Transkription

Schau- und Ehren-Platz Christlicher Tapfferkeit
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Schau- und Ehren - Platz Christlicher Tapfferkeit / Das ist: Aller Denck- und Ruhmwürdig - ausgestande= nen Belägerungen der Weltberühmten Römisch - Käy= serlichen Ansitz - Stadt Wien in Oesterreich; So viel derselben bey den glaubhafftesten und be= rühmtesten Geschicht - Verfassern zu finden: Wovon alle die vormalige / samt deren Anspinnungen / wie auch andern dabey vorge= loffenen Kriegs- Begebenheiten / oder betrachtsamen Fällen / und anmercklichen Beschaffenheiten / nebst einem Vor - Bericht von dem Ursprung und Auf= kommen dieser herrlichen Stadt / Durch Erasmum Francisci; Die jüngst - letzte Belägerung aber / Durch M. M. S. Ansführ- und gründlich beschrieben worden. Nürnberg / In Verlegung Balthasar Joachim und Martin Endters / 1684.
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Dem Reichs - Frey - Hoch- und Wolgebornen Herrn Herrn Sebastian von Blumberg /
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Deß Heil. Röm. Reichs Freyherrn sc. sc. Ihrer Römisch - Käyserl. Majest. hochverordnetem würcklichem Hof- und Kriegs - Raht / und der Zeit Groß - Gestandtem nach Moscau / wie auch Ihrer Königl. Majest. in Pohlen würcklichem Cammer - Herrn sc. Meinem Gnädigem Herrn. Reichs - Frey - Hoch- und Wolgeborner / Gnädiger Herr. Die jenige Kriege / so durch ein billiges und tapfres Schutz - Schwert geführt werden / seynd / vor andern / eines Lorbeer - Krantzes werth: und darunter verdiene / vor vielen andern militarischen Actionen / die streitbare Standhafftigkeit hart belagerter Städte ein unvergängliches Andencken. Man hält sonst zwar / nach dem Urtheil deß gemeinen Manns / von der Tapfferkeit hinter der Mauren / so viel nicht / als von der / die auf unbemaurter Wahlstat / mit Feuer und Schwert / um sich blitzet: Aber bey allen / die Vernunfft dem eitlen Wahn vorziehen / gilt diese eingeschlossene Tapfferkeit wo nicht mehr / doch gewißlich nicht weniger / als der Mut deß freynen Feldes: Denn sie muß sich von oben / von unten / und von der Mitte / bestreiten lassen. Die Feld-Streitbarkeit fürchtet nichts / als das Geschoß / oder Gewehr / so ihr gerad entgegen eilt: Die Streitbarkeit aber der Belagerten muß / über ihrem Haupt / an der Brust / und unterm Fuß / die Gewalt deß Feuers erwarten; muß von ihren durch Feuer-Kugeln angezündten Häusern selbsten / sich mit anfeinden und gefähren lassen. Zu dem ligt / an Erhaltung einer grossen Stadt / weit ein Mehrers offt / als an etlichen Feld - Treffen. Denn sie ist das Hertz / darnach die [ID00004] Feindliche Spitze ziele / und in demselben die Freyheit deß gantzen Landes zu erstechen trachtet. Diesem nach achte ich für solcher Städte gebührenden Ehren - Lohn / daß man ihre Standhafftigkeit nicht nur der gegenwärtigen / sondern auch der Nach - Welt ur- und ruhmkundig mache; und beynebst solches für eine helle Fackel / andre Städte / durch dergleichen Beyspiele / auf gleichen tapffren Treu - Eifer zu entzünden. Weil denn solches Ehren - Schalls insonderheit die hochrühmliche Käyserl. Residentz - Stadt Wien sich befähiget: habe ich Lust gewonnen / alle ihre Belägerungen / in diesem Tractat / zu erzehlen / biß auf die allerletzte: Welche sonst von einer gelehrten Feder beschrieben / und billig diesem Werck beygefügt worden. Denn on gleich / von solcher jüngsten Belägerung / schon unterschiedliche Beschreibungen vorhanden: ist doch eine vollkommner als die andre / und diese vortreffliche Stadt wol würdig / daß nicht nur ein oder andrer Palm - Zweig / sondern ein gantzer Wald von Palmen und Lobeer - Bäumen um sie her gepflantzet werde. Dieses mein Wercklein nun in ein desto grössers Liecht zu setzen / und die Schwachheit deß Verfassers zu ersetzen; unterstehe ich mich / selbiges Eurer Hoch-Frey Herrl. Gn. und Excellentz unterthänig zu zuschreiben: nicht zweiflend / der Glantz dero Welt - erheblichen Namens und Ruhms werde ihm weit mehr Gunst und Ansehns erwerben / weder die Einfalt deß Verfertigers. Denn wer sein Hauß / mit einem fürnehmen Schilde oder Wappen ziert / wendet demselben viel Augen zu: und also gewinnt auch ein Buch desto mehr Einblicke / wann es die Ehre hat / sich der Gnade eines hoch-fürnehmen Herrns zu empfehlen / den die Käyserliche Majestät gewürdigt / eine von Ihren und der gantzen Christen-Welt wigtigsten Angelegenheiten ihm auf die Zunge zu legen / und der auch vorher schon / bey der Kron Pohlen / zu Befördrung der / dieser Stadt heilsamen / Alliantz / manch hochvernünfftiges Krafft - Wort geredt. Ich sollte zwar anstehn / E. Hoch - Herrl. Gn. und Excell. mit diesem Geringen aufzuwarten / und dieses so kleine Füncklein unter so vielen Sternen der Ehrerbietung / womit E. Hoch - Freyherrl. Gn. und Excell. anjetzo billig überall umringet werden / blicken zu lassen: Sintemal mir / aus dem allgemeinem Ehren - Ruff deß Gerüchts / gar wol bewust / daß ich dieses einer solchen Person offerire / die / und zwar billig / als der Römisch - Käyserl. Majest. unsers Allergnädigsten Herrns / hochver [ID00005] ordneter Groß - Gesander / an zween mächtige Potentaten / von Fürsten und Herren überall / mit solchen Ehrerweisungen / die der hohen Würde deß Ministers eines so grossen Haupts gemäß / überhäuffet wird / dafür diese so geringfügige Aufwartung sich kaum eines Anmeldens zu unterfangen hätte. Aber den Mut / welchen mir die Unansehnlichkeit meines Antrags nimt / gibt Eurer Excellentz angeborne Leutseligkeit / und die sehr gnädige Erklärung / so Sie mir / vor einigen Jahren allhie / bey dero Anwesenheit / gethan / daß Sie nemlich / meine geringe Sachen keines ungnädigen Auges würdigten / mir wieder. Der halben füge ich bitten und hoffen zusammen / Sie werde nicht dero Hoch vortrefflichkeit und scharffen Verstand / sondern hohe Güte und Leutseligkeit / über dieses Beginnen leuchten lassen / und diese gohorsamste Zuschrifft gnädig aufnehmen / auch dem Verfasser mit beharrlichen Gnaden gewogen verbleiben: Der E. Excell. hohen Verrichtungen / von dem Allerhöchsten / einem so hochgesegneten Fortgang / welcher nicht allein Römisch - Käyserl. Majest. allergnädigst-beliebig / sondern auch der gesamten Christenheit erfreulich / Ihr selbsten aber / zu fernerer Hervorleuchtung dero hohen Qualitäten / und unsterblichem Ehren-Ruhm / ersprießlich sey / von Hertzen wünschet / als Nürnberg / am 30. Augusti / 1684. E. Hoch-Freyherrl. Gn. und Excell. Unterthänig-ergebnester Knecht / Erasmus Francisci.
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Kurtzer Vorbericht /
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An den hoch-gewognen und bescheidnen Leser. DEmselben werden hiemit vorgestellt alle die Belägerungen der fürnehmen Stadt Wien / samt den feindlichen Verwüstungen / so sie / in den heydnischen Zeiten / erlitten. Wie wol aber solche Belägerungen der rechte Kern und Haupt-Zweck dieser Schrifft seynd: habe ich doch / zu besserer Bedienung deß Lesers / auch andre denckwürdige Kriegs-Händel / so diesen Belägerungen anhängig / oder derselben Ursachen gewest / oder dadurch hernach weiter veranlast worden / zugleich / doch nur ihren hauptsächlichsten Umständen nach / mit beschrieben. Hoffe demnach nicht / daß mir ein Bescheidener / und Verständiger / dieses für eine Unordnung oder Verwirrung / aufnehmen werde / daß ich etliche / wiewol gar wenig Sachen / die einige Jahre / nach der vor-letzten Belägerung / allererst vorgeloffen / kürtzlich mit angezogen. Denn solche Erzehlungen werffen einen Ruck-Blick / auf die vorher geschehene Dinge: die sonst / durch Verschweigung ihres weiteren Erfolgs / und Ausgangs / in der Unvollkommenheit bleiben / und also der fürnehmste Zweck einer Histori / welcher in Beobachtung der endlichen Würckungen und Früchte dieses oder jenes Anschlags und Fürnehmens beruhet / ausgeschlossen seyn würde. Darum wird man dieses hoffendlich so wenig / als die Manier deß Plutarchi / Guicciardini / Thuani / und Andrer / verwerffen. Allervorderst aber wird hierinn / von dem Ursprunge / Namen / Aufkommen und Zunehmen / deß edlen Wiens / etwas geredt. Welches abermal / vor allen billigen Augen / bestehen wird / die zwischen einer Geschicht-Verfassung / und blossen Relation / unterscheiden wollen. Wenn aber solches fremd vorkommt / der blicke nur ein wenig in den Tacitum / und mercke auf diesen seinen Eingang / welchen er / vor Erzehlung der Verstöhrung Jerusalems / macht: Quia famosae urbis supremum diem tradituri sumus; congruens videtur, primordia ejus aperire: Und was hernach weiter folget. Zweifle demnach nicht / der geneigte Leser werde auch dieses im Besten vermercken / und diesem Wercklein einen gewognen Blick schencken.
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NAchdentlich ist es geredt / vom Valerio Maximo / Urbes esse humanarum cladium consepta miseranda, daß die Städte ein erbärmlicher Umfang menschlicher Niderlagen und Unfälle seynd. 1 Die Meinung dieser kurzen Worte reichet gar weit / sammlet gleichsam und klaubet allen Jammer / alles Elend / alle Plagen / so in der Welt antrefflich / zusammen / und schleusst den rechten Kern und Auszug derselben in die Ringmauren der Städte / als wie man eine ganze Heerde Schafe in die verzäunte Hürden treibt und einstallet. Auf dem Lande zerstreuen sich die Trübsalen in geringe Häufflein: In einer grossen Stadt / häuffen sie sich / bey Millionen. Dann wo viel Leute / da ist viel Mühseligkeit: wo viel Menschen beysammen wohnen / da begeben sich viel menschliche Unglücks-Fälle: wo viel Augen / da fliessen viel Threnen: wo viel Schlöte / da gibt es viel Rauchs. Man solte sagen / in den Städten finde man bessere Bequemlichkeit zu leben: weil mehr Leutseligkeit darinn befindlich / und die Gefellschafft an sich selbst menschlicher Natur / (sintemal der Mensch animal sociabile, ein geselliges Thier ist /) angenehmer; über das auch Künste / gute Gesetze / Sitten / Gewerbe / und Handthierungen / wie auch die daraus erspriessende Glücks-Güter / nemlich Reichthum und Ehre / daselbst als wie in ihrem rechten Pflanz-Garten / und bester Blühe / sind. Ich begehre zwar / auf solchen Einwurff / keinen Gegenwurff zu thun / noch mich in die lustige Streit-Frage allhie zu begeben / ob das Land-Leben sich vielleicht nicht grösserer Glückseligkeit berühmen könne / als das Städtische? sondern setze / es dörffte etwan die Stadt / in der Lebens-Gemächlichkeit / vor dem Felde / den Preis erhalten So stehet doch gleichwol die unleugbare Gewißheit / auf obgemeldtes Valerii Seiten / daß eben wol das meiste und häuffigste Unglück und Ungemach dieses Lebens den Städten beywohne / und diese mehr Dorn oder Disteln tragen / weder das arbeitselige Feld. Lebt man vielleicht etwas delicater in Städten; worum doch gemeiniglich die meiste Mäuler nichts wissen / weil es überal mehr Arme / als Reichen / gibt: so lebet man auch darinn kränklicher. Lebet man herrlicher / und prächtiger; so stirbt man endlich auch desto bitterer und ungerner. Lebet man in guten Tagen; so rufft ein mal der Zucht-Lehrer: Den bösen Tag nimm auch vorlieb. Findet man viel Freunde um sich; so hanget auch eine Theilhafftigkeit vieler Trübsalen daran; indem uns deß Freundes Unglück / durch Mitleiden / betrübt. Und wer hat so viel der Freunde / daß er der Feinde nicht noch [2] mehr hätte? Höret man viel Paucken und Freuden-Lieder; so höret man auch viel Leich-Glocken und Klag-Lieder. Wo ihrer viele leben; da müssen auch ihrer viele sterben. Unter vielen Gesetzen / werden die wenigste beobachtet; unter vielen Künsten / die wenigste nicht mißbrauchet. Thun sich hundert Tugenden hervor; so stellen sich tausend Laster dagegen: Und gleichwie die Licht-scheuende Einsamkeit nicht ohne Tadel; also bleibt wunderfelten die Viel-Geselligkeit ohne Sünde. Dann weil wir allesämtlich den Erb-Gifft der Sünden an uns haben; breitet sich leider die Gemüts-Ansteckung desto weiter aus / je häuffiger und überflüssiger wir conversiren; also / daß selten einer so rein heim gehet / wie er ausgieng. Hiemit wird gleichwol das Land / von allem Unglück / nicht frey gesprochen; sondern ihm nur weniger zugetheilet / als der Stadt; und zwar billig: weil / in der Stadt / ihrer auch mehr beyeinander / die es verdienen / und dem Himmel seine Ruten ablocken. Wird das Land damit gestäupt; so wird die Stadt damit gegeisselt. Das Land ist allen Land-Plagen unterworffen; die Stadt noch wol tieffer. Die einreissende Pestilenz reisset mehr Leute / in der Stadt / zur Erden / als auf dem Lande. Die Theurung drucket mehr Stadt-Armen / als Land-Armen. Dann ob gleich diese auch dabey leiden müssen; fällt es ihnen doch (wofern keine feindliche Verheerung Ursach daran) leidlicher / weder den Stadt-Leuten / die deß Lands Gnade alsdann leben / und dem Ackersmann das Getreide zahlen müssen / wie er will / auch von ihren Mitbürgern / die etwann dergleichen im Vorrath haben / nicht gnädiger gehalten werden. Entstehet eine Feuersbrunst / so geschicht viel grösserer Schade dadurch inner-als ausser der Ringmauren. In den Wasserfluten ertrinkt zwar leichter das Land / wann es unverwarnet damit überschwemmet wird / als die Stadt: aber doch muß diese auch insgemein / wofern eine ungemein-grosse Flut kommt / viel dabey einbüssen. Hingegen ruiniret das Erdbeben die Städte viel hefftiger / als das Feld / und wer / unter den einfallenden Häusern / alsdann nicht will begraben ligen; der muß heraus fliehen auf das Land. Der einige Krieg scheinet dem Lande schärffer mitzufahren / als den Städten. Weil das Feld keine Mauren zum Schilde hat / muß es mit sich / nach eines tyrannischen Feindes Discretion / umgehen / verheeren / plündern / sengen und brennen lassen. Und was über allen andren Verlust schreitet / so stehet das Leben deß Menschen / auf unbeschirmten Lande / in grösserer Gefahr alsdann / weder hinter Wällen und Bollwerken. Es werden ihrer viele / entweder in der Furi nidergehauen / und die Weiber genothzüchtiget; oder / so der Einfall von Türken geschicht / in harte Dienstbarkeit geführet. Aber ob gleich die Städte dergleichen Unglück nicht allemal überfällt / wann sie nemlich / mit einer guten Schutzwehr / und Besatzung / versehen sind: stehen sie doch in grosser Furcht / und Gefahr / daß man / mit ganzer Macht / sie bestreiten / und bezwingen mögte. Wann sie / von den Thürnen und Mauren / den Rauch angezündter Dörffer erblicken / bilden sie ihnen / von [3] den Feuerwerken deß Feindes / nichts bessers ein. Zeucht dann endlich dieser würklich heran / und belagert sie; so müssen sie alsdann am allermeisten erst empfinden / daß sie ein Umfang und umzäunter Kreis aller menschlicher Calamitäten / hingegen die Leute auf dem Lande nun in viel erträglicherm Zustande seyen / weil sie der Tyranney deß Erb-Feindes / nach vorher erschollenem Anzuge desselben / entrinnen / oder / dafern ein Feind von Christlicher Nation das Land über zeucht / weiter nichts / als beschwerliche Einquartirung / und bisweilen auch die Plünderung / welche doch gleichwol denen / die ihr Bestes in Sicherheit gebracht haben / nicht alles nehmen kan / ausstehen dörffen / manches mal auch wol / durch Salvaguarde / davon befreyet bleiben: ausbenommen / wann heutiges Tages die redliche Franzosen das Land besuchen / derer unerhörte Grausamkeit / eine Zeit hero / in Ruinirung der Felder und Dörffer / von keinen Barbern sich übertreffen lässt / und zu einer sonderbaren Geissel deß erzörnten GOttes bestimmet ist. Gegentheils darff das Land sich nicht canoniren / bombardiren / noch einsperren / und alle Augenblicke / durch die spielende Feuer-Mörsner / zu einer Todes-Furcht verbinden lassen. Der verjagte und ruinirte Landmann bringet doch sein Leben zur Beute davon / samt der Hoffnung / dermaleines / von seinen Feldern / die ihm nicht weglauffen / sich zu erholen / und seine Nahrung wieder aufzurichten. Der Stadt-Mann muß bey einander aushalten / seine Ringmauren haben ihm alle Freyheit eingemauert: sein Kopff bleibt täglich dem Unglück der einschlagenden Granaten / und eingeworffenen Feuerballen unterworffen; sein Haus der Anzündung. Er wird nicht nur / mit dem Kriegs-sondern auch Hungers-Schwerdt / geschrecket / Tag und Nacht / mit Lärmen und Wachen / verunruhiget; dazu mit stündlicher Angst gequälet / so die Stadt vielleicht durch Gewalt übergienge / daß er / in der Hitze / erwürget / sein Weib / samt den Töchtern / geschändet werden dörffte. So viel Stücke wider die Stadt los gehen / so viel Donnerschläge scheinen ihm solchen Jammer / mit brüllender Stimme / anzudräuen. Weßwegen / bey solcher Zeit / die meisten wünschen / sie stünden mitten im Walde / und nicht in solcher Einsperrung oder versperrtem Angst- und Schrecken-Kreis. Diesem nach können / bey solcher Beschaffenheit / nemlich unter einer Belägerung / die Städte insonderheit ein Begriff / oder Umfang / und Noth-Stall / aller menschlichen Unglücks-Fälle genannt werden. Dann da regiren alsdann Schwert / Feuer / Theurung / auch wol vielmals allerley Seuchen / als Ruhr und Pestilenz: da werden ihre Ohren und Augen nicht allein durch das Krachen deß Geschützes / und Hinfallen der Erschossenen; sondern auch durch das Geschrey / und durch die Threnen ihrer verschmachtenden Kinder / beschmerzt. Und gesetzt das / in die Rappuse gehende / Land müsse nichts leidlichers ertragen: so hat es doch derer / welche unter einer solchen Angst-Presse stecken / so viel nicht / auf einem Hauffen / beyeinander / als wie die belagerte Stadt. Ja man kan auch eben darum noch so viel mehr die vesten Städte humanarum cladium consepta, Behal [4] ter oder Begriffe menschlicher Niderlagen und Leid-Fällen heissen / weil sie eben der rechte Aug-Punct und das Centrum sind / worauf die gemeine Ruinirung deß Landes zielet. Darum zeucht eigentlich ein mächtiger Feind herauf / und bedecket das Land sowol mit Kriegsvölkern / als mit Plagen / daß er / die mächtigen Haupt-Städte desselben / will einnehmen / und entweder zerbrechen oder besitzen. Darum hat ja Frankreich so manches Niderländisches Feld so abscheulich zugerichtet / und verderbet / daß es die Städte desselben desto leichter bezwingen mögte. Und wodurch wird manches Fürstenthum / ja manches Reich / unter das Joch gebracht / als durch Verlust seiner Haupt-Schlüssel / das ist / der Vestungen und befestigten Städte? So bald eine ansehnliche Grenz-Stadt berennet wird / hat sich auch das Reich / dem sie einverleibet ist / mit Gefahr der Dienstbarkeit umringt / zu schätzen. Und welches den Städten solches Beschwer vermehret / ist dieses / daß sie nicht nur von dem Feinde / sondern auch von ihrem eigenen Herrn / sich bestürmen lassen müssen / wann sie in feindliche Hand gerathen / oder mit Aufruhr / die eben wol ein grosses Unglück / behafftet sind. Weil nun Könige und Fürsten / gar leicht uneins / und ihre Verträge bald gebrochen werden: hat sich auch eine Stadt nicht übrig lange der Ruhe / noch sicheren Handels und Wandels / noch ihrer zierlichen Gebäue und Lust-Häuser / zu getrösten; sondern muß / so bald nur zwischen hohen Potentaten eine Strittigkeit sich anspinnet / erzittern / und samt dem Bruch deß Land-Friedens / auch einen Bruch ihrer Mauren / Thürne / und aller Glückseligkeit besorgen. Solches vor Augen zu stellen / könnte man jetzo die Fürstinn deß Italiänischen Prachts / die reiche Stadt Genua / in ihrer Asche / darunter sie mehr / als halben Theils / durch die Französische Bombardirung / gebracht / oder die vor etlichen Jahren / vom Kriege übel zugerichtete Pommerische Städte / Stettin und Stralsund / oder das uralte / doch auch vielmals bestrittene / jetzo aber wider alle Friedens-Parole / unstreitbar und wehrlos gemachte Trier / nebenst vielen andern Städten / zu Mustern vorstellen: Wir wollen aber nur die einige Welt-berühmte Stadt Wien in Oesterreich / daran ein grosses Stück der Welt / der weit-reichenden Handlungen halben / ja die ganze Christenheit / gegen Abend / einen Theil ihrer Wolfarth hat / weil es eine Vor-Maur deroselben wider den Türken ist / allhie vor und nehmen / und wie manchen allgemeinen Angst-Schweiß sie / innerhalb ihrer Mauren / ausgestanden / wann sie von feindlicher Gewalt eingeklemmt / oder durch innerliche Unruh / Zwiespalt / und Meuterey / ihr selbsten / und ihrem hohen Oberhaupt / vormals eine Last worden / aus den fürnehmsten und glaubhafftesten Scribenten erlernen; das ist / alle Belägerungen / womit diese Krone der edlen Städte jemals (so viel man / aus den alten und neuen Schrifften / derselben wissen kan) sich bedruckt gefühlt / beschreiben: mit der Hoffnung und Wunsch / daß niemals solche Anzahl ihrer Belägerungen vermehrt werde.
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Zuvorderst aber will ich / von ihrer Gelegenheit / einen kurzen Bericht ertheilen: sintemal ihre Welt-leuchtende Vortrefflichkeit sich selbst bekandter macht / als daß man ihr viel Worte und Federn leihen müßte / damit sie sich / mit ihrem Ruhm weit und breit könnte herum schwingen. Es dienet ihrem Gerücht dieses genugsam zu Adler-Flügeln / daß sie nun viel Jahr hero / von den Fittichen deß Römischen Adlers / überschattet wird / und derselbe / will sagen / das höchste Haupt deß Römisch-Teutschen Reichs / in ihr sein gewöhnlichstes Hof-Lager von 246. Jahren her hat: Wiewol doch nicht / unausgesetzt. Dann ob gleich der Author deß wol- und zierlichbeschriebenen Donau-Stroms gedenkt 2 sie sey von 1445. an / ein Käiserlicher Sitz geblieben; muß doch solches nicht so genau genommen / sondern nur von der mehrern Zeit / verstanden werden; dann Ladislaus / König in Ungarn und Böhmen / Käisers Alberti deß Zweyten Sohn / besaß zwar / als zugleich ein Erz-Herzog von Oesterreich / auch die Stadt Wien; doch nicht / wie sein Herr Vatter / als zugleich ein Römischer Käiser; hielt darzu auch nicht stets daselbsten Hof; sondern bisweilen auch zu Ofen / oder anderswo / wiewol mehrentheils zu Wien. Hernach unter der Regirung Käiser Friederichs / kam Wien in deß Ungarischen Königs Matthiä Corvini Gewalt / und beharrete darinn / so lang er lebte. Aber nach seinem Tode / nahm es der Römische König / Maximilian / wieder ein; wie unten mit mehrern soll angezeigt werden. Diese herrliche Stadt solle ihres Namens Ursprung von einer Squadron deß Römers Fabii / welche daselbst ihre Lager gehabt / erlangt haben: Sintemal daher der Ort Castra Fabiana genannt worden. Wovon man mit der Zeit / das Wort Castra ausgelassen / und allein Fabiana gesprochen; hernach / als endlich die Gedächtnis der Fabianischen Squadron veraltet war / auch die vorderste Sylbe deß Worts Fabiana abgebrochen / und Bian nur gesagt. Welches Wort / mit folgender Zeit / wiederum einige Veränderung erlitten / also / daß man das a in ein e verwandelt / und also Vienna (oder Bienna) nur geblieben. Diesem ist endlich auch das letzte Glied (oder Sylbe) nemlich na abgezwickt worden / und also Bienn oder Vienn, und zu allerletzt Wien heraus gekommen. Wie hievon Lazius milderen Bericht gibt. Bey theils Scribenten findet man / für Fabiana, Fabianis und Favianis. Cuspinianus will / sie habe Flavabis geheissen / und solchen Namen aus der Gothischen Sprach empfangen: Darinnen ihm aber Welserus, in seinen Anmerkungen über das Leben S. Severini abstehet. 3 Etlichen sihet es gläublich / Flavius Fabianus, der Römische Landpfleger / habe diesem Ort seinen Namen erblich hinterlassen. Es kan aber meines Ermessens / der Nam Wien eben so bald / von den alten Einwohnern deß Landes / und ihrem damaligen Namen Vendebona, herquellen. Dann Vendebona und Wendenwohne oder Wenden-Wohnung / seynd im Laut einander am nechsten verwandt. Wo [6] von / nach langen Jahren / die kurze Aussprache die drey hinterste Sylben weggeworffen / und allein die vorderste Ven oder Wen behalten: Welches mit der Zeit die hohe Red-Art so gezogen / daß das e ini oder ie sich verschallen müssen. Angemerkt / noch heut / ihrer viele diesen Namen so aussprechen / daß es vielmehr Ween / als Wien / lautete. Wann ich aber mein geringes Bedunken hiebey eröffen solte; bliebe ich bey der vorletzten Ableitung (oder Derivation) nemlich von der Wenden-Wohne; soviel das Wort Wien / und Vendebona betrifft: Und streite es dannoch darum nicht / daß man sie eben so wol Fabianis (oder vielmehr Favianis) geheissen; Besorge aber / daß die jenige vielleicht in ihrer Mutmassung sich betriegen / so diesen Namen Fabianis, von dem Fabio, oder Castris Fabianis, herziehen. Und gleichwie ich mich deß Welt-berühmten Gestirns unter den Gelehrten / deß Welseri Meinung gern unterwerffe / daß Cuspinianus hierinn irre / wann er sie nach einem Gothischen Wort Flavabis benamst wissen will / dazu ihn / Ruhm-gedachtens Welseri Urtheil nach / etwan ein nicht correct - gedrucktes Buch verführt haben mag; Also halte ich doch gleichwol unterdessen für das Gewisseste / der Nam Fabianis oder Favianis sey ehemals dieser Stadt / aus der Gothischen Sprach / angewachsen / und sie nach einem Gothischen Könige also genannt. Dann man findet / beym Eugippio / einem alten Scribenten / der ums Jahr 509. geflorirt / daß zu den Zeiten S. Severini / nemlich mitten im fünfften Seculo, ein Gothischer König / derer Gegenden geherrschet / welcher von diesem Authore Felecteus, und Fava; vom Cassiodoro, Febanus; vom Aventino, Filitheus, Favia und Favianus, benamset wird. Entweder nach diesem / oder einem andern gleich also benamten Gothen-Könige / hat vermutlicher Wien vormals den Namen Favianis, oder Fabianis gewonnen / weder von den Castris Fabianis, oder Römischem Winter-Lager. Es seynd auch / vor Alters / ihre Bischöffe / Episcopi Fabianenses oder Favianenses, ingleichen Vigennenses, genannt worden. Angeregter Eugippius erzehlt / im Leben S. Severini / König Fava habe / damit seine neue Regirung desto gesegneter seyn mögte / gar gnädig und fleissig / den heiligen Severin (welcher damals / nechst bey der Favianis, oder Wien-Stadt / eine Zeitlang sich aufgehalten) besucht; aber seine Gemahlin Gisa / durch ihre boshaffte Reitzungen / ihn vielmals / von der Gelindigkeit / zur Schärffe und Strengheit abgerissen. Wie es dann solcher hochmütigen Fürstinnen noch wol mehr in der Welt gibt / derer kleiner Finger dicker ist / dann deß Fürsten (oder Königs) Arm oder ganze Faust / und die das Land so lange drucken / bis sie / vom Grab und von der Höllen / unterdruckt werden. Sie (die eine Arianische Ketzerin muß gewesen seyn) hat sich / unter andern / erkühnen wollen / etliche Catholische Leute umzutauffen; solches doch gleichwol / weil ihr Herr / aus Ehr-Forcht gegen S. Severin nicht drein bewilligte / einstellen müssen; nichts aber destoweniger sonst die Römische Leute (so wurden die Einwohner dieser Gegend / von damaligen [7] Scribenten genannt / weil die Römer diese Landschafft mehr bevölkert / und besser bebauet hatten / auch nebst der Christlichen Religion / die Römisch-Griechische Policey-Ordnungen und Gesetze daselbst eingeführt waren /) mit harten Auflagen und Frohn-Diensten beschwerte / etliche derselben / auch wol gar / auf der Donau / hinweg führen ließ. Da nun diese böse Stieff-Muter deß Landes einsmals / in dem nechsten Flecken bey Wien angelangt / und Befehl gegeben / man solte ihr etliche zu Wasser holen / die sie zu den allerverächtlichsten Diensten / gebrauchen mögte: Hat der Gottes-Mann / Severinus / jemanden zu ihr abgesandt / mit Bitte / solche weggenommene Leutlein wieder los zu lassen. Worüber sie sich hefftig entrüstet / und ihm im Zorn diese scharffe Worte entboten: Bleib du / Knecht GOttes / in deiner Zellen / für dich / und bete; und laß uns / mit unsern Knechten schaffen / was wir wollen. Welches auf Teutsche Manier / soviel gesagt war: Warte du deines Gebets / und laß uns ungereformirt / die wir uns / von dir / nicht vorschreiben lassen / was wir / mit unsern Knechten thun oder lassen sollen. Er hat aber denen / so ihm solchen kurzen Bescheid überbracht / zur Antwort gegeben: Ich habe das Vertrauen / zu dem HErrn JESU Christo / die Noth werde sie wol lehren / zu thun / was ihr verkehrter Will verschmähet. Es ist ihr auch bald die Erfahrung in die Hand gekommen / und der Hochmut gelegt worden. Sie hatte etliche Gold-Schmide / die ihr einige Königliche Kleinodien / und allerhand andre köstliche Arbeit machen musten / eingesperrt / und mit Schild-Wache besetzet; zu denen gieng eben des Tages / da sie dem Mann GOttes so verächtliche Antwort gegeben / ihr kleiner Prinz Friedrich hinein / aus Kindlicher Neu- und Spiel-Lust. Demselben setzten die Gold-Schmide / aus verzweifeltem Uberdruß ihres langwierigen Verhaffts / einen Degen ans Herz (vielleicht denselbigen / welchen er etwan selber / als ein Königlicher junger Prinz / an der Seiten getragen) und schrien / wofern jemand / zu ihnen würde hineintretten / bevor man ihnen eidlich ihre Freyheit versprochen hätte / so wolten sie gleich dem Königlichen jungen Herrn die Spitze durchs Herz stossen / und hernach sich selbsten gleichfals erstechen; weil sie doch sonst von langer Gefängnis keine Erledigung hoffen könten / und ihnen / solcher Gestalt / der Tod lieber wäre / als das Leben. Wie dieses die Königin erfahren / hat sie Augenblicks / zum S. Severin / einen Currier abgefertigt / um Verzeihung gebeten / daß sie seine Bitte abgeschlagen / und sich damit an GOtt versündigt / der hingegen sie jetzo / zur Straffe / in diese Angst gestürzt hätte. Zugleich seynd auch / nebenst besagten Gold-Schmieden / alle Gefangene / also fort auf freyen Fuß gestellet worden. 4 Man lieset auch / bey demselbigen Eugippio, in der Stadt Favianis (oder Wien) sey einmal eine grosse Hungers-Noth entstanden: Weswegen die Einwohner diesen heiligen Mann / aus der Stadt Comagenis, da er vor dem sein Bleibens gehabt / mit einer ehrlichen Absendung zu sich erbeten. Als nun GOtt ihm / im Ge [8] sicht befohlen / er solte zu ihnen hinziehen; hat er die Bürger vertröstet / wann sie redliche Früchte der Busse thäten / würden sie / von dieser Theurung / befreyet werden. Indem sie / solcher Vermahnung gemäs / einen guten Anfang machen; wird dem H. Severin / von GOtt / geoffenbart / eine Wittwe / Namens Procula / habe viel Getreids versteckt. Worauf er dieselbe offentlich vorgefordert / und ihr diesen harten Verweis gegeben: Warum begibst du dich / die doch eines so hochadelichen Herkommens ist / deiner unersättlichen Begierde zu einer Magd / und dem Geitz zu einer Leibeignin / welcher / wie der Apostel lehrt / ein Götzen-Dienst ist? Sihe! der HErr wird / anch ohne dich / seinen Dienern schon Rath zu schaffen und sie / nach seiner Barmherzigkeit / zu versorgen wissen: Hingegen wirst du nicht wissen / was du / mit deinem übel erworbenem Gut / mögst anfangen; ohn daß du etwan das / lang vorenthaltene und verweigerte Getreide / in die Donau werffest / und die Leutseligkeit den Fischen erweisest / welche du den Menschen entzogen hast. Darum komm vielmehr dir selbsten (dann du hast Zeit) zu Hülffe / als den Armen / von dem / was du zu behalten / und aufzuheben / vermeinst / in dem Christus Hunger leidet. Uber solcher Rede / ist die Frau gewaltig erschrocken / und durch diese Bestraffung nicht anders ihr Gemüth gebrochen worden / als wie eine grosse Dürre / durch den Blitz unterbrochen / und in einen fruchtbaren Regen verändert wird: Dann sie hat angefangen / alsofort den Dürfftigen das Korn mildiglich auszutheilen. Nicht lange hernach / seynd auch viel Schiffe / soviel Tage lang / auf dem Yn-Strom / im Eys / arrestirt gelegen / mit vielem Getreide angeländet; worauf / zur Stunde die Theurung verschwunden. 5 Dieses hab ich / zu mehrer Bescheinigung / daß der Nam Favianis, gar leicht / von einem Gothischen Könige / herstammen könnte / eingemischt: gleichwie von demselbigen / auch der Nam Vendebona, und Wien / entspringen kan. Angemerkt / die Gothische Könige sich gleichfalls Könige der Wenden geschrieben / und die Windischen Mark ebenfalls / von den Wenden (die man auch Winden hieß) ihre Benamsung hat. Wann aber die allerersten Einwohner deß Oesterreichs seynd Wandaler gewesen; und von den Sclavis, einer Scythischen Nation / so man hernach Venedos oder Wenden geheissen / vertrieben worden (wiewol man nachmals dannoch diese selbst-eingedrungene Völker / eben so wol auch / mit dem Namen der Vertriebenen / nemlich die Wandaler / genannt) muß der Nam vielmehr / von selbigen ersten Einwohnern / weder von denen lang hernach / nemlich bey geschwächter Macht der Römischen Käiser / herrschenden Gothischen Königen / herrühren. Unterdessen bleibet dannoch unwidersprochen / daß die Römer ehedessen / zu Wien / nemlich nach besagten Wandalern / Wenden / oder Sclaven / ihr Winterlager gehabt: als welches / aus den Römischen Geschicht-Büchern / erfindlich [9] ist. Und will der Author deß Ehren-Spiegels deß Erz-Hauses von Oesterreich es auch damit beweisen / daß die Stadt Wien / nach der Römischen Legion Fabiana benamset worden (nachdem sie vorher Vendebona geheissen) weil dieselbige Legion auch mit einem andern Zunamen / Legio X. Alaudarum genannt worden / von den aufgespitzten Sturm-Hüten / welche den Häublein der Lerchen gleich sachen; oder / weil sie Lerchen in dem Panier führte / (wiewol Plinius / und Suetonius / melden / sie sey / von den Galliern / nach diesem Vogel benamset worden.) Daher nachmals die Marchgrafen von Oesterreich fünff güldene Lerchen / im blauen Felde / zum Wappen behalten. Nicht unglaublich fiel sonst auch deß Hernolai Mutmassung / daß Wien deß Plinius sein Viana sey: 6 wann sich deß Namens Viana nicht andere Oerter mehr hätten anzumassen Man gibt aber jedwedem hierunter die freye Wahl / das Scheinbarste anzunehmen. Unterhalb der Stadt laufft ein kleines Fließwasser / welches sich nach ihrem Namen nennet / und unfern von den Stadt-Gräben der Donau einfließt: die der Stadt gleichwol nicht ihren Haupt-Strom / sondern nur einen Arm / und gleichsam also eine Hand reicht / auch vermittelst derselben die Schiffe der Stadt zu sich ziehet: nachdem das Wasser hoch oder klein. Wem die allererste Gründ- und Erbauung dieses Orts zuzumessen sey / davon hat man keinen recht eigentlichen Grund; sintemal solche uralte Verrichtung / von der langen Zeit / ausgelescht / und in die Gemein-Grube aller vergänglichen Dinge / nemlich in Vergessenheit / begraben worden. Jedoch stehet unschwer zu erachten / es sey / von den Wandalern und Wenden / als deß Landes ersten Besitzern / geschehn: und versichert uns die Nachricht Römischer Schrifften / daß Wien / oder Wen / allbereit zu Käisers Augusti Zeiten / ein bewohntes Ort gewest; wiewol damals annoch nicht der vornemste und berühmteste in diesem Ost-Reich; sondern nur noch von geringer Consideration / und so ansehnlich nicht / wie die Stadt Carnuntum (oder Carnuntium) so damals an der Donau stund. Julius Cäsar kam am ersten / 54. Jahr vor Christi Geburt / ins Illyrium / auf Ordre deß Römischen Senats / mit etlichen Legionen; und also auch in diese Gegend. Nach ihm / zoch Augustus gleichfalls dahin / und bemächtigte sich deß Donau-Stroms; um von dannen / über Teutschland / das Römische Joch zu werffen. Drittens / soll / unter der Regiments-Zeit Tiberii / Flavius Fabianus dahin gelangt seyn / und zu Vindebona das Haupt-Quartir / oder vielmehr beharrliche Wohnung / genommen haben: wodurch die Stadt angefangen / einiges Ansehn / und gute Nahrung / zu gewinnen. Nachdem aber die Römische Käiser / Vefpasian und Trajan / mit ihren Legionen / oder Kriegs-Regimentern / sich daselbst offt gelagert und aufgehalten / soll Wien in grösseren Aufwachs gelangt seyn.
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Bonfinius mißt ihrer Ringmauer zweytausend Schritte zu / mit Vermeldung / daß selbige Mauer / aus- und inwendig / mit einem Wall umgürtet; damit sie / für dem Geschütz / desto sicherer stehen mögte. Welche Mauer und Fortification doch nachmals / im Jahr 1529. unsre Teutsche Kriegs-verständige Generalität gar nicht hat loben / noch für sonderlich / streitbar / wider einen harten Angriff / erkennen wollen; wie unten / bey Beschreibung der Solymannischen Belagerung / wird erzehlet werden. Der Krieg bekommt / mit der Zeit / immer schärffere Augen / in seiner Kunst; wiewol auch die Bekriegte desto nässere. Der Graben war damals dreissig Schuhe tieff / und so breit / daß ein Pfeil darüber ermüden kunte; drunten auch eine Spring-Quelle / wovon man / auf erheischenden Nothfall / den ganzen Graben kunte bewässern. An grossen und schönen Vor-Städten / mangelte es damals auch schon nicht: womit die Stadt / wie eine Burg / umgeben / und so viel die Zier der Gebäue betrifft / zum Wert-Streit ausgefordert ward. Es hat aber die Stadt / sowol an Grösse / als Pracht und Zier / wie auch Menge deß Volks / von Zeit zu Zeiten / mehr und mehr zugenommen / und ist / unter Ferdinandi III. (glorwürdigsten Andenkens) Regirung / ihr Umfang auf eine halbe Teutsche Meil geschätzt. Ersagter Bonfin rechnet die Anzahl ihrer Einwohner / zur Zeit der Belägerung Königs Matthiä in Ungarn / auf funffzig tausend Seelen / ohn die Kinder / (und vermuthlich auch ohne die Weiber.) Die Merianische Beschreibung sagt (zu den Zeiten aller höchstermeldten Käisers Ferdinandi III.) von sechzig tausend / in- und ausserhalb der Stadt: welches ich aber / der ich / kurz nach Einruhung selbiges preiswürdigsten Käisers / Wien gesehen / für viel zu wenig achte / so man die damalige Vor-Städte mit drein gehen lässt. Dahero auch angezogener Merianischer Bericht recht hinzu setzt / man könne gleichwol wie Gewißheit dessen / nicht eigentlich erfahren / noch wissen; weil es da grosse und weitsichtige Vor-Städte habe / darinnen viel herrliche und schöne Gärten / mit ihren Lust-Häusern / worinnen sich viel Leute aufhalten können. Wie es dann zu Friedens-Zeiten alles voll steckt. Hiezu kan auch dieses gezogen werden / daß es / bey vielen grossen Häusern / sehr tieffe / weite / und ansehnliche Keller gibt / in welchen man Stuben findet / weßwegen man spricht / Wien habe nicht weniger Gebäue unter-als über der Erden. Unter jetzt / GOtt gebe lang- und glücklich-regirender Römisch-Käiserlicher Majestät / hat sich Wien / zumal mit seinen Vor-Städten / noch besser ausgebreitet: Daher leicht zu erachten / daß auch die Menge der Leute eine Vermehrung gewonnen; wann nicht die Vertreibung der der Hebräer etwan einen zimlichen Abzug (oder Minderung) verursacht hat. Ich gestehe auch dieses gern / daß die grosse Menge der Fremden / welche ab- und zureisen / die Anzahl in Ungewißheit bringe / und wann dieselbe solte abgerechnet werden / alsdann wol nicht viel über funffzig oder sechzig tausend Mannspersonen / in- und ausserhalb der Stadt / sich befinden dörfften. Ja ich zweiffle / ob jetziger Zeit / nachdem die jüngste Pest / samt der letz [11] ten Belägerung / so viel Menschen eingeerdigt / viel über vierzig tausend wonhaffte Personen annoch mögten wiederum vorhanden seyn. Wiewol einige ausgeben / daß man / Anno 1678. bis in eilffhundert tausend Seelen / (Weib / Kind und Gesind aber mit gerechnet /) in der Stadt und in den Vor-Städten verzeichnet habe. Die Stadt prangte schon vor etlich hundert Jahren / nemlich zu Käiser Friederichs deß Vierten Zeiten / mit schönen Häusern und Palästen: und hat / seit dem / weit mehr daran zu-als abgenommen. Was aber die jüngste Belägerung ihr für eine Gestalt hinterlassen / ist bekandt / und zu wünschen / daß ein güldener / und der ganzen Christenheit gedeilicher / Friede solchen Schaden bald hundertfaltig / ersetze!
Unter den geistlichen Gebäuen / als Kirchen und Klöstern / derer Anzahl und Erzehlung meines Vorhabens nicht ist / wird billich die herrliche Thum-Kirche / S. Stephan / vor andern / verwundert / sowol ihres prächtigen Baues und innerlichen Zierraths / als stattlicher Monumenten wegen. Und diese GOtt-geweihete Pracht wird sonderlich / durch den hochansehnlichen dicken / und künstlich-durchbrochenen Thurn / erhöhet. Daran man / Anno 1340. (oder wie andere rechnen 1363.) den Grund gelegt / und ihm Anno 1437. (sofern dem Gerard de Roo mehr zu gläuben / als andern / die dafür das Jahr 1400. setzen /) nemlich sechzig Jahr hernach / allererst seine Vollkommenheit geliefert. Man schätzt ihn billig für den stärksten / nicht allein in Oesterreich / sondern auch in ganz Teutschland. Er triumphirt / über alle andre Spitzen dieser Stadt / mit einer Höhe von 480. Werk-Schuhen; hat 436. Staffeln / und über das noch / an Leitern 200. Sprösseln. Er ist / wie ihn Bonfin beschreibt / acht-eckicht / steigt Kegel- oder Pyramidal-förmig auf / und wird seine Zuspitzung / mit einem Apfel oder Knopf gekrönt. Man schauet daran / nach dieses Historici Beschreibung / so viel Götter (wodurch er aber Heilgen-Bilder versteht) und so viel künstlichst-ausgehauene Steine / daß man / in der Welt / nichts schau-würdigers antrifft. Und solches bestetigte mir auch der Augenschein: wiewol das Alter und die Gewonheit viel kunstbare Sachen den Anschauenden unverwunderlich machen / über das / unter jüngster Türkischen Belagerung / das feindliche Geschütz ihn übel zugerichtet haben soll. Es befindet sich allhie auch eine berühmte Universität: die Käiser Friederich / der Zweyte / im Jahr 1237. gestifftet / und ansehnlich privilegirt / auch hernach andre Potentaten deß Hauses Oesterreich noch mehr und mehr / zu grösserm Aufnehmen / befördert haben. Daher sich / manches mal / bis in siebentausend Studenten / sonderlich zu Bonfinii Zeiten / daselbst aufgehalten / nicht allein / von Oesterreichern / Rheinländern / Ungarn und Sachsen / als in welche vier Nationen anfänglich diese Academie war eingetheilt / besondern auch aus andern Ländern. Unter den weltlichen Gebäuen / schätzt man billig / für die fürnemste / die alte und neue Käiserliche Burg / wie auch die Erzherzogliche: hernach das / mit Geschütz und Munition gemeinlich wol-ausgerüstete / Zeughaus; ingleichen das Land [12] haus / so den Land-tägigen Zusammenkunfften der Nider-Oesterreichischen Stände gewidmet ist; das Rathhaus; den Käiserlichen Marstall; die Münze; das Hasen-Haus / in der Kärner-Strassen / und den Heiden-Schuß / so von den alten Hunnen also genannt worden; wie auch sonst andre öffentliche Gebäue mehr. Ausser der Stadt / hat man seine Augen - Weide an dem schönen Garten-Werk: darunter / bey meiner Anwesenheit / der Käiserliche Lust-Garte / vor andern / wie billig / den Preis führte: wie nicht weniger an den zierlichen Lust-Häusern / und Thier-Garten / so man den Brater nennet. Wiewol die neuliche Belägerung / von den meisten Lust Gebäuen / nur die Asche übrig gelassen / und in den Lust-Gärten ein unlustiger Jammer-Gesang erschollen / nemlich die Klag-Stimmen der armen gefangenen Christen / welche der verdammte Blut-Hund / der Groß-Vezier / darinn / wie eingesperrte Thiere / aufbehalten / bis zum Abzuge oder zum Abwürgen. Zu solcher Garten-Lust / gibt die Donau treffliche Bequemlichkeit / weil sie / unweit davon / eine Lustreiche Insel formirt / die insgemein mit fruchtbaren Bäumen besetzt ist / und das Stadt-Volk zu sich heraus lockt / auf einen Spatzir-Gang / frölichen Reigen / und andere zimliche Ergetzlichkeit der Jugend. Es hat auch die ganze umligende Gegend keinen unlustigen Platz / noch einiges Anmahl / wodurch die Gestalt ihrer Anmut befehlert würde; wann ihr nicht etwan ein grausamer Feind die Merk- und Denk-Mäler seiner Tyranney hinterlässt. Mehr angezogener Bonfin lobt die Wienerische Gegend gewaltig / und begehrt dafür die Lieblichkeit Italiens nicht zu nehmen / wann Oesterreich nur seiner Ruhe und Friedlichkeit versicherter wäre. Er rühmt das Land um Wien insonderheit / wegen / der häuffigen Obst- und Wein-Gärten / womit es überal gesegnet. Welchen Ruhm diese Gegend auch noch / bis an die jüngste Verwüstung / behalten; hoffentlich aber bald wiederum / durch guten Fleiß / erlangen wird. Die Vorbey-Strömung erstberührter Donau / flösset der Stadt viel Vortheils zu: sintemal man nicht allein / aus dem Reich / durch denselben / schleunig hinab gen Wien befördert wird / und allerley Sachen der Sadt behände zuführt; sondern auch sie selbst / von dannen / mit grosser Bequemlichkeit / Völker / oder Munition / oder Güter / oder Victualien / nach den Grenz-Vestungen / und theils andren Ungarischen Städten / hinab schickt. Sie ligt auch sonst / zur Handlung / welche bey ihr sehr florirt / sehr bequem: und hat nicht allein Ungarn / nebst den Käiserlichen Erbländern / sonder auch Italien und Teutschland / imgleichen / ausser Kriegs-Zeiten / die Türkey / darinn mit ihr gar viel zu schaffen: gestaltsam es eine ansehnliche Niderlage von fürnehmen Handlungen daselbst hat. Welches / nebst der Käiserlichen Hofstadt / ihr bey des ein grosses Vermögen / und auch eine grosse Menge Einwohner und Fremdlinge / verursacht. Wiewol dazu auch Ursach gibt die Fruchtbarkeit deß umligenden Bodens / sonderlich obangeregter herrlicher Weinwachs / womit sie so reichlich gesegnet ist / daß man sie nicht unbillich für Wien mögte Wein nennen.
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Doch gleichwol ist ihrem Wein (der Glückseligkeit) zu unterschiedlichen malen / eine unbeliebte Sylbe zugewachsen / und ihr / für den Wein / das Weinen ausgepresset worden / durch feindliche Drangsal und Gewalt; sonderlich im Jahr 520. nach Christi Geburt: Da sie / in Threnen und Blut / gar zerflossen: Weil ihr die zu der Zeit noch heidnische Bayeren / mit Schwert und Feuer / so grimmig zugesetzt / daß sie / ganzer fünffhundert / oder / nach andrer Scribenten Rechnung / aufs wenigste 400. Jahre lang / unter ihrem Ruin begraben gelegen / und dem Vorbeyreisenden ein trauriges Denk-Mal ihrer Zerstörung gewiesen. Wiewol ich dafür halte / daß die Authores / welche sie 500. oder ganzer 400. Jahre wüst ligen lassen / sich um etwas verrechnen. Die Merianische Topographia setzt 400. Der nunmehr ruhende Verfasser deß Donau-Stroms aber 500. Jahre / in welchen die Stadt wüst gelegen: Und fügt dieser letztre hinbey / die erste Marchgrafen in Oesterreich hätten nachmals ein Jäger-Haus auf den Platz gebauet / welches / weil es ganz mit Birken / und andern wilden Bäumen / verwachsen war / der Birkhof / oder Perkhof / genennet worden: Nachmals / zu Herzog Leopolds deß Heiligen Zeiten / habe die Jäger-Pursch neben dem Land-Volk / angefangen / daselbst ein klein Wesen wieder anzubauen / und das Gestrüttig auszureuten. Und wie der Oesterreichische Ehren Spiegel (am 165. Blat) berichtet / so soll von der Zeit an / daß dieser Herzog Leopold König Stephan den Zweyten geschlagen / auch die Ungarn ganz aus Oesterreich verjagt / Wien allgemach sich wiederum / etwas erholt haben; hernach aber / um das Jahr 1160. als dessen Sohn / Heinrich / seinen Hof-Sitz vom Kalenberg herab / dahin verlegt / der Ort noch besser in Aufnahm gekommen seyn. 7 In dem Ehren Spiegel deß Erz-Hauses Oesterreich / welchen eben dieser Author / mit seiner zierlichen Feder / gar schön polirt hat / wird erzehlt (am 155. Blat zweyten Theils) wie Herzog Theodo (oder vielmehr damals König) in Bayern / König Adelgers Sohn / den Römern das Ostland / oder Oesterreich / abgenommen / und nach ihm / sein Sohn / Theodo der Ander / neben andern vesten Städten / auch Wien zerstöret; welches / wie gedacht / von dem an / 500. Jahre sollte öd gelegen seyn: Worauf dieser Theodo der II. über alle seine eroberte Länder / vier Marchgrafen geordnet; unter denen Graf Hierand Oesterreich / unter seine Aufsicht / bekommen. Allein der hoch-vortreffliche Welserus erweiset / in seinem 3. Buch Bayerischer Geschichte / daß die Bayerische Historici hierinn ihrem Vatterlande allzuviel zugeschrieben / und Theodo solches / für dem großmächtigsten Gothen-Könige / Theodorico / (oder Dieterich) in Italien / unter welches (und nicht unter der Römischen Käiser) Botmässigkeit / damals diese Länder an der Donau lagen / nicht hätte wagen dörffen; imgleichen / daß Herzog Theodo kein so absoluter König gewest / sondern dem Gothischen Könige Dieterich / im Kriege / gedient / und demselben Tribut gegeben: Es könne aber seyn / daß Theodo / den [14] Gothen zu Hülffe / dahin gezogen / und mit Vergunst Königs Dieterichs / auf gewisse Jahre / Tribut-frey geblieben / nachmals aber er / oder sein Sohn / die Gothische Tribulir-Soldatesca / so die Schatzung mit Ungestüm eingefordert / mit Gewalt zurück getrieben habe. Ich lasse aber / diese Strittigkeit / wiewol ruhmgedachter Welserus / mit gutem Fundament / seine Sache ausführet / allhie unentschieden. Gleichwol muß ich dieses noch erinnern / daß Wien / seit der ersten Bayerischen Verstörung / nicht / bis ans Jahr 1160. verstöret / und unbewohnt / in einem Stück / geblieben seyn könne: Sintemal sie / zwischen solcher Zeit / schon mehrmaln feindlich angegriffen / und ganz ruinirt worden. Unter der Regirung Käisers Ludwigs deß Dritten / der Anno 903. sich auf den Käiserlichen Reichs-Stuhl gesetzt / ward sie / von den Ungarn / gar häßlich zugerichtet; und / durch eben dieselbe Ungläubige / zu den Zeiten Käisers Conradi / deß Ersten / welcher im Jahr 912. zur Reichs-Kron erhoben worden / abermal erschröcklich verwüstet. Als Keiser Conrad / der Ander / regirte (nemlich von Anno 1025. bis 1040.) zoch zu dieses Käisers Zeiten / König Stephanus in Ungarn / der Heilige genannt / heran / und nahm Wien ein: Weil er / wegen seiner Gemahlin / Gisalä / die Käiser Heinrichs deß Andern Schwester war / seinen Sohn Emerich / für den rechten Erben deß Herzogthums Bayern / dem damals die Stadt Wien noch unterworffen war / ausgab: Dahingegen besagter Käiser das Herzogthum seinem Sohn / Heinrich dem Dritten / verliehen hatte. Dann nachdem die heidnische Bayern / obgemeldter Gestalt / die Stadt Wien ausgehauen und zerbrochen; hat das Land / eine geraume Zeit hernach zum Königreich und Herzogthum Bäyern gehört: Welches Könige / und folgends Herzogen / zur Versicherung der Grenzen / einen Marchgrafen darhin gesetzt. Und solche Marchgräfliche Würde ist daselbst / mit der Zeit / erblich worden: Bis endlich / ums Jahr 1156. diese Marchgrafschafft / vom Käiser Friederich Barbarossa / der Bayerischen Ober-Herrschafft entzogen / und dem Oesterreichschen Marchgrafen Heinrich / mit einem Herzoglichen Titul / erblich übergeben worden. Und dieser ist eben der Herzog Heinrich / von dem / wie oben gedacht ward / Wien wiederum in Aufnehmen gebracht. Weil aber / jetzt erzehlter massen / innerhalb solcher Zeit / nemlich von Anno 520. bis 1160. Wien unterschiedliche mal / wieder belagert und eingenommen worden: Muß unumgänglich folgen / daß es / in so geraumer Zeit / von 400. oder 500. Jahren nicht wüst gelegen; sondern dieses vielmehr / daß es unterschiedliche mal inzwischen / von den Hungarn erobert / und wo nicht eben gar / bis auf den Grund / geschleifft / dannoch / grössern Theils / ausgewürgt / oder von den Einwohnern / so damals der Bayerischen Herrschafft gehorchten / aus Furcht für den barbarischen Ungarn oder Hunnen / verlassen / und nachmals / wann die Bayerische Könige wiederum obgesiegt / von den Bäyern wiederum bezogen / und angebauet worden. Dann die Bayern haben / in solcher vier- oder fünffhundert-jährigen Zeit / das Land Oesterreich nicht / [15] mit unverruckter Ruhe / besessen; sondern mit den rauberischen Hunnen / die bisweilen alles / bis an die Ens / bezwungen / sich stets drum rauffen müssen. Da dann bald diese / bald jene Parthey / obgesiegt / und die Stadt Wien dem Gehorsam deß Kriegs-Glücks gefolgt. Wiewol sie vermutlich / von den Hunnen / nur verwüstet / von den Bayern aber allein / hernach wiederum aufgerichtet worden / und ihnen auch verblieben / bis gedachter König Stephan sie / für sein Erbe / angesprochen / und mit bewehrter Kriegs-Macht zu sich gezogen. Nachdem aber Friedrich / beygenannt der Streitbare / so der letzte Herzog von Oesterreich / aus Bambergischen Stamm / gewest / beym Käiser Friedrich / dem Zweyten / in Ungnade gafallen; hat sich der Käiser / im Jahr 1236. auf Wien begeben / und nachdem er / von der Burgerschafft / mit ersinnlicher Ehrerbietung / empfangen / bis in drey Monat daselbst verharret; ist sie von ihm zu einer Reichs-Stadt gemacht / auch mit dem Wappen / welches sie noch auf den heutigen Tag führet / nemlich mit einem gekröntem güldnem Adler im schwarzen Felde / beehret worden. Allein sie genoß damals solcher Ehren nicht lang: Dann als hernach der Käiser anderswo mit Kriegs-Geschäfften sich beladen fand; ruckte der Herzog herbey / und ängstigte die Stadt / mit einer so harten Belagerung / daß sie wiederum unter seinen Gehorsam knien muste. Es stund nachmals kaum 16. Jahre an / da bekam diese schöne Braut abermal einen andern Freyer / der mit Waffen um sie die Werbung that; nemlich den Ungarischen König Bela: Welcher sie / im Jahr 1252. belagerte. Sie muste sich aber / als ein Ball der Kriegs-Fortun / nach dreyssig Jahren / wiederum in eine andere Hand spielen lassen / und vor Käiser Rudolph / dem Ersten / demütigen: Wiewol sie diese Belagerung ihr selbsten mutwillig zugezogen; indem sie sich / an seinem Sohn / als ihrem Herrn vergriffen: Und darum ward sie dißmal nicht allein belagert / sondern auch um etliche Privilegien verkürzet. Und weil es ehmals / in dieser guten Stadt / viel unruhiger Köpffe setzte; seynd auch jemaln etliche derselben gar unsanfft zur Ruhe gelegt worden: Als wie / im Jahr 1408. geschehen; da man dem Burgermeister / Conrad Vorlauff / nebst andern Rath-Herren daselbst / enthauptet / und die Körper derselben zu St. Stephan begraben hat. Um welche Zeit / es in Wien mächtig übel gestanden: Wie hievon Gerardus de Roo die Ausführlichkeit gibt. Insonderheit aber beging Wien (oder vielmehr eine gewisse Rotte der Stadt Wien) eine schändliche That / am Käiser Friedrich / dem Dritten (oder / nach andrer ihrer Rechnung / dem Vierdten) in dem 1461. und 1463 sten Jahren. Wovon wir hie billig / weil es ein denkwürdiger Verlauff / mit Umständen handeln. Es hatte der Ruh-liebende Käiser / von den unruhigen Ungarn und Oesterreichern / Zeit seiner gepflogenen Vormundschafft über den noch minderjährigen jungen König Uladislaum / sich sehr verunruhigen lassen müssen: Wobey sonder [16] lich der Eytzinger / als ein Erz-Aufwiegler / das Feuer am meisten aufgeblasen / nebst dem ruchlosen Grafen von Cylli. Jener unterstund sich das Schlos Ort zu erobern / und hätten die zu Wien damals weiter um sich gegriffen / dafern nicht der Käiserliche Feldmarschall Rudinger (oder Rüdger) von Starenberg / mit der Armade ihnen zu bald eingegriffen / und solchen Schrecken eingejagt hätte / daß sie vor Furcht / alle ihre Schätze vergraben. Weil aber die Lindigkeit deß Käisers grösser war / weder ihre Widerspenstigkeit verdiente / und ihnen / auf ihre begangene Thorheit / keine gebührende Witzigung widerfuhr: Erwiesen sie / für Demut / Hochmut / und fiengen an / den jenigen / welcher ihnen eine Furcht gewesen war / zu verachten. Hieraus erfolgte Krieg und Verwüstung / Raub und Brand / durch ganz Oesterreich: Und scheueten sich die Oesterreicher nicht / dem Käiser / ohngeachtet derselbe eine auserlesene Soldatesca um sich hatte / vor Neu-Stadt / dieselbe / mit grosser Menge / anzugreiffen / in die Stadt zu treiben / und den Ort zu bloquiren / mit 17000. Mann. Dann sie hatten / aus Böhmen / und andern Ländern / viel Volks an sich gezogen. Derhalben muste der Käiser der Wüte deß Volks endlich so viel nachgeben / daß Uladislaus / in die Hände Grafens Ulrich von Cylli / geliefert ward / mit dem Vergleich / daß man die Vormundschaffts-Sache zu Wien recht verabscheiden solte: Gestaltsam der Käiser auch deßwegen gewisse Deputirte dahin abfertigte. Aber die Oesterreicher / so auf ihre Gewalt trutzten / respectirten weder Briefe noch Siegel / und begehrten nichts zu halten / was versprochen war: Darum gieng man ohnentschiedener Sachen / voneinander / und die Unruhe in Oesterreich wieder fort. Ladislaus regirte durch Stadthalter / über Ungarn / Böhmen und Oesterreich; doch nicht über alle Gemüter in Oesterreich. Welche so gar alle Ehr-Furcht mit Füssen traten / daß sie / in Abwesenheit deß Käisers (angemerkt / dieser sich / nach Frankfurt / um die einheimische Kriege der Teutschen zu stillen / verfügt hatte) die Römische Käiserin / als eben dieselbe / zur Neu-Stadt im Kindbette lag / mit Feuers-Brunst / und Angriff der Stadt / erschreckten. Wozu dann sonderlich Graf Ulrich von Cylli / sammt dem Eytzinger / und andern / tapffer die Kohlen aufbliesen. Und ob gleich die offentliche Fehde hernach / durch Unterhandlung / stillständig ward; mangelte es doch nicht / an feind seligen Erzeigungen wieder den Käiser. Dem auch der junge König / Ladislaus / für die getreue Vormundschafft / gar schlechte Dankbarkeit erwies. Der Käiser kunte nicht allein / auf seine gerechteste Fordrung einer ansehnlichen Summa Gelds / so wol für die Auferziehung deß Königs / als wegen andrer ausgelegter Unkosten / keine Vergnügung erhalten; sondern muste über das erfahren / daß der König den ungetreuen Wicowitz / welchen Käiser Friedrich mit einem ansehnlichem Stuck Gelds begnadet / und zum Freyherrn von Sternberg gemacht hatte / heimlich angetrieben / den Käiser / in der Stadt Cylli zu überfallen / und aufzuheben: Welches auch bey nahe geschehen wäre. Massen dann mehrbesagter König sich nicht schämte / den Verrähter in Schutz zu nehmen / und dessen frevle Unter [17] stehung zu rechtfertigen. Weßwegen der Krieg / um die ausgestorbene Grafschafft Cylii fortgeführet worden / bis Ladislaus gestorben. Dieser junge König / den seine Jugend / für böse Einhauchungen / sehr unbehutsam machte / muste zu Prag gar frühzeitig sein Leben schliessen; als er eben zwo Gesandschafften / eine an den Käiser / um denselben zu versöhnen / und die andre Hauptprächtige an König Carln in Frankreich / um dessen Tochter zu werben / abgefertigt / und man zum Beylager herrliche Anstalt gemacht hatte. Von der Ursach seines Todes / seynd mancherley Urtheile gefallen: Sintemal etliche ausgegeben / die Hussiten hätten ihm Gifft beygebracht: Welches aber / wie Bonfinius selbst erkennet / ohne Grund / auch solche Reden der Rath zu Wien / bey ernster Straffe / verboten. Doch neigt so wol jetztbenannter Scribent / als mancher andrer / zu diesem Argwohn gar sehr: sonderlich weil die Hussiten gewust / daß dieser König ihnen nicht hold wäre; und auch die Teutschen Aerzte gewisse Zeichen eines empfangenen Gifftes verspührt hätten. Welches doch gleichwol / die Warheit zu bekennen / noch gar keine Grund-Feste gibt: Zumal / weil hingegen andere behaupten wolten / er wäre / an einer Magen-Krankheit / gestorben. Welches aber gleichfals auch nicht hindert daß er dannoch nicht solte Gifft bekommen haben: wie dann die allergemeinste Mutmassung seinen Tod einem Gifft zugerechnet / und solches ein gemeines Gerüchte worden; wie Chalcocondilas allerdings zu verstehen gibt: 8 Welcher schreibt / es sey ihm / vom Laurentio Chedrachabare, vergeben worden. Welchen Namen aber dieser Author unrecht vorgebracht / und Hedervari schreiben sollen. Dann dieser war ein Enkel Stephani Hedervari / welchen Ladislai Groß-Vatter König Sigismundus / unter andren 32. Edel-Leuten / hatte köpffen lassen: Daher man / auf diesen seinen Enkel / leicht einen Argwohn werffen können. Etliche wollen / es sey durch die Stadthalterin / (deß Georg Pogiebrats Gemahlin) geschehen / mit welcher er gar vertraulich / wiewol in Ehren / gewesen / und manche / nicht unziemliche / Kurzweil mit ihr gepflogen: Diese habe / mit einem / an einer Seiten vergifftem / Messer / einen schönen Apffel gescheelt / hernach halbirt / und die eine Helffte selbst verzehrt / die übrige vergifftete aber dem Könige gereicht: Nach deren Verzehrung er alsofort sich übel befunden. Der Französich-Burgundische Geschicht-Steller / Philippus Comineus / ein gar verständiger Author / schreibt / König Ladislaus habe / mit einer Adlichen Böhemin / die Rosen gebrochen / und derselben Anlaß gegeben / für ihre Rose / eine Krone zu hoffen / will sagen / ihm / als einem Könige / vermählt zu werden / ja / ihr solches ausdrücklich versprochen: Nachdem sie aber erfahren / daß diese Ehre keiner Entehrten zu Theil / sondern die Königliche Prinzessin aus Frankreich dazu erkoren würde; hätte sie ihm / im Bade / einen Apfel gegeben / der mit einem vergifftem Messer voneinender geschnitten. Und dieser deß Cominei Erzehlung scheinet auch der Graf de Rewa beyzufallen.
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Einmal ist gewiß / daß König Ladislaus hurtig und willig bisweilen was versprochen / welches er / langsam / oder wol gar nicht / zu halten / Willens gewesen / und seines Herzens Sinn / mit schönen Worten / meisterlich verblühmen können. Wiewol Bonfinius ihn lobt / daß er sey gewest castitate rarâ, ungemein züchtig und keusch. Gestalt ihm auch andre Vortrefflichkeiten / von demselben / zugeschrieben werden / nemlich eine unvergleichlich-schöne Gestalt / früh-zeitige Klugheit / sonderbare Sanfftmut und Clemenz. Nun ist nicht ohn / daß ihn die Natur selbst Königlich geziert. Er hatte eine wolgemässigte Länge / unerhört-schönes Angesicht / (sind Bonfinii Worte) schwarze klar- und holdselig-blickende Augen / weisse und dabey etwas rötliche Farbe / wie die Rosen / lange Gold-glänzende / und in etwas gekräuselte Haar-Locken / so seinem Gesich eine besondere Zier ertheilten. Die Nase war ein wenig erhaben / und etwas Ablerisch. Die Lineamenten seines Leibes / und aller seiner Glieder / formirten einen vollkömmlichschönen Herrn. Man fande nichts an ihm / als lauter Vortrefflichkeit. Er that einen hochansehnlichen Tritt; so siel seine Rede sehr leutselig und verbindlich. Gleichwol ist das Gemüt nicht ohne menschliche Schwachheiten gewest. Es fehlt der Sonnen nicht / an Mackeln: und wie süß auch der Honigseim / so erweckt er doch wol bisweilen auch das Grimmen. Also war bisweilen auch die Galle dieses jungen Königs überzuckert / mit süssen Worten / darauf jemaln bittre Werke erfolgten. Wie die beyde junge Corvini / deß hochverdienten Ungarischen Gubernators / Söhne / mit ihrem Exempel / erfahren musten. Diesen trachtete der ruchlose und atheistische Graf Ulrich von Cylii / nach dem Leben; verleumdete sie / beym Könige / ohn Unterlaß; und schrieb an seinen Schwäher / den Fürsten in Servia / er wolte ihm mit nechsten ein paar Kugeln schicken / damit er trefflich-gut solte die Kegel umwerffen. Er wuste aber nicht / daß er selbsten seine gegrabene Gruben würde ausfüllen. Solches Schreiben hatte Ladislaus Corvinus aufgefangen: Darum / als der von Cylli / ohne den Könige / nach Stuhlweissenburg kam / und die Ungarische Stände / ohne den König / in einem geheimen Zimmer / ihre Raths-Versammlung hielten / und verlangten / der Graf von Cylli mögte sich auch dahin verfügen; zoch er ein Panzer-Hemde / unter seinem Rock / an / und ging / nach langem Zweifel / dahin. Da trat ihm Ladislaus Corvinus entgegen / verwies ihm / mit Vorzeigung seiner eigenen Hand / das wider ihn vorhabende Meuchel-Stück / nebst andren losen Strichen / und rieff endlich: Verräther! jetzt ist die Zeit deiner Straffe gekommen! Wiewol andre wollen / der Graf habe ihn zum ersten / mit Schmähworten / angefahren / und die Künheit ihm vorgerückt / daß er die Leib-Compagnien deß Königs nicht ins Schloß eingelassen. Dieses weiß man gewiß / daß Graf Ulrich alsofort seinem Waffenträger den Degen aus der Hand gerissen / und dem Ladislaus damit einen Streich nach dem Kopfs versetzt / und dieser / indem er die Hand vorgeworffen / so wol am Haupt / als an den Fingern / verwundet worden. Worüber gleich ein Geschrey entstanden / [19] die Ungarn eingebrochen / und den Grafen / der sich hefftig wehrte / mit vielen Wunden getödtet; gleich darnach / samt dem Ladislao / zum Könige Ladislao / gegangen / und demselben zugeruffen / der Feind deß Königreichs / und gemeinen Ruhstandes / sey nidergemacht; der Urheber alles Ubels / aller Bubenstücke / habe sein behöriges Trinkgeld empfangen: Bishero habe Graf von Cylli regirt; nunmehr regire der König. Dieser verdruckte seinen Schmerzen / und Zorn; gab zur Antwort / ihm wäre sein Recht geschehen; brach aber / voll heimliches Unmuts / bald auf / nach Temeswar: Da ihm deß Ladislai Corvini Mutter / samt ihren beyden Söhnen / einen Fußfall that / und um Gnade / für ihren Sohn / flehete. Er tröstete sie nicht allein / auf das aller freundlichste; sondern versicherte sie einer kindlichen Liebe / erklärte sich selbst / für ihren Sohn / und ihre Söhne für seine Brüder; sagte / er wolle das heilige Abendmal darauf nehmen / daß er sie / in brüderliche Vertraulichkeit aufnähme; beschenkte sie auch alle mit Scharlachenen Gold-gewürkten Kleidern. Solcher Brüderschafft zu Ehren / machte man sich / den ganzen Tag über / lustig. Aber der Wind ging bald um bey ihm: er ließ sich / durch seine Ohrenbläser / wenden; brachte den Ladislaus / mit List / nach Ofen / samt seinem Bruder Matthias / und ließ jenen daselbst / mit fünff Henker-Streichen / enthaupten; diesen aber / nebst vielen andren / ins Gefängniß setzen. Weil nun solcher Eid-Bruch GOtt nicht gefallen können: urtheilen etliche nicht ungeschickt / GOtt habe diesem Könige dafür sein Leben abgekürzt: in Betrachtung / daß er kein ganzes Jahr mehr hernach gelebet. Doch ist er gleichwol gar Christlich gestorben / mit Bezeugung grosser Gedult; massen er sich vernehmen lasen / er hoffe / für das Irdische / das Himmlische zu bekommen; auch den Gubernator / Bogiebrat / gar inständig gebeten / er solte die Gerechtigkeit handhaben / Wittwen und Waisen seinem Schutz fleissig empfohlen seyn lassen. Seine Demut und Verachtung aller Eitelkeit gab er damit zu erkennen / daß er befahl / man solte ihm sein Gold-glänzendes Haar abschneiden / welches er bishero / nach der eitlen Welt-Manier / getragen hätte; auf daß er / auf dieser seiner neuen Reise und Hinfahrt / durch keinerley Anstoß / mögte verhindert werden. Wiewol die Diener solches / mit Fürwendung mancherley Ursachen / unterliessen. Seine Königliche Kleinodien verschaffte er der Kirchen zu Praga. Da er nun merkte / daß sein Abschied vorhanden; forderte er eine Kerze / nahm sie / nach Römisch-Catholischem Brauch / in die Hand / und betete das Vatter Unser: Und nachdem er diese Worte; sondern erlös uns vom Ubel! gesprochen; entschlieff er gar sanfft / in der schönsten Blüte seiner Jugend / und Majestät / als ein Herr über zwey Königreiche / und über ein so mächtiges Erzherzogthum! da er nicht länger / als achtzehen Jahre / sechs und dreissig Stunden / in dieser Sterblichkeit gelebt.
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Man hat unterschiedliche Begebenheiten / für Vorzeichen seines Todes / geachtet: Als erstlich einen schwärzlich-blassen Schweiff-Stern / der / im Junio vorigen Jahres / im zwanzigsten Grad der Fische / war erschienen. Hernach dieses: daß / viel Tage / vor seinem Letzten / ihm geträumet / wie er / mit seinen längst-verstorbenen Eltern / und Groß-Eltern / immerzu redete / und von ihnen geladen würde / zu ihnen zu kommen: massen er solches offt / wann er drüber aufgewacht / seinen Kämmerlingen erzehlet hat. Es geschahen auch starke Erdbeben / und dergleichen Dinge mehr / denen man insgemein eine Vorbedeutung pflegt zuzuschreiben. Es mögen aber dieses Erdbeben / welches noch viel stärker damals / zu Neapolis / Capua / und in Campanien / empfunden worden / eines oder etlicher grossen Häupter Tod / bedeutet haben / oder nicht; (wie dann / in selbigem Jahr / der Weltberühmte Arragonische König / Alphonsus / von der Welt geschieden) so kan doch / mit gutem Fuge geglaubt werden / es sey eine Vorbedeutung gewest der grossen Unruhe und Zerrüttung / so nach dem Tode Königs Ladislai / in Ungarn / Böhmen und Oesterreich / entstehen würde. Dann es hat hernach / nicht allein zwischen Käiser Friederich / und dem neu- gewählten Ungarischen Könige / Matthia / wie auch zwischen diesem Könige / und dem Böhmischen Könige Pogiebrat; sondern auch zwischen dem Käiser und seinem Bruder / Herzog Albrecht / schwere Kriege gesetzt / in welchen die Oesterreichische Land-Stände / und Stadt Wien / mit eingeflochten worden. Von solcher letzten / soll hiernächst etwas erzehlet werden. Mächtig-viel Mächtige und Gewaltige lassen die Segel ihrer / unter vielen unruhigen Wellen eitler Begierde schiffenden / Gedanken / durch Herrsch-Sucht treiben: Dieses ist der Ost / welcher ihre Gemüts-Regungen / Tags und Nachts / aufschwellet. Wie der Wind gleichsam die Seele eines Schiffs / also ist die Gebiets-Vergrösserung gleichfals die Seele aller Bewegungen ihres Herzens. Eine Kron / oder Groß-Fürstlicher Hut / ist der Nord-Stern / welcher die Fahrt ihrer Anschläge leitet und führt. Gegen einer solchen Ehre / gilt ihnen die Friedsamkeit mit ihren nechsten Verwandten / so viel als Unehre / stille und bescheidene Genügsamkeit / so viel als Scham und Schande. Diesem / in ihren Augen güldenem / Kleinod nachzuringen / achten sie sich / durch ihre vermeinte Großmütigkeit / verpflichtet / und solches gleichsam für ihrer Abgöttin / der Regir-Sucht / Göttliches Gesetz / über alle Göttliche und weltliche Gesetze / mit ihrer ungestümen Verfahrung / hinzusprengen. Derhalben sind auch keine Bande der Blut-Freundschafft / oder Natur / so fest / so stark / und heilig / daß sie dadurch solten davon abgehalten werden. Diese Flamme wirfst alle Bündnissen / alle Treu und Aufrichtigkeiten / wie die Entzündung einer Mine die Wälle / Bollwerke / und Mauren übern Hauffen. Diese bringt das ganze Land in volle Lohe der Aufruhr / in Blut / Glut / und Asche. Meine Feder kan keinen so langen Wort-Schweiff hievon machen; dieses / unter einem hoch-fürnehmen Stats-Mut und Herzen brennendes / Feuer macht einen noch weit und breit grössern / von Unglück und Jammer.
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Herzog Albertus / deß gütigen Käiser Friederichs deß Vierdten / oder vielmehr dritten (dann der jenige Friedrich / so mit Ludwig dem Vierdten um das Käiserthum gebuhlt / wird von vielen von der Zahl Römischer Käiser ausgeschlossen) Bruder / hatte dieser schädlichen Herrsch-Brunst seine Brust zum Hert eingeräumet: Darüber erkaltete die brüderliche Liebe in ihm so sehr / daß er sich nicht scheuete / mit dem Käiser / einen schweren Krieg anzufangen; sondern / mit seines Vatters Brudern Sohn / dem Herzog / Sigsmund / wider ihn einen Bund machte. Dann weil Ladislaus König zu Ungarn und Böheim / ohne Leibes-Erben / erloschen war / und der Käiser / die ihm deßwegen zugefallene / Länder in Oesterreich Ob- und Unter der Ens / für sich einnahm: wolten sie gleichfals daran mit zu Theil gehen; oder es / mit dem Schwert suchen. Der Herzog in Bayern / und etliche Bischöffe / liessen ihnen die Beylegung dieser Strittigkeit treulich angelegen seyn; kunten doch gleichwol / durch ihre Unterhandlung / keinen Vergleich treffen. Weßwegen die Oesterreichische Stände selbst / als welchen / mit einem innerlichem Kriege / am wenigsten gedient war / mit grossem Ernst dahin strebten / wie die Sache / ohne Waffen / mögte geschlichtet werden; und demnach so viel auswürkten / daß man zu Wien einen gemeinen Land-Tag anstellen / und daselbst alle Irrungen und Späne / in der Güte / abthun solte.
