill - Wurtzel / welches fast einerley Farb und consistentz haben soll. Doch werden zuweilen die Zahn - Pulver noch darmit gefärbet; wie dann auch die rothe Höltzlein / welche als Zahnstörer gebrauchet und der Compagnie auß Indien / unter dem Nahmen Bois de Palile gebracht worden / in dieses Gummi eingedunckt werden / wie Pomet loc. cit. berichtet. Sonsten wird das Drachen-Blut sehr zu der Mahlerey gebraucht / und wird deswegen in Nürnberg / allwo gar schöne und fast unvergleichliche Künste und Farben damit getrieben werden / jährlich eine grosse Quantität darvon verthan / wie Marxius, der Nürnbergische Materialist l. c. bezeuget. Absonderlich aber brauchet man denselben zu der so genandten Lack-Kunst / deren Beschreibung bey Erörterung des Gummi Laccae geben werde. Nicht weniger brauchen es auch die Glaß-Mahler / in dem es dem Glaß eine schöne und blut-rothe Farbe giebt.
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Das XIV. Capitel Von dem ACACIEN-Safft und Arabischen Hartz-Gummi.
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Abbildung

§. I
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DEr Acacien-Safft oder SUCCUS ACACIAE, sonsten auch AEgyptischer Schotten-Dorn-Safft genandt / ist ein röthlich / brauner und dicker Safft / eines herben und anziehenden Geschmacks / welcher in dünnen Blasen eingefasset und zu runden Bällen / deren jeder 4. bißweilen auch 6. biß 8. Untze wieget / auß AEgypten über Massilien und andere Orten gebracht wird / wie Charas in Beschreibung der Theriacs-Ingredientien cap. 69. pag. 221. berichtet.

§. 2.
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Das Gewächs / worvon dieser Safft herrühret / wird insgemein Acacia AEgyptiaca genennet und von vielen Authoren vor einen Baum / von andern aber besser vor einen dornichten Strauch gehalten / dessen Abbildung (welche oben zu sehen) von Herrn Herberto de Jager dem berümbden Cleyero in Ost-Indien mitgetheilet und von diesem den Miscell. Acad. Germ. Cur. Dec. I. A. III. pag. II einverleibet worden; und weilen dieselbe sowohl mit derjenigen Acaciâ Verâ, welcher der Cardinal Farnesius vor diesem zu Rom in seinem Garten gehabt und Aldinus in Hortô Farnesiano beschrieben / übereinkommet / auch des Hernandez Figuren / so in dessen Hist. Rerum Med. Nov. Hisp. pag. 59. 453. 866. zu finden sind / sehr gleich scheinet: als hat man desto weniger Ursach daran zu zweifflen.

§. 3.
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Ob aber dieser Safft auß der Frucht dieses Gewächses (welche den Lupinen gleichen soll / und von Wormio in Mus. pag. 178. beschrieben wird) oder auß den Rinden und Blättern gezogen werde / ist noch etwas ungewiß. So sind auch die Materialisten wegen der eusserlichen Farb noch nicht eins / indem viele sagen / der Succus [390] Acaciae müsse schön roth seyn / und je höher an der Farb / je besser / gehalten werden / wie Charas c. l. schreibet: Andere hergegen / als Pomet in seiner Hist. des Drogues pag. 301. mehr von dem braunen halten / welcher besser gekocht und von den zeitigen Früchten gemachet sey / da der rothe von den unzeitigen herkomme. Beyde aber halten den vor den besten / welcher dicht und hart / schwer / und wann man mit dem Hammer auff die Bälle schläget / leicht von einander springe / auch außwendig sauber / inwendig aber gläntzend außsehe.

§. 4.
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Seine Qualität und Gebrauch betreffend / hat er eine kühlende und anhaltende Natur / wird aber langsam verschrieben / sondern nur bey Aufflegung des Theriacs auffgesuchet / da er von dem eusserlichen Bläßlein zu reinigen / in Wasser zu solviren / durchzuseyen und wieder abzurauchen ist / wie Charas cit. loc. unterrichtet. Daß man ihn aber in allerhand Formen zudrucken und bey der Dispensation des Theriacs auffzusetzen pflege / hält Pomet loc. cit. vor einen ohnnöthigen und theils betrüglichen Pracht.

§. 5.
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Gleich wie nun dieser Succus immer zuverstehen / wann der Acacien schlechter-dings und ohne Beynahmen gedacht wird / wie Doct. Simon Paulli in Quad. Bot. pag. 13. errinnert: Also pflegt man in dessen Ermangelung den Safft von dem gemeinen Schlehen-Dorn oder ACACIA GERMANICA zu substituiren / wie Schroederus in seiner Pharmac. l. 4. pag. 5. gestehet; welches doch Charas und andere widerrathen / indem man heut zu Tag an der Acacia Vera keinen Mangel hat. Doch wird unser Schlehen-Safft / wie der vorige auch in Blasen gefasset und verführet / siehet aber schwartz und wie das Extractum Liquiritiae auß und adstringiret gar sehr.

§. 6.
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Weilen in übrigen das so genandte Arabische Hartz oder GUMMI ARABICUM von eben diesem Gewächs / da der AEgyptische Schotten-Dorn-Safft herrühret / fliessen soll / kan man dasselbige hier nicht wohl vorbey gehen: Ist ein weiß-gelbes / hell und durchscheinendes Gummi / eines wässerichten und schleimichten Geschmacks / und wird zuweilen gantz klein zerstückelt in grossen Fässern gebracht / welches selten unverfälschet / auch sehr unrein ist / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 20. berichtet.

§. 7.
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Ob man nun heut zu Tage dieses Arabische Gummi recht und auffrichtig haben und in den Apothecken finden könne / wird nicht allein von den Medicis in Zweiffel gezogen / wie auß dem Appendice Schroed. pag. 3. zu sehen / sondern es gestehen auch einige rechtschaffene Materialisten selbsten / daß es so rar worden / daß man auch in grossen Fässern fast keines mehr finden könne / wie Pomet in seiner Frantzöischen Material-Kammer pag. 241. ohngefoltert bekennet: Indem dasjenige / was unter diesem Nahmen verkauffet wird / entweder ein Mischmasch von allerhand Gummi von Pfersing-Kirschen- und Pflaumen-Bäumen ist / wie Doct. Wormius in Mus. pag. 219. und Ettmüllerus in Comm. Schroel. pag. 692. vermeinen: Oder wann es hoch kombt / das so genandte GUMMI SENICA oder GUMMI DE SENEGA ist / welches auß Guinea an dem Fluß Senega gesamblet wird / und ob es zwar auß viel grösseren / außwendig raubern und gelberen Stücken / als das rechte Arabicum, bestehet / doch nicht allein zu Pariß / sondern auch in Engeland und anderstwo vor das Arabische verkauffet wird / wie Sam. Dale pag. 463. Pharmacologiae berichtet; welches dann desto eher zu dulden wäre / wann man nur das weisseste und schönste davor außgeben thäte / so dem Gummi Arabico am meisten gleichet / und derowegen auß dem Gemeinen oder in Sortis offters außgelesen wird / wie Pomet cit. loc. schreibet: allwo zugleich ein weitläufftiger Bericht zu finden / wie die Frantzöische Compagnie solches einhandele und was sie von den Wilden erdulden müsse / worvon er noch weiter im Anhang ermeldten Buchs pag. 15. handelt.

§. 8.
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Hieraus hat nun nichts anderst folgen können / als daß verschiedene Sorten von dem Gummi Arabico entstanden seyen / deren bey unsern Materialisten zum wenigsten zwey / als das weisse / oder GUMMI ARABICUM ALBUM, und das Gemeine oder ARABICUM IN SORTIS gefunden werden; über [391] welche Pomet loc. cit. noch einige mehr erzehlet / welcher vier Species benambset / nemblich I. GUMMI VERMICULATUM, welches wie ein Wurm gedrehet / also von dem Gewächse fliesset und insgemein schön hell und weiß ist. 2. Dasjenige so er TURIS nennet / welches das rechte Arabische ist / so bey feuchtem Wetter von der Acacia fliesset / in gewissen Gefässen auffgefangen / in grossen Stücken nacher Massilien gebracht / und weilen es auch klar und schön / von den Seiden-Färbern zu Lyon sehr verthan werde. 3. Das GUMMI ANGLICUM oder Englische Gummi / welches auß dem Arabischen oder Senicanischen (so in Wasser auffgelöset / zu einer Mass formiret und in Stücker geschnitten wird) bestehet und wie Holländischer Leim anzusehen ist / wormit die Perruquen-Macher die Haar frisiren / dahero es Frisir-Gummi genennet wird. 4. Das GUMMI de SENEGA, dessen oben gedacht worden.

§. 9.
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Das beste ist / welches schön weiß / klar und durchsichtig wie ein Glaß / sauber / im Mund leimicht und schleimicht / dicht / gläntzend und bey nah ohne Geschmack scheinet. Noch besser und schöner aber ist es / wann es wie gekrümbte Würmlein außsiehet / welches Charas vor andern zum Theriac erwehlet / wie in dessen Beschreibung der Theriac-Ingredientien pag. 214. zu sehen ist.

§. 10.
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Seinen Qualitäten nach erweichet und besänfftiget es die scharffe Flüsse und den Qualst so anf der Brust sitzet und wird deßwegen zuweilen gegen den Husten und rauhen Halß / Beissen der Augen / scharffen Urin / rothe Ruhr und dergleichen gebrauchet: Mehr aber zur Dinten gesuchet / indem es verwehrt / daß solche nicht durchschlage. So brauchen es auch andere Künstler / zum frisiren / steiffen und dergleichen; worzu doch auch der Land-Gummi von Kirch- und Pflaumen-Bäumen dienlich ist / welches fast eben diejenige Tugenden hat / welche dem Gummi Arabico beygeleget werden.
|| [392]

Das XV. Capitel
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Von dem Hypocistis-Safft und Gummi Ladano. Abbildung

§. 1.
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HYPOCISTIS ist ein dicker schwartzer und etwas hartzichter Safft / eines herben / sauren und zusammenziehenden Geschmacks: Wird meistens auß der Provintz Languedoc in Franckreich herauß in Teutschland gebracht.

§. 2.
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Das Gewächs / worvon er herrühret / bestehet auß kleinen Sprößlein / so unten auß der Wurtzel eines kleinen Sträuchleins / CISTUS genandt / hervorsprossen / wie oben auß der Figur zu ersehen ist. Dieser Cistus aber / so weise rauhe Blätter und Purpur-farbichte Blümelein hat / wächset häuffig in der Provence und umb Languedoc, wie auch auff den Bergen umb Padoa, in Italien / auß dessen Wurtzel ohngefehr im Majo dergleichen Außsprossen hervorkommen / welche gelbicht und mit dunckeln Unterscheidlein gleichsam in Schuppen und Knöpfflein unterschieden und wie Schuppen-Wurtz anzusehen sind: In der Grösse eines / zweyen / biß drey Daumen groß / unten dünner wie oben / voller Safft / welcher darauß gepresset und hernacher in geglassurten Hafen eingekochet und inspissiret wird / wie Charas in Beschreibung der Theriacs-Ingredientien pag. 211. alles schön beschrieben hat.

§. 3.
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Der beste Safft hiervon muß dick / dicht / gläntzend-schwartz / wie Süßholtz-Safft / recht anhaltend- und zusammenziehender Krafft / auch nicht verbrennet seyn; und obschon derselbe wohl zu haben und nicht leicht zu besorgen / daß er verfälschet werde / so muß er doch gereiniget und durch solviren / filtriren und dergleichen von seinem Unrath gesaubert werden / ehe er zum Theriac genommen wird / in dem diejenige / so ihn in Franckreich praepariren / offters nicht accurat und sauber damit umbgehen / wie nicht allein gedachter Charas, sondern auch dessen Mitt-Bürger Pomet lib. 7. Hist. Gen. Simpl. pag. 301. gestehen.

§. 4.
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Seinen Qualitäten nach komt er sehr mit der Acacia vera (welche demselben auch zuweilen substituiret wird) überein und stillet wegen seiner anhaltenden Krafft alle Bauch-Blut- und Mutter-Flüsse / übermäsiges Brechen / Blut-Speyen und dergleichen: kommet nicht allein zum Theriac / sondern auch zu andern alten Compositionen / so wohl innerliche v. g. Diacydon. Trochisc. de Carabe, Diacorallin. &c. als eusserliche / nemblich Unguent. Comi [393] tissae und dergleichen; Wie es dann auch in dasjenige Bruch-Pflaster / welches bey des Prieur de Cabriere Cur / so auff des Königs in Franckreich Befehl herauß gegeben und von uns anderstwo beschrieben worden / gemischet wird.

§. 5.
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Sonsten hat man noch eine andere und frembde Art von dem Cisto, welchen die Botanici Cistum Ledon foliis Laurinis heissen: Soll in der Insul Eypro / Lybien und Arabien wachsen / auch in der Insul Creta in grosser Menge auff den Bergen stehen / wie Cyprianus Eichovius in seiner Reiß-Beschreibung pag. 511. bezeuget / auch zugleich berichtet / daß hiervon das GUMMI LADANUM mit sehr grosser und saurer Mühe gesamlet werde / welches daher meistens überbracht wird / und ein schwartz-grauer / rauber und wohlriechender Safft ist / so in unterschiedener Form und Gestalt kommet.

§. 6.
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Wie und welcher Gestalt aber dieses Ladanum gesamlet und accommodiret werde / davon sind verschiedene Meynungen. Viele halten mit dem Dioscoride davor / daß es von dem Bart und Haaren der Böcken und Geisen / welche die hartzichte Blätter ermeldten Cisti abweideten / abgekammet werde. Allein andere / als Ettmüllerus in Comment. Schroeder. pag. 704. halten dieses vor ein rechtes Mährlein / indem das Ladanum in kleinen Glundern auß den Blättern dringe und von dem eusserlichen Thau gleichsam extrahiret / nachmahlen abgeschüttelt und auffgetrucknet werde; und weilen es leicht geschehen kan / daß dieses zähe Wesen sich umb die Mäuler der Böcke und Geisen anhänge / wann sie früh an diese Sträuchlein gerathen / so ist man ohne Zweiffel auff den irrigen Wahn kommen / daß dieses Gummi gleichsam ein Kamm-Fett von den Bocks-Haaren seye; es kan auch dieser Meynung damit nicht geholffen werden / daß zuweilen vieles haarichte Wesen unter dem Ladano gefunden werde / indem solches leichter auß den Ebris und Zasern der Blätter entstehen mag / indem ohne Zweiffel die Einwohner den Safft offt mit Gewalt herauß zwingen und also dergleichen Zasern darunter kommen können / weilen obgemeldter Eichovius meldet / daß das Ladanum mit seht grosser Mühe (intolerabili labore) gesamlet werde: Und zeiget die schwartze couleur, daß dieser Safft auch etwa durch das Feuer gehe und wie andere succi inspissiret werde.

§. 7.
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Hierauß ist nun leicht zu schliessen / was von demjenigen Unterscheid zu halten / welchen die Materialisten unter dem Bart-Ladano oder LADANO de BARBA und LADANO de CYPRO (welches andere auch Ladanum in-Tortis nennen) zu machen pflegen? welche nur an der Güte und Sauberkeit differiren / und beyde von dem Sträuchlein / nich von den Bärten herrühren. So hat man sich auch an die eusserliche Form und Gestalt des Ladani, ob es in gekrümten Spiris, wie das Eyprische / oder dicken Stücken / wie das Barth. Ladanum bestehe? sonderlich nicht zu kehren / in deren Erwehlung ich bey denen Materialisten widrige Meynungen finde: Nur gebe man Achtung / daß es sauber und nicht mit Sand und anderen Unreinigkeiten vermischet / auch weich / wohlriechend / leicht / feist und schwartz-grünlicht seye / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 110. schreibet.

§. 8.
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Seine Kräfften sind erwärmend und zertheilend: Temperiret die scharffe Flüsse / weilen es zugleich eine vim anodynam, oder stillende Kraufft haben soll / weswegen Hoffmannus auch innerliche Fluß-Pillen darauß machet / welche in dessen Clavi Schroederianâ pag. 586. zu finden sind. Doch ist hier des Sim. Paulli Warnung nicht in Wind zu schlagen / daß man nicht das Laudanum opiatum pro Ladano nehme / wie in dessen Quadr. Bot. pag. 50. zu sehen ist. Eusserlich aber kommet es unter die Fluß-Pulver und andere Rauch-Wercke / so gar / daß es auch zum Schlag-Balsam genommen wird / welcher seine couleur dem Ladano zu zuschreiben hat. So ist auch dieses Gummi gar heilsam und zu den eusserlichen Wunden dienlich; weswegen diejenige / so das Ladanum colligiren / solches zerlassen / durchseyhen und zu einem dicken Balsam machen sollen / welchen man den schwartzen Balsam / oder auch LADANUM LIQUIDUM nennet und zuweilen in sehr dünnen Blaßen oder Häutlein herausser schicket / dessen sich die Parfumeurs in Franckreich und Italien bedienen / wie Pomet in seinem obgemeldtem Buch pag. 36. Lib. 1. berichtet; Wiewohlen er selbsten gestehet / daß er wenigen Materialisten bekandt und wegen seines grosses Preyses nicht in Handlung geführet werde / ausser daß einige denselben vor die schwartze Amber verkauffen sollen.
|| [394]

Das XVI. Capitel
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Von dem AEgyptischen trucknen Mohn-Safft. Abbildung

§. 1.
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DER AEgyptische Mohn-Safft oder OPIUM THEBAICUM ist ein schwerer / dicht- und dicker Safft / so theils hartzichter / theils gummichter Natur ist / eine schwartz-braune Farb / scharffen und bittern Geschmack / auch einen widrigen und Schlaaffbringenden Geruch hat: wird auß der Türckey an Stückern / so ohngefehr einer Faust groß sind / mit Magsaamen-Blätter umbgeben / in kleinen Kirsten oder Fäßlein herausser gebracht.

§. 2.
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Die Mohn-Köpffe / worvon er herrühret / sind jederman bekandt / und weilen das Papaver Nigrum eben so kräfftig und safftig / als das Papaver Album, wollen wir uns nicht viel bekümmern ob das Opium von diesem oder jenem fliesse / wiewohlen die meinste Scribenten darvor halten / daß es von dem weissen Magsamen herrühre / absonderlich von den sehr grossen Köpffen / welche in Türckey gezogen werden. Auff was Art und Weiß aber solche erzielet und der Safft heraus gebracht werde / beschreibet Bellonius lib. 3. Obs. cap. 15. dessen Worte / wegen Kostbarkeit und Rarität dieses Buchs / D. Simon Paulli in seinem vierfachen Kräuter-Buch pag. 419. weitläufftig angeführet hat. Es ziehen nemblich die Türcken gantze Aecker voll weissen Magsemen und sähen ihn / wie wir den Wäitzen / doch nur soviel / als jeder mit seiner Familie beringen kan. Wann nun die Köpffe an dem Mohn formiret sind / ritzen sie solche / daß der Safft wie Milch heraus schwitze / welchen sie etwas hart lassen werden: da dann einige zwey / andere sechs / andere mehr Pfund samblen; dahero das OPIUM in so grosser Menge allda gesamblet wird / daß / wie solches ein Kauffmann berichtet hat / Jährlich biß 50. damit geladene Cameelen in andere Länder geschicket werden. Allwo doch zu mercken / daß dieses rechte und veritable Opium oder Amphien / welches entweder von sich selbsten oder durch besagte Verwundung auß den Köpffen geflossen / langsam oder gar nicht zu uns Europaeern gebracht / sondern von den Türcken und Persianern zu ihrem täglichen Gebrauch behalten werde; an statt dessen sie einen andern dergleichen Safft auß den Köpffen und Blättern zu pressen und zu kochen wissen / welcher sonsten eigentlich MECONIUM genennet wird / und dasjenige ist / was vor das Opium in unsern Apothecken verkauffet wird / wie nicht allein [395] die Gelehrte / als Schroederus und dessen Außleger / sondern auch die Materialisten selbsten Pomet pag. 295. in seiner Material-Kammer bezeugen. Ja sie sollen offt den Safft von einem andern Kraut / so Glaucium heisset und oben zu sehen ist / darunter mischen.

§. 3.
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Daher kombt es nun / daß insgemein drey Sorten von dem Opio gezehlet und beschrieben werden / nemblich OPIUM ALBUM, NIGRUM, FLAVUM oder der Weisse, Schwartze, Gelbe Mohn-Safft. Der erste und beste soll der Thebaische seyn und auß Ost-Indien über Cairo am stärckesten kommen. Der zweyte auß Syrien / Alexandria und Athen / und der dritte auß Cambaja und Decan, wie Schroederus in seiner Apothecker-Kunst pag.194. auß andern geschrieben hat: Allein obbelobter Pomet will an gedachtem Ort von dem weissen Opio gar nichts wissen / glaubt auch nicht daß es in der Welt zu finden sey / weilen die weisse Milch / sobald sie auß en Köpffen geflossen / die Farb verändert und gelb oder braun wird / welche Farb es auch in Türckey hat / wie ihm von Alkair geschrieben worden; weswegen er fast unwillig über diejenige ist / welche von den Materialien dergleichen schreiben / davon sie keine cognoissance, wie die Materialisten hätten: wiewohlen der Nürnbergische Materialist Marxius dessen auch außtrücklich pag.144. seiner Material-Kammer gedacht / und also die gute Materialisten auch nicht allemahl ihrer Sache gewiß seyn. Daß aber zuweilen in einer Rüste zugleich gelb und schwartzes Opium zu finden und gebracht werde / leugnetet er gar nicht / indem ohne das bekandt / daß dergleichen Säffte / wann sie älter worden / schwärtzer und truckner werden / ob sie schon von einem Kraut und einem Ort gekommen sind.

§. 4.
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In der Election und Prob des Opii finden sich abermahlen verschiedene Meynungen / indem einige / als Wormius in Mus. pag. 228. das weisse / oder gelbe wie Löwen-Haar / vor das beste halten; da hergegen andere dafür halten / daß das gelbe nicht gnug gekocht sey und derowegen das schwartz- und gantz dunckelbraune erwehlen. Alle aber sind darinnen einig / daß es / so viel möglich / rein / lauter / nicht sandicht / recht trucken und dicht seyn / auch nicht all an einem Klumpen hangen / sondern in kleinen Bällen (wie oben gesagt worden) mit Blättern umbgeben / kom̅en müsse / welches am scheinlichsten ist / absonderlich wann es inwendig gläntzet / auch einen starcken Geruch hat. Daß aber einige vorgeben wollen / es müsse sich gantz in Wasser aufflösen lassen und darinnen zergehen / hält Charas, der Parisische Apothecker / vor irrig / indem Männiglichen bekandt / daß es soviel hartzichtes bey sich habe; weswegen gedachter Author das Opium, so er zum Theriac gebrauchet / zuvor durch zweyerley menstrua eröffnet und theils mit Wasser / theils mit Branden-Wein auffgelöset und nachmahlen zusammen wieder inspissiret hat / von welcher Reinigung des Opii er sehr weitläufftig und vernünfftig in Beschreibung der Theriac-Ingredientien pag.79. & seqq. gesprochen hat.

§. 5.
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Noch grösseren Disputat gibt es von den Kräfften und Qualitäten des Opii, ob es nemblich kalt oder warm seye? und ob es durch Erwärmen oder Erhaltung der Beweg- und Lebens-Geister den Menschen einschläfferen könne? von welchem Streit Döringius in seinem Tract. de Usu & Qual. Opii pag. 21. seqq. sehr weitläufftig handelt und derjenigen Meynung vertheidiget / welche dem Opio eine erwärmende Krafft zuschreiben / wormit es / gleich wie der Wein / auch den Schlaaf bringen könne: zumahlen heut zu Tag ohnlaugbar ist / daß es guten Theils auß einem narcotischen Schweffel und sehr stüchtigen Theilgens bestehe / wie der weltberümbdte Wedelius in seiner Opiologiâ an Tag geleget hat / dessen Begriff in meiner Hist. Lit. Cur. Specim. I. zu finden ist. Indessen gehet D. Samuel Schroeer in seiner Inquisitione in naturam opii die Mittelstrase / und schreibet die Würckungen des Opii seinem flüchtigen und sauren Spiritui zu / welcher die Spiritus in homine etwas figire: Und weilen dieser Safft durch solches narcotisches Oehl oder sauren Spiritum auch die wütende Lebens-Geister besänfftiget und also alle Schmertzen lindert / auch das Geblüt und übrige circulirende Feuchtigkeiten etwas dicker machet / als stillet es zugleich alle Durchbrüche / Erbrechen / Blutstürtzungen und dergleichen / wie solches durch viele / auß andern zusammen gesuchte / Exempel von Tillingio in einem besondern Buch vom Opio gezeiget wird. Daß es aber zuweilen laxire / wie Borrichius in seinem Discurs de Somno & Somniferis in Acht genommen / ja gar den Schweiß treibe und befördere / wie Doct. Ettmüller in seiner Disput. de Vi Opii Diaphoreticâ erwiesen / kommet theils auß einer Lähmung des Affters in [396] denen ohne dem geschwächten Gliedern / theils auß Relaxirung der zusammen gezogenen Fäserlein der Haut her / wie beyde sehr gelehrte Scribenten in denen angeführten Schrifften zeigen.

§. 6.
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Indessen fragt sich noch zuletzt / ob man sich dieses Mittels mit gutem Gewissen in der Artzney bedienen könne / indem bekandt / daß soviele damit schlafen geleget worden / welche noch erwachen sollen / dessen Exempel in dem oben angeführten Ort des Simons Paulli und in Vielheuers Beschreibung frembder Materialien pag. 138. zu finden sind? Einige / als Theod. Tabernaemontanus, enthält es im andern Theil seines Kräuter-Buchs pag. 290. mit dem Fernelio vor ein schädliches Gifft / welches den Menschen umbringe / so es eingenommen werde / eusserlich aber blind / taub und lahm mache und deswegen niemahlen als in der grösten Noth genommen werden dörffte. Allein dieses Urtheil ist etwas zu scharff und kan nicht statt finden / es ziele dann auff den unvorsichtigen Mißbrauch / dessen grossen Nachtheil Doct. Waldschmidt vor diesem in einer besonderen Disputation gezeiget hat. Wann es aber in rechter dosi und zu gehöriger Zeit gegeben wird / ist es fürwahr ein unvergleichliche Artzney / so gar / daß Platerus solle gesagt haben: Er wolle einen / wann er schon halb geradbrecht wäre / damit beym Leben erhalten. Sylvius aber / der sehr glückliche Practicus in Holland / soll sich haben verlauten lassen / daß er lieber gar nicht practiciren wolle / wann er das Opium nicht brauchen dörffte / welches fast in allen seinen Recepten zu finden / weswegen er von einigen Sport-Vögeln Opiarius geheissen worden. Dahero dann auch Ettmüllerus, welcher dieser beyden Lehr-Art angenommen / in seinem Comment. in Schroed. pag. 711. weitläufftig erwiesen / daß man solches auch den Schwangeren und kleinen Kindern geben könne / aber doch mit grosser Bescheiden- und Behutsamkeit / weilen diese letztere sonsten dumm und alber darvon werden sollen / wie Panarollus geschrieben; auch muß es nicht so roh / sondern wohl corrigiret und praepariret verschrieben werden / welches doch nicht durch das schädliche rösten / oder gar saure menstrua (welche das Opium gar entkräfften) sondern entweder durch das ???. Tartar. oder andere Alcalia mit Boyleo: oder durch die mit Quitten-Safft angestellte Gährung / nach des Langelotti Art und Weiß geschehen soll / worvon gemeldter Ettmüllerus und Charas cit. loc. schön und deutlich handeln / allwo auch von dem LAUDANO OPIATO gehandelt wird.
|| [397]

Das XVII. Capitel
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Von dem Bummi Lac / Siegel-Wachs und der Lack-Kunst. Abbildung

§. 1.
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DAs GUMMI LACCAE ist ein hartes / doch mürbes und röthliches Hartz / welches etwas durchsichtig / einen hartzichten Geschmack / und wann es angestecket wird / einen ziemlich angenehmen Geruch hat: kommet theils auß Japan in Ost-Indien / theils auß America.

§. 2.
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Von dem rechten Ursprung dieses Hartzes sind verschiedene Meynungen / indem sehr viele Scribenten / nicht allein von denen Materialisten und Apotheckern / als Schurzius, Pomet und Vielheur / sondern auch von Gelehrten / als Aldrovandus, Schroederus, Wormius, Hoffmannus, mit dem Garzia, Bontio und anderen glauben / daß es von gewissen kleinen Thierlein / den Ameisen oder Fliegen gleich / von dem Thau zusammen getragen und an die Aestlein verschiedener Bäumen / an welchen es herausser komt / angehänget werde; welches hergegen andere / als Hernandez, Bauhinus, Rajus, Dale &c. vor ein Mährlein halten / und daß es also auß den Lacc-Bäumen fliese / behaupten / wiewohlen sie in Beschreibung solcher Bäumen wiederumb etwas discrepant scheinen. Jetztgemeldter Hernandez beschreibet den Americanischen Lacc-Baum also: daß es nemblich ein mittelmäsiger und verworner Baum sey / so Purpur-rothe Aeste / mit sehr kleinen / kurtzen und dünnen Blättern / wie die Acacia Vera, an welchen das von sich selbst hervordringende Gummi sich anhänget / wie oben auß der Figur zu ersehen / welche in dessen III. Buch von den Artzney-Sachen in Neu-Spanien pag.58. zu finden ist. Hergegen wird derjenige Baum / welcher in Ost-Indien / absonderlich in Malabar und Japponien die Laccam zeuget / von den Botan. viel anders beschrieben / daß er nemblich grosse Blätter und Früchte / wie die Oliven oder Jujubae, trage / weswegen er auch von Bauhino und Jacob. Breynio Jujuba Indica, von denen Japoniern aber Namra genennet wird / wie solchen auch Doct. Cleyerus in Miscell. Acad. German. Cur. Dec. 2. A. 4. pag. 81. abgemahlet [398] hat. Unterdessen können beyde Theile wohl recht haben / indem es verschiedene Arten der Bäumen geben kan / an welchen solches gezeuget wird / da bey uns auß den Kirschen-Pflaumen- nnd und andern Bäumen wohl auch ein Gummi / so sich einander gleichen thut / fliesset / wie also obige Scribenten der berümbte Augspurgische Medicus und vornehme Praeses der Käyserlichen Societät in Teutschland / Herr Doct. Lucas Schroeckius, in seinen Anmerckungen über gedachte Beschreibung Cleyeri vereiniget hat.

§. 3.
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Im übrigen wird das Gummi Lac in verschiedenen Sorten zu uns herauß gebracht / deren Marxius in seiner Material Kammer pag. 109. nur zwey erzehlet / nemblich das granulirte oder in Granis, so in kleinen gelb-röthlichten Körnlein ist / und die Holtz-Lac oder. Laccam in Ramulis, welche an kleinen Aestlein / eines Fingers groß / hanget. Andere aber / als Dale in Phytol. pag. 402. haben noch die dritte Art / nemblich Laccam in masis oder Tabulatam, Platt-Lac / so in breyten Täfflein kommet / und von dem Holtz-Lac also gegossen wird / nach dessen Unterscheid solche Täffelein entweder roth durchscheinend / gelb / oder schwartz sind / von welchen letzteren die beste Tinctur außgezogen ist / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 274. berichtet / welcher noch einer vierdten Sorte gedencket / die vor diesem auß Engeland / in Gestalt der Ohren / in Franckreich verhandelt und Gomme en Oreilles, oder Ohr-Lac / genennet worden ist.

§. 4.
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Nun fragt sichs / welche Sorte zu eligiren und vor die beste zu halten sey? Doct. Ettmüller will die erste / nemblich die Laccam in granis vor die beste halten: Allein obgemeldter Materialist Pomet gibt dieser ein sehr schlechtes Lob / indem er l. c. schreibet / daß / nachdem die Holländer und Engeländer die Holtz Lacc gemahlen und vom dem besten die Tinctur heraußgezogen / sie solches mit der schlechten vermischten und nachmahlen in grossen Ballen anderwerts verschickten / welches die granuliree Lacca sey; weßwegen er der Holtz-Lac mehr trauet / auch nur diejenige anzunehmen räthet / welche derselben am nähesten kommet / klar / hell und durchsichtig ist / wohl fliesset / nicht zu viel Holtz / auch nichts schwartzes mehr oder andern Unflat oder Staub untermischet hat / ingleichem / wann sie gekäuet wird / eine rothe Farb von sich gibt / auch das Wasser / worinnen sie mit etwas saueres gekocht wird / roth färbet. Die Platt-Lacc muß schön klar / durchsichtig und nicht körnericht oder grummelicht seyn / auch so roth / als es seyn kan scheinen und färben.

§. 5.
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Den Nutzen dieses Gummi betreffend / so ist es ein sehr gutes und zu vielen Dingen nöthiges Ding / dessen man sich sowohl in der Artzney / als andern Künsten bedienen kan. In der Artzney zwar wird es innerlich zu Eröffnung der verstopfften Leber und Miltz-Aederlein und daher geleiteten Kranckheiten / als Wassersucht und dergleichen gerühmet / weßwegen die Alte ihre Trochiscos de Lacca erfunden und verschrieben haben. Heutiges Tages aber wird es meistens gegen das Bluten und Scharbock der Zähnen gebraucht / worzu des Mynsichti R. Laccae oder Lac-Tinctur sehr heilsam ist / worvon Ettmüllerus cit. loc. weitläufftig handelt. Sonsten aber wird viel darvon von den Färbern verthan / indem nicht allein die Japonier / Türcken und andere solche zu der rothen Farb / wormit sie den Cattun und andere Sachen also färben / daß es nicht wider außgewaschen werden kan / brauchen / auch das rothe und so genandte Saffian-Leder oder Maroquin damit schmutzen / sondern auch die Holl- und Engeländer zu ihrer Scharlach-Färb brauchen sollen / wie Pomet c. l. berichtet; wie dann auch in Teutschland das Leder braun damit gefärbet wird / wie Schurtzius l. c. schreibet.

§. 6.
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Hauptsächlich aber wird es sehr zu dem Siegel-Lack / oder Siegel-Wachs gebrauchet / welches insgemein CERA HISPANICA und Spanisch-Wachs genennet wird / da doch die Spanier nichts davon wissen / sondern die Brieffe nur mit Oblaten versiegeln sollen / wie Pomet c. l. schreibet und anbey berichtet / daß ein Frantzöischer Kauffmann Rousseau, so es am besten gemacht und nachdem er durch den Brand zuvor zum Bettler worden / binnen Jahres frist über 20000. ???. damit erworden / zum Unterscheid des Portugisischen Siegel-Wachs / solches das Spanische genennet habe. Die gröste Kunst bestehet in dem malaxiren / und findet man sehr viele Sorten / als das wohlriechende / Feine / Mittel und Gemeine: welche entweder schwartz / roth / gelb oder bund sind. Man bringt auch dergleichen auß China, so auß krummen und zerkerbten Stangen bestehet. Das beste muß schön an Farben / rein im Brechen / leicht im Gewicht seyn und darbey im Brennen nicht bald ablauffen / wie Marxius in seiner Material-Kammer p. 75. judiciret. Man muß Achtung geben / daß es nicht auß schlechter Lac mit andern Gummatibus vermischet und [399] außwendig mit gutem überzogen sey / welches durchs brechen kan gesehen werden / da es inwendig graulicht und heßlich ist.

§. 7.
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Letzlicht kan man auch der Indianer Lack-Arbeit bey uns darmit nachmachen und nicht allein einen schönen Glantz auff die Bücher-Decken / sondern auch schöne Stöck / Schachteln / Cabinette und dergleichen davon machen / welches man die Lack-Kunst nennet / so bißher sehr secretiret worden / aber hiermit dem Günstiger Leser / wie ich sie selbst practiciren gesehen / mitgetheiler wird: Man nimbt erstlich Pottasch / und macht eine starcke Lauge: Hernach das beste vom Gummi Lac, so ein wenig zu zerknirschen und in etwas von der starcken Laugen zu rühren ist. Solches läst man biß an den andern Tag stehen / alsdann es noch etlichmahl mit rein Laugen zuwaschen ist / biß es in etwas weiß zu werden beginne / welches mit rein Wasser abzuspielen / biß die Körner weiß bleiben werde. Diese truckne in der Sonnen / diß es gantz trucken und keine Feuchtigkeit mehr an sich hat. Von diesem so praeparirtem Gummi Lac nimbt man ¼ ???. und thut es in ein halb-Maaß Rectificirten Brandenwein: Vermacht es wohl zusammen in einem Glaß / lässet es 2. oder 3. Tag an der Sonnen stehen / biß sich das Dicke setzet. Wann solches geschehen / giesset man das klare von oben ab und bewahret es zum überlegen. Das Dicke aber gebrauchet man zu Praeparirung der Farben / als nemblich zu roth / Zinober / zu gelb / fein Curcum-Mehl / zu schwartz / Kien-Ruß. Mit diesen so genandten Farben bestreicht man das Holtz 3. oder 4. mahl / läst es wohl an der Sonnen trucknen / dann nimbt man fein geriebenen Pimsenstein und Baum-Oehl / polirt es damit / hernach Sang. Dracon. mahlet nach Belieben darauff / und alsdann mit Kühn-Ruß darein geflecket / daß es wie Schildkrotte wird. Wann nun solches alles geschehen / so überlegt man es mit dem klaren Gummi-Lac vier oder fünff mahl / und das 3. oder 4. Tage nach einander. Wann es dann wohl getrucknet / poliret man es alsdann noch 2. oder 3. mahl / läst es trucknen / so ist es fertig. Zum schwartzen wird das Holtz fein gleich mit Kühn-Ruß überleget und poliret / wie obgedacht. Soll die Schachtel gelb werden / so wird sie mit Curcum: Wo aber braun / mit Drachen-Blut überstrichen. Silber und Gold wird nach Gutdüncken auffgetragen. Indessen müssen die Glässer immer wohl zugebunden / auch das Holtz glatt zubereiter seyn: hat es Risse / schmieret man sie mit Gummi zu. Zu diesem allem braucht man anderthalb Maaß Spiritus Vini, vierthalb ???. außerlesen Gummi Lac / drey Loth gestossen Drachen-Blut / I. Loth Curcum-Meel. 2. Loth praeparirten Zinober: sieben Glässer zu färben / 2. Loth Pimsenstein / ein groß Glaß zum Brandenwein. Sonsten beschreibet auch Kircherus einen Firnus auß dem Gummi-Lac in seiner China Illustrata, aber nicht so umbständlich / wie jetzt geschehen.
|| [400]

Das XIIX. Capitel
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Von dem weissen und schwartzen Tragant / wie auch Gummi Ammoniaco. Abbildung

§. 1.
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DEr Tragant / oder TRAGACANTHUM, ist ein weisses und auff vielerley Art gewundenes Gummi / wie kleine Würmlein anzusehen / eines schleimichten und etwas süßlichten Geschmacks: wird auß Türckey / absonderlich auß Creta, Achaja und Apulien gebracht / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 203. berichtet. Pomet aber glaubet / daß meistens es auß Aleppo käme / weilen offters Mastix und Gall-Aepstel darunter gefunden würden / wie in dessen Hist. des Drog. pag. 245. zu sehen ist.

§. 2.
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Das Gewächs / welches solches zeuget / ist ein Strauch / Tragacantha und zu Teutsch Bocks-Dorn genandt / und wird von Dioscoride beschrieben / daß er eine breite / holtz???chte Wurtzel habe / welche meistens über der Erden wachse / auß welcher nidrige und feste Aestlein kommen / so sich außbreiten / daran viel kleine / dünne und schmahle Blätter / je zwey gegen einander wachsen / darunter weisse und harte Dörner verborgen liegen: Soll auch in Spanien und Franckreich wachsen / aber soviel Gummi nicht geben / als derjenige / so in Asien umb den Peloponnesum zu finden / allwo der Tragant entweder von sich selbsten / oder wann die Wurtzel zuvor auffgeritzet wird / daraus fliessen soll / wie Theod Tabernaemont. im dritten Buch von denen Kräutern pag. 245. geschrieben hat.

§. 3.
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Weilen aber der Tragant gemeiniglich auß der ersten Hand in Sortis erkauffet wird / als muß er nachmahlen von den Materialisten durch ein Sieb gesäubert und der Staub und Parva (wie sie reden) davon gesondert werden: daß übrige lesen und theilen sie zu drey Sortimenten / daher der außerlesene / feine und gemeine Tragant entstehen. Der außerlesene oder Electum Tragacanthum bestehet auß den schönsten und weissesten langen Fäserlein: das Feine oder Medicum ist weiß-grau: das Gemeine aber ist röthlicht schwartz / deswegen es auch Tragacanthum Nigrum und von den Materialisten Messana genennet wird / wie bey dem Schurzio pag. 37. seiner Material-Kammer zu sehen ist. Das beste ist / so da klar / durchsichtig / glatt / schmahl / zart / lauter und süsse ist: Bleibt zehen Jahr gut / aber je älter es wird / je mehr es sich färbet / und anfänglich bleich / nachmahlen gelb und dann roth wird / welches nicht viel geachtet ist. Die Materialisten / so es in Sorten kauffen / müssen zu sehen / daß das weisseste und beste nicht zuvor außgelesen sey.
|| [401]

§. 4.
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Was den Gebrauch des Tragants anlanget / so wird der beste und außerlesenste meistens von den Apotheckern und Zucker-Beckern zu dem Auffgeblassenen Zucker auffgesuchet: Der Feine von dem Frauen-Zimmer zu denen Tragant-Blumen / so auß offener Sriden gepappet werden: Der Schwartze aber von andern Künstlern / absonderlich auch zu demjenigen Leim / wormit die Studiosi Medicinae die auffgetrucknete Kräuter in ihre Herbaria Viva gleistern / welchen Sim. Paulli im Anhang seines Quadrip. Bot. de methodo conficiendi Herba ria pag. 659. beschrieben hat. Nicht weniger wird er auch innerlich zur Artzney gebrauchet / und weilen er mit seinen schleimichten Theilgens die saure scharffe Flüß sehr besänfftigen kan / auch leichtlich an Wasser zergehet / als ist er zum Husten / rauhen Saltz / Schwind- und Lungensucht ein gutes und bewährtes Mittel / in welchen Schwachheiten die Species Diatragacanthi, so wohl von den alten / als neuen / Medicis sehr verschrieben werden.

§. 5.
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Gleichwie nin der Traganth zu denjenigen Brust-Schwachheiten / so von dünnen und saltzichten Feuchtigkeiten herrühren / dienlich ist / also können die andere / so von einem dicken zähen Schleim entstehen / durch das GUMMI AMMONIACUM gehoben werden / welches auß gelbichten / theils auch weisen dichten Körnern bestehet / und einen scharffen / bitteren und hartzichten Geschmack auch starcken / dem Knobloch nicht ungleichen Geruch hat: wird in grossen Stücken / worinnen viel wiese Körnlein sind / auß Ost-Indien in Europa gebracht.

§. 6.
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Das Kraut / worauß dieses Gummi flieset / wird fast von allen Scribenten zu den Ferul-Kräutern oder plantis ferulaceis gezehlet und von Schroedero Meropia, von Wormio auß dem Dioscord. Agasyllis genennet: Soll in der Landschüsft Lybien / bey Cyreuen / und bey dem Tempel des Heydnischen Abgotts Jupiter Ammon wachsen (daher ihm der Nahme gegeben worden) dessen Figur Pomet in seiner Material-Kammer (wie sie oben zusehen) pag. 258 abgemahlet hat / welche wir so lang gelten lassen / biß man genauere Nachricht dar von überkomme.

§. 7.
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Alldieweilen aber dieses Gummi auß dem Kraut in den Sand lauffen soll / so ist es gemeiniglich mit Sand / kleinen Steinlein und Holtz vermenget / wie Schurz. in der Material-Kammer p. 37. geschrieben hat; Weßwegen es nachmahlen gesaubert und in verschiedene Sorten getheilet wird / deren man dreyerley bey den Materialisten findet / nemblich GUMMI AMMONIACUM FINUM, in GRANIS, in PANE oder das gar Feine, granulirte, in Kuchen oder Brod. Bey dem Plinio und Dioscoride aber werden nur zweynerley Species benahmet / nemblich das schön saubere und reine Gummi Ammoniacum, welches sie Thrausma geheissen und das gemeine unsaubere / Phyrama genandt / von welchen Theod. Tabernaemont. im ersten Buch von denen Kräutern pag. 221. weiter kan gelesen werden.

§. 8.
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Das besie muß schön groß / weiß und gelb / wie Weyrauch gekörnt und granuliret seyn / einen Bibergailichten widerwärtigen Geruch haben / mit keinen Rinden / Holtz oder Sand vermenget seyn / wie Marxius in der Material Kammer p. 20. schreibet. Die Kuchen aber sollen viele schöne reine Körner untermenget haben / wie Pomet c. l. p. 259. lehret. Wird es unter den Fingern weich / so ist es auch ein gutes Zeichen / wie Sam. Dale in Pharmacol. pag. 184. schreibet.

§. 9.
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Dieses Gummi nun ist ein vortreffliches Mittel den zähen harten Schleim und Qualst im Magen / Gedärm / Lung und Miltz auffzugelösen und gelind außzuführen / weswegen es in langwierigen Kranckheiten und so genandten Wiltz-Beschwerungen / Reichen und Kurtzen Athem offt und sehr gebrauchet wird; wie dann auch deßwegen verschiedene Praeparata und Composita in denen Apothecken zu finden / welche davon gemachet sind / unter welchen die davon genandte PILULAE De AMMONIACO Quercetani, so den zähen Schleim auß dem Gedärme und Gekröß treiben / und ein destillirter Spiritus, welcher den Schleim auff der Brust aufflöset / am bekandtesten sind: welcher letztere desto penetranter wird / wann das Gummi Ammoniacum mit dem Grünspan oder ???. destilliret wird / dahero der so derümbte SPIRITUS ASTHMATIBUS D. Mich. entstanden / dessen rechte Beschreibung und Zubereitung in D. Ettmülleri Comment. Schroeder. pag. 692. zu finden ist. Nicht weniger wird dieses Gummi auch eusserlich / die Knollen am Halß / Glieb-Schwämme und dergleichen zu erweichen und zu zertheilen gerühmet / worvon Schroederus in seiner Pharmacop. zu sehen ist.
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Das XIX. Capitel
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Von dem rechten Orientalischen-Balsam / wie auch von der Frucht und Holtz vom Balsam-Baum. Abbildung

§. 1.
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DEr rechte Orientalische Balsam / BALSAMUM VERUM oder OPOBALSAMUM, ist ein heller öhlichter Safft / so anfangs weich / nachmahlen aber hart ist / entweder gantz weiß oder gelbicht / eines scharffen und aromatischen Geschmacks / auch sehr starcken / doch angenehmen Geruchs: wird zuweilen / aber gar selten / in kleinen bleyernen Fläschlein auß Türckey von Alcair über Marseille und andere Orten gebracht / wie Pomet in seiner Frantzöischen Historiâ Simplicium pag. 275. berichtet.

§. 2.
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Die Pflantze / woraus dieser Balsam fliesset / soll nur ein kleiner Strauch seyn / so etwa zwey Ehlen hoch von der Erden / mit langen / schmahlen / röthlichten und gnodichten Aestlein wächset / welche / wie die Wein-Reben / abgeschnitten und in kleine Büschlein gebunden / auch also von den Türcken heraus geschicket / und von den Materialisten XYLOBALSAMUM genennet werden. An diesen Stenglein wachsen wenige Blätter / den Rauten nicht viel ungleich / doch weisser und immer grünend. Die Blümlein aber sind klein / weiß und zart / fast wie Schlehen-Blüt / nach welchen länglichtrunde / röthlichte und wohlriechende Beerlein / so etwas kleiner als Erbsen sind / erfolgen / die man in den Apothecken CARPOBALSAMUM heisset / wie dieses alles von Prospero Alpino, welcher selbsten in AEgypten gewesen / auch dergleichen Gewächs gehabt und gezogen haben soll / in seinem Buch de Plant. AEgypt. und dem Gespräch von diesem Balsam / beschrieben worden. Heut zu Tag aber soll niemand mehr dazu kommen können / indem auff Befehl des Türckischen Kaysers / als er sich des Heil. Landes bemächtiget / alle Balsam-Sträuchlein versetzet / und in einen gemeinen / darzu gewidmeten Balsam-Garten zu Matarea, zwey Meil von Cairo gelegen / gebracht worden / welcher immer verschlossen gehalten und von den Janizaren verwachet wird / wie solcher auß einigen Reiß-Beschreibungen in des Mallets Cosmographi Part. 3. pag. 32. in obgesetzter Figur unter Augen geleget worden / allwo Lit. D. die Balsam Bäumlein / Lit. A. den Eingang / sambt der Türcken Beth-Hauß und darbey liegendem Wasser-Behälter B. so auß dem Wunder-Brunnen C. quillet / abbilden / von welchen allen die Copten vielerley Traditiones haben / welche an berührtem Ort können gelesen werden.

§. 3.
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Der Balsam selbst wird in den heissen Sommer-Monathen / als Junio / Julio und Augusto gesamblet und ist dreyerley / indem [403] er entweder von sich selbsten auß dem Sträuchlein rinnet / welcher anfangs weiß / nachmahlen grünlicht und dann gelb werden soll: oder werden die Bäumlein zuvor geritzet / woraus ein etwas schwartzer Balsam fliessen und in die angehängte Gefäßlein tropffen soll. Uber welche 3. auch ein dergleichen Balsam auß den abgeschnittenen und gesottenen Zweiglein künstlicher Weiß bereitet werden soll / mit welchen die vorige vermischet werden / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 38. berichtet. Ob nun gleich der Geruch an diesem noch frischen Balsamischen Oehl so starck seyn soll / daß er auch die Nase schweissen und bluten machen kan / so verlieret er doch mit der Zeit viel von solchem Geruch / wie D. Wormius in Museo pag. 223. geschrieben. Sonsten aber muß er die in dem Schroedero benambte Proben halten / daß er nemblich. 1. sich auff warmen Wasser gantz außbreite und dasselbige gleichsam bedecke / wann es aber kalt worden / wider zusammen lauffe. 2. In Milch getropfft gerinne und dick werde / und 3. keinen Flecken auff den Kleidern lasse / so etwa ein tropffen darauff gefallen. Ob er aber auch unversehret durch die Hand schwitze / welche Prob Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 16. noch hinzu gethan / lasse an seinen Ort gestellet seyn. Die Frucht / oder Carpobalsamum, muß noch frisch / aromatisch und guten Geruchs seyn / auch eine rauhe und mit vier Strichen unterschiedene Schale haben. Das Balsam-Holtz / oder Xylobalsamum aber soll knodicht / außwendig röthlicht und inwendig weiß / hartzicht und wohlriechend seyn; beyde sind insgemein alt und verlegen.

§. 4.
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Nun fragt sichs / ob man noch heut zu Tag diesen also beschriebenen Balsam ohnverfälschet und gerecht haben und bekommen könne? von welcher Frag vor diesem unter den Apotheckern und Materialisten zu Rom ein gewaltiger Streit gewesen / welcher sich also erhoben: Es hatte der Cardinal Barberini befohlen / daß man in der Armen-Apotheck den Theriac selbsten aufflegen solte / welches Antonius Manfredus, ein Medicus zu Rom / über sich nahme und von Venedig anderthalb Pfund vom Balsamo vero darzu bringen liese / welcher auch von vielen Medicis und Apotheckern vor gut und auffrichtig gehalten und zum Theriac genommen wurde. Als solches die andere Materialisten und Apothecker zu Rom erfuhren und besorgten / es möchte ihnen ein Abbruch dadurch geschehen / gaben sie vor / dieser Theriac wäre nicht recht / weilen sie das rechte Succedaneum des Balsami veri (so gar nicht mehr zu haben sey) nicht darzu genommen / sondern einen falschen Balsam eingemischet hätten / brachten die Sach auch gar vor den Römischen Pabst / welcher alles der Apostolischen Kammer und seinen Leib-Medicis zu entscheiden gabe / allwo die Comoedie erst recht angienge / indem beyde Theile sehr gelehrte Medicos uff ihrer Seiten hatten. Als es aber zum Beweiß kam / gaben die Adversarii vor / dieser Balsam hielte die Prob nicht / indem er 1. weder Nasenbluten verursache / noch 2. die Milch coagulire / auch 3. einen Flecken in den Kleidern zurück liesse: welchen die andere antworteten / daß das 1. nur an dem frischen in Acht zunehmen 2. nicht nöthig sey / daß die Milch gerinne / sondern seye gnug / das der Balsam in der Milch zusammen lauffe. 3. nur ein Tröpfflein auff das Kleib zuschütten sey / nicht aber eine grosse Quantität / wie die Apothecker thäten / welche ja nothwendig einen Flecken zurück lassen müste; wormit sie dann auch endlich den Platz erhalten haben / wie solches alles von dem seel. Doct. Joh. Georg. Volkamero, weyland derümbten Medico zu Nürnberg und Praesid. der Kayser. Medic. Societät in Teutschland / in einem besonderen Büchlein / welches Opobalsami Orientalis in Theriacae Confectionem Romae revocati Examen Veritasque reddita heisset und kurtz in meiner Historia Liter. Cont. IV. in App. Dec. 3. A. 1. Misc. Ac. Nat. Cur. erzehlet wird / nach allen Umbständen beschrieben hat. Daher es eben nicht gantz unmöglich scheinet / daß man denselben noch wohl etwa bey grossen Herren und deren Abgesandten (welchen er von dem Groß Türcken verehret wird) finden könne: weilen er aber im gemeinem Handel schwer oder gar nicht zu haben / so brauchet man insgemein gute und gleichgültige Succedanea davor / als ???. Caryophil. oder das außgepreste Muscaten-Oehl / welches zu diesem End von den Apotheckern selbsten wohl zu praepariren ist / wie es Charas in Beschreibung der Theriacs-Ingredientien pag. 109. gelehret hat. Wie man dann auch an statt des Carpobalsami die Cubeben / und an statt des Xylobalsami das Lignum aloes, in den alten Compositionen / braucht / wie an jetztgemeldtem Ort zu lesen ist.

§. 5.
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Was endlich die Krafft und Würckung des wahren Orientalischen Balsams anlanget / so werden demselbigen unbeschreibliche und unvergleichliche Tugendten zugeschrieben / und ist billich vor diejenige Salb in Gilead / deren in Heil. Schrifft gedacht wird / zu halten. Er stärcket die Natur und Lebens-Geister / ermundert alle Sinnen und erhält den Leib und dessen Gliedmassen vor Fäulnüs / weswegen er auch bey der Balsamirung der Königlichen Cörper und zu den Mumien hauptsächlich gebrauchet und innerlich zum Theriac genommen worden: wegen seiner Balsamischen Krafft aber dienet er zur Schwind- und Lungensucht / langwierigem Reichen und andern Beschwerungen / heilet auch die Wunden / worvon Schroederus, Lobelius und andere weiter gesehen werden könne.
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§. 6.
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Die Frucht von dem Balsam-Baum / oder Carpo-Balsamum, hat eine aromatische Krafft und erwärmet den Magen / macht appetit und hilfft zur Dauung / wird auch zum Theriac genommen / ist aber langsam in unsern Apothecken zu finden.

§. 7.
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Gleicher Gestalt ist das Holtz davon / oder Xylo-Balsamum, auch wegen seines balsamisches Hartzes nicht zu verachten und hat gleiche Kräfften mit der Frucht / wann es nur nicht gar zu alt ist: kommet mit unter die Trochiscos Hedychroi, worvon Charas c. l. mit mehrerm handelt.

Das XX. Capitel
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Von denen Americanischen Balsamen / als Balsamo de TOLU, PERU und COPAIBA. Abbildung

§. 1.
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DEmnach der in vorigem Capitel beschriebene wahre Orientalische Balsam so rar und fast gar nicht mehr zu haben ist / kan man sich an dessen statt einiger anderen / welche auß West-Indien kommen / bedienen / unter welchen der Tolutanische Balsam / oder BALSAMUM de TOLU dem Orientalischen am nähesten kommet / indem er alle dessen Proben hält / wie Thomas Bartholinus dieselbige selbsten von ihm genommen und in Actis Haffniensibus Vol. 1. pag. 5. beschrieben hat: Ist entweder ein weiser / oder Goldgelber / und sehr leimichter zäher Balsam / von einer mittelmäsigen Consistentz / gutem und süssen Geschmack / auch lieblichen und den Limonen oder Jasmin gleichendem Geruch / wie ihn Schroederus in Pharm. Medico-Chym. pag. m. 179. beschrieben hat: kombt auß Neu-Spanien in Portugall und Engeland / wo er auch ehe als in andern Orten zu finden ist / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues pag. 281. berichtet.

§. 2.
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Der Baum / worauß er fliesset / soll ein Art Fichten seyn / wie Hernandez in Hist. Rerum Med. Nov. Hispan. Lib. 3. pag. 53. berichtet und wird auch deswegen unter den Fichten-Bäumen in des Dale Phytolog. pag. 357. verhandelt / obwohlen die Blätter der Ceratiae gleichen sollen. Nachdem nun die Einwohner gewisse kleine Gefässe von schwartzem Wachs unten an die Stämme gehänget und diese geritzet heben / fliesset der Balsam heraus und gerinnet alsobald / daß er wie frisch gemachter Leim sich ziehen lässet. Muß frisch eligirt und gesucht werden.
|| [405]

§. 3.
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Seine Tugendten kommen mit dem recht-Orientalischen Balsam überein und dienet auch zu allen / worinnen dieser gerühmet wird / wie Schroederus und Bartholinus l. c. bezeugen; könte deswegen billich dessen Succedaneum seyn / wann er nur ohnverfälscht zu haben wäre. Er resolviret / erwärmet und heilet innerlich und eusserlich / und machet auch nicht so bald erbrechen / wie andere / welches Pomet c. l. an ihm gelobet hat.

§. 4.
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Weilen aber auch dieser Balsam nicht immer zu bekommen ist / so muß man sich in solchem Fall mit dem Peruanischen Balsam oder BALSAMO PERUVIANO (welchen andere sonsten auch schlechterdings Balsamum Indicum heissen) behelffen / so ein schwerer / hartzichter und wie Honig anzusehender Balsam ist / entweder weiß oder röthlichschwartz / eines scharffen Geschmacks und guten Geruchs: wird gleichfals auß America gebracht.

§. 5.
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Das Bäumlein / daher dieser Balsam entspringet / soll dem Pomerantzen-Baum an der Grösse gleich kommen / dessen Blätter etwas grösser / als am Mandel-Baum / auch breyrer / länglicht-rund und mehr außgespitzet sind. Die Blühte ist gleichsam wie die Digitalis und schliesset sich endlich zu einer langen Hülse / worinnen nur ein und zwar gebogener Saame lieget / wie theils Rajus auß dem Pisone in Hist. Plant. pag. 1757. theils Hernandez alles l. c. pag. 51. beschrieben und abgemahlet haben und theils oben bey des Pometi Figur zu sehen ist / welche mehr die Einsamblung / als wahre Gestalt des Baumes unter Augen leget.

§. 6.
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Ob nun zwar jetztgemeldter Author, welcher die Americanische Medicamenten sonsten ex professo und mit grossem Fleiß beschrieben / nur des gemeinen und schwartzen Indianischen Balsams gedacht hat / so zehlet doch Schraderus dessen zwey / Pomet aber drey / biß vier Sorten / nemblich 1. den Weisen / welcher von sich selbsten auß den zuvor geritzten Bäumen fliesset / und Balsamum Incisionis genennet wird. 2. Einen andern und härteren / welcher auß den abgeschnittenen Aesten tropffen soll / an welche gewisse Schalen (in welchen er kommet) gebunden / heisset Balsamum Siccum. 3. Noch einen andern schwartzen / so die Einwohner auß dem Holtz und Aesten des Baums kochen sollen und Balsamum Lotionis heissen / welcher nichts anders ist / als der bekandte schwartze Peruvianische Balsam / welchen einige 4. auch auß vielen andern Hartzen und Gewürtzen nachmachen / wie die Beschreibung davon in des angezogenen Pometi Histoire des Drogues pag. 278. zu finden ist.

§. 7.
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Indessen ist doch insgemein der schwartze / oder Balsamum Peruvianum Nigrum, mehr im Gebrauch / welchen jetztgemeldter Materialist im Anhang seines Buchs pag. 3. auch vor den kräfftigsten und stärckesten hält / absonderlich wann er dick / recht schwartz und von gutem Geruch ist; und weilen er offt mit andern Sachen vermischer wird / so muß man solchen Betrug zu entdecken ein wenig auff / Papier tropffen: Ist er nun röthlich und zerfliesset gern / so hat er einen Zusatz bey sich: Ist er hergegen schwartz und bleibt zusammen / so ist er pur. Doch lässet er sich nicht so leicht / wie andere / mit außgepresten Olitäten verfälschen; weswegen Herr D. Hoffmann in einer neulich zu Hall de Balsamo Peruviano gehaltenen Disputation diesen Balsam vor andern aestimiret / auch gantz falsch zu seyn probiret / daß er mit Mandel-Oehl verfälschet werde / wie einige vorgeben wollen.

§. 8.
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Seiner Art und Qualitäten nach ist dieses ein recht wunderliches Ding / indem es sich weder mit Oehl / noch Wasser / noch ichtwas vermischen lässet / ausser mit dem ??? betulae; ob man es schon in warmen Spiritu Vini aufflöset / so schwimmer es doch gleich wider oben / wann es erkaltet: Wie es sich dann auch von dem Zucker im Wasser gleich wider scheidet / wie Thom. Bartholinus in Act. Vol. 1. pag. 3. selbsten experimentiret hat. Er muß derowegen innerlich in einem weich gesottenen Ey genommen werden / womit er sich solviret / oder mit Zucker trucken vermischet; wie er dann auch eusserlich mit dem Eyer-gelb anzumachen / sonsten er nicht wohl von der Haut zu bringen ist / wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 694. zeiget: Wo von denen Würckungen dieses Balsams weitläufftig gehandelt wird / welche innerlich der Orientalischen Kräfften gleich sind: Eusserlich aber heiler er alle frische Wunden und währet dem faulen Fleisch darinnen: Reiniget alle Krebs und andere Schäden / wie solches der Länge nach in der Beschreibung eines Arabischen Medici auffgeschrieben worden / so in des Pometi Anhang l. c. zu finden ist. So werden anch einige Praeparata davon gemacht / welche bey obbelobten Herrn D. Hoffmann c. l. können auffgesuchet werden.
|| [406]

§. 9.
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Gleichwie nun der schwartze Peruvianische Balsam meistens eusserlich gebräuchlich und am nützlichsten ist / also wird hergegen der so genandte weise Americanische Balsam oder BALSAMUM de COPAIBA mehr innerlich verschrieben / welches ein weiß oder Gold-gelber / flüssiger und hartzichter Balsam / wie Terpenthin / ist / einen scharffen / bitteren Geschmack und guten Geruch hat: wird gleichfals auß America über Portugal in irdenen spitzen Flaschen herauß gebracht / worinnen gemeiniglich auch einige Wässerichkeit zu finden / welche den Balsam offt molckicht und unscheinlich macht.

§. 10.
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Die Bäume / davon solcher herrühret / wachsen an verschiedenen Orten in Brasilien / als zu Rio de Janeiro, Fernambourg, zu S. Vincent &c. und wird deßwegen von dem berümbten Rajo in Hist. Plant. pag. 1759. Arbor Balsamifera Brasiliensis fructu monospermo genennet / weilen er / wie der vorige / auch nur einen Saamen in der Frucht zeuget. Es fleusset der Balsam auß dessen Rinde / nachdem sie zur Sommer-Zeit geritzet wird.

§. 11.
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Die Erfindung dieses Balsams wird einigen wilden Schweinen zugeschrieben / welche / so sie verwundet worden / den Baum mit einem Zahn auffhauen und den außfliessenden Balsam aus Trieb der Natur auff die Wunden troffen sollen / weswegen die Wilde Leute ihnen solches nachgethan haben / wie Pomet l. c. berichtet Nachgehends ist er auch in den innerlicher Verwundungen / als Lungensucht / Stein-Schmertzen und dergleichen gebrauchet worden. Heut zu Tag wird er gegen den Trippert oder Saaman-Fluß / brennenden Harn und die Frantzosen sehr gerühmet / worvon Ettmüllerus l. c. weiter zu sehen ist.
|| [407]

Das XXI. Capitel
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Von dem Epprianischen / Venedischen und gemeinem Terpenthin / Weiß-Schwartz-Spiegel- und Schell- Hartz / Teer / Colophonien / Kienrauch und Firnüs. Abbildung

§. 1.
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DEr Terpenthin oder TEREBINTHINA ist ein heller und durchscheinender hartzichter Safft / so eigentlich von einem Baum dieses Nahmens fliesset. Es wird aber heut zu Tag dieser Nahme auch andern dergleichen öhlichten und flüssigen Hartzen zugeleget / welche auß vielen Bäumen der Fichten- und Tannen Geschlechts hervor quellen / und theils weiß / theils gelb / theils dick und trüb / theils hell und klar sind; unter welchen doch drey Sorten am meisten bekandt sind / nemblich der Eyprische / Venedische und gemeine Terpenthin / von welchen allen absonderlich soll gehandelt werden.

§. 2.
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Der Cyprische Terpenthin oder TEREBINTHINA CYPRIA ist ein hartes / bleich-gelbes und fast wie blaulicht Glaß anzusehendes / auch durch sichtiges Hartz / in kleinen Stücklein / eines hartzichten / scharffen und etwas bitteren Geschmacks und guten Geruchs: kombt meistens auß der Insul Chio (woher es auch zuweilen genennet wird) allwo es auß kleinen Bäumen dieses Nahmens fliesset / welche lange und Aschfarbichte Aeste mit Blättern / wie der Lorbeer-Baum und theils grosse Nüsse / theils Beerlein wie Wacholder-Beern / tragen soll / in welchen hartzichte und schleimichte Kerne zu finden / wie dieselbe theils von Rajo in Hist. Plant. pag. 1577. theils von dem Pomet in Hist. Simpl. Gen. pag. 283. beschrieben und abgemahlet worden; und obgleich dieselbe auch zuweilen in Spanien / Italien und Franckreich zu finden sind / so sollen sie doch keinen Terpenthin geben / wie der berümbte Hallische Professor D. Hoffmann in einer Disp. de Terebinthina pag. 4. auß andern berichtet; weswegen der rechte uffrichtige Terpenthin auß Chio und der Insul Cypern über Venedig kommet / und derohalben auch vor diesem der Venedische Terpenthin genennet worden. Weilen aber dieser Terpenthin sehr rar und theuer ist / so sindet man denselben fast gar nicht in unsern Officinen / es seye dann / daß einige curiose und auffrichtige Materialisten solchen mit grossen Unkosten / zur Aufflegung des Theriacs / verschreiben / wie Pomet loc. cit. und Charas in Beschreibung der Theriacs-Ingredientien pag. 164. erfordern: muß sonsten dick seyn und nicht an den Zähnen oder Fingern gleben / auch grünlicht weiß außsehen; und muß mau Achtung [408] geben / daß er nicht von dem Lerchen - Terpenthin (welchen die Betrüger etwas grünlicht färben) nachgemachet worden sey / so theils auß dem starcken Geruch / und daß er an den Zähnen hangen bleibet / wahrzunehmen ist / absonderlich wann er zugleich wohlfeil ist / da hergegen das Pfund vom rechtem Terpenthin von Chio nicht unter funff biß sechs Gulden zu haben ist.

§. 3.
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Hieraus ist nun bald abzunehmen / was von dem heutigen so genandten Venedischen Terpenthin oder TEREBINTHINA VENETA, wie solcher bey uns verkauffet wird / zuhalten sey / nemblich daß er mit nichten vor den veritablen Terpenthin / so vor diesem über Venedig auß Levant gebracht worden / passiren könne / sondern vielmehr entweder von den Lerchen-Bäumen oder Fichten herrühre / und deswegen mit grösserm Recht der Leonische / oder mit den Frantzosen / Terebinthine du bois de Pilatre zu nennen sey / weilen er theils von diesen Orthen / nach des Pometi Bericht / theils von den Tyrolischen Gebürgen in Geiß oder Bocks-Häuten gebracht wird / wie Marxius in seiner Material. Kammer pag. 202. bezeuget: Ist sonsten / wann et gut / ein sehr helles und Citron-gelbes weiches Hartz / wie ein dickes Oehl oder Balsam / daher es auch einige Schälck vor den weissen Peruvianischen Balsam verkauffen sollen / absonderlich / wann es noch frisch und von sich selbsten auß den Bäumen gelauffen / so die Frantzosen zum Unterscheid des dicklichten Bijou nennen. Sonsten aber wird dieser Terpenthin im Früling und Herbst durch einige arme Leute von dem Larice gesamblet und in Tonnen oder Bockshäuten nach Lion gebracht: und ist merckwürdig / daß wann die Lerchen - Bäume viele Schwämme oder den Agaricum haben / solche keinen Terpenthin weinen / indem er dem Lerchen-Schwam zur Nahrung dienet / wie D. Hermanni in seinen Schrifften in Acht genommen hat. Der beste muß recht hell und so weiß / als er seyn kan / außsehen und muß man Achtung geben / daß er nicht nachgemachet / oder mit Terpeuthin-Oehl verfälschet sey / welches theils an der Farb / theils am Geruch in Acht zu nehmen ist / indem der verfälschte / wann man ein wenig auff Papier nimbt und anstecket / eine schwartze Flamme gibt und stinckt: der rechte hergegen wie Hartz riechet und nicht sobald verbrennet. Man kan ihn auch auff dem Nagel probiren / worauff er zusammen bleibt / so er unverfälschet ist: der vermischte aber zerfliesset / wie Herr D. Hoffmann, und der angeführte Pomet pag. 6. loc. c??? zeigen.

§. 4.
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Was drittens den Gemeinen oder so genandte TEREBINTHINAM COMMUNEM anlanget / so ist derselbe gantz dick und weißlicht / und rühret von den Fichten- und Thannen her / fliesset aber nicht also auß den Bäumen / sondern wird von dem weissen Hartz oder Resina Pini (welches die Frantzosen Gallipot heissen) gemacht / welches geschmoltzen und in grosse Tonnen oder Fässer von drey biß vier Centner gegossen wird / so auß dem Schwartz-Wald / Thüringen und andern Ländern / wo die grosse Fichten- oder Thannen-Wälder sind / hergebracht werden: muß schön klar und nicht mit anderm Unrath vermenget seyn / wie derjenige / so auß den Thannen-Zapffen gekochet wird.

§. 5.
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Der Würckung und Kräfften nach kommen alle diese Sorten sehr überein / haben eine erwärmende / erweichende / reinigende und heilende Krafft / wormit sie die verletzte Lungen in der Schwind- und Lungensucht / wie auch sonsten alle in- und eusserliche Wunden heilen / Nieren und Blasen vor dem Stein bewahren / auch solchen / wie den Urin selbsten / befördern und sonsten viele Gebrechen des Leibes curiren / es werden gleich dieselbige vor sich in einem warmen Ey genommen / oder deren Praeparata, als die Pilulae de Tereb. der so genandte Spiritus und Oehl darvon gebrauchet / worvon Ettmüllerus, Hoffmannus und andere weitläufftig handeln; wiewohlen das so genandte OLEUM TEREBINTHINAE (welches viel über Hamburg kommet und auch OLEUM TEMPLINUM geheissen wird / wie Marxius c. l. schreibet) mehr von dem weissen Hartz oder Resina Pini, als dem Terpenthin selbsten destilliret werden soll / wie offt bemeldter Frantzötsche Materialist M. Pomet p. 287. cit. loc. zeiget. Wie sehr aber / sowohl dieses Oehl als der Terpenthin selbsten / denen Wund-Aertzten dienen / und sowohl zu den maturirenden und heilenden Salben und Pflastern erfordert werden / ist zur Genüge bekandt. So kan man auch derselben in der Chymie übel entbehren / indem der Terpenthin gleichsam ein allgemeiner Schlüssel ist / worinit die öhlicht- und hartzichte Cörper müssen solviret werden / wie am Copal-Hartz zu sehen / welches sich mit andern nicht leicht mischen lässet / es seye dann zuvor durch den Terpenthin auffgelöset worden. Endlich wird er auch von andern Künstlern / absonderlich von den Feuer-Werckern sehr [409] gebrauchet / weßwegen es auch unter die Contrebande oder verbottene Waaren gehöret / so anders nicht / als incognitò, in andere Länder dörffen verführet werden / absonderlich in Kriegs-Zeiten / wo das Verführen scharff verbotten ist.

§. 6.
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Gleiche Bewandtnuß hat es mit dem Hartz-Pech selbsten / welches auch unterschiedlich ist. Das schönste und sauberste ist das obbemeldte Weise Hartz / oder RESINA PINA, welches entweder von sich selbsten / oder durch Ritzung und Durchbohren der Thannen und Fichten außfliesset / bald wie ein schönes clares Gummi erhärtet und gleichsam wie der Weyrauch außsihet / weswegen es auch THUS ALBUM und gemeiner Weyrauch genennet wird: Muß schön weiß / sauber und recht trucken seyn; Dafern aber die Schalen / Späne der Bäume und dergleichen sich im außfliessen darinnen mischen / wird es gleichsam wie der Benzoin (wofür es die Betrüger offt verkauffen) marmolirt / welches sonsten das Schell-Hartz genennet und von den Bier-Schencken in das Bier gethan wird.

§. 7.
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Das erstere wird nachmahlen weiters mit gemeinem Terpenthin und Terpenthin-Oehl vermischet / und alsdann Spiegel-Hartz / oder PIX LIQUIDA geheissen / welches gemeiniglich von Straßburg und auß Holland kommet; Weswegen es auch Terebinthina Argentoratensis genennet werden soll / wie Sam. Dale in seiner Phytolog. pag. 354. schreibet: Muß schön weiß gelb / fett und nicht zuflüssig seyn / auch nicht zuviel Wässerichtes bey sich haben / und wird zu vielen Hand-Arbeiten und Feuer-Wercken gebrauchet / auch von einigen eusserlich zur Artzney an statt der Zug-Pflaster gebrauchet / welches aber gar ein beschwerlich Pflaster ist / so ungern wider von der Haut gehet und mit warmen Oehl muß abgehoben werden.

§. 8.
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Wann aber das weise Hartz oder Resina Pini ohne Zusatz zu einer dickeren Consistentz gekochet und entweder in grosse Stücker oder Kuchen von 50. biß 100. ???. oder in Kübeln gegossen wird / entstehet das harte Hartz / oder RESINA darauß / welches sonsten auch Schuster-Pech / und Kübel - Hartz genennet wird: Muß schön drucken / gelb und nicht voll Sand / Gewässer und andern Unrath seyn: Wird von den Blechschlägern und Kesselschmieden zum überzinnen / von den Schuhmachern / Kiefern und andern zu ihren Arbeiten gesuchet / auch von den Barbierern zu vielen Pflastern verthan.

§. 9.
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Auff gleiche Weise wurde vor diesem durch längeres Kochen auß dem Galipot oder weisen Kienhartz das bekandte Geigen-Hartz oder COLOPHONIUM verfertiget / welches deswegen auch das umbgeschmeltzte Hartz und vor diesem Griechisch-Pech genennet worden / dieweilen es anfangs auß Griechenland (wo es ein See außwerffen soll) gekommen / wie Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 22. schreibet. Heut zu Tag aber wird es meistens von Terpenthin gemacht und ist nichts anderst / als was nach Destillirung des Terpenthin-Oehls zurück bleibet; wann es aber von dem Terpenthin selbsten gekochet wird / heisset es TEREBINTHINA COCTA, worauß die Terpenthin-Pillen bestehen: Muß fein / an grossen Stücken / gelbicht und durchsichtig seyn: Klein kan man es nicht wohl brauchen; derowegen wann viel kleines oder geröricht vorhanden / es allgemählich zerlassen / in ein Gefäß zu einem Stück gegossen und alsdann außgestürtzt zum andern gethan werden kan: wird gleichfals von vielen Künstlern gebraucht.

§. 10.
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Diesem Griechischen Pech / welches die Frantzosen Arcançon nennen / gibt man in Norden einen Zusatz von Teer / daß es davon schwartz werde / und wird alsdann Schwartz-Pech oder PIX NIGRA geheissen wird / davon man zwey Sorten hat / so doch nicht anderst unterschieden / als daß eines etwas härter / als das ander ist. Das beste komt auß Norwegen und Schweden / absonderlich von Stockholm / welches recht schwartz und spiegelend seyn muß / und dem Juden-Leim sehr nahe kommen soll: Wird meistens die Schiffe damit zu pichen gebraucht / auch ein röthlich Oehl davon destilliret / welches wegen [410] seiner balsamischen Krafft Balsamum Picis genennet wird.

§. 11.
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Hiervon wird ferner mit dem gemeinen Hartz / Seiffen und Teer das Schiff-Pech oder PIX NAVALIS. (so sonsten auch ZOPISSA und Frantzöisch Goudran heisset) gegossen / dessen sich nicht allein die Boots-Leute zu ihren Schiften / sondern auch die Apothecker in etlichen alten Compositis gebrauchen / welche letztere es von den S???iffen abkratzen / wie Schroederus in seiner Apothecker-Kunst p. m. 240. berichtet.

§. 12.
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Der gemeldte Teer aber (welchen die Frantzosen TARC heissen) ist ein fettes / clares und hartzichtes Oehl oder RESINA LIQUIDA, und wird in Norwegen und Schweden von den alten Fichten-Bäumen in grosser Menge zubereitet / wo dieselbe abgehauen und in gewissen Oefen mit 4. Röhren gethan werden / und wann umb gedachte Oefen das Feuer angezündet wird / fliesset dieses weiche Hartz auß den Röhren / wie J. C. Axtius in seinem Tract. de Arboribus Coniferis geschrieben; wiewohlen Pomet c. l. dafür halten will / daß es auß dem Baum also fliesse: wird zu dem Schaaf-Pech / wormit die Schaafe gezeichnet werden / gesuchet und muß von dem recht veritablen Stockholmischen seyn / nicht von dem falschen / so einige von schwartzem Pech und trüben Oehl nachmachen.

§. 13.
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Weilen auch im übrigen der bekendte Kien-Rauch von dem Hartz und Colophonio gemachet wird / als kan man denselben auch hier nicht vorbey gehen. Man brennet nemblich das kleine von dem Hartz in einem eissernen Gefäß / unter einem Camin / worüber leine Tücher gespannet werden / daß sich der Rauch daran anhänge / welcher nachmahlen herab genommen / und entweder so an Staub gelassen oder zu Stücken gemachet wird. Jener wird theils in kleinen platten Schachteln / oder länglicht-runden und kleinen Tonnen verkaufft: Dieser aber wird nach dem Gewicht verkaufft; und weilen diese Waar sich leicht anzündet / soll sie in eigenen Gewölbern gehalten / nicht leicht bey Licht besehen / auch wann sie brennet / nicht mit Wasser gelöschet / sondern mit Nassen-Tüchern zu gedämpffet werden: Wird von den Mahlern / Weißbendern / Druckern und andern zur schwartzen Farb gebrauchet.

§. 14.
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Endlich muß man noch des VERICIS oder des Füniß / mit wenigen gedencken / welcher guten Theils auch von dieser Waar / absonderlich vom Terpenthin entstehet / dessen man vielerley Sorten hat / als 1. den Gemeinen / so auß Terpenthin und dessen Oehl bestehet. 2. Den Spit-Fürniß / auß Spit-Oehl / Terpenthin und Sandarach. 3. Den Mastir-Fürniß / auß Venedischem Terpenthin und Mastir. 4. Den Agstein-Fürniß / auß weissem Agstein / Sandarach / Gummi Elemi und Mastix / so mit rectinficirtem Brandenweiu auffgelöset werden. 5. Den so genandten güldenen oder Gold-gelben Fürniß / auß Sandarach / Gummi Gutt. Litharg. aur. und Lein-Oehl. 6. Den Lat-Fürniß; welche alle mit grossem Fleiß und Sorgfalt müssen zubereitet werden / wie auß folgenden Processen (so Runckel in der Glaßmacher-Runst hat) zu ersehen: Einen schönen gläntzenden Spic-Fürniß zu machen: Nimb gutes Spic-Oehl zwey Loth / Mastix und Gummi Sandaracha jedes ein Loth / Eyprischen oder Venedischen klaren Terpenthin ein halb Loth. Pulverisire oder reibe und mische den Mastix und Terpenthin auffs subtilst- und kleineste unter einander / nim̅ ein Kolben-Glaß / thue das Spic-Oehl darein / setze es in ein Balneum Mariae, oder sonst in ein Kesselgen mit Wasset übers Feuer; mercke! Du must unten an den Glaß-Kolben einen Ring von Bley binden / damit das Glaß im Wasser bleiben und stehen könne. Wann das Spic-Oehl nun erwärmet / so thue auch den Terpenthin darein / hernach auch die Pulver von Sandarach und Mastix / rühre es mit einem sauberen Höltzgen umb / biß alles recht zergangen und sich aufflösset / (das Wasser in Balneô mag wohl gemach sieden oder kochen) wann es recht auffgelösset / so verwahre es in einem Glaß / wohl zu gebunden / zum Gebrauch / und wann er durch langes Stehen etwas zu starck würde / so kan man nur / wann man etwas gebrauchen will / solchen in einem Schüßelgen ein wenig über Feur oder in warm Wasser halten. Ein anderer Spic-Fürniß. Nimb Spic-Oehl drey Loth / Sandarach zwey Loth / Mastix ein Loth / zerreibe den [411] Mastix und Sandarach erstlich klein / gantz trocken / hernacher wasche solchen mit guten Spiritu Vini, oder rectificirten Brandenwein / reib es auch damit / laß den Brandenwein wieder vertrocknen / thue solche in das Spic- Oehl / lasse es über einer sanffteren Wärme darinnen solviren oder zergehen / und so der Fürniß zu starck würde / so thue nur noch ein wenig klares Spic - Oehl drunter. Hüte dich / daß du dergleichen Fürniß nicht leicht zu einem andern Feuer oder Hitze / als heiß Wasser / bringest / wenn du ihn bereitest / denn er entzündet sich leicht / und ist nicht zu löschen; Gestalt dann gar unlängst zu Nürnberg / ein wohlgeachter Mann mit samt seiner Frauen / wie auch Magd und Jung / elendiglich sich verbrandt haben / also / daß sie sämbtlicht in wenig Stunden sterben müssen / indem sie einen dergleichen Fürniß / in der Röhren des Ofens / in ihrer Stube bereiten wollen / welcher sich entzündet / und sie / als diejenige / so löschen wollen / wie gemeldt / auff den Todt beschädiget. Dahero ich jederman / nur vorsichtig zu seyn / hiermit nothwendig erinnern müssen. Weisser Lac-Fürniß. Nimm anff zehen Loth rectificirten Brandenwein / der kein Phlegma hält / klein pulverisirten Gummi Sandaracha zwey Loth / klaren Venedischen Terpenthin / auch zwey Loth / thue es zusammen in ein gutes Glaß / verwahre das Glaß oben wohl mit gewächstem Papier und Rinds-Blaßen / setze solches in einen drey-füssigen Topff mit warmen Wasser / unten auff den Boden des Topffs soll Heu gelegt seyn / damit das Glaß sanfft darauff stehen könne; stelle das Glaß in den Topff / und den Topff über ein Kohl-Feuer / also daß das Wasser darinnen starck siede oder koche: Lasse das Glaß mit dem Fürniß ein Stund oder drey in dem kochenden Wasser stehen / damit sich der Sandarach und Terpenthin in dem Brandenwein recht aufflösse / und mit demselben wohl vereinige; alsdann geuß deinen Fürniß also siedenheiß durch ein rein hären Tuch / und verwahre solchen in einem Glaß mit einem engen Halß / wohl zu gebunden / zu beliebten Gebrauch. Dieses ist ein edler Fürniß: man soll auch mit diesen Fürniß nur die liechten und hellen Farben / als weiß / gelb / grün / blau / hoch-roth / item was versilbert und vergult ist / überstreichen. Eine andere Art von Lack-Fürniß / mit welchem man rothe und dunckele Farben anmachen / und folgends überstreichen und begläntzen kan. Nimb hoch-rectificirten Brandenwein / welcher seine Probe hält / also / daß er / wann man ihn auff Pulver geust und anzündt / dasselbe wegbrenne; Item / wann man einen leinen Lappen drein dunckt und anzündt / mit sambt dem Lappen rein verbrenne; Nümb / sage ich / desselben ein gutes Pfund / reinen und wohlaußgelesenen Gummi Lacca ein viertels Pfund / reibe den Gummi Lacca klein / thue ihn in ein Phiole, geuß den Brandenwein darüber / lasse es ein paar Tage stehen / doch alle Stunden einmahl wohl herum geschwänckt und gebeutelt; des dritten Tages hänge es über eine mässige Kohlen-Hitze / und lasse es so lange über den Kohlen hangen / biß sichs wohl auffgelöst / und wann mans im Glaß schüttet / daß es recht / als ein dünner Leim das Glaß herunter lauffe; wann solches geschehen / kan dieMateria durch ein härin Säcklein gedruckt / und zu beliebten Gebrauch austbehalten werden. Noch ein besserer Lac-Fürniß. Nimm den allerbesten und stärcksten Brandenwein / der / wie oben gemeldt / das Pulver wegbrennt / giesse desselben eine Kanne oder Maaß über ein Pfund des bey einem Töpffer gantz weiß-gebranten Weinsteins: lasse den Brandenwein auff dem Weinstein einen Tag stehen / nur in der Stuben Wärme / doch / daß der Brandenwein wol verwahrt sey / daß er nicht verriche; giesse hernach den Brandenwein fein sauber ab / oder filtrire ihn durch ein Papier; nimb desselben Brandtenweins ein Pfund / weissen Agstein sechs / Loth Sandaracha, auch sechs Loth / Gummi Lacca zwey Loth. Der Agstein muß nicht von dem Abgang-Pulver / sondern von reinen Stückgen und in übrigen mit sambt den andern Speciebus wohl außgelesen seyn; reibe sie alle drey gantz klein zusammen / thue es in eine Phiole oder Glaß-Kolben / und geuß drey Pfund Brandtenwein daran / das Glaß aber muß nicht gar die Helffte voll seyn: rüttels und beutels eine gantze Stund herumb / lasse es hernach ein paar Tage stehen / doch daß es alle Stunden wieder ziemlich umbgerüttelt werde; nach diesem kan es abgegossen und in einem andern Glaß wohl verbunden / zum Gebrauch verwahret werden. Was von der Materia im Glaß zurücke bleibt / kan man nur in selbem stehen lassen / und auffheben / dann wann man den Fürniß von neuem machen will / darff man nur die Helfft??? frisches Zeugs darzunehmen. Noch ein sonderlicher guter Lacc-Fürniß. Nimm hoch-rectificirten Brandtenwein / der wie oben zugerichtet sey / eine halbe Maaß; Gummi-Lacca vier Loth / Sandaracha zwey Loth / [412] weissen Agtstein ein Loth / Mastix ein Loth / weissen Weyrauch ein Loth. Diest vier Stücke sollen in einen steinernen Mörsel auffs kleinste gerieben / und hernach mit sambt dem Brandtenwein in eine Phiol oder Kolben-Glaß gethan werden; welches Glaß / nachdem du es auffs beste vermacht / also daß nicht der geringste Dampff oder Geruch heraus kommen kan / so setze es in die heisse Sonn / oder im Winter auff den warmen Ofen; lasse es ein Tag drey oder vier stehen / hernach setze es in eine warme Aschen - Kappelle / und lasse es gar sittiglich ein paar Stunden gelinde kochen: so bald der Brandtenwein genugsam auffgelöset / und als ein Fürniß in einer gelb-braunlichten Farb / und ziemlich dicken Consistentz erscheinet / so giesse es also siedent heiß durch ein rein härin Tuch / und presse es mit zwey Höltzern (wie bey denen Apotheckern gebräuchlich) fein wohl auß; giesse es alsdann in ein gläsern Gefäß mit einem engen Halß / und verwahre es auffs beste verbunden zu deinem Gebrauch. Lacc-Fürniß auff eine leichtere Art. Nimm Gummi-Lacc anderthalb Loth / Mastix / Sandrach / Agtstein / jedes ein Quintlein / thue es gröblich zerstossen in eine Phiole, giesse des starcken Brandtenweins darauff ein Loth / setze es in die Wärme / biß es sich wohl auffgelöset / (was sich aufflösen will) hernach durchgeprest und damit angestrichen. Ein anderer dergleichen. Nimm auff ein Pfund des allerstärcksten Brandtenweins sechs Loth reinen und kleingestossenen Gummi-Lacc / thue es in ein Phiolen-Glaß / schwäncke es etliche Stunden herumb / (es muß aber das Glaß nicht zu klein seyn / denn sonst würde es zerspringen /) wann es genug gerüttelt / setze es an die Sonne / oder auff den warmen Ofen / auff einen Stroh-Ring / laß es etliche Tage stehen / alsdenn durch ein hären Tuch gezwungen / und in einein andern Olaß wohl verwahret auffbehalten. Noch ein dergleichen guter Fürniß. Nimm auff ein Pfund des allerstärcksten Brandtenweins sechs Loth reinen Gummi-Lacc / thue es gröblich zerstossen in den Brandtenwein / beutels oder rüttels eine Stund herumb / lasse es hernach in einem Balneô Mariae eine Stund kochen; seuge es also warm in ein ander Glaß / und gebrauchs nach belieben. Daß ich nun hier so vielerley Manieren von Lacc-Fürnissen beschreibe / wird sich niemand irren lassen / sondern vielmehr solches mit Danck erkennen / und versichert seyn / daß ich nichts beschreibe / als was durch die Experientz wahrhafftig erfahren und bestättiget worden / so wohl von mir als andern Künstlern: Zu dem / so ist immer einer leichter und geschwinder zu machen als der andere / ohne daß auch einige leichter von Coleur / und dahero zur hellen Farben besser dienen; ingleichen sind auch immerzu in einem Process einige Handgriffe gemeldet / die in andern vergessen oder außgelassen: Meine also / der Verständige werde sich solches wohl zu Nutz zu machen wissen. Ich erinnere mich aber nochmahl / wer mit diesen Fürnissen umbgehen will / daß er sich mit dem Feuer in Obacht nehme / zumahl / wo Terpenthin / und Spicc- oder auch Terpenthin-Oehl und dergleichen darzu kommen. Dann wann sie sich entzünden / so sind sie nicht zu dämpffen; wolle man Wasser zugiessen / so würde es schlagen ärger als Büchsen-Pulver / und auff etliche Schritte herumb alles anzünden / so ich denen die unvorsichtig sind / nicht ungemeldet lassen können sc. Mit dem Lacc-Fürniß / da starcker Brandtenwein zukombt / ist sich gleichfals vorzusehen / daß man nicht mit einem angezündeten Licht zu nahe komme / dann der Brandtenwein entzündet sich wie ein Blitz / doch ist solcher eher zu dämpffen als der andere. Ist also gut / daß man solches Dinges nicht zu viel auff einmahl mache / sc. und keine andere Hitz / als wie oben erwehnt / daß Balneum Mariae darzu gebrauche. Weiter / wann ja ein solch Versehen oder Unglück entstünde / so soll man nur eine nasse Kalbs - oder Schaffs - Haut oder ein leinen Tuch / wie ein Tisch- oder Bettuch groß / in Wasser eingenetzt / in Bereitschafft haben / und vier- oder mehr-fach drüber decken / und alsdann / wo nöthig / Wasser auff dasselbe / so muß es ersticken / und kan keinen weitern Schaden thun. Wer solches nun vorhin oder besser weiß / vor den ist es hier nicht geschrieben. Noch ein Lacc-Fürniß zum Glantzgeben. Nimm Gummi-Lacc / und Sandrach jedes zwey Loth / ein halb Nössel hoch rectificirten Brandtenwein dran gegossen / wohl vermacht / drey Tag / an der heissen Sonnen stehen lassen / (oder sonst in gleichmäsiger Wärme) es darff aber nicht gebeutelt oder geschüttelt werden. Eine andere Art des besten Glantz-Lacc-Fürniß. Nimm hoch-rectificirten Brandtenwein / filtrire denselben durch calcinirten Weinstein / nimb hernach weissen Agtstein / Gummi-Lacc / und Gummi-Sandrach jedes anderthalb Loth / solches wohl außgelesen und kleing erieben / thue [413] all in ein Kolben-Glaß / geuß den filtrirten Brandtenwein drüber / rüttels etliche Stunb herumb / laß hernach drey Tag in der Wärme stehen / zwing es durch / in ein ander Glaß und brauchs nach deinem Willen. Eben dergleichen. Nimb Sandrach drey Quintlein / Gummi-Lacc vier Quintlein / giesse darüber des stärcksten Brandtenweins / rüttels herumb / stells im Sommer an die Sonne etliche Tage / zwings durch ein härin Tuch und verwahrs zum Gebrauch: dieser Fürniß dienet wohl auff Holtz / und die Farben anzumachen. Einen sonderlichen geheimen und künstlichen weissen oder hellen Lacc-Fürniß zu machen. Nimm Gummi Elemi, Gummi anime (man kan solche in allen Apothecken haben) weissen Weyrauch / und weissen Agtstein / jedes ein Quintlein; es muß alles schön rein / und wohl außgelesen seyn / stosse oder reibe es klein / thue es in ein Glaß / und koche solches in destillirten Essig / giesse hernach den Essig ab / und wasche die Materia wohl mit reinem warmen Wasser / so wirds gantz weiß scheinen / laß trocknen / und reibs wieder klein; thue noch darzu ein Ouintlein Gummi / Tragant / und zwey Quintlein weiß Crystallinischen Zuckercand / auch klein gerieben / thue es in ein ziemliches Phiolen - Glaß / in welchem ein Pfund hoch - rectificirten Brandtenweins ist / trage es allgemach hienein: wann alles hieneiu getragen / so rüttle es eine gantze Stund herumb / setze es hernach ins Balneum Mariae, und wann dasselbe anfängt zu sieden / so lasse es noch ein paar Stund stehen / alsdann wieder erkalten / und einen Tag oder drey ferner darauff stehen lassen / hernach abgegossen / und so viel man kan / durchgezwungen / ferner in einem reinen Glaß / mit einem engen Mundloch wohl verwahrt / zum Gebrauch behalten. Diesen Fürniß / auff eine andere und noch geheimere Art / als einen Spicc-Fürniß zu verfertigen. Nimm die obige Materia / tractire sie erstlich mit destillirten Essig allerdings wie oben / thue auch darzu den Tragant und Zucker / reibe / wann alles trucken / gantz klein; hernach nimb reines und gantz klares und helles Spic- oder Terpenthin-Oehl ein Pfund / nimb auch klaren Cyprischen Terpenthin sechs Loth / thue es zusammen in einen starcken Glaß-Kolben / und setze denselben mit einem Bley-Ring versehen / in ein warmes Balneum, wann nun das Balneum anfänget zu sieden / der Terpenthin auch recht zergangen / und ziemlich warm zusammen worden / so thue nach und nach die andere klein geriebene Species darein / rühre es wohl mit einer reinen höltzernen Spatel umb / lasse es eine Stund drey oder vier im kochenden Balneo stehen / hernach nimbs heraus / und verwahrs in einem andern Glaß / so wirst du einen schönen klaren und raren Fürniß haben / der zu vielen Dingen mit grosser Zierd und Nutzen kan gebraucht werden. Einen künstlichen Fürniß die Blaue und und andere gemahlte Coleuren / wie einen Spiegel / kläntzend zu machen. Ist ein Kunst-stückgen / so noch wenig Mahlern bekandt / der Process ist also: Was du will blau mahlen mit Oehlfarben / daß es wie ein Spiegel gläntzen soll / das untermahle erstlich mit Indig und Weiß / doch daß Terpenthin-Oehl unter dem Indig sey; siehe / daß es dir schön gerathe / und nicht im Anfang verderbe / und so es getrocknet / so höhe und tieffe drein nach deinem Gefallen / laß es wieder trocken werden / brauche hernach diesen Fürniß. Die Bereitung desselben ist also: Nimm klaren Cyprischen Terpenthin ein halb Loth / Sandracch / ein Loth / Mastix auch ein Loth. Den Sandracch und Mastix reibe auffs kleinste / alsdann nimb zwey Loth Spic - Oehl / ein Loth Terpenthin-Oehl / thue es nur in ein Zucker-Glaß / laß den Terpenthin orin auff der Wärme zergehen / thue des gepulverten Gummi auch darunter / setze das Glaß in eine Pfanne mit Wasser / laß das Wasser über dem Feuer auff einem Dreyfuß allgemach kochen / etwann auff eine Stund / so wird schon alles wohl zergangen seyn und sich zusammen vereiniget haben; laß es dann erkalten / und hebs in einem Glaß mit einem engen Halß / zu folgendem Gebrauch / auff. Gebrauch. Wische erstlich das obbemeldte untermahlte Stück mit einem reinen Läpgen trocken ab / alsdann nimb eine leichte Smalten auff deine Politen / so viel du bedarffst / das Blaue damit zu lasiren / mache selbe mit gelehrtem Fürniß wohl dünne / und lasiere also auch fein dünne mit einem guten und saubern Borst-Büntzelein über das Gemahlte / lasse es trocknen / dann es trocknet innerhalb drey Stunden; stolle es nur an ein reines Ort / daß kein Staubdarauff falle / lasiere wieder darüber / solch lasieren soll zu siebenmahl geschehen / und allezeit getrocknet / so wirst du darinnen als in einen Spiegel alles / was du davor hältest sehen können. So du es noch gläntzig und glässerichet haben wilt / kanst du nur offter drüber basieren / nemblich ein zwölff oder sech???hen mahl; doch [414] daß es allezeit dünne mit der Smalten vermischt auffgestrichen / auch allezeit wohl getrucknet werde; du kanst auch / wo du wilt / mit weiß darauff spielen / es wird ein überaus schönes und ergetzliches Ansehen überkommen. Allerhand von hartem Holtz / (als Ahorn-Birn-Nuß- und Pflaumen - Baum - Holtz) bereitete Cischer-Arbeit / item Stäbe und dergleichen / mit dem Lacc-Fürniß / auff Schild - Kröten Art zu zurichten / also / daß es weder von scharffen Wassern noch von Oehl abgehe und Schaden nehme. Uberstreich dasjenige Stück / so du machen wilt / erstlich mit einem Lacc-Fürniß / dergleichen jetzt beschrieben ist: darnach überstreichs mit Mennig / so die Helfft mit Rausch-gelb vermischt / aber auch mit Lacc-Fürniß angemacht sey: wanns trocken / über-fahrs wieder einmahl / zwey oder drey mit Lacc-Fürniß / doch allemahl zuvor trocknen lassen: überschabs alsdann mit rein trocknen Schafft - Heu. Ferner nimb Drachen-Blut (ist ein rother Gummi) stoß und reibs klein / machs mit dergleichen Fürniß dünne an / rührs umb / zwings durch / so du wilt / doch ist solches eben so nöthig nicht: hebs in einem Gläßgen wohl verwahrt auff / denn je länger es stehet / je schöner es an der Coleur wird / hiermit kanst du Wolcken über das überstrichene Stück machen / doch muß von dem gelben noch viel durchscheinen; wo du nochmahl auff das Gewölcke dupffst / so wirds daselbst dunckler. Du kanst auch mit dergleichen Fürniß / Bein-Schwärtz / oder nur Kupfferdrucker-Farb / oder auch Inbig oder Umbra / oder Indianische Dinten anmachen / und zum Theil mit dem Drachen-Blut misciren / damit kanst du es noch dunckler vertieffen; du musts aber allezeit truckenen lassen / alsdann nimb Pimßstein / laß ihn wohl durch-glüen / stosse ihn gantz klein / nimb Schafft-Heu legs in frisch Wasser / tuncks alsdann in gepulverten Pimß / poliere oder reibe es klatt nach deinem Gefallen sc. Wann es dann glatt genug ist / so reibe es starck mit einem reinen willen Lappen / halts über eine gelinde Glut / und überfahre es einmahl fünff oder sechs mit dem Glantz-Fürniß; gib aber acht / daß ihm nicht zu heiß gehe / sonst fahren Blattern auff / laß es wohl trocknen / nimb alsdann Zinn-Aschen mit Baumöhl abgerieben / und Jucht-Leder / poliers damit; letzlich nimm etwas Zinn - Asche auff den Ballen der Hand / und reib es / biß es Glantz genug hat / dann es muß wie ein Spiegel gläntzen. Man kan es wohl mit halber Mühe machen / aber daß es schön werden soll / das ist nicht; gleichwohl wird die Ubung manche Vortheile und Verkürtzung der Arbeit an die Hand geben. Rothe Corallen-Arbeit. Gründe das Stück wie obiges / überstreiche es auch einmahl vier mit Mennig / allemahl getrocknet; hernach einmahl oder sechs mit Zinnober / so auch mit diesem Fürniß / oder / welches noch besser / mit lichtem oder hellern Fürniß (wie oben zu machen gelehrt) muß angemacht werden: wann das geschehen / schabe es mit Schafft-Heu / und überstreiche es wieder mit klarem Fürniß / einmahl acht oder neun / verfahre ferner / wie erst mit der Schild-Kröten-Arbeit ist vermeldt worden. Auff dergleichen Art und Weisse kan man Thresoren / Betten / ja gantze Zimmer zurichten / auch mit Gold drein mahlen / es hat ein recht Fürstlich Ansehen. Mit gülden oder Hautschischen Streu-Glantz auff dergleichen Art zu verfahren. Erstlich bestreich deine Arbeit einmahl oder zwey mit Lackfürniß / hernach reibe auch Cöllnische Erde oder Gummi-Gutte mit dergleichen an / diß muß ein solcher Fürniß seyn der fein helle ist / streiche auch damit deine Arbeit einmahl oder 2. an / laß es trocknen / alsdenn überfahrs allein mit lautern Fürniß / und zwar nur an einem Ort / siebe deinen güldenen Glantz darauff / bestreiche wieder ein Theil / und wieder Glantz darauff gesäet / und das so lange biß deine Arbeit gantz überstreuet ist; mercke: wann man zu viel auff einmahl mit Fürniß überstriche / so würde derselbe theils vertrucknen / und der Glantz nicht hafften können. Wann es nun gantz zerstreuet ist / so nimmt man ferner klaren Fürniß / und überstreicht die Arbeit sechzehen mahl damit / alsdenn polirt oder reibt mans mit Schafft-Heu und abgeriebenen Pimmß wohl ab / ferner einmahl oder sechs mit Fürniß überstrichen / und mit Zinn-Aschen polirt / wieder etlich mahl überstrichen / und noch einst mit Zinn-Aschen poliert / so ist es fertig. Wie man die lichte Farben / die man mit hellem Lac-Fürniß überziehen will / zurichten soll. Weiß Bleyweiß soll man nur klein reiben / mit Milch anmachen und die Arbeit einmahl oder drey mit überstreichen; Grünspan wird mit halb Milch / und halb starckem Brandenwein gerieben / und auff das Weisse getragen / auff die Art / die einem jeden beliebt; mit Safftgrün kan man den Grünspan vertiefen; blaue und gelbe Farben werden eben wie Grün angemacht / und damit nach Willen verfahren; zu [415] alle dergleichen Arbeit wird der weisse Fürniß / der oben gelehret worden / gebraucht; auch wann solche so weit gethan / einmahl zehen oder zwölff drüber gezogen / als denn mit Zinn-Aschen gläntzicht gemacht / allerdings wie oben außführlicher gelehret worden. Stäbe auff Spanische oder Indianische Rohr-Art mit Lac-Fürniß zu machen. Nimb Gurckmehl / thue solches in ein Glaß / geuß starcken Brandenwein darüber / laß vier und zwantzig Stund in ziemlicher Wärme stehen / alsdenn seyhe es durch ein Tüchlein: Gründe deine Stäbe / wie droben mit der Schild-Kröten Arbeit gemeldet / alsdenn mit diesem Gurckmehl / so mit Brandenwein bereitet / angestrichen / folgends mit Umbra, oder gar mit Helffenbein-Schwärtz vertiefft / machs allerdings nach denen natürlichen Stäben / überstreichs mit Fürniß / gleich auff die Art wie droben bey der Schildkröten Arbeit vermeldet worden. Wie der Lack-Fürniß von denen künstlichsten Buchbindern / zu den allerzierlichsten Frantzen-Bänden gebrauchet wird. Erstlich wenn das Buch mit Schaaf- oder Kalbs-Leder / welches bloß seine natürliche Leder-Farbe hat / oder auch mit weissem Pergament überzogen ist / so wird es mit Fürniß überstrichen / und mit Farben / wie droben bey der Schildkröten-Arbeit gemeldet / besprengt / (einige überstreichens nicht zu erst mit Fürniß / geht auff Leder auch wohl an) mich ist die leichteste Manier / daß man das Leder nur mit Umbra besprengt aus einen Porst-Penselgen / und wanns trocken / wird es mit Fürniß überzogen / hernach mit einen Gerbstahl / womit die Goldschmied Silber und verguldete / Arbeit ausbereiten / polirt / oder glatt gemacht / und endlich noch einmahl oder etliche bey der Wärme mit Fürniß überstrichen. Man kans auch mit allerley Farben punctiren und bemahlen / auch mit dem Güldischen und andern Straü-Glantz / wie droben gedacht / zurichten: Item mit Muschel-Gold / Silber oder Metall besprengen / aber man muß keinen andern / als einen lichten Für niß darüber ziehen / sonst wird alsobald die schönste Lieblichkeit verdunckelt. Man kan den Lac-Fürniß mit wohlriechenden Sachen perfumiren / wornach man solchen nemblich gebrauche will sc. Ich gebe hier zwar einem jedem gnugsame und wahrhafftige Anleitung / die Arbeit aber recht compendieus zu machen / muß allein die Ubung und Experientz lehren. Wann dieft und andere obige Arbeiten recht gemacht / so kan dasjenige / so also gemahlt / verguld / versilbert oder medailirt und mit dergleichen nach unserer Lehr wohl-bereiteten Lack-Fürniß etlichmahl gebührlich überzogen ist / weder von Oehl noch Wasser / wanns auch gleich Scheitwasser wäre / keinen Schaden nehmen / und so es gleich besudelt / oder von denen Fliegen bestuhlgängelt worden / so kan dock solches gleich / als wann es von Glaß wäre / gar wohl wiederumb gereiniget werden. Zugabe. DEmnach wir in dem vorhergehenden Versicul des Agstein-Fürnis unter andern gedacht: So hab bey dieser Gelegenheit und wegen Verwandschafft des Bornsteins mit den andern Resinis noch eines Berichts von dem Ursprung des Agsteins / welchen nach der Zeit / als dessen Abhandlung im ersten Theil dieser Material-Kammer schon gebruckt ware / von Herrn Bartholomaeo Crasselio p. t. Pfarherrn zu Nidda / durch Vermittelung eines vertrauten Freundes empfangen / pro Coronide gedencken wollen / welcher von Wort zu Wort also lautet: Von dem Ursprung des Succini, Bornsteins oder bey uns also genandten Agsteins / sind / wie bekandt / gar vielerley und zum Theil einander gar entgegen lauffende Conjecturen und Meynungen / beydes unter Gelehrten und Ungelehrten: Deren habe ich mich auff meiner Reyse / absonderlich andenen Orten / wo diese Edle Gabe Gottes am melsten von der See außgeworffen und am Strande gesamlet wird / mit vielem Fleiß und Nachforschen genau erkundiget / solche auch mit unterschiedenen Gelehrten und curiosen Leuten / auch sonderlich mit wackeren See-Verständigen und Kunst-Erfahrnen Bornstein-Drehern und Invenrirern (wie man diejenige nendt / welche auß Bornstein allerhand künstliche Stücke und Bilder machen) wohl examiniret / und nach vieler Untersuchung und genauer Erwägung ist mir unter allen diese derivation am sichersten und glaublichsten vorgekommen: Daß nemblich der Bornstein / (Succinum,) auß einem lapidescrienden succo concrescire / welcher auß einer gewissen Quell-Ader oder Born / als ein Felsen-Oehl oder Felsen Gummi / fliesse und entweder auff dem See Grunde oder an einer Klippen seinen Fluß und Außgang habe / hernach aber nach seinem Außflusse in dem Saltzichen See-Wasser seine Liquiditaet verliere und coaguliret werde. Daher er [416] auch wohl eigentlich und recht Bornstein genennet wird / weil er auß einem solchen Born entstehet. Worauß man aber dieses schiessen mag / geben unter andern insonderheit folgende Umbstände: als 1. Da man so vielerley Sachen darinnen findet / welche sonst nicht hinein kommen könten / wann das Succinum nicht zu erst flüssig wäre und solche in sich fänge. Wie ich davon viel wunderbahre Stücke gesehen / und auch selbst ein und anders auffzeigen kan / davon man deutlich sehen und abnehmen mag / wie die darinnen befindliche Dinge im herumb schwimmen auff dem Wasser an dem annoch liquiden Succino kleben blieben / von demselben umbflossen und hernach in dessen Coagulation darinnen mit eingebacken seyen. 2. Die unterschiedene Arten und Farben desselben / welche er nach seinem Außfluß in der See bekombt. Dann da wird für gewiß gehalten / daß er solche / so lange er liquid ist / in der See erst an sich nehme und weil er eine starcke anziehende Krafft in sich hat / nach der unterschiedenen Beschaffenheit de See-Grundes / darauff er sich erstlich setzet / an einem Ort diese / am andern eine andere Neben-Krafft und Farbe an sich ziehe / die er hernach behält. Welche aber doch die Inventirer zum Theil durch Kunst demselben wieder nehmen und ihn zu seiner eigenen blancken und hellen Farbe bringen können / die er zuerst im Außflusse hatte. 3. Weil dann und wann von einigen gewissen Leuten dergleichen Succinum in der See am Strande gefunden worden / welcher noch gantz weich / wie ein eingeweichter Gummi oder gelindes Wachs gewesen ist; wie dann solches fürnemlich auch mit nachfolgendem sicheren Exempel kan erwiesen werden: Da nemblich der weltberümbte Mathematicus Hevelius in Dantzig / einst zwischen Dantzig und Königs-Berg am See-Strande selbst solchen annoch gar weichen und nicht gantz coagulirten succinum gefunden und auffgehoben / darein mit seinem Pittschafft-Ringe seyn Siegel / wie in ein Wachs gedrucket / und solches hernach zum Beweiß gebrauchet hat: Indem das eingedruckte Siegel mit dem Nahmen und Wapen darinnen gantz völlig und rein außgeduckt verblieben und mit hart worden ist / daß darüber ein jeder / dem er es gewiesen / sich hat verwundern / und daher auch die Sache glauben müssen. Dessen bin ich nicht nur von einem seiner hinterbliebenen fürnehmen Anverwandten / sondern von einem andern seiner gewesenen guten Bekandten / mit welchen ich eine Zeitlang vertraulich conversiret hab / selbst umbständlich berichtet und darneben versickert / daß solches Stücke Bornstein mit dem Hevelischen Siegel nach Engeland seye verlanget und geschicket worden / welches auch daselbst als eine grosse Rarität auffgehoben und zum Beweiß dessen / was vom Ursprung des Succini zu halten sey / auffgewiesen werde. Sonsten hat man wohl acht biß zehen Farben an dem Bornstein / davon immer eine kostbahrer ist / als die andere. Die rareste und theuerste ist die so genandte Kombs-Farb welche Perlen-farbicht außsihet: darvon eine Schnur Corallen-Körner / so die Dicke einer Closterbeer haben / sechzig Rthal. aestimiret wird. Nechst dieser ist die Citronen-Farb / welche auch schön ist. Die schlechteste nennen sie s. h. die Arsch-Farb / so bräunlicht außsiehet.
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Der vollständigen Natur- und Materialien-Kammer / Drittes Buch / Von allerhand Thieren / Vögeln / Fischen / Gewürm und was davon herrühret. Das I. Capitel. Von den Mumien / Menschen-Fett / Hirnschale / Gall- und Blasen-Stein.
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Abbildung

§. I.
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DIe Mumien oder Mumia ist ein schwartzes / hartes und hartzigtes Wesen / von balsamirten Menschen-Cörpern herrührend / eines etwas scharffen und bitterichten Geschmacks und guten Geruchs; kommet aus AEgypten / allwo sie sich in sehr tieffen Gruben und weisen Stein gehauenen Begräbnüß-Gemächer / bey den berühmten Pyramiden finden lässet / welche beyderseits in des Malets Welt-Beschreibung Part. 3. pag. 36. und 37. beschrieben und abgemahlet worden.

§. II.
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Auff was Art und Weise aber die AEgyptier ihre Todten-Cörper balsamiret haben / wird in des P. Kircheri Oedipo AEgyptiaco und D. Andrea Tr. De Bals. Veterum weitldufftig erzehlet. Sie hatten nemlich 3. Stuffen oder Gradus des balsamirens / worvon die Erste und kostbabreste ein Talent, das ist / über 400. fl. heut zu Tag aber über 4000. fl. kosten dörffte / indem die außgeweydete Cörper ersilich mit Palmen-Wein / und nachmahlen 30. Tag mit den kostbarsten Balsamen gerieben / auch endlich mit den besten Specereyen / als Myrrhen / Indianischen Narben / und dergleichen angefüllet worden / welches nur hohen Stands-Personen widerfuhre; und daher rühret die Veritable AEgyptische Mumia, welche nach Benzoin und dem Opobalsamo riechet / aber so rar ist / daß sie [418] nirgends / als in der grossen Herren Schätzen zu finden ist / wie Herr D. Kempffer de Mumia Nat. berichtet. Die zweyte Art kostete nur halb so viel / dieweilen so keine grosse Mühe darzu gethan / auch nicht so kostbare Balsamische Sachen / sondern nur die Myrrhen / samt dem Asphalto und dergleichen darzu genommen wurden / gehörete den jenigen / so in ihrem Leben von mittelmässiger Condition waren. Die dritte Balsamation bestunde nur auß Pech und Judenleim / nachdem die Todten-Cörper zuvor mit Kalck / Saltz und dergleechen eingebeitzet / auch wohl gar in Oehl gebraten worden / damit ja alle Feuchtigkeit davon kommen und die Olitäten besser penetriren konten; dahero es kommen mag / daß auch die beinigte Theil von dem Balsam durchdrungen werden / wie auß deren schwartzen Farb zu ersehen ist / welche Nehem. Grevv. an den jenigen Mumien / so im Museo der Königlichen Soc. zu Londen im Gresham Colledge zu sehen / und von ihm in dessen Historie beschrieben wird / in acht genommen hat / worvon die Act. Lipsiens. A. 82. Mens. Jan. Num. 1. auch gelesen werden konte. Endlich wurden nach vollendeter Basamirung die Mumien in viele leinene Tücher und Banden eingewickelt / mit Charactern bezeichnet / und benebenst ihren Abgöttern in die Gruben geleget; worvon obgemeldter Kircher mit mehrerin handelt.

§. / III.
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Uber diese wahre und schwartze Mumien gedencken einige Scribenten auch der weisen Mumien / welche auß denen Menschlichen Cörpern bestehen / so das Meer außgeworffen / und der Meer-Sand in Lubien bedecket hat / worinnen sie von der Sonnen also außgedörret worden / daß weiter nichts daran als die blosse Haut und Bein / über welche die Haut gleichsam wie ein Pergament gezogen ist / weßwegen auch ein gantze Mumia über 30. Pfund nicht wieget / dergleichen eine vor diesem zu Pariß in Des Herrn B???udet Cabinet zusehen war; und weilen also nichts balsamisches daran zu finden ist / so werden sie auch gantz nicht zur Artzney gesuchet / können auch mit Recht keine Mumien genennet werden / welches in der Arabischen ober Persischen Sprach engentlich ein balsamisches Hertz auß den alten Gräbern bebeutet / wie Frid. Hoffmann in Clav. Schroed. p. 673. lehret.

§. IV.
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Weilen indeffen die Veritable Egyptische Mumien in selbigen Ländern gar hoch gehalten und von den Einwohnern offentlich nicht abgefolget / sondern heimlich und bey nächtlicher Zeit von den Coors-Gesellen in die Schiffe müssen getragen werden / wie Vielheur in Beschreibung frembder Materialien pag. 181. auß andern Marerialisten bezeuget; So hat man sich unterfangen solche künstlicher Weise auß dem Menschen-Fleisch nach zu machen / doch aber nicht auff die jenige Art / welche ein verfluchter Jud zu Alexandria in AEgypten so mit der Mumia gehandelt / im Gebrach gehabt / und die verstorbene Menschen-Cörper / ohne Unterscheid / ob sie von ansteckenden Seuchen oder andern Kranckheiten gestorben / also zubereitet und angeschmieret / vor die rechte Mumien verkauffet / auch sich damit noch über die Christen / so dergleichen schöne Waare suchen / mocquiret hat / wie ein gewissen Franzoß / so alles selbsten bey dem Juden gesehen / dem Frantzösischen Materialisten / Herr Pomet, erzehlet / und dieser in seiner Histoire Generale des Drogues lib. 1. 6. referiret hat: Sondern auff die jenige Manier / welche Schroederus und dessen Außleger D. Ettmüllerus in C mm. p. 790. wie auch Le Febvre im ersten Theil seiner Chymie p. 231. auffgezeichnet haben.

§. V.
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Inzwischen sind einige Gelährte / welche durch die Mumien nicht das balsamirte Menschen-Fleisch oder die Cörper selbsten / wie sie gebracht und in deren Kunst- und Naturalien-Kammer gezeiget werden / sondern nur dasjenige Hartz oder Erdpech / so mit dem Geblüt sich vereiniget / und also auß den Gräbern solcher balsamirten Cörper dringet / verstehen wollen / wie in des Wormii Mus p. 30. zu sehen; Ja es werden einige gefunden / so das blosse Asphaltum auch an statt der Mumien gebrauchen; da hergegen die Materialisten das balsamirte Fleisch selbsten auch davor passiren lassen / und im Einkauffen nur darauff Achtung geben / daß man deß Pulvers und kleinen Zeugs nicht zu viel annehme / auch wann man grosse Stücker kaufft / es nicht blosse dörre Beine seyn / sondern daß die Beine außwendig Fett und noch Fleisch an sich haben / imvendig aber voller Marck seyn / wie Schurzius p. 59. und auß demselben Marxius p. 126. ihrer Material-Kammern in acht nehmen. Die beste muß schön schwartz / oder zum wenigsten graw und darbey leicht und gläntzend seyn / auch einen guten Geruch haben / so nicht nach Pech rieche / wie Pomet c. l. schreibet. Das kleine muß vom Sand wormit es vermischet wird / gesäubert werden.

§. VI.
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Der Krafft und Würckung nach hat die Mumia eine erwärmende / zertheilende und Balsamische Qualität / zertheilet die Winde im Leib / wie auch das harte / geronnene und verstockte Geblüt / so jemand gefallen und sich wehe gethan hat: Ist gut gegen die Lungensucht / Miltz- und Seitenstechen / Mutterschmertzen und äusserliche wunde; weßwegen sie auch unter sehr viel alte Compositiones, als Pulv. contra casum Empl. Apostol. in dergleichen kommet / und in den Apo [419] thecken auff verschiedene Weiß praepariret wird / in welchen man eine Essenz, Elixir, Oleum und dergleichen darauß machet / worvon Schroederus pag. 29 lib. 5. seiner Aporthecker-Kunst zu sehen ist. Was aber die MUMIA NATIVA, oder MUMINAHI, so sich in Persien findet / für herrliche und ungemeine Kräffte habe / kan der gelehrte und curiose Leser auß deren Beschreibung / so Herr. D. Kempffer in seiner Disp. Inaug. oder Decad. obs. Exot. §. 3. mittheilet / ersehen / welche wir im Anhang dieses Buchs nach den Ost-Indianischen Sendschreiben ins Teutsch übersetzet beyfügen werden.

§. VII.
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Sonsten wird auch das Menschen-Fett oder. AXUNGIA HUMANA von denen Materialisten und Apotheckern in Handlung geführet / welches am besten bey den öffentlichen Anatomien von gesund-hingerichteten Menschen zu haben; weßwegen die gemeine Leuth solche auch bey den Nachrichtern suchen / kan aber grosser Betrug mit unterlauffen / indem man kein gewisses Merckzeichen hat / wordurch die Axungiae recht könten unterscheidet werden. Indessen scheinet das Menschen-Fett was sonderliches vor andern zu haben / in dem es eine vim anodynam oder Schmertzstillende Krafft de sich führet / und nicht allein die contracte Glieder erweichet und besänfftiget / sondern auch die Nerven und Senn-Adern / wann sie durch ein Dorn oder andere Sache gestochen und verletzet worden / auch deßwegen sich mit grossem Schmertzen zusammen ziehen / wieder zurecht bringet / und wann man einen Fuß vertretten / sehr gut thut. So rühmet man dieselbe mich gegen Schwindung der Glieder: Worzu das Oehl so einige davon destilliren sehr gut ist.

§. VIII.
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Ferner findet man auch die Hirn-Schale oder CRANIUM HUMANUM in denen Material Kammern / welche gleichfals von den hingerichteten armen Sündern / oder denjenigen / so im Krieg umbgekommen / zunehmen; weßwegen im letzten Türcken-Krieg gantze Säck voll Türcken-Köpff nach Leipzig gebracht worden. Unterdessen gibt es einige Materialisten und Apothecker / so auch das Cranium verstorbener Leuth führen / wie ich dann mit meinen Ohren gehöret / daß einsmahlen ein gewisser Materialist einige Menschen-Köpff auß dem Bein- und Todten-Hauß bestellet: Welches ein schändlicher Betrug ist / so gar nicht solte geduldet werden; indem in solchen abgestorbenen Cörper kein Safft und Krafft ist / da hergegen in denjenigen / welche gewaltsamen Todtes sterben / die Lebens-Geister gleichsam gefangen und in den Theilen des Leibes concentrirt werden / von welchen die Würckung meistens herrühret / welche augenscheinlich besser in den carniis der armen Sünder / als der Verstorbenen gespüret wird / wie noch ohnlängsten Anno. 1701. hier in Giessen erfahren / allwo ich einem kleinen Kind / so mit der Schweren Noth (gegen welche die Hirnschale hauptsächlich gerühmet wird) behaffter war / das cranium Hum. praep. auß der Apothecken verschriebe / welches keinen Effect thun wolte: Als aber den Eltern etwas von einem verfallenen Sceleto mittheilete / ist das Kind glücklich damit curiret worden. Könte man aber ein Stücklein von einem am Kopff verwundeten und noch lebenden Menschen haben / so wirds unvergleichlich besserthun / wie D. Hoffmann in Comm. Schroed. p. 675. auß eigener Erfahrung bezeuget. Absonderlich aber machen einige ein groß Wesen von dem Osse Triquetrô oder dreyeckichten Bein / so zuweilen / doch garselten zwischen der Sutura Sagittali und Lambdoide gefunden / und vor ein gewisses Antepilepticum gehalten wird / welches nach des Paracelsi Vorgeben an denjenigen / so die fallende Sucht haben / soll gefunden werden. Nun kan ich zwar selbsten bezeugen / daß solches an einem in A. 1677. allhier geköpfften und nachmahlen offentlich Anatomirten Vatermörder / so mit dem schweren Creutz garofft und hart beladen gewesen / eingetroffen habe / indem diefes dreyeckichte Beinchen gar schön auff dessen Hirnschale gefunden war / auch noch an dem Sceleto, welches Herr D. Strauß / Pract. in Rotenburg / in Handen hat / zusehen ist: Ob es aber in allen Subjectis also eintreffe / lasse an seinen Orth gestellet seyn / und muß die Erfahrung hier etwas gewisses lehren. Im übrigen dienet diese Hirnschale auch gegen andere Schwachheiten / als Kröpffe und Knollen am Halß / worinnen es vor ein geheimes Mittel von dem berümbten Hartmann gehalten / und von D. Micheln bewehret gefunden worden. So hielte auch Hr. D. Widt / Weyland Käyserl. Kammer Medicus zu Speyer / und zuletzt Churf. Mäynzischer Leib-Medicus das cranhumanum vor ein gewisses Mittel gegen die Gelbsucht. Daß aber sich einige Soldaten ein bilde / man könte sich vest machen / wann man auß einer Hirn-Schale trincke / wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. p. 791. erwehnet / ist ein lächricher Aberglaube; sonst müsten alle Studiosi Medicinae, wann sie bey Säuberung des Sceleti, nach gehaltenen Anatomien / gemeiniglich eines auß der Hirn-Schale herumb trincken / west werden / welches mit der Erfahrung gar nicht übereikommet. Von den Praep. aus der Hirn-Schale besihe Schroederum c. l

§. IX.
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Was auch von dem Hirnschal-Mooß oder so genandten
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USNEA CRANII Humani vor ein Wesen gemacht werde / ist gleichfals bekamt / welches doch selten recht und ohnverfälscht zu finden ist / indem einige auch das Mooß von den verstorbenen Köpffen in den Bein- und Todten-Häusern abklauben und vor die rechte Usnee verkauffen / welche doch billich von denen auffgepfälten / gehänckten oder auffs Rad gelegten Menschen-Köpffen herrühren solte. Soll eine sonderliche Krafft gegen alle Blutstürtzungen haben / welche es nicht allein innerlich / sondern auch äusserlich nur in den Händen gehalten / stillen soll. Es ist auch diese Vsnee das Fundament der Waaffen-Salb und des so berühmbten Lapidis Buttleri, worvon Helmont ein gantz Tractätlein geschrieben hat / dessen Beschreibung von einem alten Chymico, Namens Kriegsmann vor diesem empfangen hab.

§. X.
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Letzlich findet man auch in einigen Museis und Material-Kammern den Menschen-Stein oder CALCULUM HUMANUM, absonderlich den Blasen-Stein / welcher vor andern / (so fast in allen Theilen des Menschlichen Leibes auch generiret werden können / wie der berühmte Dänische Leib-Medicus Herr D. Franck in Lapicidina Microcosmi auß vielen andern Scribenten auffgezeichnet hat) zur Artzney auffgesuchet wird: Und weilen Er wie die Bezoar-Steine / auß viel übereinander wachsenden Blättlein und lamellis bestehet / auch eine dergleichen Gifftreibende Krafft in ansteckenden Fiebern und der Pest selbsten hat: So wird derselbige von Christiano Hieblen in seinem Teutschen Tractat von dem Bezoar-Stein nicht unbillich unter die Bezoartische Steine gerechnet und Bezoar Microcosmicum genennet; hat sehr vieles und zwar gantz flüchtiges Saltz in sich / wie D. Maezius, Prof. zu Leyden / bey seinem Leben zum öfftern in dasigem Laboratorio Chymico, wie ich selbsten gesehen / gezeiget hat; in Ansehen dessen er auch gegen den Nieren- und Blasen-Stein selbsten gerühmet wird.

§. XI.
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Weilen inzwischen viele in der Meynung stehen / daß Paracelsus und Helmontius durch den so genandten LUDUM den Blasen-Stein von einem Menschen verstanden hätten; so ist / zu wissen / daß der rechte LUDUS HELMONTII ein gantz anderer Stein sey / welcher an der Scheld nahe bey Antwerpen gegraben wird: hat unten einen grauen Satz / wie die Kalck-Steine sind / oben aber eine durchsichtige Krust / wie Agstein / anzusehen / welches ohnlängst eine sehr vornehine Matron, so vor diesem des Weltberühmten und längst verstorbenen Generalen Rabenhaupt (eins grossen Liebhabers der Chymie) Gemahlin gewesen / Herr D. Schleirmacher / Hochfl. Hessen-Darmstädtischen Leib-Medicum versichert / und daß sie solchen offters in Handen gehabt / berichtet hat; wie dann dessen auch die Miscellaced Germ. Cur. Dec. A. 7. und Ettmüllerus in Commentario Schroed. pag. 802. und 806. gedencken und vor einen Kalckstein halten. Dieser Ludus soll ein sehr flüchtiger Stein seyn / welcher vor sich in zwey Tagen vermittelst des Feuers gantz in die Lufft fliegen soll / welches viel eher geschicht / wann man ihm etwas von Salpeter zusetzet; und weilen man auch ein bitters und etwas sauers Saltz darauß haben kan / wird er von Paracelso Fel Terrae oder Erd-Galle genennet / darvon in dessen Tr. de Morb. Tart. Cap. 20. weiter nachzusehen allwo verblümter Weiß davon gehandelt wird. Was aber der berühmte Helmont vor ein Wesen davon mache / und wie er ein infallibiles Mittel darauß gegen den Stein und andere Gebrechen zu machen suche? kan in dessen Buch de Lithiasi nachgeschlagen werden.

§. XII.
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Zuweilen finden sich auch einige Steine in der Gallen-Blas der Menschlichen Cörper / welche insgemein gelb / bitter und leicht sind / dergleichen Anno 16 -- allhier in der Gallen-Blaße eines Schinders Tochter / so wegen vieler Delicten enthauptet / und nachmahlen offentlich anatomiret wurde / zu sehen ware / und noch biß dato in meinem Museo zu finden sind: haben eine sonderliche Krafft gegen diejenige Gelbsucht / so von dergleichen Steinen herrühret / und kommen in de übrigen Qualitäten mit den jenigen Steinen überein / so in den Gallen-Blasen der alten Ochsen gefunden werden / worvon künfftig soll gehandelt werden.

§. XIII.
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Am allerseltzamsten aber ists / daß auch gantze Kinder in Mutter-Leib zu Stein werden können / dessen man ein curios Exempel in dem Museo Regio Haefniensi Sect. 1. pag. 1. auffgezeichnet findet / allwo ein Foetus humanus Lapidefactus, welchen eine Schneiders-Frau in Franckreich 28. Jahr bey sich getragen hat / zu finden ist / welcher erstlich von einem Parisischen Kauffmann einem Jubilirer zu Venedig und von diesem Anno 1653. dem Großmächtigen König in Dennemarck Friderico III. verkauffet worden / dessen Abbildung auß gedachtem Museo Regio im Anfang dieses Capitels zu sehen ist.
|| [421]

§. XIV.
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Die Menschen-Haut oder CUTIS HUMANA soll die schwere Geburth befördern / von welcher D. I. P. Brum de medicam. ex homine desumtis schön geschrieben hat.

Das II. Capitel.
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Von den Elephanten-Zähnen / auch rohen / und gebrandten Helffen-Bein. Abbildung

§. I.
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DIe Elphanten-Zähne oder DENTES ELEPHANTI sind sehr grosse / lange und dicke Zähne / außwendig gelb und inwendig weiß / deren jeder zu Zeiten zwey Centner wieget / wie dergleichen einer von dem Apothecker Vielheer in Beschreibung frembder Materialien pag. 189. abgerissen und vorgestellet worden / kommen in grosser Quantität auß Ost-Indien / und werden so wohl gantz / als in fragmentis von denen Materialisten geführet.

§. II.
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Gleichwie nun der Löw auß den Klauen erkandt wird / also kan man auß diesen Zähnen allein die ungeheure Grösse dieses Thiers / so ELEPHAS oder Elephant genennet wird / leichtlich ermessen / auß dessen Ober-Kiefen diese Zähne / an beyden Seiten deß Rüssels 8. biß 10. Schuh / und so weit herunter stehen / daß ohne eintzige Beschwerde des Thiers auff jedem ein Mann sitzen [422] kan / wie Ettmüll. in Comment. Schroed. p. 782. berichtet; dergleichen Länge doch die Männlein nur haben sollen / und daran von den Weiblein erkennet werden. Beyde aber seynd wohl 8. biß 10. und mehr Schuh hoch / und von solchem Gewicht / daß ein Elephant mehr Fleisch / als 5. unserer Ochsen haben soll / der grossen und schweren Knochen jetzo nicht zu gedencken / welche theils an dem gantzen Sceleto, so zu Paris nebst dem Theat. Anat. im Königlichen Garten zu sehen / und mir vor 14. Jahren vom Herrn Du Vemey, nebst den grossen Officulis auditus gezeiget worden: Theils an dem Kopff allein / so in der Schneid-Kammer zu Leiden in Holland auffgehänget ist / mit Verwunderung zu sehen / und sind an dem noch lebenden Kopff die Ohren 6. Schuh breit: Ist sonsten ein sehr kluges und artiges Thier / so zu vielen Künsten / als Fahnen schwingen / Reverentz zumachen / Gewehr loß zu schiessen und andern Kriegs-Exercitien kan gewöhnet werden / dergleichen einer in Anno 95. hier gezeiget wurde / von welchem der berühmte Sturmius Seel. zu Althorff Anno 1696. eine schöne Disputation gehalten / worinnen von allen den übrigen Eygenschafften der Elephanten weitläufftig gehandelt wird / worvon Gesnerus, Aldrovandus und andere in den Weltberühmten Thierbüchern zu sehen sind.

§. III.
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Eines nur habe nicht gäntzlich hier vorbey gehen können / wie und welcher Gestalt nehmlich diese sonst wilde und ungeheure Thier gefangen und zahm gemacht werden / welches der Ritters de Chaumont, ehemahliger Königlicher Frantzösicher Ambassadeur im Königreich Siam selbsten gesehen / und in Beschreibung seiner Siamischen Ambassade lib. 1. p. 98. umbständlich also erzehlet hat: Der König / schickte eine Anzahl zahme Elephanten Weiblein in den Wald / worzu sich die wilde Elephanten gesellen / welche mit 30. biß 40000. Mann und vielen Kriegs-Elephanten umbringet / mit grossem Feuer und loßbrennen der Stücken geschrecket / nach und nach gefangen / und alsdann in einer besondern Gruben gebunden und gezähmet werden / biß sie nach 15. Tagen ihren Speißmeister erkennen und demselben in allem pariren. Und dieses ist allein von den Oost-Indischen zuverstehen / indem die jenigen so in AEthiopien und Abnssinen find / gar nicht sollen zahm werden / wie der berühmte Herr Ludolffen in seiner Historiâ AEthiopica bezeuget / doch aber in einer schönen Figur unter Augen leget / wie sie die Frücht auff den Aeckern bewahren, können.

§. IV.
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So grossen Nutzen nun die Elephanten selbsten in Orient / zu Kriegs- und andern Diensten leisten / indem sie grosse / mit gnugsamer Mannschafft besetzte Thürne tragen können: Je grössern Profit ziehet man in Europa von deren Zähnen / welche nicht allein das davon genandte Helffenbein oder EBUR. mittheilen / sondern auch zur Artzney gebrauchet werden / jenes ist entweder an den gantzen Zähnen und wird EBUR INTEGRUM genennet / oder komt in Stücken und Fragmentis; worvon beyderseits die Kunst-Drechsler sehr schöne Galanterien / absonderlich die grosse und kleine Clistier-Pfeiffen (welche die Materialisten auch führen) drehen / auch die Bildhauer / Kammächer und andere Künstler ihre Arbeit machen; dahero in Nürnberg allein Jährlich viel tausend Pfund davon verarbeitet wird / wie der Nürnbergische Materialist Marxius in seiner Material-Kammer pag. 92. versichert. Das beste komt auß Ceylon.

§. V.
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???n der Artzneykunst hat man erstlich das geraspelte Helffenbein oder RASURAM EBORIS welchen / wie das geraspelte Hirsch-Horn zu den Tisanen dienlich / und wegen seines flüchtigen Saltzes gegen alle Fieber / Gelbsucht und andere Leber- und Miltz-Beschwerungen nützlich ist: in welchen Kranckheiten auch das Pulver davon gerühmet wird. Ja es wird auch zuweilen das Helffenbein / wie das Hirsch-Horn durch Außdämpffung mürb gemacht und philosophicè calcinirt / welches in den Apothecken EBUR SINE IGNE genennet wird / dessen Gebrauch mit dem vorigen überein kommt.

§. VI.
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Wann aber das Helffenbein recht calcinirt und gebrannt ist / so wird es EBUR USTUM genennet / welches wieder zweyerley / eines so im offenen Feuer so lang gebrannt wird / biß es weiß außsihet und sonsten SPODIUM ex EBORE heisset / welches auß- und inwendig schön weiß / schwer / mürb und in schönen Schiffern seyn / auch nicht viel kleines haben muß: Hat eine anhaltende Krafft / und wird / wie auch die Trochisci de Spodio gegen alle Bauch- und [423] Blut-Flüß / wie auch das Weise der Weiber gelobet / wann man eslaber in einem zugedeckten Diegel calcinirt / bleib es kohlschwartz / wie D. Hoffmann in Clav. Schroed. pag. 660. zeiget: Auß welchem kleine Küchlein mit Wasser gemacht werden / so den Mahlern dienen und von den Frantzosen Noir de Velour genennet werden. Doch kan man / ehe das Helffenbein auff diese oder jene Weiß calcinirt wird / zu vor das Sal Volatile und den Spiritum davon ziehen / und nach mahlen den Satz oder ??? ferner also calciniren / damit nichts zu ungut komme.

§. VII.
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Man findet auch zuweilen dergleichen grosse Zähne und Beine unter der Erden / welche dem Helffenbein gleich sehen und deßwegen. ???EBUR FOSSILE genennet werden: Sind auß wendig auch gelb und inwendig weiß / und an der Zung gelb / ob aber die Stücker von vergrabenem und in der Erd calcinirtem Helffenbein herrühren / oder auß einer fetten Erden oder Margâ, durch Spiele der Natur also formiret werden / lassen wir die Naturkündiger außmachen: Muß recht mürb auff der Zunge / unleidlich ziehend und schön weiß seyn / wie Marxius c. l. p. 93. berichtet. Es kommet sonsten an seinem Wesen und Tugenden mit dem gegrabenen Einhorn sehr überein / worvon an einem andern Ort gehandelt wird.

§. VIII.
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Letzlich muß man auch den Affen / so sich auff unsern Elephanten oben in der Figur retiriret hat / nicht gar verschmähen / sondern auch dessen mit wenigen gedencken / zumahlen man in demselcen einen sehr herrlichen und kostbahren Stein oder Bezoar so BEZOAR SIMIARUM??? oder Affen-Stein genennet werden könte / finden soll / dessen 6. Gran mehr / als von dem rechten Bezoar ein halb quint thun sollen / weßwegen auch ein Stück mehr dann hundert kostet / wie Tavernier im 2. Buch seiner Reif-Beschreibung pag. 319. berichtet. Diese Steine sind insgemein gantz rund / da der Orientalische Bezoar offt auch länglicht und von andern Figuren ist: Sol auff der Insul Macassar meistens zubekommen seyn / dergleichen zwey HErr Pomet. Frantzösische Materialist zu Paris besitzet / welche Er nebst dem Pedra Poreo vor eine der grösten Curiositäten und Reichthumen in Europa hält / wie aus dem Anhang seines Buchs pag. 2. zusehen ist. Sonsten aber sind die Affen sehr schädliche Thiere / welche die Früchten des Landes sehr ruiniren / wie der obbemeldte Herr Ludolff l. c. Lib. 1. cap. 10. num. 52. zeiget; weßwegen ihm die Einwohner des Lands auch sehr nachstellen / und mit allerhand Listen zu fangen pflegen / welche Mallet im dritten Buch seiner Welt-Beschreibung pag, 77. gar artlich beschrieben und in einem Abriß unter Augen gelegt hat.
|| [424]

Das III. Capitel.
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Von dem Rhinocer- oder Nasen-Horn. Abbildung

§. I.
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DAs Nasen-Horn / oder CORNU RHINOCEROTIS ist ein dickes / dichtes und nicht ausgeholtes Horn / etwa einer Ehlen lang / eusserlich schwartz oder grau / inwendig weißlicht / und schlissig / ohngefehr einer Ehlen lang / aber sehr starck und schweer / und wie ein halber Mond gekrümmet / unten dick und / oben spitz / wie ein groß Ochsenhorn: komt über Holland und Engelland / und gleich wie es vor diesem was sonderliches und seltzames war / wie auß deß Schröden Pharmacop. Lib. V. p. 38. zu schliessen / also ist es dieser Zeit nichts rares mehr / weilen bey allen Materialisten deren Mänge zu haben ist / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 169. schreibet.

§. II.
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Dieses Horn wächset einem srembden Thier auff der Nasen / welches deßwegen selbsten das Nasen-Horn und RHINOCEROS genennet worden: ist in West-Indien zufinden / und soll an seiner Grösse dem Elephanten wenig nachgeben / wiewohlen es viel kürtzere Beine hat / und deßwegen nicht so hoch ist / so streitet es dach mit dem Elephanten / und kan denselben mit seinem Horn / wormit es jenem den Bauch auffritzet / übermeistern deßwegen es auch Elephanten-Meister genennet wird / wiewohlen auch dieser seinen Meister wieder haben soll / dessen Horn in Herrn Nicolai Mus. VVittenb. zu sehen ist / und mit dem Thier von Pareo p. 79. S. S. Majolo, Camerar: AEliano, Schroedero, Gesnero und andern beschrieben wird. Seine Gestalt aber ist recht seltzam und wunderlich / indem es am Kopff den wilden Schweinen gleich siehet / auff ohne dem obbeschrichenen Horn / so es auff der Nasen träget / noch ein anders auff dem Rücken träget / welches doch viel kleiner und nur einer Spannen lang seyn soll / wie Gesnerus in seinem Thier-Buch in derjenigen Figur, so von einem lebendigen Nasen-Horn / welches dem König in Portugal auß Indien nach Lisbon gesendet worden / genommen / und copiret worden / unter Augen leget. Daß es aber an seinem Leib mit vielen harten Schalen bedecket / und wie mit einem Harnisch versehen sey / wie nicht allein einige Materialisten und Apothecker / als Pome??? in Histor. Simplic. lib. 1. c. 8. p. 26. und Vielheuer in Beschreibung srembder Materialien pag. 175. sondern auch einige Gelährte wohl schreiben dörffen / ist ein bloß erdichtetes Mäbrlein; welches daher mag entstanden seyn / weilen die Haut dieses Thiers (so wie des Elephanten Haut schwartzgrau und ohne Haar ist) in den Seiten und auff dem Rücken viel tieffe Runtzeln hat / welche die Mahler und Kupfferstecher durch solche Muschelformige Schattirung abbilden wollen; wie aus obiger Fig. zu sehen ist: Daher andere vermeynet es wären dergleichen harte Schalen und Pantzer / wie solche Irrthumb schon längsten von dem Curiosen VVormio pag. 336. seines Musei aus Jacobo Bontio, einem Indianischen Natur- und Geschicht-Beschreiber entdecket worden.

§. III.
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Gleiche Bewandtnuß hat es mit derjenigen Meynung / welche mit dem AEliano glauben / daß alle Nasen-Hörner Männliches Geschlechts wären / auch nicht / wie andere Thiere durch Beywohnung beyderley Geschlechtes fortgepflantzet werden; dann ob man schon nirgends eigentlich beschrieben findet / wie sich diese Thiere beywohnen / und wie sie ihre Jungen erziehen; so streitet doch dieses wider die [425] gantze Natur / in welcher auch das kleine sie Ungezieffer nicht anderst / als durch beyderley Geschlechte fortgezielet wird / wie Franciscus Redi, ein gelährter Itali???ner längstens in dem schönen Büchlein Von Erzeugung der Ungezieffern erwiesen hat. Wer wolte nun glauben / daß ein solches ungeheures grosses Thier sich anderst vermehre? zugeschweigen daß solche Meynung der H. Schrifft zuwider / auch Plinius schon lib. 10. ???. 36. von des Nasen-Horns Zeugung einige Meldung gethan / wie Ulysses Aldrovandus in seinem Thier-Buch De Quadrup. Bisulcis lib. 1. pag. 366. in acht genommen / welcher auch unterschiedliche Species dieses Thiers erzehlet / so entweder von dem Unterscheid der Länder / oder der beyden Hörner genommen werden / welche entweder alle beyde auff der Nasen / oder nur eins auff der Nasen und das ander auff dem Rücken stehen soll / wie an gemeldtem Ort mit mehrerm zu sehen ist.

§. 4.
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Die Kräfften dieses Horns kommen mit dem Einhorn sehr überein / welchem es zuweilen auch substituiret und an dessen Stell gebrauchet wird / wie Zacutus Lusit. lib. 4. Med. Princip. Hist. 51. bezeuget; Und gleichwie nicht zu zweiffeln / daß es / wie das Hirsch-Horn und dergleichen vieles flüchtiges Saltz in sich halte; so ist wohl zu glauben / daß in Ansehen dessen es den Schweiß treibe / und wie man schreibet allem Gifft / und gifftigen ansteckenden Fiebern zuwider seye und dieselbige vertreibe: Es werde entweder schlechter Dings geraspelt oder gestossen eingenommen / oder auff eine andere Manier gebrauchet; Sintemahl auch ein kostbahres Wasser darvon destilliret und eine Essenz davon kan gemachet werden / wie auß des Fabri und Bartholeti Schrifften Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 796. geschrieben. So werden auch Becher und Schalen darauß gedrehet / dergleichen Wormius in Mus. pag. 381. eine beschrieben / wormit sich einige / wann sie darauß trincken / vor allem Gifft zu praeserviren suchen / allwo doch der Glaube das beste thun muß.

§. 5.
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Im übrigen hat man auch einen grossen Vogel / so ein Horn auff der Nasen träget / und deßwegen AVIS RHINOCEROS genennet wird: Ist in Mich. Rup. Besleri Gazophylacio schön beschrieben / worinnen auch der Schnabel mit dem Horn abgemahlet / welche beyde zu Franckfurt am Mayn in des Herrn Bansoe, berühmten Materialisten / Officin in Natura zu sehen sind.

§. 6.
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Endlich soll sich auch ein dergleichen Fisch finden / so PISCIS RHINOCEROS heisset / und von Caspar Ensen, einem berühmten Portugiesen Lib. 2. Hist. Ind. Occid. beschrieben worden: Wird aber / wie der vorige Vogel in der Artzney nicht gebraucht.
|| [426]

Das IV. Capitel.
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Von den Cameel-Haaren und Salarmoniac. Abbildung

§. 1.
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SO grossen Nutzen das Cameel-Thier oder CAMELUS seinem Herrn in der Haußhaltung leistet / indem es sehr wol zu halten und bey seiner schweren Arbeit zur Zeit der Noth lang Hunger und Durst leyden kan: So wenig haben sich die Materialisten und Doctores dessen zuerfreuen / nachdem man fast gar nichts darvon in denen Material-Kam̅ern und Apothecken findet / ausser daß an einigen Orten die Cameel-Haaren auch von den Materialisten geführet werden / welche zu kostbahren Zeugen und Hüten gesuchet / und wann sie vom Rücken des Thiers genommen / auch wenig weise Haar in sich haben / vor die beste gehalten werden / wie Pome??? in seiner Histoire des Drogues part. 2. lib. 1. p. 28 schreibet Weilen aber hier zu Land solche von andern Handelsleuten geführet werden / so hat man nicht nöthig sich darbey auffzuhalten / viel weniger das Cameel-Thier selbsten weitläufftig zubeschreiben / welches theils so rar nicht ist / theils von Gesnero, Aldrovando, Bocharto und andern gnugsam beschrieben worden.

§. 2.
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Eines nur allhier noch zugedencken / so ist auß den alten Schrifften bekandt / daß man insgemein davor gehalten / wie daß der gegrabene oder natürliche Salarmoniac, Salmiac oder SAL AMMONIACUM NATIVUM in Lybien oder Arabien von dem Urin der Cameelen in dem heissen Sand / durch die Sonnen-Strahlen gekochet und gezeuget werde / wann nemlich allda die Pilgrim und Kauffleute auf ihren Caravanen ruheten / wie Marxius in der Teutschen Material-Kammer pag. 188. schreibet / auch Pom???t in obgesetzter Figur unter Augen leget / welcher sich flattiret dergleichen Salarmoniac von Monsr. Tournefort bekommen zu haben. Nun ist zwar nicht ohne / daß Plinius lib. 12. c. 3. deß ??? nativi Meldung gethan / auch vor diesem ein dergleiches Saltz daher möge kommen seyn: Ob es aber also vom Urin der Cameelen gezeuget werde / ist noch nicht gnugsam probiret worden / und scheinet vielmehr / daß dasselbige Saltz mehrer Gemeinschafft mit dem ??? gemmae, als mit unserm Salarmoniac gehabt habe / wie solches auß den nechst vorhergehenden und folgenden Worten bey dem Plinio nicht unglaublich von dem jungen Herrn D. Wedelin Disp. Inaug. de Sale Ammoniaco p. 7. geschlossen wird. Solte aber der Cameel-Urin etwas darzu contribuirt haben / hätte eher ein ??? oder Salpeter wie bey uns / darauß entstehen könne̅ Zum wenigste̅ ist gewiß / daß man heut zu Tag von diesem Arabischen und natürlichen ??? nichts mehr weiß und kein Splitter in den Apothecken und Material-Kammern gefunden werde / wie Schroederus Pharm. Med. Chym. lib. 3. c. 25. p. 146. auch alle Materialisten gestehen.

§. 3.
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Indessen ist doch nicht gäntzlich zu läugnen / daß sich auch an andern Orten heut zu Tag noch ein natürlicher Salarmoniac finde / indem nicht allein der Berg AEtna in Sic???en dergleichen Saltz / so bald weiß / bald gelb außwirffet / wie Bocconius aux Recherches & observ. Naturell. [427] p. 47. 247. bezeuget / sondern auch dergleichen bey ???uozzolo nicht weit von dem Vesuvio in Italien häuffig gefunden wird / dessen Fracassatus Dissert. de Ling. Epist. Anatom. ad Malpigh. pag. 145. gedacht / und mir erstlich von Herr D. Schellhass, vornehmen Cammer-Medico zu Wetzflar / und noch kürtzlich von Herrn Lic. Kneuseln auß Franckfurt ein Prob mitgetheilet worden. Dieses Saltz komt in allem mit unserm gemeinen Salarmoniac überein und gibt ein viel stärckern ??? Urinosum als dieses / weßwegen es einige flores ??? nativos: Einige aber gar flor. ??? nat. nennen / weilen es etwas Schweffel in sich hält und deßwegen gelb außsihet / wie die flor. ??? Wäre zu wünschen daß man solches herauß bringen liesse und einen Raum in den Apothecken und Material-Kammern gönnete.

§. 4.
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Weilen aber auch dergleichen bey uns nicht zu haben ist / als wird aller Orthen der gemachte Salarmoniac oder SAL AMMONIACUM FACTITIUM gebrauchet / welches ein streiffiges / bitteres und scharffes Saltz ist / und auß Urin / Kühnruß und gemeinem Küchen Saltz gemachet / in runden Scheiben wie ein Kroppen Deckel / gegossen oder sublimirt und also hin und wieder verführet wird: kommt meistens von Venedig und Antwerpen / wiewohlen jenes vor besser gehalten wird / wie Schraderus. l. c. schon erinnert hat.

§. 5.
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Wie solches zubereitet werde / lehret Hoffmannus in Clavi p. 349. Sie nehmen fünff Theil Urin / ein Theil gemein Saltz und einen halben Theil Kühnruß / kochens zu einer mas???, sublimiren es nachmahlen zu ??? Nun sind zwar einige / welche vorgeben / man nehme entweder den Urin auß gemeinen Rinnen zu Venedig / oder auch von Krancken auß den Hospitälern darzu: Allein viel gemeldter Au???hor zeiget / daß solches gantz falsch sey / indem man nur frischen und gesunden Urin darzu n???hme / weilen der schon faulend- und stinckende sich nicht mit dem andern einkochen lässet / weilen wie bekandt / sein ??? vol. (woran am meisten gelegen) so balden weg fleugt / welches dem frischen ??? besser einverleibet ist.

§. 6.
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Der beste ist / welcher recht trucken / schön weiß / mitten und inwendig schön klar / hellpissicht / un̅ nicht schwartz ist / auch nicht viel Grund hat / wie Schurzius in seiner Material Kammer p. 81. redet. Welcher hergegen fetticht außwendig so wol oben als untensch wartz / inwendig aber grau / schwartzlicht und so durchsichtig wie eine Maur von sechs Schuhen ist / tauget im Grund nichts / wie Pomet ??? zeiget. Der Salmiac in Scheiben / ist besser als in Glocken / Marxius l. c. p. 188. Je grössern und pene???tern Geruch er erwecket / wann man ein wenig in der Hand mit lebendigem Kalck oder Potasche reibet / je besser ist er.

§ 7.
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Dem Nutzen un̅ Gebrauch nach ist der Salmiac ein sehr nutzbares Saltz / dessen sich nicht allein die Färber / Goldschmiede / Rothgiesser / Nadeler un̅ andere Künstler zu ihren Arbeiten / sondern auch die Medici sehr bedienen / indem es eine sehr eröffnende / auff- und ablösende Krafft hat / und deßwege̅ in allen von eine̅ verschleimte̅ Magen un̅ Gekrüß herrührenden Kranckheiten / als allerhand Wechsel-Fiebern / Abnehme̅ / Hectica und dergleichen vortrefflich ist / auch äusserlichen gegen die Bräun in Gurgelwassern / und in den Flecken und Fellen der Augen sehr gut thut / worgegen die Augen- und Wund-Aertzte das blaue Wasser oder ??? sapphirinam davon mache̅. So treibet es auch den Schweiß / absonderlich / wann es durch ein andern Alcali auffgelöset und das ??? vol. entweder in flores sublimiret oder der so treffliche SPIRITUS SALIS AMMONIACI darvon destilliret wird / welcher nichts anderst / als der ??? urinae ist / und eine sehr durchdringende Gewalt hat / womit er alles geronnene und gestäckte Geb???üt kräfftig zertheilen / die Nerven und Lebens-Geister stärcken / den Schweiß befördern und also gegenden Schlag / Gicht und Lähmigkeit / Scharbock / Fieber / ja die Pest selbste̅ ein vortrefflich Mittel ist; welcher auch ausserlich an die Naß gehalte̅ die mit dem Schlag / schweren Noth und Mutterstickungen befallene ermundern / auch mit des Gl???uberi Instrument / äusserlich den weiblichen Gliedern ap???iciret / die menses befördert; und kan man auch auß dessen Capite mortuo noch das SAL HYPOCHONDRIACUM elixic ren / von welchem und andern Praeparatis Ettmüllerus in Comm???nt. Schroed. Chym. Experim. Colleg. Ludov und andern Orten weitläufftig und gründlich handelt.

§. 8.
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Was dieses Saltz in der Chymi??? und Alchymie vor eine wunderliche Krafft habe / ist auch denjenigen bekant / welche nur ein wenig in die Kohlen gegriffen haben / indem er auch das Gold selbsten aufflösen kan / wann man es mit ??? dem ??? versetzet und also das AQUAM REGIAM darauß machet. Ja es ist so kräfftig und flüchtig / daß es auch die Tinct ren auß Stein und Metallen mit sich in die Höhe schwinget / und deßwegen von Basilio Valentiund andern Aquila Coelestis und der weise Adler genen̅et wird; dahero dann seine flores recht übergehen / wann ihnen entweder rothe Corallen / der B???utstein oder das ??? zugesellet wird / sublimiret man aber den ??? mit der Terra ??? dulc bekomt man das so berühmte SULPHUR ??? ANODYNUM. Vermischt man es mit Grünspan oder AEre viridi und sublimiret es / gehet das E??? Helmontii über / welches vom Boyleo so sehr gegen die so genandte doppelte Glieder oder Rhachiridem gerühmet wird: Von andern höhern und noch geheimern Laboribus anjetzo nichts weiter zugedencken.
|| [428]

Das V. Capitel.
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Von den Elends-Klauen und Elend-Leder. Abbildung

§. 1.
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DIe Elendsklauen oder UNGULAE ALCIS sind braune Klauen von den hindersten Füssen des so genandten Elend-Thiers / so den Hirschklauen nicht sehr ungleich sind / und benebens den Füssen auß Lappland / Schweden und Norwegen gebracht werden / allwo dieses Thier am meisten gefunden wird; wiewohlen solches vor diesem auch im Schwartzwald soll gelebet haben / daher das jenige sehr grosse Elend-Gewicht / so einsmahls bey Durlach im Alt-Rhein gefunden worden / und in des Durchl. Marggraffen von Baaden Bibliotheck zu sehen ist / mag gekommen seyn / wie der berühmte Theologus Herr D. Ma???us ehemahliger Hoff-Prediger zu Durlach / jetzo Professor allhier in seiner Historiâ Animalium bezeuget.

§. 2.
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Dieses Elendthier oder ALCE wird nicht auff einerley Weiß von allen beschrieben / sondern von einigen als Julio C???sare an der Grösse den Geissen / von andern aber / als Plinius den Eseln verglichen: Welche beyderseits doch solches vielleicht mehr von hören sagen als auß dem Augenschein beschrieben haben: Weßwegen man sicherer gehet / wann man sich an diejenige hält / welche in den Mitternächtigen Orten selbsten gewohnet und das Thier gesehen haben / unter welche Olaus Mognus, Goebe???us und andere zu rechnen sind / welche beye versichern / daß das Elendthier ein ziemlich Theil grösser als ein Hirsch / und fast wie ein Pferd mit einem breiten Gewicht / anzusehen sey; weßwegen es auch von einigen CAEUICERVUS, von andern aber ANIMAL MAGNUM oder das grosse Thier genennet un̅ unter diesem Namen vom Andrea Baccio, einem Römischen Medico, in einem eigenen Buch de Bestia Magna weitläufftig beschrieben worden.

§. 3.
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Im übrigen lieset man sehr viel von der wunderlichen Natur und Eygenschafft dieses Thiers / als daß es sich nicht auffrichten könne / wann es einmal niedergefallen / weilen es kein Gelänck in den Beinen habe Item / daß es sehr offt mit der schweren Noth beladen sey / und wann es alsdann den lincken hinder Fuß in die Ohren stecke / so balden darvon befreyet werde; weßwegen derselbe Fuß auch eine so vortreffliche Krafft habe / die schwere Noth oder fallende Sucht an den Menschen zu curiren / und was deß Zeugs mehr ist. Allein alle diese Erzchlungen sind vor blosse Fabeln und Mährlein zu halten / indem der obbemeldte Olaus Magnus in seiner Historiâ Septentrionalium bezeuget / daß das Clendthier ein sehr geschwindes und schnelles Thier seye / welches in Tag und Nacht etlich hundert Italiänische Meil lauffen könne. Wer wolte nun glauben / daß solches mit so steiffen Füssen geschehen könne? Dergleichen sie vor diesem auch dem Elephant zugeschrieben / welcher sich doch mit den Knien verneigen kan / wie An. 1695. hier in Giessen an einem Elephanten selbsten gesehen habe: Und wie könte sich das arme Thier / so es nach Vorgeben mit der schweren Noth so offt überfallen würde / helffen und wieder auffkommen / wann es sich nicht wieder ausfrichten könte / so es einmahl nieder gefallen? solte es dann allzeit liegen bleiben? wie könte es den lincken Fuß bey das Ohr bringen? wiewohlen auch dieses und was von seiner fallenden Sucht vorgegeben wird alles [429] falsch und ein pur lauter erdichtes Mährlein ist / indem diejenige / denen die Natur dieser Krauckheit bewust ist / leicht judiciren können / daß in derselbigen ein unvernünfftiges Thier so viel Krafft und Witz nicht habe / sich also zu helffen / welches einem Menschen / so damit behafftet ohnmöglich ist: Auch Goebelius, welcher das Thier selbsten gesehen und ein gantz Buch davon geschrieben / bezeuget / daß es ein frisch und gesundes Thier sey. Weßwegen ich mich nicht gnug verwundern kan / daß nicht allein die gemeine Leuth / sondern auch die berühmteste und sonsten sehr Gelahrte Scribe???ten / so von den Thieren geschrieben / als Gesn???rus, Aldrovandus, Jonstonus, ja der curiose Wormius (so doch zu Copenhagen in den Mitternächtigen Ländern gelehrt hat) diesem Altvätterlichen Aberglauben Statt und Raum in ihren herrlichen und kostbahren Büchern gegeben haben / welche doch mit der Warheit und täglichen Erfahrung gantz und gar nicht überein kommen / es mag auch Baccius solche zu bemänteln und zubescheinen suchen wie er will. Wobey annoch die Herrn Geistliche und junge Prediger will erinnert haben / daß sie sich künfftig vorsehen / solche Lügen und Mährlein auf die Cantzel zu bringen / und wie Franzius in seiner Hist. Anim. gethan / die streitende und / geängstete Kirch mit diesem (scil.) so miserablen Thier zuvergleichen oder andere Geheimnüsse / als Christi Leyden / Sterben und Aufferstehen mit dem Pelican, Phoenice und dergleichen erdichteten Vögeln zuerklähre̅; sintemahl solche Glaubens-Articul gnugsam in Gottes Wort gegründet und mit dergleichen Lügen bekleistert zu werden nicht vonnöthen haben.

§. 4.
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Hierauß nun ist leicht zu schliessen / daß man sich so sehr nicht zubekümmern habe / welche Klauen zu erwehlen seyen? ob sie von dem rechten Hinter-Fuß zunehmen / wie Schroederus und dessen Außleger D. Hoffmannus wollen / oder von dem lincken Hinderfuß zuschneiden seye / wie Pomet und Marxius in ihren Material-Kammern und vielmehr in Beschreibung frembder Materialien vorgeben / indem alle beyde von D. Ettmiillern zugelassen worden. Ob aber auch diese einen Vorzug vor den Förderfüssen haben und die Frucht des Thiers allein darin schlage / wie gedachter Author schliessen will / lasse an seinem Orth beruhen / und halte ich zum wenigsten eine so gut als die andere / wann sie nur auffrichtig und recht / und keine Hirsch-Klauen (welche die Landfahrer dafür verkausfen) sind / so meistens an den Haaren der Füssen zuerkennen / welche deßwegen mit kommen. Sie müssen auch nicht Wurmstichicht / sondern noch gantz / dicht / braunschwartz und gläntzend seyn / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues lib. 1. pag. 24. berichtet.

§. 5.
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Die Wirckung rühret von dessen flüchtigen Saltz her / in Ansehen dessen es in der schweren Noth freylich nicht undienlich seyn kan / es werde nun die Rasura, ???. vol. Essentia davon innerlich genomme̅ / oder Ringe oder Amuleten davon äusserlich gebrauchet / worzu solches von den Ringdreher und Perlemutterschneider zu Nürnberg sehr auffgesuchet wird / wie Marxius in seiner Material-Kammer p. 217. berichtet.

§. 6.
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Gleiche Kräfften werden auch dem Gewicht oder CORNU ALCIS zugeschrieben / welches / wie das Hirsch- und Einhorn auch gegen die Blattern und Röteln der Kinder und andere gifftige Kranckheiten dienet / wie Hoffmann in Clav. Schr. p. 641. zeiget.

§. 7.
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Ob das Elend-Leder oder CORIUM ALCIS auch dergleichen Kräfften gegen den Krampff / wie die Ringe haben? überlasse fernerer Erfahrung / wird sonsten wegen seiner Stärcke und Dicke zu Kollern und Handschuh vornehmer Herren gebrauchet und auch theur bezahlt.
|| [430]

Das VI. Capitel.
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Von dem rohen-gebrandten- und präparirtem Hirsch-Horn / Hirsch-Kreutzlein / Hirsch-Brunst und der gleichen. Abbildung

§. I.
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VOn den Hirschen kommen so viel Artzneyen zur Apotheck und Material-Kammer / daß Pomet denselben eine Welt voll Artzneyen und menschlicher Bequämlichkeiten (un monde de remedes, de commoditez & d' avantages pour l' homme) genennet; welches die Weltberühmte Dreßdischen Kunst-Kammer im Werck selbsten unter Augen legen kan / allwo in dem letztern Gemach ein auß gebrandt Hirsch-Horn gemachtes Cabinet zusehen / in welchem so viele Praeparata, so von den Hirschen herrühren / auffbehalten werden / daß es ein eigene Apotheck abgeben könte; welches D. Johan. Adolff Torcken Anlaß gegeben seine Inaugural Disputation. De Cervo ejusque partibus in Medicina usualibus zu schreiben / worinnen dieses sonst gnugsam bekandtes Thier also beschrieben worden / daß es ohnnöthig hier viel Wesens davon zu machen / zumahlen auch schon zuvor D. Graba ein gelahrtes Mit-Glied der Käyserl. Academiae Nat. Cur. in Teutschland in seiner Elaphographiâ Curiosâ weitläufftig davon gehandlet hat; weßwegen ich auch von einigen gemeinen Theilen des Hirsches als dem Hirsch-Unschlitt / MEDULLA und PRIAPO Cervi gar nichts melden will.

§. II.
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Jetzo nur derjenigen Stücken / so in den Material-Kammern insgemein darvon gefunden werden / mit wenigem zugedencken / ist erstlich das bekandte Hirsch-Geweyhe oder CORNU CERVI zu vielen Sachen sehr dienlich / welches nach Unterscheid der Tann-Spieß- und gemeinen Hirschen entweder breit / einfach oder zackicht ist / und spielet die Natur auch an den Zacken so vielfältig / daß man ein gantz Museum damit anfüllen könte; wie dan das Hochfürstl. Hessen-Darmstättische Schloß Merlau bey Grumberg in allen Gemächern mit dergleichen raren / seltzamen und sehr wunderlichen Hirsch-Geweyhen also angefüllte und außgezieret ist / daß es vor eine dergleichen Kunst- und Naturalien-Kam̅er wohl passiren könte: und kan man solche auch in dem benachbahrten Hochfl. Dillenburgischen Thier-Garten an den lebendigen Thieren sehen. In der Artzney aber werden diejenige / welche die Hirsche von sich selbsten abwerffen / vor die beste gehalten / welche mehr von dem flüchtigen Saltz oder ???. vol. in sich halten in Ansehen dessen es so ein vortrefflich Schweiß- und Giffttreibende Krafft in sich hat / und gegen die ansteckende Seuchen / Flecken-Fieber / Blattern und Masen dienet / wann es auch nur ins Getränck geleget wird / weßwegen auch die RASURA CORNU CERVI oder geraspelt Hirsch-Horn bey denen Materialisten zu finden ist; wiewohlen man am sichersten gehet / wan man es in seiner Gegenwart raspeln lässet / indem es wohl mit geraspelt Ochsen-Horn verfälschet wird / wie obbemelter Pomet in seiner Histoire des Drog. Part. 2. lib. 1. p. 35. nicht in Abred ist.
|| [431]

§. III.
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Unter dessen Praeparatis ist das philosophisch calcinirte Hirsch-Horn oder CORNU CERVI PHILOSOPHICI CALCINATUM sehr berühmt / und wird auff zweyerley Weiß gemacht / I. Wann man die Spitzen von den Hirschgewichten durch bohret / einfädemt und wan man die Wässer destilliret / oben in den Helm hänget / welches ohnvergleichlich besser wird / wan man es bey Destillirung der Scharbocks-Kräuter / als Cochlear. Nast. &c. einhänget / daß sich deren flüchtige Saltz mit dem CC. vereinige. 2. Wann man das CC. nur so lang in Wasser sieden lässet / biß es mürb gnug ist; da man zugleich die Hirschgallred oder GELATINAM CORNU CERVI auß dem Wasser bringen kan / welche auch offt verschriebë wird. Beyde also calcinirte CC. sine ???. haben noch etwas ???. vol. und sind deßwegen viel kräfftiger / als das Gebrand Hirsch-Horn oder CC. USTUM wo das vortreffliche flüchtige Saltz verlohren gehet / es seye dann Sach / daß man zuvor das SAL VOLAT. CC. darvon sublimire und nachmahlen das Caput mortuum vollends weiß brenne; über welches auch das ???. vol. mit etwas spir. vin. noch einmahl überzogen werden kan / daß es recht weiß werde; worbey dan der SPIRITUS und ??? CC. zugleich mit übergehen / worauß mit dem ??? vol. CC. und ???. vol. succim der LIQUOR CC. succinatus bereitet wird: Wan man aber die noch junge / weiche und beltzichte Hirschkolben destill ret / bekompt man das Hirschkolb-Wasser oder ??? è TYPHIS CERVI, welches unter die Hertzstärckende Mittel gerechnet wird / auch wie obige praeparata gegen alle gifftige ansteckende Seuchen dienen kan.

§. IV.
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Nechst dem CC. findet man auch bey einigen Materialisten die Hirtz-Zahren oder LACHRYMAS CERVI welche in den Augen-Winckel / wie kleine Bezoar Stein wachsen und erharten / und weilen ihnen auch dergleichen Kräfften zugeschrieben werden / von verschiedenen vor den rechten Bezoar außgegeben worden / deren Abriß oben bey dem Kupfferstück zusehen ist. Weilen aber Ludovicus, Ettmüllerus und andere / solche nicht viel aestimiren und vor ein bloses excrement halten; so gehet man sicherer / wan man in ansteckenden Kranckheiten die Hirschkugeln oder BEZOAR CERVINUM welche wie der occidentalische Bezoar in deren Magen oder Gedärme der Hirschen wachsen / gebraucht / dergleichen Stein / einer Faust groß ohnlängst bey einem guten Freund gesehen / welcher äuserlich weißgelb auzusehen und auß vielen überein ander gewachsenen Blättlein / wie die Bezoar-Stein / zusammen gesetzt war.

§. V.
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Ferner gehören auch die so genandte Hirtzkreutzlem oder OSSA DE CORDE CERVI zu denen Materialien / welche in dem Hertzen der alten Hirschen gefunden werden / auß den erhärtenden fibris oder Fäserle in / welche oben umd die grosse Pulß-Ader gesetzet sind / bestehen / und wann solche zu Knorbel oder endlich gar zu Bein werden / wie ein Kreutzgen anzusehen sind / wie solche vom Ulysse Aldrovando in Hist. Quadrup. und Paralipom. abgerissen und beschrieben sind; kommen meistens auß Italien / und werden nach dem 1000. verkaufft / wie Schutzius in seiner Material-Kammer pag. 67 berichtet. Sie müssen schön weiß und nicht gar zu groß seyn / sonsten leicht der Verdacht dar auff kommen kan / daß sie von alten Ochsen herrühren / in welchen dergleichen Beinlein auch zu finden / wormit die Hirschkreutzlein verfälschet / und dahero zweyerley Sorten davon in den Material-Kammern gefunden werden / nemlich die rechte oder ossa de corde cervi vera und die falsche oder ossa de CC. spuria: werden vor eine Hertzstärckung und Bezoardisches Mittel geachtet / wie solches vor diesem auff hiesiger Universität in einer von D. Adami hier gehaltenen Disp. Inaugurali de osse Cordis Cervi weitläufftig abgehandelt worden.

§. VI.
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Ob endlich diejenige Schwämme / welche insgemein Hirschbrunst oder BOLETI CERVINI genennet werden / auch hieher zusetzen seyen / zweiffeln nicht unbillich einige gelahrte Naturkündiger / indem diese Gewächse auch an denjenigen Orthen gefunden werden / wo niemahlen kein Hirsch hingekommen: und derowegen gantz falsch ist / daß sie auß der Hirschen Saamen / welcher ihnen zur Zeit der Brunst entfallen / entstehen / wie Jordanus beym Ulyss. Aldrovando lib. 1. de Quadrup. p. 346. und Cordus in des Wormii Mus. pag 138. auch andere von D. Hoffmann in Clav. Schr. l. 4. Sect. 11. angeführte DD. erwiesen. Sind sonsten runde / schwartze und harte Schwämme / außwendig wie Leder anzusehen / und inwendig aber mit einem schwartzë Staub angefüllet / womit einige den Schlagbalsam schwartz färben; daß sie aber die Geilheit so sehr erregen solten / fundiret sich auf obigen falschen Wahn und vorgefaste Meynung / und kan man mit Grund der Warheit ihn nichts anderst beylegen / als daß sie / wie alle andere Schwämme etwas auffblähen / Wind im Leib erregen und dadurch zuweilen auch die Geburths-Glieder aufftreiben.
|| [432]

Das VII. Capitel.
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Von der Ochsengall und deren Stein / wie auch Spanischer / Venedischer und gemeiner Seiffen. Abbildung

§. I.
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DEmnach man in denen Apothecken auch einige Medicamenten / so von den Ochsen herrührë / absonderlich die auffgedörrete Ochsengall und den Stein / so sich zuweilen in deren Gallen-Blaß findet / zum nöthigen Gebrauch auffhebet / so muß man derselben hier auch nicht gantz un̅ gar vergessen. Weilen aber solche / wie alles andere zahme Rind-Vieh / so bekandt sind / daß es lächerlich scheinen dörffte / wann man derselben Gestalt und Natur weitläufftig beschreiben wolte; So hab an deren Stell dem curiosen und gelährtë Leser hiermit den Abriß eines Ost-Indianischen Büffel-Ochsen oder BUBALI INDICI mittheilen / und wie derselbe mir ohnlängst von Herrn Vito, Materialisten in Wormbs (welcher ihn aus Ost-Indien mit gebracht) vergönnt worden / hier bey setzen wollen; zumahlen in den alten Thier-Büchern diese sonsten wilde Ochsen nit recht deutlich beschrieben worden / und deßwegen von einigen der neuren Scribenten offt mit den Aur-Ochsen und andern confund ret worden / wie Joh. Faber ein Collegio der Lynceorum zu Rom in seinen Anmerckungen über des Nardi Hist. Animal. Nov. Hisp. p. 894 in acht genommen hat. Der gröste Unterscheid / woran sie von unsern zahmen und andern wilden Ochsen zuerkennen sind / ist von den Hörnern zunehmen / welche gantz hinterwarts gebogen un̅ gleichsam auff dem Nacken ligen / wie auß der Figur zuersehen: dahero sie auch damit so keinen Schaden thun können / wie unsere Farren / welche mit ihren spitzen und in die Höhe gestelten Hörnern offters denen Menschë den Bauch auffreissen / daß das Netz und Gedärm herauß hanget / wie solches vor diesem einer mir verwandten Matron in der Pfaltz widerfahren ist. Doch sollen die Büffel-Ochsen auch sich damit zuwehren suchen / am meisten aber mit den Füssen und Stampffen schaden / von derë Kutten und Ungula sich einige Ringe gegen den Krampff machen lassen / wie Schroed. und Hoffmann in Clav. Schr. l. 644. schreiben. Von den Weible in aber wird geschrieben / daß deren vulva oder Gebuhrts Glieder wie Bisam riechen und deßwegen auch von den Außländischen unter die wohlriechende Salben gemischet würde / wie Thomas Bartholinus Cent. 1. Epist. Med. 49. berichtet.

§. II.
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Unsere Ochsen belangend / so will anjetzo nicht viel von denjenigen Knorbel-Beinlein / so in dessen Hertz (absonderlich der gar alten) ge [433] funden wird / allhier melden / indem ohne das einige betrügliche Materialisten und Apothecker solches mißbrauchen und vor das Os de corde cerni oder so genandte Hirsch-Kreutzlein verkauffen / wie Pomet in seiner Histoire des Drognes lib. 1. p. 32. selbsten gestehet. So ist auch nicht vonnöthen die Ochsen-Gall oder FEL TAURI INSPISSATUM weitläufftig nebst dem PRIAPO TAURI zubeschreiben / welche allen Metzgern bekandt und von denselben gnugsam zubekommen ist. Nur wird nicht ohne Nutzen / auch dem geweigten Leser nicht mißvergnüglich seyn / wann man des Gallen-Steins / so offters bey den Ochsen gefunden und von einigen BEZORA BOVINUM genennet wird / noch mit wenigen gedencken darff / welches ein sehr leichter und schwämmichter Stein ist / in- und auß wendig dunckelgelb / bitter / und von unterschiedlicher Grösse / indem solcher nicht allein in der Grösse einer Kocher-Erbß / wie D. Majorin Anat. Chilon fol. 9. schreibet / sondern noch viel grösser / wie ein Tauben oder Hüner-Ey gefunden und offt über 4. Loht schwer gesehen wird / dergleichen ich ohnlängst bey Herzn D. Spenern / p. 1. berühmten Medico in Berlin gesehen / auch selbsten in Handen hab: Muß recht trucken und hoch an der Farb seyn.

§. III.
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Dem Gebrauch nach haben diese Steine eine vortreffliche Krafft die Gelbsucht zu curiren / absonderlich diejenige / so von Steinen herrühret: Und weilen sie vieles flüchtiges Saltz in sich führen / ist nicht zu zweiffeln / daß sie nicht weniger als der rechte Bezoar gegen die Fieber vermögen / ja gar dem so hoch gehaltenen pedra porcas substituiret werden können / wie solches in meinen Polychrestis Exot. Disp. 3. p. 44. mit mehrerin gewiesen hab. Und weilen sie auch eusserlich Niesen machen und diejenige / so von der fallenden Sucht angefochten sind / ermuntern können / so ist nicht wunder / daß die Türcken und Juden diesem Stein so sehr nachtrachten und fast keinen Ochsen schlachten / worinnen sie denselben nicht auffsuchen solten: Wäre auch zuwünschen / daß die Schlächter in Teutschland / wo so viele Ungarische Ochsen herhalten müssen / fleissiger darnach sehen thäten / zumahlen diese Steine auch zur Mignatur-Arbeit in der Mahlerey / wie gummi guttae soll gebrauchet werden können / wie Pomet l. c. p. 32. berichtet.

§. IV.
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Auß dem Unschlitt oder SEBO BUVINO machet man die Seiffen / wiewohlen diese auch auß schlechtem Oehl mit starcker laugen und Pottasche gesotten werden kan / als die Schwartze Schmer-Seiffen / welche doch wegen ihres Gestancks nur vor arme und karge Leuth gemacht wird. Die harte und gute Seiffe hergegen wirdtheils bey uns gemacht / theils auß Spanien und Venedig herauß gebracht. Diese letztere oder SAPO VENETUS hat wieder verschiedene Sorten / welche mit verschiedenen Zeichen bemärcket sind / unter welchen man hier zu Land die Mond-Seiffen / anderstwo aber die / mit der Bärnklauen bezeichnetist / vor die beste hält / wie Schurz. p. 105. und Marxius p. 185. ihren Material-Kammern schreiben. Die beste ist / so recht hart und trucken und schön Marbrirt ist / wie Pomet lib. 7. p. 244. darvon weiter handelt.

§. V.
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Die Artund Weiß / wie die Seiffen gemacht wird / lassen die Seiffensieder nicht gern kund werden. Weilen es aber eine sehr nützliche und profitable Wissenschafft ist / will sie allen guten Haußmüttern zum besten hiermit mittheilen: Seiffen-Recept. Erstlich nehme man 7. Mesten gute und wohl gesiebte Aschen / kehre sie auff einen Hauffen / in welchen eine tieffe Grube mache. 2. Nehme 2. Mesten guten und frischen ungelöschten Kalck / thue ihn mit einer Schuppen in die Grube / und besprenge ihn / und so offt man eine schüppe voll hinein thut mit Wasser / schlage denselben mit der Asche dicht zu / absonderlich an dem ort / wo der Dampff herauß brechen will. Wann er nun alle zergangen / mische alles geschwind untereinander und thue es 3. in eine Bütte / welche entweder einen durchlöcherten doppeln Boden haben muß / wie die Meischbütten / oder lege erstlich Reiser in die Bütten / auff die Reisser Heu oder Stroh / hierüber ein grob Tuch / und auff das Tuch einen Reiff / der das Gerüst beysammen halte. 4. Nehme die vermischte Asche / lege sie in die Bütte und stampffe die Asche dicht auff einander / daß das Wasser sich durchdringë muß un̅ ist sehr gut wan solches ein halbe stund darüber stehet / welches Milchwarm seyn soll. Die erste Lauge / so die beste / setze apart und die zweyte halte auch allein. 5. Zu 20. Pfund Unschlitt nehme dan 4. Eymer Laugen und lasse es im Kessel warm werden / worinnen das rohe Unschlitt fein klein geschnitten zergehen auch so lang sieden muß biß es den Leim hat. Alsdann scheide es 6. mit Saltz / davon man immer ein Handvoll hinein werffen und allemahl zuvor etwas Wasser schütten muß / und muß man zu 100. Pfund Unschlitt ohngefehr 1. Mest Saltz haben. Man sich nun die Seiffe geschieden hat und die Lauge helle von dem Rührstock lauffet so hebet man sie entweder mit dem Kessel ab und lässet sie verkühlen oder schöpffet sie 8. in einen viereckichten Kasten / welche viele Löchlin hat und mit eim Tuch beleget ist / lässet alles kalt werden un̅ schneidet alsdan die Seiffe mit dünnem Drat zu Taffeln oder stückern. Will man sie Marmeliret haben / kan man unter dem Außschöpffen zerlassen / Indich darunter sprützen und gelind untereinander rühren / daß es gestreifft / wie türckisch Papier außsehe. Mehrere Nachricht von der Seiffen findet man in des Tucherii Hyppocr. Chymico, welchen hierinnen Zvvelfferus ohne Ursach angegriffen und auß gehöhuet hat.
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Das VII. Capitel.
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Von denen Englischen Kalb-Fellen / Franßösischem Leder / wie auch Englisch / Holländischen und gemeinem Leim. Abbildung

§. I.
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NAch denen in vorhergehenden Capitel abgehandelten Ochsen muß man auch der Küh und Kälber noch gedencken / welche denen Materialisten und Apotheckern das ihre auch mittheilen. Alldieweilen aber hier zu Land die Kälber gar zu bald / und ehe sie 3. Wochen alt sind / geschlachtet werden / und derowegen manchem einen Eckel erwecken; so wird es die Mühe nicht verlohnen / daß man solche hier beschreiben oder abmahlen solte; weßwegen an deren Stell das vor einigen Jahren in den Advisen so belobte Holländische Kalb / so zwey Jahr gesogen hatte / in obgesetztem Abriß (So eine Hohe Stands-Person in Holland darvon gegeben / und mir nachgehends gnädigst mitgetheilet worden) unter Augen legen / zumahlen die sehr grosse Braten davon / so 50. biß 60. Pfund gewogen / manchem das Maul wässerend werden gemachet haben.

§. II.
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Weilen man nun in Engelland gemeiniglich auch schöne grosse Kälber / und so keine Katzen / wie in Teutschland schlachtet: So ist kein Wunder / daß auch die Englische Kalb-Felle vor andern gesuchet und vor die beste gehalten werden / wormit auch an einigen Orthen die Materialisten handeln dörffen / wie der Parisische Materialist Petrus Pomet in seiner Französischen Material-Kammer lib. 1. p. 32. berichtet.

§. III.
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Hierauß pflegen die Buchbinder und andere Künstler nachmahlen das so genandte Französische Leder zumachen / wann sie nemlich solche mit Essig / worinnen alt Eysen oder Feil-Staub gelegen / mit einem Feder-Kiel bespritzen / oder auch mit andern Flecken bemahlen und nachmahlen mit dem so genandten Glantz oder Lac-Fernuß bestreichen / daß es wie Schildkrott außstehet.

§. IV.
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Nicht weniger lieben die Pergament-Macher dergleichen gute Kalbs-Häute / absonderlich zu demjenigen Pergament / wormit die Trummeln überzogen werden; indem zu dem andern / so die Buchbinder brauchen / auch die gemeine und dünnere Häute gut genug seyn. Von beyden aber fallen die
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Pergament-Schnitzeln / ab / auß welchen das Frauen-Zinuner die schöue weisse Blumen / so den gefüllten weisen Hecken-Rosen gleich sehen / zumachen wissen / und weilen sie die Beschreibung darvon sehr in Geheim halten / so will curieusen Gemüthern auch hiermit einige Nachricht darvon geben. Solche Blumen nun zu machen / bieget man sie erstlich von Kupfferdrat so grosse Ringlein / als die Blätter werden sollen / woran ein Häckleinzulassen / das sie damit in den Leim eingedauchet und nachmahlen aufgehänget werden. Nachmahlen kochet man die in Wasser eingeweichte Pergament-Schnitzlein (welche schön weiß seyn sollen) biß sie den Leim haben / mischet ein leichtes weies Pulver (welches bey leib kein Bleyweiß) (wieleinige Schälck vorgeben) seyn muß / indem die gefangene Materie darvon bescharret wird und gleich durchfället) darunter / das die Blätter recht trüblicht weiß werden: Alsdann duncke die Dratene Ring darein / daß sich die leimichte Materie wie ein Glaß darin fange: Hencke solche auff ein Seil / biß die Blättlein trucken werden: breche sie auß und klebe sie mit Speichel ump ein grüne Knopff / von Taffend oder sonsten etwas gemacht / daß es wie ein Hecken-Blum lasse / welche sich zusammen drucken und wieder auffthun lässet / wan sie nur nicht in Regen kompt / worvon sie gantz zusammen fället / und wie ein Waschlump außsiehet. Man kan den Leim auch mit Presilien-Holtz roth färben so werden die Blumen / wie die rechte Centifolien. Wiltu sie gelb haben / mische Curcummeel darunter / so werden sie wie die gelbe Hecken-Rosen / so viel rarer als die andere sind.

§. V.
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Man kan auch von jetztgemeldten Pergament-Schnitzlein einen sehr schönen / weisen und sauberen Mund-Leim kochen / wann man die leimichte Brühe gantz dick einkochet und nach belieben etwas Zucker darunter mischet; wiewohlen der meinste Mund-Leim auch auß dem gemeinen Leim pfleget gemacht zuwerden.

§. VI.
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Den Gemeinen Leim betreffend / so wird derselbe von denjenigen Häutlein / so die Roth- und Weißgerber von allerhand Häute abschaben / wie auch von den Gnorbelbein / Senn-Adern und dergleichen auß den Füssen gekocht / in gewissen Formen zu langen Blättern gegossen und auff außgespanten Netzen in der Sonnen getrucknet: dessen man in verschiedene Sorten findet / unter welchen Der Englische und Holländische Leim / vor die beste gehalten werde; wiewolen der Polnische auch hier zu Land sehr ästimiret wird / welchen die Schreiner / wann sie etwas gar wohl leunen wollen / auffsuchen. Alle müssen wohl gekocht / recht trucken hell / durchsichtig und braunroth / anbey dicht / nicht aber unrein und grümmelicht seyn / auch sich gern brechen lassen. Der gantz rothe und gelbe sehen zwar schön von aussen / sind aber gemeiniglich nicht gnug eingekochet / wie Pomet l. c. pag. 32. schreibet.

§. VII.
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Sonsten hat man in unsern Apothecken das Marck auß den Kalbs-Füssen oder MEDULLAM CAUTUM VITULI, welche fast eben die Krafft / als das Hirschunschlitt haben soll / indem es nicht allein erweichet / sondern auch eine schmertzstillend- und Schlaffbringende Krafft hat; weßwegen es in den hitzigen Fiebern offters an die Schläffe gerieben wird / worvon Ettmüllerus in Comment Schroed. p. m. 802. zulesen ist.
|| [436]

Das IX. Capitel.
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Von dem Roß-Stein und Kamm-Fett. Abbildung

§. I.
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GLeichwie die Pferde auff den Reisen / im Krieg und Acker-Bau sehr gute Dienste thun / also haben sie auch in der Artzney-Kunst einigen Nutzen / und muß man denselben auch billich allhier einen Platz gönnen. Dieweilen aber so wohl ihre Gestalt / als übrige Natur männiglichen bekandt ist / und derowegen nicht nöthig fället / solche weitläufftig abzuhandeln; so stelle an solcher Statt dem Curivsen Leser alhier in der Figur ein Persianisches Schul-Pferd unter Augen / woran zuersehen / wie man in Persien die Pferde zu dressirenpflege; indem sie diesen einen Affen oder mundren Hund vorhero springen lassen / welchen es die Pferde nachthun wollen / wie mir ein guter Freud / welcher diese Figur auff Seiden Papier auß Persien mitgebracht / referiret hat.

§. II.
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Von dem Unterscheid der Pferden haben schon andere / als Gesnerus, Ulysses Aldrovandus, Absyrtus &c. weitläufftig geschrieben / daß wir auch solcher Mühe entübriget seyn können. Eines nur muß allhier nothwendig erinnern / wie daß man nehmlich nicht allein vor diesem / sondern auch noch heut zu Tag vorgeben und gar schrifftlich behaupten wolle / ob würden einige Spanische oder Portugiesische Mutter-Pferde oder EQUAE LUSITANICAE, ohne Belegung oder Beyspringung eines Hengsten von dem Wind trächtig / welches nicht allein Columella, Varro, Plinius, Socinus und Homerus &c. Von den Portugiesischen / sondern Augustinus auch von den Cappadocischen Pferd erzehlet. Allein man muß sich billich wundern / wie solche herrliche und gelahrte Leuth dergleichen offenbahren Fabeln Glauben beymessen können / welche nicht allein der gesunden Vernunfft / sondern auch der täglichen Erfahrung schnurstracks zuwider sind. Man frage doch diejenige so jemahlen in Portugal gewesen / oder allda wohnhafft sind / so wird niemand darumb wissen wollen. Ja es haben zwey vornehme Cavalliers (dar von einer Fiscali bey der Inquisition war) so mit mir von Londen nach Paris reiseten / hierüber gelachet / als Ich darnach fragete / wie dem berümbten Le Grand Hist. Nat. pag. 356. auch widerfahren ist. Der Ursprung dieses Mährleins mag von den Poeten hergekommen seyn / welche deß Neptuni Pferde / wegen seiner Geschwindigkeit mit der Winden Nahmen beleget haben / wan es bey dem Statio also lautet:
??? Stupuerê relicti
Nubila certantes Eurique Noliq; sequuntur
|| [437]

§. III.
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Eine gleichmäsige Bewandtnuß hat es mit dem gemeinen Mährlein / ob hätten die junge Füllen / wann sie eben zur Welt kähmen / ihren Miltz auff der Zung / und wann man ihnen solchen nehmen könte / ehe sie ihn verschlingen thäten / würde es ein sehr schnelles Pferd abgeben: welches auch im Grund erdichtet und falsch ist / wie ein jeder / so deß Miltzes Art und Beschaffenheit weiß / leichtlich wird erachten können. Ohne zweiffel kompt es daher / weilen die Pferde nach der Geburt so gleich die secundinas oder Nachgeburt fressen / wovon zuweilen ein Stück an des Füllen Stirn hangen bleibet / welches einige Hippomanes nennen und zuweilen zum Fest machen / und andern verbottenen Künsten mißbrauche wird; wiewohlen unter diesem Nahmen hey dem Virgilio etwas anderst verstanden wird / wann er an einem Ort also schreibet:
Hinc demum Hippomanes vero quod nomine dicunt
Pastores, lentum destillat ab inguine virus
Hippomanes, quod saepe malae legére Novercae
Miscuerunque herbas & non innoxia verba.

§. IV.
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Was den Nutzen und Gebrauch zur Artzney betrifft / so könte man zwar viel von dem Stercore und verrucis equinis melden / darvon jenes von dem gemeinen Mann gegen die Colic / diese gegen die Mutter-beschwerung / schwere Noth und dergleichen nicht ohne Frucht gebrauchet werden; weilen aber auch alle teutsche Artzney-Bücher darvon erfüllet / und gantze Dreck-Apothecken in offentlichen Druck gegeben sind; so wollen wir nur einiger Stücke gedencken / so entweder in Cabinetten oder Apothecken von den Pferden auffgehoben worden: Unter welchen die Roß-Stein oder HIPPOLITHI billich den Vorzug haben / indem sie den Bezoar-Steinen / sowohl an der Gestalt als ihrer Tugend nach sehr gleich kommen und deßwegen auch Bezoar Equinum genennet werden. Solche nun werden in dem Magen und Gedärme der Pferden gezeuget / und zwar immer ein Schälchen über dem andern / wie an dem veritablen Bezoar zusehen ist: und werden zuweilen unter dem Pferds-Mist gefunden / wie noch vor kurtzer Zeit der jetzt regierende Herr Graff von Leiningen-Harteburg mir referirte / daß Er ein Pferd gehabt / so offters Bezoar-Stein gemistet hätte. Offters aber werden sie auch bey Abdeckung der verreckten Pferdt gefunden / dergleichen mir einer zu Handen kommen / welcher dem Orientalischen Bezoar gantz ähnlich ist. Sonsten aber kom̅en sie an deren Gestalt / mehr mit dem Occidentalischen Bezoar übereiu / dergleichen D. Horst vor diesem bey dem Herrn Graffen zu Stollberg gesehen / wie Er in den Anmerckungen auff des Schroederus Pharmacop. lib. 1. c. 1. pag. 317. berichtet; Wie dann auch in dem Museo Brackenhoferiano zu Straßburg zwey zusehen sind / welche auß einem Pferde gekommen / darunter der grössere 90. Loth / der andere aber 25 ??? Loth wiegen.

§. V.
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Sonsten hat man auch in denen Apothecken das so genandte Kammel-Fett / Kamm-Schmalß oder AXUNGIAM EQUI EX JUBA, welches nichts anderst / als der Schweiß der Pferden ist / so an den Kämmen hangen bleibt: wird sehr gegen verrengte Glieder / vertretene Füsse / und wann sich jemand weh gethan / gerühmet / wie bey obgemeldtem Schroedero c. l. zuersehen ist.
|| [438]

Das X. Capitel.
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Von dem gedörrten Esels-Blut / Maul-Esel-Stein / Chagrin oder Schagren und dessen Zubereitung. Abbildung

§. I.
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ES dörffte vielen unbillich zu seyn vorkom̅en / wann man in dieser allgemeinen Schaubühne der Fruchtbringenden Gesellschafft / nemlich der zahmen Eseln gäntzlich vergessen wolte / zumahlen solche auch an Fürstlichen Höfen / allwo man die Milch darvon gegen die Schwind- und Lungensucht gebrauchet / nicht verschmähet worden / auch das Eselblut in wohlbestellten Apothecken auffgehalten wird / welches in langen / schmalen und zusammen gerollten Lappen / wie die Torna Solis, auffgefangen / und deswegen auch TORNA SANGUINIS ASININI genennet wird: worzu doch recht saubere und zu sonst nichts gebrauchte leinene Tüchlein zu nehmen sind / mit welchen das hinter den Ohren des Esels ausgelassene Geblüt auffgefasset und getrocknet wird; so sich doch über ein Jahr nicht wohl halten lässet / wie D. Hartmannus in seiner Praxi Chymiatrica pag. 30. berichtet.

§. II.
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Diesem Esels-Blut nun wird benebenst der Schweiß-treibenden Krafft eine sonderliche und unfehlbare Tugend die Tobsucht / Raserey und Muniam zu curiren beygeleget / wann man nach vorhergehendem Erbrechen / Aderlaß und dergleichen zwey Finger breit und eines Daumens lang von diesen Lappen in Brunnen-Wasser oder ??? annugall. eingeweicht / und das Wasser drey Tag nacheinander dem Patienten / welcher darauff schwitzen muß / eingiebet; wie damit jetztgemeldter Hartmannus nicht allein einen Zimmermann / sondern D. Michael von Leipzig auch einen Muniacum am Atenburgischen Hof curiret hat / wie Hoffmannus in Cluv. Schroeder. p. 642. bezeuget. Von den Uugulis asini aber und anderer dessen Theilen / kan Herr D. Paullini in seinen curiosen Tract. de Asino gelesen werden / wo derer Beschreibung und Gebrauch weitläufftig zufinden ist.

§. III.
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Von den Maul-Eseln oder Mutro, als dessen Bastard / kommt wenig oder garnichts in die Apothecken und Material-Kammern / ausser daß in einigen Museis auch ein grosser Stein / welcher zuweilen in dessen Magen gefunden wird / zusehen ist / und weilen er nicht anderst / als die Bezoarstein aus vielen übereinander liegenden Blättlein bestehet / auch vielleicht eben die Kräffte hat / BEZOAR MULINUM könte genennet werden; dergleichen mir einer / so äusserlich gleichsam mit einem Netz von weissen Fäserlein überzogen / inwendig aber grau ist / zu Handen gekommen / dessen in der Disp. vom Pedra Porcan schon Meldung gethan habe.
|| [439]

§. IV.
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Ferner gehören auch die Wald Esel oder ASINI SYLVESTRES hieher / derer es unterschiedliche Art gibt / unter welchen der schönste in AEthiopien zu finden und CECORA genennet wird / welches Herr Ludolf in seiner Hist. AEth. schön beschrieben un̅ abgemahlet hat / und kan man den Kopff darvon zu Franckfurt in des Materialisten Banzo Hauß sehen. So gibt es auch eine Art in Arabien / mit zwey langen schwartzen Hörnern / fast wie das Einhorn formiret / auf der Stirn / welche PIRASSOIPI genennet werden: Worvon die Hörner auch bey Euriosen Leuthen zu sehen sind. Noch andere gibt es in Persien und Indien / worvon das so genandte Segrein oder SCHAGREN vulgè Chagrin bereitet wird / welches doch nicht nur von einerley / sondern von verschiedenen Thieren / als Pferds-Maul- und andern Esels-Fellen / es seyen gleich Last oder wilde oder Berg-Esel / JURAGAR genandt / gegerbet wird / wie ich auß des berühinten Herberti de Jägers Oberkoopmann bey der Holländischen Compagnie in Ost-Indien Mss. welcher vollkommene Wissenschafft darvon gehabt / ersehen; weßwegender Parisische Materialist Petrus Pomet ohne Grund und Recht diesen Nahmen einem gewissen Wald-Esel / so Er in seiner Histoire des Drognes p. 2. lib. 1. p. 39. abgemahlet / zugeschrieben. Indessen ist gewiß / daß anderer Thier-Fellen / ausser der Pferde und Esel / zu diesem Werck untüchtig seyn / weilen sie gehöriger Massen nicht können hanthieret werden / daß sie die Impression des Saamens annehmen oder behalten solten.