Es gab auch hiezu einen zimlichen guten Anblick und allgemeine Hoffnung / daß man nicht unfruchtbarlich würde zusammen kommen. Die Herzogen Albertus / und Sigismund / beglänzten diesen Land-Tag / mit persönlicher Erscheinung: Der Käiser aber verordnete dazu seine Gesandten und Curatoren; als den Bischoff Ulrich zu Gurk / Ulrich Riederer / Probst von Freysingen / Canzler: Herr Rüdger von Starenberg / Herr Georg von Volkersdorff in Oesterreich / Herr Hanns von Stubenberg in Steyer / Hrrr Niclas von Liechtenstein in Kärndten / Hanns von Rorbach / und Andreas von Holneck / beyde Käiserlicher Majestät Kämmerer. In dieser aller Namen / that der Bischoff von Gurk bey offentlicher Versammlung / das Wort / und führte / seinen hohen Principalen / diese Gründe an: Weil Ihrer Majestät geliebter Vetter / König Lasla / (oder Ladislaus) als eine noch junge Kron-Blum / so frühzeitig / durch den zeitlichen Tod / abgesichelt worden; wäre nunmehr Ihre Käiserliche Majestät anjetzo nicht allein der ältere unter denen Erz Herzogen zu Oesterreich; sondern überträffe auch alle die Andern / mit Leibes-Erben: Derhalben wolte Ihre Majestät die Stände hiemit treulich erinnert / und informirt wissen / daß man dero nicht ungleich deuten müste / wann Sie sich ebener Massen / wie Dero Herr Bruder und Vetter / der alten und gewöhnlichen Ordnung gebrauchten: Sintemal jederzeit / bey dem hochlöblichen Hause Oesterreich / dieser Gebrauch in fester Observanz gestanden / und feyerlich versehen worden / daß der jenige / welcher nicht allein mit dem Alter / sondern auch mit [22] Menge der Leibes-Erben / seinen Bluts-Freunden es bevorthäte / das Regiment in Händen haben sollte: Nachmaln nun die Göttliche Beliebung und gnädiger Will Ihrer Käiserlichen Majestät dißfalls den Vorzug verliehen hätten / habe es je ein gerechtes und billiges Ansehen / daß Sie dessen auch einmal geniessen mögten. Als der Bischoff seine Rede beschlossen; antwortete darauf deß Käisers Bruder / Herzog Albertus / in seinem und Herzogs Sigmund Namen / folgender Meinung: Er und sein Vetter / Erz-Herzog Sigmund / begehrten zwar / keines Wegs / den Freyheiten und Vorrechten deß Käisers Eingriff zu thun / noch et was zu entziehen; Er wisse um den angezogenen Brauch gar wol; weil aber sein respective Herr und Herr Vetter / der Käiser / sich unternommen / vorberührte Länder Ob- und Unter der Ens / welche anjetzo nicht von dem Vatter / sondern von ihrem Vettern / dem verstorbenen Könige Ladislao in Ungarn / herkämen / de facto und thätlich an sich zu ziehen; habe es hiemit eine ganz andre Bewandnis / und erfordre das gemeine Recht aller Völker / daß er anjetzo / mit Ihnen / als gleichen Erben / solche Länder theilete: weil sie dem eingeruhetem Könige Ladislao / mit eben so naher Bluts-Verwandnis / angesippt wären / als wie der Käiser: Diesem nach könnte / bey solcher Gelegenheit / da die Erbschafften nicht von den Eltern / sondern von den Freunden herflössen / weder die Fruchtbarkeit an Leibs-Erben / noch der Vorzug deß Alters / Staat und Raum gewinnen: Derwegen gelangte / an die Stände / ihre Freundliche Bitte / sie wollten den Handel so lange ruhen / nnd vollkommlich beyeinander bleiben lassen / bis der Käiser sich allerdings / nach ihrem Willen / mit ihnen hätte verglichen. Die Stände nahmen / nach Vernehmung beyderley Vortrags / und gesuchter Erlaubniß / einen Abtritt / und entwichen des auf eine halbe Stunde / an ein besonders Ort / um sich untereinander zu bereden und berathen: und hernach / da sie sich wieder eingefunden / liessen sie sich gegen den Käiserlichen Deputirten / und denen beyden Fürsten / anstat einer antwortlichen Erklärung / mit dieser Entschuldigung / heraus; es fiele ihnen dieser hochwigtiger Handel zu schwer / und fast unmöglich / daß zwischen so hohen / und sehr widereinander verbitterten Fürsten / von ihnen / als derselben Unterthanen / so geschwind und urplötzlich / nach eines jedwedern Gefallen / sollte können geantwortet werden: Es würde längern und reiffern Rathschlagens brauchen / dis man nechst sattsamer Erörterung / zu einer gründlichen Erklärung schreiten mögte: Derwegen erachteten sie für gut / daß man den ganzen Tractat / auf eine andre Versammlung / verschöbe / nemlich auf das St. Agnes-Fest; da man / in dem Augustiner- Kloster / weiter zusammen kommen solte. Diesem Verlaß gemäß / fügte man sich an ernanntem Tage und Ort / wieder zusammen / und zwar in viel grösserer Anzahl: Wozu auch König Georg aus Böhmen ein paar Gesandten abschickte / welche / auf Seiten deß Käisers / das [23] Beste einwenden / und dem Vergleich beförderlich beywohnen sollten. Der Käiser selbst erhub sich von Neustadt / samt seiner Gemahlin / deßwegen persöhnlich nach Wien mit einer Hofstadt von zweytausend zu Roß und Fuß / in Begleitung Pfalzgrafens Ludwig / und deß jungen Herzog Sigmunds in Bäyern / wie auch deß Grafens von Görtz. Beyde Herzogen von Oesterreich / Albrecht und Sigmund / ritten Ihm entgegen; und die Geistliche / samt der Universität / dem Rath / und allen Zünfften / holten ihn mit einer ansehnlichen Procession ein. Aber in die Burg ward weder der Käiser / noch der beyden Herzogen einer / gelassen; sondern dieselbe / von der Stadt / mit einer Besatzung verwahrt / und beschlossen / bis zu Austrag der Sachen: Weßwegen der Käiser / in Peter Strassers Haus / seine Einkehr nehmen muste. Dieses nahmen beyde Herzogen / für einen Schimpff auf / und wurden dermassen darob erbittert / daß sie sich / eben deß Tags / verschwuren / in der Nacht die Burg zu überwältigen / und darin zu essen und zu trinken. Solches ward den Bürgern kund; darum verstärkten sie die Besatzung: Also musten die gute Fürsten / nach Hintertreibung ihres Versuchs / ihren Kopff brechen / und zuruck weichen. Weil es sie aber gleichwol schmählich dauchte / daß sie ihr eydliches Gelübde nicht vollziehen sollten: Traff man dieses Mittel / daß beyde Fürsten / nur mit wenig Personen / in die Burg kommen / und nachdem sie daselbst / samt einem Bissen Brods / einen Trunk Weins zu sich genommen / wiedrum nach ihrem Quartir zuruck kehren solten. Also ward ihrem Eyde gleichsam die Erfüllung gegeben: Welcher aber / mit allen Ehren / hette hinterbleiben mögen. Bey grossen Herren finden sich offt grosse Schwachheiten und Fehler. Wie vernünfftig und deutlich nun der Käiser sein Recht darthat: Zerschlug sich diese Handlung dannoch abermal; und zwar / mit grosser Entrüstung Erz-Herzogs Alberti. Welcher / weil man die Saiten / nach seinem Ohr / nicht stimmen wolte / sich so hefftig erbitterte / daß er alsofort den Ständen ernstlich verbot / seinen Bruder den Käiser / ohn seinen Willen / in Wien ein zulassen. Wie sie aber / in diesem Begehren / als welches sie ingemein unbillig zu seyn dauchte / ihm zu gehorchen / Bedenken trugen: (Wiewol Andre melden / diß sey bey der ersten Versammlung vorgegangen /) wiech er / mit einem hefftigen Zorn aus der Stadt / bey angehenkter Bedrauung / er wollte / mit Gewalt und wehrhaffter Hand / sein Recht zu suchen wissen / das man ihn / in der Güte / nicht finden liesse / und mit der Schärffe die Hindernissen seiner gelinden und Freundlichen Ansuchungen abschneiden. Also verschmähete vielmehr dieser unlenkliche und hartsinnige Prinz selber alle gütliche Erweisungen der Billigkeit / und machte es eben / wie noch heut die jenige hohe Häupter / die ihren eignen Willen allein / für eine Richtschnur ihres Verfahrens erkennen / und hingegen für die allerverwerfflichste Unbilligkeit / wann man sie zur Billigkeit weiset / oder ihren Kopff nicht das primum mobile (erste Bewegbare) seyn lässet / nach welchem sich alle andre Erklärungen herum drehen und wenden müsten. Der sanfftmütige Käiser suchte / ihn mit Gelindigkeit zu [24] erweichen / und sahe / in vielen nach: aber dieser Stahl wuste sich weder zu beugen / noch zu bequemen: Aller Glimpff ward vergeblich angewandt. Es tratt endlich Herzog Ludwig von Bayern ins Mittel: Welchen auch beyde Theile zum Schiedsmann / als einen unverdächtigen und unpartheyischen Herren beliebten / und derselbe vermittelte / zwischen ihnen / einen solchen Vergleich; daß dem Käiser das Unter-Oesterreich / samt desselbigen Haupt / Wien / zu Theil würde; das Ober-Oesterreich / so sich von der Ens bis zum Inn / vnd von den Steyrischen Gebirgen / bis in Böhmen / erstreckt / dem Herzog Alberto; dem Prinzen Sigismund aber / für seine Anfordrung / das Ober-Kärndten / an die Graffschafft Tyrol rührend / zum Besitz gedeien solte (welchen Vergleich und Schluß aber etliche der vorigen zweyten Versammlung zurechnen.) Aber es hatte kaum dieser Friedens-Engel die Einigkeit auf einen so guten Fuß gestellt; als sich deß Satans Engel / ein boshaffter und Fried-hässiger Mensch / Namens Conrad Fronauer / derselben wiederum ein Bein zu brechen und durch seine gifftige Einspeyungen sie zu stürzen / unterstund. Dieser Bösewicht / und Störer der gemeinen Ruhe / welcher ohne dem / zu allerley bösen Händeln geneigt war / machte den Herzog / welcher vorhin schon würmig / aufs neue stürmig. Er fand das Gemüt desselben schwürig / und also einen sehr bequemen Acker daran / welchen man mit dem Samen der Bosheit / nemlich mit Mißtrauen / Neid / Augwohn / und Zwietracht / füglich bestreuen könnte / Dann weil er Albertus so schon zu seinem Herrn Brudern / dem Käiser / ein schlechtes Vertrauen setzte / und die Groll-Fünklein / in seinem Herzen / noch in etwas glimmeten: legte dieser Meutmacher / nebst seiner Rotte / an statt Harzes und Schwefels / seine böse Einschläge dazu / und verafterredete den geschehenen Vergleich / als ob derselbe sehr ungleich und unbillig getroffen wäre / zu grossem Nachtheil und Verkürzung seines Rechtens: Indem das Ober-Oesterreich / gegen dem Nider-Oesterreich / gar nicht zu vergleichen; weil es keinen Weinwachs hätte / und hiemit also das Nider-Oesterreich jenem weit vorzuziehen wäre. Durch diese und andre Einhauchungen liessen diese Brandschürer nicht nach / einige neue Mißverständnissen und Feindseligkeiten anzuzünden / und deß Herzogs Gemüt / von dem Käiser / gänzlich abzusondern. Hingegen ließ sich der Käiser / als ein friedliebender Herr / der / laut seines Namens Friedrich / reich an Frieden zu seyn / und ein Friedens-Reich zu besitzen wünschte / höchstens angelegen seyn / den gemeinen Ruh-Stand unzerfällig zu unterhalten / und die krachende Baufälligkeit / durch billige Erbietungen / auszubessern. Er begab sich hierinn deß Vorzugs seiner Hoheit / und unterwarff / zum Uberfluß / seine Sache den Rechten / sich erbietend / vor den Ständen / welche deßwegen ihres Gelübdes hierinn von Ihm entledigt wurden / zur Antwort zu stehen. Gestaltsam er deßwegen den Bischoff von Passau hierin zum Richter stellete. Hier auf ward Conrad Fronauer citirt. Welcher aber / mit Verachtung [25] alles ernstlichen Ladens und Vorforderns / nicht allein der Erscheinung sich halsstarrig weigerte; sondern auch den Erz-Herzog Albrecht / zu einem Schutz-Herrn solches seines Frevels / vorwendete / ja alle Grenzen daß Gehorsams und unterthäniger Ehr-Furcht so weil überfuhr / daß er sich erkühnte / grosse Rauberey zu üben / und so wol deß Käisers / als deß Bischoffs von Passau / Dörffer und Höfe / mit Feuer und Schwert zu verwüsten / am Mark und Tulner-Felde so ungescheut und gräulich mordete / daß keine Obrigkeit die armen Leute für ihm schützen kunte. Und wiewol dieselbe alle gute Mittel / deren der gottlose Meutenirer nicht würdig war / vorkehrte; schlug er doch alles aus: angemerkt / er sich darauf verließ / daß Herzog Albrecht ihm die Stangen halten / und ihn unterdrucken lassen würde. Darinn er auch nicht fehlte. Dann demselben hatte er / und seines gleichen Zwietracht-Pflanzer / so viel Gifft und Galle ins Herz geschüttet / daß er sich deß Fronauers endlich offenbarlich an- und ihn unter seinen Schutz nahm. Jeder ist seines Gleichen hold. Deß Prinzen Albrechts Gemüt war bey weitem so viel Schatzes nicht werth / wie sein hoher Stand und Herkommen; sondern von Natur zu Lastern geneigt. Sein Leben hatte er von Jugen auf / in Diensten der Uppigkeit und Wollust / zugebracht. Er war gewohnt / bis in die tieffe Nacht hinein / mit den Kindern von der Nacht / das ist / mit liederlichen / ruchlosen und Sinn-verkehrten Leuten / zu zechen. Deß Tags über / steckte er / mit seinen Hof-Leuten / bey den Thieren / als ein thierischer Fürst / in den Wäldern / jagte dem Wilde nach / und war selbst ein Wild / so täglich / von seinen eignen bösen Begierden / wie von Jagt-Hunden / gehetzt ward. Er verspendirte / samt der Mässigkeit / und Sittsamkeit / auch alle seine Sachen gar liederlich von der Hand weg: und fand also viel Sclaven seiner Verschwendung: Angemerkt um sich Vergeudung / so lange sie noch was zu verschütten hat / mehr Aufwarter um sich findt / weder die Sparsamkeit. Die Laster gewinnen gemeiniglich einen häussigern Zulauff / weder die Tugenden: Wie ein übelriechendes Eyter-fliessendes Aas / von viel tausend Schmeis-Mucken; hingegen eine wol-riechende Blum / nur von wenig Bienen / angeflogen wird. Mit solcher lasterhafften vergeudrichen Leutseligkeit / fesselte er den mehrern Theil deß Oesterreichischen Adels an sich / und verruckte selbige Edel-Leute dergestalt von ihrer Pflicht / daß sie / mit Hindansetzung ihres / dem Käiser eidlich - verbundenen / Gelübds / von seiner Majestät / schändlich / Eid- und - Treu-brüchig abfielen / sich dem Erz-Herzog Albrecht ergaben / und demselben / auf ein Neues / mit einem Eidschwur / verbanden. Worunter für die vornehmste und ansehnlichste Aufwickler geachtet worden / Ulrich / Stephan / Oswald / und Sigmund von Eyzingen / Georg von Eckartsau / Albrecht und Veit von Ebersdorff / Georg von Seyseneck / Georg Wolff Reyter / Albrecht von Pottendorff / Niclas Truchseß von Starz / Erhard Doß / Bernhard von Dachenstein / und Sigmund Fritzendorffer. Auf diese Treu-vergessene / bauete zwar der Erz - Herzog ein grosse Hoff [26] nung: Weil sie / in deß Käisers Landen / mit ihm Ansehn und Vermögen / dem übrigen Adel weit vorblüheten: Doch kunnte ihn solche eitle Hoffnung so wol nicht beruhigen / als ihn hingegen die Sorge und Furcht für dem Könige Georg Poidebrath / (oder Bogdiebrat) der neulich die Böhmische Kron erlangt hatte / verunruhigte; nachdem er vernommen / daß dieser streitbare König Bündniß und Freundschafft / mit dem Käiser / geschlossen. Derowegen strebte er / möglichster Bemühung / dahin / wie er diesen Stein deß Anstosses zum Eckstein seiner Sachen verwenden / den König auf seine Seite bringen / und vom Käiser abwendig machen mögte. Weil aber solche seine Versuchung mißlingte / und denen vorbenanten vier Herren von Eyzingen / als den fürnehmsten Edel-Leuten in Oesterreich / die Vernunfft aufwachte / daß sie merkten / wo es hinaus wolte; gereute sie ihres Vorhabens / also / daß sie die ungerechte Bündniß aufgaben / ihren Irrthum erkannten / vom Alberto wiederum ab- und zum Käiser fielen. Darüber erschrack Erz-Herzog Albertus / und weil er spühren muste / daß alle seine Rathschläge Krebs-gängig würden / und der Handel sich / mit der Leuen-Tatz / nicht angreiffen liesse: gedachte er / mit Schlangen-Schlichen seinen Zweck zu erreichen / und seinen Herrn Bruder / den Käiser / welchem er / an Macht und Gewalt / nicht gewachsen / ohne offenbaren Krieg / mit List zu übervortheilen. Er schiffte / mit etlichen seiner Diener / die Donau hinunter / nach Wien / und ward / bey damaliger Abwesenheit deß Käisers / von denen Bürgern / so seines Anhangs waren / bey heimlicher Nachtzeit / in die Stadt eingelassen; riß hierauf alsofort das Regiment / mit Gewalt / an sich / und zwang die jenige / so sich dessen weigerten / ihm zu huldigen. Den Ulrich von Eyzing aber nahm er / wider gegebenes sicher Geleit / gefangen; und ob derselbe gleich redliche Entschuldigungen vorbrachte; wolte er ihn doch nicht anhören / noch so viel stattliche Fürbitten / welche im seine Person angewendet wurden / betrachten; sondern schickte ihn gebunden / ins Lands ob der Ens. Allein eben damit verderbte er den Handel: Dann deß Gefangenen seine Brüder / Stephan / Oswald / und Sigmund / bemüheten sich erstlich / durch erlangte Fürbitte Königs Matthiä in Ungarn / und Königs Podebrat in Böhmen / ihn los zu würken: Als aber solches / bey dem erhärtetem und vergalltem Erz-Herzog / nichts fruchtete; kehrten sie das Rauhe heraus / boten ihm die Spitze / wurben ein grosses Krieg-Volk / und kündigten ihm einen offentlichen Krieg an. So ward auch der Stadt Wien / als die in ihres Bruders Gefangenschafft verwilligt hatte / von ihnen hart gedrauet. Welche Bedrauung sie derselben auch redlich gehalten / und / mit Hülffe einiger ansehnlicher Böhmischer Herren / den Wienerischen Boden / mit Mord und Brand garübel zugerichtet / also daß die Strassen in Oesterreich ganz unsicher wurden. Da man nun dieses Jammers kein Ende sahe; schickten die Oesterreichischen Stände fordersamst etliche zum Käiser / der damals am Rhein-Strom lag; ga [27] ben demselben den gefährlichen Zustand deß Herzogthums beweglich / und mit umständlicher Ausführlichkeit / zu erkennen / ermahnten / warnten / und baten ganz treuherziglich / er wolte / auf dißmal / das Land mit Hülffe nicht lassen / sondern mit schleunigem Beystande und Entsatz / der andringenden Gefahr begegnen und vorbeugen: Damit sie nicht gedrungen würden / etwas einzugehen / das nachmals nicht leicht wieder zu ändern stünde. Dabey stellten sie seiner Majestät insonderheit vor den Abfall etlicher fürnehmen Herren in Oesterreich / zu denen sich die gröste Herren in Böhmen geschlagen hätten: Derhalben man solche Bündniß / bey rechter Zeit / zertreiben / oder befahren müste / daß die andre Oesterreichische Herren / die in ihren Treu annoch fest und unverbrüchlich stünden / gleich in Miß-Treu hernach sünken. Der Käiser gab ihnen hierauf gute Vertröstung / dazu auch ein Schreiben mit / an die Burgerschafft zu Wien / darinn selbige ermahnet ward / sie solten Treu und Glauben / und sich ehester Hülffe versichert halten. Er ließ es auch / bey so tröstlichen Buchstaben / nicht beruhen; sondern schickte / von Stund an / so viel Kriegs-Volks / als man in der Eile kunte aufbringen / zu Wasser / nach Wien hinunter; ließ benebenst den König von Böhmen / Georg Bogiebrat / oder wie andere schreiben Bodebrat / (dann diese hatte der Käiser zum Könige gemacht /) begrüssen / um eine gütliche Mediation zwischen ihm / und seinem unruhigem Bruder. Solches nahm bemeldter König auf sich / und richtete / durch seine fleissige Unterhandlung / zwischen den Herren Brüdern / die zerfallene Einigkeit wieder auf. Worauf auch Herzog Albertus / den Ulrich von Eyzing / wiederum los ließ. Also fieng nun so wol der Stadt Wien / als dem Erz-Herzogthum Oesterreich / die Friedens-Sonne wiederum an zu leuchten / und die finstere Wolke der Feindseligkeit verzoch sich ein wenig; Rauben / Brennen / und Blut-vergiessen / hörte auf / und tröstete sich das Land mit guter Hoffnung / es würde nunmehr die Gefahr vorüber seyn / und keine Noth mehr haben. Aber ach der kurzen Freude! es stund nicht lang an / da erhub sich ein viel gefährlicher Lärmen / dann jemals vorhin. Der Teufel ist ein unruhiger Geist / und Feind der Ruhe: Darum reitzt er unruhige Köpffe / wider die gemeine Land-Ruhe / auf / so viel er vermag. Hiezu fand er abermal keinen tauglichern Werkzeug / als den Grund-Bösewigt / Conrad Fronauer / welchen der Käiser zwar mit Kriegs-Volk angriff; aber nicht bezwingen kunte. Wie die Meer-Männer am meisten sich überwälzen und spielen / wann die Wellen am höchsten fliegen / und die vollem Sturm geht: Also bestund dieses aufrührichen Vogels beste Vergnügung / in gemeinem Unfrieden / Meuterey / Unordung / Zerrüttung und Empörungen. Er that sich / mit seinem gottlolosen und Aufruhr - liebendem Gesipp / bald wieder hervor / wiegelte heimlich etliche Bürger zu Wien / die er / zu seinem tückischen Vorhaben bequem achtete / auf / [28] und brachte sie mit dem Herzog Albert / der allezeit wie ein loser Boge hielt / in geheime Verständniß. Gegen dem Fürsten / verleumdete er den Käiser / daß derselbe ein tyrannisches Regiment führte: gegen den Wienerischen Bürgern aber / und den Edelleuten / rühmte er deß Erz-Herzogs Freygebigkeit / welche so edel und großmütig / daß sie einer allgemeinen Unterwerffung sich berechtigte / und jederman billig ihn / für seinen Herrn / erkennen solte. Durch dergleichen Reitzungen / verhetzte der Verführer den Erz-Herzog / und brachte ihn desto leichter wiederum auf seinen Weg / je williger derselbe bösen Rathschlägen pflag zu folgen. Dann dieser Fürst haßte die Schranken der Gesetze und Verträge / wie das Wild den Zaun. Also schlug er nun seinen gegebenen Glauben ins Vergessen / und die Hand an den Degen / Willens / den Handel damit vollends auszuführen. Zu solcher Erneuerung der Fehde / und Beschönung deß Gewissen - losen Bruchs / suchte man allerley Farben hervor / und wendete / neben andren / abermal ein / der Käiser wäre / mit seinem Herrn Bruder / gar zu vortheilsüchtig ümgegangen / hätte von der Erbschafft den besten Theil für sich behalten / nemlich das Nider - Oesterreich / welches dem Ober - Oesterreich / am Getreid- und Wein-Wachse / weit überlegen wäre. Es blieben nicht weniger die Gemüter der Land - Stände / von dem Käiser / entfremdet; tichteten Tag und Nacht (als Cuspinian zeuget) darauf / wie sie ihm möchten Verdruß und Beschwernissen erwecken / und henkten sich an den König in Böhmen. Der verwegene Fronauer wuste sich auch / in den Land - Frieden so wenig zu schicken / als ein Krummgewachsener zur Geradigkeit / oder die Unruh in einer gerichteten Uhr sich zur Ruhe: Er verheerte Oesterreich / mit Feuer und Schwert / und zwang es / ihm Tribut zu gegen. So war der los-gelassene Ulrich Eytzinger auch / von seinen bösen Begierden / noch nicht entbunden; sondern spintisirte / auf neue Händel / wider seinen Fürsten und Herrn / richtete allerley Spaltungen und Factionen an / und scheuete sich nicht / beym Trunk / zu bekennen / daß er noch Herzog in Oesterreich zu werden hoffe. Alber er muste bald hierauf einen andren Gang gehen / nemlich unter die Erde: Dann die Pest überfiel ihn zu Schrotenthal / und zwang ihn / als eine Pest gemeiner Ruhe / zu ruhen. Wiewol besorglich sein Geist zu denen hinab gefahren / die weder Tag / noch Nacht / Ruhe haben. Dem Erz-Herzog Albrecht ward eben so wol immerzu die Zeit / bey dem Frieden / zu langweilig / welchen er desto mehr haßte / je mehr der Käiser denselben liebte: weil ihm die Friedsamkeit deß Käisers ein Vortheil zu seyn dauchte / durch welchen er desto leichter seinen Zweck erlangen mögte. Er zoch nach Linz / und die Land - Stände auf seine Seiten / nahm die meisten Städte in Oesterreich ein / ruckte auch endlich / mit einem Heer / wider seinen Herrn Bruder / den Käiser / vor Wien / und belagerte die Stadt. Die Käiserliche Hauptleute / zu Wien / vermahnten die Bürgerschafft / die Waffen zu ergreiffen / und ihrer Treu / gegen dem Käiser / mit dem blanken Schwert / [29] einen Glanz zu geben; musten aber trutzige Antwort vernehmen: Sie wären / dem Herzog Albrecht zu wider stehen / nicht bestand / und begehrten es auch nicht zu thun / ob sie gleich könnten. Ob auch gleich der Standthalter / samt den Schultheissen / ihnen beweglichst zuredeten / mit höchster Bitte / sie solten eine rühmlichere Resolution fassen / und sich versichert halten / daß man / alle Gefahr mit ihnen auszustehen / entschlossen: Kunte man doch / aus diesen eisernen Köpffen / keine wächserne damit machen. Sie verstockten sich / in ihrem Eigensinn / und sandten dem Erz-Herzog Albrecht Boten entgegen / sich erbietende / daß sie / samt allen dem Ihrigen / in seiner Gewalt stünden. (Wobey ich erinnere / daß ich diesen Prinzen / mit Fleiß / bishero unterweilen nur Herzog getitulirt; hinfort aber Erz-Herzog schreiben werde: weil ungefähr / um diese Zeit / die vom Hause Oesterreich den Titel der Erz-Herzogen wieder angenommen; wiewol doch hernach vielmals noch / in ihren Ausschreiben / sich nach voriger Gewonheit / Herzoge / geschrieben.) Diese Botschafft war / für den Erz-Herzog / ein Lied / das er gern hörte. Es hatten sich nunmehr Korneuburg / nebst andern Plätzen / an ihn ergeben: Also ging er mit eingehendem August-Monat / auf Wien / lagerte sich / in der Vor-Stadt / und nahm sein Quartir im Kloster S. Niclas. Doch fand er / seiner Einbildung nach / die Thore für sich nicht offen; sondern die Stadt schon anders / und zum Widerstande / gesinnt. Dann / die tapffre Männer / Giscra und Brandeis / Ulrich Grafenecker und Andreas Baumkircher / als die oberste Officirer von der Käiserlichen Besatzung / hatten endlich doch noch ein Fünklein deß Gehorsams / durch anhaltende Vermahnung / in den Wienern / erweckt. Dieselbe thaten auch hierauf einen Ausfall / und fochten mit deß Erz-Herzogs Albrechts Leuten / die der Stadt-Mauer zu nahe gekommen waren / bey drey Stunden lang / auf der Brucken / und trieben endlich dieselbe zurück. Dessen ungeachtet / setzte der Erz-Herzog die Belägerung fort: Zumal weil auch die Ungarn / mit viertausend Mann / ihm zu Hülffe / im Lager anlangten. Er gab auch nichts / auf die Abmahnung deß Cardinal Bessarion / der sich damals zu Wien befand. So gar bedaß ihm die Herrsch-Sucht das Herz! Jedoch fand sich zuletzt noch ein Schwefel / der diesen Stahl auflösete; nemlich die harte Bedrohung Königs Bogiebrats in Böhmen: der seine Räthe voraus schicke / und so fern diese nichts richten würden / mit dem Schwert zu folgen / sich vernehmen ließ. Hierauf ward ein Stillstand beschlossen / der am Johannis Tage künfftigen Jahrs / ausgehen solte. Und hiemit zoch der Erz-Herzog ab. Weil aber / bey dem Anstands-Vergleich / die Böhmische Unterhandlungs-Räthe / zu viel bewilliget hatten / nemlich / daß er die Nider-Oesterreiche Oerter / so anjetzo von ihm besetzt waren / inbehalten solte; und gleichwol dem Stillstands-Vertrage solches nicht einverleibt war: wolte der Käiser solches auch nicht genehm halten: Also ward der Stillstand selbst stillständig / und gar bald beyderseits anbrüchig / und nahmen die Käiserliche / nachdem nun viel Land-Herren dem Käiser [30] wieder versöhnt waren / etliche Städte wieder weg. Hierüber verfiel das Land wieder in einen jämmerlichen Zustand / dem Raub und Mord in die Klauen: Dann wie Herzog Albrechts Sache ungerecht war; also auch seine Kriegs-Zucht nichts nütz. Er stellte sich zwar bald hierauf / als hätte er Lust zur Friedens-Handlung; berieff auch deßwegen die Land-Stände nach Tulna: Es war aber Betrug / und nur darauf abgezielt / daß er die Gemüter derselben an sich handeln / und dem Käiser abspannen mögte. Welches auch ohnedem / obgleich der Land-Tag nicht vor sich gieng / geschahe. Bey denen / zu Wien / begunte gleichfals die alte Seuche der Widerspenstigkeit und Meuterey / von neuem einzureissen. Sie stiessen erst heimlich hin und wieder die Köpffe zusammen: und strebten die Rädleins-Führer dahin / wie sie dem Erz-Herzog einen starken Anhang machen / ja die ganze Stadt / vom Käiser ab- und auf seine Seite / ziehen mögten. Unter solchen Aufwieglern war der fürnemsten einer / Thomas Haselbach / ein seicht-gelehrter Schrifft-Lehrer / und Professor Theologiae am Gymnasio daselbst: welchen Cuspinian (der gleichfals ein Alumnus selbiges Gymnasii, wie er es nennet / gewest) inverecundum Theologum, einen unverschämten Theologum titulirt / hominem cerebrosum ac honoris cupidissimum, einen hitzigen Steiff-Kopff voll Ehrgeitzes; der / ausser einer eitlen und falschen Achtbarkeit / so er ihm / bey den Leuten / indem er den Rebellen geheuchelt / erworben / nichts gründlichs studirt gehabt: wiewol er sonst garrulus Sophista, ein spitzfindiger Plauderer gewest / der in studio generali Viennensi, auf der Wienerischen Academie / damals allbereit 22. Jahre / über das erste Capitel Esaiä offentlich gelesen / und es doch noch nicht absolvirt gehabt. Dieser üble und langweilige Professor / welcher mit seinen Sitten / viel ein andres lehrte / weder seine Profession erfordert / mischete sich stets / in die Oesterreichische Mißverständnissen / mit ein / und hatte vorher allbereit nicht nur wider den Käiser geschrieben; sondern auch deß Papsts Droh-Brieffe widerlegt; und die Wienerische Academie eben deßgleichen gethan: Welcher deßwegen AEneas Sylvius diesen schlechten Lobspruch gibt: Docta Viennensis schola indoctam sententiam protulit, die gelehrte Schule / zu Wien / hat ein ungelehrtes Urtheil gefället. Diese Rottirung verstärkte sich auch täglich und geschwinde: sintemal der Arzney-Doctor / Odnoccar Kirchheim / Wolffgang Holzer / der Müntzmeister und Friederich Wostendorffer / nicht allein sich selbst / in solche schädliche Bündniß begaben; sondern auch bald hernach / etliche aufrührische Handwerks-Leute / die auch von Rauben und Stehlen ein Handwerk machten / namentlich / Jacob Geschnihel / Hanns Haug / Jacob Straßl / Lorenz Schwanz / Jörg Krempel / den Fleischhacker Menhard / nebenst dreyen unbenannten Kürsnern / mit grossen Versprechungen / dazu bewegten / daß sie / aus Begierde deß Raubs / im Rath-Hause / alle die jenigen / so von dem Käiser nicht abfallen wolten / mit ihrem Geschrey und starken Drauen / überfallen solten; sonderlich den Burgermeister / Chri [31] stian Brenner / den Oswald Reichwolff / Stephan Kisling / Thomas Tenk / Simon Potl / Niclas Teschler / Hanns Angerfelder / Ulrich Kerner / und einen Kannsdorffer: Welche alle im Rath / und annoch gegen dem Käiser in getreuer Devotion / die fürnehmste waren. Hiemit machte also der Anhang deß Erz-Herzogs der neuen Conspiration / oder Eid-Verknüpffung / einen Anfang. Es wurden gleichfals etliche Land-Herren / und zwar solche / derer Ansehen und Vermöglichkeit / alle die andern überhöhete / mit eingeflochten. Doch begehrten diese nicht so gleich mit ihrer Treu-vergeßnen Meinung ans Licht zu brechen; sondern eine Zeitlang dieselbe noch listig zu verdecken; suchten einen Schein getreuer Sorgfalt / und dem Käiser / durch ihre Gleisnerey / einzubilden / als ob sie es herzlich gut meinten: Gestaltsam sie deßwegen / bey dem Dorff Steteldorff / unter Krembs an der Donau / eine Versammlung anstellten: Darinn Niclas von Lichtenstein / ein ansehnlicher Herr / in Oesterreich / welcher dieses Bundes fürnehmstes Haupt / nechst dem Erz-Herzog / gewesen / auf die neue Verbindung hefftig gedrungen; doch gleichwol mit allem Fleiß dafür gesorgt / daß dem Käiser ja nicht ihr Fürsatz kund würde / ehe dann ihre Dornen (ihre falsche und meineidige Rathschläge) reiff wären: Damit er sie nicht / weil sie noch gar frisch / und mit starken Heer-Spitzen unbestachelt / wegreissen; das ist / die Zusammenbringung der Kriegs-Völker / ihnen verhindern mögte. Diesem nach fassten sie den einhelligen Schluß / ihn / auf folgende Weise / zu betriegen / und sicher-ihnen selbsten aber einen Vortheil zu machen. Sie ordneten zwo Personen / nemlich den Edlen und wolgebornen (so lautete damals der Titel) Herrn / Herrn Hans von Stubenberg / und einen von den fürnehmsten Raht-Herrn zu Wien / Namens Oswald Reichwolff / an den Käiser ab / um an denselben im Namen deß ganzen Landes / zu begehren / daß er ihnen verwilligen mögte / zu Wien eine Zusammenkunfft anzustellen; damit man daselbst sich könnte besprechen / und Mittel ersinnen / wie dem gegenwärtigen Ubelstande und Unwesen ein Ende gemacht / und alles Mißvernehmen völlig abgethan werden mögte. Allein die arglistige Füchse kunten diesem scharff-sehenden Adler die Augen so nicht verkleistern / noch den weiten Vor-Geruch ihres verdeckten Aas-Gestanks ihrer verreckten Treue verhindern: Er spührte stracks / was der unruhige Hauffe damit suchte / und was sie diesem ihrem Gesuch für ein verborgenes Ziel gesetzt hätten. Doch damit er sie / in ihrer List desto besser mögte erhaschen / stellete er sich / als hätte er den Schnupffen / und röche nichts Widriges; gab dem von Lichtenstein / und seinem Hauffen / Erlaubnis dessen / was sie unter einem listigen Schein bey ihm gesucht hatten: Weil es gegenwärtiger Zustand nicht anders erforderte. Hernach aber säumte er sich nicht lange / sondern eilete auf Oesterreich zu / und kam zur Neu-Stadt an: um von dannen aus / alle geheime Anschläge seiner Widerwertigen / in Kundschafft und Erfahrung zu bringen.
So kamen dann nun die Verrottirte / am St. Jacobs-Tage 1461 sten (andre setzen 1462.) Jahrs / in grosser Menge zusammen / vergrösserten daselbst ihre [32] meineidige Bündniß / mit mehrern Verwandten / und grösserm Zuwachs / fast täglich; zugleich aber auch dem Käiser seine Sorge / daß seine längere Gedult und Verzug ihm zum höchsten Nachtheil gereichen würde. Nicht lang hernach / überfiel der Kirchheimer den Rath / mit einer Rotte von sechszig Männern; warff den Burgermeister Christian Brennern / nebst sieben andren Herrn / und über das noch 2. Personen / ins Gefängnis: Weil sie dem Käiser ihre Treu nicht brechen wolten. Doch wurden etliche wieder heraus gelassen / wiewol mit Bedinge / der Rath-Stuben sich zu enthalten: Etliche aber blieben gefangen. Und bey dieser Aufwieglerey / die der Erz-Herzog / durch seine Ereaturen / dem Käiser also zugerichtet hatte / brauchte der Unehrwürdige Herr Professor / Thomas Haselbach / seine gifftige Zunge / nebst obbenannten andren Feuer-schürern / meisterlich. Weil derhalben nunmehr der Käiser wol erkannte / worauf es gespitzt; beschloß er / ihrem leichtfertigen Vorhaben die Spitze vorzuwerffen; ließ unverzüglich / im Fürstenthum Steyer / viertausend Mann zu Roß und Fuß / aufnehmen und ruckte damit / in eigener Person / eilends vor Wien. Daselbst sperrte man die Thore vor ihm zu: Welches gnugsam bezeugte / daß auch die Herzen der Fürnehmsten in der Stadt / vor ihm verschlossen wären / und Untreu im Schilde führten: Derwegen fieng er an / die Stadt zu belägern. Da die Bürger solchen Ernst / und mit was für einem gewaltigen Schlüssel er aufsperren wolte / sahen brachte sie die Furcht zur Vernunfft / und zu diesem Schluß / es wäre rathsam und sicherer / vielmehr die Thor ihm weit auf- als länger zuzusperren / und dienlicher durch willige Einlassung seine Käiserliche Clemenz / weder durch längere Ausschliessung seine zörnende Gewalt zu reitzen. Es fand sich auch hierauf / daß / je mehr Respect und Ehrerbietung die Unterthanen / in ihren Anschläg- oder Erklärungen gegen ihrem Oberhaupt / führen / sie desto leichter entsorgt / und aus der Gefahr in Sicherheit versetzt werden. Dann der gütigste Käiser ließ bald seinen Zorn fallen / und von der Gnade dämpffen / und nahm sie wiederum auf zu Käiserlichen Hulden: sintemal er sattsame Nachricht hatte / der grössere Theil unter ihnen wäre ausser Schuld / und mehr durch Furcht / oder Verleitung als selbsteigene Widerspenstigkeit / dem Stutz und Trutz etlicher unruhiger Köpffe mit bey zu treten / bewogen; gleichwie er / als ein weiser Fürst / ohne dem wol verstund / daß ein erkrankter politischer Körper nicht leicht mit starken / sondern so lang als möglich / mit gelinden Reinigungs-Mitteln / curirt werden müste. Als nun der Käiser das Regiments-Wesen wiederum vor die Hand genommen / und ebenfalls die Stadt Wien befriedigen wolte: Erhub sich / zwischen dem Rath / und gemeinem Volk / grosse Uneinigkeit. Damit derhalben solche gänzlich abgethan / und aller Widerwill ausgeheitert würde; ließ er so wol den Rath / samt allen bürgerlichen Geschlechtern der Burgerschafften / als das gemeine Volk / und die Handwerks-Leute / vor sich / ins Schloß / beruffen; versicherte sie daselbst [33] nochmalen ihrer Wiederaufnehmung in seine Gnade; gab ihnen auch Gewalt und Macht / in seiner persönlichen Präsenz / einen Burgermeister und Rath / nebst andren Beamten / zu wählen. Ob nun gleich hierauf solche Personen in die Wahl kamen / welche dem Käiser nicht gar zu angenehm; angemerkt / der mehrere Theil derselben der Bündniß wider ihn sich eingeflochten hatte (ausbenommen der Burgermeister / Christian Ziegelhauser / welcher ihm treu verblieben war) ließ er es doch so geschehen / und auch solche eines Theils Umwürdige bewürden / die seiner Gnade nicht werth: damit nur seine Sanfftmut in ihrem Glanz / und die Stadt in getreuer Zuversicht gegen ihm beharren mögte. Also hatte es dabey sein Verbleiben: und schied man hiemit allerseits friedlich voneinander. Nicht weniger aber schied auch bald / wieder von ihnen / die neu-angelobte Treu / und fiengen es die unruhigen Köpffe wiederum an / wo sie es gelassen; erkühnten sich / den redlichen Burgermeister Ziegelhauser / darum daß sein Herz mit dem Käiser war / wieder abzusetzen / oder vielmehr so lange zu lästern / bis er abdankte / und den Wolffgang Holzer / der das Haupt aller Empörungen wider den Käiser / und deß unruhsamen Erzherzogs Albrechts geheimster Rathgeber gewest / an seine Statt aufzuwerffen. Wie nun ein böser Baum nichts / als arge Früchte / bringt: Also stifftete auch dieser unrechtmässige Burger- oder vielmehr Rotten- und Aufruhr-Meister / bald solche Händel wiederum / die seiner Natur gemäs. Der Käiser gab allhie ein Beyspiel / daß grosse Häupter zwar der Göttlichen Majestät Stathalter auf Erden; aber darum doch der Göttlichen Allweisheit nicht theilhafft seyen; sondern bisweilen / in ihren Handlungen / auch einen Irrthum begehen können. Er hatte die Rohr-Art dieser Leute schon geprüft; und ließ doch / wider alle Staats-Weise / seine Steyrische Reuter wiederum heimgehen: damit nur die Wiener sich keines Argen zu ihm versehen solten. Jene waren aber kaum zum Thor hinaus gezogen; als die Empörung / bey dem Treu-brüchigen Volk / wider ihren Einzug that. Dann weil sie sahen / daß der Zaum hinweg / und der Käiser sich aller Macht entblöst hätte; tichteten sie wieder auf Ursachen / zu meuteniren. Diese Erfindung fiel ihnen gar leicht. Dann es bestreifften damals etliche abgedankte Kriegs-Leute / so dem Käiser / und dem Erz-Herzog / in vorigem Kriege / gedienet / aber ihren Sold annoch nicht empfangen hatten / die Wienerische Landschafft / hielten reine Strassen / und machten sich / an den reisenden Leuten / oder Waaren / bezahlt. Weil nun die Wiener den Käiser ersuchten / solchem Ubel abzuhelffen / den Wandel und Handel sicher zu stellen / durch Befriedigung solcher Unbefriedigten; der Käiser aber deß Geldes eben keinen Uberfluß hatte: So begehrte er / von ihnen / eine Vorlage von 6000. Gülden; deß Erbietens / er wolte / von dem Seinigen / so viel dazu legen / und also dieser Unsicherheit Rath schaffen. Als sie sich dessen weigerten; begehrte er / ihm dann nur die Helffte vorzustrecken: Und wie er nichts von diesen Unwilligen kunte erhalten: gab er seine Empfindung / durch diese Erklärung / zu erkennen / daß er dieser Begegniß würde eingedenk ver [34] bleiben; kehrte sich auch weiter nichts daran / wie sicher oder unsicher die Wiener reiseten / und ließ den Raubern ihren Mutwillen ungewehrt. Welches aber auch gefehlt war. Folgends erkühnten sie sich / ihm mancherley Satz- und Ordnungen vorzulegen / die er ihnen solte bestetigen. Weilen dieselbige aber weder ihm / noch dem gemeinen Nutzen deß Landes / anständig: zoch er solches in Bedenken; und enthielt sich / mit seiner Hofstat / im Schloß. Hieraus fielen sie in die Sorge / er dörffte ihnen entwischen / etliche Völker zusammen / und / sie damit zur Straffe ziehen: angesehn der Werth ihres aufrührischen Verhaltens im Gewissen ihnen gemahlt und abgebildet stund. Darum vermeinten sie / solchem ihrem Unheil vorzubeugen / und ihm abzupochen / was ihn der Nothzwang würde lehren / einzugehn. Sie verhetzten das Handwerks- und andres gemeine Gesinde / welches wenig dabey zu verlieren hatte / und um so viel vermessener / wider den Käiser / mit schmählichen Reden / heraus fuhr. Wie nun ein brennendes Holz das andre mit anzündet: also wurden / durch diese erhitzte Köpffe / auch die übrige Gemüter / zu einer neuen Empörungs-Brunst / angefeurt. Bald hierauf versammleten sie sich / und beschlossen; weil dem Käiser lieber das Geld / als Land und Leute / und sie weder wolle / noch könne / wider ihre Berauber schützen; so müste man ihm den Gehorsam aufkündigen / selbst zur Regirung greiffen / alle Einkünffte und Zölle dem gemeinen Säckel eintragen / um damit die Rauberey abzukauffen. Sobald der Käiser dieses ihr Beginnen erwitterte; fertigte er zur Stunde etliche Gesandten hinab / in das Rath-Haus / nemlich den Ulrich Riederern / und den Grafenecker; ließ sie ihres Eides und Pflicht erinnern / für der Göttlichen Straffe und Ungnade / so auf Meineid / und Rebellion unausbleiblich zu folgen pflegte / warnen; hingegen ermahnen / seinen guten Rath anzunehmen / und sich alsdann aller Gnade zu ihm zu versehen. Aber die Rädleins-Führer und Ruhr-Stiffter / unter denen Wolffgang Holzer der fürnehmste / und der feine Herr Theologus Haselbach / der besten Lermbläser einer war / reitzten das Volk / daß es ganz unsinnig anhub zu schreyen / und den Käiser / mit Lästerworten / zu schimpffen. Sie schalten ihn für einen untauglichen nichts-würdigen Regenten; ja! legten / an die Gesandten selbst / die Hände / rissen sie herunter von den Stühlen / und schleppten dieselbe / mit Bedrohung deß Todes / nach dem Kerker. Etliche Rathsherren suchten zwar / sie davon abzuhalten; fanden aber kein Gehör. Es wollen aber etliche / daß diese zwo Personen damals eben nicht / vom Käiser / abgeordnet worden; sondern der Riederer / als er nach S. Stephans Kirche / um ein Kind aus der Tauffe zu heben / (welches man aber / listiger Weise / also angestellt /) gehen wollen / sey aufgefangen / und der Grafenecker aus seinem Hause hervor gerissen worden. Das glaublichste scheint / daß sie dannoch würklich abgesandt / aber nicht auf dem Rathhause / sondern auf jetzt letzt-erwehnte Manier / [35] angegriffen worden: Damit es nicht das Ansehen hätte / als hätte man sie / wie Gesandten / angegriffen / und zwar an einem privilegirten Ort. Was über das dieser heillose Frevel-Meister / Wolffgang / für Vermessenheit / Stolz und Trutzes sich / gegen dem frommen und gütigen Käiser / unternommen / wie unehrerbietig und boshafft er sich / in seiner Schrifft / erwiesen / davon wäre viel zu schreiben. Wer Belieben trägt / dieselbe zu lesen / der findet sie / beym Lazio: Da er / in bemeldter Schrifft / das rechte Muster eines Respect- und Treuvergessenen Bösewigts / und bittren Meutenirers / ersehen kan. Je glimpfflicher und gütiger der langmütige Käiser bishero verfahren war / je hefftiger erzörnte er sich billig / über den Mißbrauch derselben. Kein Recht hätte es ihm verdenken können / wann er gleich Anfangs / aus dem Blut dieses aufrührischen Vogels / der Stadt hätte ein Lehr-Bild mahlen lassen / was der Empörung und Majestät-Beleidigung für ein Trink-Geld gehöre: Aber seine allzu grosse Güte verhinderte es. Doch muste er jetzo spühren / daß man solche Belials-Disteln mit eisernen Handschuhen angreiffen müste; daß die Allzu-Gelindigkeit / von keiner andern Nachgeherin / als Reue / bedient würde / und daß grosse Herren / indem sie ungetreuen Bedienten zu viel nachsehen / so wol ihre selbsteigene / als deß ganzen Reichs / (oder Lands) Ruhe und Wolfahrt übesehen. Dann ob sie gleich zuletzt / nach dem der Schaden und Verderben reiff worden / zur Straffe greiffen wollen: mangelt es ihnen doch alsdann offt entweder an Gelegenheit / oder Glück / und genugsamer Macht / solche Gesellen zu demütigen / und stehet der erlittene Schaden deß Landes nichts leicht wiederum zu ersetzen. Es verdroß ihn sehr / daß man / ohn allen gegebenen Anlaß / wiederum von ihm abfiele / und einen so schändlichen Lermen von neuem anhübe. So kränkte ihn doch auch / daß er seinen Treu-vergessenen Unterthanen den verscharrten Gehorsam / mit dem Kriegs-Schwert / wieder aufgraben solte / nicht anders / als ob er sich selbsten müste wund schlagen / und etwan einen Fuß- oder Arm-Bruch / mit hart-druckenden Schindeln / zwingen / heil zu werden: wäre also tausend mal lieber deß Ernsts überhaben gewest. Gleichwol ließ er / im Kriegs-Rath / dem Rach-Zorn nicht die völlige Disposition allein / sondern der Billigkeit und Clemenz / und gegenwärtigem Zustande auch eine Stimme: damit der Schulß nur / über die Ursacher solcher neuen Brunst der Aufruhr / ergehen mögte. Dann er betrachtete / daß gleichwol nicht alle Bürger / an solchem Verbrechen / schuldig / und beschwerte sich allein über die Schuldigen / welche sich an seiner Majestät / nachdem er nunmehr / zu hohem Alter gelangt / so schändlich vergriffen / und ihn / der doch von Jungend auf der innerlichen Fehde sich fürsichtigst enthalten / auch anjetzo nöthigere Sachen / im Römischen Reich / zu expediren hätte / gleichwol / durch wiederholte Empörung / zu den Waffen bemüssigten. Es ging damals den Rottirern / wie einem leichten Weibe / welches wann es nur den Rock / in Unehren / auszeucht / vollends gar bald den Rest der Zucht [36] auch von sich wirfft: nachdem sie einmal den unterthänigen Respect abgelegt / schämten sie sich nun hinfort keiner Schande mehr. Darunter diese nicht die geringste war / daß sich diese Wiener entblödeten / dem Käiser einen Absag-Brieff zu senden / darinn sie ihm alle Pflicht und Gehorsam / bis zur Vereinigung der Stände / und Bestetigung deß Land-Friedens / aufkündeten. Er laß denselben / nicht ohne Bestürzung: und weil er leicht errathen kunte / es würde dabey nicht lange beruhen / sondern ehestens eine Feindseligkeit wider ihn ergehen; befahl er seinen Räthen / man solte / so geschwinde / als möglich / die Burg / mit Kriegsrüstung und Lebens-Nothdurfft / versehen. Dazu man auch keine Zeit übrig hatte. Dann / gleich nachgehenden Tags / schickten die Scham-entblöste Freveler / einen Boten / an die verschlossene Burg-Pforte; erklärten sich / durch denselben / für deß Käisers offenbare Feinde / und kündigten ihm den Krieg an: in Hoffnung / sie wolten weil er sich dessen nicht hätte verfehen / gar bald mit ihme fertig werden / und das Schloß / gleich mit dem ersten Anlauff / erobern: wie dann gemeinlich vermessene Anschläge sich alles unschwer vorsetzen. Sie wusten noch nicht / daß man allbereit Anstalt / zur Gegenwehr / gemacht: verlohren aber gar bald den Appetit / zum verwegenen Anlauff / als das Geschütz / von der Burg / heraus spielete / und deß Keisers Stückmeister / der Zinkendorffer / welcher in seiner Kunst fertig war / aus Mörsern grosse Steine unter sie streueke. Derhalben enthielten sie sich / in den nechsten Häusern / durfften dem Schloß nicht zu nahe kommen: wälzeten auch / wann sie / von gedachten Häusern / heraus gingen / grosse Fässer vor sich her. Aber / am dritten Tage / nach angefanger Belägerung / verfertigten sie drey Batterien / von Erde; beflanzten jedwede mit einem Stuck / und stellten das vierte in Veit Ebersdorffers Haus; fingen hierauf an / auf die Stampff-Mühle zu canoniren; in Meinung / mit Fällung derselben / den Schloß-Brunnen zu verschütten. Welchen aber Christoph Quos / der allda seinen Posten hatte / mit Pfälen und Dielen darwider verwahren ließ. Ja / es hatten diese schändliche Rebellen so gar aller Schaam und Gewissenhafftigkeit den Kopff abgerissen / daß sie heimlich alles ihr Geschütz / auf die jenige Seite der Burg / richteten / wo die Käiserin / mit dem jungen Prinzlein / und Frauenzimmer / sich aufhielt; da sonst andere Feinde solcher Personen noch wol zu verschonen pflegen. Darum wurden dieselbe bemüssiget / in unterirdische Gewelber zu entweichen. Gleichwie aber die Wiener anjetzo raseten; also stellten sie auch ihre Sache toll und thöricht genug an. Sie umsetzten zwar das Schloß überal endlich mit Stücken / und wolten zum Sturm / eine Oeffnung schiessen: es ging aber gar närrisch und liederlich dabey zu / Dann wann ein Stuck solte abgehen; machten sie allemal vorher ein grosses Geschrey und Gethön / mit Trompeten / Trummeln und Pfeiffen. So hörte man sie auch sonst immerzu singen / musiciren / und jauchzen: Dabey frassen und soffen sie Tag und Nacht. Gegentheils / lagen die Käiserliche stets in der Lausche / merkten auf alle Beweg- oder Regungen der Feinde / verrich [37] teten ihre Handlungen mit stillem Bedacht / und brenneten denen / welche sich / auf einen Schuß / herbey naheten / auf den Pelz / so gar ohne Ceremonie / daß Knall und Fall ein Ding war. Es erboten sich auch und riethen die Büchsenmeister / mit Feuerpfeilen die Häuser in der Stadt in Brand zu schiessen: aber der gewissenhaffte Käiser / wuste es nicht über das Herz zu bringen; sondern untersagte es ihnen. Unterdessen aber wäre er selber schier liederlich um sein Leben gekommen. Dann wie er zu einem Thurn hinein getretten / um das dahin gebrachte Geschütz zu besehen / und Ulrich von Werdenberg / gar unfürsichtig / mit einer Zünd-Ruten / hin und wieder fächelte und wedelte / fielen etliche Funken in ein Pulver-Fäßlein. Jedoch sprang der Käiser zeitlich zum Thurn hinaus / und litte weiter keinen Schaden / ohn / daß ihm die Haut im Angesicht ein wenig versenget ward. Und daran hatte man ein Beyspiel / daß grosse Häupter einem sonderbarem hohen Schutz eingeschlossen gehen. Darauf warff er auch sein meistes Vertrauen. Er seuffzte zu GOtt / und rieff Ihn an um Hülffe / als einen Beschirmer der Könige und Fürsten / wider ihrer Unterthanen meineidige Bosheit; hatte auch bereits / in alle nechst-gelegene Länder / sonderlich in Böhmen / Steyermark / Kärndten / und Crain geschrieben / und mit beweglichen Worten / ihnen zu wissen gemacht / in was für Gefahr er gerathen wäre; dann die Treulos-verleitete Bürger hätten ihn / in seinem Schloß / zu Wien / stark belägert: Darum solten sie ihm / mit schleunigem Entsatz / zu Hülffe ziehen / ehe dann die Meutenirer sich deß Schlosses bemächtigten. Solcher Beschleunigung that auch hoch vonnöthen: Dann sie hatten albereit / über den zugedeckten Wall / allen ihren Brech-Zeug / samt dem Geschütze / gegen das Schloß / gerichtet / und also den guten Käiser in keine schlechte Sorge gesetzt. Darauf sammleten / vor allen andren / am ersten / der Andreas Baumkirchen / Herr von Schlaming / welcher zwischen Ungarn und der Steyermark seinen Sitz hatte / und ein Böhmischer Herr / Namens Hynco / in möglichster Eil / etliche Truppen / und eilten / ehe dann die andren / mit ihren Völkern / ankamen / auf Wien zu; präsentirten sich daselbst / vor der Stadt-Maur / und kündigten den Conföderirten / (rechter zu nennen / der meineidig-vereidigten Rotte) offentlich den Krieg an. Davon muste die Stadt die erste Würkung / an ihren Wein-Garten / empfinden / als eine solche / die guten Theils / besser die Reu-Threnen / weder die Wein-Zehrlein / verdiente. Man verwüstete ihr dieselbe / mit Feuer / und Schwert; und zwar eben um die Zeit / da die Weinlese vor der Thür war. Dieses schmerzte die Bürger gar sehr / und that ihnen desto weher / je mehr sie darüber in Schaden kamen: Dann die geladene Weine wurden umgestürzt / die Fuhr Leute / samt dem Gesinde / aufgefangen / und ins Loch gesteckt. Welches die Rottirer / welche in Belägerung deß Schlosses / geschäfftig waren / nicht wol verhindern / noch überal zugegen seyn kunten. Dann sie musten gleichwol auch ihrer eignen Schanze warnehmen / und die Ringmaur desto stärker besetzen / weil sie gar [38] baufällig / einrissig / und annoch nicht wider ergänzet / dazu weder mit Geschütz / noch anderer Zubehör / versehen war. Gleichwol zwang sie die Noth / bisweilen heraus zu fallen / und dem Feinde die Zerrüttung der Weinlese / nach Möglichkeit / zu verwehren: Weil der Stadt meiste Nahrung und Kauffmannschafft daran hing. In Ansehung aber / daß hiedurch ihre böse Belägerungs-Arbeit unterdessen desto langsamer von statten ginge; besannen sie sich auf ein andres Mittel; berieffen die Bauers-Leute vom Felde herzu / und befahlen denselben die Stadt-Mauren in ihre Defension / ingleichen die sichere Einbegleitung der Wein-Fuhren / und die Abtreibung deß Feindes von ihren Gründen und Wein-Gärten. Sie hingegen wendeten sich / aus aller Krafft / wider die Käiserliche Soldatesca im Schloß; erschütterten / mit ihrem Geschütz und Brechzeug / die Schloß-Wand / Tag und Nacht / so gewalt- und ungestümlich / daß selbige / mancher Orten / kaum / (so zu reden) nur noch an einem Faden hing / und einen Wink nach dem andern gab / daß würde fallen. Deßwegen entfiel dannoch inzwischen dem / im Schloß / also bestürmten Käiser der Mut nicht: Ungeachtet er nicht mehr als zween hundert Mann / drinnen bey sich hatte. Welches aber kein Magsaamen / sondern eitel Pfeffer-Körner / nemlich mehrentheils lauter Ritter-Stands-Personen waren. Er theilte selbst gar fleissig die Ordre aus; ordnete selbst die Soldaten / auf die Mauren; ließ gleich anfangs / ein Theil deß Geschützes hinauf ziehen; das übrige aber vor die Schloß-Fenster bringen / um von dannen heraus / unter die Rebellen / zu canoniren. So muste man ihm auch die Mauren / mit Dachlättern / befestigen / und die Klüffte oder Lucken derselben / mit grobem Werk / und dergleichen Materi / vermachen; was schier nidergefallen / oder gefället war / hurtig wieder aufrichten / oder die geschossene Bresche mit Brettern / verschlagen / mit Steinen und Mist verschütten. Diese Anstalt und Anordnung hielt den guten alten Herrn / Tag und Nacht / munter und bemüht: als der wol verstund / daß / wann ein Käiser / oder König / nur alles seinen Ministern oder Officirern allein vertraut / und nicht selber / auf alle / zumal so hoch anligende Handlungen / die Augen schärfft / seinem Staat die Ruin näher sey / weder die Conservation / und das Trau-gern gern das Pferd wegreite. Zu verwundern aber ists / von einem so klugem und altem Potentaten / daß er aus allzu gutherzigem Vertrauen / für solchen losen Leuten / sich nicht vorher besser in Acht genommen / sondern / da er einmal ihre Treulosigkeit hatte erfahren / dannoch nicht in bessere Postur sich gestellt / und gleich nach der ersten Composition oder Unruh-Stellung / eine solche Verfassung gemacht / daß es keiner zweymaligen bedörffte; oder gleich Anfangs / so bald (wie vermutlich) von neu-angehender Widerspenstigkeit / ein Nachricht erhalten / nicht alsofort aus dem Scholß gewichen und seine Person / samt seiner Gemahlin / behände versichert hat. Bey [39] einer kaum erloschenen Feuers-Brunst / wagt sich keiner noch / mit seinen köstlichsten Sachen / zu beharren; sondern besorgt eine noch glimmende Verborgenheit. Was kunte aber dem Käiser schätzbarer seyn / als seine Gemahlin / und kleiner junger Prinz / Maximilian / die damals bey ihm drinnen waren? Seine angeborne Frömmigkeit nemlich hatte ihm allen Argwohn / aus dem Sinn geräumt: Und vielleicht hat er / durch seine Gegenwart / ihnen alle Scrupeln / daß sie an seiner Gnade nicht mehr zu zweifeln hätten / ausleeren wollen. Die Guten vermuten nicht leicht / von andren / was Böses. Doch gleichwol hat man sich / für solchen Menschen / die unlängst erst / von einer Seuche / aufgestanden / behutsamst zu präserviren / und für unlängst-befriedigten Aufrührern / in acht zu nehmen; weil ihnen die vertriebene Mucken leichtlich wieder in den Kopff kommen. Solchen Personen / sie mögen gleich unterthänig / oder von Stande seyn / die einmal eidbrüchig worden / ist man kein Vertrauen schuldig / sondern die Behutsamkeit / welche an ihnen eine rechtschaffene Ubung findt. Es gehen aber / auch wol den allerklügsten Fürsten / hierinn bisweilen die Augen zu: Und kan endlich auch wol ein fürsichtiger David / durch gutes Vertrauen / sich an einem Absolon oder Achitophel verirren. Unterdessen ward der lobwürdigste Käiser nicht allein aus-sondern auch inwendig bestürmt; dort durchs Geschütze; hier / durch Mitleiden / gegen bemeldten zarten Personen / die ihm lieber / als seine Augen / und zu der Belagerung übel bequemt waren. Welche er gleichwol immerzu freundlich tröstete / nicht allein durch Versicherung eines erwartenden ansehnlichen Entsatzes / sondern auch seiner fleissigen Sorge / für ihre nothwendige Verpflegung mit Brod / und andrer Leibes-Nothdurfft: Obgleich von Lebens-Mitteln / im Schloß / ein schlechter Vorrath vorhanden war. Und wie fromm / wie sanfft sonst dieser Herr von Gemüt war; ließ er doch anjetzo / mitten in der Gefahr / einen grossen Mut blicken / und eine solche Resolution / deren man sich / zu einem so grossen Fürsten / nicht versehen hätte. Er rieff mit so lauter Stimme / daß es die Feinde selbst leicht hören kunten: Dieses Scholß gebe ich nicht auf: Es soll eher mein Kirchhof und Grab-Stätte seyn. Und zu den Seinigen sagte ex / der liebe GOtt im Himmel lebte ja noch / welcher gewohnt wäre / die Obrigkeit von ihrer Unterthanen Unbilligkeit / zu erledigen; darum solten sie nur unerschrockens frisches Muts seyn / beständig an ihm verharren / und sich einem bessern Glück vorbehalten. Solche Hoffnung muste auch alle Mühseligkeit / sowol der Gegenwehr / als deß übrigen Zustandes / erleichtern / und das fast hungrige Tractament würzen / oder vielmehr der Hunger selbst die beste Würze der noch vorhandenen geringen Speisen seyn. Ein gewisser alter Scribent / welcher damals / um den Käiser gewest / beglaubt / die Lebens-Mittel wären im Schloß genau zusammen gangen / daß an Mehl und Fleisch / grosser Mangel eingrissen / und ein altes Mütterlein dem jungen Käiserlichen Prinzen / Maximilian / in dem Frauen-Zimmer / eine feuchte Gersten zu essen fürgesetzt: Welche ungewohnte Speise der Prinz sich be [40] fremden lassen / gleich zu seinem Herrn Vatter geloffen / und mit weinenden Augen̅ gebetten / er solte doch diesem elenden Leben einmal ein Ende machen. Man schreibt auch / es seye ein / damals zu Wien bey der Universität sich aufhaltender / Student / seiner Geburt sonst ein Frank / Namens Kronberger / welcher / auf Verleitung deß gottlosen Theologasters / Haselbach / sich gleichfalls / zu den aufrührischen Bürgern / rottirt hatte / mitten unter solchem wüsten Wesen / und unsinnigem Frevel deß rasenden / Volks / mit herzlicher Erbarmung über den Käiser / und die Käiserin / und den jungen Prinzen / berührt worden / habe derowegen / durch einen ganz unbekandten verborgenen Weg / heimlich etliche Vöglein / nebst anderm Fleisch / ins Schloß gebracht: Als es aber nachmals geoffenbart worden / habe der verkehrte und nicht sonders gelehrte grobe Theologaster sich hefftig drob erbost / und beschlossen / den jungen Studenten deßwegen schwer zu straffen; der Käiser aber / nach aufgehebter Belägerung / ihn nicht nur aller Gefahr befreyet / sondern auch reichlich begabt / und bey Hofe herrlich gehalten. Cuspinianus gedenkt / dieser Student sey von Cibin / (oder Hermansstadt) in Siebenbürgen gewest / habe sich den Mein-Eid der Wiener sehr zu Herzen gezogen / und so viel / als er / für zwey oder drey Ducaten / von Rebhünern / Koppen / und andrem Geflügel / wie auch Wildprets / einkauffen können / um sich gehenkt / unter seinen langen Schülers-Rock. 9 Hiemit stimmt auch de Rewa zu. Aber Lazius / Megiserus / und Gerardus de Roo, nennen ihn einen Franken; der Author aber deß Ehren-Spiegels gleichwol auch einen Siebenbürger / mit Bericht / es habe hiemit der Vatter desselben / so bey Hofe ein Schneider / aber bey angehender Belägerung / von der Burg ausgeschlossen war / einen Anfang gemacht: Dann nachdem dieser Schneider deß jungen Herrleins Sehnen nach besserer Speise erfahren / habe er Rebhüner / und andres Geflügel gekaufft / sey damit / bey Nacht / in den Schloß-Graben gesprungen / und von den Käiserlichen hinauf gezogen worden: Dieser habe aber einen / in der Stadt studirenden Sohn gehabt / welche nicht allein dem Vatter / in dieser Verrichtung / behülfflich gewest / sondern auch demselben / in gleicher Treu-Leistung / löblich folgen wollen; solchem nach gleichfalls / um vier Gulden / darinn seine ganze Barschafft bestanden / dergleichen Feder-Wild gekaufft / selbiges unter seinen langen Mantel verborgen / und nach eingetretener Nacht / sich beym Schloß eingefunden: Da der Vatter ihn / an dem abgeredten Los / erkannt / er darauf in den Graben gesprungen / sich hinauf ziehen lassen / und den jungen Prinzen sein Mitbringens überreicht; worüber dieser / als bey dem die Begierde zum Wildpret und Weidwerk sich schon in so zarter Kindheit geregt / sehr froh worden: Nachdem der Käiser diese That vernommen / habe er diesen Studenten zum Edelmann / und nachmals zum Burggrafen in Wien gemacht. Maximilianus liebte ihn auch sein Lebelang / und machte ihn / nachdem er Käiser worden / zum Thum-Herrn / [41] bereicherte ihn auch / mit 16. Präbenden. Und als ihn deßwegen einsmals einer anließ / der Meinung / es wäre zu viel Speise auf eine Schüssel / Seine Majestät könnte die 4. letzten Pfründen / (so ihm damals / sowol vom Papst / als vom Käiser / versprochen waren /) wol zurück halten; gab er zur Antwort: Ich wolte / daß Kronberger gar Papst würde / so er wol um uns verdient / und daß alle geistliche Güter in so treuer und frommer Leute Händen wären / es würde dessen der Apostolische Stul / und das ganze Römische Reich / mit zu geniessen haben. 10 So haben demnach diesem getreuen Zuträger seine Vöglein ein ehrliches eingetragen. Aber grosse und verständige Fürsten bezahlen und recompensiren nicht allein das Werk / sondern auch das Gemüt / nebst andren Umständen. Käiser Friederich hat / an diesem jungen Menschen / Zweiffels ohn / mehr / als das / was derselbe heimlich ihm / und seiner Gemahlin / und Prinzen / zugetragen / betrachtet / nemlich die erwachte unterthänige Treu und Liebe; dann auch die grosse Gefahr / welche stets deß Menschen Bergleiterin gewesen; sintemal er leicht sein Leben hätte drüber verlieren können / so er / von den gähzornigen Rebellen / wäre drüber erwische worden. Und könte uns dieses Beyspiel / zu weiterem Nachdenken / oder Christlicher Betrachtung / Anlaß geben / wie stattlich und überreichlich dermaleins / in jenem Ehren-Leben / derjenige es wiederum geniessen werde / der anjetzo / allhie auf Erden / der Heiligen ihrer Nothdurfft sich hat angenommen / und den König aller Könige / in seinen bedrengten nothdürfftigen Gliedern / wolthätig gelabet und erquicket. GOtt vermag mehr / als Käiser Friederich.
Unterdessen wird diesem Kronberger solcher seiner rühmlichen Handlung ehrliches Gedächtniß billig wieder aufgefrischt / und andren Leuten / zur Erweck- oder Entzündung gleicher Treu-Geflissenheit / gegen ihrem Oberhaupt / vorgestellt. Dann dieses ist / neben andren Vergeltungen / der wahren Tugend Eigenschafft / daß sie ihre Liebhaber / auch nach dem Tode / ehret. Es soll doch gleichwol auch Graf Sigmund vom Schaumburg / der auf Erz-Herzoglicher Seiten stund / nachdem er erfahren / daß der zarte Prinz was Gutes zu essen verlangte / demselben allerley Eß- Waaren / als Eyer / Mehl / und dergleichen / an die Burg-Pforte geschickt haben; und zwar mit Zulassung fowol deß Erz-Herzogs / als deß Burgermeister Holzers. Wie es dann auch keiner von den Bürgern verwehret hat. Allein die schelmische Bauren / so allda die Wacht hatten / rissen den Uberbringern solches alles aus der Hand / warffens zu Boden / und zertratens mit Füssen. Wer sichert aber / daß es ihnen nicht / entweder vom Herzog / oder vom Holzer / heimlich also befohlen worden? Unterdessen lieff das junge Herrlein bisweilen / zu der Frauen Mutter / und bat mit Threnen / man solte ihm doch aus der Küchen / einen Kramsvogel oder Rebhun / oder etwas solches / reichen las [42] sen. Dem die Käiserin / mit Gegen-Threnen / antwortete: Mein liebes Kind / wir müssen GOtt bitten / daß wir nur Brods genug behalten! Solches zu reden / hatte sie wol Ursach. Dann es ging Wein / Getreide / und andren Lebens-Mitteln / fast auf die Neige. Für den Käiser und die Käiserin / blieb der Weitzen allein; den andren theilte man Gersten und Erbsen / nach genauem Maß / aus: sie musten auch gar / mit Kleyen-Brod / und / für Wein / mit dem lieben Wasser vorlieb nehmen: wiewol solches etliche Herren mit Honig vermischten. Weil nun inzwischen die späteste Zeit deß Herbstes / so eine schlechte Beförderin der Kriegs-Operationen zu seyn pflegt / eingetretten war / mit ihren gewöhnlichen Ungelegenheiten / denen sich noch andere Unbequemlichkeiten mehr beygeselleten: kam es / mit der Belägerung / allgemach ins Stecken / und begunte den grössern Theil deß feindlichen Hauffens der Schimpff zu gereuen; zumal / da sie den grossen Schaden / an ihren Wein-Gärten / nicht verschmerzen kunten: also / daß ihrer viele heimlich entwichen und sich versteckten. Gegenüber ward der belägerte Käiser / von Tage zu Tage / deß Entsatzes vergewissert / und kam ihm eine tröstliche Botschafft nach der andern / wie nicht allein / aus seinen Provinzien / als Kärndten / Steyer / und Crain / ansehnliche Truppen / im Marsch begriffen wären; besondern auch König Podebrat aus Böhmen / und sein Sohn Victorinus / in eigener Person / mit einem starken Kriegsheer / im Anzuge / auch allbereit der Wienerischen Bürgerschafft / durch ihre Herolden / den Krieg angekündigt hätten. Dieses brachte den Aufrührern keinen schlechten Schrecken: weil sie hingegen keinen Beystand und Hülffe für sich wusten / sondern / mit furchtsamen und bestürztem Herzen / ihren schlimmen Zustand auschaueten / und höchlich besorgen musten / nunmehr wäre die Zeit vor der Thür / daß man ihnen / ihren feinen Verdienst / mit Schwert / Galgen / Rad / und Henker-Ruten / bezahlete. Gleichwol trösteten sie sich noch einiger Hülffe / vom Erz-Herzog Alberto. Wiewol solche ihre Hoffnung sehr schwach / und mit grossen Sorgen gekränkt war: Und zwar nicht ohne Fug und Ursach. Dann dieser Fürst befand sich damals nicht allerdings im Stande / eine so schwere Kriegs-Last allein zu ertragen / dazu mit Geld-Mitteln gar schlecht versehen / und über das zimlich fern von ihnen. Jedoch hatte er die Donau / zu seinem Vortheil / an der Hand. Derwegen / als ihm die grosse Gefahr seines Anhangs zu Ohren gelangt; eilete er / mit so vielen Völkern / als er / in der Eile / zusammen bringen kunte / zu Schiffe / fuhr damit hinunter nach Wien / ward auch / von dem aufrührischen Hauffen / mit Freuden daselbst eingelassen / als der einige Stab ihrer Hoffnung; und schickte seinem Bruder / dem belagerten Käiser / also fort einen Absag-Brieff zu / ins Schloß. Gleich damit ließ er auch zween grosse Mauren-Brecher / die er hatte mitgebracht / gegen das Schloß führen; und ging also die Bestreitung desselben wiederum an.
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Der fernere Verlauff und endlicher Ausschlag dieser Belägerung wird / von den Historicis / auf zweyerley Art / in sehr unterschiedener Ordnung der Begebenheiten / wie auch mit grosser Ungleichheit mancher Umstände / beschrieben. Weil nun solches gegeneinander zu vergleichen und auszuecken / im lesen / nur unbeliebt / zudem auch fast ungewiß ist / welcher Relation darinn am sichersten nachzugehen sey: schätze ich das rathsamste / beyderley nacheinander zu setzen. Wovon die erste dieses folgenden Inhalts ist. Nunmehr nahete der Königliche Prinz aus Böhmen / Victorinus / mit einer starken Armee herbey / und schlug sein Lager / über der äussersten Brücke / so bey Wien über die Donau gehet. Das gab dem guten Käiser einen erfreulichen Anblick / ermunterte auch seinen Leuten ihren / von dem Mangel täglicher Nothdurfft hart bestrittenen / und schier erlegenen / Mut dergestalt / daß sie das Geschütz hervor zohen / dasselbe auf den vordern Platz der Stadt Wien / da die Bürger hin und wieder wandeln musten / richteten / und manchem damit den Staub aus den Kleidern kehrten / oder vielmehr ihn in den Staub danider warffen: also daß den Bürgern hiedurch kein geringer Schade und Abbruch geschahe. Uber wenig Tage hernach / stellete sich auch ein / mit einem andren Böhmischen Kriegs-Hauffen / Graf Johann Witobitz zu Segor / und Freyherr von Sternberg in Kärndten. So machten sich gleichfals nunmehr / nachdem die Belägerung schon anderthalb Monaten gewähret / die Landschafften aus Kärndten / und aus Steyermark / stark auf / und verrichteten so gewaltige Tag-Reisen / daß sie / in kurzen Tagen / über das Gebirge / gen Wien kamen / um den Käiser / von seinen heillosen Belägerern / zu befreyen. Dabey zoch ein grosser Adel mit auf / beydes aus Steyer und Kärndten; als aus der Steyermark / Lutold / Herr von Stubenberg / deß Namens der Zweyte; Dieterich / Herr von Emerberg; Georg / Herr von Herberstein / der dritte: Aus Kärndten aber diese; Sigmund Kreutzer / Conrad von Kraygd / Hanns Ungnad / Georg Schenk von Osterwitz / Pangratz von Dietrichstein / Christoph von Colnitz / Rudolph Kefenhüller / Jacob von Ernau / nebst vielen andren mehr. Diesen aber allen kam der König von Böhmen / Georg Podibrat / zuvor / und schlug sein Lager zu Kornneuburg. Weil dann Erz-Herog Albertus / einem so starken Anzuge so vieler Entsatz-Völker die Gegen-Wage zu halten zweifelte / und seine Sachen allbereit auf die Neige gehen wolten: ersuchte er den König um Unterhandlung / und Friedens-Vermittelung zwischen dem Käiser / und ihm. Jedoch lieffen / bey solcher seiner Ansuchung / viel ungebührliche Reden / mit unter: Sintemal er sich / und seinen losen Hauffen / solcher Gestalt entschuldigte / daß er zugleich seinen Herrn Bruder / den Käiser / mit vielen schändlichen Schmäh-Worten / beleidigte / und nicht nur die Pflicht eines Bruders / sondern auch einer Stands-Person / gar weit dabey aus den Augen setzte. Hiebey übergab er auch dem Könige einen / von ihm selbsten aufgesetzten / Entwurff derer Bedingnissen / auf welche er [44] tractiren / und Frieden schliessen wolte: damit diese brüderliche Zwietracht dermaleins ihre Endschafft gewinnen mögte. Wiewol diesen boshafften Prinzen nicht so sehr die aufrichtige Begierde der Vereinigung / als die Verzagung an einem guten Ausgange / bewog / dem Streit und Hader ein Ende zu suchen / dessen Wurzeln / nemlich Groll und Herrsch-Gierde / ihm doch so tieff Herzen steckten. Der König begegnete solche Anwerbung deß Erz-Herzogs / mit dieser kurzen Antwort: Er wolte ihm zwar gerne willfahren; könnte aber hierinn nichts Gewisses versprechen / vielweniger urtheilen / noch schliessen / bevor man deß Käisers Meinung gleichfals darüber verstanden hätte / ob derselbe nemlich die Sache anjetzo auch einer gütlichen Entscheidung wolte unterwerffen. Also wich die Friedens-Hoffnung / auf dißmal / wiederum hinter sich: und ließ der Erz-Herzog es auf die Spitze ankommen. Unterdessen zoch das Böhmische Kriegsheer / längst dem unter der Wiener-Brucken vorbey-wallendem Donau-Arm / gerades Wegs fort / und kunte weder der Erz-Herzog / noch die Wienerische Bürgerschafft / noch die Oesterreichische Landschafft / verhindern / daß es / zu den Steyerisch und Kärndterischen Völkern / stiesse / die sich / unter dem Wiener-Berge / zu Enzersdorff / gelagert hatten: wie / gegenseits / diese so ansehnliche Entsatz-Macht auch der Stadt ihre Halsstarrigkeit nicht ausschrecken kunte. Dann dieselbe hatte sich allbereit / wider die besorgte Bestürmung / gefaßt gemacht / und / von allen Orten her / die Bauren / Winzer / Hacker / und dergleichen Gesinde / beruffen / und zur Beschützung der auswendigen Mauren bestimmt. Welche dann / in einer bösen Sache / trefflich-gute Dienste gethan. Dann als man / am Tage S. Elisabeth / die Stadt zu stürmen angefangen; haben diese grobe und stark-leibige Flegel und Pflug-Fechter / welche / allerley Arbeit auszudauren / gewohnt / den grossen Gewalt der Käiserlichen und Böhmischen Völker / ja so glücklich / als beherzt / wie lauter eiserne Leute / oder belebte Bilder von rauhen Marmel-Stücken / ausgestanden. Sie gaben den Kriegsleuten den Kehrab / und trieben dieselbe nicht allein in die Flucht / sondern entwendeten ihnen auch zwey Feld-Stücklein / und brachten solche mit sich in die Stadt. Nachdem dieser Gestalt der Sturm / für die Entsatz-Völker / schlecht gelungen; wuchs den Aufrührern der Mut so hoch / daß sie nun / weder deß Königs von Böhmen Rath anhören / noch von denen Conditionen / welche der Erz-Herzog zuvor hatte vorgestellt / das geringste fallen lassen wolten. Jedoch ward endlich / durch die fürnehme Herren / in der Sache / so fleissig negocirt, daß man inzwischen beyderseits einen Stillstand bewilligte / und der König von Böhmen so viel erhielt / daß er / mit dem Käiser selbsten / mögte reden. Hierauf erfolgte nun endlich der Frieden-Schluß / wiewol nicht allerdings / nach deß Käisers Wunsch und Vortheil. Dann ob ihm gleich die vorgetragene Puncten etwas dauchten schwer zu seyn: muste er sich doch in die Zeit bequenmen / und mit Gedult überwinden / was sich / durch die Waffen / nicht wolte bezwingen [45] lassen: angesehen / er damals noch / an Lebens-Mitteln / grossen Mangel litte / also gar / daß man / im Schloß / deß / von grober Kleyen gebackenen / Brods nicht gnug haben kunte. Deßwegen erbarmte ihn / sowol seiner Gemahlin / Eleonora / als deß Käiserlichen Prinzens / Maximilian: Solche Erbarmung brach ihm sein Herz / daß er sich / zu dem Frieden / herab neigte. Bisher die erste Art der Beschreibung / die also eingerichtet ist / als ob sowol die Armee deß Königs / als wie diejenige / welche sein Sohn Victorinus führte / wie nicht weniger die Käiserliche / Steyrische / Kärndterische / und andre Truppen / vereinigter und gesamter Macht / die Belägerung aufzuschlagen versucht / und darüber Schläge bekommen hätten. Jetzo wollen wir die zweyte / und zwar / wie es scheinet / in manchen Stücken vollkommenere / dazu mit mehren Umständen verfaßte / hinzu thun. Nachdem der König in Böheim / auf Käiserliches Ersuchen / und nach Anweisung seiner Schuldigkeit / (sintemal der Käiser ihm das / ihm selbsten zuvorderst von den Städen angetragene / Königreich Böheim aufgetragen / und die Reichs-Regalien ertheilt hatte) sich entschlossen / den Entsatz in Person vorzunehmen; beordrete derselbe seinen Sohn / den Prinzen Victorin / nebst dem von Sternberg / mit einer kleinen Armee / voraus zu gehen. Dieser Prinz kam auch / mit ausgehendem Weinmonat / in Nider-Oesterreich an / und erklärte sich einen Feind aller derer / so deß Käisers Feinde wären. Er setzte / beym Schloß / über die Donau / erwartete allda deß Kriegs-Heers der Steyrer / Kärndter / Crainer / und etlicher Oesterreicher / so dem Käiser noch getreulich anhingen. Nachdem er selbige Völker an sich gezogen; theilte er die ganze Heermacht in zween Hauffen / und ging damit gerad auf Wien zu / und lagerte sich / nach Abbrennung etlicher / unter Wegs angetroffener / Mühlen / bey Inzesdorff (oder Ensdorff.) Wie nun solches die Belägerten höchlich erfreute; also würkte es / bey den Belägerern / eine widrige Empfindung / nemlich Furcht und Schrecken: so aber / nach Ankunfft deß von ihnen / oberzehlter Massen / ersuchten Erz-Herzogs / bald verschwand. Dieser kam / mit angehendem November / samt seinem Kriegsvolk / in die Stadt / und macht sowol mit derselben / als mit den Ober-Oesterreichern / einen Bund / auf zwey Jahre; vereinigte sich auch / mit ihnen / einen so stattlichen Vogel nicht eher aus dem Gehäuse zu lassen / bevor er ihnen gepfiffen / wie sie gern höreten / und ihrem Begehren in allem Statt gegeben hätte. Demnächst ließ der Burgermeister (oder schädlicher und verbübter Rotten-Meister) Holzer / alle die aufsuchen / und in Hafft nehmen / die man für heimlichgut-Käiserisch / achtete. Also bekamen Jacob und Johannes Richwein / Sebastian Ziegelhäuser / und andre mehr / das Gefängniß zur Herberge. Etliche aber / so den Braten vorher gerochen / entwichen und huben sich bey guter Zeit davon. Was man / in den Wohnungen der Gefangenen / an Baarschafft und Silber-Geschmeide / fand / bekam den Holzer zum Herrn / ohn was seine Trabanten mau [46] seten. Dann wer wolte die Diener verdenken / daß sie dem Exempel ihres Herrn folgten? Welchem / als einem rechten Geld-Geyer / es hauptsächlich um dergleichen Eingriffe zu thun war. Um den Erz-Herzog befanden sich die Grafen von Schaumburg / Sigmund / Wolffgang / und Georg / Wilhelm von Thierstein / Heinrich von Lichtenstein / Georg von Potendorff / Veit von Ebersdorff / Sigmund und Andreas von Buchheim / Ulrich und Hanns von Starenberg / Hartung von Traun / Sigmund Eitzinger / und noch viel andere Herren mehr. Aber der Fronauer welcher doch vorhin / unter den Aufwieglern der Principalste gewest / wolte jetzo / mit diesem Handel / (wer hätte es gedenken sollen?) nichts zu schaffen haben / noch auf deß Herzogs Seite treten; sondern gab zur Antwort: Sein Streit / mit dem Käiser / beträffe Geld und Gut; aber desselben Ehre / Person / und Leben / zu befehden / könte er nicht anders / als für unbillig / erkennen. Womit er auch / von Wien / weg geritten / und nachmals / vom Käiser / um solcher seiner endlichen Redlichkeit willen / pardonirt worden. Gleich Anfangs dieser schändlichen Belägerung / hatte des Käiser etliche ins Reich abgeordnet / um bey den Städen deß Römischen Reichs / Hülffe und Rettung zu suchen. Denen auch deß Käisers Canzler / Bischoff Ulrich von Gurk / gefolget; wie auch kurz darauf / vom Könige in Böheim / als einem Ehurfürsten deß Reichs / bewegliche Ermahnungs-Schreiben deßwegen zu Regensburg eingelanget / daß man / höchst-verbundener Massen / dem höchsten Oberhaupt zu Hülffe / möglichst und schleunigst auf seyn / und die Schande nicht zulassen müste / daß der gute Käiser / von seinen frevelhafften rebellischen Unterthanen / untertreten würde. Es hieß aber / man wolte es in Bedenken nehmen: gleich / als ob Erz-Herzog Albrecht ihnen versprochen hätte / so lange einzuhalten / bis sie sich wol- und lang genug bedächten. Demselben war solche üble Weise unverholen: darum er auch vorhin allbereit dem Könige in Böhmen / als derselbe ihm zu Gemüt geführet / die Reichs-Stände würden es hoch empfinden / geantwortet / der Reichs-Hülffe achtete er nichts. Wolte GOtt! wir wären / seit dem / ein wenig hurtiger worden / und nicht so gedultig oder saumselig verblieben / den sinkenden Ruhm der Teutschen Treue / Tapfferkeit / und Freyheit / wiederum aufzurichten / und unsren Feinden erschrecklich zu machen! Aber wie die Zertheilung der Gemüter solches verhindre / ist leider Welt-kündig. Und gleichwie dieses unfruchtsame langweilige Bedenken damaliger Reichs-Stände / bey jetziger Welt-Zeit / ihnen / zu keinem Nachruhm / gereicht: also dörfften besorglich gleichfals unsre Nachkommen schlecht dafür danken / wofern man ihnen / aus gemein-schädlichem Eigen-Nutz / beydes die Freyheit deß Reichs / und das Reich selbsten / in allzu sehr beschnittenen Grenzen / hinterlassen / und solcher Leute Rathschlägen gehorchen solte / die Treu / Redlichkeit und Gewissen / viel schlechter achten / als fremdes Gold.
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Aber / unserem Vorhaben weiter nachzusetzen; so erfolgte damals / aus dem Reich / für den guten beängstigten Käiser / fast nichts / als bedenken und überlegen: womit den Herbergen / Wirtshäusern / und Krämern / am besten geholffen war. Immittelst warteten die Belägerer der Käiserlichen Burg zu Wien / solches Bedenkens gar nicht aus; sondern beschossen dieselbe gar stark / aus zwey Stücken: und weil sich die Maur nicht genugsam damit wolte zerstücken lassen; fingen sie an / dieselbe heimlich zu untergraben: hätten sie auch ohne Zweiffel dadurch geruinirt / dafern nicht ein Siebenbürger / mit Namen Thomas / die Belägerte dafür in geheim gewarnet / durch drey Pergament-Zetteln / so er um drey Pfeile gewunden / und diese in die Burg hinein geschossen. Dieses mag etwan die Ursach seyn / daß etliche den Studenten / so dem jungen Käiserlichen Prinzen das Flügel- und Weidwerk zugetragen / für einen Siebenbürger / ausgegeben: oder es mögte auch wol eben der Hof-Schneider gewest seyn / von welchem oben geredet worden. Auf diese heilsame Warnung / begaben sich Sigmund von Spaur / und andre / an den benannten Ort der Untergrabung; zündeten Pech und Pulver an / trieben damit die Stürmende zurück / und verschütteten wiederum das Loch / mit allerley Materi. Man stritte hiebey / in einer Gruben unter der Mauer / gegeneinander / mit Graben und Gegengraben / wie auch mit allerley Versuchungen / welche Parthey die andere könnte zwingen zum weichen: Da dann beyde Theile so nahe beysammen geriethen / daß sie sich besprechen / und an der Rede einander erkennen kunten. Zuletzt wurden sie / nach beyderseits Ermüdung / eins zusammen / an diesem Ort / einander nicht weiter zu beeinträchtigen: und dazwischen machte man / mit musicalischen Instrumenten / eins auf. Allein es währte nicht lang hernach / da ließ sich / draussen vor der Stadt / eine andere / und zwar martialische Music / hören / die manchem den Hals abmusiciren wolte; nemlich die Feld-Trompet und Heerpaucke deß Böhmischen Prinzens. Derselbe hatte den belagerten Käiser / von Enzesdorff aus / da er mit sechtstausend Mann / samt dem Käiserlichen Fußvolk / lag / durch geheime Botschafft berichten lassen / sein Vatter / und er / wären im Anzuge / ihm Lufft zu machen: weil er aber / mit seiner Armee / annoch hiezu nicht stark genug / schiene es sicherer zu seyn / daß man seines nachfolgenden Vatters / deß Königs / Herbeykunfft erharrete / ehe man / auf den Feind / einen Versuch thäte: Jedoch / imfall der Aufschub dem Schloß gefährlich fiele / wäre er bereit / die bey sich habende Armee / wider denselben / anzuführen / und auf ihn los zu gehen; so bald der Käiser / wann Noth vorhanden / entweder durch ein angezündtes Feuer / oder Aussteckung eines weissen Fähnleins / ihm das Zeichen gäbe. Weil dann die Burg / von den Belägerern / nunmehr hefftig bedrängt und angefochten ward / ließ der Käiser das versprochene Los geben. Da brach das Kriegsheer auf / mitten im Winter-Monat / und nachdem es / zu Gumpendorff das Nachtlager gehabt / wurden die Völker am folgenden Mor [48] gen / vom Prinzen Victorino / vom Baumkircher / und dem von Schaumberg / in Ordnung gestellet; naheten sich hierauf / durch die Weingarten / zu der Vorstadt S. Ulrichs / und thaten einen hitzigen Angriff auf den Wall; traffen aber diesen noch viel heisser an / und verbrannten die Finger gar häßlich. Wilhelm von Buchheim / Heinrich Strein / und Wolffgang von Roggendorff / führten den Vorzug; und besagter von Roggendorff commandirte insonderheit das Oesterreichsche Panir. Der Nachzug / und der Folg-Hauffe ward angeführt / durch Georg von Volkersdorff / Pangratz von Blankenstein / Hanns von Hofkirch / und Heidenreich Truchseß. Mit der Anführung ging es frisch genug zu; aber / mit der Fort- und Ausführung / wolte es nicht gelingen. Burgermeister Holzer hatte alle Bürger und Bauren ins Gewehr zusammen gerafft / und bis in zwanzigtausend Mann stark / vor den Wall / gestellt. Hinter diesen hielten die Hauptleute derselben / wie auch die Kriegsvölker deß Erz-Herzogs; welche den vordern das zurück weichen verwehrten / und sie wieder antrieben / zum Streit: daher kein Bürger- oder Bauersmann / zur Ausflucht / Platz fand; sondern stehen / oder fallen / fechten oder sterben muste. Diesem nach ward / auf beyden Seiten / scharff und tapffer gestritten. Vor allen / frischte Heinrich von Buchheim / die Käiserliche muthig an / und spornete sie dermassen / daß sie / zum dritten mal / mit einem grossen Geschrey ansetzten. Aber vergebens. Der Streit fiel gar zu ungleich. Sie waren nicht allein / von der Menge deß Feindes; sondern auch von dem gefallenen Schnee / der den Füssen keinen vesten Tritt erlaubte / weit übervortheilt. Solches sahen die Belägerte / aus der Burg / und wünschten ihnen / mit einem Entsatz / beyzuspringen; befanden sich aber allzu schwach dazu: warffen demnach / auf die Haus-Dächer der Stadt Feuer: welches doch auch nicht angehen wolte; weil selbige / durch den Schnee / Brand-frey gehalten wurden / und sich selbst defendirten. Unterdessen wurden die stürmende Entsatz-Völker / endlich / mit ihrem zimlichem Verlust / zuruck gestürmet / und hinterliessen manchen ehrlichen Soldaten / zum Zeugen der erlittenen Niderlage / im Stadt-Graben ligen. Und als sie sich hierauf / nach Gumpendorff zurück zohen / setzten ihnen die Wienerische / durch das S. Ulrichs-Thor / nach / erschlugen ihrer noch etliche mehr / in der Flucht / nahmen ihnen auch zwey Stücke / und brachten solche mit sich in die Stadt. Dieser Verlust der Käiserlichen und Böhmen / der in zweyhundert Mann bestund / machte den Wienern ihren Muth so bauchicht / und brüstete denselben so hoch auf / daß sie / vor Einbildung / Trutz / und Hochmut / hätte bersten mögen. Sie waren / in ihren Augen / lauter rittermässige Helden; die Käiserlichen lauter todte Leute: gaben auch solches / durch ihr Jauchzen / Jubiliren / Sieg-Pralen / Schreyen / und Schmähen / laut genug zu erkennen; sonderlich dem belagerten Käiser zu Trutz und Verdruß; als den sie nunmehr / ihrer Rechnung nach / im Sack hätten. Weßwegen sie / mit Pochen / Schnauben / und Schnarchen / wie lauter Eisenfresser / das Schloß wieder angriffen.
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Allein / es lieff bald drauf eine Zeitung ein / die ihnen den Mut legte; nemlich / daß der König von Böhmen nun auch selbst / mit einer frischen Armee / von acht bis in 9000. Mann / zu Korneuburg angelangt / willens / den Käiser durchaus zu entsetzen. Es kamen auch alsofort vom Könige Abgesandten / mit funffzig Pferden / zu Wien / an / deß Anbringens / der König wäre kommen / zwischen dem Käiser / dem Erz-Herzog / und dem Rath zu Wien / einen Frieden zu unterhandeln / in Hoffnung / es würde ihnen solches nicht entgegen seyn. Hiezu machte Erz-Herzog Albrecht anfänglich ein saures Gesicht / und beschielte die Abgeordnete mit ziemlich-vielen Zwerch-Blicken. Er gedachte / dem Könige die Unterhandlungs-Mühe zu benehmen / und mit dem Schloß / noch vor seiner Ankunfft / fertig zu werden; setzte derwegen demselben / mit Schiessen und Stürmen zu / aufs allerhefftigste. Es verfochte sich aber ritterlich / und machte ihm / durch seine Rechnung / einen Strich. Da er nun nichts anders / als die Erläuterung oder Ausbreitung seiner unsinnigen Bosheit und tobenden Ehrsucht / hievon eroberte / und die Vergeblichkeit seines Unterfahens nunmehr spürte; erzeigte er sich / gegen dem Gesandten / etwas leutseliger / hörte sie gütlich an / bezeugte auch / über seines Herrn Brudern Unglück / ein ertichtetes Mitleiden / und erbot sich / in Friedens-Handlung einzulassen. Also ritte er / nach erhaltenem sicherem Geleit / zum Könige hinaus / gen Korneuburg. Der ihm ernstlich zu Gemüth führte / was für ein ungereimter Handeles wäre / daß leibliche Brüder einander so bekriegten / und Unterthanen / wider ihre natürliche hohe Obrigkeit / sich einer so frevelhafften Belägerung erkühneten; und hierauf beyfügte / er hätte sich / aus seinem Königreich / anhero bewegt / solchem Frevel / entweder durch Güte / oder Gewalt / zu steuren; der guten Hoffnung / es würde der Erz-Herzog ihm solches nicht lassen mißfällig vorkommen. Jener bedankte sich gegen dem Könige (wiewol sein Herz demselben allen Hagel- und Wetter-Schlag in sein Vorhaben wünschte) für eine so hochrühmliche Mühwaltung; warff alle Schuld auf die Eigensinngkeit deß Käisers: und bat / der König mögte ihm belieben lassen / zwischen seinem Bruder und ihm einen Scheid Richter abzugeben: damit aller Handel / ohne ferneren Streit / beygelegt würde. Zuletzt überreichte er auch einen / von ihm selbsten aufgesetzten / Entwurff / wornach diese Handlung eingerichtet werden könnte. Solches weigerte sich der König / anzunehmen / mit Einwendung / man müste znvor den Käiser auch vernehmen. Dieser Klang war nicht / für seine Ohren: darum drehete er sich kurz / ritte wiederum davon / und begehrte sich weiter nicht einzulassen. Gleichwol da er sahe / daß der König / mit seinem Heer / die Donau passirte / und sich / mit seinem Prinzen Victorin / wie auch andren Käiserlichen Hauffen / conjungirte; verruckte er / von seiner Steiffsinnigkeit / in die Bequemung; fertigte jemanden ab zum Könige / deß Erbietens / daß er gewisse Personen / nach Korneuburg / zu den Friedens-Tractaten deputiren wolte.
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Das ward dem Käiser / vom Könige / zu wissen gefügt / und an ihn begehrt / er solte ihm / dem Könige / Gewalt und Vollmacht übergeben. Der Käiser verordnete gleich etliche dahin: woselbst auch der redliche Holzer / von der Stadt wegen / erschien. Man will sagen / es sey dem Könige kein Ernst gewest / den Käiser / in allem / zu vertreten; sein Ziel habe sich weiter nicht erstreckt / als daß derselbe nur seinen rebellischen Unterthanen nicht gar unter die Füsse käme / im übrigen aber den Fordrungen seines Bruders / deß Ertz-Herzogen / so viel zu verhengen / daß er sich für dem Käiser / als einem mächtigen Nachbarn / heut oder morgen nichts zu fürchten hätte: Das ist / er sey nicht Sinnes gewesen / zu verstatten / daß man diesen eingesperrten grossen Adler ganz kahl rupffte; sondern nur / daß man ihm die Flügel ein wenig beschnitte / damit er sie nicht weit mögte ausbreiten: Darum habe er den Frieden / auf diese liederliche und unbillige Bedingungen / geschlossen; daß der Ertz-Herzog seinem Herrn Bruder / dem Käiser / die Städte / Schlösser / und Gebiete / welche er / in diesem und vorigen Kriegen / demselben abgewonnen / wieder einräumen; hingegen der Käiser jenem die Regirung der Nieder-Oesterreichischen Landen / auf 8. Jahre / überlassen / und nach Abfluß derselben wieder antreten / mittler Zeit aber / von ihm jährlich vierzehen tausend Ducaten empfangen solte. Den Käiserlichen Deputirten schienen diese Puncten gar nicht anständig; derhalben sie auch Achsel dafür zuckten: Weil aber der König ihnen widersprach / mit diesem Vorwand / daß der gegenwärtige Noth-Stand deß Käisers keine bessere Bedingnissen gebären könnte. Also musten sie endlich krumm / für gerad / annehmen / und sich in seinen Willen / mit dem ihrigen / schicken. Es stehet doch aber / meines Bedunkens / noch ausser der Gewißheit / daß der König / mit partheylichem Fürsatz / dem Käiser so schwere Conditionen aufgedrungen. Er wird / ohne Zweiffel / die Mißlichkeit deß Ausschlags erwogen haben / wann der Handel / mit dem Schwert / geschlichtet werden solte: in Betrachtung / daß der Gegentheil wol / mit einer grössern Menge desperat-fechtenden Volks / versehen wäre / weder er / und sein Sohn / mit beyden conjungirten Armeen / ausmachten; davon die erste allbereit / von Sturm zurück / in die Flucht / getrieben war. Und diese Betrachtung wäre um so viel wigtiger / wann / laut der zu erst von mir gegebenen Beschreibung / beyde Armeen / bey Unternehmung solches Sturms / allbereit solten beysammen gestanden / und miteinander zurück gewichen seyn. Es fiel auch (drittens) hochbedenklich der Vortheil / den der Erz-Herzog / vor dem Könige / hatte / nemlich Wälle und Mauren; hinter oder auf welchen ihrer zehen inwendig mehr vermögen / als zwanzig draussen. Uber das wuste (viertens) der König gar wol / daß der Käiser die Böhmische Kron nicht verlangte / als die er Anfangs / da man sie ihm angetragen / hatte abgeschlagen; wie auch (fünfftens) daß er / durch den Krieg in Teutschland / bishero an Kräfften sehr erschöpffet worden. So war (sechstens) der Erz-Herzog so wol / als der Holzer / ein harter Kopff / der sich / mit leichten Conditionen / nicht abweisen ließ. Daher es scheint / [51] als habe man damals keine billigere Bedingnissen zu erhalten / oder zu erzwingen / gehofft. Jedoch bleibt dieses einem reifferem Verstande unterworffen. Weil aber dem Könige bewust / wie schmal die Belägerten müsten beissen: erklärte er diesen Vertrag / bis dahin / vor unkräfftig / daß er / mit dem Käiser / mündliche Unterredung gepflogen. Und als der Erz-Herzog ihm dieses zuwidern seyn ließ; drohete der König / die Handlung abzubrechen: Hingegen gab er ihm die Versicherung / er wolte zwar den Käiser in Freyheit stellen / doch gleichwol / vor Unterschreibung aller dieser Artickeln / nicht aus dem Lande ziehen lassen. Beynebst gab er ihm zu betrachten anheim / wie die Stände deß Römischen Reichs grosse Zurüstungen machten / ihren Herrn / als Römischen Käiser / zu befreyen. Worauf der Erz-Herzog antwortete / wie ich vorhin gemeldet / deß Reichs Hülffe achtete er zwar von keiner Consideration; allein weil der König ihm diese Sache so sehr angelegen seyn liesse; wolte er / ihm zu Gefallen / den Käiser abfolgen lassen. Hierauf haben sie beyde einander die Hand geboten. Hiemit führte er / der Erz-Herzog / die Völker ab / und hub die Belägerung auf. Der König aber ließ dem Käiser / durch seine Gesandten / andeuten / er mögte nun sich / zu ihm hinaus begeben / vor die Stadt: da er in Bereitschafft stehen wolte / mit wolgerüsten Hauffen ihn nach Korneuburg zu begleiten / auch eher nicht von ihm zu weichen / er hätte ihn dann in Sicherheit geliefert / und aller Gefahr entzogen.
Also ließ der Käiser / dem dieses eine angenehme Botschafft seiner / und der Seinigen Erlösung war / eilends zusammen raffen / was man kunte / und machte sich auf zu Fuß / samt seiner Gemahlin / jungem Prinzen / und gesamter Hofstatt / dem Könige / der vor dem nächsten Thor am Schloß / mit vielen wolmundirten Regimentern / denen die übrige ganze Armee unferrn am Rücken stund / zu Pferde hielt / und durch seine Feld-Trompeter lustig aufmachen ließ / entgegen / mit einem solchen Herzen / darinn sich Freude und Traurigkeit vermischten. Derselbige stieg / nach Erblickung deß Käisers / vom Pferde / ging ihm / mit Erzeigung grosser Ehrerbietigkeit / entgegen / empfing ihn gar freundlich / und nachdem er / für ihn / und seine Räthe / Pferde verschafft / ritten sie miteinander auf Korneuburg / nich ohne unmutiges Nachsehen deß Erz-Herzogs / und der rebellischen Wiener. Die Käiserinn / und Prinz Maximilian / samt dem Frauenzimmer / nahmen / in der Vorstadt St. Diepolds / von dem Käiser / Urlaub / und wurden (oberwehnter Massen) von den Steyrern und Kärntern / nach der Neustadt convoyret. Hiemit hatte nun diese abscheuliche Belägerung der Majestät ein Ende. Wobey der gute Käiser wol ein schweres Creutz ausgestanden. Welches GOtt ihm doch / nebst allen andren vielen Widerwertigkeiten / endlich / mit einem hohen geruhlichem Alter / und Erlebung aller seiner Feinde Untergangs / ersetzet hat. Dann obgleich / nach dieser Befreyung / die Unruhe wieder anging / indem kein Theil den unterschriebenen Vertrag zu halten begehrte; Erz-Herzog Albrecht aber [52] dannoch indessen / mit Einnehmung und Besitzung so wol der Burg / als der Stadt / triumphirte; auch wenig darnach fragte / daß ihn / auf deß Käisers Anklage / das Reich in die Acht / so wol als der Papst in Bann / erklärte; weil nemlich das Reich / auf solchen Blitz keinen Donnerschlag gab: riß GOtt diesen unverträglichen Fürsten doch / noch vor Ausgang deß folgenden Jahrs / nemlich am 2. Decembris Anno 1463. aus dem Leben / und machte ihm seine ungewissenhaffte Freuden gar kurz. Und anderswo muste gleichfalls ein mächtiger Widersacher deß Käisers / vor dem Käiser / zu Grabe / und vor seinem obersten Richter sich stellen; ob er gleich seinen zeitlichen allhie verachtete. Der Holzer bekam ein Jahr / nach der Belägerung / seine verdiente Gebühr. Dann als er es / mit dem Erz-Herzog / eben / wie mit dem Käiser / spielen wolte / weil derselbe / mit seiner kostbaren Verschwendung / der Stadt hochbeschwerlich fiel; mißlingte es ihm / und ließ ihn der Erz-Herzog viertheilen. Die Wiener empfanden gleichfalls den Unterscheid / zwischen einem gütigen / frommen / und einem unruhigen verthunlichem Herrn: und als der Erz-Herzog gar auf dem Rucken lag; fanden sie Ursach / sich deß Spruchs zu erinnern: Verlasset euch nicht auf Fürsten! Sie sind Menschen. Guter Rath fing da an / bey ihnen / theuer zu werden. Sie musten / durch ihre Abgeordnete / vor dem Käiser / sich auf die Knie werffen / Straff-würdigst bekennen / und um Gnade flehen. So ihnen auch der Kern-gnädige Käiser widerfahren ließ. Es hat aber nachmals / unter den beyden Türkischen Belägerungen / dieser schönen Stadt solchen alten garstigen Flecken das feindliche Geschütz / von ihren Mauren und Bollwerken / sauber abgeputzt / und ihre ruhmwürdigste Beständigkeit diesen vormaligen Irrthum längst ausgelescht / also / daß nunmehr ihre allerunterthänigste Treu / gegen der Römisch-Käiserlichen Majestät / eines unsterblichen Lobs fähig worden. Wer sonst / von dieser denkwürdigen Belägerung / ein Mehrers wünschet / der kann sich / beym Lazio, AEnea Sylvio, Gerardo de Roo, und in der Kärnterischen Chronic Megiseri, deßgleichen im Ehren-Spiegel deß hohen Erz-Hauses von Oesterreich / weiter erkundigen. Dann meine Feder hat hiernächst noch mehr Wienerische Belägerungen vorzustellen.
DIe Wiener waren nunmehr / beym Käiser Friedrichen / ausgesöhnt; blieben aber nicht übrig lang / in seiner Gewalt; sondern wurden ihm / durch das grosse Kriegs-Glück deß streitbaren Ungarischen Königs Matthiä / unlang hernach entrissen. Wovon wir den Ursprung / und Erfolg / vorher erörtern müssen. Es werden die Ursachen der Fehde / zwischen dem Käiser und Könige / unterschiedlich angegeben / nachdem die Geschicht-Verfasser dieser oder jener Nation geneigter sind: Und werden auch mehr / aus vernünfftigen Mutmassungen / we [53] der gründlicher Gewißheit / beschrieben. Der Vorwand der Ungarn ist / aus Bonfinio / bekandt: Welcher doch gleichwol selber vorher meldet / König Matthias habe vielerley Ursachen deß Teutsch-Ungarischen Kriegs voruwenden pflegen; was aber für eine die fürnehmste und eigentlichste gewest / möge er / der König / selber am besten wissen: Als welcher offt zu sagen pflegen / die innerste Grund-Ursache selbiges Kriegs / würde / ausser ihm / und dem Käiser / niemand wissen. Unterdessen seynd gleichwol / aus weiser und hochverständiger Leute damaligen Discursen / diese nachgesetzte Kriegs-Veranlassungen angezogen worden: Die Erste und fürnehmste wird einem alten Groll der Ungarn beygemessen / wider den Käiser Friedrich / wegen langer Vorenthaltung ihres Königlichen Prinzens / Ladislai / samt der Hungarischen Kron: Die sie auch hernach / mit einem grossen Stuck Geldes / bey ihm auslösen müssen. Wiewol / aus dem Cuspinian / so viel erhellet / daß solche Fordrung deß Käisers nich unbillig gewest / nemlich für grosse Unkosten / so er / als Vormund / auf den jungen König / verwandt hatte: Ingleichen / daß auch die nicht zu geschwinde Auslieferung ihres Prinzens / aus kluger Sorgfalt seines getreuen Vormund-Amts / hergerührt: Sintemal Prinz Ladislaus noch zu jung gewest / daß er der Königlichen Regirung so früh vorstehen können. Man gibt weiter aus / es habe der Käiser / an seiner Seiten / hoch empfunden / daß man ihm / auf dem Ungarischen Reichs- und Wahl-Tage / den Matthiam / einen nicht allein noch gar jungen / sondern auch schier fremden Herrn / in der Wahl vorgezogen. Dann Matthias war von einem viel edlerm Mut / als Blut / bürtig; nemlich von dem tapffren Johann Corvin / welcher zwar / durch seine Tapfferkeit / Welt-berühmt / und zu einem Gubernatorn deß Königreichs erhoben worden; doch aber nur / aus einem Walachischen Dorff / seinen Ursprung genommen; wiewol hernach / durch seine Großmütigkeit / von einer Charge oder Condition / zur andren gestiegen / und den Namen Corvin deßwegen angenommen / weil seine Eltern ihm gesagt / sie stammeten von dem alten und edlem Römer-Geschlecht der Corvinorum her. Die Teutschen haben zwar den Ursprung dieses Namens ihm gar anders ausgelegt / und vorgegeben: Als der Käiser und König Sigismundus sich einsmals in Siebenbürgen aufgehalten / sey er mit einer jungen / schönen / und adelichen Walachin zu Bette gangen / und als / nach abgefallener Blum / die Frucht sich ereignet / habe er sie herrlich beschenkt / auch / zum Zeichen / ihr einen Ring hinterlassen / mit Befehl / was von ihr geboren würde / solte sie fleissig auferziehen / und wann es erwachsen / mit diesem Zeichen / zu ihm schicken: Nachmals habe sie sich / mit einem reichen Braut-Schatz / an einen Walachischen Edelmann / verheiratet / nachdem sie ihm vorher ihren Zustand anvertrauet: Welcher wegen ihrer ehrlichen Aussteuer / und ihres gewesenen Buhlen Hoheit / sie / mit beyden Händen angenommen / und sich groß dabey dunken lassen / daß der Römisch-Un [54] garische Jupiter ihm seine Danae / samt einem so mildem Gold-Regen / hinterliesse: Bald darauf sey sie / mit einem schönen jungen Sohn / niderkommen / welchen sie Johannes genannt: Als aber einsmals das Kind / auf der Mutter Schos / gesessen / sey ein Rabe herbey / und mit dem erschnappten Denk-Ringe davon geflogen: Darüber die Mutter sich zum höchsten bekümmert / und ihren Mann gebeten / dem Raben nachzusetzen / und ihm dem Ring wieder zu nehmen; damit die grosse Hoffnung deß Knabens / durch den Raub deß Unglück-Vogels / nicht verlohren gienge: Der Mann habe hierauf dem Raben nachgetrachtet / selbigen mit einen Pfeil erschossen / und den Ring stracks wieder bekommen: Wie nun Johannes aufgewachsen / und ein trefflich-schön-gestalter Jüngling worden / sey er / auf Geheiß seiner Mutter / zum Sigismundo kommen: Welcher so gleich den aufgewiesenen Ring erkannt / und diesem seinem Bastart reiche Güter geschenkt hätte. Allein Bonfin schreibt / es sey ein pur lautres / wie wol nicht unlustiges / Mährlein / welches der Graf von Cilli ersonnen / und der Nam Corvinus / in rechter Warheit / aus dem Wappen dieses Johannis / entsprossen / darinn er einen Raben geführt / zur Anzeigung seines uralten / von den Römischen Corvinis herrührenden / Geschlechts: Dergleichen finde man / auf vielen alten Römisch-Käiserlichen Müntz-Stücken; sonderlich auf dem Felde bey Ofen / da viel Küpffern- und silberne Pfenninge angetroffen worden / die / auf einer Seiten / das Haupt Käisers Constantini / samt dem Namen / weisen; auf der andren / einen nackten Mann / welcher / in der rechten Hand / ein Schwert halte; mit der linken sich auf einen Spieß steure / zu seinen Füssen aber einen Raben habe / der einen Ring im Schnabel trage / und den vor sich stehenden Mann nicht anders ansehe / als seinen Herrn: Weßwegen ihrer viele den Käiser Constantin / unter die Corvinos / gerechnet. So beglaubt auch dieser Historicus / er habe / auf alten Steinlein / zwiefache Bildnissen der Corvinen / mit einer schweren Rüstung angelegt / geschauet / und eben einen solchen Raben / wie allererst gedacht / zu ihren Füssen stehen. 11 Wie dem allem / so seynd gleichwol theils Ungarische Magnaten / mit der Wahl Königs Matthiä / nicht wol zu frieden gewest / als einer Person / so von keinen fürnehmen Ahnen leuchtete / sondern nidriges und schattichten Herkommens wäre. Und darum soll es den Käiser Friedrich auch / um so viel mehr verdrossen haben / daß man ihn / um eines solchen willen / mit der Wahl vorbey gegangen. Dann weil der Käiser die Ungarische Kron noch bey sich / in seiner Gewalt und Verwahrung / gehabt / ohn welche keiner / für einen rechmässigen König in Ungarn / kunte erkannt werden / überdas auch gewust / daß ihm viel Ungarische grosse Herren gar günstig wären: soll er ihm eine grosse Rechnung auf das Königreich gemacht haben.
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Es haben ihn gleichfals etliche Ungarische Herren / so dem Matthias / bey desser Wahl / zuwidern gewest / sehr verreitzt / mit vielen Verheissungen: Wiewol sie seiner eben so sehr nicht begehrt / sondern nur / durch seine Macht und Ansehen / den gewählten König / Matthiam / aus Ungarn zu verjagen / gehofft: Damit sie hernach / ihres Gefallens / das Regiment mögten allein führen. Es beschuldigt auch der Ungarische Geschicht-Schreiber den Käiser / daß er deß Königs Jugend / die ein so unruhiges Königreich angetreten / verachtet / und gehefft habe / derselbe würde solches nicht allein / wegen seiner schlechten Kriegs-Macht / sondern auch wegen grosser Zwitracht der Reichs-Stände / gar leicht wiederum verlieren: Zu welchem Ende er die Factionen und Rotten / unter ihnen / gesteifft und unterhalten / fast täglich den Saamen der Uneinigkeit unter sie gestreut / uud also das Scepter für sich zu bekommen / gepractizirt: Wozu ihm das unansehnliche Geschlecht und Herkommen Matthiä einen Mut gemacht / samt starker Vermutung / ein solcher / von den barbarischen Walachen / hervor gesprösselter / Jüngling könnte / unter so vielen berühmten Prinzen von herrlichen Ahnen / Sipschafften / und Reichthümern / in seinem Regiment / nicht lange bestehen. Stehet aber dahin / ob man dem guten Käiser hierinn nicht zu viel nachgeredt; der gleichwol den Ruhm eines gewissenhafften Herrns geführt. Grosse Herrn werden vielfältig / von neidischen Zungen / wie die schönste Aepffel von Würmern / gestochen / und ihre Sincerität von üblen Nachreden / wie eine Lilie von Spinnen / benebelt. Jedoch gibts bisweilen Räthe / die / zu ihren Rathschlägen / den Machiavell mit anspannen. Gewiß ists unterdessen / daß die Competenz oder Mitwerbung um die Kron den ersten Grund der Fehde / zwischen diesen beyden Potentaten / gelegt. Solcher Verdruß mag hernach zugenommen haben / als dem Matthias die Ungarische Kron in sechs Jahren / vom Käiser nicht ausgeliefert werden wollen / vor Erlegung der geforderten Summa Geldes: Zumal da ihn König Matthias / zum offtern / durch gewisse Abgeordnete / bittlich belanget hat / er mögte doch die abgedrungene Obligation oder Verpflichtung / wodurch er (der Käiser) die Ungarische Magnaten verbunden hatte / ihm das Ungarische Scepter aufzutragen / einmal auflösen / und darvon abstehen / und nicht so gewaltsamlich oder gebieterisch / mit einem Ungarischen Könige / verfahren; solte vielmehr der Pflicht eines Christlichen und gütigen Vatters eingedenk leben / und mit ihm / als den er zum Sohn angenommen hätte / gelinder handeln. Welchem Ansuchen aber (wie Bonfinius schreibt /) der Käiser kein Gehör gegeben / sondern allezeit vorgeschützet / er hätte recht und billig gehandelt. Worauf der König / nachdem er den Käiser / in seiner Entschliessung / so unerweichlich gefunden / daß derselbe die Obligation durchaus nicht relaxiren wolte / sich hefftig erzörnt / und sowol / in manchem Schreiben / als in Discursen / gedräuet haben soll / er wolte gewiß dermaleins das / was ihm / durch andrer Leute Fehler / entfallen / durch einen gerechten Krieg / wieder aufheben / und / vor der Mar [56] tis-Canzley / mit dem Käiser rechten: Was die schwarze Dinte nicht ausrichten können / müste die rote auswirken. Und weil er / aus unehlichem Bette / einen schönen Sohn erzeugt hatte; fiel ihm die Bedingung desto beschwerlicher / daß / wofern er / ohne ehrliche Beerbung / mit Tode abginge / Krafft solches harten Vergleichs / diesem seinem Bastart die Krone nicht werden könnte. Dieses desto besser zu begreiffen / so dienet zur Erklährung / daß zwischen den Käiserlichen / und Ungarischen Deputirten / zur Neu-Stadt / mit Bewilligung und Genehmhaltung Königs Matthiä / geschlossen worden; wofern Matthias / ohne Erben verbliche / der Erb-Prinz Käisers Friedrici / und dessen Erben / zu dem Königreich Ungarn eines immerwährenden Vorzugs berechtigt seyn solten. Welchen Vergleich auch Käiser Maximilianus / acht und zwanzig Jahre hernach / mit den Ungarn / wiewol diese sich damals anfangs hefftig dagegen gesetzt / wiederum erneuert hat: Wie man beym Isthuanfin lieset. 12 Man zeucht auch dieses / für eine Ursach an / daß / nachdem / auf deß Käisers und Papsts Ersuchen / König Matthias wider den in päpstlichen Bann gethanen König / Georg Podebrat / zu Felde gezogen / und / mit Beyhülffe der zu ihm gestossenen Käiserlichen Völker / in Böhmen einen sieghafften Fortgang gewonnen / der Käiser / mit dem äusserst-bedrengtem Königlichen Prinzen / Victorino / unwissend Königs Matthiä / wider die geschlossene Alliance / Frieden gemacht / und seine Völker zur Stunde heimlich / aus dem Lager Matthiä / abgefordert: Damit er / ohne sonderliche Reputation / wider umkehren müste / nach Ungarn / und es das Ansehn gewinnen mögte / ob hätte er dem Käiser gar kein Hülffe geleistet. Andre setzen dazu / der Käiser hätte / zu selbigem Böhmischen Kriegs-Zuge / ein Stuck Geldes / nemlich 36000. oder / wie andre setzen / 60000. Ducaten / versprochen; solches aber niemals abstatten wollen. Noch viel höher hat König Matthias dieses empfunden / daß / als er nicht lange hernach / nicht allein von den Catholische Ständen in Böhmen / sondern auch durch Authorität und Gutsprechung deß Papsts / in deß verstorbenen Georg Podebrats Stelle / zum Böhmischen Könige ernannt worden / dannoch der Käiser ihn davon weggespielt / und dem Polnischen Prinzen Uladislao diese Kron zugeschanzt. Nicht weniger nahm es der Ungarische König für einen Schimpff auf / daß er / um die Käiserliche Prinzessin werbend / den Korb bekommen; gleich als machte ihn die Nidrigkeit seines Herkommens einer solchen Heirath unwürdig: Zumal weil (wie man vorgab) die Werber mit höhnischen Worten / solten zuruck gefertigt seyn. Der Groll fing noch stärker an zu glühen / da etliche Edel- und andre Leute / weil man ihnen ihren Sold nicht entrichtet hatte / sich selbst / mit rauberischen Streiffen bezahlt zu machen / trachteten / und zum öfftern die Ungarische Grenzen [57] visitirten. Worüber der König klagte / aber zur Antwort bekam / man finde sich nicht im Stande / solchem Ubel mit Gewalt zu steuren. Es mag auch dieses folgende wol / unter den Haupt-Ursachen / begriffen seyn. Als die Wiener den Käiser / vor-beschriebener Weise / in der Burg belägert gehabt / sollen sie dem Könige Matthias sich / durch ein Schreiben / angetragen haben / mit Erbietung / so ihm zu kommen beliebte / würden ihm nicht nur die Stadt-Thor offen stehen / sondern sie wolten ihm auch den Käiser überliefern. Da nun über eine Zeit hernach / der Käiser den König Matthias nach Wien eingeladen / als einen Sohn / wie er ihn nannte / zu seinem Vatter / und derselbe / mit einem ansehnlichen Geleit sich eingestellt; ist er / von dem Herrn Vatter / zwar ehrlich und freundlich empfangen worden; hat sich auch / einige Tage über / an allerley Ritter-Spielen / lustigen Aufzügen / Schauspielen / und Tänzen / ergetzt: Aber endlich kommt / um Mitternacht / zum Könige / ein Burger / und warnet ihn / er solle sich schleunigst davon machen; dann der Käiser habe ihm Stricke gelegt / und ihn nicht aus Liebe noch Höfflichkeit / zu sich erbeten / sondern einen Anschlag auf seinen Kopff; der gewiß / im Fall er sich nicht fürsehe / werde im Lauff bleiben. Der bestürzte König vertraut solches seinen zween Freunden / dem Zobor / und Niclas Banfy. Die rathen gleichfals / er solle seinem Unglück / mit geflügelter Eile / sich entreissen: Dann nicht-glauben ziehe grosse Gefahr nach sich: und / um sein Leben zu salviren / müsse man viel Dinges auch gleich glauben / damit man sicher stehe. Hiemit eilen sie geschwinde aus Wien hinweg / werffen sich in den Nachen / welchen sie zu erst angetroffen / und fahren / mit dem Strom / nach Preßburg hinab. Nach der Zeit / soll der König sich niemals mehr dem Käiser haben vertrauen wollen; und / wie männiglich dafür gehalten / hiedurch alle die Geschwüre deß alten Grolls wieder aufgebrochen seyn. Ob aber der Burger solchen Anschlag dem Käiser nicht aufgetichtet habe / mögte billig noch wol fragens gelten? Aller Vermutung nach aber / hat die grosse Ehrsucht Königs Matthiä (dann diese hat ihm so wol seine Waffen / als sein Herz / bisweilen stark bewegt) das Kriegs-Feuer angezündet. Wiewol es / an Verhetzern / auch nicht gemangelt / die es weitlich aufgeblasen. Also war / seines Theils / wider Oesterreich / das Schwerdt gewetzt und beschlossen. Hierauf eroberte der König / in geringer Zeit / viel Plätze in Oesterreich: weil noch keine Käiserliche Armee bey der Hand / die ihm den Fortgang seiner Waffen hätte mögen disputiren. Dann der Käiser war eben damals / mit Kriegsvolk / annoch nicht versehen; als welcher gehofft hatte / mit der Feder / den Krieg abzugraben. Trautmansdorff ward / mit List / erstiegen / und folgends auch Petersdorff und Schwandorff / nebst andren / gewonnen. Hierauf ergaben sich / in einem Tage / vierzehen andre Städte / durch nichts / als blossen Gerüchts-Schrecken / bewogen. Demnechst ging der Marsch / gerichtes Weges / auf Wien. Damit er [58] aber nichts / ohn Vorher-Ersuchung Göttlichen Beystandes / anfinge: that er zuvörderst dem heiligen Stephano und Leopoldo / und andren Heiligen / so die Stadt Wien für ihre Patronen hielt (Deos patrios titulirt sie Bonfin) ein Gelübde / daß woferrn etwan / über alles Verhoffen / die Stadt sich allzu halsstarrig erweisen / und drüber zu Grunde gehen mögte / er ihnen noch herrlichere Tempel und Andachlen aufrichten; im Fall sie sich aber ergeben würde / so wol den Heiligen / als Menschen / ihre Gestiffte / Einkommen / und Privilegien / vermehren wolte: Gleich als ob GOtt ihm die Freyheit unnöthiger Blut-Stürzungen / mit dergleichen Gelübden / liesse abkauffen. Bald hernach ging er / mit fünff tausend Pferden / aus dem Haupt-Lager / auf Kloster-Neuburg / fiel dasselbe an / bey Mitternacht / und überstiege es. Diese Einnahme gereichte ihm zum grossen Vortheil / und der Stadt Wien zu mächtigem Nachtheil. Dann weil die Vorstadt zu Kloster-Neuburg / langst dem Berg hinab / an die Donau reicht / und diesen Strom daselbst unfrey machen kan: ward hierdurch den Wienern die Wasser-Zufuhr abgeschnitten. Zu dem Ende ließ er daselbst eine Besatzung / und kehrte mit besagter Reuterey / in der Stille / wieder ins Lager vor Wien; passirte daselbst den Strom / und nahm der Stadt auch die Brucken hinweg: damit ihr / aus Ober-Oesterreich / nichts mögte zukommen von Lebens-Mitteln. Gestaltsam er deßwegen / an beyden Seiten der Brucken / ein hölzernes Kastell aufrichtete / und mit einer Anzahl Soldaten / Stücken / wie auch allerhand Munition / besetzte. Solche Brucke ward den beyden Tetauris, so zween Brüder / von Böhmischen Eltern bürtig / und in Kriegs-Sachen sehr erfahrn waren / anvertraut: damit sie / als Brüder / einander desto treulicher secundiren / und den feindlichen Anfall abtreiben mögten. Diese beyde verboten und hinderten alle Zufuhr; gaben auch / deß Nachts / scharffe Achtung / auf die Donau / und verhüteten / mittelst ausgestellter starker Wachten / daß man allerdings auch / in kleinen Schälchen oder Nachen / nichts hinein brächte. Und strafften etliche ihrer Leute gar hart / die sich / durch Gewinnsucht / hatten treiben lassen / etwas hinein zu schaffen. Als die Bürger sahen / wie ihnen so gar alle Zugänge verstopfft / und die Lebens-Mittel abgestrickt wären: erschracken sie darüber gar sehr; besorgten sich grosser Hungers-Noth / und daß sie / samt Weib und Kindern / jämmerlich würden verschmachten müssen: schickten derhalben in Geheim etliche Boten / an den Käiser / und baten um Entsatz / mit Vorstellung der grossen Gefahr / und daß sie die Stadt / im Fall keine fordersamste Hülffe käme / nicht erhalten / noch die ungedultige Burgerschafft / von der Aufgabe / abhalten könnten: weil selbiger der scharffschneidende Hunger gar bald allen Mut erlegen würde. Der Käiser hatte seine Völker / durch die Land-Städte / hin und wieder zertheilt; um die Ungarische Macht / durch einen langen Krieg / zu entkräfften und brechen: kunte derhalben keine Armade / zum Succurs / schicken / die dem Kö [59] nige / zu einem Feld-Treffen / bestand wäre: sondern vertröstete sie allein / mit Hoffnung / auf die erwartende Hülffe der Reichs-Völker. Unterdessen erschienen derselben gar wenige / oder gar keine / der Stadt zum Trost. Man wolte sagen / der Käiser liesse die Wiener / mit ganzem Fleiß / hülfflos stecken: damit sie / für ihre vorige Künheit und Aufruhr / ein wenig gezüchtiget würden / und nun wiederum auch schmal beissen lerneten / gleichwie sie vormals ihn gelehrt. Etliche geben aus / er habe sich ausdrücklich verlauten lassen: Die Wiener haben uns vorhin etwas fasten lassen; schadet nicht / wann sie nun auch ein wenig im Fasten sich üben müssen. Aber Verständigern wolte dieses nicht zu Sinne / daß der Käiser seine Haupt-Stadt und Erz-Herzogthum / einem ausländischen Potentaten / mit Fleiß / zur Züchtigung / übergeben hätte / der solche hernach für sich zu behalten gedächte. Indem dem Könige das Glück so wol zur Hand ging; hielt er nicht für rathsam / viel Zeit zu verlieren / als die / wie in andren Sachen / also sonderlich in militarischen / hauptsachlich den guten Fort- und Ausgang befördert / oder hindert: sondern vergnügte sich / der Stadt Wien einen innerlichen mächtigen Feind / nemlich den Hunger / aufgedrungen zu haben / und ruckte / nachdem er sie stark blocquirt und eingesperrt hinterlassen / mit der übrigen Armee vor Korneuburg / so gegen Kloster-Neuburg über / jenseit der Donau / ligt. Das wehrte sich / wider ihn / bis an den zehenden Tag: an welchem / weil es den Gewalt der Geschütze länger nicht ausstehen kunte / die Ubergabe geschahe. Er legte Volk / zur Besatzung / darein / und ging die Armee weiter vor Tulna: wiewol er / in Person / zu Korneuburg bleib. Da sich nun auch Tulna / nach einer siebentägigen Belägerung / ihm bequemte sperreten sich hernach auch Crems und Stein nicht lang / wider seine Macht; sondern folgten dem Exempel der vorigen. Unterdessen muste der Käiser / von Linz aus / sehen / wie die Ungarn brenneten / plünderten / und würgten / und bekam fast täglich neue böse Zeitung / von dergleichen Jammer. Darum brach ihm sein Herr: und weil das Reich / welches sich deß Kreigs gar nicht annehmen wolte / nachdem König Matthias / mit Schreiben / bey den fürnehmsten Ständen / hatte vorgebaut / dem Käiser hierinn nicht beystehen wolte; als ließ er / durch abgefertigte Legaten / beym Könige Frieden suchen. Der zwar die Gesandten gar freundlich aufnahm / und sich / dieses ungernen Feldzugs halber / artlich zu entschuldigen wuste; doch aber den Frieden so leicht nicht eingehen wolte / man hätte ihm dann dreyhundert tausend Gulden / für seinen Kriegskosten / versprochen. Weil nun nicht allein die Königliche Gemahlinn / Beatrix / so wol den Käiser / als auch ihren Herrn / durch Schreiben / zum Frieden inständigst ermahnte; überdas auch die Wiener dem Käiser / durch ihre Abgefertigte / die Unmöglichkeit ihres längern Harrens / zu verstehen gaben: bewilligte endlich der Käiser 100000. Gulden (oder / nach Bonfinii Bericht / 150000. Gulden) auf gewissen Zeit selbiges Jahrs dem Könige zu entrichten. Also ward die Belägerung / nach Beschliessung eines zweyjährigen Still [60] standes / inzwischen man einen völligen Frieden abhandeln solte / aufgehoben / und denen fast müssigen Zähnen der Wiener wiederum eine mehrere Arbeit erlaubt. Hiebey ließ auch der König eine sonderbare Großmütigkeit blicken: indem er / ohnangesehen es / bey dem Vergleich / nicht mit einbedungen war / dannoch alsofort / an alle Commendanten der eingenommenen Oerter / einen Currier schickte / mit Ordre / die meiste eroberte Städte dem Käiser stracks wieder einzuräumen. Der Oesterreichische Ehren-Spiegel gedenkt / er habe es deßwegen gethan / weil er vernommen / daß der Käiser ihn / mit der Chur-Würde und Kron Böhmen / belehnet hätte. Wo von aber Bonfinius kein Wort meldet: ohnangesehen er sonst die Friedens-Bedingung umständlich erzehlt. Wiewol sonst die Belehnung mit Böhmen würklich geschehen ist. Hiemit führte also der König seine Völker wieder heim / nach Ungarn / samt dem Namen eines sieghafften Uberwinders. Wiewol / ohne sonderbaren Gegenstand / man gut streiten / und obzusiegen hat. Die Stadt Wien aber hatte doch gleichwol hiemit eine ziemliche Probe ihres neuen Gehorsams / und verbesserter Treu / abgelegt: Dann mit Gedult / wider den Hunger / fechten / erfordert eben so wol eine tapffere Resolution / Standhafftigkeit / und Treu / als wider einen Sturm und Anlauff / mit Feuer und Schwerdt kämpffen / und sein Blut nicht spahren. Nachdem erstgedachter Friede im Jahr 1477. abgehandelt / und bald hernach geschlossen; ging der Krieg / im Jahr 1480. gleich wiederum an. Wozu hauptsächlich die Nicht-Entrichtung der 100000. Gulden / so der Käiser versprochen hatte / grossen Anlaß gab / und keinen geringern / dieses / daß der Käiser das Erz-Bisthum Salzburg dem ausgetretenen Erz-Bischoff von Gran / zueignen wolte; nachdem der Salzburgische / Bernhard von Rohr / sich dessen zu begeben / und gedachtem Granerischem Erz-Bischoff abzutreten / versprochen; hernach aber / auf Einreden deß Capitels / sich anders besonnen / und sich / seinem Namen gemäß / in seiner Resolution / ein Rohr erwiesen hatte: worüber der Käiser / sich also geäfft sehend / grossen Verdruß empfunden / und hierauf alle Plätze / so dem Erz-Stifft zugehörig / in Oesterreich lagen / hinweg nehmen / endlich auch gar schleiffen ließ. Der Erz-Bischoff Rohr rieff den König Matthiam an / um Schutz: und dieser / der zu dergleichen Tänzen hurtige Füsse hatte / ließ sich nicht lange umsonst pfeiffen; sondern ging wider zu Felde. Hiezu that auch nicht wenig der Einfall 500. Käiserlicher Reuter in Ungarn / die so gar bis gen Raab streifften. Welches dem Könige seinen Kopf so warm machte / daß er / mit seinem ganzen Heer / solches durch Verheerung der Steyermark / und Belägerung der Stadt Marienburg / zu rächen / eilends fortruckte. Und wiewol ihn der päpstliche Legat / zum Abzuge / bewegte: schickte er doch bald etliche seiner Hauptleute wieder in die Steyermark; welche / nebst andren Oertern / Pettau und Rakelsburg einnahmen. Der Käiser bewarb sich / im Reich / um Hülffe; die aber / mit den Schnecken / [61] in die Wett' eilte: man wolte sich nicht gern drein mengen. So hatte auch / König Matthias / bey Etlichen / vorgebaut / und nicht wenig bemühet / den Beystand der Reichs-Fürsten dem Käiser / durch unterschiedliche Schreiben / abzuspannen. Gestaltsam er / unter andren / gegen dem Curfürsten Ernst / und dessen Herrn Brudern / Albrecht / Herzogen zu Sachsen / in einem ausführlichen Schreiben / deßwegen seinen Waffen einen Glanz der Gerechtigkeit zu geben / sich beflissen / durch diese Beklagung: Der Römische Käiser hätte / in verflossenen Jahren / seine Lande mit Krieg angefeindet / und ihm damit redliche Ursach aufgenöthigt / Oesterreich zu befehden: Nachmals wäre / in dem hierauf erfolgtem Frieden / verglichen / er / der König / solte / gegen einer Käiserlichen Verschreibung auf hundert tausend Gulden / die eroberte Städte und Festungen wiederum abtreten: Der Käiser aber hätte die benannte Zahlungs-Zeit vorbey gehen lassen / und längere Frist begehrt; welche er auch / um von Niemanden verunglimpfft zu werden / ohnangesehn er / länger nachzuwarten / nicht schuldig gewesen / dannoch eingewilligt hätte / wiewol mit dem Bedinge / daß man / nach dem neu-angesetzten Termin / keinen längeren Aufschub nehmen folte. Nachdem nun diese Frist gleichfalls / ohne Erlegung besagter Summa / zurück gelegt worden; habe er nochmals / beym Käiser / erinnerlich angelangt / seiner klaren Verschreibung nachzukommen: Welches aber der Käiser nicht allein abgeschlagen / sondern auch allen seinen Unterthanen / die lieber solches Stück Geldes entrichten / als abermal eine Land-Verheerung / und offenbare Feindseligkeit / ausstehen wolten / bey Käiserlicher Acht / geboten / ihm nichts zu geben: Er könnte zwar leicht erachten / der Käiser würde / seiner Gewonheit nach / ihm alle Schuld aufladen; aber damit man diesem seinem rechten Bericht mögte desto ungezweiffelter glauben: wolte er hiebey dem Chur-Fürsten eine Copey solcher Verschreibung zuschicken / daraus man erkennen könnte / daß sich inhalts dieses seines briefflichen Unterrichts / und nicht anderst / die Sache begeben.
Nachdem die beyde Fürsten solches Schreiben deß Ungarischen Königs / dem Käiser überschickt; ließ dieser gleichfalls ein Schreiben / an Herzog Albrechten / abgehen: darinn er die aufgebürdete Schuld von sich abzuleinen / und dem Könige heim zu schieben / die Nachricht ertheilte; es verhielte sich / im Grund der Warheit / nicht also / daß er / dem Ungarischen Könige Matthias / wie zwar derselbige vorwendete / in verwichenen Jahren / sein Land mit Kriege angegriffen / und derselbe darauf an Oesterreich sich / mit dem Rach-Schwerdt / zu rächen / gedrungen wäre; sondern der König wäre ihm darum / mit einem Kriegsheer / ins Land gegangen / daß er (der Käiser) dem durchleuchtigsten Könige zu Böhmen / Uladislao / als seisem geliebten Oheim und Cur-Fürsten / seine Regalien verliehen: angesehn / solches der Fehdebrieff / welchen König Matthias deßhalben ihm zugesendet / klärlich auswiese: Sintemal er der Käiser / ehe dann ihm / jetzterwehnter Massen / der König entsagt / keinerley Fehde in Ungarn verübt hätte; wol aber wären hingegen die Ungarn / vor solcher Fehde / ihm / dem Käiser / in sein Land gezogen / und [62] demselben sehr schädlich gefallen; demnechst hätte erst / der König / die Entsagung gethan / und sich unterstanden / ihn von seinen Landen und Leuten zu verdringen: Wegen bezüchtigter Vorenthaltung deß Gelds / gegen Abtretung der abgedrungenen Städte und Schlösser / befünde es sich auch nicht also: Er / der Käiser / hätte / für sich selbst / und insonderheit / nichts verschrieben zu geben; sondern die Land-Leute deß Fürstenthums Oestereichs hätten sich / samt ihm / verschrieben / daß dem Könige 100000. Gulden / vom Lande Oesterreich / entrichtet werden solten: Es sey ebenfalls dieser Bericht deß Königs unrichtig / daß er / der Käiser / ihm nicht allein das Verschriebene solte abgeschlagen / sondern auch allen Unterthanen / bey Käiserlicher Acht / verboten haben / selbige Summa abzurichten; an solcher Auflage geschehe ihm gar unrecht: Dann wiewol man ihm solches Geld / von dem Fürstenthum Oesterreich zu geben / nicht schuldig gewesen wäre / in Betrachtung / daß er die abgedrungene Schlösser noch nicht alle abgetreten / auch sonst noch andres mehr / was er / gegen der Bezahlung der 100000. Gulden / vorher leisten sollen / wie solches / in der zwischen ihnen Beyden aufgerichteten Thädigung / ausdrücklich begriffen sey / nichtvollzogen; sondern besagte Thädigung / in manchem Wege überfahren / und unerfüllt gelassen; so hätte er ihm dannoch / das Geld folgen zu lassen / und zu reichen befohlen; daran er auch allbereit funffzig tausend Gulden empfangen: Und fünde sich nicht / daß der Käiser ihm / die zu zahlen / verboten: Sondern er hätte seinen Landsassen in Oesterreich nur geschrieben / sie solten die Zahlung der 100000. Gulden also fürnehmen / daß der Geld-Brieff nicht / um eine kleine Summa / in deß Königs Händen bliebe / sondern gegen völlige Bezahlung heraus gegeben würde. Es sey nicht ohn / daß der Käiser / und seine Land-Leute / ihn um längere Frist ersuchen lassen; hätten aber dieselbe von ihm nicht erlangen mögen: Er wäre auch dem Könige / um die 100000. Gulden / für sich selbst und insonderheit / nicht verbunden; sondern hätte / mit seinem Oesterreichischen Land-Leuten / verschrieben / daß das Land Oesterreich ihm solche erlegen solte; wie der Geld-Brieff vermögte: Daß nun solche hundert tausend Gulden annoch nicht völlig bezahlt / sey nicht seine / sondern deß Königs / Schuld / der seinen Landen und Leuten bishero so hart zugesetzt / und so schwer gefallen / auch noch für und für mit solcher Gewaltthätlichkeit anhielte / daß sie / Armut halben / die Bezahlung / in so kurzer Zeit / nicht hätten auf-noch vollbringen mögen: Dann wo er dergleichen Thätlichkeiten sich enthalten / wäre er / gehoffter Massen / schon längst bezahlt: Ihme / dem Käiser / geschehe darinn gar unrecht / daß der König schriebe / der Käiser wäre / um die Bezahlung / gehalten / und hätte solche Gelübd versprochen: Dann er sey dem Könige nie / mit Gelübd / verbunden gewest / auch noch nicht: Aber / als König Matthias seine Regalien deß Königreichs Böhmen empfangen / habe derselbe gelobt und geschworen / auch darüber dem Käiser / nach Ausweisung eingeschlossener Abschrifft / einen Brieff gegeben; sothanem Gelübde und Eide ent [63] gegen / sein Kriegs-Volk am vergangenem Herbst / in deß Käisers Land gelegt / und dem Käiser geschrieben / es solte / ihm ohne Schaden / da ligen / er wolle es wider die Türken führen / und gebrauchen: Selbiges Volk habe er / den ganzen Winter durch / da ligen lassen; wie es auch noch darinn lige / dem Lande zum unerträglichen Druck und Schaden: Uber das habe sich der König / wider obbemeldtes Gelübd und Eid / ohn alle Noth / und rechtliche Ursach / unterstanden / deß Käisers ungehorsamen und widerwertigen Fürsten / den Erz-Bischoffen zu Salzburg / wider ihn zu schützen / auch alle dessen / und deß Gestiffts Salzburg / Städte und Schlösser / so in deß Käisers Landen lägen / zu seinen Handen anzunehmen; da doch er / der Käiser / desselben von Salzburg / und seines Stiffts / nicht allein als Römischer Käiser / sondern auch als ein Fürst von Oesterreich / rechter Erb-Vogt sey: Es unterstehe sich auch mehrbesagter König / mit gedachtem seinem Kriegs-Volk / welches er / unterm Schein gegen die Türken zu führen / in deß Käisers Land gelegt / ihm seine Städte und Schlösser abzudringen / und belägere ihn also unverschuldter Sachen / unentsagt und unbewahrt seiner Würde / Ehren / und Glimpffs: Solches widerführe dem Käiser darum / daß er ihm seine mutwillige / wider die Christen fürnehmende / Kriege / nicht billigen / noch hülfflich befördern wolle: Dannenhero setzte der König seinen Eid / samt den / zwischen ihnen Beyden geschlossenen / ewigen Frieden / zurück. Also wolte keiner von beyden Potentaten die Schuld; und muste doch Oesterreich unterdessen den Schaden haben: als da man annoch / zur genugsamen Gegenwehr / mit keiner Armee gefasst war. Auf dem Reichstage zu Nürnberg / ward zwar eine Hülffe von 15000. zu Roß und Fuß dem Käiser versprochen / unter dem Fürwand / daß sie wider den Türken gebraucht werden solten: Es blieb aber / mehrentheils / bey dem blossen Schluß und Versprechen. Jedoch schickten etliche Stände ihr Contingent oder Theil; und zwar / zum allerersten / der Fürst von Sachsen / und Brandenburg / wie auch die Stadt Nürnberg / und / hernach kamen / bey Eintritt deß 1481. Jahrs / wiederum / nebst Sächsischen / die Pfalzgräfliche Succurs-Truppen. Welche aber / wider die Ungarn / nicht fechten wolten / einwendende / man hätte sie / wider die Ungläubige / beordert; doch aber sich erboten / seiner Majestät gern auch hierinn zu dienen / daferrn sie solches zuförderst würden / von ihren Herren / erlangen. Also hätte man diesen Zug lieber mögen einstellen: und blieb der gute Käiser stecken. Zu grossem Glück fing die Königin Beatrix an / zwischen dem Käiser / und ihrem Gemahl / hierunter zu handeln. Sie schnitte beyden Potentaten / mit ihrer wolberedten klugen Zunge / und Feder / viel tieffer ins Herz / als ein scharffes Kriegs-Schwerdt / und führte ihnen die Bedenklichkeit mehrer Weiterungen so beweglich zu Gemüt / daß endlich beyde Potentaten eine Neigung zum Frieden gewannen / [64] und auf Margreten-Tag eine Friedens-Handlung ansetzten. Gegen solche Zeit / schickte dieser leutselige Friedens-Engel / die Königinn / ihre eigene Leib-Carosse / welche sie voll Melonen hatte laden lassen / nach Wien: weil ihr nicht unbewust / daß der Käiser ein sonderlicher Liebhaber dieser Frucht wäre. Bey Präsentirung derselben / ließ sie bitten / er möchte belieben / seine Gesandten auf diesen Wagen sitzen zu lassen / und mit annehmlichen Friedens-Vorschlägen / nach Preßburg abfertigen. Melonen machen doch besser Geblüt / als Canonen / oder eiserne Stück-Aepffel. Dem Käiser gefiel die Botschafft nicht übel; ließ ihm die Melonen wol schmecken / theilte auch etliche derselben aus / unter seine Herren / die / vor Andren / wol bey ihm stunden; und befahl seinen Gesandten / mit der Königinn Leib-Gutschen / auf Preßburg zu fahren. Da man dann so lang miteinander handelte / bis ein Vertrag darauf erfolgte; dabey bedungen worden / der König solte alles / was er / in diesem Kriege / dem Käiser / an Städten / Schlössern / und andren Oertern / abgezwungen / wieder räumen; hingegen der Käiser den Ruckstand der funffzig tausend Gulden / wo nicht in Baarschafft / doch aufs wenigst an Kleinodien / erlegen; der gewesene Erz-Bischoff aber von Gran / von diesem Frieden / ausgesondert seyn. Zwischen hohen Häuptern / seynd die Friedens-Schlüsse mehrmalen dem Venedischen Glas nicht ungleich / welches / von dem geringsten Anstoß / in Stücken springt. Solche Gebrechlichkeit fand sich auch / bey diesem neuen Frieden: und daß derselbe / wie Glas / zersprang / verursachte eben der ausgeschlossene neue Erz-Bischoff zu Salzburg. Welcher / weil seine Ländereyen noch / in deß Königs Gewalt / waren / bey dem Käiser so viel auswirkte / daß er / mit höchster Ruin seines Landes / diesem Flüchtlingen den versprochenen Schutz zu leisten / den Vertrag aufhub / und den Feindseligkeiten wiederum einen Anfang machte. Aber er hatte schlechtes Glück dabey. Seine Völker wurden / vor dem belägertem Steyermärkischem Schloß / weggeschlagen. Nachmals gab der Käiserliche General / nebst etlichen Reichs-Hauptleuten / den Ungarn zwar eine ziemliche Schlappen / und eroberten / bey Bruck / an der Leyta / eine Feldschlacht: (im Jahr 1582.) aber König Matthias ersetzte diesen Verlust / im folgenden 1483 sten Jahr / durch Einnahme der Städte Haimburg / Seldenheim / und Dieterichstein. Das Jahr 1484. fiel dem Käiser hart / und dem Könige sehr günstig. Erstlich erlitten die Käiserlichen eine Niederlage / auf der Donau; bald darauf / verlohren sie ein Treffen / bey Korneuburg. Welches hierauf belägert / und allererst im siebenden Monat / durch Accord / eingenommen ward. Und dem folgten / in gleichem Glück / alle Plätze und Städte um Wien herum. Das bewegte den Käiser / sich aus Oesterreich hinweg / nach Grätz / zu begeben; und zwar / in seinem ziemlichhohen Alter. Und also stund die Hauptstadt Wien / nunmehr / für einen feindlichen Angriff / unbedeckt. Es schickten zwar die zween Reichs-Augäpfel / Nürnberg und Augspurg / auf Käiserliches Ersuchen / jedwede zweenhundert Büchsen- [65] Schützen: allein weil diese Beyhülffe zu schwach war / die Ungarische Kriegs-Macht zu brechen / und den Lauff ihrer Victorien zu hemmen; muste man die Widerwertigkeit deß Glücks mit Gedult überwinden. Indessen ging nun der Ungar vollends / auf Wien / los; nachdem er dazu / durch Weg-Nehmung Korneuburg / und Besetzung beeder Ufern / die Vorbereitung gemacht. Auf Pauli Bekehrungs-Fest / schlug er / an der Seiten gegen Kloster-Neuburg zu / vor Wien sein Lager; und gegen über hatte / kurz zuvor / seiner Generalen einer / Graf Stephan / sich gelagert. Nach dem Oster-Fest / kam auch herbey / aus Nieder-Ungarn / der General Lorenz / ein tapffrer Kriegs-Mann / den der König hoch hielt und liebte / mit einem grossen Kriegsvolk; und setzte sich / langst der Donau / gegen der Ungarischen Seiten. In der Gegend auf Mähren / welche Nordwärts ligt / hatte der König längst schon der Brucken sich bemächtigt / und damit den Wienern den fürnehmsten Proviand-Paß abgeschnitten. Diese Belagerung hat sich / mit dem Eingange deß Hornungs 1485. erst recht ernstlich angefangen: dann da kam er selber ins Lager: Und hatte zuvor / von den Sterndeutern / erlernet / dieses Jahr über würde das Gestirn dem Käiser Friedrich nicht hold seyn: auf welche aberglaubische Weissagung / er auch / die Stadt Wien / anzugreiffen beschlossen / in Hoffnung / entweder mit dem Schwert / oder Hunger / sie zu überwältigen. Er warff hin und wieder Schanzen auf; fiel hierauf die Vorstadt S. Niclas an / und eroberte sie / nebst dem Täber im Werd / und ließ manches Lusthaus der Bürger im Rauch aufgehen. Zur Stadt durffte sich keiner heraus wagen: darum nagte sie sich selbst desto härter mit Hunger / je grössere Menge von Leuten sich darinn befand: angemerkt gewaltig-viel Landvolks auch hinein geflohen war. Dieses war auch dem Könige wol bewust: darum als seinen Ungarn die Zeit zu lang werden wolte / und sie ihn deßwegen vermahnten / die Belägerung aufzuheben / und mit dem Käiser einen gütlichen Vergleich einzutretten; antwortete er ihnen: Er hätte / in Wien / zween Männer / die würden ihm / nechster Tagen / die Stadt überantworten: Da jene hierauf versetzten / es wäre nicht allstets jedwedem zu trauen; und ihn baten / er solte die Namen solcher Männer ihnen doch entdecken; sagte er / sie hiessen Hunger und Zwist. Dann er hatte viel Bürger darinn / die ihm heimlich anhingen / und / das Volk auf seine Seite zu ziehen / sich bemüheten. So war freylich der Hunger auch sein Vorfechter / oder Minirer / der den Mut der Bürgerschafft allgemach untergrub / und endlich gar zu Bodem schlug. Dann man hatte so schon / in etlichen Jahren / an Wein und Getreyde / eine schlechte Erndte gehabt: und ging der Vorrath desto mehr zusammen / weil / wie gedacht / das meiste Volk / vom Lande / hinein geflohen war. Daher muste man endlich / mit Roß-Fleisch / welches / in den Fleisch-Bänken / offentlich verkaufft ward / vorlieb nehmen / ja mit Katzen / Ratzen / und Mäusen heimlich den Hunger büssen.