§. V.
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Auff was Art und Weiß aber diese kostbahre Felle zubereitet werden / ist biß dahero von niemanden so viel mir wissend ist / gründlich beschrieben worden; weßwegen Curiosen Liebhabern den gantzen Process, samt denen darzu gehörigen Instrumenten / wie sie in Persien von einem guten Freund observiret und auffgezeichnet worden / hiermit communiciren will / welcher obgemeldte Herr Jäger von D. Kempffern auß Persien mitgebracht worden ist und also lautet: 1. Erstlich wird das Fell auff dem Gerb-Klotze vermittelst eines Zug-Eisens / so sie Kart nennen / nach Gebrauch gesäubert und von denen fleischichten Reliquien des panniculi carnosi, so noch hin und wider sitzen / wie auch vom Schwantz und Füssen befreyet; welche Schnitzel / so in dieser und folgenden Abgerbungen abgehen / von den Gerbern auffgehoben / an die Wände geklebet / gedorret und an die Leinweber verkaufft werden / welche sich deren gebrauchen ihr Garn und Leinwand damit zu zwagen / wann sie solche zuvor zu einem Leim-Wasser gesotten haben. 2. Wird das Fell ein oder mehr Nacht ein Wasser eingeweicht. Es geschicht aber solches in grossen Steinernen Töpffen / so zu diesem End in die Erde vergraben stehen. Wann es gnug geweichet / wird das Haar gemeiner Art nach abgegerbet. 3. Darnach wird dieses Fell wieder eingeweichet / und nachmahlen auff dem Gerb-Klotze per partes von neuem geschabet auff dieselbe Narbe-Seiten aber so reichlich / daß fast die Helffte und so weit biß zu einem zehen membranosen Grund / abgehe. 4. Wann es also rein und aequal gegerbet und von aller heterogeneität gesäubert ist / wird es alsobald / dieweil es noch feucht / auff der Erden in der Sonne außgespannet und mit höltzernen Pflügger durch die zu Ende der vorigen operation schon eingeschnittene Löcher / welche eine Spanne weit voneinander / angezogen und angenagelt / so daß diese Seite / wo die Narbe oder das Rauhe gewesen / oben komme: Und weil gar offt das Fell in der Mitten eine Höhle behält / wird alsdan ein Knöpfflein von Erde oder staub unten concedirt / damit das Fell in allen Theilen wohl außgedehnet werde. 5. Alsdann wird es mit ein wenig Wasser übersprützt und mit einem gezahnten Eisen / Blech / so sie arré nennen / frisch überkratzt / damit die schleimichte reliquien so noch fest anhangen / völlig abgehen mögen. Damit aber keine Impression von den Zähnen bleibe / wird es zuletzt wieder mit Wasser übergesprützt und mit dem glatten Rücken desselben Instruments überrieben. 6. Wann der Grund nun also weiß und glat gemacht ist / werden alsobald / dieweil es noch Naß / einige Handvoll Ispereck-Saamen / so sie auß Kerman bekommen / auff die Mitte des Felles / oder auff den Gnode gethan / und mit einer Bürste behende und langsam voneinander vertheilet und außgebreitet / also / daß der Saame weder zu dick darauff liege / noch ein punct bleibe / welcher nicht mit Saamen bedeckt. Doch zuwissen / daß die weiche Randen des Bauches / weilen sie entwerder zu dünne oder keine Impression annehmen / nicht besaamet werden: Wannenhero ein runder Rand herumb bleibet / so mit Saamen nicht bedecket und die Form eines Hertzen praesentiret / wie auß der Figur zusehen. Die Bürst aber / wormit der Saame vertheilet wird / ist ein stück Haut vom Pferd- oder Maul-Schwantz / so kurtzhärig übereinander verschnitten / daß die untersie und ängste Haar nicht über eines Fingers lang seyen. Nach außgebreitetem Saamen wird das übrige und überflüssige / so nicht anlieget / mitder Bürste und arré gar behutsam [440] wieder abgenommen. Alsdann wird über das Fell ein klemer doppelter Filtz gelegt / und der Saame mit blossen Füssen dicht an und eingetretten / aber behutsam / damit der Filtz nicht vergleite und durch Verschiebung des Saamens das Fell unscheinlich werde. Doch ist diese Ubertrettung nicht an allen Fellen nöthig / sondern nur an denen / die gar dick und von dem Saamen nicht gern vestigia annehmen oder behalten möchten. 7. Wann das Fell also in der Sonen ausgedorret / (welches einen halben Tagdes Sommers / des Winters einen gantzen erfordert) wird es loß gespannt / der Saame abgethan / und nachdem er durch ein Sieb vom Staub gesäubert / zum künfftigen Gebrauch auffgehoben. Die fest-ansitzende Körner aber werden mit einem dürren Steckgen abgeschlagen. Doch halte ich / weilen sie es bey einer halben Stunde also schlagen / es geschehe vielmehr darumb / daß es tractabler werde. 8. Dieses Fell wird also trucken auff selbige Seiten / wo der Saame gelegen / an einemgleich auffste heudem Gerber-Klotze / so dünne es immer möglich / wieder abgegerbet / so daß es fast durchscheinend werde. Hierzu gebrauchen sie ein anders Instrument mit einem höltzernen Stiel / welches sie Tischri nennen; wird gar offt in der Arbeit umb die Schärffe mit einem Wetz-Eisen bestrichen / wie unsere Strohschneider ihre Sensen ohne Unterlaß pflegen zu wetzen. 9. Darnach wird dieses Fell auffgerollet / und so complicatè mit beydeu Händen vor sich auff den Knien mit aller macht gerieben und tractirt / wie man die lederne Hosen nach der Wäsche pfleget auszureiben / biß es in etwas geschmeidig worden: Ist eine schlimme und vielleicht die schwereste Arbeit / so in dem gantzen Process vorfället. 10. Wann dieses geschehen / wird es in Wasser getaucht oder angefeuchtet / daß es gantz weich werde / und alsdann mit Schurae, oder wie es ein anderer nennete / mit Schuraekat (ist eine Saltz-Ende oder weises Salpetrisches Minerale, so unfern Ispsahan und vielen andern Oerter in Persien zu diesem Gebrauch gegraben wird) auff der Fleisch-Seiten mit Masu aber auff der Narb-Seiten bestreuet / mit Wasser besprützt / und eingerieben. Doch liegt nichts daran / ob auff ungehöriger Seite von besagter Materie etwas kommen m öchte. Dan̅ wird das Fell so complicate, wie ohngefehr ein Leinwad in der Wasche auff einen reinen Boden mit beyden Händen gewalcket / damit die Materie desto besser das Fell penetrire. Benanntes Masu ist ein weises oder vielmehr graues Pulver / von welchem ich nichts anderst annoch eingenommen / als daß es eine zermalmete Frucht sey / von einem gewissen Baum in Meistan und umb Hamadan. Ich erachte es entweder Gall-Aepffel / Nuces, Cupressi, Faufel oder dergleichen adstringirende Frucht zu seyn. II. Dieses Fell mit sothaner Materie eingebeitzet / wird über die Lohe oder kleines Flamm-Feuer von zwey Personen gehalten und per partes gezogen / damit es sich vermittelst einer mittelmässigen Wärme zusammen ziehen / und die Signaturen sich erheben mögen. Es gehet dieses aber geschwinde zu / so daß man es kaum eines Batter Unsers lang über der Flamm hält. 12. Dann wird es dem dritten zugeworffen / welcher es also warm compliciret und auff der Erden mit beyden Händen / wie zuvor wallet und handthieret. Hier aber ist zu wissen / daß der Process à Num. 10. ad finem mit einer Quantität vieler Fellen vorgenommen und in einem Tag absolviret wird. Dahero zwey Personen gerben / zwey die eingegrabene Felle über das Feuer ziehen / und dem dritten zuwerffen / welcher die Felle wellet. 13. Dieses Fell wird abermahl auff der Fleisch-Seiten reichlich abgegerbet / weilen es sich contrahiret und auff benannter Seiten wider rauh worden. Alsdann wird es wieder mit Massu und Wasser (nicht aber mit Schurae) bestrichen / umb die Signatur durch diese adstringirende Materie noch besser zu erheben / und also wieder über das Feuer gehalten / abgenommen / und wie Num. XII. ferner auff den Boden gewalcket. 14. Abermahl auff der Fleisch-Seiten mit dem Kart überzogen. 15. In die Sonne ausgeleget und getrocknet. 16. Mit dem Kart also trocken hier und da beschnitten / besonders an den Enden / woselbst sich diese Rugae auffgeworffen / verbo: Wo das Fell sich zu sehr zusammen gezogen und uneben worden. 17. Diese Rugae werden ferner auff einem Alabaster-Stein mit einem anderen glatten Stein gekopfft und aequal gemacht. 18. Hernach wird es mit einem Stück eines zerbrochenen Färber-Topffs (dann solche fragmenta sind convex und hierzu bequem) übergerieben / auff beyden Seiten und per partes gewalcket / auch die Farben (so gemeiniglich Kermausch-Kräuter sind / und das Fett augenblicklich tingire) zugleich auffgestrichen und haß wieder mit der Scherbe gewallet / doch nicht zu vehement / daß nicht die grübige Narbe offendiret werde. Im wallen gebrauchen sie einen schlechten / doch vorthelhafften Hand-Griff / daß sie einen ledernen runden Riemen zwischen legen / wie aus der Figur zu sehen.
|| [441]
19. Das gefärbte Fell wird abermahl ein wenig in die Sonne ausgelegt. 20. Dann gibt Suprema Manus ihm pro Complemento die letzte Unction mit Scharlach / und bringet es zum Glantze. Sind also in diesem Process
die Handgriffe leicht /
die Instrumenta schlecht /
das Laboratorium gemein /
die Operatores geringe /
die Arbeit unfläthig / das PRODUCTUM sauber und herrlich.

§. 6.
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Sonsten kommet zweyerley Chagrin aus Türckey / eine Art so gantz grau ist / und vor besser gehalten wird / und eine weisse / so schlechter ist. Die Beste sind / so von Constantinopel kommen / welche mehr als die so über Alkair und Tripoli gesendet werden / aestimiret sind. Es kommet auch eine Sort aus Pohlen / so aber nichts tauget / weilen sie zu trucken / und den Alaun nicht annimmt / wann sie durch die Farb passiren soll / welche entweder schwartz / grün oder roth ist / welche letzte die theuerste ist / weilen sie von Vermillon und Carmin herrühret. Je grösser und gleicher die Felle sind / je höher sie zu halten sind / absonderlich wann sie schöne reine und runde Körner / auch keine Spiegel oder glatte Flecken haben. Man muß auch Achtung geben / daß man keinen Corduan, so wie Chagrin zubereitet worden / dafür einkauffe / welches daran zu erkennen / wann sich die Haut scheelet und abspringet / so am Chagrin nicht geschiehet / wie Pomet. c. l. p. 40. unterrichtet.

§. 7.
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Der Gebrauch ist zur Genüge bekannt / indem man kostbahre Bücher und Schreib-Tafeln damit einbindet / allerhand Fuderalen zu Sack-Uhren / Löffel und dergleichen / auch Schreib-Gezeug / Degen- und Messer-Scheiden / und viele andere kostbahre Galanterien davon machet / welche zu Londen auff der Kauffmanns-Börsche / oder Exchange, zu Pariß au Palais und anderstwo / häuffig zu finden.

Das XI. Capitel.
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Von dem Bisam. Abbildung

§. 1.
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DEr Bisam oder MOSCHUS ist eine schwartz-graue / oder etwas braune / grummelichte Materie, wie geronnen Geblüt anzusehen / eines schärfflichten und etwas bittern Geschmacks / und sehr starcken und anneymlichen Geruchs: Wird in braun-haarichten Beuteln (worin̅en er entweder gewachsen / oder eingenähet worden) aus China. Persien und Ost-Indien heraus gebracht.
|| [442]

§. 2.
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Ob nun wohl geweiß und zur Genüge bekandt / daß der Bisam von einem frembden Thier herrühre / so werden doch sowohl von der Art und Gestalt dieses Thiers / als auch dem Ursprung deß Bisams in demselben / sehr ungleiche Meynungen geheget. Jenes / nehmlich das Thier selbsten betreffend / so vergleichen es einige / den Katzen / wie dann Zeilerus in seiner Italianischen Reiß-Beschreibung solches auch ein Bisam-Katz genennet: Andere / als Amatus Lusitanus vergleichet es der Grösse nach einem Haasen / wird aber von andern deßwegen mächtig durchgehechelt: die meisten vergleichen es einem Reh / und nennen es deßwegen auch CAPREOLUM und GAZELLUM MOSCHIFERUM, wiewohlen es weder zu den Geisen noch Hirschen gehöret / sondern vielmehr eine eigene Art Thier zu seyn scheinet / wie Sam. Dale auch p. 570. seiner Zoologiae judiciret. Indessen findet man sehr viele und verschiedene Abriß darvon / worunter er obige / so der Edle und sehr berühmte Herr D. Scroeckius jetziger Zeit hochanschnlicher Praeses in der Käyserlichen Societät der Naturkündiger / in seiner Historiâ Moschi p. 45. mitgetheilet / der beste und accurateste ist / welchen er von einer Haut deß Bisam-Thiers (deß gleichen auch Herr Ludolf in Franckfurt besitzet) so nach Augspurg gebracht worden / genommen hat: woraus oben zu ersehen ist / daß dieses Thier einen Spitz-Kopff mit stumpffen Ohren und 2. langen Zähnen / so wie den wilden Schweinen aus dem Munde stehen / habe / auch nebst einem schmahlen Leib (welcher mit einer dunckel-braunen / doch fleckrichten Haut umgeben) und sehr lange magere Füsse habe / und daher ein sehr hurtiges und flüchtiges Thiere zu seyn scheinet; weßwegen auch obbelobter Schroeckius der jenigen Meynung nicht beypflichten kan / welche diesem Thier einen faulen / langsamen Lauff und Gang zuschreiben / welches daher kommen mag / weilen es im Winter / da es wegen deß grossen Schnees wenig Nahrung haben kan / sehr dürr und matt wird / und alsdann im Frühling leicht gefangen werden kan. Es lebet sonsten theils von den Früchten / als Reiß und dergleichen / theils von einer besondern und sehr wohlriechenden Wurtzel (deßgleichen mir zu Handen kommen) welche es mit den langen Zähnen aus der Enden hauet / wie in obberührter Historia Moschi Schroeckiana p. 43. weiter Bericht davon zu hohlen.

§. 3.
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Den Bisam oder MOSCHUM selbsten anlangend / so thun sich wieder von dessen Zeugung sehr viele Meynungenhervor / indem viele dafür gehalten / es werde derselbige in einem Geschwär oder Eyterbeil unten an dem Bauch deß Thieres gezeuget: Andere dörffen wohl meinen / er bestünde aus dem Hödlein oder Nieren derselben / welchen die runde Beutelein / worinnen er kom̅et / etwas gleich sehen: Noch andere geben vor / es werde von geronnen Geblüt / und andere Theilen deß Bisam-Thieres / künstlicher Weiß gemacht. Allein alle die Meynungen können so schlechterdings nicht statt finden / indem gewiß und unläugbar ist / daß der rechte veritable Bisam / von der Natur in dem runden Folliculo oder Säcklein / welches das Thier natürlicher und ordentlicher Weiß / unten am Bauch / bey den Hinder-Füssen träget / durch die darinnen zu findende Eichelein vom Geblüt abgesondert und gezeuget / auch durch gewisse Aederlein / in die Höhle deß Säckleins eingetheilet / worinnen der Bisam alsdann also zusammen rinnet / und sich an das jenige braune Häutlein / so darzwischen wächset / anhänget / wie obbelobter Hr. Schroeckius solches l. c. gar schön angeführet und examiniret hat / und ist der Folliculus oben bey dem Abriß deß Thieres / auch zu sehen / welcher insgemein auswendig mit schönen dunckel-braunen und gläntzenden Haaren umgeben / wie ich noch eine vollkommen in Handen habe. Indessen ist auch wohl zu glauben / daß / wie viele glaubwürdige Scribenten schreiben / die Indianer diesen veritablen Bisam / entweder unter das geronnene Geblüt / oder andere Theile deß Thiers mischen / und in Gestalt der rechten Bisam-Säcklein / in die Haut deß Thieres nähen / auch also vor die rechte und veritable Folliculos heraus schicken / zumahlen die Perfumirer und Apothecker allerhand Fäser lein und fleischichte Stück lein darunter finden sollen / wann sie den Bisam in allerhand Gewässer solviren / wie Johann Faber in seinen Annot. in Hist. Anim. Nov. Hisp. Recchi p. 561. aus der Relation berichtet: daß aber solcher wohlriechende Bisam durch blosses prügeln deß Thiers / aus dem Geblüt / ohne zuthun deß veritablen Bisams / entstehen könne / ist nocht nicht erwiesen.

§. 4.
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Ob aber nechst dem bißher beschriebenen Orientalischen Bisam / auch ein Occidentalischer / so aus West-Indien komme / gefunden werde / wie Schur Zius in seiner Material-Kammer p. 65. und Catelanus ein Apothecker / vorgeben wollen / ist daher noch gantz ungewiß / weilen kein einiger Scribent, so Americam beschrieben / dessen gedencken / und können die Portugiesen / welche denselben schicken sollë / ja oben so wohl den rechten Bisam aus Orien??? huben. Will man aber denselben nachgehends / den Occidentalischen nennen / stehet jedem frey: Und kan man also auch die drey Sorten / [443] welche die Materialisten setzen / gelten lassen / nehmlich Moschum de Lavanti, welcher der theurest: Moschum Alexandrinum, als welcher der mittelst / und Moschum de Ponenti, so der geringste oder vermengte seyn solle / wie Schur-Zius l. c. lehret: Müssen alle / obgleich sie noch in den Folliculis sind / wohl verwahret / und wie einige Materialisten wollen / in Bleyern Büchschen auffgehalten werden / wiewohlen zinnerne und gläserne auch gut darzu sind / wie Herr D. Schroeckius p. 91. zeiger.

§. 5.
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Weilen unterdessen der Bisam auch noch offt in Europa von den Juden und andern verfälschet / und mit Mäuß- oder Marter-Dreck / Bocks-Blut / gebrand Brod / ladano und dergleichen vermischet wird / wie in der Pharmac. August. Proleg. c. 2. und von Renodaeo Lib. 4. Instit. Pharm. c. 17. in acht genommen worden / so hat man verschiedene Proben unternommen / um den Betrug entdecken zu können / welche doch so infallibel nicht sind / daß man allerdings trauen könne. Die gemeineste ist / daß man den Bisam über das Feuer halten solle / und wann er alle weg fliehet / soller gut seyn / so aber etwas zurücke bleibe / seye er vermischt: Allein diß gehet nur an / wann Erd darunter vermischet worden / dafern aber Geblüt oder sonsten was darunter ist / bleibet auch wenig zurück. Ein gleiche Bewandnüß hat es auch mit andern Proben. Weßwegen Pomet, der Parisische Materialist in seiner Histoire des Drogues lib. I. p. 16. keinen bessern Rath weiß / als daß man den Bisam von ehrlichen und rechtschaffenen Leuten kauffe / nicht von den Landstreichern / so sich vor Boots-Gesellen und dergleichen Leute ausgeben / welche selbsten aus Ost-Indien kämen / derowegen den Bisam schandwolfeil geben / weilen er falsch ist / und doch Gewin̅ gnug daran habë. Indessen gebe man Achtung / daß wann man die gantze Säcklein kauffet / die Haut daran nicht zu dick seye / nicht gar zu viel Haar habe / auch recht braun seyn / dann die weisse Folliculi nicht just sind. Man gebe auch Achtung / ob das dünne braune Häutlein / dessen droben gedacht worden / mitten unter dem Bisam zu finden / welches ein gut Anzeigen / daß er so gewachsen. Ausser den Säcklein wird der schwartz-graue / so nicht naß und dünn ist / auch einen über-starcken Geruch (davon manchem die Nase schweiset) hat / vor den besten gehalten / wie Marxius in seiner Material-Kammer p. 125. schreibet: der jenige aber / so gar zu annehmlich riechet / ist nicht zum besten / weilen er mit andern Sachen gemischet und geschwächet ist / wie Pomet c. l. zeiger.

§. 6.
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Die Kräffte und Tugenden deß Bisams bestehen meistens in einem sehr flüchtigen saltz- und öhlichten Theilgen / welche sehr erwärmen / zertheilen / die Lebens-Geister stärcken / und dieselbige sambt dem Geblüt in stetiger Bewegung und Umlauff erhalten / daher derselbe vortrefflich gut gegen die Schlaffsucht / Schlagflüsse / Melancholey und dergleichen Haupt-Kran???kheiten gehalten wird. So dienet er auch gegen viele Brust-Kranckheiten / kurtzen Athem / Ohnmachten und Hertz-klopffen / indem ihm fast kein Medicament vorzuziehen ist / welches das Hertz mehr stärcke / und hat die so bekandte Confectio alkermes ihre Tugenden dem Bisam und Amber meistens zuzuschreiben. Ob er aber auch gegen die Pest dienlich ist / wie einige vorgeben / will von andern in Zweiffel gezogen werden / so gar / daß Guibertus in seinem Medico Officiosô pag. 212. den Bisam in der Pest vielmehr vor schädlich hält / welchem D. Ettmüllerus seel. in Comment. Schroed. p. 795. Beyfall gieber. Nicht weniger stärcker er den Magen / zertheilet die Winde und stiller die Colic, auch andere Schmertzen deß Leibes: Er wärmet auch die erkältete Geburts-Glieder an Mann- und Weibs-Personen / wann sie nicht von Natur von wohlriechenden Sachen incommodiret werden; weßwegen dann auch viele kostbahre Medicamenten gegen allerley Kranckheiten davon in den Apothecken zuber eitet werden / welche beyderseits von dem offt belobten Herrn D. Schroeder in seinem Buch / nach der Länge angeführet und beschrieben worden. Wie viel herrliche und kostbahre Galanterien und Rauchwercke aber die Parfumirer davon machen / ist männiglichen bekan̅t / indem nicht allein allerhand Leder / Leinwad / und andere dergleichen Wahren damit wohlriechend gemacht / sondern auch die rohe Bücher / wann das Planier-Wasser nur mit einem Gran vermischet wird / von den Buchbindern dadurch können parfumiret werden; Allwo doch zu mercken / daß man zu der gleichen Sachen auch nicht zu viel Bisam nehme / sonsten es gar zu starck und widrig riechet / wie Pomet l. c. wohl erinnert hat.
|| [444]

Das XII. Capitel. Von dem ORIENTALIschen BEZOAR.
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Abbildung

§. 1.
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DEr Orientalische Bezoar, oder LAPIS BEZOAR ORIENTALIS, ist ein sehr zarter / mürber und gantz glatter Stein / von unterschiedlicher Grösse und Gestalt / auswendig grünlicht / oder grünschwartz / inwendig aus vielen dünnen und zarten Schalen / so wie die Zwiebel-Schalen über einander gewachsen / bestehend: hat sonderlich keinen Geruch / und wird aus Persien und Ost-Indien heraus gebracht / wie Philip. Baldaeus in Beschreibung der Küsten Malabar und Coromandel. c. 16. bezeuget.

§. 2.
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Von dem Ursprung dieser Steinen / sind vor diesem verschiedene Meynungen gewesen: Einige hielten sie vor Hirsch-Zähren / oder Lachrymis Cervorum, welche in den Augen-Winckel wie Gummi erhärteten / und zu solchen Stein würden. Allein / obgleich es nicht zu läugnen / daß sich dergleichen Zähren finden / wie sie anderwerts bey den Hirsch-Gewichten sollen abgemahlet werden; so ist doch heut zu Tag unstrittig / daß die Bezoar-Steine ein viel ander Wesen seyn / und von gewissen fremden Thieren herkommen / so in Persien und Ost-Indien gefunden werden / und theils einer Geisse / theils einem Hirsche gleich sehen / und deßwegen CAPRI-CERVAE genennet werden. Diese Thiere sollen sehr wild und flüchtig seyn / von einem Felsen zum andern springen / am Kopff und Leib wie ein Bock / aber mit kleinen zarten Haaren gezieret / an den Füssen wie ein Geiß / mit einem kurtzen / und am End gleichsam auffgekraußten Schwantz / und zwey schwartzen grausen Hörnern / welche nebst den Füssen Mons. Pomet zu Pariß selbsten in Handen gehabt / und selbige sowohl als das gantze Thier / aus andern glaubwürdigen Reiß-Beschreibungen in seiner Histoire des Drogues Lib. I. p. 10. unter Augen geleget / und beschrieben hat.

§. 3.
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Weilen nun diese Bezoar-Geise auch unter die wiederkäuende Thiere gehören / auch wie diese 14. Magen haben / so pflegt es zu geschehen / daß sich in dem ersten Magen / umb die Knöpff und Stengel der jenigen aromatischen Kräuter / so sie fressen / nach und nach gewisse schleimite Häutlein anlegen / und über einander wachsen / dahero die Bezoar-Stein entstehen / und nach dem sie um die Knöpfflein oder Stengel wachsen / entweder rund oder länglicht werden. Ob nun diese Steinlein groß oder klein / oder wieviel sich deroselben in einem Thier sich befinden / sollen die Einwohner / welche dieselbe fahen / auswendig auch darnach die Thiere schätzen kön̅en / welche einsmahls dem berühmten Tavernier sechs derselben Thiere in Persien heimlich zugeführet haben / worin̅en 17. Stück von den Steinen sind gefunden worden / wieer solches weitläufftig in seinen Reiß-Beschreibungen pag. 318. deß zweyten Theils beschrieben.
|| [445]

§. 4.
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Hier ist aber noch zu mercken / daß diese Steine nicht so bloß in dem Magen oder den Excremontis gefunden werden / sondern in einem haarichten Säcklein oder Haut / welche von aussen voller rauhen / kurtzen und braunen Haaren / und in der Grösse eines Ganß-Eyes ist / wachsen auch noch mit einer andern dünn weiß und harten, Schale / welche Pomet (so sie selbsten in Handen gehabt / und mit Augen gesehen hat) in obgesetzter Figur unter Augen geleget hat: Allwo Lit. A. die äusserliche rauhe Haut / Lit. B. die weisse harte Schale / und Lit. C. den darinnen liegenden Stein bedeutet. Daher ermeldter Materialist schliessen will / daß in jedem Thier nur ein Stein gefunden werde / welches die Ursach sey / daß sie so theuer und rar seyen / zumahlen auch nicht alle Thiere Steine bey sich haben: worinnen ihm doch obbelobter Tavernier wiederspricht.

§. 5.
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Weilen unterdessen in Europa diese Bezoar-Steine in grösserer Menge / auch wohl besseres Kauffs / als in Orient selbsten zu haben sind / wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. p. 775. bezeuget / so kan es wohl nicht anderst seyn / als er müsse nothwendig / von Betrügern nachgemachet und verfälschet werden / welche entweder das Bezoar Equinum oder Pferd-Steine / (so dem Orientalischen gantz gleich kommen / wie aus dem jenigen / so mir zu Handen kommen / erhellet) an der Stadt verkauffen / oder solche mit gewissen Gummatibus oder Hartz / so sie mit der Rad. Contrayervae mischen / und auch Schalen-weiß auff einander leimen / künstlich- und betrüglicher Weise nachmachen / wie Vlysses Aldrovandus in Mus. Metallico pag. 808. und VVormius in Museo p. 112. bezeugen / dergleichen einer in dem Museo Calceolani zu sehen ist.

§. 6.
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Diesem Betrugnun zu entgehen / hat man vielerley Proben erfunden / wodurch der rechte und natürliche Bezoar, von dem falschen und nachgemachten zu erkennen sey / welche theils von Sarazeno in einem absonderlichen Brieff de Notis Bezoar, theils von Schroedero, theils von den bekannten Materialisten / als Schurzio, Marxio und Pomet in ihren Material-Kammern weitläufftig angeführet werden. Der recht-unverfälschte siehet glat-grünlicht / und bleibt insgemein im reiben und pulverisiren schwartz - grün: reibt sich auff dem mit Kreyde oder Bleyweiß gerieben Papier / grünlecht-gelb: macht das Wasser / worinnen er geworffen wird / gleichsam siedend / und treibet den Schweiß. Wann aber diese Steine in der warmen Hand / oder in warm Wasser weich worden / auch so man ein spitziges Eisen hindurch stecket / rauchen / im Wasser schwerer oder leichter werden / so sind sie falsch und nachgemacht / wie obgemeldte Authores und Hoffmannus in Clavi Schroed. p. 651. mit mehrerm zeigen.

§. 7.
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Sonsten hat man in denen Apothecken und Material-Kammern doch zweyerley Sorten / nehmlich / den gantzen Bezoat und dessen Fragmenta, welche etwas wohlfeiler als der gantze sind / wiewohlen die Materialisten offt auch aus den Stücken wieder gantze machen können / indem mir ein gewisser Materialist selbsten gestanden / daß / als ein ihm anverwandter Apothecker / so viel Bez. Orient. pulverisati, in Erkauffung einer Officin annehme̅ müssen / er solches Pulver zu gantzen Bezoar formiret / und also verhandelt habe. Geschicht das am grünen Holtz / was will an dem dürren werden. Mundus vult decipi.

§. 8.
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Diese und dergleichen practiquen haben verursacht / daß viele berühmte und vortreffliche Medici dem Bezoar gar nicht trauen wolle̅ / und denselben fast gäntzlich in ihrer Praxi hindan setzen / so gar / daß Zvvelfferus in Append. ad Disp. Aug. p. 65. offentlich gestehet / daß er in seiner 40. Jährigen Praxi keine Untz davon verschrieben / deßgleichen Simon Paulli in Quadripart. Botan. p. 16. auch von andern vornehmen Practicis erzehlet. Ja einige / als Guibertus, ein gelehrter Frantzos will in seinem Discours de la Peste p. 478. aus vielen andern behaupten / daß dieser Stein in Pestilentzialischen und andern ansteckenden Seuchen nicht allein unkräfftig / sondern gar schädlich seye.

§. 9.
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Nichtsdoweniger macht doch der gemeine Mann / absonder liche die jenige / so nichts als was theuer ist / aestimiren / gleichsam einë Abgott aus dem Bezoar, welchem zu Gefallen die Medici vielleicht alle Gifft-treibende Mittel davon benamset / und Bezoardica genen̅et haben / ob schon öffters kein Gran darunter kommet. Es sind auch deßwegen verschiedene gelehrte Leut beweget worden / gantze Tractälein von dem Bezoar zu schreiben / unter welchen Bauhinus, Deusingius, Hyeble, Monandes Lateinisch / Catelanus aber / ein Apothecker / Teutsch geschrieben haben / welcher letztere seine Waar mehr herausstreichet / als sie vielleicht meritiret. Weit vernünfftiger aber raisonniren die vorige Scribentë davon / welche alle diesem Stein ein Schweiß- und Gifft-treibende Krafft zuschreiben / welche / so er auffrichtig ist / in Ansehen der aromatischen Kräutern und semes flüchtigen Saltzes nicht gäntzlich zu denegiren ist / wann man denselben nur in rechter Dosi und nicht nur etliche Gran darvon einnimmt / welche keine grosse Thaten thun können. Ob er aber auch äusserlich angebunden oder angehänget / das Gifft in sich fressen / und den Menschen vor der Pest und dergleichen bewahren könne / wie Boëtius à Boot p. 368. Lib. de Gemm. & Lap. schreibet / lasse an seinen Ort gestellet seyn.
|| [446]

Das XIII. Capitel.
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Von dem OCCIDENTALIschen BEZOAR. Abbildung

§. 1.
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DEr Occidentalische Bezoar, oder LAPIS BEZOAR OCCIDENTALIS. ist ein rauher und insgemein grauer Stein / von unterschiedlicher Grösse und Gestalt / aus vielen über einander liegenden Schalen (welche viel dicker als am Orientalischen sind) zusammen gewachsen / welche imwendig entweder hohl / oder einige Saamen / Stecknadel und dergleichen in sich halten / und von guter Grösse sind: werden aus West-Indien / absonderlich aus Peru von denen Spaniern und Portugiesen heraus gebracht.

§. 2.
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Diese Steine finden sich in verschiedenen Thieren / deren Fonseca wohl sechserley beschrieben / welche aus demselben Barth. Ambrosius in Museo Metallico Vlyss. Aldrov. p. 806. angeführet hat. Am meisten aber findet er sich in einer Art Gemsen / welche von dem Hernandez und dessen Ausleger in Hist. Rerum Medic. Nov. Hisp. p. 325. in obgesetzter Figur unter Augen geleget / und am besten beschrieben worden ist. Diese Gemsen sind oben gelb - braun / unten aber weiß / und haben kleine / aber sehr spitze Hörnlein / wie aus der Figur am besten zu ersehen ist; und obschon Boëtius de Boot Tr. de Lap. p. 365. diesem Thier keine Hörner zuschreiben will / so ist doch dem Hernandez (welcher diese Sache eigentlich beschrieben) mehr Glauben beyzumessen.

§. 3.
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Hier ist aber zu mercken / daß der Bezoar-Stein nicht in allen Thieren / sonder nur in den alten Gemsen gefunden werde / indem derselbe / wann er sich im Magen an etwas angehänget / seine übereinander liegende Schalen / nach und nach / in vielen Jahren ziehet und zielet / welche von guten und kräfftigen Kräutern / die das Thier frisset / entstehen: dahero auch der Stein nicht an allen Orten / sondern nur in den jenigen Ländern / wodergleichen Kräuter wachsen / in diesen Thieren gesunden werden / oder zum wenigsten nicht alle von dergleichen vortrefflichen Kräfften seyn sollen / wie Hernandez an jetz-bemeldten Ort weiter schreibet.

§. 4.
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Der Unterscheid dieser Steinen / wird theils von der Farb / theils von der äusserlichen Gestalt / theils von ihrer Grösse genommen. In Ansehen der Farb sind sie insgemein weißgrau / bißweilen auch schwartzlicht / mit weiß vermenget / oder grünlicht bund / wie Schroederus in Pharm. Medico-Chym. Lib. V. Cl. I. zeiget. Die äusserliche Gestalt ist gar mancherley / in dem etlich rund oder oval, etliche viereckicht / wie droben einer in der Figur abgerissen / und noch mehrere in ob-angeführten Authoribus zu sehen sind. Nicht weniger ist die Grösse gar unterschiedlich / wormit sie / doch fast alle den Orientalischen Bezoar übertreffen / und so groß wie Tauben-Eyer / zuweilen auch wie Hüner- [447] Eyer sind. Ja es meldet Georgius Seger in Epistol. Bartholin. Cent. 2. Ep. 79. deß er zu Hamburg einen Occidentalischen Bezoar so groß als ein Menschen - Kopff gesehen / so 23. Zoll im Durchschnitt gehabt / und 6¾. ???. gewogen; und noch grösser ist / als der jenige / dessen VVormius in Museo p. 110. gedencket / welcher so groß wie ein Straussen-Ey gewesen seyn soll.

§. 5.
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Hier fragt sichs / ob man auch den Occidentalischen Bezoar verfälschen und nachmachen könne? Einige sagen nein darzu / weilen er in- und auswendig bund / und aus unterschiedlichen Farben vermischet sey / wie in dem Mus. Metall. Vlys. Aldrov. l. c. vorgegeben wird. Allein Hernandez versichert das Gegentheil / und setzet ausdrücklich / daß dieser Bezoar, wie der Orientalische auch nachgemachet werde; wiewohlen man sich deßwegen nicht so sehr / wie an dem Orientalischen zu beförchten hat / indem diese Steine in grösserer Menge gefunden / auch bey weitem nicht so theur sind / wie die Orientalische / sie seyen dann gar groß / welche grossen Herrn und Fürsten zur Rarität verkauffet / und nach dem Pretio affectionis taxiret werden / wie Boëtius à Boot in seiner Historia Gemmarum p. 371. schreibet; dahero obgemeldter grosse Bezoar- Stein zu Hamburg Anfangs 6000. Rthlr. nachmahls aber nur halb so hoch gehalten worden.

§. 6.
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Die Proben dieses Bezoars kommen mit denandern / durch welche der Orientalische pasiren muß / meistens überein / ausgenommen die Farb / so an diesem anderst ist; wiewohlen derjenige / so etwas grünlicht / wie der Orientalische aussiehet / vor den Besten will gehalten werden / wie Schroederus l. c. meldet: Absonderlich / wann er inwendig gläntzende Streiffen / wie das Saccharum Saturni hat / welches Pomet in seiner Histoire des Drognes l. I. c. 14. vor ein gut Zeichen hält. Die jenige / so aus Peru kommen / werden viel besser gehalten / als andere / so aus Neu-Spanien überbracht werden. In Ermangelung aber deß recht Occidentalichen Bezoar, kan man sich deß Bezoar Cervini, oder deß jenigen Steins / so bey den Hirschen gefunden wird / und fast eben so gestaltet ist / sicherlich bedienen / welcher eben dergleichen Kräfften hat / wie Etmüllerus in Comment. Schroed. p. 776. geschrieben hat.

§. 7.
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Die Tugenden und Kräfften dieses Steins / kommen mit deß Orientalischen Qualitäten sehr überein / indem er sowohl als dieser / allen gifftigen und pestilentialischen Kranckheiten entgegen und zuwider seyn / die schwere Noth an Jungen und Alten curiren / die Kräffte stärcken / den Stein und Geburt befördern / auch äusserlich an den Fingern getragen / den Schlaff bringen soll; so gar / daß einige denselben / wie eine Panacee- oder Universal-Medien gegen alle Kranckheiten geben wollen / und also vermeynen / sie könten schon vor den besten Artzt passiren / wann sie damit versehen wären / wie Hernandez an offt-berührtem Ort bezeuget. Ob aber dieser Occidctalische Bezoar auch laxire / wie Schroederus l. c. vorgiebt / lasse an seinen Ort gestellet seyn / und kan wohl seyn / daß solches von dem nachgemachten / und mit Gummatibus verfälschten Stein / in Acht genommen worden / welches an den rechten und ohnverfälschten andern nicht bemercken können / welche in Ansehen ihres flüchtigen Saltzes oder ???. vol. mehr ein Schweiß-treibend- und Nerven-stärckende Krafft haben / worvon allobgemeldte Würckungen herrühren.
|| [448.]

Das XIV. Capitel.
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Von den Bemsen-Kugeln / Bemsen-Stein und Bocks - Blut. Abbildung

§. 1.
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DIe Gemsen-Kugeln / PILAE DAMARUM oder AEGAROPILAE sind länglicht rund / und zuweilen etwas zusammengetruckte Fleisch-Kugeln / ohngefähr einer welschen Nuß groß / äusserlich mit einer grauen oder schwartz-braun lederichten Haut umgeben / inwendig aber aus vielen Fäserlein bestehend: eines sehr guten aromatischen Geruchs / und etwas bittern Geschmacks: werden aus dem Welschen Tyroler- und Schweitzer - Gebürg heraus gebracht.

§. 2.
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Die Gemsen / worinnen sie gefunden werden / sind sehr wilder Art / und halten sich nur auff hohen Felsen und Gebürgen auff / weßwegen sie auch Lateinisch RUPICAPRAE oder Stein-Geissen genennet werden: Sind in der Grösse einer gemeinen Geise / und haben schwartze kleine / und forn aus wie Hacken / umgebogene Hörnlein / so sehr spitz sind / so gar / daß / wann sie sich damit irgend kratzen wollen / solche zuweilen sich selbsten also in das Gesässe eingrappen / daß sie davon sterben sollen: hencken sich sonsten damit an die Felsen an / worauff sie mit den Spitzen der Füssen lauffen / und springen: Nähren sich von guten gewürtzten Kräutern und Wurtzeln / absonderlich von dem Dolonico oder Gemsen-Würtz / worvon die Gemsen-Kugeln entstehen sollen / wie der berühmte VVelschius seel. in einem eigenen Buch AEgagropilis lehret.

§. 3.
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Diese Gemsen-Kugeln nun wachsen um solche von den Wurtzeln und Kräutern hinterbliebenen Fäserlein / in dem ersten und zweyten Ventriculo dieser Thieren / wie alle andere wiederkäuende Thiere vier Magen haben / welche obbelobter Hr. VVelschius l. c. auch in Kupffer gestochen unter Augen geleget hat. Indessen ist zu mercken / daß dergleichen Kugeln nicht in allen Thieren / sondern nur in denjenigen gefunden werden / in welchen die zur deren Zeugung gehörige Säure / welche diese Kugeln zusammen ziehet / und gleichsam gerinnen machet / zu finden ist / wie aus wohlerwehntem Authore in dessen Anhang bey deß Schröderi Apothecker-Kunst pag. 5. angeführet wird.

§. 4.
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Man bringet auch dergleichen Kugeln aus Indien / welche bey den Indianischen Gemsen gefunden werden / dergleichen eine sehr schöne und grosse Marxius zu Windsheim bey dem Apothecker Korneffer gesehen / welche in der Grösse eines Kinds-Kopffs / gantz rund / leicht und etliche Untze̅ gewogen / auch ehe einem schön gläntzenden Bezoar-Stein / als einer ordinaire Gemsen-Kugel gleich gefehen hat / wie in dessen Material-Kammer p. 160. zu lesen ist; doch findet man zuweilen auch unter den gemeinen Gemsen-Kugeln einige / so äusserlich gleichsam eine steinerne Krust / wie die Bezoar-Steine haben / aber fast niemahlen grösser / als eine Faust sind; worinnen VVelschius dem Schroedero wiederspricht / welcher diese Kugeln nie grösser als eine welsche Nuß zu seyn / geschrieben hat.

§. 5.
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Die Kräffte und Würckung dieser Kugeln seynd erwärmend und zertheilend / stärcken den Magen / das Haupt und Sennadern / und bekommen derowegen den jenigen / so [449] mit dem Magen- und Haupt-Schwindel beladen sind / trefflich wohl / zumalen auch die Gembsen Wurtz / worauß sie bestehen / gegen solche Kranckheiten sehr gut thut: Stillen anbey alles Krampff-mäßige Zucken und zusammenschrümpffung der Nerven / und befördern die Geburt / wie Ammannus Tr. de Mat. Med. zeiget. Absonderlich aber treiben sie den Schweis und Gifft / gleich den Bezoarsteinen / und werden deßwegen auch der Teutsche Bezoar oder BEZOAR GERMANICUM genennet: Wäre zu wünschen / daß sie / weilen sie besser und wohlfeiler zu haben / auch viel einen kräfftigern Geruch haben / an statt des so kostbaren Bezoarsteins gebrauchet würden / indem sie eben dergleichen und wohl bessere Kräfften haben / in den hitzigen und ansteckenden Fiebern sehr guten Effect thun / auch in der rothen Ruhr und andern Bauchflüssen nicht zu verwerffen sind / weilen sie etwas adstringirendes an sich haben. Sie werden zu 10. bis 12. Gran eingegeben. Ob sie aber äusserlich angehänget vom Hunger und Durst befreyen / ja gar fest machen sollen / wie einige abergläubischer Weise vorgeben / ist so gar nicht glaubwürdig oder wahrscheinlich / daß es mehr lächerlich als dienlich scheinet. Wer aber mehr von dem Nutzen dieser Kugel wissen will / der lese den Bericht davon / welchen ein gewisser Freund auß Saltzburg dem Hn. von Hochberg communiciret / und von diesem dem zwölfften Buch des Adelichen Land- und Feld- Lebens pag. 731. einverleibet worden.

§. 6.
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Sonsten will man von einem und andern / aber raren Gembsen-Stein sagen / welcher in eine eigenen Gehäuß nahe bey der Leber der Gembsen zu finden seyn / und außwendig weißlicht / inwendig aber gantz weiß scheinen soll / weilen er / wie man vermeinet / auß einem weissen Chylo allda zusammenrinnet und erhartet: wird sonderlich gegen die schwere und harte Geburts-Arbeit / wie auch gegen die fallende Sucht gerühmet / wie Ettmullerus in seinem Commentario Schroederiano pag. 774. davon schreibet. Weilen aber dergleichen bey denen Materialisten und in denen Apothecken noch nicht zu finden ist / wollen wir uns auch dabey weiter nicht auffhalten.

§. 7.
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Von den gemeinen und zahmen Geissen wird innerlich die Geiß-Milch zu der Milch-Cur gegen das Podagram / Schwindsucht und dergleichen meistens gebrauchet / worvon in dem Capitel von der Esel - Milch schon gehandelt worden: Aeusserlich aber dienen die Geißbohnen gegen die Geschwulst der Wassersucht und dergleichen / werden aber beyde in den Officinen nicht gesuchet.

§. 8.
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Eines noch zu gedencken / so rührt von dem Geiß- und Ziegen-Vieh auch das Bocksblut oder SANGUIS HIRCINUS her / welches auch dörre in den Officinen gefunden und nicht allein von dem gemeinen Mann / sondern auch von sehr vielen gelehrten Medicis gegen das geronnene Geblüt / Seiten-Stechen / Stein und dergleichen sehr gerühmet wird / welches von obigbelobtem D. Ettmüllern l. c. pag. 773. weitläufftig angezogen worden.

§. 9.
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Dieses Blut nun recht kräfftig zu bekommen hänget der berühmte Helmont den armen Zigenbock an die hindern Füsse auf / ritzet dessen Patrimonium und samblet das Blut darauß / welches nachmahlen an der Sonnen oder auch in B. V. auffzudörren ist / worvon in dessen Tr. Sextupl. Digest. alim. §. 75. nachzulesen wäre. Andere hergegen nehmen auch das Blut auß dem Hals / wann die Böcke geschlachtet oder gestochen werden / welches eben so gut / wie das vorige. Es ist auch nichts daran gelegen / ob man dasjenige Geblüt / so erst hervorkommet und ein weisses Serum oder Wasser mit sich führet / oder das mittele oder letzte nehme / wann es nur recht gelind und ohne Brand auffgetrucknet wird / wie Dan. Ludovici in seiner Pharmacia p. 167. lehret. Muß zähe / und wann es gestossen wird / braun außsehen.

§. 10.
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Damit aber dieses Blut eine fürtrefflichere Krafft gegen den Stein gewinne / so nehren einige die Böcke eine Zeit lang mit Stein-treibenden Kräutern / als Maurrauten und dergleichen / welches D. Oswaldi, berühmten Medici zu Insprug / Geheimniß gegen den Nieren- und Blasen-Stein gewesen / wie Hoffmannus in Clav. Schroeder. p. 648. berichtet. Weßwegen auch Pomet in Histor. Simpl. Part. 2. lib. I. cap. 13. p. 35. das Bocksblut im Julio auffzufangen rathet. Ob dieses Blut auch so kräfftig sey / daß es den Diamantstein erweichen könne / wie die Alten fabuliret haben / kan ich zum wenigsten niemanden versichern. Daß es aber das gesteckte und geronnene Geblüt mit seinem flüchtigen Saltz sehr zertheile / und derowegen so wohl gegen alle Stösse / harte Fälle / Seiten - Stechen / Entzündung der Lungen und dergleichen sehr dienlich sey / ist auß der Erfahrung zur Gnüge bekandt. Noch besser aber ist der Spir. und Sal. vol. so man davon destilli-ren kan: mit welchen auch ein Ol. übergehet / so äusserlich gegen das Zipperlein und contract??? Glieder gut thun soll.
|| [450]

Das XV. Capitel.
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Von dem Orientalischen und Occidentalischen ZIBETH. Abbildung

§. 1.
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DEr Zibeth oder ZIBETHUM, ist eine fette und schmierichte Materie / wie Honig oder Butter anzusehen / einer weißgelben Coleur und sehr starcken Geruchs; wird meistens auß Ost- und West-Indien gebracht / und nachmahlen in kleinen Töpffen / mit geschriebenen oder getruckten Zettulen bezeichnet / von den Holländern ins Reich gesendet / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues im 6. Cap. seines ersten Buchs p. 18. berichtet.

§. 2.
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Die Thiere / worvon der Zibeth herrühret / werden insgemein Zibeth-Katzen oder CATI ZIBETHICI genennet / sehen aber den Füchsen oder Mardern / als den Katzen gleich / wie auß obigen Figuren zu ersehen ist / deren erstere von dem Fabio Columna in des Hernandez und Ant. Recchi Hist. Anim. Nov. Hisp. p. 580. die andere aber mir vom Hn. Vito, einem Materialisten (welcher diesen Abriß vom Original selbsten nehmen lassen) mitgetheilet worden / welche so wohl mit des Klobij Abriß in Hist. Ambr. p. 71. als auch derjenigen Zibeth-Katz / welche obgemeldter Pomet von den Siamischen Abgesandten in Anno 1688. bekommen / und ein gantzes Jahr lebendig erhalten / sehr übereinkommen; und ob schon nach Unterscheid der Länder die Orientalische / etwas anderst als die Occidentalischen außsehen / so kommen sie doch beyderseits darinnen überein / daß sie eine Aschfarbichte Haut mit schwartzen Flecken und Streiffen (welche doch mehr an den Weiblein zu sehen / versetzet tragen / einen spitzigen Kopff und kurtze Füsse haben / wie sie vom obgemeldten Columna c. l. weitläufftig beschrieben werden.

§. 3.
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Nun fragt sichs / wie und in welchen Theilen dieser Thieren der Zibeth gezeuget und gefunden werde? worvon vor diesem verschiedene Meynungen gewesen / indem einige den Zibeth vor einen Schweiß / andere vor einen Eyter / andere vor etwas anderst gehalten / wie bey dem Sam. Dale im dritten Theil seiner Pharmacolog. p. 583. und in deß Castelli Tr. de Hyaena Odorifera zu ersehen ist. Doch kommen sie darinnen überein / daß er sich bey den Männlein zwischen der Ruthen und Geilen / in den Weiblein aber inwendig in den Geburts-Gliedern finden lasse / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 199. auß andern berichtet. Allein es ist auch hierinnen weith gefehlet worden / indem obbelobte Scribenten auß selbst-eigener Erfahrung bezeugen / daß der Zibeth kein dergleichen excrement oder Saamen-Fluß seye / wie viele meinen / sondern in eigenen Folliculis, das ist: Höhlen und Häutlein / welche zwischen dem Hindern und denen Geburts Gliedern (wie oben in der dritten Figur zu sehen) liegen / in vielen darinn zu findenden Eichelein oder Glandulis gezeuget werde / welche an dem Mannlein wohl noch einmahl so groß / als an den Weiblein / seyn / und derowegen auch in jenen mehr Zibeth / als in diesen gefunden werden soll.

§. 4.
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Auf was Art und Weise aber der Zibeth gesamblet und colligiret werde? hat Joh. Faber Lynceus in des obbemeldten Hernandez Tr. p. 539. gar schön beschrieben. Es wird nehmlich diese Materie entweder zu Hauß auß den zahmgemachten Zibeth-Katzen gesamblet / und mit kleinen Löffelein / wie Ohr-Löffel / auß obbeschriebenen Loculis oder Höhlen geschöpffet / oder auff dem Feld von den Bäumen und Sträuchen / worau sich das Thier gerieben / [451] abgewischet. Jenes / nemlich das Außschöpffen / muß zur Sommers-Zeit immer über den andern Tag / zu Winters-Zeit aber (da diese Materie nicht so flüßig ist) die Woche zweymal geschehen. Nimbt man nun dieses rechte tempo nicht in acht / so reibt sich das Thier an die Mauren oder Posten derjenigen Gegitter oder Clathren / worinnen es eingesperrt wird / indem die Materie nach einigen Tagen etwas scharff wird / und das Thier kützelt oder sticht / weßwegë es sich durch das Reiben und Bewegë darvon zu befreyen sucht / wan̅ man solche auf obbemeldte Art und Weis nicht selbsten herauß langet / welches doch auch nicht ohne Empfindlichkeit und Schmertzen des Thiers geschiehet / wie Pomet an dem Seinigen erfahrenhat. Weilen nun dieses an den wilden Zibeth-Katzen gar nicht practiciret werden kan / und dieselbige ihren Zibeth an die alte Aeste der Bäumen reiben / so geben die Schwartzen acht / wo sie einige öhlichte Flecken und Klumpen an den dürren Aesten sehen / nehmen solche ab / sieden sie in Wasser / daß sich das Unreine davon scheide / welches sich nachmahlen auff den Boden setzet / da hergegen der wahre Zibeth oben auff dem Wasser schwimmer / welcher vor den besten gehalten wird / wie obbelobter Faber c. l. darvon judiciret.

§. 5.
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Im übrigen hat der Zibeth nicht alle einerley Farb / und wollen deßwegen einige verschiedene Sorten machen / indem von Sam. Dale l. c. ohne dë gemeinen eines schwartzen Zibeths / so auß Ost-Indein kom̅en soll / Meldung thut / welchen er gäntzlich verwirfft. Pomet hergegen gedencket eines braunen / welchen er Civette de Guinée ou du Bresil oder den Brasilianischen Zibeth nennet: da hergegen der Holländische gantz weiß ist / weilen sie die Katzen mit Milch und Eyer ernehren sollen. Unterdessen gibt gemeldter Materialist eben nicht so viel auff die Farb / wann sonsten der Geruch und übrige Qualitäten gu sind / indem derjenige / so von ihm auß der Katze gesamblet worden / auch braun gesehen / und auch der weisse mit der Zeit gelb / un̅ endlich gar braun wird. Indessen wird doch der weisse Zibeth / wann er zugleich feist von starckem guten / doch etwas widerwertigem Geruch / bitterem Geschmack und rother Consistentz ist / vor den besten gehalten / wie Marxius in seiner Material-Kammer p. 219. schreibet.

§. 6.
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Wie aber wann er mit Butter und Fett verfälschet ist? in dem Schurzius pag. 23. seiner Material-Kammer dessen nicht in Abrede seyn kan. Einige geben vor / daß wann man den Zibeth auff Papier reiben / und nachmahlen darauff schreiben könne / solscher ohnverfälschet sey. Allein diese Prob ist gantz un???chtig / indem es die Vernunfft gibt / daß wo Zibeth / als eine Fettigkeit auff Papier komme / allda keine Schrifft halten könne / ob es schon vom besten und veritablen Zibeth gewesen / wie Pomet l. c. selbsten erfahren; weßwegen dieser keinen bessern Rath weiß / als daß man sich an ehrliche und bekandte Kauff-Leute halte / auch den geschriebenen und getruckten Zettulen nicht allemahl traue: vornemlich / aber auf den Geruch wohl Achtung gebe / welcher etwas rantzicht seyn wird / wann Butter oder ander Fett untermenget ist / es seye dann der Mischmasch noch garnen / wo es schwer / ja fast ohnmöglich ist die Butter vom Zibeth zu scheiden. Wann er aber mit andern Unreinigkeiten verfälschet ist / kan man ihn nur in siedend Wasser werffen / so wird sich der Unrath gleich davon scheiden / und der Zibeth oben schimmen / wie obbemeldter Faber l. c. wohl angemercket hat.

§. 7.
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Was endlich den Nutzen und Gebrauch des Zibeths anlanget / so hat er wegen seiner volatilischen und öhlichten Theilgen eine sehr zertheilende / erweichende und stärckende Krafft / dienet gegen das Grimmen der kleinen Kinder / Colic / Bärmutter und Mutterschmertzen auff den Nabel wohl gerieben / wann es nur die Krancke (indem viele Weiber dessen Geruch nicht vertragen können) leiden mögen: Stärcket die männliche Krafft und dienet gegen Unfruchtharkeit der Weiber. Am meisten aber wird der Zibeth von den Parfumierern zu allerhand wohlriechenden Balsam und Salben gebrauchet / und riechet viel besser / wann er mit Biesem und Amber vermenget ist / absonderlich wann nicht gar zu viel darzu genommen wird. Wann der Zibeth in die Hembder gerieben wird / soll er alle Läuse vertreiben; bey Armen aber wäre diese Läuß-Salbe zu theuer. Zibeth mit Ol. Anisi angemacht / und in die Handschuh gerieben / gibt einen guten Geruch / absonderlich wann etwas Biesem darzu genommen wird. Einige rühmen auch das Fell von der Zibeth-Katz / welches den Magen warmen / auch zu andern mehrern Kranckheiten gut thun solle / wie Hoffin. in Clav. Schroed. p. 655. geschrieben. Die Nigriten und Wilde sollen auch das Fleisch von diesen Thieren zur Speiß gebrauchen / von welchen und noch andern Nutzbarkeiten Castellus in seinem Buch de Hyaena Odorifera weitläfftiger handelt.
|| [452]

Das XVI. Capitel.
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Von den Luchs-Lungen / Luchs-Dachs-Bärn- und Murmelthier-Schmaltz. Abbildung

§. 1.
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OB man schon die Lungen von dem Fuchse / oder PULMONES VULPIS aller Orten von den Jägern gnugsam habë kön̅e und nicht nöthig habe / solche / wie andere Specereyen auß frembden Landen bringen zu lassen / so hat man doch solche nicht gäntzlich vorbey gehen wollen / indem sie auch von den Materialsten geführet werden; müssen / wie die Wolffs-Leber / in heißgemachten Eßig geleget / und darinnen gelassen werden / biß der Eßig wieder kalt geworden: Nachmahlen werden sie also auffgetrucknet und entweder in Pfeffer-Staub oder Wermuth geleget / worinnen sie sich besser halten lassen / und nicht wurinstichicht werden / wie Schurzius in seiner Material-Kammer lehret.

§. 2.
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Die Füchse selber zu beschreiben / halte gäntzlich vor unnöthig / indem sie männiglichen bekandt sind; weßwegen an deren statt dem curieusen Leser den Abriß eines Ost-Indischen Fuchses / so man Jag-Hals nennet / hiermit mittheile / welcher mir von einem guten Freund heraußgebracht worden; soll wie die gemeine Füchs auch ein sehr listig Thier seyn / wiewohlen alle seine Bewegungen von keiner vernünfftigen Seele / sondern von künstlicher Zubereitung und natürlichem Trieb seiner Glieder und Lebensgeister herzuleiten sind / wie le Grand in einem eigenen Büchlein de Carentia Sensus & Cognit, in brutis alles schön außgeleget hat.

§. 3.
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Den Nutzen betreffend / so werden die Fuchs-Lungen von den Alten sonderlich gegen das Stechen / Husten / Lungensucht und andere Brust-Beschwerungen gerühmet / weßwegen man auch verschiedene Composita davon in denen Apothecken findet / als die Fuchs-Lungen-Lattwerg oder Looch de Pulm. Vulpis, Aqu. asthmatica und dergleichen / worüber sich jedoch Helmontius in seinem Tract. vom Husten und Keichen weidlich mocquiret / auch sich verwundert / daß man in den Schulen (wie er redet) den Hasen-sprung nicht auch gegen das Zipperlein verschriebe / weilen die Hasen ihren schnellen Lauff damit befördern können; wie wohlen auch die TALI LEPORIS in den Apothecken so unbekandt nicht sind. So braucht man auch das Fuchs-Schmaltz oder AXUNGIAM VULPIS welches das Zittern der Gleider / Erhärtung der Nerven und Sennadern / und deren Zückungen heilen soll.

§. 4.
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Nicht weniger hat man noch andere Fettig [453] keiten von den wilden Thieren / in den Material-Kammern / als das Baren-Schmaltz oder AXUNGIAM URSI, welches theils auß Polen / theils auß Canada kommet. Muß frisch / graulicht und leimicht seyn / auch einen starcken und wiedrigen Geruch und mittelmäßige Consistentz haben: welches aber gar zu hart / auch weiß ist / taugt nicht viel und ist mit Unschlitt verfälscht / wie Pomet in seinen Französischen Materialien Part. 2. l. I. pag. 41. zeiget: Wird sehr gegen die Ohren-Schmertzen und deren Geschwulst / so man Ohrklam nennet gerühmet / auch zu den Nabel- und andern Brüchen vorschrieben. So soll auch das Bären-Schmaltz den außgefallenen Affter und die Mutter / so zu Tage gegangen / wieder zurück ziehen / wann man es ins Kreutz reibet: auff welche weiß D. Sulzberger auch die in den Hoden-Sack außgefallene Gedärme durch den Bruch wieder zurückgezogen / und sie fest gehalten haben solle / wie D. Ettmüller in seinem Commentar. in Schroeder. pag. 802. erzehlet.

§. 5.
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Ferner hat man auch das Dachs-Fett oder AXUNGIAM TAXI, unter den Materialien / welches gegen das Nieren- und Lenden-Weh / Stein und dergleichen gerühmet / und den Jägern an die erfrohrne Glieder gerieben wird / in welchem Fall dieses Fett selbsten gut befunden; weßwegen auch der alte carminische Medicus Serenus nicht unbillich reimet:
Nec spernendus adeps, dederit quae bestia melis, das ist: Man soll nicht blosser Dings das gute Fett verachten / Das man von einem Dachs gar häuffig pflegt zu machen.

§. 6.
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Was aber letztens vor ein groß Wesen von dem so genandten Murmelthier-Schmaltz / oder AXUNGIA MURIS MONTANI gemacht werde / ist zur Genüge bakandt / welches der Storget und Landfahrer allgemeine Salbe und Artzney ist; wird auß Italien und der Schweitz gebracht / allwo sich das Murmelthier oder MUS MONTANUS oder MURMETUM (so eine grosse Maus und wie ein klein Caninichen anzusehen ist) auf den Alpengebürgen aufhält. hat eine sehr zertheilende Krafft / und wird deßwegen vom Paracelso als ein sonderlich Mittel gegen das Seitenstechen gerühmet; wie dann auch Mynsicht eine vermischte Salbe gegen das Seitenstechen hat / worinnen dieses Fett den Meister spielet / wie in dessen Armamentario Medico-Chymicop. 188. zu sehen ist. Nicht weniger wird es gegen contracte und steiffe Glieder / auch andere Nerven-Kranckheiten gebrauchet / worvon Schroederus, Dale und andere zu sehen.

Das XVII. Capitel.
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Von den wilden Schwein-Zähnen und Mortadellen.

§. 1
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Obschon das Schwein / SUS oder PORCUS, ein sehr unflätiges und garstiges Thier ist / auch ohne Zweiffel deßwegen unter die unreine Thiere im alten Testament gerechnet worden; so hat sich doch die wundersame Allmacht Gottes auch darinnen sehen lassen / welche nicht allein in die zahmë / sondern auch wilden Schwei [454] nen etwas sonderliches geleget hat / so vielleicht in andern / sonst schön- und reinen Thieren nicht zu finden ist. Absonderlich muß man sich höchlich verwundern / daß sich in einem so heßlichen und trieffenden Sau-Auge ein gewisses Eychelein oder Glandula findet / welche im Munde zerkauer den rechten veritablen Biesem am Geschmack und Gerusch wenig oder gar nichts nachgibet / wie solches nicht allein an den jungen gebratenen Span-Ferckelein / sondern auch grossen Schweinen offt selbsten erfahren und gesehen / auch dessen in meinem Polychrest. Exot. Disp. de Lapide Porcinô schon vor längsten erwehnet hab.

§. 2.
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Noch mehr hat man sich über das Americanische wilde Schwein / so den Nabel auff dem Rücken haben soll / zu verwundern / absonderlich / wann man zugleich dessen Eingeweid betrachtet / welches alles verkehrt / und das unterst zu öberst darinnen lieget / wie nicht allein F. Gregor. de Bolivar in des Recchi Delic. Anim. Nov. Hisp. pag. 648. berichtet / sondern auch D. Henricus Fuiren, bey dessen zu Leyden in Holland angestelten Anatomie selbsten gesehen / und D. Wormio nach Coppenhagen geschrieben hat / wie auß dieses Museo p. 340. zu ersehen ist. Ob aber der Ductus, so oben auff dem Rücken / wie ein Darm herausser hanget / und oben in der zweyten Figur zu sehen ist / vor den Nabel (wie er insgemein genennet wird / oder etwas anderst zu halten? ist bey den Gelährten noch etwas streittig / deren einige es vor eine Dutte oder Papillam halten / worauß die Säuglinge von den Müttern oder wilden Mocken ernehret würden / indem gleichsam eine kleine Brust und Aber darunter zu sehen / an dem Bauch aber / wie sonsten an den andern Schweinen / keine Mammae zu finden seyn / wie in obgedachtem Wormio zu lesen ist. Alle aber bezeugen / daß durch obbemeldten vermeinten Nabel immer böse stinckende Dünste außgetrieben würden / so gar / das wann derselbige nicht alsobalden nach des Thiers Tod außgeschnitten würde / das gantze Schwein dadurch so stinckend werde / daß man es gar nicht geniessen könne / worüber Joh. Faber. Lync. sehr curieux und weitläfftig in seinen Anmerckungen über obangeführten Recchum in des Hermandez Tr. de Reb. Med. Nov. Hisp. p. 636. discurriret hat. Sonsten ist dieses Schwein an der äusserlichen Gestalt etwas kleiner als unsere Saue / hat keinen Schwantz / bunte Börsten / worunter zuweilen eine Wolle wächset / dergleichen vor einigen Jahren auch an einem zahmen Schwein / so die Metzger zu Franckfurt am Mayn geschlachtet hatten / gesehen / und mir überschicket worden.

§. 3.
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Weilen indessen obgemeldtes Indianisches Schwein sehr rar / und nur an grosser Herren Höfen in Europa zu sehen ist / so wollen wir uns an unsere wilde Schweine halten / welche in Ansehen der Zähne in den Material-Kammern und Apothecken auch bekandter sind / als die vorige / an welchen dergleichen grosse lange Zähne nicht zu sehen sind: wie wohlen in Ost-Indien auch wilde Schweine gefunden werden / an welchen diese Watz-Zähne so ungeheuer groß sind / daß sie sich natürlichen wie Hörner / nicht (wie D. Jacobaeus in Mus. Haffn. vorgibt) mostrover Wieß / auß dem Mund oben über den Kopff krümmen / wie Hn. Johann Gottfried Vily / dergleichen vor einigen Jahren herauß gebracht / und dem berühmten Hn. Ludolfo zu Franckfurt zum Andencken hinterlassen Tab. II. Fig. V. zu finden / und oben in der Figur zu sehen ist. Unsere DENTES APRI sind zwar so groß nicht / aber doch auch etwas oben außgekrümmet / wie auf dem Kupffer-Stück in der ersten Figur zu sehen ist; werden vor ein sonderlich Mittel gegen die Bräune / Seitenstechen und andere innerliche Entzündungen / so von gestecktem oder etwas geronnenem Geblüt / welches sie mit ihrë volatilischen Saltz zertheilen / gerühmet / und entweder allein oder mit den Hecht-Kiefern und dergleichen mit Nutz verschrieben / es werde gleich die RASURA DENTIS APRI oder DENS APRI SINE IGNE gebrauchet / indem man diese Zähne auff eben die Manier / wie das Hirsch-Horn tractiren / ein SAL VOLATILE, GELATINAM oder Galred und dergleichen davon machen kan / wie in des Ettmülleri Comment. in Schroed. p. 766. zu sehen ist.

§. 4.
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Einige machen auch ein groß Wesen von des wilden Schweines Harn oder URINA APRI, weßwegen sie desen Harn-Blase / worinnen noch etwas Urin (so mit etwas Oehl zu mesliren) enthalten ist / im Schornstein dörren und so lang hangen lassen / biß der Urin so dick wie Honig worden ist; welcher nicht allein ein gewisses Mittel gegen den Blasen-Stein abgeben / sondern auch die Würme der kleinen Kindern / auff den Nabel gerieben / ohnfehlbar tödten soll / wie es die beyde Französische Scribenten des so genandten Maison Rustique vor ein probirtes Stücklein außgeben; wie dann auch Henricus ab Heer in Spadacrene p. 276. diese also gedörrete Blase gegen die schwere Noth höchlich recommendiret.

§. 5.
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Von unsern zahmen Schweinen findetman wenig oder gar nichts in denen Materialien-Kammern / indem der Schweine Schmaltz / Speck / Dreck und dergleichen aller Orthen zu finden ist. Eines nur meritirte wohl auch in deiselbige recipirat zu seyn / welches biß dahero [455] sehr geheim und vor ein gewisses Mittel gegen die schwere Noth gehalten worden / welches auß Lieb gegen das gemeine Beste hiemit auch entdecken will: Es finden sich nehmlich in dem Schweins-Kopff auff beyden Seithen einige gantz weisse mürbe Beinlein / welche nichts anderst / als das öberste Theil des Meatus auditorii sind / welche die Metzger / so Wissenschafft davon haben / heimlich abknippen / und denjenigen / so sie bestellen / zukommen lassen: diese Beinlein haben etwas sonderliches in sich / und weilen das Gehirn darauff lieget / schlägt sich ohne Zweiffel ein starckes ???. vol. hinein / vermittelst dessen sie sicherlich ein grosses in der fallenden Sucht praestiren / und deßwegen biß daher in Geheim gehalten worden.

§. 6.
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Sonsten führen die Materialisten und Apothecker hier zu Land auch zuweilen die Bononische Würst und so genandte MORTADELLE, welche zum Theil auch von den Schweinen herrühren / und auch hier zu Land also können gemacht werden: Nehme 6. ???. Rindfleisch vom Lendenbraten / lege es anderthalb Stund in frisch Wasser / darnach hack es ziemlich / doch nicht gar zu klein / hierzu 3. ???. Schwein-Fleisch / I. ???. Speck / klein geschnitten / 4. Loth Pfeffer / gröblich zerstossen / I. Loth gar klein gestossen Saltz / mische es wohl unter einander: nimb hernach die mittlere Ochsendärme / und laß sie rein außsaubern / fülle sie darnach starck auffeinander / und wan̅ sie nach Belieben mit Stecklein der Länge nach verbunden sind / so hänge sie 3. Tag in die Luft / damit sie ein wenig außtrucknen / hernach 9. Tag in den Schornstein / so halten sie sich Jahr und Tag. Kaufft man sie aber bey den Italianern (welche sie auß der Provence in Franckreich oder auch Italien kommen lassen) sehe man zu / daß sie nicht schimlicht / ranzicht und abgeschmackt seyen.

Das XVIII. Capitel.
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Von PEDRA DEL PORCO. Abbildung
|| [456]

§. I.
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PEdra del porco oder Lapis Porcinus ist ein sehr kostbahrer Stein / welcher vor wenig Jahren von den Portugiesen auß Ost-Indien nach Lisbon und Amsterdam gebracht worden / hat die Grösse einer Haselnus / von unterschiedlicher Form und Couleur, welche doch gemeiniglich entweder leberfarb oder weißgrünlicht außsiehet / glatt / wie Seiffen anzugreiffen / wiewohl er einige Narben gleich wie Blatter-Gruben hat; wird von den Indianern Mastica de Soho, von den Portugiesen Piedra del Puerco, item: Pedra de Vassar, voll den Spaniern Pedra de Porcas, und von den Italiänern Pedra del Porco benambset: und weilen er in dem Königreich Malaca gesamblet wird / so nennen ihn viele im Lateinischen Lapidem Malacensem, davon Aldrovandus in seinem Musaeo Metallico lib. 4. pag. 798. zu sehen ist.

§. 2.
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Zwar sind einige Materialisten / nahmentlich Pomet im Anhang seiner Histori von den Materialien pag. 2. welche davor halten / daß Pedra del Porco etwas anderst sey / als der Lapis Malacensis, indem sie davor halten / daß jener in den Indianischen Schweinen / dieser aber in dem Stachel-Schwein gefunden werde; allein dieser Unterscheid findet sich bey den Gelehrten nicht / welche mit den Grossirern von der Ost-Indischen Compagnie alle davor halten / daß dieser Pedra del Porco auß Pam in dem Königreich Malaca von den Stachel-Schweinen herrühre; und mag dieser Irrthum vielleicht daher kommen / weilen einige das Stachel-Schwein auch porcum Spinosum und porcum marinum ein Meer-Schwein mit dem gemeinen Mann zu nennen pflegen / wie Geßner in seinem Thier-Buch Lib. I. pag. 633. muthmasset.

§. 3.
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Das Stachel-Schwein selbsten wird Lateinisch Histrix genennet / dahero auch dieser Stein sonsten / und zwar mit besserem Bestand / Lapis Histricinus genandt wird. Andere nennen es Parcapus; ist eine Art Igeln / und findet sich in Ost-Indien / so groß als ein zwey-monatlich Schweingen / hat einen Kopff wie ein Caninchen / die fördern Füß als ein Dar / und die hindern Füß wie ein Bär / auf der Stirn einen langen Strauß / über den gantzen Leib aber hat es lange spitzige Stacheln / welche Gliedweis / bald braun / bald weiß gebildet / und sonsten von den Mahlern zu den Pinselstielen employret werden; und weilen diese Stacheln einem Feder-Kiel nicht ungleich / so nennen die Landfahrer dieses Thier den Vogel Taran oder Seydan. Wann man es zornig machet / wirffet es die Stachel wie Spiesse von sich / dahero vielleicht die Spanische Reuter im Feld Schweinsfedern genennet werden. Bestehe die Figur.

§. 4.
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Es findet sich aber dieser Stein in sehr wenigen / und zwar nur in krancken Stachel-Schweinen / weßwegen er auch so rar und theur ist / indem selten mehr als 2. oder 3. unter denjenigen Waaren / welche die Ost-Indische Compagnien zu Lißbon und Amsterdam groß zu verkauffen pflegen / gefunden / auch das Stück alsdann von 135. bis 275. Holländische fl. verkaufft / von den Materialisten aber nachmahlen von 4. bis 600. fl. gehalten werden / welche ihn auch in Holland außzulehnen / und von jeden 24. Stunden einen Ducaten zu nehmen pflegen. Insgemein aber behalten ihn vornehme reiche Kauffleute / entweder solchen vornehmen Herren zu praesentiren / oder vor ihre Erben und Freunde zu gebrauchen; weßwegen sie überall in güldene durchlöcherte Büchslein eingefasset und an ein gülden Kettgen gehänget werden.

§. 5.
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Indessen muß man sich wohl fürsehen / daß man den rechten / auffrichtigen Stein überkomme / indem auch ein anderer bastart dieses Nahmens zu finden / welchen vor diesem bey H???. Vito, einem Materialisten in Wormbs / als er eben auß Ost-Indien gekommen / gesehen / war rund / schwartz und schwer / auch nicht sehr bitter; der rechte aber ist sehr bitter / so gar / daß einige vorgeben / man könte die Bitterkeit davon auf dem Rücken der Hand spühren / wann man ihn eine Zeit lang in der Fläche derselben halten thätte: welche Bitterkeit er von der Gallen Blas / darinnen er gezenget wird / und der Galle selbsten hat. Er bestehet im übrigen auß dünnen Schalen und Häutlein / deren eines über das ander gewachsen / wie die rechten Bezoarsteine sonsten beschaffen seyn: und wann er noch nicht gebrauchet worden / ist er mit einem zarten Blätlein / so gleichsam darüber geleimet / überzogen / welches / so man ihn einweichet / sich ablöset.

§. 6.
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Unter dessen Qualitäten und Kräfften hat die Gifft- und Schweis-treibende den Vorzug / welche Dimas Bosque Valentinus in Indien zum ersten dariun erfunden / wie Boëtius de Boot. in seiner Histori der Steinen t. 2. c. 8. p. 356. anmercket / und kan solche füglich von dem vielen volatilischen Saltz / so Le Wenhoeck, ein berühmter Holländer in Arcanis Nat. detectis pag. 115. mit einem curieusen Vergrösserungs Glas darin̅en gesehen zu haben vorgibt / deriviret werden. Nechst dem dienet er auch in der Colic / Uberschießë der Gall / und darauß entspringender Cholera, welche die Indianer Mordexin nen̅en / und vor eine Pest bey ihnen halten / dargegen sie diesen Stein sehr gebrauchen. Er [457] soll auch zuweilen gelind laxiren / weßwegen er auch wider die unbehülffliche Fettigkeit gelobet wird; praeservirt vor den Schlag und schwere Noth / zermalmet den Stein / und curiret das Zipperlein / wie Jacob Bontius, Fragosa und Tulpius melden. Absonderlich wird er in der Gelbsucht / so von den Gallensieinen herrühret / vom Herrn D. Albrecht in seiner Disp. de JCt. ex calc. sehr gerühmet. Merckwürdig aber ist / daß weilen er die Monatzeit starck treiben soll / die schwangere Weilber in Malaja solchen nicht anrühren dörffen / wie Herr D. Hoffin. S. in seinen Anmerckungen über deß Schroederi Pharmacop. observiret. In Holland wird er meistens gegen die kalte Fieber verlangt / welche er gewiß curirt / sie kommen gleich alle Tag / oder über den andern und dritten Tag an / wann schon auch ein hitzig Fieber mit unterlauffe / gegen welche selbsten sie Herr D. Decker offt glücklich gebrauchet / wie er in seinen Exercit. Pract. p. 262. bezeuget: Ja in den Flecken-Fiedern selbst ist er nicht allein von diesem berühmten Practico, sondern auch vom Herrn D. Raygern / Kayserl. Leib-Medico glücklich befunden worden / wie in Miscell. Acad. Nat. Cur. Dec. I. A. 3. Observ. 283. zu lesen: Und ist merckwürdig / daß die Flecken auf dessen Gebrauch sich so balden verlieren. Die Kindsblatrern curirt er.

§. 7.
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Man brauchet ihn gemeiniglich nur eingeweichet / oder in infusione, also daß man den Stein in 4. oder 6. Loth Spanischem Wein oder Cardobenedieten-Wasser ein paar Stund lang ligen lasse / biß der Liquor bitter werde / welchen der Krancke also trincken muß; und gehet dem Stein allemahl entweder eines halben oder gantzen Gerstenkorns schwer am Gewicht ab / wie Herr D. Decker observirt / und mich durch Hn. D. Spenern berichten lassen. Sehr reichen Leuten kan man wol 5. oder 6. Gran von dem Stein selbsten mit andern Schweiß-treibenden Sachen geben. Andere hängen ihn nur an statt eines Amuleti an / und sollen die Indianer ein solches Vertrauen zu diesem Stein haben / daß wann sie ihn nur anrühren können / gesund zu werden verineynen. Vid. Disp. nostram de Lap. Porcinô in Polych. Exoticis.

Das XIX. Capitel.
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Von dem Scythischen Lamb / oder Erucht-Thier / Boromez, wie auch gemeinen und Orientalischen Schaafen / Wolle / Oesypus und dergleichen. Abbildung
|| [458]

§. I.
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DIeweilen das gemeine Schaaf-Vieh / und dessen vielerley Nutzen nicht allein männiglichen bekandt ist / sondern auch von allen Geist- und Weltlichen Thier-Beschreibern / wie nicht weniger den jenigen / so von der Oeconomie oder Haußhaltung geschrieben haben / nemlich Colero abgehandelt worden / so wollen wir anjetzo nicht viel Worte davon machen / sondern nur einigen Seltzamkeiten / und den jenigen Materialien, so in den Apothecken davon zu finden sind / kürtzlich reden: Absonderlich aber das jenige / was von dem so wunderlichen AGNO SCYTHICO oder Frucht-Thier BOROMEZ gesagt wird / etwas gründlicher untersuchen / dannt der curiose Leser endlich einen gewissen Schluß fassen könne / was davon zu halten sey.

§. 2.
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Es wird aber dieses so genannte Boromez ins gemein vor ein Frucht-Thier (wie es Harsdörffer in Delictis Math. & Phys. T. 3. p. 10. qu. 40. nennet /) welches oben auf dem Stengel eines Krauts in Gestalt eines jungen Lamins wachsen solle / gehalten / weßwegen es auch von Deursingio in einem besondern Tractat davon AGNUS VEGETABILIS, sousten aber AGNUS SCYTHICUS, oder das Scytische Lamb genennet worden / weilen es in der Tartarey / in der Landschafft. Zanotha wachsen soll: allwo es auß einem Kern / so dem Melonen-Kern nicht unähnlich ist / soll gezogen werden. Der Stengel (so ungefähr 3. Schuh hoch /) dienet an statt deß Nabels / wie auß der obigen Figur (welche Kircherus de Magnetisino Plantar. und der Herr von Hochberg in seinem Adelichen Land- und Feld-Leben Part. I. p. 760. unter Augen legen / zu ersehen / auf welchem das Thier sich herum wenden soll / und zu welcher Seite es sich wendet / soll das umstehende Gras verderben / worvon es gleichsam lebet. Wann die Frucht reiff wird / soll der Stengel vertrocknen / die Frucht aber ein rauhes Fell bekommen / gleich einem Lamb / welches nachmahln gegerbet / und zum Gebrauch bereitet werde: hat sehr zarte und krause Wolle. Ja es soll auch ein sehr süsses Fleisch haben / so wie Krebse schmecke / und wann man in die Frucht schneidet / soll auch ein rother Safft darauß fliessen / wie solches Erasmus Francisci in seinem Ost- und West-Indianischen Lust-Garten weitläufftig beschrieben.

§. 3.
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Dieser Bericht nun hat nicht allein bey dem gemeinen Mann / sondern auch bey denen Gelehrten desto ehe Glauben gefunden / weilen solches alles am ersten von dem sehr berühmten / und sonsten glaubwürdigen Jul. Caes. Scaligern Exerc. 181. sect. 29. contra Cardan. beschrieben worden / so gar / daß der sonsten allgemeine und Weltberühmte Botanicus, Joh. Bauhinus den Ruhm der ersten Relation dem Scaliger an einem Ort fast mißgönnet / weilen er alles allein wissen / und andern nichts übrig lassen wollen. Ja es hat sich der Hochweise / und sonsten überauß vorsichtige Englische Cantzler Franciscus Baco de Verulamio in seiner Historia Natur. Cent. 7. p. m. 147. num. 609. auch hierinnen verleiten lassen / da er doch sonsten andere Naturkündiger von dergleichen Leichtglaubigkeit sehr abgemahnet: und ob er wol vor erdichtet hält / daß dieses Frucht Lamb das umb sicht stehende Gras verzehre / so scheinet er doch der Sach selbsten nicht gar abgeneigt zu seyn / in dem er meinet / daß das Gras ein solches Bild annehmen könne; wie dann auch nachgehends andere Gelährte in grossen Disputat gerathen / indem man geftraget / ob diese Frucht ein Kraut / und was für eines? Oder ob es ein Thier: oder etwas auß beyden gemischtes seye / worvon Wormius in Mus. p. 190. und P. Sturmius im Anhang deß curiosen Natur-Calenders de Anno 1687. N. 5. wo auch die Figur zu finden / und es nut deß Herrn Verulamii Meinung gehalten wird.

§. 4.
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Ob nun wohl auch in einigen Kunst- und Naturalien-Kammern das Fell von solchen Lämmern gezeiget wird / dergleichen zu Amsterdamm in eines Apotheckers Herrn Johann Schwammer dams Museo zu sehen ist / auch nebst obiger Relation in Moscau dem Herrn Oleario gezeiget worden / wie er in seiner Persianischen Reysbeschreibung berichtet / so hat er doch billich gezweiffelt / ob er solchem Glauben beymessen solte / indem es einem Fell von den unzeitigen / oder gantz neugebornen Schäflein näher kommen / wie obbelobter Wormius auß ermeldter Reys-Beschreibung augemercket hat: Daß aber diesem in der That also sey / hat noch vor kurtzen Jahren Herr D. Engelbert Kempffer / als er von seiner Perstanischen und Ost-Indischen Reys zurück kante / in Decad. Observ. Exot. zur Gnüge erwiesen / nehmlich theils auß dem Wort Borannets, welches bey den Moscowitern ein kleines junges Schäflein bedeutet / und ein Diminutivum von dem Selavonischen Wort Baran (ovis) ist / und nachmahln durch Verderbung der Sprach in Boromez verändert worden; theils auch auß der Seyther und [459] Perser Gewohnheit / damit sie den grossen Orientalischen Schaafen die Junge auß dem Leib schneiden / auf daß sie deren zarten Peltz / so bey ihnen sehr theuer gehalten / und zum Unterfutter grosser Herren Kleider gebraucht wird / theilhafftig würden: Welches eben die jenige Felle sind / so in den Kunst-Kammern vor das Borometz außgegeben werden. Kommen also diese Felle von keinem Kraut oder Gewächs / (welche Meinung auß Unverstand der Dollmetscher / oder falschen Relaten des Pöbels mag entstanden seyn /) sondern in der That von den grossen Schaafen selbsten her / wie obbelobter Author in angeregter / Anno 1694. zu Leiden progradu Doct. ventilirten Observation mit mehrerm zeiget.

§. 5.
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Die jetztgemeldte grosse Schaafe aber sind eben die OVES ORIENTALES, welche der berühmte Herr Ludolf. in Histor. AEthiopica, und dessen Commentar. Lib. I. cap. 10. beschrieben hat / wie daß nehmlich die Hämel davon so ungeheuer-grosse und fette Schwäntze haben / daß sie allein öffters 40. Pfund wiegen / und deßwegen auf eigenen darunter gebundenen Rädern müssen nachgeschleppet werden / wie oben auß dem Kupffer am besten zu ersehen ist: über welches jetzt-belobter Author noch eine andere Figur eines Mutter-Schaafes in seinem grossen Kupfferstück zeiget.

§. 6.
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Von den Europäischen und Einheimischen Schaafen führen die Materialisten den so genannten OESIPUM oder HYSSOPUM HUMIDAM, welches nichts anders / als die jenige Schmeer oder Fettigkeit ist / welche / so man die Wolle wäschet / oder in warmem Wasser siedet / oben auff dem Wasser schwimmet / welche abgeschäumet / durch ein Tuch gedrucket / und in kleine Fäßlein geschlagen wird: kommet zuweilen auß Franckreich / muß neu gemacht / frisch / nicht stinckend seyn / und graulicht weiß außsehen. Wird zu den lahmen Gliedern- und Nerven-Kranckheiten gerühmt / und kommt unter verschiedene Composita.

§. 7.
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An verschiedenen Orten treiben die Materialisten auch mit allerhand frembder Wolle/ so auß Spanien / Franckreich / Engeland / Polen und andern Orten herkommet / grossen Handel / von deren Unterscheid Pomet in seiner Material-Kammer kan gelesen werden. Die Wollenweber aestimiren die süsse / das ist / zarte Wolle; die Apothecker die schmierichte oder LANAM SUCCIDAM, welche dem Oesypo an Kräfften gleich kommt.
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Das XX. Capitel.
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Von den Strausen- und Casuarius-Eyern. Abbildung

§. 1.
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DIe Strausen-Eyer oder OVA STRUTHIONUM sind sehr groß / und einem Kinds-Kopff in der Dicke gleich kommende Eyer / welche mit einer sehr dicken Schale / so außwendig bleichgelb / und inwendig weiß ist / umgeben sind / und eine solche Höhle haben / daß eines dar von wol 26. Hüner-Eyer in sich halten könne / wie Vielheuer in Beschreibung frembder Materialien pag. 182. mit dem Erasmo Francisci meldet; werden in Africa / absonderlich auf der Capo de bon Esperance häuffig gefunden / und von dar heraus gebracht / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 187. berichtet.

§. 2.
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Auß der Glösse dieser Eyer kan man leicht erachten / was die Strausen selbst vor ungeheure grosse Vögel seyn müssen / deren einige viel höher / als ein Mann zu Pferd seyn / und 7 1/2. Schuh hoch gefunden werden sollen / dergleichen zu Paris in der Königlichen Academie des Sciences vor diesem anatomirt worden / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues Part. 2. lib. 1. cap. 17. pag. 43. erzehlet. Und ob schon diese Vögel / gleich den andern / auch Flügel haben / so brauchen sie doch dieseldige nicht zum Fliegen / sondern nur zu geschwinderem Lauff / indem sie / wann sie gejaget und verfolget
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Abbildung
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werden / dieselbige außbreiten / und damit / gleichsam als durch Segeln / von dem Wind fortgetrieden werden; dahero sie auch in einem Trab so geschwind gehen / als ein Pferd in vollem Galoppe / wie solches Mallet in Beschreibung des gautzen Welt-Krayses Part. 3. von Africa pag. 84. beschreibet / und in obiger Figur unter Augen stellet: Sollen zwar ihre Eyer in den Sand scharren / worinnen die Soldaten in Africa öffters 40. biß 50. finden; doch aber selbige auch mit Brüten eröffnen / da das Männlein und Weiblein sich einander ablösen / und damit die Junge so balden gnugsame Nahrung finden möchten / sollen die Alten einige Eyer / wann sie bald außgehen / zerbrechen / daß alsdann viele Würme darinnen wachsen / und den Jungen zur Nahrung dienen möchten. Die Alten aber ernehren sich mit Gersten / Bohnen / Heu und Kräutern / welche sich in deren Leib finden / welcher durch 5. Zwerchfelle in fünff Theile unterschieden ist / wie Pomet l. c. schreibet. Daß aber Scaliger und audere vor diesem glauben gemacht / es könten die Strausen das Eysen verdauen / ist gantz falsch / und ist solche dem alten Alexandro Aphrodisaeo schon verdächtig vorkommen. Zwarkan es wol geschehen / daß diese Vögel mit dem Sand und Steinlein auch eiserne Nägel und dergleichen verschlingen: Allein daß solche in deren Magen nicht verzehret werden / sondern wieber gantz weg gehen / bezeuget Ulysses Aldrovandus lib. 9. Ornithol. c. 2. Ja es sollen die Stausen zuweilen kranck davon werden / so gar / daß Th. Jordanus deßwegen von den Strausen-Hütern bey nahe eine gute Tracht Schläge davon getragen hätte / als er zu Trient und Rom vor diesem den Strausen einige Medaillen und alte Müntze vorgeworffen / wie Frid. Hoffmannus in Clav. Schroed. pag. 696. weitläufftig berichtet hat.

§. III.
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Was aber den Nutzen und Gebrauch der Strausen-Eyer aulangt / so werden dieselbige in Africa nicht allein zur Speise gebrauchet / daß sich manchmahl sieben Personen an einem dergleichen Ey satt essen sollen / sondern sie werden auch hier zu Land zur Artzney gesuchet / indem die Schale davon (so ins gemein eines Strohhalmen Dicke hat) gegen den Nieren- und Blasen-Stein gerühmet / und deßwegen unter die Liquores und Pulveres Nephriticos gezogen wird; wiewohln Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 809. zweiffelt / ob sie vor den gemeinen Eyerschalen einen grossen Vorzug haben könten? Andere / als Forestus Observ. 20. lib. 20. rühmen sie auch gegen das lauffende Gicht. Die gantze Eyer werden zur rarität in denen Kunst- und Naturalien-Kammern auffgehoben / welche die Mahomertaner auch in ihren Moscheen auffhängen sollen / wie Mallet l. c. berichtet.

§. IV.
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Diesen obbemeldten Strausen-Eyern kommen an der Grösse die Casearis-Eyer oder OVA CASEARII sehr gleich / wiewohlen sie so keine dicke Schale haben / auch nicht weiß / sondern grünlicht sind; weßwegen auch Rumphius in Beschreibung der Ambonischen Muscheln die grüne Conchas Casearis-Eyer nennet. Die rechte Casuarius-Eyer aber werden / wie die Strausen-Eyer in Silber eingefasset / und zu Trinck-Geschirren gebraucht / und haben auch in der Medicin einen Nutzen mit den vorigen.

§. V.
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Der Vogel / welcher solche leget / wird von den Indianern EME, von D. Wormio CASEARIUS, und von andern CASUARIUS genennet / welcher Anno 1548. zum erstenmahl von den Holländern in Europam gebracht / und von denselben im Fournael van de Reyse der Holländischen Schepen in Oost-Indien auf demletzten Blat also abgemahlt und beschrieben worden. Abconterfeyung und Beschreibung eines frembden Vogels / genannt Eme, welchen diese Holländische Schiffe / wegen seiner grossen rarität von der Insul Java mitgebracht haben. Vor eine grosse Neuigkeit stelle ich hier einen Vogel nach dem Leben abgemahlet / welcher bey nahe noch einmahl so groß als ein Schwan ist / schwartz von Coleur, indem sein Leib voll schwartzer Federn ist / welche auf einem Stoppelgen oder Stängen sitzen / und zwey Spitzen von sich geben / welche pflaumachtig / wie am Vogel Strauß anzusehen sind. Dieser Vogel hat keine Flügel / auch keine Zung. Oben auf dem Scheitel des Haupts hat er einen Schild / so hart / als ein Schild von einer Schildkrotte: streitet mit seinen starcken Klauen / welche er / wie ein Pferd hinten von sich schlägt. Am frembdesten ist / daß er keine Zunge hat / und schlinget derowegen alles / was er isset / gantz ein / so gar / daß er einen Apffel / welcher einer Faust groß ist / einschlingen / und was noch seltzamer ist / feurige Kohlen ohne Schaden einschlucken kan. Stücker Eysen schlucket er sehr gern / um den Leib damit zu kühlen. Er wird dor [462] ten EME, genen̅et / und fället in den Insusen von Banda: allwo dieser gegenwärtige von dem König von Cidayo unter andern Praesenten Jan Schellinghern, Schisern auf dem Schiff Amsterdam verehrt worden. Biß daher besagtes Journael. Wer ein mehrers davon lesen will / kan des Aldrovandi, Clusii, Nierembergii, und Bontii Schrifften nachschlagen / auß welchen Wormius in Musaeo p. 292. und Willughty Ornitholog. lib. 2. pag. 105. denselben weitläufftig beschrieben / auß welchem letzten, obige Figur genommen worden ist.

§. 6.
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Weilen indessen obgesetzte Strausen- und Casuarien-Eyer gar zu groß fallen allhier abzumahlen / so habe an deren Stelle dasjenige COMETEN-Ey / welches in vorigem Seculo, als der grosse Comet an dem Himmel gestanden / zu Rom von einem Huhn / so vor dem Cometen erschrocken / gelegt / und nachmal nit allein auf einem Kupfferstück nächst dem Cometen in öffentlichen Druck gegeben / sondern auch vom Hn. du Blegny dem Zodiaco Medico-Gallico A. III. p. 30. einverleibet worden / setzen wollen; worauß dann erhellet / daß nicht allein an den menschlichen Embryonibus in Mutterleib durch Schreiten und andere Bewegungen allerhand Mähler entstehen können / sondern auch die wilde und unvernünfflige Thiere dergleichen Zufällen unterworffen seyn; dessen Ursach Herr D. Brander Prof. zu Marburg in Hessen / in einer besondern Dissertation de Ovo Cometico außgeführt hat.

Das XXI. Capitel.
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Von dem Pfauen-Spiegel / Paradiß- und Königs-Vögeln. Abbildung

§. 1.
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DIe Pfauen-Spiegel oder SPECULA PAVONUM sind die äussere Ende von den Pfauen-Federn / mit runden / schön gebildeten und widerscheinenden blau-grünen Flecken gezieret; kommen meistens von dem Männlein der Pfauen her / welche nebst dem Weiblein so bekandt sind / daß es unnöthig ist / solche weitläufftig zu beschreiben / zumahlen auch Colerus in seinem Hausbuch lib. 13. c. 48. p. 312. zur Gnüge davon gehandelt hat.

§. 2.
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Diese Federn oder Spiegel der Pfauen werden von einigen gegen die fallende Sucht gerühmet; wie ich dann in des seel. D. Tacken, weyland Hochfürstl. Hessischen-Darmstädtischen Leib-Medici Handbuch / als ein sonderlich Geheimnus gegen solche Kranckheit gefunden / daß man 3. solcher Spiegel zu Pulver brennen / und dem Patienten eingeben solle; welches doch gegen das volle und neue Liecht zu widerholen ware. Andere rühmen sie auch gegen den Rothlauff und böse Brüste / deren Signatur sie haben / wie Hartmannus in Praxi. p. 157. redet; wie sie dann auch als andere Federn angezündet / gegen die Mutter-Schmertzen in deren Erstickung gut thun / wovon Schroederus zu sehen ist.
|| [463]

§. 3.
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Nächst diesen Federn wird in der Artzney auch der Pfauenmist oder STERCUS PAVONUM sehr gerühmet / absonderlich das Weisse davon / von welchem Willisius in seinem Tr. de Anima Brutorum ein groß Wesen macht / indem er denselben p. 212. als ein gewisses Mittel gegen den Schwindel verschreibet / welches auch Borellus, Quercetanus, Henricus à Brahe, und andere mit Exempeln bestättigen / auch zugleich gegen die schwere Noch rühmen / absonderlich wann man es von dem neuen Liecht biß zum vollen Schein gebraucht / wie davon Ettmullerus in seinen Anmerckungen über deß Schroederi Apotheckerkunst p. 809. kan gelesen werden.

§. 4.
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Ob nun wol der Pfau in Ansehung der Federn ein sehr schöner Vogel ist / so wird er doch hierinnen von denen so genannten Paradiß-Vögeln oder AVIBUS PARADISIACIS weit übertroffen / welche also genenuet worden / weilen die gemeine Leut darvor gehalten haben / sie kämen auß dem Irrdischen Paradiß der Türcken. Allein weilen unlaugbar / daß sie nicht auß Türckey / sondern auß Ost-Indien / und zwar der Moluccer Insul kommen / so nennen sie andere Lateiner lieber MANUCODIATAS, welches ein verdorben Moluccisches Wort ist / und MANOTTO TIWATTA, das ist / Gottes Vogel heissen sollen / wie sie die Einwohner in den Moluccen Insuln nennen; haben sonsten ein artliches Ausehen / indem die oberste Federn auf dem Kopff sehr zart / weich und blaulicht grün / die unterste am Kinn dicht und schön gelb / auch gläutzend sind / der Schnabel klein / und der gantze Leib mit gelb-rothen Federn geziert / welche doch an der Brust und Leib sehr breit und gläntzend geld sind. Die Flügel gläntzen von schwartzer und rother Vermischung / ohne welche auf dem Rücken zwey schwartz-gläntzende Federfaden / so 3. Spannen lang sind / und nicht recht rund / aber auch nicht eckicht / wie Schustersdrät zu sehen sind / wie sie in deß Besleri Gazophylacio abgemahlt und beschrieben sind.

§. 5.
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Weilen nun jetztgenteldter Author mit dem Cardano, Aldrovando und dem gemeinen Mann auch vorgibt / daß diese Vögel keine Füsse hätten / so fragt sichs / ob deme also seye? allwo zwar bekandt und unläugbar ist / daß vor diesem die meiste / ja fast alle Paradiß-Vögel / so auß Indien gekom̅en / keine Füsse gehabt: Allein es ist doch auch gewiß und am Tag / daß solche von den Indianern abgeschnitten worden / es seye nun solches deß wegen geschehen / daß sie sich ohne Füsse besser praepariren und halten / oder wie andere meinen / besser an die Cascetten und Hüte zu Plumagen hefften liessen. Nachdem aber die Moluccischen Insuln unter die Regierung von Bantam gekommen / werden auf Veranlassung der Holländer die Füsse nun an den Vögeln gelassen / wie sie nicht allein von D. Wormio in Museo p. 294. damit abgemahlt und beschrieben / sondern auch von mir und andern in vielen Kunst- und Naturalien-Kammern also gesehen worden / auch in der berühmten Dreßdischen Kunstkammer täglich verschiedene können gesehen werden.

§. 6.
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Es finden sich aber diese Paradiß-Vögel von unterschiedlicher Grösse / dahero einige Naturkündiger / als Aldrovandus, Jonstonus und andere deren wol fünfferley / oder doch zum wenigsten zweyerley Arten gedencken / nehmlich der grossen und kleinen; wiewohlen andere solches nur vor eine unterschiedene Grösse nach dem Alter / und nicht vor ein unterschiedene Speciem halten wollen / indem sie an der Gestalt sonsten gantz überein kommen: Man wolle dann die so genannte Königs-Vögel vor das eine Geschlecht hallen / welche deßwegen von einigen Lateinischen MANUCODIATAE REGIAE genennet werden / deren Abbüdung in der III. Figur deß Kupfferblats zu sehen / welche von dem jenigen Königs-Vogel / so der seel. Theologus Herr D. Job. Ernestus Gerhardus, weiland Prof. zu Jena in seinem Museo gehabt / genommen / und von M. Dan. Grützmann in einer Anno 1667. allda gehaltenen Disputation de Avibus Paradisiacis harumque Rege weitläufftig beschrieben worden.

§. 7.
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Ob nun wol in jetztermeldter Dispuration zimliehe Nachricht von diesen Königs-Vögeln zu finden / so verhoffe doch dem curieusen Leser ein grössers Vergnügen zu geben / wann deinselben eine genauere Beschretdung dieser Vögeln / welche unter deß Herrn Herberti de Jagers, weiland Oberkoopmans bey der Ost-Indischen Compagnie zu Batavia Nova hinterlassenen MSS. gefunden / allhier mittheilen werde / welche auß dem Holländischen ins Teutsche übersetzet / also lautet: Die zweyte Sat. von den Paradiß-Vögeln wird ins gemein Königs Vögeln genannt / weilen nicht allein unser Volck / sondern auch die Indianer selbsten dafür halten / daß sie die Könige von gedachten Vögeln eyen / wiewohln solches von etlichen Arovanen nicht zugelassen wird; sicher aber ist es / daß sie unter und mit den andern Paradiß Vögeln fliegen / auch um dieselbe Zeit / da die grossen kommen / in Arov fliegen. Unterdessen ist dieser Vogel viel seltzamer / rarer und schöner / dann die gemeine / indem er nicht in solcher Menge komt / als die grossen / ist auch viel mühsamer zu schiessen / weßwegen auch wenig darvon zu uns gebracht werden.
|| [464]

§. 8.
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Dieser Vogel nun ist viel kleiner / dann der gemeine und grosse Paradiß-Vogel / ungefähr 7. zwerche Finger lang / ohne dergleichen grossen pflaumichten Schwantz / wie an den grossen zu sehen / indem diß Vögelgen einen kleinen kurtzen Schwantz von steiffen Federn hat; nichts desto weniger hat es doch auch zwey lange und steiffe Drätgen oder Faden / so auß dem Schwantz gehen / und ungefähr so lang sind / als das gantze Vögelgen / an deren Ende sich zwey runde Kringlein auffwerffen / so eines Weißpfenningsgroß sind / welche auß subtilen Federgen bestehen / und wie ein Nadel gedrehet sind / oben schön Schmaragd-grün und Mäußfahl / welche zwey Drätger das rareste an diesem Vogel sind. Sein Köpffgen ist sehr klein / oben Menningroth / am Hals und im Nacken Blutroth / und breitet sich dasselbige auß. Die Aeugelein sind sehr klein / hinter welchen ein schwarß Pläcklein stehet / der untere Hals und Brust Castanienbraun / mit etwas grau vermeugt. Unten an der Brust stehet ein Placken / wie ein halber Mond / von so subtilen Federn gemacht / als ob es schwartze Seide wäre. Dieser halbe Mond ist an etliche Orten durchauß und gläntzend schwartz / an etlichen mit Schmaragdgrün vermischt und widerscheinend / wie die Hälß an etlichen Andvögeln. Die Flügel sind nach Proportion deß Vögelgens zimlich groß / und viel länger als der gantze Leib von steiffen Federn / welche oben dunckel-castanien-braun sind / doch daß darzwischen rothe und gläntzende Federlein hervor scheinen. Ferner ist der gantze Rück und Schwantz schön Blutroth: der Bauch weiß mit grau vermengt: ander Seite hat es lange Pflaumfedern / die oben mit Maußfaal / und neben mit schön Schmaragdgrün eingefasset sind. Die Beine sind lang und schmahl / und die Füsse sind in 4. lange Zähen getheilet / an welchen scharffe Klauen stehen. Der Leib ist klein / und hat sehr wenig Fleisch / ungefähr so groß als ein Zaun-Königlein.

§. 9.
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Sonsten fällt dieser Vogel mit den Paradiß-Vögeln meistens in der Insul Arov, 17. biß 20. Meilen von Nova Guinea gelegen / welches vor sein recht Vatterland gehalten wird / indem niemand von den Arovanen jemahlen weder der Paradiß-noch der Königs-Vögeln Nester gesehen hat / sondern sie sagen einmüthig auß / daß beyde Vögel jährlich in den heissen Monaten von dar in ihr Land geflogen kämen / und hielten sich die grosse Paradiß-Vögel aus den grösten und höchsten Bäumen / die Königs-Vögel aber auf niedrig ligenden Sträuchen auf / worvon sie kleine rothe Beerlein und Erbsen essen.

§. 10.
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Es wird aber der Königs-Vogel entweder geschossen / oder mit Stricken gefangen. Jenes geschiehet nach der Sonnen Untergang / wird aber langsam getroffeu / theils weil er mit kleinen Trouppen flieget / theils weilen er klein und sehr geschwind ist; welches die Ursach ist / daß / wie oben gesagt worden / deren so wenig zu uns gebracht werden. Dieses geschichet mit Stricken von schwartzen Haaren gemacht / die sie von den Sagüeör oder Gomotbaum machen. So bald nun die Vögel gefangen sind / werden sie / wie die grosse / so balden auffgeschitten / und das Ingeweid unverzüglich herauß genommen / danu sie sonsten wenig Fleisch haben. Wann dieses geschehen / werden sie gedörret / welches entweder an der Sonn oder im Rauch geschichet / und werden alsdann in Bambousen oder hohle Röhre gesteckt / wo das Vögelgen rund und länglicht wird / wie sie in Banda zu Kauff gebracht werden. Besser aber ist es / wann man sie auffspaltet / und zwischen zwey schmaale Leder bindet / weilen man also das gantze Vögelgen besser von unten und oben sehen kan. Unterdessen werten die jenige / so in die Röhre gesteckt sind / in den Rauch gehänget / zuvor aber also verwahrt / daß die beyde Ende der Röhren wol zugestopffet seyn / daß kein Rauch eintringen könne. Auch muß man sie nicht gerad über das Feuer hängen / damit sie nicht warm werden / sondern also / daß sie der Rauch nur treffen könne. Die auffgespaltene müssen mit Campher bewahrt / und zwischen Papier geleget / auch der Bauch mit Spic-öhl bestrichen werden. Beyde müssen auch offt auffgemacht / in der Lufft gesaubert / und wieder auffgehobeu werden / dieweilen diese Vögelein in Indien gar gern verderben / absonderlich wann sie die Füssen noch haben.

§. II.
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Diesem nun vorzukommen / haben die Arovánen vor diesem im Gebrauch gehabt / von den Paradiß- und Königs-Vögeln nicht allein das Eingeweid / sondern auch die Füsse wegzuschmeissen / damit sie sich besser bereiten / und vor der Fäulung halten liessen. Nachdem sie aber nachmahlen verstanden / daß die Holländer dadurch in den Mißverstand gekommen / als wann die Vögel nie keine Füsse gehabt hätten / und stätig in der Lufft schwebeten; so pflegen sie aus unsere Gefahr die Füsse nun daran zu lassen / da zumahlen die Arvese Jusulen heuriges Tags unter der Regierung von Bandam stehen. Biß daher Herb. de Jager. Worauß zu ersehen / daß der sonst berühmte [465] Olearius allhier der Sach auch zuviel gethan / wann Er ad lib. 3. Itiner. Ind. Mandel. diese Wort setzet: Wir haben in der Gottorffischen Kunst-Kammer etliche Paradies-Vögel / welche zwey vollkommene Beine und Füsse haben: der Regulus aber oder König der Paradeiß-Vögel hat von Natur keine Füsse / sondern am Schwantze zwo lange Strahlen / als Pferde-Haar / an deren Ende schöne umgekrümte grüne Federn / mit welchen er sich an die Bäume anhängen kan. Wie schön aber dieses mit dem Augenschein überein treffe / ist auß unser Figur zuersehen / welche mit dem Königs-Vogel / so Herr Vitus vor einigen Jahren mit auß Ost-Indien brachte / und mir in Franckfurt gezeiget / gäntzlich überein trifft.

§. XII.
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Noch viel rarer ist derjenige Vogel / welchen unter wohlermeldtens un̅ sehr Curieusen Herrn de Jägers Schrifften gefunden und in der Mitten des beygesetzten Kupffers zuersehen ist / welcher biß dahero von keinem eintzigen Scribenten / so viel mir wissend observiret / von obgemeldten Authore aber also beschrieben wird: Der krumme Schnabel an diesem Vögelgen ist etwas länger / als an dem Paradieß-Vogel / oben etwas schwartz und unten lichtroht: der Kam̅ ist etwas lichtroht und von Federn: die Füsse roth und etwas länger / als an den Paradieß-Vögeln / mit 3. Klauen. Auff dem Rücken hat es dunckelgrüne Federn / an der Brust aber sind sie etwas graulicht und hangen etwas lang von dem Bauch: der Schwantz / wie am Paradieß-Vogel / außgenommen daß nicht so viel Federn hervor schiessen / als an den Paradieß-Vögeln: die Augen dunckel und der Aug-Apffel roht. Weiter hab noch nichts erfahren können.

Das XXII. Capitel.
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Von den Schottländischen Hänsen und Eiderdunen.

§. 1.
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DIe Gemeine / so wohl zahme / als wilde Ga̅nße hier weitläufftig zubeschreiben / achte vor ohnnöthig / zumalen vonde̅ Letzte̅ gar nichts / von den ersten aber nur einige Theile / als das Fette und Feder-Kiel unter die Materialien kommen / von welchen man am End dieses Capitels kürtzlich handeln wird. Jetzo aber wollen wir nur die so beschreyte Schottländische Gänße oder
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ANSERES SCOTICOS sonsten auch Baum-Gänße genandt / ein wenig betrachten / von deren wunderlichen Ursprung so vieles disputirens unter den Gelährten gemachet wird. Diese Gänse nun sind eine Art wilder Gänsen / so me istens in Schottland (worvon sie den Nahmen haben) gefunden werden und heissen bey den Schort- und Engelländern The BERNACLES oder CLARIS, bey den Franzosen aber MACQUEROLLES und MACREUSES: sind etwas kleiner als unsere Hauß-Gänse / haben einen schwartzen Schnabel / wie die wilde Gänse / aber viel kürtzer und klemer: der Halß und die Brust sind grauschwartz geschilt / der Bauch weiß / die Flügel- und der Ruck mit grau und schwartz melirt: die Spitze am Schmantz weiß / dann die übrige Federn am gedachten Schwantz gantz schwartz sind / wie solches Fr. Willuchbee. im dritten Buch seiner Anithologi cap. 2. §. 3. p. 274. am besten beschrieben und in obiger Figur unter Augen geleget hat.

§. II.
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Es lassen sich aber diese Gänse auch in Schottland nicht allezeit und durch das gantze Jahr sehen / sondern nur im Herbst un̅ Winter / da sie / wie unsere wilde Schnee- und Hagel-Gänse mit grossen Hauffen geflogen kommen und allda über wintern: daß man also allda nit weiß / woher sie kommen und wo sie gezeuget werden / wie der Edle Robertus Sibbaldus in einem besondern Bericht von den Schottländischen Gänsen / welchen er am Ende seiner Scotiae Illustratae oder Prodromi Hist. Nat. Scot. Part. 2. lib. 3. pag. 38. angehänget hat / versichert: und weilen sie sich gemeiniglich an das Ufer des Britannischen Meers / absonderlich in der Landschafft Lancaster / an denjenigen Orthen / wo die so genandte CONCHAE ANATIFERAE liegen / niederlassen / so ist daher der gemeine Wahn entstanden / daß sie entweder aus diesen Muscheln / oder von den Bäumen / daran sich solche ohngefehr Klammern generirt oder gezeuget würden / wie jetztbelobter Sibbaldus c. l. nicht unrecht schliesset.

§. III.
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Damit man nun recht auff den Grund dieser Sachen kommen möge / wollen wir bey dieser Gelegenheit auch die jetztgemeldte und so genandte. CONCHAS ANATIFERAS kürtzlich besehen / welche von einigen auch Bernacles, von andern aber / absonderlich in Museo Societ. Reg. Angliae besser BARNACLEN SHELS oder Bernakel-Muscheln genennet werden / und finden sie sich nicht allein in Schottland sondern auch in Norwegen / wie D. Wormius in Mus. p. 257. und Jacob. in Mus. Hafniensi p. 21. berichten. Diese Muscheln nun sind nichts anders als eine Art von Balanis marinis und bestehen auß dreyeckichten zusammen geschlossenen Schüsselein / so außwendig glatt und wie blaulicht sind / auch unten einen runtzelichten weichen Stiel haben / wormit sie sich an die Bäume / Schiffe und andere Cörper anhangen / und wodurch das inwendige Thier oder Wurm (welcher etwa Fingers dick / weiß und 5. biß 6. Zoll lang ist) seine Nahrung suchet und sich deßwegen auch wie ein Wurm beweget und reget. Was aber noch sonderlich zumercken ist / so befinden sich an diesem Wurm einige umgekrümte Fäserlein / welche gleichsam wie Federn außsehen / absonderlich wann sie sich außgebreitet und also auß der Muscheldringen / wie oben an der 3. Figur zusehen ist.

§. IV.
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Diese letztberührte Fäserlein und vermeinte Federn nun gaben der obgemeldten Meinung / wie daß nemlich die so genandte Baum-Gänse oder Bernakles aus diesen Muscheln gezeuger würden / noch einen grösseren Schein / so gar / daß auch viele Gelehrte solches geglaubet / und Michael Meyerus diese Meinung in einem besondern Buch de Volucri Arborea zu hehaupten gesuchet hat. Jaman hat deswegen zu Pariß in der Sorbon durch einen allgemeinen Ausspruch dafür halten wollen / daß diese Gänse deswegen nicht unter die Vögel / sondern unter die Fische zu rechnen / auch deswegen in der Fasten-Zeit solche zu essen erlaubet seyen / wie solches ein glaubwürdtger Frantzoß D. Wormio, laut dessen Musei p. 25. erzehlet hat. Weßwegen auch diese Gänse zu solcher Zeit auß Schott- und Engeland nach Pariß gebracht werden / wie obbleobte Sibbaldus Prodrom. Hist. Nat. Scot. part. 2. lib. 3. c. 6. p. 21. berichtet: allwo sie an statt der Fische verkauffet und genossen werden / wie jetzt bemeldter Wormius l. c. schreibet / welcher dieser Meynung mit dem Scaligero, Aldrovando, und andern auch nicht abgünstig zuseyn scheinet.

§. V.
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Nachdem aber bey den heutigen Naturkündigern es eine auß gemachte Sache ist / daß ein jedweder Thier sich durch seinen eigenen Saamen vermehre und also die sogenandte generatio aequivoca auch nicht bey dem geringsten Ungezieffer mehr zugelassen wird / so folger der berühinte Willugbeius e. l. nicht unbillich darauß / daß solche viel weniger in so grossen Vögeln statt habe un̅ hält also diese Meynung billich vor eine Fabel / zumahlen der so offt belobte Sibbaldus, welcher alles in Schottland am besten erfahren und beschrieben / auch diesen Irrthum widerleget und gezeiget hat / daß die so falsch genandte Baum-Gänse allda nicht gezeuget würden / sondern anderstwo her geflogen kämen: die Erfahrung auch bezeuget / daß wie andere Vögel / auch diese auß ihren Eyern gebrütet würden / welche nicht allein Senguerdus in Zerlegung der Weiblein gesehen / sondern auch die Holländer in ihren Nordischen Schiffarten gefunden / und [467] daß die jenigen darauß gebrütet wurden / in acht genommen haben / wie Levinus Hulsius in den Holländischen Schiffarten de Anno 1595. 1596. 1597. bezeuget; und weilen diese letzterte Meynung auch mit der H. Schrifft vielmehr überein kommet / wie Franzius in Hist. Animal. pag. 400. erinnert / so stimmen wir derselben auch willigst anbey. Wer aber noch ein mehrers von diesen Gänsen zulesen verlanget / kandes Deufingii Diss. de Anseribus Scoticis nachschlagen / worinnen diese Fabel weitläufftiger abgehandelt worden.

§. VI.
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Was endlich diejenige Simplicia welche von dem Hauß-Vieh herrühren / anlangen thut / so hat man in den officinen das Gänse-Fett und die gezogene Schreib-Federn oder Spulen / mit welchen letztern die Feder-Händler ein grosses Gewerb treiben / ohne daß sie von denen Bett- und Pflaumen-Federn auch grossen Gewinn heben. Das erste / nemlich das Gänse-Fettoder AXUNGIA ANSERIA hat eine sehr erwärmende / durchdringende und zertheilende Krafft / und erweichet nicht allein innerlich den erhartenden Leib / sondern befördert auch bey den kleinen Kindern den Stuhlgang / wann es nur eusserlich auff den Nabel gebunden wird: Praeserviret die Glieder von den Frostbeulen und heilet allerhand Schrunden. So wird es auch gegen den Krampff / Lähmigkeit und Contractur gegen diejenige / so von dem Scharbock rühret / worvon Ettmüll. in Comment. Schroed. p. m. 803. weiter zusehen ist.

§. VII.
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Die Spulen oder Schreib-Kielen betreffend / so werden dieselbige Tausendweiß rohe eingekaufft und hernachmahlen gezogen / welches also zugehet: Man stecket die Kiele in stedheiß Wasser / heissen Sand oder Asche / biß sie weich werden / streiffet alsdann mit einem Messer das äusserste Häutgen davon ab / indem man dieselbige damit auff das Knie trucket und mit dem Messer darüber herfähret: Und weilen die Kiele hiedurch zusammen fallen / so entstehen an beyden Seiten zwey durchstchtige Striemen darvon / woran die gezogene Federn von den rohen unterschieden werden. Wann nun solches geschehen / so sortiret man die beste / grösseste und härteste Kielen von der Mittel- und schlechten Gattung / und bindet sie in runde Bündlein / deren eines etwa 25. 50. biß 100. in sich hält: Uud werden die Sorten an den Seilern oder Bindgarn / welche sie roht färben / erkandt und einige roht Band / einige doppel roht Band genennet / wie ich solches zu Franckfurt bey einem Feder-Händler in acht genommen hab.

§. VIII.
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Die übrige kleine Federn werden zu den Betten und Kissen gesuchet: welchen doch die so genandte CIDERDUNEN Steendunen oder Otterdunen weit vorzuziehen sind / welche überauß leichte und sehr zarte / theils weise / theils graue Pflaum-Federn sind / so auß Island über Dennemarck herauß gesendet werden: Und rühren dieselbige von einer Art wilden Endten / EIDER genandt / her / welche in Island in den Fervensischen Insulen gefunden werden.

§. IX.
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Diese Enten sollen in die See-Klippen nisten / und weilen sie sich zu gewissen Zeiten Federn / so lassen sich die Einwohner nicht ohne grosse Lebens-Gefahr mit Stricken dahinunter und sammlen diese Federlein auff / wie D. Wormius in seinem Museo p. 302. solches / wie auch die Endte selbsten am besten beschrieben hat / welche mit der Schottländischen Càlcâ, deren Buchananus rerum Scotic. lib. I. gedencket / übere inzukommen scheinet / so dergleichen weiche Federn / ohne Kiel hat / auch dieselbe von sich selbsten abwirffet / wie Robertus Sibbaldus in Historanimal. Scot. Part. 2. lib. 3. p. 21. berichtet und dieselbige Tab. XVIII. - in obiger Figur unter Augen leget.

§. X.
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Wie zart und weich aber diese Federlein seyen / ist darauß abzunehmen / weilen 3. Pfund davon in einen Klumpen / so kaum einer Faust dick / zusammen gepacket werdë können / doch aber nachmalen sich also voneinander thun / daß wann diese Pflaumsedern erstlich von einander gerissen und in einem Kessel behutsam über glüende Kohlen gehalten werden / ein gantzes Deckbett / so fünff Schule in die Länge und so viel ut die Breite hat / außfüllen / wie solches von Thomâ Bartholino Cent. 2. Epist. 5. und Reyhero Disput. de Aere angemercket: dessen Ursach aber von D. Ettmüllern in Disp. de Respiratione cap. 7. §. 3. untersuchet worden. Weßwegen dann diese Eiderdunen von den grossen und vornehmen Herren zu den Reyß- und Feld-Betten sehr gesuchet / auch deßwegen weit und breit verführet werden.
|| [468]

Das XXIII. Capitel.
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Von den Indianischen Vogel-Nestern. Abbildung

§. I.
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BLeich wie heut zu Tag die Lüsterkeit der Menschen so hoch gestiegen / daß fast nichts zu absurd oder ackelhafftig ist / das man nicht zum appetit wol zu zubereiten weiß: Also hat man auch vor kurtzen Jahren einige Vogels-Nester zu einer grossen Rarität und Leckerbißlein auff grosser Herren Taffel gebracht / von welchen man noch wenig in Schrifften findet / weßwegen dann selbiger auch mit wenigem zu gedencken ist.

§. II.
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So viel zwar findet sich / auch bey den uhralten Medicis, daß man zur Artzney jezuweilen auch Vogel-Nestern gebrauchet habe / deren nicht allein Andromachus und andere bey dem Galeno Meldung thun: auch noch heut zu Tag zur Gnüge bekandt / daß die Schwalben-Nester bey uns in der Hertz-Bräune und dergleichen Inflammation äusserlich mit gutem Success auffgeleget werden; daß man aber dergleichen jemahlen in der Speise genossen / wird man nirgends lesen; biß endlich in dem vorigen Jahr Hundert diese unsere Vogel-Nester zum erstenmanl in Europam gebracht und auff gewisse Art zubereitet / unter andern niedlichen Essen-Speisen auffgetragen werden / welche dann vor desto delicater gehalten werden / je rarer und theurer sie sind; dann was nichts kostet / das schmäcket auch nichts.

§. III.
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Daß sie aber so kostbahr sind / kommet daher / weilen sie nicht allein in Ost-Indien selbsten theur sind / sondern auch noch darzu eine so weite Reyß zu uns gebracht werden. Sie finden sich an den See-Klippen / deren in den Theilen Indien / so Coromandel genennet wird / viel gefunden werden / wo sie von gewissen Vögeln mit viel Tausend zusamen getragen gebauet werden. Was aber dieses vor ein Art Vögel sey / ist noch nicht gäntzlich bekandt / obschon der berühmte Medicus in Dennemarck. D. Wormius zu seiner Zeit sich sehr / umb solche znerforschen bemühet / und deßwegen an den Herrn de Laet, einen gleichfalls berühmten Indianischen Stribenten / einen Brieff geschrieben / welcher ihm aber weiter nichts berichten können / als daß es kleine Vögelein / den Schwalben nicht ungleich seyen / wie solches in des Herrn Wormii Museo p. 311. zusehen ist. Pomet nennet sie Alegones, setzet aber nicht / wo er solches erfahren. Sollen gar zarte Vögelein seyn / so bald sterben.

§. IV.
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Wann nun diese Nester von den Einwohnern eingesamlet werden / schlagen sie dieselbe zu 500. in Canaster, wie den Thee: und kompt in Indien die Catien oder füffvierthel Pfund 1. Reichsthaler / wie mich Herr Vitus, als er daher kommen und solche selbst gesammlet hatte / berichtet. An sich selbsten sind diese Nester so groß / als ein halbes Ganß-Ey / weißlicht und an ihrem Wesen der Hauß-Blasen nicht ungleich / auß vielen Fässerlein zusammen gesetzt / dieweilen sie von lautern Fischzäserlein / und absonderlich von den Vögelein also zusammen gefüget werden / wie mir von einigen Jahren Herr D. Kempffer / so sich lange Zeit in Ost-Indien auffgehalten / so sich lange Zeit in Ost-Judien auffgehalten / mündlich bezeuget hat; wiewohlen andere / so auß Ost-Indien kommen / behaupten wollen / daß sie von der weissen schlotterichten Materie, darauß die Ambra-Grysea gezeuget wird / herrühren / welche die Vögelein auff der See abpickten: dahero auch deren Stärckende Krafft entstehen soll. Bißweilen finden sich auch einige Federlein und kleine stücket von Eyer-Schalen darinnen / welches dann mehrern Glauben machet / das es warhafftige Nester seyen.

§. V.
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Was deren Nutzen und Gebrauch anbelanget / so werdë sie von den Judianern vor eine vortreffliche Magenstärckung gehaltë / welches zu meiner Zeit die Abgesandte von Siam in Paris / Anno 1687. zubehaupten suchten / und derowegen solche einigen vosnehmen Königlichen Ministris, so ihnen entgegen geschickt [469] waren / offerirten / wie solches in der zu solther Zeit in Franckfurt gedruckten Reiß-Beschreibung der Abgesandten von Siam p. 45. dritten Theils auffgezeichnet worden.

§. VI.
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Nechst diesem werden diese Vogel-Nester auch sehr zum Beyschlaff angerühmet / wie dann insgemein diejenige Medicamenten / so den Magen stärcken / auch demselben zu statten kommen, Unterdessen wann dan es bey dem Liecht besehen soll / dörffte solche Krafft und Tugend mehr von andern zusätzen / damit sie zubereitet werden / herrühren; weswegen auch ein vornehmer Italiänischer Scribent / Franciscus Redi in seinen Experimenten p. 167. solches mehr verlachet / als approbiret; auch sonsten bekandt / daß wann man den Beyschlaff in Apothecken holen soll / es schlecht bestellt sey.

§. VII.
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Die Zubereitung aber geschiehet also: Man kochet diese Vogel-Nester in Hüner- oder Kalb-Fleisch-Brüher / biß sie weich sind / worauff sie mit Butter und allerhand köstlichen Gewürtzen also angemachet werden / biß sie einen annehmlichen Geschmack bekommen / worauff sie mit der Gabel von einander gerissen nnd genutzet werden / wie von deren Zubereitung und Gebrauch Herr Adamus Olearius in Beschreibung der Gottorpischen Kunst-Kammer p. 24. und der Herr von Kochberg am Ende seines Adelichen Lands und Feld-Lebens in einem absonderlichen Capitel mit mehrern können nachgelesen werden.

Das XXIV. Capitel.
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Von dem Wall-Roß und dessen Zähnen. Abbildung

§. I.
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DIe Wall-Roß-Zähne oder DENTES HIPPOPOTAMI sind grosse und dicke Zähne / ohngefehr zweyn Schuhe lang / und oben einen halben Schuh dick / auswendig graulicht / und inwendig schön weiß / auch so hart / daß / so man dieselbige zusammen schläget / Feuer heraus springt; werden aus Aethiopien heraus gebracht / allwo das Thier bey dem Fluß Nilo meistens zu findë ist / wie Everh. Wilh. Happelius iu Theat. Exotic. p. 84. nebst andern bezeuget.

§. II.
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Das Wall-Roß oder HIPPOPOTAMUS selbsten ist das gröste unter den Amphibiis oder denjenigen Thieren / so bald auff dem Land / bald im Wasser leben / und wird von Thom. Bartholino im dritten Hundert seiner Medicinalischen Episteln p. 291. nicht unbillich. unter die PHOCAS oder die Meer-Kälber gezehlet; daß es aber von den Griechen ein See-Roß genennet worden / ist ohne Zweiffel daher kommen / weilen der Kopf einiger massen einem Pferds-Kopff gleich siehet / absonderlich / wann [470] es denselbigen aus dem Wasser strecket / wie der edle Herr Ludolf solches durch obige Figur in seiner Histor. AEthiopica Lib. I. c. 11. num. 2. gezeiget / allwo zugleich des gantzen Thiers Abbildung und Figur zu finden / welche mit demjenigen Wall-Roß / so in dem Umbgang des Horti Medici zu Leyden in Holland auff gebalget und ansgestopffet stehet / und ich vor diesem selbsten gesehen / ziemlich überein kommet.

§. III.
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So trifft auch des Thevenots Beschreibung in Ansehen derselben wohl zu / wann er in dem 72. Capitel des zweyten Theils seiner Keiß-Beschreibung setzet / daß es an Farb Castanienbraun (welche doch an obgemeldten Haut etwas schwärtzer war/) von der Höhe eines Cameel-Thiers und noch einmahl so groß als ein Ochs sey: Einen Kopff / wie die Pferdte / doch viel dicker habe / kleine Augen und grosse offene Naßlöcher: dicke und bey nah runde (doch kurtze) Füsse / mit vier Klauen / wie das Crocodill / begabet: einen sehr kleinen Schwantz wie der Elephant / gar keine oder wenig Haar auff der gantzen Haut habe / welche so hart und dick ist / das ste nicht leicht durchsschossen werden kan / es werde dann an den Kinnbacken getroffen / aus welchen ohne die übrige / zween grosse Augen-Zähne / so etwas über sich gebogen / etwa eines halben Schuhes lang / und in der dicke eines Ochsen-Horus aus dem Maul gehen / wormit es des Nachts den Fischen / des Tags aber den Früchten grossen Schadenzufüget.

§. IV.
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Weilen nun Hiob c. 40 §. 10. dergleichen Eigenschafftendem Behemoth, dessen er dorten gedencket / zuleget / so sind einige Gelehrte / absonderlich der berühmte Bochartus in seinem geistlichen Thier-Buch oder Hierozoice Lib. 5. 6. 15. auff die Gedancken gerathen / daß man durch den Behemoth nicht so wohl den Elephanten (wie der Ausleger biß daher gesetzet hat/) als das Wall-Roß verstehen müsse / indem er nicht allein Heu wie ein Ochs frißt / sondern auch im Rohr uud Schlamm verborgen lieget / welches / wie auch die übrige Eigenschafften / so Hiob demselben ferner zuschreibet / von dem Elephanten nicht können verstanden werden / wie obbelobter Herr Ludolf diesen Streit weitläuffig ventiliret / und in seinem Commentar. in Histor. AEthiop. p. 157. gründlich eröttert hat.

§. V.
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Was den Nutzen und Gebrauch dieses Thiers anlanget / so dienet es nicht allein den Einwohnern in Aethiopien zur Speiß / als welche dessen Fleisch / wie wir das Ochsen-Fleisch essen sollen; Sondern es wird auch in der Artzney gerühmet / allwo nicht allein den Zähnen / sondern auch dessen Priapo, so fast gantz beinern ist / eine grosse Krafft den Stein / todte un̅ lebendige Frucht / nebst die Nach-Geburt zubefördern / zugeschriebë wird. Am meisten aber werden die Zähne darvon heraus gebracht / und sehr auffgesucht / als welche wegen ihres flüchtigen Saltzes und absorbirender Krafft nicht allein innerlich gegen alle Blutstürtzungen / und absonderlich gegen diejenige Alteration, so von grossen Schrecken herrühret / gerühmet / sondern auch äusterlich gegen den Krampff an Händen und Füssen gerühmet wird / weswegen entweder nur Finger-Ring oder auch gantze Gürtel darvon gemachet werden / dergleichen Wormius einen in Mus. 290. beschrieben. So bedienen sich auch die Zahn Aertzte (wie sie sich nennen) dieser Zähne sehr / indem sie diejenigen Zähne / welche sie an statt der aus gefallenen einzusetzen / und mit Gold-Drat an die andere zuhefften wissen / daraus drehen / weilen sie nicht so bald gelb werden sollen / wie andere / so sonsten aus dem Helffenbein gedrehet worden.

§. VI.
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Letzlich muß noch eines andern Thierleins gedencken / welches von einigen Scribenten auch das Meer-Pferdoder EQUUS MARINUS genennet wird / weilen es am Kopff auch einiger massen einem Pferd gleichet / absonderlich / wann es in der offenen See treibet / und nur mit dem Kopff heraus gucket; wie es zum offtern von denjenigen / so in Ost-Indien reisen / gesehen werden soll: Ist sonsten ein klein / schuppichtes und etwas stachlichtes Ding / wie oben aus der Neben-Figur zu ersehen: Hat sonderlich keinen grossen Nutzen in der Artzney-Kunst / ausser daß die Aschen davon mit Fett oder weichem Hartz die verlohrne Haar wieder bringen soll / wie Pomet in Histor, Simpl. Lib. 1. p. 87. aus dem Matthiolo erwehnet hat.
|| [471]

Das XXV. Capitel.
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Von denen Erd-Crocodillen / Crocodill-Stein und Kampffhaan. Abbildung

§. I.
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DIe Erd-Crocodillen oder SCINCI MARINI sind vielfüssige Thierlein / wie eine klei-Eidex anzusehen / ohngefehr eines halbë Schuhes lang / und eines Daumens breit / äusserlich Aschfarbigt und voller Schuppen / mit einem langen runden Kopff und auff gespitzten Maul / langen und runden Schwantz / worvon biß au das Haupt ein braumer Strich gehet; kamen vor diesem aus Aegypten über Marseille / allwo sie nechst dem Nilo zufinden: Heut zu Tag aber werden sie aus Italien über Venedig todt ausgenommen und auffgetrucknet überbracht / wie Pomet in Hist. Simpl. P. 2. L. 1. cap. 29. und Marxius in seiner Material-Kammer p. 186. bezeuget.

§. II.
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Die beste sind / welche groß / dick und lang / weiß / schwer / doch trucken und noch gantz sind. Sie müssen auch keinen dumpffichten und verlegenen Geruch haben / und noch frisch seyn; indem die alte leicht wurmstichicht werden / und ihre Schwäntze verlieren; weswegen sie auch in Wermuth geleget / und darinnen verwahret werden sollen / wie Schurtzius in seiner Material-Kammer pag. 91. erinnert.

§. III.
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Ihre Kräfften betreffend / so will man ihnen auch eine Gifft-treibende und Bezoartische Würckung beylegen / weswegen sie mit zum Mithridat gezogen worden / welche ohne Zweiffel von ihrem flüchtigen Saltz oder ??? vol. herrühren muß / Krafft dessen sie auch die männliche Natur stärcken und den Beyschlaff befördern sollen; dahero sie auch von den Alten unter das bekandte Elect. Diasatyrionis genommen / von dem Mynsicht und Langio aber unter ihre Confect. Pacif. und Morsulos Aphrodisiacos gezogen worden. Es ist auch nicht ohne / daß die recht veritable Scinci terrestres, oder Erd-Crocodillen dergleichen Kräfften gehabt haben: Weilen aber diese langsam oder gar nicht herausser kommen / wie Forestus lib. 26. Obs. 26. behaupten will; [472] die Scinici marini aber / so von den Venedischen Juden überschicket und in unsern Apothecken gefunden werden / dergleichen Kräfften nicht haben / wie Gesnersn im Thier-Buch und Ettmüllerus in Comment. Schroed. p. 876. geschrieben; So kan man so sehr nicht mehr darauff bauen / ist auch nicht vonnöthen sorgfältig zu disputiren ob zu dem Mithridat der Bauch allein / zu den geilmachenden Artzneyen aber der Schwantz zugleich zunehmen sey / worvon Ammannus, Hoffmannus und Dale zusehen-Noch viel weniger ist des Plinii experiment zu trauen / wann Er vorgibt / daß / wann die zu Aschen verbrandte Haut auff diejenige Glieder / so von den Wund-Aertzten abzunehmen sind gestrenet wurde / der Patient keinen Schmertzen fühlen solle / worvon Wormius in Mus. 315. zusehen ist.

§. IV.
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Hier gibt es Gelegenheit auch des Crocodils-Steines oder LAPIDIS CAYMANUM zugedencken / welchen Nicolaus Monardes vor diesem / zu erst / und nach ihm Wittichius in seiner reutschen Beschreibung verschiedener Simplicium p. 26. Boetius de Boot in Hist. Gemmar. p. 353. und. Mallet in seiner Cosmagraphi p. 3. p. 34. also beschrieben haben / daß sie in dem Magen der Crocodillen / so in Africa Caimanes heissen / gefunden würden und denen Steinen / so in gemeinen fliessenden Wasser gefunden werden / nicht ungleich seyen; und weilen deren viele in einem Thier gefunden werden / stehet dahin / ob sie solche nicht etwa zuvor verschlungen haben. Indessen pflegen die Indianer und Spanier solche Steine fleissig zusammlen und als ein fürtrefflich Mittel gegen das Quartan-Fieber auffzuheben / vorgebende / daß / wann man dem Menschen zween derselbigen Steinen / im Anstoß des Fiebers an jeden Schlaff einen binde / solche entweder das Fieber gantz und garvertreiben / oder doch die grosse Hitze mit Gewalt dämpffen sollen / dessen Monardus ein Exempel anführet.

§. V.
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Die CROCODILLEN selbsten aber sind abscheuliche grausame Thiere / und die gröste Art Eydexen / welche zuweilen 18. biß 20. Schuh lang sind / weilen sie so lang sie leben / an der Grösse znnehmen / und werden deswegen in dem Buch Hiob c. 40 §. 20. durch den LEVLATHAN verstanden / wie der Herr Ludolf in seiner Historiâ AEthiopicâ Lib. I. cap. XI. und dessen Commentario p. 189. erwiesen wird. Sie halten sich meistens in dem Fluß Niio in Aethiopien auff / gehen aber zugleich auffs Land / die Nahrung zu suchen / allwosie auch die Menschen / wann sie dieselbe erhaschen / verschlingen. Doch soll man sie zuweilen so zahm machen können / daß sie den Leuten auff die Achsel springen und mit ihnen spielen / wie mich ein guter Freund / so aus Orient gekommen / versichert hat, wie sie aber gefangen werden / stellet Mallet im dritten Theil seiner Welt-Beschreibung von Africa p. 34. in einer Figur unter Augen: Es brauchen nemlich die Jäger diese Liste: daß sie einen Hacken oder Angel an ein Schwein / Hammel oder Geiß binden / und dem Thier zu jagen. Wann nun solches hungerig ist / so verschlinget es mit grosser Begierd das Schwein sammt dem Angel / welcher sich in dessen Eingeweid anhänget und es umbringet; wormit es nachmahlen heraus gezogen wird: Soll ein weisses / wohlgeschmacktes Fleisch / so wie Capaunen schmecket / haben / dahero es auch in der Fasten genossen wird. Sonsten sollen die Crocodillen viertzig Tage ungegessen bleiben und leben können. Daß man aber vorgibt / sie könten im Kauen den ödern Kinbacken / wie den unteren bewegen / ist gantz erdichtet / indem derselbe / wie an allen andern Thieren / gantz fest und unbeweglich am Cranio ist / wie an dem Sceleto vom Crocodill zu Londen in Museo Greshamensi selbsten gesehen habe / und zeigen es auch andere auffgedörrete Crocodillen / so hin und wieder in den Kunst und Naturalien-Kammern zufinden sind.

§. VI.
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Ob nun gleich das Crocodill über den gantzen Leib / absonderlich oben mit sehr dicken Schuppen also verwahret ist / das keine Musqueten-Kugel durchdringen kan / so thut es doch damit andern so keinen grossen Schaden / wie der so genandte Kemphaane oder CROCODILASTER CRISTATUS, dessen wahre und vondem lebendigen Thiere abgenommene Abbildung / wie sie oben zu sehen / mir ohnlängst von einem guten Freund aus Indien gebracht worden; welches vielleicht der jenige grosse Wasser-Eidex ist / welcher mit seinem scharffen Schwantz den Menschen ein Bein abgehauen / und deswegen von den Italiänern CAUDIRERBERA genennet wird; worvon obbelobter Ludolfi c. l. mit mehrern kan gelesen werden.
|| [473]

Das XXVI. Capitel.
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Von dem Bibergeil / Biber-Lett und dessen Haaren. Abbildung

§. I.
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DAs so genandte Bibergeil oder CASTOREUM bestehet aus länglicht runden Eicheln oder Säcklein / bey nahe eines Eyes groß / äusserlich braun anzusehen / inwendig mit einer Zimmetfarbichten Materie / theils einer Fettigkeit angefüllet / welche einen scharffen und etwas bittern Geschmack / nebst einem starcken und sehr widrigen Geruch haben; kommt meistens aus Litthauen über Dantzig / wiewohlen es auch in Teutschland Franckreich und andern Orten zu finden ist.

§. II.
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Der Nahme dieses Mittels kommet von dem Thier / worvon es herstammet / welches Biber oder CASTOR genennet wird / und ein recht wundersames Thier ist / so von fornen einem vierfüßigen Thier / von hinten aber einem Fische ähnlich ist / und weilen es sich theils auff dem truckenen Laud / theils in dem Wasser ernehret / unter die Amphibia gezehlet wird. Der Gestalt nach stehet es vornher einem Dachs gleich / hat einen Kopff wie ein Murmel-Thier / und forn un Mund viel lange Zähne / so auswendig Pomerantzengelb / inwendig weiß sind / mit welchen es nicht allein die Bäume schaben / sondern auch dieselbe gar ninbhauen kan / auch wann es jemand damit beisset / nicht nachlassen soll / biß es die Beine krachen höret. Am Leib ist es ziemlich corpulent / und ohngefehr wie ein halbjähriges Schwein / mit kurtzen Füssen wie ein Dachs / davon die forderste Pfoten den Hunds-Füssen / die hinderste aber den Gäns- oder Schwanen-Füssen gleich kommen: Und da es sonsten am gantzen Leib schöne dunckelbraune und sehr zarte Haare am Beltz hat / ist der Schwantz nur eine auffgeblasene Haut / gleichsam in Schuppen unterschieden / und auswendig Aschenfarbigt anzusehen / welchen es immer im Wasser halten soll / indem es seine Höhle gar künstlicher weiß / mit etlichen Stockwercken an den Ufern bauen / und daraus den Fischen und Krebsen / wormit es sich im Wasser nehret / nachstellen soll / wie Johann Marius, ein Augspurger Medicus, in seiner Castrologia weitlaufftig darvon handelt / welche D. Johann Francus nach seinem Tod in Druck gegeben hat.

§. III.
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Nun fragt sichs / wo das so gerühmte Castoreum an diesem Thier wachse und zu finden sey? Unsere alte Vorfahren gaben einhellig vor / es wäre dasselbige nichts anderst / als die Geilen oder Hödlein des Bibers / weswegen es auch Bibergeil genennet worden: Ja viele setzen hierzu / daß weilen das Thier wüste / daß es deswegen von den Jägern auffgesuchet würde / sich in der Flucht dieselbe selbsten abbisse / und von sich werffe / damit die Jäger von ihm ablassen möchten. Allein heut zu Tag wird diese Meinung von allen Gelehrten vor ein blosses Mährlein und Gedicht gehalten / ohnerachtet Schroederus selbsten in seiner Pharmacop. Med. Chym. lib. 5. p. 14. und Vielheur in Beschreibung frembder Materialien pag. 172. denselben noch beygepflichtet haben; dann zugeschweigen / daß die Biber sich immer umb das Wasser halten / und wan̅ sie verfolget werden / sich leicht ins Wasser werffen könten / so [474] ist erstlich gewiß / daß die Geile / ja die andere so genandte Biber-Geil / in dem Biber / wie an den Schweinen / so tieff verborgen liegen / daß das Thier solche ohnmöglich ausbeissen kan / wie Discorides schon zu seiner Zeit gerochen / und an der gemeinen Meinung zu zweiffeln angefangen / welcher sich Rondeletius nachmahlen am ersten mit Ernst entgegen gesetzet / weilen das so genandte Bibergeil so wol an den Weiblein als Männlein zu finden: Keine Gemeinschafft mit den Geburts-Gliedern hat / auch ohne diese so genandte Bibergeil noch die rechte Geilenan dem Biber gefunden werden / welche / wie an andern Thieren aus vielen funiculis und Zäserlein bestehen / da hergegen in den Bläßlein / so man restoreum nennet / nur eine braune / mit etlichen Häutlein vermischte Materie Fett und dergleichen gefunden werden / wie solches Wormius in Mus. pag. 321. Thom. Bartholinus Cent. I. Epist. 9. Hoffmannus Clau. Schroed. 653. und viele andere berühmte Medici, nebst dem Gesn. Aldrovando und andern längst erwiesen haben; Und hat man desto weniger Ursach hieran zu zweiffeln / weilen man solches alles zu Pariß in einer öffentlichen Anatomie und Zerlegung eines Bibers befunden / wo ohne die rechte Hödlein / welche kaum so groß als eines Hahnen-Hödlein sind noch 4. grosse Bläßlein unten am Leib / beym Scham-Bein gefunden. Die zwey oberste etwas kleinere / und ein Fett / die unterste aber grösser / und eine graue Materie in sich gehabt / aller aber mit einer fleischichten Haut umbgeben / wie solches nachmahlen in einer Frantzöischen Beschreibung / genannt: Description Anatomique d' un Cameleon, d'un Castor, d' un Dromedaired un Ours & d'une Gazelle, dessen Einhalt im Journal des Scavans Tom. V. An. 79. Mens. Decemb. zufinden ist.

§. IV.
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Wan̅ nun diese bißher beschriebene Blasen / so man noch Bibergeil nennet / ausgeschnitten sind / werden sie zusammen gebunden / und eine Zeitlang in Schornstein gehänget / biß sie wol getrucknet / die inwendige Materie hart / und das Beutelgen auswendig braun worden / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues L. 1. p. 21. berichtet: Es müssen aber die Bläßlein nicht gar zu schwartz gedörret werden / indem einige Materialisten in der Meinung stehen / der schwartze halte Gifft in sich / wiewohlen aber dieses eben nicht glaublicht ist / so wird doch der schwartze nicht vor gut gehalten / wie Schurtzius in seiner Material-Kammer p. 21. berichtet / ohne Zweiffel / weilen er zur Fäulung geneiget: Es sollen auch die Säcklein nicht gar zu feist und voller Fett / sondern fein trucken und sauber seyn / auch im auffschneiden fein gelb-braun und nicht schwartz aussehen. Die auff einer Seiten mit etwas weißlichten Fette gespicket / und noch nicht eröffnet worden / hält man vor gut / wie Marxius in seiner Material-Kammer / p. 74. setzet / wiegen / nach der Grösse des Thiers / 4. 6. 8. 12. biß 16. Untzen / wie Pomet l. c. zeiget / welcher das Dantziger Bibergeil dem Castoreo de Canada (so gar zu trucken / und fast ohne Geruch) weit vorziehet.

§. V.
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Weilen aber das Castoreum an hohem Werth ist / und deswegen nicht allein aus einigen gummatibus, als Gum. ammoniaco, Oporponax, Sagapeno und dergleichen / mit dem rechte̅ Castoreo vermischt / nachgemachet / un̅ in dergleichen fette Häutlein eingenähet wird / sondern gar auch einige Betrüger Stücker Bley / Kugel / Sand und dergleichen in die Säcklein stopffen / wie alle obgemeldte Materialisten klagen / so muß man in acht nehmen / daß das rechte veritable Castoreum inwendig mit Fäserlein und kleinen Häutlein durchwachsen sey / da hergegen das falsche aus einerley Wesen bestehet / und dergleichen Fäserlein und Häutlein nicht in sich hält / welches Moyses Charas in der Erzehlung derjenigen Medicamenten und Simplicien / so zum Theriac kom̅en p. 253. vor eine infallible marque hält / wodurch der Betrug könne entdecket werden; welches desto ehe an den fragmentis Castorei zu sehen / so die Materialisten nebst den gantzen Bläßlein auch umb etwas wohlfeilern Preiß geben: wiewohlen sie offters nur aus der äusserlichen Haut bestehen / und nicht viel taugen. So kan man sich auch etwas nach dem Gewicht richten / indem die veritable schwer und hart sind / die nachgemachte aber auffgeblasen / glatt und gläntzeud / und so man daran drucket / eine gelbe Materie ausstossen / wie Pomet l. c. schreibet.

§. VI.
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Im übrigen zeiget der Geruch des Bibergeils / daß er ein flüchtiges und öhlichtes Saltz oder ??? vol. ??? sum in sich habe / womit er erwärmet / zertheilet / und die Nerven stärcket / weswegen es in den Haupt- und Nerven-Kranckheiten / als gantzen und halben Schlag / fallenden Sucht / verlohrnen Gehör / Schwindel und dergleichen / wie auch gegen alle Bauchgrim̅ en hauptsächlich aber gegen die so genandte Bärmutter / Erstickung der Mutter / ein sehr herrliches Mittel ist / auch die Monatliche Zeit / und alle Reinigungen nach der Geburt befördert / wie alle glückliche Practici gestehen / ohnerachtet Zvvelfferus in Pharm. Reg. p. 65. solchem widersprechen wollen / welcher der eintzige ist / so vorgeben will / das Castoreum wäre in den Mutter-Schwachheiten nicht gut / aber ohne Grund un̅ raison, wie D. Ettmuller in Comment. Schroed. pag. 776. schon gezeiget / auch alle mit der Mutter geplagte Weiber widerlegen können / welche durch den blossen Geruch des Castorei gleich Linderung spüren. Innerlich aber wird meistens dessen Essenz oder Essentia Castorei gebraucht / welche nebst dem??? dest. und infus in dem Schroeder. und Dispensat. Aug. zu sehenist.
|| [475]

§. 7.
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Endlich brauchet man noch andere Theile von dem Biber / als dessen förderste lange Zähne oder DENTES CASTOREI, welche / wie die wilde Schwein-Zähn gegen das Seitenstechen dienen. Und das Fett von dem Thier oder AXUNGIAM CASTORIS, welches wohl von dem Fett der Bibergailen zu unterscheiden ist / und deswegen AXUNGIA CASTOREI zu nennen / dienen beyde äusserlich gegen obgemeldete Kranckheiten / wiewohl das letztere durchdringender / aber auch viel theuver ist. Wie angenehm aber die Haut dieses Thiers oder PELLIS CASTORIS wegen der sehr zarten und sauberen Haaren sey / ist zur Gnüge bekandt: worvon diejenige / so von fetten Thieren kommen / besser und theurer sind / als die magere / und je schwärtzer sie sind / je höher sie gehalten werden. Die PILI CASTORIS oder Haar davon werden von den Hutmachern auffgesucht / und zu den kostbaren Castor-Hüten employiret / absonderlich die kurtze: Aus den langen machet man auch Castor-Strümpffe / und wann man sie verbrennet / stillen sie das Nasenbluten.

Das XXVII. Capitel.
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Von der See-Kuhund deren Stein. Abbildung

§. 1.
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DEr See-Kuh Stein oder so genandte LAPIS MANATI ist ein länglicht runder weisser Stein / wie Helffenbein anzusehen / in der Grösse eines kleinen Ballens / ohne Geruch und Geschmack; kommet meistens aus West-Judien / und wird in dem Kopff der See-Kuh gefunden.

§. 2.
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Die See-Kuh selbsten wird MANATI genennet / weilen sie fornen zwey Füsse wie Hände hat: Ist einsehr ungestaltes Thier / äusserlich braun: hat einen Kopff wie eine Geiß / aber grösser / mit einem Kalbs-Maul / grossen Naßlöchern / kleine Augen / ohne Ohren / einen Leib / so dick wie ein Ochs / mit einem breiten un̅ rund-stumpffen Schwantz / wie solches in des Hernand. Histor. Rerum Medicar. Nov. Hispan. p. 323. beschrieben und abgemahlet wird; Gehöret eigentlich unter die Amphibia oder die jenige Thiere / so in- und ausser dem Wasser leben: Und ob es schon von einigen unter die Wallfische gerechnet wirdso ist es doch kein Raubfisch / sondern nehret sich von dem Meer-Grase: Ist etwa 16. Schuh lang / und 7. biß 8. Schuh breit / so gar / daß wie Jonsthonus schreibt / man dieses Thier kaum mit 2. Ochsen führen könne.

§. 3.
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Auff was Art und Weise dieses Thier gefangen werde / hat Pomet in seiner Histoire des Drogues Lib. 1. pag. 83. aus andern weitläufftig beschrieben / und in einer kleinen Figur gezeiget: Es begeben sich nemlich 4. oder 5. Männer in eine Chaloupe / und rudern auff das Thier in aller Still zu / dann es gar ein leises und genaues Gehör haben soll. Wann sie ihm nun nahe gnug auff den [476] Leib gekommen / stösset ihn der forderste mit aller Macht einen Spieß in den Leib / worauff sich das Thier ins Wasser begiebt / aber den angebundenen Spieß mit nim̅t / wormit es schon halb gefangen ist. Und nachdem es sich müde gefladdert / auch damit einen grossen Schaum auff dem Meer erreget hat / wird es nach und nach wieder herbey gezogen / noch einmahl gespiesset / und endlich übermannet / fast auff eben die Manier / wie die Wallflsch auch gefangen werden / worvon an einem andern Ort mit mehrern soll gehandelt werden.

§. 4.
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In diesem also gefangenem Thier nun finden sich im Haupt gemeiniglich zwey grosse / so genandte See-Kuh Steine / oder Lapides Manati, welche nicht so wohl in dem Gehirn (allwo sie die Adern und Nerven zu sehr drückten / und dem Thier alle Sinnen / ja das Leben selbsten nehmen müsten) als unter dem Gehirn / an der Hirnschale hangen / und ohne Zweiffel nichts anders sind / als der öberste Theil des Gehör-Beins oder Meatus auditorii, an welchem Oviedus solche gefunden hat / wie D. Wormius in Museop. 58 berichtet; dergleichen etwas auch in den Schweins-Köpffen / wie anderstwo gemeldet wird / zusehen ist / allwo dergleichen mürbe und weisse Beinlein auch gefunden werden / welche von den äusserlichen und innerlichen Dämpffen oder Feuchtigkeit etwas erweichet / und gleichsam von der Natur Philosophicè calciniret werden.

§. 5.
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Weilen aber auch andere Steine / oder dergleichen Beine / welche aus den rechten Wall???chen / so umb Spitzberg gefangen werden / herrühren / unter dem Nahmen des Lapidis Manati verkauffet werden / wie obbemeldter Wormius l. c. bezeuget / so ist wohl zu mercken / daß diese falsche und Pseudomanati insgemein viel grösser sind / als die rechte / auch nicht so weiß / sondern gelblicht: riechen zugleich nach dem Thran oder Fett von dem Wallfische / da hergegen der veritable Lapis Manati gantz keinen Geruch hat / man schabe oder stosse ihn: Indem auch das Fett an diesem Thier / wann es geröstet worden / so keinen übelen Geruch an sich nimmt / wie der Thran von de̅ Wallfischen. So kan man auch an der Härte dieses so vermeinten Steins den Unterscheid sehen / welche viel grösser an dem von dem Wallfisch / als dem rechten Lapide Manati ist / welcher gleichsam aus vielen kleinen Stücklein zusammen gesetzet ist / und wann man ihn zerschläget / in dergleichen kleine Stücklein zusammen fället / wie an demjenigen / so mir zu handen kommen / erscheinet / auch zum Theil aus obigen Abrissen zu sehen ist / welche Ulysses Aldrovandus in Museo Metallico p. 798. unter Augen geleget hat.

§. 6.
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Den Nutzen und Gebrauch dieses Thiers / und dessen Steines anbelangend / so dienet das Fleisch den wilden Judianern zur Speise / weilen es einen sehr guten Geschmack / so wohl frisch / als eingesaltzen haben soll / wie Hernandez cit. loc. berichtet / der Stein aber wird hauptsächlich gegen die Stein-Schmertzen / Nieren- und Lendenweh sehr gerühmet / wann er entweder zuvor gebrandt oder nur gestossen / eingenommen wird / wie Boetius de Boot in Hist. Gem. & Cap. pag. 359. bezeuget; dahero auch in der berühmten Pharmacopoea Bateana ein besonder und sehr bewährtes Pulver gegen den Stein (welchen er zermalmen und treiben soll) davon gefunden wird. Andere rühmen diesen Stein auch gegen den Krampff / schwere Noth / Colic und dergleichen so wol innerlich / als eusserlich in Ring eingefasset oder als ein Amulet angehänget.

§. 7.
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Es möchte aber jemand fragen / ob man auch dieses Medicament sicher und ohne eintzige Gefahr gebrauchen könne? indem der Frantzösische Materialist Pomet an obbemeldtem Orth vorgebenwill / daß es ein starckes Erbrechen verursache / dem Magen gewalt thue und also nicht leichtlich innerlich zugeben sey. Allein ich sehe nit woher dieses kommen solte / indem diejenige berühmte Scribenten / so diesen Stein beschrieben / dergleichen effect an ihm niemalen gespüret / auch derselbe / wie andere Bein / nebst einem grossen Theil flüchtiges Saltzes oder ??? vol. ein Gelatinam oder Galrod in sich hält / welche vielmehr eine besänfftigende / als erbrechend-machende Krafft haben.

§. 8.
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Ob aber die obbelobte Würckungen des Steins von jetztermeldten Theilgen oder particulis allein herrühren können / ist billich zu zweifeln / indem auch ein ander flüchtiges Saltz dergleichen effect thun würde; weßwegen etwas anderst darhinder stecken und die eigentliche Würckung mehr auff die von GOtt und der Natur demselben mitgetheilte Vermischung oder Textur, oder sonsten etwas ankommen muß / worvon Herr D. Stahl, berühmter Medicus und Professor zu Hall in Sachsen in einer absonderlichen Disputation de Lapide Manati Membr. 2. §. 6. & seqq. schön und vernünfftig urtheilet / allwo der curiöse Leser ein mehrers von diesem bey uns noch nicht allerdings bekandten Medicament finden wird; wie dann auch Lopez in Hist. gener. 31. Petrus Martyr. Fr. Gemara, Petr. Cieca P. I. Chronic. Peruan. c. 31. und Ferdinand. Oviedo l. 13. Hist. Nat. Ind. c. 7. & 10. hiervon können nachgelesen werden.
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Abbildung
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Das XXVIII. Capitel.
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Von dem Walrath / Traan und Wallfisch-Bein. Abbildung

§. 1.
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DEr Walrath / Wolram / Welsat oder SPERMA CETE ist ein gantz weises / weiches / zartes und fettes Wesen / gleichsam auß vielen kleinen Schupen oder Schiebesen bestehend / eines fetten und schleimichten Geschmacks und öhlichten Geruchs: wird von der Grönlandischen Compagnie mit auß Grönland von dem Wallfisch-Fang (meistens rohe) mit gebracht und alsdann in Holland geläutert und recht zubereitet.

§. 2.
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Nun fragt es sich / was diese Materie eigentlich seye / und worvon sie herrühre? Worvon gar verschiedene Meynungen unter den Gelahrten geheget werden. Vor diesem hielten es die meinste vor den Saamen des Wall-Fisches / dahero es auch den Nahmen bekommen / welcher annoch behalten wird: und ist diese Meynung von einem Uhralten-Medico Cordo nehmlich in einem eigenen Buch ventiliret worden. Andere / als Gesnerus halten es vor die Milch des Wallfisches. Noch Andere vor eine von dem Meer-Wasser gleichsam weiß gebeitzte Amber / in dem das Sperma cete eben so / wie die Amber auf dem Meer schwimmet und treibet / auch diese Letztere offt in den Wallfischen gefunden wird / wie anderstwo gezeiget werden. Allein alle diese Meynungen halten den Stich nicht / nachdem Herr D. Elsnerus schon vor vielen Jahren / gleich bey Anfang der allgemeinen Käyserl. Academie der Naturkündiger / in denen Miscellan. Dec. 1. A. 1. obs. 136. pag. 266. gezeiget / daß der Wallrath nichts anderst als das Gehirn von dem Wallfische oder Cerebrum Orcae sey / indem er offters auch die Hirn-Häutlein noch darin gefunden; welche Meynung auch Thom, Bartholin. in seinem Sendbrieff und Ol. Wormius in seiner Kunst-Kammer bestättiget haben / welche beyde in den Nordischen Ländern / zu Coppenhagen gewohnet und also besser davon zeugen können; weßwegen dann der berümbte Ettmüllerus endlich diese Opinion in einer eigenen Disputation De Spermate Ceti weitläufftig und stattlich behauptet hat / welche in dessen Operibus zufinden ist.

§. 3.
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Hier aber ist zumercke̅ / daß diese Materie oder so genandte Wallrath nur von dem männlichen Geschlecht der Wallfischen herkomme / indem das Hirn der Weiber-Fischen zu flüssig und zum Traann und Brennöhl tauglicher ist. Beyde aber sind ungeheur grosse Thier / indem Ann. 1672. den 30. Julii von Ambsterdam geschrieben wurde / daß bey Bristol in Engeland einer gefangen worden / welcher 24. Englische Ehlen lang und dessen Mund 12. Ehlen weit und groß gewesen: Auch Pomet in Histor. Simpl. Part. 2. lib. 1. ???. 31. berichtet / daß Anno 1658. ein [478] Sceletus vom Wallfisch zu Pariß gesehen worden / daran die Hirnschale allein 16. biß 17. Fuß lang gewesen / dessen Kienbacken 4600. Pfund gewogen hat; und weilen der Kopff an den Männlein den dritten Theil des gantzen Thiers außmachen soll / so ist leicht zuschliessen wie ein groß quantität Gehirn darin zufinden sey / dessen viele Eymer voll auff einmal herauß genommen werden können / wann der Fisch gefangen und getödtet worden / welches also zugehet: So bald die Compagnie der Grönlandsfahrer in den grossen Schiffen eines Wallfisches gewahr wird / so fallen etliche vom Volck in Chaloupen oder Nachen (deren jedes Schiffe 3. bey sich hat) dazu jedweder 6. Menschen gehören / als I. Steirmann / I. Harpoenier, I. Leinenschiesser und 3. die rudern helffen. Diese rudern also zum Wallsisch mit 10. Rudern und unterschiedlichen Waffen. Wann sie ihme nun nahe gnug kommen / daß sie ihn getrauen zu treffen / so wirfft er ihm einen eisern Wurffpfeil (den man Harpoen nennet / und ein Pfeil mit 2. Widerhacken 2. in 3. Schuhlang hat) in den Leib. So bald nun der Fisch getroffen ist / so begibt sich derselbe wol 2. biß 300. Klaffter hinunter in das Meer / weßwegen das Seil / woran der Pfeil gebunden / un̅ die Lyne genennet wird / von dem Leineschiesser / fast auff solche Art / wie man die Wein in die Keller lässet / aber viel geschwinder / loß gelassen wird. Bald hernach komt der Fische wieder hervor und gibt durch die obere Lufftröhre eine solche Stimme von sich / daß mans auff eine halbe oder gantze Meilwegs hören kan. Alsdann fahren alle 3. Chalouppen wider auff ihn zu / und die Lyne / daran der Fische fest ist / weist ihnen den Weg-Welcher nun am ersten herzu kommet / schiesset ihn wider ein Harpoen in den Leib / worauff das Thier wider untergehet / wan es nun zum drittenmal hervor kommet / geben sie ihm keine Harpoen mehr / sondern stossen ihm die Lensen oder Stoßeisen wie Schweinspieß offt in Leib / welche doch nit darin stecken bleiben / weilen sie keine Widerhacken haben. Wan er nun durch viele wunden gantz ermüdet ist / so fahren sie mit den Stoßeisen gar in den Leib / biß sie ein Haupt uud vornehm Viscus treffen / welches daran erkennet wird / wann nemlich das Blut auß den Lufftröhren wie ein Strom hervor schiesset und der Fisch sich vollends zu todt wütet / auch mit seinem schwantz un̅ Finnen also von sich schmeisset / daß es auff eine halbe Meil Wegs zu hören und wie ein groß Stück Geschütz so loß gebrennet wird / donnern soll; welches alles so curieus soll anzusehen seyn / daß man sich nicht satt gnug soll sehen können / wie Schurzius alles noch weitläusstiger in seiner neu eingerichteten Material- Kammer pag. 98. berichtet und erzehlet. Besihe auch ferner hiervon Friderici Martens Itinerarium Spizbergicum, welches Anno 1675. zu Hamburg teutsch herauß kom̅en ist.

§. IV.
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Weilen nun der Wallfisch nit allein in diesem Fang uud Streit / sondern auch sonsten von dem Schwerdfisch / als seinem natürlichë Feind / auch am Kopff verwundet wird und also das Gehirn herauß fällt / so findet man daß daher entstehende Sperma ceti auch auff dem Meer schwimmen / wie Olaus Wormius in Mus. p. 34. recht geschrieben / welches sonsten auch aus dem Cranio genommen wird; wie wohlen das erstere den Schiffleuthen viel bekandter ist / so doch bey weitem nicht so lauter / auch nit so kostbahr ist / als das Letztere / wie Thom. Bartholin. Cent 3. Ep. 70. Beyde aber werdë der rohe Wallraht oder / Sperma ceti crudum genennet / so gantz unsauber / gelb und nach Traan riechend ist und derowegen künstlicher Weiß muß praepariret und geläutert werden / welches nicht allein vermittelst Durchbohrung der Tonnen und Abzapffung des Traanes / wie Schurzius c. l. schreibet / oder durch widerholtes schmeltzen nach Elsneri und Pometi Bericht / sondern auff solgende Art geschihet / welche dem Sel. D. Ettmüllern von einem Dennemercker mitgetheilet und in obbelobter Disput. de Sperm. ceti §. 11. beschrieben wird: sie machen nemlich in Holland / wie auch zu Lübeck und anderstwo eine scharffe Lauge auß Kalck und Aschen / von welcher letztern mehr als von dem Kalck genommen wird / welche Lauge filtrirt wird / daß sie recht sauber sihet. Nachgehends wird das rohe Sperma ceti (welches zuvor / wann es gar zutrahnicht ist / in ein Härin Beutel zuthun / damit alles Oehl dardurch gezwungen und gewunden werde) in der Lauge mit den Händen wol gerieben / auch Tag und Nacht darin gelassen. Des andern Tags wird die Lauge mit eben solchem Härin Sack davon separirt und das übrige auff ein sauber Tuch gebreitet und an der Lufft getrucknet / wie an gemeldtem Ort mit mehrerm zuersehen; welcher Proceß ohnlängst hiesigem Apothecker Hn. Scipio nebst dem rohen Wallrat auch auß Holland zugeschicket wurde. Das also verfertigte Sperma ceti nun muß recht weiß / fett / frisch und nicht rantzicht / noch gelb seyn / wie Dale in seiner Zoologia p. 524. lehret. Uud weil es von der Lufft leicht schaden leydet / soll es in Gläsern wohl verwahret werden.

§. V.
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Dieser also präparirte Wallrat hat eine sehr zertheilende und darbey Schmertzenstillende Krafft / und wird sehr fleissig in den Brustbeschwerungen der kleinen Kindern / deren Grimmen und Leibsschmertzen / auch den Alten gegen das Fallen und stossen / das gelifferte Geblüt zu zertheilen und die schmertzen zu stillen gegeben. Viele schreiben ihm auch eine geilmachende Eigenschafft zu / so gar / daß Ettmüll. c. l. von etlichen Franckfurtern schreibet / daß sie auch deßwegen den rohen Wallrat auf Brod / wie Butter-Brod essen sollen / welche mich darzu nit zu [477] gast laden solten / dan einem das blose Anschanë wol allen appetit verderben solte. Eusserlich wird der Wallrat in dem Empl. de Spermate ceti oder Wallratpflaster / gegen die harte Brüste und geronnene Milch der Säugenden / wie auch von dë Frauenzimmer zum schmincken gebrauchet. Wovon an gemeldtem Ort mit mehrem.

§. VII.
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Uberdiß findet sich auch das Männliche Glied oder PRIAPUS CETI in den Apothecken un̅ Materialien-Kammern / welcher wol so lang als eine nidrige Stube und am Obertheile so dick / als ein dicker Mannes-Schenckel / wie dergleichen einen Tielheur in Beschreibung seiner Materialien p. 188. bey einem Barbiergesellen (so mit beym Wallfischfang gewesen) gesehen: hat eine besänfftigende Krafft und wird gegen die rothe Ruhr gerühmet. §. VII. Ferner kommet auch das so genandte Fischbein oder COSTA SARTORIA von dem Wallfisch her / welches die Hölländer deßwegen BALAINEN und zwar besser nennen / indem es eigentlich kein Bein noch die Rippe des Fisches ist / sondern seine Kiefer / und damit ihme statt der Zähnen / deren sie sonst keine haben / wie Jod. Schrever in der neuen Ost-Indianischen Reißbeschreibung p. 75. bezeiget. Diese Kiefer und Hauptfeder aber sind nit ausser / sondern innerhalb des Leibs im Rachen und an der Zahl bey 800. klein und groß von 3. bis 16. Schuh lang: haben am End Bürsten / wie Pferdhaar / worinnen die Zunge ruhet / welche man den Bart vom Wallfische nennet; dergleichë ein grosser in des seel. D. Boëklers Kunst und Naturalien-Kammer zusehen / welche an D. Petersen zu Franckfurt kommen: und kan ich selbsten ein stück zeigen. Der Fischbein aber ist dreyerley: lang / mittelmäsig und kurtz / wie aus dem Preis courant zusehen ist.

§. VIII.
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Endlich wird auch der Tran oder AXUNGIA CETI von dem Speck der Wallfischen gemacht / welcher entweder also bald in Grönland frisch außgekochet / oder in Holland und andern Orthen auß dem in Fässern herauß gebrachten Speck gebraten wird. Der erste ist weiß und kom̅t von den Spitzbergen / und wird auch vor den besten gehalten / wie Marxius in seiner Material-Kammer p. 192. schreibet / und weilen die Frantzosen den Tran in Grönland machen oder weiter / die Holländer aber in ihren Landen / so wird der Französische dem Holländischen oder Berger Tran vorgezogen / wie auß des Pomets Histoire des Drognes p. 74. erhellet.

Das XXIX. Capitel.
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Von der grauen und schwartzen Amber. Abbildung

§. 1.
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Die graue Amber oder AMBRA GRYSEA VERA (von einigen auch der Orientalische Agstein genandt) ist ein weißgraues / offt gesprengeltes und mit schwartzen Adern durchloffenes leichtes Hartz / eines überauß wohlriechendes Geruchs; wird meistens auß Ost-Indien gebracht / alwo es in Klumpen von unterschiedener Grösse auf dem Meer treibend gefunden und bey uns viel theurer / als das Gold verkauffet wird / indem eine Untz davon 30. biß 40. Rthlr zu kosten pfleget / wie Viel-Hewr in Beschreibung fremder Materialien p. 23. berichtet. Die schwartze bechichte Materi aber wormit er gemeiniglich auff der See umgeben ist / kan vor die schwartze Amber passtren / wie Herr / Rumphius in dem VIII. Ost Indianischë Sendschreiben (so im Anhang dieses Buchs zu finden ist) schreibet.

§. 11.
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Woher nun dieses sehr kostbahre Simplex entstehe / un̅ welches sein wahrer Ursprung sey? ist biß auff den heutigen Tag noch strittig / und werden unter den Gelahrten Naturkündigern davon sehr viele und widrige Meynungen gehöret / deren Justus Fidus Klobius in seiner Historia Ambrae zum wenigsten 18. erzehlet / von welchen wir die Vornehmste / so etwa noch heut zu Tage vertheidiget werden / allhier anführen wollen: da dann viele sind / welche die graue Amber vor ein Excrement oder Mist gewisser Vögel halten / so sich auff den Klippen im Meer [478] auffhalten sollen / welcher Meynung auch gedachter Klobius beypflichtet und die Gestalt solcher Vögel pag. 40. seines Buchs abgemahlet hat. Diese Meynung scheinet nun deßwegen nit gäntzlich ohne Grund zuseyn / weilen offters Schnabel von Papageyen oder andern Vögeln darinnen gefunden werden / wie Olearius an einem Ort bezeuget / daß ihm der berümbte Hamburger Materialist / Paulus Langermann einsmals ein stück Amber gezeiget / worinnen eine gantze Klau von einem Vogel einverleibet gewesen. Nicht destoweniger hält Frid. Hoffmannus in Clav. Schroed. p. 380. diese Meynung vor eine Fabel / indem das hartzichte Wesen der Amber ein viel anders zeiget und dergl. Theile von den Vögeln deßwegen darinnen gefunden werden / weilen dieselbe der Amber sehr nachstehen und sie verschlucken; welches dann auch derjenigen Meynung vernichten kan / so vielmehr glauben wollen / daß die Amber ein Excrement der Wallfische sey / welcher Meinung Fallopius Tr. de Comp. Med. p. 180. auch beypflichtet / weilen sie offters in gewissen Wallfischen gefunden wird. Ob nun gleich dieses letztere nit ohne ist / so hat man doch hierinnen mehreren und gewissern Nachricht / daß auch die Fische / absonderlich eine Art von den Wallfischen solches hartz vielmehr in dem Meer aufsuchen und verschlingen sollen / welche Cleyerus in Miscellan. Germ. Cur. Dec. 2. A. 8. p. 69. beschrieben / und in einem Kupfferstück abgemahlet hat / welches oben im Anfang dieses Capitels zusehen ist: von welchen Fischen auch Joh. Faber, Lynceus zu Rom in Desc. Animal. Nov. Hispan. N. A. Recchi p. 570. & seqq. weitläufftiger handelt / aber dieser Meynung auch zuwider ist / welche der berümbte teutsche Medicus und Praeses des Collegii Med. Imperialis Herr D. Schroekius in Not. ad Cleyer. Pisc. Ambrophag. gleicherweiß vor erdichtet und Fabelmässig hält; wiewohlen nicht ohnmöglich noch unglaublich ist / daß die Materi in dem Bauch der Wallfischen auch etwas maturiret und geändert werde / wan sie solche verschlingen un̅ wider außspeyen / wie ein guter Freund auß Indien berichtet. Und obgleich heut zu Tag einige Franzosen als Monconis im 2. Theil seiner Reißbeschreibung p. 71. Le Febure und Pomet p. 57. seiner Histoire des Drogues sich flattiren / daß sie einen viel glaubwürdigern Ursprung der Amber erfunden / indem sie dieselbige vor ein im Meer erhärteten Honig oder Wachs halten; so will doch auch diese Meynung noch bey wenigen ingress finden / nachdem sie von Herr D. Lentilio in seinen Notis ad. D. Mezgeri Ambrologiam pag. 295. mit zulänglichen Gründen widerleget worden. Weßwegen die meiste und vornehmste Mit-Scribenten / als Ulysses Aldrovandus, Faber, Mezgerus, Schroed. und dessen Außlegern einmüthig davor halten / daß / weilen die Amber wie andere Hartzen / nur in spir. vini, sich aufflösen lässet / solche vielmehr vor ein Bitumen oder Erdpech / so auß gewissen Naphta-Brunnen der Erden in das Meer geronnen und alda von dem Meerwasser coaguliret werden / zu halten sey; welcher Meynung auch Rumphius in einem Sendschreiben an D. Rhya beypflichtet / dessen Extract unter den Indianischë Sendschreiben zusehen ist. Wie wohlenes auch seyn kan / daß einige hartzichte Bäume ihre Wurtzel in das Meer außstrecken und das Hartz darauß sich dem Meerwasser vermische / wie der curiose Boyle in Trans. Philos. Angl. 97. aus Relation eines von Ost-Indianischer Compagni berichtet: Zum wenigsten ist dieses gewiß / daß die Ambra Grysea anfangs ein flüssige un̅ hartzige feuchtigkeit seye / welche auß der Erden kommet und sich wie ein Tropffenrund an dem Ufer anhänget / nach und nach aber länger wächset / wie man dergleichen Merckmahlen an dem sehr grossen Ambra Stück von 182. Pfund / so die Ost-Indische Compagnie in Ambsterdam A. 1694. auß Ost-Indien bekommen hat / annoch sehen kan / welches Nicolaus Chevalier in seiner Description de la piece d' Ambre Grys, que la chambre d' Amsterdam à receue des Indes Orientales mit der Compagnie Abrissen unter Augen geleget hat / davon einer hier in der grossen Kupffertaffel zusehë ist.

§. III.
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Sonsten zehlet man zwey Sorten davon / nemlich die gantz Weise und die Graue / weilen aber die gantz weisse entweder gar nicht zubekom̅en / ja noch unreiffe ist / indë aller Amber erst weiß und wie Steingeschoß anzusehen seyn sol: offt auch noch darzu mit Gyps verfälschet ist; so bedienet man sich bey uns nur der grauen Amber / welche nebst der schwartzen fast allein bey denen Materialisten und Apotheckern gefundë wird; müssen beyde an einem Ort gehalten werden / wo keine Lufft hinkommen kan / wie Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 9. berichtet. §. IV. Die beste graue Amber muß in feinen stücken inwendig voller gelben und schwartzen düpfflein / nit weich / sondern hart / doch leicht un̅ wolriechend seyn. Weilen sie aber öffters verfälschet wird / so bedienen sich die Materialisten insgemein dieser Prob / das sie einen Pfriemen heiß machen und solchen hinein stechen / da dan selbiger / so ein öhl von sich gibt / vor gut passiret wird / absonderlich wan der Geruch zugleich gut ist / wie Schroed. in seiner Apotheck erkunst / p. m. 169. auch gesetzet hat. Allein Marxius ein Nürnbergischer Materialist hat erfahren / das solches die verfälschte auch praestire / wie er in sei ner: Material-Kammer pag. 8. bekennet: weßwegen dan grössere Behutsamkeit und zugleich andere Proben vonnöthen sind / welche Worm us in seinem Mus. p. 34. mitgetheilet und berichtet hat / das die rechte Ambra nit so leicht in Wasser erweiche / als die nachgemachte / auch nit so balden weich werde / wan man sie zwischen den Fingern tractire / da hergegen die falsche wie wachs erweiche. §. V. Ob aber die schwartze Amber oder AMBRA NIGRA also von Natur wachse? oder ob sie künstlicher Weiß auß Bisam / Zibet / Storax / Ladano und dergleichen / wie viele meinen / gemachet werde / davon sind weder die Gelährte / noch Materialisten noch einig. [481] Schurtzius spricht ohne Scheu / es seye ein Compositum, und bezeuget auch Dale p. 57. seiner Pharmacol. daß sie von den Apotheckern in Engeland also gemacht / doch auch aus Ost-Indien gebracht werde. Marxius will zwar solches schlechterdings nicht statuiren / hält aber doch darvor / daß gemeiniglich eine Verfälschung von obigen Stücken dabey sey / anbey bezeugend / daß / weilen schlechter Abgang davon / und selbiger langsam gesucht werde / die Materialisten auch dessen nicht viel im Vorrath hätten / obwohlen sie bey weitem nicht so theuer / wie der vorige sey. Mir ist ein Stück zu Handen kommen / so in Indien auff der See gefunden / und vor die unreiffe Ambra Grysea gehalten werden will. Den Gebrauch der grauen Amber anbelangend / so hat sie wegen der flüchtigen und schwefelichten Theilgen eine sehr erwärmende und stärckende Krafft / womit sie die Beweg- und Lebens-Geister sehr erfreuen und erfrischen kan; weswegen der Englische Cantzlar Baco de Verulamio dieselbe an einem Ort zu Erhaltung eines gesunden und langen Lebens rühmet. Wird derowegen in sehr vielen Haupt-Kranckheiten / wie auch andern Schwachheiten des gantzen Leibes / absonderlich des Hertzens bey alten betagten Leuten sehr gerühmet / wie solches der seel. D. Metzgerus, vor diesem allhier zu Giessen und nachmahl zu Tübingen berühmter Professor und Medicus in seinem Tractat von der Amber (so dessen Herr Eydam D. Lentilius nach seinem Todt heraus gegeben) weitläufftig gezeiget / und obbelobter Nicolas Chevalier in seinem Tr. von dem Ursprung und Krafft des grauen Ambers gelehret hat. Weilen sie aber wegen des grossen Preises vor sich und in Substantiâ (da sie mit Zucker genossen / sonsten den alten sehr dienlich ist / nicht leicht kan verschrieben werden / so wird mit dem rectificirten Brande wein eine Gold-gelbe Essentz daraus gemacht / so gemeiniglich verschrieben wird; gleichwie sie auch noch in viele in- und äusserliche Compositiones kommet / und absonderlich in grosser Menge von den Parfumirern zu allerhand parfurmirten Küßlein / Handschuh / Beuteln / Haar-Puder / Rauchwerck und dergleichen Galanterien verthan wird; Worzu doch die schwartze Amber mehr dienlich ist / als welche fast gar nicht innerlich gebrauchet wird / wiewohlen sie äusserlich in allerhand Balsamen der Grauen-Stelle einiger Weiß vertretten könte / als deren Würckungen und Qualitäten sie etwas nahe kommet. Joh. Limberg gedencket auch in seinem Itiner. p. 531. eines Leuchters der von Ambra gemacht / und mit Gold eingefasset seye / so auff 12000. Cronen geschätzet worden. So meldet auch Talander in der Historischen Reiß-Beschreibung durch Italien p. 390. daß in der Kirchen zu Loretto ein Cruciflx / Leuchter / Becken und Gieß-Kanne von Amber verfertiget / zu sehen seyn / welche alle von grossen Werth sind.

Das XXX. Capitel.
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Von dem wahren und gegrabenen Einhorn. Abbildung
|| [482]

§. I.
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Das rohe oder wahre Einhorn / in den Apothecken Unicornu Verum, oder UNICORNU MARINUM genannt / ist ein sehr langer / gestreiffter und gleichsam gewunden oder gedräheter Zahn eines gewissen Grönländischen Wall-Fisches / siehet äusserlich gelb / inwendig aber weiß aus; wird von den Grönland-Fahrer nebst den See-Hund-Fellen / Thraan und dergleichen aus Grönland gebracht / allwo sie es gegen Messer / Scheren / Spiegel und dergleichen austauschen / auch offt selbsten fangen / wie Olearius im dritten Buch seiner Persianischen Reiß-Beschreibung p. 175. umbständlich berichtet hat.

§. II.
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Der Fisch / worvon es herrühret / wird NARHUAL genennet / weilen er sich von Aasen und Todten-Cörper / so dorten Nar heissen / ernehret / und wird von dem berühmten Thoma Bartholino in einem eigenen Buch darvon abgemahlet und beschrieben / daß er den andern Wall-Fischen nicht viel ungleich / und ohngefehr 30. Elen lang seye / zwey Floß-Federn auff den Seiten / 3. Hügel auff dem Rücken / und unten am Bauch nur einen habe / aus dessen lincken Ober-Kinnbacken ein langer Zahn gerad vor sich heraus stehet / wormit es das Eiß brechen soll / weswegen das so genandte Horn offters forn abgebrochen ist. Es gehet also dieser Zahn nicht aus der Nasen / wie Olearius l. 6. redet / indem dieser Fisch keine Nase hat / und wie die andere Wallfisch / durch 2. Löcher / so oben in dem Nacken stehen / und nicht durch die Nasen respiriret / auch das Wasser daraus in die Höhe wirfft: sondern er sitzet in seiner Höhle am obersten Kinnbacken / wie die Zähne an anderen Thieren / wie solches schon längsten vom Herr Tulpio in Observ. und gar weitläufftig von Olao VVormio in Mus. p. 282. & seqq. beschrieben / auch in verschiedenen Figuren unter Augen geleget worden / welche mit dem Cranio, so ich vor diesem zu Amsterdam in der Schney-Kammer gesehen / sehr übereinkommen. Ob aber jeder Fisch zwey solche Zähne habe / wie D. Jacobi in Mus. Reg. Haffn. muthmasset / auch dergleichen eines gesehen hat / muß die Erfahrung weiter lehren. Dieses aber ist gewiß / daß unten in dem grossen Horn oder Zahn / offt noch ein kleines stecke / wie Herr D. Reisel in der Kunst-Kammer zu Stuttgard gesehen / und solches in Misc. Nat. Cur. Dec. 3. A. 8. p. 351. unter Augen legt. Weswegen Simon Uries lib. 1. Groenlandiae Antiq. f. 285. nicht unbillich schliesset / das diesem Wall-Fisch die Zähne / wie denen Menschen / ausfallen / und andere wachsen thäten.

§. III.
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Ob man nun über dieses anjetzo beschriebenes Einhorn noch ein anderes UNICORNU VERUM in der Welt finden könne / welches an der Stirn eines vier füssigen und einem Pferd gleich sehenden Thiers (wie biß daher viele geglaubet und vorgegeben haben) hervor schiesse? wird von klugen und vorsichtigen Natur kündigern nicht unbillich gezweiffelt / wie geschäfftig sich auch Catelanus in seinem Buch vom Einhorn gezeiget / solches mit vielen Gründen und Verantwortungen zu behaupten. Und ob zwar in H. Schrifft des Einhorns offt gedacht wird / so ist doch kein dergleichen erdichtetes Thier / sonderu das Nasenhorn dadurch verstanden worden / wie Andreas Baccius solches in seinem Tr. de Unicoruu behauptet. Es will sich gar nicht zusammen raumen / daß da dieses Thier so rar / wild / und nur in der Einöde zufinden / doch in dem Schooß einer reinen Jungfrauen soll gezeuget werden / welche dahin niemahl kommet: Und wann es so rar ist / wo kommen so viel hundert Hörner her / die man hin und wieder findet und täglich verbraucht? Indeme über die jenige Einhörner / so man in dem Königl. Schatz zu S. Denys bey Pariß / zu Coppenhagen in der Schloß-Kirchen / zu Dreßden in der Kunst-Kammer und andern Orten in kostbarrn Futteralen und Gold-Ketten auffhänget / siehet / fast ein jeder Materialist und Apothecker eines und mehr zeigen kön̅en / und solche nun so gemein worden / daß man eines / welches vor diesen viel tausend Thaler geschätzet worden / numehr umb ein paar Dutzend Thaler (wie neulich geschehen) kauffen kan. Weswegen gantz falsch ist / das solche von einen so raren Thier herkommen sollen / welches gantz erdichtet / und deswegen so wohl von Gelährten als Ungelährten auch auff so mancherley Weiß beschrieben und abgemahlet wird / daß man einen gantzen Bogen damit anfüllen kan / wie in des Pometi Histoire des Drognes Part. 2. Lib. 1. p. 9. zu sehen ist / allwo diese Hirn-Thiere gleichsam Rendezvous halten. Ist derohalbë sicherer / man meslire sich mit diesen Meynungen gar nit / welche vor vielen Jahren schon Deusingius Tr. de Monocerote stattlich wiederleget: zumahlen auch die heutige Materialisten / als Schurtzius, Marxius, Pomet und andere selbsten gestehen / daß dasjenige Einhorn / so bey ihnen zufinden / von obgedachtem Fisch herrühre; und wäre deswegen billich und recht / daß man in den gemeinen Apothecker-Täx den allzuhoch gesetzten Preiß ändere / weilen diese Hörner / wie obgedacht / sehr wohl feil im Einkauf sind. Weshalben dann auch die Apothecker nicht mehr Ursach haben solches gar zu verfälschen / un̅ an statt der kleinen Stücken Helffenbein zugeben / worvon es dran zu unterscheiden / daß es subtilere Streiffen und Fibras hat / auch dichter un̅ schwerer ist / wie Schroeder in seiner Pharmac. Medico-Chym. Lib. V. p. 43. schon gezeiget hat.

§. IV.
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Seine Kräffte oder Tugenden sind vor diesem und noch gar zu hoch gespannet uud heraus gestrichen worden / indem man es vor ein gewisses Anditotum gegen das stärckeste Gift / als Arsenicü und dergleichë rühmet / so gar daß die [483] Herrn Medici zu Augspurg (welche es an einem Kind probieret) Anno 1593. ein eigen Manifest deswegen auffgerichter / und sich alle unterschrieben / welches in des VVormii Mus. p. 286. zufindë / so es auch selbst an jungen Katzen und Tauben tentiret hat / aber so kein groß Wesen darvon machet. Zum wenigsten wolte ich es an einem Menschen nicht gern nachthun / und dem Einhorn so blosser Dings allein trauen / indem bekannt ist / daß die Magen-Säure in den Thieren dem Gifft sehr widerstehe / und dieses ihm nicht so bald / als den Menschen schaden könne. Aus dem Grund darvon zu reden / so kommt das meinste auff das flüchtige Saltz des Einhorns an / derowegen seine Kräften mit dem Hirschhorn und Helffenbein überein kommen / wie der Englische Cantzlar Verulamius in Hist. vitae & mortis p. 85. recht geschrieben hat; kan also doch gegen die schwere Noth der kleinen Kinder / gegenden Röteln und Masern / hitzige Fieber / Leibs-Schmertzen und andere Kranckheiten wohl (aber in grösser dosi wie bißher) gebraucht worden / worvon D-Sachsius in seiner Monocerologiâ weitläufftig handelt. Man kan auch ein Galred / ??? und ??? vol. daraus / wie aus andern Zähnen erzwingen / worzu aber das Unicornu noch zu theuer ist / und werden doch diese Sachen wenig mehr / als Gelatina, ??? und ???. vol. CC ausrichten.

§. V.
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Sonsten findet man auch dergleichen Zähne und Hörner in der Erden / welches deswegen Gegraben Einhorn oder UNICORNU FOSSILE genennet wird / und entweder wie Beine von Menschen und Thieren oder wie Zähne und Hörner aussiehet: ist auswendig entweder gelbicht / grau oder braun / von unterschiedlicher Grösse / mürb / leicht / löchericht / eines erdichten Geschmacks und fest an der Zung klebend: Inwendig zuweilen hohl / zuweile~ noch eine andere weichere fette Erde in sich haltend: wird viel in der Baumanns-Höhle auff dem Hartz / in Schlesien / Hessen / in der Pfaltz / im Würtenbergischen Land und anderstwo gefunden und den Materialisten gebracht.

§. VI.
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Nun fragt sichs / ob dieses Werck von rechten Thieren / als Einhorn / Elephanten und dergleichen herrühre / oder ob es so aus der Erden wachse? worvon unter den Gelehrten biß auff den heutigen Tag noch ein gewaltiger Streit ist / worvon in des Tentzelii Monatlichen Unterredungen Act. Erud. Lips. An. 82. pag. 150. und des Kircheri Mundo Subterr. viel zu finden / und noch vor wenig Jahren im Würtembergischen verschiedene so wohl schrifftliche als mündliche Conferentzen von einigen curiosen gehalten worden. Viele halten es vor solcher Thier- oder Riesen-Gebein / welche etwa zur Zeit der Sündfluth anderstwo hingeflöset / und in der Erden also zu Stein worden / zumahlen alle Theile daran zu sehen sind / wie aus dem oben abgerissenen Sceleto, so vor diesem im Sebichenberg / vor Quedlinburg / also gefunden / und nachmahlen von Johann Mäyern / Astronomo und Camerario zu Quedlinburg beschrieben worden / zu sehen ist: Wie dann auch einsmahls bey Marpurg in Hessen in einer Höhle ein Stück / einem Elephanten-Zahn nicht unähnlich / aber überwunderlichen Grösse gefunden worden. Andere hergegen als Bootius und VVormius in Mus. p. 54. halten es vor eine Margam oder daraus erharteten Stein / welche durch Spielen der Natur solche Gestalten bekommen / nicht anderst / als wie die Häring und andere Fisch auff den Islebischen Schieferstein abgemahlet werden / welcher Meynung auch der sel. D. Bauschius in einem eigenen Tr. de Unicornu Fossili beypflichtet. Diese beyde widerwärtige Meynungen suchet D. Ettmüllerus in Comment. Schroed. p. 810. also zu vereinigen / wann er vermeint / daß diejenige Stück / so an der Grösse und Gestalt den Beinen von andern Thieren gleich kommen / von diesen herrühren / und also zu Stein werden können: Andere aber / so gar zu groß seyn / per lusum Naturae aus der Marga gezueget seyn. Wir indessen können uns hierbey nicht weiter auffhalten / und überlassen es dem Catheder auff hohen Schulen / indem es mit der Wagschaale der Apothecker nicht kan ausgemacht und gewogen werden. Genug daß es auch ein gutes und abgängiges Materiale ist / und heut zu Tag zu vielen Artzneyen gesuchet wird.

§. VII.
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Den Kräfften nach hat es benebenst einer anhaltenden und adstringirenden Qualität / auch eine Schweiß-treibende Gewalt au sich / und ist deswegen / wie die Terra Sigillata in den hitzigen und gifftigen Fiebern / wo sich ein Durchfall eraugnet / ein vortreffliches Mittel: versüsset alle übernatürliche Säuere im Leib / und stopffet auch gemeine Bauch-Flüsse / rothe Ruhr und dergleichen / wann man ein Sernpel oder halbes Quint darvon in einem gegen die Kranckheit streitenden Gewässer einnimmt Einige wollen auch einen Spiritum davon erzwingen / welcher doch nichts anderst ist / als ein sauerlichtes ??? oder Wasser / welches mit dem ??? Terrae Sigillatae übererin kommet / und auch dergleichen Kräffte hat. Unterdessen wird von einigen erinnert / daß ehe man das gegrabenne Einhorn bey den Menschen gebrauche / solches zuvor an Hunden und andern Thieren solle probiret werden / weilen es bißweilen etwas gifftiges bey sich haben soll / wie D. Frid. Hoffmannus in Clav. Schroederianâ p. 191. sorgfältig erinnert hat.
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Das XXXI. Capitel.
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Von dem weissen Eischbein / Schild-Krotten und See-Hunden. Abbildung

§. I.
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DAs weisse Fischbein / Lateinisch OS SEPIAE genandt / ist eine weisse und leichte Krust oder Schale / oben und unten erhöhet und bäuchicht / auff einer Seiten etwas hart und glatt / auf der andern rauh / doch sehr mürb wie Bimstein: hat einen etwas scharffen Geschmack: findet sich aller Orten am Ufer des Meers / wie in Holland ohnfern Leyden bey Cadvvic op See zu sehen: allwo es die Holländer Zee-Schuym das ist: See-Schaum nennen: Doch bringen die Tyroler die schönsten aus Welschland auff dem Rücken / und verkauffen sie tausend weiß / wie Marxius aus dem Schurtzio pag. 146. seiner Material-Kammer berichtet.

§. II.
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Der Fisch / wovon es herrühret / heisset SEPIA, Black-Fisch oder Black-Küttel / und wird wegen seiner abscheulichen Gestalt auch eine Meer-Spinne genannt / welcher doch auch in der Speise genossen wird. Dieser Fisch träget auff seinem Rücken das so genannte Fischbein / von welchem die gröste Stücker vor die beste gehalten werden / weilen sie meistens von den Goldschmieden zu Formen gebraucht werden / welchen die kleine Stücklein nicht dienlich sind / so hergegen von den Perruquen-Machern unter das Haar-Puder gestossen werdë; die allergrösten Stücker aber sollen nie über einen halben Schuh groß seyn / wie Pomet in Histor. Simplic. P. 2. p. 92. angemercket hat.

§. III.
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Uber jetztbemeldten Gebrauch dieses Fische-Beins hat es auch in der Artzney seinen Nutzen / indem es / wie andere See-Gewächs und Muscheln alle scharffe Säure versussen und etwas anhalten soll; weswegen es vor ein sonderlich Mittel gegen den weissen Fiuß der Weiber gebrauchet wird / wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. p. 8. ib. meldet. Eusserlich aber dienet es zu Augen- und Zahn-Pulver / gegen den Scharbock im Munde / absonderlich wann es mit Löffel-Kraut-Safft oder dessen ??? geträncket wird; weswegen auch die Lacca Florentina oder Kugel-Lac gut zu den Zähnen ist / unter welche das weisse Fischbein auch genommen wird / weilen es die Farben / wie auch Fürnuß gläntzend machen soll / wie Vielheüer in Beschreibung frembder Materialien pag. 182. in acht genommen.

§. IV.
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Gleichwie nun der Black-Fisch ein dergleichen zartes Bein auff seinem Rücken führet / also haben die Schild-Kröten oder TESTUDINES
|| [485]
hergegen eine sehr harte Krust und Schild auff demselben / worunter sie sich gäntzlich verbergen können / wie oben auß dem Abriß zuersehen / welcher die Gestalt dieses Thiers also unter Augen leget / daß es ohnnöthig ist solches weitläufftiger zubeschreiben. In Regard aber der inneren Theilen haben sie ein sehr kleines Hirn / so kaum einer Bohne groß / obschon an den grössern der Kopff / wie ein Kalbs-Kopff seyn soll. Wesswegen sie auß gantz dumb und einfältig / doch mit den Augen sehr scharffsichtig sind. Das Hertz ist so gestalt / daß man meinen solte es habe 3. 'Hertzen / und weilen solches wie ein Lilie anzusehen / als will Pomet l. c. p. 85. seinen Lands-Leuten / den Frantzosen sehr grosses Glück und gute Progreß in den Americanischen Insuln (wo sie häuffig zufinden) dahero prognosticiren / gleich als ob die gantze Welt vor die Frantzösische Lilien gewachsen sey! am besten ist / daß die alte Propheten gestorben sind / sc.

§. V.
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In dessen gibt es verschiedene Species von den Schild-Krotten / indem sich einige in den Wassern auff halten / welche See-Schildkrotten TESTUDINES MARINAE heissen: Andere aber in der Erden / so deßwegen auch Erd-Schildkroten oder TESTUDINES TERRESTRES genennet werden; wie wohlen die See-Schildkroten zuweilen auch auff Land gehen und derowegen unter die Amphipia gerechnet werden. In Teutschland finden sie sich meistens in sumpffigten und morastichten Orthen / dergleichen zu meiner Zeit umb Philipsburg gefunden wurden. Die grösten aber hat man in Africa, auff der Insul Moritz / allwo sie in solcher grösse gefunden werden / daß / wann zwey Personen auff eine sitzen / dieselbe ungehindert fortgehen kan und soll eine Schale so groß seyn / daß ihrer sieben oder acht / einer an dem andern darauff sitzen können / wie Mallet in Beschreibung des gantzen Erd-Kräyses Part. 3. von Africa p. 55. berichtet und in einem Kupfferstück unter Augen leget; welches desto glaublicher / weilen D. Wormius einen Schild davon gehabt / so in der länge 4. Schu / in der Breite dritthalb und in der Dicke einen Zoll gehabt / welche noch und andere kleinere er in seinem Museo p, 316. beschrieben hat.

§. VI.
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Auff was Art und Weiß nun solche grosse Thiere in Indien gefangen werden / hat auß R. P. du Tertre Relation obgemeldter Pomet l. c. p. 86. angeführet. Sie werden nehmlich 1. zu der Zeit in der See ergriffen / wann sie sich paaren und aneinander hangen / da zuweilen das Mäunlein und Weiblein zugleich ergriffen werden / die Weiblein aber mehrentheils echappiren sollen. 2. Werden sie auch mit Spiesen / wie das See-Kalb oder Manati gefället / welcher ihn durch den Schild gestossen wird 3. wird ihnen zu der Zeit wann sie ihre Eyer auff das Land legen / auff den Dienst gelauret / wiewohlen sie gar vorsichtig damit seyn sollen / indem / sie ein oder etliche Tag zuvor / und zwar bey der Nacht und Mondschein zuvor auß der See zu Land steigen und sich einen Platz außsuchen / welchen sie so gleich verlassen / wann sie jemanden am Ufer erblicken. Die andere Nacht suchen sie dann solchen Ort wider auff / machen mit den Forderfüssen eine Grube etwa eines Schuhes breit und drithalb Schuh tieff / worinnen sie auff einmal auff 200. biß 300. Eyer legen sollen / welche eines kleinen Ballen groß sind und nachdem sie zugescharet / nach 40. Tagen außgehen sollen.