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Damit er aber unterdessen / wider seine Gewonheit / im Lager / nicht lange feyren dörffte / (wiewol es an täglichen Scharmützeln / mit dem ausfallenden Käiserlichen Soldaten von der Besatzung / nicht fehlete / er auch bisweilen / nur mit einer geringen Begleitung / um die Stadt-Mauren / ritte / und etliche Bürger anredete / nicht ohne Verwundrung der Soldaten über seine Sicherheit) nahm er sein Leib-Regiment zu sich / und zoch damit vor Ebersdorff / welchen Ort damals eine fürnehme Edelfrau in Besitz hatte / und auf ihren Kosten / befestigen lassen. Daselbst kam er in eine nicht geringe Lebens-Gefahr: Dann als er / in einem Hüttlein vor der Stadt / mit den fürnehmsten Hauptleuten / und etlichen vertrauten Freunden / eben zu Tische überm Essen saß / (wiewol andre melden / er habe damals Kriegs-Rath gehalten) kam ihm aus der Stadt / ein unversehener Gast / der ihnen das Essen schier allzu scharff gewürzt / und übel gesegnet hätte / nemlich eine Stück-Kugel / geflogen / fuhr durch die Leimen-Wand / welche darüber zu Bodem fiel: und fehlte wenig / daß er nicht selbst wäre das Ziel dieses Schusses worden; so gar fürsetzlich und genau war sie / auf seine Person / durch Verrätherey / gerichtet. Alle Anwesende fielen darob in grossen Schrecken und Bestürzung: Er allein ließ das geringste Zeichen einiger Furcht oder Erschreckung nicht blicken; sondern blieb aufrecht und Mauren-fest stehen. Als aber die andren wiederum zu sich selbsten kamen / und der Sachen nachdachten; urtheilten sie / der Schuß müste / durch einen treulosen Vogel / angegeben seyn. Bald hernach wird das Städtlein erobert / die Besatzung gefänglich angenommen / und der Edel-Frauen / vom Könige / verziehen; sein Secretar aber und Böhmischer Commissar / Hiereslaus / ihm verdächtig gemacht / als hätte er / durch geheime Verständnis / besagten Schuß angestifftet / daß er damit hätte sollen zur Ruhe gelegt werden. Ob nun gleich seine Leute ihm täglich damit in den Ohren lagen / und den Argwohn scheinbar machten: behielt er es doch bey sich / und ließ es schlaffen / bis zu gelegener Zeit der Rache; und verband den Anbringern / durch ernstlichen Befehl / unterdessen das Maul. Nachdem er hiernechst wiederum ins Haupt-Lager angelangt / muste man Lauff-Gräben / und Geschütz-Stellungen (Batterien) verfertigen; um die Stadt / aufs schärffste / zu begrüssen: die ihm gleichwol / mit Kraut und Lot / zu danken / nicht vergaß. Besatzung / und Bürger / wehrten sich tapfer: Daher die Belägerung sich / bis in den vierten Monat / verweilte. Laut der Bonfinianischen Beschreibung / hat unterdessen anjetzo erst der König eine Vorstadt / bey Nacht / eingenommen und in Brand gesteckt: Daraus zu schliessen / daß die Einäscherung der Wienerischen Lust-Höfe / deren oben Erwehnung geschahe / gleich zum Anfange der Belagerung / vorgegangen. Als jetzt-berührte Vorstadt in die Asche gegangen / sollen daselbst viel Einwohner / durch Schwert und Feuer / umgekommen seyn. Deß erschracken die in der Stadt gar sehr / und solche auffahrende Flamme schmeltzte ihnen das Herz / wie Wachs. Sie sahen / daß ein so ansehnliches Glied [67] ihnen abgehauen / und für sich selbst gar kein Auskommen / noch Rettung: Hatten zwar bey dem Käiser / um Hülffe / angesucht; aber / an statt derselben / diese Antwort erhalten: Es wäre nicht unbillig / daß sie nun wiederum den Hunger litten / womit sie ihn vormals / in der Burg / gedruckt hätten. Vielleicht mögen solche Wort / über Tafel / gefallen / und von Andren hernach also ausgesprengt seyn / als hätte er sie den Hülff-Bittenden zur antwort gegeben. Mittler Weile ließ man ihnen / in der Stadt / wenig Ruhe. Täglich that der Feind bey den Thoren / einen Ansprung / und wurden sie / sonderlich von denen Ungarn / so auf der Insel sich gesetzt hatten / sehr angefochten. Am Donau-Ufer / wechselte man gleichfalls offt Stösse / davon bald dieser / bald jener Theil / das Meiste bekam. Einsmals kamen die Ungarn / von selbiger Seiten / gar nahe an die Mauren: aber die Städtische fielen stark heraus / und trieben sie nicht allein zurück; sondern verrenneten ihnen auch die Brücke: daher sie gezwungen wurden / ins Wasser zu springen / und unterm Wasser / am Grunde / fortkrochen / bis sie wiederum einen seichten Ort / und Sicherheit erreichten. Welches kühne Stücklein sehr / an ihnen / gelobt worden. Da nun endlich die Bürger sahen / daß man Anstalt / zu einem Haupt-Sturm / machte / und in Sorge stunden / so der König die Stadt erstiege / würde seine allzu hefftige Verbitterung keiner Versöhnung Raum geben: kamen sie auf die Zweifel-Gedanken / ob es nicht rathsamer wäre / vorab bey so dringender Hungers-Noth / durch eine gütliche Aufgabe / die Stadt / samt den Einwohnern / im Stande zu erhalten; weder dieselbige bis auf den wütenden Grimm deß Obsiegers zu verspahren? Sie kunnten gleichwol hierinn so geschwinde noch keine Einigkeit treffen. Dann die Käiserliche Hauptleute wolten sich so leicht dazu nicht verstehen / besorgende / es dörffte / durch die Ubergabe / zugleich ihre Reputation und Ehre dem Verdacht einer Zaghafftigkeit übergeben werden / und einen unausleschlichen Flecken bekommen. Insonderheit bemüheten sich Tiburtius von Zinzendorff / Caspar von Lamberg / Bartholome von Starenberg / Andreas Gall / Wolffgang von Graben / Ladislaus Prager / und Alexander Schiffer / aufs äusserste / den Bürgern solches Vorhaben auszureden; und stelleten ihnen vor / was für einen bösen Gefolg diese unzeitige Ergebung würde auf dem Rücken haben / nemlich den Verlust deß ganzen Oesterreichs. Also stund es noch eine Wochen lang / bevor ein Theil den andren / nach seinem Gefallen / kunnte stimmen. Weil aber der Hunger indessen zunahm / welcher auch die Leuen zähmen kan: vereinigten sich endlich die Officirer / mit der Burgerschafft / und sandten etliche zum Könige ins Lager; um einen Accord zu tractiren. Dieser / der solche Zeitung längst gerne gehört / und wol wuste / daß seine Völker der langwierigen Belägerung schon überdrüssig waren / nahm es hurtig an / und richtete einen verbriefften Vergleich auff / mit ihnen / mit dieser Bedingung; daß / daferrn / innerhalb Monats-Zeit / kein Entsatz anlangte / das Käiserliche Kriegsvolk / mit Haab und Gut / Roß und Rüstung / frey und sicher ausziehen / [68] die Stadt hingegen an den König übergeben / und den Bürgern ihre alte Privilegien verbleiben solten. Als nun / nachdem solche monatliche Frist vorüber / man gar von keinem Entsatz annoch das Geringste vernahm: öffnete man / dem Könige / am 1. Junii / am Frohn-Leichnams-Abend (der Ehren-Spiegel setzt dafür den 1. Julii / aber vermutlich durch einen Druck-Fehler) die Thore. Welcher hierauf / in Begleitung Gravens Stephans von Zips / Petri Garaii / deß Feldherrns Laurentii / wie auch vieler andrer Böhmischer und Ungarischer Herren / seinen gar prächtigen Einritt hielt. Deß andern Tags folgte der Einzug seiner Gemahlin / der Königinn Beatrix: welche nicht allein von unterschiedlichen Reuter-Squadronen / sondern auch von einer grossen Menge Volks allerley Stands / mit hohem und besondrem Gepränge / ward eingeholt. Gleich hierauf überschüttete man die bishero mangelhaffte Stadt / mit grossem Uberfluß von Lebens-Mitteln / nachdem sie / in vier Monaten (oder / nach Bonfinii Erzehlung / in sechs /) manchen Fast-Tag gehabt. So bald nun Wien in seiner Gewalt war; befahl er / die Verräther und Meuchelmörder / so ihm nach dem Leben gestanden / aufzusuchen / und vor Gericht zu stellen. Dann das Stücklein / so ihm vor Ebersdorff begegnet war / kunnte er nicht vergessen / nemlich daß man dem Stückmeister daselbst die Stätte seiner Gegenwart heimlich entdeckt hatte. Hieresla / der Schreiber / oder Secretar / ward am ersten fürgenommen: und / ohnangesehn er sonst / beym Könige / trefflich wol gelitten / ja gar vertraulich war / legte man ihn dannoch / weil einer ihn angezeigt hatte / gefangen / und hernach gar auf die Folter. Nach welcher scharffen Frage / er bekannt / er hätte dem Commendanten zu Ebersdorff heimliche Nachricht ertheilt / daß er der Belägerung anders nicht befreyet werden könnte / als / wann er dem / im nechst-stehenden Häuslein vor der Stadt tischendem / Könige die Mahlzeit / mit einer Stuck-Kugel / gesegnete / und damit nach seiner Person selbsten trachtete: aufdaß aber die Kugel nicht fehlen mögte / hätte er die Stelle / da sie den König antreffen würde / ihm wolmerklich bezeichnet / auch / unter der Wienerischen Belägerung / durch falsche Briefe / den Bürgern in der Stadt / aus Mähren und Böhmen / offt Proviand verschafft und zugeschickt. Bald hernach aber / da man ihn / nach der Erledigung von der Folter / abermal fragte / ob er / bey solcher Bekenntnis / beharrete; zog er seine Aussage zurück / mit dem Vorwand / es hätte ihm die Pein solche Unwarheit / und ertichtete Bekenntnis / abgezwungen: wolte also unpeinlich das Geringste nicht gestehn / sagend / er könne die Folter nicht erdulten / werde derhalben allemal / durch Gewalt derselben / wider sein unschuldiges Gewissen zu reden / angestrengt: Er sey / von solcher Bezüchtigung / so rein / wie ein Engel / auch durch seinen König und Herrn / der ihm nichts / als lauter Gnade / erwiesen hätte / niemals / zu so schändlicher Untreu und [69] Verrätherey / veranlasset: wolle lieber sterben / als solche Marter / die den Todes-Schmerzen übertreffe / länger ausstehen. Der König / welcher / wie man sagen wolte / genugsame Kundschafft gehabt / daß er nicht unschuldig wäre / hat ihn / so wol durch den Kerkermeister / als einen absonderlichen Abgefertigten / ermahnen lassen / sein Verbrechen zu bekennen; nebst dem Versprechen / daß / wann er um Gnade bitten würde / dieselbe ihm nicht versagt werden solte. Dannoch hat man ihn nicht bewegen können / Gnade zu zuchen / und um sein Leben zu bitten; sintemal er fürchtete / man mögte ihn abstraffen / als einen / der die Majestät hätte beleidigt: darum wolte er lieber den Kopf nicht / als den Namen / haben / daß er ein so meineidiges Verräther-Stück begangen; lieber als ein Unüberwiesener / in einigem Zweiffel der Schuld und Unschuld / sterben / weder als ein Uberwiesener / in der Schand-Gewißheit einer so grossen Schuld / leben. Oder er stellete sich vielmehr / ob wolte er lieber sterben: weil er förchtete / daß er / nach freyer Bekenntnis / gewiß sterben müste. Allein / solche Halsstarrigkeit brachte ihn erst recht um den Hals / und bewegte den König / dem Gericht völligen Gewalt und Fortgang über ihn zu verhengen. Da er dann endlich überführt / und zum Schwerdt verurtheilet ward. Also führte man ihn nach dem Markt / da die Execution geschehn solte. Das Volk zu Wien betrübte sich / um seinen Tod / nicht wenig. Ihrer viele baten den Scharffrichter heimlich / er solte ihm keinen tödtlichen Streich geben. Er mag es nun / um versprochener Verehrung willen / oder aus fehlender Mißlingung / gethan haben; so ist gleichwol der Streich nicht durch-sondern von der halben Seiten deß Nackens in die Schulter / und also gar nicht durch den Hals / gangen. Als er aber den andern Hieb thun will / hebt der Pöfel an / mit Steinen / nach ihm / zu werffen. Worauf er / mit blossem Schwert in der Faust Platz machend / die Flucht genommen / und sich davon gemacht. Den übel-getroffenen / und gleichwol tieff-verwundeten / Hieresla brachte man in das nechste Haus: da er / von allzu hefftiger Verblutung / bald hernach den Tod genommen. Sein Bruder / Pandobles / empfand darüber so grossen Verdruß / daß er zum Käiser überging. Der König verwilligte den Bürgern alle Privilegien / so sie verlangten: und / nachdem er sechs Monaten / zu Wien / sich aufgehalten; brach er / samt der Königin / von dannen wieder auf / und gelangte / am heiligen Weihnacht-Abend / zu Ofen / an. Sein Feldherr aber belagerte unterdessen noch unterschiedliche Plätze / sonderlich die schön-gebaute Neustadt: damit ja nichts übrig bliebe / so dem König / an einer vollkommenen Freude / nemlich wegen Eroberung Oesterreichs / mögte Abbruch thun. Aber O der elenden und eitlen Freude / womit sich solche hohe Häupter betriegen! Wann sie betrachteten / wie bald sie davon müssen; würden sie den Rauch einer so kurz-währenden Freude und Glori nicht / mit so vieler Gefahr und Blut [70] stürzung / erwerben; wie dieser Ehr-hitzige König. Derselbe meinte Wunder! was er nun für ein grosser Ungarischer Alexander / und Welt-berühmter Monarch worden wäre / nachdem er gleichwol das / durch seine Tapfferkeit / erhalten / was / in etlichen hundert Jahren / kein Ungarischer König zu wege bringen können; nemlich daß ihn die herrliche Stadt Wien / samt dem ganzen Unter-Oesterreich / für einen Herrn erkennen müste. Wie lang aber beharrete er / in solcher eingebildten Glückseligkeit? Kaum fünff Jahre: Da riß ihn ein gählinger Tod von der Welt / und besorglich zu einer schweren Rechenschafft von vielem unnöthig-verschwendetem Christen-Blut. Man hat / unter seinem Einzuge in die Stadt / ein Erdbeben gespührt / und es für ein böses Vor-Zeichen aufgenommen / daß er nicht lange leben / und vielleicht / in dieser Stadt / das Leben schliessen würde. Diese Vermutung hat auch eingetroffen. Indessen musten die Wiener den Unterscheid zwischen einem sanfftmütigem / gnädigem / und einem strengen Oberherrn / redlich empfinden / und nunmehr denjenigen König / welchen sie ehmals / da sie ihren rechtmässigen Herrn belagert hielten / selbst eingeladen haben sollen / wider ihren Willen ertragen. Man schreibt / er habe einen Burger nach dem andren vor sich gefordert / und / bey Lebens-Verlust / bedrohet / ihm nicht zu verschweigen / wie weit sich sein Vermögen / an Baarschafft und Silber-Geschirr / erstreckte. Kam ihm nun einer vor / der fett und wolbemittelt war / so legte er demselben ein gutes Stuck Geldes auf / zur Schatzung; schändete ihn noch dazu hefftig aus / und sagte: Schau / du Böswigt! wie kan ich mich eines treuen redlichen Herzens zu dir versehn? Du / und deines gleichen treulose Gesellen / hätten mich / mit so reichen Mitteln / bis nach Ofen zurück getrieben: aber / du Verräther! hast deinem vorigen Herrn Treu und Geld vorenthalten / und / bey ihm / gehandelt / als ein treuloser Vogel. Drum heb dich von mir! dusolt / dein Lebenlang / bey der Stadt / keines Amts gewürdiget werden. Hingegen lobte er die Bürger in den kleinen Städten / die sich / aus Treu gegen ihrem Käiser / redlich wider ihn gewehrt hatten; begabte sie / mit vielen Freyheiten / und erließ ihnen auch alle Steuer und Dienste: damit sie dafür ihre zerschossene Mauren wieder aufbauen mögten. Den Wienern hatte er / obberührter Massen / zwar auch alle ihre Privilegien bekräfftigt; straffte sie aber / bald hernach / mit Erhöhung der Steuer und Auflagen; ja setzte allerdings / auf den Mist / den sie nach ihren Weinbergen führten / ein genanntes Geld. Allein es hieß hingegen / mit ihm: Strenge Herren regieren nicht lange. Es ward gleichwol / noch vor seinem Tode / zwischen dem Käiser und ihm / ein Vertrag aufgerichtet. Dann weil sich ihm die / von seinem General bishero vergeblich belagerte / Neustadt / im Jahr 1487. am 13. Augusti / gleichfalls / durch Hungers-Zwang / ergeben hatte: erhandelte man zuletzt / mit ihm / einen Frieden / [71] auf diese Bedingungen / daß er das eroberte Nieder-Oesterreich solte behalten / bis seinen Anfordrungen wäre genug geschehen / und ihm die Kriegs-Kosten erlegt: Woferrn er aber mit Tode abginge; so solte das ganze Oesterreich / samt allen Rechten / an den Käiser / und dessen Erben / wieder zurück fallen; inzwischen aber Käiser Friedrich befugt seyn / den Titel eines Königs in Ungarn zu führen. Hingegen muste König Matthias / des bishero / in allen Kriegen / noch sieghafft und unüberwindlich geblieben / im Jahr 1490. von dem letzten Feinde / dem Tode / sich bezwingen lassen. Er hatte / am Palm-Sonntage / die Messe besucht / und nachmals / auf seine Gemahlin / die in der Stadt / hin und wieder die Kirchen andächtig besuchte / gar lang / mit dem Essen gewartet; als ihn endlich hungerte / und er / damit er nicht zu matt würde / dem Speisemeister befehlen ließ / etliche frische Feigen ihm zu reichen. Derselbe brachte ihm etliche nichtsnützige und faule: Darüber entrüstete er sich so hefftig / daß ihm der Appetit hernach zum Essen verschwand. Seine Gemahlin versuchte / ihn hernach / mit allerley Süpplein / zu laben; stillete auch seinen Zorn / und bat für den Speisemeister: aber er kunte nichts geniessen; klagte sehr über den Schwindel / und daß ihm sein Gesicht sehr verwirrt würde; begehrte derhalben / man solte ihn / in sein Schlaff-Gemach / bringen. Daselbst traff ihn der Schlag. Man forderte gleich unterschiedliche fürnehme Herren herbey; welche / mit bestürtzten Augen / ansahen / was er für grossen Schmerzen litte. Zu Ofen / im Garten / starben / um diese Zeit / alle seine Leuen: Hingegen brüllete er anjetzo zu Wien / auf seinem Sterb-Lager / vor Qual und Schmerzen / wie ein Leu; kunte auch keine andre Worte machen / als Hey! Hey! (oder O weh! O weh!) JEsu! JEsu!
Niemand wolte / aus Ehrfurcht / hinzu treten / ihn anzurühren: nur die Königinn brach ihm den Mund auf / und goß ihm etliche Stärk-Säffte hinein / verband ihm bald die Arme / bald die Hände / bald die Füsse; schrie ihm zu in die Ohren / und öffnete ihm die verkehrte Augen. Unterdessen hielt er an mit Seuffzen und Brüllen / die ganze Nacht durch: Ausgesetzt etliche wenig Stunden gegen den Morgen / darinn er ein wenig / doch sehr unruhig und unsanfft / schlummerte. Hernach begunte die Krankheit wiederum zu wüten. Diesen folgenden ganzen Tag über / lag nun dieser großmächtige König da / wie die allerohnmächtigste Kreatur / sahe bald seinen / vor ihm stehenden / natürlichen Sohn / bald die Gemahlin / gar steiff an; als hätte er ihnen was zu sagen: kunte aber kein Wort heraus bringen; ohnangesehn / er es offt versuchte. Am dritten Tage / nemlich am 5. Aprilis / zwischen 7. und 8. Vormittags / verschied er; nachdem er (wie Bonfinius bezeugt) gleichwol mancherley Zeichen einer grossen Reu und Busse / gleich als ob er zu GOtt um Verzeihung flehete / an sich spühren lassen. Und da was es nun / mit aller seiner Herrlichkeit / aller so hitzig verlangten weltlichen Glori / aus. Sonst hat dieser Herr / von vielen Königlichen / und auch militarischen / Tu [72] genden / geleuchtet / und ihm sein Kriegs-Glück / durch alle Eigenschafften / so man / an einem tapffren Kriegs-Fürsten / erfordert (die Kriegs-Ursachen bis weilen ausgesetzt) verpflichtet. So kühn / mutig / und erschrecklich er seinen Feinden / im Streit / fiel; so willig und geneigt war er hingegen im Siege / derselben zu schonen. Seine Kriegs-Züge vermengte er mit Mut und List; beförderte sie / durch Geschwindigkeit / Activität / Wachsamkeit / und Sorgfalt. In Erkundigung feindlicher Stärke / pflag er / fast mehr seinen Augen / als Ohren / zu trauen / und wagte sich jemaln darüber schier allzu viel; wiewol doch nicht / ohne verschmitzte List. Wie er dann einsmals / in einem Bauren-Kleide / mit einem einigem Gefährten / sich unter diejenige gemengt / die ins Türkische Lager Proviand führten / und daselbst / den ganzen Tag über / vor deß Türken Gezelt / Gersten verkaufft / bey folgender Nacht aber sich wiederum zurück / nach seiner Armee / begeben; hernach dem Feinde geschrieben / was er gethan / und zu mehrer Beglaubung / demselben alle Speisen / so man ihm damals vorgesetzt / benannt hat. Worüber jener dermassen erschrocken / daß er / gleich deß andern Tags / aufgebrochen / besorgend / König Matthias dörffte ihn / weil er nunmehr alle Gelegenheit selbst in Augenschein gefasset / unvermutlich / oder sonst mit Vortheil / im Lager / und mitten in seinem Leib-Gezelt / angreiffen. Aber dieses wird / an seinen Kriegen / getadelt / daß er sie bisweilen mehr aus Lust / und Ehr-Gierde / weder aus Noth / angefangen. Nachdem nun dieser heroische König den langen Schweiff seiner glückhafften Kriege und Triumphirungen / mit einem so schnellen und kurzen Abschnitt / beschlossen / und vier Prinzen / nemlich der Römische König Maximilian / die zween Königlich-Polnische Gebrüder / Uladislaus und Albertus / deren jener allbereit Böhmischer König war / und dann auch deß verstorbenen Königs Matthiä natürlicher Sohn / um die Ungarische Kron sich beworben; ist sie endlich jetztgedachtem Böhmischen Könige zu Theil worden. Der junge Bastard / Corvin / unterwand sich mit Gewalt einzudringen / ward aber / durch eine unglückliche Feldschlacht / seiner Hoffnung verlustig. Nichts destoweniger waren noch der Römische König / Maximilian / und Prinz Albertus / übrig / und willens / ihren starken Anspruch / mit Waffen / zu behaupten. Maximilianus eroberte ganz Oesterreich wieder / in kurzer Zeit. So bald die Gewißheit deß Todes Matthiä erschollen / warb er Volk / in Schwaben; und fuhr damit / die Donau hinunter / nach Wien; nachdem er gleichwol / durch einige vorangeschickte wolvertraute Personen / sich vorhero beflissen / die Gemüter daselbst / auf seine Seite zu bewegen. Diese Vorausgeschickte richteten ihre Sache treulich aus: und weil / ohne dem / die Bürger / von den Ungarn / bishero zimlich hart gehalten waren; fanden sie dieselbe / zu ihrem geheimen Anbringen / desto geneigter: also gar / daß die Bürger / bey Nacht-Zeiten / heimlich sich hie und da / und zwar mit gewehrter Hand / versammleten. Der obriste Befehlhaber in der Stadt / Graf Stephan von Zyps / [73] Ungarischer Kron-Schatzmeister / bekam Nachricht davon; ließ den Rath vor sich fordern / verwies ihnen die verspührende Untreu / mit harter Bedrohung / daferrn sie ihrer geheimen Anschläge nicht müssig gingen. Sie entschuldigten und gaben sich für ganz rein von solcher Auflage aus. Immittelst schallete das Geschrey / von dem Anzuge deß Römischen Königs / je länger / je stärker: Derwegen / damit er nicht ein Aug-Zeuge deß Verlusts dieses Haupt-Orts würde; belegte er das Schloß / unter einem Hauptmann / mit vierhundert Knechten / und fuhr / zu Wasser davon / nach Ofen / unter dem Fürgeben / als gedächte er allda der Königlichen Wahl beyzuwohnen / und mehr Völker anhero zu befördern. Die Stadt war / mit seiner Abfahrt / aufs beste zu frieden; hätte ihm auch die 400. zurück gelassene / zur Begleitung / gar gerne auf den Weg wünschen mögen. Er war kaum hinweg; als die Thüre / von den Zunfften / besetzt / und zween deß Raths zum Römischen Könige / gen Kloster-Neuburg abgeordnet wurden / um denselben einzuladen. Derselbe erhub sich alsofort dahin / und zwar / mit der Leibwacht und Hofstatt / voraus. Das Kriegsvolk hatte Ordre / ihm gleich zu folgen. Es war der 22. Augusti / als er / bey dem roten Thurn-Thor / ankam / und so wol vom Rath / samt der Burgerschafft / als von der gesamten Klerisey / frölich bewillkommt und eingeholt ward / unter einem schönen Himmel / welcher von dem Schultheissen / und etlichen der fürnehmsten deß Raths / getragen worden. Die Begleitung führte ihn / vor erst / zu St. Stephans-Kirchen; da man allerseits GOtt dankte / und das gewöhnliche Lob-Lied / Te Deum laudamus, absang. Nach geendigter Kirchen-Andacht / huldigte ihm die Stadt / auf einem hölzernem Gerüste / so zu dem Ende / am Markt / aufgerichtet stund. Nachgehenden Tags / kam das Kriegsvolk angezogen / samt dem Geschütze; womit alsofort das Schloß / auf beyden Seiten / beschossen ward. Und weil der Soldat gar zu hitzig war / warff er / nachdem die Maur oben ein wenig / mit den Stücken / zerlöchert worden / alsofort Sturmleitern an; in Meinung / die Besatzung leicht zu übermeistern. Aber sie lerneten ihren Irrthum / an ihrem grossen Einbuß / bald erkennen. Die darinn ligende Ungarn fochten so tapffer / daß die Teutschen über Hals und Kopf / manche auch enthälst / zurück fielen / und wegen solcher unbesonnenen Vermessenheit / vom König Maximilian / einen Verweis bekamen. Dieser ließ hingegen der Besatzung einen freyen Abzug / mit allem ihrem bey sich habendem Geräth / anbieten: Sie aber antwortete kein Wort darauf: Welches genugsam anzeigte / sie wolten ihm ihre Meinung nur / durch das Schwert / eröffnen / und den Handel schwer machen. Diesem nach ließ man zuforderst das Geschütz noch eine Weil / an der Maur / arbeiten. Und da solches nun ziemlich gewirkt / also daß man nicht zweiffelte / es würde nunmehr das Schloß leicht zu ersteigen seyn: ward ein sturmischer Anlauff beschlossen / und damit / bey zwo Stunden / unter einem scharffen Gefechte / ange [74] halten. König Maximilian wolte / zu mehrer Auffrischung der Soldatesca / nicht nur persönlich dieselbe antreiben; sondern auch selber mit fechten; bekam aber darüber eine ziemliche Wunde in die Schulter. Wodurch dasmal die völlige Eroberung deß Schlosses gehindert ward: ohngeachtet allbereit dasselbe bey nahe war erstritten / und unterschiedliche von seinen Fähnlein schon auf der Mauren steckten. Dann als die Soldaten sein Blut erblickten / und ihn für tödtlich wundt schätzten; zumal weil man auch gleich darauf zum Abzuge blies: entfiel ihnen der Mut / und fingen an zaghafft zu streiten. Bey diesem Sturm / verlohr er / nebst zweyen Fähnlein / hundert Knechte. Nichts destoweniger weil die Ungarn auch viel Leute eingebüsset / und der übrige Hauffen meistens gequetscht / über das die Mauer übel zugerichtet / und ganz kein Entsatz zu hoffen war: bedingten sie / deß andern Tags / einen freyen Abzug / und zogen / nach einer zehen-tägigen scharffen Gegenwehr / heraus. Deßgleichen that auch die Ungarische Besatzung / deß Schlosses zur Neu-Stadt / aus Mangel der Lebens-Mittel. Hiernechst ging der Marsch in Ungarn / um die Krönung deß Uladislai zu hintertreiben: welche dannoch vor sich ging. Er gewann zuförderst die Gemüter etlicher Ungarischer Landherren; hernach viel ansehnliche Plätze / durch seine Waffen; als Oedenburg / Güntz / Stein am Anger / Kerment / Vesprin / und Stuhlweissenburg; da allerdings / in der Kirchen / weil viel hineingeflohene Ungarn sich allda wehreten / ein solches Gemetzel vorging / daß das Blut / um Königs Matthiä Begräbnis / eine halbe Hand-breit hoch floß. Doch durfften sich die Uberwinder / an den Kirchen selbsten / nicht vergreiffen: Dann König Maximilian / hatte es / beym Strange / verboten. Hie steckte sich der Lauff seiner Eroberungen / und zwar durch einen unversehenen Zufall. Dann weil man sich / über die reiche Beute / zu Stuhlweissenburg / nicht vereinigen kunte: meutinirten die Fußvölker / entwichen aus dem Lager / zerstreuten sich / und lieffen / aller nachpostirenden Ermahnung deß Königs ungeachtet / davon. Worauf Maximilianus gedrungen worden / die vorgehabte Einnahm der Stadt Ofen einzustellen / und von Ungarn wiederum hinaus zu ziehen: Da er sonst die Stadt gar leicht / und vermutlich ohne Schwerts-Streich / einbekommen hätte: weil der Stadt-Richter / mit etlichen Bürgern / schon heraus gegangen / willens / ihm die Schlüssel entgegen zu tragen: Wie Cuspinianus / aus deß Käisers Munde gehört zu haben / bezeugt. Worauf dann bald ein Ort / nach dem andern / wieder / an die Ungarn / übergangen. Doch ging den Ursachern / nemlich den Fußknechten / ihr Bubenstück nicht frey aus: Er ließ sie überall anhalten / und an die Weiden aufknüpffen / ihre Führer aber an höhere Bäume. Zu Wien wurden gleichfalls alle / so man daselbst erwischte / aufgehenkt / und die / so man nicht bekommen hatte / Vogel-frey gemacht. Nachdemmal doch gleichwol das Königreich Ungarn / durch solche blutige [75] Strittigkeit um seine Kron / sehr verunruhigt und verheert war; indem Prinz Albertus / deß neuen Königs Uladislai Bruder / dannoch ihn / wiewol allezeit unglücklich / mit Krieg anfochte / und mit dem Römischen Könige / Maximilian / der Handel auch annoch nicht beygelegt war: so ward endlich / im Jahr 1491. eine friedliche Handlung angestellt / zu Preßburg in Ungarn / und / nach langer Verweigerung der Ungarn / zu letzt / auf diese beyde Haupt-Puncten / eine Vereinigung gestifftet: 1. Daß König Uladislaus aller Oerter / die er bishero in Oesterreich annoch behalten / sich begeben / und alles Zuspruchs darauf verzeihen solte: 2. Daß / auf den Fall König Uladislaus / ohne männliche Erben / oder dessen Kinder ohne Leibs-Erben / mit Tode abgingen / der Römische König Maximilian / oder dessen Erben gerader Lini / ohne einige Hinderniß allein zu der Kron Ungarn gelassen werden solten; Inhalts deß Vertrags / welcher allbereit / obberührter Gestalt / bey Leben Königs Matthiä / mit dem Käiser Friedrich / zur Neu-Stadt / aufgerichtet worden. Bald hernach ist Käiser Friedrich (im Augusto 1493 sten Jahrs /) von so vielfältiger Unruh / zu der ewigen Ruhe / aufgenommen. Worauf Maximilianus / als nunmehr Käiser / in Begleitung vieler Fürsten / aus Flandern nach Oesterreich zoch. Nach diesem führte Maximilianus noch manchen schweren Krieg / in Italien / Schweitz / und andrer Orten. Und mangelte es auch inzwischen dem Königreich Ungarn nicht / an vielfältigen Kriegs-Empörungen. Welche hie zu beschreiben / ausser meinem Gleiß ist. Als man aber schrieb 1515. kamen die drey Potentaten / Maximilianus / Römischer Käiser / Uladislaus / König in Ungarn / und Albertus / nunmehr König von Polen / in Wien zusammen; und ward damals / Princessin Maria / deß Käisers Enkelin / dem / wiewol noch zartem / Ungarischen Prinzen Ludwig; und gegenseits das Ungarische Fräulein Anna / Königs Uladislai Tochter / einem von deß Käisers Enkeln / zur Braut versprochen; es mögte nun gleich Carolus / oder Ferdinandus künfftig seyn. Maximilianus hatte einen Sohn / nemlich Philippum; und ein Fräulein / nemlich die Margaretam. Philippo vermählte er deß Arragonischen Königs Ferdinandi Tochter / Johannam: welche demselben die Königreiche Kastell / Legion / und Granata zubrachte / und ihm Söhne und Töchter gebar; namentlich Carolum / der nachmals Römischer Käiser worden / und den Spanischen Prinzen und Erz-Herzogen in Oesterreich / Ferdinandum: welcher nachmals / mit gemeldter Ungarischen Prinzessin Anna / zu Lintz / Beylager gehalten; dagegen seine Schwester / Prinzessin Maria / an den jungen König Ludwig / verheirathet / auch / im Jahr 1521. zu Stuhl-Weissenburg in Ungarn / gekrönt worden. Als nun nachmals der unglückselige König Ludwig / in der Niderlage vor Mohatz / unter seinem Pferde im Morast erstickt war: that der Siebenbürgische Weywod / Johannes Zapoliai / ein überaus ehrgeitziger Mensch / sein Möglichstes / daß er die Gemüter der Ungarischen Magnaten an sich ziehen mögte / mit rei [76] chen Geschenken / und weiteren Versprechungen: angemerkt / er ein trefflich-begüterter / und Land-reicher Herr war / zudem auch / in unterschiedlichen Feldzügen / wider die Türken und wider den aufrührischen Kreutz-Zug der Kron ziemlich-gute Dienste gethan hatte. Er gab vor / auf dem Reichstage zu Stuhl-Weissenburg / Ferdinand verlangte nicht so sehr das Regiment / als an den Ungarn sich zu rächen: solchen Ausländern wäre es nicht um den gemeinen Reichs-Nutzen / sondern um ihren eigenen / zu thun; auf das / und nichts anders / suchten sie die Kron. Hernach rühmte er seine eigene erhaltene Victorien (derer doch gar wenige waren) und gab damit hell genug an Tag seine Meinung; nemlich daß man das Königliche Regiment bey der Ungarischen Nation lassen solte / bey welcher er sich für den Fürnehmsten / an Würde / Autorität / Macht und Vermögen / wolte geachtet wissen. Ihm fielen damals schier alle Ungarn (wie de Raewa berichtet) bey / liessen sich auch / zu seinem Begehren / ganz geneigt und willig verspühren. Es wollen auch einige / er habe sich vernehmen lassen / die verstorbene Könige hätten ihm eine Verschreibung darauf gegeben / daß / woferrn Ludovicus mögte unbeerbt Todes verfahren / ihm das Königreich / in Krafft der im Felde Rakos gemachten Verabscheidung / solte aufgetragen werden. Diesen Reichs-Schluß belangend / hat es damit solche Beschaffenheti. Auf dem Pesther-Felde / an dem kleinen Fließ-Wasser Rakos, stellten die Ungarn einen Reichs-Convent an / und liessen daselbst ihren Unwillen gar scharff erschallen / über der Handlung deß Königs Uladislai / daß derselbe Mähren / Schlesien / und Lausnitz / von Ungarn abgerissen / und der Kron Böhmen angehefftet hätte: erinnerten hierauf / ja forderten / mit Ernst / und ungestümlich gnug / er solte den Pacten nachleben: Er aber / der schon gewohnt war / mit fahrlässigem Stillschweigen ihr Begehren zu übergehen (wie Isthuanfius redet) ertheilte auch anjetzo hierauf keine richtige Erklärung. Diß verdroß den Adel dermassen / daß er in ein grosses / zu allgemeiner Versammlung sonst bestimmtes / Zelt / zusammen kam / und daselbst einstimmig beschloß / sie wolten hinfüro / so König Uladislaus ohne Erben verschiede / durchaus keinen Ausländer mehr zum Könige annehmen; mit bedrohlichem Zusatze / im Fall jemand / wider diesen Schluß / handeln würde / solten alle seine Güter confiscirt / er aber / und seine Kinder / entweder mit einem harten Tode / oder / soferrn sie flüchtig würden / mit immerwährendem Exilio / gestrafft werden. Diese Satzung war / vom Thoma Bocacio / Cardinaln zu St. Martin / und Erz-Bischoffen zu Gran / imgleichen von zehen andren Bischöffen / vierzig Senatorn / die alle in offentlichen Reichs-Aemtern sassen / wie auch hundert und achtzig andren Reichs-Magnaten / und gar vielen aus der Ritterschafft / gestellt / und durch Stephan Verbez / einen factiösen und aufwieglerischen Kopff / also fort gepublicirt; zur Erhaltung Gemeinen Bestens; wie er vorgab; in rechter Warheit aber / deßwegen / damit er dem Weywoden / Johann von Zips / welcher schon lange nach dem Zepter strebte / die Bahn öffnen mögte. Es waren auch viel Sie [77] benbürger / sonderlich Sachsen und Zeckler / von dieser Faction / zugegen: die forderten alle / mit grossem Geschrey / man solte diesen Reichs-Schluß pupliciren / und droheten denen / welche sich dawider ein Wort verlauten lassen würden / den Hals zu brechen. So hielten diese leichtsinnige Köpfe ihren mehrmaligen feyerlichen Vertrag! Uladislaus hätte / wie Isthuanfius selber / obgleich ein Ungar / urtheilet / diesem Ubel gleich steuren / und den Urhebern solcher Aufruhr die Köpfe nehmen sollen: aber er sagte / da mans ihm heimlich hinterbrachte / sonst nichts darauf / als / GOtt würde / für seine und der Seinigen Wolfarth / schon sorgen. Dann er war ein fauler / müssiger / und langsamer Fürst / der alles gehen ließ / wie es ging / und sich dadurch in grosse Verachtung brachte. Das ist nun die Satzung am Bach Rakos, darauf sich hernach / auf obberührtem Reichstage / Graf Johann von Zips beruffen; und da seine Adhärenten vorgegeben (wiewol Johannes Sambucus mit den Worten dicere non verentur, sie scheuen und schämen sich nicht vorzugeben / sc. 13 anzeigt / es sey für ein Geticht zu halten) daß man dem Grafen Johann / mit einer Verschreibung / auf erzehlten Fall / die Kron versprochen. So ging es demnach / auf diesem Reichstage / einhällig darauf auf / Ungarn wäre ein freyes Volk / und solche Freyheit bestünde grössern Theils / in Erwählung eines Königs; der Schluß ihrer Vor-Eltern wäre ganz unbillig / indem sie / nach Ableben Königs Matthiä / einen Ausländer zum Könige gemacht: darüber wäre auch das Reich in solche Ruin und Verwirrung gerathen. Hierbey vergassen sie nicht / den verstorbenen König Uladislaum weitlich durchzuhecheln. Endlich zohen sie vorbeschriebenen Feld-Schluß am Bach Rakos an / zum Beweis / daß man nun keinem Fremden mehr die Krone aufsetzen müste; wählten also hierauf diesen Grafen / Johann von Zips / zum Könige: und liessen ihn auch / durch den Granerischen Erz-Bischoff / Paulum de Varda, zwey Monaten nach dem unglücklichen Mohatzischen Treffen / krönen / am Fest Martini / im Jahr 1526. Nachdemmal aber diese Krönung / wider alle Verträge und Aufrichtigkeit / durch Ehrgeitz deß Grafens / erpracticirt war: also kunte er derselben auch nicht mit Ruhe geniessen / noch Ferdinandus sein Recht so schwinden lassen. Das Reich ward gleich in zwo Factionen zerschnitten. Eine hing dem neuen Könige Johannes an; die andre dem Ferdinand. Der Erz-Bischoff / welcher Johannem selber gekrönt hatte / trat selbst ab / zum Ferdinand. Stephanus Bathori / der Palatinus / hatte schon / gleich nach dem Untergange König Ludwigs / auf mancherley Weise dem Ferdinand viel Freunde gemacht. Er schrieb auch eine Reichs-Versammlung aus nach Preßburg / und erklärte allda mit seinen Gleich-Gesinnten / den Ferdinand / für einen rechtmässigen König in Ungarn. Dem auch (nach Isthuanfii Meldung) viel anwesende Reichs-Stände beygestimmet.
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Gegenseits wuchs dem Johannes der Mut / als der König in Frankreich / durch eine ansehnliche Legation / ihm / zu Ungarischen Kron / gratuliren ließ. Welcher nachmals auch ihm / deß Jahrs / 30000. Ducaten / an Subsidien / gereicht haben soll. Indessen rüstete sich Ferdinandus zu einem Feldzuge / aus Teutschland nach Ungarn / nachdem er versichert genug war / daß es ihm daselbst / an einem starken Anhange und Zulauffe / nicht fehlen würde. Dann / wie gedacht / so hatten ihn nicht allein der Palatin / sondern auch nunmehr fast alle (oder die meisten) Stände / für ihren König (im Jahr 1527.) erkannt; hingegen die Wahl deß Johannis für ungültig erachtet / um so viel mehr / weil selbiger Reichstag / wider die Reichs-Gewonheit / nicht / durch den Palatin / angesetzt wäre. Hiebey warffen die Verständigsten auch darauf kein geringes Absehen / daß Ferdinandus nicht allein ein grosser Fürst aus dem mächtigen Hause / von Oestereich / sondern auch allbereit König im Böhmen / und deß großmächtigsten Käisers Carls Bruder war. Da er nun Ungarn erreichte / sattelten auch meist alle die / so vorhin auf Johannis Seiten gestanden / um / und fielen zum Könige Ferdinand. Darunter auch der Bann von Croatien / Franciscus Battiani / war: welcher den Kroaten und Sclavoniern einen Landtag ansetzte / und sie allesämtlich dem Ferdinand zuneigte; ausgenommen den einigen Johann Banfy. Welchem Mann eine bessere Sache wäre zu wünschen gewest / darinn er seine verwunderliche Standhafftigkeit hätte leuchten lassen. Weder mit Verheiß- noch Drohungen / noch Verbrennung seiner Güter / noch durch Bitte seiner guten Freunde und Blutsverwandten / wolte er sich bewegen lassen / von dem Könige Johann abzusetzen. Seine Frau fiel ihm zu Fruß / und bat / mit vielen Thränen / er solte sich doch bequemen / zu einer andren Resolution. Er antwortete ihr aber: Liebstes Weib! aller meiner andren Güter Verlust kan ich ertragen: es sind vielmehr Gaben deß Glücks / als meine Eigenthümer: allein der Verlust meiner Treu fällt mir unerträglich. Dann diese hafftet nicht am Glück / sondern ganz an mir: darum lasse ich lieber das Leben fahren / dann sie. So bald ein Mensch Treu / Standhafftigkeit / und den Ruhm seiner redlichen Amts-Leistung einbüsset / soll man ihn für keinen Menschen mehr; sondern nur für einen Schatten vom Menschen / achten. 14 Nachdem Johannes erfahren / daß Ferdinandus / in vollem Anzuge gegen Ofen / begriffen; sammlete er / bey Hattwan / ein Lager / und beorderte seine Generalen / den Bodo / und Bakitz / den Donau-Strand zu besetzen: damit Ferdinand gehindert würde / Ofen einzunehmen. Aber diese wurden / von den gegen über stehenden Teutschen / mit dem Geschütze / bald unterrichtet / daß da keine bleibende Stätte für sie wäre: also kehrten sie wieder um zum Johannes / ins Lager. Weil dannoch hiedurch Johannes indessen die Beschaffenheit und Stärke deß Teutschen [79] Kriegsheers in Erfahrung gebracht: ruckte er weiter / und lagerte sich bey Coy congykos. Unterdessen zeucht Ferdinandus selbst zu Buda (oder Ofen) ein / als rechtmässiger König / und lässt offentlich verkündigen / daß jedermann / bey Straffe beleidigter Majestät / den Johannes fahren lassen / und sich bey ihm einfinden solle. Unlang hernach / ward er auch / zu Stuhl-Weissenburg / feyerlich / gekrönt / von eben demselbigen Erz-Bischoff / der vorhin den Johannes gekrönt hatte. Hiernechst gingen die Völker Ferdinandi dem Johannes nach / gen Tokay. Da es zum Streich gerieth / und die Johannitische Armee aufs Haupt geschlagen ward. Stücke / Fahnen / und Rüst-Wägen / blieben im Lauff. Dieser Verlust / und dann die vom Palatin versprochene Commendanten-Stelle zu Raab / brachten den Wakitsch / einen von den beyden fürnehmsten Feld-Obersten Johannis / auf Ferdinandi Seiten. Der andre Feld-Hauptmann / Bodo hielt fest am Johannes / brachte hurtig ein frisches Kriegsheer auf die Beine / und setzte sich damit / zwischen Caschau und Tockay / bey dem Städtlein Zina. Die Generalität Königs Johannis setzte / unter dem Ob-Gebiet deß Cazianers / gleichfalls ihren Marsch dahin / und präsentirte sich in voller Schlacht-Ordnung. Jener / als ein sehr kühner und beherzter Kriegsmann / ließ ihms gefallen / und sich abermal ein zum Treffen; aber zu seinem Unglück: wie scharff er auch / samt den Seinigen / fochte; wurden sie doch endlich darnidergelegt / und der grösseste Hauffe entweder auf der Wahlstatt / oder in der Flucht / erwürgt. Er selbst blieb / von allen den Seinigen / entblöst / allein hinterstellig / beschuldigte sein Glück / und wolte sich zu tode fechten; wehrete sich auch nicht anders / als ein umringtes wütendes Thier. Jedoch ward man seiner endlich mächtig; und alles Geschützwerk / samt den Fahnen / und allem Plunder / dem Siegs-Glück heimfällig. Man brachte ihn nach der Neustadt in Oesterreich / in ein grosses gewölbtes Gemach / so mit eisernen Gittern verwahrt war / darein man führnehme Gefangene zu setzen pflag. Nachdem er allda / viel Jahre lang / gesessen / und man ihm die Loslassung verhieß / so er dem Könige Ferdinand dienen / und wider den Johannes fechten / oder / aufs wenigste / nur neutral bleiben / und still sitzen wolte: begehrte er doch durchaus nicht drein zu willigen; sondern lieber / im Gefängnis / zu sterben / als / nach Verlassung Johannis / unrühmlich (wie er sagte) zu leben: und also hat er / um ein langwährendes Ruhm-Gedächtniß seiner vermeinten Treu zu erwerben / seinen Geist auch / in selbigem Gefängnis / aufgegeben. Königs Ferdinandi Völker nahmen / nach dieser zweyten Victori / Tockay weg / wie auch Hatwan / samt andren Städten und Schlössern mehr. Damit aber der Türk dem Uberwinder keine Hinderniß machen mögte; schrieb Ferdinandus an ihn / suchte Freundschafft / und versprach ihm ein Stuck Geldes. Solches Schreiben aber fing Johannes auf; und sandte hierauf den Siebenbürgischen Palatinum zum Solimanno / der diesem von seinem Unglück / und was er / und Ferdinandus / für Zusprüche zum Reich hätten / Nachricht geben solte. Er fing [80] auch an / in Siebenbürgen wiederum Völker aufzubringen / und / wann auf deß de Rewa Bericht zu fussen / so hat er damit / bey der Theissa / noch eins mit den Teutschen getroffen / und nach abermaliger Niederlage / sich aus Ungarn gar hinweg begeben. Weil aber in deß Isthuanfii / und andrer / Histori / gedacht wird / er sey gleich nach der Niederlage bey Zina / flüchtig aus Ungarn gangen: schätze ich / de Rewa habe hierinn gefehlt / oder vielleicht nur eine kleine Action mit etlichen Squadronen gemeint. Ehrsucht lässt ihren Untergebenen so wenig Ruhe / als der böse Geist den Besessenen. Werden ihr gleich die Kräffte entrissen: so bleiben doch noch die Begierden in ihrer Dienstbarkeit. Und wann ihr gleich das Vollbringen fehlet; hat sie doch noch das Wollen. Sie schärffet den Schmerzen deß Verlusts / und wetzet das Verlangen nach dem / was man verlohren. Wie Demut die Gemüter / im Unglück / zur Gedult weiset: also Ehrsucht / zur Ungedult. Jene lindert / und pflastert; diese ritzet und bestachelt die empfangene Wunden / und reisst sie / durch rachgierige Erinnerung / immerzu wieder auf. Jene geusst Oel; diese lauter Galle und Gifft darein. In so schlimme und verderbliche Kur / hat diese höllische Aerztin auch das Gemüt Königs Johannis genommen / da es vor Unmut erkrankte. O wie glückselig würde er / und das ganze Königreich Ungarn / bey seinem grössesten Einbuß gewesen seyn / wann diese aufgeblasene Otter / die Ehrsucht so wol / als seine Heers-Krafft / durch das Ferdinandinische Schwert danider gelegt / und von seinem Herzen abgeschnitten wäre! Aber sie blieb ihm übrig: Und wie das Americanische Sack-Thier / wann es den Jäger spührt / seine Jungen in den Leib nimt / und dieselben also mit davon führt; so trug er diese verderbliche Purper-Buhlerin und Ubels-Stiffterin / in seinem Busen / mit sich hinweg / als er / nachdem ihm seine Heer-Flügel und Kriegs-Macht zerbrochen worden / ganz aus Ungarn entweichen / und nach Polen fliehen muste. Daselbst hat ihn der Castellan von Cracau / Johannes Tarnovski / und damaliger Kron-Feldherr / mit grosser Ehrerbietigkeit / aufgenommen / ihm sein eigenes Schloß eingeräumt / ihn / samt den bey sich habenden / mit sonderbarer / ja fast Königlicher / Mildigkeit getractirt / und unterhalten / auch / für seinen Widersachern / so lang er in Polen geblieben / eifrig geschützt. Welches dann auch König Sigismundus / als deß Johannes Schwager / sich nicht übel gefallen ließ: wiewol er sonst ihm / gleich Anfangs / höchlich widerrathen hatte / nach der Ungarischen Kron zu trachten / als die / aus unterschiedlichen Ursachen / dem Ferdinand gebührte. Weßwegen er ihm auch die Kriegs-Hülffe abschlug: ob er gleich sonst / in seinem Exilio / ihm freundlich begegnete / und den Auffenthalt in Polen also gern vergönnete. Es trennete sich auch unterdessen von ihm nicht / mit dem Glück / der Graf Christoph Frankepan; welcher von Ferdinando ab- und zu ihm getreten war / nach [81] dem er von ihm zum Bann in Croatien erklärt worden: sondern bestritte manche Ungarische Herren / so es mit Ferdinando hielten: und hatte an sich den Johann Banfy / wie auch den Bischoff Simon von Zagram / den Johann Tahy / Priorn deß Rhodiser Ritter-Ordens / den Peter Mercy / Grafen von Poseg / welcher / zu der Zeit / an Volk und Reuterey / mächtig war / imgleichen den Johann Ernst Hampo / der / zwischen de Drav und Muhr / herrliche Schlösser und Städte beherrschte; und über das noch viel andre aus der Ritterschafft mehr: also / daß er dreytausend Reuter / und zehentausend Fußknechte / auf den Beinen hatte / nebst noch etlichen von den Geldern / so ihm König Johannes geschickt hatte / geworbenen Squadronen zu Roß und Fuß.
Solche Völker ließ er nicht lange müssig in Quartieren ligen / noch an den Bauren zu Rittern werden; wie sonst / zu dieser Zeit / von manchen Generalen und Obersten / geschicht / die ihres Oberherren Ländern selbsten viel grössern Abbruch / weder dem Feinde / thun: sondern nahm damit ansehnliche Verrichtungen für; eroberte viel Schlösser und Städte / ja überwältigte fast alle Plätze / langst der Drav; und ging endlich dem Grafen Battiani (oder / wie man diesen Namen heutigs Tages / wiewol irrig / ausspricht / Budeani) auf die Haut / der mit einem nicht ungleichem Lager / von Ungarn und Teutschen / in Gesellschafft deß Johann Carlowitz / wie auch der beyden Grafen Johann und Niclas Zrini / und dem von Turn / welcher die Teutsche Auxiliar-Völker commandirte / bey Warasdin stund / auch sonst noch andre wolversuchte Kriegs-Obersten um sich hatte. Mit diesen vermeinte der Frankepan ein Treffen zu thun: aber jener wolte sich dazu verstehen; noch / mit einem so glücklichen Feld-Obersten / einen Haupt-Streich wagen; sondern schlug eine Brucke über die Drav / und retirirke sich / mit seiner Armee. Hierauf legte sich Frankepan vor Warasdin / und zwang die Stadt zur Ubergabe. Das Schloß hielt sich doch noch / und that scharffe Gegenwehr: also / daß er selber einen tödtlichen Musqueten-Schluß bekam / und nachdem er zuvor / mit einer herzhafften Rede / die Generalität ernstlich ermahnt hatte / daß sie dem Könige Johannes treu verbleiben solten / auch alle und jede / die er etwan mögte beleidigt haben / um Verzeihung gebeten / gar großmütig und Christlich sein Leben beschloß. Durch dieses tapffren Manns Tod / verlohr König Johannes eine treffliche Stütze seines allbereit gesunkenen Glücks; daher sein baufälliger Kriegs-Stand nunmehr gar zu Bodem fiel. Dann nachdem dieser Frankepan / als das Haupt besagter Armee / weggenommen war / fielen auch die übrige Glieder solches militarischen Körpers voneinander / und alle Völker verlieffen sich. Worauf Graf Battiani alle die Magnaten in Croatien / und da herum / mit leichter Mühe / ausbenommen den Johannes Banfy / und den Bischoff Simon von Zagram / auf Königs Ferdinandi Seiten wendete: welche beyde / aller Gefahr ungeachtet / vom Könige Johannes / ob schon derselbe ein verjagter Exulant war / durchaus sich nicht abreissen lassen wolten.
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Nachdem also überall / beydes in Ungarn und Croatien / der Johannitische Anhang gedämpfft: zoch der Cazianer hin vor Zips / als deß Königs Johannis / und seines Stamms / Erb-Sitz / und brachte es / fast mit dem ersten Stücken-Gruß / in seine Gewalt. Hernach galt es Trentschin: darinn eine starke Besatzung lag / und durch ihre starke Gegenwehr die Hoffnung der Einnahme mächtig schwächte. Zuletzt ist doch / von dem Feld-Zeugmeister / durch Feuer-Einwerffen / das Schloß in den Brand gebracht / und nachdem hiedurch etliche Pulver-Thürne / mit Verletzung vieler Leute / in die Lufft gesprungen / getrieben worden / einen Accord zu bitten. Nach dem Ubergange dieses festen Platzes / folgten viel andre / zu beyden Seiten deß Waag-Stroms ligende / Oerter solchem Exempel / und demütigten sich unter Königs Ferdinandi Gewalt. Unter solchen Kriegs-Flammen deß Königreichs Ungarn / spielten die Türken / wie die Diebe und Rauber / welche aus andrer Leute Schaden ihren Gewinn suchen / und die brennenden Häuser bestehlen und berauben. Sie belagerten Jaitz / und weil der Commendant verzagt war / kam es / durch unverantwortliche Ubergabe / in ihre Hände / zoch auch unterschiedliche Oerter mehr nach sich. Auf solche Weise verfiel diese Haupt-Festung von Bosnia / zu grossem Nachtheil der Christenheit / unters Joch deß Türkens. Welches hernach König Johannes / in einem Schreiben / an die / zu Regensburg versammlete / Reichs-Fürsten / dem Römischen Könige / Ferdinand / mit ziemlich-scharffen und harten Worten / geziehen: da er doch vielmehr selber / durch seinen Ehrgeitz / zu solchem Jammer die grösseste Ursach gegeben / auch nachmals / durch Beruffung der Türken / ganz Ungarn verrathen / und die ganze Christenheit in höchste Gefahr gebracht. So wirfft gemeiniglich der Allerschuldigste die Schuld auf andre. Wie manche / wann sie / aus verdammtem Ehrgeitz / ein Blut-Bad / oder gemeiner Christenheit einen merklichen Schaden von Türken und Tartarn zugerichtet / greiffen in Pilatus Hand-Becken / um sich für rein und unschuldig an dem Blut so vieler tausend Christen zu erklären! ohnangesehn sie selbst die rechte Aufwiegler deß Erb-Feindes sind / welche nicht nur die Hände / sondern auch Herz und Gewissen / mit dem Blut vieler tausend Christen / aus gewissenloser Ehrsucht / beflecken. Wie schön König Johannes / unter seinen militarischen Anschlägen / die Sicherheit deß Christlichen Erdkreises habe in Betrachtung gezogen; hat sich / über ein Jahr hernach / weltkündig entdeckt. Dann nachdem er / die Zeit über / in Polen / von vielen Polnischen Herren / in seinem Exilio, besucht / und so höflich bedienet worden / daß seine Hofstatt kein geringers Ansehn daselbst gehabt / als vorhin in Ungarn; hat einer / unter denselben / nemlich der Siradiensische Palatin (oder Weywod) Namens Hieronymus Lascus (oder / wie ihn der de Rewa nennet / Laskius) ein so wol in Kriegs-als Staats-Sachen / hocherfahrner und trefflich verschmitzter Mann (rechter zu sagen / eine gifftige Otter in den Busem der Christenheit) diesen Ahitophels-Rath ertheilt / daß er / weil ihm je / weder von dem Rö [83] mischen Käiser / Carl dem Fünfften / als gegen dem er sich beklagt hatte / noch vom Papst Clemens / und vom Könige Franciscus in Frankreich / noch von den Venetianern / als die / ob sie gleich eine Allianz mit ihm gemacht / und ihre Freundschafft und Beystand angetragen hätten / dannoch einer fremden Gefahr bishero jeder Zeit / mit müssiger Hand / zuzuschauen gewohnt wären / keine Hülffe wieder fahren würde / er den Türkischen Großherrn / Solimann / durch einen Abgesandten / mit demütiger Bitte / um hülfflichem Beystand anflehen solte: Dann / in selbigem Ottomannischem Fürsten / wohnete ein hoher Geist / und grosser Mut: und ob er gleich / in der Religion / von uns unterschieden / wäre er doch von so trefflicher Art und Manier / daß ihn ohne Zweiffel sein betrübter Zustand zum Mitleiden bewegen / und auf seine Seite ziehen würde; so man ihm / nebst Anlegung fleissiger Bitte / einen jährlichen Tribut verspräche: Gestaltsam man dessen / an denen Fürsten in der Walachen und Moldau / gar klaren Beweis hätte: die er / der Solimann / für seine Vasallen und Schutz-Ergebene / aufgenommen / und nach ihren Gesetzen leben liesse / wann sie ihm nur den gesetzten Tribut erlegten. Dieser böse Rathgeber bot überdas seinen Dienst dazu an / und versprach / woferrn es dem Könige Johannes gefiele / wolte er zu solcher / obgleich schweren und mühsamen Gesandschafft / sich selbsten gebrauchen lassen / und dieselbe / so viel an ihm / zum gewünschten Ende hinaus führen. König Johannes bedankt sich gar sehr / und bittet eine kleine Bedenk-Zeit / zu seiner Entschliessung. Nicht lange hernach / lobt er den Vorschlag / und trägt diese Legation dem Lasco auf / mit Verheissung ansehnlicher Erkenntniß und Vergeltung / im Fall ein glücklicher Ausgang darauf erfolgte. Also wird besagter Laskius / mit benöthigtem Reis-Gelde / und einer Supplic an den Suldan / wie auch unterschiedlichen Presenten für die fürnehmste Türkische Ministern / versehn / und ihm die Sache / vom Könige Johannes / beweglichst empfohlen. Man will / Johannes sey anfangs darüber an- und im Zweiffel gestanden / ob er den gegebenen Rath vollziehen wolte / oder nicht? Dann es schien noch wol Bedenkens werth / sich / mit dem allgemeinem Christen-Feinde / so weit einzulassen / demselben / zu künfftigem Einbruch in die Christenheit / eine so weite Thür aufzuthun / und ihn / für die Wieder-Einsetzung ins Reich / für seinen gebietenden Oberherrn zu erkennen / ein König und zugleich Knecht zu seyn / einem so gewaltigem Tyrannen sich zu unterwerffen / der nachmals / um leichter Ursach willen / den Unterworffenen wieder verwerffen / und einen andern an die Stelle setzen; oder die beste Festungen deß Königreichs / wo nicht gar das ganze Königreich / für sich selbsten / behalten könnte. Wie / nach dem Tode Johannis / auch würklich geschehen: Indem Solimann Ofen / und andre Plätze / mit seinen Völkern / besetzt / und ihm selbsten zugeeignet. Weil aber vorerwehnter Massen / die leidige Ehrsucht ihm nach Polen das Geleit / und in seinen Rathschlägen gemeiniglich den Ausschlag gegeben: hat er endlich / auf ihr Einblasen / alle andre Betrachtung hindan gesetzt / und dem Rath deß Lasci zu [84] gehorchen beschlossen; soll aber / wie etliche schreiben / solchen Schluß / mit einem fast traurigem Blick / demselben angezeigt haben / und zwar / mit Einmischung dieses Virgilianischen Verses: Flectere si nequeo Superos, Acheronta movebo: Kann ich die Himmels-Schaar / zur Hülffe / nicht bewegen; Will ich die Höllen-Rott' / auf meinen Zweck / erregen. So bald Lascus seine Vollmacht und Instruction weg hatte; fand er gar bald Constantinopel / und daselbst den Ludwig Gritti / deß Venetianischen Herzogs / Andreä Sohn / welchen derselbe / von einer Constantinopolitanerin / erzeugt hatte / und welcher die Türkische / als seine Mutter-Sprache / trefflich-wol redete / dazu dem Groß-Vizir / Ibrahim / sehr angenehm / und dem Groß-Türken selbsten nicht übel befohlen war. Mit diesem / der damals zu Pera / unfern von deß Laski Herberge / wohnete / stifftete er / durch Geschenke / Kund- und Freundschafft / eröffnete ihm hernach / in Italiänischer Sprache / den betrübten Zustand Königs Johannis / für welchen er Hülffe zu suchen anhero abgeordnet wäre. Sie gingen hierauf beyde mit einander hin / dem Ibrahim aufzuwarten / disponirten denselben zuförderst / mit Presenten und Gaben / wovon / bey den Türkischen fürnehmen Ministern / am sicherst- und nachdrücklichsten der Rede Eingang gemacht wird / und ersuchten ihn / um Befördrung dessen / was König Johannes / bey der Ottomannischen Pforten / suchte. Nachdem dieser / mit dem Lasko / drey Tage über / Conferenz und Rath gepflogen; hat er denselben / zum Suldan Solimann / hinein geführt: der ihn angehört / und hernach an den Divan (oder Reichs-Rath) verwiesen: darüber Ibrahim / als Groß-Vizir / der President war. Daselbst brachte er / empfangener Anweisung gemäs / die Sache kurz / doch aber zierlich vor; als unterdessen Suldan Solimann / von oben herab / durch ein kleines Fensterlein schauete / und zuhörte. Der Einhalt solches Vortrags war dieser: Daß König Johannes / unbilliger Weise / aus seinem / durch rechtmässige Wahl erlangtem / Reich verjagt wäre / solchem nach / zu dem Suldan Solimann / und der Ottomannischen Pforten / als zu einem großmächtigsten Monarchen / und rühmlichsten Aufrichterin der unschuldig-Niedergedruckten / seine Zuflucht setzte / mit demütiger Bitte / sich seiner / mit Hülffe und Beystand / gnädigst anzunehmen; als der sich hiemit / in deß hochmächtigsten Türkischen Käisers Schutz / für einen Vasalln / ergäbe / und denjenigen jährlichen Tribut / welchen derselbe ihm würde auflegen / gehorsamst zu erlegen / erbötig wäre. Es überkam auch benamter Gritti / in denselbigen Tagen / treffliche Bequemlichkeit / dem Suldan die Sache Johannis aufs beste zu empfehlen / als derselbe ihn hatte lassen holen / daß er ihm etliche Perlen und Edelgesteine / worauf Gritti sich sehr wol verstund / schätzen mögte. Nicht lange hernach wird endlich König Johannes / auf Gutachten deß Divans / und ernstlichen Fleiß deß Groß-Vizirs / Ibrahim / in Schutz aufgenommen / und Solimanns Vasall genannt / auch dar [85] auf beschlossen / daß gegen künfftigen Frühling / ihm eine Armade zu Hülffe gehn solle / und ihn in sein Königreich wiederum einsetzen. Tribut ward ihm / zu der Zeit / annoch nicht aufgelegt. Laskius / als der Abgesandte / ist / mit einem Gold-gewürktem Rock / beschenkt; hernach / von dem Groß-Vezir / Ibrahim / und andren Regierungs-Räthen / gastirt / und damit / zur Heimkehr / erlassen worden. Was den Solimann hauptsachlich und am meisten / zur Beschützung deß Johannis / bewogen hat / soll dieses gewest seyn / daß ihn die Macht Käisers Carln deß Fünfften / und dessen Herrn Bruders / Königs Ferdinandi / sorgfältig gemacht / und in Furcht gesetzt / es dürffte dem Ottomannischen Reich eine Gefahr erwecken / daferrn Ferdinand / über das allbereit besitzende Königreich Böhmen / noch das Ungarische dazu erhielte; sintemal das Orientalische Käiserthum gar leicht einen Anstoß leiden könnte / so Käiser Carl die Türken / zu Wasser / König Ferdinand sie aber / zu Lande / aus Ungarn und Bulgarey / angriffe. Es soll auch die Legation Königs Ferdinandi an den Türkischen Suldan dem Gesuch deß Johannis einen grossen Nachdruck / und / beym Groß-Türken / einen hefftigen Eifer entzündet haben. Dann bevor Lascus von Constantinopel abreisete / gelangen zween Gesandten daselbst an / von besagtem Könige: deren einer ein geborner Ungar / der andre ein Teutscher war. Dieselbe hatten Befehl / den Solimann / um Freundschafft und Stillstand / zu ersuchen / und demselben zu erklären / wie König Ferdinand / zu der Ungarischen Kron / viel besser / und zwar doppelt / berechtiget wäre. Der Ungarische / so das Wort führte / war ein aufgeblasener Trutz-Kopff / und darum den Türken gar nicht angenehm: welche / von den Christen / keine stolze Reden leiden können / sondern so wol in den Worten und Geberden / als in den Werken derselben / eine demütige Manier erfordern: als die selbst sehr stolzmütig / gähzornig / und Ehrgeitzig sind / deßwegen sie sich / über den Stolz andrer Leute / desto leichter entrüsten: wie zwey bauchichte dünne Gläser / wann sie einander ein wenig hart berühren / alsofort brechen. Jetzgemeldter Ungar / Namens Obertantz / soll / nach dem man ihn zum Solimann hinein geführt / sein Gewerbe so hochmütig vorgetragen haben / daß dem Suldan / welcher gar zarte Ohren hatte / die nichts Rauhes noch Hochtragendes gewohnt waren / der Mut darüber von Zorn mächtig aufgeschwollen: Angemerkt / er den Stillstand und die Freundschafft deß Solimanns / mit dieser Bedingung / begehrt hat / daß der Suldan alle dem König Ludwig / dessen Schwester dem Könige Ferdinand vermählt wäre / abgenommene Oerter / und zwar insonderheit Griechisch Weissenburg zuförderst wieder abtreten müste / woferrn er wolte / daß sein König den Stillstand halten solte. Wir Teutschen sagen zwar sonst / ein Wort sey kein Pfeil; aber / vor den Ohren eines zorn- und hochmütigen Tyrannen / findet solches Sprichwort nicht Platz: dann allda kan ein unbedachtsames Wort gar leichtganze Felder voll Pfeile [86] und Sebeln verursachen. Man muß daselbst der Erinnerung deß klugen Tugend-Lehrers / Sirach / nachgehn / seine Worte mit der Goldwage abwägen / und weder zu viel / noch zu wenig / weder zu kleinmütig / noch zu hochmütig / reden; so man seinem Principalen nichts / zum Nachtheil / reden will. Das gab sich (nach Isthuanfii Beglaubung) bey selbiger Begebenheit / augenscheinlich zu erkennen / und ein Beyspiel / daß hitzige Köpfe / in Gesandschafften / offt mehr Schaden / als Nutzen / schaffen / und die Ruhe / oder Wolfahrt eines ganzen Reichs / vielmals guten Theils / einem Legaten auf der Zungen sitze. Dann Sultan Solimann erbitterte sich dermassen über die Rede dieses Manns / daß er nunmehr bey sich allerdings fest stellete / den König Johann wiederum einzusetzen; hingegen den König Ferdinand / aus dem Besitz deß Königreichs Ungarn / mit gewaltiger Macht zu vertreiben. Dem Obertantz gebot er / von Stund an aus seinem Gesicht und Reich zu weichen / nebst angehengter Bedrohung / er gedenke / nechsten Frühlings / mit einem Kriegsheer nach Ofen sich zu erheben / und dem Ferdinand mit fliegenden Fahnen zu begegnen: würde als dann derselbe das Feld behalten / und ihn niedermachen; so könnte er hernach der Schlüssel nicht allein zu Griechisch-Weissenburg / sondern auch zu allen andren Schlössern / leicht habhafft werden: Träffe er ihn aber nicht an zu Ofen; wolte er weiter / bis nach Wien / ziehen / und ihn daselbst aufsuchen. De Rewa schreibt / er habe gesagt: Er wolle die Schüssel / zu denen wieder geforderten Oertern / an den Hals henken / und in kurzem mit sich in Ungarn bringen / das solte dem Könige Ferdinand versprochen seyn. Mehr / als froh / war Lascus / über die schlechte Verrichtung seines Gegen-Werbers; sein ungewissenhafftes Herz tantzte ihm im Leibe / vor Freuden / daß der Obertantz den Tanz am Türkischen Hofe verderbt / und / an statt gesuchter Freundschafft / die Androhung der Feindschafft erhalten hätte; zoch derhalben noch eins so frölich / als hingegen jener voll Unmuts / 15 davon. Dieser Obertantz / dem / nach seiner Lection / und Pfeiffen / der Suldan so gar nicht tantzen wolte / ist vorhin ein Rittmeister / und sehr resolvirter Kriegsmann / aber mit besseren Fäusten / als Lippen / begabt gewest / hat besser reiten / als reden können: wiewol ihm nicht so sehr die Fertigkeit / als die Fürsichtigkeit / im Reden / gemangelt. Er hat / vor der Zeit / mit dem Sebel / sonderbare Ehre eingelegt; indem er / mit einem Türkischen Aga / der hernach Bassa zu Ofen worden / sich in einen Zweykampf begeben / Schild / Pantzer / und Helm abgelegt / und / so wol / als sein Gegen-Streiter / deß Sebels allein sich gebraucht. Da dann / nachdem sie einander beyde sehr verletzt und paragraphisirt / ihm doch endlich jener den Platz und Sieg lassen müssen. Daß es aber ein viel grössers Kunst-Stück sey / die Zunge wol zu führen / dann das Schwert / davon hat seine Legations-Verrichtung ein Beyspiel gegeben / wie jetzt erzehlet worden.
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Es hat aber dieser Obertantz nicht allein / mit seiner ungesaltzenen Zungen / dem Königreich Ungarn den Frieden / oder Stillstand / sondern endlich auch ihm selbsten / durch ein böses Fürnehmen / den Hals vertantzt / und ein schmählichs Ende genommen: Angemerkt er / nachdem König Johannes allbereit wieder eingesetzt war / den meuchelmörderischen Anschlag gefasst / zu Ofen denselben umzubringen: wiewol man nicht weiß / ob er / auf Anstifftung andrer / und Hoffnung eines versprochenen Lohns / oder aus selbst-eigner Bewegung / solches vorgenommen. Weil er aber in Verdacht gekommen / und man / in dem Ermel seines Rocks / einen Dolchen gefunden: ist er ergriffen / in einen Sack vernähet / und in die Donau geworffen worden. Lascus kam / nach seiner unselig-glückseligen Legations-Werbung / wieder zum Könige Johannes / mit der ihm / und seinen bösen Rathgebern hocherfreulichen / der Kron Ungarn aber höchst-verfänglichen Zeitung / daß ihm seine Commission und Handlung am Groß-Türkischen Hofe / gewünschter Massen von statten gangen / und er alles erhalten / was ihm aus zuwirken aufgetragen wäre. Das war auch die leidige Warheit. Dann Sultan Solimann / der grosse Welt-Schreck / hat ihn / mit diesem endlichem Bescheide / zurück gefertigt / er wolte / mit einem Kriegsheer / aufs Vor-Jahr / in Ungarn ziehen; daselbst solte König Johannes ihm / in den Mohatzischen Feldern / welche unlängst von der geschlagenen Ungarischen Armee so viel Christen-Bluts gesoffen / und den jungen König Ludwig / durch seiner tollkühnen Ungarn thörichte Hitze / in einen erbärmlichen Tod gestürtzt hatten / nur entgegen kom̅en / oder anderswo oberhalb Ofen: für das Ubrige / wie er nemlich mögte wiederum in sein Königreich her- und fest-gestellet / und zu Ofen auf seinen Königlichen Stul gesetzt werden / solte er nur ihn / und seinen Sebel / sorgen lassen. Und was den vertriebenen König noch mehr versicherte / war dieses / daß bemeldter Groß-Tyrann ihm / bey dem Lasco / einen Brief geschrieben / darinn er die Erklärung that / er hätte ihn / als einen Bruder / in seinen Schutz und Schoß aufgenommen; wolte ihn auch / wider alle und jede / wissen zu vertheidigen. König Johannes / der diese Botschafft mit so verzuckten Sinnen anhörte / als ob sie / durch einen Engel vom Himmel / verkündigt würde / schenkte dem Lasco / für seinen geleisteten treuen Dienst / das Schloß Dunavetz / so am Fluß Poprad stehet / welcher aus dem Carpatischen Gebürge entspringt / und dem Polnischen Haupt-Strom / nemlich der Weixel / zuwandert / auch denselben bey Cracau antrifft / und durch seinen Einfluß vergrössert; imgleichen die Stadt Käsmark: die so wol / als erwehntes Schloß / im Zipser-Lande gelegen. Hat also König Johannes diesem Polnischen Weiwoden sein / an der ganzen Christenheit begangenes / Verräther-Stücklein viel reichlicher vergolten / als die Hohenpriester dem Judas seinen Verrath an dem HErrn der Christenheit. Dann obgleich Lascus / und andre / welche / zu- und nach seiner Zeit / den Türken also mit ins Spiel gemengt / fürnehme Herren; haben sie doch damit gemeiner [88] Christenheit ein übles Spiel angerichtet / und können solches / mit dem Vorwand / daß man sie / durch Verfolgungen / dazu gezwungen / nicht rechtfertigen: sintemal / kein rechter Christ / durch deß Satans Kreaturen / und abgesagte Feinde Christliches Glaubens / mit Gefährung allgemeiner Sicherheit deß Christenthums / und Stärkung deß Reichs deß Teuffels / nemlich deß Mahometischen Anti-Christs / seinen Staat zu versichern sucht; sondern lieber Lieb und Leben / und alles Zeitliche / verliert / als / daß er / durch Herbeyziehung der Türken und Tartarn / soviel tausend Christlicher Bluts-Tropffen dem barbarischen Schwert / und gleichfals unzehlichviel Christen-Seelen / so darüber hernach / in ihrer harten Gefangenschafft / zur Mahometischen Verdammniß / entweder geschreckt / oder verlockt werden / seiner Rache / oder Ehrsucht / aufopffre. Es hat zwar König Johannes vorzuwenden pflegen / er wäre der erste nicht / der deß Türken Hülffe gesucht; der König in Frankreich / Franciscus der Erste / hätte es auch gethan; darum könnte mans ihm auch nicht verdenken / daß er solchem Exempel folgte: dann einer Kron und Zepters so unbillig beraubt werden / wäre ein unerträglicher Schmerz / und Ursache genug / daß man sich / mit Türkischen Waffen / wehrte / und das Entzogene wieder an sich brächte: Aber ob eines grossen Königs Exempel / vor dem grossen allgemeinen Welt-Richter / jemanden nur Entschuldigung gereichen könne / wird man dort sehen. Zu weisen aber / wie leicht / aus einem so üblen Exempel / bald mehr erwachsen können / will ich folgendes welches sonst bey diesem Kriege nicht / sondern hernach erst / vorgegangen / hiebey mit anhenken. Sein Sohn / Johann Sigismund / der hernach Fürst in Siebenbürgen worden / hat sowol diesen Sinn / als die Gestalt deß Vatters / geerbt / und in einem scharffen Antwort-Schreiben an den Baron von Schwendi / Käisers Maximiliani / deß Zweyten / Generaln / unter andern diese Drau-Zeilen gesetzt: Se ejus injuriis provocatum, ac vindictae cupidine flagrantem, jurejurando denuntiare, quod non solùm Turcarum & Tartarorum feras & immanes nationes, Christianiq???ue nominis hostes, sed ipsos etiam cacodaemones & furias infernales, aut si quid tetrius infestiusq???ue dici aut reperirij queat, adversus ipsum & Caesarianos concitaturum, atrocesq???ue poenas de iis, veluti concordiae pacisq???ue contemtoribus, sumturum; Deos autem immortales, ac homines omnes palam testari, se nec exitiales ejusmodi belli, nec caedis ac sanguinis innoxiorum hominum causas praebuisse; sed eos, qui superbo & obfirmato animo, ruptis aequissimis foederibus, ac impiè proculcatâ pace, priores bellum atque arma inferre non dubitâssent: Weil er / von ihm (dem Lazarus Schwendi / als Käiserlichen Feldherrn / und dessen unterhabenden Armee) durch unbillige Gewalt und Beleidigung dazu gereitzt würde; wolte er / aus einem billig-entbranntem Rach-Eifer / ihm hiemit andeuten / und schweren / daß er nicht nur Türken und Tartarn / wilde und unmenschlich - grimme Völker / und [89] Feinde Christliches Namens; sondern auch die bösen Geister / und höllische Unholdin̅en selbst / oder so sonst noch was abscheulichers / feindseligers / und grausamers gesagt oder erfunden werden könnte / wider ihn / und die Käiserliche erregen / und die / als Friedens-Brecher / ärgerlich tractiren: Er bezeuge aber / vor dem ewigen GOtt / und vor jedermann / offentlich / daß er / weder zu solchem verderblichem Kriege / noch zu dem Blut und Tode so vieler unschuldiger Leute / Ursach gegeben; sondern diejenige solches gethan / die aus lauter Hochmut und Frevel die allerbilligste Friedens-Bedingungen übergangen / den Frieden gottloser Weise gebrochen / und von neuem die Feindseligkeit wiederum anzufangen sich nicht gescheut hätten. 16 Aber der ungewissenhaffte Fürst hat GOtt fälschlich zum Zeugen geruffen: sintemal er freylich dazu Ursach gegeben; indem er dem / zwischen dem Käiser und ihm / bey Erdödi aufgerichtetem Friedens-Vergleich gar nicht nachgelebt / noch die festen Oerter Munkatsch / Hust / und andre / wieder abgetretten / überdas auch / auf Einspeyung Casparis Bekesii / von neuem die Türken / wider den Käiser / in den Harnisch gereitzt: nachdem ihm gemeldter Bekesius / welchen er nach Constantinopel hatte abgesandt / eingebildet / er hätte / durch seine Verrichtung beym Groß-Türken / ihm eine Kron auf sein Haupt gesetzt / und so viel zuwegen gebracht / daß hinfüro seine Herrschafft / bis an Preßburg und an die Donau / reichen würde. Worauf dieser Johann Sigismund / von dem allbereit getroffenem Vertrage / wieder abgesprungen / und an den Käiser andre gar hochmütige Fordrungen gethan / die ihm / in allen Gnaden / abgeschlagen / und darauf / weil man sichere Kundschafft eingenommen / daß er / mit dem Bassa von Temeswar / und andren Türkischen Grenz-Officirern / neue Anschläge schmiedete / die Belägerung Munkatsch vom Schwendi resolvirt worden. Bald hernach / ist auch Solimannus / mit einer grossen Menge Kriegs-Leute / abermal (und zwar fürs letzte) in Ungarn geruckt / und hat / nebenst andren Plätzen / die fast unüberwindliche Festung Sigeth / durch Feure / bezwungen; hingegen dieser Siebenbürgische Fürst / Johann Sigismund / mit einer besondern Armee / dabey viel Türkische Völker sich befunden / in Ober-Ungarn / wider den Käiser den Krieg erneuert. Wiewol er es nicht übrig lange mehr angetrieben: sintemal GOtt ihn / im zwey und dreissigsten Jahr seines Alters / und also in der Helffte einer Tage / hinweg gerissen / vor sein ernstes Gericht. Da dieser Fürst / der endlich auch zu der Arrianischen Erz-Ketzerey gefallen / und darinn verschieden / besorglich einen schweren Stand gehabt / und künfftig / bey dem allgemeinem Welt-Gericht / einen noch härtern haben wird. Zum Vorurtheil deß Göttlichen Mißfallens an solcher verrätherischen Türken-Einführung / kan auch dieses wol gereichen / daß / mit ihm / sein Stamm / nem [90] lich das Haus Zapoliaj / aufgehört. Ist also / an seinem Vatter / dem Könige Johannes / der Vers wahr befunden: De malè quaesitis non gaudet tertius haeres: Das / was / mit Unrecht / ist genommen / Muß auf das dritte Glied nicht kommen. Dann derselbe hat anfangs / mit Schmiralien / etliche Stimmen / zu seiner Wahl / erkaufft / und sich zur Königlichen Hoheit ehrsüchtig eingedrungen; hernach / da Ferdinandus ihn vertrieben / sich / damit er die verlorne Kron wieder bekäme / an den Türken gehenkt; doch gleichwol dieselbe / auf seinen Sohn / nicht bringen können. Diese kurze Erzehlung von dem Fürsten Johann Sigismund / springt zwar dem hiernächst-folgendem weiterem Verlauff / der Zeit nach / weit vor / und gehört eigentlich / unter die Kriegs-Geschichte seines Vatters Johannis nicht: dannoch habe ich sie / wolmeinendlich und guten Bedachts / darum gleich mit ein- und angezogen / weil sie / zu dem morali, oder Sitten-Lehre dienet / daß man lieber was leiden / nachgeben / und weichen / als solche desperate Schlüsse ergreiffen / und die Unchristen wider die Christenheit aufreitzen / oder / um seiner eigenen Erhöhung willen / die Freyheit seines Vatterlands den Barbarn unter die Füsse werffen solle. Dann darum schreibt man Geschichte / daß die Nachwelt / an den üblen Erfolgungen / Endschafften / und Ausgängen übler Rathschläge / einen Warnungs-Spiegel habe / und den Schaden vergangener Zeiten zum Lehrmeister annehme / bey der gegenwärtigen Zeit dergleichen zu verhüten. Solches thun auch die besten und nützlichsten Historici, deren ich gar bald unterschiedliche zu nennen wüste / nicht selten: nemlich / daß sie bisweilen einiges Exempel / so entweder lange vorher / oder hernach / vorgefallen / mit einrücken / wann es mit dem / wovon sie hauptsächlich handeln / in Vergleichung kommt / und zu sittlicher Belehrung gereichen kan. Ich wende mich aber / nach diesem kleinen Ausschritt / wieder zu dem richtigen Historischen Verlauff. Indem Lascus so wol vergnügt heimzoch / ließ der Obertantz unterdessen / nach so schlechter Abfertigung / seinen Pferden keinen Erb-Kloß unter dem Huf erwarmen; sondern postirte / mit verhengtem Zügel / nach Wien: und weil er daselbst den König Ferdinand nicht antraff / als welcher damals zu Speyer / in Teutschland / an statt und im Namen seines Herrn Brudern / Käisers Carln deß Fünfften / dem Reichs-Tage präsidirte; eilte er ferner dahin / und deutete demselben an / was Solimannus für eine harte Antwort ertheilt hätte / und auf was für einen mächtigen Feldzug derselbe sich rüstete. Es erschien auch noch ein andrer hell-leuchtender Bot / am Himmel / welcher das grosse Unglück / so den Teutschen / fürnemlich aber den Landen Oesterreich / Steyer / Kärnten / und Crayn / nahe vor der Thür war / ankündigte und fürbildete; nemlich ein grausamer und erschrecklicher Schweif-Stern (oder Comet) Derselbe trat am 11. Octobr. (oder wie andre schreiben) am 11. Augusti 1578 sten Jahrs / [91] auf / um vier Uhr vor Tage / und funkelte dem ganzen Europa vor Augen; wiewol er nicht über fünff Viertheil Stunden stund. War sehr groß und lang / blutfärbig / oder gelb-roth / und anzusehen wie gleichsam ein gebogener Arm / der ein grosses Schwert in der Faust führte / und als wie zum Streich gezuckt wäre. An der Spitz- und Seiten deß Schwerts / sassen drey grosse Sterne / von welchen sich ein breiter Wolken-farbner gestreiffter Schweiff weit ausstreckte. Auf den Seiten erblickte man viel Striemen / in Form langer Spiesse / und viel kleine Schwerter darunter vermengt / in bleich-roter Farbe / wiewol mit nicht wenig feurig - hellen Flammen vermischt / darinn man / hin und wieder / viel grausame Angesichter mit rauhen Häuptern und Bärten zu sehen vermeinte. Diß alles zwitzerte und arbeitete sich durcheinander / als läge es in einem blutig-fliessendem Wasser: also / daß es über alle Massen grausam anzusehen war. Daher auch etliche Leute so hefftig darüber erschrocken / und sich dermassen darüber entsetzt haben / daß sie / bald hernach / krank geworden / und gestorben. 17
Es haben sich / zu unterschiedlichen Zeiten / etliche Gelehrte in der sonderbaren Meinung antreffen lassen / ein solcher Schweiff-Stern / weil er etwas Natürliches an sich habe / sey unter keine Vorzeichen zu rechnen. Welches Scaliger / Dudithius / Squarcialupus / Gassendus / wie auch / zu unsren Zeiten / der Franzos Petit / imgleichen der Lubienizki / und auch andere gar Gelehrte / vorgegeben. Derer tieff- und scharffsinnige Beweisthümern / von dem andern Theil / mit wigtigen / und / wie es scheint / bishero noch nicht gar aus dem Grunde gehobenen oder umgestossenen Gründen / wie auch hochansehnlichen Zeugnissen vieler Stern-Gelehrten / darunter Tycho Brahe selber / begegnet wird: Wobey man auch die traurige Erfahrung mit anzuziehen pflegt; bevorab / weil die Schweiff-Sterne deß 1618 ten und 1680 sten Jahrs gar zu Flammen-helle Zeugnissen abgestattet; als welche beyde unbeschreiblich-viel Jammers und Elends zur Nachfolge gehabt: wie dann die Leichfolge gemeiner Ruhe / deren der letzt-erwehnte gleichsam eine vorleuchtende Fackel gewest sey / noch kein Ende habe; da doch gleichwol die speciöse und wol-gefärbte Schlüsse / so man bishero noch / wider solche Vor-Botschafft obhandener grosser Verwüstung vorgebracht / so wol in der erschrecklichen Wasser-Flut / als / in dem Blut-Strom deß Kriegs / ersäufft / vieler Orten auch / samt den verbrannten Städten und Dörffern / eingeäschert wären. Welche Strittigkeit ich sie aber miteinander austragen lasse: wiewol ich der einen Parthey meinen Wunsch / der andern aber meine Sorge beyfüge. Obbemeldten Cometen wolte man damals / für einen bedraulichen Zorn-Wink deß Himmels / und Weissager grosser Blutstürzungen / ansehn: und ist nicht ohn / daß / bald hernach / der erbfeindliche Einbruch in Ungarn und Oesterreich darauf geschehen. Uber vorermeldte Nachricht deß Obertantzes / entsetzte sich der König nicht wenig: und weil / so wol aus der Feder manches guten Freunds / als aus dem ein [92] hälligem Bericht mancher Kundschaffter / die Gewißheit der starken Kriegs-Rüstungen dieses erschrecklichen und grausamen Feindes erfolgte; ließ er ihm / mit eifriger Sorgfalt / angelegen seyn / wie die Stadt Wien befestigt / und mit einer starken Besatzung versichert werden mögte. Bey den Ständen deß Römischen Reichs / gieng es desto langsamer zu / und viel saumseliger / weder eine so schreckliche Gefahr von dem / nicht allein der Kron Ungarn / sondern auch dem Römischen Reich / über dem Haupt hangendem / Türken-Sebel / erforderte: weil / eben um selbige Zeit / das Reich / durch den Religions-Streit / verunruhigt ward / wordurch das Mißtrauen / und die Zwietracht / als die Steine / daran sich alle glückliche Fortgänge / samt der Forderung gemeiner Angelegenheit / hart zu stossen pflegen / ziemlich-tieff begunnten einzureissen. Daher es / mit der Stadt Wien / ohne Zweiffel / übel abgeloffen wäre / wann nicht / durch sonderbare Schickung GOttes / Suldan Solimann / wider seine Gewonheit / dißmal etwas spät ins Feld gegangen / und man unterdessen zu Wien Zeit gewonnen / sich / zu Ausstehung einer Belagerung / recht zu bereiten / und mit gnugsamer Mannschafft zu versehen. Solchen seinen Verzug wollen etliche dem Groß-Vezir / Ibrahim / zuschreiben / der ihn listig dazu bewogen habe; sintemal seine Zunge deß Solimanns Zügel gewest / damit jener ihn / nach Belieben / zu lenken und zu leiten pflegen: und das habe bedeuteter Ibrahim / weil er den Christlichen Fürsten sehr gewogen gewest / also angeschickt und eingerichtet / daß dem Käiser Carl / und Könige Ferdinand / inzwischen / zu einer Gegenverfassung / nicht die Zeit zerrinnen mögte / noch die Wein-Stadt / in ihrer Unbereitschafft / von der grossen Kriegs - Flut deß Sultans / verschlungen würde. Solches scheinet auch nicht unglaublich. Dann das Geld findet allenthalben Freunde: und dem Käiser Carl lieferte West-Indien so viel Schätze / daß es ihm ein Geringes war / einem Türkischen Groß-Vezir einigen Vortheil / und heimliche Dienst-Erweisung abzukauffen. Massen es zuletzt / nach etlichen Jahren / dem Ibrahim / als Solimann gemerkt / daß er von ihm geäfft und verleitet wäre / seinen besten Hals gekostet. Wiewol dieses keine völlige Gewißheit / und die Hinrichtung deß Ibrahims auch wol / aus andren Ursachen / mag veranlasset seyn. Dann es kan ein Groß-Vezir seinen Kopf leicht / beym Groß-Türken / verscherzen: und wie ein solcher hoher Minister / unter allen andern deß Ottomannischen Reichs / die höchste Stelle in der Würde besitzt; also hat er gleichfals die höchste / in der Gefahr tödtlicher Ungnade. Die Fahnen auf den höchsten Thurn-Spitzen wirfft der Wind leichter / vom Auf-zum Niedergange / herum / weder die / so auf den Giebeln niedriger Gebäue sitzen: also stehen die grösseste und fürnehmste Befehlhaber eines Türkischen Käisers / und zwar vor allen andren am meisten die Groß-Vezirs / in der grössesten Unsicherheit Käiserlicher Gnade: Welche / weil sie / mit dem Winde / fast gleichen Bestand hat / auch gar leicht und offt diejenige / so von ihr erhoben worden / endlich wieder zu Bodem stürtzt. Und bekommen insgemein die Groß-Vezirs / von den Sultanen / einen solchen endlichen Lohn / wie [93] diejenige Thier-Meister / so einen grimmigen Leuen regieren / und den Anschauern zur Lust umarmen; dem endlich unversehens / einmal ihr Herz und Eingeweide / an den Klauen oder Zähnen / hangen bleibt. Ich vermeine aber / der gnädige GOtt habe es / nach seiner vätterlichen Vorsehung / also gefügt / daß der Tyrann hierinn so verzüglich gewest / damit er die Stadt Wien / als den Widerhalt seines barbarischen Einbruchs / und die Vormaur deß Römischen Reichs / nicht überwältigen mögte. Angesehn / auch bey dieser jüngsten (und GOtt gebe letzten!) Belägerung dieser Stadt / solche wunderbare Schickung und Obhut GOttes augenscheinlich hervor geleuchtet: als welche es / über aller Menschen Hoffen und Vermuten / also gerichtet / daß die Vor-Flucht / oder Retirade der Käiserlichen Armade der / mit keiner gnugsamen Besatzung versicherten / Stadt zur Erhaltung ger athen müssen. Dann so dieselbe / für der nachsetzenden grossen Türken-Macht / nicht gewichen / wäre nicht die Infanterie grössesten Theils / hineingelegt / und also die Stadt / wider eine so grosse Heers-Krafft / gar nicht bestand gewest. Weil ihm nun Solimannus so wol der Weile nahm; kamen unterdessen ungefähr sechzehen tausend Fußknechte / und zween tausend Reuter / der tapffersten und auserlesensten Mannschafft aus Teutschland / in Wien zusammen / ohn etliche Spannische Hauffen / so mit hinein gemarschirt / und mit ihrer Tapferkeit es schier allen andren zuvor gethan. Wiewol solches Teutsche und Spannische Volk nicht gleich / bey Solimanns Ankunfft in Ungarn; sondern / nachdem Ofen zuförderst an die Türken übergangen / allererst hinein gelegt worden. Indem nun Solimann / mit seinem Heer / so langsam fortschleicht / rüstet sich König Johannes zu Reise nach Ungarn / um dem Solimann entgegen zu ziehen: und bemühet sich / etliche Truppen aufzubringen / so ihn mögten begleiten: bey des damit er desto sicherer / und auch ansehlicher / könnte dahin ziehen / und / bey den Türken / nicht gar in Verachtung käme. Hiezu mangelte ihm aber eine gute Baarschafft / daren er gänzlich entblöst war / und deßwegen nicht wenig bekümmert. Er entliehe aber solche Werb-Gelder / und Ausrüstungs-Mittel / theils von den Polen / theils von denen Ungarn / so ihm waren nachgefolgt; und versetzte sein Gold- und Silber-Geschirr / imgleichen hochschätzbare Perlen und Edelgesteine / welche er / in der Flucht / hatte mit sich genommen / bey den Wucherern: Wie Isthuanfius schreibt. Dann der de Raewa gadenkt / es hätten so wol die Polnische Fürsten / als viele seiner Höflinge / in die Wette ihm Geld vorgestreckt; also / daß allerdings ein kurzweiliger Tisch-Rath / Namens Valentinus / von seinem gar geringem Vermögen / ihm zehen Ducaten gepresentirt / und dabey gesagt: Da / mein Herr König! gebraucht diß Wenige / zu eurem Nutzen: wann es einmal besser um euch steht / werdet ihr mirs / zu Ofen / mit Wucher / wieder erstatten. Welche Worte den König / als eine gute Vorbedeutung / gar lustig gemacht. Nachdem er also / mit grosser Mühe / ein Stück Geldes zusammen gebracht; hat er 2. Geschwader darfür aufgerichtet / machte Simonem Literatum, dem er / als [94] einem treuen Gefährten seiner Widerwertigkeit und Noth-Standes / am meisten vertrauere / zum Feld-Obersten: und gab ihm zu seine Leib-Squadron zu Pferde / die nicht sonders stark war; schrieb auch zugleich / in Ungarn / an den Stephanum Bathor / und andre / deren geheimer Wol-Wollenheit er sich versichert schätzte / daß sie diesem Simon / so viel Völker / als sie nur aufbringen könnten / beystossen / und seiner selbsten / weil er / mit nechstem / in Person folgen werde / unter dem Carpathischem Gebirge / welches Ungarn und Polen scheidet / gewärtig seyn solten. Simon zeucht also / nachdem er noch etliche Polnische Truppen an sich gezogen / in Ungarn: da sich bald unterschiedliche Ubel-Gesinnte hervor thaten / die / nebst einiger Reuterey / so bishero / von ihnen / auf eigenen Kosten / unterhalten worden / eine zimliche Anzahl Land-Volks zusammen rafften / und damit / an den bestimmten Ort / zu dem Simon kamen. Ob nun gleich diese zusammen-geloffene Hauffen kaum zwey tausend Mann ausmachten: versetzten sie doch der Reuterey Königs Ferdinandi einen schlimmen Streich. Dann weil der Ferdinandinische General / Stephan de Rewa, mit seiner Cavallerie / sehr unordentlich / und in grosser Verwirrung / auf sie los gieng / dazu auch die Spanische Squadron nicht erwartete; weil der Feind in seinen Augen sehr gering / und eitel Spreuer war: kam ihnen der Glaube in die Hand und an den Hals / daß derselbe / welcher seinen Feind gering achtet / sich selbsten verringere / und jenen hingegen um ein Gutes stärke. Dann sie wurden / ohne sonderliche Mühe / übern Hauffen geworffen / und getrennt: und hätten ihrer Wenige den Kopf behalten / wann sie nicht von den Pferden gesprungen / ihren Schild von sich geworffen / und den nechsten Wald zum Schilde erkoren: welcher ihnen so günstig war / daß die meisten / unter seiner Bedeckung / davon kamen / und theils nach Caschau / theils nach Eperies / oder andren nahen Städten / sich salvirten. Welches ihrer vielen gleichwol würde verboten seyn / daferrn die Uberwinder sich getrauet hätten / nachzusetzen / besorgende / sie mögten von den Spanniern / als alten und erfahrnen Soldaten / hintergangen / und ins Netz getrieben werden. Nachdem König Johann solche glückliche Action der Seinigen vernommen; schickte er sich nun auch zum Aufbruch / aus Polen. Er bedankte sich / gegen dem Tarnovski / für die höchliche Bewirthung / zum höchsten / und versprach / solcher Wolthat nimmermehr zu vergessen; ließ auch / in einer / dem Tarnovski zuständigen / Kirchen / einen schönen Altar / zur Gedächtniß seines Exilii / aufrichten / und denselben herrlich aufschmücken. Er ging hiernechst / in Begleitung seines Verführers / deß Lasci / gegen Lippa zu; nachdem er sich / mit den / von erst-erwehnter fleinen Vicotori heimlich aufgeblasenen / Truppen deß Simonis Literati, und Gothardi / conjungirt hatte. Daselbst versammleten sich zu ihm die meiste Hungarische Herren / um / zu seiner glücklichen Wiederkunfft in Ungarn / ihre Glückwünschung abzulegen. Unter welchen Glückswünschern / Johannes Banfy von Lidua / [95] Petrus Marcius / Graf von Poseg und Valconar / 18 und Johannes Tasi / Prior von Aurana / (welches eine ansehnliche Compterey / Johanniter-Ordens / in Illyrien / und damals ein Priorat der Rhodiser Ritter war) imgleichen der Bischoff von Zagram / Simon Erdöde / nebst noch andren mehren / herbey geflogen kamen: die alle noch bishero dem Könige Johann affectionirt verblieden; aber sich so lang still gehalten / bis ihnen das Gerücht / von seiner Wiederkunfft und Solimanns Ankunfft / einen Mut und Geist eingeblasen / sich wieder zu rühren. Gestaltsam sie gleich hierauf / mit einem zusammgerafften Hauffen / das Städtlein Montem Graecum (oder Griechen-Berg) so auf einem Hügel über Zagram ligt / darinn Graf Niclas von Turn / mit einer Besatzung / lag / belägerten: weil selbige Besatzung die ganze umligende Gegend bishero durchgestreifft / und so mit Würgen / als Rauben / gefährt hatte. Es lagen unter besagtem Grafen / taufend Spannische Fußknechte darinn / die lange / in dem Italiänischen Feldzügen / gedient hatten / und so manche Musqueten-Kugel / so manchen unfehlbaren Todes-Pfeiln schiessen kunten: dieselbe fielen offt aus / legten manchen Ungar und Polen schlaffen / und lachten ihre Belägerer nur aus. Nachdem sie aber gleichwol / einen ganzen Monat lang / die Einsperrung ausgehalten; wolten ihnen der einbrechende Hunger und Durst / mit der Zeit / das Gelächter vertheuren: darum schrieb der Graf an den Herrn Rauber / Bischoffen zu Labach / und Land-Vogten (oder Land-Hauptmann) in Kärndten / um Succurs an Volk und Proviand. Dieser schickte etliche starke Squadronen Teutscher Kürissirer / unter dem Teutschen General Pwar zu Lande; und siebentausend Fußknechte / nebst gnugsamen Proviand zu Wasser / den Sau-Strom hinab. Weil nun die Belägerende sorgten / es dörffte sich der Handel verkehren / und aus den Belägerern Belägerte / oder gar Niedergelegte / werden; begehrten sie deß Streichs nicht zu erwarten: sondern zogen ab / und tieffer in Sclavonien hinein. Jedoch damit man ihnen solches nicht / für eine zaghaffte Furcht / mögte ausdeuten; legten sie sich vor das Schloß Elisabeth / so auf dem Wege nach Esseck ligt / und dem Uladislao Moräo gehörte: welcher zwar neutral / aber um vielfältigen Raubs und Mords willen sehr verhasst war. An dieses Raub Nest warffen sie Sturm-Leitern / erstiegen und plünderten es aus. Ihnen solches zu vergelten / umgaben die Käiserliche Völker das Bischoffliche Schloß zu Zagram / beschossen es mit Quartier-Schlangen / weil ihnen grobe Stücke mangelten / und fingen auch an zu miniren. Aber Johann Vagoboritz / ein resoluter Kroat / und versuchter Soldat / minirte ihnen entgegen / und machte ihnen also ihre mühe vergeblich / dazu auch / durch Ausfälle / manchen stolzen Spannier caput. Aber weil ihnen die Lebens-Mittel / und Munition / samt den Kräff [96] ten / allgemach verschwunden; liessen sie / bey Nacht / einen Priester / am Seil / von der mauren hinab / mit Briefen an den Bischoff. Derselbe Priester kam auch glücklich wieder / mit brieflicher Antwort vom Bischoff / darinn sie / auf eheste und fordersamste Hülffe / vertröstet wurden; nemlich auf den starken Anzug deß Türken. Diese Botschafft verursachte / daß sie viel Freuden-Zeichen blicken liessen / und unter andren / auf der Kirch-Spitzen / eine alte weislechte Fahn aussteckten. Solches soll / wie de Rewa meldet / ein Teutscher Kundschaffter für ein Losungs-Zeichen aufgenommen / als ob die Türkische Völker albereit angelangt / und den Seinigen für gewiß angebracht haben: welche / weil sie vorhin schon solches geargwohnt / desto williger es geglaubt / und damit die Belägerung aufgehaben hätten. Isthuanfius aber schreibt / daß / obgleich die Belägerte Freuden-Schüsse gethan / dazu / mit Trompeten / Paucken / und Jauchzen / gefrohlocket; die Teutschen dessen ungeachtet / mit solchem Ernst / und Gewalt / die Bestreitung fortgesetzt / daß sichs gänzlich ansehn lassen / sie würden eher nicht davor weg / als bis sie es einbekommen: Weil aber König Ferdinand / vor allen Dingen / die Stadt Wien / versichert wissen wollen / daran ihm mehr gelegen war / nachdemmal er gewisse Kundschafft erhalten / daß der Türk / mit nechstem / dieselbe würde belagern; habe er / an den Grafen von Turn / wie auch an andre Teutsche / und Spannische Obersten / ernstlichen Befehl ergehn lassen / daß sie alles andre zurück stellen / auch dieses Schlosses Bezwingung / auf eine andre Zeit / verschieben / und unverzüglich / mit dem Kriegsheer / nach Wien eilen solten. Welches deß Orts Zagram grosses Glück gewesen: sintemal es sonst / ohn allen Zweiffel / noch übergangen wäre. Dann Solimannus disponirte seinen Feldzug so thörlich nicht / wie der neulichstrangulirte Groß-Vizir / Kara Mustafa / gethan: Er begehrte nicht seine Zähne an den Kern der harten Nuß zu setzen / bevor er die Schalen aufgebissen / noch den Rock eher anzulegen / als das Hemd; wolte nicht so gerade / auf Wien / angehen / ehe dann er Ofen / und theils andre Oerter / hinweg genommen. Es war das Getreide albereit eingeerndet / als er / mit einer mächtigen Menge Wolks / die Sau passirte / und in das Ungarische kleine Herzogthum Sirmium kam / so zwischen dem Sau- und Drav - Strom ligt / an einer Seiten auch die Donau / und also gleichsam ein Kleeblat von Flüssen in der Nähe hat. Von dannen marschirte er gegen Esseck / und passirte allda die Drav / über eine geschlagne Schiffbrücke / ohn einige Hinderniß / und feindliche Anfechtung / bis er die Mohatzische Gegend erreichte: welche man / so sie bergicht wäre / billig das Ungarische Gilboa zu nennen hätte. Daselbst zoch ihm König Johannes / in Begleitung deß Lasci / sechs tausend Mann / entgegen / wartete ihm auf mit demütiger Ehrerbietung / und köstlichen Presenten. Etliche / darunter auch der Joan B. de Recoles, in seinem Französisch-beschriebenen zweymal-belägertem Wien / befindlich / geben aus: Nachdem König Johann sich / und sein Königreich / dem Suldan zugehuldigt / ihn versicherend / es [97] würde die gesamte Ungarische Nation / mit ihren Truppen / zu den Seinigen gehn / um die Teutschen zu bekriegen / und ihnen den Hochmut zu vertreiben / hätte Sultan Solimann solche Anerbietungen zwar angenommen / doch mit einer solchen Manier / als ob er einen Abscheu für ihm hätte / und ihn vor seinen Augen nicht wol dulten könnte / weil er gewust / daß König Ludwig / durch seinen Betrug und Schalkheit / die Schlacht bey Mohatz / samt dem Leben / verloren / und daß er auch sonst viel schlimme Händel / im Königreich / destifftet hätte: Darum habe er ihn / den Johannes / gar kaltsinnig empfangen / und verpflichtet / sich von seinem Kriegsheer zu absondern / nur von fernen hintennach zu ziehen / und bey Ofen sich mit ihm zu conjungiren. 19 Aber dieses verhält sich / in etlichen Stücken / ganz anders. Dann daß Solimann den Johannes solte gehasst / und für deß zu Grund gegangenen König Ludwigs Verräther gehalten haben / ist im Grunde falsch. Johannes / damals Siebenbürgischer Weywod / hat / wie Isthuanfius beglaubt / je und je geprotestirt / daß er / an solcher Niederlage / keine Schuld gehabt; sondern vielmehr der böse und unbedachtsame Kriegs-Rath bemeldten Königs / welcher den guten Rath / den Johannes gegeben hatte / tollsinnig und freventlich verwarff / und der Conjunction deß heranmarschirenden Johannis durchaus nicht erwarten wollen. Hätte er so / zum eiligen Treffen / gerathen / wie der kühne Tomoräus / und andre Verwegene / gethan; so mögte man ihm / mit einigem Fuge / von selbiger Niederlage / etwas beymessen: weil aber König Ludwig seiner fleissigen Warnung nicht gehorchte / sondern sich viel zu früh in solche Beschaffenheit verwickelte / daß er ungetroffen nicht wol wieder zuruck kunte / auch doch deß ansehnlichen Succurses / womit Johannes albereit im Anzuge begriffen war / nicht erharren wolte: hatte er Niemanden / als seinen bösen Räthen / seinen Untergang zu danken. Was kunte auch Johannes dafür / daß König Ludwig / von seinem eigenen Pferde / im Lettich und Morast / erdruckt wurde? Ohn ist zwar nicht / daß / wie Isthuanfius gedenkt / etliche sich gefunden / so ihn damals schon / wegen geheimen Verstands mit dem Solimann / in Verdacht gezogen: Er setzt aber hinzu / solches sey ungewiß / und niemals davon etwas offentlich ans Licht gebrochen / auch von ihm / dem Johannes / da er albereit König gewest / verneint worden. Zweytens ist ebenwol irrig / daß Solimannus einen Abscheu für ihm / durch Abwendung deß Gesichts / solte bezeugt haben. Er gab (nach Beglaubung der glaubwürdigsten Scribenten) einen hochfürnehmen / und sehr gravitätischen / doch gleichwol freundwilligen Blick / richtete sich ein klein wenig auf von seinem Polster / und reichte ihm die rechte Hand / mit Versicherung / daß dieselbe treu / redlich / und tapfer / deßwegen auch allezeit kräfftig und vermöglich wäre / diejenige zu handhaben / so er in seine Freundschafft aufnähme; und daß ihm nichts Gewünschters / noch Bessers / von dem höchsten GOtt / könnte verliehen werden / [98] als dieses / daß er die Elenden / vorab solche / die von den Feinden mit unbilligem Gewalt bedrengt und gedruckt würden / aufrichten mögte: derhalben solte er / König Joannes / gutes Muts / und getroster Hoffnung leben: dann alles / was sein / deß Solimanns / Sebel würde gewinnen / wolte er ihm / aus freyem mildem Mut / alsobald überlassen. 20 Hernach ward ihm ein gewisser und bequemer Ort / im Lager / angewiesen / darinn er / nach seiner Ordnung / marschiren solte; beynebst auch eine Anzahl Janitscharen auf ihn bestellt / so ihn / wider alle Gewaltthätigkeit / solten schützen. Man verordnete gleichfals täglich mancherley Eß-Waaren und Victualien / für seine Küche / und Tafel / ein paar ausgeschundene Schafe / ein Gewisses an Zucker / Honig / und Wachskerzen deß Nachts zu brennen; alles ganz reichlich. Man setzte hiernechst den Marsch weiter fort / bis gen Ofen / mit einem Kriegsheer / welches Ortelius auf zweyhundert tausend / Leonclavius / in der von ihm herausgegebenen Peselischen Beschreibung Wienerischer Belägerung / auf dreyhundert tausend / rechnet. Isthaunfius gedenkt / es sey / von den meisten / auf hundert und funffzig tausend Türken geschätzt / von den Türken selbsten aber noch einmal so stark / nemlich dreyhundert tausend / wiewol fälschlich / ausgegeben worden. Unterdessen wisse man dannoch gewiß / daß / an streitbarer Mannschafft / kaum halb so viel / nemlich in allem nur etwan fünff und siebenzig tausend vorhanden gewest; die übrige Menge aber / in Troß-Buben / Bauren / und Kamel-Treibern / bestanden sey. Daraus unschwer zu erachten / daß eben so wol / bey der jüngsten Wienerischen Belägerung vorigen 1683. Jahrs / da man das Türkische Heer für zweyhundert tausend mann stark ausgeschrien / dasselbe an fechtenden Kriegs-Leuten (die Tartern aber / Siebenbürger / und Moldauer nicht mitgerechnet) schwerlich über sechzig / oder höchstens siebenzig tausend gehabt; so man anders die Vernunfft / und nicht den gemeinen Wahn / darum fragen will. Ehe dann aber dieses gewaltige Türken-Heer / vor Ofen / zu stehen kam / machte es Sultan Solimann fast eben also / wie dißmal in vorigem 1683. Jahr / der nunmehr strangulirte Groß-Vezir. Dann gleichwie dieser alles / mit Feuer und Schwert / zu vertilgen / drauete / was sich nicht an den Tekli ergeben würde; also ließ sich auch jener / durch offentliches Ausschreiben / bedraulich vernehmen / es solten alle die / so sich dem Grafen von Zips (nemlich dem Weywoden Johann) nicht unterwerffen / noch denselben für ihnen König erkennen würden / durch Feuer und Sebel ausgerottet werden: sintemal er / mit seiner Kriegs-Macht / sich / zu keinem andren Ende / anhero erhoben / als / denselben seiner Kron zu versichern: Daher alle diejenige / welche denselben für ihren König annehmen / und unterthänig respectiren würden / sich versichert halten könnten / daß sie / bey ihren alten Freyheiten / Privilegien / und Immunitäten / solten geschützt werden. Welche Bedrauungen so viel würkten / daß Fünffkirchen / Stuhlweissenburg / und Pest / samt [99] vielen andren / ohne Erwartung weitern Gewalts / vom Ferdinando abfielen / wie im Herbst das Laub / wann es durch einen starken Wind angebrauset wird. Wiewol es dergleichen Oertern nicht so hoch zu verübeln war; als die gar leicht erachten kunten / dieser Solimannische Blitz würde kein blosses Feld-leuchten bedeuten / sondern / im Fall sie sich widersetzten / gar bald ein schwerer Donnerschlag darauf erfolgen. Zu Ofen begehrte ein grosser Theil der Bürger dieser bösen Gäste Ankunfft nicht zu erwarten / zumal die Vermöglichsten: sondern flohen nach Gran / oder Weissenburg / oder Preßburg / und von dannen gen Wien / und theils derselben noch weiter hinauf. Also fand der Türk diß ansehnliche Nest ziemlich blos an Einwohnern: weil die fürnehmste und reichste Vögel waren ausgeflogen. Die Vorstadt gieng gleich über / da er sie kaum hatte gesehn: so machte auch die Stadt keine sonderliche Mühe; als die nur mit einer geringen Anzahl Teutscher Soldaten besetzt war. In der Stadt und Schloß lagen Thomas Nadasti / als Commendant / nebst dem Christoph Besserer / und Johann Traubinger / die zwo Compagnien unter sich hatten. Diese erschracken zwar über den geschwinden Volk-mächtigen Anzug deß Feindes / und hingegen über die Schwachheit ihres dagegen so geringen Häuffleins: welches sie auch / nach einiger tapfren Gegenwehr / nöthigte / die Stadt ihm zu überlassen / und sich ins Schloß zu retiriren. Selbiges war mehr für die Lust / weder gewaltsamen Ernst / von den alten Königen erbauet: dannoch wolten die Türken auch nicht gern etlicht wenig Bluts-Tropffen daren spendiren / oder es mit stürmender Hand gleich angreiffen: sondern fingen an / es zu untergraben / und beschossen es auch mit einer grossen Menge Kugeln. Etliche wollen / es hätte sich die Besatzung eine lange Zeit scharff und ritterlich gewehrt. Unter diesen ist auch Megiserus / welcher also davon schreibt: Weil die Türken das Schloß nun untergraben / und allenthalben mit Pulver zersprengen liessen; seynd die Landsknecht / ob solcher Rüstung (oder Bestreitung) trefflich erschrocken: weil sie diese Kunst nicht verstanden / und nicht wieder entgegen graben können: daher ihnen ihr Verderben fast vor Augen geschwebt. Dann es war das Schloß / Ofen / nur mit vier Fähnlein besetzt / und also / gegen dem Feinde / eine Hand voll zu rechnen / also / daß nicht so viel einzelne Personen drinnen waren / als die Türken tausend hatten. Noch hat Solimann / als er anfing zu stürmen / eilff gewaltiger Stürme davor verlohren / daß er vermeinet / es wären eitel Teuffel im Schloß. Als aber die Knechte müde und hellig waren / auch nicht mehr Proviand und Nothdurfft / auch von Niemanden einige Hülffe zu hoffen hatten: hielten sie / mit dem Türken / Sprache / und wolten das Schloß aufgeben / soferrn er ihnen das Leben zu fristen / und frey-sicher Geleit zu geben / mit ihrem Harnisch und Gewehr / sie sicher abziehen und passiren zu lassen / versprechen würde. 21
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Aber / bey glaubwürdigen Scribenten / lautet es anders / wie folget: Weil die Teutschen nicht / entgegen zu miniren / wusten; wurden sie bald kleinmütig und zaghafft: zumal / da sie sich auch / mit Stücken / nicht wehren kunten / und doch unterdessen wol merkten / daß ihnen alles Unglück nahe wäre. Derhalben gaben sie dem Feinde ein Zeichen der Ubergabe / und liessen sich mit ihm in Handlung ein; angemerkt etliche Türken die Teutsche Sprache verstunden. Solches wolte ihnen der Commendant Nadasti wehren / verbot es / bey scharffer Straff / und verwies ihnen ihre Zaheit und Untreu. Jovius meldet / er habe auch befohlen / sie solten die Stücke auf den Feind richten: da er doch / kurz vorhero / gesagt / sie hätten sich / mit Stücken / nicht wehren können. Derselbige Author schreibt / Nadasti habe ihnen einen schmählichen Tod gedrohet / woferrn sie nicht / wider aller Gefahr / stand-fest verbleiben / sondern die Reputation deß Teutschen Namens / und deß Königs Ferdinandi / von dem sie albereit den Sold genommen / und noch mildere Vergeltungen zu hoffen hätten / mit meineidiger Treulosigkeit beschimpfften: aber der Schwefel-Dampf deß / in den Minen schon angezündeten / Pulvers sey den Teutschen durch die Nasen gangen / und überdas / aus dem Hin- und Wieder-lauffen der Türken / von ihnen wol gemerket worden / daß alsofort ein Thurn würde übern Hauffen fallen: Durch die Furcht solcher Gefahr / wären sie wiederum zu dem Schluß der Accordirung gezogen / und mehr / von dem Schrecken für der gegenwärtigen / oder schier reiffen und augenscheinlich-erwartenden Niederlage / weder durch Scheuung einer schweren Straffe / oder durch Scham für einem so schändlichen Laster / oder durch Ehr-Furcht für dem so ansehnlichen Commendanten / bewegt worden: Weßwegen sie / als er ihrem Begehren / mit ernstlichen Worten / beharrlich widerstanden / und kurzum nicht drein willigen wollen / ihn angegriffen / und gebunden; damit ihm hiedurch gleichsam das Maul verbunden würde / und er ihnen ihr Vorhaben nicht vorrucken mögte: worauf sie auch alsofort / mit den Türken / einen Vergleich sicheren Abzugs / samt allen ihren Sachen / geschlossen hätten. Allein / in dieser Erzehlung deß Jovii / lautet dieses seltsam / daß die Teutschen / nachdem sie den Schwefel-Gestank deß / in den Minen albereit angezündten / Pulvers gerochen / noch so viel Zeit solten übirg gehabt haben / daß sie sich von neuem zum Accord miteinander verknüpffen / und den Nadasti binden können. Dann wann das Pulver bereits angebrannt / gibt es auch selbigen Augenblick den Schlag / und sprengt dasjenige / was es soll / übern Hauffen. Isthuanfius ordnet diesen Verlauff besser und glaubwürdiger / nemlich also: Nachdem die Türken albereit die Mauren gesprengt / und über den zerfallenen Hauffen heran gedrungen / der Commendant Nadasti aber / an einer Seiten / mit einem Theil der Kriegsknechte / ihnen den Einbruch gedisputirt; an der andren Seiten aber / die Teutschen / gegen dem andringenden Feinde einen harten Stand gehabt; hätten die Türken / mitten unter dem scharffen Gefecht / den Teutschen zu [101] geruffen/ woferrn sie nicht allesämtlich wolten deß Todes seyn / solten sie das Schloß aufgeben / und einen freyen Abzug / mit Leib und Gut / erlangen; und würde solches auch / vom Sultan Solimann / alsofort ihnen / mit eigenhändiger Unterschreibung / versichert werden: Wie nun die Teutschen hierauf den Mut geneigt / und solches eingehn wollen; habe sich Nadasti gewaltig darob entrüstet / ihnen ihre Zaghafftigkeit und Untreu unter Augen gestellt / und befohlen / man solte mit dem Feinde / durchs Geschütz / reden / und die Stücke demselben sein auf die Haut richten. Uber welchen Zuruff sie die Hand an ihn geleget / und ihm das nechste Gewölbe zu einer Gefängnis eigeräumt; bald hernach auch / mit den Türken / die Ubergabe verglichen. Hier auf musten sie / aus dem Schloß / weichen; wurden entwaffnet / und aller ihrer Sachen beraubt / hernach auf St. Johannis Kirchhof geführt; um daselbst / vom Sultan / einen Paß freyen und sichern Abzugs zu erwarten. Aber ihre Untreu ward / mit Treulosigkeit / bezahlt. Der Feind brach den Accord / und sebelte sie draussen / vor dem Thor / alle / bis auf etliche wenig junge Knaben / nieder. Ihrer wenige kamen doch noch / mit der Flucht / davon. Simon Schardius 22 zehlet der Entrunnenen auf die sechzig / welche nach Wien die Zeitung gebracht / wie es ihren Spießgesellen ergangen / die von den blutdurstigen Janitscharen gebunden / und ihnen hernach von denselben die Gurgel abgestochen worden.
Nach Jovii Bericht seynd ihrer siebenhundert gewest / und darum / auf deß Sultans Befehl / niedergehauen / weil sie an ihrem Commendanten so verrätherisch gehandelt: Dann nachdem dieser / von den Janitscharen / aus der Gefängniß hervor gezogen / und Solimann erfahren / was für ein Bubenstück die Besatzung an ihm begangen / habe er sie seiner Lindigkeit und Begnadung nicht werth gehalten / und / um solche Untreu zu rächen / sie den Janitscharn / zum Schlachtopffer / fürgeworffen; hingegen dem Nadasti eine Kriegs-Stelle / und ehrlichen Sold / angeboten / und / als er solches abgeschlagen / ihn freundlich von sich gelassen: wozu auch die Recommendation Königs Johannis etwas heholffen: Die Barbarn hätten zwar ihre / an der Besatzung verübte / unredliche That bemäntelt mit einem Tugend-Namen / und ihrem Suldan solche grausame Ordre / zu einem rühmlichen Justitz-Eifer gerechnet / vorgebend / ein Soldat müste seinen geschwornen Gehorsam nimmermehr brechen / ob ihm gleich der Tod vor Augen stünde. Worauf aber Jovius recht antwortet / es sey vielmehr / aus grimmigen. Haß gegen den Teutschen / weder aus einem Eifer wider die Untreu / geschehn; und könne solcher nichtiger Fürwand dem Tyrannen nicht entschuldigen; weil die Mißtreu der Besatzung ihm zum Vortheil gereicht / dazu nicht von seinem / sondern fremden Volk / begangen / welches auch durch seine Reitzung und falsche Anerbietung dazu angelockt worden / und endlich er selbst / durch schändlichen Bruch seiner [102] schrifftlichen Zusage / sich mein-eidig gemacht / indem er die / durch seine tückische Versprechungen / mein-eidig gemachte / und verführte / meineidigst umbringen lassen: Daher ihm / in diesem Stuck / nichts wenigers / als das / so sehr von ihm geschuchte / Loh der Gerechtigkeit zukomme. Ich zweiffle fast nocht / er sey / durch viererley Bewegnissen / angetrieben / die Besatzung / wider versprochenes Sicher-Geleit / niederzumachen: Erstlich / und fürnehmlich / weil er / wie Busbequius / und andre / berichten / ein großmütiger Fürst / und der Unredlichkeit abhold gewest; wie man dessen / in Geschicht-Schrifften / unterschiedliche Exempel lieset: Zweytens / weil er gesorgt / seine Kriegsleute dörfften sich / an diesem Beyspiel der Teutschen / ärgern / und vielleicht / wann sie irgendswo hart belägert und bestürmt würden / ihrem vorgesetztem Bassa eben also die Ubergabe abtrutzen / oder ihn gleiches Stücklein erweisen: Drittens / weil er / bey Unterzeichnung deß Accords / vermutlich annoch nicht gewust / wie sie / die Teutschen / mit ihrem Com̅endanten umgesprungen / und sie / nach Erfahrung solcher ihrer Untreu / für keine redliche Accords-würdige Soldaten / mehr gehalten: Viertens / weil er hiebey dem Könige Ferdinand zugleich einen zimlichen Abbruch zu thun gehofft / indem er gleichwol siebenhundert Soldaten demselben / durchs Schwert / entrisse / und hingegen für sich den Ruhm eines Eiferers der Gerechtigkeit dadurch erlangte. Unterdessen stehet doch dieses fest / daß man keine Untreu / durch Untreu / rächen müsse / und ihm / als dessen Soldaten es nicht waren / hierinn deß Richter-Amts sich anzumassen / nicht geziemt habe; ihm auch leichter / aus dem Blut dieser Erwürgten / ein Ruhm der Gerechtigkeit hätte entspriessen können / wann er dasselbe nicht / als ein Feind / zu seinem Vortheil / gestürtzt hätte: angemerkt / nicht bald zu vermuthen / daß ein Feind seines Widersachers erlittene Unbilligkeit / indem derselbige eben mit ihm streitet / rächen wolle. Weßwegen dieser Sultan / seines Theils / weislicher und gerechter hätte gehandelt / so er diese treulose / mit einem scharffen Vorweis ihres Bubenstücks / hätte lassen ihres Wegs ziehen: sintemal nicht zu zweiffeln / daß man ihnen / zu Preßburg / dahin sie hätten sollen convoyret werden / schon würde / für ihre Mißhandlung / das Trinkgeld gereicht / und die fürnehmste Aufwiegler unter ihnen dem Profos überantwortet haben. Deß Ortelii Bericht stimmet fast hiemit überein: sintemal er meldet / Solimannus habe den Nadasti auf freyen Fuß gestellt / und dessen ehrliches Gemüt gegen seinem Könige gelobt: Gleich als ob Solimannus ihm einen Lob-Brief an den König Ferdinand hätte mitgegeben. Daß aber der Nadasti so gnädig solte gehalten / und ihm eine Charge angetragen / auch / nach Ableinung derselben / ein so freundliches Urlaub ertheilt worden seyn / lautet der glaubhafftern Feder deß Isthuanfii / und de Rewa, nicht gleich. Dann dieser schreibt / nachdem der Nadasti / aus der Custodien deß Gewelbs / von den Janitscharen heraus geführt / und vor den Groß-Vezir Ibrahim gestellet worden / habe derselbe ihn / mit harten Worten / angefahren / und ihm scharff ver [103] wiesen / daß er die Stadt Ofen / als die Residenz deß Ungarischen Königs / da er doch selbst ein Ungar wäre / wider den Ungarischen König / Johannes / und zugleich wider das unüberwindliche Kriegsheer deß so hochmächtigen Ottomannischen Käisers / mit sonderbarer (und unvernünfftiger) Halsstarrigkeit zu verfechten und aufzuhalten / sich erkühnt hätte: Hernach sey er zween Chiaussen / und einer gewissen Anzahl Janitscharen / übergeben worden / welche ihn / langst dem Ufer der Donau / führen müssen / unter dem Schein / als solten sie ihn dem Könige Johannes überlieffern; in rechter Meinung aber / daß sie ihn in den Strom stossen / und ersäuffen solten / nebst seinem Diener / Franz Semiey / welcher / unter allen seinen andren / ihn allein begleitete / auch nachmals von ihm zu grossen Ehren erhaben worden: Weil nun Nadasti Unrath vermerkt / und ihm / von diesen Hunden / nichts bessers eingebildet / als was sie mit ihm vorgehabt; sey er behend in ein / am Ufer ligendes / Schifflein gesprungen: und als die Janitscharen ihn bey seinem Rock erwischend aufzuhalten getrachtet / habe er selbst denselben los gerissen / und fahren lassen / hernach den Nachen abgestossen / und ohn einiges Ruder / mit blosser Hand / so viel gearbeitet / daß er / mit äusserster Mühe / um den Abend / an das Gegen-Ufer gelangt / da König Johannes / mit den Seinigen / campirte. Er hat diesem einen Fußfall gethan / und ist nicht allein von ihm zu Gnaden angenommen / sondern auch / eine lange Zeit / hoch und werth geachtet worden. Hierauf gab Solimann dem Könige Johann Ordre / er solte nun hin- und seinen Königlichen Sitz / das wiedereroberte Ofen / frölich beziehen: Ließ auch den Luwig Gritti bey ihm / mit drey tausend Türken / imgleichen zween Schiff-Capiteyne / denen er die Flotte derer Donau-Schiffe / so man Saiken nennet / zur Bewahrung deß Stroms / anbefahl: weil Johannes / mit keiner solchen Flotte / versehn war: und versprach / das Ubrige / nach seiner Wiederkunfft / zu disponiren. Hiernechst ergieng / am Tage der Geburt Mariä / von dem Suldan / Ordre / an den Groß-Vezir Ibrahim / daß sich das Kriegsher solte / gegen den morgenden Tag / zum Marsch gen Wien / rüsten. Zu solchem Ende schickte dieser zween Chiaussen / durchs gangze Lager / und in alle Zelte / und verordnete / daß zween Beglerbege / nemlich der Asiatische und Europäische / vor der ganzen Armade herziehen / und ihren Zug also einrichten solten / daß / an welchem Ort / ihre Vor-Truppen / um die Mittags-Zeit sich setzten / eben daselbst die nachgehende Armade zu ihnen stossen mögte. Nicht weniger empfing die Flotte Befehl / den Donau-Strom hinaufzugehn / und dem Lager zu folgen. Welches nicht / ohne sehr grosse-Mühe der Schiff- und Ruderknechte / geschehn. Dieselbe bestund in 160. Schiffen / über die Nachen / so mit Proviand / und allerhand zum Läger gehörigem Geräth / beladen waren. Indem nun / ergangener Ordre zu Folge / das Kriegsheer marschirte / und bis gen Gran gelangt war: erschrack Paulus Vardan / Erz-Bischoff daselbst / gar sehr / ließ sein unbeständiges Herz in den Kot der Untreu fallen / und der ganzen [104] Welt / so wol / als seiner Heerde / die an ihm ein Fürbild der Königs-Treu hätte erspiegeln sollen / ein Fürbild leichter Wetter-Treu sehen. Dieses Glück-Vögelein / welches allezeit seinen Gesang und Flug gegen die aufgehende Sonne / und den Schweif gegen die niedergehende / zu richten gewohnt / hatte selbsten den Weywoden Johannes / als von dem er zum Erz-Bischoff zu Gran erklärt war / zum Ungarischen Könige gekrönt; nachmals / da Ferdinandus dem Johannes zu mächtig werden wolte / denselben verlassen / und die gewaltigere Parthey / als bey welcher er sein Erz-Bisthum behalten könnte / erkoren. Wiederum da er sahe / daß König Ferdinand nur / auf Versicherung der Stadt Wien / bedacht / und nicht in solchem Stande wäre / daß er Gran wieder eine so entsetzliche Macht entsetzen könnte; stellete er abermal das Glück zum Herrn und Meister seines Raths / Thuns und Lassens / drehete sich / als ein rechter Wetter-Han / nach dem Winde / fertigte den Niclas Gothoi / und Ladislaum Gestin ab / zum Suldan Solimann ins Lager / und ließ sich seinem Schutz empfehlen. Welcher ihm auch versprochen / und ein freyer Zutritt verwilligt ward. Also befahl er das Schloß / samt der Stadt Gran / dem guten Glück / und der Aufsicht Michaelis Muthnoky / machte sich hier auf / folgenden Tags / auf / mit dreyhundert Reutern / und eben so vielen Fußknechten / ins Türkische Haupt-Lager. Da man ihn / mit fröligem Zuruff deß ganzen Kriegsheers / bewillkommte / und sich freuete / daß / wie die Türken sagten / der öberste Ungarische Bischoff Christlicher Religion auf ihre Seite getreten. Sultan Solimann redete / da dieser Erz-Bischoff zu ihm kam / in sein Käiserliches Gezelt / ganz freundlich und leutselig mit ihm / versicherend / daß sich keines Ubels zu besorgen hätte: und sagte / er solte seinem Heer-Lager folgen / ohn allen Scheu; theilte ihm auch darinnen einen Ort zu / so nicht weit war von dem Gezelt deß Groß-Vezirs. An Speisen / ließ man ihm nichts abgehen; sondern alles mildiglich reichen. Man hat ihn auch / so lang die Wienerische Belägerung gewährt / im Lager behalten. Endlich ruckte das Lager weiter / durch die offene Felder zwischen Tata und Comorra / also / daß die Donau zur rechten Hand ligen blieb. Leonclavius setzet Tata / Comorra / unter die Oerter / welche Solimannus / nebst Blindenburg / Gran / und Altenburg / ohne Widerstand / eingenommen habe: aber wir wollen / mit der Feder / den Marsch Solimanni / von einem Ort zum andern / begleiten / und bey jedwedem die rechte Begebenheit anzeigen. Tata (oder Dotis) und Comorra hat Solimannus nicht eingenommen; ohnangesehn die Besatzung daraus / für Furcht / entflohen ware / und diese Oerter also offen stunden. Dann er begehrte / mit den Donner-Stralen seines Geschützes / nichts zu schlagen noch zu erobern / als was hart und wehrhafft / und achtete weder der Mühe / noch seiner vermeinten Glori / werth / solche damals unbewehrte und unstreitbare Plätze anzugreiffen / oder mit Volk zu belegen.
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Raab ist / zu der Zeit / auch noch nicht / wider einen rechten Ernst / gnugsam versehn gewest; sondern nachmals erst besser befestigt. Darum auch der damalige Commendant / Christoph Lamberg / gegen dem Anzuge so vieler tausend Wölffe / die Bewegung eines Lamms und Rebhuns empfand / und durch das starke Geschrey (oder Gerücht) deß stark-heranruckenden Feindes / wie von einem starken Donner-Knall / das Glas am Fenster / so hart erschüttert ward / daß er / nach Inflammirung deß Schlosses / mit seinen untergebenen Knechten / die Flucht ergriff / und nach Wien entflohe / dahin er allbereit das Geschütz voraus geschickt hatte / aufdaß es nicht in deß Feindes Gewalt käme. Doch hatte er solche Ordre. Isthuanfius rechnet ihm dieses an / für einen üblen Handel / daraus die Nachkommenschafft ein gar böses Exempel nehmen könne: wiewol dannoch der König Ferdinand / und dessen Krieg-Obersten / ihm solches / für keinen Fehler ausgemessen hätten. Aber es scheint / Isthuanfius urtheile hierinn ganz unbillig. Dann weil das damalige Raab dem jetzigen / in der Festigkeit / annoch bey weitem nicht gleich gesehn / und dieser Commendant / wider eine solche Macht / es unmöglich hätte behaupten / noch einigen Succurs hoffen / noch eines aufrichtigen Accords sich versichern können / nachdem das unredliche Stück / so de Groß-Türk / an der Besatzung zu Ofen / unter der Larven eines Rach-Eifers über die Beleidigung deß Commendantens / Nadasti / schon bey ihm erschollen war: hätte er besorglich dem Türken / durch einen so unvernünfftigen kurzen und ohnmächtigen Widerstand / fast mehr genutzt / als geschadet / sich und seine Völker auf die Fleischbank geliefert / dem Feinde ein vortheilhafftes Schloß stehn lassen / und die Stadt Wien um diese Leute verkürtzt / durch welche ihre Besatzung noch um etwas kunte verstärkt werden. Ja Paulus Besold / Königs Ferdinandi Heerold / schreibt ausdrücklich / dieser Commendant habe vom Könige Ordre empfangen / also zu verfahren. Altenburg hätte sich billig / als ein / um Bestreichen / wolversehenes Ort / besser halten sollen und können / daferrn die Besatzung stärker darinn gewest wäre. Dann es ligt / an einem kleinem Arm der Donau / und dem Fluß Leita; wird auch / ausser dem / noch von einem breiten und tieffen Graben beschirmt; ist also überall / mit Wasser und Gemös / gleichsam umharnischt. Von damaligem Ubergange dieses Orts / reden die historische Federn sehr mißfällig. Boregk schreibt / in seiner Böhmischen Chronic / die darinn gelegene Böhmen hätten diesen Platz tapffer verfochten / auch allesämtlich drüber ihr Leben ritterlich gelassen / als Solimann denselben bestritten. Der Feder deß Jovii gibt dessen einen gleichlautenden Nachklang; als welche berichtet / Solimann habe unterwegens / Altenburg / welches mit Böhmischen Kriegsknechten besetzt war / angegriffen / und von bemeldten Böhmen eine Weile tapfren Widerstand gefunden; bis ihr Commendant gefallen. Worüber sie / vor Schrecken / von der Mauren gewichen / und / nachdem er hierauf dieselbe erobert / schier allesämtlich von den Türken gemetzelt worden.
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Beym Ortelio / klingt es viel anders; nemlich also: Als Solimannus angefangen / Altenburg ernstlich zu beschiessen / seynd die Kriegsknechte / so darinn zur Besatzung lagen / weilen deren nicht gar zu viel / übel erschrocken / haben alsobald einen Gesandten heraus ins Lager geschickt / und dem Türken sich willig ergeben. Als nun die Türken die Stadt bekommen; haben sie dreyhundert Böhmen in der Besatzung gefunden / dieselbe ein wenig besser / als Gefangene / gehalten / und dem Läger heissen nachziehen / sie auch gefragt / welche / und wie viel Städte unterwegens wären / die sich zu wehren gedächten / auch wie stark die Stadt Wien in Oesterreich besetzt / und wo König Ferdinand / zu dieser Zeit / sich aufhielte? Darauf ihm die Ergebene geantwortet: Von andren Städten hätte er sich nichts zu befürchten; allein Wien wäre / in Kriegs-Sachen / ein wenig versucht; es wären aber über zweytausend Mann nicht darinn: und wann er nur diese Stadt gewönne / würden sich die andren alle ihm bald ergeben: es wäre auch Wien selbst / über zween Monat / nicht proviandirt; der Käiser aber in Böhmen verreist / allda Volk aufzubringen / und dahin zu ordnen. Als nun Solimannus solches vernommen; ward er / ob solchem / sehr erfreuet / in Meinung / als wann er den Sieg schon gewiß in Händen hätte / sc. Sigmund von Birken meldet / in seinem Donau-Strom / der Türk habe diesen Ort mit Sturm / oder wie andre wollen / durch übergabe / einbekommen / und die Besatzung / so in 300. Böhmen bestanden / aufgehoben. 23 Mir solte wol hierinn deß Isthuanfii und de Rewa Nachricht / als geborner Ungarn / am gründlichsten fürkommen; welche vermelden / Altenburg sey so wol / wie andre Oerter / aus Furcht / von der Besatzung selbsten in Brand gesteckt / und verlassen worden; und / nach solchem Exempel habe man fast alle Oerter über der Leita / an den Oesterreichischen Grenzen / entweder mit Feuer geruinirt / oder öde und leer stehn lassen; also / daß das / von dem armen Landmann häuffig eingeführte und ausgeschüttete Saat-Korn / Gersten / Weitzen / wie auch allerley andre Früchte und Victualien / dem Fein überflüssigst zu Theil / und unverwehrt hinweg gerafft worden. Worüber dann / folgenden Jahrs / schier im ganzen Teutsch- und Ungerlande / an allerhand Lebens-Mitteln / eine grosse Theurung und Mangel eingerissen. Aber wir werden bald hernach vernehmen / daß dennoch in dieser Sache Ortelius Recht habe. Gleichwie nun der Freund die nicht gnugsam versicherte Oerter / mit dem Brande; also vertilgte der Feind alle antreffende-Menschen mit dem Sebel: zumal da er schon ziemlich nahe bey der Stadt war. Dann da fing das Christen-Blut recht an zu fliessen / von dem wütenden Sebel der vorangeschickten Truppen: die / schier bis an die Stadt-Mauren / streifften / und die ganze Gegend herum / mit dem Blut der übereilten Land-Leute bespritzten. Alles / was [107] ihnen begegnete / ward von diesen grausamen Menschen-Schnittern / Garben-Weise / weggehauen: damit sie ihrem grossen Nachfolger / als dem Haupt solcher Grausamkeit / durch diesen Schrecken / eine gute Vorbereitung machen könnten / zu desto besserer Bezwingung der Stadt Wien. Weil ihm aber der Tyrann leicht einbildete / auch allbereit einige Nachricht davon hatte / daß / im Reich / und in Ober-Oesterreich / hie und da die Truppen zusam̅en gezogen würden: beorderte er den Bassa Cassan / mit viel tausenden / voraus: welche in die 18. (andre setzen nur 10.) Meilwegs die Donau hinaus gestreifft / und gleichfalls die Steyer durchgewütet / überal das Feld zur Wüsteneygemacht / und in so klägliche Gestalt versetzt / als ob es so viel taufend höllisch-befackelten Furien Preiß gegeben wäre. Unglaublich-viel Volks muste dabey sein Leben / oder seine Freyheit / lassen / und in den Tod eines freyen Standes / das ist / indie sclavische Leibeigenschafft / wandern. Der-Mahler soll noch geboren werden / der das Seuffzen der Sterbenden / das Winseln und Schreyen der Kinder und Säuglinge / die ihrer Mutter / an den Brüsten / oder zwischen den Armen / erwürgt worden / imgleichen das Weheklagen der Schwangern / oder andrer Frauen / und Jungfrauen / welche / nach geraubter Ehre / ihrem lieben Vatterlande einen bethrenten Ruck-Blick / zum Valet / gegeben / imgleichen die / an ihren tödtlichen Wunden verzapplende / Graubärte / und Unbärtige / so kläglich abbilden mögte / wie es an ihm selbsten anzuschauen gewest. Und wer will diesen Jammer doch in einige Gleichheit bringen / daß so unzehlich-viel Knaben und Mägdlein dem Mahometischem Moloch gleichsam aufgeopffert / will sagen / der Seelen nach / geschlachtet worden / indem man solche weggeführte hernach / in dem falschen und verdammlichen Irrsal deß Mahomets / aufferzogen? Mit den Weibsbildern seynd sie insonderheit erschreck- und unmenschlich umgesprungen: indem sie dieselben nicht nur geschändet / und viele mit in die Dienstbarkeit geschleppt; sondern auch manchen Hochschwangern die Kinder aus dem Leibe gerissen / zur Erden geworffen / wider die Mauren geschlagen / und zerschmettert / oder auf die Lanzen gesteckt / und wie Vögel gespisset. Wiewol der General / oder Bassa / über diese Würg-Engel und Christen-Mörder / endlich / über zwey Jahre hernach / von den Teutschen / gänzlich geruinirt worden; als unten weiter wird berichtet werden. Jovius schreibt / dieser grosser Schwarm sey gleich / nachdem Altenburg übergangen / gegen Fünffkirchen zu / auf Raub / Blutstürz- und Verwüstung / ausgesendet worden / und habe gar bis an Lintz gestreifft. Welches dann nicht schwer zu glauben; weil auch / unter dieser letztern Belägererung / die Tartarn nicht weit davon geblieben. Unterdessen diese Raub-Vögel so manches Christliches Täublein stiessen und zerrissen; zielte der Sultan / mit der Haupt-Macht / gerad auf das Herz von Oesterreich / auf die Stadt Wien / zu: davor / am Tage Matthäi (war der 21. September) um 9. Uhr Vormittags / die erste Vor-Truppen / nemlich zweytausend Reuter / von Türken / Tartarn / und Husarn / erschienen. Denen hernach [108] immerzu ihrer mehr folgten / also / daß die Stadt / zum andren und dritten mal / berennet ward. Das Haupt-Heer ruckte bald nach. Unterwegens ward / vom Solimann / Bruck an der Leita / und Trautmannsdorff / aufgefordert / und gar leicht / zu williger Ergebung / geschreckt. Indem aber das Gerücht / von Herbeynäherung solches entsetzlich-grossen Heers / als ein gewöhnlicher Vorläuffer der Armeen / zu den Wienerischen Stadt-Pforten immer stärker eindrang / und die Gefahr ausbreitete; entstund / in der Stadt / keine geringe Bestürzung. Und wie das erschallende Geheul und Gebell der Hunde das Wild auf - und in die Flucht treibt; also verursachte dieses grausame Kriegs-Geschrey / unter den Einwohnern / viel flüchtige Füsse: weil ihrer viele in Sorgen / ja in fester Einbildung / stunden / die Stadt würde einem so übermächtigen Feinde / entweder mit williger Ubergabe / zu Fuß fallen / oder von seinen Füssen sich zutreten lassen müssen / und seiner so entsetzlichen Gewalt nicht widerstehn kön̅en. Einer grossen Menge von Weibern und Kindern hat man zwar geboten / aus wigtigem und unterschiedlichem Bedenken / aus der Stadt zu ziehen. Unter dem Vorwand dieselbe zu begleiten / versteckten viel Bürger und Einwohner ihre Furcht / und machten sich gleichfalls davon: wiewol etlichen gleichwol solche Sorgfalt für ihr Weib und Kind ein rechter Ernst / etlichen aber nur eine blosse Ausrede und Deckel der Zaghafftigkeit gewesen. Gleichwol blieben die meisten Bürger drinnen: und denen / die / zu Geleitung der Ihrigen / mit ausgezogen waren / fiel nicht möglich / wieder hinein zu kommen. Als aber endlich der Feind unversehns / und noch ehender / weder man vermutete / mit hellen Hauffen / wie die Wasser-Wogen / heran brausete; flohe alles / aus den Dörffern / Flecken / und kleinen Land-Städten / in die Wälder / und setzte man grössere Zuflucht / zu den Bäumen / als zu Wällen und Mauren: gleich ob diese böse Hunde nicht auch das Gepüsch durchzuspühren wüsten. Darüber seynd ihrer viele gar übel verkürzt / und den streiffenden Rotten deß Bassa Ogli-Michael (oder Michalogli / oder Casans) zum Raube worden: und ist manches Ort im Rauch aufgangen / welches man / für solchem herumschweiffendem Raub-Gesinde / noch wol erhalten können; so man nur ein wenig besser Anstalt gemacht / und das Volk bewehrt / auch hie und da die Pässe / mit einigem Land-Volk / belegt hätte. Hie dienet zu merken / daß bey den Historicis, über den Namen und der Person deß Michalogli / eine Mißhälligkeit sich ereignet. dann etliche nennen ihn Michalogli / etliche Ogli Michael (nach Eigenschafft der Ungarischen Sprache / welche den Geschlechts-Namen voran / und den Person-Namen hindan setzt) Etliche Cassanem, oder Cassonum. Etliche eignen diese beyde Namen einer Person / etliche unterschiedlichen Personen zu. Jovius beschreibt den Cassonum, als einen Obersten / oder General-Leutenant deß Michalogli: daraus so viel zu schliessen wäre / Michalogli sey sein Feld-Marschall gewest: dann er spricht / Michalogli habe / auf Solimanns Befehl (im Jahr 1532.) aus den Freywilligen einen Raub-Hauffen Duce Casano, unter der Anführung [109] deß Cassans / der im vorigen Kriege / nemlich unter der Wienerischen Belägerung / bis nach Lintz / mit Feuer und Schwert / voraus gestreifft / voran geschickt / um alles / zwischen der Donau und dem hohen Gebirge / zu verheeren / sc. 24 Isthuanfius macht aus dem Cassan und Michalogli nur eine Person / wann er meldet / das Türkische Lager sey / in vier Theile / unterschieden worden; wovon das dritte / unterm Commando deß Cassoni gestanden / welcher aus der / bey den Türken berühmten / Famili der Mehal Begogliorum entsprossen war. Und unter den Geschichten deß 1532. Jahrs / gedenkt er / Solimann habe / beym Anfange der Belägerung deß Orts Güntz / einen Theil seiner Völker / Duce Cassono Michal Begoglio, unter der Führung deß Cassoni Michal Begogli, auf den Raub ausgecommandirt. Eben damit stimmt dieser Bericht deß Ortelii überein: In währender Belägerung deß Schlosses und Städtleins Güntz / hatte der Türkische Käiser den Casan Michalogli / welches ein altes fürnehmes fürstliches Geschlecht unter den Türken ist / mit 15000. Reutern / auf den Raub geschickt. Wann aber der Mehalogli das dritte Quartier deß Lagers vor Wien gecommandirt / so fragt sichs nicht unbillig / wie er dann / unter der Belägerung / könne mit einer fliegenden Armee / bis gegen Lintz / gestreifft haben? Diese Mißhälligkeit in Einhälligkeit zu bringen / will schier nichts Füglichers scheinen / als die Vermutung / daß entweder dieser Türkische General / auf Ordre deß Suldans / einen Theil seines unterhabenden starken Corpo / unter einem seiner Obersten / auf den Raub abgefertigt; oder / daß er selber in Person / mit selbigem Theil / auf die Ruinirung der Länder / ausgezogen / oder etliche Truppen / von Altenburg aus / voran geschickt / hernach selber / aus seinem Lager-Quartier / mit mehrerm Volk / den vorigen nachgegangen / und den Uberrest seiner unterhabenden Völker / im Haupt-Lager habe stehn lassen. Aber das Allerglaubhaffteste und Wahrscheinlichste ist dannoch / daß Casanes / und Michalogli Beg / nicht eine / sondern zwo Personen / gewest. Dann Leunclavius gedenkt / in seiner Chronic Türkischer Sultanen / aus dem Bericht der Türken selbsten / Casan sey deß Michal Begs / oder Michalogli Begs / Sohn gewest / und mit zwölff tausend Kriegs-Leuten / Anno 1532. vom Suldan Solimann abgeordnet / die Länder zu brennen / zu plündern / und auszurauben: welches sie auch gethan; aber / im Ruckzuge / samt ihm / erschlagen worden. Diesem nach wäre der Vatter / Michalogli Beg / mit seinen Völkern / vor Wien / im Lager / stehn blieben; der Sohn aber / mit einer fliegenden Armee / auf den Raub ausgesandt. Da nun etliche Vortruppen den Wienerischen ins Gesicht kamen; liessen sie dieselbe nicht unangefochten herum schwärmen; sondern nahmen / dann und wann / gleichsam ein Zoll von ihnen / entweder durch Erleg- oder Gefangen-nehmung ihrer etlicher. Hiebey ließ insonderheit der Paul Wakitz (oder Bakitz) ein geborner Rätz / seine ritterliche Kühnheit / samt dem Sebel / glänzen. Er führte / in Ge [110] sellschafft Sigmunds von Weichselburg / etliche hundert Rätzen bey sich; streiffte / mit diesen leicht-berittenen Truppen / denen heraufziehenden Türken / diß- und jenseits der Donau / entgegen / verkürtzte sie bald hie / bald dort / um etliche Köpfe / und macht ihnen viel Ungelegenheit / so wol bey ihrem Anzuge / als bey Berennung / und unter währender Belägerung: wie die erzörnte Bienen / um diejenige Leute / so ihrem Stock zu nahe kommen wollen / oder würklich denselben berauben / herum fliegen / und jetzt diesem / jetzt jenem / einen Stich versetzen. Dieses seinem fühnem Sporn-Streich eiferten auch andre frische Wag-Hälse hurtig nach; sonderlich damals / als die Türkische Vortruppen sich zum ersten mal / nemlich am Fest Matthäi / vor Wien blicken liessen; und brachen manchen feindlichen Reuter den Hals / ehe und bevor die völlige Macht sich recht setzte. Dann drey Tage vor der Berenn- und Sperrung / waren die Teutsche Völker zu Roß und Fuß / welche die Stadt verfochten haben / hinein gekommen. Die / von etlichen auf 18000. von andren auf 20000. Mann geschätzt worden. Ortelius setzet nur 14000. Fußknechte: Welches auch glaublicher. Der Reuter sollen ein paar tausend gewest seyn / und also der Kriegs-Leute in allem / 16000. wiewol Jovius / und andre / die Zahl vergrösseren / ja auch jetzo gedachter Ortelius selber nachmals meldet / daß in allen 20000. zu Fuß / und 2000. zu Roß / in der Stadt gelegen. Daraus zu schliessen / er verstehe / durch die 14000. nur die jenige allein / welche der Pfalz-Graf hinein geschafft / zu den vorigen allbereit anwesenden. Uber diese / und andre Käiser- und Konigliche Völker / wider den Erb-Feind / war / auf dem Reichs-Tage zu Speyer / von allen Cur-Fürsten / Fürsten / und Ständen deß Römischen Reichs / zum Generalissimo einhällig erkoren / Friederich / Pfalz-Graf bey Rhein / und Herzog in Bayern; welche hernach / vor seinem Ende / noch Cur-Fürst worden. Weil aber der Feind plötzlicher in Oesterreich eingebrochen / weder man sich eingebildt hatte / und er nicht mehr in die Stadt hinein kommen kunte / sondern / mit seinen Kriegs-Räthen / und etlichen bey sich führenden Truppen / zu Crems bleiben muste: Ist das höchste Gebiet über besagte Militz der Stadt auf seinen Vettern / den Prinzen Philips / Pfalz-Grafen bey Rhein / gekommen / welchen der Pfalz-Graf Ruprecht / mit der Herzogin Elisabeth / Herzogs Georgs in Bäyern deß Reichen / Tochter / ehlich erzeugt hatte. Dieser junge Held / so damals / im sechs und zwanzigsten Jahr seines Alters / blühete / warff sich / sonder einige empfangene Ordre / aus eigener Bewegung seines heroischen Muts / getrieben durch den glorwürdigen Eyfer für den Christlichen Glauben / und durch seine preisliche Zuneigung gegen dem Hause Oesterreich / mit hundert Reutern hinein in die Stadt / zween Tage zu vor / ehe dann / von den feindlichen Truppen / der Paß war geschlossen; nachdem / Tags zuvor / der Rest von vorbemeldten 14. oder 16000. Mann daselbst eilends eingezogen. Da sein allda tapffer-geführtes Ob-Gebiet ihm den ruhmlichen Bey-Namen eines Streitbaren erworben / und gleichfalls der Nachwelt sein lobwürdiges Nachgedächtniß [111] recommendirt hat. Dann so dieser ritterliche junge Fürst damals nicht hinein gekommen / und alle Kriegs-Geschäffte / durch seine ansehnliche Gegenwart / merklich beemsiget wären; wäre Wien besorglich / an den Erb-Feind / und zugleich die Sicherheit so wol deß nechst-angrenzenden Bayern / als deß Erz-Herzogthums Oesterreichs / übergegangen: Es hätten diese Länder / ja ganz Ober-Teutschland / keine Ruhe noch Sicherheit hinfüro gehabt; sondern eine unablässige Bürde und Nothwendigkeit / entweder immerzu ins Gewehr / oder in den Seckel zu greiffen / Geld oder Blut zu spendiren / und mit den grimmigen ungläubigen Hunden sich stets herum zu beissen / oder ihnen ohn Unterlaß güldne Bissen in den Rachen zu werffen: Womit man dennoch keine vollkommene Ruhe erkaufft / sondern immerdar nur in einer solchen gelebt hätte / die von Parthey-Gängen / Streiff- und Raubereyen / wäre unterbrochen und beunruhiget worden. Weßwegen diß junge Helden-Blut billig / bey uns Teutschen / unter der Lorbeer-Cron eines ewig-grünenden Nach-Ruhms / stehet / und so offt / als man / von den Belägerungen der berühmten Wien-Stadt / etliche Zeilen setzt / mit frischen Palmen bezweigt wird.
Sein Vetter / Pfalz-Graf Friederich / ist dennoch auch eines hochrühmlichen Nachschalls werth: Sintemal ihm nicht so sehr der Mut und Verstand / als die Gelegenheit / Wien selbst persönlich zu defendiren / gemangelt: und hat er / zwey Jahre hernach / durch seine Actionen / klar genug erwiesen / was diese Stadt / von seiner Klugheit und Tapfferkeit / hätte zu erwarten gehabt / wann das Glück nicht seinen Vettern / sondern ihn selbsten / ihr zum Commendanten verliehen. Indessen saß er zu Crems doch nicht müssig; sondern zoch immerzu frische Truppen an sich / suchte damit das herum-streiffende Türkische Raub-Geschmeiß / hin und wieder auf / machte nider / was sein Kriegs Schwert kunte antreffen und erhaschen. Besagtem jungem Pfalz-Grafen / Philipp / wurden etliche andre erfahrne Kriegs-Häupter an die Seiten gefügt: Als / erstlich / Graf Niclas von Salm / der Aeltere / Königs Ferdinandi Stats-Rath / Kämmerer / und Obrister Feld-Hauptmann über alle die Oesterreische Truppen / ein trefflich versuchter Kriegsmann / der / im Harnisch / aufgewachsen / und / in scharffen Actionen / von Jugend an / geübet worden / also gar / daß er fast allen fürnehmen Belägerungen seiner Zeit beygewohnt / auch / in der Schlacht vor Pavia / da der König von Frankreich / Franciscus der Erste / gefangen worden / sich ritterlich erwiesen / und hochberühmt gemachet / also gar / daß etliche ausgeben / er sey eben selbst derjenige / dessen Tapfferkeit / besagten König gefangen zu nehmen / die Ehre und das Glück gehabt. In eben dieser Lista / der / zu / Wien commandirenden / Kriegs-Helden / befand sich Wilhelm / Freyherr von Rogendorff und Mollenburg / Käisers Caroli Stats-Rath und Kämmerer / wie auch Ferdinandi / Königs zu Ungarn und Böheim / Rath / und General über die Reuterey: welchem man sonst auch den Titel eines Feld-Marschalls gab; und zwar nicht unverdient: angesehn er / in Italien / dem Käiser gute Dienste gethan / die Stadt Brixia / (oder Brescie) von der [112] Französischen Belägerung befreyet / und auch sonst / bey den Italiänischen Feldzügen / grossen Ruhm erlangt hatte. Auf diesen / folgte Marx Beck / Ritter / und Doctor in Rechten / Königlicher Rath / General Proviand-Meister / und Vitzthum in Oesterreich unter der Ens. Hernach Ulrich Leyser / Königlicher Kriegs-Rath / General Leutenant / und Obrister Zeugmeister in Unter-Oesteereich / unter dem / währender Belägerung / vier und siebenzig Stück- und Büchsen-Meister alles Geschütz versahen. An Königlichen Stathaltern / Kriegs-Commissarien / wie auch andren Obristen / und Land-Hauptleuten / befanden sich darinn diese nach-benannte: Georg von Buchheim / Freyherr zu Rapps und Krumbach / Königlicher Rath / und Stadthalter in Nieder-Oesterreich: Leonhard / Freyherr von Fels / deß Königs Rath / Kämmerer / und Obrister über 7. Fähnlein Knechte deß alten Hauffens: Niclas Rabenhaupt von Suchen / Ritter / und Königlicher Rath / und Canzler in Nieder-Oesterreich: Eck (oder Hector) von Reischach / Ritter / Königlicher Rath / und Obrister über 6. Compagnien: Rudolph / Herr zu Hochenfeld (oder Höhenfeld) Königlicher Rath bey der Nieder-Oesterreichischen Regierung: Niclas von Thurn / Königlicher Rath / und Obrister über die Teutsch- und Spannische Truppen / so wider den Bischoff von Agria geworben waren / welcher dem Weywoden von Zips / oder König Johann / mit Rath und That zur Hand gegangen / und dem Türken Beystand geleistet: Felician von Pötschach (oder Petschach) Königlicher Rath bey der Nieder-Oesterreichischen Regierung: Hanns Katzianer / Ritter / Königlicher Rath / Lands-Hauptmann in Kärnten / und Obrister über alle die leichte Reuterey: Hanns von Eibes-Wald / Ritter / und Königlicher Rath / bey der Nieder-Oesterreichischen Regierung: Hanns von Greisneck / Ritter / Königlicher Rath und Erb-Kämmerer in Kärnten / auch Hauptmann über die Stadt Wien / und derselben Fußvolk: Melhard von Lamberg / Ritter / und Königlicher Rath / bey der Nieder-Oesterreichischen Regierung: Wolffgang Matzeber / verordneter Kriegs Rath deß Erz-Herzogthums Oesterreich: Trajan von Ausperg (oder Auresberg) Ritter / und bey Unter-Oesterreichischer Regierung Königlicher Rath: Bernardin Ritschan / Ritter / und Kriegs-Rath deß Königs: Helffreich von Meckau / Ritter / deß Königs / wie auch deß Fürstenthums in Oesterreich ob der Ens / bestellter Kriegs-Rath: Erasmus von Obritschan / Kriegs-Rath in Cräin: Räimund von Dornberg / Ritter und deß Königs Rath bey der Unter-Oesterreichischen Regierung: Michael Otto von Achterdingen / Königlicher Kriegs-Rath / Oberster Zeugmeister in Ober-Oesterreich: Der aber gleichwol / bey dieser Belägerung / kein Geschütz / unter seinem Befehl / gehabt: Hanns Abfolter / (oder / wie andere schreiben / Aphalterer) Königlicher Kriegs-Rath / und Unter-Feldmarschall: Sigfried (oder Seyfried) von Collenitsch / Doctor / [113] und Königlicher Rath in Unter-Oesterreich: Johann Kauffmann / Doctor / und gleichfalls Rath bey offtgedachter Regirung in Nider-Oesterreich. Alle diese Königliche Räthe / wie auch obbenamste Kriegs-Commissarien / hatten hundert gerüster Pferde bey sich. Von Königlichen Befehlhabern / Beamten / und andren Bedienten unter dem Kriegsvolk / waren in Wien diese Nachgesetzte: Zeit von Wallenburg / Obrister Kriegs-Zahlmeister / oder General Commissarius / bey der Königlichen Armee / samt seinem Beygeordnetem zu solchem Amt / dem Sigmund Kreiter: Leonhard Kuttenfelder / Königlicher Obrister Muster-Meister: Michael Stützel / Peter Stern / und Hanns Weißberger / Kriegs-Secretarien: Jobst Liljenberger / Unter-Proviand-Meister: Hanns Gamper / Obrister Schultheiß / oder Auditör / über den alten Hauffen: Hanns Eberle / Profoß deß alten Kriegsvolks: welcher von einer Stückkugel erschossen / und darauf das Profos-Amt über den alten Hauffen / dem Valentin von Gera anbefohlen worden: Jörg Stöckel von Lindau / Obrister Wachtmeister über das alte Kriegsvolk: Wolff Gabey / oberster Quartirmeister über die alte Truppen: Caspar Schnaitter (oder Schneider) welcher / von dem J. B. de Rocoles, in seiner Vienne deux fois assiegee, oder zweymaliger Belägerung der Stadt Wien / Major du Regiment de Eck Reischach, Major deß Regiments deß Eckens von Reischach; hingegen / in der Beschreibung Paul Besolds / welche Leunclavius allen andren fast vorziehet / wie auch in deß Megiseri seiner / Profoß über besagtes Reischachisches Regiment / getituliret wird: Hanns von Berneck / Muster-Meister über das Regiment deß Grafens von Thurn. Von den Hauptleuten deß Kriegsvolks zu Roß und Fuß / und der Anzahl ihrer Truppen / findt man diese Verzeichniß: Wolffgang / Freyherr zu Rogendorff / sc. Königlicher Rath / Landmarschall in Nieder-Oesterreich / und selbiger Landschafft Oberster über fünffhundert Reuter: Unter welchem / diese nachbenannte Herren / und Cavalliers / stunden: Longinus von Buchheim / Freyherr zu Rapps und Krumbach / Viertheil-Hauptmann unter dem Wiener Wald: Sigmund von Buchheim / zu Geldersdorff / sc. Viertheil-Hauptmann unter Manharts-Berg: Hans von Lappitz / Viertheil-Hauptmann ob dem Wiener Walde: Sebastian Hager zu Altensteig / Viertel-Hauptmann ob Manhartsberg: Erasmus / Herr zu Starenberg: Leopold / Herr zu Maynburg: Martin von Buchheim / Freyherr zu Rapps und Krumbach: Hanns von Buchheim / zu Gellersdorff / sc. Hanns von Lamberg / der Jüngere / Herr zum Sau-Stein. Dann ferner: Ehrnreich Königsberger: Veit Königsberger: Leopold Lembacher: Wolff Esmeister: Rudolph Freyschlag: Hanns Laßberger: Andreas Waldinger: Georg Grabner: Marx Maminger: Gebhard Welzer von Ober [114] welz: Gotthard Vollendorffer: Hieronymus Geyer: Wolffgang Span: Ludwig Schönbrunner: Hanns Rosenhart: Christoph Rauhenecker: Vital Kolderer: Hanns Leb: Christoph Horitzer: Achatz Mestenbeck: Christoph Schönburg: Georg Dietrichinger: Christoph Auer: Hanns Wallen: Christoph Rädler: Christoph Randecker: Stephan Pelchinger. Reinprecht von Ebersdorff / welchen der Pesel (oder Pesold) für einen Hauptmann über ein Fähnlein Knechte der Oesterreichischen Städte; ein anderer aber / für den Obersten eines Regiments Fußvolks solcher Städte / ausgibt. Megiserus schreibt ihm auch nur ein Fähnlein / und beynebst eine hohe Kriegs-Erfahrenheit zu. Hanns Enzeweiser (oder / wie er von einem andren / aber doch meines Vermutens / fälschlich genannt wird / Finzenseiser) und Reichard Ifaner / Hauptleute über den zehenden Mann deß Erzherzogthums Nieder-Oesterreich. Officirer über die Völker unterschiedlicher Landschafften / samt den Namen der Edelleute / so unter ihnen gefochten: Unter dem Regiment deß Grafens von Thurn / lagen / in Wien / diese Abels-Personen: Bartholome von Weisneck / so 250. von dem Herzogthum Steyer ausgerüsteter Pferde führte / an statt Stephan Grasweins / Königlichen Raths und Hauptmanns über solche Steyrerische Reuter / welchen seine Krankheit / in die Stadt zu kommen / verhindert hatte. Unter dieses Officirers Hauptmannschafft lagen / mit jetztgemeldter Anzahl Reuter / folgende Adels-Personen: Otto von Paen / Fendrich: Gotthard von Lamberg: Kilian Zäch: Rochus von Trautmannsdorff: Wolff von Wilfensdorff: Christoph Hebenstreit: Caspar Schrampff: Zachrias Himberger: Andreas Rindscheit: Martin von Flodnitz: Erhard Mindorffer: Andreas Winzrer; Clement Brunnheimer: Melchior Brunnheimer: Heinrich Prantner: Hanns Mülhauser: Ulrich Matzeber: David Hunderger: Job Gäms: Christoph von Lindeck: Andreas Jansdorffer (welchen andere schreiben Lamisdörffer) Wilhelm Freytag: Joachim Freytag: Martin Semenitsch: N. Edlinger: Leonard Pandorffer. Abel von Holeneck / Hauptmann über ein Fähnlein Steyrisches Fußvolks: darunter diese zwölff Edelleute gewest: Hartmann von Holeneck / Leutenant: Paul Steinacher / Fendrich: Georg Steinbeiß (welcher ins Gras gebissen / und erschossen worden:) Andreas Stadler: Thomas Buchheimer: Wilhelm Gall: Sigmund Gradnecker: Sylvester Mischinger: Hanns Mischinger: Reinprecht und Wilhelm Koldrer / Gebrüder: Hanns Lemkawitsch. Unter dem Anton Rüd von Kolenburg / Hauptmann über eine Steyrische Compagnie zu Fuß / dieneten diese Edlen: Jörg Wildensteiner aus Kärndten / Fendrich: Wolff / Herr von Lamberg: Jörg Wildensteiner von Trutendorff / aus Kärndten: Adam und Sebastian Sulzbacher / Gebrüder aus Steyer: Georg Kulmer zu Minzenbach / aus Kärnd [115] ten: Hanns Oberleiter / aus Steyr: Wilhelm Traubitz aus Steyer: Melchior Stadler / aus Steyr: Melchior Schrampff / aus Steyr: Bastian Rosenberger / aus Steyr: Adrian Hawtz / aus Kärndten: Wolff Lebinger. Mit dem Leonard Lochner zu Liebenfells / einem Hauptmann über 200. Kärnterische Reuter / kamen folgende Edelleute hinein: Hanns von Neuhaus: Christoph von Blumeck: Christoph Resch: Christoph Brunnheimer: Wolff von Kienberg: Christoph von Kienberg: Leonard von Malentein: Hanns Brunnhofer: Wolff von Eckenberg: Valentin Potendorffer: Hanns Renner: Bartholome Feiler: Lorenz Fallenhaupt: Sigmund Küffenhüller: Jacob Hagendorffer: Wolff Lemtinger: Marx Heidenbucher: Christoph von Eckenberg. In Christoph Sallers / Hauptmanns über ein Kärnterisches Fähnlein Fußknechte / Compagnie / waren diese Adels-Personen: Christoph Mardachs / Fendrich: Hanns Hacoz: Caspar Kienberger: Christoph Keller von Kellerberg: Hanns Reischberger: Valentin Aprill: Erasmus Sturm: Valentin Kornberger. Der Spannischen Ober-Officirer / über siebenhundert Spannische Fußknechte / so sich / in der Belägerung / ausbündig-tapffer gehalten / waren vier / Namens: Louis de Avalos, Mestro del Campo (oder Feldmarschall:) Juan de Salinas: Juan de Anguillera (dafür andre setzen Aguillera) Melchior de Villaruet.) Unter diesen / hielten sich nach-benannte Edelleute trefflich wol / und leuchteten den gemeinen Soldaten / mit ihrer Tapfferkeit / rühmlichst vor: Cyros / Fendrich: Antonio Comargo / Fendrich: Pietro Navares / Fendrich: Cardenes / Fendrich: Don George Manriquez: Christophoro de Aranda: Don Loys de Calathauit, der das Leben eingebüsst: Guevara: Alfonso de Eredia: Zapata: Val de Rama: Balacurs: Juan de Argolio: Hernando de Rosa: Jago Garzia de Gusman, welcher geblieben: Didaco Serava, der über deß Königs Edelknaben Hofmeister war. Dieses Hofmeisters seiner untergebener Adel-Pursch wallete das Ehr-entbrannte edle Blut dermassen auf / daß die meisten ihm entwischten / um in die schon belagerte Stadt Wien hinein zu kommen: Deßwegen wagte er es gleichfalls / wie sie / sich hinein zu partiren / vermittelst eines kleinen Schiffs: welches auch / zu Wien / glücklich anländete. Also sucht der grosse Mut dasjenige / wofür der geringere sich absentirt; und die Tapfferkeit ihren Kampff-Platz / mitten im Schoß der Gefahr. Er hat sich / im dieser Belägerung / durch seine ritterliche Erweisung berühmt gemacht / und drey Pfeil-Schüsse / auf seinen Küriß empfangen. So wird auch / von etlichen Historicis, besagten Spannischen edlen Jünglingen eine ungemeine Tapfferkeit nachgeschrieben: und steht [116] nicht zu leugnen / daß damals die Spannier / in dem Ruhm der Streitbarkeit / keiner Nation gewichen. Unterm Johann Cazianer / einem tapffren Croatischen Cavallier / und Präsidenten in Kärnten (wie ihn Isthuanfius titulirt) lagen / in der Stadt / 160. Reuter. Dieselbe commandirte / als Ober-Hauptmann / Niclas Schnitzenbaumer / und führte darunter bey sich diese resolute Edelleute: Hanns Leyser / Wachtmeister / welcher auch die Rennfahne / und die Schützen-Pferde führte: Hanns Gall / Fendrich: Alex Flaschberger: Kelichs Thurnkhofer: Christoph Mindorffer: Hanns Goblitz / Wachtmeister: Georg Turkschenski: Bernhard Pulan: Sigmund Frantzos: Hanns Lebie. Johannes / Graf von Hardeck / zu Glatz und in Machland / Erbschenk in Oesterreich unter der Ens / sc. ein wolversuchter Soldat / der / in dem unglückseligem Treffen vor Mohatz / mitgefochten hatte / war zum Hauptmann verordnet / über 250. Pferde / und dieneten unter demselben folgende von Adel: Johann von Schellenberg: Heinrich von Schellenberg: Christoph Zedliz / von Girsdorff / Cornet: Erasmus Teufel: Wilhelm von Oberbeck (oder Oferbeck) aus Brabant / welcher das Cornet salvirt hat / als demjenigen / so es führte / sein Pferd unterm Leibe getödtet / und derselbe damit ausser dem Stande gesetzt ward / bemeldtes Cornet wiederum zuruck in die Stadt zu bringen: Niclas Rechenberger: Cuntz (oder Conrad) Pfuor von Breslau: Johann Reibnitz / Melchior Panovitz: Valentin der Lange / von Procat (andre schreiben Valentin Log von Procat:) Sebastian Hoswitz: Balthasar Zeidlitz von Toplunde: Johann Haubitz von Rupersdorff: Lorentz Magnus: Balthasar Knobelsdorff von Berndorff: Johann Spöttel von Janowitz: Smilo Kruschina: Marquart von der Lumnitz / Herr zu Meseritsch: David und Heinrich von Lengheim / Gebrüder: Balthasar Koplick von Pudisch: Melchior Serner von Peuten: Hinco Potzatzki: Burian Bosowski: Martin Stenko zum Stein: Balthasar Hawitz: Hanns Clement: Heinrich von Gersdorff: Antoni Zedlich von der Leip: Niclas Stubitz: Christoph Welbitz von Saho: Hanns Weispeck von Hoherswerth: Caspar Schaunberger: Christoph und Balthasar Rotenberg: Joachim Redlitz von Masterwitz: Conrad Zeidlitz von Pristram: Hanns Groß von Koltschen: Wolff Kalkreuter: Hinco Cordula von Schluckenau: Melchior Mühldorff von Gersdorff: Georg Köll von Pogendorff: Hanns und Caspar Költsch von Rheinberg: Georg Taß von Nissewitz: Sebastian Noswitz von Ebesdorff; Melchior Last von Parken: Hanns Ogigl von Schlaupnitz: Franz Pogrell von Michelau: Wolff von Perckheim: Georg Gazize / zu Conitz. Noch andre mehr / die bemeldter Author mit eingerechnet / habe ich ausgelassen: weil es zuviel Weitläufftigkeit gibt; zudem auch die Namen sehr fremd lauten / und es dahin stehet / ob sie auch alle edel sind. Dann es gibt nicht heut erst sol [117] che eitle Leute / die sich selbst erhöhen / und für adlich ausgeben / zumal wann sie in der Fremde / und im Kriege / leben. Diese vier Edelleute / Georg von Scheredi, George Hatalini, Honori Adam, und Johann Norowski, dienten vorhin unter den Truppen deß meineidigen Bischoffs von Gran: nachdem sie aber / von seiner Treulosigkeit / Wind bekommen / und gemerkt / daß er / mit den Türken / unter der Decken läge; wichen sie von ihm ab / mit zwanzig Reutern / und nahmen / nebst jetzt-beschriebenen Edelleuten / Dienst / unter obbedachtem Grafen von Hardeck. Unterm Regiment deß Obersten Leonard / Freyherrns von Fels / zehlte man diese Edlen: Herr Gilg / (oder vielmehr Egidius /) Freyherr zu Fels / Hauptmann über ein Fähnlein Fußknechte: Hanns von Altenhausen / Leutenant: Thomas von Flaschberg / Fendrich: Christoph Reichhacher (oder Reischacher) aus Steyer: Heinrich Wintershofer: Joachim von Helmstdorff: Thomas von Armsdorff: Peter von Fels: Nicodemus Singmoser: Joachim von Rosenau: Heinrich Sendroffsky: Albrecht von Kodsaw (oder Kodsan) Georg Westualin. Bey der Compagnie zu Fuß deß Hauptmanns / Caspar Ritschan / waren diese von Adel: Christoph und Hanns Amsteter: Ludwig Gall: Leopold Zwingenberger: Hanns Lochner: Georg Rätzendorffer: Wilhelm Waldinger: Greger von Faulach: Niclas von Withringen: Bernhard von Wald: Ulrich Etzinger: Hanns Geschwind: Hanns Gerndorffer: Georg Seidlitz: Jacob von Oßbruck: Caspar Karlowitz: Wolff von Esch: Gerard Poß von Anstall / sc. Wolff Hagen / Hauptmann über ein Fähnlein Knechte / kam hernach um / in einem Ausfall / und an seine Stelle Hanns Altenhauser: dem diese von Adel folgten: Albrecht Peltzki / Fendrich: Christoph von Singendorff: Georg Breitenauer: Hanns von Retzendorff: Hanns Werder: Melchior Schlewiz: Johann Parnsbrunner: Georg Strasser: Hanns Rotwitz / sc. Unterm Sigmund Leyser / Hauptmann über eine Compagnie zu Fuß / lagen folgende Adels-Personen: Günther von Herberstein / Fendrich: Hanns Munghauser: Hanns Strybach: Georg Reibitz: Joachim Rorsdorffer: Balthasar Fronhofer: Georg von der Elb: Hanns Zetschko von Gugelbitz: Jacob Spannier / sc. Hauptmann / Maximilian Leyser / hatte / unter seiner Compagnie zu Fuß / diese von Adel: Sebastian von Weisseneck / Fendrich: Peter von Weisseneck: Christoph Leiser: Seifried (oder Siegfried) von Ratmannsdorff: Hanns Moritz von Trebach: Balthasar Schrampff: Hiernoymus von Rechberg: Caspar Burckstorffer: Caspar und Johann Otwein: Andreas von Mollenstein / und andere mehr. Hauptmann Hanns Surg von Surgenstein hatte / unter seinem Fähnlein / diese Edlen: Eberhard von Perlingen / Fendrich: Georg Gallenberger: Christoph Maschawitz: Hanns Georg von Reitzenstein: Matthes von Edelspitz: Georg Glück: Georg Waldner: Georg Brenner: Wühelm Bellmann: Heinrich von Bünau.