§. VII.
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Den Nutzen der Schildkröten anlangend / so werden sie an denjenigen Orthen / wo sie zu finden sind / zur Speise gebraucht / und soll das Fleisch von den grössern dem Ochsen-Fleisch so ahnlich seyn daß es fast gar nicht / als an dem Fette / welches grünlicht-gelb / zu unterscheiden ist und soll eine Krotte zuweilen eine halbe Tonne Fleisch geben / den Kopff / Halß / und Eyer nicht mit gerechnet / worinnen sich allein 30. Menschen satt essen können. Ja man kan noch 15. biß 20. Maaß Oehle oder Fett / so goldgelb ist / darvon schmeltzen / worinnen man andere Speise / wan es noch frisch ist / kochen / und wan es alt ist / in den Lampen brennen kan. Dieses Schildkrotten-Fett oder AXUNGIA TESTUDINUM wird von den Indianern vor ein sonderliches und bewehrtes Mittel gegen alles Gliederweh / absonderlich in den Hüfften und Kuien / auch andern Flüssen gehalten. Wie auch gegen den Krampff und Nervenkranckheiten: das Fleisch aber dessen Brüh und safft wird den Schwind- und Lungensüchtigen gerathen-Außdem schild und untersten Schalen aber werden allerhand Galanterien / als Kistlein / Fudralen / Schreibtafeln / Kämme / allerhand Stiele zu Lancetten / Scheer und andern Messer und dergleichen verfertiget / welche in grossem Wehrt gehalten werden.

§. VIII.
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Zu eben dergleichen Galanterien wird die Haut von einem Fisch / so man De See-Hund nennet / angewendet / welche sehr rauh und hart / auch gantz krauß / wie Chagrin aussiehet / mit welchem Nahmen sie auch von vielen beleget wird; und kan deswegen auch von den Kunst-Schreinern zum poliren des holtzes gebrauchet werden. Die beste muß breit und groß / graubraun / rauh und schön granulirt / auch noch mit den Ohren und Floß-Federn begabet seyn; wird zu allerhand Sachen / als Bücher einzubinden / Fuderalen / am meisten aber zu Messer-Stielen gebraucht; worzu auch die Haut von einem andern dergleichen Fisch / so ROUSSETTE genennet wird / und voll kleiner Sternen ist / pflegt employret zu werden / worvon offt allegirter Pomet l. c. kangelesen werden.
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Das XXXI. Capitel.
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Von der Haussen-Blase / Caviaro, Botargo Anchorien und Sardellen. Abbildung

§. I.
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DIe Haussen-Blasen / Fischlein oder ICTHIO COLLA bestehet autz weisen und zusammen gewundennen Häuten zu Kräntzen formiret / hat einen schleimicht und leimichten Geschmack und ist ohne Geruch; wird in Moscau von einem grossen un̅ droben vom Original abgemahlten Fisch / HUSO oder Hausen genandt / zubereitet und von dar über Arch Angel in Hollaud und andete Länder verführet / wie Pomet in seiner. Histoire des Drogues Part. 2. lib. 1. c. 32. p. 75. berichtet.

§. II.
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Nun fragt es sich / auß welchen Theilen dieses Fisches die so genandte Hauß-Blase zubereitet werde? worvon unterschiedliche Meinungen geführet worden. Viele halten es vor die Blase dieses Fisches / so vom Haupt durch den gantzen Leib gehen soll / wie Vielheur in Beschreibung frembder Materialien pag. 173. berichtet und ist auch D. Willugbii, ein gelahrter Engeländer und neueste Scriptor von den Fischen / zu dieser Meynung nicht ungeneigt. Andere / als Schroederus, Ettmülleruus und Pometus halten dafür / daß sie nicht allein von der Blasen / sondern auch von andern heutichten und nervosen Gliedern / ja den Knorbeln und Beinen (mit welchen er freylich auch begabet ist) zubereitet werde / indem alle solche Theile in Stücken zerschnitten und in Wasser eingebeitzet / nachmahlen bey einem gelinden Feur zu einem Brey und Leim gekochet / und ehe alles kalt worden / erstlich zu dünnen Häutlein und nachmahlen zu runden Klingen und Kräntzen formiret werden. Doch kan es auch geschehen / daß auff eben diese Manier von andern Fischen dergleichen Materie zubereitet werde / wie Rajus bey dem Dale in Zoologia p. 517. nicht unbillich meinet.

§. III.
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Die beste Hausen-Blase muß weiß / durchsichtig und nicht gelb seyn / wie Schur???ius in seiner Material-Kammer p. 27. schreibet / und erfordert Marxius in der teutschen Material-Kammer p. 26. daß sie sich gern brechen lasse. Man muß aber wohl achtung geben / daß sie nicht mit gelbem Leim und andern schweren und stinckenden Sachen inwendig angefüllet und gefüttert seye; weßwegen diejenige / so gantze Einschläg davon kauffen / nicht allein ein oder ander Tutzend von den Kräntzen durchsehen / sondern die gantze quantität visitiren sollen. Und weilen in den dicken Kräntzen der gröste Betrug vorgehet / so kauffen andere lieber diejenige Hauß-Blasen / welche in kleinen und schmahlen Kräntzen von 1. biß anderthalb Untzen kommen / welche nicht so sehr gefüttert werden können; allein es ist auch diesen nicht allemahlen zu trauen / und ist das sicherste / daß man die Kräntze auffbiege und wie sie inwendig beschaffen / auch ob sie nicht übel riechen / zu sehe. Und weilen diese
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Abbildung
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Waar leicht von der Lufft Schaden leydet / so muß sie wohl verwahret uud zugeschlossen gehalten werden / wie Pomet c. l. darvon weiter zusehen ist.

§. IV.
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Den Nutzen und Gebrauch anlangend / so werden die Hauß-Blasen in der Artzney nicht sonderlich gebrauchet / ausser daß einige solche innerlich gegen das Blut-Speien und eusserlich zu den heilenden Pflastern brauchen. Sonsten aber werden sie von den Weinschencken in Franckreich sehr gebrauchet / wann sie trübe Weine wieder hell machen wollen / indem alles Unreine sich daran hänget und mit zu Boden gehet / wie Pomet l. c. lehret. So macht man auch eiuen guten Leim zu den Lauten und andern Instrumenten / wie auch zum gebrochenen Porcellin davon. Die Köche brauchen sie auch zu den Gallerten und das Frauen-Zimmer zu Blumen ???nd Kräntzel-Werck / indem sie solche zerlassen / mit einem Quer-Holtz zu einem Schaum schlagen und entweder weiß oder zuvor gefärbet / auff Silberdrat / so zuvor zu Blumen gebenget und von den Hauß-Blasen ein Häutlein gefangen hat / auffgetragen wird. Andere machen falsche Perleu davon / und geben damit dem Band den Glantz und Steiffung.

§. V.
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Sonsten findet man in Holland und Engeland noch eine andere Art von Hause-Blasen an Blättern in kleinen Büchlein / welche einige auß denjenigen / so von der vorigen in Kräntzen überblieben / gemacht zu seyn vermeynen: Andere aber von einem andern grossen Fisch / welchen man STURIONEM, SILURUM oder Stör nennet / herleiten / dessen Figur auch neben dem Hauße zusehen. Weilen aber jetzgemeldte Hauß-Blasen in Bächlein nicht gern fliesset / auch langsam recht weiß anzutreffen ist / als wird sie bey uns nichts geachtet; weßwegen wir uns auch nicht weiter darbey auffhalten / sondern nur mit wenigem eine andere Delicatesse, so von dem gemeldten Stör herrühret / allhier vortragen / welche insgemein Caviaro oder CAVIARIUM genennet wird und an Stücker / wie die grüne Hamburger Seiffe anzusehen / auß Moscau in Italien geführet / allwo es vor ein niedliche und delicate Speise gehalten wird.

§. VI.
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Dieses Caviarium wird auß den Rögen und Eyern der Stör-Fischen gemachet und wird derowegen auch teutsch Stör-Rögen geheissen / wie Olearius in der Persianischen Reiß-Beschreibung pag. 204. zeiget / allwo dessen Bubereitung also beschrieben wird: Sie schlagen den Rögen von der anklebenden Haut ab / saltzen ihn ein / und wanner also 6. oder 8. Tage gestanden / vermischen sie ihn mit Pfeffer und klein geschnitten Zipollen. Etliche giessen Essig und Baumöhl darzu und setzens vor. Ist kein uneben Essen / absonderlich / wann man an Statt des Essigs den Safft von Citronen darauff druckt / soll guten Appetit machen und eine / die Naturreitzende Krafft haben. Solcher Rögen wird auff der Wolga / am meisten bey Astrachan gesaltzen / zum Theil an der Sonnen gedröget / und bey etlich hundert Tonnen eingeschlagen und in andere-Länder / sonderlich nach Italien / woselbst es vor ein delicat Essen gehalten und Caviaro genandt wird / verführet. Es seynd auch gewisse Leute so diesen Handel Pachtweise umb eine gewisse Summa Geldes vom grossen Fürsten an sich bringen müssen: Biß daher Olearius, welcher alles selbsten gesehen; doch findet man mehrere Umbstände von dessen Zubereitung bey dem Gesnero, auß welchem sie Sam. Dale auch l. c. p. 515. angeführet hat; Bellonius aber gedencket auch des rothen Caviaro oder CAVIARII RUBRI, so von den Carpen-Eyern / vor die Juden zubereiter werde / welches doch so bekandt nicht ist / wie das vorige.

§. V.
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Auff eben solche Manier wird das so genandte Boutarque oder BOTARGUM von den Eyern eines andern Fisches / so Lateinisch MUGIL oder CEPHALUS heisset / gemachet / welches zu Tunis in der Barbarey und zu Martegne, 8. Meilen von Marsilien praepariret und von dar in Italien gesendet wird / wie Pomet l. c. p. 96. bezeuger. Wie es aber praepariret werde / lehret Sam. Dale p. 521. Zoologiae also: Sie nehmen die gantze Rögen oder Eyerstöck / streuen grob Saltz darüber und bedecken es 4. oder 5. Stund. Nachgehends pressen und beschweren sie es zwischen 2. Bretter / Tag und Nacht / und wann sie es gewaschen / trucknen sie es 13. oder 14. Tag lang in der Sonnen und thun es alle Nacht unter Dach: oder hangen es auch in den Rauch / doch weit von der Flam / daß es nicht zu warm werde. Soll guten Appetit zum Essen und Trincken machen und dem Wein einen bessern Geschmack geben. Das beste ist röthlicht und wird in der Fasten mit Baumöhl und Citronen-Safft genossen.

§. VI.
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Gleichwie nun dieses und das vorige in Italien sehr aestimirt wird / also werden bey uns hergegen die kleine Italiänische Fischlein / so ANCHOVIES und SARDELLEN heissen / mehr und höher geachtet / welche beyde in dem Mittelländischen Meer / und Province Languedoc und in Spanien / und zwar bey der Nacht / im Majo, Junio und gefischet werden / in [488] welchen Monathen sie auß der grossen und offenen See / in das Mittelländische Meer steigen und in Levante eylen / und wollen einige Schiffer behaupten / daß sie Trouppenweiß / unter Geleit ihres Königes / wie die Bienen / schwimmen. Man stecket bey dem Fang gemeiniglich Feuer an / so auff Rösten in den Schiffen lieget / dadurch sie verblendet werden. Doch sollen diejenige / so ohne Feuer gefangen werden / besser seyn / dann die mit Feur gefangen werden / welche sich nicht wohl halten lassen. Wann sich nun diese Fischerey geendiget / so schneidet man den ANCHOVIEN die Köpff ab / damit sie desto besser außgenommen und zugleich von den Sardellen unterschieden werden / welchen man die Köpffe lässet; wiewohlen sie auch daran erkennet werden können / daß die Anchovien runde Rücke haben auch kleiner seyn; Die SARDELLEN aber gröber und platter anzusehen. Beyde aber müssen klein / frisch / hart / außwendig weiß und inwendig rothlicht seyn / auch wann man die Fäßlein auffmachet / nicht übel riechen / sondern in einer wohlschmäckenden sauce und Brühe liegen: Kommen insgemein in kleinen Fäßlein von 25. biß 26. Pfund / und geben beyde sehr gute Salät / mit Citronenschalen / Gewürtz und Baumöhl angemacht / müssen aber zuvor von oben herunter abgerissen / wohl gereiniget werden / wie Schurzius l. c. p. 82. lehret. Indessen werden in Teutschland viel klein geschnittene Hering für Sardellen verzehret. Die dürre Sardellen taugen nichts: werden wie Bücking gemacht / worvon Pomet c. l. p. 90. zusehen.

Das XXXIII. Capitel.
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Von dem Zitter-Eisch TORPEDO genandt / Schiff-Hemmer oder REMORA, wie auch Schwärd- und Säge-Fischen. Abbildung

§. I.
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Alle diese obgenandte Fische haben zwar keinen sonderlichen Nutzen in der Medicin, und kompt auch nichts darvon unter die Simplicien: Weilen sie aber theils in einigen Natural- und Material-Kammern gefunden werden / theils noch nicht deutlich und gründlich gnug beschrieben worden / so habe denselben auch hier einen Platz gönnen wollen / umb zusehen / was von einem oder dem andern etwa zu glauben / oder zuverwerffen seye?

§. II.
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Was nun den ersten / nemlich den Zitter-Fisch anlanget / so wird derselbe im Lateinischen gemeiniglich TORPEDO genandt / weilen er die Glieder nicht allein zitterend und bebend / sondern auch eine Zeitlang schlaffend und unempfindlich machet / wie [489] alle diejenigen / so in Ost-Indien oder Persien (wo er meistens anzutreffen ist gewesen / bezeugen / und hat mir Herr Johann Gottfried Vitus noch vor wenigen Jahren erzehlet / daß / als er noch in Ost-Indien gewesen / sie mit den neu-ankommenden Europäern offters eine Wettung angestellet hätten / ob sie diesen Fisch ohne Zittern und Erstaunen der Glieder in die Hände fassen könten / welche diese jedesmahl verlohren hätten.

§. III.
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Die Gestalt dieses Fisches hat Herr D. Engelbertus Kempffer auß selbst eingenommenem Augenschein in seiner Decad. Observat. Exotic. §. 4. also beschrieben / daß sie eusserlich den Rochen sehr nahe kommen / wann man den Schwantz nur außnehme / ausser daß der Leib etwas runder und auff dem Rücken vielerley Flecken zu sehen seyen. So hat auch dieser Fisch zwey Paar Augen-Lieder / worvon die innere auß durchsichtigen Häutlein bestehen / mit welchë er unter dem Wasser offters blicken thut. Der Schwantz / so sich etwas über den Rücken erhebet / ist fleischicht / und wann er etwan zwey Kampffer-Läng von dem Leib gestrecket / theilt er sich in die Zwerch / wie an andern Fischen / in zwey Floß-Federn / welche sich am End Creutzweiß übereinander legen. Das Männlein hat eine harte außgespitzte und knorbelbeinichte Ruthe eines Zolls lang / am End mit zwey kleinen Löchlein versehn / worauß man einen fetten / weisen und zehen Saamen drucken kan. Das Weibgen aber hat an beyden Seiten des Bauches viel bleiche Eyer / wie das Gelbe in den Hüner-Eyern anzusehen / welche in einem durchsichtigen Wasser schwimmen. Von den andern Theilen dieses Fisches hat Matthiolus und absonderlich Rhedus schon guten Bericht gegeben / weßwegen wir von dessen Anatomie nicht weiter handeln / sondern nur seine Würckungen noch etwas genauer beobachten wollen.

§. IV.
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Vor allen Dingen aber ist die erzitterend- und unempfindlich machende Krafft dieses Fisches wohl zubetrachten / welche nicht blosser dings also beschaffen ist / als wann einem der Fuß oder anderes Glied schlaffen thut / sondern man empfindet dabeneben eine geschwinde und unversehene Kälte / so den gantzen Leib durchdringet / die Lebens-Geister anficht / und nicht allein alle eusserliche Glieder sondern auch das Hertz zitterend und bebend machet / welches vielmehr klopffen soll / wann der Fuß von dem Fisch gerühret und getroffen wird / nicht aber so sehr / wann man den Schlag an die Hände bekommet. Ja dasjenige Glied / so am meisten gerühret worden / scheinet gleichsam verrencket zu seyn / krachet und bebet / daß wer den Fisch in Händen hat / gezwungen wird denselben so bald fallen zu lassen. Solches alles nun kommet nicht blosser Dings von einem blossen Dunst oder Vapore her / welchen der Fisch von sich gibt / indem der Fisch nicht zu allen Zeiten / auch nicht so sehr unter / als ausser dem Wasser zitterend machet / ja wann er todt ist / dergleiche Kräfften gar nicht hat: sondern er würcket solches alles durch einen sehr behenden / unversehenen / und gleichsam blitzenden Schlag oder Contorsien / da er auff einmahl zuentwischen suchet / und deßwegen also blitzend sich beweget / wie das Indianische Stachel-Schwein / wann es seine Spitzen außschiesset oder wie einige muthwillige Affen / wann sie andere zuerschrecken / geschwind und unversehens zittern. Je lebhafft und stärcker nun ein solcher Fisch ist / je grösseres Zittern er verursachet / weilen er stärcker blitzet / und also seine erstarrende Dünste stärcker einschläget / wormit er nicht allein die Menschen / so ihn halten oder irritiren zitterend machet / sondern sich auch gegen andere Fische verthädiget / welche er auff eben solche Art erstarrend machen kan. Daß er aber die Fischer oder Fischleuth auch also zitterend machen könne / wann sie ihn mit den Seilern / oder Stecken und Rudern anrühren / wie Plinius vorgibt / ist gantz falsch uud bloß erdichtet: wiewohlen nicht zu läugnen ist / daß wann diejenige / welche ein oder mehrmahlen von ihm gerühret werden / die Hand nahe zu ihm strecken / ohne denselben anzurühren / doch eine erstarrende Kälte empfinden / welches ohne Zweiffel von der Furcht herrühren mag.

§. V.
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Hier möchte jemand fragen / ob man dann kein Mittel habe / wormit man sich präserviren könne / daß dieser Fisch einem nicht schaden könne? und wormit das von ihm erregte Zittern zu curiren seye? worauff zuwissen / daß / was die erste Fänge anlanget / man den Würckungen dieses Fisches widerstehen könne / wann man den Athem starck und lange an sich halten kan / welches ein gewisser Africaner / so den Fisch ohne eintzigen schaden halten konte / obbelobtem Hn. Rempffern entdecket hat / welcher es nachgehends selbsten vor gut befunden / und glaubet / daß bey Haltung des Athems / die halitus so auß seinem Leib gedrungen / des Fisches schädliche Dünste vertrieden und zurück gejaget hätten. Wegen der andern Frag hat man sich der Curation wegen so sehr nicht zubekümmern / indem das ereigte Zittern und übrige symptomata so balden wiederumd von sich selbsten / ohne eintzigen Schaden vergehen und weichen / wie alle und jede / so es selbsten erfahren bezeugen.

§. VI.
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So gewiß und warhafftig es sich nun also mit [490] obbemeldtem Zitter-Fisch verhält / so ungewiß und falsch ists / was man von dem so genandten ECHENEIS REMORA oder Hemm-Fisch biß daher in die Welt geschrieben hat / welcher ein mit vollen auff geblasenen Seegeln mitten im Meer treibendes Schiff auff einmal soll arrestiren können / wan er sich nur unten daran hange / wie Plinius, Scalig. Aldrovandus, Olearius und viele andere glauben / auch mit Exempeln zu beweisen suchen. Wie könte doch immermehr ein so kleiner Fisch (dessen Gestalt Olearius in der Gottorffischen Runst-Rammer Tab. 25. N. 2. wie sie oben zusehen abgerissen hat) den so gewaltigen Lauff eines grossen Schiffes anhalten können / da er selbsten in der Bewegung ist und keinen festen Fuß hat? welches diejenige allerdings vor unmöglich halten werden / welche nur ein wenig in die Bewegungs-Kunst und Mechanicam gegucket haben. Zwar ist es nicht munöglich / daß durch sonderliche Vortheil kleine Cörpete wol grössere bewegen / auch in der Bewegung hemmen können: Allein Beyderseits müssen dieselbige festen Grund haben; dahero Archimedes einmahl soll gesaget haben: Da mihi ubi subsistam & totam movebo terram! Man gebe mir einen Plaß / wo ich festen Fuß setzen könne / so will ich die gantze Erde bewegen; allein dieses gehet hier nicht an / indem der Fisch eben so wohl in der See schwebet als das Schiff / und dahero dieses nicht hemmen kan / wie Franciscus Bayle in seinen Problematibus Physicis pag. 95. Probl. 62. solches wohl erinnert hat. Und obschon Hugo Lindschot in seiner Orientalischen Schiffart c. 48. schreibet / daß als sie einsmahls aus Portugal nach Mofambique segeln wollen und mit vollem Seegel vor Wind gegangen seyn / das Schiff dannoch nicht fort gewolt / welches von diesem Fisch kommen seye / welchen der Steururann mit dem Schwantz am Hintertheil des Schiffes / mit dem Kopff aber am Rohr feste sitzend gesehen habe: so müste doch che das Rohr zerrissen oder das Stück von dem Schiff gar abgerissen seyn / ehe sich das Schiff in vollem Seegel davon hätte stellen lassen. Weßwegen ohne Zweifel dieses von einer gantz andern Ursach hergekommen / zumahlen obgemeldter Author hinzusetzet / daß das Schiff nicht allein gehemmet / sondern gar in etwas zurück gewichen seye / welches ohne Zweiffel von einigen auß dem Meeres-Grund treibenden Dünsten / dessen Fluht / Wuht oder andern Ursachen hergerühret hat und nachmahlen aberglaubischer Weiß diesem Fisch beygemessen worden / zugeschweigen / daß fast kein einiger Scribent solches selbsten gesehen zu haben versichert / sondern alles von hörensagen melden / so gar / daß Aristoteles lib. 2. Hist. anim. nach Erzehlung dieser Hemmungs-Krafft hinzu setzet / wie einige wollen: Plinius auch lib. 9. außdrücklich setzet / daß man solches glaube; worauß Le Grand in seiner Hist. Nat. Art. 7. pag. 389. nicht unbillich schliefet / daß alles / was man hiervon saget / ein pures eyteles Gedicht und Fabel seye.

§. VII.
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Viel leichter aber ist zu glauben / was man von der grossen Gewalt des Schwerd- und Säge-Fisches schreibet / dessen Gewehr und Waffen / welche ihme GOtt und die Natur gegeben / jederman unter Augen leuchten; wiewohlen auch derselben zuweilen mehr zugeschrieben wird / als es sich im Werck selbsten befindet: Wann zum Exempel Oppianus ein alter Griechischer Poet das Schwerd des ersten Fisches viel härter / als einen Diamanten machet / welches D. Hannaeus in Miscellan. Acad. Natur. Cur. Dec. 2. A. 8. Obs. 107. pag. 243. billich widerleget hat / damit man dann der Sachen auch hier nicht zu viel thue / so wollen wir auch beyde Fische kürtzlich besehen.

§. VIII.
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Den ersten / nehmlich den Schwerd-Fisch / betreffend / so wird derselbe bey denen Gelahrten XI??? HIAS und GLADIUS geheissen / weil sein öberster Kinnbacken sich in ein langes und breites Bein / wie ein Schwerd anzusehen / erstrecket / welches offt 5. Spannen lang / und unten an der Wurtzel 5. Zoll / oben an der Spitz aber einen Kamffer breit ist: welches Schwerd er wohl bey anderthalb Hand breit in ein Schiff soll ragen können / wie Olearius in der Gottorpischen Runst-Rammer p. 37. berichtet: Und wann dieser Fisch seine Stärcke wüste / dörffte er dem Wallfisch selbsten / wofür er sich sonsten sehr förchtet / grossen Schaden zufügen. Sonsten aber hat der Fisch selbsten eine sehr dünne Haut / daß ihn die kleine Fische gern anzwacken / auch ein gewisser Saug-Egel ihm sehr gefährlich ist / und sich in seine Seite sencket / wie solchen nebst dem Fisch Bocco aux Recherches & Observ. Naturelles p. 287. schön beschrieben und abgemahlet hat. Ist sonsten ein ziemlich grosser Fisch / und gemeiniglich bey 4. Elen lang / das Schwerd nicht mit gerechnet / dessen innerliche und äusserliche Theil obbemeldter Hannaeus c. l. vor andern aus selbst-eingenommenem Augenschein sehr eigentlich und deutlich beschrieben hat: wird aber sonsten zu nichts anders gebrauchet / als daß entweder der gantze Fisch oder das Schwerd hin und wieder in den. Kunst-Kammern gezeiget wird.

§. VIII.
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Gleiche Bewandtnuß hat es auch mit dem andern Fische / welcher an Statt des Schwerds eine Sage führet / und deßwegen SERRA
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PRISTIS und im Teutschen der Säge-Fisch genennet wird. Dieses ist auch ein sehr grosser / aber auch frembder Fisch / so sich meistens in der West-See auffhält / und schneidet in schnellem Lauff / wie eine Säge / mit obgemeldtem zackichten Schnabel / welcher auff beyden Seiten wie eine Säge außstehet. Dieses Rostrum serratum findet man von unterschiedlicher Grösse: Die grössern sind fast zwey Ehlen lang und oben / da sie am Kopff gesessen eine halbe Ehle breit / dergleichen einer / nebst zweyen kleinen in der Gottorpischen Kunst-Kammer zusehen und vom Herrn Oleario in der Beschreibung Tab. XXV. Num. 1. pag. 28. gemeldet worden. Wormius beschreibet in seinem Museo pag. 288. ein anderen dergleichen Schnabel / so nur vierthalb Schuh lang ist und fünffthalb Pfund wieget / welches mit demjenigen / so Jacobaeus in Museo Regis Dan. pag. 15. beschreibet / überein kommet / worinnen ermeldter Author zwey Gänge / so sich der Länge nach erstrecken / in acht genommen. Sie sind alle braun / und hin und wieder zu finden; wie dann der Fisch selbsten auch bey verschiedenen Materialisten auffgebälget zusehen / deren Herr D. Hermanni Weyland berühmten Professor Botanices zu Leyden vor diesem in dem Eingang seines Hausses verschiedene auffgehänget hatte; Wie dann auch etliche zimlich grosse zu Franckfurt am Mayn in des Herrn De Rese und Heuhen / vornehmen Materialisten Behausungen / zusehen sind.

Das XXXIV. Capitel.
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Von den See-Mäusen. Abbildung

§. I.
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Unter diejenige Artzneyen / so in Teutschland noch nicht allerdings bekandt / gehören auch die so genandte See Mäuse / welche man in Holland bey einigen Materialisten findet und nichts anders sind / als ein doppeltes und inwendig hohles schwartzbraunes Heutgen / ohngefehr anderthalb Zoll breit / glatt und streiffigt / viereckicht wie ein Küssen / weßwegen sie von dem Rondeletio auch im Lateinischen Pulvinaria oder Küssen genennet werden: Haben an den 4. Ecken länglichte und schmahle Schwäntzger / wie in der 1. Figur bey den Buchstaben a. b. c. d. zuersehen / und auff der einen kurtzen Seiten eine öffnung mit e bezeichnet / sonsten aber sind sie aller Orthen zugeschlossen / ob man sie schon leicht voneinander theilen kan / wie in der 2. Figur zusehen ist.

§. II.
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Sie finden sich vornehmlich in See- und Holland / und sind eigentlich keine Mäuse / sondern werden nur von dem gemeinen Mann also genennet / weilen sie mit einer kahlen außgestreckten oder zusammen gepresten Mauß einige Gleichheit haben / obwohlen sie nichteine graue Mauß-Farbe haben / sondern schwartzbraun anzusehen sind. Mit besserem Fug werden sie von den Gelahrten Ova Rajae piscis oder Rochen-Eyer genennet / weilen die junge Rochen darinnen wachsen / welche zuweilen noch darinnen gefunden werden / und wann sie durch die förderste Eröffnung herauß gekrochen sind; so wirffet das Meer diese so genandte See-Mäuse / als ihr Gehäuse / an das Ufer auß / weßwegen sie auch öffters mit etwas Schlam umbgeben sind. Und daher mag es vielleicht kommen / daß sie so wohl von vielen Naturkündigern / als auch von den Medicis selbsten nichts geachtet und so gar mit Stillschweigen übergangen worden / daß man in Teutschland fast ihren Nahmen nicht gehöret / obschon Aristoteles zu seiner Zeit ihrer schon Meldung gethan / auch Gesnerus im Fisch-Buch pag. 74. Aldrovandus Tr. depiscibus, lib. XIII. c. VII. pag. 380. & Rondeletius, [492] Jonstonius. Cerutus und andere solche deutlich beschrieben und zum theil in einem Abriß vorgestellet haben / welcher doch nicht allemahl mit der Sachen selbsten / wie der unserige / überein kommet. Am allerklärsten aber schreibet der Curiose und berühmte Straßburger Raths-Herr / Herr Brack enhöfer in seinem Manuscript. über seine Runst- und Naturalien-Rammer davon also: Ovapiscis Rajae, Rochen Eyer sind viereckicht / etwas langer / als breit. Die Länge ist anderthalb Zoll / die Breite 2. Zoll: Sind flach / doch in der Mitte bäuchicht / wie ein Küssen / bestehende auß einer dünnë Haut / untë wie oben / so etwas schaumicht; rings umb diese gebet ein einfaches dünnes Häutlein / wie ein Membrana oder gar dünnes Papier / welches das Küssen zu allen 4. Seiten umbgiebet / gleichsam wie vorgeschossen an den Kleidern / die man mit Taffet füttert oder da man Spitzen ansetzet (vid. Fig. 1. lit. f.) Die Farbe ist schwartzbraun / haben an dë Eckë gleichsam einige Hörner / etwa anderthälb Zoll lang. Diese 4. Hörner sind von eben der Farbe / anch Substantz und Materie / wie das Küßlein / nemlich eines dünnen Pergaments / aber nicht einfach / wie das umbgebende Häutlein / sondern doppelt oder hohl / doch aber zusammen nidergedruckt und Spitzen sich am Ende etwas zusammen. Am Küßlein findet sich auch sornen alezeit eine apertur oder Oeffnung / wo sich das Thier herauß begibt. Viele heben dergleichen als etwas Rares auf / und wissen nicht was es sey? Biß daher Herr Brack enhöfer Seligen / dessen sehr viele und curiose Schrifften / darinnen er alle und jede Naturalia, so sich in seinem Museo befunden / gar genau beschrieben / wohl meritirten / daß sie von denen hinterlassenen Herrn Erben einmal zum öffentlichen Truck befördert würden.

§. III.
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Es finden sich zwar einige von denen Gelahrten / so behaupten wollen obenbelobte Scribenten hätten nicht so wol der Rochen-Eyer / als deren Uterum oder Gebär-Mutter / worinnen sie gezeuget würden / beschrieben; allein diese sind schon langstens von dem Weltberühmtë Dänischen Anatomico, Nicolao Stenone in einem Brieffe an Herrn Pisonem, de Rajae Anatome abgefertiget und nicht allein mit wichtigen Argumentis widerleget / sondern auch mit D. Simon Paulli überzeuget / daß solche Häutger nit der Rochen Bärmutter / sondern etwas anders seyn müsse / welchen der berühmte Dänische Medicus D. Oliger Jacobaeus in Museo Reg. Dan. p. 17. beypflichtet. Es stehet auch nicht entgegen / daß weder Eyerschal / noch der gelbe Dotter hierin / gleich in anderen Eyern gefunden werde: Indem bekand / daß die vierfüssige Thier / ja der Mensch selbsten / auß einigen Häutichten Bläßgern gezeuget werden / welche von den heutigen Anatomicis Eyerlein oder ovula genennet werden / ob sie schon weder gelbes noch auch eine harte Schaal darumb finden können.

§. IV.
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Was endlich ihrë Nutzen oder Gebrauch anlanget / so werden diese See-Mäuse von dem gemeinen Mann in Holland mit gutem Success gegen die wütende Gülden-Ader oder haemorrhoides coecas gebraucht / indem sie den schmertzenden Orth damit räucheren / worauff der sonsten sehr empfindliche Schmertz so balden nachlassen soll / wie solches Herr D. Christianus Maximilianus Spener, einem besondern Brieffe / so er in Anno 1700. auß Ambsterdam an mich von den See-Mäusen geschrieben / bezeuget / auch diese Würckung einem flüchtigen Saltz und schmertzstillendem narcotischen Schwefel / so in diesen Häutgen verborgen stecket / und wan sie angestecket werden / außrauchet / nicht unbillich zuschreibet / welcher darvon mit mehrerm handelt / und ist dessen Epistel in meinen Polychrestiis Exoticis von dem neubegierigen Leser zu finden.
|| [493]

Das XXXV. Capitel.
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Von den Krebs-Augen / See-Krebsen / Garnelen und Schlangen-Cronen. Abbildung

§. I.
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DIe so genandte Krebs-Augen oder LAPIDES ???. sind weißlichte / harte und runde Steinlein / oben bäuchicht und unten platt / mit einem kleinen Grübgen / eines erdichten Geschmacks / ohne Geruch; nach des Mateterialisten Marxii Bericht / meistens aus der Marck Brandenburg / allwo die Krebs in so grosser Quantität gefunden werden / daß die Renth-Cammer von denselben allein viel Tausend Thaler Licent jährlich ziehen soll / wie mich ein Königlich Preußischer Bedienter versichert hat.

§. II.
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Sie finden sich fürnehmlich in den Bach Krebsen oder ASTACIS FLUVIATILIBUS und zwar nur zu der Zeit / wann sie sich mausen oder häuten / etwa im Majo, Junio und Julio, da der jenige weisse Safft / oder Liquor, wormit sie erfüllet sind / in ihnen erhartet und zu diesen Steinlein wird / welche also in oder an den Magen der Männlem gezeuget / vor keine Augen können gehalten werden. Wann sie aber wieder Schale setzen / wird man diese Steinlein nicht finden / indem sie aus eben diesem Safft oder Milch / oder auch aus dem Häutlein der so genannten Krebs-Augen soll gezeuget werden / wie Helmontius de Lith. c. 7. §. 32. und Ettmüllerus in Comment. Schroed. p. 811. aus denselben lehren.

§. III.
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Es werffen aber die Krebse solche Steinlein entweder selbsten von sich / welche etwas blaulicht sind / und von denen Materialisten / als Schurtzen / Marxen / und andern vor besser gehalten werden / als die jenige / so aus den abgesottenen Krebsen genommen werden / und weiser sind / weilen sie durch das Saltz / welches man hinein wirfft / etwas geändert werden / wie Hoffmannus in Clav. Schroed. p. 698. vermeint. Und dahero kommt es / daß sich bey den Materialisten insgemein zweyerley Sorten von den Oculis ??? finden / nemlich OCULI CANCRORUM ALBI oder die weisse Krebs-Augen und OCULI ??? COERULEI, die blaulichten. Indessen muß man sich wohl vorsehen / daß man keine falsche und nachgemachte Krebs-Augen einkauffe / worüber ein bekanter Apotherker zu Hanau in einen Process und Inquisition gefallen und fast ruiniret worden / ohnangesehen Er denjenigen Materialisten nennen können / bey [494] welchem er solche gekauffet; welcher sich ohne Zweiffel mit seinen Sorten wird heraus gewaschen haben / indem einige Apothecker gemeiniglich nicht so wohl die beste Sorten von den Materialien / sondern die Mittel oder Messanen fordern / welche insgemein nicht viel tauget: Daß aber die Krebs-Augen in Holland aus einer weissen Erde oder gar aus gestossenen Tabacks-Pfeiffen nachgemachet / und mit einem gewissen hierzu gemachten Instrument und Stempel also formiret werden / bezeuget nicht allein die Erfahrung / sondern es hat solches ein gewisser Medicus, so sich bey dem Polnischen Envoyé zu Pariß auffgehalten / den Materialisten Pomet versichert / daß er zwey Personen zu Amsterdam gekennet / welche nichts anderst thäten / als solche Krebs-Augen machen; welches gedachter Pomet (als der es von allen verstunde) gantz irr gemacht / daß er nicht wuste / ob er alle Krebs-Augen vor gekünstelt oder vor natürlich halten solte / zumahlen er in des Charas Apothec ersehen hatte / daß man ein ??? vol davon haben kön̅e / welches keine Erde geben kan / wie in dessen Histoire des Drogues P. 2. Lib. 1. c. 43. p. 95. zu lesen ist. Allein es hätte sich der gute Materialist leicht helffen können / wann er unter den wahren und natürlichen und unter den falschen nachgekünstelten Krebs-Augen einen gebührenden Unterscheid gemacht hätte / welcher theils aus solcher Chymischen Prob / theils auch durch einen ??? acidum, so man über die gestossene Krebs-Augen schüttet / zuerkennen / welches so kein Zischen und Gären auffden falschen / als auffden rechten wird erregen können / es seye dann / daß sie von den Krebs-Schüsseln oder Muscheln nachgemacht seyen.

§. IV
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Die rechte und natürliche Krebs-Augen nun haben eine sehr versüssende Krafft / wormit sie alle unnatürliche Säure in dem, Menschlichen Leib sehr brechen / verschlingen und praecipitiren können; weswegen sie gegen den Sood / Colic / Seitenstechen / Nieren- und Lenden-Stein / hitzige und Wechsel-Fieber / äusserliche und innerliche Verwundung täglich in der Artzney verschrieben werden. Wie dann die Krebse selbsten nicht allein zur Speise der Gesunden / sondern auch den Krancken dienen / welchen die aus den gestossenen Krebsen und den Schalen gemachte Krebs-Suppen sehr dienlich sind. So brauchet man auch die zu Aschen gebrannte Krebse oder CINERES CANCRORUM welche auch bey den Materialisten zu finden / und unter verschiedene Compositionen kommen; von welchem allen der sel. D. Sachsius in seiner Gammarologia oder Krebs-Beschreibung / und zwar in dessen 2. Buch sehr weitläufftig handelt.

§. V.
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Hieher gehören auch die See-Krebse oder ASTACI MARINI. welche offters so groß und starck sind / das sie mit ihren Scheeren einen Menschen leicht umbringen können / wann sie solchen zu fassen bekommen: Haben eine so harte Schale / daß man sie mit Beilen von einander hauen muß: Sind / wann sie noch schwartz und nicht abgesotten / abscheulich anzusehen / und galte zu meiner Zeit zu Londen in Engeland einer einen Sterling oder Kopffstück. Diese See-Krebse haben ein sehr hartes und unverdauliches weisses Fleisch / welches deswegen mit Citronen-Safft und Pfeffer genossen wird. Ju der Artzney aber schreibet man den schwartzen Spitzen / welche sie fornen an den Scheeren haben und APICES NIGRI CHELARUM ??? genennet werden / eine absonderliche Krafft gegen die hitzige und gifftige Fieber zu / weswegen sie in denen heut zu Tag so sehr berühmten Englischen Gifft-Kugeln oder PULVERE BEZOARDICO Anglorum, sonsten auch Pulv. Cantiano genan̅t / das erste und fast das Haupt-Stücke abgeben / dessen man viele Beschreibungen hat / unter welchen die jenige / welche Charas in seiner Königl. Apothec cap. 19. setzet / fast die beste ist / und mit der Engeländer Beschreibung sehr überein stimmet / welche in der Pharmacopoea Bateanâp. 126. zufinden ist.

§. VI.
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An statt dieser Scheeren haben die grosse Indianische Garnelen oder SQUILLAE ARERIENARIAE, (welche Rondeletius Mantis nennet / weisse und zackichte Beinlein / wie Palmzweige anzusehen / welche überaus glatt / und wie das schönste Helffenbein anzusehen / dergleichen mir zwey / nebst dem rechten Abriß dieses Thieres (so hiermit dem curiosen Leser mittheile) zu Handen kommen. Diese Beinlein werden von einigen Land-Streichern Schlangen-Cronen oder CORONAE SERPENTUM genennet / und sehr heraus gestrichen / obwohlen sie gantz keine Gleichheit mit einigen Cronen haben. Weswegen andere solsche falsche Schlangen-Cronen von den Milch-Zähnen der Span-Färckeln / so ausgetruncken haben / machen / wie von beyden Herr D. Shroeckius in seinen Armerckungen über die 106. Observation Anni V. Dec. 2. Miscell. Acad. Nat. Cur. p. 212. zusehen ist.
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Das XXXVI. Capitel.
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Von den Perlen und der Perlen-Mutter. Abbildung

§. 1.
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DIe Perlen UNIONES oder MARGARITAE sind kleine und gekörnte Steinlein / entweder gautz rund oder eckicht / wießlicht und etwas durchsichtig / haben einen erdichten Geschmack / wie die Austern oder Muscheln / worinnen sie gezeuget werden; kommen meinstens aus Persien / Ost- und West-Indien; wiewohlen dergleichen auch in Liefland und Böhmen sollen gefischet werden / wie Balbinus in Hist. Bohem. Part. I. p. 74. berichtet: welchem desto eher zu glauben ist / weilen auch Herr D. VVeber Professor Juris und Hist. zu Giessen / vor diesem in der Graffschafft Schwartzburg und Herr Waldschmid / Bibliothecarius in franckfurt in dasigem Stadt-Graben in gemeinen Muscheln Perlen gefunden / wie beyde wir selbsten etzehlet / auch zum Theil gezeiget haben.

§. II.
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Von dem Ursprung und Wachsthum dieser Perlen finden sich verschiedene Meynungen unter denen Gelehrten / indem viele mit dem alten Plinio darvor halten / sie würden aus dem Thau / so indie eröffnende Muscheln tropfet / generiret. Allein diese Meynung ist gantz falsch / indem unlaugbar / daß die Perle-Muscheln aus dem Grund des Meers und anderer Wässern / wohin der Thau nie kommen kan / gefischet und gelanget werden müssen. Weswegen andere als Petrus Joh. Faber die Perle vor einen Außsatz oder Finnen der Austern halten will / welches doch auch nicht glaublich. Etwas besser raisoniret Anshelmus Boëtius im zweyten Buch von den Edelsteinen p. 167. hiervon / und schreibet / daß das Thierlein in den Muscheln zu gewissen Zeiten eine zähe Feuchtigkeit von sich speye / woraus die Schale entspringe / welche deswegë aus so vielen Blättlein bestehet. Wann aber das Thier keine Kräfte mehr habe / solche Feuchtigkeit von sich zu werffen / bliebe dieselbe daran hangen und würden die Perlen darvon gezeuget / welche also mit den Muscheln einerley Wesen hätten: Welcher Meiuung auch VVormius in Museop. 109. unterschrieben hat. Am allerbesten aber scheinen es diejenige zu treffen / so die Perlen vor Eyerleinder Muscheln halten: worvon (S. T.) Herr Barthol. Crasselius, Pfarrer in Nidda / einen sehr curiosen Berichtan (Tit.) Herr Pfarrer Schilling / Stadt- und Garnison Prediger in Giessen / gethan: welchen dem begierigen Leser hiermit gäntzlich mittheile: Die Nachricht / so ich von denen Perlen / und sonderlich von deren Generation und Ursprung / aus specialer Kundschafft sicherlich und umbständlich erlanget habe / und dem Nächsten zu besserer und gewisserer Erkäntnuß dieses / bey allen Menschen so belobten / Geschöpffs billich / und zumahl auff Ersuchen auch williglich bekandt machen soll / bestehet in folgenden: Als ich auff meiner Reise Anno 1700. mich in Liefland befande / und eine Zeitlang in Riga auffhielte / geschahe es / daß in meinem Quartier ein Königlicher Schwedischer Inspector über eine Perlen-Fischerey in Liefland und Ingermanland / namentlich Herr Krey / einlogirte / und mit mir an einem Tisch speisete. Die [496] ser discurirte immer viel von der Perlenfischerey / und von unterschiedener Beschaffenheit der Perlen: darbey er deren vielerley Gattungen aufzeigete / und hauptsächlich von dem eigentlichen Ursprunge der Perlen gar betheuerlich und glaubwürdig bezeugete / daß solche nichts anders als die Eyer der Muscheln wären / von welchen sie herkämen / und daraus wieder Muscheln würden. Darvon hatte er auch an Ihro Königliche Majestät von Schweden einen allerunterthänigsten Pflicht-mässigen Bericht und umbständliche Beschreibung auffgesetzet / so er mir nicht nur zu lesen / sondern auch abzuschreiben communicirte. Daraus ich nun insonderheit folgende merckwürdige und zum Beweiß dienende Puncte angemercket habe / und zwar zuforderst / wie dasige Perlen-Fischerey nicht etwa in der See / sondern nur in kleinen Flüssen und Bächen geschehe / und vormahls nur denen Bauren bekandt gewesen sey / welche dieselbe heimlich getrieben / und alle erfischete Perlen nach Moscau verhandelt haben; Nachgehends aber / da solches Ihro Königlichen Majestät kund worden / seyn von Derselben die allergnädigste Verordnungen und Befehle ergangen / daß hinförder niemand bey hoher Straffe mehr Perlen nach Moscau verkauffen / sondern solche dem König durch die darzu verordnete Bediente lieffern / und zwar dafür ein gewisses empfangen solle. Darauff ist es geschehen / daß zwar nicht so viel Perlen mehr gefischet / und nach Moscau getragen / aber auch wenige oder gar keine an die Königliche Commissarien gelieffert worden seyen / und das Werck mehr in Untergang als zum Fortgang gerathen ist. Da haben dann die Königliche Commissarien viel zu thun gehabt / das sie vors erste derjenigen Oerter kundig worden sind / wo Perlen-Muscheln sich befunden / und hernach auch Leute darzu gefunden und erlanget haben / die umb solche Perlen-Fischerey gründliche Wissenschafft gehabt / und recht damit umbzugehen verständig und geschickt gewesen sind. Kierzu aber sind ihnen die arme und einfältige Bauers-Leute am tüchtigsten und dienlichsten gewesen / die haben davon die beste Nachricht und Wissenschafft gehabt / und von solchen ist folgendes genau erkundiget / und nachgehends auch in der That gewiß und warhafftig also befunden worden. Nemlich 1. Die Perl-Muscheln finden sich in keinen andern Bächen / als in denen / darinnen rein und frisches Quell-Wasser fliestet / und sonderlich / wo Schmerlen und Forellen sich auffhalten. 2. In solchen Bächen haben sie ihr Lager sehr verborgen in tieffen Tümpffen / wo viel Sand und grießlichter Boden ist / darinnen sie sich tieff einscharren / und dick bey einander liegen. 3. In diesen ihren Lagern dörffen sie / wann man Perlen bey ihnen antreffen will / nicht eher auffgestöret und angegriffen werden / als vom medio Julii biß zu dem medio Augusti, dann vor der Zeit haben sie noch keine / und nachhero seyn solche schon von ihnen als ihre Eyer ausgelegt / und junge Muscheln draus geheckt; und ist dieses ihre eintzige Heck-Zeit im gantzen Jahr. 4. In denen Lagern findet man beyderley Muscheln / nemlich Männlich- und Weiblichen Geschlechts beysammen / und ist unter ihrer äusserlichen Gestalt und Ansehen ein solcher Unterscheid zusehen und zu fühlen / daß die Perlen-Fischer alsobald wissen können / was ein Männchen oder Weibgen sey / ehe sie solche auffmachen. 5. Bey den Männlichen finden sich nimmermehr keine Perlen / sonderu eintzig bey denen Weiblichen. Diese haben hinten auff dem Rücken ein Lege-Därmgen / welches von der Stätte an / da die Muschel an der Schale oder Perl-Mutter angewachsen ist / aus dem Leibe heraus gehet / und biß zum Schwantze hinaus reichet. Und darinnen dann stecken drey oder vier Perlen nacheinander von unterschiedener Grösse / so daß die förderste am grösten / die zweyte etwas kleiner / die dritte noch kleiner / und die vierdte und letzte am allerkleinsten ist; Gleichwie bey einem Vögelein oder Hüngen im Eyerstock vor dem Lege-Darm die Eyer nacheinander gradatim angewachsen sich finden. 6. Diesen Weiblichen oder Lege- und Heck-Muscheln wissen die Perlen-Fischer auff sonderliche und geschwinde Art gemächlich beyzukommen / ehe sie sich feste zuschliessen / das sie ihnen ohne gewaltsames Auffbrechen die Perle oder Eyer aus dem Lege-Därmgen streichen / und sie ohne Verletzung wieder ins Wasser und ins Lager thun / darinnen sie nicht nur lebendig bleiben / sondern auch ein ander Jahr wieder Perlen haben; Daß es ihnen so wenig Schaden und an fernerer Fruchtbarkeit hindern mag / als einem Krebse / wann man solchem gleich alle Eyer unter dem Schwantz abnimmt / und ihn wieder ins Wasser thut.
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7. Die Mares, weil solche obgedachter massen kändtlich gnug und ohne Perlen sind / werden gar nicht auffgemacht / sondern gleich zurücke gethan. Bey denen Foeminis aber findet sich / daß zuweilen auch ein und die andere keine Perlen bey sich hat / welche dann entweder unfruchtbar sind / oder die Eyer schon von sich geleget haben. Und bey einigen / die schon angefangen haben zu legen / findet man nur noch 3. oder 2. oder nur eine Perle in dem Lege-Därmgen. 8. Die perle / so bald sie von der Muschel ausgelegt ist / wächst fähling / bricht auff / wird lebendig und eine junge Muschel daraus; daher auch ausserhalb der Muschel schwerlich eine oder wohl gar keine soll gefunden werden / die noch brauchbar sey. 9. Dessen zu mehrerem Beweiß dienet unter andern diese sichere und wahre Begebenheit / da ein Perlen-Fischer einem vornehmen Lieffländischen von Adel / und Königlichem Schwedischen Major, eine ausgelegte schöne Perle gebracht / welche dieser auff seinen Tisch vor sich gelegt / und mit grosser Belustigung und Verwunderung lang geschanet / endlich aber an derselben wahr genommen hat / daß sie / ehe Er sichs versehen / von selbsten sich auff und wieder zu gethan / und in Gestalt einer jungen Muschel gezeiget hat. Welches gar hoch betheuret und versichert worden. Da auch die Muschel-Schaalen oder Perlen-Mutter inwendig so genaue Aehnlichteit und Gleichheit mit den Perlen haben / daß daraus Perlen formiret werden können / die man vor rechte eigentliche und gute Perlen ansehen möchte / läst sich aus allem angeführten leicht schliesse / woher das komme. 10. Uber das / so ist kein andere Art und Weise je erfunden / noch zu erfinden / wie und wodurch sonsten die Generation und Fortpflantzung der Muscheln geschehe / als durch die Perlen. Dannenhero auch die Perlen-Fischer einige Lager der Perlen-Muscheln in den Bächen hägen / denen sie keine Perlen ausnehmen / sondern sie dieselbe aushecken lassen / damit die Muscheln nicht in Abgang kommen. Worauff sie dann auch in solchen geheckten Lagern hernach die meisten jungen Muscheln finden / die anfänglich auch von anssen gar schön und Perlen-farbicht seyn sollen. Dieses ist es / womit ich die rechte Wahrheit von eigentlicher Herkunfft der Perlen habe an den Tag legen sollen und wollen; welches alles verhoffentlich Grundes und Beweises genug seyn wird / daß die Perlen derer Muscheln Eyer seyen / und nicht / wie sonsten ohne Grund von vielen gemuthmasset worden / aus dem Thau / sondern aus ordentlicher Begattung der männlichen Muscheln mit den weiblichen generiret werden; gleichwie man auch hier zu Lande an denen wilden Muscheln und an denen Schnecken es ebenfals findet / daß sie Eyer haben / welche denen sogenandten Wasser-Perlen ähnlich sehen / aber doch nicht / wie die rechte Perlen-Muschel Eyer / alsbald / wann sie von ihnen genommen und getrucknet sind / solche Härte bekommen / daß die jenige / so zum Anschnüren groß genug sind / von den Perlen-Drehern durchbohret und rund gedrehet werden können. Solte allenfals hierwieder ein oder anders Dubium vorkommen / könte man dargegen aus noch mehreren Umbständen / weiteren Beweiß beybringen. Indessen werden verhoffentlich die hie angezeigte Puncten denen meisten gnug zulänglich und gültig seyn.

§. 3.
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Wo und auff was Art und Weise nun die Perlen / sowohl in Ost-als West-Indien gefischet werden / hat Travernier in seiner Reiß-Beschreibung sehr weitläufftig erzehlet / dessen Worte auch Pomet in seiner Histoire des Drogues part. 2. c. 46. p. 97. angeführet hat; und weilen solches alles mit der beschwornen Relation und Abriß / so Isaâc Bandt A. 1681. d. 30. Decembr. aus Tutucoryn (wo die besten Orientalische Perlen gefischet werden) an Herbertum de Jager Ober-Kauffmann geschrieben / und ich unter dessen Manulcripten gefunden habe / übereinstimmet / auch in deß Mallets Welt-Beschreibung Part. 1. pag. 113. also unter Augen geleget werden; so will dieselbe hiermit kürtzlich beysetzen: Wann nehmlich in den jenigen Ländern / wo die Perlen wachsen / und Costa de Pescaria genennet werden / der Perlen-Fang ausgeschrieben worden / kommen die Indianer sowohl als Mahomertaner häuffig herbey / und nachdem sie ein gewissen Tribut an die Holländer (welche sie mit 4. Kriegs-Schiffen in währendem Perlen-Fang vor den Corsaren und See-Räubern beschützen) bezahlet haben / begeben sich ihrer etliche zusammen in die kleine Schiffe oder Nachen / woraus sich einer in die See tauchet / und die Muscheln auffsuchet / wie oben aus der Figur bey Anfang deß Capitels zu sehen ist. Diesem Täucher nun wird erst [498] lich ein starckes Seil A. A. (wie aus beygesetzter grosser Kupffer-Tafel zu sehen ist) um die Brust gebunden / woran oben ein ausgehöhlter Stein ist / welcher im Nachen bleiber. Untern an den Füssen ist noch ein anderer schwehrer Stein C, woran das Seil D. wormit der Täucher hinunter gelassen wird / welcher mit ledernen Handschuh B. versehen ist / damit er nicht von den scharffen Muscheln (welche allda in grosser Menge / und wie Berge auffeinander ligen / und leicht geschöpfft werden) verletzet werde. Wann er nun mit den Muscheln das Netzlein F. (welches oben mit einem eisernen Ring von einander gesperret) gefüllet / und nöthig hat Athem zu hohlen / gibt er mit dem Seil B. B. seinen Cameraden ein Zeichen / welche ihn geschwind in die Höhe ziehen / da ihm dann / wegen ausbleibender Respiration, offt das Blut aus Nasen und Ohren dringen soll / und also diesen armen Leuten beschwerlich genug seyn muß. Weßwegen anderstwo die Perlen-Fischer das Haupt mit einer dichten Kappen / woran ein langer Canal, durch welchen er Lufft schöpffen kan / vermahren soll / wie Vielheur in Beschreibung frember Materiallen / p. 176. berichtet. In Böhmen aber soll man die Muscheln mit Netzen aus den Wassern ziehen / allwo es auch Perlen-Brunnen geben soll / wie ob-angeführter Jesuit Balbunus in seiner Böhmischen Geschicht-Beschreibung l. c. erwehnet.

§. 4.
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Sohald nun diese Perlen-Fischer eine Quantität Muscheln beysammen haben / pflegen die jenige / so arm und Geld-bedürfftig sind / dieselbige gleich zu verkauffen: die andern aber warten so lang / biß die Perlen-Fischeren sich gäntzlich geendiget hat / machen auch die Muscheln nicht auff / damit sie die Perlen nicht verletzen / sondern lassen sie ligen / biß sie von sich selbsten auffspringen: wiewohlen solche öffters gelb darvon werden. Solche Perlen aber werdne nachmahlen in Sicilien / Holland und anderstwo mit einem Instrument, so Bootius l. c. p. 181. abgemahlet / durchbohret / und in Europa nach dem Carat verkaufft / welches ein Gewicht von 4. Granen ist / vormit auch die Diamanten verkauffet werden / wie Pomet l. c. schreibet.

§. 5.
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Den Preiß anlangend / so wird die Perle / so vollkommen schön ist / allezeit mit der Zahl / wie viel Gran sie wiegt / multipliciret / und so viel heraus kommet / so viel Cronen wird sie geschätzet; wie obgenmeldter Bootius de Lop. & Gem. p. 177. und Kunckelius in dem Send-Brieff von der Art / Erkäntnüß und Güte der Edelgestein p. 114. lehren. E. g. I. Gran gilt I. Crone. 2. Gran mit 2. multipliciret / macht 4. so viel Cronen sie gilt. I. Carat hat 4. Gran / welche mit 4. multipliciret / 16. Gran / und also so viel Cronen machen / wie aus folgender Tabell zu ersehen:

§. 6.
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Hier aber ist zu mercken / daß vorhergehender Werth nur bey den Orientalischen Persen statt habe / indem die Occidentalischen oder MARGARITAE OCCIDENTALES kaum den 10. Theil solches Werthes ausmachen / und weilen sie nicht so hell / clar und weiß sind / wie die andere / und daher weing geachtet werden / 1. Carat kaum ¼. Thaler kostet / wie Bootius l. c. p. 179. zeiget; wiewohlen sie in der Artzney den Orientalischen wenig nachgeben werden / worvon ???unten soll gehandelt werden.

§. 7.
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Sonsten werden die Orientalische Perlen oder MARGARITAE ORIENTALES insgemein in die Zahl-Perlen / welche schöm groß und sind / und die Saat-Perien / welche klein und eckicht aussehen / getheilet worvon die gantz kleine unansehnliche / so nicht gebohret werden können / Stoß-Perlen / genennet / und den Materialisten verkauffet werden / welche dieselbige wieder in 3. Sorten theilen / nehmlich / die Electas oder auserlesene / welche gantz und gar weiß: die Feine oder Finas, welche etwas schwärtzer / und dann die Mittelgattung oder Massanas, welche gar gemein / schwartz / zerbrochen / und mit allerhand [499] Unrath vermenget sind / wie Schurzius in seiner Material-Kammer p. 58. schreibet. Die Besten müssen recht weiß / clar / durchsichtig / und von den Veritabel - Orientalischen seyn / wie Pomet. l. c. nach der Materialischen Meynung schreibet.

§. 8.
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Indessen unterstehen sich einige / aus dergleichen kleinen Perlen / grosse zu machen / worvon einen schönen probirten Process unter deß seel. D Tacken Mss. gefunden / welcher also lautet: Nimm Wein-Essig / destillire und setze ihm zur Putification in MB. 20. ???. so wird sich eine weisse Materi praecipitiren / davon soll man den Essig alsdann abgiessen / welcher nun essentialisch worden ist. Diese Essentiam aceti schütte auff geriebene Perlen / und stelle sie in einem Kölblein cum alembico coeco an die Sonne / so werden die Perlen sich solviren / ihr Oehl aber wird auff der Essenz deß Essigs schwimmen. Dieses Oehl soll man mit einem stibern Lössel abnehmen / und in kalt ??? wohl vermahren. Auff diese Weiß magst du so viel Perlen solviren als du wilt / und was der ??? nicht mehr solviren kan / daruaff magst du andern giessen. Endlich abstrahire den Essig von den Perlen und von der Massâ, formire Perlen daraus / so groß als du willst / und nachdem du dir ein Form und Zänglein angeschffet / stosse den vergüldeten Stifft durch / und stecke sie in das vergüldete Säublein / das voller Löcher ist / und setze es miteinander in ein weit verdeckt Glaß an die ??? 4. ???. wo sie fein heiß scheinet / daß sie wohl trucken werden / darffst sie aber mit keiner Hand anrühren. Wann sie nun wohl crtrucknet / so nimm die Perlen / und stosse eine jede besonder in ihr eigen Oehl / und stecke sie wieder an ihren eigenen Ort: das thue so offt und viel / biß sie dir an der Farb gefallen / und recht Orientalisch seyn: denn nach einem jeden Eintuncken gewinnen sie von ihrer Seel / dem Oehl / ein Häutlein. NB. Wann man diesen Process machen will / so muß man ihn zwischen Pfingsten und Jacobi anstellen. Die Instrumenten / damit man das Ohl abschöpfft / müssen beneben der Spatel und Messerlein von Silber seyn / wie auch das Zänglein vergüldet / auch der Stifft. Ehe man den Taig formiret / muß der Perlen-Kalck mit weiß Lilien-Oehl imbibiret werden.

§. 9.
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Zuweilen werden die Perlen auch gelb und unscheinlich da man sie wieder mit dem ??? weiß machen kan / welcher das oberste Häutlein wegfrisset. Weilen aber auff solche Manier sie kleiner / leichter / und also am Werth geringer werden; so reiben sie andere mit Alabaster / weissen Corallen / weissem Victril, Weinstein / dergleichen. Andere säubern sie mit Reiß und Saltz. Etliche geben sie auch den Tauben zu fressen. Wann sie nur Flecken haben / beitzet man sie einen Tag in Walpern-Thau / so auff Lattich gesammler worden / wie in deß VVormii Museo p. 110. zu sehen ist.

§. 10.
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Was endlich den Nutzen der Perlen anlanget / so dienen die Orientalische nicht allein vornehmen und reichen Leuten zum Schmuck und Zierath / sondern man will denselbigen auch eine vortreffliche Tugend / die Natur / Hertz und Lebens-Geister zu stärcken / ja gar die Schwind- und Lungen-Sucht / nebst andern gefährlichen und gifftigen Kranckheiten zu curiren / beylegen; welches man theils wohl gelten ließ / wann man sie in ihre eigene Milch / woraus sie gewachsen / resolviren könnte / mie Helmontius Tr. de Febr. cap. 8. §. 7. und Tachenius in Clav. Hipp. p. 121. reden. Weilen aber hierzu ein besonderer und noch wenig bekandter Schlüssel gehöret / und also die Perlen / wie sie heur zu Tag gebrauchet werden / etwa nur die schrffe Säure in dem Leib versüssen und verzehren / so kan man solchen so grosse Kräffte / die oben gemelder worden / nicht wohl zuschreiben. Unterdessen setzen doch Reiche und Arme einen grossen Glauben darauff / weßwegen nicht allein viele Praeparata davon gemachet und verschrieben werden / welche im Schrödero und dessen Auslegern Hoffmanno und Ettmüllero zu sehen: sondern sie kommen auch unter viele alte und neue Composita, welche in denen Dispensatoriis und Practicis zu finden.

§. 11.
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Weilen unterdessen die sogenante Perl-Mutter / oder MATER PERLARUM aus eben der Materie, worvon dei Perlen herrühren / entsprossen ist / wie oben gezeiget worden / und also zweiffelsohn eben dergleichen Tugenden und Kräfften an sich hat; so wäre zu wünschen / daß / zumahlen bey Unvermögenden / das so bekannte Perlen-Wasser / und andere dergleichen kostbahren Artzneyen / nicht aus den Perlen selbsten / sondern der Perl-Mutter gemachet / und darnach taxiret würde / indeme es doch zu wagen ob die rechte Perlen darzy kommen / wosür es zu zahlen ist. es ist auch nicht viel daran gelegen / ob man die rechte Perlen-Muscheln / darinnen sie wachsen / nehme / oder die grosse soge [500] nandte Perle-Mutter / welche aus grossen breiten / äusserlich grauen und ungleichen / inwendig aber weiß gläntzende Schalen bestehen / worinnen sein Lehtag keine Perlen gewesen / und nur deß Glantzes wegen so genennet werden / wie Pomet in seiner Material-Kammer p. 73. C. 48. p. 104. lehret. Indessen wird darbey auff die Grösse / Dicke und Glätte gesehen / wie Marxius in seiner neuen Material-Kammer p. 124. schreibet.

§. 12.
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Den Kräfften nach kommet sie den Perlen sehr nach / und wird das bekandte Specificum antifebrile davon gemachet: Aeusserlich aber kommt es unter das Unguentum Nihili. Was die Perle-Mutter-Schneider vor schöne Arbeiten darvon machen / ist bekandt / und kan man zu Amsterdam an der Tupffsteinernen Tafel / mit einem von Perlen-Mutter eingelegten Krantz / welcher in deß Kunst-reichen Meister Ditrich von Reißwig Hause stehet / ein herrliches Muster sehen / welches Vielheur in Beschreibung frembder Materialien p. 179. weitläufftig beschrieben hat.

Das XXXVII. capitel.
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Von den Meer-Bohnen / Indianischen Voschel-Schalen / SOLEN, Purpur- und Zahn-Schnecken / wie auch Schlangen- und Otter-Köfflein. Abbildung

§. 1.
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DIe so genandte Meer-Bohnen / oder UMBILICI MARINI sind runde platte Muscheln / oben gleich und braun / mit runden Streiffen / und unten weiß / mit Gold-gelb vermenget / auch etwas hohl / wie ein Menschen-Nabel / davon sie auch den Nahmen haben / werden meistens von den Italianern heraus gebraucht / und wann sie schön rein / und mit ihren Farben gezieret / werden sie mehr aestimiret / wie Marxius in seiner Material-Kammer p. 95. davon schreibet.

§. 2.
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Von ihrem Ursprung finden sich unter [501] schiedliche Meynungen. Einige als Augustinus Scilla Tr. de Corpor. Petrificatis hielte sie vor unzeitige oder zusammengefallene Muscheln / wie Sam. Dale in Zoologia p. 49. meldet. Allein heut zu Tag ist es gewiß und ausser allem Disputat, daß diese Meer-Bohnen nichts anders als gewisse Deckel oder Opercula seyen / welche das Loch einer See-Muschel / so Cochlea Caelata genennet / und in dem mittelländischen Meer gewöhnlich gefunden wird. Dieser Deckel ist unten / wo er das Käutgen oder Nabel hat / fest an den Fisch oder Schnecken / so in der Muschel ist / angeachsen / und kan dieselbe gedachte Muschel / wann er den Deckel nach sich ziehet / so genau verwahren / daß kein Tropffen Wasser darein kommen kan / obschon er gantz zu Grund gehe / wie Rajus solche Muscheln mit der Schnecken auff seiner Reiß in Italien selbsten gefunden hat / welche nebenst dem Deckel oder Faba marina, so genau darauff schliesset / bey Herr Bibliothecario Waldschmiden zu Franckfurt selbsten gesehen / wie er sonsten von dem curiosen Buonanni in seinen Ricreatione dell' occhio, è della mente Parte 2. p. 178. Num. 14 beschrieben und abgemahler worden.

§. 3.
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Sie haben / wie fast alle See-Gewächs / eine versüssende Krafft / und kommen den bösen Augen zu gut / wann man sie rein und klein stösset / und unter den Augenwassern gebrauchet. Ob sie aber auch äusserlich / als ein Amulet, (wie sie in Silber eingefasset / den kleinen Kindern angehänget wird) darzu helffen können / lasse an seinen Ort gesteller seyn; zum wenigsten kan ich wenig Wesen davon machen / und noch weniger von den andern Muscheln NERITA, welche andere an statt deß Umblilici marini gebrauchen / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues P. l. 1. c. 52. p. 106. berichtet.

§. 4.
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Eine gleiche Bewandtnüß hat es mit der Indianischen Moschel-Schale / welche Lateinisch BLATTA BIZANTINA genennet / auch vor ein dergleichen Deckelien einer Muschel gehalten wird: ist lang und schmale / dunckel-braum / wie ein Klau oder Nagel anzusehen. Und dahero mag es vielleicht kommen / daß der gemeine Mann öffters beredet wird / als ob die Materialisten die grosse Bauren-Nägel von den Jungen einhandelten / welchen diese Schalen fast gleich sehen / auch wann man sie am Licht anzündet / also stincken / und deßwegen gegen die Erstickung der Mutter gerühmet werden.

§. 5.
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Weilen min diese Blatta Byzantina insgemein auch UNGUIS ODORATUS genennet wird / so hat sich ein grosser Streit unter den Gelehrten erhoben / ob diese deyde vor ein Ding zu halten seyn? worvon verschiedene Meynungen gefunden worden / welche obangeregter Dale c. l. p. 500. mit mehrerem angeführet hat; und weilen der alte Unguis odoratus, entweder einen sehr guten Geruch / oder zum wenigsten einen wie Bibergeil gehabt / die Blatta Byzantina aber sehr übel und wie Horn stincket / so kan diese vor jene nicht passiren; zumahlen aus den alten Schrifften erheller / daß der Unguis Odoratus eine länglichte zweyschüsselichte Wuschel oder Concha Bivalvis gewesen / wie der hierin sehr wohl vertirte Engeländer M. Listerus c. l. in einem Brieff an M. Dale weitläufftig ausgeführet.

§. 6.
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Mit grösserem Recht kan man eine andere Muschel so bey den Scribenten SOLEN genennet wird / mit der alten Ungue Odorato vergleichen / weilen sie eben also gestaltet / und aus 2. langen Schüsselein bestehet / wie obangeführter Buonanni l. c. p. 164. solche unter Augen leget; wiewohlen es ihm auch an dem Geruch ermangeln dörffte / in Ansehen dessen viele darfür halten / daß man heut zu Tag den rechten Unguem Odoratum in Europa gar nicht mehr finden und haben könne; weßwegen der Solen auch nur schlechter Dings Unguis und Onyx genennet wird. Soll gegen den Stein und verschlossenen Utin gut thun / wie in deß VVormii Museo. p. 216. darvon geschrieben ist.

§. 7.
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Zu diesen medicinalischen Muscheln gehören auch die Purpur- und Zahn-Schnecken / oder ENTALIA und DENTALIA, unter welchen doch eine ziemliche Verwirrung in Acht genommen wird. Jene sind länglichte / gestreiffte / und an beyden Enden stumpffe Röhrlein: Diese aber etwas länger / und an einem Ende zugespitzte Röhren / welche einige vor Zähne gewisser Fische gehalten / und deßwegen ihnen solchen Nahmen gegben haben. Allein diese Meynung kan nicht bestehen / weilen es durchaus keine Zähne / sondern dergleichen Röhrlein und Muscheln sind / worinnen gemeiniglich ein Wurm von solcher Grösse gefunden wird / wie obbelobter Buonanni in Recreatione mentis & oculi Part. 7. p. 141. num. 9. zeiget; an deren statt heur zu Tag entweder ein ander dergleichen Röhrlein BUCCINUM genandt / oder auch andere kleine Conchae Venereae unter diesem nahmen verkauffet werden / welche sonsten auch
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Schlangen und Otter-Köpfflein genennet werden: dienen den Sudlern mehr zu Auszierung der Zähnen und andern Sachen / als zur Medicin, wiewohl die gantz kleine / so wie Porcellan aussehen / deßwegen von den Frantzosen auch PORCELLAINES EN COQUILLAGE genennet werden / an statt der Perlen-Mutter und der Perlen selbsten können gebraucher werdern. wormit dei ENTALIEN auch überein kommen / auch unter das gelbe Zugpflaster / von welchen die Italianer alle dergleichen gestreiffte Höltzer und Galenterien ENTAGLIE nennen; von welchen in Act. Angl. N. 197. mit mehrerm gehandelt wird.

§. 8.
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Was die übrige Wuscheln und See-Gewächse anlanget / so werden selbige IN CONCHILIA, UNIVALVIA, BIVALVIA, TURBINATA oder Einschüssel. ??? Zweyschüsselichte. Gewundene getheilet / in welchen die Natur sowohl mit wunderschönen Farben / als allerhand Figuren also spielet / daß man gantze Kunst- und Naturalien-Kammern damit angefüllet / auch verschiedene grosse Tractaten davon geschrieben findet / worunter deß Aldrovandi, Buonanni und Listeri Schrifften hierinnen den Ruhm behalten.

Das XXXVIII. Capitel.
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Von dem COEMAN-SCORPION- und Eydexen-Oehl / wie auch SALAMANDER und Ratten-Eyder. Abbildung

§. 1.
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DAs Coeman-Oehl / ist ein gelb-rother Tran oder Balsam / von einem wunderlichen Thiergen dieses Nahmens / welches Form einem Krebs / und hinten einem Scorpion gleich stehet / und immer in den See-Muscheln wohnet; findet sich in Ost-Indien / von deren das Oehl zuweilen in Europa gebracht wird.

§. 2.
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Dieses Thiergen / COEMAN genannt / ist ohnefähr 3. biß 4. Zoll lang / an der fordern Helfft deß Leibes mit einer Schale / wie die die Garnelen / aber etwas härter versehen / hat auch zwey Scheeren / deren eine grösser und breiter ist wie die andere / [503] wormit es die Muscheln / worinnen es sich verbirget / gar genau zuschliessen kan; die andere Helfft deß Leibes ist gantz weich und häuticht / worinnen / wie in den Krabben eine Matetie, so doch gantz roth ist / und entweder bey einem Kohl-Feuer / oder an der Sonnen in ein Oehl zerschmeltzet / welches von den Insulairen sehr hoch gehalten wird. Ob nun gleich dieser Cuman sich in den Felsen und Bäumen (wo es sich von faulen Blättern und Früchten ernährer) auffhalt / so steiget er doch jährlich einmahl an das Ufer deß Meeres / entweder seine Eyer zu legen oder sich zu baden / und wann ihm die vorige Muschel zu klein geworden / siehet es sich eine andere aus / und springet mit einer solchen Behändigkeit hinein / daß man seinen Hinder-Leib fast gar nicht zu sehen bekommet: Und wann ihrer mehr beysammen / streitten sie und beissen sich um die Muscheln / welche die jenige einnehmen / so die Oberhand behalten. Ja es stellet sich auch zur Wehr / wann man es fangen will / schreyet nicht allein, gré, gré, gré, sondern knappet auch mit der grössern Scheer umb sich / und wann es jemand damit fasset / wird es sich eher tödten lassen / als daß es die Scheer wieder auff thue; weßwegen es die Frantzösische Scribenten als P. du Tertre, P. du Plumier, und andere SOLDAT genennet haben.

§. 3.
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Solbalden sie nun die Indianer gefangen haben / fädemen sie solche mit den Köpffen ein / und hängen sie an die Sonn / daß sie sich in obbesagtes Oehl resolviren / welches so dick / als Butter wird / und sehr übel riechet. Dieses Oehl soll sehr vortrefflich und gantz infallibel seyn / alle Flüsse / so sich in die Glieder setzen / zu zertheilen / auch die frische Wunden / wie der beste Wund-Balsam / heylen / weßwegen es auch die Wilden sehr doch und theuer halten / wie aus obgemeldten Jesuiten solches Pomet im zweyten Theil seiner Frantzösischen Material-Kammer p. 94. erzehlet. Das Fleisch von dem Coeman mischen die Indianer mit den Coccels-Körner / umb die Fische damit doll zu machen / und zu fangen / wie Rumphius in seinem Ambonischen Kräuter-Buch Cap. de Tuba baccifera berichtet / wie aus dem Anhang dieses Buchs zu sehen ist.

§. 4.
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Gleichwie aber das vorbesagte Oehl hier zu Land noch gäntzlich ohnbekannt ist / also ist das Scorpion-Oehl oder OLEUM SCORPIONUM desto gemeiner / welches aus dem Baumöhl worinnen die lebendige Scorpionen ersticket sind / bestehet; wiewohlen ohne das Einfache / oder ??? Scorpionum simplex, auch ein vermischtes oder ???. Scorpionum compositum in den Apothecken auffgehalten wird. Beyde dienen sehr wider den Lenden- und Blasen-Stein / befördern den Harn / und heylen die Scorpionen-Stich / worvon Schröderus zu sehen.

§. 5.
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Auff eben diese Manier wird auch das Eydexen-Oehl / oder OLEUM LACERTORUM zubereitet / wann nehmlich die lebendige Eydexen im Baum-Oehl erträncket werden / welche aber nicht darinnen ligen bleiben / wie die Scorpionen / sondern bald wieder heraus genommen werden / weilen ihre Krafft meistens in einem erschreckenden mumialischen Geist bestehet / welche die Lebens-Geister in dem menschlichen Cörper in die Enge treibet / und also verursachet / daß dieselbige von unnatürlichen Bewegungen abstehen / wie Zvvelfferus in seiner Pharmacopoeia Regia p. 267. raisoniret: Allwo dieses Oehl vor ein sonderbahr Geheimnüß gegen die Brüche gerühmet wird / so bißdahero unter Fürsten und Herrn herum gegangen / und in geheim gehalten worden. Muß äusserlich eingerieben werden / wie Etmüllerus in seiner Praxi de Hern. p. 206. zeiget.

§. 6.
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Nachdem nun die gemeine grüne Eydexen / worvon es gemacht wird / so bekandt sind / daß es nicht nöthig ist solche allhier zu beschreiben / so will dem curiosen Leser an deren Stell / einige Ost-Indianische Eydexen in beygesetzter Kupffer-Tafel mittheilen / welche in deß gelehrten Manns Herberti de Jager Msc. gefunden / worunter der erste und gröste / so die Holländer in Indien Lequam nennen / immer mit einer gespaltenen und zweygespitzten Zunge spielet / wie die Schlangen / welches an den andern nicht in acht genommen wird.

§. 7.
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Nechst darunter finden sich die fliegende Eydexen / oder LACERTI VOLANTES, theils wie sie aus der Erden kriechen / theils wie sie sich mit ausgebreiteten Flügeln in die Höhe schwingen / von welchen letzteren man schon einen Abriß in den Miscellaneis Acad. German. Curios. Dec. 2. Anno 2. p. 488. findet / welcher von D. Grimmen mit aus Ost-Indien gebracht worden.

§. 8.
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Hieher gehöret auch der so beschreyte SALAMANDER, von welchem die Alten vor gewiß erzehlet haben / daß er im Feuer unverbrennlich sey; welches doch ein blosses Mährlein ist / indem die [504] Erfahrung bezeuget / daß dieser Salamander sich zwar eine Zeitlang in dem Feuer wehre / und solches mit dem aus seinem Corpus dringenden milchichten Safft etwas auslösche / endlich aber auch verbrenne / wie solches Herr D. Wurffbain an den Einheimischen zu Nürnberg offt erfahren / die Holländer auch an dem Ost-Indianischen grossen Salamander / JECKO genannt / gesehen / dessen rechte / und vom lebendigen abgezeichnet Figur hiebey gesetzet / weilen solche unter den andern Salamandern / so obbelobter Herr Wurff bain in seiner Salamandrologia Curiosa unter Augen geleget / nicht zu finden ist. Dieser Salamander ist einer guten Spann lang / hat eine blaulichte Haut / mit breiten röthlichten Flecken / auff deren jedem mitten ein gelb Düppelgen stehet: heisset JECKO, weilen er einen solchen Thon und Stimme von sich gibt; dahero Adamus Oleander in der Orientalischen Reiß-Beschreibung Jürgen Andersen lib. 1. c. 7. erzehlet / daß / als einsmahls ein junger Praedicant zu Batavia Nova unter der Predigt diesen Thon Jecko, Jecko, (so ein Salamander in der Maur von sich gabe) gehöret / solcher vor Schrecken verstummet sey / meynend es sey der Teuffel / oder / wie es ein anderer / so aus Indien gekommen / dem berühmten Herrn Ludolf vor eine Geschicht erzehlet / es hiesse ihn jemand Gek oh! Gek oh! oder ô Narr / wie in dessen Commentar. ad Histor. AEthiop. p. 167. zu lesen ist. Ob er aber so gifftig sey / wie andere davon schreiben / will obgemeldter Herr D. VVurffbain fast in Zweiffel ziehen / indem weder die Schlangen noch Eydexen einigen Gifft bey sich haben / sie werden dann zum Zorn erregt und böß gemacht / wie anderwärts von den Schlangen erwehnet worden.

§. 9.
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Endlich muß man auch deß Ratten-Eydexes / welcher sonsten CHAMAELEON heisset / nicht vergessen / welcher alle Farben der jenigen Dingen / welchen er sich nahet / annehmen soll / ausgenommen die Rothe und Weisse; welches daher kommen mag / weilen er sehr mager / und fast lauter Haut und Knochen ist / wie aus dem Abriß zu sehen: daß also die Farben leicht durch ihn scheinen mögen: wiewohl Monconisius in seiner Reiß-Beschreibung bezeuget / daß er es an seinem Chamaeleon nie gesehen habe. Was aber unsere Vorfahren davon geschrieben / daß er nichts esse / und von der blossen Lufft lebe / ist gäntzlich falsch / indem Vossius lib. de Ortu & Progr. Idololatriae bezeuget / daß er Fliegen / Raupen und dergleichen esse / welche bey dessen Anatomie zu Pariß auch im Magen gefunden worden / wie in dem Tr. Description Anatomique d'un Cameleon &c. zu lesen ist.

Das XXXIX. Capitel.
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Von den Brand-Schlangen-VIPERN oder Natter-Küchelein / Otter-Leber und Schlangen-Fett. Abbildung
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Abbildung
|| [ID00554]
|| [505]

§. I.
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DIe Natterküchlein oder TROCHISCI DE VIPERIS sind runde / dünne und sehr leichte Küchlein / eines Kopffstücks groß / wie Zwieback schmeckend / mit welchen das abgekochte Vipern oder Schlangenfleisch vermischet / und zu solchen Küchlein formiret wird; kom̅en meistens aus Italien über Padoa und Venedig / nebst einem grossen Testimonio, damit man sich bey Aufflegung des Theriacs darauf verlassen / und daß sie richtig praeparirt seyen / beweisen könne / wie Vielhewr in Beschreibung frembder Materialien p. 193. redet.

§. II.
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Zu diesen Trochiscis nun werden vor andern die Italiänische Vipern oder Welsche Nattern / welche in hitzigen Orten gefangen werden / gesuchet / wiewohln in deren Ermanglung auch unsere Nattern und Brandschlangen / so sich umb alte Gebäue / Weyern / Seegmühlen und Hecken auffhalten / nicht undienlich sind / wie Marxius in der Material-Kammer / p. 214. nebst andern schreibet: Gilt auch nach D. Hoffmanns Sinn in Clav. Schrad. p. 689. gleich viel / ob es Männlein oder Weiblein seyen / welche letztere sonsten von den meisten vor besser gehalten werden / ohne Zweiffel deswegen / weilen sie an dem platten und breiten Kopff / wie auch den blitzenden Augen eher vor den andern Schlangen zu erkennen sind / von welchen die Männlein wegen ihres kleinen und stracken Kopffs nicht so wol unterschieden werden können / wie Charas in seiner Historie der Theriaes-Ingredientien pag 30. muthmasset. Alle aber sind entweder im Früling oder im Herbst / und wie es Marxius c. l. deutet / vor und nach Georgen Tag / vor der Sonnen Auffgang zu fangen / da sie am fettesten sind / und nach solcher Zeit nichts mehr an ihnen zu finden ist / dieweilen sie alles in die Eyerverzehren / welche sie / wie andere Schlangen auch in den Sand scharren / und von der Sonnen ausbrütenlassen / es seye dann / daß sie solche zuweilen etwas zu lang bey sich behalten / bis die Jungen in dem Leib schon ausgehen: dahero die Meynung entstanden / daß die junge Vipern den Müttern den Leib durchfressen / oder daß die Vipern allein ihre Jungen lebendig gehähren sollen / da doch solches zuweilen auch an den andern Schlangen geschiehet / wie Frid. Hoffm. c. l. p. 688. aus des Redi Observ. de Viperis angeführet hat. Wie irrig und lächerlich aber derjenigen Vorgeben sey / welche behaupten wollen / daß die Vipern sich durch den Mund paaren / und dardurch empfangen sollen / ist aus des Wormii Museo p. 263. zuersehen / allwo gezeiget wird / daß sie / wie alle andere Thiere sich vermehren / und sich nur im paaren lecken / oder gleichsam küssen sollen.

§. III.
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Es werden aber die VIPERAE oder Welsche Nattern / nachdem sie gefangen worden / entweder lebendig beschrieben und verschickt / oder so bald getödtet / auffgetrucknet / und auf verschiedene Art praeparirt. Jene sollen recht lebhafftig / fett und dick / auch frisch gefangen seyn / und muß man / so balden sie ankommen / die Einschläge öffnen / und die abgestandene oder verstorbene auswerffen / die andern aber unter Moos in Tonnen schlagen / und an einen temperirten Ort stellen / weilen sie weder Frost noch Hitze vertragen können / allwo sie wol 6. Monat ohne einige Speise lebendig bleiben; doch muß man wol Achtung geben / daß sie nicht ausbrechen / und hin und wieder sich verkriechen / da sie leicht grossen Schaden thun könten / und wan̅ man sie heraus langet / muß man sie nut gelind am Schwantz angreiffen / und nicht hart drucken / sonsten sie böß werden / und um sich beissen; weßwegen sie andere mit dem Zänglein fassen / wie Ponet. in seiner Hist. Gen. des Drogues Part. 2. lib. I. c. 27. p. 61 treulich warnet.

§. IV.
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Die auffgedörrete Viperschlangen oder VIPERAE EXSICCATAE sind vordiesem / auch wol heut zu Tag noch an etlichen Orten also praeparirt worden / daß sie erstlich die lebendige Vipern / ehe sie ihnen die Köpff und Schwäntze abschneiden / weidlich peitschen / damit sie also zum Zorn erreget / ihren Gifft wegspeyen möchten; und weilen man vermeinet / daß solcher sich alsdann aus dem gantzen Leib in den Kopff ziehe / diesen nebenst dem Schwantz hinweg schneiden. Allein wie abgeschmackt und unverständig diese Meinung seye / hat obgemeldter Frantzos Moyses Charas nicht allein in dem schon allegirt. Tr. sondern auch in einem eigenen Frantzös. Buch de Viperis stattlich erwiesen; indem er zeiget / daß / weil Helmontius schon vor diesem gelehret / auch D. Ettmüller in einer eigenen Disputation de Morsu Viperae weitläufftig dociret / die Viperschlangen / (welche von grossen Herren ohne Schaden in der Speise genossen werden /) an und vor sich nicht gifftig seyn / sondern durch den Zorn / wann sie irritiret würden / dergleichen gifftige Bisse / wie die gifftig-böse und erzörnte Menschen selbsten / anbringen und anlegen könten: Und ob zwar der berühmte Italiäner Franciscus Redi in seinen Obs. de Viperis durch gewisse Experimenta behaupten wollen / daß der Speichel von den Schlangen den Gifft in sich hege / und wann solcher in die Stiche und Wunden komme / den Menschen tödte / so hat doch belobter Charas ihn mit andern Observationen widerleget; und weilen also obige Praeparation auf einem falschen Grund beruhet / so unterlässet jetztgemeldter Apothecker das obige Geiseln gäntzlich / sondern hauet den Nattern nur den [506] Kopf und Hals / sampt dem Schwantz hinweg / nit als ob solche vergiff tet / sondern weisë sie kein oder wenig Fleisch an sich haben / doch aber ein ???. vol. und ??? geben: Nachmahlen ziehet er sie ab / nimmt sie aus / leget das Hertz / Leber und das Fett zu anderm Gebrauch allein / und trucknet nach gehends das übrige Fleisch und Cörper an der Lufft im Schatten; welche also auffgetruckuet zu Paquetten in Bündlein / deren jedes 12. dutzet hat / gebunden / und anderwärts verschicket werden: müssen recht trucken / groß / lang / schwer und wichtig / auch frisch / und nicht wurmstichicht seyn / wie Pomet. c. l. unterrichtet.

§. V.
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Eine nicht geringere Reformation und Verbesserung brauchten die obbeschriebene Viperküchlein oder TROCHISCI DE VIPERIS, welche in Italien also gemacht werden: Erstlich sieden sie die zuvor wol abgebrugelte und abgestreiffte Vipern in Wasser / worein sie eine Hand voll Saltz / und so viel Dillsaamen werffen / und zwar so lang / bis sich das Fleisch von den Spinis ablöset / welches alsdann die alte Weiber mit den Fingern abklauben / in der Brühe zerreiben / und unter 3. Theile / davon ein Theil gestossenen Zwiback knäten / und die Trochiscos daraus formiren / wie solches Zwelfferus öffters mit Augen gesehen / und in seinen Animadver sionibus in Pharmac. Aug. p. 210. weitläufftig beschrieben hat. Nun kanein jeder / so ein wenig in die Apothecken gegucket / leicht erachten / was in diesen Trochiscis vor eine Krafft seye / indem die Würckung des Schlangenfleisches / und was davon herrühret / von diesem flüchtigen Saltz und balsamischen Oel dependiret / welche beyde in der Brühe / worinnen sie gekochet worden / und welche sie wegschütten / geblieben / aus welcher auch ehe ein ???. vol. und Ol. als aus dem so ausgemergelten Fleisch zu erzwingen ist; zu geschweigen / daß solches durch das gemeine Saltz und Dill (welche beyde das übrige Gifft scilicet! corrigiren sollen /) verdorben und figirt werde; weßwegen diese so gemachte Trochisci nichts als unnützer Zwieback ohne Kräfften sind / wie obbelobter Zwelfferus c. l. und in Pharmacop. Reg. p. 133. längst erwiesen / welchem Charas c. l. in allem beypflichtet / und deswegen aus den obbeschriebenë und auffgedrockneten Vipern / wan̅ sie zu Pulver gestossen / entweder mit Tragant / so in Spanischem Wein zerlassen / oder mit Gummi Azor dergleichen Küchlein formiret / worzu er auch das Hertz und Leber mischet / welche mit besserm Grund zum Theriac genommnen solten werden / als die gemeine / welche entweder aus Italien / oder von Montpelier in Franckreich kommen / deren jene weißgelb / diese aber schwartzlicht aussehen / weilen sie in Franckreich mit dem Peruvianischen Balsam / so schwartzlicht ist / in Italien aber mit Muscaten-Oel angemacht werden sollen / wie Pomet. l. c. berichtet; müssen beyde wol verschlossen / und nicht an der freyen Lufft gehalten werden / weilen sie darinn gar wurmstichicht werden / wie Marxius c. l. lehret. Welches auch bey den gantzen und außgetruckneten Vipern / wie auch denen Hertz und Leber in Acht zu nehmen / zu welchen Pomet auch Wermuth und Quecksilber / die Würm zu vertreiben / leget.

§. VI.
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Den Kräfften nach haben die Brand- und andere Schlangen eine Gifft- und Schweißtreibende Art / welche in dem flüchtigen Saltz beruhet / weßwegen nicht allein das Fleisch davon gegen die Krätz / Außsatz / Frantzosen und dergleichen gerühmet / sondern auch die SPINAE VIPERARUM gegen solche und andere hitzige Kranckheiten / als ansteckende Flecken Fieber / Pest und dergleichen gebraucht werden: zu welchem End auch die obgemeldte Trochisci de Viperis eins von den Hauptstücken des Theriacs abgeben / deren Tugenden Fabius Paulinus in einem eigenë Tr. de Viperis in Trochisc. praeparatis beschrieben hat: wovon auch Abbatius de Admir. Vip. Nat. & mirif. Facult. zu sehen ist: Und weilen sie gleiche Würckung mit dem Bezoar thun / so wird auch das gepülverte Fleisch in den Apothecken BEZOARTICUM ANIMALE genennet / von welchen und andern Praeparatorien, als Sal. vol. Spir. Ol. Vin. &c. Schroëderus, und dessen Außleger Charas in seiner Apotheck und andern zu lesen sind. Eusserlich wird nicht alle in das Schlangenfett oder AXUNGIA VIPERINA zu allen Augengebresten vor ein gewiß Mittel gerühmet / sondern man hat auch in Italien gewisse Schlangenhöhlen / worinnen die Außsätzige durch äusserlich Anrühren der Schlangen zum Schweiß gebracht / und geheilet werden / welche Kircherus in Art. Magn. lib. 3. p. 7. und Caspar Ens Tr. de singularibus in Italiâ inveniendis schön beschrieben hat.
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Das XL. Capitel.
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Von dem Indianischen Schlangenstein / oder PIEDRA DELLA COBRA. Abbildung

§. I.
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PIedra della Cobra, oder der Indianische Schlangenstein ist ein schwartzer / glatt- und gläntzender Stein / von unterschiedlicher Grösse / doch gemeiniglich eines Groschen groß / einer Linsen an der Gestalt nicht ungleich / in dem er mitten etwas dicker / als umb den Rand ist / hat bißweilen auf einer / bißweilen auch auf beyden Seiten einen weißlicht-schmutzichten Flecken / wiewohln er öffters auch gantz schwartz / wie ein Probierstein ist / dessen Figur von unterschiedener Grösse zu Anfang dieses Capitels Lit. D. zu sehen ist. Die Lateiner nennen ihn Lapidem Serpentinum Magneticum, weilen er das Gifft / gleich wie der Magnet das Eysen / an sich ziehen solle / weßwegen ihn Herr D. Ettmüller in seinen Anmerckungen über den Schroederum pag. 797. Magnetem Venenorum, das ist / den Gifft-Magnet mit andern tituliret.

§. II.
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Die jenige Schlange / darinnen dieser Stein soll gefunden werden / ist schon längst vom Garciâ ab Horto beschrieben / und wird von den Portugiesen Cobra de Capelos genennet / nicht deßwegen / als ob sie etwa mit einem Haar begabet sey / noch daß dieselbige gleichsam einen Deckel oben auf dem Kopff / wie einen platten Hut träget / der sich auch hin und her bewegen soll / unter welchem der obbenannte Stein soll gefunden werden / sondern weilen sie den Kopff dick auffblähet / wann sie sich gegen die Schlangenfänger setzet / wie auß dem Kupfferstück Lit. A. B. zu ersehen ist; und deßwegen wird sie von den Portugesen Cobra Capello, das ist / eine Hauptschlang / und von den Indianern auf Telingisch Na̅ga-pa̅mu genennet: Ist sonsten / wann sie sich nicht auffblähet / wie eine andere Schlang anzusehen / wie auß der Figur Lit. C. zu ersehen / welche unter deß Herrn Herb. de Jager MSc. gefunden wird. Sie wird in Ost-Indien in deß grossen Mogols Reich hin und wider gefunden / obwohlen nur in einem gewissen District die Steine in derselbigen gezeuget werden sollen / wie auß der Flora Sinensi solches D. Fried. Hoffmann in seinen Anmerckungen über den Schroederum p. 681. anführet. Sie werden auch nach Bericht keine Steine geben / sie seyen dann zum wenigsten 2. Schuh lang / und sollen sie bißweilen 25. Schuh an der Länge haben / wie an einer Haut / so in Bataviâ Novâ auffgehoben worden / abzunehmen / deren [508] Schlange ein Mägdgen von 18. Jahren soll verschlungen haben / wie Pomet in seinem Anhang der Materialien p. 8. aus andern meldet.

§. III.
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Odes sich nun mit diesem Stein in der That so befinde / lasse an seinen Ort gestellt seyn; doch ist nicht zu verschweigen / daß einige vornehme Scribenten zweiffeln wollen / ob es ein natürlich gewachsener / und in obbeschriebenen Schlangen gefundener Stein sey / indem Mons. Tavernier in seiner berümtë Reys-Beschreibung selbsten der Meinung ist / sie würden von den Braminen oder Indianischen Pfaffen / (welche damit Handlung treiben/) künstlicher Weiß zubereitet / und dem aberglaubischen Pöbel vor Schlangensteine auffgeschwätzet / von welchen es die Matrosen und Portugesische Soldaten also gehöret / und nachdem sie solchen in Europam gebracht / auch diesen Aberglauben außgestreuet. Zum wenigsten ist dieses gewiß / daß / obschon einige dergleichë Steine in den Schlangen gefunden würden / doch viele andere nachgemacht / und unter solchem Namen verkaufft worden / deren Description Mons. Pomet in obangezogenem Ort / wie folget / entdecket: ???. Bezoard. animal. Gallorum ???. Pulv. bufon. Cancr. mens. Jun. praep. ana ???. Terr. Sigill. in Decoct. rad. Scorz. & Contrayeru praep. ???. Unicorn. fossil. ???. Diese Species mache man zu einem subtilen Pulver / und formire mit der Gelatina Viperarum (gleich dem Englischen Gifftpulver / mit dem sie eine grosse Gemeinschafft hat /) dergleichen Steine / welche eben den Effect thun / als die natürlich gewachsene; wie dann eben dergleichen Magnetischer Gifft- und Schlangenstein von dem sehr berühmten Medico Herrn D. Cnöfelio gemachet / und in den Miscell. Curios. der Kayserl. Societät Dec. I. Ann. VI. p. 29. beschrieben worden.

§. IV.
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Was den Nutz und Gebrauch dieses Steins betrifft / so hält man ihn vor eine souveraine Artzney gegen alle gifftige Schlangen- und andere Bisse und Wunden / an welche er sich fest anhängen / und nicht eher abfallen solle / bis er alles Gifft / so sich um ihn hängt / außgesogen habe; wie dann P. Kircherus, der berühmte Jesuit / nicht allein in seinem Regno Nat. Magnetico cap. 5. pag. 58. sondern auch in seinem illustrirten China pag. 80. davon meldet / daß er es nicht glauben wollen / wann er nicht die Prob selbsten an einem Hund / welchen eine Viper gestochen / genommen hätte / welches auch Tachenius nachmahlen in einem besondern Brieff an Hertzog Johann Friederich / Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg vor wahrhafftig berichtet hat / welcher in dem Frantzösischen Journal des Scavans Eph. VII. An. 68. die 17. Sept. zu lesen ist. Ein gleichmässiges Rühmen von diesem Stein machten die 3. Franciscaner-Münch / deren Franciscus Redi ein Italiänischer gelehrter Edelmann in seinen Physicalischen Experimenten pag. 4. weitläufftig gedencket; diese brachten auß Ost-Indien dergleichen Steine mit sich in Italien / rühmeten dero Krafft an eines hohen Fürsten Hofe / als aber solche obgedachter Redi an verschiedenen Thieren in Beyseyn vieler curioser und gelehrten Leute erfahren und probiren wolte / bestunden die gute Herren Patres wie Butter an der Sonnen / indem ohnerachtet diese Stein denen gifftigen Wunden applicirt wurden / doch fast alle Thiere daran sterben musten / wenige aber mehr durch ihre gute Natur / als durch die Krafft des Steins erhaltë wurdë / wie solches bey obbelobtem / und sonsten sehr glaubwürdigen Scribenten weitläufftig zuersehen ist. Vielleicht würde er mehr praestiren / wann er wie die Englische Gifftkugeln innerlich gebrauchet würde; wie ihn dann also gegen das beygebrachte Gifft Pometus aus Taverniers Reys-Buche / andere aber gegen die Pest selbsten recommendiren.

§. V.
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Sonsten wird dieser Stein von den jenigen / welche seiner Magnetischen Krafft noch Glauben zumessen / auf folgende Manier applicirt: Sie machen / wo die Wunde zu klein ist / eine incision, damit etwas Blut herauß gehe: hängen darauf den Stein an oder auf die Wunde / welcher so lang soll ankleben / biß das Gifft herauß gezogen: Endlich legen sie den Stein in Frauenmilch / oder wann solche nicht zu haben / in Kühmilch / lassen ihn 10. bis 12. Stund darinnen ligen / so soll sich das Gifft so gar in die Milch ziehen / daß diese einer Apostem-Materie gleich werde / der Stein aber wird also von dem Gifft gereiniget / und bekommt seine vorige Kräfften wider.

§. VI.
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Die Prob deß Steins / ob er richtig und gut seye / ist zweyerley: 1. Nehmen sie ihn in den Mund / und wann er gerecht ist / so wird er sich so balden fest am Gaumen anhencken. 2. Werffen sie ihn in ein Glaß Wasser / und wann er nicht verfälschet ist / so wird er anfangen zu sieden / und von unten biß oben an kleine Bläßlein auffwerffen / worvon obberührter Pomet in dem Anhang seiner Material-Historie pag. 8. zu sehen ist.

§. VII.
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Sonsten gibt es in Ost-Indien noch vielerley Schlangen / als die zweyköpffige Amphisbaena, [509] welche nächst der grünen Baum-Schlange Pasjiri-pamu in beygesetzter Kupffer-Tafel Fig. 3. & 4. unter Augenligen. Ja es soll eine grosse Schlange darinnen geben / welche einen gantzen Ochsen durch starckes Saugen zermalmen und einschlucken soll / wie auß der 4. Figur zu ersehen / und in den Miscellan. German. Curiosis weiter zu lesen ist. Wie aber die Schlangen-Beschwerer in Indien die Schlangen mit gewissen Pfeiffen / so auß Flaschenkürbsen gemacht sind / an sich locken / zeiget die 1. Figur in dieser Tafel.

Das XLI. Capitel.
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Von dem Bien-Honig / Wachs und Spanischen Fliegen. Abbildung

§. I.
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BLeich wie der gemeine / und jederman bekandte Bien-Honig/ oder MEL COMMUNE zweyerley ist / nehmlich der Weisse / an der Sonnen auß den Bien-Rosen von sich selbsten außgelauffene / und so genannte Jungfern-Honig (welcher der beste ist /) und der Celbe / so über dem Feuer gehalten / und durch einen spitzigen Sack / entweder mit 2. Stöcken / oder einer Kelter außgepresset wird: Also hat man auch zweyerley Sorten von dem überbliebenen Wachs / welches entweder gelb ist / und CERA FLAVA genennet wird / so meistens auß den alten Bienstöcken herrühret: und wie der Honig in grosser quantität auß der Moscau und Pohlen über Dantzig / und auß der Provintz Languedoc in Franckreich kommt; Oder stehet gantz weiß auß / und heisset deßwegen auch
|| [510]
CERA ALBA welches entweder von Natur also auß den jungen Bienstöcken kommet / und alsdann CERA VIRGINEA oder Jungferwachs heisset / oder wird auf den Wachsbleichen künstlicher Weiß also gebleichet; dergleichen nicht allein in Holland / und Italien zu Venedig / sondern auch hin und wieder in Teutschland / als zu Hamburg / Regenspurg / Augspurg / Nürnberg / Stutgard und anderstwo sehr viel zubereitet wird; wiewohlen auch ein Unterscheid darunter ist / indem die Venetianer ihr Wachs gern in groben Scheiben / die andern aber in kleinen Theilen machen / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 75. zeiget. Das allerbeste wird in Welschland gemacht / und muß schön weiß und hart seyn / einen gantz blatten Geruch haben / und nicht nach Unschlitt schmecken / womit es offters vermischet wird / wie Schurzius in seiner Material-Kammer p. 24. und Vielhewr in Beschreibung frembder Materialien p. 172. bezeugen.

§. II.
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Die Biene / welche sowol das Wachs als den Honig im Frühling und Sommer in ihre Stöcke eintragen / vermehren sich gleich andern dergleichen Insecten durch ihre eigene Bruth / auß welcher erstlich ein weisses Würmgen / und nachmahl ein dergleichen weisse Fliege entstehet / so nachmahlen gelb und braun-biene wird; Ist derowegen gantz falsch / was Virgilius und andere vorgegeben / daß nehmlich die Bienen auß dem faulenden Ochsen- oder Löwen-Fleisch gezeuget würden / indem die so genannte generatio aequivoca bey den Gelehrten längst außgestäupt ist / auch ein gewisser Frantzos / so deßwegen einen Ochsen zu todt prügeln / und verfaulen lassen / so gar keinen Bienschwarm davon erlangt / daß er vielmehr nebst einem unsäglichen Gestanck nur einen Hauffen abschenlicher Würm und Maden davon bekommen / wie Pomet in seiner Histoire des Drogues Part. 2. lib. 1. p. 48. solches weitläufftig beschrieben hat. Nachdem aber die junge Bienen in der alten Stöcken nicht Platzgnug haben / als suchen sie durch das Schwärmen ihre eigene Wohnung / umb welche Zeit man wol Achtung auf sie zu geben hat / sonsten der junge Schwarm fortgehet; weswegen andere das Schwärmen durch Vergrösserung der Stöcke zu verhindern suchen / worgegen ein sonderliches Secretum, so über 200. Reichsth. gekostet / in D. Joachimi Jungii Historiâ Vermium p. 43. in Teutscher Sprach beschrieben wird. Was aber die Arbeit der Biene / und wie man ihrer pflegen müsse / anlanget / habens nicht allein heut zu Tag einige Curiosi in verschiedenen Sprachen / absonderlich Buttlerus Tr. de Apibus beschrieben / sondern man findet auch bey den uhralten Scribenten gantze Bücher davon / welche Colerus im 13. Buch seiner Oeconomie pag. 328. weitläufftig angeführet hat.

§. III.
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Was aber den Gebrauch des Honigs anlanget / so hat er eine erwärmende / trucknende und reinigende Krafft / weßwegen derselbe so wol innerlich in allerhand Brustschwachheiten und innerlichen Verwundungen gegeben / als auch äusserlich in Clystiren und Auffschlägen gebraucht wird / es seye nun der gemeine Bien-Honig / oder das mel Anthosatum, das ist Rosmarinhonig / mel Mercuriale oder Bingelkrauthonig und dergleichen. So macht man auch ein destillirt Gewässer oder aq. mellis zu den Augen-Gebrechen: Ein Spir. mellis, womit einige die Corallen-Tinctur verfertigen / Tinct. Ol. mellis, und noch andere Sachen mehr / wovon Schroederus und dessen Außleger zu sehen ist. Was er in den Haußhaltungen / und bey den Lebkuchenbeckern vor Nutzen schaffe / ist zur Gnüge bekandt / und werden vor andern die Nürnberger Honigkuchen sehr aestimirt / welche also gemacht werden: ???. I. ???. Honig / und ¼. ???. Syrup / laß es kochen / bis es braun wird; hierauf nehme eine kleine zerschnittene Citronenschale / Cardamomen / Muscatenblumen / jedes I. Quintl. Pfeffer I. Loth / Rocken- und Weitzenmehl ein jedes gleich viel / biß es ein guter Teig wird / und wann alles Stückweiß abgeschnitten und gewogen / daß das eine so groß als das ander wird / so druck endlich alles in eine Form / und backe es gelind / so sind sie fertig.

§. IV.
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Beym Gebrauch des Wachses ist dieser Unterscheid zu halten / daß wo man etwas zertheilen will / das gelbe Wachs; wo man aber kühlen will / das weisse Wachs hier zu nehme / dahero jenes in den Hustschwachheiten / dieses aber in den Nieren-Beschwerungen vorzuziehen / wie Ulysses Aldrovandus Lib. 1. De Insect. p. 186. wol erinnert: dessen Ursach Hoffmannus in Cluv. Schroed. p. 702. zu seyn erachtet / weilen durch das Bleichen die flüchtige und warme Theilgen des gelben Wachses außrauchen und vergehen: in Ansehen deren das gelbe Wachs / wie auch der Vorstoß oder PROPOLIS wärmer / als das weisse sind; dahero auch das gelbe mehr zu allerhand Pflastern und Salben / als das weisse gebrauchet wird / ausser daß das weisse Wachs / absonderlich das granulirte / oder wie es die Frantzosen nennen / CIRE GRENEE auch zu den Pomaden genommen wird / wovon Pomet l. c. zu sehen ist. So macht man auch das Siegelwachs von dem gelben / und wird das rothe oder CERA SIGILLATA RUBRA mit Cin̅ober oder Orcanetta: das grüne oder CERA SIGILLATA VIRIDIS mit Grünspan: das gelbe oder CERA SIGILLATA CITRINA mit Orlean: das schwartze oder CERA SIGILLATA NIGRA mit Kienrauch gefärbt / und in allerhand Farben zu Kuchen gemacht. Wann man aber Terpenthin da [511] runter mischet / so entstehet das so genannte Bettwachs darvon / womit die Tapissirer ihre Tücher / und die Haußmütter die Bettzüchen wächsen / daß die Federn nicht durchstechen: kan auch zum Baumwachs gebraucht werden. Endlich werden auch Wachsfackeln / Kertzen und Wachsstöcke daraus gemacht / wiewohln die kleine Wachs-Liechtlein / so man gegen den Blasenstein braucht / mehr von dem weissen Wachs gemacht werden.

§. V.
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Nach den Bienen folgen unter den Medicinalischen insecten die so genannte Spanische Fliegen oder CANTHARIDES. welche kleine und länglichte Goldkäferlein sind / so aufwendig grün und schön gleissen / als wann sie übergüldet wären; haben emen sehr stinckenden Geruch / und scharff-brennenden Geschmack / und werden nicht allein in Spanien (wovon sie den Namen haben/) sondern auch bißweilen in Teutschland auf den Rosenstöcklein / Eychbäumen / Welschen Hollunder und dergleichen / aber nicht jährlich gefunden / indem sie ein oder zwey Jahr außsetzen / wie Schurzius in seiner Material-Kammer pag. 24. in Acht genommen; dahero D. Geierus in einem eigenen Tr. de Cantharidibus cap. 2. dafür halten will / daß die Spanische Fliegen hier zu Land sich nicht vermehren / weilen man niemahlen deren Ovulen gefunden; sondern vermeynet / sie kämen aus andern Ländern hergeflogen / weilen sie sich auch bald wieder verlieren: nehren sich sonsten von dem Safft der Baum - Blätter / fliegen des Tags herumb / und des Nachts sammlen sie sich dey Haussen. Diese Käferlein pfleget man alsdann einzusammlen / und mit dem Dampff von Essig zu tödten / wie der Apothecker Viellieur in Beschreibung frembder Materialien p. 171. berichtet / und kann man deren übeln Geruch / welcher sich im Auffdörren spüren lässet / vertreiben / wann man sie eine Zeitlang an der Sonnen ligen lässet / wie Marxius in seiner Material-Kammer pag. 73. unterrichtet. Sie müssen noch frisch / doch recht trucken und gantz seyn / dann sie in zwey oder drey Jahren sich leichtlich von sich selbsten verzehren / und zu Milben werden / wie Pomet in Hist. Simpl. Part. 2. lib. I. p. 46. schreibet.

§. VI.
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Von diesen Spanischen Mücken werden fast alle Blasen-Pflaster oder Vesicartoria gemacht / wann man nehmlich die äusserliche Flügel / Kopff und Füsse (welche zu schwach und nichts würcken/) abschneidet / und das übrige unter Sauertaig / oder das gelbe Zugpflaster mischet / nachmahlen in der Grösse eines halben Kopffs in den Nacken / auf die Puls / oder die jenige Orte / wo man Fontanellen setzen will / leget / da sie dann die Haut roth machen / und Blasen erwecken / welches durch das schafer Sal. vol. und sehr spitzige Theilgen geschiehet / welche Borrichius in Act. Haffniens. Vol. 4. Obseru. 80. p. 186. mit Hülff der Vergrösserungs-Gläser darinnen gesehen: dergleichen Vesicatoria dann in allen Augen - Kranckheiten / Krampffmässigen Zuckungen / gifftigen Fiebern / Podagra und vielen andern Kranckheiten trefflich gut thun / wie Geierus l. c. weitläufftig zeiget. Einige / als Thom. Barthol. Cent, 4. Epist. 54. p. 346. wollen sie auch innerlich gegen den Trippert und dergleichen geben / wo Ettmüllerus in Com. Schroed. p. 820. die gantze Gantharides erwehlet. Allein wie gefährliche Zufälle darauf erfolgen können / hat der alte Susannen - Bruder bey dem Henrico ab Heer erfahren / welcher an statt der gestärckten ???. einen Blutharn bekommen: dahero Langius Lib. 1. Epist. 47. die Odst- und Garten-Diebe damit entdecken lehret.
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Das XLII. Capitel.
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Von der rohen Seiden und deren Zubereitung. Abbildung

§. I.
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DIe rohe Seide oder SERICUM CRUDUM sind länglicht-runde / zarte Bälglein / ungefähr eines Tauben-Gyes groß / und an der Farb weiß / gelb oder grünlicht / worinnen der eingesponnene Seidenwurm öffters auch zu finden; kommen meistens aus Spanien und Italien / wiewol deren auch in Teutschland zu finden sind.

§. II.
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Den Seidenwurm selbst / auch wie er sich vermehre / spinne und ernehre / hat eine Franckfurter Mahlerin / Namens Maria Sibylla Gräfin / geborne Merianin / in dem sehr cunieusen Buch von der Raupen wunderbaren Verwandlung pag. I. & seqq. sehr artlich beschrieben und abgemahlet / welches Buch Herr D. Hennike vor diesem ins Lateinische übersetzet / und an mich addressirt hat; weilen aber ermeldte Frau kurtz darauf mit ihrer Familie in West-Indien gezogen / ist solche Version bis dato noch nicht in Druck gekom̅en. Die Sach selbsten verhält sich also: Der Seidenwurm ist anfangs eine weisse Raupe / welche so sie zu spinnen vorhat / gelblicht / eingeschrumpffen / und etwas durchsichtig wird. Alsdann schlenckelt er mit seinem Kopffherum / und lässet die Seiden aus seinem Munde: darauf er in eine papierne Dutte gethan wird / damit ihm die Arbeit desto leichter werde. Die jenige Leute aber / die sie in gar grosser Menge haben / pflegen Gesträusicht von Bäumen / daran sie spinnen sollen / in ein besonder Gemach zustellen / wie oben aus der Figur zu sehen. Wann nun die Spinnzeit vorhanden / und mancher Wurm keinen rechten Ort zu spinnen findet / oder man ihn mit Speiß überlädet / so spinnt er gar nicht / sondern schrumpfft ein / und wird ohne Gespinst zu einem Dattelkern Sonsten aber spinnt er sehr embsig / und ist so fleissig / dis er sein völliges Ey vollführt / welches ablang / und entweder weiß / gelb und grünlicht ist. Wann es weiß ist / so werden zuvor seine unterste runde Füßlein von gleicher Farbe gewesen seyn: ist es aber gelb / so werden die Füsse auch so geschienë haben. [513] nach Vollführung des Bälckleins wird er zu einem Dattel-Kern / welches im Schütteln rappelt / da die Seiden abzuspinnen / sonsten sie sich außbeissen / und die Seide zum haspeln untüchtig wird / wie unten auß der Figur zu sehen ist. Solcher Dattel - Kern verändert sich in ein absonderlich Motten - Vögelein oder Papilionem, wie solches in allen andern Raupen in dem allegirten Buch observiret und abgemahlet worden; und gleichwie jede Range eine besondere Art Vögelein gibt / so geben die Veiden-Würme ein weisses Mottenvögelein / welches einen halben Tag zu thun hat / biß es deutliche und trockne Flügel oder seine vollkommene Gestalt bekomme / nach welcheres sechs Füßlein / zwey braune Hörner / zwey braune Aeuglein / und vier weisse Flügel hat / darinnen bräunlichte Streiffen zu sehen sind; die Indianische aber sind viel grösser und gantz bund / wie ich deren Abriß ohnlängst mit lebendigen Farben bekommen hab. Das Män̅lein ist subtiler und kleiner / als das Weiblein / und hat dieses einen dickeren / das Männlein aber einen dünnern Leib. So bald sie nun ihre Stärcke bekommen / so paaren sie sich und legen noch selbigen Tag / oder den Tag hernach und so fort etliche Tage gelbrunde Eyerlein / wie die Hirschen - Körnlein / und sterben alsdann die Vögelein. Auf jedem Ovulo oder Ey ist ein kleines Pünctlein / welches bräunlicht scheint. Man kan auch bald erkennen / ob etwas Nutzbahres von ihnen außschlieffen möchte; wofern sie eingefallen / eingedruckt oder wie leere Hülsen scheinen / so kombt nichts hervor / dann sie sind verdorben. Nachdem man nun gern hätte / daß die neuen Seiden - Würmlein keinen Salat essen solten / so hebt man sie an einem kalten / sonst aber an einem warmen Orth auf; oder man stelt sie an die Sonne / oder gar in warme Stube / so kriechen die Würmlein auß den gemeldten Pünctlein hervor / die sich selbst herauß beissen. Die Zeit aber / in was Monat diß geschehe / ist nach jetzbesagtem Bericht einzurichten / indem sie wegen früh oder spath empfangener Hitze / entweder im April oder May heraußkommen. So bald sie nun außgekrochen / legt man ihnen Salat vor / und pflegt man im Außbutzen / und neue Speiß zu geben / sehr subtil mit ihnen umbzugehen / weilen sie gar zart sind; dahero etliche Tauben-Federlein / etliche Penselein dazu nehmen. Man muß ihnen auch keine nasse Blätter geben / dann so bald sie etwas faules oder nasses essen / werden sie erkrancken und gar sterben. Die Würmlein / so vier Tag alt / häuten sich / worüber auch viele sterben. Ja wann die Zeit vorhanden / daß man ihnen die Maulbeer-Blätter gibt / so häuten sie sich abermahl zu unterschiedenen mahlen. Wann ein Gewitter kommen will / und es zu Blitzen beginnt / so muß man sie zudecken / sonst bekommen sie die Gelbsucht / worvon sie sterben. Besser ist es auch / daß man ihnen die Blätter von rothen und weissen, Maulbeer-Bäumen nicht untereinander mische / dann / wie man sagt / sie also vollkom̅enere Bälglein machen. Zudem so esse sie auch die weisse Maulbeer-Blätter lieber / dann von den rothen / weilen jene subtiler und süsser sind. Wann er nun mit der neuen Speise der Maulbeer-Blätter fleissig versorgt worden / so wird er nach und nach grösser / und kombt endlich zu einer solchen Grösse / welche auß acht Gliedern bestehet / auff deren jeden beyderseits schwartze Ringlein und zuletzt noch zwey Fäslein sind. Wann sie gleichsam durchsichtig und hell werden / fangen sie bald an zu Spinnen / werden hernach zum Dattel-Kern / und schicken / wie oben gemeldet / sich zu ihrer Veränderung / durch welche sie sich vermehren.

§. 3.
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Sonsten schreibet ein gewisser Franzoß M. Isner, in einem besonder und sehr curicusen Buch von den Seiden-Würmen (des Vers à Soye) daß man sich eine grosse quantität Seiden-Würme künstlicher Weise zuwege bringë tön̅e / wan̅ man ein ertragende Kuhe / so bald kalben will / im Frühling sonst mit nichts anders als blossen Maulbeerblättern ernehre / auch wan̅ sie das Kalb geworffen / noch 8. Tag also fortfahre / nachgehends so wohl der Kuh als dem Kalbe solche Blätter etliche Tage zu fressen gebe / das Kalb in Stücken zerhaue / und alles untereinander oben auf den Boden eines Hauses lege / biß alles zur Fäulung komme; da alsdann kleine Würmlein hervorkommen sollen / welche wie die andere mit Maulbeer-Blättern ernehret gleichfals Seiden spinnen; und weilen solche vielmeyr / als die andern Spinnen sollen / so füget er hinzu / daß die Seiden - Händler deßwegen alle 10. oder 12. Jahre diesen Process reiterirten / wie / Pomet solches auch auß obbemeldtem Authore in seiner Hist. des Drogues Part. 2. lib. I. c. 30. p. 71. angeführet und in der Figur unter Augen geleget hat. Od dem nun also seye / lasse an seinem Ort und zu fernerer Erfahrung außgestellet seyn; zum wenigsten kan es ohne Saamen oder den gemeldten Ovulis der obgemeldten Motten-Vögelein nicht geschehen / welchen solche etwa auff die Maulbeer-Bäume geleget / und von der Kuh und Kalb verzehret worden / welche nachmahlen von der Fäulung auffgehen können.

§. 4.
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Die von den Würmen gesponnene Bälglein / werden von dem Frauen-Volck also abgehaspelt / daß sie erstlich die öberste Blockseide abnehmen / nachmahlen viele zugleich in ein Becken mit Wasser legen / welche alle nur einen Faden geben / wie oben auß der Figur zu sehen. Und dieses ist die rohe und natürliche Seide / welche nur weiß und gelb ist. Alle andere Coleuren sind gefärbt. Mit beyden aber wird in Spanien / Italien und anderstwo ein grosser [514] Handel geführet / welchen Schurzius in seiner Material-Kammer p. 101. und den folgenden weitläufftig beschrieben hat. Weilen aber solcher die Matenrialisten nicht angehet / so vergnügen wir uns mit der rohen Seiden / welche noch an den Bälglein ist / und könten die jenige am besten zur Artzney gebraucht werden / worauß sich die Moltenvögelein selbsten gebissen haben / weilen sie doch zu dem Haspeln untüchtig sind: den gantzen aber ist in der Artzney nicht zu trauen / es seye dann das eingesponnene Dattel-Korn, zuvor heraußgenommen; Und weilen sie gar schwer zu pulverisiren sind / so schneidet Pomet c. l. solche gantz klein / biß man sie durch einen Flor oder dünnes Tüchlein sieben könne.

§. 5.
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Dem Gebrauch nach wird der rohen Seiden eine Hertz-stärckende Krafft zugeschrieben / und werden deßwegen unter die Species Liberantes, Diamoschi dulc. und Pleris Archontic. genommen / wie der Apothecter Vielheuer in Beschreibung fremder Materialien pag. 186. in Acht genommenhat; worzu dann auch die Carmesin - rothe Seide gerühmet und deßwegen mit unter die Confect Alkermes gezogen wird / an deren statt Hoffin. in Clav. Schroeder. p. 703. den Safft auß dengran. Cherm, (wormit sie sonsten roch gefärbet wird) commendiret; worvon Eichstadius auch im Tract. de Confect. Alkerm. zu lesen wäre. Daß aber die rothe seidene und gezwirnte Fäden / gegen allerhand Blut-stürtzung gut thun / kommet mehr von dem starcken Binden der Glieder als der Seiden selbsten her.

Das XLIII. Capitel.
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Von den Spinnen / absonderlich denen so genandten TARANTULEN. Abbildung

§. 1.
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DIe Spinnen (ARANEI oder ARANEAE) sind ein sehr bekandtes Ungeziefer / dessen man verschiedene Arthen findet / und hat Plinius acht / Avicenna zwölff / andere mehr auch weniger Species erzehlet / worvon Aldrovandus und hauptsächlich Listerus Tract. de Aran. zu sehen sind; welcher letztere auch andere Ungeziefer / als Raupen / Fliegen / Käfer und dergleichen / in ihre gewisse Geschlechter und Classen eingetheilet hat. Insgemein aber können die Spinner kürtzlich in zwey Haupt-Geschlechte eingetheilet werden / nemlich in die zwey - äugige und die acht - äugige Spinnen / worvon die erstere Art klein Gewebe / die letztere aber die Spinn-webe würcket und derohalben mehr Augen vonnöthen hätte. Unter beyden ist wieder ein grosser Unterscheid / welcher entweder von deren Grösse / Farb / Anzahl und Gestalt der Füssen und andern Umbständen genommen wird. Alle aber vermehren sich durch ihre eigene Eyerlein / welche die Weiblein in kleine Knöpfflein zusammen gewunden / eine Zeit lang an und bey sich tragen / nachmahlen aber in die Ecken und Winckel verstecken / biß sie im Sommer von der äusselichen Wärme vollends außgebrütet und auffgeschlossen werden / da alsdann die kleine junge Spinnen in grosser Anzahl hervorkriechen.

§. 2.
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Zu denen acht-äugigen Spinnen gehöret die so beschreyete
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TARANTULA welche auch in grosser Herren Museis und Kunst - Kammern / als eine rarität gezeiget wird / wie auß Jacobaei Mus. Reg. Hafniensi p. 24. zu ersehen ist. Diese Spinne nun hat ihren Nahmen von Tarento / einer Griechischen Stadt in Apulien / weilen sie nicht allein allda meistens gefunden wird / sonder auch dorten am ärgsten und vergifftesten ist / da sie hergegen in andern Ländern / als in Persien eine solche Tragoedi nicht anstellet / wie D. Kempfer in seinen Obs. Exoticis §. 4. bezeuget / ob sie wohl auch dorten umb die Stadt Kaschan und anderstwo gefunden wird / wie Olearius schon in Acht genommen / und im 4. Buch seiner Persianischen Reiß - Beschreibung cap. 35. p. 496. berichtet hat / allwo der Abriß auch zu finden.

§. 3.
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Ob nun zwar einige von denen so wunderlichen Würckungen dieser Spinnen / auch der seltzsamen Cur / welche man gegen dieselbige brauchet / zweiffeln wollen / so hat doch noch kürtzlich ein sehr berühmter Medicus zu Rom D. Georg. Baglivius, so wohl auß seines Vattern (welcher lang in Apulien als Medicus gelebet) aus seiner eigenen Erfahrung alles bestättiget und so wohl die Spinne selbsten / als die Zufälle / welche sie erreget / sampt der Cur in einem besondern Discurs de Anatome, morsu & effectibus Tarantulae, schön beschrieben / und dasjenige / was P. Kircherus im 3. Buch seiner Magnet-Kunst p. 8. c. 2. davon weitläufftig geschrieben / meistens confirmirt hat: Auß welchem wir das nützlichste und nothwendigste allhier erinnern wollen.

§. 4.
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Was dann vor das erste die Gestalt dieser Spinnen anlanget / so ist solche ohngefehr so gloß als eine Eychel / und über den gantzen Leid haaricht / wie / oben auß der Figur zu ersehen. Sie hat auch gleich andern würckenden Spinnen / acht Augen / und vornen an dem Mund zwey krumme Spitzen / welche wie eine Zang gegen einander stehen / und von dem curiösen Jesuiten Philippo Buonanni in dessen Micrographia gar schön unter Augen geleget worden / weilen die Spinne hiermit ihren Biß verrichtet und den Gifft mittheilet. Der äusserlichen Farb nach ist sie entweder grau / weißlicht / schwärtzlicht wie ein Floh / auch zuweilen mit Flecken und Sternlein gezieret. Wie sie aber inwendig im Leibe beschaffen seye / kan man wegen ihrer weichen und zarten Beschaffenheit so genau nicht in Acht nehmen: wird aber doch mit den andern Spinnen übereinkommen / deren innere Theile und Viscera wie die Krebse im Leibe sollen beschaffen seyn / wie Hoockius in Micrograph. Obs. 47. mit seinem Vergrösserungs - Glas in Acht genommen hat: und sind darunter absonderlich die Behälter der Faden / so sie Spinnen / sehr curiöß / welche Fr. Redi Tr. de Generatione In sect. gar artlich beschrieben hat.

§. 5.
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Was zweytens den Biß dieser Spinnen betrifft / so ist zu wissen / daß solcher nicht zu allen Zeiten des Jahres vergifftig und gefährlich seye / sondern nur im heissen Sommer / als in den Hunds-Tagen und zur Zeit der Erndte / da sie die Schnitter und Reisende ohne Unterscheid / sie mögen schlaffen oder wachen / auch wann man ihr schon nichts zu leid gethan / anfeindet und wie andere Thiere beisset / dahero die Schnitter auch kurtze Stieffeln anthun / sich damit vor denselben zu beschützen. Wann nun jemand gebissen worden / so thut es ihm eben so weh / als ob ihn eine Biene gestochen hätte / und zeiget sich ein gelber oder schwartzer Ring umb die Wunde / worauf die übrige Zufälle folgen / welche sehr unterschiedlich sind / nachdem die Tarantula groß oder klein / und von dieser oder jener Farbe gewesen ist. Ins gemein aber spühret man in dem verwundeten Theil erstlich einen grossen Schmertzen / biß dasselbe nachmahl gar unempfindlich wird: Nachgehends folget grosse Hertzens - Angst / und eine grosse Traurigkeit / daß sie immer seuffzen / und wann sie gefragt werden / wo es ihnen weh thäte / antworten sie entweder gar nicht oder schlagen auf die Brust; viele können diese oder jene Farb nicht vertragen / sondern werden davon geängstiget. Andern lauffet der Leib auf / steigt ihnen auf und wollen sich brechen: Andern bricht der kalte Schweiß auß: weitzen sich im Koth / wollen geschlagen sein / begeben sich in die Einöde / oder bey die Todten - Gräber sc. welches alles von einem schwermüthigen Geblüt / so von dem Gifft gleichsam gerunnen und wie in den gifftigen Fiebern in etwas coaguliret wird / herrühret; weßwegen man auch in der Cur dergleichen Artzneyen / welche das Geblüt und die Lebens - Geister wieder in den vorigen Lauf bringen / und das Gifft außtreiben / gebrauchet / wie obbelobter D. Baglivius weitläufftig zeiget.

§. 6.
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Wann aber alle dergleichen Artzneyen nichts verfangen und helffen wollen / so müssen die hierzu abgerichtete Music anten herbey / welche allerhand Thon und Melodien anstimmen / biß sie den rechten Laut treffen / indem nicht jedweder Sonus den Patienten reg machet und zum Tantzen beweget / sondern es muß derselbe so wohl der Grösse / als der Farb der Tarantulae proportioniret seyn; weßwegen auch nicht alle Patienten von einem Instrument beweget werden / sondern einige tantzen nach der Schalmey / andere nach der Violin / andere nach einem andern musicalischen Instrument, ob sie schon solches ihre Leb-Zeit über nicht gesehen noch gehöret haben. Insgemein aber müssen sie geschwind und mit kurtzen Intervallen spielen / welche Melodie sie Tarantella nennen / derglei [516] chen oben eine zu sehen ist: mit dergleichen Thon die Tarantula selbst zum springen beweget / hervor gelocket und gefangen wird: wann nun der rechte Thon getroffen wird / so fangen sich die sonst halbtodte Patienten allgemach an zu regen / hohlen tieffe Seuffzer / springen auf und tantzen mit sehr wunderlichen Leibs-Bewegungen und Crimassen / zwey bißdrey Stund lang / da sie sich nieder auf das Bett setzen und den Schweiß abtrucknen müssen: und nachdem sie ein wenig geruhet haben / fangen sie wieder an zu tantzen / so daß sie täglich wohl zwölff Stund mit dem Tantzen zubringen müssen / wodurch sie doch nicht matt / sondern viel stärcker werden. Solchen Tantz müssen sie wohl vier Tag continuiren / und alle Morgen bey aufgang der Sonnen anfangen / biß sie wieder zu recht kommen. Und weilen sich die folgende Jahre / umb die Zeit / da die Krancken gebissen worden / die Kranckheit wieder reget / müssen sie alsdann auch wieder einige Tage nach der vorigen Tarantelle Tantzen / biß endlich der Morbus gar außbleibet.

§. 7.
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Damit wir aber letztens wieder auf unsere einheimische Spinnen kommen möchten / so wollen wir noch mit wenigen Worten deren Nutzen und Gebrauch berühren / welcher von einigen gegen die Wechsel-Fieber gerühmet wird / indem sie dieselbige in einer Haselnus entweder an den Hals hängen / oder auf die Puls binden / welches Mittel auch das viertägige Fieber vertreiben soll. Gleicherweiß legen sie auch die Spinnwebe mit einem Ey-Weiß und Kien-Rus auf die Pulß / welches Mittel im dreytägigen Fieber nicht unrecht befunden hab. Sonsten aber werden eben solche Spinnwebe gegen das überflüssige Bluten gerühmet / welches sie bald stillen können. So pfleget der gemeine Mann auch vieles von dem Spinnen-Stein zu schwatzen / und solchen vor ein sonderlich Gifft-treibendes Mittel zu rühmen / und weiß mich zu erinnern / daß ein hiesiger Gärtner deßwegen die grosse Kreutz Spin̅en in Schachteln aufgehoben / damit er solchen Stein erlangen möchte; weilen aber Boëtius und andere gelehrte Authoren / so von allerhand Steinen geschrieben / dessen gar nicht gedencken / so zweiffle / ob sich die Sach damit alfo verhalte: und ob schon neulich bey einem guten Freund einen Stein / worauf eine Spinn abgebildet war / gesehen / so ist doch noch ungewiß / ob er von einer Spinne gekommen oder also in der Erden gezeuget worden sey.

Das XLIV. Capitel. Von den Kutzennellen oder Coccionellen, Carmin, Florentiner-Lac. &c.
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Abbildung
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§. 1.
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DIe Coccionellen / wie sie bey den Materialisten zu finden / sind kleine / platte / zum Theil vier-zum Theil drey-eckichte Körner / außwendig Silberfarb und rauhicht / wie Chagine, inwendig aber roth / wie Ochsen-Blut anzusehen: werden sonsten auch Cochinillie und Französisch Cochenille, von den Teutschen aber Kutzenellen genennet / und pflegen auß West-Indien über Cadix nach Marseille / Holl- und Engeland / auch von dorten in andere Länder gebracht / und in hohem Preiß verhandelt zu werden.

§. 2.
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Sie finden sich / wie fast alle Indianische Scribenten und Materialisten / so davon gedencken / berichten / auf denen Indianischen Feigen / einem in Teutschland wohl bekandten Gewächs / welches wohl eines guten Fingers dicke und stachelichte Blätter / gelbe und runde Blumen / auch erstlich grüne und endlich rothe Feigen träget / von welchen die Mexicaner und Einwohner in Peru diese Cochinillen sorgfältig und mit grossem Fleiß gesamblet / und von den Spaniern mit der Silber-Flothe in Europam gebracht werden.

§. 3.
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Ob nun die Kutzenellen vor einen Saamen dieses Gewächses / oder sonsten etwas zu halten seyen? davon sind biß auf den heutigen Tag noch verschiedene Meynungen. Einige halten es vor den Saamen / dahero auch die meiste Apothecker die Cochinellen unter die andern Saamen stecken und in ihren Catalogis als ein Sem. Coccionellae setzen; und ob zwar solches biß daher von andern gelehrten Medicis vor einen Irrthum gehalten worden / so unterstehet sich doch Pomet, ein Französischer Materialist, in seiner nen außgegebenen Histoire des Drogues lib. I. cap. 25. p. 30. solchen zu vertheidigen / theils / weilen Coccionella von Cocco herkame und bey den Spaniern ein kleines Korn heisse / wie in seinem Anhang pag. 13. zu sehen; theils / weilen nicht allein Wilhelmus Pi so in seiner Historie der Brasilianischen Gewächsen eine Art Indianischer Feigen / deren Gewächs Jamacaru genennet / und von Mons. Pomet abgebildet wird / weitläufftig beschreibet / an welchen die Coccionellen wachsen sollen; sondern auch ihn ein bekandter Franzoß / Rousseau mit Nahmen / welcher sich lang in West-Indien aufgehalten / versichert / daß die Cochionillen nichts anders als der Saamen und Körner von den Indianischen Feigen seyen / dessen Brieffe an jetzt berührtem Orth zu finden ist. Weilen aber doch eben dieser Materialist auch einen andern sehr weitläufftigen Bericht / von einem Geistlichen / so eben so wohl sich in Neu-Spanien lang aufgehalten hat / überkommen / worinnen die Coccionella vor ein gewisses Thierlein so an diesem Gewächs zu finden / gehalten wird / wie l. c. mit mehrerm zu sehen ist / so scheinet er doch noch gantz zweiffelhafftig in seiner Meynung zu seyn / indem er auch alle / so eine gewissere Nachricht hätten / in seinem Appendice p. 13. umb fernern Unterricht ersuchet / daß er doch endlich gewissen Grund hätte / was eigentlich diese so kostbare Waare sey?

§. 4.
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Andere und zwar die meiste / so wohl von den Medicinischen als Indianischen Scribenten halten die Coccionell vor ein gewisses Thierlein / wie Erasmus Francisci diese Meynung auß allen also zusammen gezogen: Dieses sind Würmer / so an den Blättern eines Baums (ein Geschlecht der Feigenbäume) kleben / und mit einem dünnen Häutlein bedecket seyn. Solche wissen die Indianer gar behende anzunehmen / werden hernach getrucknet und naher Spanien geführet / allda sie in hohem Preiß verkaufft werden u. s. w. welches mir desto glaubhaffter und wahrscheinlicher vorkommet / weilen nicht allein der berümbte Hemandez, welcher alle Kräuter und andere natürliche Dinge / so in Neu-Hispanien wachsen / vorstellet / in einem besondern kostbarë und sehr rarren Buch / so in Rom mit vielen Figuren getrucket worden / lib. 3. c. 45. p. 75. zeuget / daß die Cochinilla nichts anders sey / als die in den Indianischen Feigen gefundene runde Würmlein / welche äusserlich weiß / inwendig aber roth seyn und entweder selbsten darinn / wie bey uns dergleichen in den Galläpffeln Rüste bäumë sc. wachsen oder von den Einwohnern mit Fleiß darauf gesetzet und ernehret würden: Sondern auch die Welt-berümbte und die Natur täglich mehr untersuchende Königliche Societät in Engeland dieser Meynung auch in so weit beygepflichtet / daß die Coccinillen mehr vor Thierlein / als einen Saamen zu halten seyn / wie Sam. Dale inseiner Pharmacologie p. 491. zeiget; und eben diese Meynung bestättiget auch die berümbte Königliche Societät der Wissenschafften zu Pariß / welche auch erfahren / daß die Kutzenellen von dem Indianischen Feigen-Baum (Opuntia) herrühret / welche in Guatemala Früchte trägt / so / wann sie zeitig sind und aufgerissen werden / eine grosse Menge solcher Thierlein außschütten / welche die Einwohner auf leinen Tüchern auftrucknen / wie auß des Hn. Du Hamel Hist. Reg. Sciént. Acad. Solches in Act. Erud. Lips. A. 1703. Mens. Maj. pag. 219. beschrieben wird.

§. 5.
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Was aber dieses vor eine Art der Thierlein sey / davon sind abermahlen unterschiedliche Meynungen. Marxius ein Materialist von Nürnberg schreibet in seiner Material-Kammer / daß Coccionellen-Mücken oder Fliegen seyen / welche in Spanien in einem außgespanntem und mit Honig bestriechenem Tuch / woran sie kleben bleiben / gefangen würden. Andere [518] halten es vor eine sechsfüßige Qualster oder Cimicem: andere vor das Nest eines Wurms; welche Meynungen doch alle nicht passiren können / nachdem ein berümbter Engeländer / Doct. Edvvardus Tyson in Erfahrung kommen / daß es eine Art kleiner Schröder seye / welche er auch abgerissen / in den Actis obbelobter Königlichen Societät Num. 176. unter Augen stellet / welches dann der Warheit desto ähnlicher scheinet / weilen zuweilen die Flügel von diesen Schrödern unter den Cochinellen / gefunden werden. Ja es setzet Ammanus in seinem Büchlein de Materiâ Med. daß / so man diese vermeinte Cochinellen-Körner in heiß Wasser lege / deren Füsse auch zu sehen seyn; wiewohlen ich solche weder in warmen Wasser / noch mit dem Vergrösserungs-Glas habe sehen können / und dahero leichtlicher zu glauben / daß wie der Kopff und Flügel / also auch die Füsse diesen Thierlein abgerieben seyn.

§. 6.
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Wie sonsten diese Thierlein gezeuget und nachmahlen von denen Einwohnern gesamblet und gereiniget werden / ist in der Relation eines Alten Spaniers / so viele Jahr der Orthen gelebet / in obberührten Engelischen Actis erzehlet. Anfangs lässet sich ein kleines Knöpfflein oder Bläslein an den Indianischen Feigen-Blättern sehen / worinnen / gleich es in den jungen Galläpffeln geschiehet / eine Made oder kleiner Wurm / ohne zweiffel auß seinem eigenen Seminio und Eyerlein / durch die Wärme der Sonnen gezeuget wird / welcher / wie andere Würme und Raupen / nach und nach in solchen Käfer oder kleinen Schröder verwandelt wird. Wann nun diese Käfer zur perfection gekommen sind / so werden sie mit einem dicken Rauch (wie die Bienen mit dem Schwefel) getödtet / und mit denen untergelegten Leilachen aufgefangen / worauf sie / durch Rüttelung der Blätter / leicht licht fallen. Nachgehends werden sie an der Sonnen gedörret / davon sie sich zusammen ziehen / und also runtzelicht werden / und wann sie dürr gnug sind / werden sie gelind mit den Händen gerieben / biß die Flügel-Füse und dergleichen abgerieben / welche durch Außschwingung und andere Handgriffe davon abzusondern sind.

§. 7.
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Unterdessen ist zu wissen / daß man wohl drey-biß viererley Sorten von der Cochinillen bey denen Materialisten finde / davon die erste la Cochenille Mesteque von den Franzosen genennet wird / und biß daher von uns beschrieben worden: die zweyte / welche Coccionella Campeschana benennet wird / bestehet auß lauter Stücklein von der vorigen / worunter andere Körner / Hülsen und rothe Thierlein / so unsere Kinder Herr-Gotts-Kälber nennen / und andere Unreinigkeiten vermischet sind; wiewohlen auch die erstere / wann sie schon einmahl zum Färben gebraucht und wieder auffgedörrt worden / unter diesem Nahmen verkaufet wird. Die dritte ist Coccionella Tetrechalla, welche nichts anders / als die blose Erde ist / so unter der Campescham zu finden. Die vierdte / endlich ist die wilde Cochinelle oder diejenige Körner / welche an den Wurtzelen der grossen Pimpernellen oder Pimpinella Sanguisorba zu finden / davon an einem andern Orth soll gehandelt werden.

§. 8.
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Unter allen diesen ist die erste die beste / welche dicke / schwere / saubere und wohl-gedörrete Körner haben soll / so außwendig eine Silberfarbe oder gleichsam graue-gläutzende Coleur haben / und wann davon eines im Mund zerbissen wird / den Speichel gantz roth färbe; die leichte / magere und klein-körnichte muß man nicht annehmen / auch zusehen / daß keine Steinlein darunter gemenget seyn / wie es offt / wann diese Waare zu theuer ist / zu geschehen pfleget.

§. 9.
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Was den Nutzen und Gebrauch der Kutzenellen anlanget / so sind sie biß daher eben nicht sonderlich in der Artzney-Kunst verschrieben worden / ob schon Samuel Dale l. c. denenselben eine Hertz-stärckende / Gifft- und Schweistreibende Krafft / mit welcher sie dem gefährlichen Flecken-Fieber / ja der Pest selbsten gewachsen seyn / zuschreibet; welches desto mehr zu glauben / je bekandter es ist / daß dergleichen Thierlein auch sehr viel flüchtige Theilgen oder Sal. vol. bey sich führen / in Ansehen dessen sie auch den verschlossenen Harn in Dysuria befördern / wie Ettmüllerus in Schroed. diluc. P. 543. berichtet. Unsere Apothecker hergegen gebrauchen sich deselben offt / indem sie ihren Aquavit und Magen-Wasser damit roth färben / auch die Alchennes-Güsse auf Marcipanen damit anmachen / wann sie den Zucker mit dem Crem. Tart. oder andere saure Sachen vermischen und mit den Kutzenellen färben: Am meisten aber werden solche von den Färbern zu der Carmosin-rothen Farb gesuchet / welche zu jedem ???. Garn / Strümpff oder Tuch ein Loth (so auf 15. alb. kombt) Coccionellen brauchen / und nachdem das Garn zuvor mit Alaun und Wein-Stein gebeitzet / mit denen in Weitzen-Kleyen-Wasser auffgelößten Kutzenellen zu färben wissen. In Orient nehmen die Türcken zu zwey Theilen von denen Cotschinellen / ein Theil Bazgendge (ist eine frembde Frucht / so auf einer Art Eich-Baum wächset) und ein Theil Wein-Stein / stossen es zusammen und machen darauß eine überauß schöne Scharlach-Farbe.
|| [519]

§. 10.
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Es werden auch noch einige andere pretieuse Waaren von den Katzenellen zubereitet / als Carmin, Florentinische Lacca, Pezetten und dergleichen. Das erste / nehmlich CARMIN, ist der beste Theil von der Coccionella, bestehend auß einem sehr zarten und subtilen Mehl oder Pulver / einer hoch-rothen und-gleichsam Sammeten Coleur; und wird diese Faecula mit einem besondern Wasser / welches mit einem säuerlicht-saltzichten Saamen / dem Wurm-Saamen nicht ungleich / welchen man Chouan nennet / und mit einer frembden / dem Zimmet ähnlichen Rinde / Autour genannt / angemachet wird / wie solches Pomet in seiner Material-Histori lib. I. pag. 34. zeiget. Ich zweiffle aber nicht / man könne diese Faeculam auch bey uns ohne dergleichen frembde Gewächse verfertigen / wann man die Cochinellen entweder mit gemeinem Wasser / welches mit der Pottasch angeschärffet ist / extrahirt und nachmahlen solche praecipitiret / wie der berümbte und Curiöse Engeländer / Rob. à Boyle nicht allein auß der Curcuma, sondern auch andern Kräutern / ja den Cochinellen selbsten dergleichen subtile Pulver (welche die Mahler LACCAS nennen) erhalten / wie in dessen Tr. de Coloribus Exper. XLIX. p. 464. zu ersehen / und der gleichfals sehr bekandte Italianer Neri solche auch auf andere Weise in seiner Glasmacher-Kunst pag. 160. zu machen lehret / allwo des Merrets und Hunckels Anmerckungen ein mehrers zeigen. Andere thun etwas von der Orlean zu diesem Carmin, wodurch es aber zu hell und gleichsam Pomerantzen-farbicht wird. Man braucht es zu der Mignature-Arbeit / und zu den kostbahresten rothen Tüchern / und Tapetzereyen von grossem Wehrt.

§. 11.
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Die FLORENTINER-LACC oder LACCA FLORENTINA wird also genennet / weilen sie anfangs auß Italien / von Florentz über Venedig in Franckreich und Teutschland gebracht worden / wird aber heut zu Tag auch zu Paris und andern Orthen eben so gut und noch besser zugerichtet. Man hat verschiedene Gattungen davon / und kan man sie im Preiß nach Belieben haben. Die feinste aber ist leicht / zart / lässet sich bald zerbrechen / und ist an der Farb hoch-roth. Die andere Sorten sind mit vielem Gummi und andern Dingen vermischet / und fallen an der Farb schwartz-purpur. Sie bestehen aber alle auß einer Massa / so von dem Fischbein oder Osse Sepiae und einer rothen Tinctur, welche auß den Kutzenellen Fernamboni, Presilien-Holtz / Alaun und Arsenico, mit einer starcken Laugen gezogen / gleich wie der Indich angemacht und zu kleinen runden Küchlein formiret wird: werden zur Mahlerey Oehl- und andern Farben gesuchet.

§. 12.
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Wann diese Florentinische Lacca abgestanden oder nicht wohl gerathen / wird mit zuthun etwas Krayden und Gummi die LACCA IN GLOBULIS oder Kugellacc darauß formiret / welche auß runden Kugeln bestehet / und eine bleiche Purpur-Farb hat. Doch gehet auch hierinnen grosser Betrug vor / indem einige zu viel Krayden darzu nehmen / und die Kugeln äusserlich so zu schmincken wissen / daß man vermeinen solte / sie wäre durchaus gut: ist derowegen zuzusehen / daß sie in der Mitten seye / wie außwendig. Sie dienet ingleichem zur Mahlerey.

§. 13.
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Man findet auch eine platte Lacc, welche von einigen LACCA COLOMBINA genennet und also bereiter wird: Man nimbt das jenige was die Tuch-Scherer von den Scharlach-Tüchern abgeschoren / lässet es in einer starcken Laugen steden / schüttet die Tinctur über weisse Krayde und Englischen Alaun / macht einen Teig darauß / welcher zu vier-eckichten und eines Fingers dicken Stücken / so groß als man will / formiret / getrocknet und ingleichen zum Mahlen auffgehoben wird. Die so von Venedig kommet / gehet der Holländischen und Französischen vor / weilen die Krayden in Italien netter ist / und die Tinctur viel eher annimbt / als andere: soll hoch an der Farb seyn und keine Sand-Körner in sich haben.

§. 14.
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Uber diese hat man auch eine flüssige Laccam, welche von Presilien-Holtz gemacht / und an gehörigem Orth abgehandelt wird.
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§. 15.
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Endlich gehöret auch die PEZETTA RUBRA oder rothe Pezetten hieher / welche entweder auß dem besten Crespon oder saubersten Holländischen Leinwad / welche mit den Cochinellen wohl tingiret müssen seyn / bestehet / und deßwegen bey uns die Läpgen-Farb genennet wird. Die besten kommen von Constantinopel / sind hoch an der Farb; und wann sie gut / färben sie schön roth. Werden von dem Weibs-Volck sehr zur Schmincken gesucht / und färbt man sonsten auch allerhand Confituren und Aquavit damit. Die blaue Pezetten gehöret anderstwo hin.

§. 16.
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An statt der Pezetten gebrauchen sich andere der rothen Portugiesischen Wolle / welche auß Portugall kommet / und nichts anderst / als eine mit den Cochinellen gefärbte Baum-Wolle ist / welche zu runden Küchlein / in der grösse und dicke eines Reichs-Thalers formiret / und also verhandelt wird: Ist aber so gemein und bekandt nicht / wie die Pezetten. Sie muß indessen schön roth / recht trocken und sauber seyn: dann sie ingleichen die Früchten und Gallret zu färben gebrauchet wird. Von der Carta di Spagna oder dem Spanischen Roth auff Blättern (mit welchem das Spanische Roth auff Porcellin oder in Muscheln übereinkombt) ist anderwerts schon gehandelt worden / beyde aber finden sich bey den Parfumierern / welche über solche und dergleichen Marchandisen eigene Catalogos führen.
|| [ID00571]

Unvorgreiffliches Bedencken Von Kunst- und Naturalien-Kammern insgemein.
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|| [ID00572]
NB. Specialer Vorbericht an den geneigten Leser/ So wol dieses als nechst-künfftigen Tractätleins. In denenselben wird von folgenden Dingen gehandelt werden.

Das 1. Capitel.
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Vonder natürlichen Zuneigung eines jedweden Menschen zur Betrachtung der Natur.

Das II. Capitel.
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Von Zweyerley Haupt-Mitteln / zu mehr und mehrer Erkäntuiß der Natur zu gelangen.

Das III. Capitel.
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Absonderlich von der ersten Gelegenheit-Kunst- oder Naturalien-Kammern zu erfinden.

Das IV. Capitel.
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Von den vielerley Nahmen der so genannten Kunst- oder Naturalien-Kammern.

Das V. Capitel.
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Von noch-unterschiedenen mehren Nahmenderselben.

Das VI. Capirel.
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Ob wol einige gantz - accurat - eingerichtete Naturalien - Kammern irgend seyen zu finden.

Das VII. Capitel.
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Wie dann den fürnehmnsten Hindernüsten zu begegnen / und Eine Natural-Kammer recht anzulegen] für erst mit den Artificialibus zu verfahren sey?

Das VIII. Capitel.
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Dann und absonderlich / von Natural-Sachen und Raritäten recht zu disponiren.
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Dem Wohl Edlen / Vest- und Hochgelahrten Herrn Sohann Laspar Bfenning / Der Medicin berühmten Doctori und Practico Holsatico: wie auch Dem Wohl Ehrenvesten / Vorachtbahrn und Wohlgelahrten Herrn Sohann Krahmern / Wohlfürnehmen Materialisten in Hamburg: Meinen sonders groß geneigt hochgeehrten Serren / und sehr-liebwerthen Freunden: WArum dem Herrn Doctor, eben bey dieser Seiner dritten Verehligung / gegenwärtige Schrifft zueigne / davon ist nöthig / so wol Jhme felbst / als Andern / die solches vor ein impertinent-stücke achten möchten / wolmeinendliche Nachricht zu ertheilen. Zuföderst aber wünsche demselben von Hertzen Glück: und sol Jhm so sehr genügsam nicht seyn / bey diesem vollscheinenden Herbst die / wie gedacht / dritte Hochzeit-Rose zu brechen / als meiner Auffrichtigkeit selbst / Jhm alle fernere selbstersinnlichste Gedeylichkeit hierzu zu gönnen. Mich nimmt aber nicht wenig Wunder / daß Er / solcher meiner freundschuldigsten Affection, die Jhme von unsern beyderseits-ersten Academischen Studiren / nemlich von ungefehr zwantzig Jahren hero / ohne deß genugsam bekant ist / ein außdrücklich Zeugniß eben durch Verse von mir erwartet / und mich zu eben der Zeit / da unter guten und bösen Versen insgemein gar schlechter Unterschied gemachet wird / ja der schlinuneren Verse hin und wieder weit mehr gemacht / als jährlich in hiestgem Belt Muscheln / Hering- und Able gefangen werden; daß / sag ich / mein vielgeneigter Herr Doctor zu seiner Hochzeit / Mich (wiewol etwas über die Gebühr) Landbeschrieenen Geitz-hals der edlen Zeit / und der Ich so wol um gedachter / als anderer Ursachen willen / das Poëtisiren nunmehr fast gar verlobet / dennoch ein Carmen zu machen / bittet / gleichsam ob keinTantz ohne dergleichen Muste gethan werden könte. Ein Temperament derhalben zwischen Seinem Verlangen und meiner Erträglich keit zu treffen; so hab ich gedacht / Jhm lieberwas Ernstlichs / als gar nichts / zu dediciren. Und dieses um so vielmehr / je mehr Jhn versichere / daß Sein Nahme ohne dem schon bey Mir / in der Rolle der jenigen guten Günner und Freunde gestanden / die entweder selbst Medici sind / oder die Medicin zu aestimiren wissen; und deren allezeit zwey und zweyen / auf welche das Loß fallen wird / ich gegenwärtige General- und ferner-erfolgende Special-Kunst-Kammer-Gedancken / zu dediciren / bey mir beschlossen habe / als welche Materie vorlängst beliebet; durchpartheiliche Heraußgebung derselben / bey geneigten Gemüthern nunmehr versuche / mehr und mehr zu freundlicher Communication hervor zu locken / um / endlich ein vollständig und wolgeordnetes Inventarium der fürnehmsten Natural Raritäten-Gemächer / so ins gemein / doch nicht zum bequämsten / Kunst-Kammern genennet werden / zu machen: so viel nehmlich ich des Tages über von Ampts-Verrichtungen / Praxi, oder sonst einigen privat-Ergötz-lich keiten in Experimental-Sachen / ermüdet / nebenst dem vorgenommenen Haupt-Werck Theatri Naturae Leopoldini, vel Physicae Augustae, Experimentali huic Seculo praesertim accommodandae, mit Flüchtiger Feder zu Papier zu bringen vermag. Hat also der Herr Doctor hiemit einen kleinen Anfang / statt eines ansehnlichen Hoch zeit-Geschencks / zu empfangen / und zu Ende desselben / Ein Rosen-Bild / deutende auf seinen Zustand / und meinen obigen wolgemeinten Wun sch / daß nehmlich / nach dem Jhm die Ersten 2. Ehe-Kosen zwar köstlich zuvor geblühet / aber kurtz darauff / nach Gottes Verhangniß / wieder verwelcket: also möge diese an gleichmässigem Ruhm / schöner Gemüth-Leibes- und Standes-Gaben gläntzen [ID00574] de dritte Rose / wie die vorigen / ohne Dornen / Jhm lang-erfreulich bkühen / annehmliche Früchte bringen / und eher nicht / als nach beyderseits erlangtem geruhigem Alter / für dem unvermeidlichen Nord-Wind der uns allen gemeinen ???keit / sich neigen. Immittels / was benebenst dann Jhn betrifft / mein gleichfals viel-geneigt-geehrt-liebwerthester Herr KRAHMER / daß auch Sein nahme hiemit wird / auf dieses Papier Sich einzufinden / von mir bemühet / wolle Er nicht übel deuten; inmassen solches das Loß / dessen ich kurtz vorher erwehnt / gemacht / und meinem ermessen nach / Krahmer / und Pfenninge Sich allzeit gantz wol zusamnen geschicket haben. Am allermeisten ist solches seinen vielfältigen Meriten / die Er mir beständig biß anher / in Beföderung meiner geringfügigen Correspondenz, und andern Dingen bezeigt / und meiner daher-gefaßten gantz dienstschuldigsten Liebe zuzuschreiben. Zu geschweigen / daß deßfals ich mit keinem bloßen Mercurialischen Geist / sondern einem Mann von mir bewusten etwas curiösern Schrodt und Korn vermeine zuthn zu haben: davon Ich jedoch nicht deutlicher schreiben mag / theils gegen Jhm keinen etwa-besonderlichen Neid zu erwecken; theils und am allermeisten / aldieweil weder des Herrn Pietät / noch meine eigene Gewohn- und Freyheit des Gemüths verträgt / auch nur dem Schein müssiger flatterey / Raum zu geben: obschon ich mit bestand der Warheit zeugen / und der Herr / Gewissens wegen / ohne Schamröthe gestehen könte / daß eben so viel / oder nicht viel mindern Theil dessen / was in Italien die Stadt Neapolis an dem berühmtund gelehrten simpliciario, Ferrando Imperato, und die Stadt Verona, an Calceolario, und seinen Nach folgern / gehabt / die Löblichste Respubliqv Hamburg heutiges Tages landkündig an den Herren Langermännern / und in geheim an Herrn Johann Krahmern besitze. Und gleichwie bey Herrn D. Pfenningen ich bey gegenwärtiger Gelegenheit gesucht / den billichen Verdruß / den Er etwa bey Durchlesung dieses meines Kunst-Kammer-Discurses schöpffen möchte / durch Zusatz einer merck würdigen Centifolien-Rose / in etwas zu besänsttigen: also / dem Herrn gleichergestalt alle besorgliche Unlust zubenehmen / habe vor gut befunden / Anhangß-weise mein Bedencken dabey zufügen / so ich habe / über die von dem Herrn vor diesen mir-übersendete Brasilianische Frucht / Kavits genannt; vorauß / weil der Herr mein Gefühl darüber begehret. In Hoffnung derhalben geneigten Annehmens / wünsche von grund des Hertzens dem Herren in seinem zunehmenden Alter / von Gott allezeit einen beständig-freudigen Geist; und allen beyden / continairende beste Leibes-disposition, nebst allem andern / selbst-verlangtem Wolergehen: und verharre Meiner sonders groß-geneigt-viel-geehrt- und liebwerthen Herren. Kiel / den Octobr. 1674. stets beflistenster dienst-fertiger Freund/ DBMD
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Das I. Capitel. Von der natürlichen Zueignung eines jedweden Menschen zur Betrachtung der Natur.
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§. 1.
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UNter allen weltlichen Wissenschafften ist keine so lieblich / keine den Menschen so vergnügend / und die Begierde dazu Jhm gleichsam angebohren / als die Wissenschafft von Dingen der Natur. Niemand wes Glaub- oder Unglaubens / wessen Stand oder Alters er auch sey / ist hiervon außgenommen; oder im alten Heydenthum selbst so blind und unempfindlich gewesen / der / so Er anders nuzeinen Unterscheid zwischen Linck und Recht / zwischen weiß und schwartz zu macheu gewust / zum öfftersten über die edlen Geschöpffe Gottes / über Hinmel und Erden / über Berg und Thal / über Morgen und Abend-röthe / und sonderlich Frühlings-Zeit über die allenthalben sich gleichsam verjüngende Natur / in Feld und Wäldern / mit denen daselbst befindlichen maucherley Arth Thieren / Kräutern und Blumen / und über deroselben wunder-schöne Gestalt / als einen / von weiten anzuschauen köstlich-gewirkten Babylonischen Teppich / in Geniessung der hindurch-streichenden saufften West-Winde / sich nicht von Hertzen erfreuet: ja gar zu so viel Göttern gemacht / so vielerley natürliche Cörper Er / der Heyde / über-umb- und unter sich befunden; inmassen Er und alle die übrigen seines gleichen gesehen / das auch das geringste Graß hervorzubringen / über alle ihre menschliche Kräfften sey: und daher geschlossen / es müsse dieses Alles von einer weit höheren und Göttlichen Kraft seinen Anfang / von einer verborgenen übernatürlichen Ursach / sein Wesen und Ursprung haben. §. 2. Oder auch bey uns Christen / welcher geringster Bauer ist so ungehobekt und schlecht / der / in Betrachtung des annehmlichen Sonnen-schein- und Regens; Veränderung der Winde / oder ruhigerer Beschaffenheit der Lufft; Donner- und Hagels-fruchtbahren Schnees / oder lieblichen Thaues; und bißweilen zwar strenger / jedoch nicht allzeit gantzungesunder Kälte; oder andern Abwechslungen des Gewitters; nicht seinen besondern Fleiß dahin wende / wie Er aus täglicher Erfahrung dergleichen Dinge / sich mehr und mehr geschickt mache / von künfftiger Fruchtoder Unfruchtbarkeit des Jahrs / daraus zu judiciren; und in solchem seinem Prognostico bißweilen / aus seinen Bauer-Regeln / wol die allerklügsten Kalender-Schreiber übertreffe? Und solche Sorgfalt nicht eigentlich oder allein / darum / aldieweil das Wol und Weh feiner Hauß / und Land-Wirthschafft / nechst GOtt / auff einigem seinem Fleiß oder Faulheitberuhet. Denn da nützet er mit seiner bluth-sauren Arbeit gemeiniglich niemand weniger / als ihme selbst / indem sein fürnehmster Pflug und äge ist / das Käyser / Könige / Fürsten / Herren / Adel und Unadel von Jhm ernehret werden: sondern / weil die güttige Natur auff freyem Felde am allerliebsten / sich allen Menschen als eine schönste Venus zeigt / und eine lieblichste Empfindung Jhrer selbst / allen und jeden so tieff ins Hertze sencken / und so mächtig darinnen herscht / daß weder bey einfältigen Leuten einige Arbeit so schwer / noch bey Gelehrt- und Viel-erfahrnen irgend eine Gemüths-übung so wichtig und streng / daß beyder seits Rauhigkeit sich nicht zuweilen mit kurtzer Geniessung frischer Lufft / und Anschau- und Geniessung einer grünen Saa??? oder lieblicher Bluhmen und Früchte / in etwas mildern liesse. §. 3. Ja ein kleines / auff mütterlicher Schoß annoch-schwebendes Kind / gibt sein besonderes Frolocken mit deutlichen Liebes-Zeichen zu verstehen / im fall Jhm ein schöner Apfel / oder eine Gölden- und Silberne Müntze wird gezeiget. Uber welches-Gold oder Silber es sich freut / nicht darumd / weil es zu einer Müntze / das ist / zu einem Mittel zu kauffen und verkauffen / und unsere sündliche Begierden zwischen Handel und Wandel / als einen Nagel an der Wand / fest zu setzen / von Menschen gepräget ist: sondern / weil Silber und Gold ein dermassen köstliches / und von der Natur gereinigtes Metall ist / das auch dasselbe abzumahlen / der beste Mahler der Welt keine bessere Tinctur von was anders / als eben von Gold und Silber entlehnen kan / gleicher Gestalt / als man die Sonne am Himmel durch kein ander Mittel / als durch Hülffe Jhrer selbst / oder Güte Jhrer eigenen Strahlen / vermag zu schauen. §. 4. Woher aber solche von Natur uns eingepflantzte Zuneigung und Gegenliebe zur Natur entstehe / ist unschwer zu erweisen / gestalt man nur die wenige Müh nehmen / und durch alle Schrancken passirter Zeiten / in Gedancken zurück-gehende / den höchst-gesegneteß Zustand unserer Ersten Eltern im Paradien ewegen wolte. Denn daselbst finden wir / daß GOtt der HErr dieselbigen Gerecht / Heilig / Unsterblich / Schön / Herschende über alle Seiner Vände Werck / und mit herrlichen Gemüths-Gaben gezieret / erschaffen. Aus welchem letzteren geflossen / daß / als GOtt allerley Thire auff dem Felde / und allerley Vögel unter dem Himmel / für Jhn gebracht / umb / denenselben solche Nah [2] men zu geben / die Ihrer Natur gemäß / unser erster Philosophus, Adam solcher Gestalt / auch dis sein erstes Schul-Recht rühmlich gethan / und so wol Sich / als alle seine Nachkommen / mehr und mehr in heiliger Betrachtung der Wunderthaten Gottes / geübet hätte / im fall er nicht den höchsterbärinlichen Sünden-Fall gethan / und der vermeinten Süssigkeit eines blosen verbothenen Apfels / die allerunschätzbahreste fernere Vollkommenhelt Seiner selbst / und in derselben die täglich-mehr- und mehr-anwachsende Erkäntnüß des Apfelrunden Kreises der gantzen Welt / mit Ihren Behältmüssen / nebenst der Wolfahrt so vieler tausend von Ihm fortgepflantzten Seelen / hindan gesetzet hätte. §. 5. Wiewol Er nun durch solchen grossen Fehl-tritt ein hoch-schätzbares Gut verlohren / und das Ihm-eingedrückte Bild Göttlicher Majestät so liederlich verderbt und zerbrochen: So sind doch / dem Höchsten sey Danck / aus solchem Schiff-bruch noch etliche wenig Stück und Taffeln von jetzt-gedachter Gerecht-Heilig-Unsterblichkeit / Schönheit / Herrschafft / und anderer hoher Gemüths-Gaben über geblieben. Er hat die göldene Wagschale der angeschaffenen Gerechtigkeit zerbrochen / und gantz zur Ungerechtigkeit gemacht: Christus aber hat Sie durch sein Verdienst wiederum ergäntzet. Das Ihm anvertraute Räuchfaß siener Heiligkeit und geziemenden Lob-Opffers gegen GOtt / hat Er durch ungehor jam von dem Altar seines Hertzens herabgestürtzet / und die feurige Kohlen des Antriebs zu himmlischer Andacht auff die Erden / ja gar der Hollen zu / verstreuet: Christus hat dieselbigen von Ewigkeit her schon wieder zusammen gesucht / auff den Altar seines Creutzes gebracht / und den Myrrhen-Geruch Seines Leydens angeflammet / umb / uns in Sünden erkalteten / neue Heiligung vom Himmel herab gedeylich zu erwecken. Adam hatte den Rock seiner und unser Unsterblichkeit durch thörichte Aussreckung seiner Hand zurissen: Christus hat das Kleid seiner Menschligkeit aus dem Schoß der Mutter hervorgebracht / und die schändliche Blöße unserer zum ewigen Tort verdammten Seelen / vor dem zornigen Antlitz und grimmigen Rach-Schwert seines Vatters damit bedecket. Adam / weil Er sich zum verbotenen Baum zu nahe gemacht / hat die Rofen-Blüthe seiner Uhr-springlichen Schönheit den Nord-Winden Göttlichen Fluchs unterwürffig gemacht / und die stachlige Dornen tausenderley Kranckheiten zu Seiner und Unser Bestraffung erhalten: Jedoch ist dieser Rosen-Garten menschlicher Schönheit nicht gäntzlich vertilget / und sind noch etliche Bett und Pflantzen desselben übrig blieben: ja deroselbigen so ein schönes und unvergleichliches Comportament, daß sinnreiche Gemüther biß auff den heutigen Tag kaunt tüchtig sein mögen / die köstliche Proportion aller Glieder / die wundersamen Bluthund Wasser-gänge / und alle Bewegung des überauß-künstlichen Uhrwercks des gantzen menschlichen Leibes / außer welchem keine Edlere und schönere Creatur auff Erden ist / gnugsam heraus zu streichen / oder absonderlich den warhafftig-darin-liegenden Grund der meistund schönsten Mathemattschen Wissenschafften / gnugsam zu Tage zu legen. §. 6. Ferner so war Adam / nechst GOtt / ein Monarche der gantzen Welt / und kriegte von GOtt seinem Schöpfer Krohn und Scepter über Erd und Meer / über zahm- und wilde Thiere; den Er aber nicht mit treuen Händen geführet / sondern zerbrochen / und in seinen Nachkommen / gleich wie vor der Härte und Rauhigkeit der Lufft in Kleider / also vor vielerley Thiere Gewalt / in Höhlen / Häuser / und Städte sich verbergen müssen: Nichts desto minder zu schlüssen / was für eine vollkommene Majestät des Menschen vor Alters nur aus blossem Gesichte unjerer ersten Eltern gegen alle andere Creaturen / hervorgeleuchtet haben muß; so erhellet solches theils aus der Schrisft / theils aus der natürlichen Erfahrung. Die Schrifft lehret uns / daß die allerliebsten Bothen GOttes / die heiligen Engel / nus zu unsern Dienern und Wächtern gegeben sind / und auffs genaneste auffuns ja auff unser Füsse und Tritt achtung geben. Die Erfahrung aber bezeugt / daß kein Tieger / kein Löw oder Wolff so grimmig / der einen Menschen für sich anfallen solte / Er seye den̅ von Hunger / von Zorn / oder andern Begebenheiten dazu gereitzet. Und ist im Gegentheil aus Exempelnbekand / welcher gestalt / wenn solchen Bestien beständig nur wohl gethan wird / Sie durch zahm-werden / ihre Demuth und Reverentz dem Menschen gnung bezengen. §. 7. Und endlich zu unserm Zweck / oder auf unserer ersten Eltern angeschaffene schöne Gemüths-Gaben wieder zu kommen / die theils im Willen zum Gute̅ und theils Verstand oder Neigung zur Warheit und Wissenschafften allerhand schöner natürlicher Dinge bestanden; So ist zwar nicht ohne / daß Adam auch deßfals ein Principal-Stück vom ersten mehr-als göldenen Kleinod seiner Glücksecligkeit / [verstehe den Witz / natürlicher Dingen vollkömmlich nachzudencken] verunehrt und zernichtet / und gleichsam von der Taffel seines Gehirns / so viel schön- und herrliche darin-aufgezeichnete Dinge / vorsetzlich / ja grausam und thöricht außgelescht: jedennoch / und zum wenigsten / ist jetzt-gedachte geblößte Taffel / so fern uns noch geblieben / das wiederumb und auffs neu was darauff notiret werden kan / und gleichsam von selbstbegierig / was scheinbahres anzunehmen / nach dem gemeinen Sprichwort: Natura Humana Novitatis avida; Ein jeder Menjch mag von Natur gern etwas Neues wissen. Ein neugebohren Kind / wegen seiner in weltlichen Dingen / angeerbten Uner fahrenheit / ist gleich [3] einem lediegen Geschirr / darinnen nichts Würckliches zwar enthalten; jedenoch zum wenigsten dieß an ihm zu loben ist / daß etwas darein gesencket werden kan / es sey gut oder böse / glaub-würdig oder irrig. Dieß sind gleichsam die letzlich-noch überbliebenen wenig Funcken / die unsern Verstand erleuchten / und theils zu einer philosophischen Freude reitzen / so bald wir mercken / das wir etwas / vor diesem uns unbekantes / gefaßt; Theils mehr und mehr entzünden / ersprießlichen Zusatz mehrer Wissenschafft zu nehmen: Ja gar so viel und mächtig bey uns würcken / daß mancher viel eher Schläge oder andere Gewalt verschmertzen als von seiner einmahl-gefaßten Meynung abstehen wolte. §. 8. Der Unterscheid bestehet nur in diesem / daß alle und jede nicht eben gleich zu / den richtigsten Weg zur Wissenschafft betretten / aus vielerley Ursachen / die hier anzuführen unnöthig sind; Und manche viel lieber was neues hören mögen / was dem Einhaltd es Achten Gebothsentgegenlaufft; Als was durch Erforschung natürlicher Dinge / zu desto besserer Erleuchtung ihres Verstandes / und Beförderung der Ehre GOttes / worinn / wiewol mit stummen Munde / jedoch auf ihre Maß / Himmel und Erde selbst geschäfftig seyn / gereichen möchte. §. 9. Unterdessen / auch eben diese / die eben allemahl den richtigsten Weg nicht ergreiffen / sind endlich so ohngesinnet nicht / daß zum wenigsten / aus blossem Anschauender so herrlichen Geschöpffe GOttes / und derer so mancherley Arten / an äusserlicher Gestalt und Würckung Sie nicht mässige Rührung einiger Gemüths-Freude bey sich verspüren / und fals es gleich auch die allerwiderwärtigsten Sauer-Töpffe der Welt wären / nicht bey vorfallender Gelegenheit / von Menschen zwar ungezwungen / aber allermassen gezwungen von dem unerschöpften Glantz dero so mancherley Gaben der Natur / herauß brechen und sagen solten: Ey wie ist GOtt doch so wundersam in Seinen Wercken! wie spielet doch hier und dar die Natur so schön und dergleichen.

Das II. Capitel.
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Von Zweyerley Haupt-Mitteln / zu mehr und mehrer Erkäntniß der Natur zu gelangen.

§. 1.
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WEil demnach gantz unleugbahr / und aus angeführten Umbständen erhellt / daß einem jedweden die Neigung zur Wissenschafft der Natur herrz-inniglich auhänget: so entstehet die nützliche Frage: Wie dann zu einigem Theil verlangter Vollkommenheit in menschlichen Wissenschafften sey zu kommen / weil gleichwol die Erfahrung bezeugt / das nur die wenigsten darin exceliren? etliche diesen die nächstenseyn / jedoch so gar hoch sich nicht versteigen? Andere hingegen nur in der Mittelstraße beruhen / mit ihrem Geiste zwar nichts sonderlichs erreichen / gleichwol aber nicht gantz in der untersten Tieffe sitzen bleiben?. Andere ein klein wenig besser gesinnt / als die allerschläffrig- und niederigsten / sich mit einem Anfang geineiner und trivial-Wissenschafft behelffen müssen? andere endlich / entweder aus Thummheit und Einfalt / von natürlichen Dingen nichts verstehn und lernen / oder aus Boßheit und Geitz ihre geistliche Vergnügung in blossen Mammons-Diensten suchen? und hingegen alle Menschen in der gantzen Welt einerley vernünfftige Seele / einerley fünff Sinnen / einerley innerlichen Beruff zu möglichster Erforschung der Wunderthaten GOttes haben: §. 2. Hierauff dient zu wissen / daß zweyerley Haupt-Wege / die uns zur Erforschung natürlicher Dinge führen / sind: der Eine / das Göttliche Wort: und der Andere / das Licht der Natur / oder die auf Erfahrung gegründete gesunde Vernunfft. §. 3. Das Wort Gottes zeiget uns etlicher massen den Weg zur Erkentnüß natürlicher schöner Dinge: und dasselbige mag ein jedweder in diesem fall / so gutt oder irrig außdeuten / auf seine Verantwortung / als Er will und kan; allermassen bekant ist / daß des Heiligen Geistes principal-Werck in der Bibel nicht ist / eine vollkommene Physike zu lehren / sondern mit himmlisch- und Göttlicher Lehre / den Menschen zur Seeligkeit zu beruffen. §. 4. Die Vernunfft lehret uns das jenige / was Sie von den 5. Sinnen gelernt: und ist nicht verbunden / dem Plato oder Aristoteles, und seinem Anhang / dieß oder jenes / zu bloßem Gefallen zu glauben / eh und bevor Sie aus der Erfahrung versichert / das solches mit Natur und sichtbayrer Ordnung der Dinge über einstimme. §. 5. Und solche Erfahrung so wohl natürals künstlicher Sachen zu erlangen / ist jederzeit rechtschaffenen Folgern der Philosophie so eine süsse Reitzung gewesen / daß auch Platodas höchste Fürstenthum des Gemüths hierinnen gesucht; Archimedes in seinen Cirkeln sich lieber ermorden lassen; der Sinnreiche Cartesius alle Scholastische Verfolgung mit Generösem Geist verlachet; und Aldrovandus zu Bononi [4] en / wiewol Er nicht eben einer von den subrilsten Philosophis gewest / gleichwol und zum wenigsten nur eine unersättliche Begierde gehabt / allerhand Cörper der gantzen Welt zusammen zulesen / und zu letzt darüber fast gar zum Bettler worden. §. 6. Aber wie viel und grosse Abhaltungen hingegen sind / die auch den fürtrefflichsten Gemüthern bißweilen entweder aus sonderbahrer Schickung Gottes / und Angelegenheit Geistlichen und andern Beruffs; oder aus Boßheit des Teuffels / und seiner cörperlichen werckzeuge; Oder aus gewissen und wiedersinnlichen Umbständen des Glücks; oder aus andern Ursachen / sonst in den Weg geleget werden! Davon ist hier nicht Zeit / außfürlich zu gedencken; ausser des einigen / daß auch der an Gemüthe-Leib- und Glück-begabteste Mensch / dennoch zu seiner Curiosität nicht die gantze Welt durch reisen / und die so mancherley Schätze der Natur / in und ausser aller ihrer Geburth-Stadt zu erforschen vermag; sondern von hunderten offt kaum eins und anders / und dieses zwar in Ost-jenes in West-Indien kriegt zu schauen / also / daß manch löblicher Vorsatz / aus blosser Entlegenheit der Orthe / Unsicherheit zu reisen / und Mangel der Dinge nicht kan sein Ziel erreichen.

Das III. Capitel.
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Absonderlich von der ersten Gelegenheit-Kunst- oder Naturälien-Kammern zu erfinden.

§. 1.
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SOlcher Schwer- und Gefährligkeit entgegen / haben endlich curiöse Gemüther hin und wieder gedacht / welcher gestalt / wo nicht alle Sorten der gantzen Welt / jedoch zum wenigsten eine scheinbare Anzahl vielerley außerleßner Stücke der Natur / aus See und Land / aus Ober- und Unter-Irrdischen Theilen der Erde / so wohl in als außländischer Oerther / möchten mit Fleiß zusammen gesucht / in gewisse Repositoria oder Scrinia gesetzt / nachgehens weiter und weiter vermehrt / und einiger massen in Ordnung behalten werden. Und solches zuföderst durch eigene Untersuchung der Natur / so wol zu Hause / als durch Hülffe vielerley Reisen und Schiffahrten; demnach auch durch münd- und schrifftliche Correspontentz; und durch Hülffe der löblichen Kauffmanschafft / die Ich nur bloß umb solcher Nutzbarkeit willen gar hoch zu schätzen pflege. §. 2. Und ist dergleichen Anstalt anfänglich zwar ein allerbequemstes Thun für Fürste- und Herren / oder sonst wolbegütterte Leute / gewesen. Es befindet sich aber je und allewege die Ergötzlichkeit und in̅erliche Gemüths-Freude aus Erforschung der Gaben der Natur bey philosophischen Hertzen so unschätzbar und groß / daß auch mittel- und niedrigere Stände nachgehends und sonderlich jtziger Zeit / sich nicht mässigen können / einen Versuch zu thun / allerhand groß und kleiner / vollkommen- oder mittelmässige kunst-Anriquitäten-Schaltz- und fürnemlich Naturälien-Kammern / Conclavia, Musèa Repositoria, oder auch nur kleine Serinia Rerum Naturalium Selectiorum, gleich wie zu eigener Belustigung / also zu anderer Ergötz- und nützlicher Beschauung auffzurichten. §. 3. Dergleichen Exempel in- und ausserhalb Europa / aus unsern und vorigen Zeiten hervor zu suchen / und gleichsam ein allgemein Inventarium der meisten Naturäl-Sachen / die irgend zu finden / zusammen zu bringen / Ich zwar eine geräume Zeit hero der Meinung gewejen / aber vielfältig daran / so wol von äusserlichen Abhältnüssen / als innerlicher Gemüthes Unlust / etwas zu schreiben / gehindert worden; biß endlich mich überwunden / und zu Beförderung guter Künste / (nach meiner Wenigkeit) so viel mir theils aus eigener Erfahrung / theils aus Lesung glauwürdiger Schrifften / und ein und anderer Correspondentz mit guten Gönnern und Freunden bekant / in Gottes Nahmen zu einer ordentlichen Consignation den Anfang mache / und allein besorglichen Verdruß des Lesers vorzubeugen / also das Werck zu versüssen hoffe / daß weder an denckwürdigen raren Sachen an sich selbsi / noch annehmlicher Beschreibung derselben / (hindangesetzt aller irrigen / von Alters her fortgepflantzten Meinungen) was gebrechen solle. §. 4. Ehe und bevor Ich aber eine richtige Verzeichniß dero mir solcher Gestalt kund-gewordenen Kunst- oder Naturäl-Kammern / und dero fürnehmsten Behältnüsse zu Papier bringe: so achte Ich / wo nicht nöthig / doch nützlich zu seyn / mit wenigen zuvorher zu erörtern / (I.) die vielerley Nnhmen / und Beschaffenheit der so-genanten Kunst- oder Naturalien-Kammern ins gemein; (2.) die fürnehmsten Ursachen / warumb biß anhero die wenigsten ordentlich eingerichtet zu finden: (3.) Wie solchen Unvollkommenheiten zu begegnen / und dergleichen Kammern also einzurichten seyn / daß weder dem äusserlichen Splendor was entgehen / noch auch den Regeln guter Philosophie zu nahe getreten werden möge. Welche drey Puncte / nachdem Sie dann [5] abgehandelt; so sollen hernach die mir-biß anher bekante Raritäten-Gemächer / (was dero Naturäl-Sachen betrifft) nach Eintheilung der Länder / in gehöriger Ordnung folgen. §. 5. Es hat zwar in Italien Anno 1672-Johann Baptista Ferretius ein Buch in Folio, mit diesem Titul: Musae Lapidariae Antiquorum, heraußgegeben / und in desselbigen / an den Leser gerichteten Vorrede / unter andern erwehnt / daß Er ein gewiß Specimen ad varia Musèa conruditum Virum, gelehrter Welt vortragen wolte: Aber zugeschweigen / daß ich nicht weiß / ob solche versprochene Probe von Curiositäten nunmehr herauß; so wolte ich dem fürnehmen Autori wol glücklichere Influentzen dazu / als Er zu jetzterwehnten Seinen Musis Lapidariis gehabt / gantz nicht mißgönnen. Und erwarte so viel mehr mit sehnlichem Verlangen / was die kluge Feder des Edlen Herrn D. Georgii Hieronymi Velischii zu Regenspurg / in diesem / und dazugehörigen Bassibuz, der gelehrten Welt zu seiner Zeit vortragen wird / in seiner Pinacothecâ Universali, so vie Ich aus Seinem / am Monat Augusti neulichst an Mich abgelassenen freundl. Antwort-Schreiben / schliesse / und sicher vermuthe / daß Er darin nicht sowol / oder allein von Naturalien / als nachdencklichen alt- und neuen Schrifften / Müntzen / Statuen / Kleidern / Rüstungen / Mathematisch- und anderen Instrumenten / und andern dergleichen / Artificial-Sachen fürnehmlich handeln / und diese von keinem biß dato befahrene weit- und tieffe See so mancher hierzu gehörigen Historien und Antiquitäten / als ein kluger und glücklicher Jason oder Columbus zuerst besegeln werde.

Das IV. Capitel.
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Von den vielerley Nahmen der so genannten Kunst- oder Naturalien-Kammern.

§. 1.
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WAs aber gegenwärtigen meinen absonderlichen Zweck / bloß nur die mir-bekanten Behältnüsse merckwürdiger Naturäl-Sachen / in ein allgemein Inventarium zu bringen / betrifft: so befinde Ich zuförderst nöthig / von denjenigen vielerley Nahmen / womit der gleichen Gemächer und Repositoria beleget werden / umbständlich zu gedencken / und darzustellen / wie füglich oder unbequem / so wol in Teutscher / als Griechisch-Lateinisch- und andern Sprachen / bald diese bald andere Titul gebrauchet werden; anfangende von der Latein- und Griechischen / als älteren / und denen / welchen wir heutiges Tages noch den besten Krafft und Safft weltlicher Erudition zu dancken haben. §. 2. Absonderlich derhalben und fürs Erste / finden sich bey den Griechen / oder bey neueren Autoren zwar / die sichaber hierzuder Griechischen Sprache bedient / ohngefehr diese drey Nahmen: (I.) . (2) , und (3) . §. 3. : ist ohngefehr so viel / als eine Bewahrung Wundersahmer Dinge: denn heist Miraculum, oder Wunder / wovon sonsten auch das Wort Thaumaturgus gezogen / und GOtt dem HErrn / der allein wunderbar ist in Seinen Wercken / zugeeignet wird: und ist so viel / als custodio, ich bewahre; daher auch kommt und , ein Wächter oder Custodia ein Gefängnüß; und solcher gestalt jetztgedachtes , gleichsam als eine Wunder-Gefängnüß / oder Custodie von mancherley Abentheuren. Welcher Titul derohalben den Naturälten-Kammern gar wolkan gegeben werden. §. 4. ; Ein Natur- und Kunst-Gemach / oder da so wol natürliche als künstliche Dinge in Vorrath gehalten werden. Den , wie bekant heist die Natur; und , die Kunst / von welchen beyden sonst auch Technophyum komint / oder eine Werckstatt / da allerhand Künste hervor kommen / und gleichsam / als von der Natur selbst / gebohren werden aber ist so viel als Penu vel Promtuarium, ein Vorrath von vielen Dingen / oder ein Zünmer selbst / da ein Vorrath verhanden ist; wie dann eben dies Wort gefunden wird / daß es absonderlich vor ein verborgen Gemach / und heimliche Kammer / darinn man den Geld-Schatz verwahrt / gebrauchet worden. Und erhellet also / daß solches / von dreyen zusammengesetztes Wort / nicht eben bequem / als wie das erste / sich bloß auff die Naturalien-Kammern schicket / sondern was mehreres in sich begreifft. §. 5. : ist ein Wort wol 10. Ellen lang / wo nicht als der halbe Diameter der Erde; und das ehe 2. heisse Suppen kalt werden / als man nur einmahl selbiges aussprechen solte. Aber ernstlich hiervon zu melden / so hat solches der weiland Edle Herr D. Sachsius wolmeinendlich inventirt, und mit solchem Titul die welt-berussene Kunst- und Raritäten-Kammer / Ihr. Thur-Sächsischen Durchl. zu Dresden begabt / gleichsam davor haltende / gleich wie darinnen eine unsägliche Abundantz von vielen Dingen; also erfodere so ein Werck einer so-sumptuösen [6] Weitläuffigkeit / auch einen grossen Nahmen: welcher auff Teutsch etwan so viel / als ein Frembd- und Wunder-Wercke-Vorrath / oder Versammlung von vielerley Außländischen wunderbahren Dingen und Raritäten. Denn , heist Frembd oder Außländisch: , ein Wunder / wie vorhin gedacht; ein Werck; und einen Vorrath / wie gleichfalls vorhin erwehnet. Und weil derowegen gedachter Herr Sachsius durch das Wort Frembd oder Außländisch (lib. I. Gammarolog. cap. 3. p. 50.) am allermeisten natürliche Dinge und Raritäten verstehet / so kan derselbige Titul gar wol auff gegenwärtiges und folgende Deutsche Tractätlein von Naturalien-Kammern appliciret werden. Er hätte aber / in Betrachtung / daß zu Dreßden fast mehr Splendor und Vorrath an mancherley Artificial-als Naturäl-Sachen befindlich / das Griechische Wort noch länger / und darauß machen können. §. 6. Ferner sind etliche Wörter / die zwar gäntzlich und eben so wol Griechischer Ankunfft / als die ersten: aus Gewohnheit aber / und freyem Gefallen der Autorum, gemeiniglich lieber Latein-als Griechisch geschrieben / und also / so zu reden / Römischer Bürgerschafft theilhafftig gemacht werden: nehmlich diese: Musèum, Gazophylacium, Thesaurophylacium, Thesaurarium, Cimeliarchèum, Tameotheca, und dergleichen. §. 7. Musèum, oder wie es sonst / wiewol nicht recht Musaeum, geschrieben wird / auff Griechisch , hat seine Benennung von den beruffenen 9. Abgöttinnen / den Musen / als Vorsteher- und Hoffmeisterinnen unsers Studierens; und heist insgemein so viel / als ein Studier-Platz oder Orth / da man scharffsinnigen Gedancken ihre ungehinderte Freyheit / abgesondert von dem unruhigen Pöbel / lässet; wie dann absonderlich vorzeiten unsern dem Berg Olympus, ein den Musen geweiheter Ort / oder auch sonst ein gewisses den Musen gefeyretes Fest / Musèum soll geheissen haben. Heutiges Tages aber wird dieses Wort nicht allein gelehrter Leute ihren Stuben / die voll Bücher / sondern auch ohne Bücher dergleichen Logimenten und Kammern gegeben / da allerhand rare Natur-Sachen mit Fleiß auffgehoben / und zu jedermanns so wol Augen als innerlicher gut philosophischer Hertzens-Lust dargestellet werden. §. 8. Gazophylacium, auff Griechisch , herkommende von dem Wort , custodire, und , welches von zwey- oder dreyerley Bedeutungen ist. Denn erstlich wird es gebraucht insgemein / vor ein jedweder Ding / so man besitzet / und als sein Eigenthum bewahret. Weil aber wir unter denen Dingen die jenigen für andern in acht zu nehmen pflegen / die uns am meisten gekostet / so wird absonderlich ein Schatz / oder der Königliche Schatz / bey den Persianern / wie im Curtio zu finden / mit dem Wort Gaza beleget. Und endlich / weil so wol in offendlichen Welt- und Geistlichen Regimentern / als auch in eines jedweden Privat- und Hauß-Stande nichts Kostbahrers insgemein pflegt gehalten / und sorgfältig Tag und Nacht gesucht zu werden / als Geld / So ist auch eben dieses am allermeisten biß anher unter allen leiblichen Schätzen / für den größten gehalten worden. Und würde also Gazophylacium nach der ersten Bedeutung so viel heissen / als ein Behältnüß von Hab und Gut: nach der andern so viel / als ein Kasten und Kammer / worinnen was im Hause oder sonst vor das Kostbahrste gehalten wird / in guter Verwahrung wird genommen: und nach der dritten so viel / als eine Geld-Lade / oder Gottes-Kasten / wie Doct. Luther gegeben Joh. 8. v. 20. Diese Wort redet JEsus an dem Gottes-Kasten / da Er lehret im Tempel. Denn also stehet im Grund-Text: . Einem Philosopho hingege̅ ist es um Geld und Gut nicht so sehr zu thun / als umb dasjenige / was einiger massen zu sinnreicher Verknügung des Gemüths / und Perfectionirung guter Wissenschafften kan gereichen; achtende offtmahls höher einen geringe Stein / darinn die Natur sich cur???os erwiesen / als halb so viel Silber oder Gold; eine stoltze / grosse / stachlichte / schöngefleckte / und nach Geometrischer Proportion sich allzeit enger und enger zuspitzende Außländische Schnecke höher / als gantze Kisten und Schräncke voll / die über See und Land / auß Ost- und West-Indien / zu Trost der annen / unglücklichen / und in Sorgen des Reichthums sich selbst auffreß- und verzehrenden Mammons-Knechte hinzugeführet werden. In welchem letzteren Verstande und Gebrauch des Wortes Gaza demnach / Gazophylacium gutt-Philosophisch / oder noch eigentlicher / gutt / Physicalisch / so viel als ein Raritaten-Gemach von allerhand schön- und außerlesenen / Frembd- und einheimischen Natürlichen Dingen / heissen würde / derer unterschiedene der weiland fürnehme Medicus zu Nürnberg / Herr D. Michael Rupert Beßler / Physicus daselbst zu sammen gebracht / von seinen Unkosten auff 35. Kupffer-Taffeln in Folio abbilden lassen / doch ohne dazu gehörige Beschreibung / die etliche Jahr biß anher durch Brieffe von Herrn Johann-Barthol Oehlern / Buchhändlern in Leipzig / an mich gesonnen worden / und mit dem Wort Gazophylacium intituliret. §. 9. Thesaurophylacium hält eben dieß in sich was itzt-erwehntes Gazophylacium; und sind anders nicht von einander / als im Lateinischen Gladius und Ensis, oder im Teuschen Speck und fett Schweinfleisch unterschieden. Denn was [7] das Wort Gaza bedeutet / das bedeutet auch Thesaurus: und Phylacium kommt wiederumb her vom Wort vel , Ich verwah re. Wird jedoch allermeist und sonderlich für AErarium publicum, oder einen / zu allgemeinen Nutz gemeinten Schatz / den man eher nicht / als in der höchsten Noth angreifft / fürnehmer Regenten / Fürsten / und Republiquen, genommen. Und. §. 10. Thesaurarium ebenfalls; welches mit itzt-vorhergegangnem Titul herkommet vom Griechischen Wort Thesaurus: und dieses gleichsam von , das ist / Etwas / fürnehmlich aber Gold und Geld / biß morgen / das ist / biß zu morgender Benöthigung / hinsetzen. Und weil von Woche zu Woche / von Monath zu Monath und Jahren / es allezeit wiederum Morgen Morgen heißt / so erinnern sich dessen zum Deckmantel ihres filtzigen Geitzes so manche Geitzhälse in der Welt / daß ihnen noch nicht der rechte Tag und Stunde erschienen / ein Theil von ihren Reichthümern zur Ehre Gottes und Beföderung freyer Künste anzuwenden: sondern es sind ihre continuirliche Thesauri; es heist allezeit / , vel , biß morgen aufzuheben. Und dieses vielleicht auch nicht ohne alle raison: denn Sie sich ja heimlich befürchten müssen / es möchte eine Zeit kommen / das Gott stürbe. Wenn Sie derowegen vorher nichts gesam̅let hätten / wer wolte Sie dann oder die Ihrigen hernach versorgen? Aber darnach trachten die Heyden / die von Gott nichts wissen. §. 11. Cimeliarchèum, auf Griechisch , oder auch , ist unterdessen nicht zu vergessen / welches eigentlich so viel bedeutet als ein gewissert Orth oder Hauß / da Cimelia, (von jaceo, ich liege) das ist / köstliche Gefäß / und anderer kostbahrer Vorrath zu geistund weltlichen Gebrauch aufgehoben werden; nachgehends aber auch Naturalien-Gemächern von geringerem Werth zu geeignet ist / darumb weil Fürsten und Herren inner dero Kunst-Kammern einen nicht-geringen Splendor suchen / daß unter so mancherley natürlichen Raritäten / sonderlich auch köstliche Dinge von Crystall / Jaspis / Agstein / Elffenbein / Perlenmutter / Perlen / Jobelen / Kleinodien / und dergleichen Dingen von hohem Preiß / hervor leuchten / und der ankommenden Beschauer Augen / als so viel strahlende Sterne / gleichsam in Confusion, und das Gemüthe selbst in wunderns-volle Verwirrung bringen mögen. §. 12. Nicht minder finden sich etliche andere Griechische / Lateinistirte Wörter / zusammen-gesetzt von , daß ist / Vorrath; , Wunder; , Kunst; , das ist / eine Taffel eine Schrifft / oder Verzeichnüß; Abacus, ein kleiner Tisch oder Cantor-Brett / da dergleichen Sachen drauff geleget werden; und von dem Wort , Theca, das ist / Repositorium, Schranck / Behältnüß / Kasten / Laden / oder Futer: und werden gleichfals bißweilen als Titul zu Benennung so wol Naturalien-Kunst-als Antiquitäten-Bücher- und andere Gemächer / eines bequemer für dem andern / gebrauchet. Nehmlich diese: Tameotheca, Thaumatotheca, Technicotheca, Pinacotheca, Abacothaca. §. 13. Tameotheca der halben () wird etwan auf Teutsch ein Behältnüß außerlesenen Vorraths heissen / mit welchem Nahmen der berühmte Herr D. Velschius zu Augspurg / die vor weniger Zeit zu München / durch kläglichen Brand verdorbene überauß-kostbahre Kunst- und Naturalien-Kammer des Churfürsten von Bayern benennet wie in dem dritten Jahr-buch der Naturae Curiosorum, (obsetvat. 32. p. 51.) zu sehen. §. 14. Thaumatotheca () so viel / als Wunder-Behältnüß / oder Kammer von vielerley wunderbahren Dingen. §. 15. Technicotheca () so viel als ein Kunst-Gemach oder Enthalt mancherley-rar- oder ungemeiner Wercke von subtiler netter und sauberer Arbeit / der künstlichen Meister in Mahlen / Giessen / ätzen / Poussiren / Schneiden / Graben / Poliren / Löthen / Zusammenfügen / Drähen / und dergleichen. Und mit diesem Nahmen werden absonderlich diejenigen gesammelete rare Sachen von dem fürtrefflichen Herrn D. Thoma Bartholino (libri d. Unicornu, c. 37. p. 278.) benennt / die offentlich zu Pisa, der schönen Stadt Florentinischen Gebietes zu sehen; davon zu seiner Zeit / und an gehörigem Ort / im absonderlichen Capitel wird gehandelt werden. §. 16. Pinacotheca aber () wird fürnemlich von neuen Autoren gar sehr gebraucht / weil es einige Verwandschafft mit den Pinacothecis der Alten scheint zu haben / genommen von dem Wort , welches anfangs so viel / als eine vierkantige Taffel / oder ein Brett / darauf man vor alters gessen / wie auß dem Vitruvio zu schlüssen; davon dann auch kommt , ein klein Täflein / item ein Orth / da man Schrifften und Bücher verwahret; wie bey gedachtem Vitruvio (lib. c. 6. 5.) zu sehen. Item ein Laden / oder Gemach / da man Gemählde / Silberwerck / Kleider / und anderen Schmuck aufstellet: hernachmahls aber auch so viel / und ins gemein / als ein Behältnüß allerhand Sorten natür- und künstlicher rarer Dinge. Und §. 17. Abacotheca, () ist fast eben dieses; denn es hat seinen Nahmen von , [8] . ein Tisch / oder Taffel: gleichsam als wolte man sagen / , da kein Gestühl oder Fuß daran ist / wie Vossius (in Etymologico) erinnert; und die man so wol an die Wand hangen / als platt auff etwas nieder gelegt / zu allerhand Dingen / und unter diesen zur Credentzung der Becher und anderer Trinck-Geschirr brauchen kan: item ein Mahler-Täflein / die Farben darauff zu tragen / welches in noch kleinerer Form beutiges Tages gebracht / also / daß von den Mahlern am Daumen der Hand / nebst dazu-gehörigen Pinseln / gehalten werden kan / wegen bequemer Politur oder Glätte / von Ihnen eine Polite wird genennet. Item ein Zehl-brett; deßhalben die Rechenpfenninge / die man darauff zuzehlen pflegt / gleichfals Abaculi genennet werden. Und was in der Bau-Kunst an Capitellen Corinthischer Säulen / Abacus genennet werde / davon lese man bey Bernardino Baldo, bald zu Anfang seiner Anmerckungen de Verborum Vitruvianorum Significatione. Gleich wie man nun auf dergleichen Abacos gepflogen hat / allerhand / zu täglicher Nothdurffe dienliche Geräthschafften zu legen / und deß wegen die jenigen Gemächer / Schräncke / oder andere Behältnüsse / Abacothecae genennet worden sind: also ist es eben nicht ungereunt / auch auff gegenwärtigen Zweck zu appliciren / oder / falls solches von andern geschehen / von denselben ohn alle Hindernüß vor bekant anzunehmen. Ja das Wort. §. 18. Apotheca () oder Werckstatt / darinnen vielerley gute Artzneyen / zu Erhaltund Wiederbringung menschlicher Gesundheit bereitet / und daraus täglich in allen Städten verkauffet werden / ist eben nicht bloß und allein auff dieses zur Medicin-gehöriges Thun / gerichtet: sondern wir finden beym Plinio (lib. 14. c. 14.) Columellâ, Vitruvio, und im Corpore Juris, das für alters mit solchem Nahmen allermeist Scheuren / Frucht-Gewölbe / und Wein-Keller sind belegt / und hernachmahls vielmehr allererst denen heutiges Tages so-genanten Apotheken, oder Medicamental-Officinen ist gegeben worden; auch endlich den Naturälien-Kammern / (ja gar bequäm) zugeleget werden kan / weil auch hieselbst viel herrliche / schön- und natürliche Dinge / die so wol zur Leibes-Gesundheit / als philosophischer Gemüths-Erfrischung dienlich / colligirt, in gewisse Fächer und Behältnüß ordentlich gethan / zu freyer Belustigung erhalten / und vorsetzlich also zu reden / rechtschaffen apothekisirt, das ist / in sichern und gutten Stand gesetzet werden. Denn heist pono, oder / ich setze / davon kommt , ein Behältnüß / , etwas wohin versetzen / und also Apotheca, wohin man etwas niedergesetzt / oder zur Verwahrung gestellt. Ja gar das jenige / was wir sonst Zeug-Häuser / Rüst-Kammern / oder derglelchen nennen / sind / , Apothecken der Wehr und Waffen genennt worden / wie vorhin-erwehnter Bernardinus Baldus (de Verb. Vitruvianor. Signif.) lehret. Und der sehr-gelehrte Vossius in seinem Etymologico schleüßt also: Apotheca Vox generalis est. Unde à JCtis & aliis tribuitur Vinorum, Ol ei, Librorum, similibusque receptaculis; das ist: Apotheke ist ein gemein Wort: deßwegen wird es von Juristen und andern / den Behältnüssen der Weine / des Oehls / der Bücher / und dergleichen / zugeeignet. Und biß hieher von Griechisch- und-us Latein genommenen unterschiedenen Nahimen der Kunst- und fürnehmlich Naturalien-Kammern. Welchen Wörtern folget. §. 19. Rarithecium, oder Raritäten-Gemach: halb-Grieisch von Theca, und halb-Lateinisch von Rarus, a, um: dessen sich Herr D. Wedel / Medicinae Professor zu Jena / an zweyen Orden des Dritten Jahr-Buchs des Collegii Naturae Curiosorum in Heil. Röm. Reich / zu Benennung der Naturäl-Raritäten Seines gnädigsten Fürsten-gebraucht: nehmlich Observ. 70. pag-118. und Observ. 142. pag. 263. Er wird aber nicht übel nehmen / daß dergleichen / aus zweyerley Sprachen zusammen-gesetzte Wörter / aus philosophischer Freyheit- (niemand zum praejuditz) gleichsam für Grammaticalische Bastarde und Hurenkinder halte; als wir sonst auch sehen an dem Wort Herbipolis, Archidux, Archipincerna, Protomedicus (wiewohl etliche die Medicin auch vom Griechischen deriviren) Protonotarius, und dergleichen.

Das V. Capitel.
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Von noch-unterschiedenen-mehren Nahmen derselben.

§. 1.
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UBer dieses ist weder die Lateinische Sprache für Sich / noch Jhre Europaeische Töchter und Nachbarinnen so arm / daß Sie nicht auch von dem Ihrigen / zu mehr und mehrer Benennung Curiöser-Gemächer von Naturäl-Sachen / ein- und andere Titul [9] contribuiren könten. Und finden sich allermassen im Lateinischen diese: Camera, Conclave, Conditorium, Repositorium, Promptuarium Naturae, Scrinium, Arca: im Italiänischen 2. Museo, un Studio: im Frantzösischen Galleria, Chambre des Rarites, Cabinet: im Engelischen a Threasure: und im Teutschen / Schatz-Karitäten-Vernunfft-Kunst-Naturalien-Gemach oder Kammer. Von welchen allen / als wie von den vorhergehenden / was etwan absonderlich möchte beyzumercken seyn / kan kürtzlich aus folgendem erhellen. §. 2. Camera scheinet für erst ein pur-lauter-Lateinisch Wort zu seyn; und bedeutet ins gemein einen jedweden / obenwerts zu gewölbten Orth. Und sintemal / desto besserer Sicherheit wegen / auff Fürstlichen Schlössern die meisten Säle / Audienz-Stuben / Vor- und Bey-Gemächer / und andre Logimenter gewölbt / deren ein- und anders zu asservirung rarer Dinge gewidmet pflegt zu werden; so hat mannachgehends alle andere Naturalien-Gemächer / ob Sie schon nur platt-gedeckt / und nicht gewölbt / dennoch Kunst-Kammern genennet / und also diesen letzteren Nahmen behalten. Hingegen die zwey berühmten Philologi, Vosius nemlich (in Etymologico) und Joh. Schefferus (de Militiâ Navali, Addendis ad Libr. 2. p. 325.) wollen das Wort Camera aus dem Griechischen Wort machen; gleich als ob es was neues wär / das bißweilen auch wol ein Lateinisch Wort in Griechischer Sprache zum Bürger auffgenommen würde. §. 3. Conclave oder Conclavium, insgemein ein verschlossen inneres Gemach / und abgesonderter Ort unter dem innern Dach; oder eine allgemeine Beschliessung vieler Logimenter in einem Hause / die unter ein Schloß gehören: wovon mit mehrem oberwehnter Baldus (de Verb. Vitruv. Sign.) besehen werden kan. Und weil dann einem Raritäten-Gemäch voraus zuträglich / nicht vor jederman offen stehen zu lassen / so kommt Ihm auch unter andern der Titul eines Conclavis gar füglich zu. §. 4. Conditorium; heist zwar beym Plinio (in Epist.) und sonst / ein Grab. Aldieweil es aber den Nahmen hat é Condendo vel abscondendo, vom Verbergen / oder etwas an einen Ort vor allgemeinen Anlauff abzusondern; und dieses nicht minder schönen zusammenogesuchten Natur-Dingen vonnöthen ist: so ist am Tage / daß jetzt-erwehntes Wort bequem genugsam einigen Natural-Kammern kan / und vielleicht pflegt gegeben werden. §. 5. Repositorium, fast eben das / oder so viel als Apotheke / davon im vorigen Capitel gedacht. Und sind vorzeiten Repositoria absonderlich gebraucht / und durch selbiges Wort verstanden worden / Simse oder Gesämse / darauff man unfern vom Tische Speisen auff gesetzet. §. 6. Promtuarium Natur??? oder Natur- (natürlicher rarer Stücke) Vorrath. Mit selbigen Titul begabet der Edle Fabius Columna (de Purpura cap. 15. §:2.) des Ferrand. Imperati Museum oder Naturalien-Kammer zu Neapolis: und kommt das Wort Promptuarium mit Tameothecá überein / davon im vorhergehenden Capitel §. 4. und 13. gehandelt worden. §. 7. Sermium (welches Wort die nachfolgenden Griechen angenommen haben) bedeutet nicht ein gantz Zimmer oder Gemach / sondern nur einen Schranck: und wer also nicht das Vermögen hat / eine vollkommene Kammer mit allerhand raren Natur-Dingen außzuzieren / mag sich zum Anfang so lange mit einem Schranck behelffen. Und §. 8. Arca scheinet auch zwar nur so viel / als ein klein Behältnüß / zu deuten: man findet aber beym Martiali (lib. 9. eprigr. 4.) daß Arca Jovis so viel heist / als alle des Jupiters sein Schatz- oder Haab und Gut. Und fals wahr ist / daß Arca (ein Kasten) und Arx (ein Schloß) beyde den Nahmen ab Arcendo, das ist / vom Abhalten / oder Abwendung der Diebe und gewaltthätiger Leute / haben solle; so kommt es mit jetzt-erwehntem Wort / Scrinium, so viel näher überein / und ist nicht nöthig / uns hierinn auffzuhalten. §. 9. Il Muséo, bey den Italiänern; ist eben so viel / Muséum beyden Lateinern / davon in des vorigen Capitels paragrapho 7. gehandelt. Die zwey Edle Herren / Ludovicus Moscardus zu Veron, und Manfredus Septala zu Meyland / gebrauchen in Beschreibung ihrer eignen Rarität-Kammern im Titul das Wort Museo; wie ingleichen Lateinisch (Muséum) Aldrovandus, die Calceolarii, Wormius, und andere in dergleichen Handel gethan. §. 10. Un Studio ist gleichfals ein Wort der Italiäner; und / aus der Ankunfft von Rom / leicht zu ermessen was es bedeute. Und verstehen Sie hierunter nicht allein eine Academie oder hohe Schul / oder auch den Fleiß und lehrsame Hurtigkeit selbst / welcher von Tugend-Gemüthern daselbst getrieben wird; sondern alle andre Orte mehr / da offentliche Gelegenheit ist (und also nicht minder in Naturalien-Kammern) mehr und mehr was gutes zu lernen. §. 2. Galleria ist / nach gemeiner Meinung / ein Frantzösisch Wort; und heist so viel / als ein Spatzier-Gang und offentliche philosophische Bahn oder Laube / da allerhand Curiositäten in Behertzigung zunehmen / dergleichen zu Pisa in Italien / und das Ambulacrum des Medicinischen Gartens zu Leyden / davon an gehörigen Orten gehandelt werden wird. Es gebraucht sich aber auch im Italiänischen dieses Wortes / jüngst-gedachter Septala (ein [10] hurtiger / und gegen die Frembden sehr höflicher Mann) und intitulirt sein curios Buch / Anno 1666. gedruckt / Museo ó Galeria: und gut-zeit vor Ihm schreibt der auch-Edle / sehrfleissig- und accurate Jurist / Johann Henrich von Pflaumern / in seinem Italiänischen Mercurio, (part. 2. pag 37.) da Er von Neapolis handelt / außdrücklich also: Prorsus enitere, ut Galleriae (ita vocant Itali rarissimi artificii pretiique rerum Receptaculum) Iustrandae copia fiat. §. 12. La Chambre des Rarites; sagen auch die Frantzosen / dergleichen nutzbare Bibliotheck der Natur / darinnen man / wer nur will / gnugsam und ohne Bücher etwas gutes zu meditiren gelegenheit findet / damit zu verstehen zu geben. Und das Wort §. 13. Cabinet, oder ein Gemach / und Kasten / wird gleichfals von Jhnen gebraucht / worinnen von raren Sachen pflegt was mit Fleiß verwahrt zu werden. §. 14. AThreasure hingegen sagen die Engelländer / welches so viel ist als Thesaurarium, ein Schatz entweder in Schräncken / und Kasten verwahrt / oder auch frey in der Stuben / zu Zirath derselben und jedermanns Beschauung / auff ein Staffel-weise steigendes klein Repositorium, bey vor aus denen von Adel in Holstein / auffgesetzt / und bestehende von Göld- und Silbernen Bechern / Flaschen / Credentz-Tellern / Leuchtern / und dergleichen: welches alles zwar als ein Theil ihres Schatzes den Titul eines Tresoors führen könte / es wird aber / nach hiesiger Landes-Arth fürnehmlich das Repositorium mehr und Schranck als die Auffseze selbst / also geheissen. §. 15. Endlich und zuletzt auff unser geliebte Mutter Sprach zu kommen; so ist allbereit zu Anfang dieses Capitels gedacht / daß man bißweilen des Wortes Schatz-Raritäten-Vernunfft-Kunst-Naturalien-Gemach oder Kammer sich bediene. Unter welchen das Wort §. 16. Schatz-Kammer / ist nicht zum bequemsten / die Gemächer von Natural-Sachen damit zu exprimiren. Und §. 17. Raritäten-Gemach / trifft gegenwärtig- und folgender Schrifften Zweck so viel näher / wenn nur nicht auff Kunst-Stücke zu grosse Refletion darbey genommen wird. §. 18. Vernunfft-Kammer / gefällt mir deßhalben noch viel besser; welches Wort ich nur an einem eintzigen Orte gefunden / nemlich bey Alberto Reimaro, im Register Seiner / Anno 1662. Deutsch herauß-gegebenen Neuen Stadt Rom; wiewol Ich im Text selbesten das Wort nicht funden / stimmende gar artig überein mit dem so-genannten ??? Studio der Italiäner / wovon allhier im 10. paragr. Bericht geschehen. §. 19. Kunst Kammer. Dieser Titul stehet mit darentgegen wiederumb so viel minder an; und wäre (sonderlich wo ein weitläufftig- und grosser Vorrath verhanden ist von allerhand Künst- und Natürlichen Raren Sachen) am besten / man fügte beyderley Sorten absonderlich zu Ihres gleichen; und hielte ein eigen Logiment für diese / und wiederumb ein eigenes für jene Dinge / aus Ursachen / die in folgendem Capitel etwas klährer sollen für Augen gestellet werden- Und sind endlich §. 20. Naturalien-Gemächer / Schranck / und Kammern derhalben / oder dergleichen Titul (zum wenigsten zu diesem meinem schrifftlichem Vorhaben) am besten. Denn ob zwar allerhand schöne Künste / und derer offt mehr arbeitsam- und kostbahr-als grossen Nutzen habende Meister-Stücke / ich billich in ihren Würden lasse; ja über so manche künstlich-fertige Hand / bey vorfallender Gelegenheit / mich gerne mit andern verwundern thue: so ist doch daran selten so viel beständig und zu allen Zeiten gleichförmig / als was vor Art Dinge die Natur alleine / täglich hervor bringt / vor ein / zwey / drey / oder mehren hundert und tausend Jahren hervor gebracht / oder über eben so viel Zeit / im Fall dieser bewohnliche Erd Klumpen so lange dauren wird / noch ferner wird ans Liecht gebehren: da hingegen was ein Künstler gemacht / das tadelt gemeiniglich der ander: welches am wenigsten geschehen würde / wenn die Vollkommenheit desjenigen / was die guten Leute aus ihrer wol hundert-mahl veränderlichen-Phantasie gemacht / unmittelbahr allezeit aus der innersten Natur dergleichen Dinge quällte. §. 21. Doch eh ich von diesem Capitel gantz abweiche / so ist noch übrig / aus respect der Naturalien-Kammern / von Ihnen noch einerley zu erinnern: Nemlich dieß kleine Pünctlein: daß ich offt außdrück- und vorsetzlich / nicht Naturäl-sondern Naturalien-Gemächer / Schränck oder Kammern schreibe; verstehende solche Behältnüß / darein vielerley natürliche rare Stücke zu sammen getragen sind / zur Belustigung / Information, und andern löblichem Nutz deß Menschen: zum Unterscheid der Naturäl-Kammern oder Behausungen / die entweder die Natur in Berg und Klüfften / ohngefehr den Einsamkeit-liebenden / zu sichern Höhlen / und Enthältnüssen gemacht / oder die da und dort von Menschen-Händen in Felsen / ohne Kalck / Holtz / und gebackene Stein gemacht / ebnes fals sich lassen zu Ober- und Unter-Irdischer Wohnung brauchen: dergleichen in Nieder-Sachsen / am Hartz / unfern vom Bructero oder Blockes-Berge / in der Graffschafft Blanckenburg / der Regenstein ist / (ins gemein der Reenstein genannt /) und aus einem [11] Felsen also gehauen / daß gantze Gemächer Stall / Raum und Kammern / nebenst dazugehörigen / aus eben dem einigen Felsen gegrabenen Krippen / Tisch- und Bancken / bewohnlich gemacht / und ein Exempel recht schaffener / und merckwürdiger Natural- oder Natürlichen Kammern worden.

Das VI. Capitel.
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Ob wol einige / gantz- accurat-eingerichtete / Naturalien-Hammern irgend seyen zu finden?

§. 1.
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WAs aber am allermeisten / und hauptsächlich die Naturalien-Kammern / so viel mir Ihrer bewust / und gleichsam deroselbigen Seele / eine gantz und gar untadelhafftige / billich erforderte Ordnung betrifft / dergestalt / daß weder an äusserlichem Splendor, noch zu gleich an gut-Physical- und curiöser Disposirion da??? geringste Mancament sich finde; und vielmehr alles sauber und nett an seinem Orth / gleichsam nach der Schnur und Winckel-Maß dastehe; alle Winckel und Wände / mit ihren Aufsätzen / abhangenden Dingen / und dergleichen / mit dazwischen gelassenem gnungsamen Raum / zum auf- und abspatziren / eine gutte harmonische Größe / Figur / sortirung und Situation, gegen einander haben; ja ein erfahrner / und in Experimentali Rerum Naturalium Studio geübter Praefectus dergleichen Vernunfft-Kammern die meisten Stücke beneficio Methodi, ohne sonderbahre Müh und Aufsuchung der bey-geschriebenen Numern oder Catalogi, bey dunckler Nacht / wenn es noth doch finden könte: So muß ich gestehen / daß ich lieber was anders thun / als die alhier-einfallende Frage / Ob nemlich irgend wol in der Welt eine / nach allen denen Qualitäten sich befindende Naturälien-Kammer jemahls gewesen seye / oder noch seye / nach meinem geringfügigen Ermessen erörtern wolte / in Betrachtung / daß gleich wie Plato eine schöne Respubliqu zwar im Gehirn prächtig erbaut / aber keinen Menschen noch Hund davon zu sehn bekommen; gleich wie der sinnreiche Verulamius einen herlichsten neuen Atlas beschreibt / darinnen biß dato noch niemand keinen Vogel singen hören; oder gleich wie Ich selbst vor wenig Jahren eine viel schönere Neue Welt (genannt das edle Reich der Cosmosophorum) als Columbi America warentdeckt / und ohne Schiff und Segel dahin zu kommen / die Fahrt gewiesen / welches Cosmosophisches gelobte Land noch biß anhero in keiner Land- oder See-Carten mit dem geringsten Strich oder Punct angedeutet zu finden: also ich leicht schlüssen kan / daß entweder ich unumbgänglich in grosse disgratie und Ungunst hin und wieder gerathen würde / fals ich aus Trieb der Warheit / ein- und andere mancamenten / die auch wol an den fürnehmsten Orthen der Welt vorgehen / berühren solte / oder zum wenigsten dessen kurtzen Bescheides mich zuversehen hätte / daß obgesetzte Conditiones und Requisita einer perfecten Naturälien-Kammer / mehr in einer Academischen müstigen Speculation, und blossen Wunschund Worten bestünde als sich von jemand / practiciren liesse. §. 2. Aber gewiß und warhafftig / wenn wir die Sache genau erwegen / so versirt hierunter eben so eine unbezwingliche Schwerigkeit nicht / zur Nettigkeit zu kommen / wie der Context des folgenden Capitels uns geben wird. §. 3. Unterdessen weder hohen und niedrigen Stands-Persohnen / zu dero Verkleinerung die Raritäten-Kammern halten / noch deroselben Praefectis, Kunst-Kämmerern / und Aufsehexn zum Praejuditz, wil ich in gebührender modestie mit wenigen nur berühren / und nicht so sehr aus einigem Momus- oder Aristarchus Geiste schreiben / als glimpflich / einem jeden / der von dergleichen Dingen vernünfftig judiciren kan / zu bedencken stellen / ob nicht unterschiedliche augenscheinliche Fehler / oder wie soll ich gelinder reden? ob nicht einige kleine unvermerckteingeschlichene Mancamentgen eben die jenigen seyn / die hin und wieder gnungsam sind zu spühren; Worunter keinesweges verstanden haben wil dieß / daß etwa in einer wol-bestellten Naturalien-Kammer alle / oder die meisten Sorten natürlicher Cörper nothwendig da seyn solten / die in der Welt zu finden; denn dieses kan nicht seyn / und soll auch nicht seyn / oder ist auch nicht nöthig: sonst meritirten Sie nicht den Titul der Raritäten. Sondern ich befinde etliche andere / vielleicht wichtigere / Dinge in den meisten Naturalien Gemächern zu desidereren / die uhrsprünglich hafften theils an Seiten des ???rren / der eine dergleichen Kammer besitzt; theils an seit des Pr???fecti, oder der jenigen Persohn / zu dero Verwahrung / Auffsicht / und Disposirion das gantze Gemach anbefohlen ist; und theils an Seiten des Logiments an sich selbst / mit denen darin-enthaltenen Dingen. §. 4. Denn was unter den Besitzern / vorauß fürnehmer Naturalien-Kammern / so wol Fürsten und Herren / als sonsten auch anderer / dergleichen Dinge Liebhaber / von Privat Stande betrifft; so sind Sie beyderseits zwar wegen Ihrer Curiosität und Beliebung / allerhand ungemeine Dinge zusammen zu [12] bringen / gar sehr zu loben; es schleiget aber gemeiniglich bey Ihnen / nebenst der innerlichen Gemüths-Freude hierob / eine kleine Unmässigung einer / wiewol unsträfflichen / Ehrsucht gar zeitig ein / so / daß nach erhaltenem scheinbaren Anfang / solch ihr Vernunfft-Cabinet mit Raritäten außzuziehren / alles nicht eben auffs aller genaueste sortiren / und gewissen dazu-gehörigen mehrern Cörpern / ins künfftige ihren Ort so lange ledig lassen / sondern von gegenwärtigen Dingen alsofort eine- und andere Repositoria erfüllen / hiemit das Auge nur mag erfüllet werden. Und wann dann hernach mehr Sachen hin und wieder dazwischen gesetzt / und / zu Behaltung guter Physicalischer Ordnung / die übrigen Sachen alle zugleich / 1. 2. 3. und mehr / ja wol 10. oder 100. Mahl umbgesetzt / und wieder umbgesetzt werden sollen; So erwächset dann mehr und mehr / mit zunchmender Anzahl der Dinge / auch der Verdruß und Abscheu vor der Müh / dergleichen Umbsetzungen zu wiederholen. Und was derohalben von mehren Cörpern nachgehends hinein gekaufft oder verehret wird / dasselbige setzt oder hängt man alsdann oben / unten / oder an die Seiten / so gut und wohin man kan / es sey ein Fisch / oder ein frembdes See-Gewächs; ein außländischer Vogel / oder Corrallen-Strauch; oder sonst was es wil. Denen giebt man denn eine Stelle / nicht nach dem Rigor der Phisicalischen Wissenschafft / sondern nach Erträglichkeit des Orths: welches Ich unvorgreifflich die erste Staffel zur Confusion und künfftiger mehr und mehrer Unordnung nenne. Welchem Unheil / welcher Gestalt vorgebauet werden könne / wird gegen Anfang des folgenden Capitels gemeldet werden. §. 5. Hernach auch so wird einem jeden zwar billich frey gelassen / ob Er das jenige / was Er am meisten Kostbahr hält / in einem absonderlichen kleinern Schranck / binnen der Raritäten-Kammer / verschlüsen / und den Schlüssel dazu vor sich allein behalten wolle: allein ein accurater Philosophus giebt darauf nicht achtung / was dieß und jenes koste; sondern zu beybehaltung gutter Ordnung / sortiret ein jedes zu seiner Arth / und zum Exempel / legt nicht eine köstliche Perle zu einem Bezdar-Stein / des vorwendens / daß beyde kostbahr seyn: sondern läßt jene beym Muschel- und Schnecken- werck / diesen aber bey denen unterschiedenen Arthen / Gliedern / und Excrementen vierfüssiger Thiere- davon er genommen / bleiben. §. 6. An Seiten der Kunst oder Naturalien-Kämmerer / oder derer Persohnen / die zu sorgfältiger Verwahrung dergleichen Gemächer / von Jhrer Obrigkeit beeydigt / (niemanden jedoch zum Praejudiz zu schreiben) finden sich bißweilen wol diese Mancamente / daß Sie zwar hurtig- und wackergelehrte Leuthe / in Stupio Historico, und Aniquitäten / Re Nummariâ, ac Vestiariâ veterum, Philologiâ, Mathesi, Linguis, ac Eloquentiâ, oder dergleichen seyn / hingegen von Physico-technicis Rebus, und heutiges Tages vorauß eifrigst allenthalben getriebenem Studio Experimentali, keinen / oder nur mittelmässigen Staat machen / dieweil Sie von Jugend auf / oder durch andere Gelegenheit / nicht dahin geführet; vielweniger Jhnen selbst die Mühe nehmen / bald dieß bald jenes mit einiger Hand zu zeichnen / zu projectiren / ins Klein- oder Große zu bringen / zu schleiffen / ätzen drehen / hämmern / schmältzen / löthen / treiben / bilden / schnitzen / hobeln / polieren / solviren / reinigen / coaguliren / hefften / bohren / pressen / und dergleichen / nachdem es bald die / bald eine andere Beschaffenheit / bald dieses bald jenes natürlichen Cörpers erfordert / so anders alles soll neet / bequem / und schön in richtiger Ordnung stehen. §. 7. Absonderlich aber ist dieß / auf Philosophisch zu reden / ein betrübter Handel / daß an einigen Orthen nicht so wol gelehrten Leuthen / als Kunstdrehern und Uhrmachern / die Schlüssel zu Raritäten-Gemächern / und derer Inspection, anvertrauet werden. Weßhalben denn so manche schöne Naturäl-Sachen / zwar wohl in einigen unterschiednen Schränck- und Fächern / jedoch in seltzamer Confusion da liegen / ja guten theils aus Nachlässigkeit zerstreuet / zerbrochen / und zernichtet werden / dieweil die gutten Leuthe auf Sachen Jhrer Kunst und Handwercks sich gut genung verstehen; in gründlichen Wissenschafften aber gemeiniglich das wenigste oder ???o. §. 8. Und noch viel beschwerlicher ists / wenn die / denen Rarität-Gemächern vorgesetzte Persohnen / nicht gnungsam salarirt, und dahero theils zu schläffriger Sorgfalt veranlasset / theils gar andere Neben-Dinge zu tractiren / Jhr Außkommen auf mancherley Arth und Umbwege zu suchen / und solcher Gestalt zu so viel mehrer Distraction des Gemüths genöthiget werden: welches einer guten Disposition in curiösen Musèis eben so grossen Nachtheil bringet / als an gutt- und fleissiger Bereitung bewehrter Medicamenten sonst in Städten bißweillen geringen Vortheil gibt / wenn die Apothecker sich selbst der Krancken Cur unternehmen / ad Consulares Honores adspiriren, in Wein Korn-Vieh-Holtz oder andere Handelungen und Monopolia sich vertieffen / und fleissiger in Jhrem Contoer, Wein-Keller / Korn-Boden / und ausser des Hauses / als etwan in Jhrer Offcin sich finden lassen; worüber [13] Lissetus Benancius, (de Fraud. & Pharmacop. p. 29.) in Franckreich klaget. Und dieses so fern von Mancamenten vieler Rarität-Zimmer / an Seiten der Persohnen. §. 9. Uber dieses ist auch an dem Gebäude oder an dem Conclavi selbst zur Zeit ein Mangel / in dem es entweder nicht lichte / gesund / rein / dichte und trucken genung situirt, oder voraus so wohl für die ankommende Beschauer und andere / zum auf- und ab-spatzieren / als für die Raritäten selbst / und ihren Apparat-zu enge. §. 10. Und endlich / mehr-gedachte Karitäten / und Naturäl-Sachen selbst betreffend; Gestalt auch an allen andern Umbständen kein Mangel nicht vorginge / so gehet doch unter Jhnen aus eigener Natur / nach Unterscheid des Alters / schattenhafften / oder der Sonnen unterworffenem Lager / Staub / Hitz- und Kälte / Trocken und Feuchtigkeit / und andern Veränderungen der Lufft / so mancherley Veränderungen vor; zu geschweigen der Würme / Mäuse / Motten / Spinn- und Fliegen / daß ein sorgfältiger Kunst- Kämmerer / wenn Er sonst nichts anders zu thun hätte / und Jhm den Wohlstand Seiner anvertrauten Dinge von Hertzen will angelegen lassen seyn / wochentlich / ja bißweilen täglich / gnungsam zu thun / und zum öfftersten ein wachendes Auge darauff zu haben / findet.

Das VII. Capitel.
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Wie dann den fürnehmsten Hindernüssen zu begegnen / und (Eine Naturalien-Kammer recht anzulegen) für erst mit den Artificialibus zu verfahren sey?

§. 1.
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Abbildung MElcher Gestalt nun so wol angeregten / als andern disordren, in Promtua riis Naturae, zu remediren / und dergleichen Cabinet oder weitläufftigere Enthältnüß aufs genauest-zirlichst- Unvernunfft - mäßigste / als müglich / zu disponiren seyen; so ist nicht besser / als daß wir in itzt-gebrauchtem Methodo fortfahren / und die unterschiedene Hülff-Mittel und Conditionen / die von wol- disponirten Museis erfodert werden / wiederumb inunterschiedliche Punct abtheilen / unter welchen der Erste / sich auf die Persohn des Besitzers beziehet; der andere auf den Praefectum oder dem die Schlüssel und Kammer anvertrauet sind; der Dritre auf das Cabinet oder die Kammer selbst; und dann der Vierdte auf die Natürlichenraren Sachen / die darinn verwahret werden. §. 2. Von Seiten des Besitzers wird erfodert / daß Er mit dero gleichen raren Dingen fürnehmlich Gottes Ehre / alsdann den Nutz des Nechsten / und gutter Künste - Beföderung / und endlich hernach Seinen eigenen Ruhm / Splendor und Ehre suche; nicht aber aus diesen dreyen vom letzten den Anfang mache: und also weder Sich übereile / ein noch viel- zu-unvollkommenes Werck jedermans Augen vorzustellen / als wodurch nur / wie im vorigen Capitel erwehnt / ein großer Grund-Stein zu erfolgenden vielen Confusionen geleget wird; noch auch zu schläffrig darinnen sey / und gar zu genau / so wol ein erkleckliches Deputat zu Beyschaffung der Dinge / mit allem dazu-gehörigen Vorrath als genungsahme Salaria den praefectis und Jhren Handlangern / wie nicht minder auch etwas zu Unterhaltung curiöser Correspondentz, zu constituiren. §. 3. Von Seiten des Praefecti ist / zu Erbauung der Wissenschafften / nützlich / daß Ernedenst dem hertz- und Ernstlichem Vorsaz / der Kammer aufs fleissigste vorzustehen / sey ein Gelehrter / und nicht ein Uhrmacher / Dräher / oder andere Künstler und Handwercks-Mann: oder auch / was die Gelährten betrifft / sey keinem gewissen Particular-Studio allein ergeben; sondern der / wo nicht in Omni Scibili gnungsam versirt, doch in den meisten / voraus Materialdisciplien oder andere / einiger Polymathie / Pantasophie / oder Encyclopaedie mehr-Erfahrne / bißweilen consulire / und gleiches Fusses alsdann nebenst dem heutiges Tages hochsteigenden Physico - Mathematischen Experimental Studio, absonderlich auch zu Technicis, Mechanicis, und andern dergleichen Handübungen / darunter am allernöthigsten das Mahlen / Zeichnen / Proportioniren / und Gebrauch des Circkels / des Lineals / und verjüngenden Maß-Stabs begriffen / eine außdrückliche Inclination trage: dergleichen Dinge Ich davor halte / daß Sie zu einer viel werthern Perfection des Gemüthes dienen / als selbe aus der Eitelkeit etlicher Italiänisch- und Frantzösischer Wörther / in Conversation mit andern / suchen. §. 4. Nachgehends / so ist solcher gestalt dann nöthig / daß Er / ehe und bevor Er die Natürliche außerlesene Cörper / in Schränck und Repositoria aufsetze / im Kopff herum trage / und zu Papier projectire ein General- und in physicâ elegantiori wol-gegründete Disposition des gantzen Werckes; da nicht allem die jeni [14] gen Dinge / die würcklich zugegen seyn: sondern auch andere künfftige hinein gesetzet werden. Welchen letztern imutittels gut ist / hin und wieder einen ledigen Raum zu lassen / hiemit um eines oder zweyer neu-ankommender Stücke willen / das gantze Werck nicht allezeit umgesetzt / und von Fach zu Fach geändert werden darff: oder die gegenwärtige Dinge anfangs was weitläufftiger von einander zu setzë: so kan das / was ferner darzu kommt / ohn alle Müh fein artig an seinen gehörigen Ort dazwischen gethan / und nur etliche / die ihm zur Rechten und Lincken die nächsten / ein wenig fortgerücket werden. §. 5. Aus respect des Zimmers oder Kammer-fält dieses zu bedencken: (1) Das es fein geraum / und so wol für ankommende frembde Personen zum hin- und wiedergehen / als auch für eine viereckigte lange Taffel / langhin in die mitten zu setzen bequäm; oben gewölbt / und nicht getäffelt; ringsum gemauret / und nirgend bemahlt / es seye dann nur am obersten Mittelstein / und daran gehenden Regeln des Gewölbes; unten mit Reguliren Marmorsteinern gepflastert; und im übrigen genugsam für Mäusen / Ratten / Katzen / einnistelnden Schwalben / einbrechenden Dieben / Wind / Staub / Platzregen und Feuers-Gefahr verwahret; wol (doch nicht übermäßig) mir Fenstern versehen und lichte: wie sonst auch von gesunder / reiner und trockener Lufft; und nach Erträglichkeit des Gebäudes / gegen Süd-osten fürnehmlich / oder zum wenigsten gegen Süd-Westen / keines weges ader gegë Norden situirt. §. 6 (2) Das Natural-Sachen / als das Principaliste / darinnen mit allerhand Artificial-Dingen nicht überhäuffet werden: sondern gleich wie allenthalben Bibliotheken / mit denen dazugehärigen Kupffer-stücken / Land- und Seekarten / Frembd und unterschiedener Arten Papier / von Seiden / Bast / Rohr und dergleichen / nahe bey Kunst-Kammern constituirt, und also besonders zu finden: So muß auch in Naturalien-Musèis selbst / an Artificial Sachen / die etwan aus Europa, aus Ost- und West- Indien zusammen gebracht / kein Uberfluß nicht seyn / und entweder dergleichen Dinge gantz außgelassen / und in absondere Gemächer gethan / oder die Sachen mehr Ratione Materiae, als Ratione Artificii ac Usus, zu andern Natural-Sachen sortirt / oder / wo gieichwol in einem absonderlichen Schranck und Ort unterschiedliche Artificialia gethan / und in einem special Catalogo registiret / ihre Materie jedoch / daraus Sie fürnehmlich gemacht / den Haupt Catalogo der gantzen Neturalien-Kammer einverleibt / und mit den übrigen pur-Naturalien-Cörpern / nach physicalischer Ordnung reducirt, und als so viel außerlesene Objecta einer wol-gegründeten curiösen Technico Mathematischen Experimental-Physike / in richtigster Ordnung / gehalten werden. §. 7. Und unter itzt-erwehnten Artificial Sachen / mit ihren gehörigen Behältnüssen / stehen benahmentlich diese / nebenst schon-erwehnter Bibliothec: (???a.) Ein Antiquarium: dessen ansehnliche Exempel bey den alten Römern wir albereit umbständlich aus Plino (lib. 35. c. 2. und Alex-ab Alexandris, libr. 5. genial. dier. c. 24.) zu nehmen haben. Und kommen heutiges Tages dazu allerhand schöne Gemälde / Monumenta, Inscriptiones, Statuen / Heidnische Brust-Bilder / geschnitzt- und gehauene / oder gegossen / mittel und kleiner grösse Statuen / von Menschen und Vieh / die eigentlich Lateinisch Sigilla (gleichsam so viel / als kleine Signa dòla) genennet werden: Item allerhand Aschen-Töpff / und Trähnen Gläser der Alten; überbliebene Lampen von viel-Jährig-brennenden Lichtern; Strick und Stränge von alten unverbrenlichen Leichen-kleidern / von Amiantho oder Stein-Flachs gemacht; und dergleichen. Fürnehmlich aber / oder nicht minder / allerhand frembde oder sonst verwahrens-würdige alt- und neue Müntzen / Madaglien, und Geprege / von Gold / Silber / Ertz / anderer Materie / die an stat des Metalles je mahls vor Geld gebrauchet worden sind: dergleichen dinge nur allein theils asservirung in gewissen saubern Schräncken und Schub-laden / theils gründliche Wissenschafft und kenrnüß / wackere Historicos, Genealogisten und Philologos erfodert / und in der Hoch-Fürstl. Gottorffischen Bibliotheck daran keinen mangel hat. Wozu auch gezogen werden können seltzame alt- und neue Kleider vielerley Nationë; derer etliche bald im anfang itzt gedachter Gortorffischen Kunst-Kammer der hochderühutte Herr Olearius beschrieben. Wie nicht minder eine absonderliche Dactylothec, oder Behältnis von allerhand Finger-Ringen. (???) Ein Cabinet von vielerley Mathematischen Instrumenten / so woll Musicalischen / als zu allerhand Abmessen und Astronomischer / oder auch Chronodictischen opservirung und andern Sachen dienlich: als da sind groß- und kleine Perspectiven / Micriscopia, Brenn-Gläser / Prysmata, Polyedra, Mettallen- und Gläserne / platt und runde / erhoben und hohle / Cylindrisch- und kegel-förmige Spiegel / zu vielerley Ergötzligkeit / steh-heng- und lauffende Schlag- und Zeiger-gemein- und Perpenticulir - Uhren; versuchte / doch noch zur Zeit noch nirgend beständig - gaugbahre Mobilia oder Moventia Perpetua, mechanicé constructa; ja der unvergleichliche grosse / vom Wasser getriebene Erd und Himmels Globus, praesentirende gantz artlich die Erde in Convexo, und den Himmel in Concavo mit unterschiedlicher grösse der Sternen / in welchem Globo 9. 10. biß 12. Persohnen stehen / und dieses künstliche Firmament und ihre Köpff und Füsse sich herumb waltzen sehen können / hat allein verdient ein eigenes / in dem Hoch-Fürstli [15] chen Viridario gelegenes Hauß zu kriegen. Und die gleichfals treffliche / vom künstlichem Schraube-werck gemachte ungemeine grosse Sphaera Armillaris Copernicana, die nicht wie andere unbeweglich da stehet / sondern alle motus Planetarum ciraca Solem Hypothesi illi congruos darzeiget / hat gleichfals meritirt, den jenigen von der Kunst-Kammer geschiedenen ansehnlichen Ort auff der Gottorffischen Bibliothec, und ist nicht ohne Verwunderung anzuschauen. [7] Ein Armamentarium oder Rüst-Kammer: Worein gehören so mancherley Wehr und Waffen der alten Römer vnd unserer näheren Vorfahren / oder auch heutiges Tages der Jap???nier / Sineser / Americaner / Lapp- und Grönlander / sc. bestehende in Geschoß / in Handführen / schlexpen / werffen / hauen / stossen / graben / schlagen / splittern / brennen / einzwengen / klemmen / sc. benahmentlich Bogen und Armbrust / Köcher / Worff- und Schoß-Pfeile / Picquen / Schilde / Lantzen / Maurbrecher / Karn / Räder / Schlaudern und Hand Granaten / Schwerdter / Dolche / Degen / Spaden / Schuffeln / Minier-Kasten / Pedarden / Streit-Hämmer / Morgen-Stern / Feuer-Mörser / Mußqueten / Feldschlangen / halb- und gantze Cartaunen / und andere dergleichen hart- lautende Vocales mehr und Consonantes von Metali, mit den Feinden ex Canone zu disputiren; Item Pantzer / Harnisch / Pantelier und Gürtel sc. Wie nicht minder auch unterschiedene Art Ketten-Werck / unaufflößliche Schlößer / und frembde Schlüssel. (???) Ein Technicarchèum oder Technicothecae, von gewissen Kunst-Sachen / geringerer nothwendigkeit: Als da sind / (ad Fusoriam gehörig /) schön- und nett-gegossen oder geschmoltzen- und dann wieder verhärtete Sachen / von Glaß / Metall / Gips- oder Wachs: oder (ad Plasticam, Coelaturam, Tornatoriam, Seriniariam, Texturam gehörig) Curiös-poussirte Wachsbilder / zierliche Gips-Arbeit / hoch und schön-getriebene dinge von Zihn / Ertz und Silber / nebenst Trinck- und anderen Geschirren von vielerley gesiegelter Erde / Porcellain, Crystall / Achat / und Lasur-Stein / wie auch von außländischem Fenchel- und Campher-Holtz / Elffenbein / Wallroß-Zähnen / Nasen- und Einhorn / und dergleichen???künstlich-gedrehete / regulier- und irregulire Sachen / von itz-erwehntem und andern Holtz / Bein und Hörnern / wie auch von Silber und Agtstein / ja auch von Glase; köstliche Kästlein und Laden / von Cypressen und Ebenholtz / schlecht / oder auch eingelegt mit subtilen allerhand Farben Holtz / Stroh außländischer Vogel-Federn / Bluhmen-Blättern / Schild-Krött / Stein-werck und Perlen-Mutter; oder auch Windmühlen / und andere kleine proportionirte structuren / innerhalb Gläser eines engen Halses / künstlich zusammen gesetzt; wie auch wunder-künstlich und gleichsam gemahlte / treffliche Gewebe / gewirckt-gestickt- oder genehenete Sachen / von Seide / Wolle / Haaren / Drat / fäsichten Wurtzeln / Magney, Seehund-Därmen / sc. oder (ad Matoeotechnicam gehörig) gantze Gestöck von allerkleinesten Schachtelgen / Leffel und Becher in einem Kirsch-Kern / weitläufftige gantze Schrifften / die ein eintzig Pfeffer-Korn bedeckt / Pferd und Reuter / die unzerbrochen durch ein Nadel-öhr gelassen werden können / güldene Flöh- Ketten / und dergleichen. §. 8. Denen aber gar viel weiter an Würden vorgehen / und einen mässigen Raum in Naturalien-Kammern / für allen andern mit bestem Recht finden können / etliche zwar wenige / aber desto rarere Chymische Kunst-Sachen / die voraus eine lange zeit unverderblich sind; als etliche Oehle und Balsam / Saltze / Tincturen / oder steiffere und trocknere Mixturen / Arcana, Electra Metallica, transmutirte Metallen / und calcinirte dinge: zu welchen letztern vornemlich gehört der sogenante Phosphorus Bononiensis, oder sonderbahre Art von einem Kisel-stein / der in diesem Seculo zu Bononien gefunden / und biß auff ein gewiß Tempo calcinirt / und alßdann bey Tage den Sonnen-Strahlen entgegen gejetzt / nicht allein dieselbigen / als in einen Schwamm begierig eintrinckt / sondern auch eine zeitlang beständig erhält / und nachgehends im finstern als ein faulglimmend Holtz darzeiget: dessen Ursachen zu ergründen / sich zwar viel wackere Leuthe bluth-sauer werden lassen / und unter diesen vorauß Licetus zu Padua einen gantzen Tractat geschrieben; aber er siehet darinn durch das dicke Brillen-Glaß der Peripatetischen Philosophie: Und niemand von allen den andern hat näher zum Ziehl geschossen / als Mazotta, ein Pater zu Bononien / in seiner dreyfachen Philosophie: Von welcher Materia aber was ists nöthig / viel fernern Redens machen?
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Das VIII. Capilel.
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Dann und absonderlich / von Natural-Sachen und Raritäten recht zu disponiren.

§. 1.
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NAchdem nun zur gnüge erzehlt / wie nahe- oder ferne allerhand durch Kunst gemachte Dinge zwar einen absonderlichen Ort verdienen / doch aber / und fürnemlich / Ratione Materiae dem Universal- Naturalien-Register einzuverleiben seyn; so kommt nun erst recht zu dencken / welcher gestalt eine so viel bessere Manier nahinhafftig gemachet werde / als ohnmühsam Ich biß anher vermeinet / fast alle Kunst-Kammer - Dispositiones der Welt zu straffen. §. 2. Und bedencke ich mich derhalben nicht / frey herauß zu bekennen / was ich meine / und davor halte / das etliche Rariteten-behältnüsse zwar scheinen / in ziemlicher Ordnung zu stehen / und die scheinbahre eintheilung der natürlichen Cörper in Mineralia oder Vossilia, Vegetabilia, und Animalia zu führen: aber / zu geschweigen / daß vielleicht wol noch andere Exempel sind / die bey uns noch eine vierte und mehre consideration erwecken: So ists nicht mit außgerichtet / bey so einer Summarischen eintheilung zu verbleiben / und hernach der einfältigen Alphabetischen Ordnung sich zu bedienen: sondern man muß weiter dran. Und obs gleich niemand unter allen andern Autoren / in fernerer eintheilung der dinge / dem berühmten Olao Wormio (in seinem Musèo es entweder zuvor / oder zugleich gethan: So sind doch viel herrlich- und nötige Subdivisiones oder fernere Special-eintheilgungen der dinge von Jhm noch unberührt geblieben / voraus des Muschel- und Schnecken-Wercks / davon die Autores, sie seyn auch wer sie wollen / über alle massen leicht und flüchtig mit dem Fleder-Wisch drüber her gefahren / und sich in Special-eintheilungen nicht zu vertieffen getraut / weil sie eine grosse weitläufftigkeit dabey gemercket / oder auch ihrer Dignität ungemäß zu seyn erachtet / sich umb so mancherley von der See außgeworffene leere Schnecken - häuser und Muscheln so bekümmern / die kein Brodt ins Hauß bringen / gleichsam als ob uns schimpfflich sey / das jenige sorgfältig zu betrachten / was GOtt der HERR selbst Jhme nicht disreputirlich gehalten / nebst andern Ereaturen der Welt zu schaffen; oder die wahre Philosophie praecisé an das Teusffels-Geld und Sorgen der Nahrung gebunden sey. §. 3. Diesem nach getraue ich Mir hiemit gantz steiff und fest / und ohne Ruhmrätigkeit / wie auch ohne Maßgebung / gelehrter Welt nechstkünfftig darzustellen / welcher gestalt die Wissenschafft von Natürlichen dingen / oder einiger Versuch / von derselben etwas zu schreiben / gantz mit andern Handen / nach dem Geist des heutigen Experimental-Seculi angegriffen werden muß / als etwa bißanherigen Liebhabern gemeiner Aristotelischer / Plinianischer / und anderer vollendseinfältiger Legenden möchte erträglich fallen. Allein mich klärer hier schon heraus zulassen / versaget der enge Raum des Papiers und die kürtze der Zeit. §. 4. Und wil kürtzlich vielmehr nur von diesem melden / weil so mancherley Cörper in Naturalien-Kammern / an Grösse / Figur / Sorten und Ankunfft seyn / wie dann wol zu verfahren / das alles zugleich im ersten Anblick Venerabel und prächtig scheine / wozu gantze Crocodiel / ungeheure grosse Schild-Padden / außgestopffte weiß und graue Bären / Schwerdt- und andere Fische / schröckliche Rochen / getrocknete junge Walfische / Carcharias-Hunde / Aegyptische Mumien sc. Das Jhrige contribuiren; Und gleichwol der geheimen Physikalischen Disposition innerhald dero viel engeren Fächer / keine gewalt geschehe / gestalt sonsten das gantze Logiment seinen Splendor und Gratie verlieren würde? So dient zu wissen / und niemand hat mir hiezu den Weg gewiesen / daß zu dieser Axt ein Stiel folgender gestalt zu machen sey. §. 5. Erstlich ist klar genung und sonder zweiffel / das Cörper / die etwas groß / ausser den Repositoriis muß ein Orth gegeben werden: Ich vermeine aber / auß Liebe richtiger Philosophie und Ordnung / nützlich zu seyn / nicht allein derer Namen und Numer an gehörigen Ort des Universal Catologi zu zeichnen: Sondern auch in die Repositoria selbst / ein nach verjüngtem Maß-stab gezeichnetes kleines Conterfait in die jenige stellen zusetzen / wohin das grössere Orginal / der Physicalischen Ordnung nach / gehöret. §. 6. Zum andern ist mir auch dieses gar wo??? bekant / das fleissige Kunß-Kämmer er hin und wieder die ausser den Repositoriis befindliche etwas grosse Cörper / rings umb / und an der Decke oder Gewölbe sofern annehmlich genung und wol disponiren daß sie einen unterscheid der grösse der Cörper haltende / gleichsam staffelweise / oder als wie die Orgelpfeiffen stehen / allezeit die grössern und grössern / biß zu den grösten / und rückwarts wieder herab / nach einander fügen / und [17] in solcher Proportion, wo sichs thun läst / eine Wand der andern gleichmässig correspondiren lassen. Aber ich finde auch hier sehr schöne Fehler / weil ich gemeiniglich sehe / daß sie zwar die auff- und-absteigende Differentz der Grössen / nicht aber zugleich auch den Unterscheid der Natur-Geschlechter / oder Arthen der Dinge / welches am allernötigsten wäre / beobachten / in eben derselben Reyhe / bißweilen ein Armadill neben einem Strauß-Ey / eine Coccos Nuß neben einem stemern Schwam / oder ein Paradieß-Vogel neben dem Fisch Remorâ, und was anderen ist zu finden. Worüber ich an denen Orthen / die den Nahmen einer berühmbten Gallerie führen / und diesen Umbstand gar wol verbessert haben könten / an meinem Gesichte mich nicht viel minder offendirt befinde / als wenn jemand ein glüend Messer in meinen Augen herum spatzieren liesse. Welchen: Ubel aber gar leicht zu remediren / wenn man nur alle grössere Cörper zu erst sortirte / dann über das Repositorium, wo kleine Mineralia sind / auch grössere Mineralia, und wo Vegetabilia &c. auch Vegetabilia &c. nach Orgel-Pfeiffen-Manier verfügte. Mich nimt zum höchsten Wunder daß biß dato noch niemand sonst an diese elende Invention gedacht. Je schlechter sie aber ist je mehr sind andere überzeuget / daßsie den rechtten Weg einer richtigen Kammer-Disposition nicht genug verstanden / oder vielleicht / sie zu vollführen / nicht gnungsamen Raum gehabt. §. 7. Zum dritten und absonderlich / den in den Repositoriis befindliche kleinere Sachen betreffend / welche Repositoria an etlichen Orten bloß und offen gelassen / oder an andern mitgefensterten Thüren / vor Staub und Rauberey verwahrer werden; So hat solches so fern zwar seine geweiste Wege; wenn aber / bey täglich anwachsender Zahl / die Species, beständiger Physicalischer Ordnung wegen / zum öfftersten hin und her zu rücken seyn / so pfleget nicht allein mehr und mehr Unlust aus dem vielen umsetzen zu erwachsen: sondern es kommt auch dieses dazu / daß manchvoraus kleineres / und in vielen Exemplarien bestehendes Ding / wird verworffen / zerbrochen / zerdrückt / oder mit andern consundirt. Denn entgegen dencken manche / Sie haben einen schönen Fund gethan / daß Sie grosse / lange / unten niedrig- und oben etwas erhöhete / von dem Schreiner in viel kleine Fächer und quadrat-spacia emgetheilte öffene Kasten / als wie manche Gärtner zu ihren Garten-Saamen haben / gebrauchen. Aber zu geschweigen / daß Ich mehrmahls mit Verdruß gesehen / daß offt 2. 3. Und mehrerley Species in ein Fach / von kleinen Dingen / gethan: versiret hierunter sonderlich diese Beschwerlichkeit / daß wenn schon alle Fächer in so einem-Kasten voll und hernach noch eine andere Species, Merhodo Physica da-zwischen ist zu bringen / so muß es entweder mit einerley cunfundirt, oder alle / auf diese Speciem folgende Species von Fach zu Fach aus ihren Winckeln heraus geklaubet werden §. 8. Derhalben beliebt mir vor mich diese Phantasie / daß ich zu meinen Scriniolis, und denen darin-befindlichen kleinen Cörpern / so viel deren Species sind / so viel kleine offene Abbildung Schublädgen von Blech / und mit öhl-farbe vermahlet / oder deren Boden von Pappe / und die vier Wände herumb / von dünnem Führnen oder Cypressen Holtz lasse machen / einen Zoll [18] hoch / 2. 3. oder 4. Zoll breit / und 3. 4. oder 5. Zoll lang / nach Unterscheid der Dinge / (gnung / daß Sie alle einerley Höhe haben / und in Repositoriis vorwarts als nach der Schnure stehen) und richte darinn eines von den besten Exemplaren der Specici auf / die andern meistentheils zu boden legend; Aeusserlich aber füge Ich ein Zettelgen an / mit Auf-Schreibung des Nahmens / wie aus gegenwärtiger Figur bezeichnet mit diesen Worten / Coralium Rubrum Fruticescens, ist zu sehen. §. 9. Solcher Gestalt haben wir zweyerley Vortheil: erstlich kan ein jeder Ankömmling / ohne viele Dolmetschung / von selbsten sich wegen der meisten Dinge informirt befinden. Und fürs ander / als solche Scatulae nicht zu compress, sondern in mäßiger distantz von einander gesetzet werden / kan allezeit gantz bequem eine neue Scatula mit ankommender neuer Specie, da-zwischen gesetzt / und etliche benachbahrte nur ein klein-wenig näher zusammen gerücket werden. §. 10. Wenn manche Exemplaria der Specierum gar zu klein / also / daß sie den obersten Rand der Schachtel kaum erreichen: und dennoch die Species soll frey gesehen werden; So brauche man diesen Vortheil: Entweder man fülle die Schachteln mit Sand / oder man formiere ein vierkantiges / in die voderste halbe Schachtel passendes Stücke feinen Thons (Argillae) oder Wachs / und setze das Exemplar entweder bloß und aufgerichtet darein / oder wenn sie als Böhmische Diamanten / geschliffene Nordische Crystallen / oder / seltzam-gebildete Orientalische Perlen / noch zu klein / thue man dieselbige in ein subtil Confection-Gläßgen / binde es zu / setze es in die Schachtel / und schreibe vorwarts / wie vorhin gezeigt / den Nahmen dran / so ist die Sache richtig. §. 11. Und gleich wie in dem Universal Catalogo es nöthig / die Species nicht nach dem Alphabeth, sondern Methodicè, nach ihrer Natur in richtige Classes ein zutheilen / anfangende von Corporibus Meteoricis, und fortfahrende ad Terras, Salia, Sali. Sulfura, Sulfura simpliciora & Bitumina, Lapides primarios, & Petrefacta, Metalla, Metallica, & Metallis affinia, indeque ad Arbusculas & Herbas, Plantarumque Radices, Cortices, Ligna Ramos, & Germina, Folia Flores, Semina & Fructus, Succos, & Recrementa, biß man kommt ad Hominem Ipsum & Bruta, ac ut trorumque Partes, & partium Recrementa; porro autem ad Corpora quoque Difformia, videlicet Lapidie lantas, vel Plant. Animalia &c: Also ist auch nützlich / und dienet sehr / so wol zur Information der Frembden / als allezeit frischer Erinnerung des Praefecti, eben dieselbigen Titulos, singulis Specierum Classibus voran zusetzen / geschrieben auff ein Papier; und dieses vorangeleimet auf die eine Seite eines länglichen / 1. Zoll-hohen / und fein glatt-behobelten Stücklein Holtzes / wie gleich falls aus beygefügtem Schemate, cum Titulo de Petrefactis, zu sehen. Abbildung §. 12. Und zu itzt-erwehnten Animalibus gehörten zwar auch nun etliche rare Lebendige Thiere: Aber die würden eine Raritäten-Kammer gar schlecht zurichten. Item außländische Bäume- und Kräuter gehörten auch darein; aber wer will oder kan aus einem beschlossenen Cabinet endlichen gar eine Land-schafft machen. §. 13. Deßwegen ist dieses noch letzlich zu mercken übrig / daß lebende Thiere zwar am allerbequämsten in grosse Thier-Gärten / Vivariis und Heldern / wie auch groß und kleine frembde Gewächs in wol-angelegten Lust-Gärten und Pomerantzen-Häussern erhalten werden: es stünde aber einen Kunst-Kämmerer nicht übel an / zu Perfectionirung Natürlicher Wissenschafft / und zu Completirung Seines Universal Catalogi, alles dergleichen demselbigen einzuverleiben / und beynebenst auff Unkosten der Obrigkeit / Ein groß Raritäten-Buch / da alle Ihm bewuste Raritäten der Welt / in der aller accuratesten NB. NB. NB. Ordnung / mit Wasser-Farben / in natürlicher Grösse und Colör / oder / wo die Cörper zu groß / nach dem verjüngten Maaß=Stab gemahlt / in groß Folio zu verschaffen / mit da zwischen-gefügten Beschreibungen / nicht allein wie alles heisse / was es seye / und wohin es nach Hause gehöre / &c. sondern zugleich und fürnehmlich auch / seiner inneren Qualitäten nach / und fürnehmsten glaubwürdigen Fxperimenten / die jemahls / und in diesem Seculo voraus / in Teutschland Italien / Franckreich / Dennemarck / Holl- und Engeland / &c. in Physico-Mathematico-Sechnicis, zu nützlicher Kundschafft kommen.
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§. 14. Ich lebe gesichert / daß solches ein Bibliotheken-würdiges Werck würde seyn: mit dessen süsser Einbildung aber Ich mich gar gern vergnüge / und in dem großen Buche der Welt / so gut Ich vermag / mich ergötzend / mit David spreche: HERR unser Herscher / Wie herrlich ist dein Nahm in allen Landen! Wie sind deine Wercke so groß und viel! Dn hast sie alle weißlich geordnet: und die Erde ist voll deiner Gütte: Wer Ihrer achtet / Der hat eitel Lust daran. Anhang. DB nun schon bey itzt-heraußgegebenem Praeliminar-Discurs oder Unvorgreifflichem Bedencken von Kunst- und Naturalien-Kammern ins gemein / es sein gnungsames Verbleiben haben könte / und also ad Specialiora zu gehen / keine Nothwendigkeit nicht wäre: So habe ich doch vor nützlich erachtet / den günstigen Leser (1.) Von denjenigen Partheyen / da in folgenden Tractätlein gehandelt werden soll / zu einem kleinen Vorschmack / einen kurtzen Catalogum dero mir-bekanten Conclavium, Schräncke und anderer Behältnüsse von Natural-Sachen / darzustellen / hiemit Er summarischer Weise weiß / wessen Er sich nechst-künfftig zu versehen / und Gelegenheit daraus nehmen mag / was Ihm noch mehr von dergleichen Dingen hewust / so wol an Kammern / als Raritäten selbst; wie ich gantz fleissig bitte / zu communiciren. (2.) Vermöge der obigen Dedication, bin absonderlich Hn. DPfenningen den Abdruck des Altenburgischen dreyfachen Rosen-Königs schuldig: Und (3.) Herrn Krahmern mein Bedencken von dero mir übersendeten Brasilianischen Frucht / Kavitz genant / die Ich wenig anders / als vor Mucuna, die George Marggrav beschreibet / halte. Folget derowegen kürtzlich hiemit der am Monath Julio schon in Quarto von Mir herauß-gegebene / und nun hin und wieder vermehrte. I. CATALOGUS. Oder Index Alphabeticus, (Juxta Situs Locorum dein aliter disponendus) deutende auff uhr-alt- und neue / groß- und kleine / voll-kommen oder erst angefangene / mir-bekante / Kunst-Antiquitäten-Schatz- und fürnehmlich Naturalien-Kammern / Conclavia, Musea, Repositoria, oderauch nur kleinere Scrinia. Rerum Naturalium Selectiorum, bey Ansehnlichen Stands- und Privat-Persohnen inn- und außerhalb Europae. Agra in Indien. Der große Mogol. Altorff. D. Mauritius Hoffman. Amsterdam. N. Blaeu. N. Bruyn. N. Colbius. Joh. Port. Georg Reinst. N. Rulters. D. Schwammerdamm. N. Volker. Arle / oder Aquae Sextiae. Peireskius. Augspurg. D. Georg. Hieronymus Velschius. Basel. Remigius Feschius. D. Platerus. Berlin. Churfürstl. Durchl. zu Brandenb. Bevensen im Lüneburgschen. Sigism. Schellhammer. Bononien. Ulysses Aldrovandus. N: Vintimiglia. Breßlau. Joh. Kretschmar.
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D. Laurea, und nach Ihm die Volgnadii, Gebrüder. D. Laurentius Scholtzius, und nach ihm N. Kalenberger / und nach diesem N. Crusius. D. Philipp. Jacobus Schsius, Bourdeaux. N. Raemundus. Brüssel. Die Jesuiten. Cölln. Herr von Fürstenberg. Constantinopel. Käyser. Jbrahim Bassa. Cusco in Peru. Inga / König. Dantzig. N. Breynius. N. de Noyens. Darmstadt. Landgraff von Hessen. Delpht. D. Dacket. D. Gravesande. D. von der Meer. Le Revier. Dresden. Churfürstl. Durchl. von Sachsen. Enkhüsen. D. Paludanus. Florentz. Groß-Hertzog. Franckfurth am Mayn. D. Horstius. Friedrichstadt. N. Ovenii Socer. Geißlingen. Joh: Ludwig Guetius. Genua. Edel-Lenthe. Gotha. Hertzog Ernst. Durchl. M. Reyher. Gottdorff. Hertz. Christian-Albrecht / Durchl. Haag. N. Nieropius. Johann Schellhammer. Hall in Sachsen. Fürst Albrecht. Laurentius Hofmannus. Hamburg. D. Fogel. D. Hußwedel / nachgehends in Schweden. Johann Mossauer. David Schellhammer. N. Sivers. D. Otto Sperling. Hanau. Graff Friedrich Casimir Harburg. Partold de Longon Hildesheim. D. Friedrich Lachmund Jena. D. Rolfinck D. Wedel Jerusalem. König Hiskias Inspruck. Ertzhertzogen von Oesterreich Kiel. J. D. M. Koppenhagen. Königl. Majestät. C. Thomas Bartholinus. Herr N. Charisius D. Henrich Fuiren D. Olaus Wormius Sassen Lauenburg Hertzogen daselbst Leipzig N. Bosius Bürgemeister Lorentz N. Meyer D. Elias Sigism: Reinhard Leyden Anatomie-Kammer. D. Johann Horn N. Knolter Medicinalischen Gartens Ambulacrum Londen. Königliche Societät Johann Tradesco Lübeck. Doctor NN Lyon. N. Serviel Magdeburg Herr Otto de Gvericke Malta Johann Franciscus Habela Mantua Fürsten Gonzagae Meyland. Manfredus Septata Meßina D. Petrus Castellus Mexico König Monzuma Mompelier N. C astellanus Jubertus München Ehur. Fürstl. durchl zu Bayern Neapolis N. Caraffa N. Cioffi Donatus, Eremit Ferrandes Imperatu???
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Königl. Stadthalter N. Scipani Nürmberg D. Mich: Rupert Besler Herr Dilher D. Hillinger Raths-Bibliothec Padua N. Bonavidius Bruzi N. Corradinus Sala Speronius S. Sertorius Ursatus Parieß Guil. Musicus Pretesegle Cardinal Richelieu Pictou N. Coutantus Pisa Medicinische Facultät Prag Kay. und Könige in Böhmen Rudolphus I Churf. zu Sachsë Pratolin Groß Hertzog von Florentz Puna in Peru Inga, König Quedlinburg N. Homburg Rom N. Aldinus N. Angelonus Kayser Augustus Barberini Barberini Burghesii Fürst Federicus Caesius Fabius Columna N. Corvinus Fabricius Christianus Farnesii N. Gualdi N. Guilandinus Athanasius Kircher Es soll auch Paul Boccon in seinen Observationibus de Reb: Nat: unterschiedliche Muséa erzehlen: welches Buch mir aber noch nicht zu Gesicht kommen. Und schweige / was hin und wider bep Materialisten und Apotheckern von Ratitäten in unterschiedener abundantz zu finden. Item Forgesio, einem Engeländer habe Ludovisii Maffaei Matthaei Franciscus Peregrinus Asinius Pollio Cassianus à Puteo Wilhelm Riva Schweinfurth D. Bausehius Stetin M. Rango Straßburg Baar-Füsser-Closter Münster Stuttgard Fürst-Würtembergi Durchl. Venedig Foscarini N. Grimani Joh. Franciscus Loretan Sanct Marcus Kirche N. Rosinus Rusini (wo nicht eben derselbe Rosinus ist) N. Vendramenus Veron Calceolarii Ludwig Moscardi Vlissingen del Cornè Ulm Joseph Furtenbach N. Weiekmannns Uranieuburg Tycho von Brahe Wedel Johann Rist Weinmar Weiumarsche Fürstl Durchl. Wien Kayserl-Majestät Wolffenbüttel D. Conerding Zürch D. Conrad Geßner ich noch keinen gewissen Orth assignirt / weil Er mit seinen Selecten Sachen durch Holl- und Deutschland bald da bald anderswo gewesen. Imgleichen finde ich / daß in Schrifften von Cimeliarchéo Ambrosiano, und Vindobonensi meldung geschicht: ins künfftige aber wird specialer davon geredet werden.
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Altenburgischer Drey-facher Abbildung Rosen-König. DIese schön- und herrliche dreyfache Rose / gewachsen aus einem einzelen Stiel / der mitten durch alle 3. pàrticulir-Rosen gehet / centifolien Arth / und billig vor einen König aller andern Blumen / ja aller Rosen selbst zu schätzen / hat geblühet Anno 1657. zu Altenburg in Meissen / in Herrn Christoff Richters Garten / und ist von dannen zu erst abgemahlt / hernach zum Kupfer-stich befödert von weiland Herrn D. Leonhardo Ursino, Medicinae & Botanicae Prosess. daselbst. Weil ich aber gesehen / daß solcher Abdruck nicht vielmer zu bekommen / habe ihn / zu Conservirung des billichen Gedächtnüsses dieser Blummen-Königlichen Rarität / mit eigener Hand vom Kupffer-stich abgerissen / und 6. oder 7. Reichsthaler ungeachtet / bey einem perfecten Meister in Holland / in Buchsbaum-Holtz / welches so viel zierlich- und deutlicher läst / copeylich schneiden lassen: die nun dem Herrn D. Pfenning / mit wiederholtem anfangs-gethanen Wunsch / zu seiner Hochzeit wolmeinentlich thu verehren. Und dieß so vielmehr / weil mir uns erinnern / daß der liebe. Mann (wolgedach [23] ter Herr Ursius) unser beyderseits Praecepròr gewesen ist: ein Mann / in Potanico Studio voraus unersättlich / und nachgehends / als ein viel zu emsiger Zephyrus, gleichsam in der Schoß seiner allerliebsten Florae, oder Blumen-Ergötzlichkeit / tödtlich verblichen. Zu Lübeck hab ich Anno 1665. zu Ende Monaths Junii auch eine dergleichen Centifolien-Rose mit meiner Hand gepflücket / in dem Garten meines Seel. Schwiegervatters / Herrn Herman Pinciers / Praefecti magni & Senioris im hochwürdigen Thumb-Capitel daselbst. Von der Arth und Weise / wie dergleichen Bluhmen-Verdoppelung vorgehe / wäre was zu speculiren; Aber ich muß mich der kürtze gebrauchen. Meine unvorgreiffliche / Meinung / nach der heutigen Reformirten Philosophie / ist die: Alle Kräuter und Bluhmen bekommen ihr Wachsthum durch Hülffe der Fermentation. Das Principaliste in solcher Fermentation ist der Spiritus, oder das aller-subtilst-reinst-unbalsamischte Wesen / was in dem gantzen Erd-Gewächse zu finden ist. So lange solche Fermentation währt / so lange wächst auch der Baum oder das Kraut: Wenn die auf höret / so stehet auch der Wachsthum stille / die Blätter verwelcken / und sie / sambt Saam und Früchten fallen ab. Gleich wie nun alles / was subtil und flüchtig ist / mit dem Icaro sich gern in die Höhe giebet; also auch dieser Pflantzen Spiritus und wüttert im vegetabilischen Cörper so lang herum / auf- und abwärts / als Sonnen-Strahlen / oder als ein Spiel-Ballon / der anstossend an ein Wand / von dannen hin und wieder zu rücke prallet; biß mehr-gedachter Spiritus obenwärts einiger maßen / doch nicht gäntzlich / zu freyerem Durchbruch kombt; und also sich durch-reissend- oder durch arbeitende / zu oberst durch etliche kleine Schweiß Löcher der äussersten Haut / an dem Gipffel des Erd gewächses; reißt mit sich etliche gröber und schleimige Elemenratische Cörper / die solcher gestalt nebst ihm hernach zu. Bluhin- und Früchten werden. Nach dem nun dergleichen / von innerlichen fermentirenden Spiritu aufgerissene Löchlein groß und klein / viel oder wenig / rund oder eckicht / lang oder kurtz / regulier oder irregulier / in naher oder zerstreuter Ordnung stehen; nachdem schickt sich auch die Zeit / Größe / Colör / Anzahl / Figur / und Situation der Blätter an / und nachdem ein Kraut mehr' oder minder von solchem Spiritu hat; wie auch / nachdem die äusserliche Wärme der Lufft mehr oder minder dergleichen Fermentation befödert / nachdem befinden wir solches aus dem Effect mit Händ und Augen: und wünschen den Peripateticis einen schönen Bonus die, die in diesen und dergleichen Dingen nichts anders wissen / als von ihren formis specificis zu reden. Ich habe inmittels aus berührtem Principio vor diesem einen fürnehmen / und in Natur-Sachen nicht schlecht-erfahrnen Cavalier zu perf???adiren versucht / ob Er nicht zu zeit / wenn den Hirschen die jungen Hörner beginnen zu wachsen / rings-herum mit einer Lanciet, eine regulire Scarification in Radice recens-crescentium corniculorum möchte lassen thun / umb hernach solche Geweyhe an dem Kopff des Thieres zu kriegen / derer Spritzen / als 2. Krohnen neben einander hervor-wachsen möchten: aber ich habe nichts außzurichten vermocht / da doch die Natur unsselbst den Weg zeiget / so wol in Bluhmen / in so mancherley Hahnen-Kämmen / Schwämmen der Bäume / als Hirsch-Geweyhen; in denen eben darum so eiue große Varietät zu finden ist / aldieweil / bey erstem hervor-brechen der Hörner / die Schweiß löcher der Haut nicht bey allen in einerley Ordnung und Situation werden geöffnet / indem sich die Thiere an Bäum und Höltzer reiben / den horn-treibenden Conatum der Natur (oder Impetum Formae Specificae Peripateticae, dadurch so viel mehr zubefördern. 3. Brasilianisch Lavitz / oder Muncuna. ???INmittelst erinnere mich aus obiger Dedication, daß gleichfals Herrn Krahmern Ich eine freund-willige Relation meiner Meinung von dem mir zugesendetem Kaviz Brasiliano hiemit abstatte. Welches nichts anders war / als eine leere Schale / von einer außländischen Frucht / darinnen 2. Phaseoli, oder Türckische Bohnen / also zu reden gewesen / in der Größe / als in folgender Figur sub signo ??? und ??? zu sehen; an Colör äusserlich dunckel-brau / als etwan der beste Cannnöhl oder vielmehr die Cassia Caryophyllata pflegt zu pariren / und inwendig zugleich auff etwas gläntzende Aschen-Farbe fallend / dieweil die vielen subtilen Fäser / aus welchen die gantze Hülse / gleichsam als ein Filtz gewürcket ist / insanffter gedämpfter Ordnung glatt an ein anderliegen. Eusserlich aber wird man itzt-gedachter Fäsemchen genungsam innen / indem sie nicht allein augenscheinlich zu sehen sind / welcher Gestalt sie / als eine subtil-herauß-stehende Castanien-braune Wolle / an beyden Seiten der lang-herab-gehenden zweyen Runtzeln / die sub Signo ??? etlicher massen angedeutet stehen / und höher nicht an denselben / als etwan der Schimmel / am Brod / hervor-wachsen: Sondern auch / die Haut nur ein wenig damit gerührt / ein schmertzhafftes Jücken [24] und Röthe / die so bald nicht wieder vergehet / als davon ???lentstanden ist / erreget eben auff solche Arth / als wenn einer mit Nesseln gehauen worden / oder etwas von Feder-Weiß (Amiantho) in die Haut gerieben. Deßwegen dann wolgedachter Herr Krahmer gar artig schreibet / es seye sehr scharff / Actu non Potentia. Welches / gar bequam raisoniret / Ich nach heutiges Tages-Alamodischer Phisike / das ist / nach Anleitung der unläugbaren Sinnen / so erkläre: Die Nesseln und dieses Kavitz erregen Hitze / Schwulst und Schmertzen an unsrer Haut / nicht wegen ihrer hitzigen Qualität / die von dem Peripatetischen Figmento ihrer Formae specificae herrühre; sondern wegen ihrer stachligen Figur / die in der Textus ihrer Mate. riae ist gegründet. Weres nicht glauben will / der setze Brillen auff / und sonderlich nehme ein gut Microscopium vor die Hand; so wird er in Vergrösserung nichts / denn gleichsam ein Igel- Abbildung Fell / Kastaneen-Balg / ja eine augenscheinliche Versammlung gleichsam vieler Näh-Nadeln dieser Dick- und Länge / nur daß das Oehr oder Auge dran fehlet / sehen. Wenn diese derhalben fein scharff in die Haut hinein kommen / so wird diese zwar subtil / aber so viel ??? tieffer gemacht; das aller-subtileste Geblüth tritt hin und wieder aus / und nicht weiter fortkommende / wegen Engigkeit der Wunde / hebt an zu fermentiren / und wegen solcher Verhitzung der äusserlichen Haut eine Hitzige Schwulst zu geben / die Schmertzen mit sich führet: und dergleichen Dinge heissen die Galenici hernach / mit Ehren zu melden / Calida in quarto Gradu, gleichsam als ob sie wegen excessiv-hitziger Complexion dergleichen hitzige Schwulst veruhrsachet hätten. Und ist dieses Brasilianische Kavitz / meines erachtens / wenig anders / als die außländische Klee-formige / und alhier sub Signo ??? beygefügte Pflantze / die Georgius Marggravius (L. I. Histor. Natural. Brasil. cap. 19. p. 10.) unter dem Nahmen Mucuna darstellt. Nur dieser Unterscheid ist zwischen beyden / daß der Autor die Länge der Frucht setzt auf eine Spann / und drüber: diese unserige aber ist über 3. Zoll nicht lang. Worauff gar leicht kan geantwortet werden. Hernach werden die äusserlichen Runtzel der Frucht beym Au [25] tore, transversim oder in die Quere gesetzet; und in meinem Exemplar stehen sie in die Länge. Was ist hierauf zu sagen ? Ich versichere den Herrn Krahmer / und alle andere / so dies lessen / daß in den Figuren des Marggravs und Pisonis Ich unterschiedene Extravagantien von Ihren Orginalibus gefunden / berührende nicht aus Schuld der Autorum, sondern aus Unwissenheit des Mahlers oder Form-Schneiders; dergleichen Leute in Verfertigung einer Figur nothwendig irren müssen / wenn sie selbe nicht nach dem Leben / und Original, oder nach einer richtigen Copia, sondern nur bloß nach einer / Ihnen vorgelegten wortlichen Beschreibung / und also / so gut sie können / nach ihrem bedüncken machen; in welchem Fall auch wol der allerklügste fehlen kan. Und halte derhalben davor / daß die Autores, in Mangel und Erinnerung des Originalis, zum Künstler etwan werden gesagt haben: Macht mir so und so eine Frucht / äusserlich rauch / und mit Runtzeln. So hat der Mahler vielleicht gedacht / es gar zu gut zu machen; da derer Runßeln nicht mehr denn zwey erhobene auff jeder Seite sind / die Länge hinab / und derer hingegen wol mehr denn 8. oder 9. in die queer gemachet. Solches ist meine Meinung / die sonderlich Herrn Krahmern / und Seinein Geehrten Herrn Schwager / [Tit. ] Herrn David Schellhammern in Hamburg zu Gefallen / unmaaßgeblich zu Papier gebracht / und dem letztern zugleich ergebensten Danck sage / daß aus Seiner curiosen Rarität-Schachtel Er mich so wol damit / als mit zu gleich übersendetem Cipero Babylonico, und Pipere AEthiopicô, beschencken / wie auch sonst fernem Annehmlichen Beyschub zumehrer Raritäten-Erforschung / gewogenst Sich anheischig machen wollen. Befehle sie derowegen beyderseits so viel hertzlicher Gottes Schutz zu allen continuirenden Wohlvergnügen. NB. Noch specialer Vorbericht an den geneigten ???Leser / So wol dieses / als nechst-künfftigen Tractätleins. In denenselben wird von folgenden Dingen gehandelt werden. Cap. 1. Von den kostbahren Raritäten eines Ingae, Königs in Peru. 2. Von der überaus-kostbahren Curiosität des letzten Mexicanischen Königes Montezuma. 3. Von Schatz- und Raritäten-Hauß des grossen Mogols in Ost-Indien. 4. Von dem Schatz-Hauß und Naturalien-Kammer Königs Hißkiä zu Jerusalem. 5. Vom einer seltzsamen Drachen-Haut auff der alten Bibliothek zu Beyzantz. 6. Von Kunst-Zimmer Ibrahim Bassae / auch zu Constantinopel. 7. Von Herrn Johann Francist. Habela Vernunfft-Kammer / auff der Insul Malta. Und 8. Vom Naturalien-Gemach des berübmten Medici / Petri Castell in Sicilien.
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Vorstellung etlicher Kunst- und Naturalien-Kammern / in America und Asia. Dem Hoch-Edlen / Vest- und Hochgelahrten Herrn D. Georgio Hieronymo Velsch / Fürnehmen Patricio und weitberühmten Medico zu Augspurg; wie auch Dem Edlen / Ehrenvesten und Wolgelahrten Herrn ???Lornelio Langermann / Wolfürnehmen Materialisten und meritirten Ober-Alten der Stadt Hamburg. Meinen sonders Großgeneigt-respectivè, Vielgeehrt- und Schwägerlich-geliebten / sehr wehrten Gönnern und Freunden: EBen gegen dieselbige Zeit / da meinem Hoch-Geehrten Herrn Doctori Ich die Dedicirung gegenwärtigen ersten Special-Tractätleins von Kunst- und Naturalsen-Kammern zugedacht / habe Desselben mir sehr angenehmes anderes Antwort-Schreiben vom 15. Octobris, und das dabeygefügte Titularische Verzeichnüß dero Ihmbekanten Raritäten-Gemächer / so vieler Er Sich fürnehmlich aus Italien und Franckreich erinnert / empfangen; und dannenher so viel minder mein freund-ergebenstes Gemüth / nebst schuldigen Danck für diese seine so liebe Affection, verbergen sollen: Ihn warlich versicherende / daß gleich wie seine gantzungemeine Lehr- und Sinnreiche Erfahrenheit / sein unabläßicher Fleiß / und mehr und mehr sich häuffende Meriten bey gelehrter Welt / ihm vorlängst den Weg zur Nahmens-Unsterblichkeit bereitet: Also meines theils nichts mehr verlange / als durch solch gantz billiches Bekäntnuß meiner Ergebenheit / Ihm nechst-künfftig zu so viel umbständlicher Nachricht mehrer / zu meinem zweck dienender / Dinge / freundlich zu locken; der ich zwar von 20. Jahren hero / eine unveränderte Beliebung zu dergleichen Dingen gehabt / und deßwegen manchen hoch- und geringern Orth / und Gaben der Natur / mit einiger Attention betrachtet / zu geschweigen / was ausser dem / in so wol gedruckt-als geschriebenen Reise- und Länder-Beschreibungen / oder andern guten Büchern / nebst münd und schrifftlicher Correspondenz, mit bey müssiger Zeit noriret: jeden̅och aber in der Menge dero so manigfaltigen Landschafften und Gaben der Natur / ober und unter der Erden / und täglich sich häuffenden mehr und mehr Anmerckungen curiöser Leute / mich nicht mässigen kan noch sol / bey guten Gönnern und Freunden / bißweilen ferner noch aus dero Erfahrung / einen so viel grössern Zusatz zu gegenwärtigem von allen andern fast-unversuchtem Werck / zu schöpffen. Als derohalben an geneigtem Annehmen dieses itzigen Special-Tractätleins / von Seiten des Herrn Doctoris, Ich keinen Zweiffel trage; so verlanget mich täglich nach Versolg mehrerer Nachricht / aus Seinen Gemüths-Schätzen desto vollständigern Reichthum zu erlangë / als der mit mir offentlich / und vielleicht / nicht ohne eine billiche kleine Indignation, bekennen muß / welcher gestalt in Curriculo Studii Naturae heutiges Tages / absonderlich die Doctrina de Cameris Naturalium dispositis hucusque, & accuratiús disponendis, in die Anzahl derjenigen Wissenschafften zu rechnen sey / die noch zur Zeit meist-unberührt geblieben. Gleich wie aber zu glücklicher Anlage / Vermehr- und Completirung eines Naturalien- oder Raritäten-Gemachs / gar schwerlich zulangen wil / das jenige / was ein curiös Gemüthe etwa durch vielen Fleiß da und dort mit eignen Händen / aus der Seel / oder oben und unter der Erden colligiret / und / einen gleichsam-kurtzen Begrieff der Natur / in gewachsenen Originalen selbst / seiner und anderer Gemüths Belustigung vorzustellen; sondern / nach Erträglichkeit eines jedweden Vermögens / vonnöthen ist / so wol durch fleissige Correspondenz, als würcklichen Einkauff unterschiedener selecter Dienge / frembde Hülffe zu suchen / hiemit / so zu reden sein Hauß nach und nach voll werde; also pfleget / zu diesem letzteren / die löbliche Kauffman [27] schafft / und in deroselben der allersauberste / delicat-gesundest- und unserer Medicin und curiösen Wissenschafften sehr-nahe-trettende Materialien-Handel / den allerkräfftigsten Beyschub zu thun / indem die Herrn Materialisten die meisten Sorten der Dinge / die inn- und ausserhalb Europa / in Ost- und West-Indien / die Schooß der Erden und See / an Thieren / Gewächs- und Mineralien / zur Gesundheit und physicalischer Belustigung des Menschen hervor bringt / in herrlicher abundanz, uach erheischender Nothdurfft und Bewandnüß Ihrer Commercien / in Ihren Häusern haben / und eben deßwegen den honorabeln Titul der Materiariorum oder Materialisten führen / von dem Wort Materia, welches entsprungen scheinet von dem Wort Mater; dieweil Sie nehmlich so manche schöne Sachen / so die allgemeine Mutter der Dinge / die gütige Natur / zeuget / vor jedermans Augen und zu beliebter Erhandlung stellen: oder auch Miropolae und Aromatarii, wegen der köstlich- und besten Sorten gedachter Wahren / nehmlich Gewürtzen / fürtrefflichsten balsamischen Oehl und Specereyen; die Gott der HErr selbst so hoch geehrt / daß derer / als eines sonderbahren pertinenten Stückes zum Räuchfaß Aaronis, und den Levitischen geistlichen Ceremonien / zum öfftersten in H. Schrifft wird gedacht? ja gar dieselbigen geheiligt / das ist / zur Zubereitung des heil. Salb-öhles (Exod. 30. v. 24.25.) benahmentlich diese Specereyen / nach Apothecker-Kunst zusammen zu setzen / verordnet hat / nemlich / die an balsamischen Kräfften reiche / ädelste / flüssende Myrrha / oder Stacte; den Hertz-erquickenden Cinnamet; den wolriechenden / glieder-stärckenden / Aromatischen schönen Calmes; die so wol an angezogenem Orth / als sonst (Psal.45. v. 9.) nachdencklich gepreste Cassien oder Kezia; und Oehl vom Oehlbaum. Unter welchen durch itzt-gemeldte Cassiam, Josephus, im 3. Buche von alten Jüdischen Geschichten / cap. 9. und Castalio (in der Lateinischen Biblischen Version) die Iris oder Viol-Wurtzel / andere Autores was anders / und ich / ohne jemandes praejuditz, jedoch nicht ohne erhebliche Ursache / das kostbahre Agallochum, auff Teutsch Paradieß-Holtz / oder dessen geschiedenes / und zur Zerflüssung so viel bequämer gebrachtes Hartz / verstehe. Und ist dabey zu mercken / daß / meines bedünckens / weder an angezogenem Orth des 2. Buches Mosis / durch das Wort / Apothecker-Kunst / noch im Hohen Lied Salomonis (c. 5. v. 13.) durch die Würtz-Gärtlein der Apothecker / oder sonst / eben praecisè der heutiges Tages von der Materialien-Handlung abgesonderte / und in specie also-genandte Apothecker-Stand zu verstehen sey: sondern gleich wie das Wort Apothecke / an und für sich selbst / ein allgemeines Wort ist / deutende auff Behältnüsse / Kammern / und Repositoria solcher Dinge / die sich irgend an einem Ort zu künfftigem Gebrauch asserviren lassen / als da sind / Getreyde / Früchte / Wein / Oel / und nit allein Medicamenten; ja allerdinges auch Wehr und Waffen / wie umbständlicher hiervon in vorhergehendem Tractätlein (von Naturalien-Kammern insgemein / (cap. 4. §. 18.) von mir erörtert worden: also haben vor alters solche Titul allerdings meritirt die kostbaren / und bey uns voraus grossen Verlag erfordernde Behältnüsse der so wol roh-als etlicher massen zubereiteten Medicamentorum Simplicium: um welcher Fürtrefflichkeit willen biß dato noch unter den Italiänischen Medicis selbst diejenigen / die Ihren Scholaren den Nutz und heilsamen Gebrauch gedachter Simplicium erklären / einen von Ihren besten Tituln halten / daß Sie Simplicisten / und die Herren Materiarii, die solche Dinge auffrichtig zuhanden schaffen / Simpliciarii genennet werden. Unter welchen zwar / was itzt-gedachte Italiäner betrifft / einer von den Gelehrt- und berühmtesten gewesen ist / kurtz vor unserer Zeit / zu Neapolis / der sehr-curiöse Mann / Ferrandes (oder Ferdinandus) Imperatus: von dessen fürtrefflicher Naturalien-Kammer nechstkünfftig / wenn erst von Constantinopolitanischen / Maltäsisch- und Sicilianischen Naturäl-Raritäten / und dero Besitzern / wird tractiret seyn / mit Fleiß sol gehandelt werden. Und mag hier nur so lange dienen das Zeugnüß welt-kündiger gelehrter Leute / die des erwehnten Materiarii zu Neapolis / und seines Naturalien-Gemachs mit Ruhm gedacht / benahmendlich der in Blumen-verliebt-schreibende Jesuit / Johann. Baptista Ferrarius, (lib. 4. Florum Culturae, c. 2. p. 437.) und nach Ihm Kircherus, der / dem Nahmen und Schrifften nach / Unsterbliche / (Mund. Subterr. lib. 8. Sect 1. c. 9. p. 39.) und vor diesen beyden / der gantz-curiöse Edle Herr Fabius Columna, an unterschiedenen Orthen seines von mir neu publicirten Tractats de Purpurâ; wie auch nachgehends so wol in Italien / der auß Westphälischem Minden gebohrne / aber zu Padua hoch meritirte Medicinae Professor, Joh. Veslingius, (de Plantis AEgyp. c. 30.) als in Teutschland Pflaumerus (part. 2. Mercur. Ital. pag. 59.) D. Sachsius zu Breßlau / (vid. Ann. I. Ephemer. Naturae Curiosorum, Obs. 131. pag. 293.) D. Simon Schultz zu Thoren / (Ann. 111. Ephemer. Observ. 190. pag. 360.) und ausser Teutschland der welt-berühmte Herr Th. Bartholinus, an etlichen Orthen seines netten Tractas vom Einhorn; wie auch Cent. 1. Ep. Med. 49. pag. 201. Aber von unserm gemeinen Vatterland vielmehr / dem Teutschen Reich / zu melden; wem ist hierinnen wol unbekant das löbliche Beginnen der gute weit-auß sehende Verstand / un̅ die reichlich-blühende / durch gantz Teutschland / ja durch Europa / berühmte Materialien-Handlung Seines Seel. Hn. Vatern / Tit. Hn. Paul Lan [28] germanns / Mein sonders-geneigt - liebwerthgeschätzter Herr Schwager? Welcher sein Vatter / hiemit Er den von GOtt und dem Glück Ihm gleichsam in die Hand gegebenen güldenen Schlüssel zu den bewehrtesten Apothecken mehrentheils Teutschlands und der Nordischen Reiche / in Seinen Erben erhalten möchte / hat Er keiner Unkosten gespahrt / so wol seine / stets-richtig-geführt- und deßwegen sehrhoch gebrachte Handlung / durch unablässige Correspondenz, und was dem anhängig / in gutem Esse zu erhalten: wodurch sein Hauß hin und wieder / in allen Winckeln / Kammern / Keller- und Söllern / gleichsam zu einem täglich-sich veränderndem Schauplatz so mannigfaltiger schönen Gaben der Natur / und vieler kostbahrer Raritäten worden / deren theilskläglichen und schädlichen Brand / der sich vor ohngefehr 11. oder 12. Jahren in Hamburg ereignete / ich Ihnen nicht mag in schmertzhafftes Gedächtnüß bringen: als sonderlich Ihn / mein viel-geneigter Herr Cornelius Langermann / als ältesten seiner Herren Söhne / von Kindheit an / in vätterlichen / so-schönen Fuß-Stapffen zu behalten / und bey anwachsenden Jahren / durch auffgetragene viel-jährige Reisen in und durch Italien / Franckreich / Spanien / Engelland / Holl- und Teutschland / mehr und mehr qualificirt zu machen. Zu geschweigen / mit was vor Ruhm und Nutzen des Hn. Schwagers nächster Herr Bruder (Tit.) Herr D. Langermann / fürnehmer Medicus, und Ihrer Hoch Fürstl. Durchleucht. zu Braunschweig / sc. biß anher wohlbestellter Archiater, zu Seinem Zweck en particulier / so viel weitere curiöse Reisen / biß über die Grentzen Europä / gethan; und / welcher gestalt des Drittens von Ihnen / (Tit.) Herrn Paul Langermanns / und der übrigen Herren Brüder / hurtiger Geist / mit nicht-geringerm Lobe Ihrer respectivè Professionen / in Londen / Hanover / und Hamburg sich täglich finden lassen. Denen allen demnach / als theils Liebhabern / theils Selbst-erfahrnen frembder Länder / und löblichen Besitzern vielfältiger / von dannen herkommender Raritäten / unter dem Nahmen meines groß-geneigten Herrn Schwagers / als Primogeniti, gegenwärtiges von Americanisch- und Asiatischen Natural-Sachen handlendes Tractätlein / wolmeynend wil dediciret haben / Sie freundlich bittende / Sie geneigen / solches für ein kennbahres Zeichen / nicht minder meiner begierigen Curiosität / das in offentlichen Schrifften noch nie außgeführte Kunst-Kammer-Studium möglichst in Ordnung und in die Höh zu bringen / als sonderlich meiner unverfälschten Affection und Geflissenheit gegen Sie samt und sonders / anzunehmen. Womit Sie / nebst allen / die Ihnenlieb / Göttlichem Gnadenschutz auffs fleissigste befehle / un̅ bleibe Meines insonders Großgeneigt-Hochge Ehrt- und liebwerthen Herrn / Respectivè Herrn Doctoris in Augspurg / und Herren Schwäger dienst-ergebenst- und schuldigster Freund Kiel / den 15. Novembr. 1674. D. B. D.

Das I. Capitel.
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Von den kostbahren Raritäten und Prang-Zimmer Ingae, Königes in Peru. §. 1. ALs nun in vorhergehendem Tractätlein so wol von Kunst-als Naturalien-Kammern und Behältnüssen / zur Gnüge erwiesen ist / warumb und woher Sie entstanden / wie vielerley deroselben Nahmen seyn / welcher gestalt Sie eine Gemeinschafft miteinander haben / oder nicht / und sonderlich / auff was Arth und Weise die Natural und wiederumb die Artificial-Sachen / à part auffs accurat- und ordentlichste von geschickten Curatoribus und so genandten Kunst-Kämmerern / zu disponiren seyn / mit gethaner Beyfügung eines ansehnlichen Verzeichnüsses dero biß-anher mirbekandten Raritäten-Gemächer der gantzen Welt / so wol heutiges Tages / als vor Alters; bey so wol privat-als höhern Stands-Personen / inn- und außerhalb Europa; doch so / daß man die daselbst-namhafft gemachten Städte und Länder nicht Geographisch / sondern nur bloß nach dem Alphabet erzehlt / umb so wol der Memorie, als curiöser Begierligkeit des geneigten Lesers / ohn allen Zeit-Verlust zu dienen / und klärlich vorzustellen / an welchem Orthe der Welt dergleichen Musea oder Scrinia jemals an Tag gekommen: so hat mir gefallen / von allen denselben / und denen / davon mir aus Lesung Selecter Autorum, und continuiren der Correspondenz deßfalls mit wackern Leuthen / so wolmünd-als schrifftlich / noch ferner was kundig werden wird / absonderlich zu handeln / und / verlassende nunmehr die vorige Anleitung des Alphabeths, der situation der Länder / so viel möglich / nach zu gehen; den Anfang machende von denen / so uns am allerentlegensten sind / und immer näher und näher einwarts rückend / so lange / biß wir an einer gewissen Stadt / unsers geliebten Teutschlandes / und in demselben benahmentlich unter den drey schönsten Städten / an der Allerschönsten von ihnen / der Käyser- und Königlichen Stadt / Breßlan / als meiner liebwerthesten Vatter-Stadt / das gantze Werck / beruhen lassen.
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§. 2. Und theilen derohalben die jenigen Städt oder Orte dero biß anher bewohnten Welt / da jemahls meines wissens / einige Naturalien-Gemächer / oder kleinere Raritäten-Behältnüsse gewesen sind / oder noch sind / hauptsächlich und summarischer Weise ab / in diese 3. Reviere; daß sie nemlich / (erwehnte Städte) gelegen sind / oder auch noch liegen / entweder gantz ausser Europâ, oder an Gräntzen Europae, oder in Europâ drinnen / und gleichsam in deroselbigen Schoß. §. 3. Was also immittelst und hiemit die Qerter die ausser Europâ sind / belanget; so werden solche zu unserm Zweck / in Americam und Asiam entschieden. America oder West-Indien wiederumb in das Südliche / und Nordliche: und unter den Ländern Americae Meridionalis, oder des Südertheils von West-Indien / so von Christen biß anher erobert worden / ist Peru oder Peruvia das fürnehmste / gröst- und edelste; dessen Haupt-Stadt / ja die fürnehmste Stadt in der gantzen mittägischen neuen Welt / ist Cuscum, oder Cusco, so weiland / vor der Spanier Ankunfft / die Residentz war der Ingarum, oder der Könige und Monarchen von Peru: eine grosse / ins viereck-gebaut-gewaltig- und feste Stadt / und au Schönheit nit viel weichende / den gröst- und zierlichsten Städten in Spanien und Franckreich; ja in gantz Europa: an einem lustigen Ort gelegen / befestigt mit einem Schloß / und sonderlich mit 4. der fürnehmste̅ Paläste / die aus lauterm Marmor und den allerschönsten Quater-Steinen köstlich erbauet / prangend; wie der Autor des kleinen Atlas (Edit Germ. part. 2. p. 387. a.) bezeuget / und folgendes darbey setzet: Ihre Gassen sind allesam̅t nach der Schnur geführet / Creutz weise abgetheilt: und wird keine unter allen gefunden / durch welche nicht ein schönes lauters Bächlein fliesse / die beyderseits mit Steinen eingefaßt sind. (Wiewohl sie nachgehends / nach Ferrarii Bericht / in Lexico Geograph. Vom Erdbeben übel zugerichtet seyn soll.) §. 4. In dieser fürtrefflichen Stadt nun gleichwie die Ingae oder Peruanischen Könige / Ihr fürnehmstes Reichthum beysammen gehabt; also hat absonderlich der Letzte von Ihnen gantze Wercke von Gold auffgeführet / und an herrlicher Pracht / allen Peruanischen / und andern heydnischen Königen es weit zuvor gethan / wie Erasmus Francisci, im dritten Theil (pag. 1689.) seines Ost- und West-Indianischen Lust-Gartens berichtet. Denn seine Burg oder Königl. Schloß ist nicht mit Kalck und Steinen / sondern mit lauter gediegenem Gold bedeckt gewesen: und nechst der Burg ein Garten / der mit nichts anders / denn Gold gepflastert: und Bäume darein mit ihren Blättern / Blum- und Früchten / in schöner Ordnung gesetzt / nicht lebend / grünend / oder wachseud / sondern gleichfalls von Golde / in grosser abundantz, und Lebens-Grösse / also / daß selbiger Garten gleichsam einen von so viel Sonnen gläntzenden Wald präsentiret; und fast jemand in Zweiffel gerathen solte / ob in der gantzen Welt so viel des besten / gelb-gläntzenden Metalls zu finden seye: Ich aber am allermeisten über diesen an Gold unersättlichen Midas mich verwundere / daß der so gar abscheuliche Uberfluß von den leb-losen so vielen Klumpen Dreck ihm endlich einmal kein Grauen oder Verdruß erwecken können. Ja man will sagen / daß auch sein Sarg / und sein gantzes Grab-Gewölbe von klarem Gold gewesen: und viel andre Dinge mehr. §. 5. Doch / daß ich zu unserm Zweck wiederumb näher komme / und des falls auch etwas Lobwürdiges von Ihm erzehle; so ist zu mercken / daß gleichwohl bey solcher seiner Prodigalität diese Art einigerley Curiosität bey Ihm mit eingelauffen / daß nehmlich Er nicht allein gantz güldene Bäume im Garten / wie gedacht / sondern auch so wohl in-als ausserhalb desselben / so vielerley Geschlechter und Arten von vierfüssigen Thieren / von Vögeln / Würmen / Kräutern / Blumen / und anderer Erd-Gewächse / in gantz Peru gewesen / deroselben nach dem Leben gemachte Bildnüsse Er von pur-lauterem Golde / und mit kostbaren Edelsteinen auffs herrlichste ausgeziert / und in gewissen Gemäch- und Kammern seines Königlichen Pallasts ordentlich auffgesetzt / zu täglicher Belustigung gehalten / nicht allein wegen der Materie / woraus solche Bilder gemacht / sondern auch wegen der äusserlichen Figur / und so mannigfaltiger Gestalt der Dinge; und also sich über-curiös bemüht / die Reichthümer der Natur / gleichsam in einen kurtzen Begriff / und güldenes Register zu bringen. Welches aber nur ein Todten- und Schatten-Werck gewesen / gegen dem / was in folgendem Capitel von Montezumâ, dem Mexicanischen Könige / nach Darzwischen-Setzung folgender wenig Zeilen / bald erhellen wird. §. 6. Denn / ehe wir dazu gelangen / dient folgendes noch von Ingâ, dem Peruanischen Könige / zuwissen. Er nemlich hat ferner auch ausser festen Landes / weit von Cusco / seiner Residentz / am äussersten Theil des Königreichs / auff der Insul Puna einen so viel köstlichern Garten und Schloß gehabt / und offters sich dahin begeben; in welchem gleichfalls alles von Silber und Gold gleichsam geblitzet: und sonderlich ein gantz kostbares Prang-Zimmer dabey gehabt / worinnen zugeschweigen dero von Gold und in Lebens-Grösse abgebildeten allerhand Arten von Peruanischen Land-Thieren / Vögeln / Fischen / Bäum- und Pflantzen / gantze göldene Riesen-Bilder gestanden. Alles Koch- und Trinck-Geschirr / alle Eß- und Tafel-Servitz, von Golde; und warumb nicht / ja warlich ohn allen Zweiffel / auch s. v. den Stuhl und Nacht-Topff / von Golde? dergleichen Insolentien ohngefehr Martialis zu Rom an Bassâ bestrafft / mit diesen Worten (lib. 1. Epig. 38.)
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Ventris onus misero, nec Te pudet, excipis Auro: Bassa, bibis Vitro: cariùs ergò cacas: Das ist: Schämst du dich / Bassa / nicht / ins Gold dich zu entbürden: Du trinckst aus Glaß: und hältst den Mist in höhern Würden.

Das II. Capitel.
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Von der noch kostbarern Curiosität des Mexicanischen Königs Montezumae. §. 1. ABer noch noch viel überflüssiger / ja zu allen Zeiten unvergleichlich / und grösserntheils nützlicher sind gewesen / die aller hand Natur-Sachen / so wol copeylich von Gold / Edelgestein und Silber / als in selbständig- und lebendigen Originalien bestehende curiöse Reichthümer des Montezumae, Muteezumae, oder Motezumae, letzten Königs in dem mächtigen Königreich Mexico / welche die fürnehmste Landschafft ist von Neu-Spanien im Nordertheil der neuen Weltja wol in gantz America; seinen Namen habende von Mexico / der daselbst gelegenen berühmt- und gewaltigen Königlichen Haupt-Stadt und heutiges Tages Residentz des Königlichen Spanischen Statthalters / bestehende in vielen schönen Pallästen / und mehr dann 70000. Häusern. §. 2. Denn von Seinen ( des Montezumae) daselbst befindlichen unterschiedlichen kostbaren Pallästen / Gärten / Lust-Seen / Thier- und Vogel-Häusern / so wol in-als ausserhalb der Stadt / berichtet der im vorigen Capitel angezogene sehr-fleißig-curiöse Autor, Erasmus Francisci, im dritten Theil seines Ost- und West-Indianischen Lust-Gartens (pag. 1719, seq.) aus einem andern Scribenten / folgende Dinge / die ich allhier / zu gegenwärtigem Zweck / etwas kürtzer zusammen gezogen. §. 3. Unter denselbigen Pallästen hat König Montezuma einen Garten / und in dem Garten ein Lust-Hauß gehabt / darinnen alles von Marmel und Jaspis auffs beste ausgearbeitet gewesen. Es waren darinnen allerhand Lust-Pfüle oder Seen / auf welchen allerhand Meer- und andere Wasser-Vögel in grosser Anzahl zu finden: und zwar für die See-Vögel / Seen voll Saltzwassers. Für die Strom-Vögel süß Wasser. Dergleichen Seen rein zu halten / sie zu gewisser Zeit abgelassen / und dann wiederumb / vermittels dazu-gehöriger Canäle / bewässert / und sonderlich jetzt-bemeldete so mancherley Arten Vögel / täglich mit Fischwerck / Würmen / Maitz / oder kleinerer Saat / und anderer ihnen bequämer Nahrung / versehen worden. Welches alleine nur was für ein kostbares Thun muß gewesen seyn / mag beynebenst dahero etlicher massen ermessen werden / daß zu blosser Fütterung dieser Vögel / 300. Män̅er verordnet gewesen sind / die sonst nichts anders zu thun gehabt; und ausser diesen sonst noch andere / von welchen die Vögel / wenn es die Noth erfodert / mit Artzneyen und andern Hülff-Mitteln erhalten worden: welche Curiosität warhafftig an diesem Americanischen grossen Alexander / (und hätte bald geschrieben / andrem Salomon / so viel nemlich die Beföderung weltlicher Wissenschafften betrifft /) billich auffs höchste ist zu loben. §. 4. Er hat ferner auch ein grosses / und am Boden / mit unterschiedener Art Marmor kostbar-eingelegtes Theriotrophéum oder Thier-Hauß gehabt / in welchem viel kleinere Häußlein / oder grosse Vogel-Gebaure / von ohngefehr 9. Füssen; worinnen vielerley Raub-Vögel gespeist / und gehalten worden; und sie mehrentheils mit Hünern füttern lassen; welches letztere jedoch / einer unnützen Verschwendung fast nahe kommende / so viel minder zu rühmen stehet. Und haben hernach dergleichen Vögel-Häuser ihre Endschafft durch schädliche Feuers-Brunst erlanget. §. 5. Noch mehr: an einem andern Ort hat Er grosse höltzerne Kasten gehabt / in welchen Löwen / Tiegerthier / Wölffe / Füchse und allerhand Art zahm- und wilde Katzen an einem andern Ort Knaben und Frauens-Personen / die von Natur weiß an Haut und Haaren: unb wiederumb anderswo seltzame Mißgeburten / so wohl weib-als männlichen Geschlechts; Zwerge / Höckerichte / und viel andere Menschen-Wunder: deren einem jedweden Er absonderliche Behältnüsse und Zimmer / wie auch gewisse Leute / die ihrer in Kranckheiten gepflogen / zueignen lassen. Und ist / kurtz davon zu melden / dieser so gar curiöse Pallast des Königes Montezumae, ein kurtzer Begriff der Gaben der Natur seines Königreichs / und gleichsam der andere Kasten Noä gewesen. §. 6. Woran Er jedoch sich nicht vergnügt befunden: sondern / gleich wie von dem Ingâ in Peru in vorigem Capitel gedacht / also hat dieser Mexicanische Monarch an einem Theil zwar sich gleichsam als einen klugen Alexander und Salomon / an dem andern aber zugleich als einen in das leblose Gold gar zu sehr verliebten Midas erwiesen; indem er nicht allein aller lebendigen Thiere Geschlechter / die in seiner Herrschafft zu finden gewesen seyn / in denen so kostbaren Vivariis, Lust-Seen / Häldern / Thier- und Vogel-Häusern / Kasten / Gebauern / Zimmern / und Cabinetten in Originali gehabt; sondern auch derer Bildnüsse von Gold und Silber: und zwar so lebhafft gebildet / daß solche kein Europäischer Künstler besser hätte machen können.
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§. 7. Ja etliche solcher Abbildungen hat Er gar von Edelgestein bereiten lassen / so geschicklich / daß kein Mensch leichlich zu errathen vermocht / mit was für einem Instrument sie so künstlich bereitet wären. So solle man auch weder in Wachs / noch in Seiden Gewürck einige zierlichere Bildnüssen finden können / als Er von blossen und allerhand Farben Vogel-Federn zugerichtet gehabt: von dergleichen Arth Bildern von Vogel-Federn zu seiner Zeit / und an einem andern Orth / mit mehren sol gehandelt werden.

Das III. Capitel.
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Ob König Montezuma wol gethan / daß er Zwergen und allerhand Miß-geburten / unter seinen Raritäten / gewisse Behältnüsse zugeeignet?

§. 1.
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IMmittelst entstehet aus vorhergangenen Capitels fünfften §. diese Frage; Ob Montezuma wol fein gethan / daß Er / nebst so mancherley schönen Sorten natürlicher Cörper / die Er so wol in Originali, und grossen theils lebend als in obberührten Abbildungen von Gold und Silber copeylich gehabt / zugleich auch vor Zwerge / übel gewachsene elende Menschen / und Mißgebuhrten / absonderliche bequäme Kasten oder andere Behaltnüsse procurirt, sie mit nöthiger Speissung / Kleidern / Lagerstatt / und Artzneyen versehen / und diese dergleichen Irrungen und Fehltritte der Natur / zu einem continuirlichen Spectakel und Objecto lüsterner Curiosität / in seiner Königlichen Residentz gehalten? Oder / eben diese Frage / in so viel weiteren Terminis, ohne applicirung auf Exempel / Diseurs weiß / also ein zurichten: Ob Monstra, Ungeheuer / und Mißgeburthen / oder derer Abbildungen / sich wol in Kunst- und Naturalien-Gemächer schicken? §. 2. Ursach zu zweiffeln scheinet dieses: (I.) weil dergleichen Dinge außdrückliche Denckzeichen sind einer sonderbaren Imperfection der jenigen natürlichen Ursachen / von welchen sie entsprungen. In Kunst- und Naturalien-Kammern aber befleissigt man sich lieber / so viel möglich / auff die allervollkommensten und rarsten Stücke. (2.) Weil alle oder die meisten Mißgewächse eine den Augen verdrüßliche Deformität oder Heßligkeit mit sich führen; Da hingegen in Cabinetten und Raritäten-Behältnüssen / eine allenthalben hervorleuchtende Nettigkeit und Zier gesuchet wird / als eine von den fürnehmsten Behörungen. §. 3. Hierauf dient zu wissen / daß angeregte zwey Bedencken so erheblich nicht sein als Sie scheinen: und mit eben so viel / ja doppeltmehren Beweißthümern / das Wiederspiel gar leicht zu behaupten. Denn (I.) sind Monstra oder Miß-gewächse eben so wol Gottes Werck / als die übrige Geschöpfe / ob schon die Dienerin Gottes / die Natur / in Herfürbringung jener / wegen darzwischengekommenen accidental-Ursachen / die mancherley ändrungen unterworffen sind / etwan einen Fehltritt gethan / und aus Veranlassung selbiger / zu einer andern intention genötigt worden / als sonst ihre gewöhnliche / erst- und haupt-sächliche intention oder Vorsatz gewesen wäre. Was also Gott in der Anzahl seiner Geschöpffe vertragen kan / dem kan der Mensch ja leichtlich und gern / auch einen Neben-Raum in seiner Curiösität vergönneu. §. 4. Zum [2.] wil man ja in Curiösen Gemächern mehrentheils Raritäten haben. Was meritirt aber den Titul der Raritäten mehr / als Monstra? sintemal sie eben deßwegen im lateinischen Monstra genennet werden / oder ihren Nahmen von der Monstranz, oder Monstriren / das ist / von offentlichem Darzeigen / und fleissiger Beschauung / führen / aldieweil es rar und selten geschieht / daß dergleichen Dinge zu Tage kommen: Ja je rarer oder ungewöhnlicher sie sind; das ist / je weiter sie von der Mittel-strasse der ordinariegehörigen Beschaffenheit abschreiten / je mehr verwundern wir uns darob / oder haben einige Belustigung davon. Und fällt hierbey nicht unwürdig zu notabeniren ein / etlicher grossen Herren in Japonien nachdencklich- und gantznicht-sträflicher Gebrauch / die (wie auch andere Leute daselbst /) nach eigener Erfahrung / und schrifftlichem / doch noch nicht in Druck gegebenem Bericht / Herrn N. Schambergers / (in seiner Japonischen Reise-Beschreibung von Anno 1653.) eine sonderliche Lust haben / an krumm-gewachsenen / halb-verfaulten und abscheulichen Bäumen / welche sie sehr theur bezahlen / und ihre schönste Säle mit diesen krummen und halb-wurmfressigen Klötzern zieren; welche sie bißweilen mit sonderlicher Tieffsinnigkeit betrachen. §. 5. Oder / ein klein / doch warhafftiges / Exempel von Sachen / die dem Urtheil unsers andern äusserlichen Sinnes / des Gehörs / unterworffen / kürtzlich mit beyzufügen; so wird insgemein eine Music / die nur ordinär / nicht sonderlich aestimirt / ob sie schon an und vor sich selbstë gut genung / dieweil sie keinegrobe dissonantzen gibt / oder dë Regulis Compositionis entgegen lauffende Fehler führet. Istaber eine Harmonie über alle massë künstlich un̅ accurat [32] gesetzt / so pflegen wir uns alsdann / denen die Natur etwas von Judicio Aurium gegeben / zum höchsten zu verwundern / preisen derer Autorem, und weden darob bißweilen fast halbentzückt. Oder auch / ist eine Music gar zu abscheulich und übel gesetzt / also / daß sie vom mittelmaß richtiger Güte und einer ordinarie-erträglichen Zierligkeit gar zu weit hinab / in 1000. dissonantien sich versteigend / mehr einem Hunde-bällen / Heulen der Wölffe / und Katzen Geschrey / als einer Music zu vergleichen ist: so pfleget in etlichen Fällen nichts desto minder unsere empfindende Seel einigerley Vergnügligkeit / auch aus dergleichen monströsen Music zu haben; zum Exempel / in diesem Fall: Es ist jährlich bißhero ein- oder zweymahl nach Kiel kommen ein blinder Bettelmann / welcher sich leiten lassende von seinem vorangeheuden / und an ein mässig Band gebundenen Hunde / der des Bettlers Weibe von einer Strassen zur andern folgt / mit den Händen ein Lied auf der Violin / wiewol nur langsam / und mit vorsetzlich falschen (von mir deßfals- genung- abge- merckten) Griffen spielet; mit dem Mund aber ein Teutsch Lied / von Versen zu Versen / darein singt / dessen Harmonie / mit der Phantasie auf der Violin / gantz und gar keine Gemeinschafft nicht hat. Solche so-harte Dissonantien thun musicalschen Ohren un Anfang etwas meh: welcher Schmertz aber so fort darauff in ein Lachen verkehret wird / in Betrachtung / daß der lose Hudler / als ob er nicht besser geigen könte / diese verdrüßliche Unordnungen des Klanges / welcher zu gleich vonder Violin / und aus seinem Mumde geth / dermassen beständig und ordentlich weiß zu halten / daß auch dem besten Künstler schwer fallen solte / ohne vorherigen vielen Versuch / es nach zuthun; ja eben so schwer / als einem ist / beyde Armen zugleich in unverrückter Geschwindigkeit / rund herum in der Lufft zubewegen / doch so daß sie nicht beyde zusammen einerley Weg / sondern die Rotation des einen Armes von dem Leibe ab / und die andere dem Leibe zu hielte. §. 6. Und wäre gar leicht / das jenige / was bißanhero von Opjectis des Gesichts und des Gehöres gedacht / auch von den übrigen 3. Aeusserlichen Sinnen / zu erweisen / wie nehinlich alles das / was denenselben monströs / ungewöhnlich und seltzam ist / nicht eben nothwendig umb solcher insolentien willen müsse getadelt werden; ja viel mehr / je weiter und mehr es von gehöriger mediocrität abgehet, je höher verwundern wir uns darob. Welches wir dann im übrigen auch in Moralibus zu lernen haben / zum Exempel an König Salomon / und au dem Marcolfus / oder einem andern Narren. Je von ungemeiner Weißheit jener war / je ein größeres Wunder der Welt war er auch: und je possirlicher sich ein Narr anstellet / je mehr und hefftiger pflegen fürnehmer Regenten Höfe / über solche Moral-Monstra, oder abentheurliche Jecken / sich zu ergetzen. §. 7. Ferner (3.) auf unsern vorigen Zweck allermeist / von Natural-Monstris, und seltzam-gebildeten Abendtheuren / und das solche / der Naturalien-Kammer gar wol werth seyn / wieder zu kommen; so lehret die Erfahrung / daß gleichwol viel der jenigen Cörper / und benahmendlich zwar die / so etwa wegenungemeiner Grösse / im Geschlecht der Menschen / der anderen Thiere / oder der Erd- gewächse / eine Verwunderung erwecken / nicht eben so fort für Monstra und Scheusale der Welt zu halten seyn; als da bißweilen sind grosse ungeheure Rettig / Melonen / hoch- und gefüllte Bluhmen / oder 2. 3. und mehr Bluhinen an einem Stiel / die ordinarie sonst nur einzel blühen; Dick- und Breite / von 6. 7. oder mehren Stengeln zusam̅en-gewachsene Stengel der Coron-imperial, oder Kayser-Krohne; etlich 20. biß 30. aus einem eintzigen Gersten-Korn gewachsene Halmen; und dergleichen: inmassen den meisten / diesem Thun ein wenig- nachdenckenden / unlaugbar ist / und unschwer seyn kan / Sie zu bereden / daß solche Extravagantien der Natur / vermuthlich mehr werden de??? Lüsternheit derselben / einem Wachsthums-überfluß / und plus quam perfection, als einer verhaßt- und verächtlichen Unvoll- kommenheit / seyn bey zumessen. §. 8. Und (4.) endlich / gleich wie ein gerin- geres Purpur-Tuch nebenst einem besten gethan / wegen dieser seiner Opposition außdrücklich und so viel mehr die Gütte des besseren vorstellet: oder gleich wie eine schöne Jungfrau den Ruhm preiß-würdiger Schönheit für sich zwar gnung verdienen kan: fals Sie sich aber mit andern gesellt / die zwar nicht gantz heßlich / denen doch die Natur so hohen Grad annehmlicher Gestalt nit gegeben / dem Urtheil der Menschen so viel durchdringender / liebreich oderauch majestätischer / gleichsam als ein andere Venus und Juno, durch die Augen ins Herß leuchtet: also ist / dünckt mir / Son̅enklar und am Tage / daß solcher gestalt auch / wokö stliche Raritäten???in Fürstl oderandern Kunst- und Naturalië-Kammern seyn / dero perfection un̅ Zierde so viel deutlicher sich äussert / und philosophischen Gemüthern ein so tief-sinnigers Nachdencken erweckt / so fern alle oder die meisten Stücke / die etwa in einem schönen / licht- und gesimden Logiment / sauber und ordentlich aufgesetzt / da und dort mit darzwischen-fügung oder auch opposition unterschiedener / zu ihren Geschlechtern gehörigen / monströser Gestalten ander Cörper / in originali, oder Copey / so viel mehr illustrit, und beyderseits mit einander / vergesellschafftet werden. §. 9. Die Krafft itzt-an geregter opposition, ausser dem / was kurtz nur vom Purpur/ [33] und einer schönen Jungfrau erwehnt / findet sich in tausend Erempeln mehr. Unter welchen Mir nicht mehr beliebt / als eines noch hierbey zusügen / genommen von der Architectur. Ists nicht wahr / wenn ein guter Baumeister seinen lehr- begierigen Jünger sorgfältig unterweist / wie er so wol zu Papier / nach verjüngtem Maaß-stab / alle Theile eines schönen Gebäudes nach dem Modulo der oder jener Säulen- Ordnung richtig proportioniren / oder im grossen Werck selbsten hernach sein eigen Winckel- Maaß / Bley- Wage / Schnur und Loth / da und dort anlegen / oder andern / solches zu thun / ohne augenscheinlichen Irrthum / anbefehlen solle; so hat Er so fern sein Ampt verrichtet: Und wenn das Gebäude hernachmahls selbst / zu glücklichen Stunden aufgeführet ist / so verdienet es / seiner Regularität wegen / seinen Ruhm? welche Regularität sich gründet auf die natürliche Proportion der Glieder des menschlichen Leibes / worauf der köstliche Autor, Vitruvius, alzeit mit höchstem Eifer und Fleiß gegangen ist / wie solches theils Bernhardus Baldus (de Verborum Vitruv. Signis. sub tit. Denticuli) etlicher massen bezeugt / schreibende: Magnus Naturae Imitator erat Vitruvius, & Monstoru??? osor & exagittator; das ist: Vitrivius war ein grosser Nachfolger der Natur / und gehässiger Verfolger unförmlicher ungeheuret Wercke; theils Vitruvius selbst so viel deutlicher uns lehret / in dem Er (libro 4. Archit. cap. I. §. 4.) außdrücklich sich heraus läst in diese Worte: Non potest AEdes ulla sine Symmetriâ atque proportione rationem habere compositionis, nisi uti ad Hominis benefigurati Membrorum habuerit exactam rationem; Das ist: Es kan kein Gebäude / dem es an richtiger Gleich-einstimmung aller Theile desselben unter sich / und an proportion gebricht / für wol-zusammen-gesetzt gehalten werden / es treffe denn gantz genau mit den Glied- massen eines wolgestalten Menschen überein. Welches ich mir vorgenommen hatte / weitläufftiger außzuführen / und der Feder den Lauff zu lassen / eine summarische Anatomische Civil-Bau-kunst / oder Architectonische Anatomie / zu so viel mehrer Belustigung des Lesers / anzudenten / von Glied zu Gliede des menschlichen Cörpers / ie minder von allen Zeiten des Vitruvii biß auher / so ein artiger parallelismus oder Vergleich zwischen dem Menschen / als Grunde vieler anderr Mathematischen / Wissenschafften mehr / und absonderlich zwischen den Civil-Gebäuden / in acht genommen worden. §. 10. Aber noch kräfftig- und erbaulicher wird einein begierigen Schüler der so edlen Wissenschafft seyn / fals sein Lehrmeister / nach sattsamlich vorgelegten Regeln / worinnen die Natur eines richtigen Gebäudes bestehe / zum Uberfluß auch bey allen oder den meisten derselben / eine außdrückliche opposition und Gegenhalt irrsamer Exempel / die da und dort in der Welt anzutreffen seyn / vor Augen stelle. Denn solcher gestalt drückt der Schüller / aus opposition aller beyder / den wahren zierlichen Anstand und gebührende Regularität / so viel tieffer in sein Gedächnüß ein: dergleichen diese ist / die ich zur Zugabe hiemit wil nahmhafft machen / betreffende die Förm- oder Unförm- ligkeit der Dächer / in Bürger- und höherer Personen Häusern. §. 11. Ein Dach nemlich sol einem Gehäude das jenige seyn / was bey dem Menschen natürlicher weise ist das Obertheil des Haupts oder auch / ausser dem / der darauf gesetzte Hut. In Italien derhalben hat es mehren-theils nur platte / gantz nicht-hoch-zugespitz te Dächer. In Teutschland hingegen / aus respect des mehrern Schnees / hat man die Dächer aus Nothwendigkeit was höher zu führen / und gleichsam dem Kopff einen so viel höhern und spitzigern Hutt auffsetzen müssen. Diese Licentz / in Aufführung des Dachs / haben die Zimmer-Leute / und anderer / der mit dem Menschlichen Cörper harmonischen Bau-Kunst unterfahrne Leute / und nach und nach weiter extendiret / als sie gesolt / und machen hier zu Lande biß dato die Dächer dermassen jpitz- und hoch / daß die perpendiculier-Linie derselben gemeiniglich gleich ist / ja umb ein mercklich Stücke noch vorgeht / der übrigen Höhe der Wand / genommen von der Unter-schwelle der Thür am Eingang des Vauses / biß auf den untersten Stein des Dachs. Welches / daß es seltzam und???ächerlich sey / wer es nicht / als etwa in Vau-Sachen minder erfahren / degreiffen kanider belustige sich andieser Figur / vorstellende (welch es eben so viel ist) einen Zwerg / stehende biß an die Hüfften unter einem grossen Hutte
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Abbildung §. 12. Aber genung von diesem nur beyläufftig-eingekommenem Punct / durch Veranlassung der Pracht- und Raritäten-Gebeude / des Mexicanischen Königes / Montezumae.

Das IV. Capitel.
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Von des grossen Mogols Schatz- und Raritäten Hauß zu Agra in Ost-Indien.

§. 1.
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SAgäntzlich Americam zu verlassen / und in Ost-Indien / als dem berühmtesten Theil Asiens / nachgehends in Persien / und Judäa / ebenmässig auch etwas Denckwürdigs / so zu Kunst- oder-Naturalien-Kammern gezogen werden möchte / hervor zu suchen; so findet sich die grosse / reich- und schöne / doch nicht gar-alte / und der Form eines halben Monden gleich-scheinende Stadt Agra / davon auch die herum-liegende Landschafft ihren Namen hat / wie Johann de Laet (de Indiâ verâ c. I. p. 10.) meldet / und selbige umbständlich hernach von pag. 39. biß 50. beschreibt; gelegen in der grösten Landschafft Indiens / so Indostan genennei wird: ja fast für eine Königin oder Königmässige Princessin in Orient zu schätzen / unter dein Gebiett des grossen Mogols welcher in gedachter Stadt zum öfftersten seine / und zwar fürnehinste Residentzund Schloß gehabt / welches gedachter Johann de Laet ? (I. d. pag. 40.) beschreibt mit diesen Worten / die eben nicht nöthig sind / iu Teutsch zugeben: Ad eandem (civitatem Agram) spricht Er: Regia Arx sita est, totius Orientis maxima & superbissima, quippe penè quator milliaria Anglica occupans, undiquad; muro, è quadratis saxis structo, circumdata Regis Palatium & Praetorium, aliaque AEdificia, incredibili magnificentiâ structa. Wie auch kurß darauf sagt Er ferner: (pag. 41.) Sequitur Regia Arx, cujus muri ad viginti quinque cubitorum altitudinem è rubro saxo, e. ductisunt, super locum nonnihil editum; Opusstupendum, & amoenissimo in omnes partes prospectu, praesertim ad ripam Fluminis, ubi opere cancellato structum est, cum fenestris aureis, è quibus Rex certamen Elephantorum solet prospicere. Und sonderlich beschreibt Er mit Fleiß mehr gedachte Königliche Burg oder Schloßim fünfften Capittel desselbigen Buchs (pag. 126. & seq.) wohin sich der günstige Leser kan verfügen. §. 2. Hierinnen nun ist des grossen Mogols reichstes Schatz-Haus zu finden gewest / wie Erasmus Francisei (part. 3. des Ost- und West Indianischen Lust-Gart. p. 1438. ) meldet: und in dem selbigen / acht grosse Gewölbe / inn- und über der Erde / theils mii Gold theils mit Silber angefüllet. §. 3. In einem unter diesen sind lauter Kleinodien und Edelgesteine / Diamanten / Rubinen / Sappihre / Schmaragde / Oniche / und dergleichen; wie auch Perlen; alle in ungemeiner Grösse / gesammlet gewesen: welches in Warheit Sachen sind / von kostbarer Curiosität / und Würden. §. 4. Ein anders ist verordnet gewesen / zu den Geschencken / welche andere Potentaten durch Ihre Gesandten an den Mogol geschickt. §. 5. Wir wollen / zu desto-mehrer Erklärung dessen / was itzo vorgebracht / etwas umbständlicher aus obgedachtem Johanne de Laet, (d. Idc. c. 7. p. 137. seq.) gedencken / und von dem grossen Reichthum Achaberis etwas mel [35] den / welchen er seinem Sohn Selim / und Enckel / des Selims Sohne / als Printzen / die zu gedachten Autoris Zeit gelebt / verlassen. §. 6. Derer Schatzes Uberfluß gar leicht ist abzunehmen / (I.) aus der Grösse und Weitläufftigkeit Ihrer Länder: (2.) daß niemand in des grossen Mogols Reiche / als von seiner Freygebigkeit begüttert gewesen ist; und Er wieder nehment / wem und was er gewolt / sich zum Erben gemacht aller seiner groß- und kleinen Unterthanen: (3. ) dab, solche Sammlung so viel Jahr gewehret / und wenig davon wieder hinweg gethan wird: (4 ) ja daß viel den äusserlichen Fürsten mit Gewalt wird abgenommen: (5.) oder sonst guttwillig vondenselben Ihm täglich treffliche Präsenten zugesen det werden. §. 7. Und ist also nit zuschätzen der unsägliche Reichthum / der bloß nur in dieser Königl. Burg an grossem Vorrath / an gölden-silbern- und ährnen Müntzë / ja an gantzen klumpen und stücken Goldes / an Geräthschafft von Ertz / Gold / göldenen Arm und Hals-bändern / köstlichen Porcellainen / ja an gantzen gegossen oder getriebenen göldenen grossen Bildern der Elephanden / Pferde / Cameel / und dergleichen / wie nicht minder an so wol Türckisch-als Perstanischen und andern mit Gold und Silber gestickten köstlichen Decken; allerhand Seiden-Woll und Baumwollenen Zeugen aus Bengala / Persien / Tartarey und plätzen Europä; oder auch an Zelten / Lacken / Umbhängen / und Tüchern / auf der Reise / und zu häußlicher Pracht zu brauchen; an sürnehmen / und köstlich-eingebundenen fast vier und zwantzig tausend Büchern; an groben Geschütz- und Büchsen / samt dazugehörigen Kraut und Loth / Patron-Taschen / Schwerdtern / Dolchen / Bogen / Pfeilen / und anderer Krieg / - Rüstung; an schönen geputzten Sätteln / Gold- und Silber reichen Gezäum / und anderm Reit- und Fahr-Zeuge & c. gefunden worden. Zu geschweigen / was seines theils Selim nach gehends an geprächten grossen Stücken Silbers / an geschnitten - und rohen / groß- und kleinen Diamanten / Rubinen / Smaragden / Perlen / Corallen & c. in großer Menge dazu gethan; oder über dieses noch so manche köstliche Degen und Dolche / derer Handgriff und Scheiden mit den köstlichen Steinen versetzt; göldene / gleichfals reich versetzte / und andere Glöcklein / derer man sich des Orths zum Vogel-fang zu Pferde gebrauchet; köstlich gefiederten Haupt-Hirrath / starck vergöldete Lantzen / derer Spitzen mit Edelsteinen besetzt; Sonnen-Schirme; ja zwen Königliche Trohn von Golde / und drey von Silber; Hundert silberne andere Stühl / und fünff von Golde; 200. kostbahre Spiegel; schön- und köstliche Becher / Krüge / Schalen / und andere Gefäß zum getrenck; sehr viel ringe vonhohem Werth; undanders mehr / für sich funden: theils hin und wieder in andern Schlössern / benahmendlich in der Burg Gaulia, Narva, Ratambor, Hadsier, Rotas, und sonderlich Lahor, zu sinden gewesen ist. §. 8. Dergleichen köstliche Dinge ich, meine / vor rechtschaffene / und Kunst- oder Naturalien-Kammern-anständige Dinge / garwol passiren können.

Das V. Capitel.
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Ob wol in Persien dergleichen sey zu finden?

§. 1.
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IN Persien hingegen scheinet / daß wenig oder nichts von so-reichlich- und Curiösem Vorrath dergleichen Dinge / mag zu finden seyn. Denn / hat es mit Königlichen Paläst- und Lust-Gärten / und dergleichen sonst-üblichen prächtigen Anstellungen daselbst / so eine schlechte und zukeinem sonderbahren Splendor angelegte Beschaffen-heit gehabt / als Petrus della Velle, ein Römischer Patricius, der Pilgramm genennt / im andern Theil seiner Reise-Beschreibung (im vierdten Send-Schreiben) zu verstehen giebet / und gegen Anno 1618. Denselbigen Theil Orients besehen: So bleiben wol allerhand rare Dinge / und mit denen einige bequäme Naturalien-Gemächer / und Raritäten-Versammlungen / so viel mehr dahinten. §. 2. Denn (I.) von dem Frauen-Zimmer-Garten beym Königlichen Pallast zu Escrèf, schreibt Er (pag. 132. a.) also: Auf dem Hügel ist ein verborgen Garten / für das Frauen-Zimmer gemacht / und mit starcken Mauren und Thürnen umbgeben: nicht gar groß / aber gantz eben / voller Bluhmen und wolriechender Kräuter / wie auch unterschiedlicher Früchte; insonderheit aber Pomerantzen und Limonien / in grosser Menge. Ich habe aber (setzt Er dabey) weder einige Laub-Hütten / noch Spring- Brunnen / noch dergleichen, Lustbarkeiten / darinn gesehen / wie dann NB. In gantz Orient nichts solches zu finden / weil sit es ent weder nicht machen können / oder nicht achten. Mitten im Garten / wo die vier Haupt-Gänge den [36] selben creutz-weiß theilen / ist ein achteckigtes Hautz gebauet / welches gar klein / aber etliche Stock-werek hoch ist / und vielgemahlte und vergüldete / aber / wie bey ihnen gebräuchlich / sehr kleine Gemächer hat / allein darinn zu schlaffen und zu sitzen. §. 3. Dieses Escrèf, wie der Autor vorher [pag. 97. ] berichtet hatte / sol eine / damals-zubauen angefangene neue Stadt gewesen seyn; davon ich jedoch / nach unterschiedener fleissigen Nachsuchung in andern Autoribus und Land- Charten / nichts finden können. §. 4. Unterdessen [2.] von eben demselben / von dem Herrn della Valle nahmhafft gemachten Orth / finde ich [pag. 132. b. 133. a. ] von des Königes Garten-Hauß ferner folgends: Dieses Hauß ist auch nicht groß / und hat unzehlich viel Gemächer in unterschiedlichen Stock wercken / so aber gleichfalls sehr klein / wiewol zierlich gemahlet / und kostbahr vergüldet seyn. §. 5. Dieses ist jedoch noch etwas Curiös / was kurtz darauf erfolget; daß nehmlich unter andern eine Kammer seyn soll / so in einem jeden Viereck zween grosse Spiegel / wie ein Fenster habe. Und diese 8. Spiegel sollen / wie Flärlich zu ermessen / von allen Veiten noch so viel dergleichen Kammern praesentiren / und auf solche Weise das Gesicht sehr annehinlich betrügen Von dem übrigen Zierrath aber dieses und der andern geheimen Gemächer (die Sie Wohnungen der Einsamkeit nennen sollen) bezeuget Er / daß dieselbigen nur theils an köstlich-gestickten Matratzen / die zu Landsbräuchlichen Nidersiß- oder liegen / und zu des Königs Kurßweil mit dem Frauen-Zimmer / gewidmet seyn / theils außgebreiteten schönen Teppichten / bestehen sollen. §. 6. Ingleichen [3. ] von der gar zu schlechten Mahlerey der Persianer setzt der Herr della Valle so fort dieses dabey: Ich habe in diesem Hauß etliche Mahler angetrosffen / und viel ihrer Gemählde gesehen. Unter andern wiesen sie mir den König mitten unter seinem Frauen Zimmer / welches sange / und auf musicalischen Instrumenten spielete / abgemahlet. Es gleichte aber dieses Vildnüß dem König so wenig / als mein Gevatter Andreas Pulice mir gleichet. Es sind alle ihre Gemälde / wiewol sie mit den schönsten und frischesten Farben gemahlet seyn / nichts werth / weil sie kein Leben in sich / noch einige Arth haben / und die besten Meister in dieser Kunst nichts als Stümpler seyn.

Das VI. Capitel.
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Ob König Salomon einige Kunst- oder Naturalien-Kammer zu Jerusalem gehabt?

§. 1.
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DErowegen laßt unsvon Persië hinweg / und zuden Grentzen Europa uns was näher machen; doch so / daß wir Palaestinam, oder das Heilige / in Gottes Wort so hoch Gelobte / nachgehends aber unter der Türckischen Herrschafft gantzlich entheiligte Land / und in dem selben die wiewol zerstörte / jedennoch zu ewigem Andencken uns angeschriebene alte Jüdische Haupd-Stadt Jerusalem / nicht unberühret lassen / umb / zu sehen / ???b einige entweder buchstabliche klare Nachricht / oder vernunfft-mässige scheinbare Muth- massung / irgend woher sey zu schöpfen / daß itzt-gedachter König Salomon / gleich wie Er ein Herr von allen Gaben des Verstandes / Glückes / und Macht / von GOtt hochbegabet gewesen / und in allen Wissenschafften versirt, also die curiöse Intention gehabt / viel rare köstliche Dinge / zu Seiner und Anderer Gemüth-Belustigung / zu halten / und bequäme Behältnüsse / gleichsam als so viel Kunst- oder Natu ralien-Kammern / dazu zu deputiren. §. 2. Waran demnach gantz keinen Zweiffel trage: und sind der Anzeigungen dessen / nach meinem Bedüncken / gantz sattsam und gnung Denn [1. ] was in der Welt nur einiger massen zu Vergnügung seines herrlichen Gemüths dienen möchte / gab Jhm GOtt; oder / wie im prediger [cap. 2, v. 10. ] stehet / Alles was seine Augen wünsch ten / das ließ Er (Salomon / durch Gottes Schickung) Jhnen . 3. Erthat grosse Dinge / wie eben daselbst [v 4. ] gesagt wird: Er baute Hänser / verstehe fürnehmlich diese / in 20. Jahren von Jhm vollbrachte / als die allerprachtigst- und majestätischen zwey; den Tempel / oder des Herren Hauß / und des Königs Hauß; wie geschrieben stehet im 1. Buch der Könige???cap. 9. v. 10. Welches der Dolmetscher der Thaldäischen Biblischen version, beym prediger / cap. 2. v. 4 also umbschreibet: AEdificavi, domuna Sanctuarii, ad expiandum peccata Israel, & domum Refrigerii Regis; & Conclave, & Porticum, & Domum judicii, de lapidibus dolatis, ubisedent Sapientes, & exercent Judicaturam. §. 4. Und [3. ] ausser diesem pflantzte Er Weinberge: (4.) machte Jhm Gärten und Paradieß- oder Lust-Gärten / (v. 5.) oder Pomaria, das ist / Obst-Gärten / wie in der Vulgatâ zu lesen; oder Viridaria, das ist / schöne grün- und wolbewachsene Lust plätze / [37] wie in der Syrischen Version stehet; mit welcher das Wort / liebliche Orthe / ode anmuthig-ergötzende Reviere / aus dem Arabischen Text / mit einstimmet. Und pflantzet allerley fruchtbare Bäume drein: welche Worte der Dolmetscher der Chaldäischen Version, fast wunderlich beschreibet mit diesen Redens-Arthen: Ich habe mir daselbst alle Geschlechter von Kräutern gepflantzet / theils zum Gebrauch ver Speisen und Trancks / und theils zur Medicin, allerhand Würtz-Kräuter habe ich mir darinn in demselben gezeuget; unfruchtbar- und würtz tragende bäume; und allerley fruchtbares Bäum Gewächs / die mir die Lemures und Spiritus noxii, das ist / die Nacht-Gespenste und bösen Geister (ein schlechter Titul für Salomons Kauf Leute) aus Indien zu gesühret haben. §. 5. Richt minder [5] machte Er Ihm Teiche (v. 6.) daraus zu wässern den Wald der grünenden Bäume / oder / wie eben derselbe Dolmetscher aus dem Chaldäischen an diesem Orth so viel artiger schreibt: Er maß ab oder erforschte ein Behältnüß der Wässer / derer er nöthig hatte / die Bäum und Kräuter zu befeuchten. Ja (6.) fals mehr-erwehntem Chaldäischen Dolmetscher (v. 8.) zu trauen / so hat Salomon beynebenst Gesund Wasser und warme Bäder (Thermas & Balnea) accommodirt, und selbige mit Röhren / die warm / und andere die laulecht Wasser führeten versehen: Vor welche worte aber die Paraphrasis der Arabischen Version hat: Comparavi mihi Cantores & Cantatrices inter delicias cum Filiis Hominum; nec non Viros ac Mulieres, Potum praebentes: oder nach der Syrischen; Feci mihi pincernas & Propinatrices; und nach der Vulgatâ: Scyphos & Urceos in Ministerio ad Vina fundenda; oder in unserer Teutschen Bibel: Und schaffte mir Wollust der Menschen allerley Seiten-Spiel. §. 6. Ja (7.) Er schrieb grosse Bücher von vielerlen schönen Dingen der Natur; und redete absonderlich (I. Reg. 4, v. 33.) von Bäumen / vom Ceder an zu Libanon / biß an den Isop / der aus der Wand wächset. Auch (8.) redete Er von Vieh und Vogeln; von Gewürm und Fischen. § 7. Am allernachdencklichsten oder denckwürdigsten aber / und zu colligirung der kostbahrsten Raritäten am aller bequänisten sind (9.) gewesen die durch die Welt beruffene / allerreichst-beladene / vielmahl wiederholte und glücklich-abgefertigte drey-jährige Schiffahrten / nach und zurück von Ophir; durch welche Er Ihm pflegt zu sammlen Silber und Gold / (Ecclesiast. 2. V. 8.) und von den Königen und Ländern einen Schatz: oder / wie der Arabische Text meldet / Pulcerrima quaeque Regum & Regionum, das ist / die schönsten Sachen von Königen und Ländern. Worunter allerdings verstanden / und billich / nach Anleitung des heil. Geistes selbst / mit eingerechnet werden / allerhand Edelgesteine / und das kostbare Holtz Almugim, (2. Chron. 9, V. 10.) welches insgemein für Ebenholtz gehalten wird. Zu geschweigen des Elffenbeins / [l. d. v. 21. & 1. Reg. 10. V. 22. ] davon Er seinen Königlichen Stuhl gemacht / und mit Gold reichlich außgezieret; zu geschweigen der Affen und Pfauen; an statt dessen letzteren Wortes jedoch aus Ursachen / die Ursinus Vol. 1. Analect. Sacr. (L. 3. Anal. 22. & L. 5. Anal. 32.) angesühret / so viel bequemer Papageven verstanden werden; davon auch beym Lipenio in seinem gelehrten Buch de Navigatione Salom. (pag. 777. und 801.) mit mehrem ist zu lesen. §. 8. Zu geschweigen endlich (10.) oder nur kürtzliche Meldung hier bey zufügen / von so köstlichen Geschencken außländischer Könige und Potentaten; davon geschrieben stehet: (2. Chron. 9. v. 24.) Und Sie brachten Ihm / ein jeglicher sein Geschencke; Silbern- und Göldene Gesässe; Kleider; Harnisch; Würtze; Roß- und Mäuler; jährlich. Woselbst vor oder bey dem Wort Würtze / der Syrische Text setzt Myrrhen; der Arabische aber Stacten / oder flüssende Myrhen / Weyrauch und Würtze. Kürtzlich: Allerhand kösilich-wolrüchende Specereyen. §. 9. Wer wolte derhalben wol dencken / daß Salomon / als ein Herr / von so hohen von Gott erleuchtetem Verstand / Macht / Ehre / reichthum / und Curiosität / der zwar wegen deß so überhäufften Zuflusses von zeitlichem Glück / und dabey ihm gegebener Weißheit / derer eiteler Dinge endlich wenig geachtet (verstehe / das Hertz nicht daran gehenget) jedoch Sie gantz keiner Philosophischen Consideration und gewisser Logimenter in seiner Königlichen, Burg solte werth geschätzet haben? Es stehet außdrücklich ja ferner (1. Chron. 9. V. 25.) geschrieben: Und Salomon hatte vier tausend Wagen Pferde / und zwölff tausend Reisigen: Und man thät sie in die Wagen-stätte. §. 10. Gleich wie er nun diese ebenfals grosse Anzahl der Pferde / oder sonst Roß und Mäuler nicht hat hinein in die weite Welt von sich hinweg lauffen lassen / wohin sie nur gewolt; sondern denselben ihre gewisse Stationes und Stallungen assigniret gewesen seyn und also ist nicht vermuthlich / daß er die köstliche balsamische Gewürtze und Specereyen wird auf die Strassen verstreut; die ihm verehrten / ohne zweifel schön polirt- und mit E [38] delgestein versetzten Harnische / seinen Bauer-Mägden und Küchen-Buben angelegt; die prächtigen frembden Kleider zerrissen: die schönen Gefesse zernichtet; Papageyen und Affen an Bäume gehengt / und mit Pfeile zur Wollust nach ihnen geschossen; das Helffenbein und Ebenholtz unnützlich verbrennt; Edelgesteine zermalmet; und endlich das überhäuffte Silber und Gold / das zwar wie Steine auffder Gassen gelegen / deßwegen aber so fort / als Steine / von sich hinweg geschmissen / oder aber wol gar in Abgrund der See versencket: sondern dies und jenes an gehörige Oerter und Pletze gethan / und Summa sein gantzes Schloß / zu einer allerreichsten und prächtigsten Kunst- und Naturalien-Kammer und etlichen tausend Repositoriis der köstichsten Raritäten gemachet haben.

Das VII. Capitel.
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Von Königs Hißkiä Schatz-Hauße gleichfals zu Jerusalem / und denen daselbst befindlichen Raritäten.

§. 1.
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INgleichen finden wir / unter den Nachfolgern Salomons in seinem Reich / von dem frommen König Hißkia / als dieser von seiner Krauckheit genesen / und von den Babylonischen Gesandten becomplementiret worden / an zweyen absonderlichen Orthen Heiliger Schrifft / solche Nachricht / die wir / als ein zimlich-klares Zeugnüß / von damals-schon-üblichen Schatz- und Maturalien-Kammern / zu unserm zerck vor gantz genehm und bequäm erken̅en können. §. 2. Denn in dem (I.) im andern Buch der Könige am 20. Capitel / (v. 13.) gesagt wird; Hißkia aber war frölich mit ihnen / und zeiget ihnen das gantze Schatz-Hauß / Silber / Gold / Specerey / und das beste Oehl / und die Harnisch-Kammer / und alles / was in seinen Schätzen verhanden war &c. oder (2.) in dem mit meistentheilsgleichen Worten beym Propheten Esaia / am 39. Capitel / (v. 2.) stehet: Und zeiget ihnen das Schatz-Hauß / Silber und Gold und Specerey / köstliche Salben / und alle seine Zeug-Häußer / und allen Schatz / den Er hatte; oder kürtzlich (v. 6.) Alles was seine Vätter gesammlet hatten / (daß also Hißkias der Erste / auch deßfals / nicht zu Jerusalem gewesen): Was ist das anders / als ein Exempel eines illustren Königlichen Schatzes und Raritäten-Gemachs: §. 3. Es werden ja außdrücklich hiemit / und mit Nahmen genennt; (I.) in genere oder insgemein / Schätze: die warlich nicht einem jeden bey offenen Thüren Preiß gegeben / oder einen jeden zum Raub gelassen / sondern mit Fleiß verwahret / und deßwegen / als was sonderliches / den Babylonischen Gesandtengezeiget worden seyn; vor welches wort (Schätze Castalio in seiner Lateinischen Bibel gebraucht das Wort Apparatus, oder Vorrath) / von vielen schönen Dingen: und (2.) in specie, Gold und Silber; Thimiamata, (bey den LXXII. Dolmetschern) oder Odoramenta, das ist / köstliche Räuchwerck: Aromata (nach der Vulgatá] oder schöne Gewürtz und Specereyen: Unguenta optima, vel preciosa, oder / welches eines ist / in der Englischen Bibel / the precious Oiutment, das ist / die besten und kostbahrsten Salben oder Oleum optimum, das beste Oel / nach der buchstäblichen Hebräischen version: Balsamum, oder Balsam / bey dem Castellione, Gutta (nach der Arabischen Bibel] das ist Stacte / [die wir LXXII haben] oder die beste Myrrhen: item Tus, oder Weyrauch / wiederumb nach dem Araber; ingleichen Pigmenta Varia, nach der Vulgta, das ist / also zu reden / allerhand frische wol zubereirete Farben und Mahlerey: und vasa oder Gefäß und allerhand preciöse Geschirr / wie zwischen den Hebräischen Grund-Text / und bey der Arabischen Version, zu sehen. §. 4. Und die Behältnüffe selbst dergleichen Dinge belangend / gleichfals als so viel Naturalien-Rammern des Königs Hißkiae / finden wir mit unterschiedenen gar bequämen / zu diesem Zweck dienenden / Nahmen benennt / als da sind diese: , oder Domus, ein Hauß: und zwar Domus desiderabilis, [bey dem Hebräischen Text: ein dem Könige hochbeliebtes Hauß: Domus Thesaurorum suorum, Sein Schatz-Hauß: Domus vasorum suorum, [wiederumb bey dem Hebräischen / und der Vulgatà] ein Haus seiner [verstehe köstlichen] Gefäse / oder Geschirre: Domus Aromatum, [39] gleichfals nach der Vulgatà) ein Würtz oder-Specereyen-Hauß: Domus Pinacothecae suae, bey (der Hebräischen Version,) ein Hauß seiner geheimsten Register: Apotheca supellectilis suae, (nach der Vulgatà] eine Apotheck / oder ordentliche Verfassung seines außerlesensten Vorraths: tous les Cabinets, (nach der Frantzösischen Bibel /) oder alle seine innerste absonderliche Zimmer: AErarium suum, (nach dem Arabischen /) oder Sein Königlicher Geld-Schatz; Cella Gazae suae, (nach dem Syrischen und Arabischen) Keller oder Gewölbe zu seinem Schatz: Cella Aromatum, (nach der Vulgatâ) oder Würtz-Keller: Omnia Armamentaria sua, alle seine Zeug-Häuser / wiederumb nach dem Syrisch: und Arabischen) oder bloß nur Armarium, (beym Castalione) das ist / Rist- oder Harnisch-Kammer. Welches wir alles in den allgemeinen Nahmeneines königlichen Raritäten-Hauses / mit guttem fug ein- und hiemit dieses / von Asiatischen Pracht-Zimmern handelndes Tractätlein / itziger Zeit beschlüssen. Anhang. Von den Civil-Bau-Kunst / so fern nehmlich der fürnehmste Grund derselben genommen ist. Von der Proportion der Gliedmassen / unsers Menschlichen Leibes. IM Neunten, Paragrapho des 3. Capitels / ist durch Veranlassung / von den Zwergen und Mißgeburthen Königes Montezume in Mexico, zu reden / etwas von dem alten Romanischen / und höher als Er voriger Zeit gehalten worden gelahrten Bau-Meister Vitruvio, gemeldet worden / welcher gestalt nehmlich Er allerwegen die Natur zum Pol-Stern und Richtschnur seiner Actionen gesetzet / und nicht vor wolgebaut erkennen mögen / welches nicht aus der Symmetrie der Glieder des menschlichen Leibes / guttentheils Dargethan / beträfftigt / und illustritt werden möchte. Als nunzwar dergleichen löbliche Hypothesin oder gethanen Außspruch des / Vitruvii ich gedacht hätte / von Glied zu Gliede / aus Exempeln der Anatomie / zu beleuchten / und mich anheischig machen kan / solches genugsam ins Werck zu stellen: so ist doch auch dieser Raum / gegen wärtiger Paginae oder Seite / noch viel zu enge darzu. Dieselbe derhalben jedoch zu füllen; so mag so fern dem geneigten Leser dienen folgedes Stück auß dem Vitruvio, dareus erhellet / welcher gestalt Gott und die Natur / uns Menschen unsere eigene Fuß-Stapffen zu einem Maaß oder Modulo richtiger Bau-Ordnungen / recommendiret; und gedachter Autor kein Narr / oder sonst auch kein blosser Werck-Meister und Handwercks-Mann / sondern gar viel weiter-hiuaus sehender Mensch gewesen / indem Er seine Wissenschafft auf so richtigen Grund gesetzt und sonstumb viel andere Wissenschafften mehr / ausser seiner Bau-Kunst / aufs fleissigste / sich bekümmernd / schändlich von unsern Vorfahren / die sich an dem verfürischen Aristotele ammeisten nur vergast / negligirt, und für eine̅ blossen Architectum (hätte bald gesagt / Zim̅erman̅) oder nit viel mehr geschätzet worde̅. Die Worte lauten also l. 4. cap. 1. Ibique, (in Iòniâ) Templa deorumimmortalium constituentes, coeperunt Fana aedificare: & primum Apolini Panionio aedem, uti viderant in Achaja, constituerunt, & eam Doricam appellaverunt, quod in Dorieon civitatibus primum factam eo genere viderunt. In ea aede cum voluissent columnas collocare, non habentes Symmetrias earum, & quaerentes quibus rationibusefficere possent, uti ad onus ferendum essent idoneae, & in aspectu brobatam haberent venustatem: dimensi sunt virilis pedis vestigium; & cum in venissent, pedem sexdam partem esse altitudinis in homine, ita in columnam transtulerunt: & qua crassitudine fecerunt basim scapi, tantum eam sexies cum capitulo in altum extulerunt. Ita Dorica columna virilis corporis proportionem, & firmitatem & venustatem in aedificiis praestare coepit. Item postea Dianae constituere aedem quaerentes, novi generis speciem, iisdem vestigiis, ad muliebrem transtulerunt gracilitatem: fecerunt primum columnae crassitudinem altitudinis octavâ parte; ut haberent speciem excelsiorem, basi Spiram supposuerunt pro calceo, capitulo volutas, uti capillamento concrispatos cincinnos praependentes dextrá ac sinistrâ, collocaverunt, & Cymatiis & Encarpis pro crinibus dispositis, frontes ornaverunt; truncoque toto strias, uti stolarum rugas, matronali more demiserunt. Ita duobus discruminibus columnarum in ventionem unam virili sine ornatu nudam specie, alteram muliepri subtilitate, & ornatu symmetriaque, sunt imitati. Posteri verò elegantia subtilitateque judiciorum progressi, & gracilioribus modulis delectati, septem crasfitudinis diametros in altitudinem columnae Doricae, lönicae octo semis, constituerunt. Id autem genus, quod lones fecerunt, primo lonicum est nominatum. Tertium vetò, quod Corinthium dicitur, virginalis habet gracilitatis imitationem: quod virgines propter aetatis teneritatem gracilioribus membris figuratae, effectus [40] recipiunt in ornatu venustiores. Ejus autem capitull prima inventio sic memoratur esse facta: Virgo civis Gorinthia, jam matura nuptiis, implicita morbo decessit. Post sepulturam ejus, quibus ea viva poculis de lectabatur, nutrix collecta & composita in calatho pertulit in calatho pertulit ad monumentum, & in summo collocavit: & uti ea permanerent diutius sub divo, tegulatexit. Is calathus fortuito supra acnanthi radicem fuerat collocatus. Interim pondere pressa radix acanthi media, folia & cauliculos circa Vernum tempus profudit; cujus cauliculi secundum calathi latera crescentes, & ab angulis tegulae ponderis necessitate expressi, flexuras in extremas partes volutarum facere sunt coacti. Tum Callimachus, qui propter elegantiam & subtilitatam artis marmorae, ab Atheniensibus catatechnos fuerat nominatus, praeteriens hoc monumentum, animadvertit eum calathum & circa foliorumnascentem teneritatem, delectatus genere & formae novitate, ad id exemplar columnas apud Corinthios fecit, symmetriasque constituit, ex eoque in operum perfectionibus Corinthii generis distribuit rationes. NB. Vorbericht an den geneigten Leser / So wol dieses / als nechst-künsftiger Tractätlein. In denenselben wird von folgenden Dingen gehandelt werden. 1. Von Kunst- und Naturäl-Raritäten-Gemächern in Gräntzen Europae / zu Constantinopel: 2. Auff der Jusul Malta: 3. und im Königreich Sicilien. (Diese Dreyerley sind auch vor diesem schon promittirt worden: haben aber wegen Kürtze der Zeit ietzt nicht beygebracht werden mögen: sondern werden ihren eigenen Titul / nehmlich von Kunst- und Naturalien-Kammern / in Gräntzen Curopae / kriegen. 4. Dann in Europa selbst / zu Neapolis: 5. Und Rom; &c. Vorstellung etlicher Kunst- und Naturalien-Kammern / in Africa / und an Gräntzen Europä. Dem Hoch Edlen / Hochgelahrten Herrn D. Laspar Marchen / Ihrer Chur Fürstl. Durchl. zu Brandenburg wohlbetrauten Rath / und deroselben weitberühmten fürnehmer Archiatro. wie auch Dem Wohl Edlen / Vest- und Hochgelahrten Herrn Georg Ernst Heldberg / Philosophiae practicae, Fürnehmen Professori P. zum Kiel / und jetzo der Löbl. Philosophischen Facultät hieselbst wol meritirten Decano, Meinen insonders-geneigt-hochgeehrten Herrn / respectivè Gevatter / Collegae gutten Günnern und Freunden: ZU welcher Zeit / und an welchem Orthe des bißanher leider / verunruhigten Heil. Röm. Reichs / diese gegenwärtige Schrifft / und dero wolgemeinte Zu-Schrifft / Ihn an [41] treffen werde / mein gantz geehrt- und liebwerthester Herr Gevatter / Herr D. Marchi, ist mir eben so wenig bekandt / so wenig entweder ihme ich völlig herzehlen / oder er selbst in einige Zweiffel ziehen kan das jenige / offtwiederholte treu-gemeinte Andencken seiner Person / und desiderium bay guten Freunden / womit selbige / nebst mir / Ihn fast täglich / biß an das Turennische Lager hinan / unter hertzlichem Wunsch aller erträglichen Befindligkeit / verfolgen. Derer Ungewißheit aber ungeachtet / und in Erinnerung so viel mehr / dero unter Uns jüngsthin gepflogenen Acht-jährigen special-collegialischen Verbübdligkeit / wozu Uns das interesse der hiesigen Medicinischen Facultät / damahls einmüthiglich gewiesen; so läst mir die daher entstandene Obligation gegen seine beständig-verspürte Humanität / Freundschafft / und vielerlen Liebes-Bezeigungen / nicht zu / dieses sich heut abstürtzende alte Jahr / ohne außdrück- und offentliche Begrüssung seiner / als eines so absonderlich-lieben / ja in Trauer- und andern Fällen bewerth-befundenen / und deßhalben billich hoch schätzbahren Günners und Freundes / dahin zu legen. Wünsche derhalben von Grund des Hertzens / daß / wo ihn nicht gegenwärtige Schrifft / meinem Verkangen nach / in kurtzer Zeit antreffen / und meinen ihm zugedachten inbrünstigen Neu-Jahrs-Wunsch aller perennirenden Prosperität / vor Augen so wohl des Leibes / als geneigten Gemüths vorstellen / jedennoch der Hächste in seiner neu-angetretenen / und rühmlich bißanher bekleideten honorablen Function, (bey diesen beschwerlich- und verworrenen Zeiten sonderlich) stärcken / vor allem Unfall gnädiglich bewahren / das allgemeine Vaterland in Fried und Ruh wieder setzen / in deniselben Ihrer Ehur-Fürstl. Durchl. von Brandenburg / und anderer gleichmässige / höchstrühmlichst-ergriffene Reichs-hülffliche Waffen segnen / und in Summa gleich wie die allgemeine Sicherheit. Uns schencken / also einem jeden / nach seinem Stande / sein Vergnügen geben / und solcher Gestalt in kurtzem / meinem großgeneigt- und hochwerthen Herrn Gevatter / nebst andern hochnutzlichen affairen / denen sonder Zweissel höchst-verlangten Deliciis suis Chymiae Selectioris, restituiren möge. Befinde inzwischen nicht nöthig / von dem Zweck / oder auch Einhalt gegenwärtiger Schrifft viel Worte zumachen; inmassen diesen der Context selbst / falls er lesens würdig / darthut / und jener in vorhergegangenen zweyer hierzu gehörigen Tractätlein / zur Gnüge dargestellet worden. Bitte nur diß wenige gern anzunehmen / und in Versicherung meiner bestädigen Ergebenheit / mir seine alte Affection unverändert bey sich zu conserviren. Womit ich so ferne von ihm ab / und nachmals zu ihm / mein auch Großgeneigt- und Sonders-Vielgeehrter Herr Collega, Herr Professor Heldberg / mich wende / und (in Betrachtung so wohl seiner von GOtt ihm verliehenen / unserer Academie nützlich-mehr und mehr hervorleuchtenden Gaben / als dero absonderlichen liebreichen Neigung / die ich gemercket / daß er zu meinen geringfügigen Concepten trägt / in diesem passu mich mehr von seiner Collegialischen Liebe / als eigener Würdigkeit des Wercks / gereitzt befunden / bey Demjenigen einen kleinen Verdruß meiner Sachen zu erwecken / der sich nicht mässigen kan / sie über dero Gebühr zu aestimiren. Oder so etwas Tüchtiges daran / so ist es vielmehr dem Einhalt der Dinge selbst / als mir / bero Referenten beyzumessen. Habe auch am wenigsten den gantzen Zweck nöthig / meinem hockgeehrten Herrn College weitläufftig zu erörthern; inmassen ihme / gleich wie andern guten Freundeu / theils münd-theils schrifftlich / alsobald bey Heraußgebung des erste Tractats / kund gemackt / wohin mein Absehen gehe / nehmlich ein Universal-Inventarinm der mer merckwürdigsten Naturäl-Raritäten / in noch sonst nie versucht- oder zu Tage gebrachter Ordnung / zu stifften; und also ihn und andere / zu möglichster Beytragung mehr und mehrer Nachricht / auffs freundlichste ersuchet. Zweiffle auch gar nicht an einigem Theil guten Effects, seiner deßfals behülfflichen Correspondentz mit wackeren / ihm bekandten fürnehmen / wohlgereisten Leuten. Deßwegen so vielmehr mich zu aller auffrichtigen Collegialischen ferneren Liebe und Freundschuldigkeit erbiekend / untergetreuem Wunsch eines glücklichsten Neuen Jahrs / und ergebung in Gottes gnädigen Schutz / verbleibe Meiner insonders-Groß-geneigt-Hochge Ehrten Respectivè Herrn Gevatters / Herrn Collegae, sehr werthgeschätzten Günner und Freunde Kiel / den 31. Decembr. A. 1674. stets dienstschuldigster D. B. D
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Das I. Capitel.
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Von den Schätzen / und einem köstlichen Geschirr des sehr-curiösen Königes Ptolomaei Philadelphi in Aegypten. ES ist in jüngst- heraußgegebener Schrifft von Americâ und Asiâ, im Namen Gottes numehrzu specialer Erzehlung dero mir-bekandten Raritäten-Gemächer der Welt / der Anfang gemachet worden. Und benahmentlich zwar ist umbständliche meldung geschehn / was in diesem pass zu Außziehrung des ädlen Studii Cosmosophici, oder niedlicher Wissenschafft von allerhand sichtbaren schönen Dingen / König Inga zu Pern / König Montezuma in Mexico / der grosse Mogol in Indien / und König Salomon / nebst dem König Hißkias / in Palaestinâ, ein jeder für sich / contribuiret. Worauß der geneigte Leser genung wird schllessen können / was er numehr so wohl in diesem / als folgenden Monathlichen Tractätlein / vor Dinge zugewarten / und / Summâ, nachgehends vom gantzen Werck / oder vorgenommenen allgemeinen Inventario mehr denn tausend denckwürdiger / in verwahrung genommener Naturäl-Stücke der Welt / für praesumtion zu machen habe. §. 2. Wollen derhalben nun itzterwehnte West- und Ost-Indien / nebst Palaestinâ verlassen; und gleichsam einen Sprung thuendt von Jerusalem ab / zwischen dem Mittelländisch- und Nothen Meer / in das benachbarte Africam hinein / Uns daselbst zu erinnerlichen Gemüths-Augen stellen / die allerprächtigste Krone / Zier / und Außbund Aegyptens / die uhralte / überaus lustig- und herrlich-gelegegene / Volckreiche Stadt Alexandria / in erwegung / daß König Ptolemaeus Philadelphus / so gegen Anno 3666. nach Erschaffung der Welt / oder 283. Jahr ohngefehr / fur Christi Geburt / floriret hat / wo nicht eine absonderliche vollständige Raritäten-Kammer / jedoch ein- und andere gewisse Behältnüsse zu seinen kostbarsten Sachen gehabt. Denn (I.) ist gnungsam bekandt / daß / wo nicht allen Regenten der Welt / doch den meisten / dieses gantz gemein / und fast zu allen Zeiten ein pertinent Stücke ihres Estats gewesen / einen gewissen Schatz in Bereitschafft zu halten / der so wohl zu Ehren / als im fall der Noth anzugreiffen gewiedmet. Und schreibet dannenhero Josephus (lib. 12. Antiq. cap. 2.) zu gegenwärtigem Zweck gar bequem / daß eben der König Ptolomaeus / von welchem das ganse Capitel handelt / gewisse Schatz-Meister in Bestallung gehabt / dehen Er seine Jubelen und Kleinodien / als den kostbarsten Theil seiner Schätze / anvertrauet habe. §. 3. (II.) So hat es auch dieser köstlichen schönen Provintz / oder Landschafft Aegypten / an den auperlesensten Gaben der Natur / wegen sonderbahrer Güte des Himmels / ersprießlicher Bewässerung / und so wohl inn als äusserlicher Fruchtbarkeit der Erden / me gefehlet: zugeschweigen / was vor so mancherley rare Sachen durch gelegenheit der Commercien / und frembder Herren Geschencke / die übrigen Theile Africae, das benachbarte Arabien und Palaestina, oder ausser diesen / Griechenland / Armenien / Syrien / Persien / und die weiter hinaus-entlegene Indianische Länder und Insulen / von Zeit zu Zeiten herbey gebracht / und Ptolemaei Schatz vermehret. §. 4. (III.) Ingleichen ist gewiß / daß die alten Aegyp???er dermassen kein rauh und ungeschliffenes Volck gewesen / daß von Wissenschafften und Künsten ihnen vielmehr zu aller Zeit fast alle Welt einmüthig ein Zeugnüs gegeben habe; und dieses umb so viel mehr bekräfftigen die zwar leblosen / doch sinnreich von ihnen erkünstelte Hieroglyphica, oder Lehr-Bilder / das köstliche Begräbnüß / Mausolaeum genannt / und so manche aufgeführte ungeheure Lasten der Obelisken / und starcken Pyramiden; daß also wir vieler Autorum beypflichtende Worte nicht mühsam hier beyzubringen / vonnöthen haben; ohne was ausser diesen die wiewohl-kleineren / aber umd so viel kostbahrere Manufacturen / an Gold-Silber- und Edelgestein-Werck betrifft. Davon schreibet Josephus in angezogenen Orth also: Es hätte König Ptolemaeus / seine Mildigkeit gegen die Juden / un derer hohen Prinster / den Eleazarum / zu bezeugen / nebst Kannen / Schüsseln / Schalen / funfftzig Talent Goldes / viel Edelgesteine mit geschickt / und den Schatz-Meistern / denen solche Kleinodien vertrauet waren / befohlen / daß sie den Kunstreichen Meistern / ich wiederhole / den kunstreichen Meistern / unter solchen Kleinodien und Edelgesteinen / die Wahl lassen solten. Und als Er (Josephus) nachgehends erzehlet / was der König noch viel grössere Unkosten und Fleiß auff die Beschenckung des Tempels zu Jerusalem gewendet / die alle umbständlich in selbem Capitel beschrieben werden / und einem / der es lieset / eine Verwunderung erwecken; so setzt er nachdencklich diese Wort: Solches alles ist durch die Geschickligkeit der jenigen / die daran gearbeitet / vollbracht worden. Denn es waren trefflich wohlerfahrne und wunderbarliche Künstler: doch hat des Königes Fleiß / der sich des Wercks mit sonderm Ernst angenommen / vielmehr dazu gethan; sintemal er die Werckleute nicht allein mit überflüssiger Bereitschafft gewaltiglich versahe / sondern auch der gemeine̅ Regiments-Sachen sich gäntzlich ent [43] schluge / selbst in eigener Person dabey war / da mans zurichtet / und aller Arbeit zusahe. Dasselbige macht / daß die Werckleute und Künstler desto fleissiger waren. Denn dieweil sie sahen / baß sich der König der Sachen so ernstlich annahm / haben sie desto grössern Fleiß auffdie Arbeit gelegt. §. 5. (IV.) Ja / daß er selbst gute Erfahrenheit in dergleichen Künsten gehabt / und in / Technicis geübt gewesen / erhellet unter andern darauß / daß mehr erwehnter Jopsephus kurtz vorher berichtet hatte / welcher gestalt Ptolemaeus benahmentlich den göldenen Tisch / den er nach Jerusalem zu verehren entschlossen / im Sinn gehabt hätte / fünfmal grösser machen zu lassen. Als er aber verstanden / daß so ein grosser Tisch zu täglichem Gebrauch nur ungeschickt seyn würde; habe er denselbigen / mit so viel köstlich- und schönern Kleinodien / und was das Gold betrifft / mit künstlicherhoben- gegraben außgestochen- und von allen 4. Seiten correspondirender Blumen-Laub-Granat-Apffel- und Trauben-Arbeit / derer natürliche Farben durch keine Mahlerey / sondern durch blosse natürliche Farbender darzu-sich schickenden Edelgesteine gethan / und im übrigen dieses so hoch-denckwürdig / und fast inaestimable Werck / mit Kräntzen / Riegen / Spitzen / Hefften / und anderem Zierath / auffs überflüssigste schmücken / (alles nach seiner eigenen Invention) und umb dieser Ursach willen Ihm zuvorher ein Modell oder Muster des Tisches im Tempel / zu seiner genauesten Speculation und fernerer Eintheilung / machen lassen / dieweil er sich (ich gebrauche nun wiederumb des Josephi Wort) auf allerley Werck und Kunst wol verstund / auch neue wunderbarliche Arbeit auß???innen / und was schon vorbin nicht entworffen war / auß seinem eigenen Verstand erfinden / und den Künstlern angeben konte. §. 6. Oben auf dem Tisch ist ein krauß Wasser-Werck gewesen / und mitten darinn von Edelsteinen eingelegte gleichsam-Sterne. Umb das Krauß-Werck aber hat ein Geflecht / wie ein Seil / herumb gehangen / in der mitten rund und lang; Auf welchem Erystall und Agstein eingeleget worden. Worvon ich allermeist darumb hier Meldung beyfügen wollen / Massen mir das Wort Agstein einigerley Nachdencken macht / und ich solches so fern behalten / weil ich es also in der verdeutschten Edition des Josephi, zu Straßburg An. 1617. gedruckt / befunden / deutende eigentlich auf Succinum, so auff Teutsch Agstein oder Bernstein genennet wird. Dergleichen ich aber fast nit vermuthe / daß in berührtem äusserlichem Geflechte des krausen Wasser - Wercks / wird gewesen seyn. Denn (1.) ist ein grosser Zweiffel / ob das Succinum dazumal schon sey / und sonderlich in Aegypten / wohin Teutschland oder Preussen keine Correspondentz gehabt / bekant gewesen. (2) Weiß ich selbsten wohl / daß in mehrern Orthen der Welt / als in Preussen / ja gar in Ost-Indien / nach heutiges Tages vieler Meinung / das Succinum zu finden sey: Aber unter dem Europätschen und Orientalischen so genannten Succinis, die zwar an güldischer Durchsichtigkeit scheinen ein thun zu seyn; bedünckt mich / ist so ein grosser Unterscheid so wohl an Härte / als an Geruch / als zwischen Glaß / und Beuzde / oder einem andern wohlrüchenden medieinalischen Hartze. Dann das rechte / (Europäische) Succinum, wie bekandt / ist unter allen Bituminibus Terrae das Härteste / und läst sich mit den Fingern so leicht zerreiben / und springt im zerstossen / als ein Glaß. Deshalben es auch die allen Teutschen / nach Taciti Anzeigung / Glessum (so viel als Glaß) genennet haben. Mein Succinum Indicum aber / und was ich anderswo unter diesem Titul gesehen / läst sich / wie Benzoé, Tacamahac, oder ander geschmeidiges Hartz / mit geringerer Gewalt zerreiben. Und riecht lieblich fast bloß / und von sich selbsten / ohne sonderlich-nötiges Reiben und Brennen; da das Europäische Succinum hingegen so gar lieblich nicht / sondern was strenger / fuliginöser / oder rauchiger / ja gar nichts riechet / es werbe dann seine Textur theils durch starckes Reiben / theils vom warmen trockenen / oder auch bequämen kalt- und flüssigem Feuer (Menstruo, vel liquore solvenre) zergliedert. (3.) Doch / was soll ich sagen? Ich finde im Griechischen Text selbst des Josephi, das Wort Electrum, welches auf Teutsch Agstein oder Bernstein heist / gebrauchet. Denn also lauten daselbst die Wortt: . Aber dieser Scrupel ist auch nicht sonderlich schwer zu heben / wenn wir nur theils die Zeit / da Josephus gelebt / und theils den doppelten Verstand des Wortes Electrum, recht er wegen. §. 7. Denn (???.) hat so wohl dieser Josephus als Plinius, der sich ebensfalls des Worts Electri in Schrifften bedient / allbereit nach Christi Geburt / ja nach Zerstörung Jerusalem / und also eine gute Weile nach Vertilgung der Griechischen Monarchie gelebet. Zu welcher Römer / und jüngerer Griechen Zeit / derhalben man allemal ein Griechisch Wort nicht gantz genaue genommen;. und noch weniger des Josephi, oder des damaligen gantzen Seculi Thun gewesen / in genauer Wissenschafft der Medicamentorum Simplicium, und sonderlich Corporum Fossilium, sich also tieff zuversteigen / und deroselben Qualitäten durch vielerley Experimenten zuerforschen / als solches Studium ???u unserer Zeit / und in Europa vorauß / nach und nach excoliret wird. Und welches noch ärger / der gute Plinins. an welchem mehr eine unersättliche Zusammenschreibungs-Arbeit / als grosses scharffes Ingenium zu loben / an eben den ???enigen Orthen / da [44] er des Electri gedenckt / sich theils mit Poetischen Fabeln / theils mit hdren-sagen und Wieden sagen behilffet. (ß.) Zu dem so heist Electrum auch eben allezeit nicht so viel / als Agstein: Sondern in Corpore und Institutionibus Juris, ja beym Plinio selbst an einem Orth / wird es ausser dem vor so viel / als ein Mixtur, auß gewissen theilen Goldes und Silbers zusammen geschmoltzen / genommen: und beym Paracelso deutet es vollends auf eine Mixtur, von allen Metallen / unter abmerckung der Vereinigung gewisser Planeten / verfertigt. Wäre das derhalben so gar ungereimt / so man sagte / Ptolemaeus hätte an vorhinerwehntem herumbhangenden Geflechte des künstlichen Wasser-Wercks gewisse stücke Crystall / und sothanen metallischen Electri einlegen / und umb einander versetzen lassen? In welchem Handel jedoch einem jeden gantz gern frey gelassen wird / mit beygebrachter meiner Conjectur überein zustimmen / oder auch davon ab / und zu dem verbrennlichen Agstein zu gehen. §. 8. Wäre aber Josephus ein Teutscher gewesen / oder hätte originaliter Teutsch geschrieben / so muß ich bekennen / daß eben auß dem Worte Agstein im übrigen ein neuer Zweiffel entstehen könte; Ob es nehmlich nicht möchte verdruckt oder verschrieben seyn / und Agt-Stein / so viel als Agat-Stein / oder Achat-Stein / welcher kein Bitumen, oder verbrennlicher-schweflicher-Safft / sondern ein gewachsener harter Stein / und zwar ein Edelgestein ist / und bißweilen so kostbar / ja kostbarer als der Crystall / heissen solle. Dergleichen Arth Stein Lateinisch Achates genennet / für Alters vorauß / wegen seiner Klarheit / und seltzamen Unterschiedligkeit der Farben / in hohem Werth gewesen / und heutiges Tages zu Petfchier-Steinen aptirt / und künstlich darein gegraben wird; auß grössern Stucken aber / allerhand niedliche kostbare Geschirr gemachet werden: von dergleichen ich zwar ein und ander Exempel auß alten Historien vorbringen könte: aber allen andern gehet an Grösse / Schönheit / Rarität / und Kostbarkeit vor die bloß und allein Käyser-würdige fürtreffliche Achatine grosse Schale des Großmächtigsten / Unüberwindlichsten Käysers LEOPOLDI, Welche zu Wien in seinem Käyserlichen Schatz / als eines von den principalisten Stücken / und auß Orientalischem Agat gemacht / hält im Umfang 2. Wiener Ellen und ein Drittheil; in die Breite aber / von einem Ende der Handhaben biß zu dem andern genommen / 1. Ellen minder 2. Zoll. Und welches das admirabelste / gleich wie die Natur in den Achat-Steinen viel und seltzame Figuren / als ob sie ein mahler gemahlet hätte / unserm Gesicht vorzustellen pfleget / und ich in meinen Scriniolis einen Oual-runden nagel-grossen blaß durchsichtigen / Orientalischen Achat habe / in welchem die darzwischen gekommene schwärtzere Stein Säffte ein sehr artiges Bäumlein / oder Gewächs / einer Ericiae ähnlich / exprimirt: also ist in der Höle Allerhöchst gedachter Römischen Käyserl. Maj. unschätzbaren Achatinen Schale / eine gantze Rey zwölff natürlich-gewachsener Characteren / dieser Figur / und etwas krummgeführter Ordnung / ??? zu sehen / welche der weltberühmte Herr Petrus Lambecius daselbst / nach beywohnendem sinnreichen Nachdencken / in folgende Wort außdeutet: BEATORI ORBIS: oder / BEATORI GENERIS HUMANI, CHRISTO REGI SEMPITERNO, TRI-UNI, CRUCIFIXO. Und ist dieser Schalen Abbildung zu finden in dem ersten Theil Ephemeridum dero des Heil. Röm. Reichs Naturae-Curiosorum Societät (obs. 112. pag. 263.) als welche Rarität / nebst etlichen andern / gleichfalls ungemeinen Dingen / auff allergnädigsten Befehl / und höchst- / preißliche Mildigkeit Ihrer Röm. Käyserl. Maj. Anno 1670. Dero Hof-Kupffer-stecher zu Kupffer gebracht: und solche Kupffer-Platten / zu desto herrlicher Außzierung gedachter Ephemeridum, Der Käyser unserer Societät nach Breßlau senden lassende / grossen theils dadurch gezeigt / welcher gestalt Sie eine Allergnädigste reflexion zu Dero allerunterthänigstem Collegio, Sacri Sui Imperii, Curioso, tragen. §. 9. Welcher bißanheo geführter Discurs, hiemit es nicht scheine / als ob mit demselben von Königes Ptolmaei Person und Schätzen zuweit abgegangen seye; Sihe da / so will [45] ich erzehlen / was Ihre Hoch Fürstl. Regierende Durchl. zu Gottorff / Hertzog Christian-Albrecht / mein gnädister Fürst und Herr / Anno 1662. im Monath Augusti, auf Seiner damaligen Reise durch Franckreich zu St. Deyns daselbst / nahe Paris / im Königl. Schatz gesehen: nemlich ein köstliches / von Orienthalischen Agath gemachtes Geschirr / mit zweyen Henckeln / welches König Ptolemaeus / Phyladelphus in Egypten / aus einem Stücke / ziemlich groß / soll haben verfertigen lassen mit vielen hieroglyphischen Figuren und Emblematibus, die so künstlich darauf geschnitten / daß gantzer 30. Jahr darüber gearbeitet worden / und anitzo besagtes Stück / wegen seiner Kunst und Antiquität / nicht gnung zu schätzen seye; wie solches ich aus der curiösen Beschreibung derselbigen Reise / nebenst andern merckwürdigen Sachen mir gemercket / so von den Wohlgebohrnen Herrn / Hn. Hans Wilhelm von Reichel / des Herrn Bischoffen von Lübeck / Hoch Fürstl. Durchl. Hertzog August Friedrichen / anitzo geheimen Rath / und Amptmann zu Urhin / auf selbiger Reise abgefasser / und mir gewogenst / zu so viel glücklicherer Außzierung so wol dieses / als künfftiger Kunst - Kammer Tractätlein vergönnet worden. Welches Geschirr in Warheit / wo nicht wegen seiner Grösse / und sonderlichem Meister-stück der Natur / wie zwar das Käyserliche / jedoch aller massen wegen seiner Kunst und Antiquität sehr hoch zu rühmen; falls nur nicht etwa was gedichtetes hierunter versirt, weil doch die Frantzäsische Nation in Erfindung vieler scheinbarer Dinge für den andern glücklich ist; und man bey Praefectis gedachten Königl. Schatzes zu St. Denys läst dahingestellet seyn / aus was vor historischen Documenten / oder glaubwürdigen Traditionen sie zu beweisen dencken / daß solche Geschirr gewiß und warhafftig Königs Ptolemaei gewesen / und nicht nachgehends vielmehr / den König in Franckreich nur etwas zu flattiren / von einem schlauen Künstler in speciem also erkünstelt seye.

Das II - Capitel.
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Ein mehrers von der Curiosität Königs Ptolemaei / und trefflichen Bibliothek desselben.

§. 1.
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Aber lasset uns bey der Persohn Königs Ptolemaei / und seiner Ruhmwürdigen Curiosität / noch mit wenigem aufhalten / und ferner / wiewol kürtzlich erörtern / welchergestalt Er mehr / als andere vor und nach Ihm / in damaligem Königreich Egypten / zu außerlesener winssenschafft von Dingen der Natur / eine absonderliche Inclination getragen. §. 2. Solches erhellet (V.) daraus / daß zuvorher- und offt-erwehnter wackerer Autor, Josephus, erzehlet / Er / der König / als er die nach Alexandria beruffene / mit Freuden empfangen- und aufs beste accommodirte 72. Griechische Dolmetscher an seiner Taffel gehabt / von Weiß Heit mit ihnen zu reden angefangen / und einem jeglichen eine Frage von natürlichen Sachen / die eines fleiffigen Nachdenckens bedürft / aufgegeben habe: und / nachdem Sie allzumal unterschiedlich und weißlich darauf geantwortet / seine Kurtzweil / Lust / und Freude daran gehabt habende / dergleichen Mahlzeit zwölff Tagelang zugerichtet; wir nicht minder zuletzt / nach mild reich- und honorabeler Abfertigung dieser seiner solieben Gäste / von Eliazaro dem hohen Priester schrifftlich begehret hätte / wo irgend derer 70. Männer einer / zu Ihm zukommen Lust haben würde / Er Ihm solches vergünnen wolte: dann seine Lust (find Worte Josephi) und Freude seye / mit Gelehrten Leuten freundliech Gespräch zu halten; wolle auch seinen Keichthum gern an solche Leute wenden. §. 3. (VI.) Absonderlich derhalben ist unschwer hieraus zuschlüssen / daß dieser kluge / fromme / curiöse / und gegen gute Künste freygedige Herr / aus bloser freyer Gemüths-Regung / und zu vermeintem Gemeinem besten / keines weges aber aus Hoffarth und Ehr-Geitz / oder sträfflicher Eigennützigkeit gethan / daß er bedacht gewesen / wie er / nach Micraelii (Lib. I. Syntagm. Histor. Sect. 3. pag. 64.) Bericht / in derjenigen Enge des Landes / die zwischen dem Rothen und AEgyptischen / oder letztern Theil des Mittellendischen Meeres ist / den längst vorher von Sesos???ri versuchten / aber zukeiner perfection gebrachten Canal / tieffer graben / ihn Schiff-reich machen / denen Commercien des Mittel - Ländischen Meeres und der Indianischen Reiche / eine kürtzere Strasse öffnen / und beyde Meere / (das Roth- und Mittelländische) gleichsam zusammen koppeln möchte. Worinnen er sich jedoch gemässigt / und davon abgelassen. Denn als ihm solches die Natur kündiger wiederrathen / auß Beysorgung / es möchte auß solcher Wasser-Leitung eine schädliche Fluth sich ergiessen / und diese das gantze Aegypten / oder den mehrern Theil dessen / mit seiner äussersten Ruin / unter Wasser setzen; hat er ihrem Abrathen gar weißlich und heilsam gesolget. §. 4. (VII.) Das allermerckwürdigste Denckzeichen aber / seiner nie ermüdeten Curiosität / halte ich ausser Zweiffel / seye die von ihm zu Alexandria gestifftete / durch den [46] gantzen Erdboden / bey allen Völckern biß auf den heutigen Tag hochberühmte kostbare Bibliothek. Von dergleichen Sachen zwar / (nehmlich von Bücher-Kammern / oder Bücher- und Schrifften-Behältnüssen) viel zu handeln / dieses gegenwärtigen / oder folgenden Tractätlein Zweck nicht ist: in massen aber auch solch Beginnen des Königes zu soviel mehrerm und kräfftigerem Beweißthum der bißanherberührten Königlichen Curiositäten dient: so hoffe ich / wird dem geneigten Leser nicht verdrüßlich seyn / gleich wie dem hochweisen Stiffter derselben Bibliotheck / seinen bey aller Posterität hiedurch erworbenen billichen Ruhm / also einer kurtzen Beschreibung derselben / den Raum zu etlichen wenig Zeilen / als nützlichen Rest dieses Capitels / gar gern zu günnen. §. 5. Sein Absehn derhalben ist damit gewesen / daß / weil er sich seiner Sterbligkeit schuldig bewuft / seinem Namen jedoch / durch Conservirung der herrlichst- und nutzbarsten Schrifften / die ungezweiffelte Unsterbligkeit hinterlassen möchte. Hat deßwegen keiner Müh / keiner Sorgfalt und Kosten gespart / auß allen Orthen der Welt / durch unterthänige treue Dienste seines Demetrii Phalerei, so von Athen zu ihm in Aegypten flüchtig gewesen / viel tausend Bücher zu verschreiben / und derer ein grosses Theil / ins Griechische übersetzen / jedoch keines ihm höher angelegen seyn lassen / als des Gesetzes Gottes habhafft zu werden; schrifftlich darzu gereitzt durch embsiges Anhalten gedachten Demetrit / so ihm gerathen / nach Jerusalem an Eleazarum / als hohen Priester der Juden daselbst / zu schreiben / daß er auß einem jedweden Stamm / sechs seine / des Gesetzes Gottes wolerfahrne Männer nach Alexandria sendete / auß derer Dolmetschung ein klarer und einhelliger Verstand der Jüdischen Bücher / und sonderlich des Gesetz-Buches / zu schöpffen wäre. Diß eben ist das allererste / womit Josephus in offt-angezogenem 12ten Buch von alten Geschichten / das 2. Capitel anfänget / also schreibende: Darnach ward Ptolemäus Philadelphus König in Aegyptenland; regieret bey neun und dreyssig Jahr / und ließ das Gesetz Gottes in die Griechische Sprache verdolmetschen. Desgleichen gaberalle Hierosolymitanische Bürger / so in Aegyptischer Dienstbarkeit verhafftet waren / derer bey hundert und zwantzig tausend gewesen / freyledig; und solches aus, der Ursach: Dann Demetrius Phalerius / welcher über des Kömges Liberey verordnet war / befließ sich allerhand Bücher / die nützlich zu lesen / und dem König annehmlich / wo er sie auf dem gantzen Erdboden bekommen möchte / auffzukauffen / und in die Königliche Liberey zu stellen. Denn des Königs Lust und Freude stund zu mancherley Bücher. §. 6. Und ist solcher gestalt nicht zu glauben / das er es / wie na bericht Lipsii (Syntagm. d. Bibliothcc. cap. 2.) einige davor halten / auf anstifften und nach dem Exempei des Aristotelis gethan. Oder die Worte / müssen anders außgelegt / und milder / das ist / von blosser Einkauffung eines gutentheils der jenigen Bücher / die Aristotelis dem Theophrasto / und dieser dem Neleo hinterlassen habe / verstanden werden; als von welchem letzteren sie hernach Ptolemaeus erhandelt / und nebenst denen / die er zu Athen und Rhodis gekaufft / nach Alexandriam hinbringen lassen. Verstehe nach Alexandriam / gelegen am äussersten Endedes Mittelländischen Meers / und durchwässert von einem / sich in kleinere Ströme vertheilenden Arm des Flusses Nili; die fast gröst- und reicheste Stadt Aegyptens: und der fürtrefflichsten Wercke des grossen Alexandri eines. Dennes sollen / wie Theophilus Urbinus, in seinem artigen Türckischer-Städte Büchlein / auß dem Eustachio anmercket / sonst noch 16. andere Städte dieses Namens seyn. §. 7. Die Anzahl der Bücher / in der Alexandrinischen Bibliothek / betreffend; so gebeneket ihrer Seneca (de Tranq. An. cap. 9.) von vier hundert tausenden. Ammianus Marcellinus aber (lib. 22.) und A, Gellius (lib. 6. cap. ult.) setzen noch 300. tausenddarzu / und geben die Summa von siebenhundert tausend. Unter welchen das Geletz-Buch Gottes / so ihm die Aeltesten von Jerusalem / im Namen ihres hohen Priesters / zum Geschencke mit gebracht / auff Pergament mit göldenen Buchstaben geschrieden / und netreingebunden gewsen; und er / der König / ihnen gar freundlich für allen andern aber / wie Josephus berichtit / GOtt im Himmel / davor gedancket. §. 8. Doch wie alles Irrdische der Nichtigkeit endlich unterworffen ist: also ist nach zweyhundert und etzlich und zwantzig Jahren / nach dem Alexandria von Julio Caesare eingenommen worden / nicht zwar vorsetzlich / oder auß Boßheit / sondern (wie auch itzt-gedachter Gelius bezeugt) ohngefehr durch Unglück und unversehens / von den Kayserlichen Hülff-Völckernin Brand gestecket; welchen Thränwürdigen Bücher-Brand Lipsius (L. ante c. pag. 12.) etwas klärer / folgender gestalt beschreibet: Totum hoc, quicquid fuit Librorum, Bello Civili Pompejano periit, cum Caesar in ipsâ in Urbe Alexandria Bellum cum Incolis gereret, &, tuitionis suae causa, Ignem in Naves misisset, qui & vicina Navalia, ipsamque Bibliothecam comprehendit & absumsit. §. 9. Un̅ solzwar / wie der hochberühmte Herr [47] Thomas Bartholinus (de Biblioth. suae Incendio, pag. 32.) anführet / von der Cleopatrâ (Antonii) etlicher massen reparirt, jedoch noch einmahl wiederum / benahmendlich von den Arriauern / angesteckt / und in Rauch und Asche verkehret worden seyn; worvon beym Lipsio (pag. 13.) mit mehrem kan gelesen werden.

Das III. Capitel.
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Von einer sonderbaren Drachen-Haut / weiland in der Byzantinischen Bibliothek.

§.
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DEr gelehrte Mann / Bellonius, so sich wegen seiner fleissig- und curiösen Reisen in und durch Aegypten / Griechenland / Judaeam / Syrien / und fernere Platze Morgenlandes / sehr berühmt gemacht gedenckt an einem Orthe (lib. 2. Obs. cap. 15.) daß die jenigen / so von Constantinopel nach Alexandria gleichzu reisen wolten / von Norden nach Süden zu schiffen haben: und (cap. 18.) man / wenn der W???nd favorabel, in acht Tag und Nächten / gar wohl überkom̅en könne. Wir kehren den Außspruch umb; und genungsam betrachtet habende / was etwa zu Alexandria vor Raritäten Königes Ptolemaei zu sehn oder zu suchen gewesen seyn / richten im Meer der Gedancken / das Schiff unserer Betrachtung rectà von Süden / gegen Norden; und uns getrauende / von Alexandriâ nach Byzantz oder alt Constantinopel / in einem Augenblick unsere Uberfatrh zu thun / wollen auffdero daselbst weiland befindlichen Bibliothek / die gantze Poesi des Homeri, mit göldenen Buchstaben geschrieben auf eine 120. Schuh-lange-Drachen-Haut / weil solche / der Grösse wegen / für eine sonderbare Rarität / und Wunder der Naturgehalten wird / zu unsrem Kunst- und Naturalien-Kammer-Abhandlungs-Zweck / erwegen / unser Bedencken auf unterschiedene Puncten / in deutlicher Ordnung richtend. §. 2. Unter welchen / was (1.) die Stadt Byzantz / in welcher die Bibliothek / mit der so viel-beruffenen Drachen-Haut gewesen / betrifft; so ist allbereit erwehnet / un̅ ohne dem gnugsam dekandt / daß eben sie die jenige sey / die nachmals Constantinopel gennennet worden / von dem Christlichen Kayser Constantino Magno / welcher sie etliche Jahr nach A. C. 300. herrlich geziert / renovirt, benamendlich mit Kirchen / Schulen / und andern nützlichen Wercken versehen / erweitert / von Rom den besten Zierath und alle Magnifizentz dahin gebracht / (weßwegen sie auch neu Rom genennet worden /) nnd Summa zu einer Majestätischen Kron und Käyserin des gantzen Erdbodens gemacht / das ist / den Sitz der Römischen Monarchie dahin transferiret / nachdem Severus und Gallienus, sie zuvorhero (ein jeder zu seiner Zeit) verdorben; und Severus vorauß / gegen den sie sich zwar biß auffs äusserste gewehrt / sie dermassen geängstigt / daß ihrer viel aus Noth sich gegen die Feinde hindurch geflüchtet / und ersoffen; andere in der Stadt gegen einander loß-gezogen / sich ermordet / und für grossem Hunger auffgefressen; oder sonst auß Mangel Munition, gedrungen worden / die besten Statuen / und Bilder der Stadt / so wohl von Metall / als Stein / abzubrechen / und über die Mauren hinab auffder Feinde Köpffe zu schmeissen / wie hievon Thomas Rivius, ein Engelländer / (Hist. Navalis lib. 1. cap. 30.) berichtet. §. 3. Sie ist gelegen an der Ost Seiten Europae, zwischen den beyden Meeren / Ponto Euxinio, oder dem schwartzen Meer / und Propontide, so sonsten Mar de Marmora, oder das Marmorische Meer / geheissen; am Thracischen Canal / engen Meer-Schlund / oder Ochsfurth / so zu reden / auff Lateinisch / (aus dem Griechischen genommen) Bosphoro Thracio: und also gleichsam der Schlüssel des Ponti, Propontidis, und Archipelagi, oder des AEgeischen Meers. Ja dermassen vortheilhafftig und schön situiret / daß es nicht gnungsam zubejammern / daß / nachdem sie A. Chr. 1453. unter das Mahometische Joch gebracht / solcher gestallt die Beherrschung der daselbstgelegenen ädlen Länder / von den Christen hinweg / und bey den unglaubigen / Gottlosen Türcken blieben; inmassen sie heutiges Tages beständig annoch mit hoffärtig- und verächtlichem Rücken ansieht unser in tausend innerliche Feindseligkeiten zergliedertes Europa / in dero Gräntzen sie liegt; vor sich aber / als ein wachend???r Hund / Asien nie auß ihren Augen lässet; Aegypten und mehr Plätze Africae gleichsam unter dem kräfftigen Daumen ihrer Rechten hält; und mit der Lincken an sich ziehet nicht minder den unglaublichen Vorrath der Fische / die ihr das angräntzende schwartze Meer / mit darzugehöriger Maeotischen Pfütze giebet / als so manche benachbarte Völcker / die rings-umbher der zu-stürtzenden Flüsse sich bedienen. Pfuy! hat unsere Christenheit nicht ein unschätzbar Kleinod verlohren! wiewohl die Häuser meistentheils nur schlecht erbauet / und / nach proportion der Grösse der Stadt / äusserlich auffden Strassen / ein schlechter Splendör zu finde̅ / wie [48] etlicher massen auß dem Busbequio (Epist. 1. Legat. Turcic. pag. 67.) zu schliessen ist. §. 4. Vor Constantini Zeiten aber sol diese mächtige Stadt / Antonius, L. Septimii Severi Sohn Antoniam genennet haben / wie Micraelius (Syutagm. Histor. lib. 2. Sect. 3. pag. 393.) berichtet. Ich sage / eine mächtige Stadt. Denn / nach Theophili Urbini (im Turckischer-Städte Büchlein / pag. 223.) Erzehlung / sollen sich 7477. groß- und kleine Gassen daselbst; 5337. groß- und kleinere Tempel; 447. Christliche Kirchen; 418. Herbergen; 100. Hospitäle; 895. Bäder; 947. offentliche Brunnen; 584. Mühlen; 20. Märckte; 515. grosse Schulen; 1652. kleine Schulen; 24. Thor; und eine halbe Meile Umbfangs; und bey siebenmal hundert tausend Einwohner daselbst befinden. §. 5. In dieser grossen Volckreichen Stadt nun (2.) Byzantz / oder Constantinopel / hat der löbliche Kayser Constantinus unter andern auch / wie dem Rud. Hospiniano (lib. 3. de Us. & Abus. Templorum, cap. 6. pag. 101. b. (glaubbar bedünckt / zu obberührter Bibliothek / bey Sr. Sopbien Kirche / den ersten Grund geleget; welche Kirche die allerfurnehmste in gantz Constantinopel / köstlich gewölbet / und mit Marmelsteinen gezieret / ja / nach Urbini (l. antè d. pag. 241. 242,) anmercken / eine von den grösten der Welt seyn sol; dennmandarinnen ein Schiff / so man gleich alle Segel fliegen liesse / umbwenden könte. Und sey sothane Bibliothek nachgehends von Kayser Theodosio dem Jüngern dermassen vermehrt und gezieret worden / daß 10. Myriades oder Millionen / das ist / hundert tausend Bücher / derer Anzahl hernach auff hundert und zwantzig tausend gestiegen / darinn zu finden gewesen sonderlich geistliche / als zu welchen voraus er eine grosse Beliebung gehabt / und / so viel dieses betrifft / König Ptolomaeo in Aegypten fast wenig nachgegeben. §. 6. Es ist aber dieser schön- und herrlichen Bibliothek / gegen Ann. Chr. 474. zu Zeiten Basilici, damaligen Kaysers in Orient / nach aussage Micraelii (lib. 2. Synt. Histor. Sect. 4. pag. 438.) eben so kläglich / als vormals der Alexandrintischen / gegangen. Denn / als irgend woher der meiste Theil der Stadt in gewaltigen Brand gerathen / so nach Erasmi Francisci Bericht / (lib. 4. des Ausländ. Kunst- und Sitten-Spiegels pag. 152. a.) auff dem Kupffer- oder Roth-giesser-Marckt angegangen: ist neben den 120. tausend Büchern / zugleich die Drachen-Haut verdorben. §. 7. Mit welcher / wie auch / mit deme darauf geschriebenen Poemate selbst / (des Homeri) was es (3.) für eine Bewandnüß gehabt / und was uns von denen hierunter versirenden Ungewißheiten zu judiciren / am aller-glorwürdigsten bedüncke; dahin sol die Sorge und Einhalt der folgenden 2. Capitel gerichtet werden.

Das IV. Capitel.
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Ferner von derselbigen Drachen-Haut: und fürs erste / ob solche Drachen / als sie beschrieben werden / je zu sinden?