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Unter Hauptmanns Johann Grummosers (oder Kromosers) Compagnie / befanden sich dreissig Edelleute: unter welchen diese nahmkündig gemacht werden: Wilhelm von Pibrach: Reinesch von Thalkenburg: Balthasar Mühlhauser von Prackha: Tiburtz von Wilhartiz: Hanns von Kirchberg: Wentzel Lychler: Peter von Wundberg: Michael Wildmeyer / Fendrich: Peter von Wontin. Unterm Regiment deß Obristen Eck von Reischach / commandirten sechs Hauptleute / jedweder eine Compagnie zu Fuß. Die wir allhie / samt denen unter ihnen begriffenen Edelleuten / gleichfalls benamsen wollen: Hanns Ulrich von Rotenburg / ermeldten Obristen Reischachs Obrister Leutenant: Hanns Dietrich von Hoheneck / Hauptmann über ein Fähnlein Knechte / und darunter diese Edlen: Schweickhard Thum von Neuburg: Jobst von Grünstein / Fendrich: Ludwig Wolff von Habsperg: Hanns von Hohenfeld: Hanns von Seiboldsdorff: Robert de Grana, aus Burgund / ein redlicher und kühner Soldat. Maximilian Auer von Herrnkirchen / Hauptmann über eine Compagnie zu Fuß: darunter nur ein Edelmann / nemlich Hanns Jacob von Hinweil / benannt wird. Hanns Jörg von Burgstall / Königlicher Hauptmann über ein Fähnlein Knechte: darunter von Adels-Personen diese gewest: Heinrich / Herr zu Raubenstein: Sebald Wolckenstein: Wolff Sigmund vom Stein: Erasmus Wasserburger: Wolffgang Guldinger: Wilhelm Füller: Joachim Schönfelder: Conrad Zeller: Ulrich Seckel: Heinrich Bisowski: Eustachius Eisper: Georg Gurteller / Fendrich. Eitel Hanns von Faulach / Hauptmann über ein Fähnlein Knechte / hatte unter sich folgende Edelleute: Stoffel von Schina / Fendrich: Friedrich von Entzberg: Wentzel von Homburg: Hanns Reibitz: Georg Magnus: Georg Nimbtsch: Georg von Auwres. Stoffel von Neuenfels / Hauptmann / hatte / von Edelleuten / unter sich: Michael von Landenburg / Fendrich: Hanns Wernher / Truchseß von Rheinfelden: Hanns Ottmar von Schönau: Hanns Friedrich Widergrein von Stauffenberg: Hanns von Glogau. Wolff Pfaffenlap / Hauptmann / zehlte / unter seiner Compagnie / diese edle Köpffe: Hanns Eberhard von Reinach: Heinrich von Mandach: Georg von Rotenburg: Jacob Sigmund von Bernhausen: Bernhard von Schafenach. Ernst von Brandenstein / Königs Ferdinandi Trabanten-Hauptmann / und Obrister über 4. Fähnlein Böhmischer Fußvölker (wie die Pesoldische Verzeichniß setzet: dann ein andrer schreibt von 6. Fähnlein) Und / unter solchem seinem Regiment / lagen nachbeschriebene Haupt-Leute / samt dem Adel: Herr Wilhelm Zwirzetizki (oder Susirzetizki) von Wartenberg / Hauptmann über ein Fähnlein Böhmischer Fußknechte / hatte unter sich diese Edlen: Sebastian Knobelsdörffer von Kigowa / Fendrich: Herr Albrecht Bruntalski zu [119] Webna: Herr Woldrtzich Rizanski zu Rizan: Herr Wazlav Richnovski zu Richnowa: Ihan Zerny zu Zielewtziz: Bernhard Brawenski zu Achowtzan: Sebastian Bissitzki zu Bissitz: Wilhelm Kinski zu Chinitz: sc. Sigmund Stoß von Kaunitz: Hanns Frangel von Rogel / sc. Albrecht Löbl von Kalska / und andere mehr. Dem Hauptmann / Peter von Prosetz / folgte / unter seinem Fähnlein Böhmischer Knechte / dieser Böhmischer Adel: Micullas zu Tutzab: Christoph zu Kurochwa: Alexander Reibitz zu Petrowitz: Mazlav Weselitzki zu Weselitz: Ihan Ritiertz zu Janowiz: Herall zu Gellnitz: Ihan Trubski zu Netolitz / und andere mehr. Unter den zwo Böhmischen Compagnien deß Hauptmanns Peter Wopitsch Ginakh Perzina zu Malitzina / lagen diese Adliche Leute: Herr Georg Rizanski zu Rizan: Wartusch Kohautz zu Kamentzo / Leutenant: Achatz von Schlußki / zu Chlunia / Fendrich: Wazlaw Skornie von Trahnowa: Ihan Chinuski von Trahnowa: Jorsig Uzik von Trahnowa: Bouslaw von Gezera: Ludwig Tym: Peter Zasmutzki von Zasmuk: Heinrich Schenk von der Festen: Niclas Tarner: Bernhard Karlick von Nezietiz: Rudolph Neswiz: Wanich Slach von Hrtzibitz: Jorsig Slach von Hrtzibitz: Wanick Borzek von Polezan: Ihan von Lochlabu: Ihan Obadovski: Ihan Liska zu Tremezina: Caspar von Cossiz: Peter Crabat: Watzlaw Landa von Drewostiz / Fendrich. Uber bisher benannte haben sich / in der Kriegs-Räthen / und andrer Herren / Suite / folgende Edle (und theils vielleicht mit unter die Edlen gerechnete) Leute befunden: Beym Grafen / Niclas von Salm: Michael Resch: Melchior Krekwiz: Georg Niemiz: Niclas Prinnigk: Beym Herrn / Wilhelm von Rogendorff: la Farza, Stallmeister: Ihan von Hewen: Andreas Prückner von Schlüsselberg / der Jüngere: Veit von Lapiz: Martin Pichelberg: Bastian Neuchinger: N. Cicero: Leopold Lerch: Carl Küheschmaltz. Beym Stathalter: Hanns Freyfinger / und Christoph Hofmann. Bey Herrn Wolfen von Rogendorff: Hanns Redrer: Hanns Pays: Caspar Weichinger: Hanns Morbach: Hanns Hofmann: Hanns Sigmund von Greisnet: Christoph Paschenbrunner: Christoph Kolnitzer. Beym Obristen Zeugmeister / Ulrich Leisser: Adam von Trautmannsdorff: Christoph von Ehren-auw. Es haben sich auch etliche Herren / Cavalliers / und Edelleute / aus Christritterlicher Großmütigkeit / frewillig mit hinein begeben / als volontaires, und solche / so unter keinem General / Obersten / oder Hauptmann / gestanden; weßwegen billig ihr Gedächtniß / durch die Feder balsamirt / und unverweslich erhalten wird. Sie heissen / wie folget:
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Ruprecht / Graf zu Manderschiet: Graf / Wolff / von Oetingen: welcher sich / auf eignen / und zwar grossen Rosten / in der Belägerung / aufgehalten; und / vom Feuerwerk / in etwas verletzt worden; doch gleichwol ohne Nachtheil am Leben: Wilhelm von Herberstein / Ritter / der Königin Ober-Stallmeister / und Unter-Hofmeister: Christoph von Lamberg / Ritter / Commendant zu Raab. Dieser hat / wie oben erwehnt worden / das Schloß daselbst / weil es nicht fest / noch zu erhalten gewest / auf seines Königs Ordre verbrannt / das Geschütz heraus genommen / und nach Wien geschickt / und nachdem er die Herzunahung der Türkischen Armade erfahren / sich eilends auch dahin begeben. Welches ihm Isthuanfius / da er doch / von diesem Kriege / sonst die besten Particularia gehabt / mißgedeutet / als eine Zaghafftigkeit / so man / der Nachwelt zu ärgerlicher Nachfolge / ungestrafft gelassen. Es ist aber vielmehr kluge Fürsichtigkeit / und seines Königs Ordre??? gemäs gewest: Georg Wolfframstorffer / Königlicher Ober-Jägermeister / und Pfleger zu Ebersdorff: Leonard Hauser / Hauptmann der Wienerischen Burgerschafft / ein braver Kriegsmann / der sich gegen dem Erbfeinde / ehr- und ritterlich gehalten; auch von einem Schuß ein Ehren-Mal an seinem Leibe / so dennoch dem Leben unverfänglich gewest / davon getragen. Diesem wird über diß / zu sonderbarem Nach-Ruhm / geschrieben / daß er vielen dörfftigen Weibern und Kindern / in seinem Hause / sehr viel Gutes gethan. Welches sonst / an einem frischem und ungemeinem Soldaten / fast was Ungemeines. Erasmus Scheurer / Hauptmann von Zeng: Hanns Haug / zum Freystein: Hieronymus Ruck: Sigmund Gunteshauser: Juan Salamanca / ein junger Spannischer von Adel: der hernach / unter dem Obristen Cacianer / denen abziehenden Türken nachgesetzt / ihrer viele erlegt / und ungewöhnlich-grossen Ruhm davon getragen. Wir müssen aber auch hinzuthun die Lista der Befehlhaber und Edelleute / so bey den Reichsvölkern in Wien gelegen. Pfaltzgraf Philipp führte mit sich hundert gerüsteter Pferde / darunter zehlte man diese Edlen: Sylvester von Schaumburg / Rittmeister: Ludwig von Grafeneck / Rittmeister. Diese beyde nennet zwar der Frantzösische Author J. B. de Rocoles, in seiner Beschreibung / Colonels, das ist / Obersten: Weil sie aber die Pesoldische Erzehlung Rottmeister tituliret; auch / ohne dem nicht zu vermuten / daß / bey nur hundert Pferden / zween Obristen seyn solten: so setze ich dafür Rittmeister. Thomas Marschall von Pappenheim: Georg von Rechberg: Caspar von Seckendorff: Hanns von Parsberg: Georg von Aham: Forentz von Venningen: Wolff von Knöringen: Hanns Fetzer: Hanns Rot: Hanns Sigersdorffer: N. Neuheymer: Georg Hund / und dazu zehen Trabanten. Hiernechst waren sieben Hauptleute / über so viel Reichs-Fähnlein; und über solche Officirer / von den Curfürsten / zum Obristen und Kriegs-Rath gesetzt Con [121] rad Gottsmann. Ein andrer setzt / für Fähnlein / sieben Regimenter / darüber jetztbedeuteter Obrister / zum General / verordnet sey. Es ist aber derselbe nicht persönlich hineingelangt; sondern zu Crems verblieben; vermutlich bey dem Ubervest der Reichs-Völker. Unter besagten sieben Hauptleuten / liessen sich diese Edelleute gebrauchen: Unterm Georg von Lauffenholtz / Hauptmann über ein Fähnlein Reichsknechte / oder / wie es vor-angezeigter Frantzösischer Author gibt / Feldmarschalln über ein Regiment der Reichs-Völker (wofür man aber billiger Oberster hätte schreiben sollen; in Betrachtung / daß man nicht / über jedes Regiment / gleich einen Feldmarschall verordnet) unter diesem Hauptmann (oder Obersten) sag ich / fochten diese Edlen: Hanns von Nördlingen / Fendrich: Hanns von Festenberg: Martin von Egloffstein: Veit von Egloffstein: Hanns Georg von Blanckenfels: Gundel und Ambrosius / von Schamberg: Thomas von Königsfeld: Sebastian Erlabeck: Wolff Hirnkopff. Hanns Taubentantz / Reichs-Hauptmann über ein Fähnlein Knechte (oder / wie angezogener Author setzt / Obrister über ein Regiment der Reichsvölker) hatte unter sich folgende Adel-Pursch:
Balthasar von Bock / Fendrich: Wolff von Kreutzen: Thomas von Liebenthal: Kersten (oder Christian) von Schönbeck: Christoph von Egloffstein-Erasmus von der Heid: Leopold von Wolfframsdorff: Bernhard Borck: Job von Taubeneck: Caspar von Echsdorff: Georg Petersdörffer: Christoph von Mahle: Caspar von Mahle: Ulrich Kalb: sc. Unter Hauptmanns / Hannsen von Gundelfingers Fähnlein / war nur ein Edelmann / Namens / Christoph Groland. Caspar Altmühlsteiner Zammacher / Hauptmann über ein Fähnlein der Reichsknechte / hatte aus den alten Geschlechtern von Nürnberg / unter sich diese Personen: Pangratz Zöllner / Fendrich: Christoph Stromer: Niclas Rosenberger: Friedrich Haner. Unterm Hanns von Riedlingen / Hauptmann über ein Fähnlein / stunden diese Edle: Martin von Kalchstein: Jobst von der Heyd: Hanns Reychsing / von Arnstein: Wolff von Zeyr: und Georg Schmied von Nürnberg / Fendrich. Uuter dem Reichs-Fähnlein / Hauptmanns Groß-Michel von Onoltzbach / seynd diese gelegen: Paul Harthum von Gumpenberg / Fendrich: Herr Heinrich Oslowski: Georg Oslowski: Casimir von Seckendorff Aberdar: Georg von Bierbaum: Otto Schuoposki: Georg Zauersenski: Hanns Letinski: Moritz Gruber: Engelhard Schlein: Hanns Worle. Unterm Fähnlein Hauptmanns Michel von Bamberg / dieneten diese Edlen-Wilhelm von Ertzdorff zu Mimritz: Jeronymus von Sachsa: Georg Wolff Kolckwitz: Wolff Schütz von Meylingen: Melchior Scheid / von Freyburg aus [122] Meissen / Fendrich. Jacob von Werdenau / zu Waldhausen und Trausnit / war zum Obersten bestellt / über sieben Compagnien Reichs-Fuß-Völker; muste aber persönlich / bey dem Pfaltzgrafen / Friedrich / zu Crems / verbleiben / und aus Wien zuruck bleiben: Doch wurden indessen daselbst / zu Wien / bemeldte sieben Compagnien von sieben Unterhauptleuten / commandirt. Unter denen nach-benamte Adels-Leute / Dienste thaten. Unterm Obristen Leutenant / Ludwig von Grafeneck / der über ein Fähnlein Reichs-Knechte Hauptmann war / stunden diese: Wilhelm Guß von Gussenberg / Fendrich: Hanns von Werdnau: Wilhelm Reittrad; welcher den Sturm-Sold empfangen hat. Unterm Rudolph von Pappenheim / Erb-Marschalln deß Römischen Reichs / diese: Hanns Sigmund von Ellerbach / Fendrich: Conrad / Herr zu Heydeck: Bastian Flach von Schwartzenburg: Hanns Joachim von Parsberg. Unterm Hauptman Gregor Lamparter vom Greiffenstein / diese nachgesetzte: Herr Hanns / Freyherr zu Degenberg: Herr Hanns / Freyherr zu Seeberg: Herr Heymeran / Herr zu Seeberg: Heinrich von Essendorff: Hanns vom Stein: Sigmund Teitenhofer: Caspar Ottenberger: Hanns Matthes Mußler: Wilhelm Melwart: Philipp Schmuck: Jörg von Fehingen / Fendrich. Unterm Hauptmann / Hanns Mergel von Memmingen / diese zween: Cunrad Fuchs von Ebenhofen: und N. vom Stein. Unterm Hauptmann / Hanns Hablutzel / diese: Hanns Burghard Faber / Fendrich: Greger Ulmer: Hanns-Priena. Unterm Hauptmann / Wilhelm Talheymer / folgende: Hanns von Parsberg: Melchior Vetter: Hanns Startz: Georg Hausner: Hanns Hüber: Victor Dirl: Andre Castner: Hanns von Loßnitz: Hanns Eisen / Fendrich. Ob aber der Author hiebey / und anderswo / nicht etwan einen oder andren / mit unterlauffen lässet / der kein geborner von Adel / sondern nur durch Tapfferkeit geadelter / oder Adels-würdiger / gewesen / kan ich nicht versichern. Unterm Hauptmann / Christoph Jüden / stunden diese nach-bemeldte: Wolff Jud / Hanns Westendorffer: Hanns Kitzmagel: Ruprecht Tannhäuser: Philips und Georg Kinberger / Gebrüder: Hanns Poyssel: Hanns Hengelschofer: Stephan Heurhaus: Georg Kräpffl: Georg Prüninger: Hanns Mostheymer: Hanns Pücher: Sigmund Stammer: Wilhelm Halmbeck. 25 Von andren fürnehmen Befehlhabern / oder Kriegs-Amtleuten aber / waren / bey den Reichs-Völkern / in der Wienerischen Belägerung / nechst-benennende Personen: Ernst von Brandenstein / General Kriegs-Commissarius / oder Obrister Mustermeister / über die Fußknechte deß Reichs: Michael Böhm / Reichs Oberster Zeugmeister / nebst vier und zwanzig Stuckmeistern: Georg von Mindel [123] heim / Schultheis (oder Aubitör) über den gantzen Hauffen deß Reichs: Bartholome Aman / von Ingolstat / Obrister (oder General) Profos / über alles Kriegsvolk deß Reichs: Philipp von Gelnhausen / Wachtmeister (vielleicht Obrister Wachtmeister) über die sieben Compagnien deß Obristen Conrad Gotzmanns / daraus besagter Author sieben Regimenter macht. Bastian von Schorndorff / Obrister Wachtmeister / über Jacobs von Werdnau Regiment; nemlich über die zuletzt-beschriebene sieben Compagnien / welche der de Rocoles ebenfalls / für Regimenter / irrig angibt. Hanns Schmiedel von Eger / welchen mehr-gedachter de Rocoles einen Obersten und Quartiermeister; Leunclavius aber / mit dem Paul Pesold (oder Besold) rechter den Obristen Quartiermeister über alles Kriegsvolk deß Reichs / nennet. Ist so viel / als heut / General Quartiermeister / geredt. Die allerletzten / so von den Reichsvölkern / in Wien hinein gekommen / seynd 2. Nürnbergische Fähnlein gewesen; wie bald hernach / mit mehrern / soll vermeldet werden. Als nun / vorangeregter Massen / einige Türkische Vor-Truppen / am 21. Septembris / der Stadt / vor dem Gesicht / herum zu flattern begunnten: schiene es hohe Zeit / das Mitleiden / wodurch bishero / so lang man die würkliche Belägerung noch bezweiffelt hatte / noch manches schönes Gebäu verschont blieben / der Fürsichtigkeit und gemeiner Wolfahrt aufzuopffern; damit kein allgemeines Nothleiden daraus entstünde. Alle Kriegs-Verständige kunten / nach nothdürfftiger Besichtigung aller Gebäu und Wehren der Stadt / nicht anders urtheilen / als daß man den neu-geschütteten Wall / womit bishero alle Vor-Städte umgürtet waren / ohnangesehn / derselbe / mit grosser Mühe und Kosten / war aufgerichtet / zu verlassen / und einzureissen hätte / samt den Vorstädten selbsten: jedoch war die flehentliche Fürbitte der Einwohner bis daher noch vor den Riß gestanden / damit die Gebäue / darein ihrer viele ihre meiste Armut gesteckt / nicht mögten zu Grunde / noch ihr Vermögen in die Asche gehn. Nunmehr aber machte die vor Augen schwebende Noth dem Kriegs-Rath ein eisernes Herr / das von keinen Threnen sich mehr erweichen / noch den Schluß unterbrechen lassen wolte: Sondern man fing nun an / so wol die Vor-Städte / als andre Gebäue / darunter viel gar ansehnliche waren / abzubrechen. Es muste das Schloß auf dem Kalenberge / darauf vor Zeiten die Ertz-Herzogen ihre Residentz gehabt / eben so wol mit daran / ward zersprengt / und zerschleifft. Den Bauersleuten befahl man / mit ihrem Vieh / ja aller Haab und Gut / sich in die Stadt zu begeben. Die Vor-Städte / so überaus weit / und zum Theil wol erbaut waren / ruinirte man / nach und nach / also / daß man / etliche Tage vor Ankunfft deß Feindes / mit Einreissung bald dieses bald jenes Gebäues / den betrübten Anfang machte. Weil aber / unter solchem Abbrechen / der Feind ihnen zu bald auf den Hals kam: wurden sie genöthigt / dieselbe in Brand zu setzen. Massen sie dann / am 22. Septembr. die eine / hernach folgenden Tags / die zwo andre Vor-Städte / darinn [124] über 800. Zimmer gestanden / mit grossem Schaden / und Wehklagen deß armen Volks / durch Feuer aufgeräumt. Solches Brennen hat / vier Tage / aneinander gewähret / bis der Türk persönlich vor die Stadt gekommmen. Wodurch dann vieler wolhabenden Leute Reichthum / in grosse Armut umgeschmeltzt / auch sonst sehr viel Guts und Proviands / in der Eile / mit aufgeflogen. Was das Feuer nicht raffte / das raubte der freche Landsknecht. Geld und Kleinodien / so diese arme Vor-Städte aus dem Brand errettet hatten / rissen diese Greyphen ihnen aus den Händen / und die Seckel vom Halse. Den Wein / in den Kellern / machten sie / unter sich / Preis / soffen sich toll und voll drein / trugen einen Theil davon / und liessen das Ubrige in den Keller lauffen / also / daß man / bis an die Knorren / in dem herrlichsten Wein / watete. Wolte sich der Hausherr widersetzen; so zerschlugen sie ihn gar übel. Es war auch / in etlichen Kirchen / in der Königlichen Burg / in der Stadt / und fast in allen Häusern / nichts sicher. Summa; es ging zu / als hätte man keine Freunde / sondern Feinde / und feindliche Beute / vor sich. Wie dann ein wehrloses Gut / und unbewehrter Reichthum / zu Kriegs-Zeiten / gemeiniglich / von mutwilligen Soldaten / für ihr Accident / und beschehrtes Glück / geachtet wird. Unterdessen erscheinen / am 22. Septembr. wiederum frische Truppen vom Feinde / und stiessen / nach und nach immer noch andre dazu / so lange / bis die völlige Macht zugegen war. Sie setzten je länger je öffter / und hefftiger / auf die annoch draussen stehende Christliche Partheyen an: die sich / drey Tage nacheinander / ihrer ritterlich erwehrten / und manchen Türken-Kopf in die Stadt brachten. An diesem 22. September aber / wollen etliche / sey eigentlich allererst die Stadt / zum erstenmal / berennet worden / Vormittags um 9. Uhr: Welches hingegen andre / auf den 21 sten / als vorhergehenden Tag / verlegen. Es kan seyn / daß / am 21 sten / zwar allbereit etliche Truppen erblickt worden / denenselbigen aber / am folgenden Tage / viel frische zugemarschirt / daß die Stadt erst / am 22 sten / recht können berennet werden. Diesen / gedachte man / einen Willkomm zu geben: Derhalben geschahe (am 23. Sept.) ein Ausfall / durch das Stuben-Thor / welches noch nicht verworffen war / mit fünffhundert Kürissirern Graf Hannsens von Hardeck / um / mit den Türken zu scharmitziren. Isthuanfius versetzt diesen Ausfall / auf den 26. September / Ortelius und Leunclavius auf den 25 sten: aber die Umstände stimmen dem Pesold bey / daß es / am 23 sten / geschehen. Wie sie aber mit dem Rennfahnen / hinaus bey St. Marx / kamen; begegneten ihnen die Tartarn und Türken so stark / mit einer Wolken von Pfeilen und Kugeln / daß sie / nach einem resolutem Angriff (wiewol andre schreiben / ohne sonderbaren Angriff) unerwartet deß ihnen nachbeorderten starken Succurses / von Stund an den Rucken wendeten / und nach der Stadt eileten. Hiedurch kam auch der Entsatz gäntzlich in Unordnung / und der gantze Hauffe drüber in die [125] Flucht. Worüber des von Hardeck sein Fendrich / Namens Christoph Zedlitz / gefangen ward / samt sechs Reutern. Jovius setzt dazu / samt dem Standart; aber irrig: Denn / als diesem Cornet das Pferd / unterm Leib / erschossen worden; hat er das Reuter-Fähnlein hehänd einem andren in die Faust geworffen: damit es derselbe wieder mit in die Stadt brächte. Uber das hieb der Feind / drey Reuter nieder / und / bey St. Marx / vierzehen armer Siechen; steckte solcher dreyen Reuter / wie auch dreyer der Spittel-Leute / abgehauene Köpffe auf die Lantzen: und zwang die sechs Gefangene (dann der siebende / nemlich der Fendrich / blieb dessen überhohen) daß jedweder einen solcher blutigen Köpffe / bis ungefähr zwo Meilen unter Bruck an der Leita / dem Suldan Solimann musten entgegen tragen. Derselbe ließ diese sieben Gefangene vor sich kommen / und fragte sie: Ob die Fürsten und Commendanten in der Stadt gesinnt wären / ihm dieselbe zu übergeben? Sie gaben zur Antwort: Nein / sondern / es wäre beschlossen / zu fechten / bis auf den letzten Bluts-Tropffen / und darauf hätten sie sich alle verschworen. Uber dieser unvermuteten Nachricht schien er in etwas zu erschrecken; fragte aber hernach weiter / wie stark die Soldatesca / in der Stadt / wäre? Sie sagten: Zwantzigtausend zu Fuß / und zweytausend zu Pferde. Demnechst forderte er Bericht / wo ihr König wäre: Und da sie antworteten: Er wäre zu Lintz / 24. Meilen von Wien (starke wird der Fendrich gemeint / oder mit Fleiß nur 24. gesagt haben: dann sonst sind es 30.) versetzte Solimann darauf diese Großsprecherey: Ich will hin / und ihn aufsuchen / bis mitten ins Reich / und auch die übrige Länder der Teutschen heimsuchen. Und warum (that er hinzu) habt ihr eure Vor-Städte weggebrannt? Es wird der Stadt wenig helffen: Ich bin schon gnugsam versichert / daß sie mir muß werden. Sie / denen nicht zu rathen war / einem so mächtigen Tyrannen viel zu widersprechen / fügten darauf keine andre / als diese bedachtsame Worte: Es wäre ihnen die Ursache nicht bewust. Eben desselbigen Tages / führten die Blocquirte zween gefangene Türken / mit verbundenen Augen / durch die Stadt / liessen dieselbe ledig / und schickten sie / ohn einige Beleidigung / wiederum / zu den Ihrigen / hinaus. Diese Bezeigung gefiel dem Solimann wol: und zu weisen / daß seine Großmütigkeit / weder mit Höfflichkeit / noch mit Gewalt / sich liesse übertreffen; hat er nachmals / am 14. Octobr. hingegen auch etliche Gefangene los gegeben / und köstlich bekleidet nach der Stadt zurück gefertigt; wie / an seinem Ort / soll erzehlet werden. Am 24. Sept. sollen oberwehnte beyde Oerter / Bruck und Trautmannsdorff / weil sie gegen seiner Macht nicht bestand / sich gutwillig an ihn ergeben / und auch keinen Schaden erlitten haben. Man wolte nemlich solchen / zu erst gefangenen Vögeln die Köpffe nicht eindrücken: damit Verschonung andren mehrern / zur Nachfolge / pfeiffen / und die Stadt Wien / zu gleichwilliger Ubergabe / locken mögte.
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Nach dieser beyden Oerter Einnehmung / wollen etliche / sey erstlich der Michalogli / mit 30000. (oder 15000.) leichten Tartarisch- und Türkischen Reutern / ausgecommandirt / und bis in die Steyermark gegangen / und nachdem er die Donau gepassirt / habe er die Verwüstung ausgebreitet / bis nach Lauraco (oder Lorch) einem uralten Schloß / in Ober-Oesterreich / am In-Strom. Inzwischen ist / an diesem Tage / (wann Ortelius nicht fehlet / wie sonst nicht selten geschicht) die Türkische Schiff-Flotte auch / bey dem Lager angelangt. Wiewol das rechte Haupt-Lager annoch nicht heut / sondern allererst / am 26 sten / samt dem Türkischen Suldan selbsten / vor der Stadt sich gestellet. Diese Flotte soll / wie der Pesold erzehlet / 200. Nasadisten-Schiffe stark gewesen seyn. Isthuanfius schätzet sie auf 160. Streit-Schiffe stark / ohn die Nachen und den Fahrzeug / womit man Proviand / und andre Zubehör / nach dem Lager geführt. Ein andrer schreibt von einer viel grössern Zahl / und rechnet blos allein der leichten Barqven, oder Nachen / fünffhundert. Ortelius setzt 400. Nasadisten-Schiffe (oder Nasaden) so / an erst-bemeldtem Tage / mit vielem Geschütz / im Lager angekommen; worunter aber kein grosses gewest; dessen man sich hernach sehr verwundert habe / und die Vermutung gefasst / Solimann müste es entweder zu Ofen gelassen / oder die Besatzung zu Preßburg es ihm versenket haben. Viele seynd in die Gedanken gerathen / es sey / auf heimliche Anstalt deß Groß-Vizirs / Ibrahim (oder Abraham) geschehen: welcher / dem Römischen Käiser / Carolo V. zu Gefallen / als der ihn / durch grosse Geschenke / an sich verbunden / es also gedisponirt / und seinem Suldan eingebildet / Wien wäre gar nicht fest / würde / ohne Canon-Schuß / vor ihm / mit seinen Schlüsseln knien; und daferrn es sich in etwas wolte widersetzen / konnte es doch / weil nur wenig Teutschen zur Besatzung darinn lägen / mit einer mittel mässigen Armee / leicht bezwungen / und gedemütigt werden: deßwegen man deß schweren Geschützes gar wol entrathen könnte. Dem Isthuanfio geht diese Meinung gar willig ein: in Betrachtung / daß / drey Jahre hernach / als Soliman / vor dem unfesten Städtlein Guntz / mit der ganzen Armee / gelegen / und etliche mal gestürmt / Ibrahim ebenfalls dem Commendanten übergeholffen / und den Solimann / zum Abzuge / beredt / nachdem er denselben / etliche Tage / davor aufgehalten / und endlich / nachdem Solimann seine Striche gemerkt / seinen Hals darüber verlohrn. Mancher solte es doch gleichwol lieber hierinn / mit dem Ortelio / halten: zumal weil auch de Rewa bestetiget / es habe dem Solimann / an Mauren-Brechern (oder groben Stücken) gemangelt / und solcher Mangel verhindert / daß er die Wienerische Mauren nicht zu Grunde schiessen können; nachdem / in einem Wasser-Treffen / von dem Königlichen Ammiral / Wolffgang Oeder / ihm daselbst die Schiffe / worauf die schweren Stücke waren / samt dem Geschütz / und sonst vielem andrem köstlichem Geräth / in Grund geblitzt worden. 26
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Es will auch Jovius diesem Stuck-Mangel die Erhaltung der Stadt Wien / und solche Geschütz-Ermanglung dem Streit vor Preßburg zumessen / da er schreibet: Nam cum muralibus careret tormentis, ad id oppugnationis genus via rectior ac potior videbatur, vel ob id praesertim, quod magno Viennensium commodo accidit. Wolfgangus Hoder Posonio exiens cum justo tormentorum apparatu, expeditisq???ue copiis, subeuntem adverso flumine Turcarum classem eo eventu aggressus fuerat, ut multa navigia minora demergeret, & lintres aliquot magnos, quib??? majora tormenta ad oppugnationem moenium subvehebantur, perforaret atque demergeret, & Turcae amissis pluribus è numero sociorum navalium, multisq???ue militibus, qui classi praesidio impositi fuerant, interfectis, insigni clade afficerentur, paucisq???ue suorum amissis Wolfgangus Posonium victor rediret. Reliqua tamen barbarorum classis ubi Viennam pervenit &c. Dann weil ihm (dem Solimann) Stücke mangelten zum Pressa-schriessen / schiene die Untergrabung der Mauren der richtigst- und beste Weg zu seyn; bevorab aus dieser Ursach / die denen in Wien zu grossem Vortheil gerathen: Wolfgang Oeder war / von Preßburg / mit gnugsamer Anzahl von Stücken und Völkern / ausgegangen / und hatte die Türkische Flotte / so den Strom heraufgefahren kam / mit solchem Erfolg angegriffen / daß er viel der kleineren Schiffe versenkte / auch etliche grosse Nachen / darinn manschwere Stücke / zur Bestreitung der Mauren / zuführete / durch gebohrt / und in den Grund geschickt: worauf die Türken viel ihrer Schiffleute eingebüsst / auch viel Soldaten / womit die Flotte besetzt war / erschlagen worden / und sie also eine grosse Niederlage erlitten; hingegen der Wolffgang / mit geringem Verlust etlicher weniger Leute / sieghafft wieder umgekehrt / nach Preßburg. Gleichwol ist die übrige Flotte der Barbarn nach Wien gelangt / sc. 27 Es sihet / als wolte Jovius / in jetzt-angezogenen Zeilen / ein rechtes Schiff-Treffen anzeigen; wie es / bey obangeführtem de Rewa, gleiche Bedeutung hat / indem er es Praelium navale, ein Schiff-Treffen / ausdrücklich nennet. Vielleicht mögte de Rewa dieser Action darum den Namen eines Schiff-Treffens geben / weil die feindliche Schiffe damit getroffen worden; und nicht in solcher Bedeutung / als ob der Königliche Commendant zu Preßburg / mit Schiffen sie hätte befochten; wann er nicht den Wolffgang Oeder Classis Praefectum, einen Ammiral hiesse: Aber es scheint / daß hierinn weder de Rewa, noch Jovius / recht informirt worden. Dann gemeldter Wolffgang Oeder ist kein Admiral / sondern Commendant zu Preßburg gewest: Massen die Leunclavisch-Pesoldische Beschreibung gedenkt / er sey / vom Könige / zum Obristen über selbiges Orts Besatzung / verordnet worden / habe denen Türkischen Nasadisten / und Schiffen / aus dem Schloß und der Stadt / grossen Schaden und Abbruch / durchs Geschütz / zu [128] gefügt; welches er / aus dem Schloß und der Stadt / über einen kleinen Arm der Donau / in eine Au / zwischen den Wassern gelegt: Wiewol dennoch hiedurch das Türkische Schiffheer nicht habe können gar zurück getrieben werden. So schreibt auch Isthuanfius / es hätten Johannes Salay / und Wolff Oeder / jenseitiges Donau-Ufer / mit Volk und Stücken besetzt / und weil die erbfeindliche Flotte gegen den Strom sich mühsam hinauf arbeiten müssen / etliche Schiffe ihr durchlöchert / und in Grund gebracht. Zudem haben die Unsrige gar keine Streit-fertige Flotte gehabt / damit sie der Türkischen hätten können begegnen. Dann ob zwar der König etliche hundert Schiffe ließ verfertigen und ausrüsten; seynd doch die bestellte Italiänische Schiff-Leute ausblieben: weßwegen sie / von den Unsrigen selbsten / gestaltsam ich / unten an seinem Ort / erzehlen werde / ruinirt worden. Wie dem allen / so scheinet doch auch nicht vermutlich / daß / bey zu Grundschiessung etlicher Schiffe / eben alle diejenige drauf gegangen wären / darinn die schweren Stücke gewest / und also gerad alles solches grobes Geschütz darüber verlohren worden: sondern / daß etwan / etliche daselbst mit versenkt; die übrige aber / bey Comorra / hinterlassen seyn; indem Solimannus / in der festen Einbildung / vor Wien gezogen / als ob / aus Erschreckung für seinem gewaltigen Anzuge / die Stadt halb davon geloffen / und von Einwohnern fast leer sich antreffen lassen / und also gantz willig sich ergeben würde. Massen diß letzte solches / in der Peslerischen (oder Pesoldischen) Erzehlung / für die Ursach der ausgebliebenen schweren Stücke / ausgegeben wird. Mir aber kommt beydes warscheinlich vor; nemlich daß vielleicht etliche / aber wenige schwere Stücke / zu Wasser hinauf geführt / und daselbst / durch deß Obersten Oeders Canonen zu Grunde gerichtet / die übrige / und zwar die meisten / nicht nur bey Comorra / sondern wol gar bey Adrianopel / oder Constantinopel zurück gelassen worden. Wiewol ich fast lieber sagen wolte / es wären gar keine / weder zu Wasser / noch zu Lande / mitgenommen. Zu Wasser nicht: weil die Unsrigen die versenkte / ohne Zweiffel / hernach wol würden / nach überstandener Belägerung / wiederum heraus gezogen haben / und nach Wien geführt: davon man gleichwol nichts lieset. Zu Lande nicht: weil sie / durch so böse Wege / wie der Herbst machet / schwerlich wären fort- und noch schwerer zurück zu bringen gewest: und der Suldan / wann gleich nicht durch Uberredung deß Groß-Vezirs / dennoch ohne dem in der festen Einbildung gesteckt / Wien würde gar leicht / ohne starke Beschiessung aus schweren Stücken / sich gegen ihm bequemen; weil / bey seinem ersten Aufbruch / noch wenig Völker darinn waren / welches ihm die Kundschaffer ohne Zweifel hinterbracht / und die meisten Regimenter gar langsam und spat hinein gekommen; also / daß / wann ihn die bösen Wegen nicht so aufgehalten / die Stadt schwerlich sich hätte halten können. Ob nun gleich die Stadt Wien allbereit mehrentheils berennet und gesperrt war; kamen doch noch / am 25. Sept. die letzte Völker / nemlich zwo Nürnbergische Compagnien zu Fuß / in gerüsster [129] Ordnung / mit fliegenden Fahrten / und klingendem Spiel / ungehindert vom Feinde / in die Stadt. Diesen waren unterwegs / zwischen Treßmaur / (wie es Ortelius nennet) und Tulln / viel flüchtiges Burger-Volk / sonderlich aber viel Weiber und Kinder / nechst vielen Ordens-Leuten / in fünfftausend stark / zu Fuß begegnet; imgleichen drey-bis viertausend Menschen / zu Schiffe / mit ihren Haab und Gütern. Welche aber nachmals mehrentheils der Türkisch-Tartarischen Reuterey in die Hände / wie Hirten-lose Schafe den Wölfen in die Klauen / gerathen / und entweder erbärmlich nidergesebelt / oder gefänglich weggeführt / und ihre Güter vom Raube verschlungen worden. So geht mancher seinem Unglück entgegen / indem er ihm vermeint zu entgehen: Und wem GOtt / von solchen seinen Geisseln / einen Streich zumessen will / der drehet den Rücken vergeblich / bald hie / bald dorthin. Welchen er erhaschen will / kann ihm nicht entfliehen / ob er gleich Flügel der Morgenröte nähme. Gleichwie nun an diesem 25. Herbsttage die Stadt / um etliche Fähnlein / besagter massen / und zwar zum letzten / verstärcket ward: also wuchs auch die Macht und Menge ihrer Belägerer / eben an demselbigen Tage / noch grösser / und marschirten nun / der Kern Ottomannischer Kriegs-Macht / die Janitscharen / grössern Theils / zum Lager hinein. Die Anzahl dieser Fuß-Soldatesca / summiren etliche auf zwantzig tausend / andere auf viel weniger / nemlich auf zwölfftausend. Wiewol man nicht wähnen muß / als ob nicht sonst auch allerhand liederlich Gesind zu Fuß dem Lager sey gefolgt. Denn allhie werden nur die streitbare Fuß-Völcker / nemlich die Janitscharen / gemeint / welche zu der Zeit / die streitbarste Militz in der Welt / und in den Türkischen Kriegs-Schulen erzogen / dazu allbereit bey manchen Feldzügen / zum Ernst / durch übende Erfahrung gewetzt und abgerichtet waren. Denn obgleich ein gewisser Author schreibt / ausser solcher Anzahl der Janitscharen / sey kein andres Fußvolk mehr / sondern das übrige eitel Reuterey gewest; fehlet er doch: sintemal aus dem Isthuanfio / und der Erfahrung / man es viel anders weiß; nemlich daß sie / auch ausser besagten Janitscharen / noch viel andere Soldaten zu Fuß / wiewol keine so geübte und mannhaffte / als wie jene waren / bey sich geführt. Diese scharffe Probirer und Versucher unsers Muts / die Janitscharen sag ich / machten sich bald zu nutz das von den ruinirten Vor-Städten noch überbliebene Gemäuer / welches die aus der Stadt / wegen allzu eiligen Anmarsches des Feinds / zu ihrem Schaden / unabgeworffen hatten hinterlassen. Angesehen / folgenden Tags / nemlich am 26. Septembris / siebentausend Janitscharen sich hinein gelegt / und solches Maur-Werk / für einen guten Schild wider das Geschöß der Stadt / angenommen. Welches ihnen auch guter Behelff / und so grosser Vortheil / als den Unserigen ein grossen Nachtheil / gewest: Sintemal sie daselbst / rings umher / Löcher durchgebrochen / durch selbige unaufhörlich / mit Hacken / Falkonetlein / und Handröhren / dermassen nach den Stadt-Mauren / als welchen sie gar na [130] he sich postirt hatten / zieleten / daß der jenige / so sich nur ein wenig blicken ließ / gleich getroffen ward. Selbige Janitscharen seynd / wie die Pesoldische Beschreibung berichtet / aus des Sultans Leib-Guarde gewest / darauf er sein meistes Hertz und Vertrauen gesetzt / und sie auf Person deßwegen fürnemlich bestellet hat: hoch also / daß sie täglich abgewechselt / und ihrer / ohn Unterlaß / in die fünff- oder sechstausend / mit ihren Faust-Röhren / und Flitsch-Bögen / sonderlich vorm Kärner - Thor / hinter den öden verbronnenen Mauren der Vorstadt / daraus sie ihre Schantzen und Schießlöcher gemacht / gelegen. Denn an diesem / nemlich 26 sten Herbst-Tage / stund nunmehr die völlige Türken-Macht / und ihr höchstes Haupt / Sultan Solimann selbst / vor Wien: dahin er sich viel eher gewünscht und bestimmt hatte / weder das stätige Regen-Wetter / und die tieffen Wege / ihm gestatten wollen. er umsetzte die Stadt umher dergestalt / und schloß sie so enge ein / daß nun kein Mensch mehr / weder aus noch ein kunnte ungefochten. Sein Feldlager erstreckte sich so weit und breit / daß mans auf dem S. Stephans - Thurn nicht übersehen kunnte. Alle Felder / Berge / und Gegenden / bey und neben der Stadt / sahe man / mit unzehlich-vielen Zelten weit und breit bedeckt: derer / wann Ortelius keinen Zusatz in die Feder empfangen hat / fünff- und zwantzigtausend gewest / und also zehentausend mehr / weder bey jüngster letzten Belägerung / da man die Gezelte auf funffzehentausend geschätzt. So nun diesesmal ihrer eine solche Menge gewest / steht gar wol zu glauben / Solimanni Feldlager habe noch zehentausend Zelten mehr gehabt: sintemal selbiges diesem jüngsten (und GOtt gebe allerletztem) in der Stärcke weit vorgegangen / so wol / als in der Streitbarkeit. In der Besoldischen Verzeichniß / findet sich gleiche Anzahl der Gezelte / mit dem Anhange / daß dieselbe noch wol höher gestiegen. Diesem nach braucht es keines Verwunderns / wann etliche schreiben / daß ihr Lager / rings umher / bis auf zehen Meilen Landes / bedeckt habe: zumal / weil solche Lager-Zelten gleichwol so fern von der Stadt / gepflanzt worden / daß man sie mit keiner Stuck-Kugel erreichen / und die Türken gar bequemlich haben nach Holtz und Futter reiten mögen. Es erstreckten sich solche Gezelte / vom Wiener Walde an / bis (ausser einem Stuck - Schuß) zu der Stadt / drey Meilwegs lang; gegen Preßburg und Ofen zu aber / auf 4. Meilen; und oberhalb Wien / bis um den Kalenberg / mit den Türkischen Reutern / wie auch denen Ungarischen Husaren / welche auf deß von Zips Seiten stunden / die den Donau-Strom eingenommen / zwo Meilen lang. Indem sich also die Völcker lagerten / und ihre Gezelte auffschlugen / auch gewaltige Schanzen auffwarffen; schickte Solimannus alsofort einen in die Stadt / und ließ ihnen entbieten / dafern sie sich / auf ehr- und leidliche Mittel / würden ergeben / wolte er ihnen Gnade beweisen: gedächten sie sich aber halsstarrig zu wehren; so solte / wenn er die Stadt in seinen Gewalt brächte / keines Menschen [131] verschont werden. Sie gaben zur Antwort: Er mögte sein Glück / so gut er könnte / versuchen; sie aber wolten ihre Stadt und Burger / mit GOttes Hülffe / so lange sich eine Ader in ihnen rührte / vertheidigen / beyeinander ritterlich leben und sterben. Uber welche frische Antwort er sich hefftig soll erzörnt / und / aus Spott / oder hochmütiger Verachtung / ihnen einen Gefangenen zugeschickt haben / mit dieser Erbietung / er wolte ihnen die dreyhundert Böhmen (von welchen oben zweifelhaffte Meldung geschehen) so sich in Altenburg ihn ergeben hätten / gerne wiederschencken; auf daß sie in der Stadt mögten noch ein wenig stärcker seyn. Worauf der Pfalzgrat diesem Ottomannischen Sennacherib zur Antwort sagen lassen: Er hätte mehr Volcks in der Stadt / als ihm / dem Sultan / könnte lieb seyn: Darum mögte er die / so sich an ihn ergeben hätten / für sich behalten / und mit ihnen anfangen / was er wolte; die Stadt Wien würde eines solchen geringen Schadens leicht vergessen.
Andre / nemlich der Pesold / und de Rocoles, (wiewol dieser letzter schreibt / es sey am 14. Tag Octobris geschehen: welches aber auch nicht seyn kan /) melden / er habe / am 25. Septembris / aus den sieben Gefangenen / deren oben gedacht worden / vier ledig gelassen / und in die Stadt geschickt / nachdem er jedwedem drey Türkische Ducaten geschenckt / mit Befehl / dem Commendanten in der Stadt anzudeuten; wofern sie die anerbietliche gute Gelegenheit ergreiffen / und ihm die Stadt übergeben würden; wolte er ihnen einen guten Accord machen; keine Kriegs-Völker / um alle Unordnung zu verhüten / hinein ziehen / und der Burgerschafft nichts unbilliges / weder an ihrer Person / noch Gütern / widerfahren lassen. Würden sie aber diese so vortheilhaffte Erbietungen verschmähen; so wolte er eher nicht aufbrechen / bevor er sie hätte unter seine Gewalt bezwungen; alles / sonder Verschonung einiges Alters / oder Geschlechts / der Schärffe seines Sebels unterwerffen / und die Stadt schleiffen / bis an den Bodem. Er henkte endlich noch diesen Hochmut hinan / sie / die Freygelassene / könnten ihnen beynebst / von seinentwegen / auch dieses zu verstehen geben: Gleichwie nur ein Gott im Himmel wäre / also müsste auch nur ein höchstes Oberhaupt und vollmächtigster Käiser auf Erden seyn. Er würde keine Ruhe / noch einige Lebens-Vergnügung haben / bevor er sie / und alle Nationen der Christen hätte unter seine Bottmässigkeit / und Herrschafft / gebeugt. Etliche wollen / diese Aufforderung / und zwar / mit jetzo-letzt-beschriebenen Formalien / sey allererst / bey Losgebung des Cornets von Zedlitz / nemlich am 14. Octobis / geschehen. Aber solches streitet mit dem Inhalt dieses seines Begehrens / nemlich mit der Aufforderung. Denn am 14. October war er allbereit im Aufbruch begriffen. Wiewol nicht ohn / und auch offterwehnter Pesold / gedenckt / daß der von Zedlitz sey am 14. October selb dritt / frey gelassen / und in die Stadt geschickt worden; derowegen sihet glaublicher / diese seine hochmütige Anheischung und Forderung der Ubergabe / sey eben wol auch / gleich am 5 ten oder 6 ten Sept. [132] geschehen / entweder durch den erst - Abgeschickten / dessen zuvorderst gedacht ward; oder / durch etliche andre frey-befüßte Gefangene: als deren schon mehr / denn etliche wenige nur / bey sich im Lager gehabt. Weil dann weder seine sansfte noch harte Worte eine willfährige Antwort auswirkten; theilte er sein Lager in gewisse Quartier und Gegenden aus: um nunmehr der halsstarrigen Stadt eine schreckliche Empfindung seiner grossen Macht zu geben. Isthuanfius meldet / es habe der Großvizir Ibrahim den Lager-Platz fleissig außersehn / und für gut erachtet / denselben / nahe bey der Stadt / das Lager / in vier Quartier / einzutheilen / die Gezelte und Feld-Hütten also zu setzen / daß ein langer bequemer Raum / von der Donau an / biß zum Kalenberg / und an selbiges schon vorlängst wüstes Schloß / zu desto füglicher Tränckung der Pferde / sich erstrecken mögte; Für den Sultan Solimann aber / und dessen Hof-Statt / und dem Hospital / bis nach der Donau zu / ausgesondert: denen Begler-Begen / so der Asiatischen und Europäischen Reuterey vorgestanden / sey Ordre gegeben / disseits des Bachs / Wien / welcher / unferrn von der gleich-benamsten Stadt rinnet / sich zu setzen / und selbigen Strich / biß an die S. Ulrichs Kirchen vor der Stadt / gegen dem Kärnter-Thor und Thurn über / zu beziehen. Dem dritten Lager / nemlich der Acangi, die / als Frey / willige / ohne Sold / zu Pferde dienten / unter ihrem General / dem Cassan, einem Mann aus dem Fürstlichem Stamm / derer Mehal Begogliorum, sey der Platz gegen der S. Veits-Kirchen / Mitternachtwerts / angewiesen: Beym Schotten-Thor sey das vierdte Lager geschlagen worden / einen langen Strich langst den Wiesen hinab / beym Donau-Ufer / für die Asapische und Volgarische Fuß-Völker: denen sich ein Theil der Janitscharen / wie auch viel Land- und Bauren-Gesinds / so zur Arbeit an den Batterien / Approches / (oder Lauff-Gräben /) und Minen / bestimmt waren / beygefügt. Leunclavius schreibt / der Feind habe 16. Läger / rings um die Stadt / geschlagen; und theilet also das ganze Feld-Lager in geringere Hauffen oder Quartier; gleichwie Isthuanfius in grössere / nemlich in 4. Haupt-Viertheil. Ich will aber die Gelegenheit dieser Heer-Lagerung / aus andren / etwas genauer und ausführlicher / vorstellen. Vom Stuben-Thor an / bey hundert Schritte auf die linke Hand / gegen der Donau / hat sich der Rumeli Bassa oder Bassa von Rumelia / gesetzt / mit einer ansehnlichen Menge treffliches Volks / zur Beschirmung des Sultans / für aller Uberfallung aus der Stadt. Allernächst aber bey dem Gestade des Stroms / lag viel mit geloffenes armes Türken-Gesinde. So wurden auch daselbst viel Camele und Rosse / auf der Weide / gehalten. Für sich hinab / nach dem Wasser / blieb ein Platz / auf zweyhundert Schritte lang / frey / und bey dem Gestade gegen S. Marx (darinn der Feind viel seiner [133] Back-Oefen hatte) nahm des Sultans Quartier / samt derer / auf seine Leibs-Hut bestellten Janitscharen ihrem / seinen Anfang; und erlängte sich / langst der Donau hinab / bis das Holz unter Ebersdorff; erbreitete sich aber / von dem Wasser / bis mitten in oder vielmehr durch das Dorff Simoning. Ungefehr eines Büchsen-Schusses weit hinter diesem Dorff / wann man von der Stadt / nach der linken Hand zu / heraus geht / prangte deß Groß-Sultans hochansehnliches Gezelt / auf einem etwas erhöheten Lust-reichem Wiesen-Platz / von den köstlichsten Tapezereyen aufgespannt / inwendig mit Gold und Silber-durchwirckten Stuck / und andrem Schmuck / prächtigst ausstafirt / auswendig mit guldnen Knöpffen geziert; dergleichen auch oben / an den Neben-Gezelten / blinkten. Vor demselbigen stunden ungefähr fünffhundert Leibschützen; Vor dem Geschütze daselbst / ein wenig besser hin / die Janitscharen / auf zwölfftausend starck; auf welche Solimann alle seine Victorien bauete / und ihre Faust-Röhren / und Hacken / für die fürnehmste Pfeiler seines Kriegs-Glücks schätzte. Diese trugen / an statt eines Helms / oder Pickelhauben / eine weisse / wüllene / und so dicke Hauben / die nicht leicht einen Schwerdt-Streich ließ durch sich dringen / und langst den Rücken / mit einem brieten Schweiff hinab reichte / forn aber eine Kegel - förmige / und vergüldte / oder versilberte Spitze / an Statt einer Feder / hatte; wie de Revva gedenckt 28 Heutigs Tags tragen die gemeine kleine Wollen-Haube / in Form eines kleinen Zucker-Huts. Ehedessen bestund ihr Gewehr in Pfeilen / Spiessen und Säbeln / und kleinen Beilen; heut in langen Röhren / wie abermal besagter de Rewa erinnert. Daneben führen sie aber / noch heut / auch Beil und Sebel. Und zwar / was das Beil betrifft / berichtet della Valle, daß sie damit die grössesten Dienste thun / so wol zu behänder Auswerffung einer Feld-Schantzen und Lager-Walls / als zu Untergrabung der belägerten Städte. In Feldzügen pflanzen sie ihre Zelten also / daß sie einander berühren / und nahe beym Käiser. Unter ihnen aber darf niemand sein Zelt setzen / ohn die Söhne deß Sultans. Den Namen Janitschar wollen etliche à janua und Czar herleiten / weil sie die Pforten des Käisers bewahren. Hinter dem Türkisch-Käiserlichem Gezelt / legte sich mit einer grossen Anzahl Kriegs-Volk / der Natoli Bassa / das ist der Bassa des kleinern Asiens / und reichte mit seinem Lager / schier bis gen Schwechat. Diesen Bassa / oder Begler Beg / haben die Unsren hernach / in einem Ausfall / erlegt. Neben bemeldtem Dorff / Simoning / am Hinaus-ziehen auf die rechte Hand / lag der Teffterdar / mit seiner Suite, welche die Pesoldische Beschreibung den Obristen Canzler deß Suldans verteutschet; aber irrig; wie Leunclavius / in seinen Pandectis, erinnert. Der es aber auch nicht allerdings füglich einen Cammer-Präsidenten verdolmetschet; ob er es schon recht meinet: dann es ist eigentlich der Käiserliche Ober-Cammermeister / Ober-Schatzmeister / oberste Rentmeister / oder oberste Finanz-Meister; der Ottomannische Reichs-Canzler aber niemand andern / als [134] der Groß-Vizir; welcher auch zugleich Reichs-Statthalter / oberster Reichs-Rath / und Generalissimus / oder Ober-Feldherr deß Ottomannischen Käiserthum ist / solchem nach wol die fürnehmste Feder / als das fürnehmste Schwerdt / und über beyde das höchste Gebiet / führet / nechst dem Käiser. Dieser General Gubernator deß ganzen Ottomannischen Dominats / so zu der Zeit / der Ibrahim Bassa war / lag / mit seinem Kriegs-Volk / am Dorf Simoning / gegen der Stadt einen Büchsen-Schuß / beym Hinaus-ziehen / auf der rechten Hand / bis an das Wiener Gebürge / und von dannen zwerchs herab / auf die nach Ungarn lauffende Land-Strasse; und dann nach der Länge weit hinauf / gegen dem Stuben - Thor zu / neben dem Wiener-Berge / bis zu S. Marx. Eben daselbst herum soll auch der abtrünnige Bischoff von Gran / mit seinen Truppen / sein Lager gehabt haben. Hinter dem Geschütz und der Munition / so ungefehr von S. Marx bis an den Wiener Berg / zwerchs hin / stund / allwo von drey-bis in vierhundert Schlangen / und Falconeten / gepflanzt waren / hielt der Topchi Bascha, oder Feld-Zeugmeister / nebst dem Tschillobie oder General Proviandmeister. Hinter dem Geschützwerk / blieb ein ziemlicher Platz / nach Kriegs-Gebrauch; vor demselben aber ein so grosser und geraumer / als ob man ein Treffen presentiren wolte. Hinter dem Wiener Berge / quartirte sich der Bassa von Griechisch-Weissenburg / mit seinen Truppen. Vom Wiener Berge / vor das Gericht herein / nach der Stadt hin / bis zum Feld-Siechen-Hause / und daselbst herum / war deß Bassa von Boßnia / Offirim Beg, sein Quartier. Vor dem Burg-Thor / und bey S. Ulrich / und derer Gegend / schier bis gen Penzing / lag ein andrer Bassa / der das Kriegs-Volk aus den Christlichen Ländern / Dalmatien / Croatien / und Bosnien / und andern daselbst herum ligenden Ländern / (vornemlich aus solchen Oertern / so entweder dem Könige Johannes anhingen / oder von den Türken erobert waren /) unter seinem Commando führte. Gen Töbling / und gegen S. Veit hinauf / haben die Baschen von Smendre und Mossarski, samt ihren Hauffen / ihr Quartir bezogen. Am Wasser hinauf / von Wien an / bis gen Nußdorf / wurden die Nasadisten-Schiffe gelegt; um alle Zufuhr / von der Donau herab / so zu sperren / damit vor ihren leichten Schifflein und Barquen nichts weder aus / noch ein kommen mögte: und schreiben etliche / es habe daselbst der Türkische Fürst / oder Weywode / Cassan, dessen oben gedacht ward / überall die Auen eingenommen / und über jetzt genannte Nasadisten-Schiffe das Commando geführt. Ich vermuthe / es sey der ältere gewest / und der jüngere der jenige / so / mit der fliegenden Armee / Oesterreich und Steyermarkt durchgestreifft. Vorhin habe ich angezeigt / daß von den Janitscharen / als der Käiserlichen Leib-Garde / stets von fünf- oder sechstausend sich in den Rest der halb geruinirten [135] Vor-Städtischen Mauren gelagert / daselbst mit ihren Röhren und Pfeilen ohn Unterlaß / auf die Stadt geschossen. Diese schlimme Gesellen haben am meisten die Gegend / vom Augustiner Closter / bis für den Kärner-Thurn hinab / bis etwan auf halben Weg nach dem Stuben-Thor / wo sich das Eckische Quartir / bey einem kleinen halben Thürnlein / endete / mit ihren fast unfehlbaren Kugeln und Pfeilen / gefährt / auch in besagtes Gemäur ihre Falconeten und Schlangen so füg- und betrieglich versteckt / daß man auswendig gar nichts von denselben erblickte / als allein die Mund-Löcher. Mit solchen Falconeten / und Doppelhacken / stürtzten sie viel Bluts; schossen damit nicht allein nach S. Stephans Thurn und Kirch-Dach / worauf man die beste / nöthigste / und bequemste Wachten hielt; sondern auch durch die meiste Haus-Dächer / und durch alle Gassen. Die Hand-Bögen und Röhre feyerten noch viel weniger. Wer sich / auf der Mauren / zwischen den Zinnen / nur blicken ließ / der hatte seinen letzten Blick schon gethan: so fix und fertig traffen sie! Hingegen stunden sie / unterm Schutz der Mauren / sicher für dem Schuß und bedeckt. so gar kamen / alle Augenblick / Kugeln oder Pfeile / geflogen / und fielen in solcher Menge / wie ein dicker Hagel / auf das Pflaster / oder auf die Rinnen und Dächer / nider: darunter manche Pfeile gar köstlich / mit Perlen / besetzt waren; um denen in der Stadt zu weisen / was für einen prächtigen und mächtigen Feind sie vor sich hätten. Andre haben hingegen unter solchem unaufhörlichem Schiessen / bald angefangen von bedeutetem Bollwerck an / bis an bemeldtes Eckische Quartir / überall / unter der Erden / unmenschlich zu graben / gegen dem Kärnter-Thor / und der Stadt-Mauren zu / und eine solche Arbeit verrichtet / darüber man / wann sie gleich ein gantzes Jahr damit zugebracht hätten / dennoch hätte erstaunen müssen. Wider dieses so gewaltiges und grausames Heerlager nun / in einer so ziemlich-schlecht versicherten Stadt / zu streiten / mit so geringer Gegen-Macht / erforderte eine ungemeine Standhafftigkeit. Dann Wien war damals sehr übel befestigt / und weder durch seine Situation / noch durch Kunst und Arbeit / gegen so einem entsetzlichem Ernst / gnugsam versehn. Wie dann leider unsre üble Weise fast mit sich bringt / daß wir Teutschen der Gefahr eher nicht recht vorbauen / als / bis sie uns angreifft; sondern gemeiniglich ihr den Vorbau / wider unsre ausländische Feinde lassen / und alsdann ihr allererst nach- oder entgegen bauen / wann wir um den Bau verkürzt und verspätet seynd. Sie / die gute Stadt / hatte nichts zu ihrer Versicherung / als eine alte Mauer / so sechs Schuhe dick / und an derselben einen Graben / darinn kein Wasser war. Dannenhero es kein Wunder wäre gewest / wann / bey so schlechter Befestigung / auch der allertapfferste Held sich nicht getrauet hätte / den Ort / wider eine so grosse feindliche Menge / zu behaupten. Hiebey kam billich auch der weitläufftige Umfang oder Begrif dieser Stadt in Betrachtung / welcher eine grosse Anzahl Kriegs-Leute erforderte / damit alle [136] Posten mögten wol besetzt werden. Es waren nicht über 16000. Mann darinn / so zum Fechten tauglich. Ein grosser Theil war hinab gezogen / Weib und Kind / Vater und Mutter / in Sicherheit zu begleiten; und hernach / durch die schleunige Berennung der Stadt / außgesperrt. Deßwegen sind etliche Scribenten der Meinung / wenn ein General- oder allgemeiner Sturm von der ganzen feindlichen Macht / auf einmal / geschehen wäre / so hätten die Belägerte / für derselben / mit ihrer so geringen / schwerlich bestehn können. Aber wie die Tapfferkeit dem / was schreck- und gefährlich ist / gern den Kampf beut / und ein frisches Herz entgegen setzt; also kunnten alle diese Beschaffenheiten weder dem jungen mutigen Pfalzgrafen / noch dem / unter Blitz und Stahl ergraueten / alten Grafen von Salm / noch dem resolvirten von Rogendorf / noch denen andern Obersten und Kriegs-Räthen / das feste Marmel-Herz zum Wax erweichen: sondern ihre Hoffnung / Ehre einzulegen / erhöhete sich über alle Gefahr / und versprach ihnen einen guten Ausgang: zumal / weil sie / bey ihrer Soldatesca / gleichfalls einen guten Mut verspührten. Weil aber der Mut / ohne Gehirn / leicht danider geworffen wird / und seinen Handel außzuführen nicht vermag: haben diese tapffer-mütige Kriegs-Obersten Mut und Klugheit vereinigt / und eine fürsichtige Gegen-Verfassung gemacht / durch vernünfftige Austheilung ihrer Soldatesca an gewisse Posten / und sonst andre nöthige Anordnung. Und zwar / ehe dann man noch wuste / welcher Gegend der Feind am schärffsten würde ansetzen / wo er graben / sprengen / schiessen / oder anlauffen würde. Man ertheilete aber die Quartier / auf folgende Weise: Der Pfalzgraf / Philipp / nahm das Stuben-Thor-Viertheil / (oder das Ungarische Thor) mit hundert Kürissirern / und 14. Compagnien zu Fuß / in Defension: und reichte sein Posten / von jetzt-erwehntem Thor an / bis zum Biber-Thurn / von dannen auch ferner bis an den rothen Thurn; wiederum von demselben / bis aufs halbe Kärner Viertel. In diesem Quartier / ist der preiswürdige Held auch / Zeit der gantzen Belägerung / verblieben. Dem Obristen Eck von Reischach / welcher ein Regiment (ein ander schreibt / dreytausend Mann) commandirte / ward die Gegend / so mitten zwischen dem Stuben- und Kärnter-Thor anhebt / und bis zum Augustiner Closter geht / anvertraut. Selbiger Gegend war es / mit der Fortification / fast am schlechtesten / bestellt; darum man solchen Abgang / durch streitbare Soldaten / erstatten muste. Abel von Holneck / welcher zwey Fähnlein Steyrischer Militz unter ihm hatte / ist in gedachtes Kloster / und von dannen bis an den Burg-Garten / mit seinen Leuten / logirt worden. An die Burg selbsten / und einen Theil deß Gartens / kam der Maximilian Leiser zu ligen. Leonhard / Freyherr von Fels / empfing Ordre / das Burg-Thor / und den Strich / so von dannen bis an das Schotten-Thor lauffet / zu verfechten. Ein an [137] derer schreibt / der Baron von Fels habe / mit seinen alten Hungarischen Truppen / die Burg selbsten defendirt; hingegen der Maximilian Leiser das Burg-Thor / samt einem Stuck deß Gartens / bis an besagtes Schotten-Thor / und bis an den Juden-Thurn. Den von Felsen aber / auf erheischenden Nothfall einer zu harten Bedrengniß / zu ersetzen / hielten / zwischen dem Burg- und Schotten-Thor / fünffhundert Oesterreichische Reuter / auf vier Plätzen. Unterm Ritter / Hansen von Greisseneck / und dem Leonhard Hauser / so beyde Hauptleute über der Stadt Fußvolk waren / kamen zwey Viertheil von der Burgerschafft zu stehn / und zwar auf beyden Seiten deß Schotten-Thors / nachdem sich der Feind schon hatte / vor der Stadt / gesetzt. Die zwey andre Viertheil der Burgerey wurden dem Burgermeister und Richter / auf Dämpffung deß Feuers / und andre Fürsorge / zugeordnet. Und diesem war das Quartier der Stadt / welches an den Juden-Thurn stosst / und das Elend genennet wird / angewiesen. Reinbrecht von Ebersdorff lag / mit einem Fähnlein Knechte der Oesterreichischen Städte / in Gesellschaft Hannsen Entzeweisers / und Richards Ifaners / als Hauptleuten über den zehenden Mann deß Ertz-Herzogthums Oesterreich / samt den Sapnnischen Knechten / ein wenig unterhalb deß Schotten-Thors / gegen der Donau; und von dort an / bis zum Werther-Thor. Wiewol / was die Spannier betrifft / glaublicher lautet / daß / wie ein andrer berichtet / ein Regiment derselben (und mehr seynd ihrer auch nicht gewesen / als ein Regiment von 700. Köpfen) bey dem Kärnther-Thor postirt worden: weil man / auf die Tapferkeit dieser Spannischen Fähnlein / ein sonderbares Vertrauen gesetzt / und jetzt-berührte Posten der allergefährlichste gewesen; darum man daselbst guter Büchsen-Schützen vonnöthen gehabt. Ortelius eignet sonst gedachtem Ruprecht (oder Reinbrecht) von Ebersdorff / das Viertheil bey dem Juden-Thurn / nemlich das so genannte Elend / zu / mit Beyfügung / daß man / von dannen / die Spannische Völker / nach dem Kärner-Thor / erfordert habe / wegen der allda wachsenden Gefahr / und selbiger Wölker Fertigkeit im Schuß. Sonst lieset man / bey einem andren Scribenten / daß die übrige Quartier der Stadt / daran die Donau vorbey laufft / der Aufsicht deß Ernsts von Brandenstein / welcher zweytausend Böhmen gecommandirt / nebst dem Wilhelm von Wartenberg / und Johann Grafen von Hardeck / der zweyhundert Reuter unter sich hatte / anbefohlen worden. Ein andrer spricht / erwehnter von Brandenstein habe / samt seinen Unter-Hauptleuten / vorbenanntes Werder-Thor / wie auch das Saltz-Thor / bis an den roten Thurn / und bis an die Völker deß Reichs / zu verwahren gehabt / mit Beystande ersagten Grafens von Hardeck reisiger Pferde. Hernach / da der Feind allbereit in voller Arbeit gewest / und der Stadt-Mauren / auf beyden Seiten deß Kärnter-Thors / mit der Untergrabung hefftig [138] zugesetzt / haben sich die fürnehmste Commendanten / Obristen / Cavalliers / Edelleute / und ansehnlichste Leute der Stadt / daherum / nemlich unferrn von dem Kärnther-Thurn / in ihrer Rüstung / gepresentirt; um das Kriegsvolk aufzumuntern / daß es denen / nach geschehener Sprengung / hereinstürmenden Türken resolut den Kehr-ab geben mögte / und nöthige Ordre zu verfügen. Darunter denn auch die sorgfältige Bemühung begriffen war / wie man der Untergrabung (oder Minen) durch Contra-Minen oder Gegen-Grabungen / fürsichtig mögte vorkommen. Unter solchen ritterlichen Kriegs-Helden hatte auch der rittermütige Johannes Cacianer seinen Stand / nebst den Steyrisch- und Kärnterischen Truppen. Caspar Ritschan / und Sigmund Leyser / postirten sich / mit ihren untergebenen zwo Compagnien / zwischen mehrbedachtem Kärnter-Thor / und der Augustiner Kirchen: um / daferrn es hart zugehen solte / den Nothleidenden beyzuspringen / und dem Feinde männlich auf die Hauben zu greiffen. Nachdem also die Posten und Quartier ausgetheilt / und angewiesen; führte man auch das Geschütz auf. Wenn / auf deß Jovii Feder / zu gehen / so sind der grossen Stücke bis in hundert gewest; der kleineren aber bey nahe dreyhundert: welche Kugeln / in Grösse eines Gäns-Eyes / geschossen / und rings umher die Maur / neben ihren Zinnen / damit besetzt worden. In der Burg stellete man ein doppeltes Hanff-Netz (wie es unsre Alten zu nennen gewohnt) und fünff Falconeten; deren eines zersprungen. Zunechst / zwischen der Burg und dem Zeughause / stund / auf einem inwendigem Bollwerk / eine Kartaun. Zwischen diesem Bollwerk / und dem Schotten-Thor / brach man / durch die Stadt-Maur / bey die acht Schuß-Löcher; und stellete dahin drey halbe Schlangen: welche man / nach erheischender Nothdurfft / von einem Schießloch zum andern rucken kunte. Und das andre Geschütz fügte man / zu gleichmässiger Bequemlichkeit. Auf dem Ravelin deß Schotten-Thors / stund eine halbe Schlange / und eine Singerin (wie es / bey dem vormaligen Artillery-Wesen / hieß) die manchem ein Sterb-Lied singen solte; eben daselbst auch / auf dem Thurn / zwey Falconetten / so der Stadt gehörten. In einem halben Thurn am Eck / bey dem Jüden-Thurn / waren gleichfalls zwey Falconeten gestellt. Bey jetzt-gedachtem Thurn / hatten die Spannier ein Bollwerk aufgeworffen: darauf stund eine Kartaun / und eine grosse Noth-Schlange / der Greiff genannt. Auf der hohen Strassen / unterwärts hinab / bey dem Saltzburger-Hofe / war / in einem Garten / eine Singerin / und eine halbe Schlange / auf die Donau / und auf den Werth / gerichtet. Auf dem Ravelin bey dem Werder-Thor / hatte man zwey Falconeten; und / auf dem Revelin bey dem Saltz-Thurn / ebenmässig zwey. Von einem grossen angeschüttetem Bollwerk / in der Ecken / bey dem Biber- [139] Thurn / zielten / nach der Schlag-Brucken und Schiff-Strassen / zwo halbe Schlangen / eine Noth-Schlange / eine Singerin / und zwey Falconeten. In besagtem Thurn waren auch ein paar Falconetten / so der Stadt zustunden. Im Garten deß Prediger-Klosters hatte man / durch die Stadtmaur / vier Schuß-Löcher gebrochen / für eine halbe Schlange / und ein Falconet. Auf dem Kasten deß Klosters / gegen dem Stuben-Thor zu / hatten zwo halbe Schlangen ihr Nest / unterm Dach. Vom Stuben-Thor / bis zum Kärnter-Thor / waren zehen Schieß-Löcher / durch die Stadt-Maur / geöffnet / für acht Falconeten / und eine Singerin: die aber hernach / auf die Häuser nechst gegen der Maur verstellt / und die Löcher verschüttet worden. Unterm Dach deß Jacobiner-Klosters / stunden gleichfalls zwey Falconeten. In dem Posten deß von Eck / besetzte man das Bollwerk daselbst / mit drey doppelten Hanff-Netzen / einer Singerin / und dreyen kleinen Mörsern. Auf ein Haus / nicht weit unterhalb deß Kärnter-Thors / wurden zwey kleine Falconetlein gestellt. Zu oberst auf dem Kärner-Thurn / stund eine grosse Noth-Schlange / eine halbe Schlange / und ein Falkonet; mitten im Thurn aber / auf der Streichwehr / zwey eiserne Kammer-Falconeten; und auf dem Ravelin besagten Thurns / ein Falkonet. Neben der Pforten hinauf / gegen St. Claren zu / hatte man wiederum / durch die Maur / ein Schuß-Loch gebrochen / und eine (so genannte) Singerin davor gestellt / um die Türken-Köpffe tantzen zu lehren. Auf der Borkirchen St. Klaren-Klosters / stund eine halbe Schlange; und auf dem Schlaff-Gemach daselbst / ein Falkonet. Auf dem Platz daselbst / stunden zwey doppelte Hanff-Netze mit Hagel-Geschoß (so man jetziger Zeit Karterschen heisst) imgleichen ein grosser und zween kleiner Mörser. Zwischen selbigem St. Claren-Platz / und dem Augustiner Kloster / waren drey Schuß-Löcher / durch die Stadt-Maur gebrochen / und eine Kartaun / eine grosse Noth-Schlange / und eine Singerin / dahin verordnet. Dieses Geschütz bequemlich zu losiren / verfertigte man / in dem Augustiner Kloster / ein grosses / und der Mauren in der Höhe verglichenes / Bollwerk. Wie man aber besagtes Geschütz darauf bringen wollen / um damit die Türken / von der Vorstadt / hinaus zu treiben; seynd sie / in selbiger Nacht / nemlich am 15. Octobr. aufgebrochen / und abgezogen. Neben ersagtem Bollwerk im Thurn / wurden / zu der Streichwehr / zwo grosse eiserne Stein-Büchsen / mit Hagel-Geschoß / geladen; auch / oben auf den Thurn / zwey Falkoneten gebracht. Uber jetzt erzehlte Stücke / hatte man eine grosse Anzahl von einfachen / von halben / und von Doppel-Haken / die so wol auf bisher genannten / als andren Thür [140] nen / wie auch sonst überall rings umher auf der Mauren / dem Feinde auf den Dienst warteten / und nach den weissen Bünden zielten. Es ist doch gleichwol / durch solches Geschütz / dem Feinde kein sonderlicher Schade geschehen: weil derselbe entweder so weit von der Stadt gelegen / daß man ihn / mit der Kanon-Kugel / nicht erreichen können; oder / wann er nahe bey der Stadt gewest / sich in den halb-geruinirten Vorstädten / vortheilhafft und wol-bedeckt / aufgehalten. Von dem einigem Kärnther-Thurn / kunte man ihnen recht beykommen: weßwegen auch / nachdem man dessen / durch die Gefangene / benachrichtiget worden / von dannen am meisten wider sie gefulminirt ward / und zwar so offt / daß etliche Stücke darüber zersprungen. Alles andre Geschütz kunte nicht / nach Nothdurfft / gerichtet werden / bis man eine Katze / samt etlichen Bollwerken / aufgeworffen; womit den Türken viel Volks erlegt wäre / wann sie nicht / dessen unerwartet / ihren Abzug genommen hätten / bevor man sie kunte damit begrüssen. Uber das alles hat man / nachdem die Quartier / und Stücke ausgetheilt worden / auch sonst allerhand nöthige und für sichtige Anstellungen verfügt; sonderlich / wider die Einwerffung deß Feuers. Und weil man nicht annoch wissen kunte / welche Gegend vom Feinde am härtesten angeriffen werden mögte; wurden nicht allein die / nechst an der Mauer / ligende Zimmer niedergerissen / sondern auch / die höltzerne Ziegel / oder Schindeln / von den Häusern herabgestossen / viel Häuser / zu Erweiterung der Plätze bey der Mauren / theils halb / theils gäntzlich niedergebrochen; auch überall / wo es nöthig schien / inwendig und rings umher bey der Mauer / bis auf 20. Schuhe weit davon / bevorab vom Stuben-Thor / bis zum Kärner-Thor / gegen dem Wall / Bollwerke und Schütt aufgeworfen; zu dem auch / vermittelst eines neu-verfertigten inwendigen Grabens / ein Abschnitt gemacht; daran der Feind / wann er gleich die Stadt-Mauer hätte / mit Stücken / oder Minen / zu Grunde gefället / und über den Stadt-Graben auf den Wall gekommen wäre / dennoch / aufs neue / viel Zähne hätte ausbeissen und brechen müssen / ehe er solche harte Nuß aufbeissen können: und würde ihm / wie man vermeint diese letztere Bestürmung viel gefährlicher seyn gewest / weder die erste. Wiewol hingegen andre verständige Scribenten besorgen / woferrn er nur schweres Geschütz bey sich gehabt / und der herannahende Winter ihn nicht zum Aufbruch bewogen hätte / dörffte er doch noch der Stadt endlich mächtig geworden seyn. Doch würde es ihm viel Köpffe gekostet haben: weil gleichwol eine tapfre Mannschafft daring lag / samt erfahrnen Generalen. Es war auch der zehende Mann aus Oestereich / nebst theils andren Leuten / bestellt / Steine auf die Mauren zu tragen / und die Bollwerke anzuschütten. Die Weiber musten / an der Mauer grosse Kessel voll Wasser hitzen. Alle Thore der Stadt wurden vermaurt / und verschüttet; ausbenommen das Saltz-Thor: durch welches man / zur Donau kommen / und einen Ausfall thun / könnte. Ortelius lässt auch noch das Kärner-Thor offen: als durch welches hernach noch ein Ausfall geschehen.