§.
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VNd zwar zuförderst könte bald anfänglich jemand in Zweiffel ziehen, Ob jemals wol Drachen gewesen / was sie eigenilich / wie vielerley / und an welchem Orthe der Welt sie anzutreffen seyen: §. 2. Wiewol nun bekennen muß / daß ich die Zeit meines Lebens keinen Drachen gesehen / ohne von der Arth / die Händ und Füsse haben / gehen / reden / schreiben / ihren Neben-Christen verfolgen / belügen / lästern drücken / ja gar demselben bißweilen zur Höll / und Teuffel werden / derer es mehr in der Welt giebt / als Haar auff meinem Haupte; auch so bald nicht vermeine / dergleichen Arth Schlangen / oder in Wildnüß-Hölen-un̅ Einöden zwar wohnende / ungeheure / groß- und abscheuliche / gegen Menschen feindselige / ja denselben mit ihrem Ansehn und Athem vergifftende / alte / zwey- oder vierfüssige / und darzu noch wol geflügelee Drachen / zu Gesicht zu bekommen / als derer Gestalt grausam / der Rachen mächtig / der gantze Corper dick nnd lang / und die dannenher-rührende Stärcke groß und wundersam seyn sol / davon so viel in Büchern zu finden / ja gar die Heilige Schrifft zu solchem behuff angezogen wird / ohngeachtet man gleichwol hierbey auch billich erwegen solte / daß über so manche (wo nicht alle) Ebreische Benennugen der unvernünfftigen Thiere / die Herren Außleger ins gemein gantz unterschiedlicher Meinung seyn / wie auß dem Lob-würdigsten grossen Tractat samuelis Bocharti, Hierozoicum genennt / gnugsam zu ersehen: so mag ich doch / in Erwegung / daß gleichwol fo manchen wackern Leuten / die an der gemeinen Opinion biß auff den hentigen Tag noch etlicher massen feste halten / (ob schon die wenigsten [49] von ihnen ihrer eigenen Augen Zeugschafft in dieser Sache sich rühmen / oder andere dessen versichern können) nicht gäntzlich in allem widersprechen. §. 3. Unter welchen mir / von denen itzt-lebenden / so wol wegen viel-berühmter Erudition Civil-Geschicklichkeit / Curiosität / und hurtigen Schrifften / als sehr liebreichen Freundschafft / in erinnerlichen Sinn kommt Herr George Caspar Kirchmäyer / in einer de Draconibus, Anno 1661. herauß gegebenen Dissertation (Disputat. Zoolog. 5.) In folgenden passibus aber ich hoffe / Er nachgehends seine Meynung werde in etwas geändert haben; indem Er (1.) die Confusion der Autorum nicht eben so genau in acht genommen / die ich gemerckt / daß Sie ohn Unterscheid bald diß / bald jenes / vor bekandt annehmen / was irgend nur zu heßlicher Vorstellung dergleichen Thiere gelangen mag; als nahmentlich sind / schädlich blitzende Augen / Flammen-speyung / gifftiger Athem / Füsse / Flügel / Schlangen-formiger ???ch wantz / Leibes-Stärcke / Geschwindigkeit / und dergleichen. Ich möchte aber wol eine eintzige Speciem der natürlichen Cörper wissen / die nicht zum wenigsten in einem Orthe der Welt in abundantz (NB. in Abundantz) zu finden seye. Wo ist aber heutiges Tages das ordinärie-Wohn-Hauß dergleichen Drachen: Und doch sollen Sie eine gewisse Species Mundi seyn. §. 4. Hernach (11.) bedünckt mich / macht Herr Kirchmayer / nach seiner Höfllig- und Gelindigkeit von Nierembergio gar zu grossen Staat / indem Er Ihn für sich citirende / (cap. 2. §. 5.) Naturalium Scientissimum, das ist / einen in natürlichen Dingen erfahrensten Mann / nennet. Welchen Titul zwar diesem Autori nicht eben gantz disputirlich machen / oder so manche gute Anmerckungen / die Er hat / verächtlich halten will: wenn es aber in vielen Stücken hingegen / mit dem guten Nierembergio nur nicht etwan auch heissen möchte / als wie Martinus Schookius (Orat. 25. pag. 519.) von dem Fabel-händler Plinio schreibet: Quod semper Verum scribat, quando non Mentitur. Welches letztere wir sanffter auß-sprechen / und also reden wollen: Nierembergius semper Verum scribit, quando per credulitatem ipse non decipitur. Vom Plinio aber halte ich vor wahr / daß er ja wol zu Zeiten sich des grossen Messers gebraucht; zum Exempel in diesem pass den Herr Kirchmayer (mich wunderts zum höchsten) so deutlich für genehm hält / also in seiner obangezogenen Disp. V. Zool. (c. 1. §. 5.) schreibend: In India in tantam adolescuntmagnitudinem Dracones, ut & Cervos, & Tauros deglutiant, notante Plinio. Das ist: In Indien erlangen die Drachen / durch ihr wachsthum eine Grösse / dermassen / daß sie auch Hirschen und Ochsen verschlingen. Warum auch nicht Elefanten? Doch kan es seyn / wenn sie erstlich in stücken zerrissen / oder noch jung sind. Plinii Geist hat sich wohl vorzusehen / daß er schlaffende nicht etwan auf so-einen Drachen zu sitzen kommt; sonst möchte er / gleich jenem / auf einer grossen Schildkrött eingeschlaffenem Wandersmann / in unbekante Oerther verführet werden. Wo wolte die Welt hernach so einen trefflichen Physicum wieder kriegen? Wenn Plinius bißweilen so grausame Dinge / die in Judien seyn sollen / erzehlet / kommt mir fast eben vor / als heutiges Tages die Laudstreicher thun / die von einem Marck zum andern ziehen / und neue Zeitungen von schröcklicheu Mißgeburthen / von streitenden Krieges-Heeren / Türckischen Säbeln / Todten-Köpffen / die in der Lufft gesehen seyn sollen / auff offentlicher Strasse singende / vorgeben / es seye in Ungern oder Oesterreich geschehen und wenn sie in Oesterreich / Böhmen / oder Mähren seyn / so streuen sie ebenmässige Legenden von Nieder-Teutschland oder Nordischen Orthen aus: und in beydertheils Landen ist dann selten ein Hund oder Katze / geschweige ein Mensch / dem dergleichen warhafftig vor Augen kommen. §. 5. Endlich (???.) wolle Herr Kirchmayer nicht ungütig nehmen / daß noch in ein- und anderem kleinem Umbstand ohne einige̅ Abbruch unserer Hertz-inniglichen guten Freundschafft / ich etlicher massen von seiner Meynung / die er jedoch wol / wie vorhin gedacht / Zeit diesem geändert haben mag / abgehe. Er berufft sich / was absonderlich die geflügelte Drachen betrifft / so wol in der Vorrede / als im Context. (c. 2. §. 2. und 3.) auf eine damals neue / und vor gewiß-geglaubte Zeitung aus Rom / vom Monat Nov. 1660. Jares; welche also lautet: Als dieser Tagen etzliche unser Jäger in den nächsten Wäldern gejagt / ist einem unter ihnen ein junger Drach / so groß / als ein grosser Hund begegnet. Den er in einen Flügel geschossen: darauff der Drach auf ihn zu gelauffen / er aber entflohen / und Gelegenheit bekommen / noch einen Schuß zu thun. Da er ihn dann in den Rachen geschossen / hernach folgends umgebracht. Ader daß diese Relation verdächtig / wird mir ein jeder leicht zugeben / wer folgende zwey Ursachen / (Conjunctim, und nit disjunctim zu nehmen) mit mir bedencken will. §. 6. Denn 1. weiß man ja wol / was vor Autorität insgemein den wochentlichen Avisen sey beyzumessen. Wer denen allemal / als Evangeliis / trauen wolte / der würde sich sehr betriegen. 2. Absonderlich wird hoffentlich ja in diesem Punct / Herrn Kircheri / als eines zu Rom gesessenen / grund-gelehrten / und in natürlicher Dinge Wissenschafft sehr sorg [50] fältigen Mannes Relation, etwas mehr / als einer fliegenden Zeitung / da niemand weiß / wer derselbigen erster Erfinder ist / glauben zugeben seyn: welcher Kircherus aber / wie bald folgen wird / die Sache mit etwas andern Umständen erzehlet. Und (3.) immittels sehet doch die physicalische Curiosität des Romanischen Avisen-Schreibers / der unter andern jetzt also schrieb: Der Avisen-Schreiber setzt: 1.) Etzliche der Romanischen Jäger (2.) hätten in den nächsten Wäldern (3.) gejaget; (4.) und seye Ihnen ein junger Drach / so groß / als ein grosser Hund / begegnet / sc. Stimmt dieses beydes nicht artig übercin? §. 8. Und was der gute Herr Kircher ferner anmercket / (Er vergebe es mir) ist alles auch eben nit so richtig. Denn (1.) berichtet er / das ein verwegener Kerle gewesen / so auff die Wallstadt hinauß gegangen / dem getödteten gifftigen Drachen den Kopff von dem Kumpff abgesondert / und nach Rom gebracht hette. Welchen Kopff ihm der Kunst-Kämmerer Cardinals Barberini hernach gezeiget; und setzt alsobald drauff diese Worte: Bipes crat, contrario tamen situ monstruosus, cartilagineis Anserum instar pedibus instructus; & omnibus in meo Museo spectandum exhibetur. Wie kan aber Herr Kircher die eigentliche Structur und situation der Füsse desselbigen Drachen / nebst seiner übrigen Gestalt / von Glied zu Gliede / aus blosser Relation gedachten Fleischers / und hernach des verwegenen Kerles / recht abcopirt bekommen haben / weil nur der Kopff nach Rom gebracht / und der übrige Rumpff liegen blieben? Und gleichwol sagt Herr Kircher / daß in seinem Naturalien-Gemach Er diesen Drachen (verstehe im Bildnüß) vor jedermans Augen gestellet habe. Wie ist er versichert / daß der Mahler den Drachen recht gemahlet? Mich bedünckt / und ich habe auch schon im Ende des ersten Tractatus erwehnt / daß diß ein unvermerckt-aber sehr-gemeiner Irrthum sey / von Natur der Dinge / in Mangel des Originals derselben / aus deren Copey sich zu informiren wollen. Denn zu geschweigen / daß ein Mahler in Copirung eines Dinges glücklicher / als der ander ist / und die Natur doch allzeit Meister spielet; so dencke man doch / wie viel tausend Figuren und Abbildungen sind in Büchern und sonst zu finden / da der Mahler od er Kupfferstecher nur hat müssen mit einer / ihm zur Anleitung-geschehenen / wortlichen Beschreibung zufrieden seyn / und hierauff dann das Werck gerichtet? Mich bedünckt / es kan nicht fehlen; Diebe müssen stehlen: und in Bildern / die uns unterrichten sollen von Sachen / gehörig zu freyen Künsten / schleichen viel irrsame Zusatze bey ein / entstanden aus der Mahler oder Kupfferstecher Invention, Ein junger Trach / so groß / als ein grosser Hund. Nun wissen wir des Trachen Grösse. Sehr wol gegeben! §. 7. Aber lasst uns die Romanische Avise / mit Herrn Kircheri Relation kürtzlich hiemit einander entgegen halten / genommen aus seinem Mundo Subterraneo: (lib. 8. sect. 2. cap. 2. pag. 90. b.) Herr Kircherus schreibt: (1.) Ein Ramanischer Fleischer (2.) hätte an sümpffigen Revieren in der See (3.) Wasser-Vögeln nachgestellet / (4.) und seye Ihm ein grosser Drach / in grösse eines Vulturis, oder Geyers begegnet / sc. Gehirn / und eignen Dünsten. §. 9. Alsdann (2.) setzt Kircherus von solchen seinem / entweder abgemahlt- oder endlich auch außgestopfftem Drachen (Er mag ihn dann bekommen haben / wie und von wannen er will) diß dabey; Typus Draconis hic est: das ist: Das Bildnüß des Drachen ist dieses. Solch Bildnüß aber hat Er dem Text mit-einzuverleiben / darauf vergessen. Oder hat er einen ausgestopfften Drachen würcklich bey sich; so laufft auch deßfalls / ans schuld derer / die frembde Erd- oder Wasser-Thiere auffspannen / trocknen / und stopffen / vielerley theils Irrthum / theils Betrug / mit unter. Irrtbum darumb / weil die meiste vorige Proportion der Glieder gautz anders gekehrt und gerichtet wird / als sie natürlich vor dem gewesen: Betrug aber auch vollends / weil nichts gemeiners / als daß benahmendlich die Rajae Clavatae, oder Stein-Rochen / Nagel-Rochen / die so wol in der Ost-See / oder Belt / als sonderlich in West-See / umb die Insul Hilligland / (meinem gnädigsten Fürsten in Holstein zuständig) gefangen / von den Schiffern hernach exenterirt, getrocknet / wunderlich außgespannt / gekärbt / gebeuget / und Drachen- oder Basilisken-formig accomodiret werden. So entlegener demnach die Länder seyn / wohin etwa so ein Unthier geführet wird / je grösser Rarität ist es: und werden Unerfahrne gar leicht zur Leichtgläubigkeit verleitet; wie dann eben so einen außgespannten / nit 2. oder 4. sonder wol 6. oder 8. füssigen Rochen / in Italien / der Edle Herr Ludovicus Moscardus, zu Veron / unter dem Nahmen eines Basiliscken / oder geflügelten heßlicheu Drachens / in sein Museum bekommen / desselben Büldnüß (lib. 3. cap. 73. pag. 232.) darthut / und zu Ende des Capitels (pag. 234.) den Betrug mit diesen Worten gar recht entdecket: Mà é Opera fattitia, che di un Pesce Raggia vien formato in tal modo da Ciurmatori o Zaratani, e da quelli vien mostrato sopra de Banchi as popolo volgare, per il vero Basilisco.
|| [77]

Das V. Capitel.
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Continuirung des vorigen / nebst kurtzer Abhandelung von Wasser-Drachen.

§. 1.
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UBer diß [3.) was mehr-erwehnter Pater Kircher von einem zu Rhodis vormals schädlich-wütenden / Gifft / Feuer / Dampff / und Rauch speyenden / spitz-öhrigen / breit-geflügelten / vierfüssigen / von einem Casconier ritterllch erlegt- und neulichst dann (pag. 91.) abgemahlten / Ochsen-grossen Drachen / von Anno 1345. zu desto mehrer Verhasst-machung des gantzen Drachen-Geschlechts / weiß nit aus was vor historischem Grund / und billich sonst unumbstößlichen Documenten erzehlet; ist zwar erschröcklich / und mag ichs / dem fürnehmen Mann zu Ehren / nit schnur-gleich leugnen: jedoch auch gäntzlichen Beyfall nit zugeben / biß alle Scrupel gehoben sind / wird hoffentlich der Freyheit meines Gemüths gern perdoniret werden. §. 2. Und letztlich (4.) was beym Kirchero (pag. 93. b.) von einem geflügelten zwey-füssigen Drachen auß der Schweitz / sorgfältig angeführet wird; darentgegen kan dieß moviret werden; daß (1.) einer / genennet Cysatus, der dem Kirchero die Erzehlung gethan / in seiner Beredsamkeit sich gar zu hoch versteiget / und weiß nicht von wie viel und grossen Feuer-Funcken / die der Drache durch die Lufft von sich gesprützet hätte / fabulirt. Hätte Cysatus die Sache noch grausamer machen können / ich glaube / er würde hundert mehre Schein-Worte aus allen AErariis Poëticis, und noch so vielen Mellificiis Oratoriis, darzu entlehnet haben. (2.) Zu dem / so ist weder dem Referenten / noch folgends Herrn Kirchern / zu ihrer Autorität sehr profitabel, daß (pag. 94. a.) stehet / derselbige Drache hätte einen Schlangen-Kopff gehabt; und bald in der darauff-folgenden sechsten Zeile lieset man: ein Kopf / wie ein Pferdt. Das heist / mein Herr Cysate: Historicum oportet esse memorem. Doch läst sich ienes mit der Figur / und dieses mit der Grösse / vielleicht entschuldigen. §. 3. Diß ist aber gewiß / daß Herr Kircherus nit von mir allein / sondern von vielen andern mehr / gar sehr beklaget wird / daß hin und wieder in seinen sonst hochschätzbaren Schrifften / jedoch wegen gar-zu-guthertzigen Leichtgläubigkeit / so manchen unmüglich-wahren Erzehlungen / die Er wegen unersättlicher Curiosität von andern Leuthen da und dort empfangen / gar zu deutlich Raum gegeben. Worunter / ob angeregte Drachen-Historien / nach allen Umbständen zu glauben seyn / will ich dem Urtheil des Lesers hinterlassen. §. 4. Meine / wiewol gantz unvorgreiffliche / Meynung von Drachen / ist sonst in Summa diese: (1.) Ich glaube / daß Drachen in der Welt seyn / gewesen seyn / und noch seyn werden. (2.) Am allermeisten aber viel anders nit / als sehr alte / und wegen Alters / sehr groß-gewordene Schlangen. (3. Und dieses wegen ihres reichlichen Lebens-Balsams / und Nahrung-reichen innerlichen Fleisch-Safftes / dessen sie gnugsamen Vorrath haben / und derhalben ohne sichtbahre Speise sehr lang in der Erden sich enthalten können. (4.) Ich vermuthe auch / daß / je grösser und älter sie worden / je leichter könne geschehen / daß nach so oft-wiederholten jährlichen Abbalgungen / zur Seiten ihres Cörpers / da sie am dicksten sind / nnd also am genauest- und schmertz-hafftigsten sich klämmen / die neue hervor-blühende Haut / einige dilatation, seitwarts herauß / und flügel-formige Epiphyses, oder dünn-häutige Außwachsungen / gewinnen möge. [5.) Oder auch ohne dem sonst von Natur / bey zärterem Alter / und kleinerem Leibe / geflügelte Drachen auffwachsen. (6.) So muß ich endlich auch wol so vielen Autoribus in der welt glauben geben / daß Drachen zu finden seyn / die nicht allein 2. Flügel / grausamen Rachen / Halß / Rücken / Bauch / und Schwantz / sondern darzu noch etwa 2. Füsse habendergleichen beynebenst in Herrn Thomä Bartholini Lehr-reichem Buche de Unicornu (cap. 7. pag. 51.) zusehen ist. [7.) Und am aher-glanbwürdigst-Curiös- und nachdencklichsten ist / was zum Uberflusse noch von vierfüssigen Drachen der Carpatischen Gebürge / nur noch neulich Anno 1671. und 72. Herr D. Johann Paterson Hain / Physicus zu Epperies / auß Ungarn / dem seel: Herrn D. Sachsen nach Breßlau geschrieben / und ihm viel noch frische / mit Lacte Lunae bewachsene Knochen / übersendet; (welche Drachen aber ohne Flügel sind) davon sehr fein zu lesen im Dritten Jahr oder Volumine Ephemeridum Curiosarum Germaniae, und daselbst in der 139. und 194. Observation. §. 5. Hingegen bin ich noch schwer darzu zu bereden / daß (1) die jenigen mittelmässige̅ Drachen / davon gleich itzo bey numero 6. und 7. des vierten Paragraphi gedacht / das ist / die 2. oder 4. Füsse haben / irgend zu der abscheulichen Grösse gelangen / derer die alten / ungeflügelten / und sonderlich ohn-füssigen kriegenden Schlangen sind / davon unter num. 2. und 3. [64] gedacht worden; und von unterschiedlicher Länge / in folgendem Capitel wird gehandelt werden. (2.) Noch viel minder kan ich glauben / daß irgend ein Drach habe Flügel / mag klein oder groß seyn / und damit fiügen könne; Denn ihr sogenanter Flugzeug / hat gegen der Last und grösse des übrigen Cörpers / keine proportion, wodurch sie durch die Lüffte / als Vögel geführet werden könten! Eben / als Herr Kirchmayer das Exempel vom Strauß gar bequäm angeführet; und ich die Magellanische Gans / so D. Olaus Wormius (lib. 3. Mus. c. 19. pag. 300. 301.) aus dem Clusio gar schön beschreibt / anfüge. (3.) Und daß Menschen von blossem Ansehen der Drachen vergifftet werden / ist eine weltkündige Phantasey und weiß nicht / ob vom Plinio / oder andern seines gleichen / ausgesprengte / offenbahre Flüge: ohne [F.) §. 6. Fals schlüßlich auch irgendwo Schlangenförmige Wasser-Drachen seyn möchten / die gleichsam Flügel an beyden Seiten hätten / wie vielleicht Aristotelis und Plinii Vorgeben seyn inag etlicher Massen; wiewol Jonstonuz (d. Piscibus) und Schonefeld Ichthyolog. pag. 16. gar was anders unter dem Wort Draco Marinus, nehmlich einen ordinarie-Fisch / sonst Araneus, oder Petermanneken genennt / gar recht verstehen; So meinete ich / daß solches vielmehr mit Haut umbwachsene kurtze Pfoten / und gleichsam Floßfedern wären / als ich bey anderer Gelegenheit bewiesen / daß zu gleichmäßigem Exempel / die 2 vordersten kurtzen / fast dreyeckichten dicken schwartzen Floßfedern am Braun-Fisch oder Meer-Schwein (Phocaenâ vel Tursione) einer Septenrrionalischen Arth von Delphinen / nichts anders seyn / als inwendig vielbegliederte / und in 5. Finger abgetheilte / mit schwartzer gläntzender Haut / gleichsam als Corduban / umbwachsene Hände derselben: Die ihnen zum schwimmen zwar was dienen; aber zugleich auch deßwegen von der Natur vermuthlich gegeben sind / entweder in coitu sich zn firmiren / (wie dan̅ dieser Arth Fische perfecte Genitalia Mulieria, humanis simillima, und an dero Seiten / Milchreiche glandulosas papillas dabey / ich in der Anatomie notiret habe) oder auch ihre Jungen / als ein faugendes Kind / ansich zu halten / und zu treiben. Welche Anatomie von mir umbständlich beschrieben / der geneigte Leser finden kan in vorhin-angezogenem dritten Theile der Epherneridum unsers Collegii Naturae Cutiosorum, observatione 20.

Das VI. Capitel.
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Von der Geschaffenheit der göldenen Schrifft / der Drachen-Haut / und des Homeri darauff gebrachten Gedichten.

§. 1.
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WArumb ich was weitläufftiger / als vielleicht zu lesen bequäm / ein Theil physicalischer Frage von Drachen außgeführet / ist Ursach / nicht allein die wunderliche Drachen-Haut anf der Byzantinischen Bibliothek; sondern beynebenst auch / weil bey künfftiger Beschreibung unterschiedener Europäischer Kunst- oder Naturalien-Kammern / bißweilen einiger vermeinter Exemplarien von Drachen / wird gedacht werden müßen / und die gantze Lehre davon / einiger Circumspection bedarff. Hiemit derhalben das Fürnehmste / so zu diesem Handel gehöret / einmal für allemal erörtern möchte; so habe ler Feder bißanhero / so viel freyeren Lauff gelassen / umb mich allzeit alsdann zurück anhero / auff itzt-vorhergegangenes Capitel zubeziehen. §. 2. Was nun im̅ittelst den obige̅ vorgesteckten Zweck und Anlaß sothaner angestellten Frage von Drachen / nehmlich die mit gölddenen Buchstaben auff eine Drachen-Haut geschriebene Poetische Gedichte des Homeri betrifft; als welche Raritäten aus respect theils ihrer Materie / theils göldenen Zeichnung / nicht habe in diesen Kunst-Kanmer-Tractätlein vorbey gehen lassen mögen / voraus weil es seyn kan / daß andere Raritäten mehr daselbst (zu Byzanz auff der Bibliotheck) anzutreffen mögen gewesen seyn; so erwachsen Uns ferner hiemit folgende Considerationes. §. 3. (I) Ob die so genante Haut / ein gantzes / oder von vielen zusammen-gesetztes Stück gewesen? Denn obschon dieses / als eine überflüssige Frage möchte geschätzet werden / inmassen ja von sich selbst klar genug seye / das die Scribenten so viel allarms von dero Länge zu 120. Schuhen / nicht würden gemachet haben / falls nicht wäre ein gantzes / unzerschnittenes Exemplar Drachen-Haut / und sie derhalben / wegen so ungewöhn licher Länge / für eine sonderbare Rarität aestimirt gewesen. Aber warum aetimiret man nicht eben st wohl / und noch mehr / entweder die göldene Schrifft / oder die Anzahl der Verse / die auf so geringen Raum gebracht? oder alles beydes zusammen; Gott gebe / ob die Haut / ein gantz oder subtil zusammen-geflicktes / und emtweder auf Sinesische Manier in viel [65] gleiche Falten und Blätter zusammen-gelegtes / oder auff alte Runische Arth (vide Olaum Worm. Mus. lib. 4. cap. 12. pag 382.) rund-umgewunden- oder gerolltes Stück gewesen. §. 4. Denn / was die Göldene Schrifft betrifft / mit dergleichen Buchstaben auch das Gesetz-Buch Gottes von Jerusalem dem König Ptolomäo nach Alexandria / als eine fürtreffliche Rarität geschicket worden / wie davon oben (cap. 2. §. 7.) gehandelt ist; so ist nicht zu vermuthen / daß den damahligen Griechen das Muschel-Gold / und also / durch Beyhülff eines Pinsels / die Buchstaben / (wie heutiges Tages zwar) auffs allersubtileste zu schreibem / oder zu mahlen / sonderlich bekandt gewesen. Sondern gleich wie biß dato noch in uhr-alten Griechischen Gemählden / un̅ Götzen-Bildern zu sehen ist / das darauff-gebrachte Gold zwar herrlich und schön / als wenn es nur jüngst auffgetragen wäre / ist zu sehen / aber auff einem sonderbaren beständigen weiß- und rothen etwasdicken Grund: also werden sie / auff membranen curiös zu schreiben / zum Gold auch einen / wiewol subtileren / Grund gehabt / und so viel mehr Kunst / viel göldene Schrifft / die nur dünne / leserlich / und beständig seyn solte / auf engen Raum zu bringen. Wenn derhalben von Scribenten derselbigen Homerischen göldenen Schrifft auff der Drachen-Haut gedacht wird / und sie vielleicht die Künstlichkeit der Schrifft zu notabeniren dadurch verineinet; mögen viel Leser nicht eben so gar genau es gemerckt / und sich viel mehr über die Länge der Haut / von 120. Schuhen / als wenn solche nothwendig von einem Stück müste gewesen seyn / verwundert haben. Ja der fleissige Erasmus Francisci, der (lib. 4. Außländ. Kunst- und Sitten-Spiegels / pag. 1252.) aus dem Zonarâ, und noch älterem̅ Malcho Bizantio Sophistâ, dessen Werckes gedenckt / nennet es ausdrücklich ein schön und selten Buch. Warum können derhalben seine Blätter / derer Raum etwan insumma 120. Schuh außgetragen / nicht aus vielen / und zwar den besten Häuten / membranen / oder dergleichen / seyn außerlesen worden? §. 5. Zu dem / was dann die Proporrion des gar geringen Raumes / gegen die grosse Anzahl der Verse belanget; so hab ich bereit erinnert / das vielleicht auch deßhalben mehr / als umb die kahle Drachen-Haut / Scribenten zu thun gewesen. Man considerire doch 120. Schuh / derer ein jeder zu 12. Zollen gerechnet wird / gegendes Homeri ohngefehr sieben und zwantzig tausend / sieben hundert / und fünff und neuntzig Verse / die aus seinen Büchern Iliados und Odysseae sollen von Wort zu Wort da zu befinden gewesen seyn. Denn / wo ich mich nicht / wie leicht geschehen kan / verzehlet / so hat der gantze Homerus 27795. Verse / salvo errore calculi. Nehmlich §. 6. Diese Sumtua mit 120. dividirt, geben zu jedem Schuh 2310. Verse; und bleiben in allem noch 75. Verse übrig. Diese 75. aber so fern nur hinweggethan / und eine Summa von 27720. Versen / darauß gemacht / kommen auff jeden Zoll / 192. und ein halber Vers. Wer wird diese untereinander / auff die Läng- oder Tieffe eines blossen Zolles bringen ? man thue dan aber auch die 12. halbe oder 6. gantzë Verse von einem jedwedë Fuß hinweg / daß also von dë 120. Schuhë / zu 27720. versen gerechnet / 6. mal 120. verse / das ist 720. abgezogen werden; so bleiben von itzt [68] gedachten 27. Tausend / 700. und zwantzig Versen / nur 27000. und wäre also zu verstehen / daß ein jeder Vers auch eine absonderliche Zeile hätte. Weil aber auff einem Zoll so viel Verse zu fassen / der Raum desselben zu gering / so lasst uns 2. 3. 4. 6. 8. ja 22. Verse / zu jeder Zeile nehmen / und also die 192. einem jeden Zoll zukommende Vers / mit 2. 3. 4. 6. 8. und 12. dividiren; so werden wir aus dem Facit einer jedweden Division, die Anzahl der zeilen / so viel derer zu jedem Zoll kommen werden / bald sehen / wie folget: §. 7. Noch mehr: Wir wollen die letzte Division umbwenden / und nicht einem Zoll 16. Zeilen derer eine jede 12. Verse gehalten / sondern zu einem Zoll 12. Zeilen / deren eine jedwede / in die Breite der Haut / 16. Verse gehalten hätte: würde dennoch nicht heutiges Tages noch / den besten Schreibe-Meistern die gröste Kunst setzen / 12. Zeilen Griechischer Schrifft / unter einander zu setzen / doch so / daß die Mensur eines eintzigen Zolles nicht überschritten würde? Wo bleiben die vorhin der gantzen Summae abgenommene 795. Verse? §. Sehet derhalben da / ihr Herrn Leser / ob nicht die Autores mehr wegen der so gar-subtilen Schreibens Arth / als wegen der Länge von 120. Schuhen / die Byzantinische Drachen-Haut so hochgerühmet? §. 9. Es seye dann aber ein gantz oder zusammen-gestücktes Stück gewesen; so fraget (11.) sichs ferner: Was vor Arth Haut oder Membranen; und ob es ein langer Darm / oder die inwendige zarte Haut zwischen Fell und Fleisch / (zum Schreiben hernach bequäm gemacht) gewesen? Welcher letzteren Meinung vorhingedachter Francisci gantz ernstlich ist; Lipsius hingegen (de Biblioth. cap. 3. pag. 16.) aus dem Cedreno und Zonatâ, wie auch Joh. Neander, Syntagm. de Medic. Laudib. pag. 104.) nennen es ein Intestinum oder Darm. §. 10. Dann / ists etwa das Beste von der zarten Unterhaut / unter dem schuppichten Drachen-Balg gewesen / und zwar in einem Stücke; so fragt sichs wiederum: Wo sind so grosse Drachen? Herr Kirchmayer Disp. Zoolog 5. cap. 1. §. 7. 8. 9.) gedenckt aus dem Diodoro, der Länge von 16. aus eben demselben von 30; und aus dem AEliano, von 70. Cubitis. Ein geometrischer Cubitus aber hält anderthalb Fuß oder zwey Spannen. Wären also 70. Cubiti so viel / als 105. Schuh. Die / wollen noch nicht zu langen. Doch soll Atticus, ein Römer / mit einem Drachen von 120. Schuh / sich in Combatt gegeben / und denselben erleget habë. Ja der vorige / von zwar 70. cubitis, mit welchem Alexander. M. zu thun gehabt / sey jedoch noch nicht gantz gesehen worden. Man stellet dieses an seinen Orth. Und zu Florentz wird ein Riemen / von einem Thier 200 Elen lang und also gantzer 400. Schuh als eine Rarität gewiesen / wie Christoph Eißlinger in seinem Italiänischen Wegweiser / (pag. 60.) berichtet: Er setzt aber fein selbst dabey / daß solcher Riemen aus einer Haut- und also spiraliter geschnitten. §. 11. Mich bedünckt aber / man gehe den sichersten Weg mit denen / die es für einen Darm halten; so hat man nicht nöthig / die Länge des Drachen so abscheulich und insolent zu machen. Denn gleich wie die Erfahrung bezeugt / daß selten ein Thier zu finden / dessen Intestina oder Gedärme nicht mercklich länger seyn solten / als es selbst ist; und benahmentlich bey den Schwanen ich die Därme doppelt / bey den Schulfern (einer Arth fressigen See-Vögel / in Stranden unsers Belts / und in Holland gemein) dreymal; bey Menschen gemeiniglich sechsmal; bey Maulwürffen / achtmal; und D. Blasius (Obs. Anatom. Select. pag. 1.) bey Küniglein oder Caninigen / eilfmal so lang / als die Cörper selbsten sind / observiert: Also / aus itztangeführten Proportionibus, nehmlich von Proportione duplâ, triplà, sextuplâ / octupla, & undecuplâ, die mittlere derselben nehmlich sextuplam, zu einem vermutlichen Exempel zu nehmen / erachte ich / kan wol sein / daß ein Drache so groß endlich zu finden / dessen Intestinum 120. Schuh / Er selbsten jedoch deswegen nicht so lang / sondern gar viel kürtzer / un̅ etwa 3. oder 3. und ein halbe Manns länge / benahmendlich 20. Schuh sey. Dann 6. mal 20. wie bekant / giebt 120. §. 12. (III.) Noch ein einiger zwar nicht eben nötiger / jedoch zu biß anherigen Sachen gehöriger kleiner Punct restiret Ob nehmlich die Poetischen Gedichte Homeri, die mit göldenen Buchstaben auf Byzantinische Drachen-Haut geschrieben sollen gewesen seyn / den Homerum vor ihren warhafftigen Autorem erkennen? oder so sie des Homeri eigendlich sind / ob dessen Bücher Iliados und Odysseae oder Ulyessae, wie Lipsius (de Biblioth. c. 1. p. 10.) schreibet von ihm in eben der jenigen zusammen hengenden Form geschrieben seyn / als biß anher gelesen werden. Denn gegen beyderley findet sich ein Scrupel: den ich vielmehr nahmhafftig machen will / als zu entscheiden Ursach habe. §. 13. Den ersten betreffende / so giebt mir selbigen itzt-erwehnter Lipsius an die Hand / an angezogenem Orth also schreibend: Naucrates beschuldigt Homerum eines Diebstals / daß er nehmlich / als er in Aegypten kommen / und zu Memphis im [55] Tempel des Vulcani, die Bucher Iliadis und Ulyesseae, zur Verwahrung niedergelegt / angetroffen / ihme dieselbigen zugeschrieben / und vor die seinigen außgegeben. §. 14. Und was den anoern betrifft: so fiude ich / auch hievon zu zweiffeln / zweyerley Anlaß: Die eine genommen aus dem AEliano; die andere aus einem Scribenten neuerer Zeit / genennt Lomejerus. §. 15. AElianus, im 13. Buch seiner Historien (cap. 14.) schreibt / Homeri Carmina wären zu anfang nur stückweise gemacht / gesungen und hernach von Hipparcho, dem Sohn Pisistrati, und warhafftigem Schüler des Platonis, dem allerweisesten zu Athen / zu erst nach Athen gebracht / und von ihm die Rhapsodi, das ist / die Gelach-Sänger oder Schmarutzer-Poeten / gezwungen worden / dieselben in offentlichen Zusammenkünfften der Griechen zu singen. §. 16. Johann-Lomejerus aber (de Bibliothebis, cap. 7. sect. 2. p. 127.) schreibt Lateinisch / (aber hier alsofort verdeutschet) also: Es sol des Theodosii Junioris, welcher die Constantinopolitanische Bibliotheck umb viel tausend Bücher vermehrt / Ehgemahl / Endocia, des Leontii (eines Atheniensischen Philosophi) Tochter / die Homerocentra ( ) oder Stücke von Homeri Gedichteu / zusammen geflückt und getragen; oder / sonst von einem gelehrten Mann coligirt, aber zerstreut und unvollkommen hinterlassen / perfectionirt, zusammen gelapt / oder gepletzt / und in Ordnung gebracht haben. Mit welchem Lomejero deßfalls auch Helvicus in seinem Theatro Historico (pag. 101. i.) übereinstimmet / und Sie Eudoxiam nennende / nebst einer andern / genandt Falconia, aus dem Gyraldo zu zwey Poetinnen machet / die sich mit zusammen-gerafften Versen aus dem Homero und Virgilio, berühmt gemachet hätten. Und nun genug einmal von der Byzantinischen Trachen-Haut.

Das VII. Capitel.
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Von Ibrahim Bassae unvergleichlicher Magnificentz, Pallast / und daselbst befindlichen Raritäten zu Constantinopel.

§. 1.
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ICh muß mich bemühen / den ohn-zweiffel bißanher-gehäusften Verdruß / dem günstigen Leser mit folgender so viellustigerer Erzehlung hinwiederumb zu versüssen; und je weniger Raritäten in dem alten Byzantz zu holen gewesen seyn; desto heller und häuffiger wird itzo bald alles gleichsain von Gold / Silber / Edelsteinen / und köstlicheu Manufacturen / in Vorstellung des itzigen Constantinopels / gläntzen. §. 2. Woselbsten / was für Herrligkeit und allercuriöseste Pracht in dem Schloß des Durchläuch tigen Ibrahim Bassä / Groß-Visiers / und obersten Stadthalters des Türcken über alle seine Länder / (so vor diesem ein Christ / und zwar der Geburth ein Genueser / auß dem hochberühmten fürnehmen Adelichen Hause der Justinianorum, gewesen) mit allen dabey-befindlichen Pertinentien / sol zu sehen gewesen seyn; verstehe so-manche kostbahre Taffeln / Säulen / gewöldte Gänge und Gallerien / Garten / Grotten / und Lust-Hölen / Fontainen / Cascaden oder künstliche Wasserfälle / Bibliothek / Globi, oder Erd- und Himmels-Kugeln / sonderlich- und ungemeine Schau und Brenn-Gläser / Prismata, Polyedra, Spiegel / Optische Geinählde / Uhrwercke / Mathematische Instrumente; nebst einer herrlichen Rüst-Kanuner / un̅ Kunst-Zimmer sonderlich / in welchem viel schöne Prunck- oder Pracht-Lädgen / mit Sinaragden / Rubinen / Demanten / Türckissen / Gold / und Perlemnutter versetz; die dabey nicht zuvergessen: dieses und dergleichen ist umbständlich zu finden im dritten Buche des ersten theils / dero von Philipp Zesen aus Frantzösischer ins Hochteutsche / aber sehr affectirt-übersetzte / und [so fern] zu lesen verdrüßlich / an sich selbst aber / und wegen sinnreichen Vortrags der Sachen / gar fein-inventlrter Romaine / Ibrahim Bassa intitulirt. §. 3. Dergleichen Schrifften Romanzi, der Romainen genennet werden / und nichts anders sind / nach Joh. Gersonis, Parisischen Cantzelrs / Urtheil (in libello, de superstitiosâ Diei Innocentium Observatione) als gleichsam Poetische Bücher von Kriegs-Händeln zusammen gesetzt / in welchen der grössere Theil ertichtet ist / mehr eine Neuligkeit und Verwunderung zu erwecke̅ / als die Warheit selbst eigendlich kund zu machen; (ich setze darzu / doch so / daß alles so vorgestellet werde / hiemit so wol eine finnreiche Verflechtung der Actionen und seltzamen Begebenheiten / den Leser von Anfang biß ans Ende / in eifriger for-lesung allzeit an sich halten / als von änsserlichem Schein möglicher Warheit / gleich ob alles würcklich so / wie es beschrieben wird / in der Welt vorgegangen wäre / nit abgegaugen werde. Welche Leichtgläubigkeit derhalben so viel eher beym Leser erhalten wird / so vielmehr ihm unterschiedene wahre Historien vorher bekandt / die in solchen Büchern / unter frembden Nahmen der Personen vorgebracht / künstlich verworffen / und mit [56] beygesetzten allerhand zierlichen Reden / veränderlichen Glückes-Fällen / schönen Lehrreichen Moral und Physical-Discursen / Liebes- und Zauber-Händeln / sc. außgespickt und gezieret werden / dermassen / daß man hernach selbst nicht eigentlich weiß / was davon wahr / und was von freyem Geist des Autoris darzu gesetzt / gleich wie auß itztgedachter Romaine von Ibrahim Bassa / wie sonsten auch aus der vom Barclajo schön-inventirten Argenis, auß der Ariana, auß der Arcadia, und sonderlich auß Herrn Buchholtzens / denen allen weit-vorgehendem / ja unvergleichlichem Teutschen Hercules und Herculiscus, gnugsam ist zusehen: vor dergleichen herrlichen Schrifften ersten Vatter und Großvater ich aber gar bald halten dürffte die Griechisch-geschriebenen schönen AEthiopica des Heliodori, aus welchem / meines behalts / in der Arcadia ein un̅ anders subtil abgestohlen ist. §. 4. Doch heutiges Tages ermangelts auch nicht bey etlichen jungen Poetischen Flatter-Geistern / an Unwissenheit des Zweckes und Manier / eine rechte Romaine zu schreiben: und bringende / statt derer / nur etliche zaghaffte lebnnd geist-lose / ungesaltzene Liebes-Träume vor / verdienen allermeist das Urtheil des Herrn Harsdörffers / welcher im 47 sten Gespräch-Spiel des I. Theils / (§. 23.) also schreibet: Betreffende die ohne Reimen gesetzt in ungebundener Rede verfaste Lust- und Liebs-Gedicht / (les Romans) wollen solche einen sonderlichen Lehrnutzen / benebenst erfreulicher weiß vor wenden: Aber es ist ein süsser Gifft / und tieff-verborgene Gemühts-Gefahr / bey welcher ein so beliebtes Verderben waltet. Die vorgebildte Ritter zu Fuß (Cavelleros andandes) die fleissigen Schäfferinnen ohne Stab und staub / erregen dergestalt unjere Gedancken / daß wir mit ihnen weine / lachen / trauren / Verlangen tragen / und allen ihren Begierden gleichsam würcklich beypflichten / ob wol sie nur erdichtet / und niemals gewesen / noch seyn werden. §. 5. Ob derhalben nun alles / oder ob es nur kaum halb / oder ein viertheil wahr und unwahr seye / was vorhin-gedachter Zesius von der vortrefflichen Magnificentz Ibrahim Bassä vorbringt; davor lasse ich einen jedweden Leser selbst rathen: und will / bloß nur Extracts weise / nach Ordnung der Blätter setzen / was vorgenommenem Zweck / von Kunst und Naturäl-Rariteten zu handeln / mehr oder minder (doch etlicher massen) etwa scheint zu dienen. §. 6. Und schneidet also der Autor wacker auff / pag. 138. schreibende / die Thore am neuaufgebauten Schloß wären von Ebenholtz / und mit silbernen Nagel-Puckeln reichiich besetzt gewesen. pag. 139. den Schlüssel zu solchem Bau / hätte er von Ouich-stein / einer verwunderlichen Grösse gehabt. Im Vorhoffe (pag. 140.) sey gewesen ein köstlicher Brunn / da aus etlichen Stücken von Agat / Ouich / Türckis / Corallen / Topaß / und Smaragd / Wasser Strahlen herfür gesprungen. Und was mehr merckwürdig erzehlet wird / sind folgende Dinge: §. 7. Ein Lust-Garten (pag. 143.) ehe man in das gantz-Inwendige gekominen. Ein Gewölbe / darunter man aus dem Vorhoff hinein gangen auf einem Alabasternen Grund mit unterschiedenem Marmel und Jaspis aufs künstlichste eingelegt. §. 8. Im Garten ein schöner Brunu (pag. 144.) ein Irrgarten (ibid.) und Busch-werck (pag. 145.) von Pomerantzen-Citronen-Granat-Bäumen / und Myrten Sträuchen. Eine acht-eckichte Lust-Höle / oder Grotte / worinnen gleichsam alle Wunder der grossen Zeug-Mutter (Zesius hätte nur lieber bald das Wort Natur setzen mögen] beysammen: und unter denen köstliche Perlen-Mutter und Meer-Muscheln / woran die Sonne prächtig gespielet / feuer-färbige / als schwartz- und weisse: seltzam-gehärtete (ich verstehe in Stein verwandelte) Dinge: zugeschweigen der dabeybefindlichen Wasser-Künste / Cascaden / oder Wasser-Fälle von Crystallenen Felsen; und tansenderley köstliche Dinge mehr. §. 9. Aus der Lust-Höle und Garten hernach / von hinten des Schlosses hinauff pag. 147.) durch ein köstlich Vorgemach / über den Saal / ein Bibliothek / da alle Bücher / in vielerley Sprachen / mit göldenen weiß- und grüngeätzten Blächen überzogen / und in Schräncken von Ebenholtz mit güldnen Spitzen; mit vielen außerlesenen dabey befindlichen Land-Taffeln / Erd- und Hinmels-Kugeln / und allerhand Instrumenten; benahmentlich Perspectiven / Spiegeln / Uhrwercken / Zirckeln / und dergleichen. Perspectivische Gemählde / Prysmata (die nennet Zesius pag. 148. Waltzen; hat sich wol gewaltzet / man siehet wol / daß Herr Zesius in Opticis und Geometricis trefflich erfahren ist /) oder drey-eckete Crystall / darinnen alles / gleichsam mit Regenbogen bortiret außsiehet / Brillen. §. 10. Schönund köstlich mit Stein-werckaußgesetzte Schreib-Lädgen: ein Tisch von Ebenholtz / mit golde geätzt / und außstaffiret: oben darauff ein Schreibezeug / mit licht-braumen Sinaragden allenthalben außgelegt. Er wird vielleicht Hyacinthen meynen / weil sonsten die Smaragden grün. Doch kan der Herr Pferde-Hold im blauen Feld / Herr Zesius / wol auch braune Smaragden geschen haben.
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Das VIII. Capitel.
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Dann ferner von seiner Rüst-Kammer / Prang-Zimmer / kostbarem Bad / und eigener Person. §. 1. LErner / nach Herrn Zesens (pag. 148) Bericht / ist innerhalb der fürtrefflichen Residentz Ibrahim Bassä zu sehen geweßen eine Rüst-Kammer / worinnen ein Siegs-Zeichen von einem Magnetgehalten / in der Höh schwebend; unterschiedene Waffen der alten und neuen Kriegs-Leute der gantzen Welt; jede nach ihrer gehörigen Arth / gantz ordentlich sortiret. Fürnehmlich aber Persische Säbeln / derer Handgriff und Scheiden von klarem Golde / und völlig mit Steinen besetzt. Tartschen und Köcher / wie auch Bogen uno Pfeile / mit Türckissen fast gantz und gar bedeckt; Wind und Wasser Büchsen (p. 149.) &c. §. 2. Und endlich ein gantz Gemach voll herrlicher historischer Gemählde [p. 149. seqq.] nebenst (p. 176.) des Ibrahims innerem und prächtigem Zimmer; worinnen das Gewölb und Mauren / zum Boden oder Grund gehabt haben ein köstlich Bluhm-Vogel- und Früchte-Werck / über und über geziehret / und die Natural-Farben mit Topazen Hyacinthen / Opalen / Smaragden / Rubinen / Demanten / Carfunkelen / exprimirt. Ringsherumb eine Taffel von Eben-Holtz / gehalten von göldnen Armen. §. 3 Sonsten aber auch (p. 177.) etliche Zimmer von unterschiedlichem Agstein. Etliche Fässer / (ich verstehe Gefäß oder Geschirr) von Crystall und Agat. Etliche Ba???n grosse Zacken von Corall. §. 4. Ja alles / was Persien / China / Japan / und alle Morgenländer / an-rar und schönen Dingen hervor bringen / war daselbst häuffig zusehen. §. 5. Zugeschweigen dero / gegen vorhingedachtem inneren Zimmer gelegnen köstlichen Badstube Ibrahims: derer Bänke ringsherumb (ins 8 eck) von Jaspis und Chalcedonier bereitet. Und in jedwedem Winckel eine Corinthische Säule von Jaspis; mit erhabener schöner Arbeit daran. Von oben / schöne herad-hangende Bluhm-Wercke aus grünem Jaspis / mit durchgeflochtenem Golde (pag. 178.) und darzwischen-hangende Encarpi, oder Ehren-Kräntze. §. 6. Unter welcher fürtrefflichen / ja Königs-würdigen Zier / war die fürnehmste / daß zwischen den acht Säulen auch eben so viel Fächer waren / derer 4. mit grossen güldenen Geschirren erfüllet zum Rauchwerck / und was sonst zum Bade nöthig / gemacht: In den andern vieren / stunden vier Frauen-Statuae von weissem Marmel / über auß künstlich: theils schienen ihre Kleider ab / die andern wieder anzulegen. §. 7. Das Wasser / das in der Wanne war kam aus zween Geschirren von Crystall geschossen; aus dem einen warm / und aus dem andern kalt: In dergleichen Badstuben (wo anders so eine jemahls zu Constantinopel gewesen ist) solte es wol ein herrllche Lust seyn zu baden / und auf gute Bekehrung oder Stürtzung des Gro-Türcken / ein leckere / wol aromatisirte Kalte Schal aus Porcellain zu trincken. §. 8. Busbequius gedenckt sonst auch dieses Ebrahim oder Ibrahim Bassä / an unterschiedenen Orthen / und nennet ihn (Epist. IV. Leg. Turc. pag. 338.) einen Pohlen: wie dies hange mit dem Geschlecht von Justinian, dessen der Ibrahim vielmehr / als ein Pole / und also ein Italiäner fol geweßen seyn / davon oben (§. 2.) aus Zesto Meldung geschehen / fals eben dieser Zesius solchen Nahmen nur nicht etwan fingiret; lasse ich dahin gestellet seyn / uud mag mir den Kopff nicht darüber zerbrechen.

Das IX. Capitel.
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Von etlichen Raritätender Insul Malta / und Weiland daselbst des Tempels der Abgöttin Juno.

§. 11.
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SOfdern verlasse nunmehr Constantinopel. Und mich begehende von dar denen verstreut-liegenden Griechischen Insulen vorbey / wiederum in das freye mittelländische Meer / befinde meinem Zweck dienlich zu seyn / anzuländen bey Melite oder Malta / der zwar kleinen / aber so viel mehr von Pauli schiffbruch und heutiges Tages Ritterlichen Johanniter Doden / vielen herrlichen Naturialien und Fruchtbarkeit des Bodens / berühinten Insul: so ihren Nahmen haben sol von Melle, oder Honig / dessë Menge / ja der beste in der gantzë welt daseyn sol / wie Hen. Bünding im andern theil seines Itinerar. Sacr. (p. 132) angemercket / gelegë zwischë dem königreich Sicilien und Africa: [58] nnd also nicht minder / als vorhin Byzantz / an den Gräntzen des edlen Europä. Dann ob schon jemand sey / so sich dieses Eyland lieber nach Africa / als nach Europa zuziehen bemühen möge / wie bey Hn. D. Burch. Niederstedt / de Maltâ Veteriac Novâ [lib. 1. c. 3.) zu sehen: so hat solche Meinung doch keinen Grund. §. 2. Er / Bünting / schreibet auch / daß die aller wol-schmeckesten [das ist / best-riechenden / Rosen / schöne Violen und Baumwoll daselbst wachsen: kein Schnee noch Eiß jemals dagesehen; auch keine Schlangen / und vielmehr hübsche Weiber / schöne kleine Hündlein / und niemand schädliche Scorpionen / daselbst seyn sollen. §. 3. Und weil der Apostel S. Paulus / als Er gefangen nach Rom gesandt war / an dieser Irsul Nordwerts gestrandet / und nachgehends drey Monden daselbst geblieben; haben die Christen eine Capell dahin gebauet. Worvon auch nicht weit abgelegen ist eine Höle / mit 2. Löchern und Gemächern / darin Er gefangen gelegen haben sol: in welcher eine härtliche schöne weisse Erde / genennt Terra di San Paolo, mit darinn gewachsenen Steinen genennt Petroglossa, oder Gloss opetrae, das ist / Schlangen-Zungen / wie auch eine Arth rundlicher kleiner glatten Steinlein / Natter-Augen genennt / gegraben und als ein bewehrtes Mittel gegen alles Gifft / so man die Dinge nur bey sich trüge [was sag ich von der Erden innerlichen Gebrauch?] von den Inwohnern ja fast durch gantz Italien gehalten werden / darumb / weil Paulus die Otter / die Ihm an die Hand gefahren / ins Feuer geschlenckert / und Er unbeschädigt blieben. §. 4. Unter welchen / was absonderlich die so genannten Schlangen-Zungen-Steine betrifft; so hat man derer unterschiedene Arthen; blosse / und in ihrer Erde fest sitzende / Abbildung als in dieser Figur zu sehen ist: etliche großmittelmässig- oder kleinere; an Seiten gekärbt / oder glatte; lang oder kurtze; stumpff- oder scharff-gespitzte / als wie mit mehren diese Figuren darthun. Abbildung §. 5. Was dieses für Sachen eygentlich seyn? Zu derer Frage Erörterung mag ich mich hier nicht herauß lassen / weil vielerley / (wiewohl-Curiöse) Considerationes hierbey einfallen / welche grösser / als die bereit-abgemessene capacität dieses Tractätleins ist; und kan der geneigte Leser deßfalls seinen Regress am bequämsten nehmen / zu meinen Anmerckungen über Fabii Columnae Buch de Purpurâ, welches gleich eben diesen Winter / da gegenwärtige Schrifft hervor kommt / auff meine Veranlassung / und / was die beykommende zierliche Holtz-Schnitte betrifft / auff meine Unkosten / in Truck gegeben / bey Herrn Joachim Renmann / der Kielischen Universität Buch druck er / von ihm mit schönen neu-gegossenen Typis gedruckt / ist zu finden §. 6. Was diese Sachen aber nicht seyn / nehmlich keine in Stein verwandelte Schlangen-Zungen / das ist leicht zuerinessen. Denn (mit wenig Worthen das fürnehmste zu melden) so sind die grossen von denselben zwar breit genung / aber zu kurtz; und die kleineren haben so wol diese / als andre figürliche Abschreitungen von gemeiner proportion der Schlangen-Zungen. §. 7. Zu dem folgt auch nicht: Paulus hat eine Schlange vom Finger geschleudert; deshalben hat Er alle Schlangen aus der gantzen Insul heraus verflucht. Oder wo steht dieß letztere geschrieben? Und so Er sie gleich auch alle verbannt und verflucht hätte; so folgetferner nicht / daß ihre Zungen / Augen / Ruckgrad / und andere Glieder derselben / darumb zn Steine worden. Denn in welchem glaubwürdigen Buch oder Capitel der Apostel-Geschichte / steht auch dieß letztere geschrieben?
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§. 8. Entweder es ist wahr / daß keine Schlangen in Malta mehr gefunden werden; oder ist nicht wahr. Ists wahr; woher wird bewiesen / daß eben Paulus solches gewürcket habe / und nicht GOtt vielmehr / ob auch St. Paulus sein Tage nicht dahin durch Ungewitter und Schifbruch gekommen wäre. Ists aber nicht wahr; wer heisst euch dann so lügen? Ich zwar kan mich rund herauß auff Ja oder auff Nein nicht bescheiden / denn ich keinen ehrlichen Menschen biß dato in demselbigen Eyland gesehen: Jedoch dieß und das den Heiligen / ohne Biblischen Grund zuzuschreiben / und Gottes Wort darüber vorbey zu gehen / wäre / bedünckt mich / dem Geschöpffe eine grössere Macht / als Gott dem Schöpffer / zuzuschreiben. §. 9. An diesem aber (bey unserm Zweck zu bleiben) ist kein Zweiffel / daß / hindangesetzt der Norder-Seite desselben Orths / gegen der Sonnen Auffgang noch etliche Mauren und überbliebene Stücke sollen zu sehen seyn / von dem uhralten köstlichen Tempel der Abgöttinn Juno. §. 10. Als dieser im Flor gewest / sagt Bünting / daß viel schöne Kleinodien un̅ Schätze; insonderheit aber das köstlichste Elffenbein / als was sonderlichs / sich darinn befunden: und als solches / nach Eroberung der Insul / dem Numidischen König Masinissae, sein Schiff-Capitain überbracht / Er / der König / sol eiligst befohlen haben / dasselbige zurück zu bringen / und sothanen entführten Kirchen-Schatz / wieder an seinen Orth zu stellen. §. 11. Hiervon nun könte und solte vielleicht was umbständlich gehandelt werden: weil aber vorhin-gedachter Herr Burchhard Niederstedt (lid. 1. de Malt. c. 5 p. 14.) so-fern diesem Thun ein Genügen gethan; mag der günstige Leser sich dahin verfügen / und seine Belustigung darauß nehmen.

Das X. Capitel.
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Von Herrn Habelä / Melitensischen Vice-Cantzlers / Raritäten-Zimmer.

§. 1.
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MAs aber den Zustand neuerer Zeiten betrifft; so hat die Haupt-Stadt Malta biß dato ihren Namen mit der gantzen Insul gemein, ist so wol an sich selbst / als mit einem darinn-gelegenen Schloß befestigt: und wird von einem Groß-Meister regiert / welcher auß allerhand Nationen / ohne Unterscheid / pflegterwehlt zu werden. §. 2. Und in derselbigen Stadt / oder nicht weit davon / auff einem wolangelegten Praedio oder Land-Guth / (hiemit ich zu meinem Zweck fortfahre) ist Anno 1630. wohnhafft gewesen ein fürnehmer / leutseeliger / und in allerhand Wissenschafften / (sonderlich was Antiquitäten betrifft) gar curiös- und erfahrner Mann / Nahmens Herr Johann-Francisc. Habela / des Geistlichen Ritter-Ordens von Jerusalem / und Vice-Cantzler der Insul: welcher ein fein Museum oder Raritäten-Gemach zu eigener und anderer hurtigen Gemüther Belustigung / und in demselben nicht minder viel schöne selecte Dinge der Natur / als alte Monumente und Gedächtnüsse / in fleissiger Verwahrung gehegt / wie solches auß mehr-gedachten Herrn Niederstädts / und Herrn Th. Bartholini Zeugnüß / die beyde in Malta gegenwärtig gewesen / und die Sachen gesehen / erhellet. §. 3. Von welchen der Erste / das Muséum oder Conclave Herrn Habelä / außdrücklich ein Antiquarium (lib. 1. de. Malt. cap. 5. p. 17.] intitulirt, und (lib. 2. c 4. pag. 60.) von dem darinbefindlichen alten Aschen-Topff / oder Leichen-Gefäß / also schreibet: Extra Veterem Urbem [Maltam] multa deorum Simulacra, Columnae Marmoreae ruptae, fractae, aliaque praeclara Antiquitatis Monumenta saepius inventa sunt, quae laudabili prorsus operâ, hac nostrâ aetate collegit Fr. Johannes Franciscus Abela, Sacrae & eminentissimae Religionis Hierosolymitanae Vice-Cancellarius, in Praedio suburbano Promontorii Cortini (Casino di S. Giacomo dictum) curiosè asservata. Idem ille Urnam veterem, in subterraneâ speluncâ repertam, hoc Elogio ornavit: Phoenicum Urnam, qui pirmi à Gigantum interitu Pulsis Phaeacib. Melitam tenuêre fortunatam, Cum incluso Cadavere, imò Cinere Post Io & ampliùs Lustra ex antiquae Urbis Latebris Effossam. Fundi Herus publico Rei Antiquariae Bono Hîc prope Caemiterium vetus P. C. Anno Salutis M DC XXX. Adventûs verò Sacr. Ord. Hierosolym. C. §. 4 Von dem Andern / dem Hn. Bartholino / sind folgende Dinge observiret: Eine Statua Harpocratis, an dessen rechten Seite des Helins / dem ansehn nach / ein geflochtener Zopff Haare / als ein gekrümt Horn / herab gehangen; (de Unicorn. c. 2. p. 27.) Hüfftenknochen / ein Zahn / und Ribbe von Riesen; (Cent. I. Ep. Med. 53. p. 225.) Holß in Stein verwandelt / noch in diesem Seculo, binnen der benachbarten Africanischen stadt Tripoli; (ib. ut & lib. de Unicorn. c. 37. p. 290. ac Cent. 2. Hist. Anat. 100. p. 354) und nit nur die einige / sondern zwey Urnas Sepulchrales, oder ver [60] brennter Leichen-Töpffe. Denn also lauten auch seine Worte / (Cent. I. Epist. Med. I. d.) Binas quoque Urnas Phoenicum nobis monstravit, qui ejectis Gigantibus Insulam posteà incoluerunt: quarum altera Foeminae habebat faciem, Ornamentis & Vittis dependentibus, magnitudine humanâ, in quâ Cineres invenerat.

Das XI. Capitel.
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Von D. Petri Castelli Curiosität / zu Messina / im Königreich Sicilien.

§. 1.
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Und ist nun Zeit / Europä so viel näher zu kommen / und nach Verlassung / auch der Insul Maltha / (gleich wie der Stadt Constantinopel / und Alexandria vorhin) näher an Italien zu rücken / nach darzwischen-gesetzter kurtzer Herumbschauung / ob was / und an welchen mehrern Gräntzen Europä noch möchte zu notabeniren seyn / so unser??? biß anher-gefasten Intention gleicher Gestalt ein Vergnügen bringenkönte. §. 2. Da dann nah an dem äussersten Ende Italiens / gleich über / zwischen demselben und der Insul Malta / gelegen ist (ja vorzeiten dem Italien anhängig gewesen seyn soll) das von GOtt und der Natur so viel höher gekröhnte Königreich Sicilien. Auß dessen principalisten Stadt / und Königlichen Residentz Palermo / mir zwar eben nichtshieher-dienliches beyfällt: nechst dieser aber wird Messina von allen für eine von den übrigen sehr-fürnehmen aestimiret; woselbst mit grossem Ruhm seines Nahmens und würcklicher guten Meriten / gelebt der fürnehme D. Petrus Castellus; davon mir / so viel seine curiöß-zusammen-colligirte Natural-Raritäten betriftt / folgendes zur Kundschafft kommen: §. 1. (1.) Der mehrmals und zwar mit billichem Lob erwehnte Herr D. Thomas Bartholinus schreibt von ihm / Anno 1644. im Monath April / aus Messina / an Herrn D. Dlaum Wormium nach Koppenhagen (ins Teutsche allhier gegeben) also: Ich gebrauche mich des Castelli familiarittät / der gäntzlich darob ist / Bücher von vielerley Lahr herauß zu geben. Hat in seinem Museo allerhand curiöse Dinge der Natur gesammlet. Besitzt Sceleta, oder zusammen-gesetzte Geriebbe unterschiedener Thiere; als Zibeth-Katzen / Schwerd-Fische (Xiphiae) und anderer. Hat auch Augen von Zibeth-Katzen / und dererselben Zibetisches Behältnüß (oder starck-rüchendes Glied) eben so dargezeiget / als Er in der Historie dessen Thieres beschrieben hat Er ist ein Besitzer von vielerley Muschel-Werck / so in Stein verwandelt. Und hab ich bey Ihm gesehn / von einem Indianischen Palm-Baum eine Frucht / die man mit keinem Hammer zerschlagen kan. (qui incudem eludat.) §. 4. (2.) An einem andern Orth (nehmlich de Unicorn. cap. 37. p. 276.] gedencket Er / daß Er bey Ihm viel Ammons Hörnlein gesehen / und mit Ihm auß der Erden gesammlet habe. Verstehe eine gewisse Arth Steine / die / weil sie die Gleichheit eines gekrümbten Bocks-Horns führen / Cornua Ammonis, Cornua Arietina, oder Bock-Hörnlein / Ammons-Hörnlein genennet werden / und heutiges Tages vorauß im Hartz / umb Hildesheim / gar viel gefunden werden / wie hiervon Herr D. Lachmund zum Theil de Mineralibus Hildesiensibus gar schön geschrieben; und ferner ohne Zweiffel mit mehrem diese Sache berühren wird / in seinem gelehrten und curiösen Tractat de Lapide Judaico, der nun bald wird herauß kommen / wie Er mir nur gleich nun geschrieben. §. 5. Herrn Bartholini Worte / von den Sicilianischen Steinernen Vocks-Hörnlein / bey D. Castello, sind diese / an itzt-angezognem Orth: Varias in magnitudine & figurâ Cornuum Ammonis differentias lib. 4. Histor. Balnei Bollensis proposuit Joh. Bauhinus, magni Casp. Bauhini Frater, qui legi meretur. Nos verò Arietinis Cornubus simillima complura Ipsi ex Colle Messanensi cum Petro Castello, summo loci Doctore, eruimuseâ parte, quâ alti??? Hortus public assurgit. §. 6. Und fällt mir bey diesen Schluß-Worten (Hortus publicus assurgit:) zu mehrerm Beweiß der sonderbahren Curiösität des Petri Castelli, dann dieses auch ein / was ich vor diesem sonst gelesen / welcher Gestalt nemlich Er / der Geburth ein Römer / und vor diesem in dem Archigymnasio zu Rom Professor (oder / wie sie daselbst reden / Lector] Simplicium, nächst an der Stadt Messina / denselbigen Medicinischen schönen Garten fundirt, dessen Verzeichnung / (wie derer der vielberühmte Herr D. Elsholtz / Florae Marchic. Introduct. pag. 5. gedenckt) zu Tage gebracht / ein Theatrum (verstehe Anatomicum) Laboratoria Chimica, und andere nutzbahre Dinge gestifftet: die wir aber an seinem rühmlichen Orth lassende / in folgendem Tractat rectà nummehr uns in Europam hinein begeben wollen.
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Vorstellung etlicher Kunst- und Naturalien-Kammern / In Italien zu Neapolis und Alt-Rom Denen Wol-Edlen / Vest- und Hochgelahrten / Herrn Sebastian Scheffer / Der Medicin weitberühmbten Doctori und Practico in der Käyserl. Freyen Reichs-Stadt Frauckfurt am Mayn: Und Herrn Johann Wilhelm Schmidt / Gleichfals der Medicin Fürnehmen Licentiato und glücklichen Practico, in der löblichen Stadt Lüneburg: Meinen sonders groß-geneigt-Hochgeehrten Herrn / und sehr liebwehrten Freunden. MAs oder Ordnung / für ein Ding / und wieviel daran gelegen sey / das dadurch als durch Ketten und Bande / das jenige so aus Stücken zusammen gesetzt / befestigt werden / und allem besorglichen Untergang entgegen / eine merckwürdige Zeit bestehen möge; solches bezeugt an allen theilen dieß gantze überauß-schöne Wunder Gebäu der Natur; es bezengens alle / so wol Geistals Weltliche Societäten / und eines jedweden Menschen eigenwillige publiqu- oder privat oceupation, wodurch er vermeint / zur fülle seines Wunsches / und einigem Grad wo nicht wahrer / doch scheinbahrer Gemüths-Leibes- oder Glücks-Vollkommenheit zugelangen. Ja die Fürsten der Fünsternüß und alle Teuffel der Hölle selbst / fals sie einmüthig unter sich / und einander absonderlich bey deine / vom Beelzebub Ihm-assignirten Ampte bleiben / empfinden auff ihre maaß / ein ruhig- und unzertrenntes Reich; wie uns hiervon der Mund der himmlischen Warheit / und Stiffter aller heilsamen Ordnung lehret. Gleich wie nun von solchem Wort / ein anders entsprungen ist / Tactica, welches auff Teutsch den Nahmen der Wissenschafft / Schlachtordnungen zu stellen / führet: also ist am Tage / das dieses ein weit mehreres in sich begreifft / und zu verstehen giebet / welcher Gestalt nicht allein die Soldatesca im Felde / nebst dero Atiglierie und Pagage / sondern inn- und ausserhalb Krieges / zu Wasser und Lande / viel andere Cörper mehr / so die Natur und Kunst hervorgebracht / nach ihrer erträglichkeit zu sortiren und in eineauff gewissen Zweck zielende Ordnung / dergestait zubringen seye / das so wol ein beständiger nutz davon zuhaben / als eusserlich auch eine unsträffliche Schönheit daran zu spühren stehe. Derhalben dünckt mir am bequämsten zu seyn / folgender gestalt zu verfahren / das nehmlich erst Tactica Ceneralis, oder eine allgemeine Wissenschafft und Universal-Disciplin von allerhand Ordnungen / constituirt; und selbige alsdann zunächst in die Natür und Künstliche / (Tacticam Naturalem & Arbitrariam) entschieden werde. Von Tacticâ Naturali ist oben bereits schon etwas meldung geschehen / und nicht ohne billiche verwunderung und Lob GOttes zu spühren / (daß ich vieler anderer Exempel / so uns dieses schöne Welt-Gebäude äusserlich vorstellt / geschweige) an unserem eigenen Mensch-lichen Leibe / fals man nur einiger massen mit fleiß in demselben behertzigen wil / welcher gestalt die Haare des Haupts / gleich wie von ihrem Schöpfer gezehlt / also vom Scheitel anfangende / in richtiger Ordnung hernach denselben rings-umbgeben; die Schweiß-löcher der Haut / und sonderlich an dem ersten Gliede eines jedweden Fingers der inwendigen Hand / in seltzam-herum-geführten Reihen stehen; das Gewebe der Musculorum sonderlich / von der Natur über alle Mechanische nachfolge / zubereitet ist; die Lufft-Röhre / als das principalste Stück unsers natürlichen Stimm-Wercks / (der Brust) bestehend auß tausend Circul-förmigen Cartilaginösen Gliedern / und herab-langende von der höhe des Halses / biß an das innere Haupt- [62] Rad unserer Lebens- und Schlag-Uhr / das Hertze) sich eben auff solche geometrische manier in der Lincken / als wie in den rechten Blase-Balg die Lungen) erst in zwey grosse / dann in mehr und mehr mittelmässige??? / klein- und kleinere vielfältige / und endlich kleineste / Aeste vertheilt / einem umgekehrten Schönen Baum der gantz ordentlich gewachsen / zu vergleichen; oder das Hertz / als das Roth- und Mittel-Ländische-Meer unsers Fleischlichen Aegyptens / durch ordentlichen zu- und abfluß / vermittels somancherley Blut-Milch-Wasser Gallen-Speichel u̅ anderer-Gänge / die übrigen Glieder des Leibes befeuchtet / und von denselbë mehrentheils wiederum befeuchtet / erfüllet und erhalten wird; die Blut-Schleusen in Adern (Valvulae Venarum) gleicher gestalt ihre geziehmend- und wol-disponirte situation erlangt; die Spitzen an den würbeln des Rück-Graats / gleichsam als so viel Zähne in einem Kamm / in stoltzer reyhe stehen &c. Tacticam Arbitrariam aber nenne ich die / so sich gründende auff Exempel der so-wundersamen weisen / und gütigen Vorgängerinn (der Natur) Menschlicher Witz zu allerhand theils Nutzen und Nothdurfft / nach und nach erfunden / so / das sich fernere eintheilung derselben / in die Lustige und Ernstliche / von selbsten uns gleichsam an die Hand giebt. Unter welchen beyden / was. Tacticam Ludicram betrifft; so ist richtige Ordnung / und Sinn-reiche disposition gleichsam die Seele und Meisterinn / in dem Schach-Kegel-Charten / und vielerley andern Spielen. Tacticam Seriam aber allermeist / oder die Ernstliche / theile ich ferner ab in Militarem und Togatam. Tactica Militaris ist wiederum zweyerley; Campestris, zu thun habende mit Schlacht-Ordnungen zu Felde; und Navalis, mit dergleichen zur See. Tactica Togata, breitet sich zu Friedens-Zeiten auß in alle Handwercker / Wissenschafften / und gute Künste. Und sintemahl derer ein fast unbeschreiblicher Unterscheid ist so will ich nur zweyer davon gedencken. Tactica Hortensis heißt die eine; und ist nichts anders / als der fürnehmste Theil der Garten / Architectur; und / ein gantz unterschieden thun seyende von der Horticultur, bestehet am meisten darinn / das alle / so wol essential, als andere Stück und Theil des Gartens / über und an der Erde / in einem bequämen Comportament und hin und wieder in möglist-correspondirender Regularität sich befinden / wie nicht minder die darein-gehörige Baum’ und Kräuter zu dergleichen disposition gebracht werden / das allerwegen schöne prospecten daher entstehen / una die Cultur der Erdgewächse so viel besser handthieret werden kan. Unter welchen guten Ordnungen deßfals / was absonderlich die Bäume betrifft / Quincunx, ader setzung deroselben ins Creutz / von vielen Jahren bißanher den Titul der vollkommenst- und zihrlichsten Ordnung / behalten. Und endlich Tactica Conclavium heisst die andere; das ist / die Wissenschaffs / wie Kunst- und Naturalien-Kammern recht eingerichtet werden sollen. Welche zu einer neuen und absonderlichen Disciplin zu machen / ich vielleicht der Erste bin / der solches in offentlichen Schrifften versucht, und deßwegen für gut befinde / eh und bevor ich meine special-Meinung von Stück zu Stück eröffne / dem günstigen Leser einigen Vorschmack zu erwecken / durch glaubwürdige Vorstellung vielerley Cabinetten und Curiösen Gemächer der Welt. Von welchen etliche scheinen etwas nahe (wiewol gar sehr wehnige) etliche was entfernter / etliche (und die meisten] auffs allerfernst- und weiteste / benötigter guter regularität und disposition, beyzukommen. Weil demnach Sie beyderseits / Meine sonders Groß-geneigt-Liebwehrte Herrn und Freunde / durch unverdrossene Beytragung mehr und mehrer Correspondence, und absonderlich / Herr D. Scheffer / durch wiederholte Ubersendung mir-sehr-angenehmer selecten Cörper und Abriesse / HErr L: Schmidt aber durch un-erfoderte würckliche Contestirung seines verlangens / so erträgt zur Continuatiou angefangener Tractätlein / mir ihre sanffte Hand gebothen. so erkenne ich / meiner schuldigkeit und eigenen Ehre zu seyn / nach dem ich einige Curiöse Gemächer ausser Europa in vorigen Schrifften auffgesucht / und nachgehends mancherley verhindernuß erlitten in begleitung numehr Ihres sehr werth-geschätzten Nahmens / gleich zu nach Italien zugehen / gantz freundlich bittende / sie gegenwärtige wolgemeinte Dedication, eben so annehmen / als ich sie gebe / wollen / unter unsrem allerseits Hertzlichen Wunsch / continuirender Vergnüglichkeit / so viel deroselbenbey itzigen gefährlichen Zeiten etwa kan geschöpfet werden. Wenn diese nur erst vorbey / und das die von dem Martialischen Krebß noch übrig-gelassene wenig Länder Europae, auch noch werden geschwind hergehalten haben / wird hoffentlich ein höchfiverlangter allgemeiner Friede / der aber noch weit darhinten / mir so viel freyeren Fußgestatten / den Kern Italiens / Spanien / Franckreich unb die übrigen Provinzen Europæ, mit meiner anwachsenden Tactica Conclavium, durch zugehen. Befehle sie immittels hertzlich Göttlichem Schutz / und verbleibe Meiner sonders-Großgeneigt-Hochge Ehrten Herrn und Freunde stets dienstwilliger und auffrichtiger Kiel den 19. Julii. 1695.
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Das I. Kapitel.
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Vom Eingang in Europam: und in derselben von Italien ins gemein.

§. I
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MEst- und Ost-Indien / mit Africâ, haben wir in vorhergehenden zwey Tractätlein / zu unserm Zweck / besehen; und von dar uns so viel näher gen Europam zu machen / das Schiff unserer Schrifftlichen Abhandelung / nach Constantinopel / Malta und Messina gekehret. §. 2. Nun bietet uns die Großmächtige Königin Europa gleichsam selbst die Hand / und leitet uns rechten Weges nach Italien; als welche Landschafft / nächst anstossende an das Königreich Sicilien / in Summarischer Betrachtung so wol ihrer eigenen Form oder äusserlichen Gestalt / als die übrigen / rings umb ihr liegendeu Provinzen und Länder Europae, nicht unbequem einem herab-werts gestreckten Arm / gleichsam einer prächtig-geschmückten Jungfrau / wird verglichen; derer Haupt nemlich Spanien seye; Die Brust Franckreich; die Hals-Kette das Alpen- oder besser / Pyraeneische Gebirge / und der (wiewohl ziehmlich weit davon-abhangende) Rhein-Strom; der an der Hals-Ketten und Brust hangende Schau-Pfenning oder Kleynod / as Königreich Böhmen; das Hertze / Teutschland; die meisten theile des Rockes / Ungarn / Polen / Preussen / Liefland / Littauen / Muscau / Wallachey / Siebenbürgen / Bulgarie / und ein theil Griechenlandes; der tieff-herabhangende Gürtel / die Donau; der lincke Fuß / Reussen; der rechte Fuß / Constantinopel: der lincke Arm / Nieder-Sachsen / Holstein / mit dem Königreich Dennemarck; und endlich Italien der rechte Arm / wie gedacht: Deme Henricus Bünting / (in seinem Biblischen Reise-Buch das Königreich Sicilien / gleichsam als einen Reichs-Apffel in die Hand gibt / wie in dero von ihm desfalls inventirt- und vor gestellteu Land-Taffel zu sehen. §. 3. Oder / wie im kleinen deutschen Atlas (part. I. pag. 10. b.) meldung geschieht / fals man Europam, auß dem Strabone, nicht so wol einer sanfftmüthigen Jungfrau / als einem grimmigen Drachen / vergleichen wolte; so solle Spanien das Haupt; Franckreich den Hals, Teutschland den gantzen Leib; Dennemarck den lincken; und Italien den rechten Flügel / daran praesentiren. §. 4. Oder absonderlich / und so viel bequämer / wird Italien heutiges Tages von mehreren theiils Scribenten / einem Seieffel / oder gestiefelten Menschen-Fuß / vergliechen: dessen Hüffte / biß an die Knie / das Alpen-Gebürge das Vordertheil oder Schien-Bein / die gantze Gegend am Tyrrhenischen Meer; die Wade / der gantze Strich gegen das Adriatische Meer; der unterste Fuß / und die Ferse / die Landschaften am Tomschen Meer? und endlich die Zehen desselbigen Fusses / die äussersten / dem Sicilien gleich übergelegene / Ufer sein sollen: Wie dann für andern solchen Vergleich / wiewol nur mit zwey Worten / der vielberühmbte Zeilerus (ltine arr. ltal. pag. 3. 2.) vor bekant annimt / und den mehrbegierigen Leser / auff Cluverii und Magini Geographie hinweiset. Zu welcher Emblematischen Vorstellung ich vermeine / auch dieses nicht ungereimt dazu gethan werden könte / das nehmlich das Apenninische Gebürge / Italien lang hindurch theilend in zwey theil / auff die Schien-Pfeiffe / oder Schenckel-Knochen / inwendig in erwehntem gestieffelten Fuß / deuten möchte. §. Und lassen einem jedweden frey / was dessen phantasie auß dieser ädelen Landschafft im übrigen mehr für ein Bild / ob etwan ein Ephey-Blath / wie Eustathius oder ein Eichen-Laub / dessen länge grösser / als die breite / wie Plinius, Solinus, und andere (citante Atl. min. part. 2. pag. 178. ) oder was andres / drauß machen wolle. §. 6. Dieses aber ist gar gewiß und weltkündig / daß gleich wie mehrgedachtes Italien wegen souderbahrer Güte des Himmels / trefflecher Gelegenheit des Orths / fruchtbarkeit des Bodens / und daher-entstehendem reichen Uberflnß von Rind- und anderm Vieh / Pferden / Milch und Käse / Fischen / Muschelwerck / Vögeln / Wein / Oehle / Mandeln / und vielen andern herrlichen Früchten und Bluhmen / von delicatem Geschmack und Geruch / wie nicht minder wegen so mancherlei arth gesund und warmer Brunnen / Metall- und Berg-Arthen: Vorrath an Alabaster / Marmel / Porphyr- und andern Steinen / Alaun / Schweffel / Saltz / und dergleichen / mehr für ein irrdisch Paradieß und kurtzen Begrieff dessen / was sonsten die luxurios- und lüsternde Natur / stückweise in ander Länder vertheilet / als eine gemeine Landschafft / ist zu nennen: also hat das Sinnreiche Nachdrucken der Menschen vielfältige Gelegenheit gefunden / den äusserlichen Sinnen so viel mehr zuschmeicheln und wol zuthun / durch künstliche Stifft- und Erbauung / in und ausser Städen so mancher admirabel-schönen Palatien / Pracht und Lust-Hauser / die mit aller Geräthschafft reichlich versehen / Pyramiden / Obelisken / und anderer Seulen / Statuen / und Schnitzwercks [64] Gemählde Theatern / und Amphitheatren, Scenen / die theils nach der Civil-theils nach der Garten Architectur von Bäum- und Bind-Werck gemacht / daran die gehörigen Farben Natürlich mit wachsenden Bluhm- und Früchten gegeben werden / ja so mancher grosser realer Gärte / Bluhm- und Baum-Schulen / Löben / Bogen / Irr- und Bogen-Gänge / Spatzier-Plätze / Erfrischungs Hölen / Grotten / Fontainen / und andern Spring-wercks / Cascaden und Wasser-Fälle / mit Corallen / Moß- und Muschelwerck aufs zierlichste versetzt / und äusserlich gantz prächtig nach der Prospectiv mit Cypressen, Brust-Bildern auf postamenten, und dergleichen / beschützt; zugeschweigen / so mancher kost-bahrer delicioesen Bäder / Lust-See / Teich und Hälder. §. 7. Wobey dan̅ aber die ädele Nation, als die warhaftige wiederbringerin der vormahls verlohrnen guten Wissenschafften und freyen Künsten / gleichwol das jenige auch / was zu Belustig- und Erbauung eines Virtuoesen Gemüths gereichen mag / gantz nicht vergessen: ja vielmehr umb eben dieser Urfach willen / gleich wie Sich hin und wieder durch gantz Italien in viel schöne gelehrte Genossenschafften / so daselbst Academien genennet werden / vertheilt / also ausser denselben nicht minder zu Ihrer eigenë / als vieler Frembden und durchreisenden Gemüths-Ergötzlichkeit / viel herrlicher Bibliotheken / Musea, und Gallerieen / mit Büchern / Gemählden / Antiquitäten / Medaglien und Müntzen / Mathematischen Instrumenten / außerlesenen Naturäl Kunst-Sachen / aufs curioseste accommodirt, und in diesem Seculo vorauß / Lob-würdigst annoch zu sammlen und halten pfleget.

Das II. Capitel.
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Absonderlich von der Landschafft Campanien / und dero daselbst-liegenden Stadt Neapolis.

§. VI.
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JE ein grössere Anzahl derhalben in den schönsten Städten Italiens / derselben Kunst- und Naturalien-Kammern zu finden ist; desto nöthiger wird nun seyn / in Vorstellung ihrer / eine solche Ordnung zutreffen / das von denjenigen der Anfang gemachet werde / die am fernesten von uns entlegen sind; und ich dann immer näher und näher herein-warts rücke / biß ich zu seiner Zeit / nach abgelegtem Schrifftlichen herum-reisen / dessen annoch der gröste Theil restirt / das geliebte Vatterland erlangend / meine Feder daselbst gleichsam zur Ruh und nieder legen werde. §. 2. Und wenden uns solcher Gestalt zu erst nach Neapolis hin: welche außerlesene / Volckreich- und sehr alte Stadt / (vor diesem Parthenope intitulirt) wegen ihrer sonderbahren Magnificenz, Lufft und lustigen Situation an fruchtbahren Hügeln / und stillem Fisch-reichen Meer / gar billich meritirt, vor die Königin Campaniens, [ja des gantzen Neapolitanischen Königreichs] vor ein Amphitheatrum und Schauplatz aller erdencklichen Ergötzligkeit; und itztgemeldte Glückseelige Landschafft Campanien selbst / (oder Terra di Lavoro) als der Kern und fettestes Marck von Italien / wegen des reichen / von GOtt gesegneten Uberflusses an delicatesten / Jährlich doppelt-tragenden Bluhm- und Früchten / wolgebauten Aeckern / schönsten Feldern und Wiesen / als angenehmsten Wohnungen der Bienen / an frölich-liegenden Weinbergen / schattenhafften Thälern / nutzbarsten Marmorbrüchen / (und weiland Ertzgruben) heiß - flüssenden Schweffel-Ströhmen / unbeschreiblichen Werkstätten / der unterirrdischen Natur / oder oben an guter Pferd und anderer Vieh-Zucht / nicht unbillich / ja wol vor etwas mehr / als ein Europäisches Canaan oder Arabien / gerühmt zu werden. §. 3. Deßwegen die Uhralten Röuter bereit bey strenger Hitze / sich nirgends lieber / als dahin gezogen; nirgend vergnüglicher / als umb Neapolis, ihrem Sinnreichsten Nachdencken / eine retirade gesucht; und Ihre Nachfolger noch heutiges Tages / von schweren Ampts-Sorgen oder Wollüsten ermüdet / nirgends einen bequämern Platz / als eben da herumb / in den prächtigsten Land-Häusern / und Lust-Gärten / unter Geniessung so mancher schöner warmen gesund- oder kühlen Erfrischungs-Brunnen / und unter dem Vorwand gesuchter Gesimdheit / zn mehrerm Lauff ihres lüsternen Wolseins / nehmen. §. 4. Der freyen Künste jedoch / und aller besten Gelegenheit darzu / hierbey nicht vergessen. An welchen gleich wie Neapolis jederzeit florirt / die Römische Jugend studirens halben dahin gezogen / und die Poëten vorauß daselbst sich treflich gern auffgehalten / massen Georgica, Virgilii daselbst geschrieben seyn / dessen Grab nicht weit von Neapolis bey dem-lustigen Berg [65] Pausilypo (oder Sorgen-Stiller) noch heutiges Tages zu finden ist; wie nicht minder Horatius, und nachgehends Statius, Claudianus, Sannazarius, und andere / sich selbiger Gegenden recht wol bedienet: also laßt uns zu unsrem Zweck / von der uhr-alten Curiosität deß Edlen Herren Luculli, dann aber / zu unsern Zeiten sonderlich / von den selecten Gemächern / deß Vice Ré oder Königlichen Stadthalters / deß Edlen Fabii Columnae, des Natur-liebenden Imperati, und anderer / etwas melden.

Das III. Capitel. Von der Magnificenz und Curiosität / weyland deß Edlen Herrn / Luculli.
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§. I.
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WAs dem nach erwehnten Edlen Römer / den L. Lucullum betrifft / dessen Lebenslauff Plutarchus absonderlich beschrieben; so hat derselbe gelebt zur Zeit Mithridatis, Königes in Ponto, mit dem Er auch / als ein Oberster Krieges-Führer oder Imperator, einen groß- und schweren Krieg / zu Wasser und Lande / geführt / Ihn mit Schwerdt und Hunger geängstigt / ja gar auß seinem Reich treibend / durch solche seine glückliche Tapfferkeit / der gantzen Römischen Nation ein unsterbliches Lob erworben; wie solches Cicero Orat. pro Archia, §. 21.) beredsam herauß zustreichen weiß. §. 2. Auß diesem Kriege / und sonst / hat er einen so gar-grossen Reichthum zusammen gebracht / daß er endlich auch nicht gewust / wo damit hin. Und ist derhalben / an stat / daß er durch freygebig-seyn und stifftung Virtuöser Dinge inn- und ausserhalb seines Orths / ihm einen so viel-schönern Nahmen bey aller Nachwelt hätte machen können / von dem Preiß seiner vormals tapfferen Helden-Tugenden / auff den schlüpffrigen Pfad der weichen Wollust getreten / hat sich gen Neapolis verfügt / und in dermassen üppige Ruh gesetzet / daß er / oder sein Reichthum / darüber auch gar zum Sprüchwort worden. Antonius Sanfelicius (à Gaselio, An. 1580 Rostochii editus, de Campaniâ, pag. 23.) schreibt also: Asiaticam praedam iis in sumtibus consumsit Lucullus: de quâ gaza profusâ Xerxes Togatus à Pompejodictus; welches letztere / wiewol ohne Meldung des Nahmens / der Autor auß Plinio (lib. 9. cap. 54.) genommen. Oder / wie Plutarchus gar artigredet / Est in Luculli Vitae, sicut veteris Comoediae, Exordio, legere Actiones Politicas & Expeditiones, in calce Compotationes, omne genus Ludi. Er hat / wenn etwan andere fürnehme Herrn auß Rom Ihn auff seinem Land-Guth besuchet / ein banquet auff 5000. Rthlr. geschwind anrichten lassen können / und solches fast nur für ein Ordinarie-Werck geschätzet. §. 3. Gleich wie aber fürtreffliche Ingenia ohne vermischung einiger kleinen Thorheit selten zu finden seyn / und solcher gestalt anch mitten unter den Lastern / bißweilen ein mercklicher Strahl angebohrner Tugend hervor zu leuchten pfleget: also / von seiten Luculli, auch seine nahmhafftigste Eitelkeiten auffs glimpflichste außzudeuten / muß ich gestehen / oder kömmt mir vor / daß Er nichts mit den Händen seines Gemühts umbfasset / und / was nur magnific, in scheinbahren Versuch gezogen hätte. §. 4. Und ist deßwegen berühmt das köstliche Land- und Lust-Hauß / so Er ausser Neapolis, über Pozzuol hin / an dem Misenischen Vorgebürge (auff dessen höhe anitzt ein Wachr-Thurm befindlich ist) erbauet / von grosser Pracht / bequämen Raum / platten Dächern / und darzwischen hervor-ragender runden Kuppel / annehmlichen prospecten / und innerlichen kunstmässigen disposition. An welchem jedoch Plinius (lib. 18. c. 6.) diß billich tabelt / das kein Ackerbau / oder Länderey dabey; und Pompejus, nach Plutarchi aussage / dieses; daß es zwar ein Hauß wäre / gar herzlich und wol auff den Sommer gerichtet / nicht aber zur winterlichen Bewohnung aptirt: wiewol der Winter derer Orthe nur kurtz ist / und gantz gelinde. §. 6. Es hat erwehnter Lucullus, in oder an solches sein Hauß / hiemit es ihm niemals an Fischen ermangeln möchte / grosse Fisch-weyher angelegt / und zu diesem Ende den Berg durchbrochen / umb / das offenbahre See-wasser hinein zu leiten. Worauff es das Ansehen hat / das Sallustius (d. Bello Catilinar.) stachelt / indem er also schreibet: Quid ea memorem, quae nisi his, qui videre, nemini credibilia sunt; à Privatis compluribus subversos Montes, Maria constrata esse? §. 6. Wiewol / ich finde an einem Orth / daß dieselbige Villa, oben am Berg Miseno gelegen / nicht so wol dem Lucio Lucullo, als Marco, seinem Bruder / zugeeignet wird; und ein ander / gleichfalls-prächtig Land-Hauß hingegen / nach Pozzuolo näher zu / bey Piscina Mirabili und Centum Cellis, unter dem Titel [66] Villae. Lucullianae, geleget wird; wo solches Wort Marcus nnr Nicht etwa ein Fehler des Kupfferstechers ist. Welche gelegenheiten der Orthe so viel deutlicher zuverstehen / befinde ich dienlich / aus Zeileri Itinerario Italiae (cap. 7. pag. 168) ein Stück derjenigen Land-Charte herauß zunehmen / so wird man den unterscheid so viel besser ersehen können: Abbildung a. Villae Luculli Situs, juxta Zeilerum, qui L. Lucullum subintelligit: Villa verò M. Luculli Autorem alium. Hodie Specula in Summo; de quâ confer Pflaumerum part: 2. Mercur. Ital. Pag. 98. 99. b. Theatrum Miseni. c. Circus Baulis. d. Villa Pompeji. e. Lacus Avernus. f. Mare Mortuum. g. Centum Cellae. h. Villa Caesaris. i. Piscina Mirabilis. k. Villa Luculliana, juxta dictum Autorem alium. l. Bajae. m. Situs Montis Cinerum Novi, & Academiae Ciceronis. n. Pozzuolo, vel Puteoli. o. Amphitheatrum. §. 7. Dem aber sey / wie ihm wolle / an welchem Orthe auch des lustigen Neapolitanischen districts, das Land- und Lust-Hauß L. Luculli mag gelegen haben; so steht zu mercken / das Er in kurtz-vorhin-erwehnte / von dem Meer eingeleitete / Fisch-hälder / welche der Plutarchus Diaetas Marinas nennet / über dieses noch gantze Vivaria, oder grosse versammlungen Austern und Perlen-Muscheln hinein gelegt / hiemit sie sich darin vermehrend / seinem wollüstigen mund nie gebrechen möchten. Welche arth / Austern zuhägen / zu allererst Sergius Orata, nach Plinii (lib. 9. c. 54.) erzehlung / erfunden haben soll / ebener Massen / als Fulvius Hirpinus (vid. Plin. ibid. c. 56.) der Anfänger gewesen / auff grün-un̅ trockenem Lande / von allerhand Garten-Schnecken Vivaria, Schnecken-gehäge / oder Schnecken-Stüttereyen zu halten; wie noch heutiges Tages / in einigen Orthen Teutschlands / gebräuchlich ist. §. 8. Und / daß er nicht minder auch absonderliche Ornithotrophea oder Vogel-Häuser gehabt erscheint aus diesen Worten Plutarchi: Pompejus aegrotans, cùm praecepisset Medicus ei, ut Turdo vesceretur, negarent autem servi, aestivo Tempore eos usquam, nisi in Luculli Vivariis reperiri, prohibuit inde peti; ob schon Pompeji Land-Gut nicht weit von des Luculli war gelegen. §. 9. Dahin verfügte Er sich nun / nachdem Er der Ehren voll / nach Glücklich-geendigtem Kriege sich entschloß / einer sanfftern Lebensarth zugeniessen; und senckete den Rest seiner Jahre in tausend Wollüste ein / so / das dem Catoni, seinem sonst guten Freund / diß thun sehr miß-gefiel. Und sol folgender Zeit / wie Zeilerus (d. Ital. c. 7. membr. 16. p. 167. b.) anmerckung thut bey diesem / des Luculli, Land-Gut / ein Städtlein erbauet worden seyn / so man daher Lucullanum genennet habe: davon aber kaum etliche Ruinae noch zu finden.
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§. 10 Unterdessen erscheint aus angeführten umständen genugsam / was Lucullus dennoch für ein hurtiger Mann / in sachen zur Wasserleitung / Mechanica, Bau-Kunst / Fisch-Auster- und Vogel-hältern gehörig gewesen: und mag ich die dabey-befindlichen memorable Taffeln (???) Kostbahre Substructiones (???) statuen (???) Gärte / und dergleichen / aus offterwehntem Plutarcho nicht genau durchsuchen / neben dem / was Plinius (lib. 15. c. 25) gedenckt / Er / Lucullus, sey der erste gewesen / durch dessen verordnung / nach erhaltenem Sieg vom König Mithridates, Kirschbäume aus Ponto nach Italien verpflantzt / und (lib. 36. c. 6.) der sonderlich-vom ihm beliebte schwartze Marmor, zu Rom bekandt gemachet worden. §. 11. Welche daselbst von ihm beygeschaffte sorten von allerhand Fischen / Austern / Perlen-Muscheln / und Vogeln / wie auch jtzt-berührerter schwartzer Marmel / den man von seinem Naymen Lucullanischen Marmel genennt / und Kirschbäume / gleich wie es rechte Originalia Natürlicher Corper sind / und deßwegen in Curiositäten-Gemächer allermassen gehörten / wenn nur die arth / sich zu halten / nicht zu unbequäm / und gar zu grossen Platz / auch unkosten / nicht erforderte: also erscheinet zum wenigsten gleichwol darauß / das Luculli Landhauß / nicht ohn allen Grund gesimder Vernunfft / in gegenwärtigen Kunst- und Naturalien-Tractat gezogen worden. §. 12. Wie dann auch / daß Er so wol in dergleichen / als vielen andern Theilen der Physica, kein Kind gewesen / erhellet sonderlich auß seines grossen Freundes / des Ciceronis, anderm Buch der Academischen Quæstionem / in dem Er bald im Anfang desselben ein gar Groß Ingenium (Magnum Ingenium, Magnumque optimarum Artium Studium) und kurtz darauff (cap. 2.) Divinam quandam rerum Memoriam, von Ihm rühmet. Setzt (auch cap. 4.) dieß gar nachdencklich dabey: Majore studio Lucullus cum omni Literarum generi, tum Philosophiæ deditus fuit, quàm, qui Illum ignorabant, arbitrabantur. Nec verò in eunte ætate solùm; sed & Quæstor aliquot annos, & in ipso Bello. §. 13. Was sag ich von seiner schönen Bibliotheck / welche zu stifften / und mit köstlichen vielen Manuscripten zu versehen / Er gantz keiner Unkosten gespart? und so gütig mit derselben verfahren hat / daß Er sie nicht / als einen unbrauchbaren Schatz / verschlossen: sondern allen und jeden Lahrbegierigen Griechen und andern / mildreich auffgethan / ihnen ihre gegelehrte deambulation und Zeit-vertreib darin verstattet / und zu einem berühmten Wohn-Hauß der Musen gemacht? §. 14. In Summa (schreibt Plutarchus) es war sein Hauß allen / nach Rom hin-Reisenden Grichen / nicht minder ein Gastfreyer Eß- und liebe Trunck-Saal / als ein Ruhm-würdiger Versamlungsplatz (Prytanèum) der virtuœstesen Gemüther. Zuletzt aber sol ihm ein Liebes-Tranck beygebracht worden / und er daran gestorben sein / wie Plinius (lib. 25. cap. 3.) berichtet.

Das IV. Capitel.
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Vonder Gallerie des Vice-Ré zu Neapel.

§. 1.
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SO lasset uns demnach aus der wiewol Lustigen Landschafft des Neapolitanischen gebiethes / in die Stadt selbst hinein spatzieren / und was zu unsren zeiten vorauß sich für Curios- und galante, hoch und mittlern Standes-Leuthe / als Besitzer fürnehmer Raritäten / in erwehnter Stadt köstlichen Häusern und Palästen befunden / oder noch sich finden lassen / durch unverdrossne Schrifft / der macht der Vergessenheit entreissen. §. 2. Unter denen Raritäten-Gemächern wird zuföderst gerühmt / die mit gewaltigen Kunst-Stücken und theuren Sachen erfüllte Gallerie des Vice-Rè, oder Königlichen Spanischen Stadt-Halters / in seinem Pallast welcher steht in der seite der Stadt gegen die See zu / und den Winckel hält zwischen dem Castel nouvo (oder der neuen Burg) und den Navalibus, oder gedeckten Schiffstellungen. §. 3. Es soll aber gedachte Gallerie nicht wol zu sehen zubekommen sein / es seye dann / in deß Vice-Rè Abwesenheit / wie Pflaumerus (part 2. Mercur. Ital. pag. 37.) lehretz von welchem folgende / vom Ihm daselbst gesehene Dinge / nahmhafft gemachet werden: Allerhand Arthen von Armatur und Rüstung; viel alte Müntzen; eine Musicalische Uhr / oder Glocken-Spiel; etliche Marmolsteinere Tisches / auf Mosaisch- oder Musivische Manier köstlich eingelegt; ja Statuæ von Edelgestein: die aber füglicher Simulara parva, Idola, oder Sigilla (so viel / als kleine Signa) als Statuæ, genennet werden.
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Das V. Capitel.
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Von dem Palast des Fürsten Tiberli Garaffæ.

§. 1.
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AUsser dießem gedenckt auch Zeilerus [d. Ital. c. 7. pag. 165. a. ] deß Fürsten Tiberii Caraffæ, und desselben / wegen alter Marmol-Steinerner Statuen / besehens-würdigen Palasts zu Neapel. Mit welchem pflaumerus [Merc. Ital. part. 2, pag. 59. ] folgender Gestalt einstimmet: Nec mirnus spectabile est (Palctiaum) Caraffæ, ob copiam veterum è Marmore Statuarum, & Colossæum ex ære Caput. §. 2 Und rühmet der hochberühmte Thomas Bartholinus (d. Unicorn. cap. 7. pag 49.) so wol itztgemeldeten Palast / als deß Besitzers selbst / des Italiänischen Herrn / Curriœsität in natürlicher Dinge Wissenschafft / gar höchlich.

Das VI. Capitel.
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Von Herren Fabii Columnæ Curiosität.

§. 1.
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INgleichen hat ihm / gegen anfang itztlauffenden Seculi, und folgende Jahr / durch betracht-colligir- und vorstellung vieler nachdenckens würdiger Dinge der Natur / ein unvergängliches Lob erworben / der von extraction zwar ein Römer / der Geburth aber ein Neapolitanischer von Adel / Herr Fabius Columna: dessen Tractat von der Purpur- und andern purpur gebenden Schnecken / vor diesem zu Rom gedruckt / ich unlängst wieder hervor gesucht / und vom Untergang zubefreyen / mit dar zugehörigen / in Bur-Baum geschnittenen Figuren / zu nochmahligem Druck cefödert. §. 2. Dieser Herr Columna, unangesehen Ihn sein Stand und Vermögen / nach itziger Welt-Arth / genungsam vielleicht entschuldigt hätte / fals Er was minder das Studium Naturæ, und die Lateinerey / ihm hätte angelegen lassen seyn: so hat doch sein generœser Geist deßfalls allen eitlen Wahn gar rühmlich überwunden / und er den grössten Theil seiner Vergnügung darinn gesucht / welcher gestalt er nie auß der Natur / und diese auß seinen / Armen gelassen würde. §. 3. Denn erstlich / hat Er Anno 1592. zu Neapolis ein Buch edirt / fo er Phytobasanum inrituliret / und in demselbigen dargethan / was von unterschiedenen außerlesenen Kräutern / für besser- und mehrere Nachricht / so wol wegen dero Gattung / als Krafft und medicinalischem Brauch / sey zu nehmen / als biß anher beym Theophrasto, Dioscoride, Plinio, Galeno, und andern / befindlich gewesen ist; mit Beyfügung'etlicher Fisch oder schwimmenden Thiere / die vor diesem nicht sonderlich bekandt gewesen / oder von Autoren beschrieben worden. Und zwar solches alles aus eigener Erfahrung und unverdrossenem Fleiß / so gar / daß Er auch kein bedencken getragen / Pinsel und Stech-Eisen / nebst der Feder / selbst in die Hand zunehmen / und unterschiedene feine Figuren / in Kupfferstich zu bringen. §. 4. Hernachmals / Anno. 1606. und 1616. hat er mit der gleichen Materie Sich wieder hervor gethan / und gleichsam einen Zusatz gebende zu dem / was er im Phytobasano tractirt, zwey absonderliche Theil seiner ferneren Schrifften zu Rom drucken lassen / unter diesem titul: Ecphrasis minus Cognitarum Stirpium; mit gelehrtem Zusatz unterschiedlicher schönen Observationen / die er de Aquatilibus ac Terrestribus gehabt. Auß welchen Texten hin und wieder erhellet / daß Er so viel artige Cörper muß haben selbst in Originali gehabt / und zu sein- und anderer nützlicher Belustigung / in einem absonderlichen logiment aufgehoben. §. 5. Zum Exempel / im 21ten Capitel itzt-gedachter. Observationen de Aquatilibus ac Terrestribus, (pag. 44. 45.) nimmt er zu fleisiger Behertzigung vor / allerhano sonst-ungewöhnlich Stein-Werck / und durch Trockenheit hartgewordene Tiburtinische Kalkichte Sediment- oder Absatze des Wassers; Tropf-Steine / und schwämmige Stalagmiten; in allerhand (pag. 46.) steineren Muschelwerck und Schnecken; Bockck-Hörner / oder Cornua Hircina. eine Arth Steine / wegen ihrer krauß- und krum in sich gebogenen Figur / also genennet / die er (pag. 47. 48.) mitten in Felsen und steinichten Orthen gefunden; Schweins- und Ziegen Klauen / (pag. 48.) in Stein verwandelt; ingleichen viel anderer Stein und Muschel-Werck mehr / als da sind unterschiedene Pectines und Pectunculi, oder groß und [69] kleine St. Jacobs-Muscheln / in Stein verwandelt / wo es nicht vielmehr deroselben in der Erden verharrete blosse äusserliche Adrucke sind; Conchæ rotundæ Striatæ, oder kleinere runde Muscheln / mit gefaltenen oder strichreichen Schalen; Patella vel Lepas marina, oder platte Ohr-Muscheln; groß- und kleine Erd- und Wasser-Schnecken / sc. wie auch (pag. 54.) Buccinum Lapideum læve, oder steinern glattes Düt-Horn; (eine Arth von Schnecken ) welche Arth / daß sie sonderlich bey Neapolis ib felsichten Orthen gemein sey / Er cap. 22. erwehnet: Murex Aurtitus Marmoreus maximus Exoticus cap. (31.) oder grosse außländische Stachel-Schnecke / die Er von Neapol von einem Fontaeinnen Meister verehrt bekommen habe; und dergleichen Dinge mehr zum Angedencken hat theils beschrieben / theil Copeylich zugleich vorgestellt / und daselbst-ständig in seinem Cabinett aufgehoben. §. 6. Und insonderheit hat Er Anno. 1616. sein Curioses Nach sinnen dahin gewendet / die Natur / Eigenschafft / Unterschied / und uhralten Gebrauch obgedachter Purpurschnecken so deutlich vorzustallen / als vor diesem noch niemand so glücklich gethan: und zu solchem Ende / gleich wie Er für nöthig gehalten / das Schnecken-Hauß und Fleisch der warhafftigen Königlichen Purpur, zu jedermanns so viel gründ-licherer Nachricht / in gehöriger Grösse und Form / abzubilden: also hat Er / nebst dieser / noch viel andre / Abbildung einigen Purpur-Safft gebende / Muscheln und Schnecken mehr / in verwahrung gehabt / und derer Abrisse zugleich beygefüget; die ich aber / Zeit / Papier / und Unkosten zusparen / allhier nicht wiederholen mag: und erzehlet / (de Purp. c. 11. §. 4. das über dieses viel Bucardis bey Ihm zufinden gewesen / oder Steine / in Form eines Hertzen; die aber vermutlich nichts anders sind / als Kerne / oder das inwendige / so durch Lagwierigkeit der Zeit / inner zwey und zweyen / auf einander passenden allerhand Arthen Muschel-Schalen / in der Erden in Stein verhärtet / und also die euserliche Figur eines Hertzen / von den zweyen Concavitäten und Schluß-Gliedern (Cardinibus) gedachter Schalen / angenommen. §. 7. Endlich finde ich in denen / Anno 1651. zu Rom gedruckten / Moxicanischen Medicnal-Beschreibungen Nardi Antonii Recchi, einige Annotationes und Lehr-reiche Zusätze / die mihr gedachter Herr Columna von vielerley mehrer Erfahrenheiten darzu gethan / und auch deßfals nicht ermüden mögen / seine in dem Natur Studio ungemeine Curiofität / mehr und mehr an Tag zu geben. §. 8. Wie wol nun / in Betrachtung / das (1.) die meisten seiner Schrifften zu Rom / und nicht zu Neapel gedruckt: (2) Er / der Columna, ein gar fürnehmes Glied der Romanischen-Societät gewesen / die den Nahmen der ??? ceorum, oder Scharffsichtigen führend / von dem löblichen Fürsten Federico Cæsio, gestifftet worden) (3.) und der Columna seines Auffenthalts / so Er zu Rom gehab- / selbst gedenckt / in dem Er von einer außländischen Muschel (d Purp. cap. 17. §. 3.) also schreibet / Crassâ estTestâ, quam Romae habuimus: So wird mich jedoch der günstige Leser / um folgender Gegen-Ursachen willen / gar gern entschuldigen / daß ich lieber anietzt / unter dem Titel der Stadt Neapolis / als nechstkünfftig in folgendem Tractat, da von Kunst- und Naturalien-Kammern des neueren Roms gehandelt werden wird / von mehr gedachten Columnâ, und dessen Curiosen Beginnen / habe handeln wollen. Denn (1.) hat Er ja / und zwar seinen ersten Tractat, alhier im §. 3. erwehnt / eben so wol zu Neapoli, als die andern zu Rom / drucken lassen: zum (2.) ist er zwar von Herkunfft und Stamm ein Römer / so viel ich weiß / aber von Geburth und Vatter-Stadt / ein Neapolitaner. Zu dem (3.) was ist gemeiners als daß fürnehme Herren / wo nicht zu ihrer beständigdn Wohnung jedoch abwechselnde / bald zu Rom / bald Sommers-Zeit zu Neapolis, / ihre Residence nehmen? Und (4.) [70] haben wir gleichfals für uns einigerley autorität; nehmlich die außdrückliche Worte seines eigenen Colegen in der Luchs-Aeugigen oder scharffsehenden Societät / deß Joh. Fabri; welcher in Histor. Mexican. pag. 550.) also schreibet: Dom. Fabius Columna Lynceus, sedulus maximè rerum Naturalium Scrutator; qui non modò in Juris scientiâ multum pollet: sed in Mathesi (Opticâ præcipuê) ac Plantarum Animaliumque Cognitione, Neapoli nunc ab omnibus, ceu Oraculum consulitur.

Das VII. Capitel. Von dem Musèo, Herrn Vincentii Cioffi.
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§. 1.
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ICH wil zwar nicht für gewisse Warheit außgeben / ob sonst noch ein anderer Neapolitanischer von Adel / oder sonst fürnehmer Mann / Nahmens Herr Vitentius Cioffi, eben so wohl / als andere daselbst / oder an andern Orthen / ein vollständig Kunst- und Naturalien-Gemach gehabt / in dem mir nicht mehr von demselben bewust / als was Licetus an etlichen orthen des sechsten Buchs seines Tractras de Reconditis Antiquorum Lu cernis gedenckt. Denn der Autor verfolgt nur daselbst seinen special-vorgesetzten Zweck / und lässt uns zu unserer Nachricht wenig übrig. §. 2. Jedoch ist leichtlich zu vermuthen / das ausser denjenigen uhralten Lampen / oder behältnüssen der viel-jährig-brennenden unter irrdischen Lichtern / Er viel andere rare Sachen mehr / die so wol die Natur / als Kunst hervor gebracht / gehabt: und wird uns gar geringen Schaden oder Zeit-Verlust geben / sein [des Cioffi) Angedencken / aus folgenden / Anmerckungen Licnti zu erfrischen. §. 3. Im 34ten Capitel oberwehnten 6. ten Buches (pag. 806.) schreibt der Autot also. Clar. Vir, Vincentius Cioffius, Neapolitanus, instructum Cimeliis Antiquitatis Musèum habuit: è quo transmisit ad me plusculas icones antiquiorum Lucernarum. Im 35tenCapitel darauf (pag. 811) nennt Er dieß Musèum, ein Gazophylacium, oder Schatz-Behältnüß: und macht im folgendem 36ten Capitel (pag. 814.) noch mehr complementen / meldung thuende von dem insigni Gazophylacio Nubilisimi Viri, Dn. Vincentii Cioffi. Daß ich also nicht nöthig habe / die übrig andern Außsprüche Liceti, da Er den blossen Nahmen Cioffi, und etwa seines Musèi. anführt / zu gedencken; wie befindlich ist cap. 37. (pag 818.) cap. 39. (pag. 824.) cap. 40. (pag. 826.) und cap. 45. (pag. 842.)

Das VIII. Capitel.
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Von Marii Scipani Cabinett.

§. 1.
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BLeich wie die güttige Natur in ihrer Schoß / ober und unter der Erde / oder in Flüssen / Teichen / und Seen / nichts verborgen hält / oder jemals hervor gebracht / welches durch menschlichen Witz und Erfahrenheit / auf gewisse Maaß / nicht könne in der Medicin zu einigem Nutzen gemachet werden: also stehet / Naturalien / Kammern zu halten / oder denenselben mit guter direction vorzustehen / niemand besser an / als Medicis, sintemal diesen alle / oder die meisten Mineralien / Berg- und See-Gewächse / Bäume / Kräuter / und Thiere nach ihrem Nahmen / Geschlecht / Volkommenheit / Herkommen / Grösse / Qualitäten / Würckung / und Nutz / nebst richtiger Manieer zu philosophiren / am besten bekant sind / oder billich bekandt sein sollen. §. 2. Diesem nach ist in vorhergehenden tractats letztem Capitel deß berühmten Medici, D. Petri Castelli, mit Lob zu gedencken / zu unsrem Vorhaben Ursach genommen worden / handelnde daselbst von Mesina in Sicilien / als einem bekanten Theil / oder Stück der Gräntzen Europæ. §. 3. Folget nun hier / zu Neapolis ein ander Medicus, Merius Scipani, oder Schipani, welchen Herr Th. Bartholinus (Cent. 1. Fp. Med. 49. p. 202.) magnum Vitrum, einen hochfürtrefflichen Mann / wie nicht minder p. 202. Senem venerandum, den vielgeehrten Alten / und seines Vattern / deß auch hochberühmten Herrn Casp. fartholini gewesenen gutten Freund; ja gar (d. Unicorn. c. 7. p. 49.) Hippocratem Campa???æ redivium nennet / und von Ihm in angezogener Epistel (p. 205.) rühmt / [67] daß er zu Neapolis zuerst die Vesicatoria, oder Blasen ziehungen / und Fontanellen in Gebrauch gebracht habe. §. 4. Absonderlich gedenckt Er [l. d. p. 202.) Seines / deß Scipiani, Vorraths an allerley Natur-Sachen / und dero dabey befindlichen außerlesenen Bibliothek; dessen Cabinets sonsten auch Herr D. Sachsius (Gammarol, lib. 1. c. 3. §. 14. p. 52.) wie wol nur dem, blossen Nahmen oder Titular-Anzeigung nach / gedenckt. Und in solchem raritäten-Gemach / sagt Herr Bartholinus (d. Unicorn. l. d.) daß Er unter andern / Melagrides Veras, oder warhafftige Africanische Hennen observirt, dergleichen Arth Vögel sonst bey dem Aldrovando Gallina Gvineæ, von andern Gallina Numidica, Perdix novæ Terræ, und von den Einwohnern des Königreichs Congi, Quetele, genennet wird; ein sehr schöner Vogel / schwartz von Federn / die durch und durch mit weissen Flecken bezeichnet sind: und ist so wol die Abbildung so einer Guineischen Henne / als dero Beschreibung / außdrücklich beym Marggrafio (Histor. Nat. Brasil. lib. 5. c. 2. p. 192.) Jonstono (d. Avibus p. 188. Tab. 57.) und Wormio (lib. 3. Mus. cap. 18. p. 297. ] zu finden: mit welchen conferire / was Salmasius ad Suetonii Caligul. c. 22. vel 23. annotiret. §. 5. Der Abriß aber / den Herr Olearius in Beschreibung der Gottorffischen Kunst-Kammer [Tab. 15. fig. 3.) giebt / komt mit itz-angezogenen nicht in allem auffs genaueste überin. Doch setzt Er in Erklärung desselben / (pag. 26. ] diese Worte: Ein außgestopffet Huhn auß Guinea, derer wir 6. etliche Jahr im Vogel-Hause lebendig gehabt: Sie haben zwar auch Eyer gelegt / aber nicht zum außbrüten sitzen wollen.

Das IX. Capitel. Von der berühmten Naturalien-Kammer / Ferrandis Imperati.
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§. 1.
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UNter privat-Personen aber zu Neapolis hat es keiner an Curiosität und glücklichem Fleiß / allerhand schöne Narural-Raritäten in eine Behausung zu bringen / dem Ferrandes Imperatus zuvor- oder nach-gethan: welcher ist gewesen einer (und zwar gelehrter) von den fürnehmsten Aromatariis oder Materialisten selbigen Orths / wohnende unfern vom Palatio Ursinorum, nahe an dem so-genanten Berg Oliveti, in einem Hause / so nach Pflaumeri (part. 2. Merc. Ital. p. 59.) gutachten / allen andern Palästen und Häusern der Herren zu Neapolis vorzuziehen sey / nicht so wol wegen äusserlicher Kunstund Pracht desselben (wiewol es auch nit eben gar unansehnlich /) als wegen dero darin-enthaltenen natürlichen Wunder-Sachen so der löbliche Mann von allen Orten zusam̅en gesucht / in gewisse Repositoria eines dazu-aptirten Gemaches gesetzt / und jedermans Besichtigung gantz gern gegünnet. §. 2. Zeilerus (Ital. c. 7. p. 165. b.) nennt Ihn auf Teutsch einen Gewürtz Händler: und nur gantz kurtze Anzeigung thuende / daß in desselbigen Hause sehr wunderliche Sachen der Natur / als seltzame Meer-Gewächs / Thiere / Vögel / Magnet, Erd-Gewächs / Schrifften / Faden / dem das Feur nichts thut / und dergleichen / zu sehen gewesen seyn / verweiset uns auf Pflaumerum, der alles viel genauer betrachtet / und die fürnemsten Stücke darauß / nach eigener ruhmwürdigen Curiosität / erzehlt; als da sind folgende: Byssus Marina, oder Purper-Mooß / tunckeler Farbe / und einem dünnen Haar zuvergleichen: die Schnecke oder Muschel selbst (Concha) daran dieser Byssus als Haar- oder Wolle wächst / und eigentlich Pinna, oder grosse Steck-Muschel / darumb / weil sie allezeit im Meer aufgericht stehet / genennet wird. item (p. 60.) ein Tuch oder Seiden-förmiges Gewebe (Pannus Byssinus) aus solcher wolle gemacht: subtile / von Ægyptischen Bäumen abgezogene / Wolle / die Plinus (lib. 19. c. 1.) und Ulpianus, Xylon nennen sollen: Seide von Indianischen Seiden-Würmen: ein Zwerg / drey Quer-Hand groß; Tatavus auß Brasilien (sonst Tatou, Armadill, oder Schild-Vercken) Chirastes (was diß sey / fällt nur nicht bey); Chamæleon, oder Asiatisches Farben-veränderndes Thier / ein Männlein und Weiblein; Eine arth von geschwäntzten Affen und mit Meuschen-Gesicht; Onocrotalus (ein Eselschreier oder Kropff-Ganß) ein grosser Crocadil: ein Zahn / und der Schwantz vom Meer-Roß / so sonst Hippopotamus genennet wird / von dessen Leder ich ein Stück von Herrn David Schelhaumer auß Hamburg bekommen habe; ein Meer-Kalb; eine Schild-Kröte / von den Italiänern Tartaruca genennt, ein gesternter Salamander, in Eydexen gestalt; Remora (p. 61) oder Schiff-halter / Baum-Endten / ein Zaun-König Trochilus mit gläntzenden Viol-blauen Federn; Avis Diomedea, eine Arth räuberischer See-Vögel; von welchem / als einem sonstunbe kanten Vogel / Herr D. Lachmund mir unlängst ein gelehrt Tractätlein zugeschrieben / in Holland geduckt: ich halte ihn aber vor eine Hol [72] steinische Schlag- oder Schlack-Mäve. Ferner / Eiß- und Paradieß-Vögel; von welchen (Paradieß-Vögeln) Pflaumerus beyfügt / das die Weiblein auf dem Rücken der Mänlein nisten / und beyderseits keine Füsse haben sollen; welches letzte aber nunmehr gnungsam bekant ist / daß es falsch sey: Ein Meer-Specht mit gläntzenden rothen Federn auß America; zwey länglichte Hahnen Eyer: Allrann (Mandragorae radix) beyderley Gattung von Natur gebildet / wers glauben wil: Magnet auß der Insul Ilva; worunter er nicht ebengemeinen Eisenzieher / sondern den weissen Magnet, oder weissen Calamit, dessen Boëthius (d. Lapid. & Gem. lib. 2. cap. 255.) gedenckt / und ich unter meinen Sachen ein Stücklein habe / vielleicht verstehet / gebrochen in erwehnter Insul Ilva / die sonst Elba genendt / in dem Tyrrhenischen oder Unter-Meer / der Stadt Plumbino (Piombino) gleich über / in der fronte Hetruriens, und des Kirchen-Stats / von weiten gleichsam zwischen Rom und Pisa liegend / von zeilero (Ital. c. I. p. 10 b.) als eine / da Eisen / Zinn / Bley / Schwefel / und anders dergleichen zufinden sey / gerühmet wird. §. 3. Imgleichen und ferner berichtet Pflaumerus (l. d. p. 61.) von Imperati Raritäten-Gemach / daß daselbst von Ihm observirt worden wären; ein zwar-kleiner / jedoch an Kräfften so viel stärckerer AEthiopischer Magnet / an dem diß sonderlich zu mercken / daß Er ein schwer stück Eisen (pag. 63.) nicht an sich hält / es seye dann beyden eine halbe / von Ertz gebildete / hole Kugel darzwischen gefüget / sc. Papier von Schilff; wie auch ein anderes / beyden Indianern übliches / von Seide; item von Baum-Rinde / mit Japanischen Buchstaben; und wiederumb ein anders von Palmen-Blättern / mit Egytischen Characteren bezeichnet; Longobardische alte Schrifft auff Papier; eine Indianische (trockne) Tinte; gewachsen Silber; ein Erystall / Wasser in sich haltende / bergleichen sonst auch Cardanus (d. subtilit. lib. 7.) sol gesehen haben / sc. (pag. 63.) Ein unverbrennlicher dünner Faden von Amiantho, Asbesto, oder Stein-Flachs / davon Pflaumerus (pag. 46.) mit mit mehrern zulesen; ein stücke steinern Holtz darauß man Feur schlagen kan; ein gläntzend / steinern Messer / bey den Juden zur Beschneidung dienlich / und bey den Indianern zu abhauung der Bäume gebraucht. §. 4. Nochmehr; Ceratites oder Bocks-Horn-Stein / (p. 64. 65.) so sonst Cornu Ammonis genenner wird; eine in Stein verwandelte höltzerne Taffel; und ebenfalls ein Krebs / Schwamm / (Fungus) Netze / und Nuß von Steine; dergleichen Cörper Pflaumerus [pag. 66. ] vermeynt / daß Imperatus dieselbigen aus deme / von Neapolis unfern gelegenen / Fluß Silaro vielleicht bekommen haben möge.

Das X. Capitel.
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Ein mehrers von Demselben; und seinem Sohn / Francisco Imperato.

§. 1.
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WIr fahren weiter fort; und wollen erwegen / was andere glaubwürdige Scribenten mehr / von seiner / deß Imperati, so wol Person / als Raritäten-Kammer / für nachricht geben. §. 2. Derhalben am allermeisten finde ich / daß der Edle Herr Fabius Columna, von dessen Curiosität absonderlich und außführliche Abhandelung bereits oben / im 6ten Capitel dieses Tractats geschehen / ihm sehr hoch affectionirt gewesen / und von solchem seinem lobwürdigen Beginnen / gar rühmlich gesprochen hat. Denn / nach dem er in dem feinen Tractat de Purpurâ (cap. II. §. 4.) es ein Amplissimum oder weitläufftiges Musèum intitulirt, und berichtet hatte / daß daselbst vielerley Arth steinerne / an Figur einem Ochsenhertz beykommende Conchae, Bucardia genennet / anzutreffen seyen; nennt Er (cap. 12. §. 5.) den Imperatum einen hochgelehrten Mann / und gedachtes Musèum einen gnungsam erfülten Schatz aller natürlichen Dinge; auß welchem er auch eine Concham Anomiam oder Muschel mit ungleichen Schalen / notirt, und abgezeichnet darstellt: dergestalt er dann auch cap. 14. sonst noch eine andere Arih von solchen irregulier-Muscheln / eben aus demselben Musèo gehabt: welches er ferner [cap. 15. §. 2. ] nennet einen reichsten Vorrath Promtuarium der Natur und darauß eine andere / in Stein verhartete / Concham Anomiam striatam, beybringt. §. 3. Folgends / cap. 16. §. 5.) nennt er ihn selbst einen reichesten Promum, oder hervorgeber natürlicher Dinge: und bringt deßhalben einen mit Crystallen durchwachsenen Steinernen Muschel-Kern / nuter dem Nahmen Conchae Fasciatae, gemmea concretione repletae, hervor / mit vermelden / das viel andere dergleichen Stein-Gewächse mehr / und allerhand steinerne Muscheln / Schnecken / Buccina, oder so genannte Blas-Hörner / die Perlenmutter / ja ein Fuß und Klau / und andere Glieder von vierfüssigen Thieren / daselbst gewesen sein.
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§. 4. Absonderlich hält Er eine Außländische gedoppelte weisse / und mit erhobenen holen / vorwerts-spitzig-aus-gehende Strich- oder Falten gleichsam gewapnete stoltze Schnecke / oder Muschel / für Rar / die Er (cap. 17.) unter dem titul Conchae Exoticae, margine in Mucronem emissae, vorstellend / Plinio vor diesem schon bekant gewesen zu sein vermuthend / sagt / daß Er eine davon zu Rom gehabt / und eine andre gleichförmige zu Neapel bey Imperato gesehen habe: wie dann derer 2. oder 3. Exemplar auch in meinen Scriniolis befindlich sind. §. 5. Endlich (cap. 18. §. 4.) sol mehr erwehnter Fer. Imperatus dem Columnae eine außländische graulecht-gelbe schöne Schwim̅-Schnecke / dergleichen von Ihm Concha Natatilis genennet wird / mit einer gleichmässigen / auß gelbe in Castaneen-braun fallenden / verehret haben. §. 6. Und so viel biß anher auß dem Columnâ. Welchem folget der Bluhmreich-schreibende Jesuit, Johann Baptista Ferrarius; der nenut Ihn (Florum Culturae lib. 4. c. 2. p 437.) einen in Botanicis, oder der Kräuter / erfahrensten Mann / und sein Muséum, ein mit fremdem und gantz wundersamen Vorrath / so wol Natural als Medicinalischer Dinge / außgerüstetes Muséum; in welchem Er unterschiedene Herbaria viva oder Bücher / darinnen die trocknen Kräuter in Originaili eingeleimt / gesehen habe. §. 7. Ein anderer / so vielmehr berühmter Jesuit, Herr Pater Athanasius Kircherus zu Rom / nennet Ihn über dieß einen berühmten Antiquarium; und was Er in desselben Musco für Steine gesehen / auff welchen die Natur unterschiedene Plantas gar deutlich exprimirt, derer vier arthen macht Er im sten Buch seines Mundi subterran. (Sect. I. cap. pag. 39.) nahmhafftig. §. 8. Der in Auffsuchung der Natur un-ersätlichfleissige Aldrovandus zu Bonnonien, (lib. 4. Mus. Metall. cap. 62. p. 825.) schreibt / daß Er vor Jahren beym Imperato zu Neapolis, einen in Stein verwandelten Kienbacken eines Elefannten gesehen habe: wie ich dann auch in einem geschriebenen kurtzen Reise-Tractätlein / weiß nicht wessen Autoris, von eben dasebstbefindlichen steinern Schwämmen / Riesen-Knochen sc. folgende Wort gefunden habe: Il Studio di Ferrando Imperato, pieno de Rarità, cioè Cocodrilli, Serpenti, Osse di Giganti, Fonghi impetriti, vite di Mare, Pellicani, Remolo, picciolo pesce, che fà fermare i Vascelli in Mare, é diverse altre Cose curiose. Wobey zu mercken / daß il Studio alhiernichtso viel heist / als Studium, oder das studiren; sondern so viel / als die Studier- und Naturalien Kanunern selbst / darinnen ein Curios Gemüth allerhand objecta hat / seine freie gedancken darinn zu üben. §. 9. Der hurtige Johannes Veslingius, (d. Plantis AEg. c. 30.) nennet Ihn / wie Ferrarius vorhin / einen (in käntnüß der Kräuter) peritissimuna oder erfahrensten Mann. §. 10. Herr Thomas Bartholinus [d. Unicorn. c. 37. p. 277. ] schreibt / daß Er in Imperati Muséo ein stück vom Berg-Horn oder gegrabenen Elfenbein / so Armsdicke / gesehen habe; und fällt kürtzlich (ibid. pag. 281.) auß Imperati beschriebener Historiâ Nat. auff den von gantzen Höltzern und Bäumen / die in Stein verwandelt / angenehmen discurs, an einem audern Orth seiner gelehrten Schrifften (Cent. (I. Ep. Med. 49. pag. 201.) nachgehens zu völliger Nachricht dieses schreibend: Adhuc visitur Museum Ferrantis Imperati, Pharmacopaei summi, quod instructissimum est omnibus Naturae miraculis, de quo Aldrovandi ad Imperatum ibidem exstat Epistola, comparans hujus Museum cum Mensâ divitis, cujus micae sufficiantadornando Museo Ulyssiano. Welche Worte auch Herr D. Sachsius (lib. I. Gammarolog. I. cap. 3. §. 14.) angeführt: und schreibt Herr Bartholinus, seines Orths / also ferner: Descripsit ejus filius Franciscus omnium historiam cujus Nepos jam bonis potitur, & Pronepos, ultra aetatem sciens, exteris ostendit singula. Franciscus tamen autor Operis non fuit, sed Colantonius Stelliola, cujus in Praefatione meminit, Praeceptor magnorum virorum, Scipani, Severini &c. §. 11. Itz-angeregter Herr Sachsius gedenckt auch sonst / (Anno I. Ephemer. Natur. Curios. obs. 131. pag. 293.) deß beym Imperato befindlichen / von Natur gewachsenen Silber-Bäumleins / auß Francisc. Imperati Discurs. Natural: welches vielleicht eben das jenige sein wird / davon im vorhergehen Capitel (§. 3.) meldung geschehen. §. 12. Gedachten Francisci Natural-Discurs, wie auch Ferrandis Imperati Historiam Nat. habe ich biß dato nicht habhafft werden können. Deßwegen muß mich nochmals mit einer kleinen allegation aus andern behelffen; und verweise den Leser theils in den Annum II. Ephemer. Nat. Curios. woselbst (pag. 400.) in der Anmerckung über die 100te observation Herr D. Volgnad / fürnehmer Medicus zu Breßlau / unter dem Titul / Balla generata nel Ventre vaccino, von einem so-genennten Kalbes-Ey / oder einer im Kalb-Magen verhärteten / und mit Haaren verfiltzten Kugel / die beym Imperato zu finden / gedenckt: theils in Annum III. eben derselbigen Ephemeridum, woselbst Herr D. Simon Schultz / Königl. Medicus in Polen / und Physicus zu Thoren (obs. 190. pag. 360.) in seinem gelehrt- und Curioesen Discours, den Er von Hahnen-Eyern führet / auch ein dergleichen Ey beym Imperato, auß Aldrovandi Schrifften angezogen. §. 13. In Summa / ich habe offentlich nun / so wol in diesem als vorigem Capitel / ge [74] nugsam kund gethan / was Imperatus für ein wackerer / Curioser / gelehrt- und galanter Man̅ / und sein Raritäten-Hauß anders nichts / als ein compendiös-eingezogenes Hauß der gantzen wunderbarlichen Natur gewesen / auch nachgehendes geblieben / und mit Täglichen schönen Zusätzen ohn allen Zweiffel von vorhingedachtem seinem Sohn Francisco, vermehret worden ist; welcher unter andern Raritäten auch einen AEtiten oder Adler-Stein eines Kopffes-groß haben sol; wie der auch Curiöse / und dergleichen Dinge voraus-kündige Herr David Schellhammer aus Hamburg / Anno 1674. d. 4. Novembris an mich geschrieben.

Das XI. Capitel.
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Von den Raritäten Donati, deß Einsidlers.

§. 1.
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EIn anderer / Nahmens Donati, jo vor diesem ein Apothecker gewesen / soll auch allerhand schöne Raritäten zu Neapel gehabt haben / wie mich gleich itz-gedachter Herr David Schellhammer in eben dem Schreiben erinnert. §. 2. Verstehe in der Apotheck der Mönche zu St. Cathrinen; wie solches aus 3. oder 4. Worthen Herrn (Sachsii Gammarol. pag. 52.) erhellet / welche Er ungezweiffelt genommen auß Herrn Th. Bartholini so viel außführlicherem Bericht; den ich der merckwürdigkeit achte / beyzufügen: Exstat quoque, schreibt Er / Muséum F. Donati Eremitae, Parmacapolae olim S. Catharinae Monachorum, qui dearte Pharmaceuticâ librum edidit, & de Elixire vitae; quorum tamen operum autor est P. Castellus, qui apud eum diverterat: item Descriptionem Floris Passionis. In hujus Muséo varia exponuntur Sceleta variorum animalium. Hujus Elixir vitae est farrago multorum ingredientium &c. §. 3. Und gedenckt auch der Hochgelehrte und Sinnreiche Herr Olaus Borrichius, Professor Regius in seinem liebwerthen Schreiben auß Copenhagen vom 22. August. passirten Jahres / an mich / was Er zeit seiner löblichen Reise an selbigem Orth in acht genommen: Neapoli hodie Pharmacopolium S. Catharinae adjunctum habet Muséum rariorum Naturalium, non poenitendâ diligentiâ collectum. Ubi visus mihi est Infans biceps, Vitulus biceps, Visus & Infans quatuor pedum, ab uno pectore descendentium.

Das XII. Capitel. Von Joh. Vincentio Portâ.
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WEr aber Joh. Vincentius Porta zu Neapolis gewesen / oder noch sey / und ob man denselben zu den Frennden und Nachkommen deß berühmten Joh. Baptistae Portae zu rechnen habe / oder nicht / nnd wir weit oder eng sich seine Curiosität erstrecket / getraue ich mir nicht zu melden. §. 2. Jedoch / weil ich / wie wol nur den blossen Nahmen / in deme von dem fürtrefflichen Medico und Polyhistore zu Augspurg H. D. Georg. Hieron. Velschio, am Monath Octobr. vorigen Jahrs mir-übersendeten Catalogo, dero Ihm bekandten Pinacotheken / oder Kunst- und Naturalien-Gemächer Italiens, angetroffen; so mag ich auch dessen Meldung nicht gäntzlich vorbey lassen gehen; vielleicht möchte sich nechst-künfftig was Specialere Nachricht finden.
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Das XIII. Capitel. Von Alt-Rom / und etlichen Raritäten Käysers Augusti.
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§. 1.
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MOrmit wir demnach das Königreich Neapolis verlassend / zwar wol etwas näher herein / nach Rom uns wenden; jedoch weder von dero großmächtigsten Stadt Magnificenz, noch der Einwohner selbst / der alten Römer kostbahren Wolllüsten / die sonderlich in den blühenden ersten Käyserthümen unvergleichlich floriret / viel gedencken wollen / als worvon vorlängst alle Bücher voll geschrieben. §. 2. Dieses aber ist nicht in stillschweigen dahin zulegen / daß Käyser Augustus, gleichwie er ein Feind der vorigen überflüssigen grossen Pracht und gar zu sumtuoesen Splendors, also ein liebhaber der mediocrität / guter wießnschaften und Künste gewesen / und sein Land-Hauß unfern Rom / oder Praetorium, nicht so wol köstlich / und seinem / ob schon höchsten Stande gemäß / als außwendig nur mit etwas Busch-Werck und Schattengängen; inwendig aber an stat fürtrefflicher Staruen und Gemählde / die Wände mit Sachen von blosser antiquität und rarität / als da waren Köpfe und andere Gliedmassen von ungeheuren Thieren / Riesen Knochen / und aller Helden Rüstungen / gezieret / wie beym Suetonio, in Beschreibung seines Lebens-Lauffs / am 72. Capitel zu lesen. §. 3. Daß Er gleichwol auch von guten Gemählden zu Judiciren gewust / und deßwegen das vom Antidoro oder dessen Schüler / dem Niciâ von Athen, gemachte Bildnüß deß Hyacinthi, Ihm / so gar sehr gefallen lassen / daß Ers auch / nach dem er sich der Stadt Alexandria bemächtigt / mit sich nach Rom genommen / erscheinet auß Plinii Aussage / (lib. 35. cap. II.)

Das XIV. Capitel.
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Ob Cicero auf Raritäten was gehalten?

§. 1.
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ICh hätte / der Zeit nach / dem Ciceroni, in Curioeser aufsuchung deß alten Roms / vielleicht den Vorgang lassen sollen / weil er eine mässige Zeit eher / als Augustus, im Flor gelebt: die würde aber deß Käysers hat billich den Vorzug behalten. §. 2. Was demnach nun hier den Weltberusfenen weisen Römer Ciceronem betrifft; angesehen er nicht allein seiner Beredsamkeit / Burgermeisterlichen Ampts / und Civil-qualitäten halben / in grossem Ansehen gewesen; sondern über dieses auch in ein nicht-geringes Theil der Naturkündigung sich vertiefft / wie auß seinen Schrifften bekandt / und dabey an Mitteln / einige rare Sachen für sich zu sammlen / ihm gäntzlich nicht gefehlet. so ist nur bloß die Frage / ob er auch würcklich solches gethan? §. 3. Hierauf mit Ja zu antworten / scheinen uns zu leiten etlich Loca beß Ciceronis selbst in Brieffen nach Athen, an seinen Atticum geschrieben. Denn bald in des ersten Buches fünfften Epistel bittet Er ihn / ja nicht zu unterlassen / fallser daselbst einige Ornamenta , oder Zierrathen / zu seiner Schule dienlich / antreffen möchte / dieselbe zu kauffen / und sobald müglich / zu übersenden. §. 4. Es giebt aber der Context folgenden sechßten / 7. Und achten Brieffes so fort / und deutlicher uns an die Haud / daß sein Verlangen nicht sowol auff einige Natural Raritäten / als künstlich-außgearbeitete Sachen / gerichtet gewesen / die sich zu stifft oder Außziehrung seiner Academie oder Philosophischen hohen Schule / am meisten geschickt / und itzt Hermae itzt Hermae Pentelici, itzt Signa Megarica, und andere dergleichen Signa, itzt Hermeraclae genennet werden. §. 5. Hermae nehmlich oder Hermea Signa, daß ist / kleine Mercurii, oder viereckte kleine Abbildungen deß Mercurii: der gleich wie er vor einen praesidenten der freyen Künste und Beredsamkeit gehalten wurde / so waren auch diese Hermae ein allgemeines Zeichen (und gleichsam Schutzbild) der damaligen Academien oder Librareien. Und zwar waren sie ohne Händ- und Füsse / mit blossem Haupt / zu und umb Athen gemacht; zu bezeigen / das die Beredsamkeit der Kräfften solte sein / hiemit sie kener äusserlichen Hülffe vonnöthen hätte. Und warumb sie auf ein biß unten hinab vier eckt / oder auff ein enge-zulauffendes länglichvierkantiges Postamentgen gesetzet / desseu un [76] terschiedene Ursachentragt uns der Italiänische Scribent, Vincentius Cantari vor d. Imaginib. deor. pag. 325. 327. und mahlet die Virilia dabey ab / die mitten auß der Vorder-Seiten das viereckes / hervor gestanden. §. 6. Hermae Pentelici wurden genennet / absonderlich solche kleine Mercurialische Statuen oder Götzen / die ex Marmore Pentelico gemacht / wie Paulus Manutius (Commentar. ad Epist. 6.) auß dem Suidâ und Aldrovandus (lib 4. Mus. Metall. cap. 57. pag. 774.) auß Petro Crinito, lehrt; inmassen dergleichen Dinge unzehlich viel von den Heyden wurden gemacht / bald auß lauter Marmel / bald unten auß Marmel / oben mit Metallinen Köpffen / wie einige dem Ciceroni gekauffte / und ihm deß wegen so viel angenehmer gewesen. §. 7. Signa Megarica wurden Sie auch intituliret / von Megarâ, der Griechischen Stadt / unfern von Athen gelegen / woselbst Sie am meisten gemachet worden / als in der Haupt-Stadt desselbigen Gebiethes / oder Theils / der Helladi zugehörig. §. 8. Hermeraclae aber so viel / als deß Mercurii und Herculis Bilder zusammen / wie Manutius (ad Ep. 8.) gar bequam erkläret. Und dieß um so vielmehr / weil nicht allein Mercurius, sondern viel andere Abgötter mehr / auff eben solche viereckete Manier gebildet worden. Ja / gedachter Cartari wil (pag. 328.) behaupten / daß Mercurius und Hercules wol einerley gewesen; also schreibend: Se non fù Hercule il medesimo, che Mercurio, ben fù da lui poco differente. §. 9. Ob aber und was für Delicatezzen sonst erwehnter Cicero auff seinen Land-Gütern hin und wieder / sonderlich auf seiner Academie oder Puteolano gehabt / welche seine Schul / mit darzu-gehörigen Wäldlein / Sommer-Laube / Gallerien / und Bibliotheck / mittelen weges gelegen war gegen das Neapolitanische hin / am See-Gestäde / da man vom See Averno nach Pozzuol reiset / ja dichte am Wasser / so daß Er vom Fenster hinab die Fische zur Lust speisen und fangen können; diß gehöret eigentlich nicht hieher / und kan davon Herr Sandys in seiner (verdeutschten Reise-Beschreibung pag. 580. und 581.) wie auch von dem dabey Anno 1538. in einer Nacht schädlich entstandenen Aschberge / so Mons Novus genennt wird / Pflaumerus (part. 2. Merc. Ital. pag. 87. seq.) und nach Ihm Zeilerus (d. Ital. cap. 7. p. 169. b.) besehen werden. Unterdessen ist oben in der Figur des dritten Capitels / unter dem literâ m. ohngefehr die Situation gedachten Asch-Berges / und Ciceronis Schul angedentet worden.

Das XV. Capitel.
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Von den Vogel-Häusern Luculli, zu Frascati, ausserhalb Rom.