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Von der Zeit solcher Posten- oder Quartier- und Stuck-Vertheilung / wird unterschiedlich geschrieben. Denn bey etlichen lieset man / sie sey geschehen / ein paar Tage / vor der Stadt Berennung; bey andern / nach der Berennung; wiederum bey andren / nach völliger Schließ- und Sperrung / und Ankunfft deß gesamten Türken-Heers. Am glaublichsten sihet / man habe besagte Vertheilung etliche Tage nach einander vorgenommen / und am 26. oder 27. Septembr. alle Quartier vollends besetzt. Wiewol Ortelius berichtet / man habe / am 27. Sept. um 1. Uhr / den ersten Lärmen gehabt; weil aber die Stadt annoch nicht quartirt gewesen / und also die Soldaten nicht eigentlich gewust / wohin sie ihren Zulauff nehmen müsten / seye / selbigen Tags / nichts ausgerichtet worden. Solchem Bericht aber stehen andre / die umständlicher und genauer / von dieser Belägerung / handeln / entgegen / so wol / als alle vernünfftige Vermutung: Denn weil / am 26 ten / die ganze feindliche Macht schon vor Wien gestanden / und die / in den Vorstädtischen Ruinen postirte / Janitscharen / manchen Soldaten mit ihren Röhren / oder Pfeilen / auf der Stadt-Mauren erschossen; wird schwerlich die Anweisung der Stadt-Quartier / oder Posten / bis nach dem 27 sten / verschoben worden seyn.
Unterdessen nicht ohn / daß / am 27 sten / es den ersten Haupt-Lärmen gesetzt; doch nicht / um 1. Uhr; sondern zu Morgens / um 9. Denn um selbige Zeit / seynd die hiebevor gemeldte Nasadisten / mit 500. (andere setzen / mit 200.) leichten Barquen / von dem Haupt-Lager ab / nach langen Donau-Brucken hinzu geruckt / haben sich derselben bemeistert / und nebst der Wolffs-Brücken / sie verbrannt: Wiewol die Unsrigen / so bald das Geschrey hievon erschollen / selbst ein Stück vorher davon abgebrochen. Nach solcher Verrichtung / stiegen die Türkische Schiff-Völker aus / und lagerten sich / in die Au / zwischen den Wassern / aufs Land: um also denen Belagerten alle Communication / auch zu Wasser / abzuschneiden / und allen Entsatz mit Volk / oder Proviant und Munition zu verhindern. Hierauf hat man in der Stadt gleich Lärmen geschlagen / und etliche hundert Reuter / nebst 8. Fähnlein Fußknechten (dafür andere 3000. Mann zu Fuß setzen /) hinaus gecommandirt / über die Schlag-Brücken; um / mit dem Feinde zu scharmutziren: welche aber / weil sie keine Stücke bey sich führten / nicht sonders viel ausgerichtet; ausbenommen / daß sie die feindliche Schiff-Völker / vom Lande / wiederum aufs Wasser / zuruck getrieben. Unterdessen gereichte gleichwol der Verlust dieser Brücken / der Stadt zu grossem Nachtheil; als deren nunmehr dadurch / gedachter Massen / alle Zuführung der Lebens-Mittel benommen war. Eben dieses verruckte auch obgedachtem Pfalzgrafen / Fridrich / sein Vorhaben; Dann er war desselbigen Tags / nebst seinem Bruder / Pfalzgrafen Wolffgang / mit etlich hundert Pferden / zu Wasser / bey Crems / angelangt / und darauf entschlossen / in Begleitung deß Landgrafen Georg von Leuchtenberg / wie [142] auch Gangolffens Herrn von Hohen-Gerolzeck / Cunzens Gotzmanns / und Jacobs von Werdenau / ferner hinab nach Wien zu gehen: Nachdem er aber Kundschafft erhalten / daß der Feind die Brücke im Wolff / samt der langen Brucken / abgebrennt hätte; hat er sich wiederum zurück wenden müssen / nach Crems / von dannen er schon war abgefahren. Solchem Abbruch und Verkürzung hätte mögen vorgebaut werden / dafern die Königliche Schiffs-Flotte wäre im Stande / und bevölkert gewesen / und man die Italiänische Schiffleute hätte zur Stelle geschafft / wie der Ammiral / Niclas Rauber / beordert war. Denn / durch selbige hätte man die Brücken / samt dem Paß zu Wasser / ohne Zweifel behauptet. Weil aber selbige ausgeblieben / und man dadurch bemüssigt worden / bemeldte Schiff-Flotte / wie oben erzehlt worden / selbst zu ruiniren / damit sie dem Feinde nicht in die Hände / und zum Vortheil geriethe: seynd alle Pässe zu Lande und Wasser geschlossen worden. Welcher Fehler billig / an dem Ursacher hätte gestrafft werden sollen; wann er sonst anders / wie es / in den Beschreibungen / fast das Ansehen gewinnen will / bey dem Ammiral / und nicht vielmehr etwan bey dem Königlichen Rentmeister / gesteckt; Dann wann dieser / mit Auszahlung der Werb-Gelder / zu lange verzeucht; so verziehen auch die Werbungen selbst. Daher dann die mächtige Unkosten / so man an selbige ansehnliche Kriegs-Flotte gesetzet / theils ins Wasser / theils ins Feuer gefallen: sintemal man alle solche Schiffe / wie vorhin angezeigt / entweder versenkt / oder zerstückt und verbrannt hat. Damals ist gleichfalls der Tabor angezündt worden. Von besagter Schlag-Brücken an bis für den Salz-Thurn hinauf / haben auch unsere Leute / neben dem Wasser / ein treffliches Bollwerk / von Floß-Bäumen / und angeschütteten Reiff-Bäumen / erbaut: welches dem Türkischen Geschütz gewaltig widerstanden / daß es der Stadt-Mauren selbiger Gegend keine Verletzung zufügen können: ob gleich / jenseit deß Arms / ein schweres Stück gestanden. Der Feind ließ der Stadt / mit seinen Büchsen und Bögen / nicht viel Ruhe: also wolte sie ihm hinwiederum auch täglich fast etwas zu schaffen geben / und ihrer Völker Mut blicken lassen. Gestaltsam / am 28. Septembr. wiederum etliche Spanische Hauffen / und hernach zwo Teutsche Compagnien zum Kärnter-Thor hinaus fielen. Welche aber auch dem Feinde keinen sonderlichen Abbruch thaten / also / daß nichts hauptsächlichs vorging / ohn daß beyde Theile / mit gleichem Verlust / etliche Leute sitzen liessen. Dergleichen geringe Scharmützel-Ausfälle seynd / beydes vor und hernach / fast täglich / auch zum Salz-Thor hinaus / vor gegangen; indem die Teutschen / Spanier / und Böhmen / bey 30. 40. 60. oder 100. und auch wol stärker / oder schwächer / sich hinaus gewagt / und sonderlich die Spannier / vielfältig in die Weingärten vorm Schotten-Thor / geloffen. Da ihnen das Glück einmal besser als das andere / gewollt / bald den Sieg / bald Stösse / zugeschanzt. Denn wiewol die Türken öffter einbüßten: musten unsre Wag [143] hälse doch gleichwol auch manchen kühnen Hals mit zusetzen / und um etliche Köpffe weniger wieder heim gehen: wie es / bey dergleichen Begegnissen / gemeiniglich hergehet. Das schlimmste / für sie / war dieses daß der Feind / überall vor der Stadt / verdeckte Löcher hatte / wodurch er denen Herausfallenden mit seinem Geschoß / zwagte. Am Tage deß Erz-Engels Michael / geschahe ein recht ernstlicher und starker Ausfall. Der Graf von Salm commandirte / nach gehaltenem Kriegs-Rath / zweentausend Fußknechte / und fünffhundert Reuter / unter der Anführung deß Eckens von Reysach / durch das Kärnter-Thor hinaus: um auf die feindliche Batterien (oder Geschütz-Stellungen) einen Versuch zu thun / ob sie die Stücke daselbst vernageln könnten. Da setzte es einen harten Streit / und scharffes Gefecht / zu beyden Seiten. Die Unsrigen fochten ritterlich; setzten / mit einem sehr tapfferen Ungestüm / darauf an / und brachen manchem Türken den Hals. Gleichwol kunten sie ihr Ziel nicht erreichen / noch den Stücken beykommen: denn die Janitscharen und Asapen (wie sie vom Besold und Leunclavio genennet werden /) verfochten selbiges hefftig / und bezeugten / mit häuffiger Vergiessung ihres Bluts / daß ihnen die Stücke lieber / als ihre Köpffe: ersetzten die Erschossene und Erstochene alsofort mit frischen Leuten / und zwar so überhäuffig / daß endlich die Unsrige nicht Rath befunden / weiter drauff zu dringen; damit ihnen der Rückweg nicht abgestrickt würde; sondern sich / mit gar geringem Einbuß (nur dreyer Soldaten nemlich /) wieder nach der Stadt / in guter Ordnung / zurück gezogen; nachdem sie hingegen über zweyhundert Türken / in der Furi / aufgerieben / darunter zween fürnehme Officirer gewest. Es ist ihnen ein grössers Glück nahe bevor- aber nicht zugestanden: Denn / wie etliche mitgebrachte Gefangene anzeigten / so hätten sie / wann sie eine halbe Stunde eher / hinaus geruckt wären / de Groß-Vezier Ibrahim erwischt / als derselbe / zur Besichtigung der Stadt / daselbst herum geritten. Welches wol ein glücklicher Fang / und wol so gut / als die Eroberung einer Feld-Schlacht / hätte seyn dörffen. Allein so fürnehme und fette Vögel fallen selten ins Garn: und GOTT wirfft seine Geisseln und nicht so geschwinde für die Füsse; weil unsere Sünden noch mehr Streiche verdienen. Es hat auch / selbigen Tages / der Spannische Obrister Loys d’Avalos, mit einer Compagnie Spannier / durch erstbenanntes Thor sich hinaus gemacht; aber / durch einen andren Weg / nemlich zwischen den Weingärten / deren es gar viel bey der Stadt gab / und vielen Türken / die daselbst Trauben / als darnach sie gar begierig sind / brachen / den Hals gebrochen: Nachdem aber solches / durch die Entflohene und Verwundte / ruchbar worden; seynd die Türken / im Ruckwege / mit grosser Furi / auf sie angefallen. Wie gering nun gleich diß Spannische Häufflein / gegen ihrer Menge / war; setzte sichs doch überaus herzhafft und männlich / wie etwan ein großmütiger Leu / wider viel Hunde / zur Wehr; fochte sehr scharff mit ihnen / und schoß (denn sie führten alle Röhre / oder Mussqueten /) [144] manchen Türken übern Hauffen: ruckten auch ungetrennt / und sondern Hinterlassung einiges Manns / ohn allein deß Fendrichs / Antonio Comargo / mit gewöhnlich- Spannischer Gravität / unter solcher tapffer- abgetriebenen Anfechtung / wiederum in die Stadt; als Leute / die viel williger zu sterben / dann zu lauffen / waren. An diesem Tage / da die Unsrigen sich so wol hielten / theilte der Vitzthum / Oberster Proviandmeister / Marx Beck von Leopoldsdorff / einer jeglichen Rotte einen lebendigen Ochsen zu / und so viel Salzes / als die Nothdurfft erforderte. Weins und Brods hatten sie so schon genug / und also / an Proviand / keinen Mangel. So muste auch / den 30 sten Sept. ein jeglicher Feldschreiber sein Quartier inventiren: damit man wüste / wie viel Weins / Korns / Mehls / Fleisches / Salzes und Schmalzes / vorhanden wäre. Hierauf fing man an / am 1. Octobr. einer jedweden Rotte 8. Brod zu geben / und 15. Maß Weins. Weil aber der Landsknecht deß starken Oesterreichischen Weins ungewohnt / und darüber leicht einen Rausch bekam / hernach nicht / zu rechter Zeit / erwachen kunte: muste man ihnen / nach dreyen Tagen / das Proviand ringern / und dem Wein fünff Achttheil / dem Brod zwey Pfund / abbrechen. Wie nun / in der Stadt / gute Fürsorge / die Soldatesca wol zu unterhalten / geschahe: also sorgte draussen der Feind dafür / schier noch mehr wie er sein Fürnehmen zu gewünschtem Ende / nemlich die Stadt / durch Verderbung ihrer Besatzung / in seine Gewalt bringen mögte. Er sahe wol / daß es / mit dem Geschütz / nicht auszurichten wäre / nachdem er die groben Stücke hatte zurück gelassen: darum stellete er seine Hoffnung / aufs Miniren / und Feuerwerke; ließ viel / mit Schwefel und Pech bestrichene Brand-Pfeile auf die Dächer fliegen; bestellete auch unterschiedliche Mordbrenner / so die Stadt inwendig / an unterschiedlichen Orten / anzünden solten; damit er indessen könte / von aussen / lassen Sturm lauffen. Wozu er denn insonderheit etliche Teutsche Renegaten gebraucht / welche er auf Teutsch / kleiden ließ / und zur Stadt hinüber lauffen / unter dem Vorwand / als sie / von den Türken / gefangen und ihnen jetzo wieder entloffen wären Aber daß diese Buben der Götttlichen Rach-Hand nicht entloffen / werden wir bald hernach erfahren. Ehe ich / in den Tag-Geschichten / weiter gehe / muß ich gedenken / daß Isthuanfius berichtet / es hätten die Türken / noch vor dem / am Michaelis Fest geschehenem / Ausfall / allbereit zwo Minen verfertiget; eine bey dem Kärnter Thor; die zweyte gegen der S. Claren Kirchen; und dieselbe mit Pulver unterlegt; Die Teutsche aber / als welche sich auf dergleichen Sachen wol verstanden / hätten Contraminen gemacht / und selbige mit gewaltig-grossen Baum-Klötzern / oder Balken / unterstützt; damit die Mauer / wann die Türken ihre Mine ansteckten / mögte [145] auswerts fallen / und ihnen den Anlauff schwerer machen: weßwegen auch / nachdem der Feind / an beyden Orten / die Mine springen lassen / und darauf über den zerfallenen Hauffen einen Anlauff gethan / und derselbe schlecht abgeloffen: sintemal die Teutschen / nach einem hitzigen Gefecht / sie / mit ihren langen Spiessen und Musqueten / sehr wüst abgefertigt / und zurück geklopfft / also / daß ihrer / der Türken / mächtig viel drüber auf dem Platz geblieben: Und hierauf sey / nachgehenden Tags / nemlich am S. Michaelis-Tage / der starke Ausfall erfolgt. Weil aber Solimannus allererst am 26. Sept. mit der völligen Heer-Macht sich vor die Stadt gelagert: zweifele ich sehr daran / daß besagte Minden / und der darauf erfolgte Anlauff / vor dem S. Michaelis Fest / und gethanem Ausfall. vorgegangen sey. Denn wiewol nicht zu leugnen / daß die Janitscharen und andere Türken / mit den Untergrabungen / es den Küniglein und Maulwürffen / zuvor thun / und überaus hurtig darinn verfahren: so melden doch die umständliche Tag-Verzeichnissen dieser Belägerung / von keinen Minen etwas / vor besagtem Michaelis Fest. Darum muß ich solchen Isthuanfischen Bericht / in der Ungewißheit / lassen beruhen / und werde / so viel die Zeit-Ordnung belangt / andren hierinn nachgehen. Gewiß ist gleichwol unterdessen / daß sie / noch vor dem Ausfall / allbereit die Untergrabungen angefangen / und vielleicht schon zimlich weit damit gekommen. Welches man auch / in der Stadt / wol vermutete. Denn weil die Türken / mit Canoniren / aus ihren grössern Stücken / bald einhielten / und nur / aus Falconeten / Hacken / und Röhren / zu blitzen / anhielten: schöpffte man billig und vernünfftig einen Argwohn daraus / der Feind müste etwan daran seyn / wie er ihnen desto heisser / von unten auf / einschwärmen / und sie zu Lufft-Fahrern machen mögte: wenn ein und anderer Scribent / dem ich in diesem Stück gefolget / nicht irret. Denn / was dieses betrifft / dörffte uns fast Isthuanfii Bericht vernunfftmässiger fürkommen; nemlich daß vielmehr die Türken ungewöhnlich stark / mit ihrem Geschütze / wider die Stadt gedonnert / darin man die Untergrabung desto weniger solte merken. Wiewol dieser Author solches nicht / bey der ersten / sondern andren Minirung gedenkt. Es kan aber wol seyn / daß / bey der ersten Untergrabung weniger / und bey der andren stärker geschossen worden / und hat gar wol / aus beyderley / eine Minirung besorgt werden können. Denn weil der Türk zum ersten mal wenig / oder vielmehr nur keine Mauren-Brecher hat hören lassen: hat man Fug gehabt zu argwohnen / er wolte die Stadt mit Minen bezwingen. Aber aus dem hernach viel stärkerem Canoniren hat man eben das vermuthen können. Es sey nun gleich das erste / oder andere / wahr / nemlich / daß der Feind entweder so stark damals nicht / oder noch viel stärker / gecanonirt: so haben doch / aus der Action und Spiel seines Geschützes / die Unsrige gemuthmaßt / er müste einen unterirdischen Gewalt vorhaben. In welchen Gedanken sie auch fehlten; doch gleichwol auch die Gegend nicht wusten / da er / unter den Füssen der Stadt / so beflissen [146] wäre / sie unter seine Füsse zu werffen. Aber GOTT / der auch ins Verborgene sihet / setzte diese Türkische Finsternissen und tückische Verborgenheiten / so wunderlich ans Licht / daß man seine gnädige Fürsorge augenscheinlich dabey kunte erkennen. Denn Er schickte ihnen / am 1. Octobr. einen Türken zu: der / in aller Frühe / vom feindlichen Lager / zur Stadt / aus eigener Bewegniß / oder vielmehr Göttlicher Eingebung / hinüber lieff / und unweit von dem Biber-Thurn / gegen dem Schlag-Baum / sich / in gewöhnlicher Türkischer Kleidung / praesentirte / begehrend / man solte ihn einlassen; nebst Vermeldung / seine Vorfahren wären Christen gewest / von den Türken aber erwürgt / und er / in der Türkey / von Jugend auf / erzogen. Auf solche Rede ward er an- und eingenommen; doch nicht darum so gänzlich gleich beglaubt; sondern zuforderst wol examinirt: Daß er aber peinlich solte befragt worden seyn / laut der Pesoldischen Erzehlung / fällt nicht vermutlich. Andren Gefangenen hat man / durch die Folter / die Zunge zu lösen / und ihre Herzens-Sprache zu vernehmen / zwar nicht unterlassen: aber / einem freywilligen Uberlauffer / der sich / zu Annehmung deß Christlichen Glaubens / also fort er boten / und dessen Aussage oder Anzeigungen / durch Nachsuchen / also fort bestetigt / oder widerlegt werden kunte / wird man schwerlich so unbarmherzig bewillkommt und tractirt haben. Vermutlich mag er etwan / mit der Folter / Anfangs geschreckt worden seyn. Wie dem allen; so fand doch die Erfahrung / in seinen Antworten / auf die Befragungen / gar guten Grund; und kam er der Stadt / mit seiner Nachricht / überaus glücklich zu statten: Denn weil er / wie gedacht / in der Türkey / von der Kindheit an aufgewachsen; hatte er ihre Anschläge / und Manier zu verfahren / gar genau und fleissig beobachter: Wie aus folgender seiner Aussage / zu schliessen war. Als man ihn fragte: Was eigentlich deß Sultans intention und Anschlag mögte seyn? antwortete er: Die Stadt / durch Sprengung der Plätze / Thürne / und Mauren / zu überwältigen. Er gab auch zugleich gewisse Nachricht / welcher Gegenden die gelegte Minen spielen solten. Gefragt / wie viel Stücke der Feind hätte? sagte er / derselbe hätte vierhundert Stücke / welche Faust-grosse Kugeln schössen: Etliche aber wären darunter / so sehr groß / deren man einen Theil / auf Rädern / zu Lande mitgeführt; einen Theil / nemlich zehen derselben / zu Wasser / auf der Donau / herauf gebracht; welche ungewöhnlich groß / nemlich zwanzig Schuhe lang / und mächtig dick wären; gleichwol aber doch nicht sonders-grosse Kugeln würffen. Gefragt: Wie viel grosse und kleine Schiffe der Türk / imgleichen / wie viel Volk und Proviant darauf hätte? sagte er: Der Groß-Vizier hätte / unter seinem Obgebiet / ungefähr 60; aber / wie viel / bey dem Quartier deß Suldans / lägen / wüste er nicht gewis: der Nasadisten-Schiffe aber wären vierhundert / und auf allen / grossen und kleinen / Galeen und Schiffen / bey fünfftausend wehr [147] haffter Männer: der grössesten Schiffe aber hätte man eine Theil unter Wien gelassen. Gefragt: Wie viel wehrhaffter Mannschafft / der Türk / zu Roß und Fuß / hätte? antwortete er: Einmal hunderttausend: darunter / wären zwölfftausend Janitscharen / so auf den Suldan; und sechstausend / so auf den Groß-Vezier warteten: dieselbe führten alle miteinander Faust-Röhre / Bögen / und kurze Spiesse: Alles übrige Volk bestünde in Reuterey. Gefragt: Wie viel sonst wol Köpffe / in allem / so wol streit- als unstreitbares Volks / im Türkischen Lager vorhanden wäre? antwortete er: Nicht gar dreymal hunderttausend. Sonst berichtete er / auf die übrige Befragung / weiter / daß ungefähr zwanzigtausend Kamele bey dem Heer wären / welche Mehl / Futter / allerley Gewehr und Rüstung trügen: Imgleichen / daß die ganze Armee / in einem Tage / nicht weiter / als eine Meile / marschiren könnte; weil die Völker / Saum- und Last-Thiere / sehr ermüdet wären. Keiner / unter allen Gefangenen / hat / nachdem man sie mit oder ohne Marter / befragt / auf dergleichen / und andre Fragen / so warhaffte Antwort / und Aussage / ertheilt / wie dieser freywillig sich antragender Türk; bevorab / der Minen halber; weßwegen dieser der Stadt ein überaus nutzlicher Mann / und gleichsam ihr halber Schutz-Engel / war: als / ohne dem sie nicht gewust hätte / ihrer äussersten Gefahr recht zu begegnen. Dem / sofern selbiges mal / die Mine unterm Kärnther-Thor / durch ihn / nicht geoffenbaret wäre / solte es / um sie / aus der massen gefährlich seyn gestanden. Gestaltsam auch deßwegen der General / Wilhelm von Rogendorff / als ein gar großmütiger und tugendhaffter Herr / ihm für seine so redliche und aufrichtige Anzeigung / einen ehrlichen Unterhalt / auf Leb-Zeit / versprach. Durch blosse Erkenntniß und Wissenschafft / wird keiner Krankheit abgeholffen; ihr muß auch / durch gute Gegen-Mittel / widerstanden werden: Also hilfft / für Gefahr / dieses allein nicht / daß man merket / wo sie ihren Gifft verberge; es muß derselbe auch abgetrieben werden. Du bist darum noch nicht sicher / ob du gleich sihest / wie dieses / in der grausamen Höle laurendes / Thier wider dich die Zähne bleckt / und auf einander beißt; du must auch demselben / ehe denn es auf dich loß gehet / vorbeugen / und ihm die Zähne ausbrechen. Darum / so bald der folgende Tag (nemlich der andre October /) erschienen / ließ die Generalität gleich alsofort entgegen miniren / Tag und Nacht unverdrossen graben. Welches auch so wol glückte / daß sie die feindliche Minirer endlich antraffen / so / daß sie vier Schuhe weit nur von einander waren. Denn weil der Kärnther Thurn den Türken bishero den grössesten Schaden gethan / als in und auf welchem ein trefflich gutes Geschützwerk stund / welches ihnen / nach Bekenntnis der Gefangenen / zimlich viel Bärte versengte: waren sie demselben gar übel gewogen / und entschlossen / [148] durch einen Pulver-Schlag / sich an ihm zu rächen / und eines solchen Schadenstiffters zu befreyen: zumal / weil er ihrem Geschütz / womit sie ihn sonst gar offt / häuffig / und scharff / anblitzten / nicht weichen wolte / noch einige sonderliche Empfindung ihres Gewalts zu erkennen geben; ausbenom̅en / daß er / für ihren zwo grossen Stein-Büchsen / nur allein sein Dach / samt den Zinnen / hatte fallen lassen: worüber etliche Personen / darunter auch ein Edelmann / Namens Alreich (oder vielleicht Ulrich) Altenhäuser / gewest / erschlagen worden. Weßwegen sie denselben / durch eine starke Mine / zu ruiniren / gedachten. Solche ihre böse Arbeit / hat man / zu hohem Glück / kaum eine Stunde eher gefunden / bevor sie alle Sachen zum Sprengen bey einander hatten: und wären die / so das Pulver drunter schütten solten / bey nahe / von den Unsern / erwischt. Doch ward / weder an diesem / noch andren Orten / einiges Pulver angetroffen: weil nemlich die Untergräber darüber verstört und flüchtig worden. Uber der Erden / blieb es heut doch auch so gar still und ruhig eben nicht. Es unterstunden sich etliche Landsknechte / durchs Schotten-Thor (andere melden / wie oben gedacht / daß alle Thore / ausbenommen / das Salz- und Kärnter-Thor / zugemaurt / oder verschüttet worden. Weil aber Leunclavius und Ortelius dieses Ausfalls durchs Schotten-Thor gedenken; muß selbiges doch auch offen / unverschüttet geblieben; oder das ausfallende Volk etwan durch Schuß-Löcher / und andre Neben-Gänge / hinaus gekommen seyn: Angemerkt auch Ortelius nicht schreibt / daß sie durchs - sondern beym Schotten-Thor hinaus gegangen. Wiewol Leunclavius durchs Schotten-Thor setzt.) hinaus zu fallen / und / um einige Beute / ihren Hals zu wagen. Allein ihr Gewinn trug weniger aus / als der Schade: denn es kamen beyderseits 30. Mann um; darunter aber ihrer die meisten. Hierauf fing der Feind / am 3 ten Octobr. von frischem an / wie ein erboster Drach / die Stadt mit Feuer hefftig anzuspeyen; fuhr auch / mit solchem Schiessen / die ganze Nacht durch / fort; also / daß den Belägerten die Vermutung hiedurch erwecket ward / er würde bald Sturm lauffen: Gestaltsam deßwegen alles Kriegs-Volk der Stadt / selbige Nacht durch / in gerüsteter Ordnung stund. Unter solchem Gekrach der Canonen / Falconetten / und Doppelhacken / und Büchsen / setzte er gleichfalls von neuem an / mit der Untergrabung. Mit solchem Stuck- und Büchsen-Gewitter beleuchteten sie auch die folgende ganze Nacht deß 4 ten Octobers / und fulminirten so erschrecklich / daß kein Kriegs-Ohr bishero dergleichen jemals annoch hatte vernommen. Durch solches unerhörte Schiessen / wurden die Büchsen-Meister / von dem Kärnter-Thurn / weit demselben / durch das feindliche Geschoß / die Zinnen weggestrichen waren / zu weichen / genöthigt: und unterstund sich keiner / einen Blick / geschweige einen Schuß / hinaus zu thun / ehe und bevor man ein Bollwerk aufgeworffen hätte: wornechst man / bey Nacht / ein Geschütz darauf setzte.
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Neben solchem unnachlässigem und unmenschlichem Schiessen / welches nicht anders sich ansehn ließ / als ob alle Wetter wider die Stadt / mit ihren Stralen / spielten / und alle Wolken / ihre Donner-Kugeln auf sie los zu brennen / sich verschworen und verpecht hätten / warf der Feind auch viel Feuer-Pfeile hinein / in Hoffnung / die Stadt anzuzünden. Wie er dann / gleicher Hoffnung und Vorhabens / manche Verräther und Mordbrenner hinein gepractizirt: darunter hernach auch / auf Entdeckung obgemeldten Ubergängers / insonderheit drey Teutsche Mamelucken / die / in Türkischer Kleidung / unterm Schein der Entrinnung / aus ihrer ertichteten Gefangenschaft / angelangt waren / betreten worden. Welche peinlich bekannten / daß sie erkauft wären / die Stadt / an 24. Enden / anzuzünden Was sie aber mit solchen Judas-Silberlingen / für sich gewuchert / wird uns der siebenzehende Weinmonats Tag weisen. Sonst lieset man / beym Ortelio / der Feind habe / durch sein immerfort - stralendes Geschütz / in dieser Nacht / ein altes Bollwerk in Brand gebracht. Als aber nun die Unsrigen / vermittelst deß / besagter massen / aufgeworffenen Bollwerks / wiederum / in solcher Donner-Sprache / einige Antwort gaben; zersprang ihnen ein Stück. Nach demmal auch die Generalität ihr leicht die Rechnung machte / der Feind würde zwischen solchem Stucken-Gefechte / auch von unten zu die Stadt anfechten / und mit abermaliger Untergrabung heimsuchen: (massen ihnen dißmals sein übermachtes / gleichwie vorhin sein einhaltendes / Schiessen / solches zu vermuten gab) liessen sie ohn Unterlaß / alle verdächtige Oerter / sonderlich die Burg / mit Graben überall durch- und gar umfahren / auch etlicher Orten / da man sich feindlicher Minen befahrte / die Keller und die Mauren durchgrübeln und graben. In welcher Arbeit denn die Bergleute von Schwatz / so deßwegen von der Obrigkeit dahin gefordert waren / sehr gute Dienste und Arbeit verrichteten / eine Anzeigung gab / also fort dem Feinde entgegen gruben. Daher manchesmal die Unsrigen / und die Türken / bis auf eine halbe Klaffter / aneinander gekommen / und einer den andren klopffen gehört: wodurch alsdenn der Feind / samt seinem Vorhaben / rückgängig gemacht ward. Weil man gleichfalls in Sorgen stehen muste / der Türk dörffte / unter so grausamen Schiessen / indem nicht allein alle seine Lager-Stücke / so viel er deren bey sich hatte / nemlich vierhundert / sondern auch zugleich die Janitscharen / von allen auffgeworffenen Wällen / wie auch aus mehr-bedeuteten ihren vortheilhafften Posten der Vor-städtischen Mauren / mit ihren Falconetlein / Doppelhacken / und Feuer-Röhren / imgleichen die Reuterey / mit gantzen Wolcken von Pfeilen / donnerten / blitzten / und hagelten / sich über die unterbrochene Mauer eines Sturms unterstehen: als ward in der Stadt / ein heimlicher Lärm gemacht / und die Soldatesca überall / in guter Bereitschafft zu stehen / gewarnet. Zu welchem Ende dann [150] der Herr Eck von Reisach eine großmütige Kriegs-Rede und Vermahnung an sie that: darinn er ihnen so wol / wider die Sicherheit und Trägheit / des Feindes grossen Ernst / Gewalt / Macht / Grausamkeit / und Anschläge / als / wider die Kleinmüthigkeit / die Hoffnung eines / vom Könige vertrösteten / Entsatzes / samt dem unsterblichem Nach-Ruhm ihrer beständigen Tapfferkeit / mit nachdrucklichen Worten / vorstellete / und solches / durch einen frischen Helden-Blick / als der Martialisten beste und kräfftigste Redkunst / ihnen noch tieffer ins Hertz druckte. Gestaltsam die Soldaten hiedurch einen solchen Mut / und Hertz / schöpfften / als ob sie einen starken Trunk des alleredelsten Weins ausgeschöpst und geneigt hätten. Des natürlichen Weins hatten sie zwar auch keinen Mangel: wie es denn nicht billig / daß man denen den Wein vorenthalten / und nur Wasser geben sollte / die ihr Blut darsetzen müssen; doch gleichwol musste man ihnen abermal etwas daran abbrechen; damit sie desto besser wachen mögten. Daher ihnen dann / eben an jetztgemeldtem Tage / das Proviand wiederum in etwas geringert / und einer Rotte nur 6. Brod / jedwedes zu 2. Pfunden / nebst 10. Achttheil Weins / gereicht worden. Unterdessen / daß man in der Stadt / die Soldatesca / gehörter massen / zu standhafftem Mut und zur Wachsamkeit / aufmunterte; suchte der Feind hingegen dieselbe durch Wachsamkeit abzumatten / und ihr / durch vielfältige Verunruhigung / die Ruhe gänzlich zu entziehen. Massen er deßwegen / am 5. ten October früh um 5. Uhr / vor der Stadt / mit grossem Geschrey / einen Lärmen machte / um dieselbe zu betriegen / mit der Einbildung / als würde er gleich / den Augenblick / mit vollem Sturm / auf sie los gehen / oder auch vielleicht sie dadurch sicher / und glauben zu machen / es würde künfftig auch nur bey der blossen Bedrohung bleiben / und kein würklicher Anlauf erfolgen: darum musste auch der Soldat auf die Mauren gehn / und sich zur Gegenwehr stellen. Als man nun sahe / daß es nur ein blinder Lärm / ließ man sie zwar wiederum abziehen: doch bald wieder umkehren: weil der Feind abermal / wie vorhin / sich / mit seinem Geschrey / gantz stürmisch geberdete / und doch nur vexirte / oder hinterlistig schertzte / um dermaleins / mit einem desto schrecklicherm Ernst / sie zu überfallen / wann sie nicht würden gläuben. Von selbiger Zeit an / legte sich der General Oberster / Pfaltzgraf Philipp / mit seinen Reutern / an die Mauren: und ließ die gantze Generalität / samt denen Obersten / zusammen fordern; um mit ihnen zu berathschlagen / ob man nicht einen starken Ausfall vorzunehmen hätte / damit dem Feinde sein grosser Hochmuth in etwas gebrochen würde? Solches ward auch einstimmig für rathsam erkannt: in Hoffnung / nicht allein die Oerter / wo die Türken ihre neu-erwitterte Minen angefangen in Augenschein zu ziehen / und die Arbeiter von aussen aufzusuchen; sondern auch die schädliche Janitscharen / aus den besetzten Vor-Städten / wegzuschlagen. Also ward beschlossen / man sollte / aus jedwedem Regiment / vier Fähnlein ausschiessen / und darum spielen / welche / auf folgenden Tag / solten ausfallen. Hierauf marschirten / am sechsten Octobris / acht und zwantzig Fähnlein [151] (Ortelius setzt nur 18. aber Leunclavius 28) so / wie alle Scribenten einhellig bezeugen / acht tausend Mann ausmachten / durchs Saltz-Thor hinaus: und denselben wurden schier alle Spanier / welche gantz begierig darauf waren / nebenst den Böhmen / zugegeben. Fünf und fünf giengen / in einem Gliede. Wie gut aber die Anstalt war; so lief es doch / mit der Fort- und Werckstellung / ziemlich schlecht ab. Theils wollen den Fehler dem allzulangsamen Außzuge von der Stadt / zuschreiben / weil es / da sie vor das Burg-Thor hinum gekommen / allbereit heller Tag gewesen / daher die Türken ihrer bald ansichtig geworden / und in ihren verborgenen Schantzen sich zur Wehr gestellt. Die meisten aber / berichten / daß die Ausfallende / nachdem sie / gegen dem Kärnter-Thurn / und Burg-Thor / sich / nach der rechten Hand zu / begeben / die / in den ruinirten Vorstädten ihnen begegnende Türken / bey grossen Hauffen / nidergemacht / überdas auch / ehe man noch in Hauptlager ihrer wahrgenommen / und noch ein einiger Türk von dannen herbey geeilet / schon in vollem Anmarsch gewest / auf die feindliche Batterien und Stücke los zu gehen / und daselbst etwas tapffers auszurichten: ungefähr aber / und zu allem Unglück / hätten etliche Soldaten ihnen / mit starkem Geschrey / zugeruffen / sie solten zurück kehren / und sich in eine bessere Ordnung stellen: worüber alle die Andren erschrocken / und solches Geschrey nicht anders ausgedeutet / als ein Warnungs-Zeichen / es käme der Feind plötzlich / aus einem Hinterhalt / hervor gewischt / ihnen in den Rucken zu gehen / und die Stadt abzuschneiden. Nachdem also dieser Schreck ist gleich / durch alle Hauffen / nicht anders / wie ein Lauf-Feuer / oder wie ein vorbeyfahrender kalter Wind / geflogen; haben sie gleich alle sämtlich sich augenblicks gewendet / in so grosser Confusion und Unordnung nach der Stadt gecilt / daß drüber ihrer viele / in den nächsten Graben / gestürtzt / oder vielmehr / von dem allzugrossen / Gedrengen / hinab gestossen worden: da sie denn / in der schweren Rüstung / sinken / und ihrer sehr viele ersauffen müssen.
Mit dieser / deß Isthuanfii Beschreibung / stimmet zu deß Pesolds seine; welche sagt / wann die Soldatesca / in solcher Ordnung / wie dieselbe / von den Kriegs-Verständigen berathschlagt und angestellet war / fein beständig / fort gerückt wären / so würde zweifels ohn was gutes und wigtiges ausgerichtet seyn: angemerkt / der Sigmund Leiser / mit seinen Knechten / durch ein Schuß-Loch / unten im Graben / hinum / etliche andre Fähnlein aber / oben im Wege / neben dem Stadt-Graben / hingezogen; und wiederum / theils andre Fähnlein beordert gewesen / gegen S. Ulrich / und von dannen gegen dem Barfüsser Kloster / von hinten zu / die Janitscharen zu umziehen: aus welcher Anstalt / so man derselben unverruckt hätte nachgesetzt / eine starke Hoffnung geschöpft worden / man würde bemeldte Janitscharen daselbst / mit so grossem Vortheil / angreiffen können / daß ihrer wenige / mit unzerrissener Haut / dem Tanz hätten entspringen mögen: aber wegen deß freventlichen und ruchlosen Lebens / so unter der Soldatesca im Schwangen gangen / habe GOtt ein andres verhengt / durch einen ehrlosen Knecht / der dem ganzen Hauffen zugeschrien / [152] sich zu wenden: Und obgleich die Officirer / sonderlich der Wolf Hagen / sie aufs höchste ermahnt und gebeten / sie solten halten / und keiner fliehen; ja ob man ihnen gleich auch / von der Mauren / zugeruffen / sie solten stehen / und von aller Lands-Knechte Ehre wegen / sich redlich wehren; habe es doch alles nichts helffen wollen / sondern der Schreck / und die Furcht sie dermassen schon eingefangen / daß sie eine so unbefugte und schändliche Flucht ergriffen / dergleichen jemals von ehrlichen Soldaten gesehn oder gehört worden: Hierüber hätte einer den andern in den Stadt-Graben hinab gestossen; da dann ihrer viele sich / an ihren eignen Spiessen / krumm und lahm / und etliche gar zu Tode gefallen. Der erste Urheber solches Geschreyes / dessen Nam aber keines Aufzeichnens gewürdigt ist / hat sich höchlich entschuldigt / und vorgewendet / er hätte / mit seinem Zuruf / anders nichts gesucht / als sie wiederum in gute Ordnung zu bringen. Ob solche Entschuldigung aber gelten können / steht dahin. Denn es ist sonst der Brauch nicht / noch Soldatisch / bey solchen Ausfällen / da man den Feind sucht zu überhaschen / ein so überlautes Geschrey zu machen / welches den Feind gar leicht auswecken und alarmiren kan: weßwegen dieses aufs wenigste eine recht unbesonnene und strafbare Tölpeley gewest wäre / so fern die Völker noch in der Stille fortgemarschiret: wofern aber / wie einige wollen / allbereit würklich die Ausfallende / auf etliche ihnen vorgestossene feindliche Truppen / in vollem Ansatze gewest; wäre der Fehler erträglicher: weil / bey solcher Gelegenheit / ohne das / schon ein Getümmel vermutlich hat entstehen müssen / und nachdem die Unsrigen drüber ihre Glieder in etwas aufgelöst / dieser großmäulichte Schreyer / vielleicht / aus guter Fürsorge / ihnen zugeruffen / daß sie nicht weiter / sondern lieber ein wenig hinter sich gehen / und zuforderst wiederum in gebührliche Ordnung stellen solten. Man solte aber sagen / er hätte solches eben wol / mit besserer Manier / mit etwas gelinderer Stimme / und mit Winken / verrichten können / dazu keines weges zurück! zurück! sondern vielmehr steht still! ruffen / und an den nächst bey ihm befindlichen Gliedern zuforderst die Ordnung reformiren / oder wieder einrichten sollen: nach welchem Exempel sich hernach die übrige auch schon gerichtet hätten. Allein man weiß schon / wie es solche Kriegs-Gurgeln machen: wann sie nicht aus vollem Halse schreyen / auch dabey nicht rechtschaffen hageln / und donnern / fluchen und sacramentiren / bilden sie sich ein / es laute nicht soldatisch oder kriegerisch genug: also wird dann nicht selten das Spiel verderbt / und in einen ungesegneten Ausgang verkehrt. Es mangelt doch gleichwol auch nicht / an andren Scribenten / die solche Fluchtähnliche Zurück-Eilung eutschuldigen und rechtfertigen. Ortelius gedenkt / sie hätten den Feind anfänglich herzhaft und tapffer angegriffen; aber / wegen der Türken überaus grosser Macht und gehabten Vortheils / wiederum zurück in die Stadt eilen / und die Flucht nehmen müssen: daraus denn ein solch entstanden / daß viele / über die Brücken / in den Stadt-Graben gefallen / und an Händen und Füs [153] sen übel beschädigt worden: wann sie sich aber weiter hinaus begeben hätten / würden sie / wie man hernach berichtet worden / von achtzehen tausend Türkischen Reutern / so in einem Halt gelegen / und die Brücken ihnen abrennen wollen / da es GOtt nicht gnädiglich verhütet hätte / jämmerlich nidergesebelt worden seyn. Deßgleichen bezeugt Leunclavius / sie hätten / von wegen deß übergrossen Vortheils der Türken / bald wieder zurück wenden müssen; und wären / in der Wiederkehr / ihrer viele verwundt worden. Diese Entschuldigung findt auch / bey reiffer Betrachtung / mehr Raums / weder obige Beschuldigung; in so weit nemlich / daß sie solten / auf ein blosses mißverstandnes Geschrey / den Rücken gewendet haben. Dann man weiß / was der Türk für ein wachsamer und behänder Feind sey: deßwegen gar wol glaublich / er werde / nachdem der Seinigen etliche / von den Teutschen / niedergemacht worden / bey tausenden geschwinde zu Pferde gesessen / und in vollem Begriff gewest seyn / ihnen den Re-Paß zu verlegen: Und solches wird vermutlich derjenige Gesell / so den Rachen so weit aufgerissen / den Unsrigen zugeschrien / hernach aber vorgewendet haben / er hätte nur gewollt / sie solten sich wiederum in bessere Ordnung begeben. Ob aber nichts destoweniger die Teutsche Regimenter annoch etwas hätten sollen stehen bleiben / und den Türken die Spitze bieten; zumal / weil sie / wann ihnen je einige feindliche Reuterey in der Rucken gegangen wäre / Zweifels ohn von der Mauren / und aus der Stadt / noch wol / bis zu einer sicheren und reputirlichen Retirade / hätten secundirt werden können; das überlasse ich Verständigern / und Kriegs-Erfahrnen / zur Entscheidung. Bin doch gleichwol der Meinung unterdessen / daß / obgleich der Feind sich stark gesammlet / dennoch keine achtzehen tausend Reuter / in so kurzer Zeit / wider sie können im Sattel / und ihnen so nahe schon an der Haut gewesen seyn: weil ihrer sonst wol mehr / als 200 / so wol beym Ausfall / als bey dem darauf erfolgtem feindlichem Sturm / würden in der Hatz geblieben seyn. Bestürtzung vergrössert alle Sachen / und der Schrecken vermag / bey solchen Kriegs-Fällen / gewaltig-viel; zumal wann man / mit so abgesagten und grimmigen Erb-Feinden / zu thun hat. Dannenhero sie / aufs wenigste / sich mit weit besserer Manier / Ordnung / und Ehre / hätten retiriren können und sollen. Auf welche Weise / vermutlich ihrer / beym Ausfall / viel weniger geblieben / und vorbenannter Hauptmann / Wolf Hagen / samt andren redlichen Soldaten / so von ihnen schändlich verlassen worden / nicht das Gelag hätte bezahlen müssen. Dieser tapfre Mann / der über eine Compagnie zu Fuß Hauptmann war / und sich / mit den besten behertzesten Leuten / von der Besatzung schon mehrmaln hinaus gewagt / und ritterlich gehalten hatte / wendete seine äusserste Krafft an / mit Ermahnen / Bitten und Flehen / sie solten doch redlich Fuß halten / und fechten; denn es hätte keine Gefahr. Etliche Spannier thaten deßgleichen / und sprachen ihnen beweglich zu / sie solten ja ihrer so berühmten Teutschen Nation diesen Schand-Flecken nicht anhenken / daß sie so liederlich davon streichen wolten. Allein [154] ihre Ohren waren / gleich von dem ersten Geschrey obgedachten Soldatens / gar zu sehr übertäubt / und zur Erhörung aller redlichen Ermahnungen von Furcht durchaus verstopfft: also / daß sie mehr / der Salvirung ihrer Haut / weder ihrer Reputation / alle Sinnen und Gedanken ergeben hatten / und durch besagten standhafften Capitäins Zusprechen eben so / zum Stande / gebracht wurden / als wie ein Hirsch / oder Reh / so ein Jäger-Horn hat schallen hören. Indem nun der ehrliche Hauptmann Hagen ihnen / durch sein Exempel / einen Verweis / und Bewegniß zum resolvirtem Gefechte / geben wolte / und mit dem geringen Häufflein / so bey ihm noch etwas verweilete / nebenst den Spanniern / denen schnell heranschiessenden Türkischen Reutern / mit höchster Tapfferkeit / widerstund; ward er doch endlich umringt / und nachdem er ziemlich lange sich ritterlich gewehrt / zuletzt / da immer frische Feinds-Truppen angeflogen kamen / von den Seinigen verlassen; fiel also / als ein ehrlicher Rittersmann / im Streit / und muste die Ehren-Flamme seines Lebens / und brennenden Muts / in ihrem eigenem Blut erleschen; nicht anders / als wie die Brust eines behertzten Leuens / die von vielen Pfeilen oder Kugeln der Jäger verfolgt und durchbort worden / endlich in ihrer Hitze erkaltet / und das tapfre Leben / samt den Kräfften / verliert. Die Spannier aber / welche gleichfalls sehr großmütig fochten / zogen endlich / nachdem der Ihrigen etliche wenige / und unter denselben der Garsias Gusmann / gefallen / mit ehrlich-streitender Faust / sich in ungetrennter Ordnung zurück / und zu demselbigen Thor wiederum hinein / von welchem sie waren heraus gegangen. So nun diese wenige Truppen einen so rühmlichen Ab- oder Rück-Zug genommen; was solte nicht geschehen seyn / wann alle die andre hätten an solcher Ehre wollen Theil haben? Ruhm-gedachter Hauptmann / Wolff Hagen / der eines unsterblichen Nachruhms würdig / weil er sein Leben / für seinen König / und für die ganze Christenheit / so Helden-redlich aufgeopffert / ist / nach dem Abzuge deß Feindes / in die Stadt geholt / und ansehnlich zur Erden bestattet. Nebenst ihm / ward doch gleichwol auch ein Edelmann / Namens / Georg Steinbeiß / so tödtlich geschossen / daß er drüber ins Graß beissen muste. Ortelius will / daß die Unsrigen / eben von diesem Tage allererst / der Wolfs-Brucken / von welcher schon vorhin gedacht / verlustig und beraubt / und also aller Paß ihnen vollend gesperrt worden. Wann man aber vorhin gesetzte Umstände betrachtet / will es fast keinen Schein behalten / daß solches erst / am heutigen Tage / solte beschehen seyn. Mit fast gleicher Verwirrung / womit erstbeschriebener Ausfall zurück gefallen / und nicht nur Krebs-gängig / sondern gar Hirsch- und Reh-füssig worden / werden die Begebenheiten / so hernach gefolgt / von den Historicis erzehlt / zumal was die Benennung der Tage / und theiis andre Umstände betrifft: also / daß man so viel mißlautende Säiten sehr übel stimmen / und zu einem Gleich-Laut bringen / noch sich unbetrieglich entschliessen kan / welchem man am sichersten glaube: be [155] vorab / weil einer so wol / als der andre / ob gleich nicht in diesem / oder jenem / dennoch in einem andren Stück / bishero unterweilen fehlbar erfunden worden. Isthuanfius hat die Stürme fast am aller fleissigsten und umständlichsten / hingegen die Zeiten derselben am allerunfleissigsten / und / wie es sihet / bisweilen in verkehrter Ordnung / beschrieben. Diesem nach weiß ich / den Leser nicht besser zu vergnügen / als daß ich den fernern Verlauff / von vorbeschriebenem Ausfall an / bis zum Abzuge der Türken / nemlich bis zum 14. Octobr. nach den fürnehmsten unterschiedlichen Verzeichnissen / und zwar eines jedweden Scribentens seine absonderlich / erstatte. Vom Isthuanfio und Jovio / wollen wir den Anfang machen; die übrige sollen folgen: weil eines jedweden Beschreibung manche sonderbare Umstände / so man bey den andren nicht findet / hinzu thut / aber / wie gedacht / auf ganz andre Data setzt / manchesmal auch einer solche aneinander henkt / die der andre von einander absondert / und andren Begebenheiten beyfügt. So erzehlt demnach Isthuanfius den Handel / ungefehr also / wie folget: Ob gleich unsre Leute schlimmere Verrichtung (bey ihrem Ausfall) gehabt / weder sie gehofft / und gantz furchtsamlich sich wiederum noch der Stadt hingeschnellet / und der Feind sich ihnen genau an den Rucken gehenkt: haben gleichwol damals die Spannier / an denen / unter der Mauren heraus getragenen und aufgeworffenen Erd-Hauffen / gemerkt / daß der Feind schon abermal andre Minen / zweyer Orten / nemlich bey dem Kärnther- und Stuben-Thor / vorhätte. Weßwegen sie / die Spannier zur Stunde ein Fähnlein erwischten / und sich eilends / nach selbigen Oertern hin / häuffig versammleten. Den Teutschen ward / von ihren Obersten / befohlen / dergleichen zu thun: welches sie auch hurtig ins Werk setzten / und zu contraminiren anfingen. Als aber die Türken / nicht weit / von der vorigen Sprengung / die Mine anzündeten / um die Mauren übern Hauffen zu werffen / und / durch die aufgerissene weite Lucken / mit aller Gewalt / hinauf zu steigen trachteten; wurden ihnen die Teutschen / in grosser Anzahl / von denen Generaln / entgegen gestellt / und sich frisch zu halten / ermuntert. Bevor ich den Ausgang dieser Isthuanfischen Anlauffs-Erzehlung gleich beyfüge; muß ich den geneigten Leser erinnern / was ich / beym 1. Octobr. vorhin angemerkt: nemlich daß die Feder deß Isthuanfii / um etliche Tage früher / weder der Feind selbst / zu miniren und zu stürmen / angefangen; indem sie die erste Untergrabung / auf den 28 sten Septembris gesetzt / und zwar eine bey dem Kärnther-Thor; die andre bey St. Claren Kirchen; welche beyde Minen auch / von den Feinden / solten angezündet / doch ihnen selbsten nur die Umwerffung der Mauer / weil sie auswärts gegen ihnen zugefallen / verhinderlich worden / und sie darauf / bey unternommenem Einbruch / von den Teutschen übel empfangen worden seyn. Auf selbigen Handel zielet nun allhie Isthuanfius / mit den Worten nicht weit von der vori [156] gen Sprengung. Worauf / seines Berichts / am Michaelis-Fest / von den Unsrigen / der erste starke Ausfall geschehen. Daß er aber hierinn gar sehr irre / und selbige erste Sprengung / samt dem Anlauff / aller erst auch dem zweyten / und zwar übel-gelungenem Ausfall / sich begeben habe; werden uns hernach alle andre Scribenten bescheinigen. Tags / vor jetzt-berührtem zweytem Ausfall / hat man / wie er / und auch andre / vermelden / abermal gemerkt / daß der Feind wiederum miniren müste (welche Vermerkung die andren Authores der Trummel / und dem Wasser-Becken / wie auch dem ungewöhnlich-starkem Schiessen deß Feindes / zuschreiben; er aber / der Isthuanfius / beynebst der Anzeigung deß freywilligen Uberläuffers danket: welcher doch nicht diese / sondern die erstgedachte doppelte Untergrabung / so nicht am 28. Sept. sondern am 1. und 2. Octobr. durch Gegengrabung / wie ich vorhin gedacht / vernichtet worden / entdecket hat) weßwegen man mehrbesagten zweyten Ausfall geresolvirt; um / draussen zu suchen / an welchem Ort die Untergrabung wiederholt würde. Solche haben nun / jetzt-verstandner Massen / die Spannier draussen zu Gesicht bekommen; worauf gleich derselben entgegen gearbeitet worden; dennoch aber die feindliche Mine einen Schlag und solche Würkung gethan / daß die Türken darauf Sturm geloffen / und mit den Unsrigen zu Streichen gekommen. Hievon führet nun dieser Author den fernern Verlauff also aus: In gleicher Stärke und Krafft (schreibt er) begegnete der Teutsche dem Feinde / der sich zum Einbruch erkühnte. Sie wurden also miteinander Handgemein / und in ein grausames Gefecht eingeflochten / und kamen einander so nah auf die Haut / daß man den Gebrauch deß Feuer-Gewehrs aufhub / und beyderseits zum kalten Eisen griff / der Teutsche zum Schwerdt / der Türk zum Sebel; welcher letzter aber / nach einem erschrecklich-blutigem Streit / zu den Ruinen (oder gesprengten Oeffnung) wieder hinaus geschlagen / und über Hals und Kopf / von den Unsrigen / resolut hinaus geworffen ward. Als aber den Türken von den Officirern der Janitscharen / und Chiaussen / deren Amt ist / die Schlacht anzuordnen / 29 und die Soldaten zum Gefechte anzufrischen / mit düsterlichem Geheul Gebrüll und Drau-Worten / geboten ward; sie aber / als ermüdete / geklopffte / und erschrockene Leute / nicht mehr daran wolten: nöthigte man sie endlich nicht nur mit Prügeln / und solchen eisernen Streit-Kolben / wie die Türkische Officirer in der Hand zu führen gewohnt / dazu; sondern verwundete auch ihrer viele / und sebelte etliche gar zu Bodem: wodurch also die andren gezwungen wurden / Stirn / Brust / und Schwert / wiederum auf den Feind zu richten. Andre Türken schossen und warffen auch allerley feurige Pfeile / oder Pech-Hartz- und Schwefel-beklebte Fackeln unter die Verfechter der Mauren / in grosser Menge: um sie damit hinunter zu treiben: daher Niemand / ohne merkliche Gefahr / droben stehen kunnte.
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Ob aber gleich vielen Spanniern und Teutschen hiedurch entweder einige Glieder / oder das Angesicht gebrannt wurde: leschte doch die / in ihrem Mut brennende / Ehren-Fackel solchen feindlichen Brand gleichsam aus / und wurden ihre Gemüter / von den lebendigen Fackeln der Tapfferkeit / nemlich von ihren / ihnen zusprechenden / Obersten / dermassen erhitzt und aufgefrischt / daß sie / mit Verachtung solches Türkischen Feuer-Geschosses und Brennens / den Feinden mutigst widerstunden / und / nach einem dreystündigem continuirlichem Gefecht / den Platz ritterlich behielten / über zweytausend Türken erschlugen / auch nicht wenigere verwundeten / und den übrigen einen Nothzwang anlegten / ihren Kopf mit schändlicher Flucht / einer so heissen oder scharffen Laugen / und blutigen Wäsche / zu entreissen. Sie selbst / die Feinde / musten bekennen / es wäre weder bey Eroberung der Insel Rhodos / noch der Stadt Griechisch Weissenburg / hitziger / schärffer / und gefährlicher / hergegangen. Demnach kamen noch an demselbigen Tage 30 vor dem Untergange der Sonnen / nachdem die Feinde zurück geklopft und abgetrieben / gleichwol andre frische und kühne wieder / die Bestreitung fortzusetzen / und den Graben auszufüllen: damit den Unsrigen nach solcher ausgestandenen Anfechtung / Arbeit / und Schweiß / weder Rast noch Ruhe gelassen würde. Diese führten eine grosse Menge Mäuler / Camele / Büffel / und dergleichen Last-Thiere bey sich / nebst einigen Fuß-Knechten / so man Asapi und Sarhori nannte / und den Janitscharen untermengte / wie auch eine grosse Menge Christlicher Bauren und Land-Leute aus der Bulgarey und Thracien / herbey / welche mit aller hand Gesträuß / Reisern und Erde / belastet waren / um den Graben damit zu enttieffen / und trieben dieselbe ziemlich nahe hinzu. Aber die / auf der Mauren in guter Ordnung und Bereitschaft stehende / Teutsche und Spannier warteten nur / daß sie solten ankommen. Und nachdem sie / an gewissen Orten / die Stücke / mit so vortheilhafter Bequemlichkeit / gestellet hatten / daß man / von beyden Seiten / diese neu-Ankommende damit bestreichen könnte; brannten sie / unter die dieselbe / als / los / ehe denn sie die Thiere könnten abladen: also wurden die Last-Führer durch die Stück-Kugeln zertrennt / und ihrer sehr viele zerschmettert. Ob auch gleich die / unter ihnen vermengte / Janitscharen / mit ihren Röhren und Bögen / jenen Hülffe thun / und Schutz halten wolten; musten sie doch / weil man ihnen gar scharf entgegen spielte / nach erlittenem grossem Verlust / sich endlich davon machen / und Reißaus nehmen. In welchem Streit / der tapfre Eck von Reischach / ein gar braver Oberster / drey Kugeln gerad auf die Brust bekam / so gleichwol alle / durch GOttes / und seines guten Brust-Stücks oder Kürisses Schutz / aufgehalten worden / ihn zu verletzen. Folgenden Tages / da Solimannus merkte / daß sein Anschlag nicht anschlagen wolte; erzeigte er sich / über seine Leute / sehr ungehalten: und zwar destomehr / [158] daß ihm schon so viel Volks / vor einer / dennoch nicht gar festen Stadt / zuschanden gangen / und sie ihm / mit so vielem Blut / gleichwol noch keinen Fuß-breit gewonnen hätten. Deßwegen forderte er den Groß-Vezir / samt allen andern Veziren und Bassen / vor sich / in sein Leib-Gezelt / fuhr sie / mit gar rauhen Worten / heftig an / verhebte ihnen ihre zaghafte Trägheit und Untauglichkeit; und gebot ihnen endlich sehr scharf und ernstlich / mit Anwendung aller Gewalt des ganzen Kriegs-Heers / wiederum anzusetzen / auch keine Rechnung ihnen zu machen / als daß sie entweder / mit Macht / durch- und in die Stadt brechen / oder hernach ihm alsofort sterben müsten. Indem solches / durch die Chiaussen / im ganzen Lager / angesagt wird / und das ganze Heer sich rüstet / den letzten und äussersten Gewalt zu versuchen / mittler weile aber der Feind / drey Tage über / sich still hält und ruhet 31 sucht der mutige und glückhafte Ungarische Parthey-Gänger / Paul Wakitz / bey dem Pfalzgrafen / und Grafen von Salm / an / um Vergunst / gegen deß Groß-Vezirs Quartir / welches unten an dem zerstörten Schloß Kalenberg / bey der Donau / war / mit seinen leichten und wolberittenen Reutern / und etlichen Teutschen Küriß-Reutern deß Johann Cazianers / einen Streif zu thun. Welches ihm verstattet ward. Also schickte er seinen Obristen Leutenant / Emerich Magnus / welchen man / weil er einen kurzen Fuß hatte / mit dem Bey-Namen / den Knappenden nannte / mit den schnellsten Reutern / voraus / bis an den äussersten Theil deß feindlichen Lagers. Die Türken machten sich / wie die gereitzte böse Hummeln / bald hervor / und gingen / mit eilfertigen Truppen / stracks auf denselben los: der hingegen / mit Fleiß sich einer Flucht annahm / und sie / zur Verfolgung / bis an die Weinberge / verleitete / woselbst der Wackitz (oder Bakitz) die Seinige versteckt hatte / und von dannen unversehns / mit starkem Geschrey / auf sie heraus fiel / sie gar hitzig angrif / und / nach einem glücklichen Kampf / in die Flucht trieb / auch bis an ihr Lager / nachdem ihrer piele geblieben / sie verfolgte / und unterschiedliche Gefangene mit sich in die Stadt brachte: Unter welchen sich deß Groß-Vezirs Barbir befand / der ihm sehr lieb war / und hernach / mit einem ansehnlichen Stück Geldes / sich ausgelöset hat. Von diesen Gefangnen hat man / eben zu guter Zeit / erfahren / daß der Suldan noch einen harten Strauß und Sturm / mit ganzer Macht / zu versuchen gesonnen; und wann derselbe mißlingen solte / alsdenn die Belägerung aufheben / und abziehen würde: weil er nicht allein die herbeynahende rauhe Winter-Zeit / als welche seinem Feldlager sehr nachtheilig wäre / sondern auch das gemeine Gerücht von dem Anzuge Käiser Carls / Königs Ferdinands / und der Teutschen Fürsten in Betrachtung nähme: als welche / wann sie / mit ihren starken und frischen Kriegs-Hauffen / seine abgemattete / geschwächete / und gar sehr abgenommene Völker solten angreiffen / den Sieg / seiner eigenen Bekanntniß nach / zweifelhaft machen dörften.
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Daß solche Aussage der Warheit gemäß / hat / kurz hernach / der Ausgang bestätigt. Dann nachdem der Armee eine dreytägige Ruhe gelassen worden; haben die Vezirs / Bassen / und andre Officirer / am 13. October / allen / die ein Gewehr führen konnten / befohlen / aus dem Lager hervor zu rücken / und mit grossem Geschrey / unter einem starken Schall der Paucken / und Trompeten / und Schalmeyen / wie auch grausamen Gekrach der Feure-Röhre / zu den Lucken der Mauren / so man durch Untergrabung / eröffnet und aufgesprengt hatte / einzudringen / und den äussersten Gewalt zu brauchen. Wiewol nun zwar die Unserigen / bey denen kurz vorhergehenden Nächten / mit grosser Müh und Arbeit so wol der Burger / als Soldaten / besagte Lucken und Ruinen der Mauren / mit zusamm-geschlagenen Balken und Erd-gefüllten Fässern auszufüllen / dem feindlichen Einbruch hiedurch vorzubauen / und also einen neue̅ Gegenhalt zu setzen / gestrebt: haben sich doch die Kriegsknechte nicht wenig angefangen zu scheuen / und zu entsetzen / nachdem sie gewahr worden / daß ein solches / in so gewaltig-viel Hauffen eingetheiltes / mächtiges Heer / mit einer so gewaltigen Menge / zum Anfall / heran drünge. Und / welches der Furcht keine schlechte Vermehrung gab / so warffen die Türken / durch ihr fortwährendes Canoniren aus den Schlangen / den Thurn deß Kärnter-Thors / von welchem ihnen bishero viel Ubels / und grosse Niderlage / zugefügt worden / in einem Moment / übern Hauffen: womit sie den Büchsenmeistern alle Gelegenheit und Mittel / von dorten herab die Mauren zu beschützen / gänzlich raubten / und unsern Leuten keine geringe Bestürtzung verursachten. Aber / auf Zureden der Obristen / fasten sie bald wieder ein frisches Herz / und gaben / aus ihren Mußqueten / den Feinden einen rauhen Gruß / als ob ein ganzer dicker Hagel-Sturm denselben entgegen geflogen käme: wodurch die / so in der vordersten Ordnung / die Mauren angestiegen / mehrentheils danider geschlagen / die andern aber abgeschreckt wurden / ihnen zu helffen / und in so blutige Fusstapffen zu treten. Vestigia me terrent! hieß es da recht eigentlich. Derohalben begehrten sie keine Nachläuffer solcher unglückseliger und übel angeloffener Vorläuffer zu werden / noch dem Tode so richtig und gerade in den feurigen Rachen zu gehen: sondern bedankten sich solcher scharffen Willkomms-Grüsser / mit dem Rucken / und eilten zuruck / was sie kunnten. Wie der Janitscharen Aga Ferrat / imgleichen die Begler Begs / der Besram / und Ibrahim / als Generalen über die Reuterey / solche schimpffliche Flucht der Ihrigen / erblickten; bemüheten sie sich / dieselbe wieder / nicht allein / wie vorhin / durch Prügel und Kolben / sondern auch durch den Sebel-Streich / zum Stande zu bringen / hieben grimmig darein / und die meisten / so ihnen unter die Faust geriethen / gar danider. Allein sie waren / von Furcht und Schrecken / wie mit einem starken Blitz / so hart getroffen / daß fast alle Empfindung einiger Furcht für dem Sebel ihrer Officirer in ihnen darüber erstorben war. Das Blut ihrer zu Boden gestürz [160] ten Rott-Genossen stund ihnen so hart und entsetzlich vor Augen / daß sie ihr eigenes lieber unter dem Sebel ihrer Bassen / vergiessen / als die so feurige Mauren der Stadt Wien damit besprützen / lieber den Tod / von Ihrigen / annehmen / als aus den wütenden Tatzen der ergrimmten Teutschen Leuen holen wolten. Darum wann der Officirer schrie und drauete: Geh an! oder stirb / von diesem Sebel! antworteten sie: Lieber wollen wir von Eurer Gnaden Hand und Sebel sterben / weder von den Kugeln und Bratspiessen der Teutschen und Spannier (also nennten sie die langen Klingen derselben) 32 uns so durchbohren / und so grausamlich erwürgen lassen. Dannenhero nicht unbillich geglaubt wird / es seyen diese Barbern / die sonst ihren Fürsten und Obersten sehr gehorsam / und aus einer natürlichen angeerbten Grausamkeit auf Christen-Blut erdurstet und erhitzet sind / durch sonderbare Schickung GOttes / in so tieffen Schrecken gerathen. Weil denn nun Sultan Solimann / nach seiner eignen Bekenntniß / keine Hoffnung mehr sahe / die Stadt zu gewinnen: brach er seinen halsstarrigen Sinn / und beklagte die Unbeständigkeit des Glücks / welches ihm / in seinen Unterfahungen / so untreu worden wäre; beschloß also von der Stadt abzuweichen / und wieder gen Constantinopel zu kehren. Gestaltsam er auch / am 14. Octobris / nemlich Donnerstage / als am 23 sten Tage der Belägerung / die Stücke von den Batterien und Lager-Wällen heraus ziehen / und den mehren Theil zu Schiffe bringen / die übrige aber / zum Behuf deß Feldlagers / über Land mitführen ließ. In der eilfften Stunde selbiger Nacht (dessen der stoltz-geschwollene Hochmut dieses barbarischen Tyrannen sich je hat schämen müssen) nahm er seinen Aufbruch / nachdem die Gezelt und Rüstwägen in der Stille 33 weggeräumt / und zum Aufbruch geblasen worden. Seinen Marsch hat er so eilig fortgesetzt / daß er / am fünfften Tage hernach / mit seinem Heer-Lager / im Felde bey Ofen / gestanden / welches zwey und dreyssig tausend Schritt weit von Wien ab gerechnet wird. Hierinn fehlt ohne Zweifel der gute Isthuaufius / ob er gleich tausendmal ein geborner Ungar / und fürnehmer Officir gewest wäre; sofern er nicht durch tausend Schritte eine Meil Wegs versteht. Es müsten aber solches lauter Welsche Meilen / und also Ofen von Wien nur 8. Teutsche Meilen ligen; da es doch 32. starker Teutschen Meilen davon entfernet ist. Derhalben muß sich etwan Isthuanfius / in Gedanken / verschrieben / und an statt triginta duorum millium passuum intervallum haben setzen wollen triginta duorum milliarium intervallum.
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Indem der Tyrann also davon zoch / entwichen aus seinem Lager / Georg Seredi / Adam Honori / Georg Hathalmi / und Thomas Borosci / vier berühmte Ungarische Rittersleute / mit 28. Reutern / welche bishero dem treulosen Erz-Bischoffen von Gran / Paulo Wardano / zu Felde gedient hatten / und samt ihm dem Türkischen Heerlager accompagnirt waren. Weil diese ehrliche Soldaten / nicht länger / bey den unglaubigen Barbarn / zu beharren / noch wider einen Christlichen Potentaten / mehr zu dienen / begehrten / machten sie sich davon / und nach der Stadt zu. Als aber die Generalität daselbst gern / von ihnen / erlernet hätte / was etwan der Suldan weiter fürnehmen würde; kunte man / von ihnen / weiter nichts erfahren / als / daß / nach dem Abzug deß Türkischen Käisers / annoch ein grosser Theil deß Heers / unterm Groß-Vezier / im Lager stehen blieben. Dieser ist aber auch / folgenden Tags / nemlich am Freytage / mit sechzigtausend Türken / seinem Suldan gefolget / und zwar also / daß er demselben den Rucken bedeckte. Die Türkische Schiff-Flotte lieff den Donau-Strom hinab / und richtete ihren / Lauff so behutsam / daß sie die / mitten im Strom / gegen Preßburg über / ligende Insel / längst dem disseitigen Ufer / geschwinde vorbey segelte: damit sie nicht / von dem Johann Salay / und Wolff Oeder / wiederum so übel mögte gehalten / oder begleitet werden / wie ihr / bey ihrer Hinauf-Fahrt gen Wien / geschehen war.
Diß ist also die Isthuanfische Beschreibung der Kriegs-Händel / so nach vorerzehltem Ausfall / bis zum Aufbruch der Türken / vorgegangen. Was er hiernechst noch weiter / von dieser Materi hinan hängt / soll nachmals mit eingemischet werden denen Sachen / so sich / nach dem Aufbruch deß Suldans / bey diesem seinem Feldzuge / noch weiter zugetragen. Zuvor aber müssen wir nun die Relationen anderer Authoren auch beytragen. Jovius gehet / von dem Isthuanfi / nicht weit ab; doch / in etlichen Stücken / noch ein wenig umständlicher. Gleich bey Ankunfft deß Türkischen Kriegs-Heers / entdeckt er den mächtigen Fehler der Wienerischen Sicherheit / und derer / die für dieselbe billig bessere Sorge hätten tragen / und / bey guter Zeit / sie ausser Gefahr stellen / das ist / mit behöriger fortification, so einem so gewaltigen Anlauff Bestand wäre / versehen sollen. Uber derer alt-förmigen Bau-Form der Stadt-Mauer / haben / seines Berichts / alle die gar erfahrne Teutsche Obersten / so bald sie derselben ansichtig worden / gleich den Kopff geschüttelt / und geurtheilt / sie wäre / von unverständigen Meistern / aufgerichtet / und ein schweres Stücken-Gefecht / auszustehen ganz untauglich; weil sie ganz Zirkel-rund war / keine Ecken / und Winkel / keine Flanquen oder Flügel und Streich Wehren / noch halbe Monden hatte / wovon man den Sturm-Lauffern hätte in die Seiten brennen können. Denn der gute König Ferdinand hatte sich so geschwind noch keines Feinds versehen; und die Stadt selbst / sie eine lange Zeit bishero von keiner Anfeindung gewust / sich um keine Befestigung Sicher-Stellung bekümmert / auch durch des [162] Obertanzens eifrige Warnung / sich / aus ihrem tieffen und sorglosen Schlaffe / nicht wollen wecken lassen. Daher man kaum sich so viel bemühen wollen / daß man von Erden ein kleines / aber gar nicht dickes / Bollwerk aufgeworffen / und zwar nur allein bey dem Kärnter-Thor. Andrer Orten aber hat man nur hölzerne Hüttlein / wie gleichsam hervorstehende Erker / hingesetzt / darinn die Hacken-Schützen / vor dem Feinde / verdeckt und verborgen stehn mögten. Nachdem aber solche schwache Werke / durch die feindliche Falconetten / und Röhre / gar bald hinweg geputzt / oder aufs wenigste häuffig durchlöchert worden: ward die Mauer / von ihren Beschützern / ganz entblöst. So fiel die Zeit auch so gar kurz / daß die Obersten inwendig keine höhere Bollwerke / von Erde und Rasen / so bald kunten aufwerffen; wie zwar die Noth erforderte. Denn allda hätte man / wie gebräuchlich / die gröbere Stücke pflanzen sollen; deren eine grosse Anzahl / auf Rädern / sonst bey der Hand lag / womit man / durchs feindliche Lager / gar weit und breit hätte streichen können. Bey gegenwärtiger Bewandniß aber / stunden sie da müssig / weil kein hohes und festes Bollwerk / oder Schanze / für sie / vorhanden war / darauf man sie hätte stellen mögen. Denn der Augenschein zeigte / daß / so man ein solches Bollwerk damit hätte besetzen können / so man Cavallier nennet / das feindliche Lager gar sehr damit würde seyn beschädigt worden: sintemal / kurz zuvor / die zween Spannische Obersten de Avalos und Aquileria, nur eine halbe Schlange / mit Stricken / auf die Höhe der Mauren / hinauf gezogen / und gleich damit etliche Lager-Zelten deß Feindes übern Hauffen geschlagen hatten. Bey dem Minen-Spiel / am Kärnter-Thor / gedenkt er / daß / nachdem ein groß Stück von der Mauren / jedoch sonder Beschädigung deß Thurns / zertrümmert worden / und auswerts für sich gefallen / die Türken / weil sie / durch das Geschütt / oder den ruinirten Stein-Hauffen / merklich gehindert waren / von den gewaffneten Teutschen Kriegs-Hauffen / mit leichter Mühe haben können zurück getrieben werden. Nachmals / da sie / gegen S. Claren / zwo Klüffte in die Mauren aufgesprengt / die gleichwol nicht sonderlich weit gewest; hätten sie / mit gar engen Gliedern / müssen hinein dringen / doch gleichwol / mit grosser Künheit / sich dadurch hinein gewagt; gar bald und leicht aber ihre Straffe dafür empfangen: indem die wolbewehrte Teutschen solches schlecht-bewehrte Gesinde / (inermem turbam) welches so ruchlos und unvorsichtig ihnen in die Spitzen geloffen / dazu auch daselbst / an der Zahl / ihnen nicht gewachsen war / jämmerlich niedergestossen / und die übrigen zuruck gejagt: Uber drey Tage hernach / als unfern von der vorigen Oeffnung / abermal ein Stück der Mauren / beym Kärnter-Thor nidergesprengt / sey es wiederum zu einem mächtig-scharffen Gefecht gerathen: indem die Türken / mit hefftiger Furi angefallen / und man beyderseits mit dem Schwert gefochten; die Türken nemlich / mit Säbeln; die Christen aber / mit Schlag-Schwertern: und gleichwie die Teutsche / von ihren Officirern / zum tapffren Streit / mit stetigem Anspruch / gespornet worden; also hingegen die Türken / von den Ihrigen / [163] mit Schreyen / Brüllen / Prügeln / und Wunden; doch habe man zugleich / mit allerley Geschoß / auch gestritten / und zwar so hefftig / als sonst / bey damaliger Welt-Zeit / niemals: Bey welcher Gelegenheit denn ein fürnehmer Oetingischer Herr / welchen dieser Author nobilem Regulum, einen edlen Königschen / oder berühmten fürnehmen Herrn / titulirt / sehr gebrannt worden; wie Gegentheils auch etliche Befehlhaber unter den Türken. Jener ist Graf Wolf von Oetingen gewest: der sich / am Feuerwerk / ein wenig verbrennt hat / doch darüber am Leben keinen Schaden genommen: Denen Janitscharen / und Asapien (schreibt er /) hätten sich viel abgestiegene Türkische Reuter mit eingemenget / welche eben so / mit Schild / Säbel / und Lanzen / angegangen: Endlich aber wären / nach einem dreystündigen Gefecht / die Türken / mit ihrem mächtigen Einbuß / wieder durch ihr gemachtes grosses Fenster (oder gesprengtes Loch) hinaus gestürzt / und verjagt worden: Nichts desto weniger sey / am 15. October / durch eben dieselbige offene Klüffte / der Feind wieder angekommen / und den Unsrigen sehr ungestümlich auf die Haut gegangen; nachdem sie / von ihrem Suldan / bedrauet worden / entweder ihm die Stadt / oder ihre eigene Köpffe / zu leifern. Allhie hat Jovius aber / in dem dato / einen zimlichen Fehler geschossen: angemerkt / am 15. October / (idibus Octobris) die Türkische Armee schon in vollem Abzuge begriffen / und zwar der Suldan / mit seinem Hauffen / allbereit etliche Meilen von der Stadt hinweg gewest. Ich vermute aber / Jovius habe durch Idus Octobris, den 13. October verstanden: weil / nach dem alten Römischen Kalender / in den meisten Monaten deß Jahrs / die Idus auf den dreyzehenden eines jedweden Monats fallen. Er mag aber / in der Eile / vielleicht vergessen haben / daß hievon der Merz / May / Julius / und October / ausgeschlossen gewest / und daß / bey diesen 4. Monaten / die Idus alle mal / auf den funffzehenden / gefallen. Denn sonst setzt / wie vor vernommen / Isthuanfius / welchem Jovius sonst auch / in andren Umständen zimlich gleich / den letzten Sturm auch auf den 13. Octobris. Den Ablauff aber dieses Sturms anlangend; so meldet Author / man habe etliche grosse Stücke / an unterschiedlichen Orten / zu grossem Vortheil der Unsrigen gestellt / (welches meines Vermutens / mit Hagel geladen gewest /) und damit die herandringende Tücken dermassen empfangen / daß sie bey Hauffen zu Boden gefallen / und sich durchaus nicht mehr / zu weiterem An- oder Nachsatze zwingen lassen wollen / sondern zu ihren Antreibern gesprochen: Sie begehrten lieber / von einem Türkischen Säbel / nidergemacht / weder / durch die Stücke der Christen / so zerschmettert zu werden: Und hierauf seye der Abzug erfolgt. Nun besehen wir billig auch / was die Tag-Verzeichniß deß Leunclavii / von den Begebenheiten / zwischen dem 6 ten und 14 ten Octobr. handelt. Und weil Ortelius / in Anmerkung der Tage / wie auch mehrerntheils der Geschichte oder Vorfälligkeiten selbsten / dem Leunclavio zimlich nachgegangen: will ich / bey [164] jedwedem dato / beyde Beschreibungen zusammen / nach einander setzen; wiewol eben nicht alles / aus dem Ortelio / wiederholen / was vor / aus dem Leuenklau wird angezogen werden; sondern nur einige Erweiterungen oder umständlichere Beyberichten. Hievon schreibt nun Leunclau / wie folget: Am 6. October / (nemlichen nachdem der Ausfall so unglücklich gefallen /) fing der Feind an / zu sprengen / und zersprengte bis in die 40. Klaffter / an der Maur; lieff darunter gleich einen gewaltigen Sturm an; und kam / auf diesen Tag / so nahe hinan / daß man ihn / mit Helleparten / von der Mauer muste antreiben. Die Unsrige blieben / denselbigen übrigen Tag / im Gewehr stehen. Man verlohr / an diesem Tage / beydes / bey dem Sturm / und Ausfall / bis in die 150. Mann: Wiewol etliche meynten / mehr / denn zweyhundert. Also zohen die Türken wieder ab; machten doch / um fünff Uhr / wiederum einen Lärmen / mit so hefftigem Schiessen / und Graben / daß es wol einem Sturm gleich sahe. Um zwölff Uhr / in der Nacht / ward abermals Lärmen / also / daß der Soldat / die ganze Nacht / in der Ordnung stehen muste / bis zu acht Uhren des folgenden Morgens. Ortelius beschreibt den Anlauff und Abschlag dieses Sturms (am 6. Octob.) mit gleichen Umständen; setzt aber hernach die fürnehmste Ursach hinzu / welche / noch selbigen Nachmittags das Ansehen zu einem neuen Sturm gegeben; nemlich / weil der Feind / den Graben / mit Büschen / und andrer Materi / so die Kamele und Pferde hauffenweise zutrugen / auszufüllen sich hefftig bemühet habe / damit er könte zur Stadt hinein dringen: Das hefftige Schiessen / gegen Abend / welches einem Sturm gleich gesehen / seye zwischen 5. und 6. Uhr angegangen: Bey dem / zu Mitternacht / neu-erwecktem / Lärmen / seye nichts thätliches fürgenommen worden. Leunclavius: Am. 7. October / zwischen 8. und 9. Uhren / erhub sich ein Lärm: denn die Feinde / am hellen Tage / auf der Mauer / zwo Pasteyen berenneten. Ortelius: Den 7. Octobr. als die Sonne kaum war untergangen / entstund wiedrum ein Lärmen vom Feinde / als ob er stürmen wollte: welcher sich aber bald verlohr. Dazumal ward / in der Stadt / mit der Wacht / auf daß die Knechte ihre Ruhe hätten / eine andre Ordnung gemacht; nemlich / daß ein Fähnlein vier und zwanzig Stunden an einander / sollte anders die Maur recht versehen seyn / wachen muste. Unterdessen hatte der Feind / durch Schiessen / zwo Pasteyen / auf der Mauren / so von Holz gemacht / angezündt / und bey hellem Tage ausgebrennt; deßgleichen die Bäume / in den Gärten herum / alle nidergefället. Welches die Unsrige also aufgenommen / als gedächte er / damit den Graben aufzufüllen: derwegen sie sich / mit Feuerwerk / gefast machten / um / solcher Unterfahung / zu begegnen. Allein der Feind hatte solche Bäume mehrentheils nur / zur Verdeckung seiner gegrabenen Gänge / gebraucht.