§. 1.
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ZUletzt finde ich auch / daß gleich wie Lucullus, im Neapolitanischen ein köstlich Land-Hauß gehabt / davon oben gedacht; also nicht zwar inn-jedoch unfern und ausserhalb Rom / ohngefähr 12. Italiänische / oder zwey und eine halbe teutsche Meilen davon / über dieses noch / in oder an dem Städtlein Frascati, so am Fuß des Berges Apennini liegt / ein gleich fals-berühmtes Lust-Hauß / und in demselben allerhand Ergötzligkeiten / absonderlich aber grosse Vogel-Häuser gehabt / die Ornithones auß dem Griechischen / oder Uccelliere nachgehends auff Italiänisch / etwas deutlicher aber Ornithotrophèa oder Aviaria genennet werden; und diese / nach Aussage deß Autoris deß Ritratto di Roma Antica (pag. 105.) so groß / daß Lucullus unter eben demselbigen Dach / da Er sein Taffel-Gemach / und in demselben zum offtersten die schönsten Gerichte von gebratenen Vögeln gehabt / zugleich umb die Fenster herumb fliegen und schwimmen können sehen / mancherley Arthen lebendiger so wol Lufft-als Wasser-Vögel / wie M. Varro berichten solle / und zu dem Ende Joh. Meursius (de Luxu Romanorum, cap. 15. fin.) conferirt werden kan. §. 2. Der gantz-fleissige durchsucher Italiens, Joh. Henricus von Pflaumern / gedencket auch (part. 2. Mercur. Ital. pag. 2.) dieses / nach Frascati gehörigen / Lucullanischen Herrn-Hofes: und sollen dergleichen Aviaria zu erst zu Brindisi (vor alters Brundusium genennt) in Calabrien von M. Laelio Strabone, Ritter-Ordens / erfunden sein / wie Plinius (lib. 10. c. 50.) meldung thut; dem hernach / nach D. Casp. Schwenckselds Anzeigung (lib. I. Theriotroph. Siles. Pag. 2.) M. Varro, Lucullus, und andre gefolget haben. ENDE.
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Dost-Indianische Send-Schreiben/ Von Allerhand raren Gewächsen / Bäumen / Jubelen/ Auch andern Zuder Natur-Kündigung und Artzney-Kunst gehörigen Karitäten / Durch Die Belehrteste und Berühmeste Europäer / So vormahlen in Oost-Indien gestanden / Als D. Eleyern / Rumphen / Herbert de Jager, ten Rhyne, &c. Alda gewechselt/ Und aus Deroselben in Holländischer Sprachgeschziebenen Originalien in die Leutsche Mutter-Sprache übersetzet Von D. Michel Bernhard Valentini/ Hoch-Fürstl. Hessen-Darmstättischen Archiatro, Prof. Ord. zu Biessen und Academico Curioso. Franckfurt am Mäyn/ In Verlegung Johann David Qunners. Im Jahr 1704.
|| [ID00652]
Denen Hoch-Edlen / Vest- und Hochgelahrten HERREN / Herrn D. CHRISTIAN MAXIMILIAN SPENERN, Königl. Preussischen Leib- und Hof-Medico, der allgemeinen Academ. Nat. Curios. in Teutschland / wie auch der Edlen Societ. Scient. zu Berlin Collegae. Herrn D. JACOBO FABRITIO, Jhro Hochfürstl. Durchl. der verwittibten Frau Landgräfin zu Hessen-Darmstadt Leib- und Hof-Medico, auch Phys. Ord. in Butzbach. Herrn D. CHRISTOPH Fridrich Kneusel / berümbten Practico in Franckfurt am Mayn. Herrn D. PETRO WOLFART, der Medicin berümbten Professori Publ. in Hanau / auch Fürstl. Pfaltz-Birckenfeldischen Archiatro. Hn. D. OTTO PHILIPPS PRAUN, verschiedener Reichs-Ständen Archiatro und berümbten Medico in Kempten. Herrn D. JOHANN MELCHIOR Verdrieß/ berümbten Practico zu Giessen. Wie auch Denen Wohl-Ehrnvesten / Vor-Achtbaren und Wohl-Erfahrnen Herren/ Herrn NICOLAS de RESE, wohl-fülnehmen Materialisten in Franckfurt. Herrn GERHARD HEUS, berümbten Materialisten in Franckfurt. Herrn JOH. CONRAD SCIPIO, wohl-erfahrnem Apotheker in Giessen. Herrn JOHANN Gottfried VITO, vornehmen Specerey-Händlern in Wormbs. Meinen insonders Hoch- und Vielgeehrten Herzen / auch liev-werthesten Freunden:
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Hoch Edle Vest- und Hochgelahrte / Wie auch Wohl-Ehrnveste / Vorachtbahreund Wohlerfahrne / Broß-Beneigte / Vielgeehrte Herren! UNter andern sehr vielen Verdrießlichkeiten so den Lehrenden auff Universitäten zu zustosen pflege̅ / ist wol eine von den grösten / wann sie entweder gar keine / oder nur solche Auditores finden / an welchen all angewandter Fleiß / Müh und Arbeit vergebens und umbsonst / ja / wie man zu sagen pfleget / Hopffen und Maltz verlohren ist. Jenes gienge dem berümbten Redner / Aldo Manutio so zu Hertzen / daß / als Ervon allen Zuhörern verlassen öffters allein vor dem Auditoriô zu Rom die Zeit mit Spatzierengehen zubringen müssen / Er sich endlich zu todt darüber krämete; und obschon ein anderer / sonsten vortrefflicher / Professor Eloquentiae vor wenigen Jahren sich besser darzu resolviren konte / indem Er / an statt sich deßwegen zu kräncken / folgende Inscription an das Auditorium schlagen liese. STA VIATOR ALIQUID TE VOLO HODIE NON LEGO, CUR? NONLEGO, QUANDO LEGO: CAPIS HAEC MYSTERIA SPHINGIS PLUS DICAM: QUANDO NON LEGO, MULTA LEGO. EN CLAVEM! NON LEGO, QUANDO, LEGO, VACUIS NIL PRAELEGO SCAMNIS LECTURUS VENIO, SED PROCUL AURIS ABEST. QUANDO DOMI MANEO, PLUVIUS DUM TERRITAT AETHER TUNC CAPIS UT QUANDO NON LEGO MULTA LEGO SED IN TELLIGIS ? HODIE NON LEGO NON LEGO TUQUE LEGIS: SED ID EST PERVER TERE LEGES, HIC AUDIRE JUVAT, QUID LEGO, QUANDO LEGIS. SCILICET ISTA LEGIS QUERULAE DICTAMINA PENNAE NON LEGERES, OCULUS SI TIBI IN AURE FORET. N. N. Gislae d. 29. Novembr. 1698. So kan man doch leicht hieraus abnehmen / daß es Jhn auch nicht wenig verdrossen habe / zumahlen Er keine Pedanterie sondern lauter realia vorbrachte. Uber das letztere aber ist heut zu Tag bey dem allgemeinem Verfall der untern Schulen in allen Facultäten ein sehr grosse Klage / indem die jenige Leutger / so kaum ein wenigin den Donat gesehen haben / alsobald auff die Hohe Schulen lauffen / auch ohne sich in Philosophicis wohl zu üben gleich mit ungewaschenen Händen in die Obere Facultäten sich eindringen und wann sie / aus Unwissenheit der gewöhnlichen Terminorum. jhrer Professorum Vortrag nicht begreiffen können / endlich nichts als [ID] Himpler und Stimpler abgeben: welches einem rechtschaffenen Lehrer / so gleichwol das Seinige gethan / sehr weh thun mag. Gleichwie mir nun solches einige vornehme und vertraute Freunde etlichmahl geklaget haben: also kan mich hierinnen etwa vor glücklich achten / daß durch sonderliche Schickung Gottes mir biß daher fast im̅er solche Auditores unter Handen gekom̅en / mit welchen etwas ausrichten / und weil sie schon zu lauter wackeren Leuten geworden / gnugsame Ehr hab einlegen können. Absonderlich aber hat mich offt sehr erfreuet / daß die meiste meiner Herrn Auditorum sich in derjenigen Profession, welche Ich biß daher am meisten hier poussiret hab / nemblich in Erforschung der Natur und der Philosophia Experimentali so geübet und gesetzet haben / daß sie nicht allein gleichen Fleis und Sorgfalt darinnen angewandt / sondern in gewissen Stücken es mir auch so zuvor gethan haben / daß der Jünger billich über seinen Meister gewesen. Ich will jetzo nicht sagen / was Herr D. Spener biß daher in Einsamlung so vieler Naturalien praestiret habe / auch was für Nutzen die ohnlängst glücklich angefangene Societas Scientiarum Regia zu Berlin darob spühre? indem alles aus demjenigen Catalogo, den sie darüber meditiren / genugsam an Tag kommen wird. Ich will auch nicht viel Wesens von den jenigen Experimentis Physicis und Demonstrationibus Anatomicis machen / welche Herr D. Wolfart zu Hanau täglich anstellet / machen / als welche theils aus dessen eigenen Programmatibus bekandt sind / theils aus derselben Clavi Philosophiae Experimentalis erhellen werden. Dieses nur kan bey dieser Gelegenheit nicht verschweigen / daß dieselbe so wohl / als auch beygesetzte resp. Herrn Collegen und wehrteste Freunde / nemlich Herr D. Fabritius, Praun, Kneüsel, Vertries zu dieser meiner Natur- und Materialien-Kammer / theils durch Uberschickung frembder Naturalien / theils durch künstliche Abrisse grossen Vorschub gethan haben: welches zugleich von einigen vornehmen Apotheckern und Materialisten in Franckfurt / Wormbs und Giessen / namentlich Herrn de Rese, Herrn Heus / Herrn Scipio und Herrn Vito zu rühmen hab; und weilen esbey den jenigen / welche dergleichen Naturalien samlen / ein allgemeines Recht ist / daß man auch von dem Seinigen was mittheile: So hab in Ermanglung anderer Gaben jetzo meinen allerseits Großgünstig-Hochgeehrten Herrn beykommende Oost-Indianische Sendschreiben offeriren und zueignen wollen / nicht zweifflend / Sie werden selbige mit eben der verträulichen Freundschafft / wormit sie überreiche / auff und annehmen. Solte es dem Höchsten Gott gefallen Uns allerseits Leben und Gesundheit zu fristen / auch den lieben Frieden hiesiger Orten gnädigst zuerhalten / so werde nicht ermangeln dran zu seyn / daß ins Künfftig mit noch einig andern Curiosis, so vielleicht von grösserer Importanz sind / dienen könne: Der ich inzwischen meine allerseits Hochgeehrte Herren und wehrteste Gönner / bey diesen so gefährlichen Zeiten in des grossen Gottes Schutz treuligst empfehle und beständigst verharre Meiner Großgünstigen / Hoch- und Vielgeehrten Herren und Freunden Giessen den 4. Mertz 1704. Dienst- und bereitwilligster MICHAEL BERNHARD VALENTINI.
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Eingang. UNter andern Hülff-Mitteln und Subsidien, deren man sich in Unterforschung der Natur und Erfindung heilsamer Artzneyen bedienet / ist eine fleissige Correspondentz und Schriff-Wechßelung mit außländischen Freunden nicht das geringste / als welche nicht allein den Kauff- und Handels-Leuten / absonderlich den Speccrey-Händlern sehr nöthig und profitirlich ist / sondern auch den Gelährten den Weg zu vielen sonst unbekandten Dingen bahnet. Gleichwie aber die Handels-Leut jhre Correspondentz gemeiniglich ins Geheime führen und sich nicht leichtlich in die Carte gucken lassen: also pflegen die Gelährte hingegen jhre gewechselte Send-Brieffe nicht allein andern guten Freunden mit-zutheilen / sondern offters gar in offentlichen Druck zu geben / wie so viele Scriptores Epistolarum bezeugen / deren man ein grosses Register-voll in der Vorrede der Lateinischen Send-Schreiben oder Epistolarum, welche Thomas Bartholini auff seinen Reisen geschrieben und nachgehends in drey Theilen herauß gehen lassen / sehen kan: welchen man des berühmten Cartesii Epistolas, worinnen er seine neue Philosophiam gegen Gassendum und andere vertheidiget: wie auch des Bocconi Recherches, des Levvenhoecks Send-Brieffe an die Königliche Englische Societät in Engeland / Tim. à Gülden-Klee / Dolaei und VV aldschmidii Epist. Amoebeas, unsere Dissert. Epistolicas und (wann man auch die fingirte Schein-Brieffe dabey dulden wolte) die kürtzlich in Sachßen herauß gegebene und so genandte auffgefangene Brieffe beyfügen könte. Absonderlich aber hat man dergleichen Correspondentz wegen derjenigen Naturalien, so in sehr weit entlegenen Ländern / als Ost- und West-Indien hervorkommen / sehr vonnöthen / indem diejenige / so anderer Gewerben und Geschäfften wegen dahin reisen und nachmahlen in jhren Itinerariis oder Reiß-Beschreibungen derselben gedencken / offt keinen rechten Unterricht davon haben / sondern alles von hören sagen melden / ja zuweilen sich eine Freude machen / wann sie von weitem sicher lügen können. Und dieses mag die Ursach seyn / warumb die so vorsichtige Ost-Indische Compagnie in Holland diejenige Commislarios, welche sie in jhre Plantagien und andere Oerter abschicket / zuvor in Eyd und Pflichten nehmen / daß sie in jhren Berichten und Rapporten nichts als die pure lautere Warheit schreiben oder vorbringen wolten / welchen dann desto eher zu glauben und zu trauen ist. Nachdem aber offters auch diese sehr schlechte Natur-Kündiger sind / sondern sich vielmehr umb dasjenige / was zur Handlung dienet / bewerben und bekümmern: so muß man sich zugleich an diejenige curiose und gelährte Leute / welche sich in [ID00656] den Indianischen Orten häußlich niedergelassen / und alles / was zu der Naturkündigung und Artzney- Kunst gehöret / genauer zu untersuchen vollkommene Gelegenheit haben / halten: wie dann deßwegen viele vornehme Glieder der Welt-berühmten Käyserlichen Societät der Naturkündiger in Teutschland / als Volckamerus, Schroekius, Menzelius, (welchem der König in Preussen eine eigene Pension hierzu reichen lässet) Schefferus, wie auch der berühmte Jobus Ludolfus und andere eine genaue Correspondentz mit einigen Gelährten in Ost-Indien / als Cleyero, de Jager, Rumphio, ten Rhyne, und andern gepflogen haben / deren Observationes und Send-Briefe guten Theils in den Miscellaneis Germ. Curiosis zu finden und zu lesen sind. Noch ein grösseres Licht aber bekommet man aus benjenigen Brieffchafften und Send-Schreiben / welche diese letztere in Ost-Indien unter sich selbsten wechseln / als worinnen fie sich offters aemuliren / widersprechen und also zu fernerer und genauerer Untersuchung ansporen: Da alsdann endlich nothwendig herauß kommen muß / was sonsten im verborgenen geblieben wäre. Ein merckwürdiges Exempel findet man in diesen unsern Ost-Indianischeu Send-Schreiben / von dem rothen Sandel / dessen wahrer Ursprung niemahlen so genau wäre untersuchet worden / wann nicht der berühmte Herbertus de Jager mit dem gleichfals curiosen Rumphio in einen so harten Disputat darüber gerathen wäre. Weilen dann auch in eben diesen Briefen noch viele andere Seltzamkeiten und sehr rare Sachen eingemischet sind / so habe nicht nachgelassen / biß dieselbige von Herrn Johann Gottfried Vito, jetzo vornehmen Materialisten in Wormbs (welcher die autographa und eigenhändige Schrifften aus des Herrn Herberti de Jager hinterlassenen Erbschafft mit aus Ost-Indien gebracht) umd Gelb und gute Wort erlanget habe / umb selbige mit einigen Geschwornen Rapporten aus dem Holländischen (worinnen sie geschrieben sind) ins Hoch-Teutsche zu übersetzen / und der gelahrten Welt im offentlichen Druck mitzutheilen / zumahlen dieselbe sich wegen Gleichheit der Materie zu unserer Natur- und Material-Kammer wohl schicken thäten. Gleichwie ich nun nicht zweiffele / es werde vielen curiosen Gemüthern hiermit ein sonderlicher Dienst geschehen / also werde mich befleissigen / ehistens noch mit einig-andern dergleichen Schrifften / und nahmentlich mit einer sehr accuraten Beschreibung der Ambonischen See-Muscheln / welche der schon belobte Herr Rumphius (so von stätigem Anschauen derselben endlich blind worden ist) hinterlassen hat / ferner zu gefallen. Alles zu GOTTES Ehre und des Nächsten Wohlfahrt!
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Ost-Indianische Send-Schreiben.
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Num. I. Herrn Beorg Eberhard Rumphii Send-Brieff / An Herrn Herbert de Jager. Mein Herr! Die Gelegenheit hat mir biß daher noch nicht diene̅ wollen Meinen Hochgeehrten Herrn mit einem Brieffgen zu bearüssen / welches ich nunmehro nicht länger außstelle̅kan / weilen ich in verschiedenen Briefen der Batavischen Freunden offters in Meines Hochgeehrten Herrn Nahmen gegrüsset worden / auch einige Beschreibungen und Berichte von etlichen Gewächsen / so in dem Westersen Theil von Indien wachsen und durch dero gelahrte Feder beschrieben worden / empfangen habe: woraußich dann mit deren Erlaubnuß hier und dar etwas entlehnet und in mein Wercklein von den Ambonischen Pflantzen (doch unter dero Nahme) einverleibet / und so viel zu deren Erklärung und Erweissung vonnöthen gewelen / angewendet hab / welche Freyheit Mein Hochgeehrter Herr mir nicht übel deuten wird. Unter anderen ist mir durch Herrn Doct. Andream Cleyern eine Beschreibung vom Wurm-Saamen oder Semine sancto mitgetheilet worden / welches Mein Herr vor ein Abrotonum hält / bey den gemeinen Herbaristen aber vor das Absinthium Seriphium außgegeben wird. Item: Von dem Catsio oder Lycio Indico, wie auch andere Sachen / so mir zu Betrachten übersender worden / doch aber zu meinem vorhabenden Werck nicht wohl dienen können / dieweilen ich mich nach keinen Kräutern darinn bemühen werde / worvon keine Mitt-Sorten oder Geschlechter in Amboina fallen. Viel besser aber kan mir die Beschreibung von der Palmeira Bravva, bey den unserigen Palmeeroder Jagar-Baum / hier zu Land Lontar genandt / zu paß. Die von dein Campher und Benzoin-Baum überschickte Berichte hatte ich auch verlanget / damit ich sehen könte / ob einige Sorten oder Species barvon allhier in Amboina zu finden wären: und ist mir alles durch Herrn Jacob de Vicq in verwichenem Jahr zugesendet worden / welcher zugleich einige Beschreibungen von Ambonischen Gewächsenvor Meinen Hochgeehrten Herrn verlangte. Ich hab mich damahlen zum höchsten entschuldigen lassen / wie anjetzo nachmahlen thun muß / daß ich meine Gegen-Pflicht nicht in Acht nehmen können / dieweilen es sehr weitläufftige Beschreibungen sind / und ich nur mit einem Assistenten verschen bin / welcher seine Hände voll zu thun hat / daß er meine Auffsätze in eine Ordnung und nachmahlen ins Reine bringe / woran ich wegen des nunmehr annahenden gebrechlichen Alters nicht viel Zeit verspielen kan / nachdem ich selbsten mit den nöthigen und kurtzen Briefen abzufertigen gnug zu thun habe. Doch hab hiermit bezeugen wollen / daß / so es geschehen kan / Meinem Hochgeehrten Herrn zuweilen mit kurtzen Beschreibungen und Antworten gar gerne dienen wolle. Unterdessen kan Meinem Hochgeehrten Herrn in vielen Stücken mit denjenigen Sachen gedienet werden / die ermeldter Monsieur de Vicq von mir empfangen: worzu auch die natürliche Beschreibung von dem Muscaten- und Näglein-Baum / welche Uberbringer dieses / unser Fiscal, Herr Abraham Boudens, zustellen wird / und / wie er vorgibt / von ihm selbsten also auffgezeichnet worden / zu zehlen ist. Eben demselbigen hab auch etwas von den Ambonischen Königs-Näglein eingehändiget / welche seither zehen Jahren allhier in Amboina an zwey oder drey Bäumen gesehen worden / doch aber mercklich von den rechten Ternataenschen Königs-Nägelein unterschieden sind / von welchen nach deren geneal Außdilgung kein Baum mehr [4] in der Welt zu finden ist. Doch hab ihm noch drey Stücklein / Meinem Hochgeehrten Herrn zu überbringen / gegeben / so ich wohl sechs- und zwantzig Jahr auffgehoben hatte / und wohl wehrt sind / daß sie / umb ihre Gestalt zu conserviren / abgerissen oder abgemahlet würden. Wir haben anjetzo keinen Mahler allhier / und so wir künfftiges Jahr keinen bekommen solten / dörffte mein Werck / in Ansehen der nöthigen Kupffer / sehr defect bleiben. Ich hab mich verschiedenmahl bemühet von Batavia ein Stücklein vom rothen Sandel-Holtz / nebst eigentlichem Bericht / auß was Landen es komme / zu empfangen / hab aber biß dahero nichts sicheres darvon gesehen / indem dasjenige / so mir von Batavia zugesendet worden / auch hier und dar gesehen habe / meistens von dem so genandten Caleaturs. Holtz nicht unterschieden ist. Weilen dann Mein Herr die Ober-Länder von Alt Indien durch gereiset hat / nahmentlich die Küsten Coromandel und Orixa, wohin die Portugessen Tanassarim stellen (darvon Garzias und andere ihren rothen Sandel wollen herleiten / allwo auch / ungefehr umb die Stadt Caleatoer, obbemeldtes Holtz wachsen soll:) so werd ich genöthiget Meinen Hochgeehrten Herrn zu Bitten / daß Sie mir etwas sicheres darvon mittheilen / und so es seyn kan / mich mit einem Stücklein von dem ausfrichtigen versehen. Ich an meinem wenigen Ort kan das Caleaturs- Holtz vor kein roth Sandel. Holtz halten / wiewohlen D. Cleyer mir geschrieben / daß es von allen Medicis und Natur-kündigern zu Batavia vor daffelbige gehalten werde. Ich will lieber glauben / daß das auffrichtige rothe Sandel. Holtz in gantz Ost-Indien nicht zu finden seye / welches die Alte Arabier von der Africanischen Ost-Küsten und denen darbey gelegenen Insulen / insonderheit von Madagascar gehohlet haben; weßwegen es noch von den Maleyern mit dem Arabischen zunahmen Tsiendana Zangi oder Zingi, das ist: Sandalum AEthiopicum genennet wird / welchem sie die Kräffte zu kühlen / mächtig zu stopffen / und dem Gifft zu wiederstehen zugeschrieben haben: von welchen Eigenschafften ich durch eigene Erfahrung an dem Caleaturs. Holtz nichts gefunden hab / wohl aber das Gegentheil. So wünschte ich auch von Meinem Hochgeehrten Herrn informiret zu werden / ob in Alt- Indien ein ander Calamus Aromaticus zu finden / als derjenige / so Maleyisch Deringo, und Malabarisch Vasomba heisset / und der rechte Acorus ist. Bey dem Garzia ab Horto wird er so dunckel und confus beschrieben / daß ich nichts sicheres darauß begreiffen kan: wie ich dann auch in den zweyen Tomis des Horti Malabarici, so allbereit im Druck sind / nichts finden kan / welches Werck vor mich und andere / so die Malabarische Nahmen nicht verstehen / sehr dunckel und unbegreifflich ist. Ich hab vor mich selbst einen Schlüssel über dieses Werck gemachet / absonderlich von solchen Gewächsen / die wir auß der Beschreibung und Abbildung erkennen können / wie nemblich dieselbe in diesen Insulen und auff Malaisch genennet werden. Durch obbemeldten Mons. Boudens soll Meinem Hochgeehrten Herrn ein Körbgen / worauff ein Pergament mit H. D. I. gezeichnet / eingehändiget werden / worinnen das Tuber Regium oder Oeby Radja mit seinen auffgeschlossenen Fungis, in Form eines Trichters / zu finden ist / welches von Hr. de Vicq herkommet. Dieses sind gewissen Knollen / so von sich selbsten auß der Fettigkeit der Erden / in der Grösse ein- oder zweyer Fäusten wachsen / außwendig schwartzgrau / so gar / daß man sie im Graben vor Steine ansiehet / und deßwegen nicht leicht bekommen kan / ehe sie die Trichter-formige Schwämme tragen / welches doch selten und nur in dem Monat November wann es sehr trucken Wetter ist / geschiehet. Inwendig sind sie Kraydenweis und gantz trucken / von keinem sonderlichen Geschmack / noch Geruch. Sie werden von diesen Einwohnern zur Artzney gebrauchet / und zwar gegen den Durchbruch / weilen sie mächtig stopffen: werden auß der Hand gessen / auch klein geraspelt und mit Reiß oder Sago-Meel gemenget. Sie haben gemeiniglich einige Gleichheit mit der Sinesischen Wurtzel Hoclin, welche P. Martinius in seinem Sinesischen Atlas vor die auffrichtige Radix Chinae beschreibet und Folin heisset. Von der vorgemeldter Ubi Radja bekommet Mein Hochgeehrter Herr zwey Stück mit den auffgestossenen Fungis, und zwey ohne Fungis, welche in einem Garten auff die Erde zu setzen / allwo sich mit der Zeit bey warmen Regen-Wetter die Fungi zeigen werden / die / wann sie noch jung sind / zu kochen und zu essen dienen. Dafern Mein Hochgeehrter Herr persöhnlich in diese Provintz hätte kommen sollen / wie einige Freunde geschrieben und die gemeine Sage neulich gienge / so hätten wir bey verschiedenen Conferentzen die Bäuche damit anfüllen können / welches nun wegen anderer Geschäfften hinterbleiben muß. Den Maleyischen oder Javanischen Nahmen desjenigen Hagen-Dorns / wormit Batavia umbzäunet / möchte wohl auch wissen / welchen wir allhier in Amboina / vermittelst des Saamens / so uns von Java geschicket worden / auch erzogen haben. Wormit / nechst Hertzlichem Gruß / Meinen Hochgeehrten Herrn in GOttes Schutz / in dessen gute Gewogenheit aber mich empfelend / verbleibe Meines Hochgeehrten Herrn Dienstwilliger Freund und Diener Amboina den 20. Maij, 1683. RUMPHIUS, mppr.
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II. Herrn HERBERT de JAGER Send-Brief / An Herrn Georg Eberhard Rumphium. Mein Herr RUMPHI, Werth-geschätzter und penetranter Untersucher der Natur! ICh hätte mögen wünschen / daß bey Abgang dieses Schiffs nicht mit so vielen Affairen der E. Compagnie, (welches mich nicht versehen hatte /) überladen wäre gewesen / oder vielmehr (unib mich selbsten nicht zu entschuldigen) daß ich es nicht so auff das letzte hätte lassen ankommen / umd mich etwas vollkommener und deutlicher zu expliciren / auch Meinem Hochgeehrten Herrn besseres Vergnügen zu geben / der ich sonsten nach dem Maase von meiner geringen Erkantnuß und Wiffenschafft in denen Botanischen Sachen gern demjenigen / was Mein Hochgeehrter Herr in seinen Brieffen an den Kauffmann Mons. De Vicq, meinen special-guten Freund / und an den Hn. Cleyer hat gelangen lassen / völlige Genüge zu leisten / willig bin. So viel nun dasjenige / was mich darinnen angehet / betreffen thut / so hat mir Mons. de Vicq die Materien an mich aus dem seinen vorgelesen: Der Gevollmächtigte von dem Hn. Cleyer aber hat mich dasjenige / was mich anlangt / selbst lesen lassen: Worauß ich sehr gern vernommen / daß Meinem Hochgeehrter Herr dasjenige / was ich durch obgemeldte Herrn und Freunde an denselben gelangen lassen / nicht unangenehm gewesen. Wünsche derohalben nichts mehr / als daß auch ins künfftig ein mehreres zu dessen Vergnügen contribuiren könte / zumahlen mich sehr verbunden halte alles dasjenige freywilligs beyzutragen / was zu dessen herrlichem Werck / das Sie unter Handen haden / dienen kan; wie dann zu dem End auch meinen ersten Beytrag communiciren wollen. Unterdessen ist mir sehr leyd / daß ich mich erkühnet habe / eben zu der Zeit durch solche Freunde Meinen Hochgeehrten Herrn umb ein und anders anzusprechen / als es Ihnen eben so ungelegen gewesen / indem ich selber bekennen muß / daß Sie die Zeit und Hülff von ihrem Schreiber viel besser zum Dienst des gemeinen Bestens / als auff meine Frage zu antworten / anzuwenden haben: Verspreche auch hiermit sothanige Freyheit / dieselbe zu behelligen / künfftig hin besser zu menagiren / und Denenselben nicht mehr so beschwerlich über den Hals zu kommen; wie dann auch in Meines Hochgeehrten Herrn Belieben stelle / sich an meinen wenigen Zumuthungen nicht länger auffzuhalten / als es Denenselben nöthig scheint / nur daß das Haupt-Werck keine Verhinderung dadurch leide. Inzwischen bedancke mich sehr / daß Sie Mons. de Vicq erlaubet haben / mir dero Beschreibung von den Mußcaten-Nüssen und Sagoe-Baum mitzutheilen / (davonich auch schon Copie genommen hab) welche mich sehr vergnügt / und kan aus diesem Stählgen / tanquam ex ungue Leonem, schon abnehmen / wie herrlich und nutzlich dieses Werck vor die Gelährte in Europa seyn werde. Ich muß aber zum höchsten beklagen / daß wegen Engbrüstigkeit und grosser Beschwerung auff der Brust / deren ich unterworffen bin / und welche mir je länger je mehr zusetzet / mir so viel Lebens nicht verheissen kan / daß solches Wercks in offentlichem Druck auch sehen könte / und muß mich deßwegen in solche Schickung und Necessität der Natur gedultig ergeben. Dafern aber der höchste GOtt mir das Leben fristen würde / so wolle sich doch Mein Hochgeehrter Herr versichern / daß ich mit sonst keinem Werck / als was mein eigen / an das Tages-Licht kommen werde: Gleich ich sehe / daß Mein Hochgeehrter Herr diese Condition auch über sich genommen hat / und auch sonsten in allen Theilen reblich ist. Ich werde auch von sonst nichts schreiben / als worvon ich eine eigentliche Wissenschafft und Erfahrung erlanget / und darvon selbsten Information genommen hab. Dafern mich aber anderer Sachen auch bedienen solte / so wird es doch nicht anderst / als unter dem Nahmen deßjenigen / so mir es communiciret hat / geschehen / so fern es auch mit dessen Bewilligung seyn kan; wie dann Mein Hochgeehrter Herr sich auch dessen / was von dem Palmeerbaum auffgeschrieben hab / so viel Ihnen dienlich scheinet / kühnlich bedienen kan / indem mich glücklich schätzen werde / wann Meinem Hochgeehrten Herrn da mit von mir wird gedienet seyn.
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Damit wir aber zu der Sach selbsten kommen / so ist zwischen dem Nahmen / so der Herr van Rheede setzet / und zwischen dem meinigen eben so ein grosser Unterscheid nicht / als im ersten Auffschlagen wohl jemanden auß Unwissenheit der Sprachen scheinen dörffte / in dem dieser Baum eigentlich in dem Malabrischen panè, und nicht pana, als der Herr van Rheede schreibet / genennet wird / welches doch wenig außmachet. Das Wort Metem aber / das in meinem Tractätgen darbey gefüget stehet / bedeutet in derselben einen Baum / gleich auch das Wort Wruksjam, welches im Sanskrietsschen / das ist / in der gelahrten Sprach der Braminen / bey dem Wort Talaha oder Tala gefunden wird / dergleichen Bedeutung hat; weßwegen das erste meistens in dem Malabarischen bey das Wort panè und das letzte in der andern Sprache bey das Wort Tala gesetzet wird: welches Bramnesische Wort auch überall in Macassar gebräuchlich ist / da diese Bäume Tala und uff der Insul Java Tal heissen / gleich wie Meinem Hochgeehrten Herrn gnugsam dekandt seyn dörffte: Nicht anderst / als wie das Wort Lavvang am oder Lavvang, so in derselben gelahrten Sprach die Nägel-Specerey bedeutet / zu gleich auch in die Moluccischen Insulen / und auff Ambonia übergepflantzet ist; gleich wie das Heidenthum von der Küst Choromandel ehehands sowohl uff Java, Baly &c. mit einem grossen Theil seiner Sprache / als auch in die Maleitsche sc. sich gesetzet hat. Damit wir aber ohne einigen Umbschweiff bey diesem Stück bleiben / so bedeutet das Wort Carim, das der Herr van Rheede vor das Wort Pana setzet / in der Malabarischen Sprach schwartz / zum Unterscheid einer andern Sorte panà, dessen Blätter etwas weisser sind / als von dem ersten Geschlecht. Was aber das Wort Tamado, so hinter dem vorigen Tala stehet / anlanget / so ist desselbigen Bedeutung mir unbekandt / und ist ohne zweiffel ein Canariisches oder anderes Wort / so auff der Küste von Kaukan gebräuchlich ist und nicht von der gelahrten Sprach der Braminer herrühret / worinnen ich zum theil versiret bin / zum wenigsten so viel / daß ich unterscheiden kan / daß dasselbe kein Sanskriets ist; wiewohlen der Herr van Rheede in seinem gantzen Werck diese gantz generaliter vor die Sprach der Braminer anßgibt. Unterdessen kombt sie in vielen Worten damit üb???rein / oder gehet doch nur zuweilen ein wenig davon ab / zumahlen sie beyde auch einerley Buchstaben gebrauchen und im schreiden eine grosse Gleichheit haben / wormit das Sanskriets und das Hindostanische außgedrucket wird. Diesem Baum nun wird in dem Hindostanischen der Nahme Taar, mit Zufügung des Worts dzjaar, welches in derselben Sprach einen Baum bedeutet / beygelegt; wann nun die particula hi, welches ein Zeichen des Genitivi ist / dem Nominativo vorgesetzet wird / so lautet es in der gantzen Zusammensetzung Taar hi dzjaar, das ist ein Palmen-Baum. Von diesem Wort Taar kombt nun das bekandte Tari her / so den Tranck / welcher von diesem Baum kommet / bedeutet / und nicht allein dem Safft dieses Baums / sondern auch dem wilden Dattelbaum / ja auch anderen Bäumen / so einigen Safft geben / gemein ist / wie in Suratten dieses Wort in solcher Bedeutung überall gebräuchlich ist. Die Telingasische Sprach / deren in meinem Tractätgen auch gedacht / ist gleichfals von der Malabarischen unterschieden und regieret allein auff der Nordküst von Choromandel / dicht nach Bengala zu / gleich wie sie auch gantz andere Buchstaben hat / als die vorige Sprachen. Sonsten wird dieser Baum im Javanischen und Malaitschen auch Lontar geheissen / und wird dessen ein groß Quantität auff Batavia, absonderlich zu Bantam gesehen / allwo sie auch die Blätter darvon gebrauchen und darauff schreiben; weßwegen dann Mein Hochgeehrter Herr dessen Ernennung und Herleitung in dieser letzten Sprach sehr wohl getroffen hat. Ob aber schon wohl sein kan / daß Dieselbe diesen Baum auff Lariquen gesehen hätten / so ist doch das Weibgen von dem Männlein / ehe sie Früchte tragen / gar schwer zu unterscheiden / und ist also noch ungewiß / ob sie allda das Carim panè oder das Am-panè, daß ist / das Männgen / oder das Weibgen von dem Palmbaum gefunden / welches die Frucht / so im Javanischen Sibalon heisset / zeigen muß; weilen aber die Beschreibung und Abbildung von allen beyden Bäumen im zweyten Buch des Horti Malab. des Herrn van Rheede weitläufftig und zur Gnüge zu finden sind / so ist ohnnöthig solche weiter außzuführen. Dieses nur hab noch erinnern wollen / daß / wie mich däucht / die Portugiesen diesem Baum den Nahmen Palmeira bravva gegeben haben / weilen er ohne die geringste Wartung und Pflantzung hervor kombt und von sich selbsten zu gantzen Wäldern voll auffwächset: gleich ich auch auf der Küste von Choromandel sothanige Bäum-Stätte von etlich Meilen lang angetroffen hab. Ingleichen kan nicht mit Stillschweigen (ehe wir von dieser Materie gäntzlich abbrechen) vorbey gehen / daß das Wort Jagra oder Jagar-Zucker nicht allein dem Zucker / so von diesem Baum kommet / eigentlich und allein zukomme / wie Mein Hochgeehrter Herr zu glauben scheinet / sondern auch dem Zucker von den Cocus-Bäumen / ja noch vielen andern Sorten des schwartzen Zuckers / so in Klumpen gehalten werden und also von dem Zucker-Riet selbsten kommen / gemein sey: wiewohlen es mehr dem Zucker von dergleichen Bäum-Säfften zukombt. Wormit also den verschiedenen Nahmen dieses Baums ein Genügen gethan zu haben vermeine / wie sie in dem Brieff an Monsieur de Vicq von mir verlanget haben.
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Die Art von Caldeira oder eigentlich Cardoeira, ist hier auch gnug auff den Insulen / welche sie auff Maleyisch Bangkovvan, und die Sort / welche das riechende Blumen-Mooß gibt / Pandam in derselben Sprache nennen / gleich auch die Blume diesen Nahmen führet. Es gibt aber derselben zwey Species / eine mit dornichten Blättern / und die andere ohne Dornen / welche letztere man hier meistens findt und bereiten die Javanen von den Bankovvan-Blättern hier und auff Palimbang die bekandte Koedzjang, ist eine Art Binsen-Matten / die sie zu Decken gebrauchen / wie Meinem Hochgeehrten Herrn schon besser / als mir selbsten bewust seyn wird. Die Oebi radzia solte ich ehe vor eine Art Erd-Aepffel oder Tuberum terrae halten / als vor Oebi, nemblich die Wurtzel vor eine Art Tuberis esculenti, welche die Italiäner Tartofoli, die Frantzosen aber Truffles nennen: das öberste Köpffgen oder Capitulum aber vor einen Fungum oder Schwamm / so viel auß demselben / den bey Mons. de Vicq gesehen / abnehmen können: will aber doch das Examen dieser meiner Meynung Meinem Hochgeehrten Herrn gerne überlassen und deroselben Sentiment hierüber ferner erwarten. Nachdem ich auch das Wort Coelit Lávvang in dem Brief an Mons. de Vicq angeführet gesehen / so bin ich / in Ansehen des Worts Lávvang, das eigentlich in der Braminer und Hindostaner Sprach Nägelein bedeutet / in die Gedancken gerathen / ob diese Rinde nicht vielmehr die Schale von dem Näglein-Baum selbsten möchte seyn / wie das Wort mit sich bringet / oder sonsten von einem Bastard-Nägel-Baum herrühre / dessen Gestalt anderst als der rothe sey; wie ich dann in Golkonda, in der Apothecken / unter dem Nahme Wilder Nägelein dergleichen Früchte gesehen zu haben vermeine / worvon noch einige Proben auffgehoden und an einen Ort gestecket habe. Weilen aber die Zeit jetzo nicht leiden will solche auffzusuchen / so werde / nicht ermangeln künfftig darnach zu sehen / und wann sie sinden werde / an Meinen Hochgeehrten Herrn zu senden / derselben Urtheil erwartend / ob ich in meiner Meynung betrogen sey oder nicht? So auch der Herr selbsten einige wilde Nägelein haben solte / bäte mir einige zu übersendë / daß ich solche mit den meinigen auß Golkonda conferiren und wie weit sie von einander unterschieden seyen / sehen könne. Auß eben demselben Schreiben Meines Hochgeehrten Herrn bin ich auch verständiget worden / daß das Ringò-Holtz von dem Angsána-Baum herrühre / welcher mir wohl bekandt ist / ob schon er mir schon nirgends / als auff Batavia / so viel ich mich erinnere / zu Gesicht kommen ist / und gibt auch ein gewisse Art Sanguinis Draconis von sich; wiewohlen ich das beste Gummi dieses Nahmens an dem Caliatoers Holtz-Baum gefunden hab / gantz dunckel-roth und viel heller / als ein Peguser-Rubin; gleichwie mir auch zu Golkonda in einem gewissen Glossariô, darinnen die Arabische Medicamenten auff Hindostanisch / so viel deren in solchen Landen sind / mit Perstanischen Buchstaben außgedruckt und beschrieben waren / zu Gesicht gekommen ist / darinn der Sanguis Draconis oder Drachen-Blut vor ein Gummi oder geronnen Safft des Sandel-Baums gehalten wird / so auff der Küst von Coromandel und durch gantz Hindostan, oder nach unser Meynung vom Caliatoer-Baum herrühret / welchen sie den rothen Sandel-Baum nennen / gleichwie ich sehr offt erfahren hab / und in solchen Landen bekandt gnug ist / auch an der Probe und Geruch abzunehmen / wann man das Holtz auff einen Stein wirfft / absonderlich wann es zugleich alt und hoch roth ist. Solte es seyn / daß dieser Baum auch auff Madagascar stünde / und einer von den dreyen wäre / welche Mons. Flacourt in der Beschreibung von dieser Insul setzet und schreibet / daß das Drachen- Blut oder Sanguis Draconis davon außschwitze / so würde ich nicht leicht darzu kommen umb zu glauben / daß dasjenige so auff Palimbang auß einer gewissen Rohr-Frucht / welche allda fället / durch Gewalt des Feuers / über heiß Wasser auß gezwungen wird / das rechte und auffrichtige Drachen- Blut oder Sanguis Draconis seye / welcher bey allen Medicis, so viel ich weiß / vor ein Gummi gehalten wird; zu geschweigen daß dieses Dzjerenàng, welches von obgemeldter Rohr-Frücht gemacht und auff Maleyisch also genennet wird / auch dem Ansehen nach von dem Sanguine Draconis, welchen ich in den Perstanischen Apothecken auff Golkonda gesehen hab / sehr unterschieden sey / sehr wohl aber mit demjenigen Gummi / so ich von dem rothen Sandel-Baum colligiret habe / accordire. Zum wenigsten kan mit Meinem Hochgeehrten Herrn nicht wohl übereinkommen / daß das rothe Sandel-Holtz von den Africanischen Küsten umb Sofala in die Quartiren von Indien und alsdann in Arabien solte übergeführet werden / in dem die Benahmung von solchem Holtz / so im Maleyischen Tsiendana Zeng’gj heist / und Meinem Hochgeehrten Herrn Anlaß zu dieser Meynung gegehen hat / kein gnugsames Fundament geben kan / zumahlen wann man den Ursprung dieses Worts / und wie es sich in das Maleyische eingeschlichen habe / wohl betrachtet. Es kombt nemblich selbiges / so viel mit wissend ist / daher / daß die AEthiopische Küste / an der Seiten des rothen Meers / wo der Sinus Arabicus ist / in der Arabischen Sprach Zendzj oder Zenzj, und nach der Franzosen Schreibens-Art Zengj geheissen wird / worinnen das j, als ein Consonantz die Kräffte und Außspruch von einem g, oder i, vor welchem ein d, ist / hat / welches Wort von Zingis herstammet / so bey dem Ptolomaeo in seiner Geographie schon bekandt ist / wel [8] cher das äusserste davon an den Sinum Barbaricum stellet / gleich wie die Araber in ihren Land-Beschreibungen auch gewohnet gewesen / dieses Geographi Benennungen hier und da zubehalten. Von diesem Wort Zendzj nun kombt das nomen gentile Zendzji, welches eine Person von solchem Land / oder einen sothanigen AEthiopem bedeutet / welches die Persianer auch in ihre Sprache auff- und angenommen haben / doch mit der gewöhnlichen mutation des Z dziem oder dzi in ein Ga oder g welches sie zuthun pflegen / wann sie einige Arabische Wörter / darinnen das Z oder dziem innen ist / in ihre Sprach introduciren / wie solches auch in Europa denen Liebhabern der Orientalischen Sprachen / so nur ein wenig in dem Persischen versiret sind / zur Genüge bekandt ist / und wird also nicht vonnöthen seyn / daß solches mit vielen Exempeln zuerläutern und zubeweissen seye. Nach diesem nun lautet obgemeldtes Wort bey den Persianern Zengi, wormit sie alle schwartzen / die zusammen gekrolte und wollichte Haar tragen / und AEthiopes sind (welche die Portugiessen und wir selbsten insgemein Cafares nennen / ) sonsten aber keine andere Unglaubige / belegen / worvon sie doch diejenige / so auß Abyssinien kommen / mit dem Nahmen Hhabassi, oder nach der Frantzöischen Sprach Hhabachi unterscheiden / allen anderen AEthiopiern aber / so / wie zuvor gedacht / wollichte Haar tragen / den Nahmen Zengi gegeben / wie mit in Persien zur Genüge bekandt gewesen ist. Ob nun wohl die Persianer dieses Wort / nebenst vielen andern / in die Maleyische Sprache überbracht haben / so hat es doch hierinnen durch einen bekandten Rhetorischen tropum eine andere Bedeutung bekommen / und bedeutet von der schwartzen Farb / wormit ihre Leiber begabet sind / im Maleyischen allein etwas schwartzes: in welchem Verstand man es auch in der Maleyischen Historie des Hhamzah befind; wie dann auch alle die beste Maleyers, welche ich deßwegen consuliret hab / darinnen einstimmig sind / daß dieses Wort Zengi, welches sie nach ihrer Weiß Zeng’gi schreiben / allein schwartz heisse / ohne daß solches Wort einigem Land oder Nation zugeleget / werde oder auch jemand wisse / daß es solchen appliciret werden könte. So wissen auch diejenige Küsten und Insulen / worauff die Maleyische Sprach gebräuchlich ist / nicht das geringste von der Africanischen Küsten / haben auch niemahlen / so viel man weiß und auch wahrscheinlich ist / einige Fahrt dahin angestellet / worvon man in ihren Historien nichts findet / welche allein melden / daß sie wohl ehemahlen die Küsten Coromandel frequentiret hätten / so nur 8. biß 10. Tag-Reiß davon ist: welches auch die Reliquien von dem Gottesdienst und die grosse Anzahl ihrer Wörter / so man in dem Maleyischen und noch mehr im Javanischen findet / confirmiren; daß also dieses Wort Tsjandana Zengi nichts anderstbey denen Maleyern als das schwartze oder hoch rothe Candel-Holtz (dann das beste auff diesen Schlag kommet) bedeutet / wie mir solches die gelährteste Maleyers außgeleget haben: Und kann derowegen nicht von einiger Landschafft also genennet werden / darvon man in der gantzen Welt noch nichts weiß / auch noch gantz ungewiß ist / ob auff solcher Küste auch rothes Sandel-Holtz gefunden werde? indem gewißlich / wann dergleichen dorten gefunden würde / solches die Küste von Arabien keines weges auß Indiâ würden holen / da das Zengische Land ihnen so nahe wäre / ja an das Africanische Arabien stöse: ja sie würden besser als die Maleyers wissen / was in denjenigen Landen / darinnen sich die von ihnen entsprossene Colonien gezogen / auch ihre Sprach noch guten theils behalten hätten / wachsen thäte / indem die Maleyers so wiet darvon gelegen und durch ein so nützliches Meer von den Zengis abgeschnitten und entfernet wären. Und wie solten sie es nicht gewust haben / indem die Specereyen und Materialien gemeiniglich ihren Nahmen von dem Platz / wo der Stapel davon sich am ersten gesetzet hat / genennet werden / nicht anderst / als die Portugiesen die Mußcaten-Nüsse von dem Stapelplatz dieser Specerey / der damahlen auff Malacca war / Nozes de Malacca geheissen haben. Ja es würden die Maleyersch auch den Nahmen vom Zengischen Sandel nicht von den Persianern haben / welcher / wie oben er wiessen / darvon den Beynahmen führet / und würden auch die Araber selbsten den Indianischen Nahmen nicht behalten haben / welcher ursprünglich auß der gelahrten Sprach der Braminer herfliesset / bey welchem Zsjandanan, correpta mediâ syllaba, oder bey Abschneidung der letzten Syllaben an, wie es auff der Indischen Küste gebräuchlich ist Tsjandan lautet / und in genere allerhand riechend Holtz bedeutet / so einen Safft von sich gibt / wormit sie ihre Leiber beschmieren: worvon also der Maleyische Nahm Tsiandana herstammet / welchen die Arabier (welche auch andern Indianische Nahmen / als Myrobolanam und dergleichen mit einer kleinen Aenderung haben fortgeführet / ) meistens also behalten / ausser das sie den letzten Buchstaben n. in ein l. verändert / und die erste Tsi oder des Frantzöischen Ch in Ts, das also diß Rauch-Holtz bey den Arabiern den Nahmen Tsandal bekommen / den die Europöer auch behalten: Und weilen das rothe Sandel-Holtz je höher und braun-roth es von Couleur ist / je besser zu halten ist / so haben die Maleyer auch die beste Sort von diesem Holtz mit dem Zunahmen Tsjandana Zeng’gi getauffet / nicht anderst als im Hindostanischen die schwartze myrobolanen Zengi haraeh, das ist / die Zengische hararen oder die schwartze myrobolanen von der Farb / und nicht von der Nation genennet werden / [9] indem sie von demselben Land herkommen / deßhalben kommen die Mooren und Maleyer allhier auff Batavia meist alle darinnen überein / daß das Caliatoers - Holtz das rothe Sandel - Holtz sey / welches sonsten im Sanskrietsen Rahka Tsandanam und in der Hindostanischen Sprach mit denselben Worten Rahat Tsiandan, das ist: Blut-Sandel nach seiner Farb / die wie Blut außstehet / von andern aber roth Sandel genennet wird. Es ist auch dieser rothe Sandeleben so wohl / als der gelbe und weisse Sandel (welche von einerley Bäumen herkommen) das in nerste Hertz von denselben und ist das Holtz an dem rothen Sandel-Baum erst weiß / nachgehends bleich-roth / so endlich eine desto höhere Farb bekombt / auch ein grössere Krafft gewinnet / je älter es wird; dahero der rothe Sandel / welchen man in Golkonda und andern Oertern von Indien in den Apothecken findet / viel brauner und einfolglich auch viel kräfftiger ist / als das gemeine Caliatoers - Holtz / gleichwie ich noch ein Stälgen davon habe / so jetzo nicht bey der Hand ist / aber so bald ich es finde / Meinem Hochgeehrten Herrn auch zu Diensten stehen soll. Daß aber dieser rothe Sandel in einem oder anderem Land viel Kräfftiger und schöner als anderstwo fället / befindet sich meistens an allen andern Materialien, worzu das Erdreich und die Lufft das meiste zu contribuiren scheinen / welches an den Nägelein zu sehen / so nirgends von solcher Krafft und Stärcke wachsen / als in den Moluccischen Insulen und in Amboina, ob man schon die Pflantzen von dar auff hiestge und andere Orten gebracht hat / auch solchen mit grösten Fleiß abgewartet wird. Gleicher Gestalt gehet der weisse und gelbe Sandel von Timor allen andern / die sonsten an andern Orten wachsen / so wohl im Geruch / als an Kräfften weit vor / welchem der ordinaire Coromandelse nicht beykommet / ob gleich dieser ein Species von denjenigen Bäumen ist / welche man auff Timor findet: und befindet sich an dem Coromandelischen ein etwas wiedriger und wilder Geruch / welcher fast zeiget / das der selbe in dem freyen und hohen Gebürge in solchem Uberfluß zu finden / daß sie solches auch zu Brenn-Holtzgebrauchen / wie ich mit meinen Augen gesehen hab. Unterdessen lauffet auch an demselben zuweilen ein Stück mit unter / so ziemlich gut ist / dem Timonischen ziemlich nahe kommet und darunter auch wohl vermenget wird / absonderlich derjenige / welchen man auff den Bergen zwischen den Meisoerschen und Tzjinsischen Landen / wie auch auff dem berühmten Berg de Gattam, oder wie ihn die Portugiesen nennen / de Gatto antrifft; daß also das rothe Sandel- Holß nicht an den See-Plätzen unten an den hohen Gebürgen wächset / wie Garcias ab Orta vorgeben will / sondern tieff in dem Land und allein auff hohen Bergen / zum wenigsten 25. biß 30. oder wohl mehr Meilen von der See. Weßwegen dann Mein Hochgeehrter Herr sich nicht durch die Benennung des Caliatoers-Holtz / nach dem Ort Caliatoer, so an der See ligt / wolle dahin verleiten lassen / als ob es darum wachse / mit nichten / sondern diese denomination kombt daher / weilen in den vorigen Zeiten die Portugiesen dieses Holtz auß dem Gebürge nach diesem See-Plag gebracht haben / und zwar wegen der guten Gelegenhett solches in ihre Schiffe zu embarquiren und weiter fortzubringen; welches doch schon vor vielen Jahren auffgehöret und ist auch dieser Ort nicht mehr unter diesem Nahmen bey den Einwohnern bekandt / sondern wird schon von vielen Jahren Kristnampatan oder Histnampatan geheissen / ausser daß der vorige Nahme allein bey den Europöern noch in unsern Carten erhalten wird. Ich kan auch so schlechter Dings nicht zu geben / was Garcias ab Orta und Matthiolus sagen / daß dieses Holtz ohne Geruch solte seyn / worinnen der letzte so weit gehet / daß er vorgeben mag / der Geruch / so zuweilen daran zu finden wäre / käme von dem weissen und gelben Sandel her / wo er etwa beygelegen hat: da doch dieses Holtz von Natur Geruchs gnug hat: hergegen die andere zwey Sorten offt ohne Geruch sind / wie ich selbsten erfahren / und solches vielleicht daher / wann deren Bäume gar zu alt sind / worvon ich doch nichts gewisses sagen kan / weilen so genaue nicht Achtung darauff gegeben hab. Zum wenigsten kan mich derjenigen Gedancken noch nicht entschlagen / daß das rothe Sandel - Holtz nicht auch auff Timor oder auff den darum liegenden Jusulen fallen solte / ob schon Garcias ab Orta solches negiret / indem eine Mestiça Frau / so von einem Portugiesischen Vatter gezeuget / und einen Capitain zur Ehe gehabt / auch ziemliche Wissenschafft von den Einländischen Gewächsen hatte / und auß diesen Quartiren gebürgit war / mich sehr starck auß eigener Erfahrung versichert / daß der sothanige Sandel alda wachse; wie ich dann auch von einigen Macassarischen Grosen verstanden hab / daß dieser oder der vorige König ein Stück davon gehabt habe / so Timor außgelieffert hätte / und dorten in sehr grossem werth gehalten würde / welches sie nicht ohne Beyfügung vieler fabulösen Erzehlungen von dessen Kräsften / und daß dasselbe schier auff eine sehr außerordentlichen Weiß per miraculum und zwar bey Nacht / durch ein Liecht / so der Baum von sich gegeben / entdeckt worden seye / referirten / nachdem die Orientalische Nation diese Manier hat / daß sie denjenigen Dingen / die sie vor köstlich wollen gehalten haben / dergleichen extraordinaire Umbstände und Kräfften beylegen. So wissen sie auch auff dieser Küste noch von einem andern Sandel zu sagen / dessen Würde nicht mit Geld zu zahlen seye / und den Nahmen von Sri Gandam, das ist heiligen Sandel führe / welcher mit dem Wort Sercanda des Garcias überreinkommet / so allein von dem Timorischen Sandel - Holtz verstanden wird; worbey [10] sie zu gleich erzehlen / daß solcher herrliche Sandel in den vorigen Zeiten dem Kayser von Carnatica durch einen Europöer seye verehret worden: welchem allem ich doch keinen Glauben geben kan / weilen sonsten / wann etwas daran wäre / ein grösserer Ruff und Wesen davon gemacht würde. Daß wir aber wieder zu unserm vorigen discurs kommen mögen / so ist auch kein gnugsames argument, daß das Caliatoers - Holtz kein Sandel - Holtz seye / weilen es in der Medicin den Augen / absonderlich in deren Entzündung oder Ophthalmie schädlich seye: in dem man bereits an vielen Dingen viel andere Kräfften / als ihnen vor diesem durch einen allgemeinen consensum beygeleget worden / erfunden hat; gleichwie man auch insgemein dafür hält / daß das Rosen - Wasser gegen die vorgemeldte Ophthalmie ehe gut als schädlich seye / wormit ich in dergleichem Uberfall auff der Küst also übel gefahren bin / als Mein Hochgeehrter Herr mit dem rothen Sandel oder mit dem Caliatoers - Holtz / so man es lieber also heissen will: und glaub ich sicherlich / daß ob sie schon das vorgemeldte heilige Sandel - Holtz dazumahlen gehabt hätten / doch ehe sich schlimmer als besser darauff befunden hätten / indem dergleichen spirituose und wohlriechende Dinge / als Sandel / Rosen - Wasser sc. so durch eine innerliche Bewegung und subtile exhalation der kleinen insensiblen Theilger operiren / zu den Augen schädlich zu sein scheinen / welchen vielmehr adstringirende und außtruckende Sachenmüssen appliciret werden / welche ich durch sichere Erfahrung an mir und andern gut befunden hab; wie ich dann Meinem Hochgeehrten Herrn ein dergleichen Recept gegen die Ophthalmie, darvon ich mehr dann hundert Proben von genommen / und welches von einem Heiden auff der Küst gelernet hab / mittheilen könte / wann ich nur so viel Zeit hätte / das solches jetzo auffsuchen könte: Bestehend auß Feil - Staub / myrobal. citrin. pompholyx cacho &c. welches die principalste Ingredientien und der Basis darinnen sind / so viel mich jetzo dessen erinnern kan. Endlich aber der Sach abzuhelffen / will ich eben nicht sagen / daß auff Madagascar und auff der Seiten der Caffares kein roth Sandel - Holtz fallen solte (welches doch noch zur Zeit den Europöern / Arabern / viel weniger den Malcyer nicht bekandt ist) sondern dörffte es wohl glauben / wann solches Land in eben der Höhe / als die Küste von Indien / Coromandel &c. lieget / weilen meistens hier alle Länder in India, ja selbsten Brafilien und Mexico zum grösten Theil ihre Gewächse gemein haben / wie ich je länger je mehr erfahre / absonderlich allhier auff Java, welche Insul ich so reich an Gewächsen achte / als gantz Coromandel, die Küste von Indien und Ceilon allzusammen; wiewohlen jedweder Land eben wohl noch besondere Kräuter haben kan / so in andern Quartiren von eben solchem Climat nirgends zu finden sind; und wer weiß ob nicht auch in Ambon oder zum wenigsten in Meines Hochgeehrten Herrn Herbariô der rothe Sandel - Baum zu finden seye / indem ich höre / daß allda das Eben - Holtz auch falle / worbey der rothe Sandel gern wachsenthut; weßwegen von Meinem Hochgeehrten Herrn ein Aestgen mit Blättern von allen denjenigen Bäumen / welche ausser der Angsaan Blut thränen / wann sie gequetsch werden / benebenst den Blumen und Früchten / wie auch ihrem Gummi und allen ihren Nahmen möchte haben / umb zu sehen / ob ich etwa diesen riechenden Baum darunter finden könte / welchen ich sehr wohl kenne: welche alle auch gewisse Sorten von Drachen - Blut geben werden / so dergleichen adstringenten - Safft oder coagulum von Blut schwitzen / wie ich zum wenigsten dafür halte und zu gleich glaube / daß in Timor, da der weisse Sandel - Baum wächset / man auch den rothen Sandel wohl finden solle / weilen ich diese beyde Bäume auff einem Berg habe wachseu gesehen; doch will ich dieses nicht höher / als eine blosse Muthmassung gelten lassen. Worbey es mit dem rothen Sandel - Baum und seinem Holtz bewenden lasse / so viel mir darvon wissend ist: welches also ohne Ordnung / wie es auß der Feder geflossen / zu Meines Hochgeehrten Herrn Speculations-Untersuchung und zu meiner fernerer Information (dafern sie grössere und vollkommenere Erklärung hierin geben können) hiemit mittheilen wollen / wofür dann Meinem Hochgeehrten Herrn zum höchsten verpflichtet seyn werde. Von dem Catsio oder Catto hab ich meine Meynung in dem bewusten Send-Schreiben an Hn. Cleyern / und durch deselben an Meinen Hochgeehrten Herrn communiciret und so viel erkläret / als mir deßwegen bewust ist: wiewohlen ich sehe / daß Meinem Hochgeehrter Herrn so viel satisfaction nicht gegeben / als Garcias ab Orta, damit sie es halten / weilen ich in Beschreibung des Baums von demselben discrepirte; da doch auß desselben elenden Beschreibung dieser Baum von andern / damit er übereinkominet / nicht kan unterschieben werden / auch seine description auff 2. Bäume / darauß das Lycium könne gebracht wetden / gerichtet ist / unter welchen einer der rechte seyn müste / welchen er vielleicht eben so wohl gekandt hat / als einige andere / absonderlich die Myrabolanen, die selbst bey Goa wachsen und doch so ärgerlich von ihm beschrieben / wie er auch sonsten die meiste Indianische Kräuter mit den Europöischen sehr plumb verglichen hat / als Mein Hochgeehrter Herr an vielen / die in seinem Herbario stehen / wird in Acht genommen haben. Vermeine also von diesem Simplici etwas näheren Bericht / so mit Indischen Autoren und Augen - Zeugen bestättiget ist / gegeben zu haben / als Garcias und andere Autores / so darvon geschriebe; [11] welches doch nicht deßwegen will gesagt haben / daß ich einige persuasion gebrauchen wolte / daß diese meine Meynung von andern auch blosser Dings angenommen würde: sondern werde mich sehr obligirt befinden / wann Mein Hochgeehrter Herr mir davon etwas nähern Bericht wird geben können. Und wann sie mit Grund und Bestand mich werden taxiren oder refutiren / sollen sie befinden / daß ich so indifferent bey meinen Meynungen seye / daß ich dieselbige vielmehr gern werde fahren lassen und nach besserer Uberzeugung eine andere annehmen. Mein Hochgeehrter Herr geliebe nur frey / doch ohne meine Argumenta zu hechten / davon zu urtheilen / so werde deroselben Motiven / so sie wichtig sind / gerne weichen: wo aber nicht / werde mit eben solcher Freyheit dargegen antworten und meine contraria Argumenta vorbringen dörffen. Inzwischen hoffe es werde der Hr. Cleyer Meinem Hochgeehrten Herrn in dieser Sach wegen des Catsio ein mehreres Vergnügen geben können als ich; doch förchte / es werde sich schwerlich zeigen / daß ein Catsio unter der Erden solte gefunden werden / welches als Tubera wachse / wie einige Meinen Hochgeehrten Herrn haben wollen weiß machen / indem diejenige Ballen von den Catsio, so mit Aschen und Kalck besetzet gewesen / ein Anzeig geben / daß das rechte damit verfälschet gewesen / indem diese Sortmeistens mit Erde vermenget wird. Ich glaub auch nicht / daß hierin Batavia Peguaner seyen / dieweilen das Comptoir, so die E. Compagnie allda gehabt / schon von zwey oder drey Jahr auffgebrochen ist. Doch kan es wohl seyn / daß in kurtzein wider eine Absendung von dar anhero geschehe: Allein der Herr Cleyer ist jetzo in Japan, daß er vielleicht alsdann nicht wird dienen können; weßwegen wir auch mit dem Catsio so lang in Gedult stehen müssen. Damit wir aber auch mit zwey oder drey Worten etwas von der Sementinâ melden / so sehe / daß Mein Hochgeehrter Herr nicht viel Unterscheid machet / ob es unter die Absinthia oder Abrotana gezehlet werden solte / da nichts destoweniger es unterschiedliche Genera sind / und ein jedes von diesen Kräutern ihren besonder Characterem essentialem haben / welche nach meinem Bedüncken nicht zu vermische oder zu confundiren sind / als woran / alle Verwirrung der Gewächsen zu vermeiden / ein grosses gelegen und deßwegen heut zu Tag bey vielen / absonderlich in Europa / ein grosses Wesen gemacht wird; wie dann der sehr berühmte Botanicus in Engeland Morison sehr bemühet ist ein jedes Kraut oder Pflantze unter seine gewisse Class oder Haupt - Sortirung zu reduciren / da zuvor die Essentialität eines jeden Generis oder Speciei sehr genau muß betrachtet werden. Dieses ist mein Sentiment, und lasse Meinen Hochgeehrten Herrn auch bey dem seinen / mit der Libertät / so ich das meinige zu behaupten gebrauche. Unterdessen ist mir sehr frembd vorgekommen / daß der Chirurgus sich nicht entblödet hat Meinen Hochgeehrten Herrn weiß zu machen / daß der Wurm - Saamen oder Sementina in Soeratten eine andere Gestalt / nemlich wie Fenchel-Blätter habe / düncket mich auch / daß ich so wohl mit Versicherung von demjenigen sprechen kan / was ich gesehen und wohl remarquiret habe / als ein Barbierer / daß mir nemblich in Souratten und Golkonda, keine andere Art Semetinae zu Gesicht gekommen / als in Persiâ, und allda auch keine andere als in Europa / und also aller Orten gleich / versicherend / daß so Mein Hochgeehrter Herr ein Pröbgen darvon verschreiben wird / nicht anderst darvon urtheilen werde / als welcher selbsten weiß / daß verschiedene Chirurgi in Indien seyen / die kaum eines von den gemeinesten Medicamenten kennen / wie Mein Hochgeehrter Herr wohl an dem Indischen Rabaço sehen kan / welches nicht allein solche Ignoranten von Chirurgis, sondern wohl gar Doctores Medicinae so lange Jahr nacheinander vor Löffel-Kraut angesehen und gehalten haben / welches doch so gemein in unserem Vatterland ist / daß es auch der geringste Bauer kennet. Solches habe ich noch kürtzlich zu der Gundel-Reb oder Hedera Terrestris gerechnet: worinnen dann Mein Hochgeehrter Herr / wie ich sehe / mit mir über einkommet. Viel weniger accordirt dieses Rabaço mit dem Sium oder Laver, und wird auch von den Portugiesen in ihrem Dictionario nicht wohl vor Cardoso außgegeben / und wird Meinein Hochgeehrten Herrn nicht unbekandt seyn / wie grob sich die Portugiesen in Vergleichung der Europäischen Kräuter mit den Indianischen versehen / welches unter andern Augenscheinlich an dem Pisang oder Musa, die sie vor einen Feigen-Baum / und an den Malis Cydoneis Bengalensibus Bontii, die sie vor Quitten halten / zu ersehen ist: zu geschweige / daß sie den Lotum vor eine Speciem unserer Aepffeln halten / quae t0to genere ac specie differunt. Ich hab auch in dem voracmeldtcn Briese Meines Hochgeehrten Herrn an Hn. Cleyern in Acht genommen / daß sie noch nicht mit dem zugesendeten Reißgen von der Nuce Vomica Officinarum vergnüget seyen / und deßwegen noch einige Früchte darvon verlangen / umb nach Befinden besser davon zu judiciren. Wann ich den Laden inhätte / wolte ich Meinem Hochgeehrten Herrn ein gantze partie schicken und hierzu steuren / so würden sie sicherlich erfahren / daß dieses keine andere / als die ordinaire Krähen-Augen seyen / und gelieben sie zu glauben / daß ich sehr viel Krähen-Augen kenne / so alle von Coromandel kommen / auch darvon gantze Büschlein voll gesehen hab / welche alle die Gestalt haben / wie sie Meinem Hochgeehrten Herrn überschicket habe / umb zu suppliren / was an des Hr. von Rheede Abbildung manquiret / dessen Beschreibung sonsten in allem mit dem wahren Gewächs übereinkommet / und von meiner Figur / [12] so viel das Wesen und Essentz anbelanget / nicht differiret / wie Mein Hochgeehrter Herr am besten solte erkennen / wann sie ihre eigene Augen nur gebrauchen könten / welches fürwahr zu grossem Schaden des gemeinen Wesen zu beklagen ist. Daß aber einige Meinen Hochgeehrten Herrn bereden wollen / es seyen die gemeine nicht / mag daher kommen / daß sie in Acht genommen haben / daß die Frucht in dem Herbario des Herrn von Rheede oben nicht so platt und wie ein Pomerantzen-Apffel / oben und unten / wie an meiner Figur zu sehen / gestochen ist / welches die gute Leute vor eine essentialische difformität außlegen wollen / da doch sonsten die Adern und Form an den Blättern correspondiren. Sonsten aber muß Mein Hochgeehrter Herr von diesem Baum noch dieses sagen / daß es eine Sort von dem Schlangen-Holtz sey / indem das Holtz auch gantz bitter und von grossem Nutzen und Gebrauch in der Artzney ist; wiewohlen es von dem Timorischen Schlangen-Holtz unterschieden ist / so viel ich auß den gedörreten Blättern hab bemercken können. Unterdessen muß den Timorischen Baum nach den Adern in den Blättern auch vor eine Art Krähen-Augen halten / und vermeine dasselbe Gewächs auff derselben Küste gesehen zu haben. So viel ich auß den Blättern bestreiten kan / sind die Früchte davon Purpurachtig-braun / mit einem kleinen dicken und platten Rand versehen / an der einen Seiten hohl und an der ander Seiten convex, von Substantz als die Krähen-Augen. Accordiret dieses nun / wie ich nicht zweiffele / es werde Mein Hochgeehrter Herr die Früchte davon gesehen und bekommen haben / (umb deren communication auch bitte) so ist diese Art von Schlangen-Holtz auch in der Menge auff Coromandel zu finden. Die andere Sort von Schlangen-Holtz / deren Garcias ab Orta gedencket / ist nur ein schlechtes Kraut oder zum höchsten nichts mehr als ein suffrutex, welchen auch hier im Wald gefunden hab / wiewohlen die Beschreibung davon so gleich nicht finden kan / welche doch künfftig Meinem Hochgeehrten Herrn überschicken will. Solte Mein Hochgeehrter Herr auch noch ein mehreres belieben und fordern / und es in meinem Vermögen ist / so werde auch solches beybringen / woran Dieselbe nicht zweifflen wollen und hoffe ich alsdann noch eine Prob von einer andern Art Krähen-Augen mitzusenden / die etwas kleiner als die gemeine / darzu auch braun oder schwartzlicht sind / welche ich mir in Golkonda zu wegen gebracht habe / und so viel mir bewust ist / noch von Niemanden beschrieben worden: Sind nach der innländischen Sprach unter dem Nahmen der schwartzen Krähen-Augen bekandt. Die auffgetrucknete und eingelegte Kräuter / welche Mein Hochgeehrter Herr an den Hr. Cleyer überschicket hat / habe ich mit dessen permission auch zu sehen bekommen und befunden / daß das mit A. bezeichnete Marrubium album odoratum Indicum, so ich auff der Küste und allhier viel gesehen und den Moluccischen Insul nicht alleine eigen ist / gleichwie Mein Hochgeehrter Herr quoad genus auch mit mir übereinkommet. B. Scheinet mir das Ocymum Caryophillatum nigrum zu seyn / welches in Europa domesticum, und in Indien sylvestre ist / und differirt Meines Hochgeehrten Herrn genus auch von dem meinigen gar nicht. C. Dünckt mich unter das Trichomanes zugehören / so viel ich auß dem dürren Kraut abnehmen kan / welches Meines Hochgeehrten Herr Filix calamaria ist. D. Hab ich allhier sehr viel im Wald angetroffen / so viel ich auß dem überschickten abmercken kan / hab es auch abgezeichnet / hat ein folium trinervium, capreolos und Dornen / von den Javanen Tsjanar benahmset / und kommet mit der rechten Sarsaparilla, die ich zu Leyden im Hortô Academicô gesehen hab / sehr wenig oder gar nicht überein / auch nicht wohl mit der Radix China, deren Blätter mir auß Chinâ geschicket worden sind: auß welchen urtheilen muß / daß die Chinesische Radix ein Species der Oebi Hoetanas sey / wie der Blätter Gestalt / so lang und oval sind / wie auch die Nerven anzuzeigen scheinen. E. Ist hier auch gnug / dessen Blätter die Mesticas Folgas Cheirosas, das ist: wohlriechende Blätter nennen / wormit sie sich waschen. Ob aber dieses Gewächs Blumen oder einige Frucht trage / habe nicht erfahren können; wie dann auch nicht weiß / warumb Mein Hochgeehrter Herr dieses vor eine Melissam hält / und woher die Benahmung solches Krauts zu nehmen / welches bey den Maleyern Davven dilam genennet wird. Dieses wäre dann / so viel ich auff die von Meinem Hochgeehrten Herrn mir communicirte Puncten / vor mein Antheil / zu antworten gehabt habe / welches fast weitläufftiger gefallen / als mir Anfangs vorgestellet hatte. Solte ich Meinem Hochgeehrten Herrn noch in anderen Dingen dienen können / werde nicht manquiren so viel beyzutragen / was in meinem geringen Vermögen seyn wird. Könte ich einen Catalogum derjenigen Gewächsen / so bey Meinem Hochgeehrten Herrn zu finden sind / haben / so wolte zusehen / ob noch etwas zu augmentation dessen Wercks kommen könte. Absonderlich möchte wissen / [13] was vor Pflantzen von denjenigen / die der Herr von Rheede in seinem ersten und andern Theil des Horti Malabarici gemeldet hat / allda zu finden seyen / in specie, wie viel Sorten von den Pandans oder Caldeiras, welche Sort Blumen oder Früchte trage? Item: welche Dorne an den Blättern habe? cum specificatione omnium congenerum & assignatione differentiae specificae unius cujusque &c. Wormit nechst hertzlichem Gruß und Anwünschung alles / was desiderabel ist / verbleibe Meines Hochgeehrten Herrn Dienftwilliger Freund und Diener Batav. Nov. de 20. Maij. 1683. HERBERT de JAGER. P. S. Weilen noch etwas Zeit und Raum übrig ist / so hab meine Krahm noch etwas vermehren wollen und schicke also noch ein klein Stücklein Sandel-Holtz / welches in der Apotheck zu Golkonda gekaufft habe / nebst ein wenig Sementina auß Persien. Item: Die schwartze Krähen-Augen. Item: Das obgemeldte Schlangen-Holtz und was bey dem Bauhino Clematitis Indica foliis Persicae, fructu periclymeni, genennet / die dorten / wie ich glaube / auch wird zu finden seyn. So kommen auch einige wilde Nägelein / umb zu sehen / ob solche vom Coelit Lávvan oder von einer Art Nägel-Bäume kommen? benebenst einem Stück gen Sanguinis Draconis, so in Golkonda bekommen hab. Wormit dann meinem obigen Versprechen auch ein Genüge gethan zu haben vermeine / und erwarte nebst widerhohltem Gruß über alles Meines Hochgeehrten Herrns fernere information, benebenst einem Pröbgen von den Cucculis Indis oder Coco de Levante, Fagara &c. III. Herrn HERBERT de JAGER Send-Brief / An Herrn Georg Eberhard Rumphium. Mein Herr RUMPHI! NAchdem ich schon einige Zeit vorher einen Brief an Meinen Hochgeehrten Herrn zu Papier gebracht / und mit diesem Schiff / welches nun über Ternaten abgehet / bestellen lassen / so ist mir Mein Hochgeehrter Herr zuvor kommen / indem ich inzwischen mit der Jacht auß Amboina, wieder alles Vermuthen / mit einem sehr wehrten Schreiben von Meinem Hochgeehrten Herrn bewürdiget worden / so auff eben denselben Tag / da meines abgieng / nemblich den 20. Maji dieses Jahrs / geschrieben ist. Was nun dabey gefüget war / hat Mons. Boudens wohl überlieffert; weßwegen dann Meinem Hochgeehrten Herrn vor die liberale Mittheilung des Tuberis Regii und aller Arten Nägelein (welche ich alle vor sehr rare und curiose Stücke halte) sehr grossen Danck sage und je grösser die Ungemeinheit dieser mir communicirten Dingen ist / je höher mich verbunden halte solches wieder zu erwiedern: wie ich dann die Ehr von deren obligeanten Briefe auch vor ein besonder Gutthat halte / zumahlen Sie darinnen sich sehr geneiget bezeugen / auch künfftig-hin eine schrifftliche Correspondentz über das Studium Botanicum unter uns zu unterhalten / welches mir so werth und angenehm ist / daß ich alle Mittel an die Hand schaffen werde / umb Meinen Hochgeehrten Herrn nach äusserstem Vermögen in allem zu contentiren / gleichwie auch schon in meinem vorigen verspro [14] chen hab. Gleich Anfangs aber bitte Meinen Hochgeehrten Herrn / daß die freye Art zu schreiben / die allda gebrauchet habe / bey Denenselben nicht anstossen möge / wormit künfftig gern inhalten werde / so ich mercken solte / daß sie Meinem Hochgeehrten Herrn mißfallen dörffe. Ich hab mir einmahl eingebildet / daß Mein Hochgeehrter Herr dieser Resolution auch wäre / indem ich aus dessen Briefen an die bewußte Herrn und Freunde ersehen / daß sie allda auch frey und rund herauß gegangen / wann eine Meynung zu taxiren war. Indessen will mich gern darnach richten / wann ich erfahren und verstehen werde / wie solches von Meinem Hochgeehrten Herrn werde auffgenommen seyn / mit Vorbehalt einer freyen Meynung in debatt von deren Opinion, benebenst denen Gründen / so ich hierzu dienlich erachten werde / dafern ich vou Meinem Hochgeehrten Herrn discrepiren solte; wie ich dann bitte / daß Mein Hochgeehrter Herr sich auch solcher Freyheit gegen mich gebrauchen wolle / welches mir gantz nicht mißfällig seyn wird / wie in meinem vorigen schon außgedrucket habe / worbey es dann jetzo bewenden soll. Was nun die Regulen anlanget / wornach sich / wie ich spühre / Mein Hochgeehrter Herr in seinem gelährten Werck geachtet hat / nemblichen die wenige Berichte / die ich durch andere Freunde habe beytragen lassen / unter des Authoris, so es communiciret / Benennung anzuführen / dafür befinde mich zum höchsten verpflichtet und versichere / daß ich nicht allein alles daßjenige / worvon einige Prob genommen und daß es zu Meines Hochgeehrten Herrn Dienste sein solte / wissen soll / alles / ohne etwas zurück zubehalten / offenhertzig beytragen / auch daßjenige / was sie mir vergönnen werden unter dero berühmten Nahme treulich und auffrichtig rühmen werde; und kan sich also Mein Hochgeehrter Herr alles dessen / was von mir herrühret und zu dero Nutz oder Betrachtung dienet / frey / ohne einiges Bedencken zueignen / wie ingleichem schon in meinem vorigen Brief erwehnet habe. Die Ursach / warumb ich die Sementinam vor ein Abrotanum und nicht vor ein Absinthium halte / fundiret sich auff die Form und Gestalt dieses Krauts / welches ich so manchmahl gesehen hab / so mich auch beweget hat / das Arabische Wort Sjehh oder Seheha, wie es Rauvv???lfius außgedrucket hat / lieber durch das Abrotanum außzulegen / als durch Absinthium vulgare oder durch Absinthium Seriphium, weilen / wie gesagt / ein mercklicher Unterscheid an der Form nicht allein da ist / sondern ich auch in Persien und in Golkonda erfahren hab / daß die beyde Sorten von dem Absinthio, in denen Apothecken / nicht den Nahmen Sehehh oder Seheha, sondern den Nahmen Assintien, welches von dem Griechischen gezwungen ist / führen / und also zu Kauff sind. Wie dann Avicenna denselselben auch so nennet; und ist das Absinthium Seriphium bey denselben meistens gebräuchlich / welches man auch allein dorten in denen Apothecken findet. Von dem Catsio und der Palmeira Brava hab auch schon in meinen vorigen Briefen Meldung gethan / und was des letzten Nomenclatur betrifft / so viel Eröffnung gegeben / als Mein Hochgeehrter Herr durch Monsieur de Vicq verlanget hat. Weßwegen jetzo nur noch wegen des Telingasischen Nahmens Tati-thittoe welcher in dem bewusten Tractätgen auch gesetzet wird / oder Tati-manoe nur noch dieses errinnere / daß das Wort Tsittoe oder manoe in dieser Sprache eigentlich einen Baum bedeute / und ist das Wort Tati ein genitivus von Tadoe, wormit diese Palmeira eigentlich in dieser Sprach benahmset wird; worbey auch dieses noch zu wissen ist / daß die 3. Puncten als so unter dem d oder t stehen / allein zu diesem End von mir dabey gesetzet worden / damit dadurch angezeiget werde / daß die beyde Buchstaben auff eine lispende Art mit Anschlagung der Spitz von der Zunge müsse außgesprochen werden. Von dem Campher oder lieber Kafoer Baros ???ab einige wenige Blätter von der West-Küst bekommen / worvon die Helfft zu Meines Hochgeehrten Herrn Speculation und besserer Entscheidung hiermit eingeschlossen kommen / damit derselbe aus der Gestalt der Blätter den Baum desto eher erkennen möge / welcher sich sonsten auch durch den Geruch der Blätter selbsten offenbahret / wann man dieselbige nur ein wenig zerreibet / absonderlich wann sie noch frisch sind. Sie haben darbeneben auch einige Blätter und ein Aestgen von dem Japanischen Campher-Baum / so von dar überbracht und in des Edlen Herrn Outschoorn, eines Raths von Indien / Garten gepflantzet ist und mit dem Stamm und Aesten ohngefehr 2. Männer hoch ist / zu empfangen. Von diesem Baum werde eine Beschreibung auffsetzen / so balden Er die Blum und Früchte tragen wird / dafern ich das Leben haben und allhier auff Batavien bleiben werde / welche alsdann Meinem Hochgeehrten Herrn auch zusenden will. Von dem Benzoin-Baum bekommt Mein Hochgeehrter Herr auch ein Blat / so gut und schlecht ich es bekommen hab / und hab nur noch eines davon behalten / welches nicht besser als dieses ist. Ingleichem wird man dabey auch ein Nüßgen von demselben Baum finden / von welchen auch nur eines behalten / so außwendig noch mit einer Rinde / beynah wie die Acker-Nüß / umbgeben ist / und hab ich verstanden / daß die Blume weiß seye / welches ich zu guter Anleitung in fernerer Auffsuchung dieses Baumes zugleich gedencken wollen. Nicht weniger theile Meinem Hochgeehrten Herrn auch einige Thee-Früchten mit / wel [15] che mir ein bekandter Jesuit / P. Couplet verehret hat / und zwar auch hiemit die Curiosität zu vergnügen / dafern man in dero Raritäten-Cabinet noch nicht damit versehen wäre. Aus meinen vorigen Briefen kan Mein Hochgeehrter Herr schon ersehen / daß ich Dieselbe sehr gern excusiret halte / auch allzeit halten werde / wann Sie das so herrliche und vortreffliche Werck zu beschleunigen / meinem Begehren nicht so gleich ein Genügen leisten können / worauff nur nicht zu regardiren bitte / wann es nicht ohne viel Zeit-Verliehrung geschehen kan. Indessen contentiret mich sehr / daß Sie mir nach Gelegenheit mit einigen Beschreibungen und Antworten zu dienen erbötig sind / welches alles zu dero Belieben und Gutachten stelle / der ich zum höchsten beklage / daß Meines Hochgeehrten Herrn Leibes-Constitution nicht fester ist / welche doch / wie ich hoffe und wünsche / so lang wohl dauren wird / daß das so berümbte Werck zu seiner perfection kommen möge / durch dessen Hinterbleibung das gemeine Beste gar zu viel verliehren solte / und wäre der Schade von so vielen seltzamen und ungemeinen Dingen / welche Mein Hochgeehrter Herr erfunden hat / nicht wohl zu repariren; weßwegen Mein Hochgeehrter Herr sehr wohl thäte / wann Sie solches / ohne sich von etwas distrahiren zu lassen / so sehr beschleunigten / als es überall verlanget wird. Laut vorgezeigter permission, so Mein Hochgeehrter Herr dem Kauffmann Herr de Vicq, meinem Special-guten Freund / gegeben / haben sie sich auch nicht schwürig erzeiget mir die Beschreibungen von dem Mußcaten-Nußbaum / wie auch des Sagu-Baumes zuvergönnen / wofür ich obligirt bin. Ich riethe aber / daß Mein Hochgeehrter Herr wegen des letzteren sich etwas weitläufftiger explicire / absonderlich was die Nutzbarkeiten / alle Sorten der Speisen / so daraus gemacht werden und andere dergleichen historialia anlanget / welches die Liebhaber in Europa sehr contentiren würde / und solches destomehr / wann alles mit dessen Figuren gezieret und erläutert würde / welche Meinem Hochgeehrten Herrn nicht fehlen werden. Die Art des Sagu-Baumes ohne Dörner / dessen Mein Hochgeehrter Herr gedencket / hab ich auff Bantam auch gesehen / und wie ich bericht bin worden / so wird dieser Baum dorten auch in den Gebürgen gezogen und zu Deckung der Häusser gebrauchet. Sonsten hat mir gemeldter Herr de Vicq weiter nichts mehr eröffnet / der ich durch communication Meines Hochgeehrten Herrn künfftig ein mehrers haben werde. Was die Beschreibung des Nägel- und Mußcaten-Baumes / so durch Herrn Boudens soll auffgesetzet seyn / anlanget / davon habe noch nichts zu sehen bekommen / und scheinet / daß Er damit hinter dem Berg halte / weßwegen auch nichts davon sagen kan. Vor die Verehrung der Königs-Nägelein / welche Mons. Boudens benebenst der tuberum fungosorum oder fungo tuberum mir sicher überbracht hat / sage Meinem Hochgeehrten Herrn schuldigsten danck und zwar nach der Würde solcher rarität / die zu Meines Hochgeeheten Herrn Gedächtnus auffheben / auch abreissen werde / sobald die Gelegenheit mir einen guten Mahler gönnen wird / der alles sehr klar und kennlich weiß abzureissen; dergleichen Menschen vor etlichen Jahren in meinen Diensten gehabt habe / welchen doch wegen seiner brutalen Trunckenheit nicht wohl dulten konte / weßwegen Er nun schon vor einem Jahr wieder in das Vatterland gereisset ist: daß ich also dißmahlen eben so wohl / als Mein Hochgeehrter Herr damit nicht versehen bin; wiewohlen ich höre / daß derselbe mit dieser Gelegenheit wieder einen bekommen werde / da sie dann mit der Abbildung der noch restirenden Kräuter unverhindert fortfahren können. Die 3. Sorten der Königs-Nägelein hab ich einem bekandten Majoeda, einem von den Ternatanischen Großen / allhier gezeiget / welcher mich versicherte / daß diese 3. Species an einem Baum wachsen sollen / in dem sie sich nach dem Alterthum von Zeit zu Zeit veränderten / da dann der Ambonische Baum auch zuletzt rechte Propff-Reißger / ja auch endlich die Nägelein von der Mandarsjasischen Figur / so die Vollkommenste von allen ist / hervorbrächte: darbey fügend / daß ein Vogel die Ambonische Nägelein solle gepflantzet haben / welche endlich durch die Verwechselung in die rechte könten verwandelt werden. Von dem rothen Sandel hab ich in meinem vorigen auch einen grossen und breyten Discurs angestellet / darinnen auff alles daßjenige / was Mein Hochgeehrter Herr von mir begehret / so viel Oeffnung gegeben / als mir möglich gewesen / auch meine wenige Erfahrung mit sich bringt / sambt Beyfügung eines kleinen Stückleins von dem Holtz / welches zu Golkonda in der Apothecken bekommen hab; weßwegen mich auf gedachten meinen vorigen Brief der Kürtze wegen referire, ausser daß hier en passant noch erinnern muß / wie mich sehr wundere / daß Mein Hochgeehrter Herr in seinem Schreiben beliebe vest zustellen / daß die alte Araber das rothe Sandelholtz von der Africanischen Ost-Küste und denen darumb liegenden Insulen / absonderlich Madagascar geholet hätten / da doch die Arabische und Persische Scribenten / so von den Simplicibus handeln und mir zu Gesicht gekommen sind / alle einmüthig bekennen / daß der rothe Sandel auß Indien in Arabien gebracht werde. Was aber die kühlende qualität dieses Holtzes anlanget / so kan dieselbige so groß nicht seyn / als sie angerühmet wird / [16] wie Fr. Redi, ein berühmter Experimentalist des Groß-Hertzogs zu Toscana, noch kürtzlich in einem sichern Tractätgen von vielen Simplicien / die auß Indien kommen und einen grossen Nahmen wegen der Krafft haben / gezeiget hat / welches ich in einem von den jüngsten Journaux de Sçavans angemercket habe; wie mir dann auch dasjenige / welches von einem Stück roth Sandel / so der König von Macassar hat oder haben solle / und wie in meinem vorigen Brief gemeldet / auff der Insul Timor fallen soll / gesaget wird / sehr fabelhafftig vorkommet / daß es nemblich / wann man solches in einen Topff voll siedend-heiß Wasser / so eben von dem Feuer komme / werffe / dasselbe in einem Augenblick zu seinem natürlichen Walle oder Sud gebracht werde / und daß man verschiedene Proben davon genommen habe. Dergleichen wunderbahre Kräfften / so grossen Ruff und Geschrey man auch davon machet / finden bey mir zum wenigsten so leicht keinen ingress, solang ich den sichtbahren Effect nicht sehe oder eine unzweiffelbahre Nachricht davon habe. Vielleicht dörffte auß meinen Adversariis eine Beschreibung davon auffsetzen / wobey auch der Abriß eines Aestleins kommen soll / so beyde an Meinen Hochgeehrten Herrn senden werde / sobald ich auß dessen Antwort / auff meine vorige Bitte / den Bericht wegen allen Bäumen / die ein Drachenblut geben / empfangen werde; zumahlen jetzo solches mir unmüglich fället / indem gegenwertig meine Hände voll zuthun habe / den entworffenen Contract zwischen der Compagnie und dem König von Bantam und Ternaten zu vertiren / welches ein operos und langweilig Werck ist / so grosse Meditation und Kopffbrechen erfordert / umb alles / nach dem Lauff der Malayischen Sprache / in eine fliessende und mit dem Holländischen gleichlautende oder gleichgeltende Redens-Art zustellen. So bin ich auch gesinnet noch einige Zweiglein von dem rothen Sandel-Holtz auß Coromandel zuverschreiben / deren Mein Hochgeehrter Herr auch theilhafftig machen will / sobald deren nur mächtig seyn werde. Der Nahme des Calami Aromatici, so eigentlich ein wohlriechendes Ried bedeutet / zeiget von sich selbsten gnugsam an / daß der Diringo, so ein rechter Acorus ist / davor nicht könne gehalten werden / indem der Acorus keine oder sehr wenige Gleichheit und übereinkommen mit einem Ried hat; wie dann der auffrichtige Calamus Aromaticus in dem Arabischen bey dem Avicenna und andern Kasab Ezzarirah, das ist / arundo aromatica, und der Acorus bey demselben Wadzj oder nach der Frantzosen Außsprach Wagj, das von dem Indianischen Wedzj herrühret / genennet wird; und ist Garcias ab Orta allein Ursacher daran / daß man den Acorum vor den Calamum Aromaticum angesehen hat / wie seine Nahmen zeigen / die alle dem Acoro eigen sind / außgenommen daß der Arabische Nahme Cassab Eldarira unter den andern allen allein auff den Calamum Aromaticum auch passe; zugeschweigen / daß Er den rechten Arabischen Nahmen des Acori gar außlässet / umb seiner Meynung etwa eine Farb zugeben und andere dadurch zuverwirren. Ich an meinem wenigen Ort habe in Persien, Soeratten und Golkonda in denen Apothecken unter dem Nahmen Hasab Ezzarirah überall einerley Specerey angetroffen / nemblich eine Wurtzel mit einem stück Stengel / worauß man klar gnug sehen kan / daß es ein Ried und also der recht-veritable calamus aromaticus seye / welches dasjenige Gewächs ist / so Paludanus an Clusium gesendet hat und in den Anmerckungen über Garz. ab Orta und pag. 201. Exoticorum abgemahlet stehet. Ich möchte gern Meinem Hochgeehrten Herrn ein Mustergen davon zukommen lassen / wann meines nicht verlohren oder verleget wäre. Indessen bin ich Sinnes ein Stück davon von Suratto kommen zulassen / und alsdann Meinem Hochgeehrten Herrn auch was mit zu theilen. Sonsten habe die lebendige Pflantze niemahl weder grün / noch mit allen ihren Theilen zu Gesicht bringen können / weilen dieselbe auff dem berühmten Berg Gato, tieff in Hindostan wächset / da meine Reisse nicht hingangen ist. Es wird aber diese Pflantze in der Hindostanischen und Decanischen Sprach Tsjirajakahh oder tsjirajekah, und im Canarynischen Tsjiraat, auff Sanskriets oder Braminisch / wie auch auff der Küste Coromandel Tsjilasaram geheissen / und ist dieselbe in denen zwey ersten Theilen des Horti Malabaric??? (welche nur allein gesehen und gelesen hab) nicht zu finden; wie dann auch die Beschreibung und der Abriß von der Cassab Eldarira, das ist / des Calami Aromatici, welche Veslingius in seinen Anmerckungen über den Prosp. Alpinum de Plantis AEgyptiacis pag. 63. auß den Exoticis besagten Alpini unter Augen geleget hat / auch wenig mit einem Ried übereinkommet / daß also dieselbige Pflantze nicht vor den rechten Calamum Aromaticum halten kan / es müste dann die schlechte Sorte seyn / deren ein Persianischer Scribent / welcher von den Simplicien gute Nachricht hat / gedencket / dessen Worte / nach meiner Ubersetzung also lauten: das Hasab Ezzarirah, das ist das Aromatische Ried / ist ein feines Ried / so dick ohngefehr / als ein Schreib-Ried oder wohl zarter; dasselbige ist zweyerley / die eine Species ist anzusehen / wie das Sesamum Kraut oder Stengel / doch kurtz / ohngefehr einer Spannenlang oder ein wenig höher: Die andere Sort ist glatt / und eben / und länger als eine Ehle / am Geschmack bitter und [17] scharff / einer grauen und bräunlichten Farb / und scheinet inwendig / wen̅ man sie zerbricht / wie eine Spinnweb; welche Species von den Bergen Kiloeb und aus den Quartieren von Indien gebracht wird / und Berkinah genennet wird / so die beste und vornehmste ist. Die andere Sort / welche dem Sesami-Kraut, gleichet / träget auf den Enden der Zweiglein einen Saamen / wie eine Kicher-Erbse / so in einem Folliculo oder Bälglein sitzet: aber dieselbe hat keine Schärffe noch Bitterkeit an sich / und kom̅t auch aus Indien, ist aber so gut nicht / wie die andere sc. Hievon ist mir allein die rechte usuale, die andere aber niemahlen zu Gesicht kommen; und kom̅t also der kleine und glatte Saame / den Alpinus seinem Kraut beyleget / gar nicht mit einer Erbsen überein / welche der Persianer des rechten oder veritablen Saamen vergleichet; anderer Ungleichheit zu geschweige / so man daran wahrnehmen kan. Damit man aber eine bessere Erkantnuß dieses Gewächses überkom̅en möge / so wil ich nach Suratto schreiben / und bey Gelegenheit allen Fleiß anwenden / daß ich beyde Species mit allen ihren Theilen außspüren möge; und wannich derselben werde theilhafftig seyn / wil M. H. H. eine gewisse Beschreibung und Abbildung davon zuschicken. Ingleichen werde mich umb ein vollkommenes Pfläntzgen der Spica Nardi umbthun / welches mir auch nicht bey der Hand wächset / auch deßwegen niemahlen zu Gesichte gekom̅en ist; Wiewol Bontius vorgiebt / daß es auf Java zu finden sey. Ich glaube aber es stehe darin̅en eben so vest als mit dem Schoenantho, dafür er das Sirè oder Gramen melissae odorum hält; wie ich dann befinde / daß viele der Unserigen eben den Glauben haben / aber gantz ohne Grund / indem mir in Persien das rechte und auffrichtige Schoenanthum sehr bekant worden / absonderlich auf der Küste Choromandel, wo ich gantze Felder durchreiset habe / die mit diesem Graß / welches mit seinem Stengel ohngefehr drithalb biß drey Fuß hoch ist / gantz angefüllet waren / dessen Geruch von weiten zu spüren / absonderlich bey der Nacht / wann es thanet / oder bey Tag wann es regenhafftes Wetter ist / weilen man bey Sonnenschein und hellem Wetter keinen sonderlichen Geruch spüren kan. In Golkonda brauchen sie dieses Schoenanthum, wann es zuvor zu Pulver gestossen / ihre Hände damit zu waschen / wegen des lieblichen Geruchs / welchen das Wasser davon annim̅t; wiewohln solcher nicht länger währet / als biß sie trucken werden; indessen nimmt das Pulver auch / wegen seiner truckenen Natur / die Fettigkeit von den Händen. Es ist wol Jammer und Schad / daß an dem sehr köstlichen und herrlichen Werck des Herrn van Rheede kein guter Botanicus geholffen hat / es solte sonsten aus gantz andern Augen sehen: indem der Pater Matthaeus, welcher den ersten Grund davon geleget hat / im geringsten kein Botanicus ist / wie ich ihn dann in Persien gekant habe. So hat auch D. Casearius niemahlen in Europa einige Profession von diesem Studio gemacht / zu geschweigen / daß / wie es mir vorkommet / das gantze Werck allzusehr praecipitiret und übereilet worden / einige Figuren neben außweichn / auch die historialien von den Kräutern einmahl außgeschlossen / auf ein andermahl aber nur mit sehr wenigen berühret worden. Sonsten sind die meisten Risse sehr accurat, auch die Beschreibung darvon complet genug / daß sie auch alle Theiliger auf das kläreste außlegen. Weßwegen dann dieses herrliche Werck sehr hoch halte / und ist die gantze gelahrte Welt / dem edlen Herrn von Rheede, vor solche genommene Müye / sehr verbunden. Doch muß ich auch bekennen / daß unter seinem Nahmen viele notable Gewächse verborgen sind / welche man schon unter andern Rahmen / die unter den unserigen gehöret / oder in den Authoribus gelesen habe / wohl kennet; weßwegen dann einem Botanico noch einige Mühe übrig bleibet / alles aus der Finsternuß an den Tag zu legen / und alles unterscheiden zu können; welches einem der den Augenschein und rechte Erkantnuß der inländischen Kräuter genommen hat / nicht schwer fallen dörffte / worinnen mein Hochgeehrter Herr bestens geübt und erfahren ist: und darff ich mir wohl einbilden / daß in einigen Benennungen noch viel zu critisiren finden wolte. Allein es ist zu hoffen / daß der erfahrne Botanicus Paulus Hermanni, welcher nun das munus Professorium auf der Univesität zu Leiden mit grossem Ruhm bekleidet / und die Malabarische Länder selbsten bettelten hat / dasjenige / was an des Herrn van Rheede Wercken noch desideriret wird / zu eines jeden Vergnügen suppliren werde. Der dritte Theil von gemeldtem Horto Malabarico ist schonlang unter der Presse gewesen / und hoffe ich / er werde nun völlig heraus gekommen seyn / wiewohl hier noch nichts davon vernommen habe. Die meiste Kräuter aber / so im ersten und zweyten Theil begriffen sind / habe ich hier auf Java auch angetroffen / und solte man deroselben auf dieser Insul noch wodl mehr finden / wann ich Zeit und Weil hätte von diesem Studio allein Profession zu machen / auch einen oder mehr Javanen bey der Hand hätte / welche mir alles aus dem Wald herben brächten / wozu diese Leute / es geschehe dann durch eine höhere Authorität / nicht wohl zu bringen sind / ob man ihnen schon / wie ich offt versuchet habe / einen ehrlichen Lohn anbietet: Zumahlen die Umbschweiffung der Tieger-Thiere hierinnen auch ein grosses Hinternuß giebet / daß man die Wälder und Felder / die länge und die quer nicht durchkrichen kan; weßwegen noch im Zweiffel bleibet / ob und welche von denen anderswo benamten Kräutern aus dem 1. und 2. Tom. alhier noch zu finden seyn / als nemlich Aroatu, Marotti, Mail-ansclu, Cumelu, Canschu, Curatu-pala, Coda [18] ga-pala, Tinda-parua, Appel, Schageri-Cottam, Panel, Nedum-Schetti, Schemnam-Cottàm, Modera-canni, Peragù und Cadi-avanacù, die ich hier noch nicht gesehen / noch daß sie hier wachsen, solten / gehöret habe / woran ich doch nicht zweiffele / indem ich Java so reich von Gewächsen erfahren / daß man solche alle wohl auffsuchen könte; gleichwie ich auch einige Figuren derjenigen Bäume und Sträuchen / deren der Herr van Rheede gedacht / sambt dem inländischen und Maleiischen Nahmen zeigen kan / wovon auch M. H. Herr einen Schlüssel gemacht hat / so viel ich aus deren sehr werth-geschätzten Brief ersehen habe. Aus eben demselben höchst-angenehmen Schreiben habe auch mit Vergnügen ersehen / daß M. H. Herr das so genante Ubi Radzia vor ein Tuber, und die überirdische Außwachsung darvon vor einen fungum halte / wie ich alles in meinem vorigen Brief davor auch augesehen habe / daß wir also beyde in genere & specie dieses Gewächses einig sind; wiewohlen das Wort Ubi in diesen Quartieren von Java, Malayen &c. so weit nicht extendiret wird / daß dasselbe diesem Tuberi auch zugeeignet würde / welcher nach Bericht hiesiger Einwohner / in diesen Landen auch wachsen soll / und haben mir die Javanen diese Sort dzjamur taxis genennet / ohne Zweiffel in Ansehen des Trichter-Förmigen Schwammes / welcher einem Taxis, das ist / Calapas gleich siehet / indem einige Feuchtigkeiten dadurch gläntzen / welche von der Schwerigkeit der Nässe / in eine außgespitzte conische Höhle / deren Spitze unten stehet / außgedehnet wird. Sonsten aber haben die Maleyers allhier diesem Gewächs den Nahmen Tsiandawam Karang, das ist / Stein-Fungus gegeben / (dahero solcher im Lateinischen auch Fungus lapideus infundibuliformis könte heissen) und solches zwar entweder wegen der Stein-fornigen Knollen / oder weiln dasselbige zwischen den Stein-Ritzen unten an den Füssen der Bäume seinen Wachßthum hat / und ist mir ein Bandanischer Meister vorkom̅en / welcher dieselbe in seiner Sprach Koelat rararu, d. i. einen tieffen oder hohlen Schwam̅ / nennte / und versicherte / daß man dergleichen an alten abgelebten Bäumen finden würde / und hielte sie vor ein besonder Medicament; So wissen auch die Baliers und Javanen allhier noch von einem sichern Fungo-Tuber zu sagen / welcher dzjamor radzia oder dzjamor Aorsi, d. i. Königs-Schwam̅e / genennet wird / und ein weisser fungus in forma coni sey / so oben einen Topff wie eine Feuer-Glocke oder Quitten-Apffel trage / auch so weit seye wie ein gemeines Schild: welcher vor ein grosse delicatesse gehalten / und sowohl in deren Absicht / als auch wegen seiner Grösse vor ein Königlich Geschlecht unter allen Schwämmen gehalten wird / wovon etwa weitläufftiger handlen werde / sobald solchen mit eigenen Augen werde gesehen haben. Inzwischen bedancke mich zum allerhöchsten nicht allein wegen der zugesandeten Tuberum fungosorum oder Fungo-Tuberum, sondern auch wegen des mitgetheilten Berichts / welchen M. H. H. seinem werthgeschätzten Sendschreiben einverleibet hat; werde es mit den einzeln Knollen eimnahl probiren / und wie berichtet worden / in die Erde setzen / umb zu sehen / ob solche alhier dergleichen Trichter-förmige fungos ausstossen werden / wovon den Erfolg zu seiner Zeitmeinem hochgeehrten Herrn nicht verschweigen werde. Unterdessen solte ich dafür halten / daß zwischen den schlechten und Frucht-tragenden Erd-Knollen und den knollichten Wurtzeln / so Stengel / Rancken / Blätter sc. tragen / (inter terrae tubera simplicia, aut terrae tubera frugifera, & inter radices tuberosas) ein grosser Unterscheid zu machen sey / auch deßwegen das Tuber Regium, oder M. H. H. so benahmte Ubi radzia, so eigentlich ein Tuber frugiferum ist / von der radice Chinae, so eine gantz andere Art oder genus hat / sehr differire / dessen Wurtzel in der hoch-Sinesischen Sprach Hok-lin, und in der Mandorinischen Sprach Folim heisset / wovon die Chineser in ihren Herbariis und andern von denen Simplicibus handlenden Büchern zwey Species setzen / nemlich die rothe oder Tu-fo-lim, und die weisse oder Pe-fo-lim, welche letztere vor ungleich besser / als die rothe geschähet wird / auch deßwegen theurer ist. Ich hatte vor diesem durch Vermittelung des Herrn Theodori Sas, Diener des Göttlichen Worts allhier / (so den freyen Künsten sehr günstig / auch ein curieuser Mann ist / und die Correspondenz auf Maca unterhält) dieses Gewächß beschreiben lassen / welches endlich auch so weil bekommen hab / daß nicht allein ein Stück von der Rancke oder Zweig / mit einer groben Abbildung oder kurtzen Beschreibung / sondern auch das lebendige Kraut selbsten in einem Topff anhero überbracht worden / welches gedachter Herr-Pfarrherr dem Herrn Cleyer übergeben / da hergegen mir die Rancke, so länger als ein Faden war / zu theil worden / welchen doch nichts geachtet habe / weilen ich vermeyne / daß / weilen wir nun das Kraut hier grünend hätten / ich zu allen Zeiten frische Blätter und Zweige daran haben könte: Allein ich hab mir die Rechnung sehr übel gestellt / indem kurtz hernach / wieder alles Vernuthen / nacher Bantam commandiret wurde / auch die Abreise des Hn. Cleyers bald hernach folgete / da immittelst dieses Kraut abgegangen / ehe es zur perfection gekom̅en / wie ich bey meiner Wiederkehr mit gröstem Unmuth erfahren habe: wodurch mir dann nicht allein alle Hoffuung benommen worden / an statt der verwahrlosten Reben eine neue zu bekom̅en / sondern hab auch also zu keiner vollkom̅enen cognition und Erkantnuß dieses Gewächses mit allen seinë Theilen kom̅en / vielweniger einigen Riß oder Beschreibung davon stellen kön̅en / welche sonsten mitgetheilet hätte. Damit aber doch M. H. H. so viel als möglich ist / mit einem nähern Bericht dieser so gebräuchl. Pflantze gedienet werde / so [19] sende ich hiemit die vorgemeldte Macausische Figur in Originhal, benebenst einem Stück von der Rancke / welche etwas plumb gerissen ist / da hergegen die Blätter ziemlich wol gleichen / wie mich wol besinnen kan / woraus man noch genug schliessen kan / daß die radix Chinae ein species von Ubi seye / weiln die Blätter und Reben sehr wohl mit denjenigen accordiren / so von einem gewissen Ubi hutan, welchen ich einßmahls in dem Wald gesehen hab / herrühren / welches die vorgemeldte kleine Beschreibung auch außweiset / welche im Lateinischen von Wort zu Wort also lautet / wie sie der Pater, so dieses alles anhero gesendet hat / selbsten beschrieben: Radix Sinica, aut, ut dicunt alii, Lignum Sinicum, non est arbor, sed quidam ramus, qui longè lateque serpit per terram, habetque quasdam manus seu fila, ??? intelligit Author capreolos, quos claviren vocant, ut pictura monstrat. quibus terram apprehendit illique intimè adhaeret, (sicut ferè habet vitis, quibus serpit per sustentacula) qui ramus quamvis tenuis durus est & flexibilis sicque serpens per terram projicit frequentes & exiguas radices, in quibus nascitur radix, de quâ loquimur, quae crescit magis minusvé, pro ratione soli, magis aut minus proprii, aut temporis, quo in eô fuit. Iste modus excurrendi per terram ferè posset comparari plantae, quam Indi vocant Batata. Folium ??? Dieses ist dasselbe / welches hiemit kom̅t. mitto pictum, ad vivum simulque ramum siccum; Praecipua ejus virtus, quantum potui cognoscere ex Medicis Sinicis, servit iis, qui laborant morbô Gallicô. Ponunt pondus unius unciae aut risaldae aut aliquid amplius, in duobus poculis aut curadis aquae, fervereque illam sinunt, usquedum redigatur ad unum poculum & bibunt illam calidam, praesertim manè, ut melius sudorem provocent & per diem uti possunt eadem aquâ aut calidâ, aut subcalidâ, aut etiam frigidâ, nec utuntur aliö potu, & ita continuant ad 15. 20. aut 25. dies. Illam radicem faciunt in frustula, antequam ponant in aquam. Habet etiam vim in iis, qui habent membra malè affecta à frigore, quae non benè moveri possunt, quem morbum Hispani vocant Corrimiento. Aliqui Podagrâ affecti reperêtunt in isto potu singulare levamen. Putant Sinae magis notam virtutem, istius radicis, nostris Europaeis, quàm sibi: Qui istum potum bibunt, comedunt carnem assatam, panem bis coctum: vult enim sicca & absumitur ab eduliis & fructibus. Quando ista radix est viridis, ponunt duplex pondus in quantitate aquae suprà assignatâ, quia non est efficax viridis, ut sicca. Planta est Sylvestris & nascitur in solô siccô & durô; fortè cura & cultus eirca illam eam faceret vegetiorem. Vas fictile, quod mitto, habet istam plantam, quam post duos aut tres digitos terrae reperies cum suis radicibus. Quod mihi placuit in ea, fuit, aliquas radices, teneras & novas incipere pullulare: istudque me movit ad abscindendum ramum, qui fortè excurrebat ad decem passus, putans fore, ut, antequam Bataviam perveniret, det novum. Non facilè credit vestra dominatio, quâ diligentiâ opus fuerit ad id inquirendum. Und hiermit endigt nun dieser Pater, und ist also alles was zur Erlenterung dieses Krauts Meinem Hochgeehrten Herrn mittheilenkan. Solte ich künfftig hin noch wähern Bescheid und Eröffnung davon überkommen / so werde nicht ermangeln damit ferner zu dienen / worauff sie sich desto mehr verlassen können / je steiffer mir vorgesetzet / Meinem Hochgeehrten Herrn künfftighin in geringsten nichts zu verheelen. Sonsten aber hab von vieser radice Chinae auch den P. Martinium nachgeschlagen / und bey demselben befunden / daß unter dem Nahme folim, so der gebräuchlichen radici Chinae gemein ist / auch ein gewisse Tuber angezeiget werde / welche eigentlich die hiebevor gemelte Pae-fo-lim ist / und mit ihrer ubi radzia eine grosse Gleichheit hat / ausser daß sie keine fungos hat / so viel als ich hab erfahren können: daß also Mein Hochgeehrter Herr darinnen keine unebene Vergleichung angestellet hat; Wiewohlen sonsten ein simplex Tuber von einem Gewächs / so Blätter / Blumen und Früchten träget / mehr unterschieden ist / als daß beyde / ceu Species, unter ein Genus könten gestellt werden / wie hierbe vor schon angemercket habe. Die gemeine und gebräuchliche radix Chinae aber wird bey den Chinensern Tu-fo-lim, das ist / rothe Folim geheissen / weilen das Fleisch daran etwas röthlich ist / da hergegen die andere so ein Tuber ist / Pae fo-lim / das ist / weisse Fo-lim heisset / weilen das innere Fleisch weiß ist / bey nahe als Tabar-Erde / welche diese Nation vor ein sehr köstlich Medicament und deßwegen sehr hoch am Wehrt hält / indem sie dieselbe gegen zweymahl so schwer Silber verkauffet / und habe ich kaum mit grosser Müh das Klümogen / so hiermit kommet / angetroffen / da ein Stück von der Schaal an ist / die an der Farb dunckelbraun / sehr runtzelicht / und dem Ansehen nach viel holtzigter oder wurtzelhafftiger ist / als die Rinde / von Meines Hochgeehrten Herrn Ubi radzia, welche auch steinachtiger und grauer außsiehet. Das Fleich von dieser Sinesischen Tuber ist dicht auf einander gesetzet / und nicht schwammicht / wie P. Martinius irriger Weise vorgiebt / zugleich auch weiß und bißweilen etwas graulicht / sonder einig besondern und außwendigen Geschmack / doch ein wenig schleunicht im Käuen und nicht so trucken / als das Fleisch an der Ambonischen / und ist die innere substanz der Sinesischen der weisen Seiff-achtigen Spanischen Erde gleich / womit die [20] Frauen in Persien ihre Haar waschen / und deßwegen Gil Ser Sjuvvi, das ist / Haupt wasch Erde / nennen. Diese Tubera nun / sind nicht regulirter / sondern vielerley Form und Gestalt / nemlich rund und langlicht / doch gnollicht und zuweilen so groß als ein Man̅s-Kopff / wie ich an einem Stück / das mir gewiesen worden / abnehmen können. Doch hab ich noch eine andere Art Tuber angetroffen / deren Laubwerck un̅ Stengel mit der gemeinen radice Chinae übereinkommt / und weilen das Fleisch / Farb / Geschmack und andere Qualitäten beyde auch gemein haben / könte man sie wol unter ein Genus bringen / zumahlen die Kräfften in der Medecina auch einander sehr nahe kommen. So habe auch unter den Chinesischen Tubera, die mir vorgekommen sind / eine gefunden / in deren Hertz ein höltzern Splittergen war / woran die schleimichte Materie sonderlich zu spüren; wie dann auch im Fleisch der andern Tuberum dergleichen Splitterlein angetroffen habe: an welchen wie an der ubiradzia auch Augen zu sehen sind / wen̅ man sie voneinander bricht / welches desto leichter geschehen kan / so gar daß diejenige Knollen / die von meinem hochgeehrten Herrn bekommen / und unter einen Baum gesetzet hatte / in etliche Klämpergen zerfallen sind / ohne daß noch zur Zeit ein fungus daraus gewachsen oder auch ein Steinächtige Rinde daran zu sehen sey / welchem aber noch Zeit zu lassen ist. So habe dann nun M. H. Herrn werthestem Schreiben in allen Theilen punctuel geantwortet / und ist nichts mehr übrig / als daß ich sehr gewünschet hätte / daß meine Reise nacher Osten / in Qualität der zwenten Person / in der Commission des Hoch Edlen Herrn Commissarii und Gouverneur Padbrugge ihren Fortgang genommen hätte / umb die grosse Ehr zu haben / meines hochgeehrten Herrns gelahrte Compagnie und dero experimentirten Kantnüß / welche so profitabel und vortheilhafftig vor mich zu seyn erachte / eine zeitlang geniessen zu können; allein die Veränderung Ihro Hochmögenden desseins und die Verwechselung meiner Wenigkeit zu der zweyten Person in der Commission nach Macassar, hat den effect von diesem so sehr gewünschtem Glück verhinvert / und gehet mit dieser letzten Versendung doch noch gantz schläffrig: glaub auch / daß mein Verbleiben allhier auf Batavia noch eine zeitlang dauren soll / daß also in diesen zweiffelhafftigen Zeiten man nichts fest stellen kan / und fast in allem unsicher bleibet; und obwol unsere Zusammenkunfft sobalden / wie es scheinet / nicht zu hoffen sey / so will doch daran nicht gäntzlich verzagen / weiln nach dem gemeinen Sprichwort Berg und Thal zwar niemahlen / doch aber Menschen wol zusammen kommen können: Weßwegen hoffe daß die Zeit und Gelegenheit uns schon nochmahl zusammen fügen dörfften / daß ich alßdenn die Vergnügung haben könne / M. H. Herrn werthen Gesellschafft zu genieffen. Inzwischen aber wollen wir unsere Freundschafft mit Briefen suchen zu unterhalten / und dadurch unsere discursen fortführen / worinnen ich an meinem wenigen Orth nichts werde ermangeln lassen / so viel die Gelegenheit und disposition der affairen un̅ andern Umbständen zulassen wird. Eines hätte bald vergessen / nemlich des Hagedorns / der hier und dar auf den Gräntzen dieser Stadt gepflantzet ist. An diesem befindet man nun / daß wan̅ er zu groß wird / sich nicht wol zu einem Zaun schicken will / weil alle Stöcke davon zu dick und gar zu hohe Stämme bekommen / und alßdann mit den andern keine gute Zusammenfügung machen. Sonsten wird dieser Baum in grosser Menge auf den hiestgen Insulen gefunden / welchen ich mit einem zusammen gesetzten Wort Rhamno-Morus oder Rhamno-Rubus nenne / weilen seine virgae oder Ruthen mit ihren Dornen und Blättern dem Rhamno und die Früchte den Beeren des Mori oder Rui gleich sehen / und dörfften zum wenigsten auch eine verwandte Sort mit dem Baum Tatai-iba seyn / welchen Piso pag. 163. und Marcgravius p. 119. in etwas beschreiben und abbilden / welcher allein hierin̅en von diesem Dorn / so auf Bataviä stehet / differiret / daß die Blätter nicht subtiliter serrata, wie Piso, noch simplicirer serrata, wie Marogravius spricht / anzusehen / sondern unzerschnitten und unzerkerbet / auch die Früchte von diesen nicht gantz weiß oder bleich / sondern gelb scheinen / und zeigt auch weder des Pisonis noch Marcgravii Figur und Abbildung einige Zerkerbung und Zackichkeit der Blätter / absonderlich die so auf der rechten Seiten stehet / da die andere auf der lincken Seiten aus der Beschreibung scheinet zusammen gesetzt zu seyn; Solten nun ermeldte Authores sich in der Zerkerbung dieser Blätter und bleichen Farb der Beerlein verlauffen haben / welches einige auch an andern Gewächsen geschehen zu seyn in acht genommen haben: so dörffte nicht zweifflen / daß der Brasilianische und dieser Dorn eben eine Species von Bäumen seyn / welchen die Maleyer und Javanen allhier Kudrang nennen / und so wohl hier als dorten zum gelbfärben gebrauchen / worzu die Wurtzel und das Holtz / wenn es alt worden / angewendet werden / und kommt ein Stück / so darzu bequem / welches sie klein raspen oder schneiden / wenn sie sich deßen bedienen wollen / auch so lang in Wasser kochen / biß sich die Farb recht hervor thut / da sie dann die Brühe durch ein Tuch seigen / das durchgelauffene und noch heisse Wasser mit Alaun schärffen / und mit Stecken [21] so lang arbeiten / biß die Farb hoch genug worden ist / auch gnugsam angeschlagen hat. Dieses ist also der Gebrauch dieses Gewächses / dessen völlige Beschreibung auch wol beyfügen wolte / wann ich nicht versichert worden wäre / auch M. H. Herrn glaubete / daß es dorten auch wachsen thäte. Bey dieser Occasion aber möchte ich hertzlich wünschen / daß vermittelst Meines Hochgeehrten Herrn Bestellung und Zuthuns mit einem exacten und umbständlichen Unterricht versehen werden könte / auf was Art und Weiß die Tinctur aus dem Saamen der Galuga, so man sonsten allhier die Ambonische Casamba nennet / gezogen werde / und wie man damit im färben verfahre / benebenst allen Particularitäten / die noch darbey müssen in acht genommen werden / indem mir allhier noch niemand vorgekom̅en ist / welcher die rechte Wissenschafft und Handelung davon habe / und mich darinn vergnügen könte. Sonsten scheinet aus dem Pisone pag. 133. daß derselbe Baum auch in Brasilien unter dem Nahmen Urucu bekant sey. Könte ich dessen theilhafftig werden / so wollte Meinem Hochgeehrten Herrn hergegen mit einer accuraten Beschreibung / wie der Indigo gepflanztet und die Tinctur daraus gezogen werde / auch wie man damit im Blau Färben umbgche? alles aus meiner eigenen Observation zusammen gestellet / mittheilen / welches jetzo der Herr Cleyer / deme es fteywillig communiciret habe / mit nacher Japan genommen hat / als ich eben zu Bantam war. Sobald aber dieselbige Schafft wieder bekomme / werde ein Copie darvon übersenden / und glaube ich / daß es Meinen Hochgeehrten Herrn zu ferner Speculation dienen könne / ob nicht das Indigo-Gewächs eben sowol in Ambonia / als hier rund umb Batavia grünen könne? welches im recht Malleiischen Sarap, auff Macassarisch Taroe, auff Balisch Tahum, auff Javanisch Tom doch ???eigentlich die Tinctur oder Färb-Species davon auff Maleiisch &c. Nila und auf Manangkabosisch auch Tarom heisset. Weilen mir im übrigen noch etwas Zeit vergönnet wird / so muß diesen Brieff noch mit einigen Fragen und Materien erlängern / welche also ohne Ordnung vorbringen werde / wie sie mir in den Sinn kommen werden; und zwar erstlich möchte ich wohl wissen / wofür Mein Hochgeehrter Herr folgende Gewächs / so in dem Bontio angeführet werden / halte? oder was vor Speculationes und Muthmassungen sie darvon machen? Bittend zugleich von jedem ein Zweiglein mit Blättern / Blumen und Früchten / umb jedwede wohl zuerkennen / als da sind: Fraxinus Indica, Planta spinosa in cognita, cujus fructus manibus triti foetidum edunt odorem, Sambucus Indica, duae Species Tangomae, Beccabunga, Nasturtium aquaticum, Mangam fructus apud Javanos sacer, Champidaca, die er nicht kennet aber vor einen Baum hält; item Arbor Mangianam, Cardamomum Majus hyacinthi flore, Veronica Javana, Frutex Indicus in cognitus, Guananabanus und Lysimachium Indicum: welche alle oder zum wenigsten die metste etwas dunckel und zweiffelhafftig beschrieben und angewiesen / auch indistinct mit ihren Figuren abgebildet sind. Hierbey soll Mein Hochgeehrter Herr auch ein Stück von dem wohlrichenden Holtz finden / welches auff Hindostanisch / Braminesisch / Malaisch und Javanisch Dewadarne, das ist / Götter-Holtz heiset / und sehr nahe deß Avicennae Diwadaar seyn dörffte / wiewohlen dieselbe mit der gestalt / Blätter und Früchten mit dem Fichten oder Siebe-Baum gantz nicht überein kommt. Doch dieser Irthum wird bey ihm und andern Arabischen Scribenten / so von denen Simplicien haudeln / offters in Beschreibung derjenigen Materialien / so aus Indien kommen / begangen. Unterdessen ist dieses Holß / wegen sonderlichen Kläfften in der Artzney-Kunst sehr berühmt / und brauchen es die Perser und Araber sehr fleistg. An diesem Stücklein kan Mein Hochgeehrter Herr ersehen / ob es auch dorren bekandt seye. Zugleich hat Mein Hochgeehrter Herr hierbey einige Früchen der Sphaerularum Saponariarum zu empsangen / welche auff der Ost-Küste von Java und vielleicht auch in den Ost-Ländischen Quartien wachsen soll / welche sie gebrauchen das Haupt damit zu waschen / auch hier und an andern Orthen / an statt der Seiffen dienen / umb die Sarassen uud andere krause Kleider / so die gemeine weise Seiffe nicht vertragen konnen / sondern dadurch die Farbe verlieren / damit zu saubern. Solche Sphaerulae Saponariae fallen zwar auch auf der Küst Coromandel, so aber doch nicht so groß / als die Javanische sind / auch schwärtzer und mehr eingeschrump als diese / und wachsen immer 3. Beeren an einander / mit haarichten Fästein zusamen gefüget. Von den Coromandelischen habe jetzo keine bey der Hand / wolte sonsten auch damit gedienet haben. Ich dörffte fast dafür haltel / daß Monardes, so dieser Früchten auch gedencket / in der Gestalt dieses Gewächses sich geirret habe (wie ihm auch bey andern wiederfahren ist) indem er einen niedrigen Baum daraus machet / und die Blätter dem Filici oder Fahrenkraut vergleichet: da doch dieser Baum auff Coromandel hoch und schwer von Stamm ist und ein langes Blat / ohngefehrein und ein halbe Hand lang und ein und ein halb oder zwey Zoll breit / hat. Sousten kommet die Beschreibung der Früchte mit dem Javanischen noch ziemlich überein / indem er auch 3. aneinander setzet / welches er vielleicht aus anderer Relation erfahren. Oviedus sagt / daß es hohe Bäume seyn / vergleichet aber doch die Blätter auch mit der Filice in diesen Worten: Folia Filicis nonnihil referunt, licet minora sint: Es bleibet [22] aber allhier in dubio, ob dieses Wort minora von den Blättern deß Fahrenkrauts oder deß Baumes Blätter zu verstehen seye? und zeiget das Wort nonnihil an / daß die Gleichheit beyder Blätter nicht gar groß seyn müsse; wie sonsten die Spanier und Portugiesen / in Vergleichung der Indianischen un̅ Europaeischen Gewächsen sehr unglücklich und selten accurat sind. Also wil Clusius auch noch nähern Bescheid von der Frucht geben / wann er pag. 42. 43. Lib. 2. Exot. schreibet / daß er zwey zusammen auff einem Stiel bekommen habe; Ob ich nun mich wohl besinne / daß ich vor diesem auff vorbemeldten Küste an einem gantzen Baum auch wohl einige mit 2. Körner an einem doppelten Stiel angetroffen habe / so sind doch / wie oben gesagt / gemeiniglich der Früchten drey an einem grossen Stiel; wie dann auch Bauhinus schreibet / daß 3. gegen einander stünden / und scheinet / daß nicht allein des Bauhinii Früchte / welche er vom Platero bekommen / und von den nigris & rugofis gewesen / sondern auch Clusii, so von den fuscis gewesen / auch an ihrer Grösse besser mit den Coromandelischen als andern übereinkommen. So hat auch Bauhini Beschreibung mit den Blättern eine bessere Gleichheit mit dem Coromandelischen Baum / indem er solche mit den Blättern des Pfersing-Baums vergleichet / worinnen fast der gröste Unterscheid / indem die Blätter von den andern Seiff-Beerlein nicht außgespitzet / sondern überall breit sind / ausser daß sie nach dem Stiel zu etwas länglichrer schärffen / wie aus dem Abriß des Zweigleius zu ersehen ist / welchen aus Mangel eines Mahlers / jetzo nicht kan abcopiren lassen / umb M. H. Herrn mitzutheilen; welches aber doch auf eine andere Zeit geschehen soll: Wiewohln solches ohnnöthig seyn dörffte / wann sich der Baum auch dorten finden solte. Die Früchten dieses Baumes nennet man sonsten gemeiniglich hier auf Batavia Bowal lang’ ir, weilen nehmlich die Einwohner ihre Häupter damit waschen / it. Sabon dzjaxan, das ist / Gewand-Seiffe / weilen sie auch ihre Kleider damit waschen / die Malabaren auf der Küste Coromandel geben diesen Beerlein den Nahmen Ponnanga- ja und die Telingaser Kunkudu-Kaja, gemeiniglich Konkre-Kaja, nach der gemeinen pronunciation. Die Maleyêr von Patani und von der Gegend heissen dieselbige Bowaz Perkam, die Javaner Bowaz Lanak, und die Siamer Dikowe. In dem Hjndoestanischen und Deganischen heissen sie / Uten; welches mich veranlasset / daß ich muthmasse / es müsse die innere Nuß davon die retah oder eigentlicher ritah Avicenne seyn / und wol avellana Indica könte verdollmetschet werden; Wiewohl die Beschaffenheit der Frucht / so nach des Plempii version formâ papaveris, quemadmodum Indica nux ist / nicht wohl correspondiret (welches bey den Indianischen Gewächsen bey demselben nicht frembd ist) indem das Nüßgen / ausser der schwartzen Farb / als auch der Kern darinnen / so auch öhlicht ist / einer Haselnuß sehr nahe kommt / und in dieser Absicht die Benahmung Avellana Indica sofern nicht aus dem Wege gehet. Ich will aber doch nicht ehe hierinnen eiuen gewissen Schluß machen / biß die ritah Avicennae aus Persien oder Arabien bekommen werde. Nachdem ich auch versichert worden / daß der Massoey auf Siram, und nach Bericht von Macassar auch auf Selebes wachsen solte / dieses aber ein berühmter Aromatischer Baum unter andern von diesen Insulen ist; so werde ich durch meine Curiosität getrieben zu wünschen / daß durch Hülffe und Vorsorg M. H. Herrn eine curieuse Beschreibung dessen / sambt einigen Zweigen mit Blättern / Blumen und Früchten / so auffgedörret und eingelegt seyn / wie auch einigen Blättern / Früchten und Saamen à part, benebenst dessen Gummi oder Resina, bekommen könte / wodurch ich zum höchsten würde obligiret werden / indem ich sehr grossen Estime davon mache. Nicht weniger würde mich erfreuen / wen̅ ich eine gleichmässige Beschreibung desjenigen Gewächses / wovon das Rasamala oder Styrax liquida heraus quillet / nebst dessen Blätter / Blumen / Früchten / Saamen sc. durch Vorsorg und Communication meines hochgeehrten Herrn erlangen könte. Dn. Hollenias, Maleiischer Prediger allhier / hat mir einsmahlen erzehlet / daß / als hinter seiner Wohnung auf einer von den Insulen / einige Körner von dem kleinen dreyeckichten Cardamomo in die Erden geschmissen worden / ein Gewächse davon hervorgekommen sey / so bey seiner Abreise anhero allschon die Grösse von 3. Schuhen gehabt hätte / und wäre oben an dem Stengel schon ein Knopff von der Blüthe zu sehen gewesen. Hiervon möchte wohl auch eine nähere Wissenschafft / so wohl in Ansehen der Gestalt / Blätter / Blumen sc. als andern Umbständen haben / dafern M. H. Herr eine vollkommene Untersuchung davon bey Handen hätte. Inzwischen verbleibe nechst dienstlichem Gruß und Anwünschung alles Heyl und Wolfarths Meines Hochgeehrten Herrn Batavia d. 6. Iulii 1683. Verpflicht und bereitwilligster Diener
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IV. Herrn HERBERTI de JAGER Send-Schreiben / An Herrn GEORG. EBERHARD RUMPHIUM. Mein Herr! DEn dritten dieses sind mir meines hochgeehrten Herrns sehr werthe Brieffe vom 27. Sept. dieses Jahrs / benebenst den Simplicien so darbey gehöreten / zu meinem besondern Vergnügen wohl zu Handen gekommen / woraus dann auch gar gern vernommen habe / daß derselbe auch meine Schreiben vom Majo und Julio, nebst demjenigen was dabey gefüget hatte / wohl empfangen habe. Im übrigen aber halte M. H. Herrn sehr gerne vor entschuldiget / daß sie mir nicht formaliter auf alles antworten können / indem wohl erachten kan / daß man in so kurtzer Zeit / von 6. biß 7. Tagen / da man die Hände voll zu thun hat / keine Zeit übrig hat / zumahln dieselbe / fürwahr zu grossem Schaden des gemeinen Bestens / das benesicium seiner eigenen Augen nicht hat / und also alles durch andere Hände / welche man bey Nacht und Tage nicht immer haben kan / muß gehen lassen; daß ich also noch Ursache habe / M. H. H. höchlichen Danck zu sagen / daß sie noch so viel Zeit abbrechen wollen / mich mit dero lieben Send-Schreiben / zu bewürdigen; wie dann auch sehr verpflichtet bin / daß sie nicht allein die übersendete Sachen dabey fügen / sondern auch gute Hoffnung geben wollen / daß meinem übrigen Verlangen von Stück zu Stück ein Genüge sol geschehen / dessen effect künfftig hin / nach ihren Meriten sehr hoch schätzen und zugleich nicht nachlassen werde / M. H. Herrn so viel immer möglich seyn und die Gelegenheit geben wird / in allem Begehren zu willfahren / und von Botanischen Sachen so viel Oeffnung geben / als das Maase meiner kleinen Capacität / geringer Erkantnuß und Erfahrung mit sich bringen kan; wiewol M. H. H. mit besserer und grösserer Vergnügung würde dienen können / wan̅ ich allein diesem Werck / ohne einige distraction obliegen und alle addresse, wegen Auffsuchung derjenigen Materien / so ich auffstellen wollte / nach den Quartiren von India in acht nehmen könte / indem durch das Ansehen der Hoch Edlen Compagnie, auch deren Recommendation, allem punctuel nachgelebet wird. Allein ob ich mir schon desto grössere Hoffnung darzu gemacht hatte / je grössere Zusage mir M. H. H. gethan / alles von dorten zu procuriren / auch vermeynte in kurtzem meines hochgeehrten Herrns Gegenwart zu geniessen / wann die Sache ihren Fortgang genom̅en hätte: So habë doch die Veränderungen / welche so sehr in India regieren / wiederumb alles fruchtloß gemachet / und mich in meiner Meynung betrogen / nachdem die Reise so zuvor nacher Westen destiniret gewesen / nun iu eine andere nacher Osten verwandelt worden / weiln nehmlich dem Edlen Herrn Casember, Director von Persien / unter dem Titul eines Commissarii ein sicheres Werck in Persien und Suratten auffgetragen worden / so habe ich von diesem Zug / wider allen angewandten Fleiß / nicht können befreyet werden / indem man vorgabe / daß die wenige Wissenschafft der Persischen Sprach / deren ich mächtig wäre / hierzu zum höchsten nützlich / ja gar nicht zu entbehren wäre / angesehen man dadurch verhüten könte / daß uns keine Contractus in die Hände gespielet würden / welche mit ambiguen und schädlichen clausuln und formalien / wider unsere Meynung / vermischet seyn / wie vor diesem dem Herrn Crinaeus und andern wiederfahren ist; Und weiln meine geringe Erfahrung von diesen Landen darzu auch nicht undienlich gehalten wurde / so habe nicht vorbey gehen können / diese Reise auch anzutretten / zumahln dabey die qualität eines Ober-Kauffman̅s erhalten / nebst der Versicherung / daß nach meiner Wiederkunfft auf Batavien / hinfort in Ruhe und Friede solte gelassen werden / umb endlich einmahl das Studium Botanicum und Außübung der Maleiischen Sprache / durch eine Grammatic, Lexicon und Nomenclatur, aus ihren Büchern / Schrifften und neuen Observationen von dieser Sprach / (so alle in ihren eigenen Buchstaben in Druck kommen sollen) allein zu tractiren / wozu vor diesem mein geringes Talent längst angeboten hab / dafern mir die Mittel und Requisiten / die dazu gehören / suppeditiret würden / wozu sich die Edle Herren auch nicht frembd erklärten. Unterdessen habe mir wegen meines Alters / Engbrüstigkeit und schlechten Sympathie, mit der See-Lufft / Schiff-Dunst / wie auch Ermangelung frischer Kräuter / darinnen meine Speise meistens bestehet / und dann wegen der Pestilentialischen Lufft von Gamron, nebst dem übelen Gestauck der See / welcher zu solcher Zeit allda regieret / wann wir allda ankommen und bleiben müssen / nebenst vielen andern Ungemachen / welchen mau allda unterworffen ist / sehr wenig favorabels zu versprechen / daß ich / der ich so schwach bin / alle solche Stösse solte außstehen können. Ich will mich aber doch hierinnen in [24] GOttes beliebige disposition willigst unterwerffen / zumahln ich in meinem Beruff gehe / auch nicht gewohnet bin / in Ansehen eines so elenden Lebens / wegen sothaner Fällen / melancholisch zu seyn / oder die geringste Bekümmernuß über solche Dinge zu machen / welche in fatis sind / gegen welche mein Gemüth schon lang praepariret und fest gestellet habe. Inzwischen halte eine sehr genaue Diaet, abstinenz und den Gebrauch solcher Dingen / welche die Brust erwärmen / die Lufftgänge von dem Schleim befreyen / und diesem / nach dem Rath der Medicorum, und nach Erfahrenheit / welche mir von der Würckung einiger Artzneyen / in dieser Kranckheit zuwegen gebracht / und selbst erfunden habe / expectoriren; und wann dieser affect thäte / so hielte mir dieses nicht allein nicht verdrießlich / sondern vielmehr eine gewünschte Sache gewesen seyn / umb die Küsten / da so viel remarquable Sachen vorkom̅en / wiederumb einmahl zu besuchen / und von einem oder andern eine nähere information zu nehmen / als zuvor entweder die Gelegenheit oder die Gedancken zugelassen haben; von welchem dann M. H. H. auch immer so viel part geben werde / als zu derem Verlangen un̅ Speculation wird dienlich seyn / nebst dem festen Vertrauen / daß M. H. H. sich nichts attribuiren wolle / was denselben von andern mitgetheilet und zuvor von ihm selbst nicht angemercket worden; dergleichen auffrichtigen und rund-offenen Manier und Handlung sich M. H. Herr auch von mir gantz versichert halten wolle. Damit man aber sich hierinnen nicht vertieffe / und zu weit aus dem Wege gehe / so wil ich zum Werck selbsten etwas näher tretten / und die Antwort auf M. H. H. sehr angenehme Brieffe poussiren / welche sogleich nicht hat folgen können / weiln das Schiff von der vorigen Commission schon beladen und Segelfertig lag / auch das Scheid-Mahl oder Valet-Schmauß schon gehalten war / da M. H. H. sehr werth-geschätzte Brieffe mir gelieffert wurden. Indessen habe doch nicht unterlassen / nacher Bantam an einige gute Freunde zu schreiben / daß sie die Gitta Gambir, welche M. H. H. express gefordert / benebenst einig- andern / deren M. H. H. in seinem Send-Schreiben auch gedacht / auffsuchen und bald übersenden möchten: wiewohl es scheinet / daß sie dorten etwas träge gewesen sind / oder wohl gedacht haben / daß es zu spät solte kommen / weil von Tag zu Tag überall die Sage gieng / daß unsere Reise sehr nahe seye. Doch wollen sie sich damit excusiren / daß sie dorten sehr sorgfältig wegen der Zubereitung zu Beschneidung eines Königs-Sohns wären / auch die Javanen nicht so gemächlich an die Hand zu bringen / noch so dienstfertig wären / daß sie sich sofort auf einen Sprung verschicken liessen / obwohl es Zeit genug gewesen / das erste bestellen zu kön̅en / indem aus Erwartung der Brieffen der 29. Nov. noch herbey kommen ist / ehe wir unter Seegel gegangen sind / welches doch wieder alles Vermuthen geschehen / sonsten ich auf Batavia noch mehrern Fleiß hätte anwenden können / umb gedachte Gewächse zu bekommen / welche nach Wunsch zurecht kommen wären / wann mir nicht 2. oder 3. Tage vor meiner Abreise die obgemeldte Quaal über den Hälß kommen wäre / und mich nicht untüchtig gemacht hätte / unter andern auch von dem Herrn Landrost Pit Abschied zu nehmen / welchen ich in aller Höflichkeit ersuchet hatte / diese Gewächse durch kundige Javanen auffsuchen zu lassen / welche er auch bekom̅en / wie ich durch den Kauffmann van den Horn, welcher der vorigen Commission des Edlen Hn. Padbrugge beygewohnet hat / und M. H. Herrn nicht unbekant ist / verständiget worden / als er bey unserer Abreise an Bord war; und ob wohl dieser gute Herr alle diese Gewächse in seine Verwahrung genommen / und in seinem Hauß biß zu meiner Wiederkunfft geborgen hat / wie mich Hr. Lycochton Ober-Kauffman̅ / so mit in dieser Com̅ission gehet / berichtet / so ist doch derselbe nachgehends zu meinem grossen Widerwillen abgereiset / wodurch der Erkantnuß / Gestalt und Form dieser Pflantze gäntzlich beraubet worden / daß also keine Unterfindung davon nehmen / vielweniger M. H. H. mein weniges Sentiment darüber hätte mittheilen können. Weil dann hierinnen weiter nichts zu remediren wuste / so ist mir nichts anders übrig geblieben / als daß bey obgemeltem Herrn van den Horn ernstlich anhielte / dieselbige drey Stück / nehmlich die Gitta Gambir, Bidara poete oder weisse Bidara, (welches der Lotus ist / so zu Batavia vor das rechte Schlangenholtz gehalten wird) und die Rotan dzierenang, so von den Unserigen vor das Drachen-Blut-Gewächß gehalten wird / entweder selbsten an M. H. Herrn überschicken / oder an Mons. de Vicq, meinen besondern guten Freund und Gevollmächtigten von meinen Simplicien zu Batavien addressiren möchte / umb solche an M. H. Herrn ferner zu befördern. Weil nun der wohlgemeldte Hr. van Horn sich hierzu willig erklärte / so wil verhoffen / daß er sein Wort werde gehalten / und M. H. H. Verlangen ein Genügen gethan haben. Daß ich aber die Beschreibung der Gitta Gambir nicht habe zu Papier gebracht / ist aus Ermangelung des Augenscheins geschehen / weßwegen solche biß zu unserer Ankunfft auf Malacca außgestellet hatte / welche wir den 9. Jan. dieses Jahrs erreichet haben / wo abermahln mit einem schweren Paroxysmo von meiner Engbrüstigkeit bin angetastet worden / welcher noch einige Tage nach der Abreise angehalten hat / daß mir also auch damahln ohnmöglich gewesen / die Feder anzusetzen. Unterdessen habe doch in denen 3. Tagen / welche wir allda zugebracht haben / so [25] viel erlanget / daß einige Aestlein von dem rechten Gitta Gambir-Baum bekommen habe / welche dann nach der Insul Dinding, welche in der Malaccischen Strase liegt / und wir in Zeit von 7. Tagen beseegelt haben / mitgenommen habe: von wannen ein Zweiglein mit Blättern / Blumen und jungen Früchten zwischen Papier / und dieses wieder zwischen 2. Bretter eingeleget / und sub lit. A. beneben diesen Buchstaben über Malacca nacher Batavien an Mons. De Vicq abgefertiget habe / umb solche mit der ersten Gelegenheit von dar an M. H. H. zu schicken / nicht zweifflend / sie werden solche zu rechter Zeit bekom̅en / welches mir lieb zu vernehmen seyn wird. Solte M. H. H. belieben / mich mit einigen Briefen zu bewürdigen / so könten dieselbige in der Zeit / da ich von Batavia abwesend bin / an wohlgemeldten Mons. de Vicq addressiret werden / von dessen guten Bestellung ich gnugsam versichert bin / welcher auch zu meines hochgeehrten Herrns intention und Verlangen sich gern appliciren wird. Die andern beyde Gewächse / deren oben gemeldet worden / gedachte zwar auch noch auffzusuchen / weiln aber wir uns auf Malacca gar nicht lang auffgehalten / auch dieselbige so nahe nicht wachsen / als der Gitta Gambir-Baum / zudem noch sehr regenicht Wetter war / so war mir es damahlen nicht wohl möglich. Hätte es mit Dienst der E. Compagnie geschehen können / daß etwa drey biß vier Monathen / hier auf Malacca hätte still liegen und eine Untersuchung der Kräuter anstellen können / hätte man noch viele unbekante Gewächse entdecken können / indem dieses Land sehr reich von raren Gewächsen ist / wie mir nicht allein zu Batavia, sondern auch allhier / viel auf dieser Küste gebohrne Maleyer referiret haben. Nachdem aber solches in unserer Macht und disposition nicht stunde / so lassen wir auch alle weitere Gedancken davon fahren / und wenden uns zu dem Gitta Gambir-Baum / meinem hochgeehrten Hn. davon einige nähere Nachricht zu geben / als etwa aus den auffgedörreten Zweiglein / mit Blättern / Blumen und Früchten / abzunehmen ist. Der Baum nun / von welchem dieses Zweiglein gebrochen / hat einen Stamm von sieben biß acht Schuhe hoch / eines Armes dick / und breitet seine Aeste weit und frey von sich aus / ohne ein dick Gesträuch zumachen. Die Rinde an den kleinen Aesten / welche sehr voll Blätter waren / hat bey nahe eine Farb wie Eisen-Rost / von deren Form und Gestalt nicht nöthig ist / viel zu sprechen / weil solche aus dem Augenschein abzunehmen sind: doch muß dasjenige nicht vergessen / was etwa wegen des Dörren und Einlegen an diesem Zweiglein nicht kan bemercket werden / daß nehmlich die Farb an den Blättern / so wohl unten als oben / mit den Cheramellen-Blättern übereinkommen / deren Gestalt sie auch nahe kommen / außgenommen / daß diese etwas länger und leidiger sind. Die Blümlein sind gantz klein und weiß / und bestehen aus einem Blätlein / als ein Kröngen formiret / mit fünff Düplein / mit fünff kurtzen und kleinen Fäserlein / worinnen nach der Hand ein rund Knöpffgen sich sehen lässet / woraus das runde Früchtgen entstehet / so eines Pfefferkorns- oder Coriander-Saamens Grösse hat / und wann es reiff genug / weiß ist / oben etwas plat / mit einem kleinen Dörngen in der Mitten / und einem eingekerbten Sterngen / von fünff Strahlen rund umb besetzet: hält in dem Fleisch / womit das Körnlein bekleidet ist / und ohngefehr die Dicke eines Groschen hat / ein dünnes weißgraues Schälgen / und hierinnen ein schwartz Körnlein / woran kernen außwendigen Geschmack habe spüren können. Welches also genug seye / von der Gestalt dieses Gewächses / welche das auffgedörrete Aestgen mit Blättern sc. weiter erklären wird / wodurch man diesen Baum schon von andern unterscheiden kan. Was nun die Küchlein / die sie darvon machen / anbelanget / so werden hierzu die Blätter allein / und zuweiln auch etwas von der Rinde genommen / es sey nun / daß sie dieselbe auf einem Stein mit etwas Wasser gantz fein und rein reiben / oder daß sie dieselbige an gantzen Büschlein einweichen / oder die gantze Stücker darzu kochen lassen: welche letzte Manier bey den Maleyers: die zweyte aber den Javanen von Palimbang, Jamby &c. meistens gebräuchlich ist / und sind die letztere auch viel gelber / als die Maleiische / welche von anssen dunckel-braun ins Ocher-roth zielen / und / wie mich dünckete / im käuen mehr Gummosität / als die andere geben; Und glaube ich / daß dieser Safft allein wegen seiner Klebrigkeit den Nahmen Gitta Gambir, das ist / Gummi, bekommen habe / indem die Maleyer allerley Bäum-Säffte / welche klebricht und coaguliret sind / also nennen / von solchen Maleiischen Trochiscis, oder Küchlein / kommen einige hierbey zu meines hochgeehrten Herrns fernerer Speculation, nebst einem andern kleinern / so licht-gelber Farb und zu Malacca vor meinen Augen praepariret worden ist / und zwar aus fein zerriebenen Blättern / mit ein wenig von der Rinde / alles zusammen incorporiret und zu diesen Küchlein formiret / so nachmahln durch das Aufftrucknen seine gebörige consistenz erlanget: Welches alles mich versichert hat / daß dieses Gewächse der rechte Gitta Gambir-Baum gewesen sey / welches mir die Blätter auch zu erkennen gegeben / bey dem Betel genutzet / eben den Geschmack geben / auch den Speichel eben also färben / als die Küchlein. Was den kriechenden Strauch anlanget / davon M. H. H. schreibet / daß dessen Blätter aus Ambon, an statt des Pinang bey dem Siri und Kalck genutzet würden / so habe ich noch keinen rechten Bescheid davon haben können / daß also mein hochgeehrter Herr noch zur [26] Zeit keine weitere Nachricht davon geben kan. Unterdessen habe wohl gehöret / daß auf der West-Küste von Sumatra, wie auch auf der Küste von Maleye ein lauffendes Gewächse zu finden / so dünne / länglichte und anßwendig Asch-färbigte Blätter trage / welches an statt der Gitta Gambir bey dem Betel und Pinang gekauet / desselben Geschmack und Wirckung haben / und auf Maleiisch Gitta Gambir akar heissen soll. Durch das Wort akar aber verstehen die Maleyer nicht allein eine Wurtzel / sondern auch ein kriechendes und lauffendes Gewächse / wie M. H. H. ohne Zweiffel wird in acht genommen haben. Sobald ich von der Küste Coromandel zu Batavia anlangete / hörete ich sehr viel von einem Gewächse / Gambir genennet / dessen schöne und wohlriechende Blumen sehr gerühmet wurden / welches mir Anlaß gabe / auf die Gedancken zu gerathen / ob das Gummi oder Safft darvon / etwa das rechte Gitta Gambir seyn möchte ? Als ich derowegen grossen Fleiß angewendet / umb solches habhafft zu werden / auch endlich dessen mächtig wurde / befand ich / daß es das rechte Jasminum Catalonicum war / so in dem Horto Eichstattensi abgemahlet stehet / welches Bäumgen bey den rechten Maleyers Pohon Pakan genennet wird / welches hier à propôs zu erinnern ist / damit niemand durch diesen Javanischen Nahmen Gambir möchte verleitet werden / daß er vor den rechten Baum einen andern ungleichen halte und ausgebe. Was ferner den Ambonischen Lingò betrifft / so muß durch Vergleichung dessen Blätter / Früchten und Körner / welche mein hochgeehrter Herr an mich gesendet hat / mit denjenigen / so von dem Angsana-Baum herrühren / sicherlich schliessen / daß diese beyde Nahmen einem Baum zugeleget worden seyn / obwohln noch von einer andern Art gehöret / welche auf Sillebar, an der Sumatrasischen West-Küste gelegen / fallen / und Angsana Killing heissen soll / so mir aber noch nicht zu Gesicht kommen ist. Dieser letzten Holtz soll viel schöner flammiret seyn / als das gemeine ist / auch rarer und machen die Javanen sowohl als andere / Nadel-Büchßlein davon / welche nur von den Ansehnlichsten unter ihnen getragen werden. Dafern man alle Bäume / so Blut thränen / welches sich coaguliret und eine anhaltende und stopffende Krafft habe / vor Arbores Draconis halten mag / wie ich zum wenigsten meyne auch die vornehmste Herbaristen hiervon nicht entfernet sehe / so kan man den Blut-rothen dicken Safft von der Angsana davon nicht außschliessen; Wie wohl er so kräfftig und auch an den übrigen accidentien / woraus das Sanguis Draconis geprüffet wird / so gut nicht ist / als das Blut von andern Bäumen / nehmlich von dem rothen Sandel- oder Caliatour-Holtz / welches vor die beste Sorte halte / wie dessen Ursach schon in meinen vorigen Brieffen angezogen habe. Unterdessen wil ich deßwegen nicht gleich bestreiten / daß das Blut von dem Angsana dieselbe Art Sanguis Draconis seye / welche auf Coromandel Golkonda Suratta, in Persien und Arabien in denen Apotheken feil gefunden habe / und von dar über Türkey in Europa geführet wird. Vielweniger kan an mich kommen lassen / daß das Dzjerenang, so von einer sichern Art Rohr-Früchten auf Palimbang gemachet wird / eine gebräuchliche Species der vorbenannten Quartieren seye / es komme nun in platten Kuchen oder Brodten / wie das von Palimbang, oder in kleine Glundern oder lachrymis, in grünen Blättern gebunden / wie die so auf Bornè und andern Oerthern dieser Insul fallen: Welche letzte Sort insgemein besser / als die erste ist / auch eine viel schönere und hell-rothe Farb giebet / so man zu Schildereyen gebrauchet / worzu die Javanen und andere Völcker solche meistens anwenden; Wiewohln man auch Palimbanisches findet / welches eben so gut / als andere ist. Indessen ist die letzte Sort nicht so gemein als die erste / welche sehr verfälschet wird / doch eine mehr / als die andere. Welche Species aber die rechte Rotan Dzjerenang seye / wird mein hochgeehrter Herr aus dem obgemeldten und auf Batavien gesammleten Gewächsen / welches Monsieur van den Horn oder de Vicq wohl übermachen wird / verhoffentlich ersehen können / (dafern man es inzwischen nicht schon entdecket hat) indem mir von verschiedenen Einwohnern sowohl Europoeeu / als Einländischen / so zu Palimbang und Jamby ehemahlen gelebet haben / vor gewiß gesaget worden / daß dieses Gewächs die Jambyse Hand-Röhren und Rohrstäbgens seyn / die vor diesem sehr gesuchet worden / nunmehr aber wegen Veränderung der Moden / fast ausser Gebrauch sind kommen. Könte ich von diesem Gummi oder Safft einen nähern Bericht überkommen / wie M. H. H. in seinen angenehmen Brieffen versprochen / daß sie ein mehrers davon schreiben wolten / solte mir sehr lieb seyn; Wie ich dann ingleichen bey meiner Retour von dieser Reise / so mir der Himmel solche gön̅en wird / durch weitere Nachforschung gleichfalls weitere Nachricht mittheilen werde / umb hierinnen M. H. H. nach Möglichkeit zu vergnügen. Inzwischen beruffe mich auf den Inhalt meiner vorigen Briefen / worinnen von dieser Materie weitläufftiger gehandelt worden; Und wann mein hochgeehrter Herr sowohl auf dieselbe / als auch die beygefügte Simplicien achtung gegeben haben / so werden sie befinden / daß die überschickte Küchlein / so das Ansehen / wie die Nuces Vomicae officinatum haben / und wormit sie das trübe Wasser auff der Coromandelischen Küste [27] klar und hell zu machen wissen / weder in der Grösse / Form der Gestalt / noch einigen andern Eigenschafften von denjenigen unterschieden seyn / welche ich von meinem hochgeehrten Herrn bekom̅en habe; wie dann auch die Grösse / Gestalt und Coleur, samt dem Fleisch / worinnen ein solches Küchlein ligt / mit derjenigen / so von der Küst Coromandel kom̅et / sehr quadrirt / daß ich also aus den Blättern / welche von Timor gebracht waren und zuvor bey dem Herrn D. ten Rhyne auffgetrucknet gesehen hab / wie auch aus den überkom̅enen Früchten meinem hochgeehrten Hn. nun bey nah vest stelle / daß so wohl die eine als die andere von einerley Bäumen herrühren / weilen an allen / was mir zu Gesicht gekommen / eine gäntzliche Gleichheit ist; wie dann auch die Conformität der Blätter / sowohl in Ansehen der Figur, als auch der Farb ein grosse Gleichheit zwischen dem Coromandelischen und Timorischen Schlangen-Holtz confirmiren / welche der Augenschein an den Früchten mir noch vester machet / und wird M. H. Herr unter den überschickten Simplicien die Nuces vomicas officinarum auch gefunden haben / welche mir eben sowohl / als M. hochgeehrten Hn. Ober-Barbierer (welcher sie im vorigen Jahre erst aus der Insul Ceilom mit gebracht hatte) bekandt seyn werden. Wegen der Beschreibung deß Baums aber habe meinen hochgeehrten Herrn in deß Herrn van Rheede Hortum Malabaricum verwiesen / wo sie gar accurat und umständlich / benebenst einer Abbildung der Früchten / oder der Krähen-Augen zufinden ist / welche doch netter / mit einer zulänglichen Erklärung überschicket habe. So werden sie auch ein Muster von den schwarzen Krähen-Augen (die ich noch bey keinem einßigen Botanico gesehen / auch nichts darvon in Europâ gehöret habe) gefunden haben: daß also vermeine M. H. Herrn hierinnen völligen Bericht gegeben zuhaben. Nicht weniger habe mit angezogen / dass ich aus Vergleichung der Körner / so als Küchlein formirt sind / und sowohl der Positur, als auch Belauffung der Adern in denen Blättern / wie auch bittern Geschmack und einerley Farb deß Holtzes / den Baum der Nuc. Vomicae vor ein Geschlechte deß Schlangen-Holtzes hielte; gleichwie mein hochgeehrter Herr aus ersten Anblick der Früchten auch geurtheilet hat; worinnen wir also gantz einig sind. Ob aber die obgemeldte Gewächse / als Bidara puteh oder die weisse Bidara auch mit dem Timorischen Schlange-Holtz accordiren / wie auf Batavien insgemein gesagt wird / kan M. H. Herr aus dem Augenschein abnehmen / wann solche / wie ich hoffe / von Batavia an M. H. Herrn wohl bestellet worden seyn; worvon deren Befinden und Urtheil zu seiner Zeit sehr angenehm seyn soll / wann ich darvon part werde haben können. Von dem Malabarischen dreyeckichten Cardamomen-Gewächs hab alhier weiter nichts zusagen / in dem von demjenigen / was Dominus Hellenius von dem auffgegangenen Saamen behaupten wollen / aus M. hochgeehrten Herrn beliebten Schreiben anderst bin informiret worden / zumahlen auch aus näherer Conversation mit diesem Lehrer kürtzlich gemercket / daß solche Erzehlung mit seiner memorie nicht wol übereinstimmete / daß man einigen Staat davon machen könte. Damit dann mit erdichteten Dingen nicht viele Wort verlohren würden / so breche hiemit ab und vergnüge mich auf die in M. hochgeehrten Herrn beliebten Schreiben enthaltene Puncten in etwas geantwortet zuhaben / indem mir die Zeit nicht zulässet anderer Dinge dabey anzuführen. Weßwegen M. H. Herrn nebst hertzlichen Gruß in di Beschirmung deß Allerhöchsten empfehle / verbleibend Mein Herr Auff der Insul Dinding den 25. Januari 1684. Sein bereitwilligster Diener HERBERTVS DE IAGER. V. GEORG-EBERH-RUMPHII Send-Brief / An Herrn HERBERT de JAGER. Mein Herr! NAchdem ich aus Herrn Jacob. De Vicq Briefen ersehen hab / daß M. H. H. geehrte Person aber mahln zu einer gewiessen Commission nach Persien employret worden seye / welche wohl 2. biß 3. Jahre dauren dörffte: So befinde ich mich in meiner Hoffnung und Propos nochmahlen betrogen / indem ich einige Zweiglein von denjenigen Gewächsen / welche sie verlangt hatten / zusammen gebracht hatte / umb selbige meinen hochgeehrten Herrn zuzusenden / welches nun wohl fruchtloß seyn dörffte / weilen indessen obgemeldter Monsieur de Vicq mich berrichtet hat / daß er Ordre von M. H. Herrn empfangen hät/ [28] meine Brieffe an dieselbe zu befördern und nachzusenden / so hab zum wenigsten deren doppelten Brief zu beantworten / folgendes zu Papier bringen wollen. Zuförderst dann bin sehr verpflichtet gegen M. H. H. immer danckbar zu bleiben / daß sie mir so viele und weitläufftige Beschreibung deren mir guten Theils noch unbekanten Gewächsen communiciren und mittheilen wollen / woraus ich mich nun vollends unterrichtet un̅ versichert halte / daß das gemeine rothe Sandel-Holtz von dem Caleatur-Holtz nicht unterschieden sey / welches auch einiger massen aus dem 17. Capitel des I. Buchs / so Garzias ab horto von den aromat. Und Specereyen geschrieben / erhellet / als welcher schreibet / daß das Santalum rubrum in Indien bey der Provinz Tanasserim in den Plätzen von Choromandel wachsen soll / welch Tanasterim doch in keinen Land-Karten von diesen Plätzen finden kan. Ich kan deßwegen von meiner wenigen Meynung noch nicht abfallen / daß dasselbe nicht weniger auf der Ost-Küste von Africa, dessen Einwohner bey den meisten alten Scribenten Zangis oder Zingis genannt worden / als auf Madagascar falle / wiewohlen mir jetzt nicht einfallen will / in was vor einem Reise-Buch solches gelesen habe. So ist auch nicht meine Meynung gewesen / gleich als M. H. H. aus meinem Brief scheinet begriffen zu haben / daß die Maleyers und Ost Indianische Völcker jemahlen mit ihren schwachen Schiffen nach Africa solten geseegelt seyn / umb dasselbe von dar abzuholen; Nur allein erinnere mich noch gelesen zu haben / scheinet auch der Warheit ähnlich zu seyn / daß die alte Arabische Kauffleute / vom rothen Meer dasselbe allda möchten geholet / und vielleicht nach dem Ort be???ahmet haben: indem mir nicht kan traumen lassen / daß das Wort Zingi bey denen Maleyers oder andern Indianern eine schwartze Farb bedeute / welches ich nirgend gehöret / sondern vielmehr in allen Lexicis hergegen ersehen habe / daß es eine schwartze Möhr bedeute / sie seye nun Africanisch oder Indianisch. Stehe deßwegen mit Erlaubnuß von M. H. Herrn in der Hoffnung / daß uns ins künfftig noch jemand entdecken soll / wo das rechte Santalum rubrum von herkomme / welches die Portugiesen in so grossem Werth halten / und in sehr kleinen Stücklein verkauffen: Indem ich noch zur Zeit unter denselben niemand antreffen kan / die das Caleaturs-Holtz vor den rothen Sandel wollen annehmen / da nicht weniger die Chinenser von dem Celeaturs-Holtz einige Wissenschafft zu haben scheinen / welches sie Tzidji oder Tzidjoc (wovon sie ihr Eß-Stöckgen machen / die M. H. Herrn nicht unbekant sind) nennen / und vorgeben / daß es in Siam und Cambodia wachse / doch aber von dem rothen Sandel unterschieden; Ja wann kein Unterscheid unter diesen Höltzern wäre / so hätten wir sicherlich in Amboina sehr unhöfflich gahandelt / daß wir unsern Freunden zu Batavia des rothen Sandels wegen so grosse Beschwernuß gemacht haben / welches sie biß daher sehr kärglich in kleinen Stücklein bekommen haben; Man hätte ja leicht einen alten Schlägel oder Stuhl von Caleatur-Holtz in Stücken schlagen können / welches fast in allen Häußlein und Hütten zu finden ist / so hätten wir immer rothen Sandel in der Menge gehabt / wann ihn nur jemand darvor hätte annehmen wollen. Unterdessen wil auch gern zugeben / daß aus dem Baum des offt benahmten Caleaturs-Holtz ein dicker rother Safft zu bekommen sey / den man vor das Sanguis Draconis oder Drachen-Blut halten könne / indem es doch das Ansehen hat / als würde solches Gummi von unterschiedlichen Bäumen hergeleitet; weiln ich aber solches noch nicht gesehen habe / so halte ich mich an dasjenige / welches bißher der gemeine Mann allhier vor Sanguis Draconis gehalten / und auf Malayisch Dzjernang geheissen hat: wird von Sumatra und meistens von Palimbang gebracht / wovon das schlechte oder gemeine in Küchelein / das beste aber in kleine Glunden und lachtymis kommet: beyde aber rühren / nach Bericht derjenigen / so es mit Augen gesehen / von einer Art dicken Rohr her / dergleichen wol hier in Amboina auch wächset / welches aber dergleichen rothen Safft nicht von sich giebt. Wäre mein G. H. Herr länger zu Batavia geblieben / so solte ich ausser allem Zweiffel sowohl von dem Holß und Gummi, auch nach beliebter Nachricht / ein Zweiglein davon bekommen haben / welches aber nun muß außgestellet bleiben. Daß das auffrichtige Schoenanthum, so M. H. Herr in den Landen von Coromandel gesehen hat / von dem wohlriechenden Graß Sirce unterschieden sey / gebe gern zu: Doch meines Erachtens kan unser Sirce wohl vor eine Sorte davon gehalten werden / indem seine Wurtzel so wohl riechend und aromatisch ist / daß ich glaube / sie werde dem rechten Schoenantho gantz nichts nachgeben dörffen / zumahlen ein rechter Rosen-Geruch darbey ist; Weßhalben ich auch bey einigen Scribenten finde / daß sie radicem Schoenanthi vor Galangam minorem halten. Das zugesendete Aestgen von dem Rhamno rubro, so vermöge des Herrn Schreiben von dem Batavischen Hagedorn berrühret / habe ich so balden vor dasjenige Holtz / so bey den Maleyern Cudrang genennet wird / erkennet / wiewohln es von dem Ambonischen etwas unterschieden ist / dessen ich ein Aestgen an meinen hochgeehrten Herrn zu senden Willens war; es wundert mich aber sehr / daß von so vielen Batavischen Einwohnern / die jährlich herwarts kommen / und absonderlich diejenige Frauens / die dieses Cudrang-Holtz so offt / umb gelb damit zu färben / gebrauchen / mir biß daher keiner sagen können / daß solches der Batavische Hagedorn sey / ja an dessen [29] statt einen gantz andern Dorn vor wenig Jahren von Batavia hieher gebracht haben / welcher rothe Beerlein träget / und unserm Vatterländischen Hagedorn sehr gleich siehet. Divadaroc ist hier in Amboina ohnbekandt / zumahln das mir zugesendete Stückgen so klein war / daß ich kein Pfropffreißgen darvon nehmen konte. Ich zweiffle / ob diß Divadaroc nicht mit dem Diudar so Bylharides beschreiben / übereinkom̅e / welches Golius in seinem Arabischen Lexico Arbor Daemonum außleget und vor eine Sabinam Indicam hält: Andere nen̅en ihn den Drommel-Baum / weilen er mit seinen Aesten ein solchen Schall gibt / wann der Wind wehet; derohalben sagen uns unsere inländische Leute von einem dergleichen Baum / welchë wir auch vor eine Art Sabina halten und Casuaris-Baum nennen: von welchem ein klein Aestgen hier eingeschlossen / und M. H. H. zu gesendet wird / daß sie dasselbige mit dem Persianischen Diudar, so ihnen derselbe vorkommen ist / solten conferiren und vergleichen können. Die 3. Sorten Königs-Nägelein (welche M. H. H. von Herrn Abraham Boudens gezeiget worden / und worunter die zwey rareste Sorten vor 30. Jahren in Ternaten stunden / und die dritte schlechteste Sort hier jährlich in Amboina fället) rühren von gewissen Bäumen her / so an Wachsthum und Gestalt dem gemeinen Wellholtz gleichen / tragen aber anders nichts / als solche Früchte / obschon die Ternatische Schwätzer M. H. Herrn anderst haben weiß gemacht. Ich bin versichert / daß niemand unter ihnen den rechten Königs-Nägelbaum / der nur allein auf Macquian wächset / jemahlen gesehen habe / nachdem sie vor 30. Jahren alle außgerottet worden: Diese Früchte aber sind mir durch unsern Hrn. Alt-Gouverneur, Iacob Hustaart, vor ein groß Praesent gegeben worden / als deren keine mehr in der Welt zu finden sind. Die Rinde und Wurtzel von dem gemeinen Nägelbaum / hatte ich allbereit angeschaffet / an meinen hochgeehrten Herrn zu senden / woran sie hätten sehen können / daß weder in der Rinde / noch in dem Holtz einige aromatische Krafft oder Fettigkeit stecke / woraus ein Gummi entstehen könte / wie einige in Europa, so viel ich vernommen / vorgeben dörffen; Zum wenigsten kann meinen hochgeehrten Herrn versichern / daß noch kein warhafftig Gummi oder Resinam darvon gesehen habe / dergleichen auch hiesigen Einwohnern gantz unbekant ist; Vielleicht kommt dasjenige / so man in Europa davor außgiebet / von einem Ambonischen Cannenbaum / welche sie bey Außtruckung und Dörrung der Nägelein damahlen gebrauchet haben / da sie die Nägelein nicht also zu säubern pflegten / als jetzo geschiehet. Die andere Stücke / so in meines hochgeehrten Herrn Send-Schreiben begriffen sind / gleicher Weise zu beantworten / dörffte jetzo zu spat fallen / weßwegen es biß auf derselben Wiederkunfft nach Batavia muß außgestellet bleiben. Unterdessen versichere mich / daß mein hochgeehrter Herr / wie allschon gebeten / ein Bündlein von dem rechten Schoenantho mitbringen / oder lieber voraus mir zusenden werde / welches ohne Zweiffel in den Oberlanden gnugsam wird zu finden seyn: Es müste aber noch ein Stück von der Wurtzel daran seyn / daß ich es mit unserm Sirce vergleichen könne; Gleichwie ich auch den beglaubten Calamus aromaticus erwarte. Die Zweiglein von dem Caleaturs-Holtz aber zu senden / dörffte meines hochgeehrten Herrn Reise und Gelegenheit inzwischen nicht zulassen. Das Edelgesteine / welches man Katzen-Augen nennet / dörffte meinem hochgeehrten Herrn nicht unbekant seyn / indem dessen viel auf der Insul Ceilon fället. Man will mich weiß machen / daß sie aus einigen Muscheln herkämen / der Perlen-Mutter nicht ungleich / da doch alle Stein-Beschreiber solche biß anhero vor Berg-Steine außgegeben. Dafern mein hochgeehrter Herr / einige sichere Nachricht darvon hätte / bäte mir solche mit zutheilen. Ingleichen sollen sich in denjenigen Landen / die mein hochgeehrter Herr durchreiset hat / einige Steinlein / Mesticas genannt / finden: Mit welchem Nahmen alle sothanige Steine beleget werden / welche man in gewissen Früchten / Höltzern und Thieren findet: Gleichwie man in einigen Calaphus-Nüssen ein weisses Steinlein findet / so Mestica calappa genennet wird. Item: Ob nicht in andern Landen auch der Donner Metallische Donneräxte / von Gold / Kupffer / Eisen / theils von einem Halt / theils von gemischten Metallen / theils halb metallisch und halb Stein / von sich schlage / dergleichen uns hier gezeiget worden / ich auch allbereit zwey nach unsern Vatterlano geschicket habe / welche rothes Kupffer zeigten / doch aber von vermischter Substanz waren. So bin auch von einigen weiß gemachet worden / daß mein hochgeehrter Herr auf der Küste Coromandel einen gewissen Sand solte gefunden haben / woraus so viel gelb Kupffer gezogen worden sey / daß sie eine gantze Kiste damit beschlagen lassen / welches mit sehr fremd vorgekommen ist / indem nirgends von dergleichen Kupffer-Sand etwas gehöret habe. Der vorgemeldte Casuaris-Baum / ist ein hoher Baum / welcher sowohl am Strand / als in dem Gebürge wächset / trägt schuppichte Früchte / wie Cypressen-Nüsse / welche an der Land-Sorte rund / an der Strand-Sorte aber länglicht sind / wie ein Cylinder, mit einem harten und schwartzen Holtz am Stamm begabet / und giebt kein resiam von sich.
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Ich bitte umb Bericht / ob der Capoc-Baum / gleich andern Bäumen / feine Wolle trage / wie der Cattun / dessen viel auf der Insul Tilos wächset / doch mit dem gemeinen / so auf Kräurern wächset / unterschieden ist. Womit nach hertzlichem Gruß und Anwünschung einer glücklichen Reise / meinen hochgeehrten Herrn in GOttes Obhut empfehle / verbleibend Meines Hochgeehrten Herrns / Amboina am Castel Victoria, d. 6. Maji 1684. Dienstwilliger Diener und Freund/ RUMPHIUS, m. p. Alt-Kauffmann und Raths-Verwandter in Amboina. VI. Herrn HERBERTI de JAGER Send-Schreiben / An Herrn GEORG. EBERHARD RUMPHIUM. Mein Herr! ANgesehen mir dessen Correspondenz absonderlich in denen zur Botanic gehörigen Dingen (in welchem Stück sie sich einer grossen Wissenschafft / Erfahrung und Observation zu rühmen haben) zum höchsten angenehm und aestimiret ist / so hab ich zu derselben Fortsetzung / an meinem wenigen Ort / durch gegenwärtiges Schreiben wiederumb die erste occasion und Anleitung geben wollen / der Zuversicht lebend / es werde mein hochgeehrter Herr auch dahin incliniren / daß zu Erneurung und Unterhaltung derselben / wieder alles auf den vorigen Fuß gestellet werde / und zugleich denjenigen Fragen und Vorstellungen / die bereits in meinem vorigen gethan / und biß dato zum Theil noch unbeantwortet geblieben sind / nach dero guten Gelegenheit / ein großgünstig Genügen zu thun / und nach dem Maaß seiner grossen Wissenschafft zu erläutern; Wie ich dann auch nicht ermangeln werde / meinem hochgeehrten Herrn forthin / nach meinem wenigen Vermögen und Erfahrung offenhertzig / ohne Reserve, in allem denjenigen zu dienen / was sie von mir verlangen werden / worauff sich mein großgünstiger hochgeehrter Herr nur sicherlich verlassen wolle. Damit dann nun unsere vorige Botanische Verhandelung wieder auf die vorige terminos, worauff dieselbige geblieben / gesetzet / auch vollkommener möchte werden / so habe ich die unter uns gewechselte Brieffe / zu dem Ende nicht allein durchlauffen / sondern auch alles dasjenige / was mein hochgeehrter Herr sowol Herrn Iacob de Vicq, als Herrn Cleyern / meinen besondern guten Freunden / bey mir zu erforschen / recommendiret hatte / auffgesuchet und gefunden / daß zwischen uns beyden folgendes noch zu erörtern seye / welches in frischem Gedächtnuß zu behalten / allhier kürtzlich beyfüge. Das erste nehmlich / so ich durch Herrn de Vicq seeligen / habe bitten lassen / bedarff eine kleine Beschreibung / sambt beygefügten Stälgens der Blätter / Früchten und Blumen / eines sichern Geschlechts von Ganiter, so in Amboina wachsen / von welchem schon zuvor einige Früchte überschicket hatte / ohne daß darüber einigen Unterricht oder Antwort erhalten hätte. Zugleich sehe ich auch / daß mein hochgeehrter Herr von Herrn de Vicq begehret / daß er mich wegen deß Samberáni / oder wie es sein Schreiber aus gedrucket / Samberanae fragen möchte / was es doch vor ein Rauchwerck seye? und von welchem Baum dasselbe herfliesse? weil ich mich dan̅ nicht erinnere / daß ich solches bereits erkläret hätte / so finde mich verpflichtet / meinem hochgeehrten Herrn zuverständigen / daß man auff der Küste von Choromandel [31] unter diesem Nahmen den Benzoin verstehe / wormit sie ihre Abgötter zuberäuchern gewohnt sind / welches ich durch gewisse Untersuchung erfahren hab. Ferner hatte in meinem Send-Schreiben von 5. May 1683. und dem Anhang von 20. dito M. H. Herrn ein Muster der Bastard-Nägelein / wie auch eine Sorte wilder Foly oder Muscaten-Blumen / welche beyde ich in Golkonda gefunden / übermacht und umb desselben Sentiment nebst einer kleinen Anweisung wegen deß Baumes / dessen Rinde Culit Láwang heisset / was er nemlich vor Blätter / Blumen und Früchte trage / gebeten: ohne daß biß dahero den geringsten Bericht weder darüber / noch über einig andere Früchten von der Fagara, oder wie sie Avicenna nen̅et / Fangarabi bekommen hätte: welche letztere deßwegen mit gehen liesse / daß ich erfahren möchte / ob mein hochgeehrter Herr dieselbe albereits dorten gefunden habe oder noch inskünfftig wohl auffsuchen könte? indem im ersten Theil der Ost-Indischë Reiß-Beschreibung / in lang Quarto-Format, nach der Beschreibung von Bantam, da die Materialien der Indischen Insuln beschrieben werden / stehet daß dieselbe auf Java zu finden seyen / wo ich dieselbe doch noch zur Zeit nicht habe erforschen können: wiewohl nicht definitivè sagen kan / daß dieselbe auf dieser Insul gar nicht zu finden seyn / weilen ich jetzo nur ein kleine Partie von den Javanischen Gewächsen besitze / so mir selbsten zu Gesicht gekommen sind. Unterdessen schreibet Avicenna, daß diese Frucht von Sofalah, einen Ort so auff der Ost-Küste von Africa lieget / und heut zu Tag von den Portugiesen bewohnet wird / komme. Erwarte demnach von meinem hochgeehrten Herrn wegen obbemeldten wilden Nägelein / Foly, Coelit-Lawang und Fagara (welche letztere die Brachmanes vor Cubeben halten) weitere Erklärung. Ich hab auch gemercket / daß mein hochgeehrter Herr gern von der ersten Sorte der Schlangen-Wurtzel informiret wäre / so bey Garcias ab Orto gemeldet und von Bauhino Clematis Indica, Foliis Persicae, Fructu Periclymeni benahmset wird / bey den Portugiesen aber Rayz de Moncus, das ist / Moncus-Wurtzel heisset / weilen der Moncus, eine Art Wieseln / so M. H. Herrn wohl bekandt seyn wird / diese Wurtzel / wann er in dem Streit von den Schlangen gebiessen worden / aufsuchen und sich vor dem Gifft zu praeserviten / käuen soll: wordurch die Krafft dieser Wurtzel kund und zur Artzney gebraucht worden. Dieses Gewächs nun hab ich allhier / meines wissens / zum erstenmahl entdecket / mit Verwunderung / daß die Javanen, Maleyers und andere Inländer hierumb so gar keine Wissenschafft davon haben / daß sie auch diesen Nahmen nicht wissen / vielweniger die grosse Krafft und Lugend gegen alle Schlangenbiß davon erfahren haben; Von einig-wenigen habe ich gehöret / daß sie diese Wurtzel / wegen ihrer grossen Bitterkeit Hampaddoe Ta̅nah, das ist Erd-Gall gènennet haben: welchen Nahmen wir doch einen andern bitteren Kraut beygelegt haben / so mit diesem gantz keine Gleichheit heget. Ich hab vor diesem M. H. Herrn ein Wurtzelgen von der rechten Sort zugeschicket / gleichwie jetzo abermahlen thun wolte / wann ich nur damit versehn wäre / hätte auch gern darbeneben ein lebendige Pflantze darvon in einem Topffeingeleget und gesetzet / beneben den Blumen und Früchten mit geschicket / daß M. H. Herr eine vollkommene Ideam davon nehmen und diß Kraut in allen Theilen erkennen möchte / nicht zweiffelend es werde dorten auch in der Menge anzutreffen seyn; Nachdem aber diese nach Ternaten destinirte Schiffe / (wormit diese Brieffe kommen) gantz fertig und bereit sind ab zustossen; so ist mir solches jetzo zu bestellen ohnmöglich gefallen / soll aber / so fern GOtt Leben und Gelegenheit geben wird / mit nächstem geschehen / und nicht in Vergeß gestellet werden. Inzwischen muß noch en passant bemercken / daß man zweyerley Art von diesem Gewächs finde / eine mit rothen und die andere mit weissen Blumen / welche letztere die rechte und gebräuchlichste ist / indem die Heyden auf der Küst von Coromandel gewohnet seyn / daß sie unter den Plantas Congeneres nur die vornehmste / welche sie an den Farben der Blumen unterscheiden / gebrauchen / unter welchen sie diejenige / so weisse Blumen tragen / vor die kräfftigste halten / wie noch an vielen andern angemercket habe. In meinem Brieffe von dem 6. Julii 1683. hatte ich specificiret / welche Gewächse von denjenigen so im ersten und zweyten Theil des Horti Malabarici abgebildet und beschrieben sind / mir alhier auf Batavien noch nicht zu Gesicht gekommen wären / alß nehmlich: Das Aroalu Murotti Mail-anschi Cumbulu Canschi Curatu-pa̅la Codaga-pa̅la Tinda-parva Appel Schageri-cottam Panel Nodum-Schotti Schorunam Cottam Modera-Canni Peragu und Codi-avanacu. Zugleich bittend / daß M. H. Herr mir auch reciprocirlich entdecken möchte / welche von denselben dorten zufinden seyen / und wie sie auf Maleiisch oder nach der inländischë Sprache genennet würden: worunter auch diejenige mit verstehe / so im 3. 4. 5. und 6. Tomo dieses Horti enthalten sind / so weit nehmlich dieses Werck im Druck gesehen: dessen letztere Theil noch nichts anderst als Bäume und hohe Gewächse begreifft / und noch keine eigentliche Kräuter vorleget / indem der Edle Hr. van Rheede damit noch kein Ende zu ma [32] chen scheinet; sondern zuerst alle Bäume und Sträuche / auf solche Weise nachsetzen dörffte. Solten sie aber endlich noch darzu kommen / werde alßdann meine Speculationes über diejenige / so allhier wachsen / auffsetzen / und M. H. H. mittheilen / welches dann von demselben auch erbitten werde. In eben demselben Brief hatte ich auch gewünschet / wie annoch thue / daß M. H. Herrn Muthmassungen über nachfolgende Gewächse / deren Bontius Meldung gethan / zu wissen / welche also heissen: Nimbo 1. & 2. Planta spinosa & incognita, cujus fructus, manibus triti, foetidum odorem spirant. Acacia. Duae species, Jangomae. Beccabunga. Nasturtium Aquaticum. Mangam, fructus apud Javanos sacer Champidacca, welche er nicht gekannt / sondern davor einen andern Baum genom̅en hat. Cardamomum majus Hyacinthi flore. Veronica Javana. Frutex Indicus incognitus. Gentianella Indica. Guanambanus. Lysimachium Indicum. welche theils sehr dunckel und zweiffelhafftig beschrieben / theils nur schlechter Dings ohne einige Abbildung gemeldet / oder dabeneben sehr übel abcopiret worden. Gleichwie ich nun nicht zweiffele / M. H. H. werde ein groß Theil davon erläutern kön̅en / so hoffe ich von deroselben consideration auch Part zu bekommen. Hierauf bin ich jüngsthin im Jahr 1683. wider alle meinen Lust und Sinn in die bewuste expedition nacher Persien geflochten worden / welches dann den Verfolg und mesures meines Botanischen Studii wiederumb gebrochen hat / so gar / daß ich dann biß auf diese Stund noch nicht auf meinen alten und vorigen Stylum kom̅en kan; Und ob ich wohl auch dorten die schönste Gelegenheit hatte / etwas merckwürdiges in dieser Wissenschafft zu profitiren / so habe doch solche zu meinem grösten Unmuth und ärgsten crevecoeur von der Belt verlassen müssen / indem ich unter Commando sothaniger Herren stunde / welche solche Betrachtung nicht allein auf das höchste hasseten / sondern auch gar vor ein Laster hielten / ja selbsten mir deßwegen Trangsal und Verfolgung anthaten. Damit ich es aber hey dieser traurigen und widrigen Materie bewenden lasse / und unsere Sache verfolge / so hatte der Herr Laurentius Pitth, damahliger Land-Drost / nunmehr aber Gouverneur von der Küste Coromandel, auf mein Ersuchen / eben denselben Tag / als ich an Boord gieng / (so den 29. Nov. geschahe) die Zweige mit Blättern / Blumen und Früchten von dem Gitta Gambir-Baum / it. von dem Bidára Pootu, so das Schlangen-Holtz seyn sol / und von der Rotan dzjernang (wor aus sie einen gewissen gummachtigen Safft zu sammlen wissen / welchen M. H. Herr. vor das rechte Drachen-Blut hält) durch seine anbefohlene Vorsorge aus dem Wald bekom̅en / ohne daß ich Zeit und Gelegenheit gehabt hätte / solche nur anschauen und betrachten zu können. Weßwegen alles an Hrn. Peter van den Hoorn, so bey der Commission von des Edlen Herrn Padbrugge nach den Oosten war / und uns zu der Zeit ans Schiff begleitete / recommandiret habe / daß er solches entweder selbsten an M. H. H. überschicken / oder Mons. De Vicq seel. zu dem Ende überlieffern möchte. Ob dieses nun geschehen sey / oder nicht? und ob M. H. H. die benannte Gewächse bekommen habe / habe biß daher noch nicht erfahren können; Wie dan̅ ingleichen noch nicht weiß / ob derselbe das Aestlein von Gitta Gambir, mit diesen Blumen und jungen Früchten / erstlich zwischen Papier / und dieses wieder zwischen 2. Brettergen eingeleget / und mit A. gezeichnet / nebst zweyerley Küchlein von Gitta Gambir, deren eine Sorte die gemeine Malaccische ist / die andere aber in meiner Gegenwart gemachet wurde / de dato 25. Jan. 1684. von der Insul Dinding, unter addresse an gemeldten Mons. de Vicq, nebenst meinem dabey kommenden Brief einpfangen hat. Von der Zeit her hab in Spahan, des Königs in Persien Residenz-Stadt / ein angenehmes Send-Schreiben von M. H. H. de dato 6. Maji 1684. ohngefehr 5. viertel Jahren hernach und nachgehends keines mehr von demselben empfangen / welches sogleich bey meiner Wiederkunfft aus Persia beantwortet hätte / wan̅ nicht in mittler Zeit zuvor auch die Antwort auf mein ersteres Schreiben vom 25. Jan. 1684. erwartet hätte / umb die beyde alsdann auf einmahl zu bedienen. Nachdem aber dero Antwort gäntzlich zurück bleibet / so beginn ich allband sehr zu zweiffeln / ob meine Brieffe mit dem dazugehörigen wohl bestellt seyn worden; weßwegen dann M. H. H. letztern Brief auch nicht länger unbeantwortet habe lassen / auch zugleich eine Abschrifft von dem vorigen überschicken wollen / damit M. H. H. auf allem Fall deren nicht gäntzlich beraubet bleibe / auch dasjenige / was ich verlanget / nach belieben annoch erfüllen könne. Ich hätte auch gern die 3. erste Pflantzen dabey gefüget / allein ich habe solche biß daher nicht wieder haben können / so grossen Fleiß auch deßwegen angewender habe. Nachdem aber der Hoch Edle Herr / Herr Isaac S. Martin, Ordinari-Rath von Indien / Major, &c. (ein Herr / der unsern und allen honesten Studien sehr gewogen ist / und von dessen sehr grossen Meriten anderswo sagen will) so gütig gewesen / und nach seinem grossen Vermögen un̅ pouvoir über alle die Einländer allhier / mit verschiedene [33] und ungemeine Gewächse / so in den Javanischen Wäldern wachsen / zuwege bringen lassen / welche ich sonsten ohnmöglich hätte bekommen können; so habe ich auch zu hoffen / daß ich bey continuation solcher unverdienten Gunst und dessen generosen Zuneigung / mich mit dergleichen Sachen accommodiren zu lassen / die obgemeldten Kräuter wieder antreffen dörffte: auf welchen Fall dieselbe M. H. H. auch ohnfehlbar wird zu gewarten haben. Wann dann nun dieses zur nöthigen Einleitung promittiret habel / umb unsere vor diesem gepflogene Correspondenz wieder in den rechten Lauff zu bringen / auch in solcher Ordnung ferner zu erhalten und zu verfolgen / so trete die Beantwortung dero werthen Briefes an / welcher den 6. Maji 1684. an mich abgelassen worden / worinnen ich ersehen / dass M. H. Herr schon einige Zweige / von dem verlangten Gewächse zusamen gebracht und wir habe zusenden wollen / welches doch wegen meiner Abreise in Persien hat hinterbleiben müssen; weßwegen dan̅ im geringsten nicht zweiffeln wil / es werde M. H. H. mir solche / dieweil ich nun wieder auf Batavia lebe / auf ein ander mahl mit guter Gelegenheit übermachen. Ferner beliebt M. H. H. sich wegen gethaner Communication und Bericht / von so vielen denenselben zuvor unbekanten Gewächsen / zu bedancken / welches M. H. H. mit grösserer avantage und Gunst als es die Sache vielleicht meritiret / also zu reden beliebet hat / und hab ich mir vielmehr Glück zu wünschen / wan̅ die Ehre haben können meinen hochgeehrten Herrn damit ein Genügen zu thun. Sonsten sehe auch / daß M. H. H. sich nun völlig unterrichtet und versichert hält / daß das gemeine rothe Sandel-Holtz von dem Caliaturs-Holtz nicht zu unterscheiden seye / zu dessen Bestreitung selbsten den Garciam ab Orta lib. I. Arom. cap. 17. anziehend / welcher ausdrücklich saget / daß dasselbe unter andern mit in den See-Plätzen von Coromandel wachse; Wiewol M. H. Herr nachgehends diese Meinung mit einer Ironischen objection und Verspottung wieder umbzustossen vermeynet / oder zum wenigsten meistens zu enerviren suchet. Damit ich mich dann endlich wegen dieses rothen Sandel-Holtzes / von welchem zuvor schon so viel Papier angefüllet habe / in kurtzen und klaren terminis abfinden und expediren möchte / so will ich das Sandel-Holtz in drey Sorten eintheilen / als (I.) das gelbe / worunter das weife auch zu verstehen / als welches von eben demselben Baum herrübret / wie meinem hochgeehrten Herrn bereits zur Gnüge bekant seyn wird. (2.) das ordinaire rothe Sandel-Holtz / welches in der Artzney-Kunst gebrauchet wird / und überall in Persien / Arabien / Türkey und Europa verkauffet wird: Und das (3.) solle eine andere Species des rothen Sandel-Holtzes seyn / von einem ungemeinen und köstlichem Werth / ausser ordentlichen und wunderbahren Kräfften und Tugenden / deren einige auch menschlichen Glauben und Verstand überschreiten: Worvon ich zwar viel habe sagen hören / ohne daß ich jemahln das Glück gehabt hätte / ein sothanes excellentes Sandel-Holtz zu Gesicht zu bekommen / oder zum wenigsten einige Nachricht bekom̅en / wo solches anzutreffen sey. Anlangend nun das erste / nemlich das gelbe / so haben wir darvon gantz keinen Streit / und wollen dasselbe deßwegen hier gautz auf die Seite setzen; vielmehr aber zu dem zweyten / nemlich dem rothen Sandel-Holtz / schreiten / von welchem ich nochmahlen sage / dass es mit dem Caliaturs-Holtz eines sey / und davon gantz nicht differire / welches alßdenn erst vor Sandel-Holtz verkäuffet wird / wann es alt ist / gleichwie sonsten die weisten Bäume in Indien / welche ein wohlriechendes Holtz haben / in ihren letzten Jahren am allerkräfftigsten von Geruch und Kräfften sind / welches dann am gelben Sandel-Holtz gnugsam bekannt ist. Daß dasselbige nun das rechte und gebränchliche Sandel-Holtz seye / zeiger der Nahme an / indem die Brachmanes und andere Heyden auff der Küste Coromandel, so die Gewächse des Landes kennen / hierinnen übereinkommen / dass dieses Caliaturs-Holtz in den Sanskrietscheu Rahka-Tsjandanam, das ist / Blut-Sandel oder rother Sandel, und auff Decanysch / das ist / in der ordinair-Indianischen Sprach von Decân durch eine kleine Abweichung von der Haupt-Sprach Reket-Tsiandam in eben solcher Bedeutung nennen: Welchem man sicherlich in Benennung und Kennung derjenigen Simplicien / welche ihr eigen Land formiret / und deren sie sich so mannigfaltig bedienen / Glauben beyzumessen hat; Zumahlen der Nahm Tsjandam, durch die Araber in TSandal mutiret wird / und also von ihnen eigentlich herstammet / auch mit dem Holtz slebsten / durch die frequenration von Indien / von dar erstlich in Persien / Basra und Arabien überbracht / und nicht allein in diesen Landen / sondern auch nachgehends in Europa zum Gebrauch und Nutzen der Artzney-Kunst ist angewendet worden / wordon uns doch die alte Vorfahren kein Merckmahl hinterlassen haben. Die Ursache nun / warumb dasselbe unter das Sandel-Holtz gezehlet worden / ist / weilen es absonderlich / so es alt ist / trucken und warm wird / einen Sandel-Geruch von sich spüren lässet / welcher so viel stärcker ist / wann man umb dieselbige Zeit ein fein subtiles Spänchen davon abschneidet / und in dem Augenblick an das Holtz riechet / und in dem Augenblick an das Holtz riechet: wiewohl das Holtz an sich selbsten / wann der Baum abgehauen wird / zu solcher Zeit einen sehr empfindl. Sandel-Geruch von sich gibt / und zwar je älter / je kräfftiger / welchen Geruch doch es nachgehends nicht lang behalten thut. Und weil dann [34] der Geruch von diesem Holtz so flüchtig und superficial ist / so ist es bey den Heyden auch nirgends in so grossen Wehrt / als das gelbe / gehalten worden / sondern in einem geringen Preiß zubekommen; Gleichwie sie dasselbige auch deßwegen gar nicht / oder zum wenigsten sehr selten zur Beschreibung ihrer Leiber / wie sie mit dem andern verfahren / anwenden / nur wegen deß schwachen und leicht vergehenden Geruchs / in ansehen dessen sie diesem rothen Holtz auch den Nahmen Hoe̅-Tsiandanam gegeben haben / welcher in der gelehrten Brachmanische̅ Sprache schlechten Sandel bedeutet. Dieses hat vielleicht Matthiolum zu der Meinung gebracht / womit er vorgibt / daß das rothe Sandel-Holtz an und vor sich selbsten keinen Geruch hätte / und so man einigen daran bemerckte / solcher von dem gelben und weissen Sandel-Holtz / worbey es etwa gelegen / herrühre. Wann aber der Baum deß rothen Sandel-Holtzes (ausser dem einigen Geruch) in keinem Theil / weder an den Blättern / Blumen und Früchten noch einer andern Absicht mit dem gelben und weissen Sandel-Baum übereinkommet: Uber diß auch noch keinen Geruch haben solte / so möchte ich diesen guten Botanicum wohl fragen / aus was Ursachen und aus was vor einem Grund das Holtz eines solchen Baumes (der eigentlich das Caliaturs-Holtz gibt) mit dem Nahm deß Sandel-Holtzes beleget worden? gleichwie ich hingegen nicht begreiffen kann / mit was Fundament man ein sothaniges Holtz / welches den Geruch und auch den Namen deß Sandel-Holtzes (und zwar in dem Land / wo es wächset und worvon solcher Nahme ist an die Perser, Araber und folgends auch an die Europaeer fortgepflantzet worden) führet / eben wohl vor Sandel-Holtz zu erkennen / Schwürigkeit machen und bedenckens tragen wolle? worzu M. H. H. biß dato auch schwerlich zu bringen gewesen; und ob sie wol in dero letzten erstlich wohl zugeben / daß das Caliaturs-Holtz eines mit dem Sandel seye / auch solches mit außtrücklichen Worten zuerken̅en gegeben / so geben doch die folgende Worte / so von dem Handel und Gewerb spottweis angeführet worden / klar an Tag / daß solche vorige Declaritung bey M. H. Herrn kein rechter Ernst gewesen / sondern daß derselbe viel lieber noch das Gegentheil zu behaupten suche; zu welchem Ende sie auch objiciren / daß die Portugiesen und andere Indianer / die sie angetroffen haben / das Caliaturs-Holtz vor kein rothen Sandel hätten annehmen wollen / und daß auch die Chineser unter beyden auch einen Unterscheid machten. Nun will ich diese Leute wohl vor erfahrne Personen passiren lassen: Allein die Frage ist / ob jemand von ihnen allen / den besagten Caliaturs-Baum / wie auch den andern / welcher der rechte und also vermeinte Sandel-Baum seyn soll / mit ihren eigenen Augen gesehen haben? Und wann sie dieses noch alle bejahen könten / würde man doch in allen noch nicht gantz sicher seyn / sondern man müste einen jedweden exact wegen der Gestalt von beyden Bäurmen und deren Theiln / benebenst deren Pflantzung un̅ Versetzung / in einem und andern unterschiedlich befragen / unter andern aber hauptsächlich examiniren / ob das Caliatur-Holtz / vornehmlich wann es alt ist / einen Sandel-Geruch in sich babe. Wann er nun dieses vermeinet / so ist eimnahl ohnfehlbar / daß er keine gewiesse Erkant nuß des Baums habe / sondern all sein Vorgeben untüchtig sey: legt er aber demselben einen Geruch bey / so wäre bey ihm ferner nachzuforschen / warum er dann denselben nicht unter die Sandel-Bäume zehle? warumb er den andern Baum (den ich jetzo supponire zu seyn) darunter rechne / den ersten aber ausschliesse? ja man könte ferner denselben in ansehen des Caliaturs-Baum tentiren / ob ihm auch bewust seye / daß das äussere von diesem Baum / zum wenigsten / wann er noch jung ist / auch weiß seye und wau̅ man denselben presse oder quetsche / einen rothen Safft / wie Blut ihräne / welcher an der Farb / wie ein Pegusischer Rubin / mit einem glasichten Glantz / welchen man vor eine recht gute Sort von Drachen-blut halten kan: worvon künfftig ein mehrers werde zu sagen haben. Wann man dann solche Leute wegen dieser zwey Höltzer (worunter das eine gewiß / das ander aber nur eingebilder ist) also auf allen Seiten von fornen und von hinten und also zwerch-weiß durch einander fragen würde / so zweiffele gar nicht / man werde sie in ihren Reden zweiffelhafftig und ungleich finden / daß sie wegen ihrer Difformität sich untereinander selbsien werden refutiren müssen. Doch ich weiß nicht / warum ich mich wegen eines solchen Sandel-Holtzes das bey mit noch gantz imaginaire ist / so tieff einlassen solle / da ich albereit ein wahres entdecket und angewiesen hab? und warum ich noch einige Absicht auf das blose Vorgeben mache / welche entweder gar nicht oder auf allen nicht gnugsam in denjentgen Landen bekandt sind / in welchen das rothe Sandel-Holtz eigentlich fällt / und zwar ohne den geringsten Beweiß oder Grund ihres Vorwandes oder auch einige geringste Anweisung hinzu zugeben? da ich hergegen die Authorität so vieler Chiolias oder Küst-Mohren / so alle Einwohner auf den Land Coromandel, da das Caliaturs-Holtz wächset / gebohren / oder davon herstam̅en / auch allda gewesen und allhier unter den Maleyers und andern mit dem allgemeinen Nahmen Chadzja bestens bekandt sind / auf meiner Seiten hab / welche alle / soviel ich und andere dieselbe deßwegen befraget habe / einträchtiglich das Caliatur-Holtz vor das vom Sandel-Baum kommend erkennen / auch kein anders ausser diesem zu zeigen wissen / an welche / als subtile Negotianten und Kauff-Leute / so in allen Sorten der Waaren sehr wohl erfahren / und als Zeugen von einer Specerey die in ihrem Land wächset / und worbey sie sonsten den geringsten Nutzen oder Interesse nicht haben / ich völligen Glauben beymessen muß; oder könte von dergleichen Sachen keine declaration auff der gantzen Welt [35] fest stehen / welches eine grosse absurdität wäre / und M. hochgeehrten Herrn in so vielen Erfindungen / die sich allein hierauff gründen / durch Verlierung deren Credits / am meisten schaden könte. Gleichwie dann ein gleichlautend- und einstimmiges Zeugniß / von einer indifferenten Sach / derjenigen Einwohnern / die derselben kundig und erfahren sind / nicht allein bey den Liebhabern der Botanic, sondern auch meist allen andern Untersuchungen gültig sind; so kann ich deren Anführung auch vor mich / in dieser das Caliatur- und Sandel-Holtz betreffenden Sach / zu einer guten Prob meiner wenigen Meinung gebrauchen; da doch zu dessen persvasion, dieses argumentum ab authoritate eben nicht nöthig hätte / indem ich durch eigene Erfahrung und genommenen Augenschein deren Gewiß- und Sicherheit avanciret habe: Zumahlen diese Sentenz auch durch die vorige passage aus dem Garcia ab Orta sehr bekräfftiget wird / allwo in sehr klaren und deutlichen Worten bestättiget wird / daß der rothe Sandel-Baum / auf der Küste Coromandel wachse. Da nun kein ander roth Holtz / als das Caliaturse / von einem Sandel-Geruch allba zu finden ist / auch dorten unter dem Nahmen diß rothen Sandels bey den Kräuter-Verständigen gültig ist / wie ich zuvor schon dargethan habe; So ist ja evident und am Tage / daß das Hertz von dem Caliatur-Baum nichts anders als das rothe Sandel-Holtz sey: scheinet auch / daß die aestime und reputation dieses Scribenten / welcher bey meinem hochgechrten Herrn in so gutem credit und valeur stehet / denselben kurtz vor diesen letztern Brief zu der Erklärung und condescenz wegen des Caliaturs-Holtz (welches doch innerlich anderst zu seyn scheinet) bewogen habe / da ich doch in meinem Brief vom 5. Maji 1683. schon in Obacht genommen hatte / daß dieser Indianischer Materialien-Schreiber / die Küste auch unter eines von denen Landen stellet / da das Sandel-Holtz von herkommet / sagend / daß dasselbige noch Indien binnen dem Fluß Ganges zu finden / allwo er die Provinz Tanassarim hinstellet; Und weil mein hochgeehrter Herr diesen letzt-benahmten Platz in den Carten nicht finden kann / so muß demselben hierinnen etwas zurecht helffen. Sie belieben dan̅ dieses Tanassarim nicht sowohl in dem Land Coromandel, da / wie es scheinet / sie solches zu finden vermeynet / als daß sie sich vielmehr in die Ost-Küste von dem Bengalischen Golff / auf Seiten der Stadt Martavan wenden / so im Königreich Pegu gelegen ist / allwo sie diesen See-Platz sollen antreffen / welcher unter dem König von Siam gehöret; Gleichwie von dieser Stadt auch viele die Reiß über Land thun / umb nacher Zoddia, da der König residiret / zu kommen / zu welcher Reiß man gemeiniglich einen Monath / oder auch sechs Wochen / und zwar meist durch lauter Wälder / zubringet. Dieses Tanassarim wird / in Ansehen daß es wohl gelegen / (da anderst ein grosser Umweg von der Straß Malacca zu nehmen wäre / dabey auch die Gerechtigkeit wegen der Durchfarth profitiret wird) meistens von den Coromandelischen Moren und Heyden / und da beneben von den Portugiesen und Engelländern / niemahlen aber / oder gar selten / von der Niederländischen Compagnie befahren / welche dorten alle Waaren / und Kauffmanns-Güter / so dieses Königreich außwirffet / in der Menge antreffe / auch alles dasjenige / was diese Landschafft trägt / wieder anbringen können. Das Caliatur-Holtz / so gantz fest / massiv und ziemlich schwer ist / wird meistens zu ihren Farben verhan / wie auch zu Bäncken / Bett-spannen / Stülen sc. verarbeitet / dabeneben auch ein klein Theil darvon zur Artzney gebrauchet / indem all dasjenige / was zu dem letzten Ende durch die gantze Welt distrahiret wird / in Ansehen und Proportion des so grossen / weiten und breiten Bezircks dieser landen / gantz keine merckliche und considerable Quantität außmachet; Weßwegen sie hierzu gemeiniglich dasjenige Holtz außlesen / welches älter / höher und dunckel-röther an der Farbe / und folglich auch stärcker an dem Sandel-Geruch ist / als das ordinaire, welches man / wie oben gemelder / zum färben branchet / und den Armeniern zu Sjiranz und Spahan meisten zu ihrem destillirten Branderwein dienet / welchem sie damit eine schöne hoch-rothe Tincture geben. Indessen stehet mir der Sandel-holtzichte Geschmack / so zugleich dem Brandewein mit getheilet wird / zum wenigsten nicht an / und solte ich denselben lieber pur, ohne Beymischung dieses Materials vor nuch begehren. Gleichwie nun sehr lang vor der Entdeckung von Indien durch die Griechen / und nachgehends auch durch die Römer / die wohl alle frey / doch auch civilisiret waren; Also ist nachgehends von alten Zeiten her / auch zwischen den nach Osten gelegenen Landschafften und Persten / wie auch Arabien eine mutuelle Handlung und commercium von Medicinischen und andern Waaren / gestister und getrieben worden / und ist die Küst von Africa, sambt denen dabey gelegenen Insuln / erst lange hernach in Kundschafft gekommen / wiewohl der Einwohner wilden Art wegen / nichts als die blosse Ufern von Zangibar und von der Costa dos Caffares (wie die Portugiesen diesen Strich des Landes uennen) und eimge Städte / als unter andern Melindo, Magadoxo, Sofala &c. und folglich einige Insuln darumb frequentiret / der übrige Rest solcher Landen aber in einem dicken Nebel der Unwissenheit gelassen worden. Solcher Gestalt ist unter andern auch das rothe Sandel-Holtz / wiewol noch lange Zeit hernach / auch Indien in Persien und Arabien gebracht worden: Gleichwie darumb Avicenna und andere Arabische Medici, die ich noch gesehen hab / von keinem andern Sandel-Holtz Meldung thun / auch kein anders kennen / als dasjenige / so aus Indien kommt / auch allda wächset: So wenig auch Garcias ab Horto von einem andern rothen Sandel weiß / welcher doch in Untersuchung dergleichen Dingen curieus genug ist. Weil aber doch India mit seinen Insuln sehr nah / oder doch meistens eben die Pflantzen hervor bringt / die in der Ost-Küst von Africa, Madagascar, &c. wachsen; so habe / wie meine Briefe an M. H. [36] Herrn sollen außweissen können / gedacht / nicht unglücklich zu seyn / daß der rothe Sandel-Baum auch in Africa oder der Gegend möchte zu finden seyn / wie derselbe allda seither dem auch gefunden worden / indem ich in meinem Anwesen jüngsthin in Gamron vernommen habe / daß sie zu diesen Zeiten / das rothe Sandel-Holtz nun meistens von den Africanischen Küsten geholet / und ferner in Arabien und Persien / auch mithin selbst in Soeratto gefübhret würde / und zwar wegen Bequemlichkeit der Fahrt / die sie in sehr kurtzer Zeit hin und her ablegen können; Zu geschweigen / daß man es auch umb einen sehr billichen Preiß dort haben könne. Es kann auch seyn / daß / wie sonsten der Grund und die Lufft / die Kräfften und Unkräfften der Kräuter sehr befördern / das Holtz auch allda kräfftiger und besser sey / als in Indien und dessen Insuln / wovon doch noch nichts gewisses sagen / viel weniger einen Unterscheid unter dem einen oder dem andern machen kan. Nachdem man aber / nach der Gelahrten Regel / sein Urtheil und Meinung / d. i. sein praedicatum, nicht weiter und ferner extendiren darff / als nach dem Maase von dem gewissen Erkantnuß und Wissenschafft / welche man zu der Zeit von einer Sach oder von dem subjecto hat / nachmahls aber solche weiter außbreiten kann / wenn man von einer Zeit zu der andern mehrere Entdeckung und noch mehrere Umstände von dem subjecto überkom̅en hat / wornach sich eines jeden Meinung / umb bey der Warheit zu bleiben / und nichts zu bejahen und fest zu stellen / da man nichts von weiß / zu richten hat: also habe ich damahln / als die Gestalt und Schwachheit derjenigen Fahrzeuge / deren sich die Javaneu und Maleyer zu gegenwärtiger Zeit bedienen / betrachtete / dieser Nation auch keine weitere und abgelegnere Fahrt zuschreiben können / als die mit solchen Nachen und Bewandnuß der See / darüber sie musten / wie auch mit dem Wind und Wetter / so in dieser passage regieren / nach proportion übereinkom̅en / krafft dessen der Begriff dieser ihrer Schiffart sich von mehr als hundert / ja wohl über 2. oder 3. hundert Jahren / nicht über das Vermögen ihrer Fahrzeug außgestrecket hat / so lang sie nemlich keine schwerere im Gebrauch gehabt haben; So hab ihre Schiffart mit ihren eigenen Nachen in solche Terminos geschlossen / ohne daß die geringste Gedancken an die Uberfahrt dieser Nation gehabt hätte. Nachdem aber in denselben Historien angemercket habe / daß die Dzjongs, und auch andere capable Schiffe / womit sie den grossen Ocean haben bauen kön̅en / in ihren Schiffarten sind gebraucht worden / und sie also auch grossen Handel und Wandel auf der Küste von Coromandel getrieben hätten: zugleich die Entlehnung der Heydnischë Küsten / Religion und ihre Sprach (indem die hoch-Javanische wohl mit drey viertel von dem Brachmanischen und Malebaarischen durchmenget ist) auch Annehmung derer Schrifft deutlich genug außweiset / daß die Befahrung und Communication zwischen beyden Nationen ehemahln gewesen seye: darneben auch in der Historie von Madagascar, so der Hr. de Flacourt A. 1661. heraus gegeben hat / gefunden und angemercket habe / daß die Sprach von derselben grossen Insul mit einem guten Theil Javanischen und bastard Maleiischen Worten durchmenget sey / und zwar mehr als in einer Sprache / die eine gantz besondere und von allen andern unterschiedene Art hat / sonsten gefunden werden; So muß ich dan̅ hier auch vor fest halten und schliessen / daß die Javanen nicht allein Arabien und die Küste von Africa, sondern auch die Insul Madagascar selbsten mit ihren eigenen Schifflein besuchet mögen haben / wohin sie nicht allein ihre Waaren / so in ihren eigenen Ländern fallen / verführen / sondern auch wiederumb von dar andere einnehmen konten; Wie dan̅ der Javaner Schiffart zu der Zeit sowol nacher Osten / als nacher Westë außgebreitet war / ohne daß es nöthig gewesen wäre / daß die Arabier und die Kauffleute von dem rothen Meer / die Waaren erst von denen Africanischen Küsten sc. ab. zuholen / gleich M. H. H. wahrscheinlich vorkame. Es thut aber der Beschreiber dieser Insul von solcher Fahrt der Javaner (welche doch nichts weniger sicher und gewiß ist) gantz keine Meldung / dieweil er schwerlich daran dencken können / indem er sowol in der Javanischen als in der Maleiischen Sprache unerfahren / auch die Keisen dieser Völcker / die noch zur Zeit mit so gar schwachen Fahrzeugen fahren / nit vermuthlich waren. Hergegen hat Iohannes de Baros, ein Portugieser Scribent, so gantz authentig ist / schon einen warhafften Bericht von 100. Jahren bekommen / und in seine Decades gesetzet / daß die Schiffart der Javanen zu alten Zeiten aller Orten hin / biß nach Madagascar zu (welches er außdrücklich nennet) sich erstrecket habe: Er habe nun solches aus tradition und Erzehlung der Javaner / oder deren Völcker / welche dieselbe Insul bewohnen / empfangen / oder aus Betrachtung der grossen influenz, so die Javanische in die Madagascarische Sprach gethan / geschlossen / so gilt es gleichviel. In welchem aevo aber diese ihre Handlung und Wandlung in die abgelegene Länder am meisten im Schwang gegangen sey / erkühne mich (aus ermangelender Nachricht) nicht zu determiniren: Doch könnte man wol schliessen / daß diese Seefarth und Commercien nach der Küst Coromandel, Ceilon, Malabar, die Küst von Indien / Arabien und Africa, damahln zum ersten in Ubung gekommen / nachdem sie sich von gantz Sumatra, wie auch von der Maleitschen Küste Meister gemacht / und durch Besitz der Malakschë und Sondasischen Strassen / den Schlüssel zu dem gantzen Handel nacher Ost- und Westen / in ihre Hände und Gerwalt bekommen haben / indem zur Zeit des Marci Poli Veneti, eines berühmten Reisigens / sowol zur See als zu Land / ohngefehr umb die Jahre 1280. und 1290. die Stranden der Insul Sumatra von den Javanen noch besetzet gewesen / un̅ zwar nicht sowol unter einem Monarchen oder einigen Beherrscher / als in verschiedenen Fürstenthümen zertheilet: Wie dann eben dieser Reisende / diese Insul selbsten vor Giáva, d. i. Java hält / un̅ also benahmet / auch darunter rechnet. Daß also der Nahme Java vor Alters / in Ansehen der sehr [37] grossen Conquesten / so diese Nation gemacht / sich über ein weit mehrers Land als jetzo / außgestrecket habe / und scheinet / daß Ptolomaeus, wie auch andere alte Geographi, solches unter dem Namen Jabadij oder Jabadin, und im Grichischen ???, außgedrucket haben / welcher Name (wie die Scribenten sehr wohl annotiren) eigentlich Hordei Insulam, d. i. eine Gersten-Jusul / bedeutet / weßwegen noch heut zu Tag das Wort Jawa in der gelehrten Brachman̅ischen Sprach / Gersten / und Diu in der Indischen Sprach eine Insul heisset. Weil aber diese Frucht nirgendwo in allen diesen Indischen Insuln wächset oder gezogen wird / scheinet es / daß solche Scribenten vielmehr die Bedeutung oder signification solches Worts / als die Ursache dieser Etymologie anzeigen / und kan man doch das Wort Jaba diu wol in dasjenige / womit die Insul Jaba oder Jawa benennet wird / übersetzen. Die Motiven nun die ich habe / solche Meinung zu fassen / daß nemlich die Javaner / nach Beherrschung Sumatrae und andern darbey gelegenen Oertern / zu erst ihre Fahrt nacher Arabien / die Küst von Africa und der Insul Madagascar&c. angestellet haben / sind / weil (I.) das Javanische / so in die Madagascarische Sprach eingeschlichen / mit verschiedenen gebrochenen Maleiischen Wörtern vermenget befinde / und zwar mehr als in der ordinairen Javanischen Sprach vorkommen. (2.) Wird diese Meynung noch sehr bestätiget / weil die Araber noch heut zu Tag die Maleiische Sprach Lisaan Dzjawi, d. i. die Javanische Sprach nennen: Gleichwie dieselbige auch bey den Maleyern unter dem Nahmen Bahasa dzja̅wi, in eben der Bedeutung als im Arabischen bekant ist / zum mercklichen Schein / daß die Javaner die Maleiische Nation unter ihrer Bottmäßigkeit gehabt habe. (3.) Kan man diese Meynung noch fester machen / wann man die Waaren / so die Javaner unter audern in Arabien zu Kauff brachten / ansiehet / welche ausser den Specereyen und dem Ligno aloës meisten Theils in dem feinen Campher und Benzoin bestunden / welche beyde letztere eine sehr considerable Kauffmannschafft von grossem Werth / abgeben / wovon damahln / wie annoch / die Insul Sumatra die beste Sorten außwirfft / indem dieser köstliche Campher zu der Zeit aus dem Land von Batas oder Bátahs, da dieser Baum in grosser Menge wächset / gezogen / und in einem darunter gehörigen See-Kauff'-Platz Pantsur oder Pansur genennet / außgestapelt wurde / welcher an der Noort-Seiten von Sumatra, ein Stück von Atsien, das die Unserige Atsiin oder Achin heissen / gelegen / zu vorigen Zeiten sehr volckund handel-reich war / in diesem aevo aber schwerlich jemand bekant ist. Dieser Orthatte zugleich einen HHam zah Pansuri, das ist / Hhamzah von Pansoer, so bey den Maleyern wegen seiner Maleyischen Sjäir das sind Carmina) die sie Sjäir Hhamzoe Pansoeri neunen / sehr aestimiret war / und wegen seiner Geburt und Wohnung diesen Ort sehr berühmt gemacht hatte / und deßwegen auch von dem Marcus Polus Venetus besuchet wurde / welcher denselben Fausur soll genennet haben / wofür abusivè Faufur gedrucket ist; Dergleichen Mißverstand / durch übele Lesung und undeutliche Schrifft der Originalien an den eigenen Nahmen frembder Personen und Städten / heut zu Tage noch sehr offt in acht genommen wird. So ist auch dieser Platz eine Residenz des Radzia gewesen / welcher über das dar um gelegene Land herrschete / so dieser Reiß-Beschreiber das Reich von Fausur geheissen / welches er unter das sechste Königliche Gebiet des kleinen Javae zehlet / und davon / nach meiner Ubersetzung aus dem Italienischen / also redet: „Fausur ist ein Königreich / und hat einen König „über sich selbsten / dessen Unterthanen die Ab „götter anbeten / und den grossen Can oder Cha-„an von der Tattarey / Sina erkennen. Allda „ fället der beste Campher, so zu finden ist / und „Campher von Fausur genennet wird / viel besser „als der andere / weßwegen er auch im gleichen „Gewicht gegen Gold bezahlet wird. So viel aus der Beschreibung dieses Marci. Es hat aber nachgehends die Unwissenheit der Copisten / den ersten Buchstaben in dem Wort Fantsoer, nemlich das Arabische F mit noch einem Punct darneben / in dieser Form ??? vermehret / auf welche Weise derselbe als ein K cum aspiratione oder Kh anzusehen / und lautet also dieser Nahme als Khantsoer; dahero von der Zeit der edle Campher, durch Verfälschung des Nahmens von dem Ort / Kasur Khantsoeri, das ist / Campher, von Khantsoer oder Khansur heisset; Wie dann neulich noch in Persien erfahren habe / daß die Kauffleute allda den feinen Campher, so auf Baros und der Gegend / oder eigentlich im Land von Ba̅takhs oder Batas, und auf der Insul Borneo gesammlet wird / Kafur Khantsuri nennen. So gedencket auch Avicenna dieses Kafoer Khansoeri oder Khantsoeri also in dem Arabischen Exemplar, welches zu Romgedrucket ist / mit solchen Buchstaben exprimiret / und von dem Plempius im Lateinischen Caphura Causurensis verdolmetschet: Wobey Bellunensis anzeiget / daß in etlichen Arabischen Abschrifften von diesem Authore Fansoeri gelesen werde / welches so viel als Campher, von Fansur, oder / wie er saget / Campher von Fansor bedeutet / welches auch mit der Pronunciation der Kauffstadt näher übereinkomint / so eigentlich Pantsoer oder Pansor auf Maleiisch oder Javanisch ist / indem die Araber selbsten kein P. auch sonsten keinen andern consonantem haben / als das ??? oder. F so mit desselben Klang besser accordire. Am allerbesten aber hat es der alte Arabische Medicus Serapio getroffen / wann er den Nahmen dieses köstlichen Simplicis mit Caphura de Pansor außgedrucket hat. Die andere Waar / so meistens Sumatra fournirete / ist der Benzoin, weil allda der schönst- und weisseste / wie er irgendswo fallen kan / durch die Javanen eingesammlet und in Arabien sc. gebracht wurde / so lang sie nemlich diese Insul beherrscheten: Weßwegen die Araber auch diesen Sumatranischë [38] Weyrauch Lubaan dzja̅abi, das ist / den Javanischë Weyrauch geheissen haben / wovon durch Abschneidung der ersten Sylben Lu und pronunciation der zweyten Sylben baan, beyde von dem ersten Wort Lubaan, nach der Araber Gewohnheit / da der Gelaut von aa oder doppelten a in das ee oder doppelt e, oder auch in ein Grichisches ??? verwandelt wird / und nach der Außsprach / welche die Europoeer von diesem Buchstaben zu formiren gewohnet sind / das Koppel-Wort Been-dzjawi entstehet: Und weil die Portugiesen gemeiniglich den Klang von e e mit einem eintzeln e außdrucken / darbeneben auch vor ein zb so in ihrem Alphaber nicht zu finden ist / die zwen vocales ao in diesen Platz stellen / und dann die Außprach von einem dzi sehr nah mit einem Z von dieser Nation übereinkommet; So wird dieser Nahme Been-dzjawi nach der Portugiesen Sprach in Benzaoi verkehret / welches endlich durch Außlassung des Buchstabens a und Beyfügung des n am Ende / mit der Zeit in Benzoin verändert worden / welches Wort biß auf den heutigen Tag noch geblieben ist. Ferner / gleichwie ich zuvor aus vorigen Ursachen keinen Staat machte / daß die Seefahrt der Javanen und Maleyer sich biß an die Küsten Africae und dessen Insul sc. außgestrecket hätte / auch ich bey denenselben nicht mercken können / daß sie auch die geringste Wiffenschafft von dem Land der Zengis oder von Zengibar hätten / so dörffte ich das Wort Zang’gi, so nach dem Wort Tsjandana, umb rothen Sandel zu bedeuten / beygefüget worden / der signisication nach nicht weiter extendiren / als damit allein die schwartze oder braune Farb abzubilden / welche nach der schwartzen Haut der Zengischen Nation den Nahmen hat bekommen / weil mir in Golkonda gesaget worden / daß viele Dinge / so allda zu finden sind / so genennet werden / nur deren schwartze Farb anzudeuten / und nicht zugleich die Sache selbsten solcher Nation dadurch zuzuschreiben / wie sie unter andern allda die schwartze Myrabolam Zengi harareh, d. i Zengische Myrabolanen nennen / nicht nach einem frembden Land / weil diese Frucht rings umb Golkonda selbsten wächset / und allda auch angeschaffet wird / sondern allein nach der Farb / woran ich dann auch die Bedeutung des Worts Zang’gi allein bande / zumahln ich befande / daß die Hindostanische oder Decanische Sprach auch eiuigen Zutritt in das Maleiische hatte, Nachdem ich über seither in der Histori von Hhamzah, so aus dem Persischen in das Maleiische übersetzet ist dieses Worr Zang’gi auch in dem Verstand und Bedeutung der kraußhärigen schwartzen Africanschen Nation gelesen habe / hernach auch sichere Merckmahle eines völligen Beweises gefunden / daß diese Indische Einwohner die Küste von Zangibar und die Insul Madagascar sc. Auch be???ahren hätten / und dann mir jüngsthin in Persien auch erzchlet worden / daß der rothe Sandel nicht allein auf dieser Küste zu finden seye / sondern auch davon verführet werde / so darff ich nun meine Meynung wohl so weit außbreiten / daß dieser Beynahme Zang’gi in Ansehung und Bedeutung der AEthiopischen Nation diesem Holtz sey beygelegt worden / obwohl ich biß daher in keinem Arabischen / Persischen und Indianischen Büchern oder Schrifften Sandal Zendji, oder / wie es die Frantzosen außsprechen / Zengi, oder Sandal Zengi, diß letzte Wort nach unserer Außsprache zu lesen / das ist / den Zengischen Sandel angeführet / in acht nehmen kön̅en. Marcus Polus Venetus schreibet in dem 35, Cap. seines dritten Buchs / daß auf der Insul Madagascar gantz grosse Wälder voll rother Sandel-Bäume seyn / welches ich gar wol glauben kan / in Ansehen der grossen Gemeinschafft / welche dieselbe Gewächse mit den Indischen haben; Wiewohl Flacourt in feiner Beschreibung dieser Insul / hievon nichts meldet / weil er die Bäume vielleicht noch nicht gekant hat. Weil er aber doch zweyer Bäume gedeneket / und deren einen Endrachendrach und den andern Siramanghits geheissen / welche beyde Höltzer den Geruch des gelben Sandel-Holtzes haben / und also darunter auch wohl der gelbe Sandel- Holtzes haben / und also darunter auch wohl der gelbe Sandel- Baum möchte enthalten seyn / so dörffte ich noch eher praesumiren / daß der rothe Sandel allda auch wachse / weil ich auf der Küste erfahren habe / daß beyde Bäume auf hohen und bergichten Ländern gern beyeinander wachsen; Weßwegen ich auch demjenigen / was mir eine gewisse Capitains-Wittib oder Mestica aus Timor gebürtig / und eines Portugisen Tochter / welche in Erkantnuß der Kräuter sehr wohl versiret war / erzehlet / wie auch dem Capitain Ionker, welchernach seinem Bericht zur Zeit des Herrn Vlaming, den Sandel- Wald allda frequentiret hat / einen starcken Glauben beymesse / indem ste hierinnen übereinstimmen / daß das gebräuchliche rothe Sandel-Holtz allda nicht ermangele / gleichwie mir auch noch andere solches bestätiget haben / und dem Venetianischen Reistgern Marco auch wohl bewust gewesen / daß India auch rothen Sandel zeugete / indem er im 17. Cap. Seines 3 Buchs einer Insul gedencket / welche in dem Italianischen Exemplat von Ramusio heraus gegeben / Nocueran heisse / so allen Umständen nach die Nicubares seyn soll / wobey er eine audero Insul / in eben demselbigem Exemplar Anagamàn benahmset / dicht ansetzet / welche ohne Zweiffel die Andamans seyn wird / indein sie gleiche distanz. bestehend in 150. Italianischen Meilen / von Lambri dem Haupt-Ort seines 5ten Reichs in klein Java, sonsten besser Lamni genennt / umb Arsich gelegen / abgelegen sind: Von welcher erst-be- „nahmten Insul er berichtet / daß alle die Wäl- „der allda sehr edle Väume / von einem grossen „Werth zieleten / und (unter andern) darinn „weiß und roth Sandel-Holtz zu finden sey / zu „einem gewissen Merckmal / daß die beyde Sorten gern in einem Land herfür kommen. Nicht weniger meldet Hieronimo de Sancto Stephano von Geno áa in seinem Brief vom I. Sept. 1499. so er [39] zu Tripoli de Soria geschrieben / von einem gewissen Ort / Sogomentil mit Nahmen / daß allda“ das rechte Sandel-Holtz in solcher Menge wach“ se / daß sie auch ihre Häuser davon baueten / „ allwo er von der Insul Ceilon in 12. Tagen“ angekommen / und einige Zeit hernach wieder“ von dar nach Pegu gereiset / und nachdem er“ noch anderthalb Jahr in diesem Reich geblieben / ferner nach Malacca kommen seye. Diese Landschafft nun / welche ohngefehr so viel Tag-Reise von Ceilon abgelegen / und auch zwischen demselben und Pegu zu finden ist / und wo das rothe Sandel-Holtz in so grosser Menge wächset / kan keine andere / als die Küste von Coromandel seyn / wovon der Nahme Sogomentil durch eine depravation auch mag herkommen seyn / indem längst der gantzen Küste biß an Pegu zu / meines Wissens kein anderer Nahme zu finden ist / welcher solchem näher kom̅e: Solte auch wol seyn / daß der Nahme dieses Landes / durch diese Person / einem Haupt-Platz darinn beygelegt worden seye / gleichwie man in Persien sc. Darvon Exempel genug hat / wo Nagapatan, ein Capiral See-Platz / von dem Land Tandzjawoer, so unter Coromandel gehöret / in denen Negotien-Büchern der Niederländischen Compagnie wol Coromandelam, das Coromandel selbsten ist / genennet hat. Weil aber doch die gantze Provinz Tandzia-woer ein flaches und offenes Land ist / ohne Gebürg / und nicht allein allda / sondern selbst im Fürstenthum Madurè oder in der Gegend noch kein Caliatur- das ist / roth-Sandel-Holtz zu finden ist / so solte ich lieber dafür halten / daß unter dem General- Nahmen des gantzen Coromandels die Stadt Meilaxoer, allwo der Apostel S. Thomas soll begraben liegen / dadurch eigentlich verstanden müsse seyn / dieweil sowohl allda / als auch zu Paliacotto, Caliatur und audern See-Plätzen / so dicht darbey / aber West-warts ins Land liegen / allein Caliaturs-Holtz zu finden / und sonsten nirgends auf der Küsten fället; worunter der erste Platz / wegen der Schiffart und Commercien / absonderlich aber wegen procuration der gewebenen und bunten Decken / zu der Zeit der ansehnlichste und berühmbteste / unter allen andern dar umb gelegenen Oertern war: wozu noch der schöne frische Fluß / so dicht daran herfliesset / das plaisirlich- und fruchtbare Land der gute Hafen und Ancker-Grund / so einen Musqueten Schuß weit unter der Stadt gelegen / wie auch desselben Heiligkeit / so bey den Heyden sehr berühmt gewesen / viel beygetragen haben / wie die sehr grosse Zahl von Pagodon, so allda gestanden haben / solches genugsam außweisen können; Zugeschweigen / daß die Traditionvon der Mattyrisation und Grab des Apostels S. Thomas diese Stadt auch sehr bekant gemacht hat / in Ansehen dessen / sich viele Nestorianische Christen / und darunter auch viele Armenier dahin gezogen haben: Wie dann zur Zeit Marci Poli Veneti, die Kirche dieses Apostels von den Christen besetzet und bewahret gewesen / auch Nicolaus Venetus, so Anno 1400, diesen Platz bereiset gehabt / und denselben / wie sein Landsman̅ unter die Landschafft Malabar stellet / bezeuget / daß die Stadt Maliapor, wie er sie nenet / damahln“ von 20000. Menschen bewohnet gewesen sey / „ und der Cörper des Apostels S. Thomas in einer“ fteyen Kirche begraben liege / die Einwohner“ Nestorianische Christen (das ist vor das gröste“ Theil Armenier) seyn / welche zu der Zeit durch“ gantz Indien / wie bey uns die Jüden / zerstreuet“ gewesen. Diese Armenier haben den Besitz dieser" Kirchen und ihre Einwohnung allda diß auf die Ankunfft der Portugiesen behalten / welche jene heraus verbannet / und die Stadt / wie auch die Obsicht des H. Grabes / wegen Gelegenheit zum Kauff-Handel / wie auch andern Bequemlichkeiten / so eben schon gemeldet worden / sich seldsten zugeeignet / dieselbe mit steinern Häusern / sern / Kirchen und Klöstern / auf Europaeische Art und Weiß gedauet / und nachgehends auch mit einer Fortification von Berg- und gebackenen Steinen umbgeben haben / und ist mir zu der Zeit / als die Frantzosen die Stadt an uns überlassen haben / noch eine Armenische Bibel in Folio, so sehr curieus geschrieben / mit einem güldenen Band gezeiget worden / welche zu der Kirchen von S. Thomas gehörete / und durch die Portugiesen den Asiatischen Christen / nebst vielen andern Zierathen / war abgenommen worden. Gleichwie nun ferner obgemeldter Hieronymus von Genona, ein Jubilirer und Kauffman̅ von andern Gütern war / und zu dem Ende / in Hoffnung eines Gewinns / diese weite Reise allein unternommen hatte / indem seine Briefe aus, weisen / daß er nachmahln viele Asiatische Kauffleute hier und darhin hat reisen lassen, umb vor ihn Jubelen / Perlen und andere Waaren / einzutauffen / auch mit den Armeniern vielen Umgang und Gemeinschafft gehabt hat / welche zu der Zeit die vornchmste frembde Handelsleute zu Venedig waren; so ist es auch glaublich / daß er keinen andern Platz / als Meilaxoer, oder S. Thomae erlesen habe / weil zwischen Ceilon und Pegu, nirgends als allda oder in der Gegend / billigern Einkauff von den besten und profitablesten Waaren / welches das Königreich Pegu träget / und woraus sein Capital meistens bestunde / zu finden gewesen / welche er nachgehends in das Reich verhandelte. Unter diesen aber befunden sich meistentheils die schön-gewirckte oder gemahlte Kleider / auf Pegusische Art und Weiß gemacht / welche nirgends anders so hell und schön von Seiden fallen als auf S. Thomae: Welcher Ursach wegen dann vey den Portugiesen / als sie diese Stadt noch umen hatten / die Fahrt nacher Pegu eine von den considerablesten und nützlichsten unter allen war; daß also das Interesse dieses Reisenden und der Lauff von den Commercien nacher Pegu denselben leichtlich auf die Küste Coromandel und auf S. Thomae hat führen können / von welcher zu derselben Zeit die Schiffarth nacher Pegu sehr offen gewesen / und hat er vielleicht zur Herbeyschaffung [40] der bunten Deppiche die Zeit von sieben Monathe angewendet / welche / wie aus dem Erfolg seiner Erzehlung erhellet / er durch entstandenen Krieg zwischen dem König von Pegu und von Ava, an den erstgemeldten König zu verkauffen / genöthiget worden / nachdem er seine Waaren nacher Ava, da / wie er sagt / die Rubinen und viel andere Edelgesteine wachsen / überzuführen unterlassen und vergessen hatte; Woraus erscheinet / daß / nachdem er ein Jubilirer war / das procedido davon an Rubinen und dergleichen gestellet habe / weil dieses das vornehmste Capital war / das er von dorten zurück bringen können: Gleichwie noch heut zu Tag die Armenier meistens in und umb Ava, da die Rubinen eigentlich sind / die gröste Negotianten und die beste Erkenner dieser Art Jubelen sind; Wie danu auch nirgend anders auf der gantzen Küste Coromandel, als umb S. Thomae, Paliacatto und Caliatur, im Gebirge Westwarts ins Land hinein / das rothe Sandel-Holtz in grosser Menge zu finden ist / wie ich selbstë / als ich dieses Gebirg / so wol 16. Meil von der See gelegen / bereisete / in acht genommen habe / daß die Stützen und gröste Höltzer an ihren Pandels oder Kamaden sc. von dem Caliatur-Holtz (das sie auch zu anderem ordinairen Gebrauch anwenden) gemacht Warë / auch allda überall Bäume davon gestanden / als in dem vorder Gebirge / so mehr Westwarts lieget; Und weil die gröste und schwereste Bäume / deren Hertz am besten ist / in dem ersten Gebirge / alle Weg gehauë werden / so müssen sie zu dieser Zeit dasselbe wol 50 biß 60. Meilen von der See hohlen / und wird auch küufftig je länger je schwerer zu bekom̅en seyn. Unterdessen ist unter den 3. vorbesagten See-Städten welche diesem Gebirge am nähesten sind / keine gelegenere und bequemere / dieses Holtz sotieffaus dem Land abzuführen / und in den Straud zu bringen / als Caliatur, zumahln auch hier solches wieder zu Schiff zu???bringen / gute Gelegenheit ist; Welche Commoditäten dann gemacht haben / daß in den vorigen Zeiten / ja noch heut zu Tag / die Portugiesen dieses Holtz an solchen Platz meistens gestapelt und embarquiret haben. Dahero nun hat es den Beynahmen von Caliatur bekommen / und hat auch deßwegen Garcias ab Orta geschrieben / daß der rothe Sandel-Baum umb einige See-Plätze von Coromandel wanchse / worunter dieser Strich allein zu verstehen ist / weil man solches nur in dieser Gegend anschaffen kann / wie ich schon offtmals erwehnet hab / daß also nicht uöthig ist / dasjenige / was ich in meinem vorigen Brief weitläufftig abgehandelt habe / allhier zu wiederholen. Dieses wollte noch gedencken / daß dieser Platz zu gegenwärtiger Zeit / in diesem gantzen Land / nicht mehr unter dem Nahmen Caliatur bekant sey / sondern vielmehr Kristna-patanam, oder Kistina-patan heisse / worinnen dasselbige verwechselt ist / und bleibet die Gedächtnuß des vorigen Nahmens nur unter den Europaeern beybehalten. Es ist auch noch übrig anzuzeigen / wie doch der Nahme von Sogomantil aus dem andern Choromandel, oder wie die Portugiesen reden / Coromandel, oder nach unserer Außsprach / von Sjolo-mandel, wie die rechte Benahmung ist / transmutiret sey? welches man sehr gemächlich / natürlich und ungezwungen findet / wann man allein reflectiret / daß die Genouenser diesen Nahmen von den Armeniern / mit welchen sie fleißig umbgingen / und welche damahl auf der Küste / absonderlich zu Mellapoer, in so grossen Anzahl zu finden waren / entlehnet gehabt / welche den Consonantem L in ein G zu verwandeln gewohnet seyn / wie unter andern aus denen Nahmen Salomon, Paulus &c. erhellet / welche nach ihrer Außsprach in Sogomon, Bogos &c. verändert werden: Dahero das Wort Sogomentil an statt des Worts Salomontil stehet; Und weil das T mit dem D sehr nahe einen Klang haben / zugleich auch das a und e, wie das e und i, wann sie kurtz sind / bey den meisten Orientalischen Völckern / bey nahe ohne Unterscheid gehalten / und eines vor das andere genom̅en wird / so soll dieses Wort auf eine sehr leichte Art und Weise in Solomandel sich äudern / welches mit dem rechten Nahmen Coromandel oder Sjolo-mandel viel näher zusammen stim̅et / als das Wort Coromandel, wie es nach der Portugiesen Weiß zu lesen wäre / und ist der Unterscheid zwischen dem S und dem Schi in der Außsprach so klein / daß einige unter den Hebraeern an die beyde den Laut von dem ersten Buchstaben / das ist / von dem S gegeben haben / gleichwie uns die H. Schrifft bey der Außsprach der beyden Wörter ??? Sibbolet und ??? Sjibbolet klärlich zeigen; Aus welchen Grund dann auch dieses Solo-mandel vor Sjolomandel dienet / und hat das Wort mandalam oder mandel, so im Brachmanischë eine Landschafft von 40. Tag Pagody-Einkommen bedeutet / seinen Vornahmen von einem Sjola-rádzia, so ein sehr hoher und berühmter König gewesen / welche derselbe beherrschet hat / bekommen. Nun folget M. H. H. härtester Gegenwurff und Objection gegen das Caliaturische Sandel-Holtz / welche bey nahe auf Ironische Art und Weise / mit einem argument ab absurdo & incredibilitate vorgestellet worden / und im Werck selbsten hierauf ankom̅et / daß / wann dieses das rechte Sandel-holtz w wäre / sie in Amboina gewiß un- „höfflich gehandelt hättë / wen̅ sie den Freunden „zu Batavia des rothen Sandels wegë / so grosse Be-„schwernuß gemacht hätten / welches sie biß da- „her sehr kärglich in kleinen Stücklein bekoin- „men haben: da man leicht einen alten Schle- „gel oder Stuhl von Caliaturs- Holtz in Stü-cken schlagen könte / welches fort in allen Häuß- „lein und Hütten zu finden sey / und daß man „also den rothen Sandel in der Menge hätte / „wen̅ ihn nur jemand davor annehmen wollte sc. Hierauff passiret dann folgends in Antwort / daß wir droben einmahl fest gestellet haben / daß das Caliaturs-Holtz warlich ein Sandel seye / wie M. H. H. auch selbsten nichts daran gelegen ist / ob es einige [41] davor wollen annehmen oder nicht? indem theils die Unwissenheit davon / theils der widrige Wahn Ursach daran sind / daß das Caliatur-Holtz unter einem andern und prächtigern Nahme des rothen Sandels / umb einen ungleich theuren Preiß an den Mann gebracht wird. Es muß aber mein H. Herr nicht meynen / daß solch ein abgehauen Stück von einem alten Stuhl oder Plock so schlechter Dings vor gut usual roth Sandel-Holtz passiren könne / gleichwie man es in denen Apotheken ordinaire zu Kauff findet: Sondern es muß solches von einem älteren un̅ reiffern Baum kommen / als das andere / so durch den Banck und Schlechter ist / und zwar nur von derselben Hertz / welche dann auch etwas rarer fallen; Zu geschweigen / daß sie auch wissen den Grund zu unterscheiden / wo das kräfftigste zu wachsen ofleget / so auch viel dazu thun kan; Wie gleicher Weiß das gelbe Sandel-Holtz selbsten von keiner so grossen Würde seyn könte / wann man die junge Bäume nur darzu fällen würde / welche nur einen sehr flüchtigen Geruch von sich geben dörfften. Was die oben supponitte dritte Sort, oder M. H. H. r. ten rothen Sandel anlanget / von welchem sie „schreiben / daß die Portugiesen und andere Indianer „denselben in so grossen Werth hiel???en / nu̅ bey gantz" kleinen Stücklein verkaufften: So wil ich gern zugeben / daß ein Stück wol dienlicher und besser ist als das ander / wiewol ich sonderliche und so grosse Würde an dem rothen Sandel, der aus AEthiopia gebracht war / noch nicht gefunden hab / allwo nach M H. H. doch selbige köstliche Sort wachsen sol. Indessen kann man doch daraus noch nicht schliesen / das 2. verschiedene Species von dem rothen Sandel-baum seyn solten / so mercklich auch der Unterscheid von beyden sey / dieweil ich durch die Erfachrung gewahr bin worden / daß der Grund die Lufft / sc dem. selben Gewächß eine extraordinaire Erhöhung der Krafft / Geruchs und dergleichen über andere mittheilen und eintrucken könne; Welcher grosse Unterscheld auch sehr deutlich an dem gelben Sandel-Holtz / zwischen demjenigen / so auf Timor, und dem so auf Coromandel gewachsen / hervorblicket / da dennoch beyde von einer Art Bäumen herrühren; und gleichwie die Gelahrte es vor eine Regul halten / quod entia non sint multiplicanda sine necessitate, so darff ich auch / aus so einem schwachen Grund / kelne neue Speciem eines rothen Sandel-baums / von dessen existenz ich noch die geringste Wissenschafft nicht hab unter die Gewächse oder botanica ein führen: sondern halte mich allein vergnügt / daß den usualen rothen Sandel außgemachet und angezeiget habe / und lasse inzwischen M. H H. dessen Gerstsich was höher / als der meinige auffschwinget / in fernerer Nachspu̅rung / von dessen zweyten rothen Sandel, ohnverhindert fortfahren. So bald ich Gelegenheit habe / so wil ich einmahl vernehmen / von welchem Baum die Chineser ihr Eß-Stöckgen machen / und was für ein Holtz sie durch den Nahmen Tzidji oder Tzidjoe, verstehen. Allein diese Nation ist hier auf Batavia so abstract und heimlich hinter dem Busch haltend / auch so unfreundlich und seltsam / daß ich wenig Hoffnung darvon machen / diese Sache durch dieselbige zu expediren / sofern sie auch schon eine vollkom̅ene Wissenschafft darvon hätten / und also zulänglichen Bericht geben könten. Womit ich also einmahl zum Ende von dieser Sandel-Materie kom̅e / welche Aufangs gantz kurtz vermeinte abzuhandeln; weil mich aber dieses Subjectum von einem in das andere zoge / und führete / umb die Sache et was näher und deutlicher zu verfolgen / so ist dieser Discurs auch so weitläuffrig gefallen; welches doch M. H. H. wie ich hoffe / nicht verdrießlich vorkommen wird / weil bey gehabter Gelegenheit immer noch ein und andere curieuse Anhänge en passant berühret habe. Ehe ich aber förder gehe / kann M. H. H. nicht bergen / wie daß mich sehr Wunder genom̅en / daß derselbe so eine inepte opinion von mir hat / als wen̅ ich alle die Bäume / die nur Blut thräncu / so schlechter Dings unter die rothe Sandel-Bäume stellen und auch dafürhalten wolt / da doch in meinen Briefen an M. H. H. nicht das geringste zu sinden / woraus man solches schliessen köme. Obgemeldter Biutthränung / welche dem Caliatur-baum eigen ist / gebrauchte auch nicht zu einem argument, daß derselbe ein Sandel-Baum sey / sondern applicirte solche dem Nahmen / welchen die Einwohner auf der Küste von Coromandel ihm beylegen / und dem Geruch des Holtzes nach Sandel, wobey ich den Sandel-baum vor allen andern erken̅e / auch dadurch unterscheide / und scheue mich gar nicht alle sothane Bäume unter diese Class zu nehmen / die nur einen Sandel-Geruch von sich geben sollten / hoffe also / daß M. H. H. endlich meine wenige Meinung wohlbegreiffen werde / mit freundl. Bitte mir künfftighin keine Meinung keine Meinung beyzulege̅ / so nicht klärlich aus meinen Schrifften hervor scheinet / auch keinemmünolichen rapport oder Schreiben wege̅ einiger opinion, die ich in dieser oderjener Sachen führe̅ sollte / Glauben nu̅ Gehör zu geben / ehe und bevor mich deßwegen selbsten werde erklären und vernehinen lassen; welches mich also gegen M. H. H. verschen wil. Hierauf nun wieber auf fernere Bcantwortung M. H. H. Briefen zu kommen / so kommt derselbe nun auch so weit / daß er nun auch gern das jenige / wogegen man sich zuvor so sehr setzte / zugeben wil / daß nemlich der erfundene rothe Safft des Caliatur-baums vor das Drachen. blut oder Sanguis Draconis gehalten werden könne / wotinnen M. H. H. alle den vornehmsten Authoren folget / welche dasselbe vor eine lachrymam, oder Thräne eines Baumes halten / und hat das zusammen gelauffene Blut von dem Sandel-baum die allerbeste und schönste Zeichen der Kräfften und Tugenden / so man an irgend einer anbern Sort des Sanguinis Draconis solte finden können; Und meldet Flacourt in seiner Historie von Madagascar pag. 135. & 136. drey sothanige Pflantzen / die ein Blut thränen / wovon er auch einige Beschreibung beysetzet / welche ich hiermit einverleibe / zu dem Ende / daß / gleichwie mein hochgeehrter Herr leichtlich alles selbsten in diesem Scribenten finden wird / also derselbe in Amboina &c. darnach könne fragen und inquiriren lassen. Die Wotte solcher turtzen Beschreibung lauten in ihrer eigenen / das ist / Frantzösischer Sprach / also:
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89. Varaucoco c' est une rampe qui soutortille aux gran???s arbres. Il apporte un fruict violet, qui est gros comme une pesche, dans lequel il y quatre gros grains, ou noyaux: sa poulpe est douce & bonne à manger; mais il se pourrit, au bout d' un anne de l' escorce de la plante en sort une gomme rouge, comme du sang, qui est un peu resineuse. Sa moyenne escorce est espaise, comme une demy quart d'escu, de couleur de nacarat: & quand elle est bruslée à la chandelle, elle se fond ainsi que de la gomme lacque, & en a l' odeur, je l' ay experimenté. 90. Rhaà c' est arbre, qui apporte le sang de Dragon, ce mot Rhaà signifie sang, il y en a une autre Sorte, que l' un nomme Mafoutra, qui jette du sang, ainsi que celuycy, dont ie parleray cy-apres. Le Rhaà est une atbre grande, comme: un noyer. Il jette le sang de son escorce de ses branches & de son trone, lors qu' il est, ou piquè, ou coupe, ou blessé, ne plus, ny moins, qu' une homme. Le sang destille de saplaye ainsi rouge que le sang d' un animal. Son bois est blanc & bientost sujet à la pourricure. Sa fueille est comme la fueille d' un poirier, un peu plus longuette: Sa fleur est rouge, de couleur defeu, longue, comme un ferret d' esquillette & de mesme forme: Son escorce en decoction atteste le Rux de sang. 91. Mafoutra ou Voa foutra, fruict provenant de l' arbre, qui produit le sang de Dragon de la grosseur d' une petite poire & dela mesme forme, horsmi que le gros du fruict est du costè de la queue & qu' il a cinq cornes. Dedans est enfermé un noyau qui n' a qu' une simple peau, un peu ferme & dedans ce noyau est continue une amande de la mesme forme d' une noix Muscade, de la mesme couleur & en approche de l' odeur. De cette amande ils en font une huyle crasse & espaisse, qui est un tres souverain remede aux inflammarions à la bruslure, erisipelles & de mangeasons de enir. Elle est tres anodine. Au reste c' est un abus de croir, que ce fruict represente sous son escorce un Dragon: car jay plusieurs fois ouvert de ces fruicts & n' ay rien reconnu de tant cela. Il y a trios sortes de ces arbres, qu' cut le fruict different, je n' en ay remarqué encores que celuy cy. So viel schreibet dieser Author von denen Drachen-bluts-Pflantzen / von welchen M. H. H. wol ein oder andere / vielleicht auch alle allda außspüren kan; Wie ich dan̅ deßwegen meine vorige Bitte hiermit wiederhole / daß ste mir von alle dem Gewächse / die / nachdem sie gequetschet werden / einen rothen Safft geben / ein Muster von Blättern / Blumëun̅ Früchten samk einer kleine̅ Amveisung von allen derselben Theilen / sofern man sie daraus erkennen kan / ohubeschwert schicken wollen; wie ichden̅ auch alle Mähe anwen. den werde / M. H. H. ehistens das rechte Dzjerenàng-Rohr zu verschaffen / welche derselbe sicherlich erwarten kan / indem ich von dieser gum̅ostchten Art dzjerenàng ohne dem etwas weiter zu handeln entschloffen bin. Unterdessen kann dieses M. H. H. jetzo nicht bergen / daß ich verständiget worden / wie diejenige / so das Drachenblut vor eine lachrymam, d. i. vor eine Thräne oder Gum̅i einer Pflantzen halten / die dzjerenàng, d. i. M. H. H. Drachenblut davor nit annehmen wollen / dieweil ihnen bekant ist / daß die dzjerenàng eigentl. kein Blut-safft sondern nur allein ein Tinctur sey / so aus der Blume und Frucht dieses Rohrs / welches durch das quetschen in geringsten keinen rothen Safft von sich gibt / extrahiret / und nach dem über dem Schwadem des heissen 89. Varaucoco ist eine Rebe / welche sich an hohe Bäume windet. Sie trägt eine blaue Frucht / welche so groß als eine Pfirsche ist / in welcher vier grosse Körner oder Nüsse stecken: Ihr Marck ist süß und gut zu essen / allein sie verfaulet zu Ende eines Jahrs. Aus der Rinde dieses Gewächses rinnet ein rothes Gummi / wie Blut / welches etwas hartzicht ist. Die Mittel-Rinde ist dick / wie ein Orths-Thaler / und hat eine Nacarat-Farbe Und wann man dieselbe an dem Licht verbrennet / so zerschmeltzet sie wie Gummi Lac; hat auch eben den Geruch / wie ich es selbsten erfahren habe. 90. Rhaà ist ein Baum / von welchem das Drachen Blut herrühret. Dieses Wort Rhaà bedeutet Blut / und man hat noch eine andere Sort / welche man Mafoutra heisset werden. Der Rhaà ist ein grosser Baum / wie ein Nuß-Baum. Sein Blut kom̅t aus der Rinde seiner Aeste und des Stam̅s / nach dem sie ein wenig geritzet oder verwundet worden / un̅zwar nit mehr / nach weniger / als ein Mensch. Dieses Blut tropffet so roth aus der Wunde / wie das Blut eines Thiers. Sein Holtz ist weiß und saulet gar leichtlich. Sein Laub ist wie Birn-Laub / doch etwas länglichter-Trägt eine rothe Feuer-farbichte Blüt / welche länglicht / wie ein Nessel Stifft / und ist auch so gestalt. Wann man die Rinde im Wasser gekocht brauchet / stillet sie das bluten. 91. Mafoutra oder Voa foutrae, ist die Frucht desjenigen Baums / so das Drachen-Blut zeuget / so groß wie eine Birn / auch also gestaltet / ausser daß sie am Ende dicker ist / und fünff Hörner hat. In der Mitte derselben ist eine Nuß oder Rern enthalten / welcher eine einfache Haut / so etwas fest ist / über sich hat / und in dieser Nuß lieget eine Mandel / wie eine Muscaten-Nuß anzusehen / von eben solcher Farb und Geruch. Aus diesem Kern presset man ein dickes fettes Oehl / welches als ein souveraines Mittel gegen alle Entzündung bey dem Brand / Rothlauffe und fressenden Schäden der Haut gelobet wird / und stillet den Schmertzen. Daß aber diese Frucht unter ihrer Schale die Figur eines Drachen praesentiren soll / ist ein blosser Abusus und Aberglauben / indem ich viel Stücke dieser Früchte geöffnet / aber niemahlen dergleichen was gefunden habe. Man hat 3. Sorten dieser Bäume / welche gantz unterschiedene Früchte tragen / wiewohl ich sonst keine / als diese habe finden können. Wassers zu einer mass gebracht wird; welches ich hie wol etwas näher außführë wolte / wenn ich nit wüste / daß M. H. H. vollkom̅ene Information davon hätte. Inzwischen bitte dieselbe auch um ein Muster von demjenigen Rohr / so jenem gleichet / mit den Blumen und Früchten / nebst einer dergleichen kurtzen Beschreibung / daß man sie von allen andern Speciebus unterscheiden könne / um eine gegen die andere zu halten / und fernere Speculationes darnach einzurichten. Nachdem ich numnehro in meiner jüngsten Reise nach Persien / auf Couchin, das Sirei oder sire an seinem Stengel mit den Blumen en passant gesehen / auf Batavia und anderswo nicht gefunden hab / so darff ich auch wol / wegen Ubereinkom̅ung des Generis behaupten / daß das Sirè eine Species des rechten Schoenanthi sey / wovon ich die warhafftige und genuine Sort, d. i. das Arbische Schoenanthum vor M. H. H. aus Persien beschrieben / aber noch nit bekom̅en habe: Weßwegen bey der ersten Gelegenheit solche von dar wieder fordern / und sobald es bekom̅e / an M. H. H. befördern werde; Daß alsdann derselbe zwischen der einen und der andern Sorte, einen sehr notablen Unterscheid an dem Geruch der Wurtzel wird bemercken können.
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Ich bin sehr vergnügt / daß M. H. H. Herr meinen Rhamno-rubus, so ich vor den Hagedorn / welcher rund umb die Gräntzen dieser Stadt wächset / gehalten / und an dieselbe abgeschicket hatte / auch vor den Kudrang erken̅et- und kan ich mich nicht genug verwundern / daß so wenig Leute den lebendigen Strauch kennen / da doch so vielen das Holtz / welches sie zum gelb färben brauchen / nicht unbekant tst: Wie dann deßwegen M. H. H. auch eher keinen Bericht davon bekommen hat. Wann aber M. H. H. dabey gefüget hat / daß der Ambonische von meinem etwas unterschieden sey / so bäte / mich zu berichten / worinnen eigentlich die differenz bestehe. Indessen ist der Zann oder der Hage von diesem Dorn / weil er nach etlichen Jahren zu einen Stam̅ auffschiesset / und unten nicht wol schliesset / wie schon in meinen vorigen Briefen gemeldet / auf einmahl außgerottet worden. M. H. H. gedencket auch eines andern Dorns / welcher ihm vor den Batavischen obtrudiret worden sey / und rothe Beerlein / so zu essen taugten / trüge / auch den Hagedorn in unserm Vaterland nicht ungleich schiene: Von welchem wohl auch ein Muster haben möchte / sambt einer kleinen Anweisung / umb zu sehen / ob denselben auch kenne oder nicht? Ich habe es sehr gefährlich und betrieglich befunden / daß man die Indianische Gewächse allein nach der Beschreibung und Anzeigung der Alten / von der Form und Gestalt / ja wohl gar der Araber / welchen die Grichen meistens folgen / außforschen wil / wie unter so vielen solches gantz klärlich an dem Malabathro, so das Caneel-oder Zim̅et-Blat ist / wie ich gar gewiß weiß / da nichts weniger die Alte so außdrücklich schreiben / daß dieses Blatt allein auf den Wasser grüne und wachse / ohne daß es auch mit einem eintzigen Fäserlein an den Grund anwachse. Also gehet es auch mit dem Dioedaar, welcher in der Persischen Sprach so viel heisset / als Daemonum arbor, oder Daemonum lignu̅, Dewadaro, bey den Indianern / aber auf Maleiisch der Götter-Baum genennet wird; ist ein Holtz / so den Grichen und Römern unbekant gewesen / nachgehends aber aus India in Persien und Arabien zum Gebrauch in der Artzney gebracht worden / wovon mir der Baum auf der Kust von Coromandel einsten gezeiget worden / welcher keine Gleichheit mit einem Cypressen-oder Fichtenbaum / vielwniger mit dem Sieben-Baum hatte / wiewohl er von den Persianern und Arabern darunter gerechnet / auch unter einer solchen Gestalt bey ihnen beschrieben wird; Welche Meinung / wie es scheinet / sie von dem Ansehen des Holtzes gefasset haben / so ein wenig fetticht / als ob es mir Oehl überstrichen wäre / außsiehet / auch in dem brennen keinen unangenehmen Geruch von sich giebt; wie es den̅ den Maleyern / welchen ich eine Prob davon gezeiget / auch bekannt war / von welchen ich höre / daß es hier auf Java auch wohl wachse. Solte ich dessen hier mächtig werden / werde ich nicht nachlassen M. H. H. davon part zu geben / und daß sie auch davon eine vollkom̅ene Kundschafft haben möchten. Sofern nun der Dewadaro oder Dioedaar unter den Cypressen-oder Fichtenbäumen zu suchen wäre / so hab ich noch zur Zeit in Indien keinen andern gesehen / welcher damit näher übereinkäme / als den so genanten Casuaris-Baum / welcher hier auf der Moronda längst dem Ufer in grosser Menge stehet / indem mir die Art runder Früchten / so im Gebirge wachsen / noch nicht zugebracht worden: wird sonsten auf der Maleiischen Küste Roe-roe, und die Zweigen darvon allhier auf Batavia gememiglich Dawon Tsjamara geheissen / unter welchem Namen denselben auch die Javaner kennen. Ich werde nicht unterlassen / bey erster Gelegenheit ein Muster von dem auffrichtigen Calamo Aromatico von der Küste Coromandel abzufordern / auch zugleich alle Kräfften anzuwenden / ei Aestgen von dem Caliaturs-Holtz von dar zu bekommen / welche beyde M. H. H. gewiß zu erwarten hat / sobald derselben habhafft seyn werde. Wachdem meine Rückreise aus Persien anhero nicht über Ceilon gefallen ist / hab ich auch allda dem Verlangen M. H. H. gemäß nicht nach dem Katzen-Aug fragen können. Indessen berichtet mich allhier ein gewisser Capitain, Nahmens van der Poel, (so lang auf Ceilon gelegen / und grosse notiz und Erfahrenheit von dem Land hat / auch vorgiebt / daß er eine geraume Zeit die Auffsicht über die Edelstein-Gruben gehabt / und alles mit seinen Augen gesehen hätte / daß die Katzen-Augen aus dieser Insul geholet würden) daß diese Steine keine Art Mustika von einigen See-Gethiers oder Muschel könne sezn / als man meinen hochgeehrten Herrn hat weiß machen wollen. Ich hab fast gar keine Erfahrung von denen Musticas, wie auch von denen Donnerkeilen / weil meine Erforschungen und Speculationen nur allein zu solchen Dingen gerichtet sind / die ich un Werck selbsten sehen / unterfinden und jeden unter Augen legen kan; Doch glaub ich / daß unter dem Nahmen der Musticas auch viele Falsche und Nachpractisirte laussen / indem ich in deuen Ländern / welche ich durchreiset bin / hiervon nicht viel sagen hören: weßwegen M. H. H. keinen nähern Bericht davon geben kan Vielmehr möchte von denenselben wissen / in was für Früchten / Höltzer sc. sie dieselbige gewiß gefunden hätten / der ich sonst scrupulos bin / dieselbige dafür anzunehmen / weil mir von dem jetzigen König zu Palimbang von einem glaubwürdigen Freund erzehlet worden / daß er vor etlichen Jahren alle die Hauffen Ballast / die vor der Compagnie Hauß niedergeschmissen lagen / auffschlagen lassen / und die harte oder sonst gläutzeude Stücker / so darinnen zu finden waren / schleiffen / accommodiren und in Ring habe setzen lassen / welche nachgehends vor Musticas und Panawar-Steine bey Verehrungen und andern Gelegenheiten hat gelten lassen: Und glaub ich / daß unter der Zahl von 400 Sorten von Musticas, die dem Capitain Ioncker allhier auf Moronda, durch Abbrennung seines Hauses / wie er mir erzehlet hat / verlohren gangen sind / sehr viel falsche gewesen seyen. Ferner kan mich nicht genug über derjenigen Kübnheit verwundern / welche solche Dinge von mir aussprechen dörffen / davon bey nahe un geringsten nichts wahr ist: Gleichwie von M. H. H. Baase gesagt worden / daß ich auf der Küste Co [44] romandel ein gewissen Sand solle gefunden / auch daraus soviel gelb Kupffer solle gezogen haben / daß ein Beschlag zu einer Küste davon seye gemacht worden. Worbey M. H. H. mir vergönnen wird mit grösserem Anhalten noch einmal zu bitten / daß sie anderer Erzehlungen vö meinen Sachen und Meinungen / nicht weiter wolle annehmen und gelten lassen / als sofernich mich darzu verstehen werde. Mit dieser Sach aber ist es also zugegangen: Nachdem ich vernommen / daß tieff im Land drinnen etwas roth Kupffer fiele / hab ich aus curiosität jemanden nach diesem Platz abgesendet / umb etwas darvon zur Prob abzuhohlen / welcher mir auch ein Zäckgen davon zurück gebrachthat / ohne daß etwas damit ausrichten oder einig Kupfferwerck darvon hätte machen können; worvon zwey Stückle in / beneben einem Würtzelgen von der Rayz de Moncus, der Schlangenwurtzel oder Clematit. Indicae Foliis Persicae fructu periclymeni durch Herrn Petrum van der Vorm, meinen sehr guten Freund / wie sie kürtzlich erst bekommen / an M. hochgeehrten Herrn zu fernerem Nachdencken und Betrachtung übersende. Die Insul Tylos / deren Plinius und andere gedencken / halte ich M-H. Herrn vor Bahhwin. Weilen aber alda kein Capoc noch auch ein anderer Woll-tragender Baum / ausser der holtzichten Cattun-Pflantze wächset; so kann ich auch kein andere / als dasselbige / nemlich Gossy pium arboreum, worvon Prosper Alpinus und Veslingius schreiben / davor annehmen / zumahlen diese Baumwolle umb solche quartiren in abundanz hervor kommt. Also Hab ich nun meine Antwort auff M. H. H. angenehmes Schreiben dermahlen zu Ende gebracht / welche zu erst zimlich weitläufftig / darnach aber doch wieder zimlich kurtz und impolit gefallen ist / welches der Eilfertigkeit zu zuschreiben / auch sonsten alle andere Gebrechen bestens zu excusiren bitte. Wann ich noch einige Zeit übrig gehabt hätte / so hätte noch einige andere Materien zusetzen können / auch M. H. H. noch um Bericht von ein und andern Kräutern bitten wollen; damit wir aber nicht allzuviel auf einen Hauffen herbey hohlen / zumahlen wir schon tieffgnug stecken: so will jetzo nichts neues mehr auf die Bahn bringen / sondern dasselbige auf eine andere Zeit und Gelegenheit ausstellen / dieses jetzo noch allein ausbittend / damit doch ein aufgetrucknetes Kraut / mit den Blumen und Früchten sc. neben einer kurtzen Beschreibung einer gewissen Rancke / deren Beerlein zum truncken machen der der Fischen gebrauchet werden / überkom̅en möchte. Es ist eine von den stärckesten Toebus oder Fisch-Gifften / so zufinden / welche / wie ich informiret bin worden / auf Ternatanich Boti geheissen werden / und kommet unter andern überflüssig auf dem höchsten Land von Banda hervor / wie auch auf Salayer, welches unter Macassa stehet. So hätte ich auch gerne zwey junge Pflantzen / von der Globa Koese, in einem Töpffen mit Erde eingepflantzet / nebst einer kleinen description der Blumen / Früchten sc. welche ich hier setzen und zu meiner Speculation gebrauchen möchte. Ich werde hinwiederumb fleiß anwenden/ die verlangte Gewächse aufzusuchen / um zu feiner Zeit M. H. H. zu überschicken / indessen nebst hertzl. Gruß und Wünschung alles Heils verbleibend Meines Hochgeehrten Herrns Batavia d. 25. Febr. 1689. Dienstwilligster HERBERTVS de IAGER. VII. GEORGII EBERHARDI RUMPHII Send-Brief / An Herrn HERBERTUM de JAGER Mein Herr! DIeses Jahr sind mir zwey Paqueten von M. H. H. hochgeehrten Briefen zu Handen kommen / welche eines Inhaltes und beyde den 25. Tag iüngst verwichenen Monaths Febr. Da???iret sind / worvon das letzte Paquet mir den 13. Julii eingehändiget worden: worbey noch eine Copie von einem Briefso A. 1684. von Malacca an mich geschrieben worden / benebenst einem Stücklein von der Ceylon ischen Schlangen-wurtzel / und zwey Bröcklein von dem Coromandelschen Ertz / so ich vor Kupffer halte / gefunden hab. Aus eben denselben Brieffen hab ich mit höchstem Vergnügen ersehen / daß M. H. H. von der Persianischen Reise wieder glücklich zu Batavia angelanget sey / wordurch sich nun die längst gewünschte Gelegenheit wieder eräugnet hat / unsere alte Correspondenz über das Studium Botanicum zuerneuren / als welche solang still gestandë hat. Was ich dann zu thun habe / muß aus M. H. H. Briefen hohlen / indem zu meinem grossen Leidwesen vor aus gleich erinnern muß / daß alle meine Concepten voriger Briefen nebst den sehr gelahrten Schreiben / so ich nach und nach von meinem hochgeehrten Herrn empfangen hab / durch einen schädlichen und hochbetrübten Brand aufgeriben worden / welcher nach dem vorigen und fast gleichmässigen Brand die überbliebene gröste Helfft dieser Stadt / auf deu 11. Januarii Anno. 87. und darunter auch mein Wohn-Hauß / Meubleu / das meiste Theil von meiner Bibliothec, Schrifften / alle Figuren von meinem Unterländischen Herbario und sehr viele andere ungemeine R???ritäten in die Aschen geleget hat. [45] M. H. H. Briefe von Malacca geschrieben / wie auch das Aestgen von Gitta Gambir, sambt denen Küchlein / so darvon gemacht / waren auch darunter / ohne daß ich einigen Abriß darvon hätte behalten können / weßwegen die darinnen genommene Mühe auch vergebens ist. Nach dem Einhalt dessen beliebten Schreiben / halt ich vor nöthig die Beschreibung von dem Coelit lawan oder Cortice Caryophyllode, so nunmehro zu Batavia Cortex Aromaticus genennet wird: von den Ganitris und von der Tuba Baccifera, insgemein Bori Bidji genant / beneben einigen Zweigle in und Früchten der vorgeschriebenen Gewächsen zu übersenden. Diesem letzteren Puncten nun ein völliges Genügen zuleisten / werde mein bestes zuthun suchen; weßwegen M. H. H. die Beschreibungen von den 3. zuvor benambten Gewächsen hierbey finden wird / benebenst einem näheren Bericht von einigen andern / so in Horto Malabarico begrifsen sind / welche mir sonst ineistentheils unbekandt sind. Die Erklärung des Bontij Tract. hatte ich vor 4. Jahren fertig gemacht / umb solche M. H. H. bey dessen Retour zu zusenden / welche aber seithero durch den obbemelden Brandt zernichtet worden / daß ich also solches nicht werde praestiren können / zumalen ich auch den Bontium nicht mehr hab / indem imsern Alt-Gouverneur Hr. Pardbrugge nicht bewegen können / daß er mir bey seiner Abreiß diesen Authorem umb seinen Werth überlassen hätte / welchen ich sehr zuhaben wünschte / benebenst dem Buch / so D. Piso von den Brasilischen Kräutern geschrieben hat. Die frische Früchte von den 3. oben benahmten Pflantzen / kan ich dißmahl nicht, mit schicken / indem es ausser der Zeit im Jahr ist Unterdessen köm̅en die ausfgedörrte Früchte von der Tuba Baccifera anjetzo mit / welche im verwichenen Jahr in meinem Garten gewachsen sind / da sie sonsten in dieser gantzen Insul wenig zu finden. Seine Reben / so aus der Wurtzel gewachsen / umbfassen die 2. Seite von meinem Garten / und tragen fruchtlose Dotten-Blumen / indem die Früchte nicht an den Reben / sondern an den Stiele un̅dem Stam̅ wachsen / von welchem sie mir die Vorbeygehende meistens abgekniepet haben. M. H. Herr wird beyd ren ersten Anblick Zweiffels ohne gewahr werden / daß es diejenige Körner seyn / welche in denen Apotheken und unsern Kräuter. Büchern Cuculi oder Cucculi Indi genennet werden / welche nach meiner Meinung auf der Insul Java, unter dem Balischen und Javanischen Nahmen Boprong nicht unbekant sind. So zweiffele ich auch nicht / daß sie die Ganiters besser als ich kennen solten / wenn sie die 2. oder 3. Sorten / welche hiermit überkommen / anschauen und betrachten werden / indem ich sowohl von den Einwohnern als Europaeischen Kauffleuten versichert worden / daß die allerkleineste Sorte, welche wir hier nicht haben / unter den Benjanen und Codjas, so sie umd den Leib tragen / eine gute Waar von grosser Kauffmannschafft seye / wovon doch nähern Bericht von M. H. H. erwarte. Man hat mir zwar ein gewisses Kunst-Stück eröffnet / womit man die Bäume gewehnen könne / daß sie nur allein kleine Körner tragen; Allein es gelüstet mich nicht viel Zeit und Mühe daran zu wenden / dieweil es Bäume sind / die im Vorgebirge grünen / und viel Jahre / in den Gärten erzielet zu werden / erfordern. Die vorgemeldte Zweigen und Früchte sind in ein viereckichtes Kistgen gepacket / welches M. H. Herz auf diesem Schiff zugesandt und mit H. D. I. gezeichnet worden. Eben darinn hab ich noch ein Aestgen von dem Ambonischen Cudrang, so in meinem Garten gewachsen / beygepacket / dessen Stam̅ doch / so dick er auch ist / das berühmte Färb-Holtz nicht lieffern wil / gleichwie sonsten der / so auf Java wächset / zu thun pfleget: Woran zu mercken / daß die Biätter von dem Ambonischen grösser sind / als an dem / Javanischen / wiewol sie sonsten gleich kommen; so stehen auch die Dorne an dem Ambonischen mehr hinterwärts gebogen / und die Früchte werden nit groß / welche meist aus weissen Schuppen / so doch nicht zu essen taugen / bestehen. Wünschte deßwegen eine nähere Beschreibung / von der Javanischen Sorte zu haben / umb unter M. H. H. geehrten Nahmen den Ambonischen beyzufügen. Der andere dornichte Strauch / so vor einen Hagedorn angeschen und von M. H. H. angeführet worden / findet sich gnugsam auf Java, unter dem Nahmen Nahmen Spina Spinarum beschrieben / weil ich meines Wissens kein ander Gewächs gesehen hab / daran die Dornen mit Büschlein auff einander wachsen / als dieses: weßwegen auch zu besseren Unterricht ein Zweiglein dardon aus meinen Garten mitgeschicket habe. M. H. Herr wird anbey eine andere Frucht finden / so mir unlängst von Macassar unter dem Nahmen Udani zugesendet worden / und an einem unbeschnittenen un̅ sich hin und her schlingenden wilden Strauch wächset / worvon die Körner aus den Früchten wie Catappan schmecken / und in grossem Gebrauch sind die Spulwürmer / sowol bey Alten und Erwachsenen / als kleinen Kindern / auß zutreiben: Und weil ich höre / daß sie den Maleyern und Javanen auch bekant sind / so erwarte nähern Belicht / und den eigentliche Maleyischen Nahmen davon / sofern die Chineser auch einige Wissenschaft davon haben. Doch braucht eben keine lange Beschreibung dabey zuseyn / welche nur den Kaum und vieles Papier erfüllen würde / so man alle die Veränderung / welche dieser Proteus in seinem Wachßthum machet / und mir schon zur Genüge bekannt sind / erzehlen solte. Das Stücklein von der Ceylonischen Schlangen-Wurtzel / so / wie ich meine / auf Java gewachsen und allda Hampa, dutana genen̅et wird / ist mir wol worden / dessen Bitterkeit ich stracks gewahr wurde / so bey nahe mit einem andern dergleichen Stük Wurtzel übereinkäme / welches einige Chinesische Bürger anhero gebracht haben / und bey den Javanen / die alihier wohnen / Pudra wali genennet wird. Diß Pudra wali sol ein schlingend und kriechend Gewächs oder tali seyn / von einer so empfindlichen Bitterkeit / daß die Javanen solche anzurühren Be [46] dencken tragen / dieweil die Bitterkeit kaum durch öffters waschen von den Händen zu bringen ist; weßwegen es auch wenig in der Medicin gebräuchlich ist / obschon an dessen Uberbringer mercken konte / daß er solche nicht ohne Abzielung von einigen Curen mitgebracht habe. Wir haben allhier in Amboina, in dem Moluccis und auf Timor ein Strandbäumgen / welches an allen seinen Theilen so bitter ist / daß es in meinen Schrifften Rex amaroris von mir genennet worden / welches dannoch im Ternataenschen Soulamu, das ist / Capitain der Medicamenten heisset / dessen Ambonischer und Maleitscher Nahme mir unbekant ist. Ich hab ein Stück von der Wurtzel / beneben derselben Früchhten / so wie grüne und platte Hertzger außsehen / in dem obenbemldten Kistgen übersendet / zu dem Ende / daß diesem unserm König der Bitterkeit einen Kampff mit der Javanischen Hambadutana oder mit der Pudra wali zu wagen zugelassen möchte werden / umb zu sehen / wessen Bitterkeit überwinde. Verlieret er denStreit / so ist nichts daran gelegen / weil er nur ein schlechter Amboinees und nichts desto weniger ein Capitain ist / so bey den Maluccanern sehr berühmt ist gegen viele Kranckheiten zu streiten / absonderlich gegen allen Gifft von gifftigen Thieren. Ist er bey ihnen bekant / so erwarte mit meines hochgeehrten Herrns Belieben / den Maleitschen Nahmen. Man find ihn wenig / und zwar nur auf steinigten Stranden / mit grossen langen Blättern / so der Blume Goelong tsjoetsjoe sehr gleich kommen / welche jetzo nicht zur Hand habe. Der Nahme von der Globba Koese ist mir nicht bekandt / wiewohlen 3. Sorten / so zu essen diene / und noch einige wilde in diesen Wäldern wachsen / worvon ich die gemeineste und die man meist in der Kost gebraucht / hier mit übersende / worvon allein die frisch ausgegrabene Wurtzelder grossen Galanga oder Lanquas nicht ungleich ist / welche / wie ich hoffe / bey ihnen wohl auffschiessen wird / wann sie wird gestecket und gepflantzet werden; die zu essen dienenden Früchten kommen selten aus der Wurtzel fort / und sind schon mehrmalen von den Liebhabern aus Amboina verschrieben worden / umb auf Batavia zu pflantzen. So bekom̅t M. hochgeehrter Herr auch die Früchte von der grössesten Sorte Palmijuncus oder Rotang Calappa, welche auff dieser Insul wächset / doch sonder einigen Gebrauch / worvon die Blätter jetzo nicht bey der Hand habe: dieselbe kommen etwas mit denjenigen überein (wiewohlen sie etwas grösser sind) welche mir vor 4. oder 5. Jahren / ohne Zweiffel uff M. H. Herrn Recommendation, von Java zugesendet worden / und zwar durch Hrn. Iacobus de Vicq seel.: woraus nach M. H. H. Bericht das Djernáng auff Palimbang gemacht wird / welches mich auch gewisse Sinesische Bürger / so allhier wohnen und solchem Werck offt beygewohnet haben / versichert haben. Ich möchte wohl desselben Praeparation wissen und von M. H. H. erwarten / indem jetztbemeldte Chineser mir dieselbe nicht deutlich genug beschreiben können. Daß ich nun mit Erlaubnus M. H. H. das Djernang, oder ein Sanguis Draconis oder Drachenblut halte / worfür es in diesen Ostischen Theilen von Indien passiret und gebräuchlich ist / geschihet keines weges zubehaupten / daß es sonsten kein ander Sanguis Draconis gebe / und in andern Theilen der Welt bekandt sey / indem mir schon bewust / daß man in denen Apothecken von Europa zum wenigsten noch eine andere Sorte Sanguis Draconis in guttis genandt / findet. Unterdessen kan M. H. H. nach dero Belieben die Küchlein von diesen Djernàng allen dorten und bey ihm gegenwärtigen Apotheckern zeigen / und vernehmen / ob sie dieselbe vor ein Sanguis Draconis halten oder nicht. Alle die Bäume und Pftantzen / so in diesen Quartieren wachsen und einen blutrothen Safft geben / anjetzo zu specificiren / achte ich unnöthig zu seyn / dieweil mir keine andere bekam sind / dann der Lingoo-Baum / in Malaitschen Ankana genannt / und bey ihnen nicht unbekant / dessen licht-rothen Safft man außtrucknen und zu einem Gummi, so gantz klar wie Rubinen außsiehet / bringen kan. Nichtweniger bekommt man einen dergleichen licht-rothen Safft / von einem Muscaten-Nuß-Baum und der dritten Sorte von Metrosideros Moluccae, oder des Moluccischen Eisen-Holtzes / auf Amboinisch Samar genannt / wird aber nicht gesammlet. In denen sehr alten und halb hohlen Stämmen des gemeinen Eisen-Holtzes so allhier Caju bessi, und bey den rechten Maleyers Caju Carbou heisset / hab ich auch / doch sehr selten / ein truckenes Gummi gefunden / an Substanz, Farb und Geschmack / dem gemeinen Gummi acaciae nicht ungleich Von andern rothen Säfften dieser Quartieren weiß ich nichts. Bey dem längst geführten Dispuitgen von dem rothen Sandel-Holtz / dörfften wir nun endlich auf eine Geigen herkommen; Indessen hätte der etlichmahl wiederholte höffliche Verweiß / nahmentlich / daß ich in meinen Briefen meines hochgeehrten Herrns Information, die ich so sehr verlanget hatte / mit einer ironie und spöttischen Worten solte belohnet haben / wohl aus dem Brief bleiben mögen. Es ist ja / Gelahrter Herr und Freund / durchaus nicht meine Intention und Meinung gewesen / jemands treue Unterrichtung zu verspotten; Sondern ich hab mich der Freyheit gebrauchen wollen / welche zwischen bethorten und vielmehr bejahrten Disputanten erlaubet ist / nemlich ein oder andere Objection vorzubringen / umb zu grösserer Erläuterung der Sache zu kommen / solang man einiger Schwürigkeit oder Dunckelheit darinnen gewahr wird. Unterdessen kann biß zu dieser Zeit noch keine grosse Reu deßwegen / was ich geschrieben / tragen / nicht allein / weiln ich auf den worgebrachten Vorwurff noch keine Satisfaction bekommen / warumb nemblich das rothe Sandel-Holtz so schwer zu bekommen sey / daß man auch solches kaum umbs Geld haben kan / da ich doch weiß und von verschiedenen Schiffern verstanden hab / daß sie [47] das Caliaturs-Holtz mit halben Schiffladungen von der Küst abgeholet haben sc. Durch welche Objection M. hochgeehrten Herrn nur anspornen wollen / mir noch mehr rare Dinge zu communiciren / welche ich sonsten auff keine andere Weiß hätte erwarten können / und vor welche auch danckbahr seyn und bleiben werde. Ich bin sicherlich sehr vergnügt gewesen / da ich aus meines hochgeehrten Herrn Brieffen nun verstanden habe / daß sie auff der Persianischen Reise viele Dinge / so das rothe Holtz betreffen / erfahren haben / die zuvor von uns beyden in Disputat gezogen worden. Worvon die alte Maleyers und Javanen den Nahmen Tsjendana, Djingi oder Zingi genommen haben / war mir zuvor unbekandt und nur allein als eine blosse Muthmassung vorgebracht: Nun aber bin ich aus M. H. H. Schreiben versichert / daß dieser Nahm aus Africa gekommen: Ob nun vor alten Zeiten die Javanen mit den Africanen / absonderlich mit denen von Madagascar, oder reciprocè diese mit jenen einige Commercien getrieben haben möchten? lasse jetzo an seinem Ort beruhen; doch habe nicht unterlassen können / unter den Beylagen zu M. H. H. Betrachtung die Ubereinstim̅ung unser gemeinen Ambonischen, Javanischen und Madagascharsen Sprach / soviel das Zehlen anbelanget / zu übermachen / gleichwie sie mir von den naturellen Einwohnern dieser Landen gegeben werden / absonderlich zwischen Ambon und Madagascar: nichts destoweniger glaub ich nicht / daß diese letztbenahmte Nationen sich jemahlen einander besucht haben / und möchten die Javaner wohl eher von ihrer Sprach diesen beyden Nationen etwas mitgetheilet haben. Von Amboina weiß ich solches sicherlich / indem gantze Dörffer und Geschlechter hier wohnen / welche aus ihrer Voreltern Tradition wissen / daß sie ursprüngl. Javanen seyen; gleichwie noch bey der Niederländer ehemahligen Regierung / die von Ditoe, zum Widerwillen der unseren / mit denen von Ghiri, hinter Grisseck gelegen / correspondiret haben / von welchen sie / nach ihrem Bericht / herstammen sollen. Mit gröstem Verlangen erwarte nach Di. H. Herrn beliebten näheren Bericht und ein wenig Holtz / beneben seinen Blättern von dem berühmten Holtz Dewadarne oder Djoedaar, zumahlen ich vernehme / daß er auff Java zufinden seyn soll. Sicherlich der blose Name Daemonum acbor erinnert mich dessen / was in meinem Herbario, in dem Capitel von dem Casuwaris-Baum / aus dem Arabischen Lexico Golij geschrieben hab / welche meinem hochgeehrten Herrn zu fernerem Nachdencken hier beyzufügen vor gut befinde / lautend also: Bey den Arabier Betharides findet man einige Meldung des Baumes Dejudaar, welches ein Persianischer Nahme ist und soviel heisset / als Daemonum arbor eine Sorte Sabinae Indicae. Ich muthmasse daß solches unser Casuwaris-Baum seyn mus / so deßwegen Drommelbaum genennet wird / weilen man ein besonderes Sausen oder Pfeiffen darauff höret / wann der Wind geht / dergleichen man auch an unserm Daunenbaum höret / welches der gemeine Mann / so dessen Ursach nicht weiß / einigen Vögeln / so darauff sitzen sollen / zuschreibet. Dieses ist mir A. 1662. selbsten geschehen / daß mir ein solcher Zweig von einer vornehmen Person aus Ternaten zugesandt worden / welche aus Meinung / daß er mir unbekandt wäre / mit Verwunderung darbey berichtete / daß es ein Baum wäre / darauff man den Orpheus mit all seinem schnarrenden Spiel hören könte. Soviel von diesen Extract. Viel von den so genandten Mosticas oder Mesticas Steinger zu discuriren / dörffte nicht nöthig seyn / dieweilen es doch scheinet / daß M. H. H derselben Meinung sey / daß sie alle dergleichen Natur seyen / wie sie der König von Palimbang gemacht und practiciret hat / auch ich aus meiner eigenen Experienz von denselben nicht viel sagen kan / indem ich wenige öder gar keine in ihrem Geburts-Platz gefunden hab: Gleichwie sie auch nicht in allen / sondern etlichen Landen fallen. Nichtsdestoweniger wil ich dasjenige nicht eben vor Fabeln halten / was ich von andern glaubwürdigen Leuten darvon gehöret hab / angesehen ich nicht derjenigen Secte zugethan bin / welche alle Wercke der Natur sobalden verneinen und verwerffen / die wir nicht sobald mit unsern Verstand begreiffen können. Gleich wie nun einem jeden bekandt ist / daß die Bezoar-Steine mit kausenden verfälschet werden / und nichtsweniger in der That selbsten auch wahrhafftige gefunden werden / welche nicht allein aus einem gewissen Geschlecht wilder Böcken so unserer Nation bekandt sind / sondern auch auf der Insul Borneo in einem sicheren Schlag aus Affen gesuchet werden: also ist es auch mir andern beschaffen Offters hab durch eine̅ gewissen Chinesen verschiedene Bezoar-Steine zu Bantham vor mich aufkauffen lassen / welche mit dem Chinesischen Nahmen Gautscho und dem Bastard Maleytschen Culiga kees beleget wurden / welche gleichfals nach meinem und andern Urtheil aufrichtige Bezoar waren. Ja es hat mir Hr. Melchior Hurt, ein Bruder von dem Hr. Alt-Directeur Anthonio Hurt, gewesenes Ober-Haupt von der West-Rüst A. 1672. einen Stein verehrt / in der grösse von einer runden Pflaume und artlich mit Flecken bemahlet / auch so hart / wie ein Wetzstein / welcher aus dem Eingeweid eines / auf derselben Küste gefangenen und mit grosser Mühe getödteten Tyger-Thiers geschnitten worden / wie er nach Bericht / mit seinen Augen gesehen hat. Wann ich solchen Stein jetzo noch hätte / so wolte ich bey den Javanen ein schön stück Geld davor bekommen: allein er ist vor 7. Jahren / unter meinen andern Raritäten nacher Italien gesendet worden. Ich weiß auch wohl / daß bey vielen Neu-Gelährten vor fabelhafftig gehalten wird / was man von dem Gold / so von dem blossen Donnerkeil herrühret / erzehlet: Wie solte ich dann Glauben finden / wann ich sagen würde / daß ich dergleichen selbsten habe / welches glaubwürdige Bürger / als hiesige Officirer mit eigenen Augen in dem inneren Hertzen eines Eisenholtz-Baums gestocken zuhaben / gesehen haben / welcher kurtz zuvor von einem Donnerschlag getroffen worden: Ja / was noch [48] mehr ist / wann ich sagen solte / daß ich Gold und Kupffer bey mir hätte / welches mit dem Donner herunter geschlagen worden sc. Dergleichen Exempel mehr und viel seltzamer M. H. H. von denen Javanen / Maleyern / und absonderlich von den Maccassaren vernehmen kan / worvon ein jeder soviel glauben mag / als er begreiffen kan. Zum wenigsten sage dieses / daß so man nicht glauben solte / was die Alten vor diesem geschrieben es seye dann / daß wir solches just mit selbsteigenen Augen gesehen hätten / oder solches sonsten begreiffen könten / so wäre ein grosser Theil der freyen Künsten und Wissenschafften / die wir doch aus den Büchern haben müssen ohnnöthig und umsonst. Ich kan mich in Wahrheit berühmen / viele Steine können zuzeigen / und in Indien gefunden zuhaben welche von Plinio und andern alten Scribenten gemeldet / und solang bey unsern heutigen Gemmariis vor erdichtet und Fabulos, oder zum wenigsten unbekandt gehalten worden. Durch Mons. Latil, Bürger allhier und meinen Collegen im Kleinen Rath / hat M. H. H. eine viereckichte Kiste von Thielen mit H. D. I. gezeichnet / zu empfangen / darinn vor das erste 6 Zweigen gepackt sind / als No. 1. das Ambonischen Cudrang, doch ohne Früchten. No. 2. der Ambonischen grossen Ganiter mit ihren vollen doch halbreiffen Früchten und Blättern. No. 3. Spina Spinarum auff Maleyisch Ruccam genennet / so von Java in diese Länder gebracht ist / und deßwegen selten Früchte träget / welches sonsten runde / glatte und rothe Beerlein sind / so zu essen taugen / und dem Europaeischen Hagedorn oder Oxyacanthae nicht ungleich sind. No. 4. Anticholerica, in gemeinen Maleitschen Oepas bidij genen̅et / mit seinen Blättern und Früchten: ein Bäumgen / welches auff sandichten Stranden wächset und deßwegen überschicket wird / daß man es den Maleyen zeigen und dessen rechten Malaischen Nahmen erfahren könne / dieweilen es ein groß Antidotum gegen allerhand schädliche Kost / so aus der See kom̅et / ist / welche sie durch ein Erbrechen auswirfft / worzu meistens die Wurtzeln und die gelbe bittere Körnlein gebraucht werden. No. 5 zwey Aestlein von dem Culit Lawan-Baum / worvon eines mit kleinen Blättern von einem alten Baum / bey welchem die alte abgefallene und eingetrucknete Früchten á part kom̅en: das andere aber mit grösseren Blättern / von einem jungen Baum. Aus den Rippen an den Blättern kan M. H. H. abnehmen / daß sie mit dem Zimmet-Baum und mit dem so genandten Japanischen Lorbeerbaum einige Gleichheit haben. Die Früchte von unsern Culit Lawan sind erst länglichte Beerlein / welche bey ihrer Zeitigung von einander borsten / und eine gelbe un̅ fette / doch truckene Substanz geben / dergleichen auch der Zimmetbaum heget No. 6. ist ein Rebe von der Tuba Baccifera, insgemein Bori Bidji genandt / und in den Apothecken Cucculi Indi, dessen dürre Früchten à part kommen. Item ein Sträußgen mit grün- und halbreiffen Früchten / wie sie jetzt in meinem Garten stehen. No. 7. die Wurtzel von dem Baum Rex Amaroris, ist ein mittelmässiger Baum / welcher auf steinichten Stranden oder Ufern wächset / im gemeinen Maleischen Bon hati, im Ternatischen Soulamu genennet. No. 8. die gesäuberte Körner von Ganiter, von dreyerley Sorten oder Grösse / worunter aber nicht eine von der rechten ist. No. 9 Die Früchte / so der Rex Amaroris oder Boa hali träget / welche mit der obengemeldten Wurtzel ein köstlich alexipharmacum abgeben. No. 10. Die dürre Früchte von der Tuba Baccifera oder Cucculi Indi. No. 11. Die Früchte von Oedani, so bey den Maleyers ein gemein Würm-Kraut ist. Welche vier letztere in Pfeffer-Dutten gepacket sind. Ferner hat M. H. H. von eben demselben Mons. Latil, ein viereckigt und offenes Kästgen zugewarten / welches von Gabba Gabba gemacht / und mit ein wenig Erde / darinn 3. Sorten von der Globa gepflantzet sind / angefüllet ist. Hier bey aber ist zu wissen / daß das gröste Stück von der gemeine Globba und die 5. andere Stücke mit der dünnen Wurtzel / genan̅t Globba Durion und Globba Papoea, diejenige seyn / so M. H. H unter dem Nahmen Globba Koese verlanget hat. Sie tragen zweyerley Früchte / die eine / so eine mittelmäßige Wurtzel hat / trägt Früchte an einem Strauß / wie das Cardamomum, dicht bey der Erden / wovon der gedörrete Strauß No. 12. im Kästgen kom̅t. Die andere trägt runde / stachlichte und Graß-grüne Früchte / auch dicht bey der Erde / welche anjetzo nicht aus der dünnesten Wurtzel sende. Alle drey muß man also gantz in einen harten Grund pflantzen / worinnen / wie ich hoffe / sie auff kommen sollen. Oben auf diesem Kästgen ist noch ein Krantz von einer Melckouw, mit dicken Striffen und mehlichten Blättern / wird allhier auf Ambonisch Susuela, das ist / grosse Melckouw genennet / und wird von mir vor ein Apocynum Indicum gehalten / so eine Cron mit weissen Blumen / welche wie Cravos, so die Mixstys in den Ohren tragen / außsehen / worauff lange Schoten folgen / in welchen ein wollichtes Wesen / wie Plock-Seide / lieget / und durch den Wind versteubet wird. Dieses aber geschiehet / umb zu probiren / ob die Blätter grün nach Batavia kommen können / und sie allda bey denen Javanen bekant sind. Womit dißmahl schliesse / und nach hertzlichem Gruß meinen hoch geehrten Herrn in die väterliche Beschirmung des Allerhöchsten empfehlend verbleibe Meines Hochgeehrten Herrns Amboina Victoria d. 14. Sept. Dienstwilliger Freund und Diener/ RUMPHIUS, m. p.
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VIII. EXTRACT Auß Herrn GEORG EBERHARD RUMPHII Send-Schreiben / An D. WILHELM ten RHYNE. P. P VOnsten hab ich 10. Bücher von den Ambonischen Kräutern / und eines von den See-Gewächsen unter Handen. Cortex Ovinius oder Massoy, eine hitzige und aromatische Rinde / ist hier so wohl / als zu Batavia außländisch / und wird von N. Guineâ gehohlet; weßwegen deren Gebrauch leichtlicher bey einem Muleya oder Balier, als allhier kan erforschet werden. Lagondy ist überall zweyerley / 1. das Männchen mit fünff Blättern / wird zu einem Baum und wächset an dem Ufer. 2. Das Weibchen hat nur 3. kleinere Blätter / und bleibet in diesen Insulen nur ein kleiner Strauch / auff Batavia aber wird es zu einem Baum / und ist allein in der Artzney gebräuchlich / wovon meinem HHn. vor etlichen Jahren / wie ich vermeine / die Blätter überschicket habe. Herba Moluccana, so bey dem Christophoro à Coste Cap. 5. 9. beschrieben ist / wird in Ternat-Tschinga-tschinge, insgemein aber auff Malejisch Sajor Songa genennet: wächset überall wild mit langen Reben an den wässerichten Orthen / unter andern rauhen und krichenden Gewächsen. Costa legt ihm des Sambuci Blätter zu: allein sie sind viel breiter und runder / etwas rauh im Angreiffen / von starckem Geruch / wie die Mentha Saracenica, mit Anis gemenget: Ist wohl ein Wund-Kraut / aber nicht also sehr / daß es ein destructiv Chirurgorum könne genennet werden / wie Costa geschrieben. Ich hab vor 20. Jahren durch meinen Wund-Artzt mit Wachß und frisch Calappas-Oehl eine grüne Salbe davon machen lassen / welche uns gute Dienste thäte / wo man keine andere haben konte. Wird auch auff eine gewisse Art zubereitet / und in der Küche zu einem Gemüß-Kraut gebraucht / treibet den Urin / welcher einen Terpentinischen Geruch darvon bekommet. Lignum Moluccanum ist heut zu Tag nicht mehr unter dem Nahmen Panave, den ihm der vorgemeldte Costa Cap. 34. gegeben / und sehr dunckel belchrieben hat / bekandt: sondern ich weiß wohl / daß er damit das Bäumgen Bory meinet / welches an allen seinen Theilen so hitzig / brennend und starck pur girend ist / als immer ein Euphorbium seyn kan. Die Wurtzeln davon sind ohngefehr im Jahr 1632. auß Amboina verlanget / und nacher Europa und China gesendet worden / umb die Wassersucht damit zu curiren / worinn sie treffliche Würckung thun / wie ich allhier im Hospital solches offt probiren lassen. Die Früchten darvon werden Schwitz-Nüßger / in den Kräuter-Büchern Grana de Molucco und Pinelen von Molucco genennet / wormit man Fischen und Vögeln vergibt. In diesem Büntelgen bekom̅et mein HHr. ein Büschlein von der Wurtzel / welche am sichersten zu gebrauchen ist; Darbey kommen 6. Nüßlein so etwas dreyeckicht sind / an statt einer Probe darvon. Man nimmt von der fein und rein geriebene̅ Wurtzel nicht mehr als einen Fingerhut voll / in etwas Fleisch-oder anderer fetten Brühe / mit Arak vermenget. Es treibet dieses Medicament sehr gewaltig den Urin in den Wassersüchtigen / verursachet aber einen kleinen Brand in der Kehl und in dem Affter. Ganiter sind gewisse holtzigte Körner / so artig außgehöhlet scheinen / als ob sie durch Kunst also gegraben wären / etwas grösser als Pfeffer-Körner / welche die Gentilen an Schnüren umb den Halß tragen / auch zuweilen mit guten Corallen vermengen. Die beste fallen auff dem Oostischen Theil von Java und Madura: Hier aber in Amboinâ fäl [50] let eine grosse Art wie Büchsen-Kugeln / die zu nichts gebraucht werden / und wachsen auff hohen wilden Bäumen im Gebürge / worvon mein HHr. in den Blättern einen Kern / von mittelmässiger Grösse bekommet / weilen die kleine und harte Sort hier unbekaudt ist. Die Zweiglein / Blumen und Früchte von dem Schlangen Holtz und Sandel / kan ich meinem Herrn von hier nicht schicken / indem wir allein Bastart-Sorten darvon haben / und die rechten von Timor beschrieben werden müssen / von dar ich sie durch Hülffe gewisser Freunden / so zu Batavia wohnen / habe bringen lassen / dieweil von hier gantz keine Fahrt nacher Timor gehet / welche auß gewissen U???sachen von der hohen Obrigkeit verbotten ist. Caju Rasamala sind dicke Wurtzeln eines Baumes auff N. Guinea, dessen Blätter mir selbsten noch unbekandt sind. Das Holtz ist sehr fest und schwer / außwendig grau und honigfarbig / das beste aber ist weiß / wie Helffenbein / riechet etwas nach Styrax Liquida, bey den Maleyers Rasamula genandt / und wird von den Maleyischen Weibern zu Rauchwerck gebrauchet. Ich höre / daß Herr Herbert de Iager dergleichen Holtz in den Indostanischen Landen gesehen habe / dem weissen Sandel gleichend / unter dem Namen Sembaranae, worvon ich wol näheren Bericht haben möchte. Die Milch-See / oder das weisse Wasser / ist eine Verwunderungs-würdige und noch zur Zeit unerforschte Eigenschafft der See rund umb Batavia nach Amboina zu / welche jährlich zweymahl weiß wird / doch also / daß man solches nicht / als bey der Nacht erkennen kan. Bey Tag ist die See / wie ander Wasser / aber des Nachts gantz feurig-weiß / wie der Schnee / daß man kaum Licht und Wasser unterscheiden kan. Das erste ist das kleine weisse Wasser / und kommt im Neu-Licht am Ende des Junii. Das andere oder grosse weisse Wasser / komnit gl???ichfalls im Neu-Mond / zu Ende des Augusti / doch ein Jahr mehr / als das ander / zuweilen auch gar nicht. Es lauffet mit breiten Strichen Amboina vorbey / biß nach Beuton zu / und vermenget sich mit dem andern Saltz-Wasser gar nicht / biß daß es in kleine Strichen veitheilet wird. Man dörffte nicht unbillich meynen / daß durch eine gewisse Influentz des Himmels / der Grund in der See zu der Zeit gerühret werde / daß er einige Materiam Sulphureoaluminosam von sich gebe / (indem diese Insulen meistentheils Schwefel-Berge haben) welche mit dem Saltz-Wasser des Meers untermenget / dergleichen Farb annehme: welches den Alchymisten zu untersuchen überlasse / umb eine Aquam noctilucam aus dergleichen Materie zu machen. Wann das erste weisse Wasser vorbey ist / so sihet man zuweilen in Banda eine blutige und stinckende Materie am Ufer liegen / welche nichts anderst ist / als faeces Sulphureae, oder Sulphuteo-aluminosae, worvon die Fische sterben / dergleichen Wasser wir hier in Amboina selbsten in dem Hafen noch dieses Jahr gehabt haben. Einen Catalogum von meinen beschriebenen Pflantzen zu senden / ist nicht wohl thunlich / noch rathsam / weilen das Werck noch unvollkommen ist und man nicht so fest auff den Naymen stehet / daß man sie nicht hier und dar zuweilen noch verändern könne / so lang man noch damit versehen ist. Was man aber einmahl divulgiret hat / lässet sich nachmahlen nicht so wohl widerruffen. Unterdessen gehet es zu meinem grossen Leidwesen / langsam damit her / und zwar auß Ermangelung tüchtiger Assistenten / weilen ich wenig Zeit dazu übrig habe. Von dem Ursprung des AMBERS weiß ich vor dißmahl nichts mehr / als meine alte Meinung zu sagen / daß es nemlich eine Fettigkeit seye / welche auß dem Grund des Meers herfür komme / anfangs zwar weich und zähe / nachmahlen aber durch die Saltzigkeit der See allgemach erhartend. Es schlucken aber nicht allein die grosse / sondern auch die kleine Fische / das Gevögel und wilde Färckel alle Sorten von dem Amber ein / wo sie dieselbe finden (ohne Zweiffel / weiln sie durch dessen fetten Geruch darzu gelocket werden) welche sie nachgehends wieder außspeyen: Daher kommt es nun / daß so vielerley Meinung bey dem gemeinen Mann / und bey den Scribenten davon entstanden sind / so gar / daß der eine (wie die meiste von diesen Oosterischen Einwohnern) behauptet / sie werde in einer besondern Art Wallfischen gezeuget / welche unter die Lamias gehören: gleich wie dergleichen einer an das Oostertheil von Timor biß gegen den Wall geschmissen worden / welcher sornen mit schwartzem / und hinten mit grauem Amber angefüllet war: Andere aber geben vor / daß die grosse See-Vögel / so auff denen Maldivischen Insulen sich auffhalten / die Ambram generiren solten / welche auch auff den Klippen unter ihrem Dreck gefunden werde etc. Ohnlängst hat mir ein gewisser Wäscher weiß machen wollen / daß das Indianische wilde Schweinichen / welches auff der Insul Mauritius gefunden wird / die Ambram im Leib habe; welches wohl seyn kan / wann es solche zuvor am Ufer gefunden und verschlucket hat / gleich wie sie auch in diesen Insulen mit dem weissen Amber, Sperma ceti und dem Sie-Speck (welches wilde Arthen von dem gelben Amber sind) verfahren. Indessen dörffte der Discurs von der Ambra länger fallen / als man es in einem Brieff fassen kan / absonderlich wann ich noch darbey ge [51] dencken wolte / daß gemeiniglich die gute Amber gryß mit einer schwartzen bechigten Materie bekleidet und umbgeben / gefunden werde / welche man vor eine schwartze Amber halten mag / so doch faul und widrig von Geruch ist / wie mir noch in vorigem Jahr ein Stücklein davon gebracht worden / welches hier ohngefehr in der See gefunden worden / und nicht allein Klauen / sondern auch Schnäbel von Vögeln in???sich hat. Der Baum / worvon die rechte Nux Vomica kommet / ist mir noch unbekandt: Allein ich hab doch nie gehöret / daß man jemahlen behaupten wollen / diese schnöde Frucht rühre von dem so gesunden Sandel-Holtz her / welches nicht glaublich ist. Der Sanguis Draconis, so viel ich von denen Maleyern hab erfahren können / kommet keines weges von dem Caliatoers-Holtz / sondern von einem Geschlecht grosser und dicker Rohr oder Rieds / welche auft dem Land von Malacca und Sumatra, umb die Stadt Palimbany wächset. Dergleichen Riedt wächset auch hier in Amboina, welches einen lichten und hell-rothen Safft gibt / welcher doch nicht hart wird. Nach meiner Meynung ist der beste und sauberste Sanguis Draconis denen Europaeern noch unbekandt / welcher auß kleinen Glundern und Lachrymis, in trucknen Blättern gewunden bestehet / und auff Batavia zu kauff ist / und zwar unter dem Nahmen Niernùny. Daß das Caliatoer-Holtz kein rother Sandel sey / habe ich ohnlängst mit meinem Schaden erfahren / da ich das erste / so mir von Batavia vor roth Sandel geschickt worden / und ich nicht gesehen hatte / gegen eine Entzündung der Augen / oder Ophthalmia, wormit im verwichenen November überfallen worden / brauchete / indem ich geschwind gewahr wurde / daß es an statt einer Kühlung / mich tapffer in die Augen bisse / auch da ich es eintruncke / die Keel angriffe: worauff ich nach genauer Untersuchung befande / daß es nichts anders / als das Caliatoers-Holtz gewesen. Weßwegen dann nach dienstlichem Gruß meine erstliche Bitte ist / daß der Herr de Iager, welcher die Hindostanische Länder wacker durchreiset hat / und dessen Erfahrung mir lange Zeit gerühmet worden / mir ohnbeschwert wolle nähern Bericht geben / was der rothe Sandel seye? Indem er nach der Portugiesen Bericht / in solchen Ländern fallen soll. Ich bin der Meinung / daß man nicht gewisser darhinder kommen könne / als wann man einige Stücker / entweder von Madagascar, oder von der Africanischen Oost-Küste bringen liesse / deren Einwohner vor Alters Trygloditae, heut zu Tag aber insgemein bey den Arabern Zingi oder Zangi genennet werden / wor von der rothe Sandel bey den Maleyern Tsjendanazangi genennet wird; wie dann auch der Zingiber seinen Nahmen davon hat. Könte mein HHr. auff Batavien mir ein Stückgen außmachen / solte mein Vollmächtiger der Herr de Ghein solches vor mich kauffen. So möchte ich auch von obgemeldtem Hn. eine nähere Instruction bitten / was der rechte Calamus Aromaticus seye? und welches seine inländische Nahmen? weiln ich wohl weiß / daß es kein Acorus noch Shoenanthum seye / worvon das erste bey den Maleyern Dizingo, das andere Sirec genennet wird / und alle beyde auff Batavia wachsen. &c. D. Amboina den 20. Aug. A. 1687. IX. EXTRACT Auß Herrn GEORG EBERHARD Rumphens Send-Schreiben / An D. ANDREAM CLEYERUM. P. P. VOr das erste sage dann / daß ich von der Melissâ Batavicâ nicht urtheilen könne / ehe daß ich zum wenigsten ein auffgedrucknet Blat oder Aestgen in einem Brieff überkommen habe. Ich glaube aber doch / daß es ein wild Ocymum seyn soll / welches die Maleyer Comangi Oetan und rockoe rocckoe nennen / welches auch hier / doch sehr wenig / in der Wildnüß wächset.
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Die Beschreibung von dem Catsio, wie der Hertz de fager aufgesetzet / kom̅t mir zweifelhafftig vor / daß also lieber bey demjenigen / was Gar???ias ab Orta davon schreibet / verbleibe / welcher uns den Baum deutlich gnug abmahlet; weilen aber doch seit her verstanden hab / daß in Pegu, da wol das deste fällt / zweyerley Catsio zu finden sey / und zwar bey de in runden Kugeln / davon die erste Sort aus den Zweigen des Baums gesotten wird / und aus schwartzen harten Knollen bestehet / wie die gemeine und beste Sorte anzusehen: die andere aber kommt in grösseren Klumpen / so auswendig roth und brüchig / inwendig aber mit etwas weiß kalckachtig angefüllet / welche man vor schlechter hält / un̅ wie die Tubern unter der Erden wachsen soll / wie dasselbige / welches mein HHr. in vorigem Jahr Terram Japponicam nen̅ete: So will ich die es meinem HHn. zu näherer Untersuchung aufgetragen haben / weilen Sie Gelegenbeit haben nacher Pegu an unsern Residenten zu schreiben / oder durch Sprach-kündige Leute einige Peguers, die sich sonder Zweifel zu Batavia aufhalten / derentwegen zufragen / da ich dann auff nähern Bericht von meinem vorigen Sentiment, daß nemlich kein ander Catzio seye / als welches Garcius beschrieben / gern abstehen wil. Die platte Küchlein oder unrechte Catzio, werden eigentlich Goetta Gambir genennet / und kommen / als mein HHr. wohl und recht saget / von Palimban / von einë gantz andern Strauch / als das Catsio, wann ich eine kleine Beschreibung oder Abbildung der Blätter hätte / so getrauete ich dasselbige Bäumgen hier in Amboina auch finden zu können. Ob das Semen Sinae oder der Wurmsaamen / nach der Meynung aller unserer Kräuter-Beschreiber / eine Sorte vom Absinthio, oder nach Hn. Herbert de fagers Sentiment ein Abrotanum seye? daran ist nicht viel gelegen / indem viele frembde Kräuter durch unsere Europaeer bald unter diese bald unter jene Sorte gezogen worden. So kan es auch seyn / daß dieses Kraut in verschiedenen Ländern auch verschiedene Gestalt gewinne / gleich wie es aus der Erzehlung des Surattischen Chirurgi erhellet / welcher demselben Fenchelblätter und einen starcken Geruch beyleget: wie denn auch aus der weitläufftigen Beschreibung des Hn. de fagers zu sehen / daß dessen zweyerley seye / doch beyde gegen die Würme gebräuchlich / womit ich es / als von einem Augenschein herrührend / halten muß. Ehe ich ferner annehme / daß kein ander rothee Sandel bey den alten Arabischen Scribenten / welche uns solches zum ersten bekandt gemacht haben / verstanden werde / als das gemeine Caliatoers-Holtz / so will mit Erlaubnuß der beyden Herren / lieber noch eine zeitlang glauben / daß in gantz Oost-Indien das rechte rothe Sandel-Holtz nicht zu finden sey / gleich wie ich auch / meines Wissens / schon vor diesem an meinen HHn. geschrieben hab / indem der Maleyische NahmTsjendana Zangi mit sich bringet / daß solches aus dem Land der Zangis oder Zingis, das ist / der AEthiopier, so die Oost-Küst von Africa bewohnen / müsse gehohlet werden. Weßwegen mich dann meines HHn. Urthel unterwerffe / wann ich bestreite / daß das heutige rothe Sandel-Holtz / welches wir Europaeer gebrauchen / und vom Garcia beschrieben wird / nichts anders als das Caliatoers-Holtz seye: werde mich auch inzwischen wohl vorsehen / dasselbige nimmermehr zur Verkühlung zu gebrauchen / wiewolen solches von den guten Freunden / unter welche ich solches ausgetheilet hatte / meistentheils consumiret worden / welche solches auff den alten Glauben immer noch zur Abkühlung und die Blut-Gänge zu stopffen / auwenden. Unterdessen hoffe mit der Zeit alles von den Einwohnern genauer zu erfahren / wiewolen es mit beschwerlich fallen wird / zumalen an diesem abgelegenen Ort / da nicht viel Frembde hinkommen. Nichts weniger zweiffele ich noch gar sehr / ob die Ambonische Resina Damar Canari Oetan ein Gummi elemi seye / worzu ich gnugsame Ursach habe / so lang wir keine Beschreibung von denen Africanischen Bäumen haben / davon eigentlich das Gummi elemi und animae herkommet / indem man aus dem blossen Anschauen einiger Resinarum sicherlich kan betrogen werden. Indessen glaube ich / daß / wofern mein HHr. unser Ambonisches Damar Canari durch seine Wund-Aertzte in ihrem Pflaster solte probiren lassen / man eine erweichende und anziehende Krafft darinnen finden solte / dergleichen das Gummi elemi auch hat. Zu wissen aber / daß das Gummi elemi und Damar Canari eigentlich Resinae seyen / und keine Gummata, welche letzte im Wasser schmeltzen / und im Feuer entweder gar nicht / oder doch schwerlich brennen wollen. Ferner kan ich nicht zugeben / daß das bekandte Kräutlein auff Batavien, so vor Löffel-Kraut angeseben wird / unter die Species von dem Sio oder Wasser-Eppich zu rechnen seye / indem es in der That selbsten kein Wasser-Kraut ist / sondern überall auff dem truckenen Land / in den Wüsteneyen / im Wald bey denen Wurtzeln der Bäumen / wie auch in den Berg - Garten / in diesen Insulen gefunden wird. Man kan es mit nichts bessers vergleichen / als mit der Hedera terrestri. Weilen es aber doch seine besondere Kräfften hat / so hab ich es vor ein besonder Judianisch Kraut halten / und meinem Wercklein / unter dem gemeinen Namen Pes equinus oder Pferds-Füßgen / Malayisch Pancugu, einverleiben wollen. Was die Po tugiesen durch Rabaco verstehen / weiß ich nicht / weilen ich kein Wörter-Buch von dieser Sprach habe. [53] Dieses aber weiß ich wohl / daß ich das rechte Sium in Portugal habe wachsen sehen / und zwar allezeit an feuchten wässerichten Oerthern / also / daß das Würtzelgen selbst im Wasser gestanden. Sie nenneten es allda Peroxil de Agoa, das ist / Wasser-Petersilien / und ist in solchem Werth gehalten / daß ein jedweder Platz / da es grünet / seinen eigenen Besitzer hat / und also nicht einem jeden frey stehet solches abzupflücken; wiewolen wir als Soldaten dasselbige zuweilen zu Salat und Mues abgeknippet haben / ohnerachtet der Schleudersteine / die wir öffters an die Köpffe bekommen haben. Daß der schwartze Corall allezeit mehr als andere Corallen von einem holtzigten Wesen in sich habe / kan mein HHr. leichtlich in einem oder andern Gemmario finden / worinnen die Corallen beschrieben werden: Daß es aber in Europa noch unbekandt seye / und andere Steine davor gezeiger werden / weiß ich wohl / als der das rechte schwartze Corallium in Europa niemahlen hab sehen können. Ja wann mir jemand das Ost-Indische gezeiget hätte / möchte es mir eher vor ein Stück Holtz vorkommen seyn. In was AEstime und Gebrauch nun diß Ost-Indische rechte Calbahar itam seye / kan mein HHr. leicht von den Einwohnern auff Batavien ausfragen; absonderlich aber tragen sie schwartze Arm-Ringe und dergleichen Zierath davon. Das weisse / oder schwartz und weiß-ku???ppichte Calbahar, welches ich meinem HHr. wie ich meyne / auch überschicket habe / ist bey denselbigen in keinem geringeren Werth. Wäre ich einmal auff Batavien / so getrauete noch viel mehr Sorken davon in solchen Insuln zu finden. Das rothe und fistulose Alcyonium aber / so hier gnug zu finden ist / und Battoe Svvangi oder Maltacou, das ist / Zauberstem genennet wird / vor ein rothes Corallium zu halten und zu gebrauchen / soll mein HHr. wohl durch die Erfahrung anderst finden / und seine Meynung darauff ändern. Man hat auch noch eine andere Sorte / so mit dicken Zacken auffschiesset / welche brüchig sind / und leichtlich abfallen: wovon meinem HHn. ein Müstergen zusende / unter dem Namen von Bastard rother Corallen / welche auff den Batavischen Insulen gleicherweiß fället. Diese kommt mit den rechten Corallen noch näher überein / wiewohl man in der Medicin damit / wie auch mit dem vorgemeldtem Alcyonio vorsichtiglich und sparsam umbzugehen hat. Dienet meistens gegen das Blut harnen / und wann man ein beygebrachtes Gifft durch den Urin austreiben will / indem es eine treibende Krafft hat / und also mit den Corallen nicht überein kommet. Das discursgen von der Oebi Oetan oder wilden Batatas ist etwas verwirret / weßwegen ich es in der Kürtze erläutern will. Oebi Oetan ist ein general-Nahm / welcher wol 4. biß 5. sothamgen und zu essen dienenden Wurtzeln / die wild wachsen und sehr voneinander unterschieden sind / beygeleget wird. Gleich wie das zugeschickte un̅ eingemachte Oebium polypoides bey dem gemeinen Mann auch also heisset / welches allhier / meines Wissens / nicht gegessen wird / wiewohlen ich höre / daß solches die Javanen essen. An dessen statt aber brauchet man allhier ein ander Oebi hoetan, mit grossen Knollen / wie Häupter / so in den wilden Wäldern wächset / worauß nach vieler und mühsamer Bereitung / ein weisses und wohlgeschmachktes. Mehl gemachet wird / so dem West-Ind???hen Farinje und Cassavy gleichet / worvon viel Einwohner / so wol hier als in dem Moluccos, in Ermangelung des Reyß oder auch des Sagoe leben müssen. Solches heisset bey den Maleyern Ondo oder Gadong, und in meinen Schrifften Oebiu̅ Sylvestre. Warumb man aber das erstere unter die Sorten der Batatas stellen wolte / sehe ich gantz und gar nicht / und werden die jenigen / die das Gewächß etwas nengieriger besehen / den Unterscheid leicht finden. Ich kan auch nicht sehen / warumb es bey dem gemeinen Mann Caladiheisse / (oder muß bey dem Batavischen Volckeinegrosse Unwissenheit unterlauffen) indem dieses ein gantz ander Kraut ist / nemlich das Arum AEgyptium oder Colocasia Neotericorum; welches alle Einwohner dieser Insulen / auch die Javaner selbsten mit gantzen Gärten voll und keiner geringen Mühe jährlich pflantzen müssen / umb die eß-bahre Wurtzel darvon zu bekommen / solche / nicht zwar rohe / sondern weil sie jücket / entweder gekocht oder gebraten zu essen: und wird solche auch auff Batavias pasar zu verkauffen gebracht. Daß män das Ophioglossum Lacmiatum ehemahlen vor eine Filix Sorte angesehen / ist so frembd nicht / indem ich es selbsien gethan habe; und nachdem ich das rechte und kleine Ophioglossum, welches in dë Apotheken Lancea Christi genennet wird / und auf abgebrandten Heiden wächset / auch so wohl alß das grosse ein gemein Mueß-Kraut abgiebet / gesunden habe / so habe ich stracks bemercken können / daß diese zwey Kräuter von einem Geschlecht seyen. Die Flos Susannae gehet jährlich auß / kom̅t aber nachgehends wieder hervor / und zwar auß seinen Hohen-Würtzelgen / welche in keinem moderichten Grund / sondern in truckener Berg-Erden stehen wollen / weilen sie allhier nirgends als auff hohen und kahlen Bergen wächset. Der überschickte Abriß der Nux Vomica scheinet mit dem jenigen Krähen-Aug / so in dem Vatterland bey den Apothekern gesehen hab / überein zu kommen: Allein die Figur / welche Tom. 1. fig. 37. Horti Malab. vom Caniram zu sehen ist / und der Herr de lager vor die rech [54] te hält / will damit nicht accordiren / allwo in der Beschreibung auch nicht ein Wort von dem schädlichë Gebrauch der Früchten gedacht wird. Damit man sich aber in seinem Urtheil nicht übereile / so will ich das meinige so lange außstellen / biß daß ich eine Handvoll Coromandelische Früchten von meinem HHn. werde bekommen haben. Unterdessen bleibe dem geb. Herrn de lager obligirt / daß er mir seine Schrifften und Abrisse hat wollen communiciren / schäme mich aber dabey / daß ich dessen Verlangen nicht kan vergnügen / und die Beschreibung der Muscarien-Nüsse un̅ andere Copieli, so er durch andere gute Freunde von mir verlanget / wegen obiger Ursach / noch nicht senden kan: Soll aber künfftig noch geschehen / wann erimir selbsten eines Brieffes würdig achten wird. Er hat noch ein Bündelgen an meinen HHn. zu liefern / darinnen 2. Stück von dem rothen Bastard-Coral gepacket sind / nemlich ein Aestgen Pseudo-Corallium rubrum genant / dessen hieroben gebacht / und ein anders / so Alcyonium rubrum fistulosum heisset / mit D. A. C. gezeichnet / welches mein HHr. nach meinem Erachten / von Corallen hält / umb zu vernehmen / ob wir einerley Steine meinen. In dem Büchlein von grau Papier / so zwischen die Bretterlein gebunden ist / befinden sich einige auff getrucknete Blätter / welche auch zur Nachricht dienen / ob wir in unsern Briefen einerley Kräuter meinen: Als Lit. A. nenne ich Marrubium album Moluccum, meines Wissens bey denen Maleyern Soecan und Daun Hati Hati genant / von unserer Nation aber bald Katzenkraut / bald Melissen geheissen: kommet schier mit der neuë Ortulana (den Geruch auß genommen) überein. Lit. B. so man hier Comange Utan oder Zuccuzuccu nennet / heisse ich Basilicum Sylvestre. Lit. C. ist Filix Calamaria mit langen Reben / wild hervor schiessend / auß dessen schwartzen Stielen die Mohren ihre Schreibfedern machen: kom̅t mit / umb versichert zu seyn / daß man es nicht mit dem obë gemeldten Ophioglosso confundire. Lit. D. ist ein Blat von einer langen dornigtë Zasel / welches ein stechende Winde ist / die man vor Sarsaparilla hält / ich aber vor eine Pseudo-Chinam ansehe / weilen die Sinesen mich versichern / daß die rechte Radix China in ihrem Land ein dergleichen Gewächs seye / auch diese Wurtzel unter die rechte vermengen thäten / wiewohlen sie zu roth und zuholtzigt ist. Unter dessen wollen es die dumme Ambonesen und Moluccaner also haben / welche die rothe Stücker vor das Män̅chen halten. Ohne Zweiffel wird es bey ihnen auch zu finden seyn. Lit. E. ist ein Krant / so der Melissen nahe kom̅t / und von mir Melissa Lotoria genennet wird / weilen es von denen Javanen und Baliern zum Abwaschen des Lethes gebraucht wird. &c. Amboina Vict. d. 18. Aug A. 1682. RUMPHIUS. X. EXTRACT Auß Hn. GEORG EBERHARD RUMPHII Send-Schreiben / An Herrn JACOB de VICA. P. P. DEn Palmeer-Baum / solte ich so leicht nicht gekennet haben / wan̅ mein HHr. mich nicht nach Larique gewiesen / auch auß desselben Gebrauch erwiesen hätte / daß es der jenige Baum seyn müsse / welchen wir allhier Lontar, und wie ich von dem Ceilons-Fahrer berichter worden / unsere Lands-Leut auff Ceilon, Jager-Baum nen̅en / weilen der schwartze Baum-Zucker / so Jagara heisset / darvon gemacht wird. Dafern mein Schreiber recht liefet / so accordiret kein einiger Name / welche Hr. de Tagers auß verschiedenen Malabarischë Sprachen genommen hat / mit den jenigen Malab. welche ihm der Herr van Rheede in seinem Horto Malabarico gegeben hat / allwo er Carini pana und Talla tamado genen̅et wird. Welcher nun recht oder unrecht habe / will jetzo nicht urtheilen / weilen ich kein Malabarisch verstehe; doch wünschte wohl / daß mir diese Nahmen ein wenig außgeleget würden / und der Herr de Iager mir erlaubete / daß ich dessen Beschreibung dieses Baums in mein Wercklein / nach dem Capitel von dem Lontar - Baum dörffte setzë / welches sonsten ohne special-consens nicht thun mag / wiewohlen es meistens mit dem jenigen / was mir andere Ceilons-Fährer davon erzehlt haben / überein kommet: wiewohlen obgemeldtes Werck noch dreymahl grösser fallen dörsste / wann ich alles mit dergleichen weitläufftigen Curiosität beschreiben solte. [55] Warumb aber die Portugiesen diesen Baum Palmeria brava, das ist / den wilden Cocus-Baum nennen / weiß ich nicht: in dem er in solchen Ländern immer so viel gesuchet / auch so viel Nützlichkeiten an sich hat / als der Cocus-Baum oder rechte Palmeria. Es wundert mich sehr / daß in dem vorbemeldten Horto Malaburico, daran so viele Gelährte gezimmert haben / nicht mit einem Wort berühret wird / daß auß diesem Baum der sehr berühmte Jagu ura oder Baum-Zucker gemachet werde: doch finden sich dergleichen Gebrechen durchgehends in diesem Wercke mehr. Die Beschreibung von dem Benzoin- und Campher-Baum / will ich also annehmen / wie sie mir zugesendet worden: Unterdessen war es mir meistens darumb zu thun / daß ich ein Zweiglein oder einige Blätter von diesem Bäumen bekom̅en möchte / daß ich sehen könte / ob sie mit einigen Bäumen auff diesen Insulen überein kamen. Sonsten haben mir die Thinesen / welche solche Länder befahren haben / vieles von diesem Baum erzehlet / so mit meines HHn. Beschreibung überein kommet: welche imgleichen auch berichten / daß in China ein Holtz gefunden werde / welches die Unserige Campher-Holtz nennen / und starck nach Campher riecht / doch aber keinen Campher von sich gibt. Im übrigen schäme mich / daßich des Hn. de Iagers Verlangen kein Gnügen leisten kan / daß ihm (wie ich wol thun solte) mehrere dergleichen weitläufftige Beschreibungen von Gewächsen und Thieren mit getheilet würden / welches mir ohumöglich ist / indem ich nur einen Schreiber hab / der seine Hände voll zu thun hat / daß er meine verwirrete Schrifften in Ordnung bringe wormit ich nun mehr als zuvor eyle / wellen meine Kräffte täglich abnehmen. Auff kurtze Fragen aber kürtzlich zu antworten / soll mir nicht zu schwer seyn / indem mir nichts angenehmers / als von der Edlen Botanis. Wissenschaff??? zu discuriren. Bitte wolermeldten Hn. de Iager zu grüssen / und dieweil mercke / daß dieser Freund mein letztes Schreibë wie auch andere meine Schrifften / welche ich meinem HHn. mit der Condition mit getheilet habe / daß sie niemanden / ohne mein Vorwissen / communiciret würden / gesehen habe / so mag ich auch wohl leiden / daß Monsr. de Iager auch so viel überlassen würde / was er vom Sagueer, Sago- und Muscat-Nußbaum / auch deren Gebrauch haben will / welchen letztern er auch in D. Cleyers Brieff verlanget: doch mit dem Beding / welchen / schon droben außgemachet habe / daß nemlich eines jeden Werck unter des rechten Autoris Nahmen / nach eines jeden eigenem Werck gesetzet werde; gleich wie ich mit dem Seinigen / wo es nöthig ist / auch verfahren will / indem sonsten jedem seine Art zu schreiben frey stelle. Der Cocoya, da man die kleine Schiffelle oder Fockels von machet / ist ein grosser außgebreiteter und kriechender Strauch / welcher an der Gestalt mit der Malayer Paudany, davon man die wohlriechende Blumen bekom̅t / überein kommet / und einer Fischhaut gleichet / wird im Horto Malabarico Tom. 2. Cap. 1. Caida und von den Portugiesen Caldere genennet; wiewoln die Blätter an dem Cocoya viel länger sind / als an dem Paudany, nemlich 12. diß 14. Fuß lang / auch einer Hand breit / am Rand mit scharffen und steiffen Dornen besetzet / aber ohne Blumen und Früchte / so viel mir davon bekandt ist. Was man vor einen Baum / welcher dem Caliotoers-Holtz gleiche / und von welchem ich an D. Cleyer soll geschrieben haben / verstehe / weiß ich gantz nicht / oder es müste der Lingorbaum seyn / dessen rothes Holtz ohne Zweiffel bey meinem HHn. zu sehen ist: wächset auff Java und wird von den Maleyern Ampana genennet. Coelit Lavvan, Ooby Zadzia und der Paradies-Vogel sind etwas wietlaufftig zu beschreiben / und müssen darumb wegen obiger Ursachen entweder entschuldiget / oder so lang außgesetzet werden / biß der obgemeldte Herr mich selbsten mit einem Brieffgen bewürdigen / und seine Meinung deutlicher schreiben wird. Die Sinesische Pulß-Fühlung hab ich gehabt / und zwar mit Smestichen und Lateinischen Buchstaben beschriebe: Weilen sie mir aber nicht dienete / hab solche vor einigen Jahren an D. Cleyern überlassen. Von Ceilon möchte wohl einige Stücklein oder Wurtzeln haben / die man allda vor das Schlangen-Holtz hält / und gegen die Cobra Capelo gebrauchet / mit Bemeldung / ob sie von Bäumen / Sträuchen ober Kräutern herrührten / auch Beyfügung der Ceilonischen Nahmen. Könte mir der Herr de Iager aber nähern Bericht davon geben / solte es mur lieber seyn. Ich vermeyne solche auch hier ??? finden. Die Beschreibung der See-Bäumg???ens oder Corallen / wolle mein H???Herr noch eine Zeitlang bey sich behalten / und sonsten niemanden Copie davon geben / indeme noch vieles darinn zu ändern haben werde / wann ich das letzte Buch meines Herbarii vor die Hand nehmen werde / worinn solche Gewächse weitläufftig sollen beschrieben werden. &c. Ambein den 18. Aug. 1682. XI. EX.
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XI. EXTRACT Auß Herrn GEORG EBERHARD Rumphens Send-Schreiben / An den Serrn ten RHYNE. P. P. WIt Verlaugen habe den Herrn Herbert de Iager in dieser Provintz erwartet / nachdem mein HHr. und andere Freunde mir darzu Hoffnung gemacht hatten; allein ich sehe / daß in zwischen wegen anderer vorfallenden Geschäfften darauß nichts worden ist: wodurch ich vieler nöthiger Berichten / die derselbe ohne Zweiffel mir hätte mittheilen können / beraubet bleibe / absonderlich wegen des auffrichtigen rothen Sandels, welcher nach D. Cleyers Zuschreiben / fast bey allen Medicis und Naturkündigern zu Batavia vor das Caliatoers-Holtz gehalten wird: In welche Meinung ich doch noch zur Zeit nicht kommen kan / indem ich an diesen beyden Höltzern gantz unterschiedenen Geruch und Kräffte gefunden habe; oder müste etwa das Caliatoer-Holtz zweyerley seyn / worvon ich einen näheren Unterricht vom Herrn de Iager erwarte / welcher diese Länder durchwandert hat. Nachdem ich auff meines HHn. Begehren meine Meinung von dem Ursprung des Ambers entdecket habe / so bin nachgehends auch meines HHn. Sentiments darüber verständiget worden / und wie weit dasselbige von dem meinen abgehe. Ich glaube / daß es eine neue Meinung seye / welche einige von unserer Nation, so auff der Insul Mauritius handeln / außgesprenget haben / daß nemlich die Ambra ein Gummi oder Resina eines gewissen Baums / so auff derselben Insul wachsen soll / seye / dessen Wurtzeln allezeit nach der See schiessen thäten / auß welchen die Ambra außschwitze. Dafern dieses wahr ist / so ist es warlich ein groß Wunder / daß solche Bäume / so einig und allein auff der Insul Mauritius grünen / alle die Amber Grysae außschwitzen mögen / welcher in so vielen und auch so weit voneinander entlegenen Plätzen der Welt / ja selbst in West-Indien / und zwar meistens von einerley Substantz und Eigenschafft gefunden wird: Daß / sage ich / dieses Gummi von Mauritius gegen Wind und Strohm (indem unter der Zonâ Torridâ und in der offenen flachen See die Wellen und Winde stätig von Osten wehen) über die 1000. Meilen nach den Maldivischen und Oostischen Insulen getrieben; und fallen die Bäume auch auff benachbarten Insulen / als Madagascar, Majottes und der Oost-Tüst von Africa, wie die Menge und Vielheit der Ambrae Gryseae erfordert / so ist es wiederumb Wunder / daß die curiose Araber, welche die Rüste und Insulen schon über tausend Jahre befahren haben / diese köstliche Bäume nicht ehe gekennet haben. En fin, fides sit penes Autorem; wann man alle Narrata unserer Nation so blosser dings glauben solte / so kan ich mich rühmen / daß von dem Amber was sonderliches von einer sicheren Person / welche viel darvon wissen wolte / und auff der Insul Mauritius gewohnet hatte / gehöret habe. Diese versicherte uns / daß die Ambra Grysea in den wilden Fercklein auff dieser Insul wachse / welche er mit seinen Augen auß derselben Magen hat schneiden gesehen. Radzia Salomo, ein vertriebener König von Arimaentuttu, hat mir auch erzehlet / wie er selbsten gesehen hätte / daß eine Art von Wallfischen dorten gegen den Wall getrieben worden / auß dessen Leib seine Landsleute die Ambram in grosser Quantität herauß gelanget hätten / wormit sie auß Unwissenheit ihre Fahrzeuge geschmieret hätten: welchen aber die Macassaren wohl abzuhohlen und theuer zu verkauffen wüsten. Nun glaube ich wohl / daß diese drey Erzehlungen wahr seyn können / nichtsdestoweniger bleide ich doch bey meiner [57] alten Meynung / nemlich / daß es ursprünglich ein Bitumen / so auß dem Grund des Meers quillet / seye. Warumb solte es nicht Bäume geben können / welche ein Refinam, so wie die Ambra rieche / außgeben können? dergleichen ich auff Boeroe auch gefunden habe / die es einiger massen thun. Ja die Boetoeulers haben mir schon vor 17. Jahren dergleichen Resinam vor Berg-Amber verkaufft; Und wer weiß nicht / daß Fische / Vögel und Thiere / absonderlich die Fercklen / allerley Amber, so in der See treibet / begierig einschlucken / worvon ich gnugsame Erfahrung habe. Derowegen kan es wol seyn / daß das Mauritianische wilde Ferckel zuvor Amber verschlucket habe / und nachgehends von dem plumpen Jäger vor eine Amber-Grube angeschen worden seye. Indessen behält die gute Ambra ihren Preiß / welcher noch täglich zunim̅t / und mag derselbe wohl mit dem trunckenen Man̅ / welcher zu Hemelberg in Dennemarck abgemahlet stehet / von allen solchen Praatgens und Geschwätz sagen: NIL MOROR NUGAS. Amb. den 20. Maj. 1683. P. S. Vor einigen Jahren hat mir das Collegium Curiosorum in Teutschland ein Testimonium zugesendet / und darinnen mich zum Gliedmaß desselbigen Collegii angenommen / und zwar nach ihrer Gewohnheit / unter dem Nahmen Plinii Indici: Nebenst Verehrung ihres Buchs / worinnen mein Nahme bey einigen Gewächsen gemeldet worden. XII. Herrn GEORG EBERHARD Rumphens Send-Schreiben / An Herrn D. ANDREAM CLEYERUM. Mein Herr und günstiger College. DEsselben angenehmes vom 20. Januarii / neben denen beygefügten Flaschen mit drey Cattis Thée angefüllet / 2. Ephemerides in einem Paquet und die eyserne Wage mit zwey tiesfen Schalen / einem Bündelgen Bara de Costa, und den eingeschlossenen Briefen von D. Menzelio, hab ich zu seiner Zeit wohl empfangen / vor dessen gute Bestellung und freygebige Beschickung ich hertzlich danckbar bin. Die beyde Ephemerides waren / nach Inhalt D. Menzelii Schreiben / mir destiniret gewesen / gleich wie sich derselbe erbotten / mir noch alle Ephemerides zuzusenden / worzu ich etwas contribuiret habe / mit welchem Recht sie an meinen Hochgeehrten Herrn addressiret worden / von welchem auch die übrige erwarte / worinnen die Beschreibung der Wurtzel ist / so viel ich auß Erzehlung der Chineser hab erfahren können. Mich wundert / daß unser gegenwärtiger Herr Gouverneur, Dick de Haas, anstehet / daß kein Europaeer das Gewächs oder das Kraut von dem Japonischen Nisin oder dem Sinestschen Som jemahlen gesehen habe / und daß einfolglich auch noch niemand seye / da doch durch meinen Hochgeehrten Herrn 2. Figuren / und durch mich / auß Vormahlung eines sicheren Sineesen eine Figur davon gezeiget wird. Demnach mein Hochgeehrter Herr nochmahlen gedencket / niemahlen einigen CARINAM NATALI gesehen zu haben / wie ich auch wohl glauben will / in dem sie auff Batavia nicht allein / sondern auch hier selbsten schwer zu bekommen sind: So hab ich in den beykommenden viereckichten Büchsen [58] meinem Hochgeehrten Herrn zwey zuschicken wollen / deren ich ohnlängst mächtig worden bin / nemlich eine grosse und die eigentliche Carinam, und eine kleine / mit einem weiteren Mund / so dunckeler von Coleur, und eine besondere Art ist / auch nicht viel grösser wird. Beyde aber bewohnet eine Art Polypus oder See-Kaß / so absonderlich Nautily genennet wird. Dieses ist ein seltzamer Fisch / welcher mit seinen zwey längsten Füssen / die sich hinten außstrecken / sein Schifflein fortrudert und besteuret / mit den 2. fordersten und kürtzesten aber zugleich das Fordertheil des Schiffs etwas auffrecht haltend / also fortsegelt / (vid. Fig. 2. Tab. 1.) daß es trutz einem Jagt-Schiff fort lauffet; welches Spectacul doch niemahlen gesehen wird / als wann es nach einem grossen Ungewitter wieder gand still worden. Er ist auch sehr / schwer zu fangen / dieweil er gleich zu Grund gehet / wann er das geringste am Ufer spüret. Auff dem Grund hat er die Grabben zu Feinden / welche den wehrlosen Fisch herauß ziehen / da alsdann die ledige Schaal gegen das Ufer geschmissen wird. Eine recht wunderliche Begebnüß hat es mit der jenigen Carina, welche ich an unsern Argonautam geschicket habe / und welche nachmahlen an die Kömische Kayserliche Majestät verehret worden / zugetragen: Indem dieselbe von einem See-Adler auß dem Meer gehohlet worden / daß er den Fisch darauß fressen könte: Unter dem Fliegen aber entfället ihm die Schale davon / (weilen der Fisch daran nicht fest ist) und zwar just auff ein Sandpläcklein zwischen zwey Klippen / ohne einige Verletzung / ausser daß ein klein Häutlein darauß gebrochen worden; da nachmahlen solche Schaale ohngefehr von einem Fischer zu der Zeit abgehoylet worden. Dieses war ein merckliches Vorspiel / daß sie noch vor den Römischen Adler solte gebracht werden. (Den Abriß davon zeiget die I. Figur TAB. I.) Die übrige Gefächer von dem Kistlein sind mit verschiedenen raren Conchis und Muscheln angefüllet / darunter zwey rare See-Gewächse von weissem Corallen-stein zu finden sind / welche durchgehend wie ein Nüßlein / in Gestalt einer Rose oder Blume anzusehen / und Reticulum marinum genennet werden. Daß unter den zugesendeten drey Saamen verdorben sind / ist kein Wunder / indem die̅se Dinge allhier recht in dem Ende des Regenwetters musten colligiret werden / da alle Sachen feucht und gequollen sind / weßwegen ich noch mahlen sage / daß dergleichen Versendungen nach dem Vatterland viel bequemer von Batavia könten und solten / geschehen. Unterdessen sind die drey verdorbene gnugsam auff Batavia zu bekommen. Andere Resinas und Gummata kan an statt der verlohrnen vor dißmahl nicht überschicken / weil ich durch den Brandt deren gantz beraubet worden / diese Sachen auch einige Zeit erfordern / biß man sie wieder zusammen bringen könne. So fällt mir es auch dieses Jahr ohnmöglich / mehr alten Pinany zu senden / dieweil derselbe jetzo so rar und theuer ist / daß man ihn zum täglichen Essen nicht wohl bekommen kan. Es ist ein Matrose hier angekommen / welchen Ihro Edlen vor einen Mahler und Abreisser senden / umb die verbrandte Figuren von meinem Herbariô wieder zu ersetzen. Allein es dörffte gewaltig langsam damit hergehen / indem er erst die Handlung lernen muß / und ich keinen Dienst von meinem Sohn habe / welcher / nach seiner Meinung / mit seinem Secretariat gar zu sehr occupiret ist / wormit ihn der Herr Gouverneur versehen hat / daß ich also seiner missen muß / da ich doch seiner so hoch vonnöthen härte / zumahlen ich so viel Unkosten deßwegen auff ihn gewendet habe. Es ist zu beklagen / und macht ein Generos Gemüthe gantz verdrossen / vor die gelahrte Welt etwas zu unterfangen / weilen man hier zu Land so wenig Hülff darzu haben kan / und die Geldsucht die Studia so verachtet macht / doch muß man sich so viel dargegen stellen / als es möglich ist. Ich hätte ein Brieffgen vom Herrn Herbert de lager erwartet / wie derselbe mir versprochen / als er seine Persianische Reise antrate: Allein es scheinet / daß ich bey demselben auch vergessen sey. Die Manier / so viel Gewächse / welche sich einander etwas gleichen / unter ein Genus zu bringen / hab ich allezeit vor sorglich und betrüglich gehalten / und es kan nichts dann Verwirrung setzen / weßwegen ich auch nicht zugeben können / daß man vor den rothen Sandel allerhand rothe Höltzer / und vor das Drachenblut allerhand rothe Säffte halten will; und dieweil ich solches nicht zuftehen will / so hab schon manchen scharffen Verweiß von diesem Herrn empfangen. Eben so unglücklich waren unsere Seribenten in Europa / welche die Ost- und West-Indische Gewachse / welche sie nicht anderst / dann auß der Figur und Beschreibung kenneten / unter dieses oder jenes Geschlecht eines Vatterländischen Krauts bringen wolten; dergleichen Fehler ich im Hortô Malabaricô anweisen und zeigen kan. Bauhtnus zehlet auff solche Manier in Pinace Plantarum unsern Pinangen-Baum unter die Palmen-Geschlechte / und vermeinet mit etlichen / daß es die Palma Cypria bey dem Theophrasto seye. Ich habe in meinem Herbario lib. 12. ohnegefehr Toley-Bäume unter das Geschlecht Palmae Indicae zehlen müssen / wiewohlen ich [59] gnugsame Merckzeichen beybringen kan / daß etliche besondere Geschlechte machen. Ob meinem HHn. mit der Zeit ein wenig Calambake köndte überlassen / muß auch in Gedult erwarten. Vor mich hab ich solches nicht vonnöthen / als daß nur ein Stücklein an D. Menzelium schicken möchte / welches an dem Berlinischen Hoff zu einem Pröbgen dienen soll. Ich kan mich wol mit dem besten Agul-Holtz behelffen / welches man in grosser Quantität von der Insul Beliton bringet. Ich wünschte sehr / daß meinem HHn. durch ein und andern Handelsmann auff dieser Insul nur zu einem Aestgen von diesem Baum helffen könte / daß sich solches abzeichnen liesse. Es soll wohl Mühe haben den COCOS DE MALDIVA oder Calappa Lavvoet bey die Hand zu bringen / dieweil ich höre / daß die Sinenser überall auff der Hut stehen / solchen in ihre Klauen zu bekommen; nicht zwar / daß sie damit artzneyen / sondern denselben als einen Abgott in ihren Häusern zu bewahren; weßwegen man derselben auff der West-Küste / da sie frisch ankommen / und von denen davor liegenden Insulen / gebracht werden / suchen müsse. Es ist auch noch ein kleinere Sort / in der Grösse von einem Pinang, Coquingo oder Cokinjo benahmet / darzu uus die Portugiesen wohl helffen könten. Die Tacca Littorea ist in der That ein schön Gewächß / welches mein HHr. nach seiner rechten Gestalt beschreibet: doch scheinet es / daß mein HHr. das Rareste daran noch nicht gesehen habe / nemlich den frucht-tragenden Stengel / in der Höhe eines Mannes / welcher sehr nahe eines Hauptmanns Partisan gleich sihet. Mein HHr. seye gewarnet / nichts von dem gantzen Gewächse in den Mund zu nehmen / weilen es so scharff wie der Alaun brennet / und ein Dracuntium ist; wiewohl auß der Wurtzel ein zu essen dienendes Mehl gemacht wird. Daß die so genandte Japanische Tulpe keinesweges auß Japan komme / bin ich zur Gnüge durch unsern Herrn Gouverneur und meinen HHn. versichert. Dieselbe bekommen hiermit eine Zwiebel davon / welche die Gestalt zeigen wird / wann sie auffgehet. Die Blätter gleichen unserer Spat-Wurtzel / wie wohlen sie kleiner sind. Die Blüme gleichet besser einer Lilien / als einer Tulpe, ausser daß die Pfersing-farbicht oder licht-violet und gestreiffet ist. Die so genandte Japanische Lilie; so an den Javanischen Revieren gemein ist / haben wir hier auch in den Gärten / unter dem Balisin-Nahmen Casse Selan, und ist von der vorigen Blume unterschieden. Die Beschreibung von dem Japanischen Rohr / kommt mir seyr wohl zu statten / dessen in meinem Herbario, an seinem Ort / doch unter meines HHn. Nahmen zu gadencken. Ich werde aber doch mit unsern Sinesen überlegen / unter welche Sorte die Ba mboesen oder Röhren dasselbst bestens zu setzen seyn? weilen ich hier in Amboina 3. biß 8. Sorten gesehen habe. In denen obberührt??? Schachtein sind ohngefehr 110. Sorten von verschiedenen Muscheln eingeleget / samt einigen raren See. Aepffeln / und oben darauff eine dünne und platte Stella marian, in Gestalt eines Pfan̅kuchens. Bey Heraußnehmung dieser Sachen / muß mein HHr. sacht und vorsichtig handeln / daß nichts darvon zerbreche. Die Reticula marina ist in die Carina gepackt / welche man benebenst der Schachtel und der Zwiebel von der Tulpe von Monsr. Brouvvers, auf dem Schiffe Pylsvveerti zu empfange̅ hat. Womit nechst hertzlichem Gruß meinen HHn. mit allen lieben Angehörigen in Gottes heilsame Beschirmung empfehle und verbleibe Meines HHn. Amboina Victoria den 15. May 1688. Dienstwilliger Freundete. RUMPHIUS. In dieser Schachtel sind nachfolgende Sachen vor Herrn D. Andreas Cleyer eingepackt. Num. 1 CARINA NAUTILI MAJORIS, welches die Muschel oder das Schiff dieses Fisches ist / so Nautilus heiss???t / ist eine Art Polypus oder weiche See-Katze. Bey den Malay ers heisset sie Roema Goerita, oder das Hauß von Goritta, das ist / Polypus. Unsere Teutschen nennen es das Bootgen oder Schifflein. Num. 2. NAUTILUS MINOR, welche Art kleiner bleibet / aber weiter am Mund ist. 3. RETICULUM MARINUM, 2. Stück / ist ein fein See-Gewächß / in der Gestalt als eine Blume oder Rose. Die beyde Stück sind in die Carina Nautili gepackt / und man kan sie mit Stein-Leim auß eine Klippe fest setzen. 4. ECHINUS MARINUS DIGITATUS, ein langer und dick-schaliger See-Apffel. 5. Acht Steinfinger / oder die Spitzen von dem vorbenahmten See-Apffel / davon etliche / so sie ins Wasser geschmissen werden / oben stehen dörffin / endlich aber zu Grunde gehen. Man sagt / daß sie einerley Kräfften mit den Oculis cancti haben.
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Num. 6. Ein anderer runder See-Apffel / der Persianische Tulband genant. 7. Einige füsse oder Spitze von dem nechst-benahmten See-Apffel / wie Seil-Nadelen anzusehen / welche mit der Zeit gantz dick werden. 8. Elephanten-Zähngen / ohngefehr 10. Stück / sind kleine grünigte Solenes, etwas gekrümt wie Bocks-Hörner. 9. MUREX RAMISUS, oder gezackete Sturmhüte / deren Deckel ein Unguis odoratus ist / sonsten Blatta Byzantina genant / der Grund von allem Rauchwerck / und den Maleyern mit dem Nahmen Oenam bekant. 10. Metzbrämmer oder Bija kris: Sind rare Dostern in gemeldter Form / und sind wenig zu finden. 11. Dögelgen / 2. grosse und ein kleines / sind auch rare Muscheln von der Form genennter Paar. 12. Ein CARDISSU oder Hertzger: Sind weisse Schälger / so in der Mitten auffgeben. 13. TELLINA VIRGATA, Son̅en-Schalen. 14. STROMBI MINORES, kleine Nüßlein. 15. PATELLA oder See-Ohr / sonsten Telinga Muloli, worvon das länglichte einem Ohr / das runde einer umbgewandten Schüssel gleichet / werden auch Lopas, Teutsch Klip-Kleber genant / weilen sie an den Klippen hangen. 16. Noch eine rare Art von See-Aepffeln / Todten-Köpffiger genennet / welche eine sehr dünne Schale haben. 17. Eine Art von der STELLA MARINA SOLIDA, Teutsch Pfannkuchen genant / unten mit tausend kleinen Füßlein versehen / wormit es im Wasser auff dem Sand fortgehet. XIII. EXTRACT Auß Herrn D. ANDREÆ CLEYERI Send-Schreiben/ An Herrn D. SEBASTIAN SCHEFFERN. P. P. Die vorgelegte frage betreffend: Ob die von Buschoffio im Holländischen beschriebene Moxa nichts anderst als die Artemisia seye? Oder ob diese jener fälschlich substituiret werde? DJenet zur Antwort / daß die Moxa freylich nichts anders seye / als die Artemisia, welche von den Japponiern eigentlich Moxa genennet wird; wiewohlen nicht zu läugnen / daß noch mehrere Kräuter zu finden / welche eben solchen effect thun. Die gantze Kunst aber kommet auff die Praeparation und Zubereitung an / und wird solche bey diesem besser / als bey jenem verfertiget. Insgemein aber wird also damit verfahren: Sie nehmen den im Schatten gedörreten Beyfuß / absonderlich dessen Spitze oder summitates, klopffen sie wohl und reiben solche zwischen beyden Händen so lang / biß die äusserliche Schale abgefallen / und nichts als die innere wollichte Fäselein übrig geblieben / welche alsdann mit einem Kamme also außgehechlet werden / daß / wer es nicht gesehen / nimmermehr meynen solte / daß es die Artemisia gewesen sey. Wann nun mein HHr. noch da [61] von schreiben solte / würde mich es offt erfreuen / und zweiffele ich nicht / man könne in vielen Kranckheiten viel damit praestiren. Daß aber ein gewisser Medicus allhier in Ost-Indien von diesem Cauterio auch etwas in Druck gegeben / und das jenige / was er nur auß meinen an ihn geschriebenen Brieffen genommen / vor seine auff der Jappanischen Reise gefaßte Observationes halten will / thut mich nicht wenig verdriessen / zumahlen viele von ihm erdichtete Sachen darinnen / welche eben so wahr sind / als die Observationes Botanicae, welche D. Iacobi Breynii Cent. I. Exot. angehänget worden. Was solte man wol vor Observatioues auff der Japponischen Reise machen können / wo alle wie Gefangene tractiret werden / und nicht auß dem Hause gehen dörffen? Daß er sich aber des grossen Kaysers allda Archiatrum nennet / ist wol Lachens wehrt / indem er denselben niemahlen mit Augen gesehen / ja wider die Gesetze solches Reiches lauffet / sich eines Christens Artzneyen zu bedienen. Mit ehistem werde einen Tr. von der Chineser Method herauß geben / darinnen sie alle Kranckheiten / samt deren Ursachen auß dem Pulß / vermittelst des Umblauffs des Geblüts / oder Circulatione Sanguinis (welche ihnen schon über 1000. Jahr zum Fundament gedienet hat) herauß geben / welcher biß dahin durch D. ten Rhyne und dessen Adhaerenten zu Ambsterdam supprimiret worden / von dar ich solchen der Acad. Nat. Cur. zusenden wollen. Hierbey kommet auch eine Quantität Muscheln / von welchen ich eben kein sonderlicher Liebhaber bin / indem sie mehr zur Ergetzung als dem gemeinen besten dienen. Unterdessen spielet die Natur mit denen Farben so mannigfaltig / als an denen Blumen immermehr. Doch ist mir eine Art bekant / welche sonsten wenig von denen / die es nicht wissen / geachtet wird / und diese Tugend an sich hat / daß / wann sie auß dem Meer gezogen wird / und man der Schnecken / so darinnen ist / ein wenig Biesem beyfüget / selbige alsobalden stirbet: Wann man nachmahlen diesen Schnegel auff den Nabel einer Frauen / so nicht wohl harnen kan / appliciret / wird sie von Stund an gesund. Von dieser Materie aber wird D. Georg Eberhard Rumphius, von Hanau gebürtig / so jetzo in Amboina lebet / und von stetem Anschauen solcher Muscheln an dem Ufer des Meers / blind worden / eine weitläufftige Historiam schreiben / welcher auch noch ein Buch von 400. Capiteln unter der Feder hat / welches er dem Printzen von Uranien dediciren will. Micht wundert nicht wenig / daß der berühmte D. Simon Paulli in seinem Tract. de usu & abusu Tabaci & herb. Thee diese letztern Blätter dem Myrtho Brabanticae verglichen / indem es kein Kraut / sondern ein Strauch ist / so unter die Dornen zurechnen / dessen ich in Japonien gantze Aecker und Felder voll / doch in gewisse Ordnung gesetzet / angetroffen habe. Zwar hab vor diesem selbsten davor gehalten / es müste dieses Gewächse auch in Europa wachsen / allein ich bin nun einer gantz andern Meinung / und sehe / daß jedes Land seine eigene Pflantzen habe. Ich kan betheuren / daß in Japonien die Provincial-Rosen oder Centefolium, so wohl von einer hoch-rothen Farb / als gantz weisse auff sehr grossen Bäumen / auch noch mitten im Januario, wann es noch sehr kalt ist / aber ohne Geruch angetroffen. So habe ich auch allerhand Lilien auf holtzigten Stauden gesehen: die gefüllte Poenien auff Bäumen: die mitten im Winter blühende Kirschen-Bäume / doch ohne Früchten und dergleichen / welches in Europa unbekandt. Also gibt es allhter fliegende Meer-Katzen / fliegende wilde Katzen / Einhörnige Fledermäuse von schönen Farben: Fische von schönen Farben / so anderwerts nicht zu finden. Was sonsten den Unterscheid unter dem Cinnamomo und Cassia Lignea, welchen der Herr Praeses verlanget / betreffen thut / so ist gewiß / daß das Cinnamomum nirgends / als nur in der Insul Ceylon gefunden werde: Die Cassia Lignea aber wächset in mehrern Insulen / und zwar vielerley Art; Wiewohlen darunter eine Species zu finden / welche dem Zimmet nicht viel nachgibt / auch ein??? destill. fourniret / so doch dem??? Cinamom. weder am Geschmack / noch am Geruch zu vergleichen ist: wird von denen Einwohnern vor einen wilden Zimmet gehalten. Sonsten kan man auch auß der Wurtzel des rechten Zimmet-Baums einen sehr wohlriechenden Campher bringen / welcher besser als der Gemeine / aber dem jenigen / so von der Insul Borneo kommt / bey weitem nicht zu vergleichen ist. Vielleicht dörffte D. Paulus Hermanni dieses Gewürtz bald weitläufftiger beschreiben / welcher alles mit seinen Augen gesehen / indem er lang in Ceylon geftanden / auch dasselbige in seinen Philosophischen Destillir Oefen zur Gnüge auffgelöset hat; Weßwegen er auch von dem Printzen von Oranien zum Professore zu Leyden designiret worden. Was aber in dem so genandten Laboratorio Ceylonico von tem Zimmet gesetzet worden / hat eine untreue Hand theils dem Herrn Hermanno außgeschrieben / theils auß dem Glaubero hinzu gethan: Und ist die daran gefügte Farrago Observationum von ebem dem Gewicht / weiches vielleicht Ioh. Otto Helvvigius (mein gewesener Laborant, si Diis placet!) sein Latein / umb die Gebühr / gelehnet hat / indem der Author davon wenig vergessen hat; Unterdessen werden doch solche Leute vor Lichter [62] der Medicorum gehalten / und von denen Comitibus Palatinis zu Doctoren gemacht / welches man ihrem Gewissen anheim geben muß. Was den von meinem HHn. bemeldten Liquorem Lithontripticum anlanget / so halte ihn zwar vor ein gut Ding: ob aber die Nephritici und mit dem Stein beladene davon wieder genesen und völlig gesund werden können / zweiffele annoch sehr. Gesetzt / man habe in Franckreich / in Beyseyn grosser Herren / ein Expefiment damit gemacht / so ist doch noch ungewiß / ob er den Stein also im Leibe selbsten / wie ausser dem Leib angreiffen könne / indem er vielen Aenderungen unterworffen / ehe er ad partem affectam kommt. Daß aber dieses Solvens auß dem Ludo Helmontii, inliq. Tartar. dissoluto gemacht seye / wie viele meynen / will ich ebë nicht ver neinë / weil es deß Authoris description so gleich kommt / wie ein Ey dem andern; obwohlen ich den Ludum niemahlen gesehen / oder auch an diesem Ort in Brabant bekom̅en können. Ich halte dafür / man könne den Borret oder Borralem, so in des grossen Mogols Reich zu finden / wie auch das Salpeter in Benpali damit wohl vergleichen. Indessen ist gewiß / daß nach des Helmontii Meinung alles / was den Stein verhindern und davon praeserviren soll / auß den Kräutern und Thieren herrühren müsse / dahero er dem ??? auß einem ungebohrnen Kalb oder Bock viel zuschreibet / welchem doch der ??? nichts nachgeben dörffte. Nach fleissiger Nachforschung kan endlich der Japaner Relation von der Frucht Ananas, so Garzias und Piso beschreiben / nicht zuwider seyn / daß nemlich solche den Stein also gewaltig treibe / daß wann nicht behutsam damit umbgehet / und der Stein zu groß ist / das Leben in Gefahr stehe. Man brauchet ihn also: Man nimmt die ganß reiffe Frucht / scheelet und schneidet sie zu Scheiblein / thut sie in eine gläserne Englische Flasche gebunden in einen Kessel mit Wasser / schüret das Feur darunter / daß der Safft von sich selbsten außschwitze / und durch das Kochen reiffer werde / indem diese Frucht und der Safft etwas corrosivisches an sich hat / welches durch die Hitze alteriret wird. Von diesem Safft / welcher sehr lieblich schmecker / nimmt man fleissig ein: Wie dann auch die Frucht selbsten / in Scheiblein zerschnitten / mit Saltz und Spanischem Wein genossen wird / und wie Erdbeer schmecket. Sonsten erinnere mich / bey dem Cardano von einem gewissen Mann gelesen zu haben / daß er den Stein gewiß curiren können / diese Kunst aber mit ins Grab genom̅en habe. Von der Alchymie kan dieses sagen / daß die Metallen / durch gehörige menstrua solviret / auch mit einem gehörigen Feur also maturiret werden / daß der geringere ??? in einen edelern erhöhet werde: Einfolglich kein geringes metall in ein edelers transmutiret werdë könne / es habe dann eine disposition sich mit solchem ??? zu vereinigen: Allein hîc Rhodus, hîc saltus. Unterdessen habe diese speculation niemahlen ad praxin gebracht / weilen es einen gantzen Menschen erfoderrt / auch endlich nichts als Armuth und tausend Grillen hinterlässet. Von den runden Glas-Küglein / deren sich der Bürgemeister Hudde an statt der Microscopiorum gebrauchet / erwarte einige Erfindungë. In Japan findet sich keine Spur von solcher invention, weil dë Einwohnern die Glaßmacher. Kunst unbewust. Die metallische Spiegel aber sind ihnen wohl bekant / weilen sie keine andere brauchen: Sind platt und so glatt als die gläserne immer seyn können. Mit den Kohlen haben sie die Europaeer imitiret. &c. Ost-Indianische Berichte und Kapporten / von allerley frembden Bewächsen. Beschreibung Deß Sagu- oder Brod-Baums. DIeser Baum ist und bleibet erstlich lange Zeit ein Strauch / in Gestalt eines grossen Gewächles / welches hohe und recht über sich stehende Zweige / so unten aneinander gefüget und über 20. Schu lang sind / träget. Diese Zweige sind gantz grün und eines kräuterichten Wesens / inwendig wie Canelen außgehohlet / und außwendig rund auch glatt / ausser daß sie am untersten Theil mit langen / schmahlen und stechenden Dornen gewaffnet sind / welche reyhen-weiß bey einander stehen / und gleichsam wie Nadeln anzusehë sind / worunter der mittelste Dorn / so recht auf dem Rücken stehet / alle zeit der längste ist. Die Blätter stehen an beyden Seiten der Zweigen / wie an dem Calappus-Baum / auch ein wenig zusammen gefalten / doch länger / breiter und dünner / an dem Rand mit vielen weichen Dornen besetzet. Diese Blätter stehen allezeit über sich an den Reisern; gleich wie die so an dem vollwächsigen Caluppus-Baum zu finden / allezeit niederwerts hangen / woran man diese beyde Bäume auch von fernen unterscheiden kan. Unten aber setzet dieser Strauch einen Stamm / und zwar [63] gemeiniglich in solcher Dicke / als er auffschiessen will / welches er geschwind thut / gleich als ob er das vorige Versaumnüß einbringen wolte: Da er zugleich die vorige Zweige nach und nach abwirffet / wodurch im obersten Theil des Stamms einige Trappen formiret werden. Dieser Stamm ist gemeiniglich 25. biß 30. Schuh hoch / und so dick / daß ihn ein Mann schwerlich umbfassen kan: Die Rinde ist außwendig glätter als am Calappus-Baum / und nicht so in Glieder zertheilet. Wann der Stanun über zwey Manns-Länge gewachsen ist / hat er keine Dorne mehr / ausser an der obersten Ründe / umb den Ursprung der Aesten / welche mit der Zeit auch abfallen. So haben auch die Aeste / welche auß dem völlig. wachsenden Baum hervor schiessen / keine Dörner mehr / sondern nur an ihrem untersten Theil einige Merckmahlen oder Vestigia von dornichten Reyen / und wann dieselbe alt werden / bekom̅en sie von aussen eine licht-braune Farbe / so wegen ihrer Glattigkeit gläntzet: Inwendig aber sind sie durchgehends mit einer truckenen / leichten und schwam̅ichten Substantz angefüllet. Der Stam̅ / so lang er noch in dem Wachsen ist / hat rund umb die Wurtzel noch viele dornichte Reiser / welche denselben also umbringen / daß man nirgends unbeschädiget darbey kommen kan / und solches so lang / biß der Stam̅ so hoch und hart worden ist / daß er keinen Schaden mehr von den wilden Schweinen nehmen kan / welche diesen Baum sonsten gäntzlich zermalmen und verderben solten / damit sie des in̅ern Marcks habhafft werdë möchten / wann er nicht also mit den äussersten Dornen verwahret wäre. Daher köm̅t es nun / daß die Wälder sehr übel und mit groser Sorgtalt durchkrochen werden können / in dem diese lange Dörner sehr leichtlich jemand in die Füsse stechen und abbrechen / welche Stücker nachmahln mit gressem Schmertzeu außschwären müssen; Doch sind der Indianer harte Häute schon dargegen verwahret. Das äusserste Holtz oder Rinde vielmehr / ist nur zwey Finger dick / weder zu hart noch zu braun / als an dem Sagueers-Baum / sondern weiß und meistens auß groben Faselen gemachet / deren fördere Höhl inwendig gantz mit einem weissen / feuchten und schwam̅ichten Marck angefüllet ist / welches der Allweise Schöpffer diesen Einwohnern an statt des Reiß oder anderer Korn-Früchten / da man Brod auß bäckt / gegeben hat / wie drunten soll gemeldet werden. So lang als dieser Baum im Wachsen ist / trägt er keine Frucht / welche erst an Tag kom̅t / wann er vollkommen und alt worden ist. Unterdessen warten die Einwohner so lang nicht / weilen der Baum / wann er Früchte träget / seine beste Eigenschafft / nemlich die Bequemlichkeit Mehl davon zu machen / verlieret / dieweil das innerste Marck alsdann meistens in grobe Zaseren verändert ist. Wann er dann vollkommen alt geworden ist / so siehet man oben an den grünen Aesten / recht in der Mitten am allerersten einen dick???n Stiel oder Horn / bey nah als ein Zapffen an den andern Palmen / aber doch länger / hervor kommen / welches sich in 8. biß. 10. Neben-Zweigen / und diese wieder in Zwerch-Aeste vertheilen. Jeder von den grösten Aesten gleichet einem Spitz-Horn / und die gantze Cron siehet wie ein grosser Corallen. Stein / da man Kalck von brennet / oder wie eine grosse Lampe mit vielen Pfeiffen. An den vorbemeldten Stielen sitzen die Früchte dieses Baums / welches artliche geschupte Knöpff sind / und wie die Röttang-Früchte sehen / in der Grösse eines mittelmässigen Eyes / doch an beyden Enden eingedruckt / und so glatt gläntzend wie Helffenbein / an der Farb bleich-gelb und licht-braun / deren äusserste Schale auß eintzeln und gleichsam gewürffelren Schuppen / so doch nicht voneinander stehen / sondern alle aneinander hangen / und eine Schale außmachen / bestehet / welche leicht in Stücken zu drucken ist. Die Würffel stehen in schöuer Ordnung / und gleichsam creutz-weiß durcheinander. In dieser Schale liegt der runde Kern / als eine Büchsen-Kugel / so in den halb-reiffen Früchten weich ist / und zur Noth rohe kan gegessen werden / wiewohl er einen sehr zusammen ziehenden Geschmack hat. Wann aber die Frucht reiff ist / so wird er gautz schwartz / und so hart / daß man ihn nicht beissen kan / wiewohlen er in der Erden wurtzelt und keimt / wann er abfällt / welches doch langsam geschicht / w???ilen die wilde Ferckel / ehe er wurtzeln kan / damit durchgehen. Die Wurtzel aber bestehet auß dünnen Zasern / wie an dem Calappüs Baum / doch etwas dicker / welche unter der Erde kriechende hier uud dar neue Pflantzen her vor bringen. Dieser Sagu-Baum (welcher in diesen Oosterischen Landen gemeiniglich Sagu, in Ternatu Hudo, in Amboina Lappia, und das Brod / so davon gemacht wird / Sagu-marucca, das Mehl aber Sagu-manta geheissen??? wird) ist in allen Moluccischen Insulen / auff Celebes, Java und Borneo biß noch Zahor zu finden / wird aber nicht überall umb Brod davon zu machen / gebrauchet / es seye gleich / daß sie die Wissenschafft davon nicht haben / oder daß ihnen dasselbe nicht von???öthen ist. Die gröste Menge fället auff der Insul Coram, da man gantze Wälder und grosse Mildnüssen von diesen Bäumen findet / w???v???n jährlich eine grosse Quantität Sagu-Brod in andere Quartieren geführet wird.
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Er will einen nassen und wässerichten Grund haben / da man biß über die Knie in den Morast sincket. Doch wächset er auch auff sandichten Oerthern / wann sie nur Feuchtigkeit haben. Und darumb findet man kein Sagu-Wäldgen so klein / welches nicht ein oder / andere Wasser-Quelle habe. Auff hohen Bergen will er nich fort / es seyen dann dann zum wenigsten einige morastige Blacken droben / so mit andern Strauchë und Höhen umbgeben sind. Je höher nun der Platz ist / je sauberer und truckner man die Bäume halten kan / welche kann besser Mehl geben / als die jenige / die man nicht sauber machen kan. Es pflantzet sich aber dieser Baum nicht allein durch die Früchte / sondern auch / und wol öffters / durch die junge Außsprößling der Wurtzel fort / welche zuweilen in eines andern Erb-Gut und Länderey kriechen / ind???ren Ansehen dann auch die Wälder nicht wohl außzurotten sind / so lang die Wurtzeln von den alten Bäumen unter der Erden sind. Man kan auch die junge Außschläge außgraben und versetzen / als welche frische und lichtbraune Blätter haben. Die Wälder oder Felder / wo diese Bäume beyeinander stehen / werden LATAR genenner / sind von Ansehen sehr dunckel / und wegen der vielen Dornen übel zu passiren. Wann aber grosse Wasser fluthen kommen / so werden gantze Stücker Landes mit Bäumen und allem weggeflösset / weilen sie einen loderichten Grund haben und diese Stücke Landes treiben und schwim̅en zuweilen wie kleine Insulen auff der See. Man zehlet vier Geschlecht / oder vielmehr vier Veränderungeu des Sagu-Baums / welche dem äuserlichen Ansehen nach sich einander sehr gleich sind / und nur anden Dornen unterschieden werden können. Die I. Sort wird auff Amboinisch Lappia Tuni, das ist / der auffrichtige Sagu, genennet / welche die gemeinste und beste ist / Mehl darauß zu machen: hat mittelmäßige Dornen / aber das Marck verdirbt gar leicht / wan̅ die Frucht hervor zu schiessen beginnet. Diese Art wird meist gepflantzet und geheget. Seine Frucht ist die grösseste / länglicht / lichtbraun und nicht schwer / dessen innern Kern man roh essen kan / welcher doch s???hr zusammenziehender Natur ist. Die II. heisset Lappia Yhur und Yhul. Dieses Geschlecht ist das höchste von Stam̅ / dichter und mehr mit Dornen besetzt / dann die andere. Seine Dornen aber sind etwas kürtzer als die vorher gehende. Das innere Marck ist härter / und verursachet mehrere Mühe / umb das Mehl darauß zu bekommen. Diese Früchte sind auch runder / kleiner und härter / zielen auch mehr nach der gelben als braunen Coleur: hat einen harten Kern / so nicht zerbissen werden kan / wann er alt ist / durch welchen eine offene. Höhle gehet / daß man sie in gantze Reyen schnüren kan. Diese Art fällt meistens auff Coram, und sein Marck verdirbt so leicht nicht / wann die Früchte hervor schiessen. Die III. Lappia Maccanan und Maccanálo genennet / hat wenige / aber sehr lange Dornen / dessen Blätter eben so lang / wie des ersten sind / doch schmähler / dünner und runtzelichter / zerreissen auch leichtlich / und seind deßwegen zu Atap zu machen nicht dienlich. Dieses Marck gibt so viel Mehl nicht / als das auffrichtige / verdirbt aber nicht so bald / wann die Frucht kom̅t / welche viel kleiner ist / als die andern / nemlich wie eine grosse Musqueten-Kugel hinten und fornen etwas eingedruckt / an Farb lichtbrauner / dann die vorige. Die IV. Lappia-molat und Molo, hat gantz keine Dornen / sondern die Blätter endigen sich in eine steiffe und lange Spitze sie gibt das alle??? weicheste und wässerichste Mehl / welches meistens die berühmte Croy / Pappeda genandt / darauß zu machen gebraucht wird / gibt aber kein dauerhafft Brodt. Der Gebrauch dieses Baums ist bey allen Einwohnern dieser Oosterischen Insulen so nöthig / profitirlich und gemein / als der Calappus und Lontar-Baum in den Westerischen Theilen von Indien / nicht allein Brodt / sondern auch andere benöthigte Sachen in der Haußhaltung davon zu machen. Das Brodt davon zu machen / muß man vor allen Dingen einige Merckmahl von der Zeitigung des Baums / woran man die bequeme Zeit / den elben zu fällen / erkennen soll / in Acht nehmen. Wann dann solche Zeichen der Zeitigung sich eräugen (welche daran zu sehen / wann die oberste Zweige so weiß / als ob sie mit Mehl bestreuet wären / anzusehen sind) muß man denselben nicht länger stehen lassen / sondern gleich an der Wurtzel abhauen / den Stam̅ wieder in verschiedene Stücker / jedes von 5. biß 6. Schuh lang theilen / und dieselben wieder in zwey Theile spalten; wiewohlen einige den Stam̅ / wann er nicht sehr lang ist / gantz lassen / oder nur in zwey Stücker hauen / welche man in die Länge spaltet / auff das gespaltene Stück setzet sich der Indianer Gralling / oder als Reuter zu Pferd / hat in der einen Hand einen Klöppel (náni genandt) so von Bambusen oder einem andern harten Holtz gemacht ist / mit welchem er weisse und zaselichte Marck dieses Baums gleich so fein zu zerhacken weiß / daß solches dem ersten Mehl / (so einmal durchgelauffen ist) gleich sihet. Auß diesem Gehäck wird nachmahl das rechte Mehl also gemacht: [65] sie stellen über ein Wasser / auf 4. oder. 6. Füsse / ein Trog / welcher von der dicke Schale des Sagu-Baums Corurong genennet / gemacht ist / an diesen broiteste Seite ein härinner Beutel genähet wird / welchen sie Runuk heissen / und von einem Calappen-Baum machen. Dieser wird am öbersten Ende zusammen gebunden und an einen zähen oder niedergehenden gebogenen Stock / dergl. sich die Dreher an ihren Dräh-Bäncken bedienen / fe??? gemacht. Wann nun das zerhackte Marck in diesen Troge gethan und Wasser daran gegossen worden / knäten sie es mit den Händen starck / worauf endlich das Meel durch den Beutel und eingenähetes Canälgen in den untergesetzten Zuber schiesset / so voll Wasser stehet / darinnen das Mehl so gleich zu Grunde gehet / und wann der Zuber davon halb voll ist / so zafft man das Wasser ab / und nimmt das Meel herauß. Dieses Knäten dauret so lang / biß daß man siehet / daß kein Meel mehr mit dem Wasser kommt. Das über geschosne rothe Sagu-Mehl / welches dem groben Semel gleichet und Ella genennet wird / schmeisset man auf einen Hauffen und überlässet es den wilden Schweinen oder denjenigen die es nach Hauß tragen wollen / daß sie ihre Schweine damit mästen: das rothe Meel Sagu-Manta benahmset / kan man in Körbger oder erdenen Töpffen / wol einen gentzen Mond gut erhalten. Zu dem Bro??backen brauchet man gewisse Formen / von Erden gebacken / so man auf Malciisch Battu-Papoudi, das ist / Steine mit vielen Gefächlein heisset / welche vier eckicht / ohngefähr einer Haud lang oder etwas kürtzer / und an beyden Seiten in 4. biß 6. Gefächlein zertheilet sind / dann jedes ohngefähr eines Fingers breit ist. In diesen Formen / wann sie zuvor warm gemacht und das Sagu-Meel darinn geschüttet worden / entstehen so bald die Kuchen oder Brod / welche alsdann heraus gethan und wiederum ander Mehl hinein gethan wird / sc. Diese Brodt sind von unter sehiedlicher Grösse und Gestalt / doch alle vier eckicht / wie wolen fast ein jede Insul ihr eigene Form hat. Diese gemeine Kuchen in Amboina sind ohngefähr ein halb Schu lang / 3. biß 4. Finger breit / weiß und mirb. Auf Coram sind etliche länglicht / etliche recht viereckicht / so hart als ein gebackener Stein / und die Ecken gantz gläntzend / und gleichsam verglasurt. Die beste werden in den Uliassenischen Insulen gemacht / welche einer Hand breit und recht viereckicht sind / sehr fein und roth an der Farb / werden aber mit grösserer Mühe als die Gemeine gemachet. Es muß nemlich eitelfrisch Sagu-Manta seyn / welches man 4. biß 5. Tage in dem Wind trucknet und mit Pisang-Blätter zudecket: Hernach muß man das Meel 3. oder 4. mahl beuteln / und alsdann backen. Durch dieses trucknen bekommt das Sagu-Manta eine röthliche Farb und die Brodte werden sehr fein / und so lang sie frisch / weich und wol gemacht / doch etwas weniger als unser frisch Brodt; wann sie aber einige Tage alt sind / werden sie Stein hart und gantz glasicht / absonderlich welche allzuhart gebacken sind / so doch nachmahlen wieder weich werden / wann man sie in eine Suppe einweicht. Wann aber diese Brodt oder Sagu-Marucca von altem Sagu-Manta gemacht / oder so dieser in einem stehenden Pful-Wasser gekneten / auch zuvor nicht getrucknet / noch gebeutelt oder gesiebt worden / so bleiben diese Brodt bleich weiß / sauer am Geschmack und schimlicht am Geruch. Zehen dieser Brodten von mittelmässiger Grösse zusammen gebunden werden / Sa-Tacko genennet / weilen gemeiniglich zehen Gefächlein von einer Grösse / in einer Back-Form sind: Von den kleinen Sagu aber werden 20. biß 50. und wohl mehr zu einem Tacko gerechnet. Die Corammer durchstechen sie / wann sie noch frisch sind / mit einem Drath von Riet gemacht / binden jeden Tacko fest zusammen / und bringen sie alsdann zu Kauff. Wann man sonsten genau untersuchen will / ob ein Sagubaum reiff gnug seye / um Meel zugeben / so bort man mit einem grossen Bohr in das Hertz / und langet etwas Marck herauß / welches man ins Wasser schmeisset / und wann man in Acht nimmt / daß ein gute Partie Mehl auf den Boden sincket / hält man ihn vor reiff. Andere hauen eine tieffe Kerbe darinn / um etwas Marck darauß zu bekommen / man muß aber das Loch so bald mit zäher Erde zu stopffen / anderst laufft ein zäher Taig herauß / wie Pappeda anzusehen / worauf der Baum bald zu schanden gehet. Wann man derowegen einen Sagubaum verderben will / hauet man einen tieffen Hieb in den Stamm / worauß als schon gesagt worden / innerhalb 3. biß 4. Tagen aller Safft des Baums / wie ein schleimichter Pappeda lauffet / und das Marck außtrucknet: Indessen wissen die Einwohner solche Wunde des Baums mit einer Hand voll zähen oder leimichten Erden zuheilen / wann sie bey Zeiten darbey kommen; weßwegen nachmahlen der Gebrauch entstanden / daß man den Baum gantz um- und abhaue / und in die Länge gespalten hat / da als dann das innerste Marck durch den Regen oder die Sonn bald verdirbt. Diß ist eine von den mühsamsten und schwersten Arbeiten gewesen / welche unsere niederländische Soldaten in dem Ambonischen Kriege haben außstehen müssen / wann sie im Durchkriechen dieser morastichen Sagu-Wälder entweder von den Dornen in die Füsse gestochen worden / oder gar in eine Lämigkeit gerathen sind. In einer gewissen Schrifft / so im Ambonichen Maleeischen gestellt war / habe ich gelesen / daß ehe sie diese Bäume klopffen / zuvor ihren verstorbenen Vor-Eltern opffern müssen / daß sie ihre Plantagien bewahren und vergrössern möchten: Und wann sie dieselbigen wohl halten / dauren sie ins 3. und 4. Glied der Kinder. Sonsten ist das Isi oder was nach dem abgestossenen Meelübrig bleibt / auch gut zur Medicin gegen die Wunden / welche sie sich mit einem Messer oder Parang geschlagen haben. Ihr Papeda welchen sie von diesem Meel machen / ist ein Brey / so [66] auch vor Krancken und junge Kinder / noch mehr aber vor die sehr alte Leute / welchen die Zähne außgefallen sind / gut sind. Wann sie denselben essen / sollen sie sagen: Owie herrich schmeckt dieses / nicht anders wie süsse Milch auß der Mutter Brust! Der Bast von diesem Baum ist auch gut zu Brenn-Holtz: Und von den Dornen machen sie Kämme. Der Bast ist auch gut zu Gewehr und zu Pfeilen / deren Spitze auß den Dornen gemacht werden. Von den Blättern machen sie Fäden und Leinwad vor Man̅s- und Weibs-Personen / auch Seiler: Die alte Blätter aber dienen zu Atap / die Häuser zu decken. Die Gabba gabba oder abgefallene Zweig dienen zu Stühl / Bäncke / Tafeln und allerhand Haußrath zu machen. En fin alle die um Ambon wohnen / biß an die Insul Seran zu preisen diesen Baum / so gantz Ambon speiset / vor allen anderen Bäumen. XV. Bericht Von dem Baum Gomonto oder Saguweer-Baum. DIeser Baum ist sehr gut vor die Ambonis. Einwohner bis an das Land Seran zu / indem sie denselben auch auf dieselbige Art und Weiß wie den Sagu-Baum klopffen und stampffen / und kommt nicht allein Brod oder Sagu von diesem Baum / sondern er gibt auch einen Tranck / nehmlich Saguweer und Arak / wie auch Zucker. Ehe Sie aber diesen Tranck dar von sammlen / so hangen sie zuvor viele Bambusen mit Saguwern angefüllet auf den Baum / und hohlen sie nicht eher wider herunter / biß sie ein Gous - cous oder ein wild Schwein gefangen haben / bringen noch mehr zu essen mit dem Thier / welches sie alles unter dem Baum kochen. Nachdem bringen sie das Saguweer herunter und beten den Teuffel alldar an / vom ihm heischende / daß doch die Bäum reichlich und überflüssig fliessen mögen / daß sie nicht allein ihren Tranck / sondern auch Arak und Zucker darvon haben möchten. Die Faseln von diesem Baum dienen auch Seiler darvon zu drehen / zu Netzen / Anckerseilern und dergl. welche viel länger halten / als die so von Rohrn oder Rot angemacht werden. Dessen Dornen brauchen sie zu Gewehr / und machen auch Kämme darvon. Ja sie stecken sie auch / an das statt der Fuß-Eysen oder Spanischen Reuter in die Erde / daß sie ihre Feinde damit abhalten möchten. Mit den Zweigen und Blätter / fangen sie die Fische. Trägt sonsten viele Früchte und Saamen / dessen wohl 1000. und aber 1000. Körner / in den Mahang stecken. XVI. Von dem Calapa-Baum. DEn Calappa-Baum kan man zu allen Zeiten pflantzen / sowohl bey trucknem / als feuchtem Wetter / es seye bey dem Wasser oder auf einem steinichten Grund / indem das Wasser auß demselben dringet / als wann jemand Milch von sich gebe. Nach 10. oder 12. Jahren beginnet er zu tragen / und wann er die Mayan außschiesset / zapffen sie den Tranck davon / und kochen Arak und Zucker darauß; wie sie dann auch Essig davon machen können. Ja seine Früchten halten auch ein süsses Wasser in sich. In dem jungen Calappa-Baum finden sich Bouber / so ein gut Essen vor die junge Kinder gibt. Von der Frucht kochen sie ein Oehl gegen den Brand / welches auch gut ist / Fis???che darinnen zu braten / an statt der Butter. W???ann aber die Frucht alt ist / so essen sie das Marckt. Von dem Bast machen sie Seiler: von dem Stamm Stühle und andern Haußrath / daß also auch dieser Baum zu vielen Sachen mützlich ist.
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XVII. Von dem Canary-Baum. ES trägt der Canary-Baum im zehenden Jahr nach seiner Pflantzung Früchte / und zwar alle Jahr einmahl. Der Kern in der Frucht ist gut zu essen / und kann man solchen lang erhalten. Doch machen sie auch ein Oehl darvon. Die Schale / so um den Kern ist / ist gut Kohlen vor die Goldschmiede davon zu brennen. Von dem Holtz aber machen sie Büden / Züber und dergl. dienet auch zum Brenn-Holtz. XVIII. Bericht Von der Zimmet-Erndte und was darzu gehöret.

Das Erste Capitel.
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Von den Zimmet-Schelern und deren Geschlechten. DIe Zim̅et-Scheler / von den Holländern Caneel-Schillers genannt / haben das Recht der anderen Naturellen von Ceilon nicht gemein / daß sie ihre Ländereyen nach ihrem Belieben verkauffen dörfften / sondern es sind nur Leyhe-Güter von der Art / daß sie ihnen und ihren Nachkom̅en zum Gebrauch verbleiben / ohne daß sie anderst damit disponiren kön̅en / in dem der Kauff und Verkauff davon ungültig un̅ bey schwerer Straff verbotten ist. Es gibt deren Verschiedene Geschlechter so doch alle schlechte und verachtete Leute sind / wie die Pairers auf der Küst. Indessen ist doch unter denselben noch ein grosser Unterscheid / so wohl im Graad / als sonsten / und ist biß zu dieser Stund noch ungewiß / wie vielerley Sorten es von diesen Schelern gebe / wo sie herstammen / und worinnen sie unterschieden sind. Dieses aber kan ich sagen / daß das Schel-Geschlecht / so mit dem General-Nahme von Tsiálias oder wie die Unsere schreiben / Chiálias, nach einiger Behauptung / eine besondere Nation seye. Diejenige / welche unter Negombo sortiren / haben ihre Wohnunge unter dem Castel allda / und stehen alle unter dem Modeliaar von Negombo, so ein Inländischer ist / und allda viel zu sagen hat / auch deßwegen von diesem Volck sehr gefürchtet und hoch angesehen wird. Ihre Kleidung ist gering / so wohl der Männer als der Weiber / welche alle das Haupt / Oberleib und die Beine bloß und an dem Mittelleid nur ein Kleidgen tragen / wormit sie ihren Leib umwinden: Ausser daß die Männer noch ein ander Kleidgen / wormit sie ihre Scham bedecken / an sich haben / welches sie / bey nahe als die Fischer zu Paliacatto, um ein baumwollenes Seil / so dick als ein Federkiel oder wohl dünner / fest anstecken und um den Leid binden / auch dessen Knopff vornen tragen. Andere machen es oben wie eine Schurtz mit einem Saum / und zihen das Seil durch / daß sie es nach Belieben weiter oder enger machen können. Diß Kleidgen ist nicht geweben / sondern mit der Nadel gemacht / und findet man solche auf dem Marck zu Colombo zu Kauff / an Farb / blaugestreifft / weiß / nach Unterschied derjenigen / so sie tragen dörffen. Sie binden es vornen an / eben als ein Schürtztuch / mit dem Band / so daran ist: oder stecken es auch in das Band / daß es fest bleibe: Alsdann zihen sie es durch die Beine / und stecken es von unten wieder durch das Band. Uber dieses winden nachmahlen die Männer ihr Kleidgen / welches von blauem Baffu oder dergleichen Zeug ist / und nur den Ansehnlichsten unter ihnen zukommt, da die schlechtere hergegen ihre Kleidger von rauhem Dongrys machen. Die Frauens-Personen lassen ihr Haar fladerend hangen / ohne daselbige zubinden / und gehen mit dem Oberleib und Brüsten / die gemeiniglich lang herab hangen bloß / tragen auch nichts an [68] den Füssen / und gehet ihr Kleidgen von dem Mittel deß Leibs biß über die Knie / welches gleich abhanget / ohne einig andere Uberdecke / und wann sie sich setzen / winden sie es zwischen den Beinen / ihre Scham zu bedecken. Die kleine Kinder lauffen zum 4. oder 5. Jahr nackend: worauf sie nachwahlen ein Bändgen um die Mitten deß Leibs tragen / und daran ein breit Blatt / zum Deckel ihrer anderen Theilen. Ob nun wohl diese Scheler ihre Häuser unter dem Castel haben / so bauen sie doch hier und da im Wald ihre Plantagien von Jambos, Jaacas, und zielen auch hier und dar Nathiani, die auf Cingalesisch Krakan heissen / deren Wartung von den Weibern in Acht genom̅en werden / welche auf dicke Bäume klimmern / damit sie von den Elephanten nicht ertappet werden / wann sie dieselbige wahrnehmen. Ja sie machen deßwegen auch Häuser auf die Bäume von Pinang-Latten / darauf sie schlaffen / und haben gegen den Regen und Thau ein Dach über. Wiewohlen dieses Volck meistens unter dem Schloß verbleibet / und kan durch den Schall kleiner Drommelger gar leicht versammlet werden. Sie machen von den Nathiani Zwiebeln ein art Brodts / das sie essen / und bedienen sich darbey einer gewissen Speise / welche sie von den Jaäcas Kernen zubereiten / welche sie auß dem Wald holen / allwo diese Bäume wild wachsen / und einem jeden erlaubet sind. Der Landstrich / welchen die Chialias bewohnen / wird Mahbades genennet / und ist mehrentheils in und um die Dörffer Billitot, Cosgure, Acanelo, Madampe, Raygamme, Lanedemoendere, Magale und Dadalo: worüber 4. vornehme Vidanes (welche dem Capitain der Zimmetscheler gleich nachfolgen / dessen Befehl außrichten / und in dessen Abwesenheit die Chialias commandirt) bestellet sind / nemlich Der I. und vornehmste Vidane (gemeiniglich Vidane-Mahbade genannt) ist über die Chialias von Billitot, Cosgure, Madampe, Lanedemoendere, Magale und Dadalo. Der Zweyte ist über die Chialias in den Länder rund um Colombo, welche in den Dörffern Tottebadde, Morregalle, Calnamoderè, Calemodle, Oudure, Pottopitti, Pinvvatte, Wascadre, samt einem um Negombo, welchen sie Heelembada-Vidane nennen. Der Dritte ist über die Rhoene-Chialias, so in den Landen Mature wohnend. Der Vierte über Raygamme, welcher in demselben Dorff über die Chialias zu sagen hat / auch allda wohnhafftig ist. Zu dieser Zeit waren in dem Dorff Billitot
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Das Zweyte Capitel.
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Wie es mit dem Zimmetschelen / und was darzu gehöret / hergehe. DIe Erndte des Zimmets ist zweyerley: Die Grosse und die Kleine: Die Grosse fänget in dem Julio an / und dauret biß ohngefähr in den Septembr. inclusivè, wann der Caneel blühet und die Rinde oder Schaale von dem Holtz gehet. Die Kleine sollen beym Regenwetter im Januario und Februario geschehen / wann es etwas trucken ist / und sollen dieselbe nur 3. Wochen / mehr oder weniger dauren / doch aber allein angefangen werden / wann die Hoch-Edl. Compagnie der Rindern vonnöthen hat. Ehe das Schelen angehet / so gehet der Modeljaar von Colombo, mit 20. oder 30. Siogalezen / benebenst einigen Chialias in den Wald / selbigen zu besehen und in Obacht zu nehmen / wo die meiste Bäume in einem kurtzen District bey einander stehen / und wo die beste Schelung des guten Zimmers anzustellen sey? und wann er dieses außgespüret / und einen solchen Platz gefunden hat / so thut er dem Commendanten zu Negombo oder einem andern so darzu bestellet ist / Rapport davon. Wann nun der Ort vor gut gehalten wird / machet man Anstalt dahin zu ziehen. Hierzu wird nun ein com̅andirendes Haupt (so von den Unserigen Capitain der Zimmet-Scheler genennet / und von den Portugiesen Capitain der Mahbude geheissen wird / und zuweilen in Qualität nichts mehr als ein Sergeant ist) erwählet / welches mit 50. Soldaten / mehr oder weniger / zuweilen auch nur 30. nach dem bescheidenen Platz zu marschiret / und noch nebenst den Caneel-Scheler / ohngefähr 100. biß 150. Lascargus (welches der Soldaten Kinder sind / und denen Vättern im Krieg nachfolgen / um Brieffe in dergleichen hin- und her zu tragen) nachdem viel oder wenig erfordert werden / und es der Zeit gemäß ist. Ehe ich aber weiter gehe / muß hier en passant anzeigen / daß der Zimmet-Wald an der Gegend Negombo 3 1/2. 4. 4 1/2. biß zu 5. Stunden lang / abstreichet / worinnen die Schelung geschehen muß. Die Soldaten sind unter 2. biß 3. Corporalschafften vertheilet / nachdem die Zahl groß oder klein ist / dann jeder hinten auf dem Rück einen Sack mit Reyß vor ein Monat Proviant / auf 40. Pf. im Gewicht / und an der Mußquet ein weit und Pfann-ächtiges Töpffgen mit einem engen Halß oder Mund / wie auch Pfeffer und Saltz sc. träget / dafern sie etwa einige Büffel fingen; wiewohlen sie auch im Wald hier und dar wohl etwas Pfeffer wachsend finden. Die Scheler bekommen Kopff vor Kopff ein Kleidgen / wann sie an die Arbeit gehen / auch eben so viel Reyß / wie die Soldaten / welchen sie an ihrem Hazegay, so von einem Pinang-Stock / 10. biß 11. Schuh lang / vornen geschärffet und abgehend gemacht ist / in einem genäheten Sack von ein Areckscheid tragen: Worbey sie auch noch gekochten Reyß / auf 6. biß 7. Täge haben / welcher dann so hart / als Brodt wird. Nicht weniger haben sie auch ihre Töpffger und ein kupffern Becken mit etwas Saltz und Pfeffer / welches ihnen nebst 6. Schilling an Geld zu Betec, Areck, &c. gegeben wird: Wormit sie sich alsdann auf den Weg machen / auch zuweilen etwas dürr und hartes Büffel-Fleisch mit sich nehmen. Uber dieses haben fie auch ihre andere Bereitschafft bey sich / welche in einer Areckscheid / Köcher / einem Hack oder Kapmesser / noch einem krummen Messer und einem Wetzstein / auch einem Stöckgen / so dick als ein Rohr / nach dem Maß / welches die Zimmet-Röhre haben sollen / bestehet: wovon sie den Köcher hinten an dem Rücken / in den Strick / welchen sie um den Leib gebunden haben / stecken und fest machen. Dieses Kapmesser blincket viel heller und ist auch das krum̅e Messer so scharpff als ein Fliete / und ist beynahe anzusehen als ein Hiepe oder Beil / dergl. sich die Holtz-Hacker in unserm Vatterland gebrauchen / oder wie die Metzger-Beile / damit sie das Fleisch zerhauen / indem sie oben gantz flach sind. Der Stiel an dem krummen Messer ist ohngefähr so lang / als ein Stiel an den Messern mit schwartzen Stielen und 1 1/2. Zoll breit / mehr oder weniger / ein Spann lang / roth außgestreckt / nach seiner Krümme aber wol 2. Spann außmachend / und ist die Spitz (so etwas außwerts stehet) nur ohngefähr 5. Finger breit von dem Stiel / daß das Messer also eine grosse Länge haben muß. Alle diese Leute stehen unter zwey Personen von ihrem Geschlecht / welche Hikkedees heissen / deren jeder 50. 60. 100. auch mehr oder weniger / nach dem die Zahl groß ist / unter sich hat / und beynah mit unsern Corporals kön̅en verglichen werden. Ihr Ampt bestehet darin̅ / daß sie im̅er Ronde gehen / wan̅ die andere am Schelen sind / um zu sehen / wie ein jeder sein devoir in acht nim̅t / worzu sie dieselbe auch anhalten müssen.
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Uber diese beyde Häupter aber / wie auch über die andere / so unter beyden stehen / ist ein Aratelu oder Aratsie gesetzet / welcher ordinaire des Tages zweymahl Runden gehet / um zu sehen / wie das Werck vor sich gehet / welches er zugleich nach Gebühr befördert / jeden bey seinen Pflichten hält / auch dem Capitain der Zimmet-Scheler von allem Bericht ertheilet / und von diesem wieder Ordres hohlet. Diesem Aratsie erweisen die Caneel-Scheler sehr grossen Respect, und beugen sich vor demselben sehr tieff / mit grosser Ehrerbietung / in deren Häuser er nicht gehen darff / weilen sie gar veracht und gering gehalten werden. Die Lascaryns versehen sich auch mit Provision, nach ihrer Gelegenheit und Gewohnheit / indem auch unter denselben ein Unterscheid von Geschlecht unterlauffet / deren Vornehmste die Mützgen auf dem Haupt auffrecht / die andere aber auf dem Haupt liegend tragen. Wann nun alle Zubereitung fertig ist / so fangen die Marches nach dem Wald zu an / allwo man an der Seiten nach Kandia zu ein Logiment oder Corps de Garde vor die Soldaten auffschlägt / um solche Gegend von dem Feind oder vielmehr von den Buschklepper zu bewahren / und nehmen die Lascaryns ohngefehr 1/4 Meil davon ihren Posten / welche / so bald sie etwas mercken / mit einer gewissen Zahl Schüssen ein Zeichen geben / damit sich alles praepariren und in gute Positut stellen könne; wie sich dann die Soldaten auch fertig stellen / wann die Scheler etwas gewahr werden / so meistens auf die Elephanten ankommet / welche mit Feuer / Trommeln / Schiessen und anderem Wesen weggertieben werden; zu welchem End die Soldaten auch die gantze Nacht Wacht halten / bey Tag aber sich nur mit einer Schildwacht / so Achtung gibt ob etwas vorfalle / vergnügen. Dieses Logiment ist gantz offen / außgenommen diejenige Seite / wo der Regen herkommet: stehet auf Stützen / und ist oben mit Palmen-Blätter zugedecket / damit sie trucken darinnen liegen können. Sie haben auch die gantze Nacht Feuer darinnen / sowohl sich zu wärmen / als auch die Elephanten zu verjagen. Ferner richten sie ohngefehr in der Mitten des Bezircks / wo die Zimmet-Schelung vorgenomen wird (welches sie in die Ründe ohngefehr 1 1/2 Stunden rechnen) einen Behalter / so wohl eines Schiffs lang und 13. oder mehr Schuh breit ist / auf / welcher überall offen stehet / ausser derjenigen Seite wo der Regen herkommt / wo er oben mit einem flachen Tach geschlossen wird / welches mitten etwas spitzig ist / daß der Regen auf beiten Seiten abfliessen könne. Hierinnen werffen sie den Zimmet / und so lang dieser darinnen lieget / wird eine Schildwacht darvor gestellet. Der gantze Begriff der Zimmet-Schelung ist in die Ründe gerechnet nicht grösser und weiter von einander / als sie sich einander zuruffen können / welches / wie schon gesagt worden / ohngefehr anderthalb Meile in seinem Umschweiff außmachet. Die Scheler machen auch hier und dar Hüttger von Baum-Zweigen und dergl. behelffen sich auch sehr gnau und kümmerlich / halten ein oder zwey Personen bey solchen Hütten / welche ihrer warten / den Reiß stampen / auch zuweilen in dem Wald mit schelen helffen. Weilen auch kein Stein allda ist / eine Heerdstätte zu machen / so stecken sie Pfälger in den Heerdt / wo sie die Töpffen auffsetzen / worinnen sie den Reiß kochen / indem diese Höltzer eben so lang / biß der Reiß gar ist / außhalten können. Hier ist aber zu wissen / daß / ehe diß gantze Corpus, auf den bestimmten Platz von den rechten und besten Bäumen / daran die Schelung geschehen soll / gekommen ist / sie unterwegen / wo sie campiren / andere / aber gantz leichte Hütten auffschlagen / darinnen sie die Nacht über haußhalten / des andern Tages aber wieder aufheben / und förder reysen. Wann sie sich nun auff dem rechten Ort / wie oben gemeldet worden / niedergelassen haben / so gehet es an das Schelen / womit sie morgens / ohngefähr um halb sieben Uhr / auff den Schlag der Tabalinchis, (so kleine Trommelger sind) welche von einem besondern Geschlecht / Borrewags genannt / geschlagen werden / oder auch nach dem Gethön einiger krummer Hörner / wornach sie sich im Anfang und Ende ihres Wercks richten / anzugehen pfleget. Doch ist zu wissen / daß ehe sie noch an das Werck selbsten gehen / sie zuvor ihre Kost kochen und anschaffen; wie sie dann auch Mittags ohngefähr um 11. Uhr / einhalten und essen / biß sie gegen Ein oder halb Zwey wieder an die Arbeit gehen / nach Fünff oder halb sechs Uhr aber / Feyerabend machen / und ihr Abend-Mahlzeit halten; wornach sich die Unserige auch richten / nahmentlich die Soldaten / von welchen vier / fünff biß sechs Mann bey jedem Truppe der Scheler stetig commandiret werden / und stehet allein bey dem Capitain der Caneel-Scheler / den Anfang und die Endigung dieses Wercks zu ordonnniren / welches beydes er mit dem Trom̅elschlag oder Blasen der Hörner ankündigen lässet. Zur Mittags-Zeit ist es in dem Wald sehr heiß / ohngeachtet sie durch die Bäume von der Sonnen beschützet werden / angesehen keine kühle Winde oder Lufft denselben durchwehen. Der Modeljaar kommt dann und wann auch wohl einmal zu sehen / wie alles hergehe? worbey er doch Gelegenheit nim̅t sich wie auch anderer Orthen mit der Elephanten-Jagt oder mit andern Thieren zu divertiren: zumahlen Er obobligirt ist Sorge zu tragen / daß die Hoch-Edle Compagnie mit gutem Zimmet versehen werde / auch deßwegen zu zeigen und anzuweisen / wo der beste Zimmet in der Menge zu bekommen ist.
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Die Scheler sind auch gemeiniglich verschlagen den schlechten / mittelmässigen und besten Zimmet zu unterscheiden / und wan̅ zu viel oder mehr davon gesammlet worden / als man verlanget / so verbrennen sie alles / was zu viel ist / welches die Soldaten / so die Wacht haben / schlaffend machet / weßwegen sie sich mit allerhand Gespräch und dergl. wacker und munter erhalten müssen. Die Scheler bestehen allein auß Man̅s-Persohnen / und zwar lauter außgewachsenen Leuten / ohne junge Knaben oder auch Weibs-Persohnen / und machen all zusammen 200. biß 400. Mann auß / wovon auch zuweilen ein oder der ander Urlaub bekommet / nach Hauß zu kehren / welches sie bey dem Capitain der Caneel-Scheler erhalten müssen. Von den andern Soldaten / so bey jeden Troup der Scheler commandiret sind / (ausser denjenigen so die Wacht halten) trincken einige Taback / andere schlaffen; diejenige aber so zur Schildwacht verordnet sind / warnen die übrige mit Steinschiesen / wann sie etwas mercken: auf welchen Fall nicht allein ihre Cammeraden das Gewehr / so sie niedergeleget haben / wieder ergreiffen / sondern es stellen sich auch alle andere rund um in gute positur, sich zu wehren. Der Aratsie hat sein Hüttgen auch recht in der Mitten der Caneel-Scheler / um überall gute Obsicht zu haben / und immer bey dem Werck seyn zu können. Die Scheler halten die gantze Nacht Feuer / gegen die Elephanten / solche von dem Hezirck abzuhalten / worzu fie das Holtz bey Tag sammlen / wie es auch bey dem Corps de Garde geschiehet. Deßgleichen thun auch die Lascaryns, so Tag und Nacht Wacht halten / und mit Schiessen warnen / sc. wann sie etwas hören und vernehmen / wiewohlen auf ihre Wacht wenig Staat zu machen ist / und sie nicht viel Gegenwehr thun solten / wann ichtwas solte vorfallen: Bleiben allezeit auf ihrem Posten / ohne daß einige von ihnen / den Caneel-Schelern zugefüget werden solten. In dem Marsche aber müssen 100. biß 200. die Wege mit Beiler / welche sie die Singalesische Hauer nennen / außhauen: Wordurch die Passage von den Aesten / so im Wege stehen / befreyet / und ein Durchgang gemachet wird. Was nun das Zimmet-Schelen selbsten anlanget / und was sonsten mehr darzu gehöret / so fänget sich dasselbige an dem Stamm an / und endiget sich an den Aesten. An dem Stamme machen sie unten einen Schnitt in die Rinde / womit sie sehr behend sind / solches in einem Schnitt / durch ein Drehen mit der Hand / allein mit der Spitz zu thun / so gar / daß sie das innere Holtz nicht einmahl verletzen: weßwegen sie denjenigen Ort / wo die Rinde geborsten / auch hackicht oder gnodicht ist / meiden. Nachgehends thun sie auch oben / nach der verlangten Länge / so etwa 4 1/2. Schuh seyn muß / auf eben die Art einen andern Schnitt / daß die Rinde zwischen dem Ober- und Unterschnitt hernach in ein Rieme / so etwa einer Hand breit sind / geschnitten werden könne / welche sie oben an jeden Rinnen loß machen / und alsdann mit der Hand vollends ablösen. Hierauf hauen sie den Baum um / und schelen die Aeste fast auf eben die Art / wie zuvor / wann sie nemlich eine solche Länge zwischen den Knoden haben. An jeden Baum kommen ohngefähr 20. biß 30. mehr oder weniger zu arbeiten / und wann sie noch mehr Gehülffen vonnöthen haben / so ruffen sie sich einander zu; wiewohlen es auch Bäume gibt / welchen drey biß vier Mann gewachsen sind / um selbige zu meistern; Und ob sie schon an den gar jungen Bäumen und den jungen Aestger den besten Zimmet antreffen / so werden sie doch die Rinde davon nicht abrauffen / sondern wann sie den ober- und untern rundum auch den langen Schnitt gethan haben / klopffen sie ein wenig an die Schale / so gehet sie und scheidet sich gleich ab. Wann nun die Rinde abgeschelet worden / so werffen sie dieselbige auf den Boden / daß sie trucken werde / da sie sich alsdann zu Pfeiffen rollet / und bekommen die Kleinere ihre Höhle wohl in einer halben Stund / andere aber erfordern mehr Zeit darzu; und wann man die junge Bäume / nachdem sie abgeschelet worden / stehen lässet / so sollen sie wieder eine neue Rinde setzen / wie mir vor sicher erzehlet worden ist. Diese Rinde nun lassen sie so lang im Wald trucknen / biß daß / nach ihrem Gutdüncken / gnug geschelet worden: da sie dann alles aufheben / und in den obbeschriebenen Behälter verbergen. Hierbey ist aber zu wissen / daß / wann die Schale etwas eingeschrumbt und uneben befunden wird / dieselbe / wann er noch grün und frisch ist / mit einem Messer / das an beyden Enden einen Stiel hat / gleich geschabt wird: Zu welchem Ende sie zwey Pfähle / ohngefähr 1 1/2. biß 2. Fuß von einander in die Erde pflantzen / deren jeder mit seiner Gabel oben versehen ist / worinnen sie die Rinde legen / wann sie die ungleiche Rauhigkeit abkratzen: Und wann sie dieses noch nicht bequemlich thun können / legen sie ein Brett über die gegabelte Pfähle / worauf sie die Schale legen / damit sie desto besser dazu kommen möchten; zu welchem End sie den Bast mit dem Brett auch anklammern und fest machen. Wann nun die Rinde gnug geschabt worden / machen sie die Klammer loß / nehmen die Rinde herauß / und wann dieser also geschabte Zimmet wohl trucken worden / legen sie ihn à part, wann sie denselben in das oberwehnte Packhauß oder Behalt tragen: Wiewohlen sie wohl auch den andern Zimmet also schaben / wann sie denselben gar fein haben wollen. Wann endlich so viel geschelet worden / als man vonnöthen gehabt / binden sie den Zimmet [72] ein gewisse Bündlein / daß sie ihn desto besser tragen / und zum Packhauß bringen können / worinnen sie denjenigen Zimmet / so auf eine Zeit gesam̅let worden / beysammen legen / und mit gewissen Zeichen marquiren / um eine Sorte vor der andern zu erkennen / und gehet auch wohl einiger Caneel nacher Colombo &c. ab / welcher zu Ladung der Schiffen / so darzu bereit liegen / bequem gnug ist: wird aber zuweilen auch in Körben wohl verwahret / ehe er weggeführet wird. Es ist auch zu wissen / daß die Gebünde oder Büschlein / welche sie in das Packhauß tragen / so sie nicht recht fest gebunden / oder etwas loß sind / man noch etliche Pfeiffen oder Röhren dazwischen stecke / biß das Band besser schliesse. Unterdessen zeichnet der Capitain der Caneel-Scheler allen Zimmet / so einkommet / wohl auf / und unterhält so viel Specificationes, als darzu erfordert werden / oder zum wenigsten allda im Gebrauch sind / und befiehlet dem Aratsie zuzusehen / daß die Quoten und Taxen complet eingelieffert werden möchten. Wann die Hoch-Edle Compagnie einige Quantität Zimmet verlanget / so schicken sie einige Kulis (so auch eine Art der Caneel-Scheler ist) ab / welche denselben mit Pingas hinbringen / und zwar in obbesagte Bündlein gebunden / woran drey Bände oder Stricke liegen / einer in der Mitten / und an jedem Ende einer: Mit welchen auch wohl ein Assistent oder Schreiber gehet / welcher alles ausschreibet / auch dieselbe mit einer Factur an diejenige Oerter / wo sie hin sollen / abfertiget. Diese nun bringen die Gebünde erstlich in ein äusseres Packhauß / davon ein Keller die Obsicht hat / wo die Gebünde gewogen / und zu ihrem rechten Gewicht / das sie haben sollen / gebracht werden / nachdem man einige Pfeiffe oder Röhre ab oder zuthut / wann das Gewicht nicht zutrifft; wie sie dann sonsten zum Verschicken adjustiret / und mit der Num. als 1. 2. 3. nach ihrer Sortirung bezeichnet werden / allwo die Matrossen / so denselben zugefüget sind zu dem Abwiegen / Tragen / Wegschicken sc. gebrauchet werden. Einige Päcke / so ins Vatterland destiniret seynd / werden auch wohl mit Küh-Häuten umgeben / und alsdann in das andere innere Packhauß gebracht / worauß sie dann nach dem Schiffe gebracht werden / dafern die Fahrzeuge / so darzu bestimmet sind / fertig liegen. Sonsten ist dieser Zimmet-Wald / voller Blut-Egel / die unserm Volck viel Ungemach zufügen / wovon die Schwartze und Caneel-Scheler so viel nicht gequälet werden / welche ihre Füsse und Leib mit etwas zu schmieren wissen / daß die Saug-Egel von ihnen bleiben; und obwohlen die Unserige sich dessen an ihren Beinen auch bedienen / so will es doch dieselbige nicht so wohl helffen / indem diese halb im Wasser / und Früchten wieder abgehet / wordurch sie dann keine Befreyung haben. Krancke und Ungesunde Personen aber / ob sie wohl von unser Nation sind / lassen sie wohl mit frieden / und suchen nur diejenige heim / welche ein gutes Geblüt haben: an welches sie häuffig in alle Theile eindringen / selbst in die Ohren / Nasen und heimliche Oerter / fallende von den Bäumen auf den Leib / ohne daß man sich derselben erwehren könnte; und weilen sie sehr dünn / wie Nadlen / oder etwas leibiger sind / so können sie überall einkriechen: wodurch dann geschehen / daß ein trunckene Person / welche in dem Wald gegangen / und mit dem Schlaff überfallen worden / durch das Außsaugen des Geblüts von denselben getödtet / und in solchem Zustand nach 2. oder 3. Tagen gefunden worden. Hiergegen brauchen unsere Soldaten folgende Mittel: Sie drucken nehmlich auf den Platz / wo die Saug-Egel sind / und setzen etwas von Limonen-Safft auf deren Leib / wovon sie gleich abfallen: Oder sie binden ein nasses Kraut an ein Stöckgen von ohngefehr 1??? Zoll lang / solches schlagen sie auf den Orth / dahin der Egel kommt / worvon er sich gleich weg begibt; zu welchem End sie ein dergl. Stöckgen auf ihrem Mantel und anderstwo immer bey sich tragen. Wann sie ein Saug-Egel herauß ziehen wollen / und ein Stück darvon im Fleisch bleibet / so haben sie sehr viel damit zuthun / und gehet auch ein Chyrurgus mit ihnen / um nicht allein dieses Ungemach / sondern auch andere Zufälle und Kranckheiten unter ihnen zu heilen. Wann die Soldaten ein gewisses Lager oder Logiment haben / so bestreuen sie den Grund / wie auch den Boden in den Corps de Garde mit Aschen / wodurch sie alsdann von diesen Blut-Würmen befreyet sind.

Das Dritte Capitel.
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Oder INSTRUCTION eines Capitains der Caneel-Scheler. DIeses muß ein ehrlich / verständig- und redlicher Mann seyn / um die Scheler nach des Landes Weiß und Gewohnheit in diesem Dienste wohl zu unterhalten und zuregieren / auch die Pflichte von denselben / welche sie in ihren Geschlechten und nach ihrer Quantität ab [73] sonderlich auch insgemein schuldig sind / zu erhalten / wann der E. Compagnie verlangen mit den ordinairen Tapen / sonder Beschwernus oder Druckungen ein Genüge geschehen kan. Er muß auch die Vidanes und Durias durch seine Wissenschafft und Erkanntnus also zu leiten und zu tractiren wissen / daß durch Nachlässigkeit im Gebieten und Abstraffen seine Authorität nicht verlohren gehe / noch durch gar zu schwere und strenge Hand deren Zuneigung von ihm ablasse. Er muß sich ferner bestreben die Durias soviel zu vermindern / als die Reduction leiden mag / indem derselben schon genug sind / wann das Werck / das zuthun ist / in geringer Zahl derselben kan vollzogen werden: deren Uberfluß aber ist hergegen schädlich / und zwar in Ansehen der Gerechtigkeiten und Freyheit / die ein jeder Durias hat. Indessen muß diese Reduction nicht plötzlich und auf einmahl / auß Furcht einer Empörung ins Werck gestellet werden / sondern er muß die alte Zahl gantz lassen / biß daß die Häupter / biß auf die Reducirte Zahl zu sterben kommen / da man alsdann darbey bleiben / und keine andere mehr zulassen kan / als bey wieder vacanter Stell: doch auch dieses nicht ohne expresse Zulassung des Herrn Gouverneurs. Vor diesem wurde in Verfertigung der General-List niemand / als nur allein das Mans-Volck und sothane Ankömmlingen / welche der Capitain zu einigen Diensten bequem zu seyn urtheilete / aufgeschrieben. Weilen aber hierdurch verursachet worden / daß verschiedene / auß Particular-Absichte eines eigenen Gewinns durch die Durias verschwiegen / und dem Capitain verhelet worden; so sollen (diesem vorzukommen) künfftig in der Verzeichnus auch die Weiber / Kinder und eines jeden gantze Familie, keine außgenommen / mit angesetzet werden / mit Zuthun / was für Länderey und Gärten sie besitzen / von was Würden sie seyn / und was für Gerechtigkeit ein jeder könne aufbringen / um also perfect zu wissen / was ein jeder vor seine Dienste geniesset / und was ihme angewiesen ist / mit Unterscheidung desjenigen / was sie vor ihre Dienste besitzen / und desjenigen / was sie vor ihr eigen Geld gekaufft haben. Solten hernacher einige gefunden werden / so dadurch in Armuth verfallen sind / so ist die E. Compagnie mit Recht befugt sothanige verkauffte Ländereyen wieder anzuschlagen. Er muß auch insonderheit Achtung geben / daß die Ilandarias oder Poetabennes, die Aratsies und Lascuryns keine Kinder von den verpflichteten Thialias anhalten / heimlich verstecken und unterhalten / welche als die Dienstbareste / ohne dem der Arbeit zu entweichen suchen. So soll er auch von den Lascaryas so unter der Chialias Geschlecht gehören / eben so gute Wissenschafft und Notiz, als von den andern Geschlechten haben / benebenst guter Aufzeichnung / wohin solche commandiret werden / als welche / nach dem alten Gebrauch / unter dem Dessave stehen / welcher dieselbe allezeit / ohne Widerspruch des Capitains / commandiren und gebrauchen mag / so gar / daß alsdann der Capitain / ohne Special Consens des Deslaves keinen derselben von den Wachten hohlen darff / es wäre dann / daß es wegen anderer Consideration auch Zeit und Gelegenheit dem Gouverneur so gefallen wolte. Diejenige aber so nicht commandiret sind / und in loco bleiben / stehen unter dem Befehl und Dienste des Capitains / und wann es seyn kan / sollen zum wenigsten 10. von der Gaelse und 10. von der Colombonischen Seite / mit einem Aratsi zu dem gemeinen Caneel-Dienst immer parat stehen. Die Coronde-Halys müssen die meiste Dienste thun / weßwegen auf dieselbige am meisten Achtung zu geben / absonderlich / daß niemand von denselben / auf was Weiß er auch zuvor verschonet / beschützet und verschwiegen worden / auß privat Authorität und Absicht einiges Vortheils andern vorgezogen werde / die ohne das ihre treue Dienste thun. In der Taxation muß er bescheidenlich und unterschiedlich handeln / nach dem Alter und Disposition. Die Differenz zwischen dem Gewicht der Mahbade Chiälias und derer von Rhoevve verursacht eine gantz beschwerliche Ungleichheit; weßwegen es gut wäre / daß der Capitain sein Bestes thäte / daß solches / nach der Weiß der Mahbaden verglichen würde / wann solches nur ohne Alteration der gemeinen Chialias geschehen kan. Er soll auch Sorge tragen / daß niemand die Kulis unter den Caneel-Schelern zu andern Diensten / ausser den Mahbaden / anfasse oder zwinge / indem sie ihre Pflichte davon verschonen: Es seye dann / daß der Herr Gouverneur oder die Hohe Obrigkeit dieselben zu einigen extraordinairen Diensten verlangen. Er soll auch judiciren und wissend machen / daß den Caneel-Scheler besser und geruhiger würde seyn / wann sie allein die grosse Schel-Zeit wohl in Obacht nehmen / und vom Julio biß in Octobr. gantzer 6. Monden lang an ihrem Werck blieben / und also eine E. Compagnie vergnügten: die übrige Jahrs-Zeit aber zu ihrem Land-Bau und Hauß-Nahrung anwendeten / ohne daß sie im Januario und Februario wieder abrechen müßten. So viel wir bericht werden / solte dieses wohl geschehen können / wann es mit Vorsicht vor die Hand genom̅en würde; doch geben wir darzu noch keine positive Ordre, und überlassen dieses des Herrn Gouverneurs Disposition, um dieses der E. Compagnie zum Besten / nach Gelegenheit der Zeit zu inarminiren. Ferner hat der Capitain auch wahrzunehmen / daß niemand einige Handelung mit dem Zimmet treibe / und wann er dergl. jemand ent [74] decket hat / soll er es der Obrigkeit anzeigen. It. daß keine Kesseln das Zimmet-Oehl zu brennen / aufgerichtet werden / sondern soll dieselbe ruiniren / und die Unterefänger anklagen / worinnen die Connivenz vor Handthätigkeit soll zugerechnet und gehalten werden. Er soll niemanden erlauben einen Chialia von seinem Geschlecht zu entschlagen / als allein der Höchsten Obrigkeit; worauf nicht weniger eine scharffe Auffsicht zu nehmen / als daß die Caneel-Scheler ihre Kinder nicht den Durias, Ilandarias oder Coelys untergeben / solche allda aufzuziehen: worzu die Corondehalys allzeit grosse List anwenden / um ihre Kinder von dem Caneel-schelen zu befreyen; weßwegen sie dieselbe wohl mehrmahlen verpfändet / oder an andere freye Leuth verkauffet haben / sowohl diesem Wercke zu entkommen / als auch die Verachtung ihres Geschlechts / so sie sich einbilden / von ihnen abzuwenden. Damit dann also niemand in seiner Geburt entweder erhöhet oder verkleinert werde / so lasse man Durias Kindern / Ilandarias Coelis Kindern Coelis, Caneel-Scheler Kinder aber Caneel-Scheler bleiben. Wann ein Caneel-Scheler auß seinem Dorff oder von seinen Eltern lauffet / und sich bey einem oder dem andern Mode???aar, Apohani oder Aratsi angibt / ein Lascaryn zu werden / so sollen ihn die Officirer nicht annehmen / sondern denselben zurück senden. Wann sie ihn aber nicht wider zurück senden / so soll der Capitain solches bey Hoher Obrigkeit klagen / seinen Chialia wieder bekommen / die Anhälter aber straffbar seyn / um also dem Ruin der gantzen Mahbade, so durch Verlauffen dieser Leuthen entstehen könnte / vorzubiegen. Dafern die Chialias auß der Erndte lieffen / soll er sich an das Haupt des Feld-Lägers addressiren / wo ihm soll Hülffe widerfahren / als es sich gebühret. Damit auch die Anzahl der Caneel-Scheler / wie es nöthig ist / anwachsen möge / so sollen die unehlige Kinder der Durias, Lascaryns, Ilandarias und Potabennes, die schon eine Zahl außmachen / zu Caneel-Scheler angebracht und angehalten werden / und soll man von nun an ein Gesetz vorschreiben / daß derjenige / so diese Kinder in Unehren zielen wird / gehalten seyn soll / dieselbige zum Schelen lassen aufbringen; wodurch dann die vornehme Durias, Ilandarias und Potabennes zum Heurathen beweget werden dörfften / um ihre Kinder von solcher Servitut zu befreyen. Anderst ist hierin nichts zu thun / als bey Special-Ordres des Herrn Gouverneurs, welcher nach seiner hohen Esprit davon zu disponiren hat. Zum Redress der Mahbade wird auch ein gutes Mittel seyn: daß die verarmte Chialias, welche auß Noth und andern Inconvenientien ihre Gärten verkauffet haben / auch wohl gar ihre Wohnplätz verlassen / und sich mit ihrer gantzen Familien in andere Dörff er begeben haben / wieder zu recht gebracht würden; weßwegen der Capitain alle solche arme Familien auffsuchen / und zu den Oertern / woher sie gekommen / durch Authorität des Dessave jedes Districts, da dieselbe gefunden werden / bringen soll / um dieselbige wieder in ihre Pflicht / nach ihrem Geschlecht und Condition zu setzen. Auch sollen die Dessaven dem Capitain Information geben / wormit diesen Armen Leuthen wieder zurecht zu helffen seye / und so es ihnen an Land gebricht / solches ihnen unter der Hand schaffen / daß man ihrem Elend abhelffe. Der Capitain muß auch wegen Eintreibung der jährlichen Zehenden / Renthen / und Haupt-Geldern Sorg tragen / und alles der Compagnie Zoll-Hebern einhändigen / und darbey eine Rolle mit gnugsamer Anweisung der Nahmen / auf- und abgehenden Jahren / Qualitäten / Gelegenheiten / Mitteln und Wohnungen derjenigen / die bezahlt haben / halten / und in allem mit allen den ihm committirenden / denjenigen method in acht nehmen / welcher ihm hiebevor in der General-Beschreibung kund gethan worden / daß solches alles in den nachfolgenden Jahren zu besserem Reglement dienen könne / sich wohl versehend / daß niemand entweder durch eigene Gunst oder durch Vorsprach der Vidanen und Durias, vielweniger durch eigene Connivenz auß der Rolle gelassen werde. Zugleich aber sind diejenige auch von neuem auf der Rolle bekannt zu machen / welche durch die Vidanen und Durias, befreyet worden / um also zu sehen / was vor Gerechtigkeit die E. Compagnie hat / und was dieselbe vor Beneficia geben kan. Wann die Vidanes, Durias und andere von dem Geringsten biß zu dem Grösten zu büssen verdammet worden / so soll der Capitain dieselbige nur allein empfangen / und davon ein Rechnung halten / sich aber dieselbige nicht zueignen / sonder soll bey der ersten Gelegenheit seiner Ankunfft auf Colombo oder Gale, da der Perpetrant hin gehöret / dieselbe dem Cassirer und Secretario anzeigen / um nach der Hand / bey Verbesserung ihrer Diensten / nach dem alten Landes-Brauch dieselbe entweder wieder zugeben / oder wohl gar / vor die Land-Armen gäntzlich confisciret bleiben lassen / wie es der Herr Gouverneur oder Commendant zu Gale vor gut befinden / und wie weit solche Straffe und Correction statt haben solle / statuiren wird. Der Capitain muß auch gebührende Sorge tragen / daß der Areek bey guter Zeit eingesamlet werde / auch deßwegen dem Administrator des Areeks, welchem diß eigentlich zukommt nach seinem Vermögen behülffliche Hand zu bieten / auf daß derselbe vor dem Anfang des May in Gale seye / dann sonsten die Frucht / bey verlauf [75] fen der Mäusen sonsten nichtüber See gebracht werden könnte / auch solche das Land grosse Mühe und Arbeit kosten würde. Und weilen zu den Fortificationen von Colombo und Gale noch vor einigen Jahren Kalck / Corattenstein und Zimmerholtz verlanget worden / so muß der Capitain davor auch Sorge tragen / und seinen Chialias dergl. Ordres geben / daß die Stein und das Holtz zeitlich zu den Kalcköfen gebracht werden möchten / daß jährlich / nach der Sturm-Zeit / die gehörige Quantität zum Vorrath gebrandt werde / welche der Gouverneur und Commendant zu Gale andeuten wird. Doch sollen zu dem Kalck-Brennen und Zubereitung der Oefen keine Calapus noch andere Bäume / so Früchte tragen / abgehauen werden / sondern man soll sich mit dem rund- um gelegenen Wald- Holß behelffen: es wäre dann Sach / daß die Calapus- und andere Bäume sehr alt und unfruchtbar befunden würden / die man auch zum Kalck-Brennen anwenden mag. Nicht weniger soll er auß den Nüssen in der Compagnie Locos-Gärten junge Bäume anpflantzen / um den Schaden zu ersetzen / so durch das Umhacken der Gärten verursacht worden. Letzlich hat er sich im Holtzfällen und Abhauen des Zimmer-Holtzes nach derjenigen List / welche ihm jährlich zur Nothdurfft soll eingehändiget werden / zu reguliren. XIX. ORDONANtz wegen der Nägelen auß den Ambonischen Ordres von Herrn H. de J. extrahiret. WAs die Handlung der Garioffel-Nägelein betreffen thut / welchen die E. Compagnie / vermög der alten Contracten / so sie mit den Landsassen (nehmlich diesen 70. Realen oder 56. Reichsthlr. baar von 550. Pf. Holländisch Gewicht zu zahlen) gemacht hat / so wollen wir / daß derselben Empfang sobald geschehen soll / als die Erndte vorbey / oder ein gute Parthey derselben zu haben ist / und dieselbige auch recht trucken sind; um hierdurch / so viel möglich / zu verhindern / daß die Einwohnere dieselbe / entweder zu Bezahlung ihrer Schulden oder auf andere böse Weiß / nicht veräussern oder verlieren können / worzu sie entweder durch die Noth getrieben / oder durch langes warten können veranlasset werden. Vorbemeldte Nägelein aber müssen recht trucken und wohl gesäubert empfangen werden. Die Truckenheit bestehet darinne / daß man solche mit den Nägelen an den Fingern durchkneipen / oder im Trucken mit den Fingern zerbrechen könne / ausser daß sie auch rappelen / wann man sie auf einander schüttet. Die Sauber-oder Reinigkeit aber will / daß keine Stiele daran / noch Sand oder Fäuligkeit darunter gefunden werde; allwo doch die Capelleten oder runde Köpffger / so an vielen noch fest sitzen / mitgehen müssen / weilen dieselbige so gleich nicht können abgenommen werden / sondern mit der Zeit / im Liegen / von sich selbst zerfallen / und sich im Staub veränderen / auch sonderlich kein Gewicht oder etwas anderst / so was zu sagen hätte / mit sich bringen. Die Mutter-Nägelein und wilde Nägelein aber müssen nicht unter die Leverantie oder Liefferung gemenget seyn / weilen in beyden kein aromatischer Geschmack ist / und sind die letzt-benahmte auch kleiner und bleicher als die rechte / und also wohl zu erkennen. Der zwar gute Gebrauch bey Empfang der Nägelein / da man nehmlich die Hand in die Säcke stecket / dieselbige betastet und besiehet / ob auch Mangel an denselben sey / hat vor diesem eine sehr böse Gewohnheit eingeführet / daß die Wäger / so die Gewichte auf- und abheben / und gemeiniglich Wald-Förster sind / eine Handvoll Nägelein / welche sie zu dem Ende auß dem Sack nahmen / nicht wider hinein / sondern auf den Boden warffen / nach der Hand aber wieder auflasen / und sich also ein Accidens dar auß machten. Dieser Unfug ist seither durch den Edlen Herrn Cornel. Speelmann, als Superintend. und Commissarien im Jahr 1667. allhier abgeschaffet und scharff verbotten worden: worbey wir es dann wohl lassen können / und obwohlen es bey unser Regierung nicht gespüret wird / so hat man doch nöthig befunden / solches hier aufzuzeichnen / damit inskünfftig dergl. Mißbräuche und Anstößlichkeiten nicht wider auf die Bahn gebracht werden mögen. Wegen der Tarre oder Tara, so man wegen der Säcke (welche auß Bengalischen Zwilch gemacht sind) pflegt abzuziehen / hat wohlgemeldter Herr Commissarius in dem Jahr 1667. mit angezeiget / daß jeder von denselben genaulich ein halb Pfund gewogen hätte / so bey der Provision in acht zu nehmen / und damit ja niemand zu kurtz komme / wurde nach dem alten Gebrauch deßwegen ein gantzes Pfund vor jeden Sack am Gewicht abzubrechen erlaubet / doch daß deßwegen ferner kein Anschlag mehr passiret werde; und weilen biß daher von Batavia keine nähere Einschrenckung hierüber eingelauffen ist / [76] so soll ein jeder Sorg tragen / daß von diesem civilen Satz künfftig hin nicht abgewichen werde. Der Edle Herr Superintendent Arnold de Vlaming von Ousthoorn L. M. hat in den Ordres vor die Kauffleute so an den abgelegenen Comptoiren residiren / de dato am 10. Nov. 1648. It. die Hohe Regierung von Indien zu Batavia in der Instruction an Uns / als deren expressen Commissarien / de dat. den 15. Febr. 1672. haben außtrücklich befohlen / daß aller Orthen / wo Leverantie von den Nägelein fället / die Administratores verpflicht sollen bleiben / von dem Empfang eine gebührende Notiz oder Specification, in einem eigenen Büchlein zu halten / wie wir einen jedwedern unter ihnen auch deßwegen gewarnet haben / und jetzo noch zum Uberfluß hinzufügen / daß dasselbige Büchlein originaliter, ohne einige Aenderung / wie es bey dem Empfanger aufgeschrieben worden / jährlich oder so offt als es der Gouverneur verlangen wird / überschicket werden soll. Diese Specification aber bestehet darinn / daß 1. außgedruckt werde / bey welcher Negrye die Liefferung geschehen. 2. Eines jeden / so Liefferung thut / Nahme dabey gesetzet. 3. Wieviel es gewogen hat / und was 4. solches an Geld getragen / nach Ordnung der List / welche immer nett und correct vor der Hand hangen muß. Es soll auch der geringste Empfang der Nägelein nicht geschehen können / dann in Gegenwart der Orang-kai der Negrye, so wiegen oder deren Ampt seyn soll / Waag-Meister zu seyn: It. des Inländischen Schreibers / welcher unter ihnen selbsten zu erwehlen ist / und seine Auffzeichnung / nach geschehener Liefferung sowohl / als der Kauffleuten Schreiber dem Gouverneur zu lieffern schuldig seyn sollen. Der Wäger soll nicht Macht haben das Gewicht / so auf der Schaal stehet / abnehmen zu lassen / es seye dann die Quantität zuvor in Maleyischer Sprach deutlich außgeruffen worden / welche der Waag-Meister und andere darbey stehende auch zuvor bescheidentlich sehen und aufzeichnen sollen; Gleichwie dann auch keine Abzahlung an die Liefferende geschehen soll / es seye dann der jetzt-bemeldte Waag-Meister und ein Schreiber darbey: und dieses alles zu dem End / daß sich die Gemeine ruhig und versichert halten können / daß sie das Ihrige aufrichtig bekommen und geniessen / woran dem gemeinen Ruhstand zum höchsten gelegen ist / und folglich den Ubertrettern in gleichem Graad / das ist / zum höchsten straffbar seyn soll. Wann nun die Nägelein empfangen sind / sollen sie nirgend hin / als auf truckene und saubere Oerter geschüttet werden / da auch die geringste Feuchtigkeit nicht hin kommen kan / und sollen zu besserer Vorsorg und mehrerer Versicherung die Böden und die Wände mit Plancken / Dielen oder andern bequemen Mitteln versehen werden. Wann alsdann die Außliefferung geschehen soll / muß den Schiff-Beampten / nahmentlich dem Schiffer und dem Buchhalter oder Unter-Kauffmann unter dem Wägen injungiret werden / daß sie allda vor und unter dem Wägen alles besehen und befühlen / ob es trucken und sauber seye? daß nachmahlen niemand einige Exception einbringen möge / wann bey der Außliefferung zu Batavia sich ein Verstoß finden solte / wie vor diesem wohl geschehen ist. Das Barott oder Trinckgeld / so der Einländischen Obrigkeit gehöret / à 5. Reichsthlr. p. baar von 550. Pfund Gariofel-Nägelein / soll inskünfftig nicht an den Haupt-Orangkayer allein bezahlet / sondern durch die Kauffleuthe selbsten außgetheilet: vornehmlich aber dem Morincho ??? von der gantzen Summ / weilen derselbe in den gemeinen Diensten viel Mühe vor andern hat / und das übrige in 3. Theil getheilet werden / worvon dem Haupt- Oranghay zwey und den Kapalascas zusammen ein Theil zu gut kommen soll. Weilen auch die Pflantzung der jungen Bäumen / so vor einigen Jahren angestellet worden / nun je mehr und mehr zu ihrem vollem Wachsthum zukommen anfängt / auch allbereit Früchte träget / und nach und nach ein grössere Quantität davon zu hoffen ist / als die E. Compagnie wird verthun können / unterdessen aber die Ambonische so mächtig werden dörfften / daß sie zu reiff und in der Erndte zu Polongs werden möchten / so möchte die ordentliche Visite wegen derselbigen Bau und Wartung wohl ehisten hinterbleiben / und bliebe der monatliche Lohn deßwegen eingestellet. Unterdessen sollen die Kauffleuthe in der Erndte nach aller Möglichkeit zusehen / und durch die Sergeanten oder andere bequeme Personen Achtung geben lassen / daß die Nägelein nicht zu Polongs schiessen. Solte aber solches durch Verwahrlosen geschehen / und solches entdeckt würde / so soll der Erfinder und Angeber den dritten Theil davon geniessen. Wann es aber geschehen solte / daß einig wenige Nägelein an den äussersten Spitzen der Zweigen nicht könnten erreichet werden / und also völlig reiff würden und abfallen thäten / so soll man solches vor keine Versäumnus ansehen und erkennen. Unter den Absichten / warum so viele Redouten auf die äussere Oerter gebauet werden / und die Poften allda continuiren / ist nicht der geringsten eine / daß man gegen allerhand Art / [77] diese so theure Specerey zu entwenden / ein wachtsames Aug haben könne. Muß also dieses eines Residenten Pflicht in seinem District seyn / daß er / so viel / als ein Fiscal scharff zusiehet / nach äusserstem Vermögen zu hüten / und hüten zu lassen / daß von den Innländern / von den Nägeln / nichts ab handen komme: und ist deßwewegen den Fahrzeugen / so allda zu Ancker lauffen / gantz nicht zu trauen / wann sie auß vorgewendeter Noch wegen / des bösen Wassers und gut Trinck-Wasser zu haben / die Nägelein aufsuchen / viel weniger den eingesessenen zuzulassen / daß sie selbst mit neuen Pässen und Licentien nach den frembden Comptoiren verreysen / und Handlung damit treiben / in dem die Erfahrung mehr als zu viel gelehret hat / daß sich einige nicht scheuen / so wol die gemeine Nägeln / als auch die Mutter-Nägelein zu ihrem eigenen Ruin ausser Land zu führen / und solten sie es auf Galgen und Ketten wagen. Weßwegen dann obbemeldte Fahrzeuge bey ihrem Abreysen / und so offt sie die Ancker heben / sollen visitiret werden; und damit hierinnen desto mehr vigiliret werde / so haben wir durch öffentliche Notification, unter dato den 9. Novembr. dieses Jahrs / so wohl in Nieder-Teutscher / als Maleitscher Sprach aller Orten ein Capital-Belohnung vor diejenige zu wissen gethan / welche einige Winckel-Händler entdecken oder einholen werden / daß sie nemlich die Helfft der gantzen Straffe / so dergl. diebischen Händlern gesetzt werden soll / haben sollen: Worzu wir noch diese Zusage thun / daß wir den Außfinder nach seiner Bequemlichkeit avanciren wollen / dafern die Quantität der entführten Nägelen etwas zu sagen haben wird. Im Fall dann einige Fahr zeuge / es seyen gleich Chalouppen / Siampan oder Creubay, dergleichen Nägeln / oder auch wohl Muscat-Nüß und Muscat-Blumen eingenommen hätten / und solches entdecket wird / so sollen die Mahodas, benebenst noch drey biß vier von anderm Volck / so darauff bescheiden / angehalten / die Specereyen und alle Güter unter einem Inventario in guter Bewahrung gehalten / das Fahrzeug an dem Wall geholet / und alles auf das schleunigste anhero oder auf das nechste Comptoir berichtet / auch deßwegen Ordres erwartet werden. Was sonsten noch in Acht zu Nehwen. IN Beschreibung der Nägeln-Bäumen sind 1. Die Frucht-tragende 2. die halb-wachsende und 3. die geringere Sorten wohl zu unterscheiden. Unter die Erste sind nicht allein die Alte / sondern auch die junge Bäume / so nicht zu tragen beginnen / oder neulich getragen haben zu rechnen / solten sie auch nur 10. Schuh hoch von dem Grund biß an das Laub gewachsen seyn. 2. Die halb-wachsende sind zwischen fünff und zehen Schuh hoch. Die dritte Sorte von 1½. 3. biß 5. Schuh hoch. Die geringere Sträuchlein werden nicht gerechnet / und ist kein Gefahr deßwegen Red und Antwort zu geben / wann sie etwa abgehen oder verderben solten. XX. Von dem Nägeln-Baum. DEr Nägeln-Baum ist erst von MaloKov, gekommen: ist angenehm von Geschmack und auch gut zur Medicin. Dieser Nelcken-Baum / wie auch der Muscatnuß-Bäum / müssen in einen guten und fetten Grund gepflantzet werden / dieweilen sie alsdann zu 50. Jahren und länger dauren: Da sie hergegen in einem magern Grund kaum über 30. Jahr stehen können. Vom Octob. an begin̅et man solchen zu plücken / wan̅ sie noch nicht gantz zeitig sind / und wie der Abriß TAB. II. zeiget / außsehen; und dauret die Erndte biß in Novembr. Decembr. und Januarium, und wann die Früchte recht trucken sind / werden sie dargewogen / und bekommen sie ihre Zahlung. Dieser Baum ist einer sonderlichen Kranckheit unterworffen / welche von einem kleinen Wurm / so sich in dem Baum verstecket / und zwischen der Rinde aufhält / herrühret. Wann nemlich dieser Wurm die Schale in die Ründe durchfrist / so trauret und stirbt der Baum: indem dieser Wurm nicht auf und nieder kriechet / sondern nur in die Ründe beisset und wandelt / eben als wann er an einem Ring von einem End zum andern wanderte. Das Zeichen / da man sehen kan / ob der Wurm den Baum umgessen habe / und derselbe nothwendig verderben müsse / ist dieses / wann nemlich einige Blätter niederhangen und schlaff werden.
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XXI. Bericht Von dem wilden Nägeln-Baum / Oder dem CARYOPHILLO-SYLVESTRI. DEr wilde Nägeln-Baum / so bey dem Hn. von Rheede Kadeli, Br. Naqueri heisset) wird im Malaischen Sangani genennet. Seine Blätter sind geadert / wie die Zimmet-Blätter / mit drey Adern / die unten am Blat von einander lauffen / an der Spitz aber wieder zusammen kommen; Unterdessen ist dieses Blat etwas scharff und rauch / wann man es anrühret und wächset dasselbe zu paaren von gelb grüner Farb / mit Leib-färbichten Stielen. Oben an den Zweiglein haben die alt oder Flügel Knöpff und Blumen an einem Stielgen / und zwar drey zusammen / davon die mittelste die grösseste und auf beyden Seiten die kleineste sind. Die Stiele an den Blumen sind auch rauh und hart im Angreiffen / wie ingleichem die Stiele an den Blättern und die Stengel an den Aestgern / und wachsen die Blumen Creutz- oder Cronen-weiß oben / und zwar vier bey einander. Ausser den oben gemeldten drey Adern laufft auch eine sehr feine Ader dicht an dem Bord oder Rande des Blattes / der Länge nach. Die Blume (welche keinen Geruch haben) bestehen auß 5. Blättern / so Pfersing-Blüt oder Leib-farbig / und wie an der Rosa simpl. anzusehen sind / aus deren Mittel-Punct oder Centro ein rother Faden oder Filamentum recht aufschiesset / und bestehet der Calyx, so als ein Nagel formiret ist auß fünff Spitzen / die Leib-farbig und etwas Purpur-achtig sind / mit einer innern harten Materie, aus deren Centro ein Drat oder Filament kommt. Dieser Calyx oder Nagel ist unten auch rauch. Die Knöpffger sind wie ein Eichel formiret. In dem Nagel ist eigentlich ein Früchtgen / so rund mit einem fünff-hackichten und offen-stehenden Cröngen / oben auf dem Laub / auß dessen Centro das vorgemeldte Filament sprosset. Inwendig in der Blum sind 5. Him̅el-blaue Filamenten / so gekrollet sind / wie dann noch dergleich. gelbe Filamenten / zu 10. Stück an der Zahl allda zu finden sind. Der Fuß am Filament ist ein langes feines und schmahles Blätgen / mit den Ränden gegen einander geschlagen / an welchem ein Filament mit seiner Extremität an ein ander Filament der Farb nach / stosset / nemlich ein Himmel-blaues an ein gelbes und dieses an jenes / und hat das erstere Filament ein sonderliche Verbreitigung an dem Ende mit einem Kügelein in der Mitten / oben wie ein Kühfuß gehornt / auß dessen Mitte das gelbe Drätgen außschiesset. Die Spitze des Calycis stehen steiff und sind auf der Seiten ein wenig haaricht / und haben zwischen beyden in der Mitten gantz kleine Spitzger /welche die Spitzë von den untersten Blättern sind / welche die andere unterstützen. Das mittelste Filament, so nicht gekrollet / sondern recht aufftehet / ist ohngefähr einen Zoll lang. Der Stiel an dem Ast ist vier-eckicht mit rothem Haar bewachsen. Diese Pflantze wächset sonsten eines Mannes hoch und auch wol höher / und will gern am Wasser stehen / trägt meistens durch das gantze Jahr Blumen und Früchte / und sind fast alle Aestlein biß oben an die Spitze holtzicht / grau / und an der Farb fast wie braun-grau Leder / doch etwas röthlichter / mit vielen scharffen Stippelgens / so eine stachlichte Schärffe geben / wann man mit der Hand drüber fähret / wiewohlen unten solche Schärffe sich verlieret. Das Holtz ist weißlicht und draticht / hat auch ein frisches Marck in seinem Hertz. Die Früchte wachsen nur allein oben in der Toll bey vier und fünff und in den alis der öbersten Blätter / und sind die Knöpffger von unterschiedlicher Grösse. Der Stiel und der Deckel des Knopffs / werden nachdem die Blum abgefallen ist / unten rund und dick als ein Topff / und hernacher wieder dünne mit einem Halß / und breitet sich dann wieder mit fünff Spitzen auß / die. 3 eckicht sind. Solche haben die Frucht insich / welche nach Abfallen der Blumen sich Blut-roth zeiget / mit einem Cröngen / so fünff Zacken hat. Dieses Früchtgen wird darnach dunckelroth / und essen sie es / weilen es gut schmecket und süß ist / wie dessen Safft. Die Javanen reiben solche Frucht über ihre Zähne / um solche schwartz damit zu färben / welches sie vor eine Zierde und Schönheit halten / sc. Auß deß Herrn Herb. de Jager mssr.
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XXII. Beschreibung Der Vägelein-Kinde / oder Cort. Caryophillodii, auff Palaisch Coelilavvan oder Kulilavvan genannt / Auß Hr. GEORG EBERHARD RUMPHENS Ambonischen Kräuterbuch Lib. 2. Cap. 22. gezogen. DIeses ist ein sehr Aromatische Rinde / so von mir Lateinisch Cortex Caryophilodes, das ist / die Nägel-Rinde / nach dem Malaischen Culilavvan oder Coelit-Lavvang (so ein verkehrt Wort von Culit-Bugulavvan. Das ist: Nagelschal / wegen des Geruchs den sie hat) Ambonisch aber Salackal und Salackar genennet wird. Einige auf Java heissen sie auch Sindoe, welche ich doch vor eine absonderliche Rinde ansehe / und an einem andern Ort beschreibe. Anderen heisset sie Tedjo. Bey den Ceramlouvvers Eyck: Auf Aroo, aber Haumo. Sie kommet von einem hohen und wilden Baum / mit einem hohen und rechten Stamm / so gemeiniglich ein Mann umfassen kan: Desen oberes Gesträuch nicht gar breit / aber dicht von Laub ist / dem Ansehen nach einem Lorbeer-Baum nicht viel ungleich / mit wenig Zweigen / so meistens über sich stehen. Die Reißger daran sind grün und steiff / zwey und zwey gegen einander stehend / und steyen auch die Blätter also / drey oder vier Paar an einem Reißgen und sind deren Stiele ein wenig hinterwärts gebogen. Diese Blätter haben die Gestalt und Form derjenigen eissernen Spitzen / so an der Piqun sind und gleichen den Caneel Blättern in etwas / oder noch näher zu sagen / die Cassiae Ligneae, mit welchen zwey Bäumen der Coeli-Lavvan eine grosse Gemeinschafft hat. Jedes Blatt ist an den alten Bäumen eine Hand lang / und drey Finger breit: An den jungen Bäumen ist es eine Spann lang / vier oder fünff Finger breit / nechst an ihrem Ursprung / von dar sie sich allein zu spitzen / steiff / trucken / und im Brechen krachend / oben hoch / grün und glatt / unten aber graulicht oder Spangrün. Sie haben drey Nerven / so in die Länge lauffen / wie die Wegbreit-Blätter / und ungefähr eines Fingers breit über ihrem Ursprung zusam̅en stossen / und an der obersten Seite sich außbreiten. Zwischen denselben sind feine Aederlein durchweben. Ihr Geschmack ist schleimicht / und ein wenig Aromatisch / nach den Nägeln zielend. Die Früchte dieses Baums werden gar selten gesehen / weilen es sehr hohe Bäume sind / und meistens unvollkommen abfallen. Diejenige nur so recht gegen der Sonnen stehen und nicht viel geschüttelt werden / zeigen ihre Früchte am besten / welche ohne merckliche Blüth hervor kommen / und zeigen sich alsobald grüne spitze Knöpffer / worauß länglichte Beerlein / wie Eicheln / wachsen / doch viel kleiner / glatt und Meer-grün von Coleur; Unter der dicken grünen Schale liget ein länglichter Kern den Lorbeeren nicht ungleich / so purpur-roth und in zwey Theile kan getheilet werden. Das Hütgen darinn sie stehen / ist tieffer dann an den Eicheln / in sechs Spitzen zertheilet und hart an der Frucht liegend. Wann alsdann die Frucht die Grösse einer halb wachsenden Oliven bekommen / so beginnet sie an der einen Seite etwas aufzuborften / und bekommt allda eine grosse Außwachsung von einer fein truckenen und gelben Substanz, wie Ochergeel oder gelb Butter anzusehen / und so groß wie eine welsche Nuß. Dieses Gewächs bedecket die grüne Schelffe zuletzt also / daß man nur ein Stück darvon in der Höhle übrig siehet. Der Purpur-rothe Kern ist alsdann auch gantz verkehrt / und die knorbelichte oder cartilaginose Substanz, so an Geschmack und Geruch den Nägeln gleichet / behält ihren Aromatischen Geruch noch lange Zeit / nachdem sie auffgeschlossen ist. Nicht alle Körner bekommen obbemeldtes Auß-Gewächs / sondern die meiste fallen ab / worvon die reiffeste auf der Erden wieder junge Bäumlein zeugen. Die wenigere aber so an den Stielen hangen bleiben / borsten auff / und bekommen das obbemeldte Gewächs / Welches den [80] Früchten ein ungeschicktes Ansehen machet / daß sie nemlich einem Klumpen Erden gleich sehen / welche im Angriff so weich / als wie Schmeer / scheinet; dergl. Substanz der Caneel-Baum auch träget; wann man solches tractiret / färbt es die Finger auch gelb; inwendig aber ist es etwas härter / und siehet wie ein Kern / so sich doch nicht fortpflantzet. Diese Früchte kommen im April hervor und fallen im Augusto wieder ab. Die Rinde des Stammes / (welche dasjenige eben außmachet / so von diesem Baum gesuchet wird) ist von aussen weißlicht oder Licht-grau / doch durchgehends mit kleinen Wärtzlein besetzet: Inwendig aber ist sie röthlich gelb / wie ein halb gebackener Stein: Am untersten Stamm eines Fingers dick / oben auß aber etwas dünner. Diejenige / so die Dicke eines Halmens nicht hat / wird nicht genommen. Die dickste und unterste Rind ist mürb und trucken / am Geschmack und Geruch sehr scharff / auch also nach den Nägeln schmeckend / daß man sie wohl vor die Schale des Nägeln-Baums halten solte. Doch hat die Coelilawan noch etwas besonders und so starck / daß sie das Haupt beschwert / wann deren viel auf einem Haussen ligt. Die öberste ist viel dünner und härter / doch lieblicher am Geschmack und Geruch / und im Käuen wird man einiger Schleimigkeit / nebst einer kleinen Adstriction gewahr werden / wie an der frischen Cassia Lignea, wiewohlen man an der dürren Rinde eine geringere Adstriction spüret / und dargegen vielmehr eine kleine Bitterkeit. Im Anfang zeiget sie ein grössere Hitze und Schärffe / als das Massoy, aber die Hitze an der Massoy dauret länger / worauß erhellet / daß die Coelilawan von flüchtigen Theilen gemacht sey. Wann man sie in dem Mund käuet / so beisset sie tapffer auf die Zunge / absonderlich die unterste dicke Rinde; weßwegen man die mittelfte / und welche von dem öbersten Stamm genommen ist / vor die bequemeste im Mund zukauen halten thut / so nicht dicker als ein Finger und zum wenigsten eines Halmen dick ist. Sie ist inzwischen viel lieblicher von Geschmack / als die Massoy, und erfüllet den Mund mit einem angenehmen Nagel-Geruch / der sich weit erstrecket. Die frische Rinde muß man erst einige Tage in die Sonne legen / und trucknen lassen / ehe man sie weglegt / dieweilen sie alsdann weinächtig und lieblich riechet / da sie sonsten verschimmeln solte. Man muß sie auch in keine verschlossene Kisten oder Kasten verwahren / sondern an lüfftigen Oerthern / als auf den Böden unter dem Dach / allwo ich sie zwölff Jahr gut gehalten hab. Die Schale wird von dem gantzen Baum abgezogen / biß die Zweigen anfangen. Nachmahlen werden sie in langlichte Stücke zerschnitten und aufgedörret / ohne daß man etwas davon wegwerffe / wie man sonsten mit dem Zimmet verfähret / ausser daß man die äusserste Wärtzlein abschabet / wann man sie gebrauchen will. Ich habe die Blätter vom Zimmet-Baum / Cassiâ Ligneâ und Coelilavvan bey einander gehabt und befunden / daß sie alle drey merckliche Nerven in deren Länge haben / waren alle glatt / steiff und aromatisch von Geschmack und Geruch. Die / so von dem Caneel-Baum herrühreten / waren die kürtzeste / breiteste und rundeste diejenige so von der Cassia Lignea gefallen / waren länglichter und schmähler / und kamen mit der Coelilavvan Blättern mehr überein / doch beyde nach Zimmet schmeckende. Unter allen waren die vom Coelilavvan am längsten und steiffesten / und hatten ihren eigenen Geschmack. Wann man genau Achtung gibt / kan man zweyerley Unterscheid an den Rinden finden / indem die eine höher roth und harter von Substanz: die ander aber lichter an der Farb / und schwammichter von Substanz ist; beyde aber sind eben gut / daß man nicht nöthig hat diverse Sorten davon zu machen. Die rechte Gestalt dieser Rinde / benebenst der obgemeldten Mastoy besihe droben in der Schau-Bühne bey der Cassia Chariophillata. Das Holtz dieses Baums ist weißlicht und etwas gelb / an etlichen auch etwas liecht-roth / und der vorerwehnte Rinde an der Farb etwas gleich: Wird leicht trucken und ist nicht sehr dauerhafft. Die Wurtzeln gehen tieff in die Erde / haben ein dichter und fester Holtz / mit einer dinnen Rinde bekleidet / deren Geschmack von dem Geschmack der Rinden am Stamm etwas unterschieden ist / indem man an der Wurtzel einen süssen Aniß-achtigen Geschmack und Geruch wahr nimmt / wiewohl noch etwas scharff und mit dem Nagel-Geschmack geschwängert. En fin, sie kommt so genau mit dem Weft-Indischen Sassafras an der Farb / Substanz und Geschmack überein / daß unsere Chirurgi auf Batavia von dem Jahr 1680. an solche dafür gebrauchet haben. Nach meinem Gutachten aber ist der Aniß-Geschmack in der West-Indischen allezeit mercklicher und angenehmer / da hingegen die Coelitavvan Wurtzel schärffer und mehr nach den Nägeln schmecket. So differiren auch die beyden Bäume gar sehr / dafern man der Beschreibung des Sassafras, welche man in des Nicol. Moriandi Hist. Simpl. findet / Glauben beymessen soll. Was letzlich den Gebrauch anlangt / so wird die Ambonische Coelilavvang / welche man vor die beste hält / als ein gute Kauffmannschafft nacher Java und Bali geführt / wiewohlen davon nicht so viel / als von dem Massoy gebracht wird / weilen sie zu hitzig ist. Sie werden aber gemeiniglichen zusammen zu einem Taig gerieben / wormit sie ihren Leib in kalten Tagen bestreichen / weilen sie so angenehm erwärmen / als ob man bey einem Kohl-Feuer stehe. In Bauch-Grimmen / Colic und Haupt-Schmertzen / so von Kälte herrühret / bestreichet man die Partyen mit Coelilavvan und Massoy durch eineinander gekneten / welches so bald ein Kitzelen verursachet / welches man in der Haut fühlet. Man käuet sie auch in dem Mund mit ciri Pi [81] nang, um ein guten Athem zu machen. Seither dem Jahr 1682. haben unsere Wund-Aertzte aus Batavien vie Wurtzeln an statt der West-Indischen Sassafras angefangen zu brauchen / wie oben schon gemeldet worden. Durch die Apotecker-Kunst wird auch ein Oehl darauß distilliret / doch in geringer Quantität / liecht-gelb und klar / sehr stärckend und hat einen Geruch / so gleichsam aus Nägeln und Muscat-Nüssen vermischet ist. Nach etlichen Jahren wird es roth und verrauchet sehr leicht / wie das Zimmet-Oehl. XXIII. Gründliche Beschreibung Der Muscat-Nüssen / Samt deren Plantagien und Handlung. BLeichwie GOtt dem Allerhöchsten Schöpffer um den Menschen stetigs in Mühe und Arbeit zu halten / gefallen hat / die gläntzende Edelgesteine das rothe Metall und andere Kleinodien in das tieffe Eingeweid der Erden zu verbergen / also hat er auch die zwey köstliche Specereyen / nemlich die Nelcken und Muscaten-Nüsse in wenige und kleine Insulen gepflantzet / und dieselbige in die eusserste Winckel des Dosterischen-Oceans gleichsam verstecket. Wie die Nägelein vor diesem nur allein in den Moluccischen Insuln / nunmehr aber einig und allein in dem Ambonischen Gebieth gefunden werden / haben wir anderstwo gemeldet. Jetzt wollen wir fortfahren und die Beschreibung von dem zweyten Specerey-Baum / nemlich der Muscaten-Nüsse geben / welcher sich also verhält. Der Baum / woran die aufrichtige Muscaten-Nüsse / so man die Weiblein nennet / wachsen / ist an Gestalt und Grösse dem Birn-Baum gleich / wiewohl einige etwas niedriger sind. Seine Spitze ist runder als an dem Nagel-Baum / nichts desto weniger formiret er ein wohl gestaltes und Pyramidalisch Laub / doch etwas mehr außgebreitet / als an dem Nelcken-Baum. Er schieset mehrentheils mit einem rechten und starcken Stamm auf / zuweilen auch mit zwey oder drey Aesten / welche sich mehr zur Seiten außbreiten und nicht so roth / wie der Nägeln-Baum in die Höhe treiben. Zuweilen siehet man auß den Zwerch-Aesten einige andere roth aufschiessen / als ob es Stöck wären / welche öffters als junge Bäumger wachsen. Die Rinde an dem Stam̅ ist glatt und dunckel-grau mit grün vermengt / inwendig roth und safftig. Der Baum selbst hat wenig dicke Aeste / welche doch sehr wildricht in viel dünne und lange Reißger zertheilet sind / so etwas verworren durch einander hangen / und durch die Schwerigkeit der Frucht nieder gedrucket werden. Die Blätter sind gleichwie an den Birn-Bäumen / doch spitzer / länger und ohne Kerben am Rand vornen mit einem langen Spitzgen / oben hoch-grün und unten etwas graulicht / welches ein Merckzeichen aller Muscaten Nüß Geschlechten ist / daß nemlich die unterste Seite fahler und grauer als die öberste seyn muß: Sonsten aber sind sie auch glatt / wie die Nelcken-Blätter / doch viel weicher und ebener / auch oben etwas gläntzend / unten aber nicht / haben auch auf der Seite wenig Rippen. Sie stehen meistens in zwey Reyhen an den Aestlein / doch nicht recht gegen einander über. Wann man sie in dem Mund kawet / geben sie den Aromatischen Geschmack klärlich zu erkennen. Wann man in den Baum hauet oder einen Ast abbricht / lauffet ein liecht-rother kleberichter Safft herauß / wie dünnes Blut; welcher gleich hoch roth wird / und in dem weissen leinen Zeug solche Flecken macht / die nicht außzuwaschen sind. Allein dieses merckelt den Baum sehr auß. Die Erste und noch junge Früchte seynd klein / weiß oder liecht-graue Knöpffger / fast wie Blümger oder deren Calyces, mit einem engen Mund so oben mit drey Spitzen getheilet / (vid. Fig. 7. Tab. III.) und den May-Blumen gleichet / anzusehen. Inwendig siehet man ein klein länglicht und rothes Knöpffgen / darauß die Frucht wird. Die Blättger haben keinen Geruch / hangen an krummen Stielgern / meistens niederwarts gebogen / zwey oder drey bey einander / die wieder an einem andern Stielgen hangen / auß dem Ursprung der Blätter nebst an den Reißger kommend. Indessen kom̅et mehrentheils nur eine Frucht davon / und die andere Blümlein fallen vergeblich ab / selten daß zwey oder drey bey einander zu sehen seyn / sonsten der Baum unmöglich alle Früchte ertragen könte. Wann das innerste Knöpgen grösser worden / berstet das Blümgen auf / nachdem es Castanien [82] braun worden ist. In 9. Monat nach dem Blühen wird die Frucht reiff / und wird nicht desto weniger in einem Jahr drey mahl abgeplückt / wie nachgehends soll gemeldet werden: Welches daher kommt / weilen die Früchte successivè blühen und grünen. Die Frucht hanget an langen Stielen und drücket mit ihrer Schwerigkeit alle Reißger niederwarts. Sie gewinnet die Grösse und Gestalt einer Pfirschen / doch hinten etwas zugespitzet / gleich einer Birn / von dem Stiel an rund um mit einem Ritz in zwey Theil getheilet / dergleichen die Pfirsche an der Seiten haben / fornen mit einem Spitzgen gezieret. Vid. Fig. 9. Tab. 3. Die eusserste Schale ist glatt / erstlich liecht-grün / und wann sie reiff sind / etwas röthlicht / wie ein reiffe Pfirsche. Nachmahlen öffnet sich der mittelste Ritz und zeiget den inwendigen Kern / so mit einer schönen Carmosin-rothen Farb darzwischen hervor sticht / wie in der dritten Kupffer-Tafel Fig. 5. zu sehen ist. Wann nun die also gethane Frucht noch zwey oder drey Tage an dem Baum hangen bleibt / fällt der Kern von sich selbsten auß / und wann er auf der Erden liegen bleibt / bekommt er sehr leichtlich Würme und verdirbt wegen der grossen Fettigkeit / so in der Nusse ist / so absonderlich bey Regen-Wetter geschiehet. Ja / in die noch an dem Baum hangende äussere Schale kommen auch kurtze dicke Würme / welche die Foely oder Muscat-Blumen abfressen. Diese eusserste Schale ist eben so dick wie die pfersing / doch etwas härter von Substanz, inwendig weißlicht / mit einem molckichten Safft angesüllet / am Geschmack herb und zusammenziehend / weßwegen sie nicht zu essen dienet. In dieser Schale ligt der Kern / wovon man erstlich die Carmosin-rothe Foely / oder sogenan̅te Blumen / welche die schwartze Schale wie ein Netz oder wie Riemen umgeben / doch also / daß man hier und da die vorerwehnte Schaal dazwischen sehen kan / wie alles auß der III. Tab. oder Kupffer-Tafel Fig. 4. 6. 8. 10. zu sehen ist / und ist dieselbe oben an dem Stiel etwas breiter / wo sie auch am längsten weiß bleibet / und vornen lauffet sie ein wenig spitz zu / da die Riemger durch einander geflochten sind. Die Foely oder Blumen liegen so hart auf der schwartzen Schale / daß sie Merckzeichen darinnen machet. Die schwartze Schale selbst ist so dick / als an den Haselnüssen / doch nicht so hart / indem man sie leicht brechen oder in Stücken drucken kan. Hierinnen ligt nun erstlich die rothe Frucht oder der Kern / welchen man Muscaten-Nuß nennet / welcher sich nicht an vorbesagte Schale anhänget / sondern rund um darvon loß ist / und wann er trucken wird / ein wenig einschrumpfft und deßwegen darinnen rappelt / wann man die Nuß beweget oder schüttelt. Die Nuß selbsten ist bekandt / ist an einem Ende etwas platt / welches ihr Hintertheil ist / und rund um etwas runtzelicht / von zweyerley Gestalt: Eine länglicht und die andere rund / beede aber eben gut. So man darinn sticht / kommt ein Oehl herauß / und wann dieses nicht geschiehet / ist es ein Zeichen / daß die Nusse nichts dauget oder veraltet ist. Bey den Alten ist diese Specerey gantz unbekandt gewesen / und scheinet als ob der Arabische Artzt Avicenna, so ungefähr um das Jahr 1160. gelebet hat / derselben am ersten gedacht habe / daß sie also lang nach denen Nägelein an die Wester-Welt bekandt gemacht worden ist. Er nennet sie im Arabischen Giauz band, welches andere Gsausialband schreiben / das ist / Nüsse von Banda. It. Gjeuzo hibi, das ist / Specerey-Nüsse. Sie wird auch Gjauz Bovva, oder wie andere schreiben dörffen Giauz Bovva genennet / welches von Ursprung ein Persianisch Wort ist / und eine wohl-riechende Nuß bedeutet. Im Lateinischen wird sie heut zu Tag Nux Myristica, odorata aromatica, insgemein aber Moschata, Moschocarien oder Moschocaridion, von Musco genennet / nicht daß sie darnach rieche / sondern nach Gewonheit von dem gemeinen Volck / welches vor diesem an alle wohl-riechende Früchte den Zunahmen Muscus gegeben hat / wie noch die Muscateller-Trauben und Birn also heissen. Eben deßwegen haben die neue Griechen dieselbe Myristicam, das ist / Vnguentariam, genennet / nicht / daß man Salben darvon mache / sondern weilen sie den Geruch als wohl-riechende Salben hat. In Decan oder Alt-Indien heisset sie Japatri: Bey den Portugiesen Noz de Specia: Auf Nieder-Teutsch Note. Muscaten und schlechter dings Noten: In Banda und allen Maleyers Pala, in Tematen Gohora, und auf Sinesisch Lauhau. Das rothe Netzgen / so auf der höltzernen Schale lieget / wird lateinisch Macis genennet / welches man von der Griechen Macer, so ein gantz anderer Baum ist / und in Alt-Indien unter dem Namen Macro, gnugsam bekandt ist / und von den Portugiesen arbore de luscamas, das ist roth Melizen-Baum genennet wird / wohl unterscheiden muß. Dieses Wort Macis scheinet von dem Javanischen Wort Massa herkommen zu seyn / wie sie noch heut zu Tag bey den Portugiesen heissel. Heut zu Tag nennet man sie auf Maleisch bonga, pala, auf Sinesisch Lahau hoae, auf Nieder-Teutsch fuly und Teutsch Muscaten-Blumen: Auf Arabisch Besbase und mit verdorbenem Namen Befbafe, Bisbele, Besbaca &c. In Decan Jaifol, welches abermahl eine Blum aus Java bedeuten will / weilen die listige Javanen die Menschen weiß machten / daß es Früchte wären / so auff ihrem Land wachsen.
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Die rechte Specerey-Nuß ist nur einerley / hat aber / wie gesagt worden / Zweyerley Gestalt / nemlich ein Baum trägt länglichte und der andere runde Nüsse / welchen Unterscheid man auch an den Blättern des Baums sehen kan / indem der eine länglichte / der andere etwas kürtzere und rundere Blätter träget. Beyde aber sind Aromatisch und von gleichen Kräfften und werden vor das Weibgen von den rechten Manus-Baum gehalten: ohne welche sie noch ein besonder Geschlecht / so man das Mängen nennet / haben / welches viel kürtzer von Stamm und runder von Laub / sonsten aber dem gemeinen gleich ist. Dieses trägt meistens Blumen oder sehr wenige / doch etwas grosse Früchte / so gemeiniglich Zwillinge sind. Man findet sie wenig un̅ scheinet / daß es ein Mißgewächs von den gemeinen Bäumen seye. In Banda heissen sie Pala Boy, und besser drinn Novv. Ausser diesen zwey Geschlechter hat die Aromatische Nuß noch einig andere Mißgewächs / welche keine besondere Sorte machen / als I. Pala Bacamber oder Zwillings-Nüsse / in Banda Pala Kene-kene, dessen Früchte von aussen einen doppelten Ritz oder Linie haben / so treutzweiß über einander lauffen / sonsten aber den gemeinen gleich oder etwas grösser sind / in dessen Mitte die Pala Bacamber liget. Inwenbig haben sie zwey Kern gegen einander gefüget / jeden in seiner besondern Schale und mit seiner besondern Foely umgeben. An der Seite / da sie gegen einander liegen / sind sie platt / und ist zwischen beyden noch ein dicke Foely und sind folglich die innerste Nüsse auch nur halb rund. Sie haben keine besondere Eigenschafft und werden unter die gemeine Nüsse vermenget oder zu einer Rarität aufgehoben. Es ist ein grosser Aderglauben / daß man glauben will / sie brächten Zwillinge zu wegen / wann ein schwanger Weib solche in der Speiß geniesse. II. Pala Pentsjoeri, das ist: Diebgens-Nüsse. Diese haben keine höltzerne Schale oder nur ein Stück darvon / und die Foely liegt auf den blossen Nüssen / nicht recht rund noch oval, wie die gemeine / sondern etwas schief und hügelicht: Ist ein schädlich Mißgewächs / angesehen es alle diejenige Nüsse / wobey sie lieget / und worunter sie vermenget wird / vermalnen und verderben kan / indem sie erst verdirbt und nachmahlen andere ansteckt: Weßwegen man sie sorgfältig außsuchen muß / daß sie nicht dar unter kommen. Einige bewahren sie eben wohl zur Medicin / vorgebend / daß sie die Krafft hätten den Stein im menschlichen Leid zu vermalmen / wovon ich doch noch keine Erfahrung habe. III. Pala Zadzja oder Foely-Nüßger: sind an Früchten den andern gleich / haben aber an statt des innern Kerns ein sehr klein Nüßgen mit einer sehr dicken Foely umgeben; ja zuweilen findt man ein Nüßgen darinn / so nicht grösser / als ein Pfefferkorn in einem solchen Kl???pen Foely ist: diese aber ist hart / schwer und dauerhafft. Diese Foely pflegt man also gantz / ohne daß man das Kernlein herauß nehme / unter andere Foely zu thun. Weilen aber diese Fuly viel schöner und durabler ist / als die gemeine / so pflegen etliche Liebhaber ein wenig darvon aufzuheben / und zwar nicht so sehr zu einiger Rarität / als zur Medicin. IV. Pala Holanda oder Pala poeti differiren nichts von der Gemeine / ausser daß sie eine weißlichte Foely hat / welche doch gelb außtrucknet und Aromatisch ist. Weilen sie aber andere Fuly unansehnlich machet / wird sie außgeschossen und absonderlich gewogen. Man findt auch wenige Bäume / deren Foly mit bleich gelb gesprengt ist und wird deßwegen Kackerlack genennet. Andere Bäume tragen Fuly von liecht-rother Coleur / welche man Pala Cassomba heisset. V. Pala Domine sind diejenige Nüsse / so nur halb mit Fuly bedecket sind / und deßwegen gleichsam ein Domines oder Predigers-Mütze aufhaben. Diese sind nicht viel geacht / von wegen daß die Foly nicht ohnzerbrochen kan abgenommen werden / und weilen sehr wenig Blumen daran sind. Ausser der aufrichtigen und biß hieher beschriebenen Specerey-Nuß findet man auch noch vier biß fünff Sorten Wilder-Nüssen / doch meistens allhier in Amboina, so allzusammen Palala heissen / worunter die Männergens-Nüsse am bekandsten sind / worvon unten soll gesprochen werden. Von den Malabarischen Muscat-Nüssen / (welche so keinen Aromatischen Geschmack haben und in der IV. TAB. abgemahlet sind /) kan man in dem Horto Malabarico nachlesen. Der rechte Muscatnuß-Baum ist das gantze Jahr durch nicht ohne Früchte / sie seyn nun gantz jung hervor kommende / halb gewachsene oder vollkommene / gilt gleich viel; wiewohlen solches nicht an allen Bäumen geschiehet. Unterdessen hat ein jedes Jahr drey Zeiten / in welchen man die reiffe Nüsse abnimmt. Die gröste Erndte geschicht mitten in der Regen-Zeit / nemlich im Ende des Julii, oder im Augusto, da die Bäume wohl voller Früchten hangen / allein die Foely ist etwas dünner / als bey den kleinen ist / nemlich im Novembr. welches man Moeson Mette-key arn nennet und nur gleichsam ein Schwäntzgen von der vorhergehenden Erndte ist. Die dritte Moeson oder Einerndtung fället in den Monat Martium oder in den Anfang des Aprils / und wird Moeson ule von gewissen grünen Würmlein geheissen / welche bey den Ambonis. Wauwo und Mullatto genen̅et / und alsdan̅ in der See um die Klipen treibend gefundë werden / [84] worvon man ein gut Atsiaar machet. Diese Zeit gibt die beste Nüsse und die dickste Blumen / weilen die Bäume alsdann nicht so voll Früchten hangen / auch nicht so viel Regen gibt / da hergegen im Julio und Augusto sehr ftarcke Regen fallen und harte Winde wehen / wordurch dann viele Früchte von den Bäumen abgeschlagen werden und zu frühe abfallen / welche doch nichts weniger genaue eingesammlet werden / und dieses sind diejenige / so man Rapen nennet. Hiervon ist die Foely, so auch empfangen wird / etwas schlechter als die andere. Die Nüsse so etwas kleiner / hügelicht / schieff und eingeschrumpffen sind / heisset man Rompen oder Rümpffe. Die rechte Einerndtung geschiehet also: Wann die Nüsse reiff sind (davon das Zeichen ist / wann die eusserste Schale ein rothe Coleur, wie ein reiffe Pfirsche bekommet / und man die Nüsse hier und dar an den Bäumen borsten siehet) so klättern die Einwohner auf die Bäume und langen die Nüsse mit langen Häcklein und Herbeyziehung der Aestlein / von welchen sie solche abbrechen; welches dann mit wenigerer und geringerer Gefahr geschiehet / als an den Nägeln-Bäumen in Amboina, indem der Muscatnüß-Baum viel dickere Aeste hat / da man besser auf stehen kan / auch üderflüssig mit Reißger behangen ist / so man gemächlich an sich ziehen kan. Die abgebrochene oder abgestossene Muscatnüsse lässet man schlechter dings unter die Bäume auf die Erde fallen / welche so weich schön nicht gesammlet werden darff / als unter dem Nägel-Baum. Man muß aber einen Krantz von aufgeworffener Erde darum machen / absonderlich auf die eine Seite derjenigen Bäumen / so etwas an dem hangenden Gebürg stehen / damit die Nüsse nicht zu weit herunter lauffen. Solche abgemachte Nüsse nun werden alsobald von den Sclaven mit einem Messer geöffnet / und von der eussersten Schelffe befreyet / welche sie im Wald auf gantzen Hauffen liegen und verfaulen lassen; allwo sich neue und die unerfahrne / so die reiffe Nüsse von den unreiffen noch nicht unterscheiden können / in dem Oeffnen der Nüssen sehr verletzen können / wann sie das Messer durch die unreiffe Nüsse / welche sie vor eine Reiffe ansehen / in die eigene Hände schlagen. Die also gesäuberte Nüsse bringen sie nach Hauß und klauben mit einem Messerlein so balden auch die Foely davon ab / welche sie gantz lassen müssen / so fern es möglich ist. Zu diesem Werck sind die Sclaven also abgerichtet / daß es sehr behend damit zugehet. Diese Blut-rothe Foely wird alsdann einige Tage in der Sonne getrucknet / nachdem sie auf gewisse vier-eckichte und gemauerte Plätze / wie Altär anzusehen / geleget worden / da sie ihre Carmosyn-rothe Farbe verlieret / vor erst dunckel roth / und zuletzt in denen Säcken hochgelb oder Orangen-farbicht / wie wir sie gelieffert bekommen / zu werden pfleget / die Nüsse aber so mit ihrer harten holtzichten Schale noch umgeben sind / pflegte man vor diesem auch eine Woche lang auf einen gebretterten Boden / so von gespaltenem Rohr gemacht / und Patra patren genennet worden / in der Sonne zu trucknen / welches man nach der Hand nicht vor gut befunden hat / indem wann die Nüsse durch der Sonnen Hitze zu bersten anfangen / und auf diesen Söllern liegen bleiben / der Nacht-Thau durch die Ritze hinein dringet und sie dadurch sehr leicht verderben. Weßwegen andere besser thun / welche ihre Nüsse / so bald die Foely abgenommen ist / nicht über drey Tage in der Sonnen trucknen und dieselbige des Nachts in die Häuser verbergen / oder alsobald auf Parra-parien werffen / in der Sonnen trucknen / und des Nachts in gewissen Häusern unter dem Dach mit einem untergelegten Rauch-Feuer / dessen Rauch durch die Nüsse gehen muß / außtrucknen. Wann sie nun also vier Wochen im Rauch gelegen haben / nimmt man sie hinweg und schlägt sie mit dicken Stöcken oder rollet einen dicken schweren Stein darüber / daß die höltzerne Schale in Stücken zerspringe. Wann dann einige Nüsse durch solches Schlagen oder Rollen zerbrechen / so werden sie durch dieses Schlagen oder Rollen vollends zermalmet / daß man sie desto leichter von den Guten unterscheiden kan: Wie sich dann auch die Rompen oder Rümpff alsdann erst offenbahren / welche man zuvor nicht erkennen konte. Die also schön gemachte Muscatnüsse werden alsdann mit den Händen außgesuchet / und und in drey Kauffen sortiret / welches man Garbuleren nennet. Zu dem ersten Kauffen kommen die gröste und schönste Nüsse / welche man in Europa verführet. Die mittelste Sort von dem zweyten Kauffen bleibt meistentheils hier in Indien. Zu dem dritten Kauffen kommen die obbemeldte Rümpffe / so gantz unansehnlich / doch hart / fett und durabel sind. Die werden meistentheils Oehl darauß zu schlaschlagen gebrauchet / wenige aber oder gantz keine weggeführet. In etlichen Jahren fallen sie so häuffig / daß sie die Edle Compagnie vor halb Geld kauffet / auf grosse Hauffen schüttet und verbrennet; sonsten aber müssen sie die Besitzer selbsten verbrennen und die Speise darbey kochen / welche ein hell Feuer und grosse Hitz geben. Die gesäuberte Muscaten-Nüsse muß man gleich zur Wage bringen / und der Kauffmann / so dieselbige empfänget / muß sie nicht über 8. Tage ungekalckt in den Pack-Häusern liegen lassen / sonsten verderben sie sehr gern / absonderlich wann man sie an feuchte und bedumpfen Oerthern aufhält / oder auf dem blosen Boden liegen lässet. Das Kalcken gehet also zu: Man macht auß feinem gesiebtem Kalck ein dickes Kalck-Wasser / dergleichen man zum Weissen gebrauchet / und zwar in einer grossen Büde oder Trog / schüttet die Nüsse mit kleinen Körblein 2. oder 3. [85] mahl darinnen / daß das Kalck-Wasser alle berühre / und stürtzet sie alsdann in dem Kalck-Hauß auf einen Hauffen. Der anklebende Kalck bewahret die Nüsse vor der Fäulung oder Schimlung. Es gibt auch dieser Kalckden Nüssen gantz keine schädliche Qualität / weilen er von weichen und weisen Corallensteinen auß der See / welche wenig Schärffe bey sich haben / gebrandt wird / dergleichen man täglich zu dem Pinang-Essen gebrauchet. Zuweilen trägt es sich zu / daß die gekalckte Nüsse / wann sie in einem enggeschlossenen Orth liegen / auf einander erhitzen / und wann nur ein füncklein Feuer darauf fällt / hefftig zu rauchen und zu riechen beginnen; weßwegen auch in den Schiffen / worinnen sie verführet werden / die Deckeln nicht allzu hart zugetrieben werden sollen / daß sie Lufft haben konnen: wiewohlen man in den Schiffen wegen jetzt-gemeldtem Unfall so grosse Noth nicht hat / weilen in dem Abschöpffen der meiste Theil von dem Kalck abfället / welches einen verdrießlichen Staub erwecket / so den Augen schädlich ist / daß auch diejenige / so dieselbe wegräumen / öffters in Gefahr kom̅en zu ersticken. Die aufgetrucknete Foely muß auch nicht lang liegen / sondern wann sie gewogen ist / in grosse Stroh-Säcke / welche man Sokkels nennet / gefüllet werden / welche 5. Schuh lang und 1 1/2 dito weit sind / und von gewissen und langen Blättern geflochten werden / so Kokojo genannt / und auf den Bandasischen Bergen überflüssig (wiewohl nicht ohne Zuthun der Menschen / welche die Zweige dieser Pflantzen / nachdem sie die Blätter abgeschnitten haben mit den Füssen in die Erde tretten / und gleichsam einlegen) wachsend gefunden werden. Ehe man aber die Foely in jetzt- besagte Säcke thut / müssen sie ein wenig mit Saltz-Wasser angesprengt werden / zu jedem Sack 2. Kannen Wasser nehmend / welches verhütet / daß sich die Blumen nicht zerriblen / und macht / daß sie fetticht bleiben. Die Blumen werden dicht eingetretten / und so hart man kan auf einander gepackt / worauf der Sokkel zugenähet / und oben ein Saum / wo das Gewicht von dem Sokkel angezeichnet ist / darauf gesüget wird / und wieget jeder Sokkel netro 28. Bandasische Catiens, thun 161. Holländische Pf. In welchen Sokkels sie biß in Europam geführet werden. Sonsten findet man den Muscatnus-Baum weiter außgebreitet / als der Nelcken-Baum / nehmlich / beynahe durch das gantze Moluccische Gebiet. Doch ist sein eigentlicher Sitz-Platz die Provintz BANDA, welche auß 6. kleinen Insuln bestehet / nehmlich Nera, Lontar, Goenong api, Poelo ay, Poelo ron und Rossing eyn, von welchen nur allein diese 3. als Nera, Lontat (sonsten das hoche Land genennt) und Poelo ay ermeldte Bäume tragen. Man hat zwar auch einige Bäume in Ambon und den umliegenden Uliassersen Insulen / allein sie werden allda nicht cultiviret / sondern die Einwohner und Burger brauchen die wenige Früchte davon selbsten zur Artzney / und zuweilen in der Kost: Und es scheinet fast / daß schon vor langen Zeiten eine sonderliche Verständnus zwischen den Einwohnern auf Banda und dieser Provintz gewesen sey / daß nemlich die von Banda sich mit keinen Nägelein und die von Amboina sich mit keinen Muscat-Nüssen bemühen und beladen solten / nicht ohne Raison vorgebende / daß GOtt einer jedwedern Insul ihre besondere Gabe und Einkommen gegeben habe / wormit sie zufrieden seyn müßte. Auf Kelan, Ceran und den 2. Oosterischen Insuln Nila, Damne, Seru, Kouvver und Kusuvvuny haben derselben vor diesem auch einige gestanden / sind aber theils durch das Kriegs-Recht / theils auch durch freywillige Contracten mit den Einwohnern / außgerottet worden. In den Wäldern auf klein Seran hat man vor einigen Jahren Bäume gefunden / welche wohl schwere grosse Früchte trugen / man konnte aber ein mercklichen Unterscheid unter denselben und den Bandasischen spüren / indem die Seranische Nüsse sowohl als Blumen viel wilder von Geschmack waren / so gar / daß zu glauben ist / daß dieselbige Bäume mit der Zeit gantz verwilden solten / welches man klärlich auß den Blättern sehen kan / so viel grösser sind / als an den zahmen: Und je weiter dieser Baum von dem Bandasischen Gebiet abwachset / je weniger Früchten trägt er und je schlechter die Nüsse fallen. Auf Seilon hat man auch eine Art Mußcaten-Nüssen / allein dieselbe bleiben klein und kommen zu keiner Perfection, und sind mehr vor ein wild Geschlecht als rechte Muscat-Nußbäume zuhalten. Die Neirasische Nüsse sind die schöneste und die grösseste; die schöneste Nuß-Wälder aber findet man auf Poelo-ay, welches eine Insul ist / so über 2000. Schritt nicht in sich hält / doch flach und durchgehends mit Muscaten-Nußbäumen besetzet / darzwischen hier und dar andere Bäume mit unterlauffen / so sehr vergnüglich anzusen / auch plaisirlich durchzugehen sind / und werden so schön unterhalten / daß die gantze Insul ein durchgehender Garten zu seyn scheinet / welcher an der See-Seite mit kleinen Hüglein und wilden Sträuchen umgeben ist / welche man den harten See-Wind von den Nuß-Wäldern abzuhalten / aufwerffen muß. Diese Insul hat zwar grossen Mangel an süssem Wasser / doch wohnen allda viele Bürger und Gärten-Besitzer / die ihre Nothdurfft auß Cisternen schöpffen; daß also die Insul Poelo-ay wohl den dritten Theil desjenigen was ordinaire die Welt davon zu verbrauchen nöthig hat / lieffern kan; weßwegen auch heut zu Tag allein die beste Rumpffen auß Banda geführet werden. Auf Lontar sind wohl die meiste Bäum Gärten: Allein weilen dieses ein sehr hohe und bergichte Insul ist / so sind die Bäume allda sehr gefährlich zu steigen / und die Nüsse sehr mühsam einzusammlen / weilen die Bäume an den jähen Bergen hangen / und die Nüsse mühsam [86] einzusammlen sind; indem wenig eben Land auf dieser Insul ist; und ob schon einige Bäume oben auf den Bergen stehen / so tragen sie doch wegen der Kälte / die allda ist / wenige Früchte; (§) Diese Muscaten-Nußwälder werden heut zu Tag nicht mehr von den alten Einwohnern besessen / weilen dieselbige wegen ihrer vielfältigen Mord- und Todt-Schlägen / welche sie an der Niederländischen Nation / vornehmlich im Majo 1609. an dem Admiral Rieter Willemsen getrieben haben / darauß gejaget / und das gantze Land 1621. durch den General Jan Pietersen Cod mit den Waffen eingenommen / und zu einer Provintz der vereinigten Niederlanden gemacht worden ist / da nachmahlen die Baum-Gärten unter die Niederländische und Mestysische Bürgerschafft vertheilet sind / welche eine grosse Zahl Sclaven darauf halten müssen / gemeinlich 40. biß 50. Stück. Zu grossen Gärten aber gehören 80. biß 100. Stuck. Diejenige welche keine Gärten besitzen / dörfften vor diesem ihre Sclaven nach den Wäldern verschicken / und die abgefallene Nüsse auffsammlen lassen / indem diese Bäume durch das gantze Jahr Früchte tragen / welche nicht alle zu einer Zeit reiff werden / wie die Nägelein / sondern nach und nach / und weilen deßwegen die Parck- oder Garten-Besitzer nicht täglich darauf passen und warten können / leicht geschehen könnte / daß die reiffe und von sich selbsten abgefallene Nüsse auf der Erde verderben dörfften; diesem nun vorzukommen / hat man zugelassen / daß ein jeder die abgefallene Früchte aufflesen dörffen / weilen dergl. Nüsse / so der Reiffung wegen abfallen / die schönste und grösseste sind / auch die beste Foely haben: so werden derselben auch viele durch die starcke Wind und Regen abgeschlagen / worauß aber die Rümpffe entstehen / von welchen doch die Foely auch gut ist / in Ansehen derer meistens derselben Sam̅lung auch erlaubet war; allein heut zu Tag ist solches gäntzlich verbotten / dieweilen die Parck- oder Garten-Besitzer geklaget haben / daß die Rapers oder Auffleser zu sehr und zu weit um sich grieffen / und muß nun ein jeder seinen Parck mit seinen eigenen Sclaven verwahren: Und ob schon die Bandasis. Insulen von Natur ungesund und arm an Wasser sind / allerhand Mangel leiden / und an dem Einsammlen der Muscaten-Nüsse viele Mühe haben / absonderlich in denjenigen Baum-Gärten / welche auf dem hohen und jähen Gebürge von Lontar liegen / darinnen die Besitzer viele Sclaven durch Kälte / Ungemach und andere Unglücke verlieren: So können doch die Eigenthums-Herren wohl dabey bleiben und redlich fahren / ohnerachtet verschiedenen Praecisilaten denen sie im Schön-machen dieser Specerey nachkommen / und solche vor den angesetzten Preyß der E. Compagn. lieffern müssen / nehmlich das Catti Banda (so 5 3/4. Pf. Holl. wieget) vor einen Schilling / und eben soviel Foely vor einen Real. Man hat vor diesem geglaubt / daß die Muscaten-Nüsse durch menschliche Vorsorge nicht wohl könnte fortgepflantzet werden / und daß solches allein durch eine gewisse Art blauer wilder Tauben / so bey den Bandanesern Talor, bey den Maleyern Bodrong Pala und bey den Unserigen Noot-eters / Teutsch Nuß-Fresser geheissen worden / geschehe / welche diese Nüsse auß der äussersten Schelffe picken und gantz einschlucken / worvon sie allein die Foely verzehren / und die gantze Nuß mit der Holtz-Schale durch den Abgang wider von sich geben / welche / so sie in die Büsche fallen / neue Pflantzen schiessen; dahergegen die reiffe Muscatnüs / wann sie von den Menschen in die Wälder oder in ihre Gärte / auch auf sehr guten Grund gesetzt wurden / nicht auffkamen / auß Ursach / daß die Nuß / wann sie gantz reiff ist / und ein Zeitlang auf der Erden liegt / sehr wurmstichicht wird / und gäntzlich verdirbt. Nach der Zeit aber / ohngefehr um das Jahr 1662. hat man angefangen halb-reiffe Nüsse / multa poety genannt / woran die Foely noch nicht gantz roth war / zu säen / welches gantz wohl glückte / indem darvon gute Bäumger aufgiengen / welche man nach Belieben verflantzen konnte. Diese Bäumger tragen im 5. 6. und siebenden Jahr Früchte / aber sie müssen immer in dem Gebüsche oder unter dem Schatten von andern Bäumen stehen / und wollen nicht viel Sonn haben / so gar / daß / wann man den Platz rund um kahl machet / sie gar leicht außzugehen pflegen. Ja die alte Bäume selbst wollen gern zwischen andern Bäumen stehen / und absonderlich müssen sie einige wilde Bäumen an der Seite nach der See zu haben / und oben auf dem Berg rund um sich / auf daß die See-Lufft und die raube Winde sie nicht berühren können / welche ihnen sehr schädlich sind. Auß dieser Ursach pflegt man in Banda nicht leicht wilde Bäume abzuhauen / sie stünden dann zu dicht und bedeckten die Nüß-Bäume zu sehr / in welchem Fall man einige abhauen darff / daß die Nüß-Bäume besser Lufft bekommen möchten / welche selbsten so dick nicht stehen müssen / daß sie sich einander berühren könnten / weilen sie sonsten wenig Früchte tragen / und so verlohren wie die Sparren auffschiessen / wie man in den Lontarischen Parcken sehen kan. Das Außhauen und Fällen der Bäumen aber wird dem Gutbefinden des Försters oder Wald-Hüters überlassen / ohne deren Zulassen man nicht ein eintzigen Baum umhauen darff. In Amboina hat man auch hier und da bey die Häuser ein Bäumgen gepflantzet / worvon doch wenig Früchte zugewarten / und gehen dieselbige auch gern auß / dieweilen sie zuviel in der Sonne stehen / und nicht gern fort wollen / wann sie nicht unter dem Gebüsch auffschiessen. Den Nutzen und Gebrauch belangend / so gilt allhier eben dasjenigen / was wir sonsten von den Nägelein gesaget haben / daß sie nehmlich den Europeern und anderen kalten Länder / insonderheit Teutscher Nation vielmehr dienen / [87] als den Indianern. Derohalben wollen wir von deren Kräfften und Eigenschafften allhier kein groß Wesen machen / sondern insgemein ein weniges davon sagen / und nur allein die meist- bekannte Nutzen erzehlen. Einige Authores haben vorgegeben / daß die männliche Nüsse viel kräfftiger seyen / auch von den Javanen mehr gesuchet würden / als die Weibger. Wann sie nun durch die Männliche die grosse lange Nüß verstehen / kan man solches wohl passiren lassen: Allein wir haben schon droben gemeldet / daß alle die Specerey-Nüsse vor Weibger gehalten würden / weßwegen sie solches nothwendig von den wilden Männlein verstehen müssen / darinnen sie sich doch betrogen befinden / angesehen die Javaner und Maleyer / wann sie vor diesem von den Bandaner ein paar Hand- voll Männlein-Nüsse verlangten / solches nicht deßwegen thäten / als ob sie besser und kräfftiger wären / sondern einige Artzneyen davon zu machen / worzu die gemeine unbequem waren. Die rechte Specerey-Nüsse eingenom̅en / vertreibet alle Schmertzen und Grimmen / so von Kälte und Winden herrühren / und in dem Magen / Gedarmes und der Beermutter gezeuget werden: stärcket und erwärmet den kalten Magen / und hilfft zu dessen Dauung / stillet das Brechen und das Schlucken / und wann man die Muscaten-Nüsse zu Pulver stosset / und mit Bakelale mischet / und in Wein eintrincket / treiben sie den Harn / stillen den Kalt-Seich / und machen einen guten Athem. Sie sind auch gut gegen die Colic und Schmertzen des Leibs / öffnen die verstopffte Leber und Miltz / auf vorbesagte Weiß gebrauchet. Die Nuß wird auch bey dem Feuer gebraten und geröst / alsdann mit dem gewöhnlichen Tranck eingenommen / wormit man den Durchlauff und rothe Ruhr stopfften kan. Die Arabische Meister mischen in diesem Fall ein wenig Amphion darunter. Wir haben von einem guten Freund gehöret / daß er dieses vor ein groß Secret von den Persianischen Mohren gelernet habe / den Blutgang zustillen / wann man nehmlich ein gebratene Muscatnus mit ein wenig Amphion / in der grösse eines Cadiang / in einem Trunck rothen Wein einnehme / und wann man keinen rothen Wein hat / mag man es in einem weichen Ey einnehmen. Sie ist insonderheit auch gut vor die Mutter / Bauch-Nieren- und Blasen-Weh: ja einige fagen / daß sie auch den Stein abzutreiben dienlich seye / wann man sie zuvor in Mandel-Oehl einweiche. Hergegen müssen sich diejenige vor dem Gebrauch dieser Specerey hüten / welche hartleibig sind / mit der gülden Ader gequälet werden / und ein dick / grob und verbrandt Geblüt haben. Wann man Ingber darzu thut / wird sie dadurch verbessert und durchdringender. Der tägliche Gebrauch dieser Nuß verschleimet den Magen wegen ihrer Fettigkeit / und erfüllet das Haupt mit schweren Dämpffen / worauß die vergessene Schlaffsucht entstehet. Man erzehlet auch / daß ein schwangere Frau auf eine Zeit von 10. biß 12. Nüß / so sie gegessen / närrisch und Sinnlos worden sey. Dieses destomehr zu bekräfftigen / wollen wir 2. Historien erzehlen / welche beyde zu unserer Zeit geschehen sind. Anno 1655. assen erliche Teutsche eine kalte Schaal von schlechtem Bier und Wein / worinnen sie nach ihrem Bericht / nichts anderst / als Zucker und 6. biß 8. geraspelte Muscaten-Nüsse gethan hatten / welche den anderen Tages in eine solche Beschwerung auf der Brust fielen / als wann sie erstickten müßten: Anbey wurde der Mund sehr trucken / die Lippen schwellend und an einander klebend: mit grosser Müh schöpfften sie Athem: in Haupt fühlten sie solche Schwürigkeit und Düsternus / daß sie ihres Gedächtnus gäntzlich beraubet schienen: der Bauch war hart und verstofft / so gar / daß man kaum mit vieler Mühe und Juleppen diesen Leuten wieder zurecht helffen können / welchen zugleich Aderlaß / purgiren und dergl. gebraucher worden. Auf eine andere Zeit schlieffen: 2. Soldaten unter einem Muscaten Nuß-Baum zu Manipa / die gantze Nacht durch / welchen des andern Tages das Haupt so schwer war / daß sie truncken und halb kranck schienen; dergleichen Exempel hat man auch in Banda gehabt / indem Anno 1650. 2. Soldaten in Banda gewesen / welche 5. biß a. Nusse auß der Hand assen / worvon sie gleicherstalt närrisch und halb Sinnlos worden. Demnach Anno 1657. funde man eine andere Person auf ihrem Lager todt liegen / vor welcher ein Körbgen voll Muscaten-Nüß stunde / worauß man praesumirte / daß sie derselbigen vielleicht gegessen hätte / daß sie dadurch in einen tödlichen Schlaff gefallen sey. Was für Schade und Ungemach diejenige Leute / welche in Häusern wohnen / oder in Schiffen fahren / worinnen gekalckte Nüsse innen sind / haben wir schon oben gemeldet; worauß erhellet / daß die Muscaten-Nüsse in India mehr Schaden / als Nutzen bringen / und daß der allweise Schöpffer solche vielmehr vor die Norder-Welt erschaffen habe / wo ihre Fettigkeit durch die zusammenzihende Kälte also verändert und verbessert wird / daß sie nicht allein durabeler / sondern auch gesunder und wohlriechender werden / wie auch von den Nägelein kan gesagt werden. Die grüne Nüsse werden auch eingemacht / und nicht allein durch gantz Indien / sondern auch in Europa verführet / welches also zugehet: wann die Nüsse bald reiff werden wollen / und doch noch nicht bersten / nimmt man sie sacht und gemach von dem Baum / daß sie nicht zerfallen oder zerknirst werden: diese kocht man in Wasser ab / und durchsticht sie mit Pfriemen / weicht sie. 8. biß 10. Tage in frisch Wasser / ???biß daß sie ihre Strengigkeit und herben Geschmack verlieren: hernach macht man einen Julep von halb Wasser und halb Zucker / und kocht sie darinn / lange oder kurtze Zeit / nachdem man sie weich oder hart haben will. So man sie hart [88] haben will / thut man ein wenig Kalck darein / dieses Zucker-Wasser muß man alle Tage abgiessen / warm machen / und dann wieder aufgiessen / und zwar noch andere 8. Tage lang / endlich noch einmahl auffkochen / in einen dicken Syrop von Zucker gemacht / thun / und in steinernen Häfen wohl zugestopfft bewahren; also kan man sie unverdorben biß in Europa bringen. Durch dieses Kochen bekommt die Nuß-Schaale ein dunckelrothe Coleur / wird halb durchscheinend und so zart / daß man die äusserste Häutgen nicht abzuschelen vonnöthen hat / sondern man schneidet sie in 4. biß 6. Stücke und isset sie also. Man trägt sie gemeiniglich bey Gastereyen unter andern Confituren zum Nachtisch auf / und brauchet absonderlich bey dem Thee-Trincken. Wann man im confitiren Muscaten-Nüsse / so schon alt sind / nimmt / so ist das äussere Häutgen zu hart / und muß man alsdann solches abschelen / wann man sie essen will. Den innern Kern sam̅t der Foely isset man nicht mit / wiewohlen einige die Blumen auch käuen / das übrige aber hinweg schmeissen. Wann man diese Confitur täglich geniesset / so erfüllet sie das Haupt und Senn-Ader mit dicken Dämpffen / und zeugen die vorbenahmte Schlaffsucht / wordurch die Leute träumend / träg und vergessen werden. It. sie verfaulen den Magen / und verderben den Appetit. Weilen nun dieses Werck viel Zucker kost / wormit diejenige / so auf Banda und in den Moluccischen Insuln wohnen / nicht wohl versehen sind: so pflegt man die Muscaten - Nüsse gantz in Fäßger oder Ständger einzusaltzen / und nach Batavien zu versenden / allwo der Zucker überflüssiger zu bekommen ist. Die Sinesen / so zu Batavia wohnen / gebrauchen sich einer kürtzeren und wohlfeilerer Manier: nehmlich / sie nehmen die eingesaltzene Nüsse / und weichen dieselbige in frisch Wassser / biß daß sie den saltzichten Geschmack verlieren: nachmahlen kochen sie dieselbige schlechter Dings einmahl ab / und zwar mit Syrop / welchen sie offt nicht von weissem / sondern von schwartzem Baum-Zucker machen. Diese sind gut zum täglichen Gebrauch / können aber nicht lang gehalten werden. Die eingesaltzene Nüsse aber können auch biß in Europam gebracht werden. Man macht auch auß den Schelffen / wann sie auf vorige Art und Weise praepariret und klein gerieben sind / eine Marmelade, welche sie in viereckichte Schachteln giessen / und so wol zu Gastereyen / als Artzneyen gebrauchen. Die grüne Schelffen / werden in Banda erstlich mit Wasser aufgekocht / darnach mit Wein und Zucker angemacht / auf welche Art sie einen guten frischen Geschmack geben / wie gekochte Quitten und Jambusen. Eben dieselbe grüne Schelffen / wann sie ein wenig zerknirschet / oder (wie etliche im Gebrauch haben) klein gerieben / und in Pekel gethan werden / geben eine gute Sauce vor schlechte Leute / deren sie sich bey andern Speisen guten Appetit zu machen / bedienen können / und werden auch also beym Thee-Wasser aufgesetzet. Auß dieser Absicht werden ausser Banda auch einige Bäume gelitten / und den Einwohnern zu ihrem eigenen Gebrauch zugelassen / doch mit dem Beding / daß sie keine Kauffmannschafft darmit treiben / indem durch ein scharff Placat von der Obrigkeit verbotten worden / daß man weder eingemachte / noch eingesaltzene Nüsse auß dem Land führen solle / um Kauffmannschafft damit zu treiben: wiewohlen man nicht nöthig hätte das Confituren zu verbieten / indem wegen des theuren Zuckers kein Gewinst darvon zu hoffen ist. Auß den Muscaten-Nuß Schalen / so in dem Wald liegen bleiben und verfaulen / wächser ein gewisse Art Schwämme / welche man Lateinisch Boletos Moschocarinos oder Muscaten-Schwämme nennet / und im Maleyischen Koelat pala heissen. Diese Schwäm̅e sind von Farbe dunckelgrau und schwärtzlicht / und stehet das Köpffgen auf einem dicken Stiel / welches sich nicht / wie andere Schwäm̅e / außbreitet / sondern meift halb geschlossen stehet. Wann das Köpffgen noch nicht vollkommen außgekommen ist / sind sie am besten zum kochen. Und wann sie mit einer guten Brühe gekocht werden / geben sie ein wohl- geschmacktes Essen / da man in Banda viel Wercks von macht / und werden vor allen andern Schwämmen gerühmet. Sie pflegen in Banda auch die blaue Tauben oder Nuß-Fresser zu braten / ohne daß sie das Eingeweid herauß nehmen solten / vorgebende / daß solches sehr wohlriechend wegen der Foely, die sie essen / befunden werde / absonderlich wann sie die gantze Nüsse noch mit den Blumen in dem Magen fühlen. Ich vor mein Theil überlasse ihnen diese Lecker-Speise gern / und halte es vor einen lächerichten Aberglaube / daß die halb- verzehrte Foely in dem Magen solcher Vögeln alle andere Fäuligkeit / so sich darinn befindet / zu lauter Specerey machen könne / indem ich befunden habe / daß meistens alle wilde Tauben den Magen und Gedärms voller Würme haben. Demnach die schlechte Muscat-Nüsse oder Rümpffe / wie gesagt worden / zur Kauffmannschafft undienlich sind / so werden sie meistens zum Oehlschlagen gebraucht. Man röstet sie nemlich erstlich in einer Pfannen: Darnach stampffet man dieselbige / macht sie noch einmahl heiß / und thut sie in Säck / so von Zoemi (das ist ein harichtes Gewerb / welches man oben an den Calappan-Baum zwischen den Aesten findet) gemachet sind / und leget sie zwischen zwey dicke Bretter / presset sie auß / und erzwinget also ein dickes Oehl / wie geschmeltzt Butter / darauß / welches man in viereckichte Formen lauffen lässet / in welchen es alsobalden gerinnet / und wird gantz gelb von Coleur / wie May-Butter / zuweilen auch etwas weisser. Diese Kuchen sind einer Hand lang und fünff Finger breit / eines Daumen dick und werden zur Artzney / so wohl durch gantz Indien / als auch nach Europa ver [89] führet. Vor diesem machte man viel Wercks darvon und nennete es Muscaten-Balsam / heut zu Tage aber ist es wegen seiner Menge / in keinem grossen Estime mehr / wiewohlen kein Privat-Person dasselbige machen oder verkauffen darff / sondern muß alles / was gemachet wird /der E. Compagnie gelieffert werden. Fast auf gleiche Art wird auß denen gestampt- und warm gemachten Muscat-Blumen auch ein Oehl gepresset / welches Blut-roth ist und allezeit weich bleibt. Wann man es auf die Hand tröpffet / siehet es wie gelblicht Blut / ist am Geschmack fett / ein wenig bittericht / wie die Blumen selbst / ohne sonderliche Hitze. Man verliert keine sonderliche Quantität Foely mit diesem Oelmachen / indem man 3. Cattis Bandas Foely auf ein Kannen Oehl rechnet. Auß den Muscaten-Blumen wird auch auf eben diejenige Art und Weiß / und mit eben solchen Instrumenten / wormit man den Arak machet / ein klar Oehl destilliret und gebrandt / dessen erster Theil / so gleich nach dem Wasser kommt / klar und durchscheinend ist / wie Wasser: der folgende Theil ist etwas gelber / wie dicker Reinischer Wein / und der letzte / wann man es hart reibet / etwas röthlicht: weilen aber dieses Oehl / wegen seiner weissen Farbe / nicht wohl von dem Wasser unterschieden werden kan / und mühsam abzuschöpffen ist; so pflegt man zuweilen ein wenig gerieben Foely in den Recipient zu thun / wodurch es alsdann wie Wein wird / und einfolglich im Abschöpffen von dem Wasser leichtlicher kan unterschieden werden. Beyde seynd von einerley Krafft und Tugend / sehr subtil und durchtringend / so gar / daß so man die Flaschen oder Gläser / darinnen sie stehen / nicht wohl verwahret / ein groß Theil darvon wegfliehen kan. Man muß aber bey diesem Destilliren wohl 10. Catris Banda Foely zu einer Kannen Oel haben. Wann dieses Oel durch eine verzinnete Schlange destilliret wird / so ist es bequem und sehr köstlich innerlich gebraucht zu werden. Wann man es aber nur durch kupfferne Schlangen machet / wird es etwas brüntzlicht und beschweret das Haupt / weßwegen die außgepreste Oel viel gesunder und lieblicher zu gebrauchen sind. Das außgepreste Muscaten-Oehl / so man auch den Balsam nennet / und die Araber Gieuzi-Semen heissen / soll diese Kräffte haben: Es ist gut vor alle kalte Gebrechen der Nerven und Gelencken: Es saubert die Brust und Lunge: machet eine helle Stimme: hilfft mit andern vermenget zur Empfängnüß / vermehret den Männlichen Saamen / und macht den Menschen feist. Wann man es auf den Magen und den Leib reibet / stillet es alles Brechen und Grimmen / von Kälte herrührend: Es vertreibet die Flecken des Angesichts / und heilet das schmertzliche Harnen. Zu eben diesen Gebresten wird auch das Foely-Oehl gebrauchet / und die destillirte Oehle in Leib eingenommen. Doch müssen diejenige / die solche gebrauchen / vor Hauptwehe befreyet seyn / welches sie sonsten vermeyren. Die Trester von dem außgepresten Oehl werden in das Siech-Hauß gesandt / daß die Krancke ihre Glieder damit reiben sc. Unter den wilden Muscat-Nüssen / wovon meistens fünff Sorten bekandt sind / wollen wir nur allein die Männlein oder Männliche Muscaten berühren / welche die Holländer Mannetjes-Noten heissen: Dieser Baum hat äusserlich ein sehr geringe Gleichheit mit dem rechten Muscatennuß-Baum / hat einen höhe???n Stam̅ und ein schmäler Laubwerck / mit wenig Aesten / nicht hübsch zierlich anzusehen. Die Blätter sind viel grösser / etliche einer Spann / etliche ein und ein halben Schuh lang / an Gestalt wie die Canary-Blätter / forn breiter und etwas runder zulauffend / mit einer kurtzen Spitz und mit vielen Parallel-Rippen durchsetzet / oben schwartz-grün / an der untersten Seite roth-fahl und ohne Glantz / und stehen die grüne Rippen zwey und zwey gegen einander über. Wann man sie käuet / geben sie einen mercklichen wilden Geschmack der Muscaten von sich. Die Früchte dieses Baums wachsen nicht an denen äussersten Enden der Reißger / wie die rechte Muscaten / sondern etwas hinten an den Zweigen / an dem Ursprung der Blätter / zwey und drey bey einander / auf kurtzen und runden Stielger / an Gestalt rund / in der Grösse einer rechten Nuß. Etliche sind länglicht / etliche recht rund / oder ein wenig gedruckt: ausser den Polstern röthlicht und wollicht anzugreiffen: An der Seiten dicker als unten / oben zäher und härter / dann an den rechten. Der innere Kern ist von zweyerley Gestalt / doch beyde grösser als die rechte Muscaten-Nüsse. Eine davon ist länglicht / wie ein Klotz / an den Enden etwas platt / die ander rund / beyde aber runtzelicht. Sie liegen auch in einer höltzernen Schale / welche dicker als an den gemeinen ist / schwartzlicht oder dunckel-grau / außwendig mit einer Gold-gelben Foely umgeben / dazwischen man die Schaale siehet / welche allda mit kleinen Pocken besetzet und rau wie ein Raspe ist. Wann diese Foely getrucknet und dürre ist / wird sie gantz bleich und am Geschmack unangenehm / ohne eintzigen Specerey-Geschmack. Der innerste Kern hat eben dergleichen Substanz, als die rechte Muscaten / doch etwas wilder und nicht so fett / mit schönen schwartzlichten Aederlein durchzogen / ein wenig Aromatisch / und eines fast unangenehmen Geschmacks. Er wird leicht Wurm-stichicht / und wann er unter andere Nüsse kommt / verdirbt er dieselbe mit; weßwegen es verbotten ist ihn darunter zu mischen. Wann er aber / wie die gemeine Muscaten im Rauch gedörret wird / so ist er daurhaffter. Der Blätter findet man wenig gantze an dem Baume / weilen sie meist von den Würmen an den Bäumen durchfressen sind. Schneidet man in die unreiffe Frucht / kommt ein weise Milch herauß / so wie Kalck außtrücknet. Dieser Baum wird nicht unter den [90] zahmen Nüssen gelitten / weilen man glaubt / daß er diese mager mache. Weßwegen erkießt er sich einsame Oerte / an den Enden der Wälder und auf den Bergen / wo man ihn unmolestiret stehen lässet / und zwar mehr die Früchten / vor eine Rarität an die frembde zu verehren / als einiges Nutzens willen. Diese Nüsse heissen Lateinisch NUX MYRISTICA, MAS und MONTARA, ist bey Clusio vor 2. Früchten angesehen / da es doch nur eine ist: Auf Banda nen̅et man sie Pala Tuhar, das ist / Bergnuß. Auf Maleyisch Pala luhi-lahi, das ist / Männ ein-Nuß. In Ambon wird sie Pala-Utan und Palala genennet / mit einem Wort / so auß Pala und ala zusam̅en gesetzet ist / als ob man sagte: Jahr-Vogels-Nüß / dieweiln diese Vögel in Amb. ala geheissen werden / welche diese Früchte gern essen. Sie hat bey den Einwohnern / wie gesagtë / kein Gebrauch / ausser daß sie das Holtz von dem Baum zuweiln zu den Häusern nehmen und die Früchte an die Frembde verehren / indem nicht allein die Javanen / sondern auch die Europae er solche aufsuchen. Die Javanen und Maleyer gebrauchen sie zur Artzney gegen die Kopffschmertzen und andere Kranckheiten / doch mehrentheils die Män̅liche Krafft zu stärcken / nach welchen Hülff-Mitteln die Mohren grosse Mühe anwenden. Die Europaeer gebrauchen sie noch aberglaubischer und wollen Liebs-Träneke davon machen / womit sie grosse dinge meynen außzurichten: welche lächerliche Dinge der Mühe nicht werth sind / daß man mehr davon schreibe. Einige Indianer haben erfahren / daß die Man̅s-Nüsse auch gut gegen die rothe Ruhr seyen / wann man dieselbe mit einer halb reiffen und gebratenen Pisang isset / absonderlich wann man ein Gran Amphion darbey thut. Die Bandaneser Weiderger brauchen sie auch gegen die Ohnmacht und schwere Noth der kleinen Kinder / zu welchem End sie nun anfangen diese Nüsse aufzuheben. In Europa trägt man diese Frucht auch am Halß / um von den Blut-Finnen befreyet zu seyn. Von den 4. andern Sorten wollen wir allhier nichts melden / weilen dieselbe in Banda meist unbekandt sind / und von der Gestalt der rechten Muscaten sehr abgehen / und werden in Ambonia die Stämme nur zu Sparren und leichtem Zimmerwerck gebrauchet. XXIV. Bericht Von dem Pfeffer und dessen Pflantzung auf der West-Lüst. DEr Pfeffer wird bey nah auf eben dieselbe Art und Weiß gezogen / wie der Betel: gleich wie die Pflantzen beyderseits auch einander sehr gleich kommen / ausser daß die Pfeffer-Blätter etwas leibiger / als die Berel-Blätter sind / auch einen andern Geschmack haben. Die Grösse und Gestalt derselben ist aus der Tab. V. zu ersehen. Die Oerter / wo derselbe hingepflantzet wird / bestehen aus einem fetten Grund / der etwas Kleyächtig seye. Diesen Grund pflügen sie erst wohl / düngen ihn aber nicht; wie sie demselben dann auch kein Wasser geben / es seye dan̅ / daß der Pfeffer-Garten nahe beym Dorff seye / welchen sie auch zu feuchten pflegë. Ein solcher Pfeffer-Garten wird auf der West-Küst Dziundziong Lada geheissen: und werden andere Platagien in den Wäldern / so nach der Bäumen Außtilgung allda gepflantzet werden / nicht umzäunet. Die Pfeffer-Pflantzen werden in gewissen Reyen / die sie Dziadziar nennen / unten an den Fuß der Tsingkting-Bäumen gesetzet / so zuvor schon eingestecket gewesen / ohngefähr 10. Kaks oder Stöcke in eine Reyhe. Diese Plantagie geschiehet zu der Zeit / da es nur um den 5. oder 6. Tag einmahl regnet / und nicht bey nassem Regenwetter / anderst die Pflantze verderben solte / wie auch sonsten gar zu viel Regen diesem Gewächs schädlich ist. Wann sie dieselbe setzen / nehmen sie ein Setzling den sie Zowas nennen / mit 3. Knöpffe / Mata genennet / lassen ihn erst zwey oder drey Tage in heiß Wasser weichen / dann es sonsten nicht wohl fortkommen dörffte. Der Ort muß wohl von dem Unkraut / so diesem Gewächs schädlich ist / gesäubert werden: und wann die Pflantze etwas aufgeschossen ist / so häuffen sie etwas Erde darum / daß mehrere Stengel über sich und auch mehr Wurtzeln schiesen und kräfftiger werden möchten. Nach 2. Jahren trägt das erste Reiß Früchte / welches sie Marania, und die Früchte Oovvali Matania nennen / und bringt ein Stamm alsdann nit mehr als ein Tsoepa von den 4. in ein Gantung hervor. Wann aber der Baum das 4. Jahr erreicht / so gibt er wohl 1 ½. Gantung. Dessen Stam̅ endlich wohl eines Arms dicke wird. Diesen Baum plicken sie deß Jahrs zweymahl ab / und nennen das Nachgewächs oder letztere Früchte Mematsien. Die grosse Erndte / so in 4. Jahren geschiehet / heisset Poeng’ ut besar. Die Erndte-Zeit des Pfeffers wird auch Moesim Mamoepir l’ada, geheissen / die Blüth aber nennen sie Memboernsi, welche ohngefähr 3. Mond vor der Frucht hergehet. Ein Baum davon dauret wohl zehen Jahr / daß sie davon Früchte bekommen / zuweilen auch [91] wohl 15. Jahr / wann er wohl unterhalten wird; dergleichen alten Baum sie Baka nennen: wornach sie denselben außrotten und andere an dessen Stelle pflantzen. Ein Reißgen davon heisset Janghei. Den weissen Pfeffer zu machen lassen sie den schwartzen wohl reiff werden / und wann sie denselben abplicken / werffen sie ihn in eine Gruben und lassen ihn darinn beitzen oder fanden biß erwa nach drey Tagen die Hülsen oder Schalen davon abgehen: Worauf sie denselben in Wasser schütten / wohl durch einander rühren / und mit Wasser durchschütten / daß die Schale sich immer besser von der Frucht abscheide und oben schwimme; Nachmahlen nehmen sie weisse Asche / und wann sie dieselbe damit incorporiret / so trucknen sie alles an der Sonne. Die Asche aber dienet dem Pfeffer eine weisse Farb zu geben: Worauf sie mit den Wannen / so Fampi heissen / den Pfeffer ferner säubern und schön machen / wann dergleichen weisse Pfeffer abgehet und verlanget wird. Auß des Hn. Herbert. de Jagers Mssr. XXV. Bericht Von der Einpflantzung / Einsammlung und Dörrung deß Indigo-Gewächses / wie solches in dem Land Tsinsie und darumher gebräuchlich ist. DEr beste und bequemste Grund den Indigo zu pflantzen bestehet auß 2/3. Sand / so mit ein 1/3. Kleyen vermenget ist; und wiewohlen sonsten dieses Kraut um Devenapatan auch wohl auf gantz sandichtem Grund erzogen wird / so geschiehet doch solches nur bey Ermanglung des besseren; weßwegen es auch hier etwas schmaler und magerer wächset. Man erkieset auch meistens hohe und truckene Länder darzu / welche von keinem Fluß oder Teich können befeuchtiget werden / dieweilen zu dem Wachsthum dieses Krauts ein Ordinari Regen schon gnug ist; zu geschweigen / daß die niedrige Ländereyen / so man wässern kan / zu andern und mehr profitabln Pflantzen / als zum Indigo angewendet werden können / worzu noch dieses kom̅t / daß die wässerichte Gründe diese Pflantze ersticken oder zum wenigsten verursachen / daß der Indigo nicht so gut wird. Dieses Land wird gegen die Regen-Zeit / ohngefähr im Monat Septembr. ein- oder zweymahl etwa Schuhes tieff / mehr oder weniger / gepflüget / welches man also biß zum Ende des Regen-Wetters / das ist / des Monat Decembers in sich selbsten liegen und bearbeiten lässet / da man alsdann diesen Grund noch einmahl mit dem Pflug umarbeitet / und den Saamen / auch bey Regen-Wetter hinein wirfft / unter äget un̅ den Wachsthum hiervon dem Nachregen überlässet. Wann nun dieses Kraut mit seinem Stam̅ ohngefähr 4. Finger breit über der Erde aufkom̅en ist / muß man dasselbige von dem beystehenden Unkraut befreyen; allwo man wohl Achtung zu geben hat / daß man nicht ein gewisses Kraut / so dem Indigo sehr gleich siehet / stehen lasse / welches sonsten mit aufwachsen / und auch zugleich mit adgeschnitten werden dörffte. Muß also der Indigo inzwischen biß ungefähr auf den Monat Februarium wachsen / nemlich so lang / biß daß er Blumen träget und Saamen gewinnet /auch die unterste Blätter sich gelb zu zeigen anfangen / da er dann geschnitten werden muß. Die Gestalt des gantzen Gewächses und seiner Parcien ist auf der 6. Kupffertafel oder TAB. VI. zu ersehen. Bey diesem 1. Schnitt hat man vorsichtiglich zu handlen / und behutsam damit umzugehen / wohl zusehend / daß von den Zweiglein / so aus dem gemeinen Stamm entspringen / ohngefähr einer Hand breit übrig gelassen werde / damit ihm durch das allzukurtz Abschneiden das wieder Außwachsen nicht benommen werde / indem ohne das dieses Gewächs gar leicht außgehen kan / wann nicht gleich wieder ein Regen darauf fället / oder sonsten es durch einen Fluß oder ander stehend Wasser befeucht werden könte. Wann aber es gleich ein Regen bekom̅t / kan es nach 3. Monden wieder geschnitten werden / oder auch etwas später / nach dem der Regen etwas dünne gefallen ist / bey welchem 2. Schnitt eben diejenige Cautelen und Vorsichtigkeiten / welche bey dem ersten angeführet worden / in acht zu nehmen sind. Nach dieser lässet man die Pflantze wieder grünen / biß der 3. Schnitt erfolget / welcher ordinari 3. Monden hernach folget / und kan man alsdann auch den Saammen einsammlen und auftrucknen / daß man sich dessen bey der rechten Saat-Zeit bedienen könne; wiewohlen andere sagen / daß man den Saamen bey dem 2. Schnitt sammlen solle / weilen derselbe am kräfftigsten seye / welches auch nicht unglaublich.
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Alle diese Schnitte des Krautes müssen bey klarem und hellem Sonnenschein / in einem Viertel des Tages vollbracht werden / und lässet man das abgeschmttene??? auf einem darbey gelegenen ebenen Heerd und sauberem Grunde / biß ohngefähr 4. Uhr nach Mittag liegen / daß man es in solcher Zeit etwas trucken zusammen rechen könne / und nachdem man alles mit gewissen Stecken so lang gedroschen hat / biß die meiste / wo nicht alle Blätter von den Aestlein abgeschieden sind / werden solche aufgerafft und in Körben auf einen truckenen und verschlossenen Platz / da kein Wind zukommet / getragen. Auf den nächstkommenden hellen Tag werden diese abgeschlagene Blätter wieder auf einen truckenen Boden in die offene Lufft außgebreitet / und ohngefehr so lang als zuvor / aufgetrucknet / werden auch wieder so lang geschlagen und geprügelt / biß daß die meiste Blätter in Stücken zerschlagen sind / worauf dieselbige wieder aufgeraffet / und auf einen truckenen Ort / so vor dem Wind verwahret ist / und dessen Boden mit Strohe / worüber Matten gebreitet sind / beleget ist / getragen werden / allwo sie auf diesen Matten lück auf einander zu schütten sind / ohne daß man die Mauren damit berühre. Wann nun diese Hauffen so wohl oben / als auf den Seiten wieder mit Stroh und darauf liegenden Matten bekleidet und zugedecket sind / lässet man dieselbige ohngefähr 20. biß 25. Tage stehen / da alsdann diese Blätter düchtig sind den Indigo darauß zu bringen. Dieses vorhergehende Trucknen in der Sonne dienet zu zweyerley: Erstlich die Wässerigkeit auß den Blättern zu bringen / und zum andern die Blätter durch das Schlagen oder Klopffen desto besser von denen Blättern zu bringen / und in Stücken zu schlagen / da sonsten / wann die Blätter nicht trucken wären / der Indigo Gafft darauß geschlagen / auch dieselbige der Fäulung und Verschimmelung desto mehr unterworffen seyn müsten. Daß man aber die Blätter auf obbesagte Art und Weiß in einen verschlossenen Ort bringet / und also liegen lässet / geschiehet solche zu relolviren und zu praepariren / daß sie mit grösserer Facilität den Indigo von sich geben. Wiewohlen ich auch davor halte / daß dasselbige auch dienet / die Quantität darvon zu vermehren / dieweilen die stetige Dämpffe und exhalation, an dergleichen bedumpffen Orten viel dar zu helffen können. Wie viel Saamen zu einem verzäunten Stück Landes gehöret / und was dieses renthe / kan nichts gewisses sagen / wiewohlen mir gesagt worden / daß zu 2. Morgen ohngefähr 12. Mackal Saamen erfordert werde / und bey jedem Schnitt / einen in den andern gerechnet / ohngefähr 40. parra, jeder von ??? Mackal Blättern / bey mittelbahrem Gewächs solle geerndet werden. Allein wie gesagt / kan solches nicht gewiß versichern / weilen man auf die Worte dieser Einwohner / auch ausser ihrem interesse, nicht viel geben kan / man sehe dann / daß verschiedene Personen in der Antwort accordiren. XXVI. Bericht Wie der gute und unverfälschte Indigo in den obbenamten Quartiren gemacht werde? Wann die Blätter auf diejenige Manier / wie zuvor gesagt worden / zubereitet sind / so werden sie / um den Indigo darauß zu bringen / an einen Brunnen oder Bach getragen / ohne daß man unter einem oder dem andern ein Unterscheid mache: gleichwie auch nichts daran gelegen ist / ob das Wasser gantz süß oder saltzicht sey / wann es nur klar / hell und nicht trüb ist. Hierbey müssen dann auch zur Gereitschafft einige niedrige und weit-mündige Töpffe / ohngefähr ein Schuh hoch und oben am Mund 1½???. Schuh breit / parat siehen / deren ein jeder ohngefähr drey Parren Wasser halte / welche darzu dienen / daß man die Blätter darein weichen könne; gleichwie auch so viel hohe und mit einem engen Mund begabte Töpffgen / so etwa 7. biß 8. Parren halten / und ohngefähr drey Schuh hoch sind / und sich von unten biß ungefähr drey Viertel von der Höhe verweitern / und sich alsdann in den engen Mund (der etwa im Diameter oder Durchschnitt ein Fuß weit ist) endigen / dadey stehen sollen / um das Indigo-Wasser darein zu thun / solches darinnen zu schlagen und umzurühren / auch von dem Indigo zu scheiden / welche wir künfftig die Versam̅lungs-Töpffen heissen werden. Die obbemeldte nidrige und weit-mündige Häfen stehen ohngefehr ???2/3. mit Wasser angefüllt / worinnen die zuvor praeparirte Blätter / ohngefehr 24. Pfund in jeden / geschmissen werden / und nachdem diese im Wasser erst wohl umgerühret worden / lässet man alles von 10. Uhr Vormittags / biß ohngefehr 1. Uhr Nachmittag in der grösten Hitze von der Sonnen stehen / weßwegen ein clarer und heller Tag darzu erfordert und erkohren wird. Innerhalb dieser 4. Stunden fangen die Blätter an zu schwellen / und [93] allgemach eine schleimichte Substanz, wie femenrirende Häfe auffzuwerffen / welche endlich gantz Purpur-achtig wird / und eine Anzeig gibt / daß die Blätter lang gnug in der Einweichung gestanden haben. Hierauf nun spannen sie ein dicht Tuch über den Mund / der vorbemeldten Versam̅lungs / Töpffen / welches sie fest darum anbinden / und schöpffen mit einem andern eng-mündigem irrdinnen Topff / auß den bemeldten Einweich-Töpffen erstlich all das wässerichte von dem Eingeweichten / nachdem dieses zuvor wohl untereinander gerühret worden / ab / giessen es durch das Tuch in die Versammlungs-Töpffe / und drucken hernach die geweichte Blätter mit den beyden Händen über dem Tuch auß / schmeissen die Blätter wider in die Einweich-Töpffen / giessen von neuem Wasser darüber / rühren alles wohl um / schöpffen das Wasser wider in die Versammlungs-Töpffen / und pressen die Blätter / wie zuvor / nochmahlen mit den Händen auß / deren Gafft bey das ander versammlete Indigo-Wasser geschüttet wird. Wann dieses geschehen / so thun sie die also außgemergelte Blätter wider in die bemeldte Einweich-Töpffen / nehmen zugleich die obbeschriebene Schöpff-Häfen / und stürtzen sie in die jetzt-besagte Einweich-Töpffen auf den Boden / daß sie rund um mit den außgepreßten Blättern bedeckt / und darinnen gleichsam begraben sind. Nachmahlen giessen sie wieder so lang frisch Wasser darüber / biß daß diese Schöpffer oder Schöpff Häfen wieder in die Höhe kommen / und gleichsam schwimmen / da sie das Wasser / so durch die Blätter gedrungen / wieder ab und in die Verjammlungs-Töpffen / auf eben die Weiß / wie zuvor / giessen und continuiren so lang damit / biß daß sich nichts grünes mehr in dem Wasser zeiget: da alsdann diese Blätter weggeschmissen werdë / welche sehr gut seyn sollen / die Reiß- und Naatsiener Felder damit zu düngen. Hierauf wird jeder Versammlungs-Topff von jedem Einweich-Hafen abgesondert / und binden das Tuch von dem Mund der erst-benahmten ab / da man auf diesem Wasser einen gantz Purpur-farbichten Schaum schwimmen sihet / und ist der Rest grün. Dieses Wasser oder Tinctur schlagen sie nachmahlen also durcheinander / wie man die Milch in den Butter-Fässern schläget / da es erstlich einen dergl. hell-purpurichten Schaum außwirffl / welcher je länger / je weisser wird / biß daß derselbe endlich eine blaue Coleur annimmt / und das Indigo-Wasser sich gantz schwartz bezeiget. Wann nun alles gnug durcheinander geschlagen ist / lassen sie es ein oder zwey Stunde stehen / um dann ein / zwey biß dreymahlen mit dem Stösel oder Karnstock umgerührt zu werden. Worauf sie diesen Topff wieder mit einer Decke zudecken und still lassen stehen / daß sich das Trübe und Erdichte (so eigentlich der Indigo ist) zu Boden setze / und sich von dem Wasser scheide. Der jetzt-bemeldte und so genannte Karnstock oder Schlagholtz / wormit das Wasser durcheinander geschlagenwird / ist ein Stück von einem Bamboes Ried / so ohngefehr die Dicke eines Kinds-Arms hat / welches an einem Ende aufgespalten wird / und stecken sie in den Spalt einen runden Teller / so etwa ¾. Fuß im diameter hat / machen es fest an / und dienet alsdann das andere Ende an dem Bamboes zur Handhabe. Des andern Tags / ohngefehr um 8. oder 9. Uhr / zapffen sie die Brühe durch das Canälgen oder Krängen ab / so etwa einer Hand breit hoch über dem Boden der Versammlungs-Häfen geboret und gemachet ist / und lassen all das Dünne von diesem liquore außlauffen / welches röthlicht außsihet / inwendig aber treibet in dem Hafen auf dem Wasser ein purpurichter Schaum / dergl. auch oben auf diesem Wasser auch einige rothe und gelbe Flammen gespüret werden / absonderlich / wann man zusehr ins Wasser schmeisset. Dieser Schaum / wann alles Dünne abgezapffet ist / wird mit der Hand gebrochen / und mit dem übrigen Trüben wohl vereiniget und incorporiret. Diese Grund-Suppe oder Sediment, nachdem alles wässerichte davon abgelauffen / wird in dem Hafen zwey- oder dreymahl durcheinander gekneten / und alsdann in einen Hand-Hafen gethan / worinn es bey ein Bette von trucknem Sand gebracht wird / darinnen ein oder 2. Stund zuvor / bey der gröften Sonnen-Hitz / eine gleichförmige Höhle in der Mitten / so etwa einer Hand breit hoch ist / gemachet worden. Diese Höhle wird inwendig mit einem Tuch beleget / welches etwas naß gemachet seyn muß / daß es überall in der Höhle gleich liege / und alle Theile derselben den Sand in dieser Höhle berühren können Hierinnen wird alsdann das vorgemeldte Trübe von dem Indigo auß dem Nap / wofür eine Hand gehalten wird / gemach gethan / daß es auf das Tuch lauffe / durch welches allein einige Wasserichkeit durchpassiret: das übrige aber welches drinnen restiret / wird durch die Hitze und Treugheit des Sandes zur Stund geronnen / und etwas erhartet / auch also von fernerm durch fliessen abgehalten; wie dann auch oden sich ein Häutgen setzet / welches einen purpurichten Glantz von sich gibt. Dieses lässet man also ohngefehr zwey Stunde stehen / biß daß diese Substanz durch die Hitze von der Sonn in Spalten auffspringet / da alsdann der Indigo die Consistenz eines Kuchens hat / so eben in der Pfannen angesetzet ist. Hierauf hebet man das Tuch an allen Ecken auf / un̅ lässet den Kuchen in dem Tuch doppelt zusammen fallen / welchen man ferner mit der Hand von einander bricht / und in einen Hafen thut / auch das übrige / so noch an dem Tuch hangen blieben / milden Fingern / so etwas naß gemacht werden / abklaubet / und mit dem vorigen zusammen knetet / wodurch es wieder etwas weicher worden. Diese Mass wird nach [94] mahlen entweder auf einem Bette von Aschen / oder auf einem platten Stein / so mit Tuch beleget ist / zu Küchlein / so ohngefehr ???2½. Zoll im Diameter haben / und oben kurtz und dick zulauffen / mit den Händen formiret / welche biß Nachmittag um 4. Uhr (da die Hitze meist gebrochen ist) in die Sonne gesetzet / nachmahlen aber in das Hauß gethan werden. Des andern Tags werden sie bey hellem Wetter abermahlen von Morgends 9. Uhren biß ¾. von dem Tag zum andernmahl in die Sonn zum trucknen gestellt / welches auch den dritten Tag / und zuweilen auch noch einen Tag länger auf eben solche Weise observiret wird / biß daß sie trucken gnug worden sind; da alsdann der Indigo gantz fertig und vollkommen ist. Was die Quanticät von dem Indigo, welche die obbemeldte Blätter geben können / anlanget / so hab ich soviel auß der Erfahrung / daß dieselbige nur ohngefehr den ???. oder ???1/35. Theil Indigo geben / welches / wie es scheinet / wohl etwas mehr seyn müßte / auch wohl könnte / wann das Gewächs gleich im Anfang guten Regen bekommt / und die Blätter dicker und fetter werden / als ich sie gesehen hab. Die rechte Prob des Indigo Bestehet in 3. Stücken: 1. Lege ihn auff Wasser / und wann der Indigo gut ist / muß er schwimmen. 2. Brenne denselben zu Aschen / und fühle ob Sand darunter seye oder nicht? 3. Schneid ihn mit einem Messer / und reibe ihn mit den Nägeln an der Hand / sihet es dann gantz kupffericht auß / so ist er gut. XXVII. Beschreibung Der TUBAE BACCIFERAE Vnd der COCCEL-Körner / Auf des Herrn Rumphii Ambonischen Kräuter-Buch Lib. 7. cap. 18. DIe TUBA BACCIFERA ist ein grosse wilde Reben / welche in den Apothecken Cocculi Indi: Maleyisch Tuba Bidii: Ambonesisch Tuha und Tuhe, und absonderlich diese Sorte Tuha Tuni genennet wird / indem Tuba im Maleyischen allerhand Sachen / als Saamen / Früchte und Blätter / wormit man Fische oder Vögel vergibt / bedeutet. Die Tarnatanen heissen sie eigentlich Bori, gleichwie die im vorhergehenden 49. Cap. des 6. Buchs Borriro benahmset wird / und heissen diese Wörter Bori oder Boruro solche Dinge bey ihnen / welche ein starckes Erbrechen verursachen. In Banda nen̅et man diß Gewächs auch Tube oder Tuhe, und auf Java B. Oproôn: auf Calisch Boriproon. Diese Rebe ist gemeiniglich eines Arms dick / zuweilen auch so dick wie ein Bein / mit sehr vielen Nebenschößlen / und einer sehr rauhen Schale. Die Neben-Zweigen oder Reben endigen sich in steiffe Fäserlein / so sich um andere Zweige fest anhangen / an welchen die Blätter meistens in Reyhen gegen einander / doch verwechselt und emtzel stehen / welche groß und steiff wie Pergament / Hertz förmig / mit einer stumpffen Spitz / einer Hand oder Spann lang / 9. Finger breit / oben hoch grün / unten hoch gelb und etwas wollicht sind. Sie stehen auf langen steiffen Stielen / so bey ihrem Ursprung eine Biege haben / wodurch die meiste Blätter hinterwers gebogen stehen. An den dicken Aesten wachsen lange Büschlein / wohl 1½???. Schuh lang / und in verschiedene kurtze Zweige zertheilet / daran man im Anfang weisse Knöpffger / wie Spennadel-Köpff sihet / welche bey ihrer Oeffnung einige Blümlein / so in ??? weißlichte Blätter vertheilet / und hinterwerts umgebogen sind / zeigen / welche in der Mitten ein Knöpffgen haben / worauf 3. biß 4. Sand-Körnlein stehen / worauß die Früchte entstehen. Die Blüht ist von einem faulichten Geruch / gleich der Phallus Daemonum. Hierauf folgen viele Früchten / Trauben-weisse bey einander Hangende / etwas kleiner / dann Trauben / so lange Zeit weiß / darnach roth / am letzten purpurfarbicht und etwas schwartzlicht außsehen: und stehen derselben insgemein 2. 3. selten 4. bey einander auf einem grauen Füßgen / welches dick / pyramidal und runtzelicht ist. Unter dem äussersten weichen Fleisch findet man einen Kern / in der grösse eines Kirsch-Kerns oder etwas grösser / so runtzelicht / und gleichsam veramallirt ist / [95] und auß einer harten Schal / die sich doch leicht brechen läßt / und auf der einen Seite eine Oeffnung hat / bestehet / worinnen ein weisses Marck / welches sich in zwey Theil zerlegen lässet. Das Holtz an der Wied ist zeh und schwammicht / so an den Reben fast unverbrechlich ist / riechet und schmecket / wie die geriebene Körner / und ist derowegen unlieblich und eckelich. Es wächset dieses Gewächs obnfern des Meer-Ufers / da es steinicht ist / und grosse Klippen stehen / mit hohen Bäumen beschattet. In Amboina findet man dessen wenig / mehr aber auf klein Ceran / um die Gegend Coinbello und alt Loehol / allwo ich Seilen gesehen hab / so dicker waren als ein Bein / und den Bäumen hinauf lieffen worvon die Frucht-tragende Püschlein der Länge nach herunter hiengen. Es wächset auch auf der Bandasischë Insul Lonthoir, aber das meiste hat man auf Celebes, als der Mutter aller gifftigen Dingen / absonderlich in den Provintzien / so längst der Boegissen Höhe gelegen sind. Den Sebrauch anlangend / so werden die Körner allein von diesem Kraut gesuchet / die Fische damit zu tödten. Man nimmt die Körner sowohl mit als ohne dem äussersten Fleisch / entweder frisch oder aufgedörret / reibt dieselbe mit den kleinen Krebslein oder Cancellis, Coeman gegenannt / welche sich in den verlassenen Muschelln und Schnecken-Häußlein auffhalten (einige thun auch ein Glundergen Menschen-Koht darzu) machet Pillen in der Grösse eines Kirschen-Kerns darauß / wirfft solche in das Wasser / es seye gleich Süß- oder Saltz-Wasser / doch mehr in Teichen von stehendem See-Wasser: worauf die Fische gleich darauf zu kommen / und alle diejenige die darvon essen / werden entweder sterben oder daumelend oben schwimmen / daß man sie gemächlich fangen kan / und sind nicht destoweniger unschädlich zu essen / indem alle Sorten von der Tuba kein tödtlich Gifft abgeben / sondern nur eine Daumelung in den schwachen Nerven der Fischen und Vögeln verursachen. Ja ich glaube / daß / wann man diese tolle und daumelende Gäste alsobald wieder in frisches Wasser schmeissen solte / sie wieder zu sich selbsten kommen würden. So fangen auch die Inwohner der Papoesen Insuln die Paradis-Vögel / Soffu genannt / welche kleiner und schlechter an der Farb sind / als die Aruanische. Diese Vögel stiegen mit Trouppen / und kommen jährlich auf ihre bestimmte Zeit in die Papoesische Insulen / und auf das Suder Theil Gilola / Weda genan̅t geflogen / und suchen ihren Tranck in den Krufften der hohen Bäumen / da sich das Regen-Wasser fänget / wohin sie einen auß ihnen allen hinsenden / um die Prob zu hohlen; wann nun derselbe wieder zurück kehret / und etwas antrifft / beweget er die andere alle darauß zu trincken: unterdessen aber glättern die Papouwen fertig auf die Bäume / und vergifften das Wasser mit den geriebenen Körner. Wann nun die Vögel darauß trincken / so werden sie alle daumelend / fallen zur Erde / daß man sie leichtlich fangen kan. Die Macassani und Boegys führen diese Körner noch weiß und unzeitig abgeplöckt / und in dem Rauch gedörret bey sich / wann sie zur See nach frembden Landen fahren / um geschwind Fische damit zu fangen / wo sie essen wollen. Dieses Gewächs findet sich auch auf Ceylon und Malabar / allwo die Einwohner die wilde Kühe und Böcke damit zu fangen wissen / wann sie nehmlich die gestossene Körner auf die Jacas und Soorsacken Früchte schmieren / da sie dieselbe auffschneiden / und die Körner auf das Fleisch reiben / wornach die Kühe sehr begierig thun / und nachmahlen davon daumelen / daß man sie ohne grosse Mühe fangen oder schiessen kan. XXVIII. Bericht Von dem GANITER. Aus des Hn. RUMPHII Ambonischen Kräuter-Buch / Lib 5. Cap. 16. GANITRUS ist auch einer von den höhesten Wald-Bäumen / und heisset auff Maleyisch / Javanisch und Balierisch Ganitri und Ganiter: welcher Nahm durch gantz Indien bekandt ist. Auff Coelebes dey den Boegischen Völckern wird er Boa Sinia: Auff Ambonesisch Aymanu. Das ist / Vogel-Baum genennet / dieweilen die grosse Vögel / als Jahr-Vögel und Fledermäuse dessen Früchte gern essen. Andere heissen ihn Annale, das ist / den Jahr-Baum / weilen die Amboneser glaubë / daß die Hunde jährlich in demjenigen Hauß sterben sollen / worinne das Holtz gebrandt wird.
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Seine Dicke ist nach Advenant, und ist nicht allemahl strack / sondern bißweilen gekrümmet / auch bißweilen so dick / daß ihn 2. Männer kaum umfassen können / welcher doch mit keinem breiten Laub versehen ist / dieweilen die Haupt-Zweigen meistens in die Höhe stehen / und in lange zarte Gerten vertheilet sind. Hieran stehen die Blätter einfach / etliche in Reyhen gegen einander: etliche verwirret / und gleichen beynah dem Kirschen-Laub / oder dem vorhergehenden Leha / doch länger / nehmlich biß 7. Zoll lang und 2. breit / an dem Rand so dunckel und nett gezacket / daß man es kaum erkennen kan / und solches meistens fornen zu / im übrigen aber glatt / mit subtilen Ripplein / und kurtzen Stielen / so hinten auß schmal sind. Die Abgefallene werden so roth / wie ein gesottener Krebse / ja viele die noch an dem Baum sind / werden ohngefehr um die Zeit / wann die Früchte reist sind / auch so roth / woran man den Baum von fornen erkennen kan / zumahlen er sein Laubwerck oben mehr außstrecket: Das Holtz ist bleichweiß / poros und doch hart und schwer. Die Rinde ist oben / und wann man darein schneidt gelbicht. Die Blüth kommt hinter den Blättern herfür / welche alsdann etwas kurtzer sind / und dicht auf einander am äussersten der Zweigen sitzen. Diese Blumen-Sträußger sind eintzele Stielger / 3. 4. biß 5. hinter den Blättern an den Reißger / wie an den uvulis ursinis, Holländisch aalbesien genannt. Jedes Blümgen steht auf einem besonderen länglichtem Stielgen / kaum eines Nagels an Finger lang / auß sünff weissen und spitzgen Blättlein bestehend / die sich nicht bargegen öffnen. In denselben stehen 5. andere / die sich oben in viele Fäserlein zertheilen / und das übrige inwarts zu ist / mit einem Pentzel von dergleichen Fäserlein außgefüllet. So bald dieses Blüth einen halben Tag abgebrochen ist / so wird es rothlicht und fällt das gantze Blümlein ab / ein Knöpgen auf einem Stiel zurück lassend / auf welchen, die Frucht hervor kommet; zu welcher Zeit die Blätter dicht hinter einander an dem äussersten Theil der Reißger stehen / ein lang Spitzgen vorauß schiessend / gleich als an der Varinga zu sehen. Die Früchte hangen liederlich an einem dün̅en und langen Stiel / welches recht runde Kügelein sind / etwas grösser als ein Musqueten-Kugel / im Anfang Graß-grün / darnach blau / doch etwas von Purpur-Farb untermenget: außwendig wohl eben / aber mit rauhen Placken und offt mit kleinen Aederlein versehen / in deren Mitte ein grosser runder Stein / mit wenig Fleisch / so grün ist / umgeben / welches doch safftig und gnastericht / als wann es sandicht wäre / und am Geschmack etwas herb ist / wiewohlen sie etwas weinächtig sind / wann sie recht reiff werden und abgefallen / da sie gut zu essen sind. Der Stein darinnen ist zwar hart / kan aber doch in 4. oder 5. Theile getheilet werden / und hat mitten ein Gänglein / so beynahe durchgehet / überall mit vielen kleinen Grüblein durchlauffen / als wann er von den Würmen durchfressen wäre / welches ihm doch ein schön Ansehen macht / daß man fast sagen solte / es wäre durch Kunst also gegraben. Sie sind von unterschiedlicher Grösse / indem die Grösseste wie eine gemeine Musqueten-Kugel / meistentheils rund / einige wie eine Birn formiret sind: die Mittel-Gattung wie eine Pistohl-Kugel / und die kleineste wie ein graue Erbs / welche alle auf einem Baum untereinander wachsen. Doch findet man eine Sorte / so durchgehends kleine Körner träget / deren Blätter hergegen grösser sind / als an dem gemeinen / nehmlich 9. biß 10. Zoll lang und 3½???. breit. So gibt es auch noch ein dritte Sorte / wiewohl sehr rar in Amboina / welche noch kleinere Steine / als die vorgemelte Sorte träget / nicht viel grösser / als eine gemeine Erbse / an den Seiten etwas platt und mit Grüblein sehr artig außgehöhlet / welche auch die kostbareste unter allen sind / und in Alt-Indien eine gute Kauffmannschafft abgeben. Sonsten kan man die obgemeldte 5. Fugen von aussen an dem Stein fast gar nicht sehen; so bald man aber ein wenig daran zubohren anfänget / so fallen sie leichtlich voneinander. Die kleine aber sind viel härter / und können das bohren wohl vertragen. Das groß Geschlecht lieget überall in den Wäldern unter den Bäumen / und wann das äusserste Fleisch dar von ist / sind sie grau und nichts geachtet: diejenige aber / welche von dem Rind-Vieh oder Vögeln gefressen / und wider durch den Stuhlgang außgeworffen werden / sehen bräunlicht auß / und je bräuner diese Körner sind / je besser sind sie / werden auch höher gehalten / und kan man ihnen solche Farb in etwas zu wegen bringen / wann man sie in Meer-Wasser weichet. Diese Früchte werden im Junio und Julio reiff / und gegen den October findet man sie unter den Bäumen liegen. Die grosse und mittelbare Ganiters sind in Amboina gemein / doch nirgends / dann im hohen Wald / unter welchen man zuweilen einige Körnlein von den kleinesten Sortë findet / aber doch selten. In grösserer Quantität fallen sie auf Celebes im Gebirge. Die Kleineste und Beste fallen auf dem Dostersen Theil von Java / ohngefehr um die Stadt Balimbangam auf Madura / Byma und auch wenige auf Boli selbsten. Den Gebrauch anlangend / so haben die Ambonische Ganiters fast keinen Nutzen / dieweilen sie zu groß sind / und im Bohren von einander fallen. Die gantze Früchte werden / wie schon gesagt worden / wann sie noch an den Bäumen hangen / von den grossen Vögeln gefressen: die Abgefallene aber werden von den Kühen eingeschluckt / in deren Koht man die schön gemachte findet. Die Kleine hergegen sind ein gute und theure Kauffmannschafft / um in All-Indien an die Benjanen und Braminen zu verkauffen / welche nach ihrer Insuln Gewohnheit diese Körner an Schnüre gefesselt / an dem [97] Leib tragen / nemlich auf dem einen Schulter und unter dem andern Arm durchgehend übergezogen. Man kaufft auf Java von den 3. Sorten durch einander gemenget ein Last vor 60. Rthl. und wann man unter denselben ein oder zwey Hand voll findt / so egal / klein und schön braun seynd / so kan man dasselbige Geld oder mehr widerum davor bekommen. Die reiche Schnüren güldene Corallen darunter / von welchen die Sinesen dieselbige Kimkung dsi, daß ist: Güldene Hertz-Körner nennen. XXXIX Beschreibung Des BENZOIN - Baums Auß Dem Rapport von dem Zustand des Barosen - Districts / so Herr Arent Sylvius, gewesener Haupt-Resident allda / mitgetheilet hat. DEr Bentzoin-Baum wird meistens von seinen Früchten gepflantzt / wiewohlen er sich durch seine abgefallene Früchten selbsten auch vermehret / doch mit diesem Unterscheid / daß das Gummi von dem letzten gantz wilder und sehr strenger Art ist. Die Einwohner der Deirischen Landschafft haben deßwegen im Gebrauch 6. biß 7. solcher Baum gärten zu unterhalten / und wann die älteste ihre Gummi außgegeben haben / werden sie außgerottet und von neuem besetzt / alles mit solchen Ordres, daß unter gedachten Baum-gärten oder Plantagien / die Alte von den Neuesten 6. biß 7. abweichen und differiren / umb jährlich das Gummi einsamblen zu können / und kein Gebrech von den Plantagien und deren Einkommen zu haben / biß die andere reif werden / und in dem Standt seyn ihr Gummi zu schwitzen. Wann nun dieser Baum gepflantzt worden / so schiesset er recht auf und ziemlich hoch an einem eintzelen Stamm / an der Rinde und den Blättern / wie das Bäumgen / so Mssr. mit gebrachthabe / nemlich an der Rinde oder Schal außwendig aschfarbigt / von innen aber grün und auf dem Stamm gelb: doch siebet man daß seine grüne Farb durch das Alter sich in roth oder wohl Purpur-farbe verändere. Die Blätter sind länglicht / von gemeiner Grösse / und wann sie gedörret sind / sehr mürb / inwendig bleich - grün / und außwendig weiß asch-farbicht und rauchicht / wie das Holländische Weiden-Blat anzusehen / ohne Geruch. Gedachter Baum / welcher nach der Bartaasen Bericht / entweder gar nicht oder doch sehr selten durch das lange Wachsen eines Mannes-Dicke bekom̅et / trägt eine Menge Nüßger / mit einem Bolster oder Lauff wie die Welsche Nusse umbgeben / doch nicht so dick noch so groß / sondern platt-rund von Ansehen / rauchicht / weiß oder asch - farbicht und inwendig grün; und wann solche äusserliche Halffe abgethan wird / zeiget sich ein platt-achtig Nüßgen / so die Frucht ist / dessen Schal dünner und mürber ist / als ein Haselnuß / von Ansehen grau-achtig / und wann es noch frisch ist / hat es ein bitterichten / gantz unschmacklichen und bleich-grünen oder weißlichen Kern in sich / so mit einem rothen und runtzlichen Häutgen umbgeben ist. Wann dieser Kern truckener und älter wird / so ist er gantz öhlicht. Nachdem dieser Baum 5. oder 6. Jahr alt worden / machet man mit einem Messer oben an dem Stamm / unter dessen Cron recht auff und niederfahrend / verschiedene Ritz und Oeffnungen / worauß die Natur das so sehr verlangte und wohl-riechende Gummi Bentzoin Thränen machet / nicht anderst / als man bey Zerquetschung anderer Bäum auch in acht nehmen kan. Solches ist anfänglich gantz dünn / leimicht und durchscheinend / gerinnet aber mit der Zeil mehr und mehr / da es dan̅ von der Rind und dem Baum abgesondert wird / und ist dieser Baum / nach der Einwohner Gestendnus / ein sehr reicher Baum / so wohl ein Catti, so 3. lb. Wollanisch machet / geben kan. Sobald aber das Gummi alle davon abgeschabet worden / wird der Baum abgehawen / umb den jungen Pflantzen Platz zumachen / und lässet nichts / als ein weiß / frisches und zu Bau-Werck oder dergleichen gantz untüchtiges Holtz zurück. Indessrn scheinet / daß die Surkamsische und Korlangische Sorte von Bentzoin / welche länger an dem Baum gelassen und 2. biß 3. mahl eingesamlet wird / in Ansehen der durchscheinenden Dünnheit / durch die Lufft und Sonn viel von seinem zierlichen Ansehen verliehret / in dem es schon dicker / viel brauner und unansehnlicher / als das Deirische gemacht wird. Sonsten glaubt man unter dieser Land-Art daß gedachte Bäume ausser ihrem Territorio kein Gummi geben können: Welches wir auch in Ansehen der besondern Art Erde / so in dem District mit vielen weißlichten und wie grober erystalliner Sand anzusehender Materie vermenget ist / nicht ohne Grund zu seyn erachten. Worbey zu ferner Speculation noch dieses in Consideration kommen kann / daß der Bentzoin-Baum in der Negory, Bacos wohl wächset / aber nicht das geringste Hartz oder Gummi von sich gibt. Gleichwie hergegen der Cocos-Baum / so auff Baros ziemlich wohl wächset / seine Früchte in dem Battasischen Gebürg gäntzlich corrigirt.
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XXX. Beschreibung Des CAMPHER - Baumes / Auß Hn. Arent Sylvìi Rapport. DEr Campher-Baum wächset in unterschiedlichen Wäldern / ohne einig menschliche Vorsorg / von sich selbsten / wild / zu einem gantz hohen und schweren Baum / bestehend aus einem eintzeln recht aufstehenden Stamm / welcher gut Zimmer-Holtz gibt: Hat sehr wenige oder fast gar keine schwere / sondern gantz leichte Aeste an seinem hohen Laub - Gesträuch / wormit er nicht nach Proportion des Stammes versehen ist. Die Blätter sind länglicht und oval rund / so ein lang außgestreckt Spitzgen haben / an Färb dunckel grün / und wann sie dürr sind / hart und zähe / samt einigem Campher-Beruch: welches allein von dem Bacosischen Campher-Baum zu verstehen / indem die Blätter an dem Javanischen viel anderst formiret / auch grösser sind / wie aus der 7. Kupfter- Taffel oder TAB. VII. zu ersehen ist. Die Rinde ist nach Proportion des Baums fein und röthlicht anzusehen / welche durch das Alter und Dicke des Baums / auch offt mit dem innern bast / mit gantzen Schalen abfället: woran gedachter Baum auch zum Theil von andern Bäumen unterschieden werden kann; worbey er auch oben hohe aufgehende Wurtzeln hat / so sich die meiste Zeit / ohngefähr eines Mannes hoch über der Erde zu einem festen Stamm versam̅len. Seine Früchte welche man wegen der unerreichlichen Höhe des Baums selten bekommet / gleichen eher einer Blum / als einer Frucht / indem, sie mit verschiedenen länglichten und dicken Blättlein / von unterschiedlichen Farben / und hauptsächlich roth / purpur / gelb und grünlicht / welche die Frucht auf die Art der Holländischen Haselnüß / umhälsen / zierlich versehen sind; wiewohlen die Campher - Frucht nicht wie die Hasenüsse / mit harten Schalen bewaffnet / noch weniger mit dem überzogenen Blätgen / auch nicht mit scharffen / sondern runden Spitzen / welche sich oben an der Frucht als Tulipanen öffnen / versehen ist; und ist diese Frucht / (welche den Blättern gleich einigen Campher - Geschmack hat) nicht allein gut zur Artzney / sondern auch bequem zu essen / gleichwie ich dieselbe vor ungefähr zwey oder drey Jahren / so wol grün als eingemacht / zu essen dienlich / und nicht ungeschmackt befunden hab. Daß wir aber solche Msscr. jetzo in der That selbsten nicht zeigen können / ist so wohl der Unsicherheit der Wälder als dem Verlauff der besten Zeit zuzuschreiben. Wann dieser Baum groß und dick ist / gibt er / wie der Benzoin-Baum / sein Gummi nicht von sich. Inwendig aber um das Hertz gibt es von unten biß oben natürliche Risse / in welchen der eigene Safft des Baums sich zu sammlen scheinet / oder hangen sich da einige subtile Theilgen an / welche mit der Zeit gerinnen und zu Schiefergens werden / so sich an das Holtz setzen und nach und nach / mehr und mehr in der Dicke zu nehmen / nachdem der Baum mächtig ist / viel zugeben und die Oeffnung zu lassen will. Diejenige nun / so ihr Werck von der Campher Vorsorg machen / pflegen solche Bäume / wann sie durch gewisse äusserliche Zeichen davor halten / daß sie reich von diejem köstlichen Rauchwerck seyen / nieder zu hauen / von dem Laub / Rinde und äusserm Holtz biß auf das Hertz / nahe bey die Oeffnungen und Ritze zu entblössen / und das überbliebene / so das Hertz ist / zu zerhacken / und zu zerklopffen / da sich dann der Campher / als in seinen Adern sehr artlich und wunderlich zeiget / welchen sie alsdann mit Instrumentlein wissen von dem Holtz zu heben und abzukratzen: Wordurch sie endlich / nach vorhergehender Säuberung des abgeschabten Camphers / vor alle ihre Arbeit und gehabte Mühe / 1. 1½. 2½. biß 3. Pf. Campher / so ein Catti Baros ist (über welche Quantitat / nach ihrem Vorgeben / sie gar selten kommen) erlangen / worvon sie ordinaire den 20. ten Pfenning bezahlen / und alsdann davon völlige Besitzer sind. Hier ist aber zu mercken / daß weilen durch das Klopffen vorgemeldten Holtzes dieses Rauchwerck viel Lufft gefangen / solches binnen fünff biß sechs Wochen gäntzlich wegfliege / und nichts als das Holtz / mit sehr wenig Geruch zurück lasse / wie solches durch Untersuchung an dergleichen auf Poulo Mouselaer abgehauen und geklopfft Stücker Campher-Holtz war befunden worden. Wie dann auch das Campher-Oehle / so eigentlich der wesentliche Safft des Baums ist / und / wie wir berichtet worden / durch die gemachte Oeffnung und Höhlen aus dem Baum tropffet und aufgefangen wird / auch von so subtilen Partien ist / daß ein Papierchen mit dieser Fettigkeit angefeuchtet und angezündet / eine ungemein geschwind-lauffende Flamme gibt / biß das Oehl gantz verflogen ist / welches aller Orten zu aller Zeit kan probiret werden. Poulo Chinco den 2. Octobr. 1680.
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XXXI. EXTRACT Auß Herrn D. Engelberti Kempferi Gradual Disputation Von dem DSJERENANG oder Drachen-Blut / so auß den Früchten deß Palmi - junci gezogen wird. Bleichwie der Bezoar-Stein auß verschiedenen Thieren erlanget wird; also findet man auch einige Hartz und Gummata, welche aus vielerley Kräuter herrühren / wie an dem Terpentim, Bdellio, Tragant, natürl. Firnus, und hauptsächlich an dem SANGUIS DRACONIS, oder Drachen-Blut zu ersehen ist / dessen man zweyerley Sorten bey denen Apotheckern findet; Eine in dicken Massen / die man so wol auß America als Orient bringet: Die andere aber in blätterichten Folliculis, welche aus Ost-Indien in Europa gebracht wird. Die erfte??? Art Sang. Draconis rühret nach des Clusii Bericht / aus einem Baum Draco genannt / her: welche doch nach der Araber und vieler Persianen beständigen Meynung aus dem Baum des rothen Sandel-Holtzes fliessen soll; zu welcher Meynung ihnen ohne Zweiffel Anlaß gegeben worden / weilen dieses Hartz nicht allein an der Farb / sondern auch an den Kräfften und der Prob mit dem rothen Sandel überein kommet / ja aus einem Land / nemlich aus Cholomandel, Madagascar und AEthiopien gebracht. Hierzu kan man auch noch dieses melden / daß eben das Wort Chuni Sengijoon oder Sangibarensis sanguis, wie das Drachen-Blut von einer Gräntze in Africa von den Persern genennet wird / von den andern Gangetischen Heyden auch dem rothen Sandel-Holtz beygeleget werde / welche sie in der gemeinen Decanischen Sprache: Reker Tsjandam: in der Gelährten Samscretischen Sprache der Braminen Rakta Tsjandronan, das ist: Sanguis Tsjandonum, oder wie man es im Lateinischen außspricht / Sandalum oder Santalum nennen; gleichwie es dann auch bey denselben zu weilen Rakta Tsjandonam Sang-ghi, das ist: Sanguinis Sandalum AEthiopicum heisset, Andere wollen eben diese Art Drachen-Bluts von andern Bäumen herleiten. Von der zweyten Sort des Drachen-Bluts ist mir bewust / daß es von den Malaiern und Javanen auß den Früchten oder Zirbelnüßlein eines gantz stachelichten Baums also zubereiter werde: Sie legen bemeldte Früchte auf ein Röftlein / welches in ein groß irdinnes Gefäß / mit Wasser halb angefüllet und etwas zugedecket wird: Nachmahlen wird das Gefäß aus Kohlen gestellet / da alsdan̅ die rothe Blut-Tinctur / welche in den aufgeschnittenen Früchten sonsten nicht gesehen wird / vermittelst des Dampffs vom heissen Wasser / herauß schwitzet / und sich an die schuppichte Strobilen hanget / welche nachmahlen abgewischet und in Rohr-Blätter gebunden wird. Hier ist zu wissen / daß man in Indien sehr viele Arten Rohres (Rotan und Cambu) finde / worunter die Malajer und Javanen auch vielerley wilde Palmen zihlen / welche in den Hecken und Sträuchen / worinnen sich die Tyger und andere wilde Thiere aufhalten / verborgen stecken / deren 3. mit Dornen versehen seynd / nemlich: Rotan Salag, Gelay und Dsjenerang, welche letztere wegen des Drachen-Bluts berühmt ist / dessen rechte und natürliche Beschreibung (wofern der Wegweiser nur die Wörter nicht confundirt hat) diese folgende ist: ROTAN DSJERENANG ist ein Palmapinus ohngefähr drey Klaffter hoch / welche überall mit schwartz-braun gräßlichen Dornen / so wenigstens eines Zolles lang sind / umgeben ist. Der Stamm daran ist vollkommen / gerad / gleich / schmal / weiß-gelb / 3. Klafftern hoch / eines Menschen-Arms dick und mit Geleichen von mittelmässiger Distanz gezieret / auch mit Stacheln so sich horizontaliter außbreiten / am untersten Theil dicht besetzet. Der äussere und gröfte Theil davon bestehet aus den fistulo???en Stützen der Zweigen / so aus den Geleichen schiessen / deren unterste immer der öbern Anfang machet / daß man das Gelencke fast nicht sehen kan. Thut man der Zweigen Tubos oder Röhren hinweg / so siehet man das inner Marck / so außwendig gläntzet und brauner Coleur, sonsten aber von einer leichten und filiosen substanz ist / welche oben nach dem Gipffel zu fleischicht / weiß und ungeschmack / doch aber zu essen dienlich ist. Die Zweige fallen am Stam̅ weit-läufftig und stehen eine Spann weit verworren durch einander / biß sie oben auß dichter und dicker / wie an allen Palmen / wachsen und eine Comam machen. Ermeldte Zweigen sind einer Klaffter lang / unten glatt / oben aber / wie die andere Palmen-Bäume / mit ihren ordentlichen gesetzten spitzen Blätter gezieret: haben auch eine fibrose und schwam̅ichte Rippe / so rund aber etwas zusammen gedruckt ist / auch an beyden Seiten / wo die Blätter stehen / mit Caniculis versehen: ist unten bleich-gelb / oben grünlicht / und hat nicht so viel Stacheln und Dornen / wie der Stam̅ / welche auch kleiner un̅ auf dem Rücken gedoppelt und wie Hacken gekrüm̅et sind. Die Blätter sind schmal / rohricht un̅ binsicht / schön grün / einer ½. Span̅en lang und eines halben Zolles breit / un̅ gehen in eine lange Spitze auß / sind anbey zart hangend un̅ fornen auch etwas stachelicht. Sie [100] haben 3. Rippen in sich / Mitten eine grosse und auf beyden Seiten kleinere / solang hinaus lauffen / dahero die Blätter zum Fallen geneiget sind / und wann sie verwelcken / zusammen gehen. Die Racemi, so aus den Achseln der Zweigen entspringen / und von der Natur mit den Früchten schön gezieret sind / bestehen aus verschiedenen Thyrsis, deren mittelste der grösseste und mit 4. oder 5. kleineren umgeben ist: welche allein einer doppelten Tunica oder Häutlein / so dünn-braun / Fibros und auch ftachelicht ist / enthalten sind. Die Früchte hangen an denselbigen / ohne einigen Stiel / vermittelst eines schüppichten Knöpffleins / welches niemahlen abfället: Sind länglich rund / grösser als eine Haselnuß / gläntzend / und wie die Thannen-Zäpfflein oben gleichsam mit einem Pantzer versehen / dergestalten daß die Spitze der öbersten Schuppen der unteren interstitia gleichsam zu schliessen. Die Schuppen daran sind klein / und sitzen fest an ihrem Knopff / sind aber doch dünn / braunlich und in einem Triangel außgespitzt / dessen Spitze nur an dem äussern Theil der Früchten zu sehen sind; wann man solche abgenommen hat / so kommet man auf eine fleischichte Haut / welche gantz weiß und ein fleischichten Knopff in sich hält / welcher / so lang er noch unzeitig / bleich-grün / marckicht und safftig ist / einen hültzichten Geschmack hat / welcher so adstringent und anhaltend ist / daß / so bald man ihn nur mit der Zung anrühret / der gantze Mund davon erfüllet wird / so aber doch bald wieder vergehet. Die Figur und Abriß des Zallini oder Trauben-weissen Büschels findet man (wiewohlen nur verstümmelt) bey dem Bontio unter dem Maleyischen Namen Rotan, des Arundinis caule fareto, oder des außgefüllten Rohrs (dan̅ ein hohles Rohr bey demselben Bambu heisset) und wird bey nahe ein gleichmässige bey dem Baulino, unter dem Namen Palma-ping, erwehnt / wiewohlen beyde den Nutzen und Gebrauch derselben nicht gewust haben. Dergleichen schuppichte Früchte aber (welche doch nur von den kleinern Ried / so keine deren hat / herrühren) werden im letzten Theil des Horti Malabarici unter Augen geleget. XXXII. Beschreibung Der von Natur wachsenden Wumien In Persien / MUMINAHI genannt. Auß D. Engelberti Kempferi Observat. Exoticis gezogen / und aus dem Lateinischen in das Teutsche übersetzet. WIe köstlich auch der Perser Schatz- und Rarität-Kammern mit ihren einheimischen Türckisen und Perlen außgezieret prangen / so wird doch denselben in eben diesem Land der so im höhern Grad genannte Belessoon oder Balsam / wegen seiner unschätzbaren Tugend weit vor gezogen / so gar / daß er auch insgemein Kodreti, das ist / GOttes Gab / genennet wird. Es ist aber dieser Balsam ein Succus bituminosus, oder Berglein / welcher aus einem Felsen dringet / und der Egyptischen Mumien also gleich siehet / daß man ihn auch mit fast gleichem Namen beleget und MUMINAHI geheissen hat: welche Benen̅ung sie hergegen der Egyptischen Mumien mißgönnen / und dieselbe Ensani nennen / welches Wort im Arabischen ein von dem Menschen herrühren des Ding bedeutet / und zugleich aus Wachs oder die gemeine Mumien zielet. Daß man aber derselben Beschreibung biß daher nirgends gefunden oder gesehen hat / kom̅et daher / weilen diese natürliche Mumie nur in dem Königlichen Pallast / als ein grosser Schatz aufgehoben / und allein den Grossen vom Hofe / wann sie etwa auf einer solennen Jacht mit dem Pferd gestürtzet sind / als ein Königl. Geschenck mit getheilet wird / da alsdann das überbliebene nach dessen Gebrauch zuweilen / doch gar selten / den Medicis zu Theil wird. Es sihet diese so kostbare Mumie dem garstigen Schuster - Bech nach ihrer Farb und Consistenz nicht viel ungleich: lässet sich bey der Wärme wol tractiren / auch nur in Oehl / und nicht im Wasser erweichen / wird aber doch mit der Zeit so hart und zerbrechlich / wie die Aloe, und wann man sie von einander bricht / ist sie gläntzend / auch ohne Geruch / es seye dann daß man sie anstecke / da alsdann ihr Geruch / wie des gemeinen Schweffels / mit etwas Naphtha temperiret scheinet / und eben nicht unannemlich ist: daß also deren Geruch mit der dürren Naphtha Asphalto oder der gemeinen Egyptischen Mumien oder auch der schwartzen Ambra sehr übereinkommet / welche bitumina nach ihrem starcken oder lieblichen Geruch unterschieden sind. Der Ort / wo man sie findet ist von den Dörffern / Brunnen und andern Zugängen / abgesondert und lieget in einer Einöde / der Provintz Daraab, ohnfern der Stadt Dara, so vor diesem die Residenz des Königs Darii, welcher sie gebauet hat / gewesen: allwo sie von den Wänden einer engen Höhle / so gleich einem Brunnen 2. Klafftern tieff in den Felsen gehet / alle Jahr abgeschabet wird / und zwar nur in dem hohen Som̅er und in den Hundstagen / da die Mumia, etwas weich wird und sich von dem rauben Felsen ablösen lässet. Damit aber bey der Einsammlung dieses Königlichen Balsams / nach Art der Person / nichts [101] an äusserlichem Schein oder auch mehrerem Zeugnüs ichtwas ermangele / so werden jährlich diese Ceremonien darbey in acht genommen: Es begibt sich der höchste Beampte über die Provintzen Laar und Daraab / mit den übrigen Königlichen Bedienten beyder Landschafften / zu der bestimmten Zeit an obbemeldten Orth / besehen und eröffnen die Pittschafften / wormit das vorige Jahr die Krufft ware zugesiegelt worden: Nachmahlen müssen 20. starcke Persohnen den sehr grossen Stein / so vor den Eingang geweltzet worden / hinweg schaffen / worvon alsdann einer / das Hartz abzuschaben / eingelassen wird / welcher zu diesem End einen eisernen Löffel / so mit einem Schnabel oder Sucher versehen ist / bey sich hat / und damit er in dieser dunckeln Einöde gantz keine Gelegenheit etwas zu rauben oder einzuschlucken habe / ausser der Scham gantz nackend ist / auch den Mund voll Wassers nehmen muß. Sobald nun dieser Einsammler hinein kommet / kratzet er alles / was sich das Jahr über allda angesetzet hat / herunter / welches ohngefehr ein Stund wäret / unter welcher Zeit die übrigen in ihrem Zelt schmausiren und sich lustig machen. Wann er alsdann auß dem Brunnen hervor gekommen / überlieffert er die Mumiam / und speyet zugleich das in Mund genommene Wasser in eine silberne Schale / daß die Beamte erken̅en mögen / ob er irgend an statt des Wassers Urin in den Mund genom̅en habe: ja sie begreiffë auch seine heimlich Glieder / worauf er alsdan̅ nach Befinden auß dem Zelt geführet un̅ absolviret wird. Die Mumia aber wird sobalden beym Feuer zerlassen / damit sich der Sand und Steinlein zu Boden setzen: worauf der klare Theil in eine darzu gemachte silberne Büchs gegossen wird / welche gemeiniglich 25. Mescalod??? etwas mehr als vier Untzen wiegen thut. Diese versiegelte Büchse wird endlich von 5. der vornehmsten Beampten / so dieser Versammlung beygewohnt haben / in die Königliche Residentz Sephahanum unverzüglich gebracht / das Unreine aber / so übrig geblieben / dörffen die Commissarii wohl unter sich theilen; worauf der Eingang wieder geschlossen / versiegelt / und also der gantze Actus geendiget wird. Diese Mumia hat alle diejenige Tugenden und Kräffte / so der Alten Vorfahren Mumian beygeleget worden / es sey gleich die Arabische oder Egyptische: absonderlich aber soll sie die zerbrochene Beine so kräfftig zusammen heilen / daß auch die gröste Beinbrüche innerhalb wenig Tagen / und zwar an kleinen Kindern in 3. Tag / an jungen Hünern aber in einem eintzigen Tag / wann sie nur wohl gefüget worden / zusammen heilen / und wieder zum vorigen Gebrauch befestigen können; dahero ihr vornehmster Gebrauch äusserlich in Beinbrüchen und Verrenckungen / nach der Einrichtung der Glieder / an statt eines Pflasters aufzureitzen / und damit zu verbinden: innerlich aber an statt eines vortrefflichen Wund - Balsams dienet / und gegen innerliche Apostemen / Geschwäre / geronnen Geblüt / Brüche und andere Zufälle / welche nach schwerem und hohem Fallen den Gliedern allerhand Ungemach zufügen / genossen werden kan. Zu welchem End beyderseits ein wenig von der Mumien in etwas Butter zerlassen / davon ein Theil auf einTüchlein gestrichen / und auf den wieder eingerichteten Fractur geleget / das übrige aber / ohngefehr zu 5. Gran dem Patienten innerlich eingegeben wird / doch also / daß es die Zähne nicht berühre / welchen sie schaden und wacklen machen solle; welches sie vor eine Anzeig halten / daß diese edele Mumie nit verfälschet worden seye. In jungen Hünern brauchet man zu beydem Gebrauch nur 2. biß 3. Gran. Ich Hab öffters die Prob davon an jungen Hünern genommen / und zwar mit der schlechteren Sort oder Mumiâ secundariâ, welche an statt der raren undkostbaren genommen / doch allemahl ohne sonderliche und grössere Würckung / als sonsten ein solcher wohl eingerichteter und verbundener Beinbruch ohne dergl. Mumien zusam̅en heilet / biß endlich / da ich dem Gouverneur von Laar die bißher so hochangerühmte Tugend vernichtete / solche Krafft / in Beyseyn vieler Leute / mit der rechten Königlichen Mumien / deren er ein Stücklein hatte / auf diese Art und Weise öffentlich an Tag legete / um also seines bekannten und vertrauten Mißtrauen zuhintertreiben suchte: Er nahme von der kostbaren Darabischen Mumien etwas einer Linsen oder Küchen-Erbsen groß / das ist 2. Gran oder weniger / und dreymahl soviel von der schlechtern Sorte / um die vorige damit zu incorporiren / gabe mir alles in einem halben Löffelvoll Butter / über den Kohlen zu zerlassen. Hierauf hab ich einem halbjährigen jungen Huhn das Bein gäntzlich entzwey gebrochen / daß die Splitter durch die Haut gedrungen: hab es wieder eingerichtet / und ein Läplein mit unserm Balsam warm um die Fractur gebunden / un̅ mit Compresten verwahret: was aber von dem Balsam übrig geblieben / hat man dem Hühngen eingeschüttet / und dasselbige in einem engen und dunckelem Orth gehalten / und solches alles auf Geheiß desjenigen / so die Mumie darzu hergabe. Des andern Tages / als die vorige Zuschauer wieder zusam̅men geruffen worden / wurde das Gebände gelöset / und dem loßgelassenen Hühnlein vorgestreuet / welches nicht allein hurtig und munder / doch aber (wegen des Druckens der Compresten) ein wenig hinckend fortgelauffen / sondern auch / als ob es keine Schmertzen füylete / die übrige Hüner angefallen / und von der Speiß abgebissen hat. Weilen ich aber nicht glauben konnte / daß in solcher Zeit sich an einem Bein / so fast ohne Blut / so viel Nahrung und Materie / als zu Zeugung eines Callierfordert wird / sammlen könne / so habe das Bein selbsten / nach eröffneter Wunde angeschauet / und gefunden / daß die haut um die Wunde viel dicker und angezogener gewesen / als sonsten gewöhnlich ist / und nachdem ich dieselbige mit einem Sscalpello separiret??? / ware das Periostium sehr dick / und umgabe den Orth des Beinbruchs wie eine Binde / wodurch die Splitter zusam̅en gehalten und fest gestellet wurden: an statt aber daß [102] sich ein Callus finden solte / wie sie vermeineten / waren die Splitter am äussersten End nur roth und blutig / und zeigeten den Anfang ihrer Cohaesion. Nachdem ich mich nun auf diese Prob verlassen / und an den menschlichen Subjectis die schlechtere Sort ober Mumiam secundariam auf gleiche Weise auf die Prob setzete / habe ich gefunden / daß dieselbige viel eher einen Callum zuwegen brachte / als die Ostrocolla oder dergl. Artzneyen. Die Mumia secundaria aber / welche wir die schlechtere Sorte nennen / ist diejenige / welche um dieselbige Gegend zwischen den Städten Laar und Darab auß den einödigen Felsen hier und dar in gar geringer Quantität hervor dringet / und weilen sie von der Natur so kräfftig / und durchdringend nicht außgearbeitet oder gezeuget worden / so ist sie bey weitem nicht so köstlich und kräfftig / wie die rechte / und ist derowegen jederman zu nehmen erlaubet / wer sie nur auß der gefährlichen Höhe und Praecipitio haben kan. Diejenige / welche die gemeine Leut / so sie sammlen / Schebbenand nennen / kan man am meisten haben / der recht veritablen zu substituiren / riechet etwas stärcker nach Schweffel und der Naphtha, als die Kostbare / und wurde mir um gleiches Gewicht von Silber angebotten. Sie hänget inwendig an einem sehr hohen Praecipitio, dahin sich einige durch eine verwegene Kühnheit von der oberen Spitze mit Stricken herunter lassen / um solche abzuschaben. Noch eine andere Art / welche von einem schlechten und unbekannten Ort Tsienpeli genennt wird / galte dreymahl soviel / welche nicht so widerlich roche / wie die vorige / und den Geruch der schwartzen Amber unter dem Asphaltis von sich gabe / und der wahren Egyptischen Mumien gleich kame / oder wohl gar übertraffe / un̅ war auch viel mürber / als dieselbige. Sonsten findet man noch einen andern dieser Mumiae Nativae sehr gleichenden Safft in der Halb-Insul des Caspischen Meers / welches die Naphthiam zeuget / und zwar auf einem Berg / daran der Saltz-Fluß flösset / welcher wie ein Kegel außgespitzet / bloß und einsam lieget / und auß einer dunckel-rothen Erde und scherdichten Gemeng bestehet / auß dergleichen Materie der Caucasus und andere Stein in Meden bestehen. Er quillet gantz flüssig / und nachdem er allgemach von der Höhe herab fliesset / gerinnet er hernach / und wird von den unverständigen Bauren allein zum Bad-Feuer gebrauchet. Die schwartze Naphtha aber / welche ohngefehr eine Meile davon auß den Brunnen gezogen wird / erhartet in ein dergl. Hartz / wann sie durch Fahrlässigkeit öffters auf die Erde fället / und wird von der Mumia secundaria leichtlich durch ihren widrigen schweffelichten / und nach der schwartzen Naphtha stinckenden Geruch unterschieden / welchen die noch frische / auch nicht brennend / von sich gibt / die Alte aber etwas verlieret. Ein gleiche Art hat das harte und geronnene Judomen oder Bitumen congelatum aridum, dessen Strabo Lib. 16. de sit O. gedencket / und dessen Brunnen nechst dem weichen Bitumine oder der Naphtha auß dem Erasosthene anführet. Alle diese vorgemeldte natürliche Mumien nun haben mit der harten Naphtha, Asphalto, schwartzen Amber und der alten Mumien / sowohl an ihrem Wesen / Farb und Consistenz, als auch dem Geruch und Kräfften eine solche Verwandschafft / daß ich mich nicht entblöden solte / dieselbe alle mit einander vor ein Geschlecht Berg-Hartzes zu halten / deren besserer oder widriger Geruch entweder von dem Unterscheid des Landes / oder besserer Kochung von dem Unter-irrdischen Feuer herrühret / nachdem sie entweder durch eine andere Filtration oder Calcination rin̅en purer Schweffel und ander Zusammensetzung ihrer Theilgens erlanget haben. Was die Mumiam Veterum oder der alten Vorfahren Mumien / deren etlichmahl gedacht hab / anlangen thut / so verstehe ich dadurch nicht die ungewisse und garstige Mixtur, so man unter diesem Nahmen in den Apothecken findet / oder die von dem gemeinen Mann also genannte truckene Menschen-Cörper: sondern der Alten Balsam / wormit sie der vornehmsten Leut Cörper bey den Arabier und Egyptier anfülleten. Hiervon aber findet man zweyerley Sorten: eine so gar kostbahr und sehr rar ist / welche auß der Fürsten Gräber und Leichnam genommen wird / und nur in vornehmer Herren Schatz-Kammern in Asien an kleinen Stücklein anzutreffen ist / welche nach ihrem Wesen / Preyß und gemeinen Nahmen allein vor die rechte Darabischen Mumie / oder Mumia Darabensis zu halten ist / und dem Geruch nach / (wormit sie mit der Tsiampeli überein kommet) zeiget / daß Bentzim Styrax und der Opobalsamum darunter gemischet seye; daher es auch kommen mag / daß sie im Reiben röthlich sihet / es seye dann solches ihrem Alter zuzuschreiben. Die andere Sort / welche man in Europa vor die wahre Mumien außgibt / und von gemeiner Leut Cörper / welche mit schlechten Hartzen balsamiret werden / herrühret / ist nach meinem Bedüncken / das blosse Asphaltum, dessen Geruch sie von sich gibt. Endlich habe in einer Höhle auf der Spitze eines gewissen Berges in der Laarischen Provintz / und zwar an dem Ort / wo verschiedene Bäume / als der Terebinthus, wilde Pistachen sc. anzutreffen / noch einen Safft von gantz anderer Natur und Eigenschafften gefunden / dessen noch hier gedencken muß. Der Berg ist gantz öde / und nur von wilden Thieren / als Bären / Tigern / Stachel-Schweinen / und denjenigen Capricervis, welche den Bezoar bey sich haben / bewohnet. Der Safft ist schwartz / und fliesset auß einem harten Felß / an dessen Wände er sich etwas dicklichter als Hollundermuß anhänget: ist schleimicht / und zergehet in Wasser / ohne Geruch und fast ohne Geschmack. Die Leute / so unten am Bergwohnen / brauchen ihn gegen das Bauch-Grimmen in forma boli wirfft man ein wenig auf Kohlen / stincket er wie brennend Horn: gibt per retortam ein Phleg. Spir. dickes Oehl / und aus dem Cap. Mort. kan man ein Sal fixum bringen / sc. sc.
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XXXIII. Nachricht Von dem Preyß der Jubelen und Specereyen in Oost-Indien / Auß Herrn Herberti de Jagers Mssr. Preyß und Ordre / wornach man sich im Verkauff der rohen Diamanten allhier in India reguliren kan. Die Diamanten müssen sauber und weiß seyn. So sie aber braun oder Stroh-gelb wären / auch zugleich rauhe Sand-Körner darinnen / so sind sie nur halb soviel wehrt. Man muß auch Achtung darauf haben / ob dieselbige nicht unartig von Façon seyn / viele unbequeme Hacken und Ecken haben / und also im Schleiffen viel darvon abgehen müssen / woran alsdann grosser Verlust zugewarten wäre. XXXIV. Von den Rubinen. XXXV. Von den Perlen. DIe Principalste Erkanntnuß der Perlen bestehet in ihrer netten Ründe / beneben ihrer weisen Farb und Glantz. Der Preyß in Indien ist / wie folget: XXXVI. Von dem Orientalischen Bezoar. DEr Oost-Indische Bezoar übertrifft den West-Indischen weit: kommet auß Golkonda / Lohan und von Bornov / und wachsen in dem Magen eines Bocks. Die vornehmste Würde bestehet in der schönen Farb und schwerem Gewicht. Derjenige / welcher Castanien braun ist / passiret zwar / aber die Oliv-farbichte sind die besten / und werden in das Vatterland gegenwärtig / wie folgend verkaufft. Welche aber kleiner von Gewicht sind / als von 4. 5. 6. 7. 8. und 10. Stück in die Untze / gelten. 22. biß 24. fl. die Untze. Die rechte Prob von einem Bezoar-Stein ist diese: nehmet ein schön Blatt Papier / worauf ein Stück Kreide zu rieben ist: streichet alsdann den Bezoarstein darauf: theilet er seine Farb gleich reichlich mit / so wird er vor auffrichtig gehalten. Oder werff ihn / so du ihn zuvor gewogen hast / in ein klares Wasser / laß ihn 24. Stund darinnen liegen: truckne ihn wieder / und wann er nicht schwerer worden ist / wird er vor auffrichtig gehalten. XXXVII. Von dem Bisam oder Moscho. DIe Prob von dem Bisam ist / daß man wohl zu sehe / daß die Bändlein oder Bläßlein nicht auf [104] geschnitten / und wieder zugemacht seyn; weilen sie alsdann gemeiniglich mit Sand / Bocks-Blut und dergleichen verfälschet sind. Derowegen man das Säcklein mit einer Messer-Spitz etwas öffnen / und davon etwas herauß nehmen muß / in dem Mund zu probiren / ob Sand / Blut oder etwas anderst darunter sey und geschmecket werde. Man kan auch etwas auf die Hand streichen / und zu sehen / ob es gelbachtig oder röthlich gelb / und ob es auf der Hand starck rieche? weßwegen es 2. oder 3. Stund auf der Hand zu lassen ist / und wann es seinen Geruch behält / so ist es gut und auffrichtig. Wann es aber allzutrucken ist / passiret es nicht vor gut / vielweniger / wann es gantz zu fett ist. Sonsten muß der Bisam in kupffernen oder metallenen Gefässen bewahret werden / und wird ins Vatterland zu 15. 18. 20. un 24. fl. die Untze verkaufft. XXXVIII. Von dem Zibeth. STreicht ein wenig Zibeth auf dünnes Papier / und haltet es über ein Kohl-Feuer: trucknet es wohl auff / daß kein Flecken auff dem Papier bleibt / so ist es gut und gerecht: bleibt aber etwas zurück / ist es vor verfälscht zu halten. Gilt gegenwärtige Zeit à fl. 20. 25. und 27. die Untze. XXXIX Von dem Amber Gryß. DIe rechte Prob der ambrae gryseae ist / daß man ein Stücklein in ein Glaß mit Wasser wirfft. Wann es nun gut ist / wird es schwimmen: ist es aber falsch / so fället es zu Grund. Gilt im Vatterland: Die andere Prob ist / daß man die Amber mit ungelöschtem Kalck in der Hand oder zwischen den Fingern reibe / wann er nun Gold-gelb wie Saffran wird / so ist er gut. XL. Von dem Rhinoceros-Horn. DIe Güte des Rhinoceros-Horns bestehet in der Grösse / Glattigkeit und Sauberkeit / worvon man auch Trinck-Köpgen / welche sehr artig sind / bey den Chiansen machet / so in Holland verlanget / und gutes Preyses verkauffet werden. XLI. Von dem Schlangen-Holtz / oder Ligno colubrino. DAs Schlangen-Holtz wird auff der Insul Ceilon gefunden / wie auch auff Timor und andern Quartiren in Indien: ist von Coleur weißlicht / nach gelb zielend / auch sehr hart / und am Geschmack bitter / wird auch viel in Indien gebraucht / basonderlich auff der Insul Ceilon und Timor / indem es zu viel Curen dienlich ist. Die Einwohner reiben es klein / und streichen den Leib damit an / um alle Räudigkeit und Krätze damit zu vertreiben. Zwey Scrupel biß ein Quint in Wein eingenommen / ist sehr gut vor alle hitzige Fieber / Gifft / die Colic und viel andere Kranckheiten / absonderlich gegen einige Schlangen-Biß oder andere schädliche Thiere / wovon es den Nahmen hat. Die Cingalesen bezeugen / und wird in ihren Büchern vor warhafftig befunden / daß sie die erste Wissenschafft von dem Schlangen-Holtz durch ein Thierlein / so Quel oder Cinpele von den Portugiesen genennet wird / erlanget haben / welches in der Grösse und Gestalt einer Feld-Wiesel oder Vivenae, da man in Europa die Canincker auß den Höhlen jaget / gleich kommet: Dergleichen in Indien durchgehends in den Häusern / theils zum Zeit-Vertreib / theils Ratten und Mäuse damit zu fangen oder zu verjagen / gehalten werden. Dieses Thierlein ist allezeit den Schlangen sehr feind / gegen welche es beym ersten Anblick streitet / und wann es verwundet wird / curiret es sich mit dem Schlangen-Holtz / welches von ihm gegessen wird: welches die Einwohner in Ceilon gesehen und in acht genommen / daß es wohl eine halbe Stund weit nach dem Wald das Holtz auffzusuchen lauffe / und nachmahl wider auff den vorigen Platz komme; weßwegen die Cingalesen dasselbige in grossem Wehrt halten / weilen sie solches so gut in der Artzney befunden haben.
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LI. RAPORT, Von dem gegenwärtigen Zustand und Befindung der Maduresischen PERLEN-BAENCKEN, an den Edlen Herrn THOMAS VAN RHEEDE, Commendant, und an den Edlen JOANN VAN VLIET, Secunde diefer Cüst / durch den Assistent ISAAC BAARDT gethan und auffgestellt. Mein Herr! AUff was Art und Weiß sich die Besuchung der Maduresischen Perlen-Bäncke zugetragen habe / und wie dieselbe befunden worden / ist E. E. in meinem täglich darüber gehaltenen Hand-Buch weitläufftig auffgezeichnet worden / und soll jetzo nochmahlen in aller möglichster Kurtze also Unterdienstlich vorgetragen werden / daß wir den Method, so im visitiren in Acht genommen worden / vorbeygehende / nur allein erzehlen / wie die Versolgers sich verhalten: damit wir dann von der Nord-Seiten dieser Cüst den Anfang machen / so sind die Reviren:
Chioerimoerigipane
Taliare Pare
Kilistjar Pare
Palia Male
Baybare Kepare
Partan Mancay
Ferranda Lemos
Tive Calle Coelistre pare, zu gegenwärtiger Zeit alle ohne Früchten und sonderbarem Valor, und geben die darüber gesetzte Häupter / wegen der dreyen ersten vor / daß die harte Ströhme / welche einige rauhe Unreinigkeiten und andere Fäuligkeilen / zwischen diese Insulen auß den Canälen treiben / die Bäncke verderben thäten / und die Früchte hierdurch vergehen müsten. Wegen der andern aber ist der sehr schädliche Souranus die vornembste Ursach / welches mir in dem Auffdecken der Specien sehr wahrscheinlich vorgekommen ist. Nach diesen Baucken folget das Revier Tourairumpare, welches allein considerabel und mit über flüßigen Früchten versehen ist / in welchem zum wenigste̅auch gantz keine verderbliche Zufälle / sondern sehr gesunde Austern gefunden / und an 270. so allda an das Land gebracht waren / gesehen hab / welche / ohnerachtet sie noch bey die zwey Jahre zu jung sind / doch 13. kleine Perlen außgelieffert haben / und ware zu einer Zeit des Einsamblens mehr Glück zu spühren / so gar / daß nach Bericht und Versicherung der Häupter solche mit 1 1/2. Vallyt-Deucher zu bewahren ist. An diesem Strich / doch nicht so tieff in der See / liegen die Bäncke
Coeristjan pare
Areway pare
Nagare pare
Oety pare
Claty pare
Attaway onpaddoe
Bara gombe
Coetniapare welche durchaus von dem obbenahmten Sourang vergifftet / und folgends mit weich- und stinckender Räudigkeit bedecket sind. Nach diesen folgen ein wenig zur Seiten die Bäncke
Nellargoe oupaddoe
Paackadensié pare
Pistje pare
Chayetoe Onpaddoe
Poely
Cannaponde utte. Auff der ersten liegen wenige junge Austern von den andern zerstreuet / und die andere sind gantz leer / doch alle ohne schädliche Zufälle / [106] daß also die Erfahrne gute Hoffnung hatten / daß endlich Früchte darinnen wachsen solten / dafern GOtt der Allmächtige seinen gnädigen Seegen darzu verleihen werde! Vorn zu / ein wenig auff der Seiten Pocnerail liegen die Reviren
Nilancalle Pattare
Pandare tope wallenare pare
Regia Chippi pare
Coilpoeritsje Pattare. Diese 4. Stück sind von dem schädlichen Sovrang mehrentheils eingenommen; und ob wir zwar auff den zwey ersten einige junge Früchte gesunden / so urtheilten doch dieser Sachen Kundige / daß dieselbige ohnfehlbar durch den Sovrang sterben würden;
Auff den Bäncken /
Couramouty
Couraway pare, waren noch einige vier-jährige Austern / worvon seiter anno passato der meiste Theil getödtet / und nur wenige übrig gelassen worden. Es waren zwar etliche tausend junge Austern wieder angewachsen / allein sie waren also mit Cancay (einer Art kleinen Muschelger) umbgeben und bestricket / daß die Häupter gantz keine Sicherheit auff deren Wachßthumb machten / sondern hergegen fest stelleten / daß dieselbe mit samt denen Cankay (so nicht lang leben können) vergehen müsten. Cariampare lag meist unter dem Sovrang verdorben
Carwel
Claty chaye Poar
Chinne Carwel, waren einiger massen mit jungen Früchten / so doch von dem Cancay vergesellschafftet sind / versehen / wiewohlen diejenige / so auff der letzten Revier lagen / doch viel säuberer als die vorige anzusehen sind; weßwegen die Hauptleut gute Hoffnung schöpfften / daß sie ihren Wachsthumb erreichen solten. Poertotte Male ist an wenigen Oetten mit ledigen Schalen versehen / aber die gantze Banck zugleich mit weichem Zeug bedecket / welches die Ledigkeit oder Todt der Muscheln verursachet hat. Diese war nach unser Meynung die letzte Banck / allein ein wirandepatnamsischer Mandarin zeigte uns noch eine / gantz vor Manapaeu, deren Einkimfften und Renthen ich in meinem gehaltenen Tag-Register auffgezeichnet hab / und wird dieselbe Sarsie onpaddoe genennet. Hierauff befande sich auch eine ziemliche Quantität neuer Muscheln / und zwar gantz sauber und gesund. Die Täucher halten fest dafür / daß sie sich in kurtzer Zeit über die gantze Banck außbreiten werden. Hierauß nun geliebe E. E. die jetzige Beschaffenheit dieser Cüsten und Perlen-Bäncken kürtzlich zu ersehen / und zu glauben / daß ich in dieser gantzen Verrichtung keinen Fleiß noch Devoir gesparet / sondern einen jeden stetig zu seiner Pflicht angemahnet / und mit allen applicablen Beredungen angefrischet habe / immer darnach trachtend / daß zwischen den Haupt-Leuthen der Parruas und den Cail patnamsischen Mohren eine stetige jalousie, umb den andern etwas Erwünschtes anzuweisen / unterhalten würde; und muß ich auch mit ihnen bezeugen / daß die Gründe von Moesieltiven, biß vor Marapaen, so gnau durchsuchet und durchkrochen worden / als jemahlen geschehen / und den Täuchern nur möglich gewesen ist. Es scheinet aber fatal zu seyn / und daß es GOtt dem Allmächtigen biß daher noch nicht gefallen habe / diese Bäncke mit gnugsamen Früchten / zu einer gewünschten Fischerey zu erfüllen; weßwegen nichts anderst zu thun ist / als daß wir uns seinem Heil. Willen lediglich unterwerffen / und ins künfftig bessere Zeiten und mehr Glück von seiner Güte hoffen; in dessen Providentz E. E. nebst unterthänigem Gruß empfehlend / verbleibe Mein Herr E. E. Geschrieben in Margire Tutucoryn, den 30. Decemb. 1981. ISAAC BAARDT.
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LII. Bericht Von den Ambonischen See-Bäumgen. Eingang. MIt eigentlicherem und besserem Grund mögen wir wohl dasjenige von unserem Moluccischen Archipelago sagen / was Plinius ehemahlen Lib. 13. Hist. Nat. cap. 25. von dem rothen Meer und dem gantzen Ost-Indischen Oceano vorgegeben hat / daß nemlich dessen Grund mit gantzen Wälden und Bäumen angefüllet sey; indem die See umb diese Oostersche Insulen so viele See-Gewächs hervor bringet / daß sie noch nicht alle bekandt seyn / auch nicht höher / als vor einige raritäten gehalten werden. Hierunter gehören vornehmlich alle Sorten von CORALLEN und Bastard-Corallen / welche in zwey Haupt-Geschlechter können getheilet werden. Das erste Haupt-Geschlecht begreifft diejenige / welche man eigentlich Seebäumger / auf Griechisch / Latein LITHODENDRA nennet / und im Maleyischen Acarbahar und Kalbahar, mit einem halb Arabischen heissen / welches ein Holtz oder Wurtzel auß der See bedeutet. Diese haben eigentlich die Gestalt einer Pflantze / und ein vermischtes Wesen von Holtz und Stein / einige mehr von diesem / einige mehr von jenem. Alle aber kommen auß der See / einige näher / einige weiter von dem Ufer / und sind schier alle äusserlich mit einer erdigten und brüchigen mürben Krust oder Schale / so ausser dem Wasser im Regen oder Wind sich leicht zermalmet / umbgeben. Die Bäumger selbst sind unter dem Wasser etwas weicher / und je länger sie ausser dem Wasser sind / je steiniger werden sie. Indessen sind sie / auch im Wasser nicht so weich wie Graß / wie einige abusivè von den Corallen geglaubt haben. Das zweyte Haupt-Geschlecht ist dasjenige / welches man insgemein CORALL-Steine / im Maleyischen Carang nennet / und halten mehr von der steinigen Substantz in sich / ja sind fast eitel Stein / einige von der Gestalt eines Gewächses oder Krautes / Blumen sc. einige von Gestalt der Schwämme oder anderer Dingen: sind erstlich sehr brüchig und mürb / wie Muscheln / wann sie aber auf dem Ufer blos liegen / werden sie endlich steinhart.

Das I. Capitel.
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Von den See-Bäumgen ins besonder. DAs erste Haupt-Geschlecht der See-Bäumgen wird wiederumb in vier Geschlechte getheilet / nemlich 1. Das Schwartze / 2. Das Weisse / 3. Das Graue / 4. Das Rothe.

Das II. Capitel.
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Von dem schwarzen Geschlecht hat man folgende Sorten: 1. ACARBAHAR POHOR oder das rechte Schwartze Calbahar ist das rechte schwartze Corallium, so bey dem Plinio und andern ANTIPATES genennet wird / und in Europa wenig bekandt ist. Dieses bestehet auß Bäumgen / so 1. bis 2. Schuh hoch sind / und viele Zacken haben / wie TAB. VIII. Fig. 1. Lit. a zu sehen ist. Diese Zacken sind eines vermischten Wesens / auß Holtz und Stein bestehend / zähe / und sind auch die dünneste Aestlein daran nicht leicht zu zerbrechen / sondern lassen sich beugen. Die dickere aber sind so hart / als ein Horn / und lassen sich nicht / dann vermittelst einer gewissen Kunst beugen: durchgehend Bech-schwartz / von aussen lang und schree gestreifft / nach Art der Corallen: inwendig aber scheinet es von verschieden auff einander liegenden Rollen zusammen gesetzet zu seyn / doch aber massiv und hörnicht. Auff Kohlen riechet es etwas starck / gleichsam als ob Horn und Unguis-odoratus durch einander gemischet wären. Unter dem Wasser ist es dick mit einer grauen / mürben und porosen Schale umbgeben / welche leicht abgehet / so man es einige Wochen in einen sandichten und feuchten Grund vergräbt / und hernach mit der Hand abreibet. An den dünnen Aestlein siehet man hier und dar einige Körnlein / einzel und rund / [108] wie Pfeffer-Körner / aussen dunckelgelb / inwendig meistens leer / so seine Früchte zu seyn scheinen. Wann es alt wird / so wird der unterste Stamm und die Wurtzel mit einer dicken Schale bekleidet / welche an einer besondern Substantz / so stein-hart ist / bestehet / grau und von aussen wie Corallen gestreiffet / inwendig aber Massiv, wie Maranor, dunckelgrau und etwas grünlicht / wodurch das schwartze Calbahar durchlauffet / als sein Hertz. Umb die Wurtzel machet dieses graue Wesen einige außlauffende Knollen / durch welche auch gemeiniglich ein Aestgen von dem schwartzen Calbahar lauffet / zum letzten wird diese steinerne Crust so dick als ein Arm / doch von ungleicher dicke und voll Knoden; alsdann ist das gantze Calbahor-Bäumgen bey die fünff Schuh lang / in seinem grösten Alter / und wird von der Bewegung der See leicht außgerupfft / und auff den Rand oder Ufer getrieben. Wann diese Bäumger eine schöne Gestalt haben / werden sie zur rarität aufgehoben. Man findet aber dergleichen sehr wenig / weilen die meisten Schief knollicht und auff eine Seite krum gewachsen sind / weilen sie durch den Strohm also gebogen werden. Wann man sie von dem Grund der See hohlen will / muß man solches geschwind und gleichsam in einem Rupff oder mit wenigem Kappen eines scharffen Messers thun / welches an alten Strauchen nicht wohl thunlich ist / weilen sie gemeiniglich mit der vorbesagten steinernen Crust bekleidet sind. Wann man aber daran zu drehen anfängt oder daran windet / so hält dieses Bäumgen noch eins so hart / gleich als ob es solches fühlte / und sich dem Abbrechen wiedersetzte. Die Einwohner / welche nicht viel auff raritäten geben / suchen diß Calbahar zu einem gantz andern Gebrauch / in Ansehen dessen es bey ihnen in weith grösserer Estime, als bey unsern Leuten ist. Sie nehmen davon den ältesten Stamm mit den dicksten Zweigen / welche sie durch eine gewisse Kunst zu beugen wissen / umb ihre Arm-Ringe davon zu machen / welche an der innern Seite platt sind / an der äussern aber rund / zuweilen mit natürlichen Streiffen / zuweilen glatt und polirt / als Eben-Holtz. Das Beugen geschiehet / wann man die gehabte Stücker mit Calappus-Oehl bestreichet / und über ein Kohl-Feuer hält / wodurch sie weich und zähe werden / daß man sie beugen / auch winden und formiren kan wie man will; und machen sie also bemeldte Arm-Bänder / auff Maleyisch Glang genennet / welche allerley Einwohner / so wohl Männer als Weiber an den Armen tragen / und denselben grosse Kräffte zuschreiben / umb allerley Zauberey und andere Ubel / so von bösen Leuten herrühren / abzulehnen und dadurch zu verrichten. Die andern krumme und knodichte Stücker / so zu diesem Werck nicht dienlich sind / werden zur Medicine verwahret / indem sie auch grossen Nutzen haben / so sich auff grössere Ursachen und Erfahrung gründen. Wann sie nemlich mit Wasser gerieben / und entweder allein oder mit weissem Calbahar vermischet eingegeben werden / wiederstehen und tödten sie allerhand Gifft / absonderlich / allerhand schädliche Sachen / so auß der See kom̅en / als Krabben / Muscheln sc. item: gifftige Schwämme und dergleichen böse Speise / so die Menschen würgen wollen / wann man nur zur Stund Zucker-Wasser / Syrup und dergleichen den Leuten eingiesset / daß die Keele so lang offen bleibe / biß man das Medicament zubereiten und beybring en könne. So wird es auch eingenommen / wann die Kinder die Pocken und Masern haben / und dieselbe einschlagen / und mit einem grossen Brand den Menschen ersticken wollen. Item: es hilfft denjenigen wieder zu recht / die ihren Leib mit Branden-Wein und Arak überladen / und dadurch sich eine̅ grossen Brand und Bestrem̅ung in dem Schlund zuwegen gebracht haben / und nachmahlen schier nicht mehr essen können. Wann man es mit weiß Calbahor vermenget / gibt man es denjenigen ein / welche eine gar zu scharffe purgation eingenommen haben / welche ein solche starck Brechen machet / daß offt das Blut hernacher gehet / dergleichen die Dola Sylvestris, so eine Sorte von dem Elaterio, oder Esel-Kürbsen ist / zuthun pfleget. Die graue steinerne Schale / acarbalan coulit genandt / wird auch zur Medicine auffgehoben / indem sie den Brand stillet / wann sie zu einem dünnen Breyle in gerieben und auffgeleget wird / stillet auch den Schmertzen der grossen Blutschwären und Apostemen: Man muß aber solches nicht oben auff die Schwäre schmieren / daß sie nicht zurück schlagen. Man streichet dieses Breylein auch auff die Stich und Bisse böser Thieren. Einige legen dieser Schale alle Kräfften / so das weisse Calbahar hat / zu. Man muß sie mit einer stumpffen Säge durchsägen / und alsdann Wasser darauf giessen / wie man auch den Marmor säget; doch das mittelste Hertz von dem Calbahar muß fein sacht gesäget werden / so kan man mit grosser Mühe sehr dicke Scheiben von dieser Schale bekommen. Hier kan man das Zeugnis von dem Plinio und andern alten Scribenten wohl auch anführen / welche beweisen / daß man das Antipades vor diesem auch gegen Zauberey getragen habe. So dienet auch das Zeugnis des Jubae, Königs in Mauritanien hieher / welcher auch bezeuget / daß man auß diesem Gewächs (welches er Isidos Plocamos, das ist / der Göttin Isidis Haar-locken nennet / und daß es umb die Oost-Stranden von Africa im rohten Meer / und wo die Troglodyten wohnen / gefunden werde / schreibet) ehemahlen Arm-Ringe vor die Frauen gemacht habe / welche er [109] Spartalia geheissen / Vid. Plinium Lib. 13. cap. 25. Das zweyte ist Acarbalan rottang oder Salianos, Ternatisch Bau-manhu, Niederländisch Seerottang / ist die zweyte Sorte von dem schwartzen Akarbahar, und wird vor das Männlein derselben gehalten / hat keine Aeste / sondern nur einen einzelen sehr langen und schmalen Stiel / in der Dicke eines Kiels oder kleinen Fingers / von dreyerley Gestalt: das erste (welches in der VIII. TAB. Fig. 1. Lit. b. unter Augen geleget worden) und gemeineste ist sehr gebogen / 8. 9. bis 10. Schuh lang / und eines Ohr-Fingers / auffdas höchste eines andern Fingers dick / von aussen dicht und mit rauhen Pünctlein besetzet / welche es etwas stechend machen: Inwendig ist die Substantz hart und schwartz / wie an dem vorhergehenden / doch steinicht und lässet sich nicht beugen / sondern brechen / je älter und dicker es ist / je glatter es wird / und vergehen die scharffe Pünctlein alsdann / welche sich auch abschaben lassen / wodurch es schön glatt und schwartz wird. Das schlimste daran ist / daß die Beuge so ungeschickt und unordentlich daran stehen / und dieselbe so übel zu strecken sind / indem diese Röhre / wann sie mit Oehl bestrichen und über das Feur gehalten werden / sich doch nicht also biegen lassen / wie das vorhergehende Calbahar. Unterdessen hat man doch eine Kunst diese Beuge in etwas zu recht zu bringen / nemlich so man die gantze Stecken in eine grüne Bambuse oder Riedt stecket / mit Wasser füllt / und über dem Feur kochen läst / wodurch die steinachtige Materie etwas weich wird / welche man alsdann also heiß herauß nehmen / mit den Händen strecken / und auf eine lange Stange / daß sie darauf erkalten könne / bindet / auch endlich mit einem rauhen Blat poliren kan. Diese Stein-Röhren lauffen zuweilen oben mit vielen Circellen und Beugen sehr dünn zu / wie das dünneste an einem Draat / welche dünne Circellen man gemeiniglich wegschmeisset / weilen sie eine unnöthige und unartige Länge machen. Sie wachsen gemeiniglich auf dergleichen Oertern in der See / da ein starcker Strohm geht / wor von sie den Nahmen im Maleyischen und Ternatischen bekommen haben. Sie werden in der Medicin nicht sonderlich gebraucht / sondern meist zu raritäten auffgehoben / absonderlich / welche etwas ordentliche und seine Bogen haben / und noch mit einem Stück Wurtzel versehen sind. Die dritte Sorte von dem schwartzen Acarbahar, oder die zweyte von dem vorhergehende̅ einstielige̅ / ist auch ein langes und schwartzes Ried oder Pintze / ohngefehr einer Spuhl oder eines Kieles dick 5. bis 6 Schuh lang / etwas starcker als das vorige mit wenigen und flachen Beugen / auch von aussen so rauh nicht / sondern glatt und eben oder mit schönen Streiffen schief in die Länge gestreifft / hat auch eine dichtere und härtere Substantz. Dieses hält man vor das rechte Acarbahar, genandt Lack Lacky oder das Männlein / und wird beneben dem ersten oder auffrichtigen Calbahar zur Medicin gebraucht; allein es wird selten gefunden. Wann die Maleyers Stücke bekommen / so Fingers dick sind / drehen sie längliche Körner darauß / welche sie durchbohren / und wie Corallen in Schnüren tragen. Die vierdte Sorte von dem schwartzen Acarbahar oder die dritte Species des Einstieligen ist das Acarbahar oulan oder das Schlangen-Förmige / welches das dünneste bleibet / und nicht dicker als ein mittelmäßiger Stroh-Halm oder Feder-Kiel wird / mit vielen Krollen und Circulen auffschiessend / 4. bis 5. Schuh hoch / außwendig rauher dann die andere / doch lässet es sich schäben / wann es trucken worden. Diese Krollen stehen ordentlich über einander und schliessen meistens einen Ring oder Circul, oben in einen dünnen Draat zusammen lauffend. Die alte Bäumger werden so steiff / daß man sie vor eyserne Draaten ansiehet / und muß man nichts daran verändern / mit zihe??? oder beugen strecken / sondern die natürlichen Circulen sollen bleiben wie sie sind. Wann sie aber zu lang und zu schmahl fallen / kan man ein stück Rottang oder Ried daran stecken. Offt findet man dergleichen Fäden durcheinander geflochten / und an einander fest gefüget / mit verschiedenen Enden / welche man alle wegschmeiset und das principaleste Stück behält. Sie wachsen nicht auff Corallen / sondern auff harten Kiesel-Steinen / mit einem breiten Füßgen darauf stehende / als ob sie drauff geleimet wären. Man hat sie auff dergleichen Steinen / so ohngefehr einer Faust groß und auch kleiner gewesen / gefunden / welche die Fischer noch wohl kenneten / daß es eben diejenige Steine gewesen / welche sie in das Wasser geworffen hatten / umb ihre Angeln damit zu sencken; gleichwie man sie auch von diesen Steinen mit einem Schlag wieder absondern kan. Es ist derowegen glaublich / daß sie ihre Nahrung auß den Steinen saugen / und sich darnach arthen / weilen sie auff keinen andern wachsen: wiewohlen auch eine Besaamung von der See anfänglich den Ursprung befördern kan / welche sich darauff pflantzet / wie der Mistel auff den Eychbäumen. Plinius l. c. heisset diß Geschlecht Juncos Marinos & Lapideos. Die fünffte Sorte von dem schwartzen Acarbahar ist ein plattes Sträuchlein / wie eine Foche oder Wedel / und wird deßwegen Akarbahar Kipas die See-Foche genennet. Dieses breitet sich alsobald von der Wurtzel in viele eckichte Zacken auß / darzwischen viele andere kleine / so unzehlbahr / wie ein Netz geflochten [110] sind. Das gantze Gewächs muß meistens gantz flach / wie ein Sonn-foch außgebreitet seyn / wiewohlen es zuweilen auch doppelt fällt oder in Lappen vertheilet / oder mit einem Bogen zusammen gefüget ist / welche doch nicht schön / noch deß Auffhebens werth sind. Von aussen sind sie jezuweilen mit einer graulichten Rinde umbgeben / welche weiß im trucknen wird und wie feuchter Kalck außsiehet / auch so fest daran klebet / daß man sie nicht leicht davon abbringen kan / absonderlich von den feinen Zweigen / welche kraus und etwas stachelicht sind / zuweilen ist die außwendige Schale roth / brüchicht und sandicht / nnd lässet sich alsdann leicht abreiben: doch ist diese Sorte platter / hat rechtere oder gleichere Zweige / welche nicht so kraus- und stachelicht sind. Die rechte Substantz ist röthlicht-schwartz und holtzicht / wiewohlen an der ersten oder stachelichten Sorte zuweilen ein Stamm / so eines Daumens dick / massiv, hart und schwartz / wie das rothe Calbahar zu finden ist / welche steiffe / stachelichte Aestlien hat / dergleichen man doch wenig findet und wie das rechte Calbahar gebrauchet wird; worauß dann erhellet / daß diese See-Fochen vielerley Art haben / doch alle holtzicht oder hornachtig von Wesen seyen / mit einem breiten Fuß auff den Steinen wachsend / welche mürb und gleichsam auß vielen Stücken zusammen gesetzet sind / weßwegen diese See-Fochen auch keine Massiv-Substantz bekommen. Die sechste Sorte von dem schwartzen Akarbahar ist die Abies Marina Theophrasti, der See-Tannenbaum oder See-Cypressen / welche die schönste und artlichste unter allen See-Bäumgen sind / nicht viel höher als 1. oder 1½. Schuh / mit einem einzelen und etwas knodichten Stämgen versehen / so sich oben rund und in viele steiffe Aestlein vertheilet / deren etliche etwas breiter / als an dem Dannenbäumgen sind. Einige haben ein schmales Laub / wie die Cypressen-Bäumgen: Einige sind am Stamm und den Aestlein Pechschwartz / und die feine Zweiglein (welche die Blätter abgeben) steiff und stachelicht / wie an die Genista aculeata oder Ginster-Kraut: Einige haben feinere Blätter / so etwas weicher und röthlicht / aber doch so schön nicht sind / wie die andern. Dieser Bäumger werden sehr wenig gefunden / und zwar die meiste umb die Uliasserische Insulen / wie auch in Banda / und werden wegen ihrer gar schönen Gestalt unter die beste raritäten gezehlet. Die siebende Sorte Ericamarina, See-Heyden / (vid. Fig. 11. Tab. 8.) Maleyisch Acarbahar rutti rulti genandt / bestehet auß weit außgebreiteten Bäumlein / welche gemeiniglich breiter / dann lang oder hoch sind / mit sehr feine??? Zweiglein und Blättern / unsere̅ Heyden oder Ericae nicht ungleich / dunckelgrau / mürb und zerbrechlich / doch also / daß man sie noch wohl handthiren und begreiffen kan. Man hat zweyerley Sorten davon; die erste / hat nur ein oder zwey Haupt-Zweige / so rund und dunckelgrün sind / von aussen etwas rauh / holtzicht / doch mürb und kurtz abbrechend. Das andere Geschlecht hat mehr Stämme oder Haupt-Zweiglein / so von der Wurtzel auffschiessen / und zugleich dunckelgrau und rauh sind / auch etwas stachelicht / wegen der abgebrochenen Aestlein. Die Blättlein sind etwas länger / dünner und stehen mit Büschlein bey einander / als ob es gantze Sträuchlein wären. Sind im Angreiffen etwas rauh / und wie harichte Bürstlein. Beyde wachsen auff keinen festen Steinen / sondern auff einem zusammengeklundeten Röhrlein / und sind in der Artzney nicht gebräuchlich. Diese Erica wächset zuweilen mit Lappen oder Blättern / welche zusammen gebogen / und wie Handschuh anzusehen sind / ohngefehr einer Spann hoch auff ihren Steinen stehend. Die achte Sorte / FOENUM MARINUM, See-Heu / Maleyisch Acarbahar Rumpot genandt / ist der nechst vorhergehenden Sorte sehr gleich / auch grau und brüchicht von Substantz / wiewohlen die äusserste Reißgen oder Blätter sehr lang und dünne wie Draat oder Heu-Stengel / auch rauh im Angreiffen / und beynahe schneidend sind / schlaff und viel bey einander hangend / daß sie wie püschlein Heu anzusehen sind. Wann diese Bäumgen frisch auß der See kommen / sind sie mit einem schleimichten Wesen umbgeben / welches einen kleinen Brand oder Jucken auff der Haut erwecket / wie die Urtica Marina oder See-Quallen. Eben dasselbige Jucken empfindet man auch von den zwey vorhergehenden See-Hayden / wann sie frisch auß der See kommen / doch nicht so sehr / wie an diesen. Man findet auch neuntens noch ein rare Sorte von Calbahar, welches man in den Papusischen Insulen das Männlein nennet / so nicht über eine Spann hoch wächset / und nur in 2. oder 3. dicke Zacken zertheilet ist / welche eine harte und hornachtige Substantz haben / und wird bey derselben Nation sehr zur Medicine gesucht.
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Das III. Capitel.
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Von Dem weissen Calbahar. DAs zweyte Geschlecht der See-Bäumger ist das weisse Calbahar, auß der Verwandtschafft der weissen Corallen / welches in 3. Sorten vertheilet ist. Die 1. Sorte ist das zackichte oder gegliederte weisse Calbahar, welches vor diesem Carol. Clusius lib. 6. Exot. etwas dunckel beschrieben / von welchem es Hippuris Saxea, das ist / Stein-Pferdeschwantz genennt worden ist / dessen wieder 2. Species zu finden sind: die erste wächset auf flachen und klippichten Ufern / da das Wasser nicht über 4. Fäden tieff ist: das ander wäch???et tieffer in der See. Das Erste ist die Hippuris Littorea, oder Strandliche Calbahar, ein niedrig Bäumgen von 1½ biß 2. Schuh hoch / mit vielen krummen Zweigen auffschiessend / unten eines Daumens oder Fingers / und oben eines Kiels oder Strohalmens dicke / mit wenigen Nebenästen / welche offters aneinander fest anwachsen. Dieses hat keinen rechten Stamm / sondern gleich von der Wurtzel an viele krumme Zweige. Alle diese Zweige sind in Gelencke oder Glieder abgetheilet / (wie die 3. Figur in der achten Kupffer-Tafel / oder Tab. VIII. zeiget /) einige eines halben / einige eines gantzen Zwerchfingers lang / weiß / steinhart / außwendig tieff gestreifft / und durch einen tieffen und breiten Riß voneinander geschieden / allwo sie schwartz von aussen / und als mit einem Häutgen umbgeben sind / darunter eben wol der weisse Stein ligt / nicht anderst als an dem Kraut Roßschwantz genannt. Die Glieder oder articulen können leicht voneinander brechen / wornach deren Ende auch gestreiffet oder geribbet scheinen / als ob sie schlechterdings auffeinander gesetzt wären. Die öberste Glieder / welche nicht über einen Strohhalm dick sind / hangen so schlaff aneinander / daß sie sehr leicht voneinander fallen / wann man sie säubern will / oder sonsten damit umbgehet / und sind den Gelencken an einem Scorpions-Schwantz sehr gleich. An dem Stamm und den untersten Aesten sind diese Glieder länger / die schwartze Außsprößling kleiner / und an den alten schier auch außgewachsen / doch können die Glieder noch voneinander brechen / und behalten gemeiniglich inwendig umb das Hertz noch ein Restgen von dem schwartzen Häutgen. Sie wachsen auf Corallensteinen / und sind unter dem Wasser mit einer dicken grauen Schale oder Krust umbgeben / welche ribbelicht und sandicht ist / auch leicht abgehet / wann man sie eine Zeitlang in den Regen hänget. Die rechte Substantz ist durchgehends steinhart / außwendig grau-weiß / an den öbersten Zweigen recht weiß / wie Marmelstein / und die junge Sprößlein schwartz. An den dicksten Zweigen fallen etliche licht-grau / etliche gelbicht / wie faul Helffenbein / welche besser sind / wann man sie an den Enden schleiffet / mit einem kleinen weissen Hertzgen / so inwendig ist / worumb rund umb 2. Rollen gehen. An den öbersten Aestlein vergehen zuweilen die äussere Streiffen / oder sind zum wenigsten nicht mehr so tieff. Das 2. und Fig. 4. Tab. VIII. abgerissene ist das Hippuris Pelagica oder weisse See-Calbahar, welches tieffer in der See / auf 80. biß 90. Fäden tieff / und ist deßwegen sein völliger Baum noch unbekandt: Auß den abgeworffenen Zweigen spüret man / daß es meist von derselben façon seye / höher von Stamm / und dicker von Aesten / wenig gestreifft / und die Glieder hangen schier ohne schwartze Nebenschößlein aneinander / welche man allein an den Stümpffen der kleinen Zweigen siehet. Die Substantz ist meistens steinhart / aequal und massiv, von aussen mit dunckeln Streiffen / auß dem Grauen ins Gelbe gemengt / doch mehr gelb / als faul Helffenbein. Wann es auf dem Strand eine Zeitlang hin und her geweltzet worden / wird es so weiß und glatt / wie Helffenbein. Man kan es auch in lange Glieder brechen / welche an den Enden / da sie gegeneinander gesessen haben / gestreifft sind / und wann man sie schleifft / ein weisses Hertz zeiget / so dick als ein Besemreißgen. Von der ersten Sort kan man durch die Täucher gantze Bäumlein herauß bekommen / wovon man allein die jenige zur rarität verwahret / welche schöne Zweige haben / und zuweilen 3. Schuh hoch sind. Sonsten aber bricht man all das feine Gut davon ab / so doch auch von sich selbsten abfället / und verwahret allein die dickste Zweigen zur Artzney. Von der zweyten Sorte kan man zuweilen zimliche Stücker oder Aestlein bekommen / welche dann und wann mit einem Fischer-Hacken herauß gezogen werden / wann solcher sich ungefähr anhänget / oder wann dieselbe Bäume durch Sturm / Erdbeben oder andere Fälle in Stücker geschlagen / und an das Ufer getrieben worden. Auf dem Ufer aber müssen sie nicht über 1. oder 2. Jahre ligen / indem sie durch das lange Umbweltzen wol schön glatt / weiß und steinhart / aber zugleich / nach der Einwohner dieser Insulen Meinung / geschwächet werden / indem sie viel von ihrer Krafft verlieren. Weßwegen dieselbige die jenige nur zur Medicin gebrauchen / welche frisch auß der See gezogen worden / oder nicht lang auf dem Ufer gelegen haben.
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Die Prob / daß es seine Krafft noch habe / ist diese: Stecke es mit einem End in sauren Limonen-Safft / wann es dann rund umb beginnet zu sieden /oder Bläßger auffzuwerffen / so ist es gut / indem das erstorbene solches entweder gar nicht / oder doch langsamer oder weniger thut. Weilen aber diese Prob zu general ist / und mir suspect vorkommet / so füge ich darbey / daß das gute Calbahar nicht allein kochen muß/ sonderu es muß auch einen tauben Klanct haben / und nicht wie harter Stein. So muß es auch nicht zu Dreckachtig riechen / wann man zwey Stücker auffeinander reibet / sondern wie gebrandt Brod. Nota. Bey der Prob durch Limonen-Safft befinden sich alle die Akarbahars also: Von dem schwartzen gezackten Calbahar, und zwar ein groß Stück von dem untersten Stamm / etwa zwey Finger dick / kochet alsobald und sehr starck: die andere Zacken aber wenig / oder gar nicht; wie ingleichem auch sich das einstielige schwartze Calbahar, und all das jenige / welches hornichtig ist / also erzeiget. Von dem weissen Calbahar kochte das Ambonische am stärcksten / darnach die weisse glatte Stücker von der See-Sorte / und auf die schlechteste Art das jenige / so auß Ternaten gesandt worden / ob schon dasselbige holtzichter war. Unter der Ambonischen See-Sorte waren weisse und klingende Stücker / wie Marmor / welche am allerstärcksten kochten / wie die Vatterländische Blut-Corallen; worauß ich schliesse / daß die Opinion der Juwohner / welche behaupten wollen / daß das steinharte und veraltete Calbahar keine Krafft habe / nicht gegründet seye. Man hält ja immer die jenige Blut-Corallen vor die beste / welche alt / steinhart / und von sich selbst außgetrieben sind. Horn / Helffenbein und Fisch-Zähne / wie auch die Zähne von Thieren wollen gantz nicht kochen. Die steinerne Krust oder Schaale von dem schwartzen Calbahar kochet langsam / und nicht viel; so thut auch die dicke Schaal von Bia Garoe, wann man sie etwas lang im Safft hält. Das Aug von der grossen Mattabou lang darinn gehalten / beginnet langsam / aber kochet hernach starck. All das graue und holtzichte Calbahar kochet wenig / doch das gezackte mehr / dann das einstielige. Alle das weisse Calbahar, so wohl die Strand-als See-Sorte wird von allen Einwohnern dieses Oosterschen Archipelagi in grossem Werth gehalten / und bey ihnen so hoch geachtet / als bey uns die rothe Corallen / ja bey einigen viel höher / insonderheit bey denen Ternatanen: worzu sie raison gnug hätten / wann es die jenige Kräfften hätte / welche sie ihm beylegen / und bey unserer Nation noch nicht untersucht / viel weniger angenommen worden / wiewohln die Einländische sehr fest darauff bestehen bleiben. Ins gemein wird ihm die Krafft zugeschrieben / daß es das Hertz stärcke / allem Gifft widerstehe / die Hitze in den Fiebern vermindere / und das Auffsteigen deß Magens von der Galle stille. Hier bey dieser Oostersen Nation wird kein Antidotus oder Gegen Gifft zubereitet / da das weisse Calbahar nicht das Fundament abgebe / wiewohln sie die andere Sorten auch mit darunter mischen / vornehmlich die Schwartze und Graue / mit einig andern Muscheln / Hörnern und Beinen / so auß der See / als von zahmen Thieren herrührende / dergleichen sind die Solenes See-Pfeiffen / die Elephanten Zähnger / Helffenbein / Zähne von dem Fisch Pristis Indica oder gezahnter Wallfisch genannt / Hirschhorn / rothe Corallen / sc. das Weisse allein oder mit dem Schwartzen vermenget gibt man ein / wann jemand eine scharffe und corrosive Purgation eingenommen hat. Item gegen das Uberschiessen und Wüten der Gall / und hefftiges Brechen: gegen allerhand schädliche Kost und Schwämme / Gold / Silber / Perlen / Smaragden / Granaten oder ihre Mit-Sorten in kleiner quantität darunter gerieben / widerstehen nicht allein dem Gifft / sondern auch allen Schelmstücken und Qualen / welche jemanden durch Liebes-Träncke angethan werden. Das Weisse allein oder mit dem Grauen vermischet / und mit Corallen zusam̅en gerieben / gibt man in hitzigen Fiebern zu trincken / umb die Hitze zu legen / auch das Hertz zu stärcken. Nach gethaner Sauberung wird es auch gegen die Gonorrhoeam eingegeben / und den weissen Fluß der Weiber zu stillen. Ja die Junländer brauchen es noch zu vielen andern Gebrechen / worvon wir noch keine Erfahrnuß / wie von den vorigen genommen haben. Das 2. weisse Calbahar kommt meistens mit denen Europäischen weissen Corallen überein / indem es steinhart / weiß voll kleiner / dicker und kurtzen Zacken / welche fornen hohl oder tubulos sind / mit Strahlen / wie ein Sterngen versehen / der Rest aber von dem sibrigen Stamm ist massiv, dicht und hart. Es wird wenig gefimden / und zwar meistens in der See / um Bandâ, sehr tieff / und kom̅t derohalben nicht an Tag / als wann es mit den Fischhacken herauß gezogen wird. Es hat bey den Einwohnern noch keinen Nutzen / wiewohln einige Mohren mich versichern wollen / daß es eben die jenige Kräfften habe / welche dem andern weissen Calbahar zukommen / besiehe hier die ???. Figur in der VIII. Tab. AEn. Die 3. Sorte von dem weissen Calbahar ist das Einstielige / so an der Gestalt mit dem schwartzen überein, kom̅t / nehmlich an dergleichen langen Zincken / von 8. 10. biß 12. Schuh lang / eines kleinen Fingers dick / ohne Beugen oder Krullen / sondern schlechterdings nur ein wenig gebogen. Außwendig ist es mit einer grossen mürben Krust überzogen / welche [113] im Truckenen leicht abzureiben ist. Darunter liegt die rechte Substantz / so härter und schwerer / als das Schwartze / auswendig grau und gelb vermenget / und in die Länge ein wenig / doch dunckel gestreiffet / und überall nur mit einem oder zwey Gnoden besetzet / als ob allda auch Aeste hätten wollen auskommen. Inwendig ist es lichter von Coleur, mit einem weissen Hertz und recht beinhart / und wann es die Dicke eines Fingers gewinnet / wird es etwas drey-seiticht / oder wie ein Roggen-Schwantz. Wann man die Stücker gegen einander reibet / hat es einen hornichten / unlieblichen Geruch / wie alle Calbahars thun. Es wird sehr wenig und nur auff harten Steinen / und an denjenigen Orthen gefunden / wo harte Ströhme gehen / und ist mit einem breiten Füßgen auff die Steine gesetzet / wie droben auch von dem Schwartzen gesagt ist worden. Es dienet zu Karitäten / und wann es unter die andere akarbahars gemischet wird / streitet es gegen das beygebrachte Gisst. Insonderheit wird es bey den Mohren gesucht / um alle Schelmerey zu vernichten / welche den Männern angethan werden / daß solche in dem Venus-Spiel entwaffnet werden / und verstärcket hergegen die männliche Krafft / so wohl in-als ausserhalb des Leibes gebraucht / und zusammen mit dem erst-benahmten weissen Calbahar eingenommen. IV. Hierzu könte man noch eine andere rare Sorte setzen / welche aus einem sehr kleinen Bäumgen / so einem Blatt-losen Thymo, mit dergleichen dünn und rechten Stielgen / so auch etwas gestreisset sind / gleichet / bestehet. Wann dieses erst aus der See kommt / scheinet es schön gelb und blincket als jung Holtz / wird aber mit der Zeit grau oder weitzlicht / und die Aestlein brechen wie Glaß. Es fället in der Gegend der Uliasser, und ich hab nie mehr als zwey zu sehen bekommen.

Das IV. Capitel.
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Von dem grauen Calbahar. DAs graue Calbahar ist nicht viel von dem vorhergehenden weissen einstieligen unterschieden / derowegen auch die Inländer alle das graue Calbahar unter die weisse Sorten zehlen / auch also von benahmsen. Weilen aber doch das Graue nicht wenig an der Farb darvon unterschieden ist / auch holtzichter von Substantz ist / so haben wir ein besonder Geschlecht darvon gemacht / und theilen es in folgende Sorten / so alle gezacket sind. Die I. Sorte ist das eigentliche graue Calbahar, von den Einwohnern Calbahar Poety mit dem vorigen weissen gemein genant / weswegen man es besser Calbahar Cajou Pouti, das ist / weiß-Holtzicht Calbahar nennen solte. Es schiesset mit vielen dünnen Zweigen auff / in wenige nebenseitige Aeste sich vertheilend: Von aussen mit einer roth-braunen Schale bekleidet / so etwas krauß ist und daran fest bekleben bleibt / wann es trucken ist / so gar / daß man es vor rothe Corallen ansehen solte: Indessen kan man sie doch mit einem Messer leicht abschaben. Inwendig lieget die rechte Substantz von Stein und Holtz gemengeter Natur / doch aber steinichter / als das schwartze Calbahar, und derhalben zerbrüchlicher / indem es sich kurtz / wie Glaß abbrechen läst / ausgenommen die dicke Aeste / welche recht steiff sind. Wann die erst-berührte rothe Schale davon abgemachet ist / so wird es glatt und eben / ohne Glieder oder Knöpff / von aussen etwas gestreifft / licht-grau und beynah gelb / inwendig mit einem weissen Hertz versehen / so bißweilen hohl und röhrig ist. Eine Sorte davon ist dunckel-grau und mauß-farbicht / ohne dergleichen weissen Hertz / so leicht / daß man es vor Holtz ansehen solte: Von aussen tieff gestreifft und etwas gedrehet und lässet sich schaben. Dieses hält man vor das beste / (wird aber dessen sehr wenig gefunden / und schier nirgends /) dann in denen Papasischen Infuln / das letzte dar von ist licht-grau / glätter / härter und massiver Wan̅ man solches beschneidet oder reibt / so öffnet es sich in verschiedene Schiefern / und sein Strauch hat lange Reißgen / 5. biß 6. Schuch hoch: Wächset auff der West-Cüst Coram und um Boru, wie auch um die Insul Oubi. Beyde werden von den Einländischen höher aestimiret / dann das vorhergehende weisse Calbahar, auch zu eben solchen Gebresten gebrauchet / als oben beschrieben stehet. Die Cittrosen und Papalier wollen kein ander weiß Calbahar kennen / als diß holtzichte / und sind so theuer damit / daß man es vor doppelt Silber-Gewicht schwerlich bekom̅en kan /wie die Ternetanen mit dem vorbemeltem weissen thun / wann sie es nemlich selbsten aus der See hohlen; Wann die Stücker wider einander gerieben werden / biß sie erwarmen / so geben sie einen starcken hornichten Geruch von sich / wie das weisse einstielige: Doch diß Letzte ist etwas unlieblicher und riechet mehr nach verbranntem Fett; weswegen man das einstielige wohl unter diese graue Sorte rechnen könte. Im Limonen-Safft beginnet es langsam zu zischen und zwar sehr wenig. II. Diezweyte Sorte Rode Rade, Maleytsch akanbahar sasaspo ist von dem vorigen gantz nicht / als daß es mit vielen stracken Stielen auffschiesset / ohngesehr eines Schuhes hoch / welche dicht bey einander stehen / mit wenigen Neben-Zweigen / wie in der VIII. TAB. Fig. I. [114] Lit. C. zu sehen ist. Von aussen ist es mit einer dicken rothen Schale / so gantz krauß ist / umgeben / welche vest daran klebet / daß man es vor ein roth Corallen-Gewächs ansehen solte. Inwendig ist ein dünnes Reiß / von eben derselben Substantz, als das vorige. Dieses Gewächs muß man nicht saubern / sondern mit der rothen Krust auffheben / weilen es sonst keine Fason hat / und von dem rothen Calbahar wenig daran zu finden ist. Die III. Sorte ist auch ein klein Gewächs / welches aus vielen kleinen Zweigen bestehet / welche durcheinander lauffen / und zusammen wachsen / daß sie gleichsam ein Blat ausmachen / wie kleine Wedel oder Fochen / worvon ihrer viel aneinander / wiewohl ungeschickt und mit Bogen stehen / daß man es wohl vor graue See-Fochen halten könte. Von aussen ist es roth / welches leicht abfället: inwendig fällt es grau und gelblicht / auch kurtz abbrechend. Dieses ist nicht Auffhebens werth / unter demjenigen / so etwas ordentlich und flach stehet / wie ein Föchlein. Doch werben die dickste Zweige auch unter dem Calbahar auffgehoben. Wächset auff harten Steinen.

Das V. Capitel.
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Von dem rothen Calbahar. DAs rothe ist das allerunedelste und schlechreste / und darum billich vor ein Bastard-Corall zu halten. Die I. Sorte schiesset mit einem dicken Stamm auff / und ist so dick wie zwey Finger / oder wie ein Arm / der sich in zwey oder drey Haupt-Zweige vertheilet / vier biß fünff Schuh hoch / durchgehends blutroth / steinhart / doch leichtbrüchig / voll kleiner Röhrlein oder Gänge / als ob es von Würmen durchbissen wäre / anbey auch rauh und voll von scharffen Angewächsen. Die Plätze zwischen den Hauptzweigen sind dicht mit dünnen und sehr mürben Aestlein besetzet / welche Netz-weiß durcheinander lauffen / auswendig gelb und voll kleines Zeugs sind / inwendig aber roth und so brüchig / daß man sie kaum anrühren kan / daß es nicht brechen solte. Das gantze Bäumgen stehet auch mehr flach / wie Sonn-Fochen / oder hat an den Seiten einige Lappen anwachsen. Wann diß Bäumgen eine veste Substantz hätte / solte es wegen seiner lebend-rothen Coleur unter die vornehmste Raritaeten können gezehlet werden: So aber ist es verachtet / weilen seine schönste Zweige mit der Zeit alle abfallen / und nur blosse raube und dornichte Haupt-Aeste zurück lassen / von welchen man die dickste noch wohl auffhebet und zur Medicin gebrauchet. Es haben solches rund um alle Amboinische Insuln gemein und wird zuweilen mit dem Fischer-Garn auffgezogen. Man gebraucht es unter andern Akarbahar gegen das Gisst / und gibt man es auch denjenigen / so Blut und Eyter harnen / weilen es die faule Humores durch den Urin abführet. Hierzu aber muß man die alte Stücker erkiesen / welche meistens dicht sind und keine Höhle haben / auch sacht auff einem Stein reiben / weilen es sehr brüchig ist. Auff der West-Cüst von Coram findet man eine Sort hiervon / welche gelb-roth ist / als Blut-Corallen / gantz hart und massiv und fast ohne Löcher / welche man vor Blut-Corallen ansehen solte: Man findet ihrer aber wenig und werden deßwegen theuer gehalten. Sie heissen mit einem absonderlichen Namen Djinckga, das ist / Orangien-gelb Calbahar und sind viel sicherer in Leib zunehmen/ dann die gemeine röhrichte und porose. Zum II. ist noch eine andere Sorte von der Akarbahar Meru, der vorigen schter gleich / ausser daß die Haupt-Zweige in Glieder vertheilet sind. Auswendig ein roth-gelbe / brüchig- und sandigte Krust / inwendig sind die Glieder an einander gesetzt / gleich wie an dem weissen Kalbahar, auch so gestreifft / härter und steiniger von Substanz, als das vorhergehende / weißlicht und innenwendig röthlicht. Sein Stamm ist Massiv, auch weißlicht mit roth gemenget. Die III. Sorte von diesem Akarbahar ist nicht bäumicht / noch mit Zweigen besetzet / und der halben mehr unter die Steine zurechnen / indem es ein Klump oder Stück ist / von vielen Pfeiffen gemacht / so enge als ein Strohalm sind und dicht aneinander stehen / wie die 5. und 7. Figur in der VIII. TAB. zeiget: Blutroht oder purpurfardicht / inwendig auff 2. oder 3. Oerthen mit steinernen Häutlein aneinander gewachsen / so / daß der gantze Klumpe einem Schwamm ähnlich sihet. Es heisset Datu Svvàngi das ist Zauberstein / und man findet es hier und da auff den Strand außgeworffen / aber es wächset auch unter dem Wasser an den Hacken der Corallen-Steinen / wovon es die Seeabschneidet. Die Inwohner förchten sich sehr vor diesen Steinen / so gar / daß sich niemand unterstehen wird auff einen Baum zu steigen oder in einen Garten zu gehen / wo dieser Stein auffgehenget ist / auß Furcht / daß ihnen der Leib voll feuriger und hitziger Blattern außfahren möchte / welche sie Mattacan nennen. Sie förchten sich auch darauff zuschlachten / indem sie glauben / daß man die kalte Piß darvon bekomme / vielmehr aber / wann man ein Stück davon bey sich trage. Doch ma [115] chen die Maleyers noch einigen Staat darvon / und gebenes auch in Leib in / wiewohl in sehr kleiner Quantität. Die IV. Sorte Barla Laut hat die Gestalt eines grossen und auß gebreyteten Tuchs / als ob es ein abgetragenes Röcklein von Baste wäre / doch sehr grob drandicht und Reyhenweiß geweben / unten etwas dunckelroht und halb durchscheinend: wann es aber auß dem Wasser gezogen ist / wird es alsobald schwartz. Man findet wohl Stücker / welche so breit sind / daß man einen Mantel davon solte machen können: weßwegen es auch zur Rarität auffgehoben wird. Indessen hat es bey regenichtem Wetter allezeit einen See-Geruch / bey nahe wie der Unguis odoratus.

Das VI. Capitel.
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Von denen Corall-Steinen DAs zweyte Haupt-Geschlecht der See-Bäumger oder See-Gewächsen begreiffet diejenige / welche man Corallen-Steine / und im Maley isch Carang nennet / und ist von zweyerley Art. Die I. ???hält sothanige Corall-Steine in sich / welche eine Form der Pflantzen haben / nehmlich mit Stielen und Zweigen auffschiessen. Die II. Diejenige / welche immer eine andere Gestalt haben. Beyde aber sind von gantz steiniger Art / nicht holtzicht / können auch nicht gebogen werden. Die I. nemlich die Pflantz-Förmige Corallen-Steine werden auch mit unter die See-Bäumger gerechnet und bestehen in folgenden Sorten. I. Carang Bonga, weisse Corallen-Blümger / ist das gemeineste und schönste Geschlecht von zweyerley Schlag: Das eine schiesset wie ein Bäumgen oder wie ein Sträuchlein auff / anderthalb oder 2. Schuh hoch / mit vielen dicken Zweigen / welche sich alle in eine stumpffe Spitz endigen / und an den Seiten mit unzehlbar kleinen Dörnlein besetzt sind / und bilden die Blätter das Kraut Abrotonum oder Stabwurtz ab / weßwegen es auch von Carolo Clus. Lib. 6. Exot. Planta oder Saxum abrotonoides genennt / aber sehr übel abgemahlet worden. Die rechte Abbildung ist in der VIII. TAB. Fig. 8. & 13. zusehen. Wann es erst auß der See kommt / ist es mit einem unlieblichen Schleim umgeben / ist purpurfarbicht / doch wann es einige Wochen in den Regen gesetzt wird / verändert es sich und wird überall weiß / ausser an den ältesten Theilen / da es etwas gelblichter bleibet! Inwendig ist es auch weiß / schön gestreifft und brüchig / daß man es vor weissen Zucker ansehen solte. Wann diese Stücker lang auff dem Strand treiben / so werden sie steinhart / und gläntzen wie Porcellin. Die andere Art ist von eben dergleichen Substantz / bleibt aber niedrig und flach / in der Mitten etwas tieffer / dann an den Enden / und bildet eine Schüssel ab / bestehend auß vielen kurtzen Zacken / so dicht aneinander stehen / kaum ein Finger lang/sind auch mit dergleichen stumpffen Dornen und Hörnern besetzt / welche fast anzusehen / wie das Kraut Serpillum Sedum minimum. Besihe die Fig. Der Achten Rupffer-Taffeloder TAB. VIII. Unten hat es einen dicken Stamm / als ob es der Fuß von der Schüssel wäre / und so man es in Regen setzet / wird es so weiß und brüchig wie Zucker. Beyde wachsen auff andern Corallen-Steinen / welche man Katzenköpffe nennet / und drunten sollen beschrieben werden / und sind durch gantz Wasser-Indien sehr gebräuchlich / daß man Kalck darauß brennet / da sie gemeinlich mit eben denselben Katzenköpffen vermischet werden / indem sie allein gebrandt zwar schönen weissen Kalck / aber sehr wenig und mager geben / und deswegen auch meist zum Außweissen und den Siri Pinang damit zu essen gebraucht werden. Die Zweigen davon / so auff dem Strand liegen / haben keine oder wenige stumpffe Dörner / sondern an deren Stell viele runde tubulos, darinnen man kleine Steinger sihet / welche Zweigen zu dem Kalck-Brennen untüchtig sind. Viele glauben abusivè, daß ein sicheres weiches See-Gewächs / Alga Corallinides, Maley isch Agar Agar genandt (so man essen kan) der Anfang dieser Corallen-Bäumger sey. Allein daß diesem nicht also seye / kan man daran sehen / weilen diese Corallen-Bäumger sehr klein gefunden werden / ja offt kleiner / als das vorbemeldte Alga, welches nichts destoweniger als steinicht ist: zugeschweigen daß beyder Gestalt gar zu sehr von einander unterschieden ist. 2. Carang alea ist auch von solcher weissen und mürben Substantz / oder etwas härter /mit kurtzen und dicken Zweigen / so wie die grosse Galanga Wurtzel anzusehen sind / von aussen mit einigen Körnlein / als Dörngen besetzet / wiewohlen sie stumpffer und kürtzer sind: werden mit der Zeit einen Schuh hoch und 3. Finger dick / in der Gestalt einer Hand oder Handschuhes. Geben auch guten Kalck. 3. Das weisse Zuckerwerck Carang Goula, ist ein sehr rares Gewächs / meistens auch ein wenig verdoppelt und mit vielen Zweigen in einander gewachsen: Einige rund / einige platt / und gleichet der Zuckerbecker Meisterstück. Es ist [116] härter / als die vorhergehende / aber viel mürber / als die Corallen / und deßwegen schwerlich auffzuheben. 4. Das rothe Zuckerwerck ist von eben dergleichen Gestalt und Substanz, ausser daß es kürtzer ist / nicht über eine Hand hoch / auch flach / lichtroht / wie junge Corallen / doch nicht gestreifft / an den Enden weißlicht. Diese beyde Sorten werden sehr selten gefunden und noch seltener gantz heraußgezogen. 5. Schwartze Carang hat kurtze und übersichstehende Aeste / offen / wie ein Stein anzusehen / außwendig schwartz / gestreifft und rauch / inwendig weißlicht / wie andere Corallen-Steine. 6. Amaranihus Saxeus oder Stein-Blumen / sind weisse Corallen-Steine mit vielen krausen Krollen durcheinander lauffend / wie die Blumen von dem Amarantho oder der Poeonien / auß eintzeln / steinharten und scharffen Fasseln gemacht / und stehen auff einem kurtzen Füßgen / wie solches auß der 6. Fig. in der VIII. Kupfifertafel kan ersehen werden. 7. See-Nägelein Tsjenkelant, sind weisse Steinlein / so beyeinander gehäuffet sind / deren jedwedes ein langes Caryophel. Nägelein / so unten spitz und oben breit ist / abbildet und oben ein Sternlein hat. 8. See-Mutter-Nägelein Polong lant, sind dergleichen Steinger / aber grösser / und grauer/ zuweilen mit Pfersingfarb oder roht gemischet / fornen auch breit und gesternt. Sie stehen nicht beyeinander gefüget / sondern ohne Ordnung / hier und dar / auff einem besondern Fuß oder Aestlein / also / daß sie die Gestalt eines Bäumgens haben. 9. Reticulum Marinum, See-Netzgen / ist ein sehr subtil und theur Gewebe / wie ein subtil Netzgen / weiß oder gelbicht / steinicht / mit Falten durcheinander lauffend und also die Form einer Blumen außmachend. Die II. Art der Corall-Steinen / so einig andere Gestalt tragen / hält folgende Sorten in sich; Die I. heisset Fungus Saxeus, See-oder Stein-Schwanen / ist ein runder Stein / so groß als der Baum von einem Hut / und bestehet auß vielen dünnen und scharffen Falten / die rund um einen Mittel-Kloben als ein Centrum steben / und die Form eines Schwam̅s außmachen / wie die 2. Fig. in der IX. Kupffer-Tafel zeiget. So er in dem Regen gebleicht wird / sihet er weiß / auff dem Strand aber graulecht und stumpff. 2. Batu Parudan oder Stein-Räspen sind dergleichen Steine / aber länglicht und auß feinen Fallen gemacht / und ist jede Falte sehr fein außgekerbt / als ob sie mit künstlichen Spitzen besetzet wäre / wie in der I. Fig. TAB. IX. zu sehen ist. Diese werden so weiß nicht / als die vorige. Beyde sind von unten halb hohl / scharff und dicht / mit stumpen Dörngern besetzt / daß sie nicht wol anzugreiffen sind. In der Mitte haben sie ein stumpffes Füßgen / damit sie auff den Klippen sitzen / wiewohl sie nicht fest anhangen. Unter Wasser sind sie mit einem zähen Schleim als Papeda, und zuweilen mit dergleichen Bläslein behangen / welches alsobald schmeltzt und vergehet / wann man sie ausser dem Wasser bringet / wiewohlen man einig Leben darinnen spüret. 3. Die Polnische Mützen / sind von eben derselben Substanz, doch höher / mit verschiedenen Höckern / von innen auch hohl und rauch und haben die Gestalt ihres Namens. Einige sind so hoch / daß sie wie eine Glocke anzusehen sind / haben auch noch andere Gestalten. 4. Wasser-Steine / sind grosse weisse Steine / frisch / leicht / von eintzeln Pfeiff- und Gängen gemacht / als ob es ein Schwam̅ wäre. Zuweilen sind sie so leicht /daß sie auff dem Wasser schwimmen. Sie trucknen langsam und sind schädlich zum Maurwerck. 5. Carang Katzenköpff oder gemeine Krallsteine (und die bekandte runde und höckerichte Steine / auswendig rauh / grün und schwärtzlicht / voll Schleim und Fäuligkeit / inwendig weiß und gestreifft / wie Zucker. Diese sind zum Kalckbrennen und Mauren sehr gebräuchlich / wann sie erst wohl ausgetrucknet sind. Wann man sie frisch brauchet / bleiben die Mauren / so davon gemacht werden / lange Jahre durch feucht und verderben den Haußrath zu sehr / welcher daran gestellt wird / ja das Zimmer-Holtz selbsten. 6. Waffel-Steine sitzen wie ein Knoll oder halb-runde Kugel auff den Hacken der vorbemeldten Corallen-Steinen / sind voll viereckichten oder auch etwas rundichten Löcher / so inwendig mit vielen Strahlen / als ein Stern / besetzet sind / wann diese lange Zeit auff dem Strand liegen / so werden sie hart / weiß und grauachtig / auch voll grosser Gänge oder Cirkelger / da man die vorbemeldte Strahlen innen sihet. Es ist auch noch ein ander Geschlecht von diesen Steinen / welche etwas tieffer in der See wachsen / plat und voll Sternger / und wann sie auff den Strand kommen / so hart werden / als ein Kissel-Stein / so weiß und glatt / daß man sie vor gute Corall-Stein halten solte. All diese vorbemeldte Steine von dem zweyten Haupt-Geschlecht so tobt hart scheinen / haben doch unter dem Wasser / so lang sie auff ihrer natürlichen Stelle sitzen / eine grünende oder wachsende Art / und viele derselben haben oben einen Schleim / worinnen man einig Leben spüret / wann man unter das Wasser genau darnach sihet.
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Herrn Beorg Eberhard Rumphen Send-Schreiben An Herrn D. CHRISTIAN MENZELN. P. P. AUß meines hochgeehrten Herrn Beliebten de dato Berlin den 2. Octobr. anni 1678. kan ich nicht anderst muthmassen / als daß entweder eine betrügliche Fama oder eines guten Freunds (vielleicht Herrn Cleyers) gar zu gütige Brieffe mich grösser als ich bin abgemahlet haben; weßwegen nicht übel zuvermercken bitte / wann ich meine Wenigkeit hiemit an Taglege / sintemahlen ich von des Herrn Gewohnheit auffgetrieben werde und mich nicht länger bergen kan. Ich bin ein guter Teutscher und gehöre dem berühmten Rumphio im Haag / als des Printzen von Oranien Leib-Medico, gar nicht zu / so viel mir wissend ist / indem ich in der Graffschafft Solms gebohren und zu Hanau erzogen worden bin / alwo mein Vatter / Augustus Rumphius Baumeister gewesen / und zwar Anno 1666. Nachdem ich aber immer frembde außländische Sachen zuerkennen begierig gewesen / so hab mich bey Zeiten auß meinem Vatterland begeben. Anfangs zwar bin ich in Portugall gezogen / und nachdem ich nach 3. Jahren wieder zurück gekommen / hab ich mich vor 28. Jahr in Ost-Indien begeben und durch das Geschick in den äussersten Insuln nach Osten / mich allhier in Amboina niedergelassen / wo ich nunmehr alt worden. Sobald ich in Indien kommen bin / hab ich angefangen auff eine historische / doch kurtze Schreib-Art die rareste Kräuter / Thiere / See-Gewächs und Mineralien dieser Insulen / so viel mir deren zu Gesicht gekommen auffzuschreiben / und so viel ich von den Einwohnern erfahren können / derselben Kräffte zu observiren / auch wie ich gekönt / aller derselben Figur auffzuzeichnen / und zwar in Lateinischer Sprache. Auß diesem unordentlichen Mischmasch entstunde ein ziemlicher Vorrath / biß endlich des Höchsten Wille / welcher ohne Zweiffel mehr als ich selbsten vor mein Heyl und Wohlfarth gesorget hat / die gantze Welt mit allen Creaturen vor meinen Augen verborgen hat / daher ich nun ins zehende Jahr in der traurigen Finsternuß sitzen muß / welche der schwartze Staar / so meine Augen eingenommen / verursacht. Unterdessen haben meine Ober-Herren doch nicht zugeben wollen / daß meine Chartequen umkämen / sondern haben mir zuweilen einen und andern Schreiber zugelegt / mit deren Beyhülffe ich angefangen obbemeldtes Chaos in eine Ordnung zu bringen und auß gewissen Ursachen auß dem Lateinischen in die Holländische Sprach zu übersetzen / wiewohlen nicht ohne mercklichen Abgang des vorigen Ansehens und Würde / wie es insgemein mit solchen Schrifften hergehet / welche man mit gelehnten Augen und Händen stellen muß. Den Kräutern hab ich 10. Bücher zugewidmet / deren jetzt schon 7. fertig sind: Und sofern mir GOtt das Leben gönnet / werdeich andere fünff von den vornehmsten Thieren / so wohl terrestribus als aquatilibus, von See-Muscheln / Lithodendris und einigen Mineralien hernach setzen. Also hat nun mein hochgeehrter Herr einen Abriß von dem Indianischen Rumphio, wie er auch seyn mag / und was seine Studia seyen. Nun hat mich desselben Wohlgewogenheit also verbun [118] den; daß ich desselben Begehren von Hertzen gern gnug thun wolte / wann ich nur so viel vermöchte / als dessen berühmter Name wohl erfordert. Doch wil ich mich dessen unterfangen / was ich etwa kan. Anfangs aber bitte ich / daß sie mich excusiren wollen / wann nicht viel von den Näglein / absonderlich wie sie gepflantzet und erzogen werden / offenbahre / weilen es von den Obern verbotten ist. Mit diesem wenigen wolle man sich vergnügen. Die Näglein-Bäume werden durch deren zeitige Frucht fortgeflantzet / welches nicht diejenige Würtznäglein sind / so man bey den Krämern findet; dann solches nur ein Rudimentum oder Anfang der rechten Früchten ist / welche wohl 3. biß 4. mahl grösser sind und insgemein ANTHOPHYLLA genennet werden: Haben inwendig einen harten Kern wie Lorbeern anzusehen. Wann nun diese von den Bäumen fallen / so schlagen davon junge Bäumlein auß / welche außgegraben und wohin man wil / versetzet werden können: Die Anthophylla selbsten aber können über s. Tage nicht frisch in den Häusern erhalten werden / indem sie bald trucken werden und nach mahlen keine Keime schiessen. Ja man hat auch durch keine Kunst oder Wartung zuwegen bringen können / daß diese Früchten ausser den Moluccischen Insuln zu Bäumen wüchsen und Früchte trügen. Wann die Früchte grünlicht- oder weißlicht-roth werden / hält man sie zum Gebrauch / als ein Gewürtz vor gut. Umb solche Zeit aber thut sich das runde Köpffgen / so sie oben haben / auff und fangen an zu blühen / und zwar mit weissen Blättern / wie die Kirschen. Alsdann ist es Zeit / daß man sie einerndte; und wann sie gesamlet worden / werden sie auff geflochtene Hürden oder Binsen geleget / mit grossen Aron-Blättern zugedecket und einige Tageim Rauch gehalten / hernach vollends in der Sonn gedörret / da sie die braune Farb / welche daran zu sehen / her bekommen. Die übrige Beeren und Früchte / so an den Bäumen bleiben (sintemahl es keine Stauden / sondern rechte Bäume / viel grösser / als der gröste Lorbeer-Baum / sind) werden innerhalb wenig Wochen dick / und geben die Anthophylla, so zum Würtzen untauglich sind. Die CARYOPHYLLA oder Näglein selbsten sind fast gar nicht unterschieden / sondern einerley Art: doch schicke noch zwey sehr rare / welche in dem beykommenden Kistlein enthalten sind. Von der ersten Art schicke nur 6. Stücke / welche sehr rar und von der gemeinen Näglein Gestalt sehr abgehen / auch in der gantzen Welt nicht mehr zu finden sind. Man nennet sie CARYOPHYLLA REGIA oder Königs-Näglein / und bestehen fast auß eitelen Zacken / so in 4. Ordnungen rangirt sind. Solche sind auff einem eintzigen Baum gewachsen / so in der Welt zu finden gewesen / und zwar in Machian, (so eine von den Moluccischen Insulen ist) welcher aber schon lang verdorben / nach welchem keiner wieder auffgegangen ist. Ich habe noch einige wenige Beerlein oder Früchten davon / weilen die übrige einigen vornehmen Herren und guten Freunden mitgetheilet habe / daß solche unter andern Schätzen und Raritäten der Natur auffgehoben möchten werden. Von der andern Art überschicke etwas mehrere / welche den vorigen zwar etwas gleich kommen / obwohlen sie noch ziemlich von derselben Gestalt entfernet und den gemeinen näher kommen: denn es fast nur gemeine Nägelein sind / so sich in einige Spitzen zertheilen und in einen Zacken endigen. Diese wachsen auch nur auff einem eintzigen Baum in dieser Insul / so noch bis dato zu finden ist. Diese Königs-Nägelein werden niemalen in die Anthophylla mutiret / und können deßwegen weder die alte noch neue fortgepflantzet werden. Die Blätter aber kommen mit den gemeinen überein. So viel jetzo von den Nägelein / Das Ubrige davon wird der Welt kund werden / wann durch GOttes Gnade mein Kräuter-Buch an das Tages-Liecht kommen wird / in dessen zweytem Buch weitläuffig von den Näglein gehandelt wird. Sonsten berichte zugleich / daß nach Osten zu uns Nova Guinea nahe seye / dessen Nordischen Theil / (welcher Onim heisset) unsere Nachbarn fleissig beseegeln / und darauß eine Aromatische Rinde / welche sie Massoy heissen / mitbringen. Diese Rinde wird in unserm Indien täglich verkaufft / [119] weilen die Einwohner bey kaltem und nassem Wetter solche zerstossen / mit Wasser zu einem Brey kochen / und damit den Leib beschmiren / weilen er sehr erwärmet / das Reissen und Grimmen im Bauch stillet / und sehr wohl riecht. Die Indianer thun auch offt eine andere erwärmende und Aromatische Rinde / welche in diesen Insulen wächst und Culilavan genennet wird / hinzu. Von beyden wird mein Herr ein Stücklein in dem Kästgen finden / und wann sie sie käuen / deren Krafft bald mercken. Bey des Herrn Brieff kame auch / ein Büchlein de Magnete luminari, auch sonsten einige Blätter / worauß ich tanquam ex ungue leonem erkennen und ersehen kunte / was die Pandectae Brandenburgicae vor ein herrlich und weitläufftig Werck abgeben würden / welches allen Gelehrten und absonderlich mir in dieser äussersten Barbarey bey so grossem Bücher-Mangel sehr nöthig seyn wird. Hierbey kommen auch zwey Stück von einer Art Pyritae oder Feuerstein / welcher aller Orthen fünffeckicht ist / und mitten in einem andern Stein wächset. Ich halte ihn vor des Plinii Androdamanta. Die Javaner poliren ihn und tragen denselben in Rüpfferne Ringe eingefasset / um sich den Sieg bey einem Streit damit zuwegen zu bringen. Die grosse Herrn in Indien bemühen sich sehr um einige Edelsteine / so des Nachts leuchten / welche sie in den Köpffen der alten Schlangen / und weiß nicht was für Drachen und Basilisken suchen. Ich habe einige dergleichen gesehen und habe noch wenige / welche alle des Plinii Dracontiis zurechne: Leuchten aber nicht zu Nacht-Zeiten / sondern sind lauter Alabaster-Steine / wie dunckele Kisselsteine oder Crystallen. Bey Gelegenheit dieser Noctilucarum kan meinem Herrn nicht bergen / daß unsere grosse See / welche die Bandamische Insulen (welche dreyssig Meilen nach Osten liegen) umgibt / des Jahrs zweymahl / nemlich im Julio und Augusto des Nachts so weiß werde / daß sie des Nachts wie Schnee leuchtet / des Tags aber wie andere Wasser außsiehet. Ich glaube / daß sich zu der Zeit ein böser Humor vermische / weilen dasjenige Theil / so des Tags davon inficiret worden / des Nachts von dem andern Wasser kan unterschieden werden. Ich bitte deswegen / das Edle Collegium bey ihnen wolle doch berichten / ob nicht aus Chymischen Secreten ein dergleichen Nacht-leuchtendes Wasser oder Aqua noctiluca aus einem Schweffelichten und mit Alaun vermischten Spiritu könne gemacht werden; welches daher glaube / weilen sehr viele Schweffel-Gruben in diesen Insuln zu finden / welche immer etwas vom alumine plumoso halten: Und glaube ich / daß im Neuen Licht obbesagter Monathen dergleichen effluvia sich dem Meer-Wasser vermischen. Was sonsten in dem Kistgen enthalten / wird der Catalogus zeigen. Womit m. HHn. in GOttes Schutz und dessen faveur mich empfehle. Dat. Amboina die 20. Sept. 1680.
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