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Leunclavius: Am 8. October / hatten sie auch einen Lärmen. Selbigen Lärmens gedenkt Ortelius / mit gleicher Kürze; fügt aber dieses weiter hinzu: Es habe gleich darauf Pfalzgraf Philipp die Soldaten zu beherzter Standhafftigkeit ermahnt / mit dem Er bieten / daß er Leib und Leben bey ihnen lassen wollte / dessen sie sich gänzlich zu ihm versehn sollten. Wobey er ihnen auch angezeigt / wie die beyde Obristen / Conrad Gotzmann / und Jacob von Wernau / mit mehrerm Volk / in die Stadt zu kommen / sich stark bemüheten; aber / vor deß Feindes grosser Macht / bishero solches noch nicht könnten ins Werk richten. Worauf die Soldaten / und Landsknechte / ihm treulich beyzustehen / und sich ritterlich zu wehren / versprochen. Was den 9. Octobr. vorgegangen / wird vom Leunclavio / und Ortelio / mit einerley Umständen / also beschrieben: Früh Morgens / und hernach wieder um 9. Uhr / machte der Feind zween Lärmen nacheinander. Welche doch bald verschwanden: indem unterdessen sein Volk sich zum Sturm rüstete. Um 3. Uhr (nach Mittags) fing er (der Feind /) an / gewaltig zu schiessen / und mit aller Macht / zweener Orten / Sturm zu lauffen; warff benebenst auch ein merklich-grosses Stück von der Mauren nider: und ob er wol / mehrer Orten / seinen zugerichteten Minen auch Feuer gegeben / (oder / Soldatischer zu reden / dieselbe angezündt / und spielen lassen /) sind sie doch / ohne sonderlichen Schaden / abgegangen; weil allemal nur das Erdreich) ein wenig dadurch erschüttert / und über sich geworffen worden. Welches denn / zum dritten mal / geschehn: weil die Unsrigen ihme / in dem Gegen-graben / 8. Tonnen Pulvers / so er zum Sprengen hingelegt hatte / weggenommen. Nichts desto weniger seynd doch / an diesem Tage / unter dem Stürmen / von unsern Leuten am meisten geblieben. (Welches nicht den Verstand hat / als ob ihrer mehr / denn der Türken / sondern daß / an keinem der vorigen Tage / ihrer so viel / als an dem heutigen / umgekommen.) Jedoch hat der Feind / so wol diß mal / als vorhin / den kürzern gezogen blaue Schienbeine erloffen / und weichen müssen. Unterdessen wurden / an diesem Tage / ein paar Spionen ergriffen / und mit einer solchen Hals-Ketten beschenkt / wie dergleichen Bößwigtern gehört. Leunclavius: Am 10. Octobr. verfertigten die Unsern noch einen Graben / Anschüttung / und Brustwehr: daß der Feind noch eine Mauer (oder vielmehr noch einigen Wall /) zu gewinnen hätte. Darnach / in der Nacht / wachten die Feinde / um 4. Uhr / abermal einen Lärmen; daher jederman / in der Ordnung / deß Sturms erwartete. Ortelius: Dieweil / in währender Belägerung / durch deß Feinds vielfältiges Schiessen / Stürmen / und Untergraben / die Mauren sehr schadhafft / und den Unsrigen die Vorwehr eines Theils genommen war: haben die in der Stadt / am 10. Octobr. die Mauren zu unterstützen / und die Brustwehren mit Holz und Erdreich / zu verschütten angefangen. Dazu man denn die Häuser / so rings umher eingerissen worden / gebraucht; auch / bey der Mauren / noch einen Graben ge [166] macht hat: damit der Feind noch eine Mauer / so doch GOTT gnädig verhütet hat / zu gewinnen hätte. Worauf / um 3. Uhr Nachmittags / wie auch die folgende Nacht / der Feind immerzu / mit Lärmen-machen / sich vernehmen ließ / darum die Unsern / alle Stunde / deß Stumrs gewärtig seyn musten. Welcher doch erst deß folgenden Tags / am 12. Octobr. um 8. Uhr / fürgenommen worden. (Allhie ist die Zahl 12. beym Ortelio nur verdruckt / und muß dafür der 11. October stehen.) Leunclavius: Am 11. fing der Feind abermal an / zu sprengen: weßwegen man ihm / durch Gegengraben / in so weit wehrete / daß er nicht mehr / dann ein Fach der Mauren einwarff. Die gestürtzte Mauer aber erschlug bey acht Spannier. Und darauf lieff er Sturm / an zweyen Orten. Wie es / bey solchem Anlauff / hergegangen / lässt Leunclavius ungemeldt. Und fährt gleich also fort: Am 12. October / warff der Feind wiederum bey zwantzig Klaffter nieder. Darnach lieff er einen Sturm an; richtete aber nichts aus. Nachmals / um eins / stifftete er einen neuen Lärmen / nahete sich mit zween Hauffen herzu / und schlug seine Leute / mit Kolben und Sebeln / zum Sturm: sie wolten aber nicht daran. In der siebenden Stunde / hub er wiederum einen Lermen an: der aber zerging / oder / ohn einigen Nachdruck / vorüber rauschte. Was / in den Stürmen / vor Wien / von Türken / umgekommen / kunte man gar nicht wissen: dann sie schleifftens / bey der Nacht / hinweg / und vergrubens. Ortelius: Den 12. Octobr. (womit er aber den 11. meinet) um 8. Uhr / nahm der Feind einen Sturm für. Dann nachdem er zuförderst seine Mine wiederum zugerichtet; hat er einen gewaltigen Lärmen / beydes von Reisigen und Fußvölkern angefangen / und zu sprengen sich bemühet. Welches aber die Unsrige / mit GOttes Hülffe / durch Gegengrabung / unterbrochen: ausbenommen / daß ein Stück von der Mauren / einem Loch gleich / dabey 7. oder 8. Spannier todt geblieben / eingeworffen worden. Auf solches / hat der Feind / an zweyen Orten / nahe bey dem Stuben-Thor / mit so grossem Ernst zu stürmen angefangen / daß man die Fähnlein / auf der Mauren / aus den Quartieren / verstärken müssen: so auch / durch GOttes Beystand / glücklich zu Werk gesetzt worden. An diesem Tage / sind abermal viel Spannier / und (Teutsche) Landsknechte / erschossen / und todt geblieben. Und als man / unter den Bürgern / gemustert; hat man gefunden / daß / unter ihnen / 636. gemangelt. Dagegen aber ist / auf feindlicher Seiten / eine unzehliche Menge Volks / und / unter denselben / auch der Bassa von Anatolia geblieben. Den Verlauff deß 13. Tags lässt Leunclavius gar aus. Ortelius hingegen setzt / an statt deß 13. Octobr. noch eins den 12 ten: daher leicht zu gedenken / weil alles / was er / unter porigem dato vom 12. Octobr. erzehlet / vom Leunclavio / unterm eilfften / beschrieben worden / es sey die Zahl 12. beym Ortelio zum ersten mal / durch einen Druck-Fehler / für eilff / gesetzt worden / und zum jetzo folgenden zweyten mal eigentlich für den 12. Octobr. anzunehmen. Daun ob gleich Jovius und [167] Isthuanfius denselbigen starken Anfall / welchen Ortelius dem wiederholtem zwölfften dito zuschreibet / auf den dreyzehenden setzen: mutmasse ich doch / man müsse / das erste mal / beym Ortelio / für den 12 ten den 11 ten lesen: weil eben die Begebenheiten dieses mal / auch vom Leunclavio / deme Ortelius / in Benennung der Tage / nachfolget / zu dem eilfften gerechnet werden. Denn die Tag-Zahl deß 12. Octobris / findet man / beym Ortelio / zweymal nacheinander / und hernach dennoch den 13. auch absonderlich. Derhalben habe ich / bey Anziehung deß Ortelianischen Berichts / an statt seines ersten 12. Octobris / den 11. gesetzt: nemlich nach dem vermutlichen Sinn deß Ortelii. Dann meine eigene gründliche Meinung betreffend / halte ich / daß Jovius / Isthuanfius / Leunclavius / und Ortelius / allesämtlich darinn fehlen / daß sie die Türken-Stürme bis schier / an der 15. Octobr. continuiren: sintemal der letzte Haupt-Sturm und Anlauff / am 12 ten / und hernach kein rechter mehr vorgegangen: wann anders der Besoldischen Beschreibung nachzugehen ist; die sonst / in dem Tag-Register / eine richtigere Abtheilung gemacht zu haben scheint. Weßwegen ihr auch der de Rocoles, im Französischen / wie ich merke / fürnemlich und am meisten / gefolgt. Dennoch aber / weil meine Gedanken gleichwol auch hierinn fehlen / und Ortelius / oder Isthuanfius vielleicht doch noch hierinn Recht haben könnten / daß am 13 ten und am 14 ten / noch gestürmt worden / (wiewol das letzte gar unglaublich) will ich deß Ortelii und Leunclavii Erzehlungen völlig / bis an den Abzug deß Türkens / hinaus führen. So lassen wir hiemit den Ortelium / hinfort uneingeredt / weiter also reden: Uber solches vielmals-vergebliche Stürmen / ward Solimannus / des Türkische Käiser / hefftig erzürnet: und nahm ihm gäntzlich für / mit Stürmen nicht nachzulassen / bis er die Stadt erobert hätte. Und ob wol der Feind / in der Nacht / sich still erzeigte / also daß die Bürger und Kriegsleute guten Frieden / unter der Zeit / hatten; rüstete er sich jedoch / deß andern Tags / den 12. Octobr. mit gantzer Macht: und machte Lärmen / um 1. Uhr Nachmittags. Als er aber nichts Fruchtbarlichs verrichten kunte; kam er / um 2. Uhr / bald wieder / und warff das vorige Loch / an der Mauren / auf die zwantzig Klaffter lang / erst recht ein / und lieffen alsbald abermals einen Sturm; wurden aber / von den Unsrigen / wie die Vorigen / mit ernstlicher Gegenwehr und Schiessen / dermassen abgewiesen / daß der mehrere Theil auf dem Platz geblieben. Auf welches zween andre Hauffen / so der Türkische Suldan / mit Knütteln und Sebeln dazu nöthigte / Sturm anzulauffen / sind verordnet worden. Dieweil sie aber die Haut fürchteten; wolten sie auch nicht recht hinan: denn so bald ein Hauffe ward angetrieben / war der andre schon geflohen. Hernach / Abends / um 7. Uhr / haben sie / mit Anlauffen / einen Versuch gethan; sind doch / wie das vorige mal / abgewiesen worden / und der Unsern nur acht Personen geblieben. Wie viel aber hingegen der Türken geschlagen worden; hat man / weil der mehrere Theil bey Nacht hinweg geschleppt und vergraben ist / nicht eigentich erfahren können.
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Den 13 ten October hat Leunclavius gantz unberührt gelassen: vermutlich / durch solches Stillschweigen / anzudeuten / es habe / an selbigem Tage / nichts Denkwürdiges gesetzt. Und / in diesem / trifft auch die Pesoldische (oder Peselische) Beschreibung mit ihm zu. Ortelius aber erinnert gleichwol / bey dem 13 ten October / Folgendes: Nach diesem / als von dem manchfaltigem Untergraben und Sprengen / auch der Wall an der Stadt eingeworffen / hat man den 13 ten dito / denselbigen zu räumen / und das Loch / an der eingeworffenen Mauren / mit Reisig und Erdreich verbauen / für die Hand genommen: daran jederman / was Hauen und Schauffel tragen können / hat müssen helffen arbeiten. Unterdessen aber die Knechte / mit ihren Wehren / in ihrer Ordnung / bis dasjenige verrichtet / gestanden / und gehalten haben. Wie die Ortelianische eigene Feder redet. Leunclavins: Am 14. Octobr. hatten sie / deß Tages / drey Lärmen. Um acht und zwo Uhr / lieff der Feind einen Sturm an / bey einer eingesprengten Maur. Da wurden viel Spannier / mit Flitschen und Pfeilen / geschossen. Hernach / um eilff Uhr / zu Nachts / zündete der Feind sein Lager an / warff viel alter unnützer (unvermöglicher) Bauren und Pfaffen (oder Priester) darein: Die Starken (oder Gesunde und Frische) nahm er gefangen. Bey tausend gefangener Weiber ließ er zu Stücken zerhauen. Etliche führten sie / mit Stricken um den Hals und um den Leib angefasst / mit sich hinweg. (Welches unsren ehrlichen Türken-Aufwieglern so wenig zu Herzen gehet / als den Hohenpriestern dieses / daß sie den HErrn Christum / nachdem sie Ihn den Heiden überantwortet hatten / gebunden hinführen sahen / zur Kreutzigung.) Und also zoch der Feind / vor dem Holtz / ab. An diesem 14 ten Tage deß Weinmonats / wurden zween Kriegsknechte erhenkt: weil sie im Keller gesessen / und Wein gesoffen / indem die andre Knechte / in der Ordnung gestanden / und deß Sturms gewartet. Bey diesem Aufbruch deß Groß Türken / gedenkt Leunclavius auch / mit etlichen Zeilen / der Grausamkeit / so die streiffende Hauffen der Türken / hin und wieder / im Lande / geübt. Es ist nie / sagt er / erhöret worden / daß der verlorne Hauffe so weit / von dem gewaltigen Hauffen (von der Haupt-Armee / will er sagen) gestreifft. Dann die Husaren und Tartern haben / bey eilff Meilen / vom Hauffen hausirt / und jedermann voll Schreckens gemacht. (Es ist aber der Streiff noch wol viel weiter gegangen / als nur eilff Meilen. Ich vermute aber / er rede nur / von den täglichen Partey-Ritten der Türken.) Etwa fand ein Husar (ein Ungarischer nemlich / der von wegen Königs Johannis / oder unter deß Bischoffs von Gran Truppen / dem Türkischen Lager folgte) neun Bauren / im Felde / oder in einer Klufft / stecken / die den Kopff in die Erde steckten / als solte man sie nicht sehen (wie es der Büffel macht / wenn er den Leuen erblickt / für welchem er den Kopff im Gebüsche verbirgt / und den übrigen ganzen Leib draussen lässt / in Meinung / so werde der Leu seiner nicht ansichtig werden / und er sich schon sicher genug verkrochen haben.) [160] Wenn nun der Feind hinzu ritte / hub Niemand / unter diesen einfältigen und von Schrecken verblendten Leuten / eine Hand auf: sie liessen in sich stechen / ohn alle Gegenwehr / wie ein gebundnes Schwein. Uber neuntausend Menschen / so von Preßburg / Altenburg / Wien / und aus der umligenden Landschafft / in den Wiener-Wald geflohen waren / mit Weib und Kind / seynd / von den Türken / ereilt / angefallen / gespisst / erwürgt und zerhackt worden. Ortelius: Den 14. Octobr. wolte der Feind noch nicht ablassen; sondern machte / um 8. Uhr / allem Volk in der Stadt einen gewaltigen Lärmen: und kunte doch / wegen starker Gegenwehr der Unsrigen / nichts ausrichten. Aber hernach / um 2. Uhr / Nachmittags / (als er vorhin / wiewol ohne sonderbaren Schaden / gesprengt) lieff er einen gewaltigen Sturm an; muste aber ebenfalls / wie vorhin / mit Spott abweichen: und lieffen solche beyde Stürme ab / ohne sonderlichen Schaden der Unsern: ausgenommen / daß etliche Knechte / mit Flitzpfeilen verwundet worden: derer der Feind viel tausend in die Stadt geschossen / und Säcklein mit Pulver / samt einem Zünd-Strick / daran gehenkt. Hiernechst gedenkt Ortelius deß Türkischen Abzugs / wozu den Solimann zweyerley bewogen habe: Erstlich der grosse Verlust seines Wolks vor Wien; und zweytens / die Nachricht / wie Pfaltzgraf Friedrich / mit einem grossen Volk im Anzuge wäre / auch allbereits einem Hauffen seiner Türken / so über Lintz / gegen Bayern gestreifft / den Wald verhauen / und sie alle erschlagen hätte: In Betrachtung dessen habe er endlich / um eilff Uhr in der Nacht / den letzten Lärmen fürgenommen / hierauf sein Lager angezündet / und mit Grimmigem Zorn seinen Abzug / vor dem Holtz / genommen: bey welchem er / in die hundert tausend armer Christen gefänglich mit sich hinweg geführt / über die tausend Weiber / und alte Leute / niedergesebelt / die jungen Kinder gespiesset / und auf die Zäune gesteckt / und also unmenschlicher Weise getyrannisirt. Nun ist noch übrig / daß wir endlich auch der Pesoldischen Erzehlung Gehör leihen. Nach Inhalt derselben / ist / vor dem 8. Octobris / kein Sturm geschehen. Welches auch fast zu glauben: sintemal man weiß / daß gleichfalls / unter der jüngsten Belägerung dieser Stadt / vielmehr Stürme / vom Gerücht / ertichtet / als verrichtet worden. Derhalben in dieser Beschreibung / das Tag-Register der Belägerungs-Actionen gar anders läufft / weder in den vorigen. An dem sechsten und siebenden / sind zwar blinde Lärmen gemacht; aber keine Stürme erfolgt. Wiewol sonst der Feind dennoch indessen mächtig-scharff geschossen / und den Herrn Eck von Reischach / unter andren / übel solte getroffen haben / im Fall nicht / obberührter Gestalt / sein guter Brust-Harnisch den Gewalt gebrochen / und ihn unversehrt behalten hätte. Sonderlich hat sich der Feind / am sechsten / gleich nach der flüchtigen Wiederkehr unserer ausgefallenen Teutschen Regimenter / um den Mittag / sehr geschäfftig bezeigt / mit Zusamm- und Herzuführung vieles Holtzes / Gereises / und vieler Wein-Reben: wodurch die inder Stadt in [170] Meinung gerathen / er würde den Stadt-Graben damit ausfüllen wollen / worauf es auch wol / ohne Zweiffel / angesehn gewest / wenn man die Zusammenführer solches Pusch- und Reiswercks nicht / mit Stücken / von einander- und zuruck geschreckt hätte. Daher weder damals / noch jemals hernach / dergleichen Holz und Gepüsch / würklich angebracht / oder dazu gebraucht worden. Gleichwol sich die Soldatesca / durch dergleichen Lärmen / bemüssigt funden / diesen / und den folgenden Tag über / in voller Bereitschafft zu stehen / als ob der Tanz / alle Augenblick / angehen würde: zumal weil das feindliche Geschoß immerzu gedonnert / und damit die Vermutung eines Anlauffs erregt. Nicht weniger hat der Türk auch hiermit das Ansehn eines stracks vornehmenden Sturms gegeben / daß er etlicher Orten / sonderlich unterhalb deß Kärnter-Thors / angefangen / die Mauren zu untergraben. Womit er noch stärker / am 8. Octobr. angehalten / und nicht allein unter besagtem Kärner-Thor / sondern auch zu nechst oberhalb deß halben Thürnleins / wo sich deß Herrn Eckens Quartier endigte / die Stadt-Maur dreyzehendhalbe Klaffter-weit unterhackt / und unweit davon abermal einen Theil derselben bis über die Mitten. Worunter sie / an diesem Tage / Pulver geschüttet / in Hoffnung / weil die Mauer / von ihnen / auswendig unterbort und ausgehackt worden / sie solte / bey Entzündung deß Pulvers / einwerts zur Stadt sich hinein werffen lassen. Derhalben / als die in der Stadt / zu riechen begunten / was man ihnen für ein Gefräß kochte / unterstützten sie die Maur allenthalben / mit grossen starken Bäumen / (welches / wie wir vernommen / nach Ortelii Bericht / allererst am 10. Octob. geschehen seyn sollte /) worauf so wol heut / als nachmals öffter / das angezündte Pulver / ohne Schaden / aufgefahren / und dem Feinde seine Mine mißlungen; dennoch hat er / in dreyen Löchern / die Maur / zu fünff malen / (oder vielmehr in fünff malen /) fünff und vierzig Klaffter lang / wie nachmals vermeldet wird / umgesprengt. Eben desselbigen Tags / nemlich den 8 ten Octobris / bekam man einen Türken gefangen / der sich erbot / seinen Hals zn verlieren / sofern der Suldan / über zehen Tage / vor der Stadt bleiben / und nicht davon abziehen würde. Welches auch die Zeit bekräfftiget hat. Frühe-Morgens / am 9 ten October / unterstund sich der Feind / unterhalb deß Kärner-Thors / durch ein Schuß-Loch / in die Stadt zu brechen / und bemühet sich hefftig damit / den ganzen Tag: ward aber zuletzt abgetrieben. Nach Mittags / zwischen zwo und drey Uhren / sing er an gewaltig zu schiessen / und sprengte die Maur / neben dem Kärner-Thor / gegen S. Claren über / an zweyen Orten; lieff darauf / von Stund an / einen hitzigen Sturm; ward aber resolut zuruck gestürmt / und wieder hinaus gestürzt / wie ein dicker Schwarm von Heuschrecken / durch einen starken Wind zurück getrieben / und ins Meer geworffen wird: also / daß sehr viel Leute darüber / samt dem Blut / das Leben verstürzten. Damals seynd auch [171] etliche etliche Spannische und Teutsche Soldaten / mit der Maur / darauf sie gestanden / aufgehupfft / und ihrer ein Theil in den Graben / etliche zur Stadt hinein / geworffen worden. Wobey zwar vielen / am Leben / nichts geschehen / noch ihnen / am Leibe / was zerschmettert ist; doch vermutlich keiner / auf ein sanfftes Polster / gefallen; dafern er nicht ganz unempfindlich gewest. Und hätte allhie die alte Stoische Sect gute Gelegenheit angetroffen / ihre Gemüts-Unbeweglichkeit / und Unleidsamkeit (oder Impassibilitet) zu bewehren: wiewol ich sorge / es dörffte mancher unerschrockner Teutscher / oder Spannier / bey solchen Donner-Schlägen / und Schlag-gebenden Minen / mit seinem stand hafften Mut / sie weit übertroffen und beschämt haben. Selbiges mal ward auch ein Lantzknecht / durch alle Kleider geschossen / und für todt geachtet. Als man ihn aber auszoch / und beschaute / fand man die Kugeln / in seinem Säckel / den er am Halse trug; ihn aber / am Leibe / unverwundt. Billig dörffte mancher gedenken / dieser ehrliche Kerl sey ein Stoicus gewest; doch nicht aus der Schule Zenonis / sondern Plutonis. Denn ob man gleich sagen mögte / die Kugeln wären schon entkräfftet und matt gewest; deßwegen sie nun nicht tieffer / als durch die Kleider / hätten dringen können; so hätte man sich doch noch über die ungewöhnliche Discretion derselben zu verwundern / daß sie ihm auch nicht einmal die Haut ein wenig aufgeschärfft / noch versehrt; und hierüber noch viel höher / daß die Kugeln sich / in seinem Säckel / am Halse gefunden. Welches Nachdenken und Mutmassungen erweckt / seine Haut sey / von einem schwarzen Schilde bedeckt worden. Und wer weiß / wie viel dergleichen gefrorner Brüder mehr / unter dem Hauffen / gewest?
Wann es aber / wie ein andrer schreibt / nur eine / und zwar eine Kanon-Kugel gewesen / die ihme in der Taschen ligend blieben: könte man noch wol vielleicht ein bessers von ihm / als das Festmachen / vermuten: angemerkt / eine Stück-Kugel so wol / als eine Musqueten-Kugel / wenn sie ihren völligen Weg ausgemessen / und ihren Tanz völlig ausgetanzt / bisweilen wol kaum durchs Kleid reissen / viel weniger ihm den Leib zerreissen soll: wie ich ehmals / einen ansehnlichen Kriegs-Mann habe sagen gehört. Wiewol ich mir solches kaum weiß einzubilden / daß sie dem Angetroffenen und Berührten / aufs wenigste / die Haut nicht verbrennen solte; weil sie ja noch sehr heiß ist. Und vermeint de Rocoles, diese Kanon-Kugel müsse nicht sonderlich groß gewest seyn. Doch gleichwol gedenkt er / so wol / als der Pesold / (oder Pesel /) dabey / der getroffene Soldat sey eine Zeitlang in Ohnmacht gelegen. Wenn dem also / so dörffte ich meine erste Vermutung schier wieder nehmen. Denn die Kugel hätte vielleicht den Kerl nicht in Ohnmacht werffen können / so sie ihm nicht einen harten Schlag gegeben: darum muß er fest gewesen seyn: denn sonst würde sie ihm wol den Leib zerquetscht haben. Vielleicht ist sie / aus einem halben Falconetlein / oder aus einem Doppelhacken / daher geflogen: angemerkt / eine rechte Canon-Kugel / ob sie ihm gleich nicht die Haut ver [172] wundet / dennoch ohne Zweifel / inwendig das Gebein zerschmettert / oder sonst das Herz in der Brust / durch den schweren Schlag / entlebt hätte. Wie man denn Exempel weiß / daß die Stück-Kugel einen Festner / durch ihren grimmigen Aschlag / dermassen gekrümmet / daß Kopff und Füsse sich schier zusammen geschlagen / und er Augenblicks / wiewol ohne Verspührung einiger äusserlichen Verwundung / todt geblieben. Daß ich aber dennoch keine rechte völlige Gewisheit draus mache / es müsse nothwendig dieser Soldat fest gewesen seyn / verhindert dieses / daß es scheint / die meistens-ermüdete / Falconet-Kugel / könnte dennoch wol vielleicht dem Kerl einen so gewaltigen Stoß gegeben haben / davon er in Ohnmacht gefallen; ob sie gleich so viel Stärke nicht mehr gehabt / daß sie ihm durch den Leib schlagen köngen können: weil hiezu ein viel grösserer Ungestüm erfordert wird. Vom 9. bis 12 ten Octobris / schoß der Feind täg- und stündlich; lieff unterschiedliche mal bis an die Mauren hinauf / und fing einen Lärmen über den andren an; muste doch stets wiederum / nach der Stirn / die Fersen weisen. So sparten die in der Stadt ihr Kraut und Lot auch nicht / sondern unterhielten scharffe Correspondenz mit ihm / durch groß- und kleines Geschütz. Was aber / dem hochmütigen Suldan seinen Verdruß vergrösserte / und hingegen seine Hoffnung verkleinerte / war dieses / daß man / in der Stadt / die ganze Zeit der Belägerung / so wol auf S. Claren Platz / als auf dem S. Stephans-Thurn / mit Heerpaucken / Trompeten / Posaunen / und Schalmeyen / hofirte / neben dem Kriegs-manierlichen Brauch der Trummeln und Pfeiffen: denn daraus kunte er leicht merken / es müste ihnen noch nicht gar bang ums Herz seyn: weil sie noch so trutzten / gegen einer so grossen macht. Am 12. Octobris hat der Feind / unterhalb des Kärner-Thors / zu zweyen malen / wiederum die Mauren gesprengt / auch alsofort hernach / oberhalb gemeldten Thors / in das vorhin-gesprengte Loch / mehr als einmal gesprengt / und dasselbe erweitert; gleich darauf / mit ergrimmter Furi / einen stürmischen Anfall gethan; aber auch bald wiederum einen ungesegneten Ruck-Fall: weil man ihm gewaltsamlich widerstanden / und mit einem ganzen Sturm von Kugeln / Schwertern / und andren Waffen / entgegen gebrauset. Wodurch ihnen der Sturm-Kitzel dergestalt verschwunden / zumal weil man sie so blutig darauf gekratzt / daß ihre Bassen genöthigt worden / sie aus den Vorstädten / und Weingärten hervor zu suchen / und mit Prügeln und Säbeln / zum nochmaligen Versuch / zu ermahnen. Wie man solches auf den Thürnen / in der Stadt / gar eigentlich hat sehen können. So bald sie aber nur an den Stadt-Graben gelangt; entfiel ihnen / durch GOttes gnädige Schickung / das Herz so geschwind / daß sie alsobald den Hasen-Trab gingen / und hinter sich flohen. Unterdessen fanden die Unsrige Raum und Zeit / die Löcher der nidergeworffenen Mauer / mit grün-ästigen Bäumen und Gereiß / zu verlegen / und nach Möglichkeit auszufüllen. Bisher der Pesoldische Bericht; wiewol mit meinen Worten.
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Solches that auch deßwegen / um so viel mehr / vonnöthen / weil die Türken / aus einem sehr grossen Stück / mit Stein-Kugeln geladen / die Höhe deß Kärnter Thurns dermassen beschossen hatten / daß das / auf selbiger Höhe stehende / Geschütz darüber unbrauchbar gemacht war. So bald nun die Belägerte wiederum etwas bedeckt stunden / gaben sie wieder / ohn Unterlaß / unter die Türken / Feuer. Welche sich dennoch dadurch nicht verhindern liessen / aus ihren gewiß-treffenden Musqueten / manchem ehrlichen Teutschen Schlaff-Pillen zu schenken. Von dem zwölfften / bis auf den 14. Octobr. hat sich der Feind still gehalten: aus Ursach / daß seine Leute inzwischen ausruhen / und sich / zu einem General Sturm / bereiten mögten. Unterdessen ließ er sie / beydes mit Verheiß- und Bedrohungen / dazu anspornen: denn er hatte fest beschlossen / noch eins das äusserste dran zu wagen / und den letzten Gewalt davor zu gebrauchen. Es ging auch das Gerücht gar stark / daß er / unter der Erden / deßwegen wiederum gewaltig arbeitete: darum stunden die in der Stadt / in nicht schlechter Sorge / er mögte ihnen zu einem Lufft-Tanz aufspielen / und die fürnehmste Posten / samt vielem Volk / empor fliegen lassen. Nicht weniger besorgte man / er dörffte sich / durch die Keller / graben / und also zu ihnen / in die Stadt kommen. Darum ward / hin und wieder / bey Tage und Nacht / mit höchstem Fleiß / Wacht gehalten. Aber der / ohne dem der Hüter umsonst wacht / wann Er selber nicht die Stadt bewacht / ließ denen Belägerten dennoch den Mut / je länger je mehr / wachsen / und den feindlichen hingegen abnehmen. Denn Er ists / der den Königen den Mut nimmt / und ihr Herz / wie die Wasser-Bäche / lenket. Darum schlug es / mit der Entschliessung deß Suldans / ganz um / und er ihm die Hoffnung / Wien zu bekommen / gar aus dem Sinn / ehe es die Belägerte hätten gehofft. Jedoch schickte er vorher noch / nemlich am 14. October / fünff Gefangene / welche er in Sammit / oder / wie andere wollen / in rotem Damast / gekleidet hatte / in die Stadt / mit Begehren / sie solte sich ihm ergeben; so wolte er sie Leibs und Guts versichern. Dargegen sollen die Unsrigen ihm (wiewol man solches / nur beym Leunclavio lieset /) wiederum fünff Türken / gleich also gekleidt / zugeschickt / und durch sie entboten haben / sie begehrten nicht treulos zu werden / an ihrem Herrn. Und als hierauf der Groß Vezier ihnen lassen / er wollte das Abend-Mal mit ihnen essen / soll er zur Antwort bekommen haben / sie wollten ein Gericht mehr zusetzen lassen / und ihms vorsetzen. Ich käme leicht auf die Gedanken / unter diesen fünff losgelassenen Christen wäre der Cornet von Zedlitz / Graf Hansens von Hardeck Fendrich / gewest; welchen die Türken / in den ersten Scharmützeln / nebst sechs oder sieben Reutern / gefangen zum Solimann gebracht hatten / wie oben gemeldet worden: wenn nicht andre ausdrücklich meldeten / diesen / und einer etliche seiner Mitgefangenen / [174] habe er / ohne das absonderlich auch loß gegeben / und noch herrlicher bekleidet / nach der Stadt geschickt. Diß mögen nun gleich die vorigen / oder ganz besondre Personen seyn: so ist gewiß / daß er dem von Zedlitz / und zween seiner Gefährten / (denn die übrige hatte er säblen lassen /) grosse Gnade erwiesen / und nicht allein mit stattlicher Kleidung / sondern auch Verehrung einer Anzahl Ungarischer Goldgulden (oder Ducaten /) auf freyen Fuß gestellet: um zu zeigen / daß er so wol von Gnade und Mildigkeit leuchten / als von Ernst und strenger Gewalt blitzen / könte / und im Wett-Streit der Höflichkeit / womit ihn die Teutsche Generalität / gleich Anfangs / durch Loßgebung etlicher gefangenen Türken / gleichsam ausgefordert hatte / nicht unten ligen wolte. Denn wie auch die grimmigste Hunde bisweilen / wenn man ihnen ein Stück Brod fürwürfft / mit dem Schwanz wedeln / und sich ein wenig freundlich geberden / bis der Wanders-Mann ihnen nichts mehr gibt; also können auch wol die boshaffte Tyrannen eine Courtoisie / oder höfliche Begegnung / blicken lassen / wenn man sie / durch eine Caresse / dazu verbindt. Wiewol dieser Solimann / die Warheit zu bekennen / den Beurtheilern seiner Natur schier einen Zweifel veranlaßt / ob sie tyrannischer / oder großmütiger gewest. Isthuanfius schreibt / der Groß-Vizier habe diesem Zedlitz / und dessen Gefährten / befohlen / seinethalben der Generalität anzudeuten / sein Großmächtigster Käiser wäre nicht eben / zu dem Ende / mit der Armee / bey den Teutschen Gränzen angelangt / daß er Wien wegnähme / (denn solches wäre ihm ein leichtes gewest /) und daß er diese Stadt belägert / seye nur geschehen / um seine Soldatesca ein wenig zu exerciren: sondern seine intention sey gewest / mit dem König Ferdinand / die Strittigkeit über den Besitz deß Königreichs Ungarn / vermittelst einer in dem Wienerischen Gefilde haltenden offenbaren Schlacht / zu schlichten: derhalben wollte er hiernechst bald wieder / nach Teutschland / kommen / und sein Glück mit ihm / durch einen Feld-Streich / versuchen. Allein Isthuanfius fehlet / in der Zeit. Denn dieses hat der Groß-Vizir allererst / deß andern Tages nach dem Abzuge deß Solimanns / in einem Antwort-Schreiben / der Generalität zu vernehmen gefügt: wie hernach soll erzehlet werden. Diese Abfertigung aber der zweyerley Gefangenen ist / noch vor dem Solimannischen Aufbruch / geschehen / nemlich am 14. Octobris / da er noch im Zweifel gestanden / ob er nicht noch eins und zwar mit einem General-Sturm / die Stadt angreiffen wollte. Gestaltsam / selbigen Tags / noch beyde Theile einander manchen scharffen Rauch entgegen geschickt / und hefftig wider einander gefeurt. Weil aber der Suldan betrachtete / wie grob diese Braut / welche er / mit einer so rauhen Umfahung / zu buhlen / sich unterstanden / mit ihm gescherzt / wie blutig sie ihm seine Hände und Finger zerbissen / will sagen / wie manchen Kriegsmann sie ihm in den Staub gelegt hätte: gab er ihr / gegen Abend / mit Lösung seiner [175] Stücke / Röhre / und Musqueten / einen zornigen Valet-Gruß. Gestaltsam hierauf / ungefehr um eilff Uhr in der Nacht / die Janitscharen / mit einem ungeheuren / düsterlichem / und erschrecklichem Geschrey / und Geheul / welches etliche / für ein Zeter- und Mord-Geschrey der armen Gefangenen Christen / halten / die von diesen Barbaren damals erwürgt worden / aus den Vor-Städten abgezogen; und sich also / gegen der Stadt Wien / verhalten / wie gegen einem armen geplagten Menschen bisweilen der böse Geist: welcher / wann er ausfährt / demselben / zur Letze / noch einen harten Druck und Tuck erweiset / ihn reisst / und mit einem starkem Geschrey Abscheid nimt. Er selbst / der Suldan / brach / ein paar Stunden hernach / auch auf / und ging also / mit einem Theil deß Kriegs-Heers / voraus; nachdem er sein Lager / und alles / was sich nicht bequemlich ließ mitführen / in Brand gesteckt: Wobey denn nunmehr auch / samt seinem Trutz / ein ziemliches Stück seiner Reputation in die Asche fiel: sintemal dieses Danielische Läster-Horn / mit seinem grosse-Dingeredendem Maul / die Ohren der gantzen Welt gefüllt / und in bestürtzte Vermutung gebracht hatte / er würde anders nicht / als ein Herr der Stadt Wien / dazu auch deß gantzen Ertz-Hertzogthums Oestereich / wieder heimziehen; da ihn doch jetzo / an statt deß eingebildten Triumphs / Reue / Schande und Scham / begleiteten. Daß ihn dieser unfruchtbare Abzug sehr geschmertzt habe / steht unter andren / aus seiner sonderbaren Begierde / dieser Stadt habhafft zu werden / leicht abzunehmen. Denn er hatte dreyerley zu erleben / und zu erlangen / gewünscht / unter welchen dieses das erste und fürnehmste war / daß er mögte Wien bekommen; das Nechste / daß er den angefangenen stoltzen Bau seiner Moschea / in völligem Stande sehe; das dritte / daß / unter seiner Regirung / etliche / von den Römern künstlich-angefangene / Wasserleitungen / vollends ausgefertiget werden mögten. Deß andren Tags / nemlich am 15. October / (war der Freytag) soll der Groß-Vizjr / Ibrahim / mit der übrigen Armee / so man auf sechzigtauseud Reuter schätzte / gefolgt seyn. Wiewol andre berichten / er sey noch den Frey- und Samstag / vor der Stadt / still gelegen: welches auch gewisser. Doch kan es seyn / daß er etwan nicht so nahe mehr / sondern eine Meil Wegs von der Stadt / einen Tag oder was noch verweilt habe; um die ausgestreiffte Truppen / nach und nach / an sich zu ziehen; oder auch / wie man vermeinte / zu erwarten / ob die ausgeschickte Mordbrenner / so die Stadt / an 24. Orten / anzustecken / bestellt waren / den Anschlag glücklich ausrichteten: auf welchen Fall die Armee geschwinde wieder zuruck hätte kehren / und die Stadt anfallen sollen. Es soll aber / wegen der nach und nach folgenden Truppen / dieser Abzug wol gantzer acht Tage gewährt haben: sintemal man / in solcher Zeit / immerzu hat einige Hauffen sehen marschiren.
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Dieses ist gewiß / daß / nach dem Aufbruch deß Suldans / die Generalität zu Wien / vermutend / es würde dem Groß-Vezir angenehm seyn / so man die Gefangene gegeneinander auswechselte / oder mit Gelde lösete / deßwegen noch Jemanden zu ihm abgefertigt / mit einem Schreiben. Worauf der Groß-Vezir / in nachgesetzter Form / geantwortet: Ibrahim Bascha / von Gottes Gnaden Groß-Cantzler / und Ober-Reichs-Rath deß großmächtigsten und unüberwindlichsten Käisers / Suldan Solimanns / oberster Gubernator / und erster Minister deß gantzen Ottomannischen Reichs / und alles Staats-Geschäfften desselben: Tapfferste / Hoch- und Wolgeborne Commendanten und Gubernatoren! Wir haben aus dem Schreiben / welches euer Abgefertigter uns überbracht / vernommen / was eure Intention und Meinung sey. Wisset! daß wir nicht anhero gekommen / uns eurer Stadt zu bemächtigen; sondern euren Ertz-Hertzog / Ferdinand / zu suchen: welchen wir gleichwol nicht gefunden: Dann ob wir gleich / viel Tage über / seiner gewartet; hat er sich doch noch / bis auf diesen Tag / nicht gepresentirt. Wir haben gestern gantz gnädig drey Gefangene eures Volks zuruckgeschickt: derhalben habt ihr billig dergleichen Courtoisie euch / gegen Uns / zu gebrauchen / wie wir eurem Abgeordnetem befohlen haben / euch anzudeuten. Es stehet euch frey / Jemanden der Eurigen / eures Beliebens / an Uns abzufertigen / welcher / wegen der Rantzion / oder Auswechslung / mit uns tractire. Unsre Aufrichtigkeit dörfft ihr nicht in Zweiffel setzen. Betreffend den Vorwurff / daß ihr uns bezüchtiget / wir hätten euren Völkern von der Besatzung zu Ofen kein Geleit und Glauben gehalten; so ligt die Schuld an ihnen selbsten / und nicht an uns. Geben vor Wien / am 17. Octobr. nach der Jahrzahl Hegirae 935. Aus diesem dato erkennet man / daß Isthuanfius / samt etlichen andren / fehle / indem er vorgibt / der Groß-Vizir sey gleich / am 15. Octobr. dem Suldan nachgemarschirt. Den Courrier / welchen dieses Antwort-Schreiben / von ihm / zugestellet ward / beschenkte er / mit einem Kleide von schönem Atlaß / und befahl ihm / Gegenwarts vieler seiner Officirer / seinen Herren oder Befehlhabern zu sagen / sie (die Türken) wären gesonnen / bey allen Sachen und Strittigkeiten / so zwischen ihnen beyderseits etwan vorfallen mögten / auf guten Glauben / und wie redlichtapffre Kriegsleute / zu handeln. Diesem fügen etliche bey / er habe auch hierauf alsofort obgemeldten Christoph Zedlitz in einem stattlichen Brocard-Kleid ledig gestellt / und durch selbigen eben das andeuten lassen. Die Meisten aber behaupten / dieser sey gleich / am 14. October / schon erlassen worden.
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Tags hernach / folgte er seinem Suldan / mit bey sich habender Reuterey / und setzte seinen Marsch so hurtig fort / daß er / in fünff Tagen / bey Ofen / sich mit ihm conjungirte. Zu solcher Beschleunigung deß Heimzugs / bemüssigte ihn auch die dringende Noth: Dann seine Völker litten grossen Mangel an Proviand / so wol als die Pferde und Camele an Futter: Massen hernach viel tausend Rosse und Camele / etlich Meilen hinabwärts / in ihren Lägern / verreckt gefunden worden. Deßgleichen erblickte man gar viel / so wol Türken / als gefangener Christen / so unterwegens entweder verschmachtet / oder gesebelt / oder sonst von Krankheit gestorben. So bald die in der Stadt deß Türkisch-Käiserlichen Aufbruchs gewar wurden / und sahen / daß deß Suldans Lager / am 15. Octobr. auf eine Meil Wegs von der Stadt sich allbereit zuruck gezogen; ließ man / mit allen Glocken / läuten. Allen Fürsten / Grafen / und Herren / Generalen / Obersten / und andren Officirern / ward angedeutet / man würde / in der St. Stephans-Kirchen / ein offentliches Dank-Fest anstellen: weßwegen die Fürnehmsten / samt einer grossen Menge Volks / in besagter Kirchen sich eingestellet; woselbst ein Amt / und Danksagung / zu Ehren der H. Dreyfaltigkeit / mit Christlichen Lob-Gesängen / Orgeln / Säiten-Spiel / und andren Ceremonien / gar andächtig gehalten worden. Deßgleichen gab man auch / in andren Kirchen / dem Allmächtigen die Ehre deß Obsiegs / und alles / was Odem hatte / lobte Ihn / für seinen gnädigen Beystand / durch welchen die Stadt / von der Hand eines so mächtigen Tyrannen / war errettet. Gleich darauf / löseten sie / zu Nachts / alle Stücke in der Stadt / zum Zeichen deß Obsiegs. Da solches in deß Suldans Lager erschollen; soll er sein Leib-Geschütz / zum Gegen-Trutz / gleichfalls haben losbrennen lassen: weil er vielleicht gemutmasset / es wäre ein ansehnlicher Entsatz / bey - oder unferrn von der Stadt / angelangt / so ihn / mit dem Canon / ausforderte / zum Stande und Treffen. Ich sage aber vielleicht. Dann es ist ungewiß / ob er nicht versicherte Kundschafft genug gehabt / daß keine rechte vollständige Kriegs-Macht wider ihn im Anzuge wäre. Vorhin zwar habe ich / aus einem Scribenten / gemeldet / dieses Gerücht / als nahete sich eine grosse Teutsche Armee herbey / mit welcher er / weil seine Völker abgemattet / nicht ohne Gefahr / eine Schlacht wagen könnte / hätte ihn / neben andren Ursachen / zum Abzuge bemüssigt. Alle Massen auch der Jesuit / Pater Jacobus Masenius / eben dieses / zu einer Grund-Ursach der aufgehobenen Belägerung setzet / wann er / in seiner Anima Historiae, schreibt: Dum adeò praesenti universae Germaniae periculo ad unam Urbem concertatur, Fridericus Palatinus, in Comitiis Spirensibus designatus exercituum contra Turcam Imperator, unà cum Ferdinando Rege collectas, magno per Imperium numero copias Viennam contra Solimannum ducumt: qui, recognitâ, vires Germano [178] rum sustinere non ausus, incensis primâ noctis vigiliâ castris, signa retro Constantinopolim vertit: Indem / mit augenscheinlicher Gefahr deß gantzen Teutschlandes / bey dieser einigen Stadt / beyderseits so gestritten wird; führen / Pfaltzgraf Friedrich / welchem / auf dem Reichs-Tage zu Speyer / die Stelle eines Generalissimi / über die Armeen wider die Türken / aufgetragen war / und König Ferdinand / die / in grosser Anzahl versammlete / Völker nach Wien / wider den Solimann: Der aber / nachdem er solches erfahren / gegen der Teutschen ihrer Kriegs-Macht zu stehen sich nicht getrauet / sondern / in der ersten Nacht-Wache / sein Lager angezündet / und seine Heer-Fahnen zurück / gegen Constantinopel / gewendet. 34 Aber ich vermute / diß sey eine irrige Vermischung / mit dem Heimzuge / welchen Solimann ein paar Jahre hernach erst gethan / aus Scheu für dem starken Anzuge Käisers Caroli Vti, mit einem gewaltigem Kriegsheer von Teutschen und Spanniern / darunter die bravesten Rittersleute der Christenheit selbigem heroischen Käiser das Geleit gaben. Damals / sag' ich / hat ihn solche Furcht zurück- und zu einer Retirade / getrieben; dißmals aber nur allein die blosse Betrachtung seines Einbusses vor Wien / welcher ihm den Mut / samt der Hoffnung / selbige Stadt zu erobern / gäntzlich gebrochen hatte. Dann wiewol König Ferdinand / unter der Belägerung / ein ziemliches Volk sammlete; fiel es doch nicht möglich / innerhalb so wenig Wochen / als diese Belägerung währte / eine solche Macht auf den Beinen zu haben / die einer so gewaltigen und streitbaren erbfeindlichen Armade / zu Felde entgegen rücken dörffte: sintemal Käiser Carolus / mit seinen Völkern / womit er seinen Herrn Bruder / den König / entsetzen wolte / allererst / aus Spannien / nach Italien segelte / als Solimannus allbereit im Aufbruch und Ruckzuge begriffen war. Daher auch sonst kein einiger Historicus / ausser dem Ortelio / und diesem P. Masenio / meines Wissens / einer solchen Furcht Solimanns / für dem Teutschen Kriegsheer / gedenkt. Ist doch auch / wie vor gesagt / der Groß-Vezir noch / mit sechzigtausend Mann / etliche Tage / unferrn Wien / stehen geblieben: welches schwerlich geschehen / wann der Suldan den Anzug der Teutschen dißmal besorgt / und deßwegen so davon geeilt hätte. Aber der herbeyeilende Winter war die Neben-Ursache / daß er fortging / ehe dann die Wege gar zu unreisbar würden. Gleichwol hätte er / deß Wetters halben / noch wol eine Wochen oder etliche länger / davor stehen können / wenn GOtt nicht seinem Volk den Mut / wieder anzugehen / genommen. Und darum behelffen sich die Türkische Historici / mit der Unwarheit / wenn sie / wie Leunclavius / in seinen Pandectis, aus ihnen / berichtet / vorgeben / die gar zu rauhe Zeit deß Jahrs habe den Suldan / zum Abzuge / angewiesen: Dann nachdem er die Stadt / 20. Tage lang / beschossen / und durch Minen einen Theil der Mauren umgeworffen / sey eine so ungewöhnliche Kälte / von dem gefallenen Schnee / eingebrochen / daß weder Soldat / [179] noch Pferd / oder Kamel / dieselbe ausdauren können / und man also genöthigt worden / theils wegen Mangel deß Proviands / theils deß Winters halben / abzuziehen. Welches aber Leunclavius / für einen blossen Vorwand und Beschönung deß Abzugs / ansihet. Wiewol dennoch etliche / nach dem Aufbruch von den Unsrigen Gefangene / Türken ihren Heimzug / mit eben dergleichen / entschuldigt haben. Den nachdem der Feind / mit dem Lager / aus dem Wienerischen Gefilde / hinweggeruckt; seynd ihm der Paul Bakitz / Johann Cazianer / und Sigmund Weixelberger / mit etlichen leichten / aber starken / Geschwadern zu Pferde / hurtig nachgegangen / und viel ermüdete Türken / die nicht gar zu wol der Armee folgen können / von ihnen erhascht / theils derselben erwürgt / theils gefänglich mit nach Wien gebracht worden / nebst ansehnlichen Beuten / an schön-gewirkten Zelten / und andrem Geräth deß Lagers / wie auch Pferden / Kamelen / und Büffeln. Unter solchen Gefangenen / waren unterschiedliche gar Fürnehme: und wurden auch zugleich viel gefangene Christen befreyet. Solcher Nachstreiff geschahe fast täglich / dis die Türken von Oesterreich sich entfernet hatten: darüber mancher Muselmann / wider seine Hoffnung / in Wien gekommen. Den Verlust / Türkischer Seiten / haben ihrer etliche / auf achtzig tausend / etliche auf sechzig tausend / aber viel zu milde / und nach dem Schall deß ungewissen Gerüchts ausgegeben. Ortelius / der sonst auch gern dem Erbfeinde grössern Abbruch / mit seiner / offt nur aus den Fittichen deß Gerüchts gezogenen / Feder / zu thun pflegt / weder mit dem Schwert geschehen / setzt gleichwol dißmal / eine glaubliche Summ; nemlich daß der Türken / unter währender Belägerung / über vierzehen tausend geblieben; und der Unsrigen / in der Stadt / funffzenhenhundert. Isthuanfius / und de Rewa, gehen der Gefangenen Aussage nach: welche den Verlust ihres Volks / zu zwantzig tausend / geschätzt / ohn die grosse Menge der Last-Thiere / so das Lager eingebüsst hätte. Es haben / in dieser Belägerung / hohe und nidrige Officirer / so wol ihren klugen Verstand / als frischem Mut / dem Feinde / mit seinem Schaden / zu probiren gegeben / auch alle die gesamte Soldatesca ehrlich genug gefochten / und mit Türkischem Blut den Ehren-Rock ihrer Tapfferkeit eingepurpert; doch aber auch viele von den gemeinen Lantzknechten einen schlimmen Unterscheid zwischen Streitbarkeit und Frömmigkeit gemacht / nicht wenige auch wol ein Wein-volles Faß zu ihrem Gegenstreiter / von dem sie nicht selten überwältiget worden / und / unter den Martialischen Handlungen / den Bacchus zum Feldherrn / erkohren. Ja! man schreibt / daß die meisten einen solchen Falschen und Kannen-Krieg geführt / und sich Tag und Nacht / indem die Stadt-Mauren / von dem feindlichen Donner / gezittert / nicht / wie Diogenes / in dem Wein-Faß / sondern im Wein selbsten / herum gewältzt. Welches dann oft manchen / von seiner Pflicht / so weit abgewältzt / daß / wenn man Lärmen geschlagen / er sein Gewehr nicht zu suchen / weniger zu finden / viel we [180] niger zu führen gewust / sondern sich selbsten führen lassen müssen. Einer fiel manches mal / im lauffen / über den andren; und etliche kamen gar drüber nicht ins Gewehr. Gestaltsam man ihrer zween deßwegen in Verhafft gezogen / und / andern zum Schrecken / offentlich gehenkt. Wiewol ihnen auch alle Lebens-Mittel / aus Königlicher Verordnung / nothdürfftiglich gereicht / und nachmaln / aus Gnaden / geschenkt worden: haben sie doch nichts desto weniger / in des Königs Burg / wie auch in etlichen Kirchen / und fast in allen Bürgers-Häusern / doch in einem mehr / dann im andern / Kammer / Kasten / und Truhen / aufgehauen / und an etlichen Orten Kleider / Kleinodien / samt der Barschafft; an etlichen aber / nur Wein / Proviand / und Bettgewand / heraus genommen; auch zu letzt / aus boshafftem Mutwillen / Fenster / Ofen / Tische / Bäncke / und Betten / zerbrochen / zerhackt / und verbrannt. Wäre also kein Wunder gewest / wann GOtt / durch ein so wüst- und unordiges Wesen gereitzt / die Stadt dem Feinde in die Hände gegeben hätte. Man hat von denen Mordbrennern / deren / wie vorhin gedacht / der Feind etliche / und zwar geborne Teutsche / in die Stadt geschickt / drey ergriffen / und / nachdem sei ihr böses Vorhaben gestanden / am 17. October geviertheilt. Ihrem Ausschicker und Anstiffter / dem Türken selbsten / hätte man gern auch eine gute Haut voll Stösse mit auf den Weg gegeben; weil am 18. October zween Obersten / Conrad Gottsmann / und Jacob von Bernach / wie auch / folgenden Tags / Pfalzgraf Carl Friedrich / als oberster Reichs-Feldherr / mit ihren Völkern / in die Stadt gelangten: denen / am 21. und 22 sten / die Augsbürger / Memminger / und noch ein Nürnbergisch Fähnlein / gefolgt: allein / weil der Feind seinen Abzug schon zu weit gestreckt hatte; kunnte man nichts hauptsächliches mehr fürnehmen. Doch durffte man keine Feindseligkeit weit suchen; sie fand sich / über Vermuten / mitten in der Stadt / an der offentlich-meutinirenden Soldatesca. Jetztgenannter beyder Obristen Cunz Gottsmanns / und Jacobs von Bernach (oder Bernau) Völker / so zu der Reichs-Armee gehörten / stiessen heimlich die Köpffe zusammen / und verbanden sich / wegen ausgestandener Belägerung / einen fünfffachen Sturm-Sold zu fordern / welchen sie / mit ihrem / bey so vielen resolut abgetriebenen Anläuffen deß Feinds / so offt gewagtem Blut / hoch genug verdient hätten. Endlich rottirten sie sich / am 23. October / offentlich / mit hellem Hauffen / schlossen einen Kreiß / und hielten besagte ihre beyde Obersten / bey sich / im Ringe / den ganzen Tag über / beschlossen. Diese stelleten ihnen zwar die Unbilligkeit ihres Begehrens / und schädlichen Fürsatzes / glimpfflich unter Augen / und versuchten ihr unsinnig- und aufrührisches Toben / mit guten Worten / zu besänfftigen: aber die Flammen ihrer Wüte wuchsen / von diesem gelinden Oel / nur noch höher. Sie hatten das Gehör verlohrn / samt der Kriegs-Zucht; antworteten trutzig und bedrohlich: Obersten / Hauptleute / und [181] alle Bürger / sollten von ihren Händen sterben; sie wollten sich der Stadt Schlüssel / und deß Geschützes / bemächtigen / auch alle Häuser plündern / und gedachte Obersten in die Eisen schlagen / biß sie ihren Sold / der ihnen von Rechts wegen gebührte / bekommen hätten. Mit diesem letzten Exempel wurden bald andre mehr angesteckt / sonderlich der alte Hauffe / so unterm Lenerd von Felsen / lange Zeit / in Ungarn / gedient hatte / nebst denen / die Eck von Reischach hatte mit herein gebracht: zu denen sich auch sonst andre aufrührische und verwigte Köpffe mehr schlugen. Wie es denn / bey dergleichen Begebenheiten / nicht anders geht / als wie bey einem Zusammenlauffe vieler bellenden Hunde / da das starke Gebell einen ganzen Hauffen rege macht / und sie / aus allen anstossenden Gassen / hinzueilen.
Herr Eck von Reischach / der mit der Knechte Geleit / in den Ring geritten war / that gleichfalls eine treffliche Rede an sie; ermahnte sie / das Lob / die Ehre und Reputation / wozu sie / bey dieser Belägerung / ihnen alle Christen / so wol der zukünfftigen / als jetzigen Zeit / durch ihr ritterliches Bezeigen / verbunden hetten / mit einer so üblen und schädlichen Unternehmung nicht auszuleschen / noch ihrem überall herum fliegendenden Ruhm-Gerücht / ein solches Brand- und Schand-Mal auf den Rücken zu setzen. Er fragte: Ob sie nicht die jenige wären / welche die Stadt Wien nicht allein / sondern auch ihr eigenes Vatterland / Weib und Kinder / Schwestern / und andre Freunde / errettet hätten? Warum sie denn verursachen wollten / daß man solche ihre ritterliche Handlung verachten / und sie überall / in allen Landen / als Meutenirer / Rebellen / und Aufrührer / verschreyen solte? Warum sie diese ihre tapffre Fäuste / welche GOTT gewürdigt hätte / den erbfeindlichen Hochmut damit zu brechen / und dadurch einem unsterblichen Ehren-Gedächtniß zu widmen / mit so schändlich-veränderter Entschliessung entehren / mit Untreu und Meyneyd beflecken wolten? Sie solten doch gleichwol bedenken / daß sie nicht nur redliche Soldaten / sondern auch redliche Christen seyn müsten / die man allenthalben / wo sie künfftig hin kämen / in der Christenheit / entweder verwundern / oder verspeyen würde / nachdem sie diesen jetzigen Handel wol oder übel beschliessen würden: solten betrachten / daß sie gleichwol schuldig wären / nicht wider Christen / sondern für die Christen / wider die Unchristen / den Degen zu blössen / Land und Leute / Witwen und Wäisen damit zu schützen; solchem nach / an einem Sturm-Sold / sich begnügen lassen. Aber diese seine Rhetoric war ihnen gar nicht anständig / die nur ab honesto, (von der Erbar- und Wolständigkeit;) da hingegen die ihrige ab utili, argumentirte / und aus einem silbernen Grunde wolte überwiesen seyn / daß sie verpflichtet wären in Ruhe und Vergnügung zu stehn. Darum faßten sie ihre Ant [182] wort kurz und trutzig; schrien: Geld! Geld! muß da seyn / oder Blut! und droheten / die Obersten zu erstechen. Sie schalten ihre Obersten und Officirer / daß sie nicht redlich bey ihnen handelten / sondern mit ihrem Schweiß und Blut / nemlich mit dem so gefährlich-verdientem Sold / sich bereicherten: wendeten also deß Reischachers Beweis-Schlüsse / auf ihren Vortheil / sprechend: Weil sie ihr Leben / für die Stadt gewagt / und die Haut dran gestrecket hätten / wäre der geforderte Sold theuer genug verdienet. So bald Pfalzgraf Friderich solches Getümmel erfahren; eilte er dem Markt zu / da sie den Kreis geschlossen hatten / und bemühete sich / sie / mit freundlichen Worten / auf einen besseren Sinn zu erweichen. Doch wolte es nichts verfangen: er fand verschlossene Ohren / dazu kein andrer Schlüssel sperrete / als der gemünzte. Je mehr guter Worte man ihnen gab / je mehr entbrannten sie in Zorn und Wüte; legten vorgemeldten beyden Obersten die Spiesse auf die Köpffe. Andre setzten dieselben ihnen an die Brust / und an den Rucken. Zuletzt / da die Nacht heran drang; ließ ein Fendrich / Namens Paul Gumpenberger / das Fähnlein fliegen / und drang durch den Ring / mit diesen Worten: Lieben Brüder! Alle / die an den zwey-verdienten / und einem bewilligten Sturm-Sold / vergnügt wollen seyn / die ziehen mir nach! Denn der Pfalzgraf hatte / nicht allein / weil er selber / unter diesen ergrimmten Hauffen / in Lebens-Gefahr stund / sondern auch / ohn Unterlaß / von der Burgerschafft / angeflehet ward / ihrer Sicherheit und Rettung wegen / ein übriges zu thun / endlich einen zwiefachen / und da solches nicht helffen wollen / einen dreyfachen versprochen. Worauf besagter Fendrich / angezeigter massen / den Ring also vertrennet. Eine dicke Wolke läßt sich selten / ohne Blitz und Donner / zerreissen: also erzürnte sich auch dieser widerspenstiger dicker Hauffe über den Fendrich gar sehr / darum / daß er ihren Ring gebrochen / und drauete / ihn zu erstechen. Er brach aber eben so wol ihren Ungestüm und Grimm / mit diesen Worten: Lieben Landsknechte! ob ihr mich gleich erstecht; wird doch keiner können hernach anders reden / als / daß ihr einen ehrlichen Landsknecht erstochen. Womit er seinen Fürsatz fortgesetzt / den Ring entzweyet / und hinaus getreten. Die andre Fendrichs / Feldwebel / und Doppelsöldner / folgten ihm alsofort nach / und verluckerten den Ring noch viel weiter. Da sahe man / was manches mal eine vernünfftig-beherzte Entschliessung / auch mitten unter dem tollen Hauffen / vermöge / und wie leicht die Anschläge der unbesonnenen Menge / durch die geringste Verändrung / übern Hauffen gehn: denn durch dieses einigen wackern Manns herzhafftes Austreten / ward ihnen allen das Herz genommen / und die aufrührische Gemein-haltung / oder Kreis-Schliessung / aufgelöst.
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Leunclavius redet der Soldatesca das Wort mehr / als den Officirern / und mißt denselben alle Schuld zu / nemlich / daß sie / durch ihren Geitz / zu solchem Handel Anlaß gegeben. Sie suchten (schreibt er) manchen Fund und Practick / den Knechten ihren Sturm-Sold abzuziehen: sassen auch fast den halben Tag im Kriegs-Rath / ehe man die Knechte bezahlte; richteten aber nichts aus. Denen vom Reich ward zwar mehr / als ein Sold / angeboten: sie begehrten aber kurzum vier verdiente Sold / nemlich drey Sturm-Sold / und einen auf die Hand / und alle Victualien geschenkt. Sie machten ein so wüst und wildes Geschrey / daß es nicht zu beschreiben; liessen / zum dritten mal / die Spiesse niderfallen; so / daß man an ihnen gnug fand zu theidigen. Also gab man ihnen die drey Sold / und alle Victualien quit. Etliche aus dem alten Hauffen / die sich nicht wolten lassen begnügen / musten es mit dem Halse bezahlen. Also blieb es / bey dreyen Sold / und dem Proviand. Die Gemein währte den ganzen Tag. Bey der Zahlung / wollte man ihnen doch noch den dritten Sold abschlagen: welches aber die Soldaten durchaus nicht wollten eingehn; sondern sich deß Schlusses im Ringe halten. So bald sie nun bezahlt; schlug man um / und ließ ihnen / bey scheinender Sonnen / aus der Stadt bieten / nemlich allen / die unter dem Reich bezahlt waren; das gab man den rittermässigen Leuten zu Lohn! Und die man zuvor Ritter nannte / wurden jetzt vor Buben gescholten: und welche die Stadt hatten erhalten / denen ward die Stadt versagt. Indessen setzte Suldan Solimann seinen Ruck-Marsch desto schleuniger fort / weil ihn überall der Heim-Weg gleichsam mit einem stummen Aufruck begleitete / und ihm so viel umsonst vergossenes Blut und Geld verwies. Dann er muste durch lauter solche Oerter zurück gehen / die ihn vorhin hatten gesehn daher brausen / wie einen ungeheuren Wallfisch / mit hochaufgehügeltem Mut / und in vermessener Einbildung / Wien / und ganz Oesterreich / zu verschlingen. Dennoch wolte er nicht den Schein eines Uberwundenen / sondern Uberwinders / haben / und beschloß / dem Weywoden Johannes die Ungarische Kron / und Zepter / samt andren Königlichen Majestät-Zeichen / die er bey sich führte / zu schenken: aufdaß er denselben damit / zu einer beharrlichen Treu / mögte verbinden. Diese waren / auf solche Art / in seine Hände gerathen. Als er / mit seinem Heer / im Anmarsch nach Ungarn / begriffen war / Vorsatzes / den Johannes wiederum ein-Wien aber in seine eigne Gewalt / zu setzen: und nunmehr das kleine Hertzogthum Sirmium erreicht hatte: erschrack darüber der Königliche Ungarische Kron-Verwahrer / Peter Pereni (oder Perini) welcher / mit Weib und Kind / auf dem Schloß zu Sochos / zwischen Fünffkirchen und Esseck / unferrn von der Drav / sich befand / mächtig sehr / fing an / gewaltig sich zu fürchten; und zwar nicht umsonst. Dann er war vorhin auf Johannis Seiten gestanden / hernach [184] aber von ihm abgewichen: Also brach er auf / nach Sarospatac / und führte erstbesagte Reichs-Regalien bey sich. Da er nun unterwegs / in einem Dorff / übernachtete; beging Johannes Saracenus / welcher / auf Königs Johannis Vergunst / das Bisthum zu Fünffkirchen besaß / ein recht Saracenisch Stücklein / überfiel ihn mit 200. wolbewehrten Reutern / und 500. Fußknechten / da er nichts feindlichs besorgte; brachte etliche von seinen Soldaten / die sich mit einem guten Rausch hatten schlaffen gelegt / in den ewigen Schlaff / die übrige / durch solchen Schrecken / in die Flucht / den Pereni aber / samt Weib / Kind und aller Haabe / nebst der Königlichen Kron / und andren Regalien / in seine Gewalt / und vertraute diese Gefangene dem Johann Banfi nach Soproncia / in seine Verwahrung. Als aber Solimannus ins Mohatzische Gefilde kam; gebot er ernstlich / man solte ihm den Gefangenen / samt der Kron / stellen. Jenen zwar schenkte er dem Könige Johann: die Krone aber behielt er bey sich / und dörfften die Herren Ungarn kein Wörtlein dawider reden. Wer hätte / bey einem so geitzigem und ehrsüchtigem Tyrannen / eine solche Großmütigkeit vermutet / daß der solche Regalien nicht bey sich würde behalten? Gleichwol da er nun / von der Wienerischen Belagerung wieder zuruck / gen Ofen / gelangt war / ließ er den Johannes / samt den anwesenden Ungarischen Ständen / vor sich kommen / zeigte ihnen die Ungarische Kron / und Reichs Zeichen / welche ihm / auf seinem Hinmarsch nach Wien etliche Ungarn selbst in die Hand gespielet / und that / zum Johannes / diese Rede: Lieber Bruder! GOTT hat dirs in den Sinn gegeben / daß du / mit Hindansetzung anderer Fürsten Beystands / bey mir Hülffe gesucht. Denn wiewol wir nicht einerley Religion; seynd wir doch einander / von Natur / zur Freundschafft und Dienstbarkeit / verbunden. Wir halten eben so wol Recht und Billigkeit in Ehren / als wie ihr. Du hast nun würklich erfahren / daß die Macht unsers Reichs unüberwindlich / unsere Gunst und Freundschafft unverbrüchlich und untadelhafft sey. Welches du an diesem unbetrüglichen Zeichen / erkennen wirst. Diß Diadem / welches / von deiner Nation / hoch gehalten wird / ist / von dienen Untersassen / zu mir gebracht / und bey mir fleissig verwahrt worden: das übergebe ich hiemit dir / und deinen Nachkommen / zu immerwährenden Ehren und Würden. Ich übergebe dir auch diesen Königlichen Sitz / samt dem Reich. Ich habe solches alles zwar / durch meine glückliche Waffen / und obsiegende Hand / erworben: Weil es aber die Gesetze unserer neugeschlossenen Freundschafft also erfordern / und du unter meinem Schutz bist / schenke ich dir dißfalls mein ganzes Kriegs-Recht: und wünsche / du mögest nicht allein glücklich regiren / und deinen Feinden obsiegen / sondern auch dieser unserer Wolthat niemals vergessen / noch die Glori unserer Protection deiner Gedächtniß entgehen lassen.
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Diß gesagt / hat er auch etliche Ungarische Herren angestochen / daß sie ihres Ungarischen Geblüts vergessen / und sich zum Ferdinand gewendet hätten: bedrohete sie auch / im Fall sie sich wiederum gleiches Abtritts gelüsten liessen / wolte er es / mit dem Sebel / nicht ungerochen lassen. Diß betraff insonderheit den Irini / und den Ertz-Bischof von Gran. Welchen Lauffen er schon vor Belägerung der Stadt Wien dem Könige Johann / zur Aussöhnung / recommandirt hatte. Dieser war auch allbereit damals hin zum Johannes gereiset / um sich / bey demselben zu entschuldigen. Wovon er den Anfang / mit diesen falschen und meyneydigen Worten machte: Ich ruffe den allmächtigen GOtt zu Zeugen / daß die hoch gebenedeyte Jungfrau-Mutter deß HErrn / um ihres / am Creutz hangenden Sohns / unsers Heilands willen / sich nicht so hoch betrübt habe / als wie es mich geschmertzt / Gnädigster König / daß Eure Majestät / ihres Reichs und Vätterlichen Güter beraubt / ins Exilium ziehen muste. Worauf König Johann geantwortet: die Mutter deß HErrn aber folgte ihrem Sohn nach / biß ans Creutz. Hingegen ihr / der freylich verpflichtet war / mit dem Könige / der euch so grosse Denek-Zeichen seiner Liebe erwiesen hatte / in den Tod zu gehen / habt kaum einen Hall / von dem Anzuge meines Widersachers / bekommen / als ihr / ohne Verweilung einer Stunde / zu demselben übergegangen. Doch nehme ich euch / in Ansehung eures Ehrwürdigen Alters / wieder auf in meine Huld. Wie übel und ungehalten sich / in vorher erzehlten Stücken / unsre Soldatesca bewiesen; so sehr ward hingegen der Türckische Soldat gelobt / um seiner guten Ordnung / Sittsamkeit / und Mässigkeit willen. Man hätte gedencken sollen / es wäre kein Feld-Lager / sondern eine Stadt-Gemein; so wenig Getümmels und Unwesens hörte man / unter ihnen. Aber ausser den Quartieren / und im Feindlichen Ansatze / wüteten sie / wie grimmige Thiere. Unter den Lager-Zelten / schienen sie Schafe; beym Anfall aber / brüllende Leuen zu seyn. Daher auch einsmals Käysers Maximiliani Abgesandter an die Ottomannische Pforte / zum Grafen Eck von Salm gesagt / er hätte viererley / in den Türckischen Heer-Lägern / gesehen / darüber er sich verwundern müssen: Erstlich / eine so grosse Menge Kriegs-Volcks: Zweytens / daß / unter solcher Menge / sich kein einiges Weibs-Bild blicken lassen: Drittens / daß bey den Türcken alsdenn deß Weins im geringsten nicht gedacht würde: Vierdtens / daß sie / zu Abends / alle ihr Allah! Allah! (GOtt! GOtt!) überlaut schrien / und gleich hierauf / im Lager eine so grosse Stille würde / daß niemand ein Wort / ohn nur leise / redete. Alsdann halten sie ihr Gebet / und zwar / mit solchen Geberden / daß sie / unterm Beten / hin und her / wie ein Rohr / wancken. Thomas Schmidius / ein Canonicus zu Oxfurt in England / schreibt / er habe vom Alberto Bozovio [186] (Albrecht Butzau) einem sehr gelehrten Mann / bey welchem er / in vielen Sachen sich Unterrichts erholete / unter andern erfahren / daß die Ursach / warum die Türcken / unterm Beten / sich hin und her bewegten / nicht darinn bestünde / wie zwar etliche meyneten / daß Mahomet verheissen / er würde / zur Zeit deß Gebets / ihnen dermaleins offentlich erscheinen; daher sie / durch solche hin und wieder-Bewegung bezeugten / wie sie seiner Erscheinung und Ankunfft / gleich als ob er hinter ihrem Rücken etwan allbereit seyn möchte / erwarteten: Sondern daß sie alsdann ihre Schutz-Engel / welche ihnen / ihrem albernem Wahn nach / auf der Schulter hucken / mit gewissen Gebetlein grüssten. Sie brauchen auch / unterm Gebet / ihre Rosen Kräntze: Dabey sie eine gewisse Anzahl Stoß-Seufftzer sprechen: Als Sabhau Allah Gebenedeyet sey GOtt! Allah Ekber GOtt ist groß! Allemdalillah Lob sey GOtt / Bismillah in GOttes Namen! Diese und dergleichen Gebets-Sprüchlein wiederholen sie insgemein dreyssig / bißweilen aber hundert mal; wie auch mancherley Namen GOttes / als Hakka, und dergleichen. Sonst ruffen sie vielmals / mit starckem Gebrüll und Geschrey / Hu! Hu! Welches einer unter den Namen GOttes ist / und gemeinlich an ihren Kirch-Wänden geschrieben steht. In der Sanct Sophien-Kirche / hat gedachter Engländer sechs oder sieben Türckischer Pfaffen / sehr offt nacheinander schreyen hören: Wir glauben! Wir glauben! Gleich als ob sie GOtt / mit ihrem wilden und düsterlichem Geschrey / übertäuben und so müde machen wolten / daß Er sie endlich solte erhören. 35 Was das Wein-Trincken betrifft; bleibt ihnen zwar solches / durch ihr Mahometisches Gesetz / auch ausser den Feld-Zügen / so wol / als andren Türcken insgemein / untersagt: Doch macht man / sonderlich zu Kriegs-Zeiten / scharffe Anstalt dawider. Denn die Enthaltung deß / ihnen scharff verbotenen Weins / behält sie in der Nüchternheit / Wachsamkeit / und Gehorsam: und steht nicht zu sagen / wie sorgfältig die Türcken ausrechnen / was für Unordnung und Ungelegenheit / aus dem Wein-Trincken / im Lager / sich erheben könte. Dann sie wissen darinn / wann ihnen heimlich ein Trunck Weins zu Theil wird / keine Masse zu halten; sondern überschütten Magen und Gehirn damit. Dieses Laster der Trunckenheit ist auch / unter ihnen / so gängig und gemein / daß man / unter zehen / kaum einen findet / der davon frey wäre. Darum schickt man gewisse Officierer / zween oder drey Tage voraus / nach dem Ort / darauf die Armee zu gehet / um alle Schenck-Häuser zu versiegeln / und den Wein-Verkauff aufs allerschärffste zu verbieten. Weil man aber / im Lager / solche strenge Aufsicht hält / und der jenige Soldat / welcher daselbst / bey einem Trunck Weins / ertappt würde / solches Reben-Blut mit Menschen-Blut / das ist / mit seinem Leben / [187] büssen müste (angemerckt / im Felde / der Wein / mit dem Tode / sonst aber nur mit harten Fersen-Streichen / bestraffet wird) läst sich der geringste Geruch vom Wein / oder Rausche / im Lager nicht spühren. Daher bleibt auch viel Unwesens zurück. Man hört kein Geschrey / noch Zanck und Hader / daselbst: Es geht alles still und friedlich zu / und muß keiner eine äusserliche Feindschafft anders blicken lassen / als wider den allgemeinen Feind. Das Volck wird in ihrem Gebiet / durch ihren Marsch / nicht beschweret. Sie kauffen / und bezahlen alles / so richtig / als wie ein Gast / der im Wirths-Hause zehrt. Man vernimt niemals / daß etwan / in ihr Lager / eine Mutter geloffen käme / zu klagen / daß man ihr ihre Tochter entführt / oder genohtzüchtigt. Man hört niemanden daselbst leichtlich / um Justitz / bitten / wider einige Raub-Vögel / die ihn geplündert / oder unterwegs ausgeschüttet / oder sonst einige Uberlast angethan hätten. Solcher guten Ordre und Kriegs-Zucht wird / guten / ja grössern Theils / der glückliche Fortgang ihrer Feld-Züge / und die Ausbreitung ihrer Herrschafft / zugemessen. Das Lager wird allezeit sehr sauber und rein gehalten / (wie auswendig die Schüsseln der Pharisoe er) und nie der geringste Unraht oder Wuhst darinn angetroffen. Nahe bey jedwedem Zelte / macht man Löcher / oder kleine Gruben / um die natürliche Nothdurfft darinn zu verrichten. Diese Löcher oder Gruben seynd / mit groben Tüchern / umgeben: Aufdaß man diejenige / so dahin gehen / nicht sehn könne. Wenn dieselbe voll sind / bedeckt man sie / mit Erden / und macht / an einer andern Stätte / neue / und spannet daselbst eben das vorige Tuch wiederum auf. Mit der Weise / wird eben so wenig Unreinigkeit und Gestancks in ihrem Lager / als wie in den allersaubersten Städten / verspührt. Müssen sie deß Sommers / bey grosser Hitze / marschiren; so lassen sie / ungefehr um sieben Uhr zu Abends / den Reise-Zeug / und alles Geräht / samt / den Last- und Saum-Thieren / voraus gehen; aber der Groß-Vezier / und die Bassen / ziehen nicht eher fort / als allererst nach Mitternacht. Da alsdann so viel leuchtender Fackeln vor ihnen her getragen werden / daß die Nacht gleichsam in Tag verwandelt wird. Zu solchen Fackeln-Trägern / bedienen sie sich der Araber / die um Damas und Alepo sonst sich aufhalten: Dann dieselbe seynd geschwinde zu Fuß / und haben ihren besondern Hauptmann / welchen man Massalagiler-Baschi, das ist / den Hauptmann der Fackeln-Träger / nennet. Derselbe hat vollkommenen Gewalt / sie zu commandiren / und abzustraffen; aber auch dafür zu antworten / wann sie sich ungebührlich erzeigen. Die Fackeln aber seynd nicht / wie die Unsrige; sondern aus einem gewissen Holtze gemacht / das ölicht / und voll Hartzes ist. Sie zünden dieselbe an / in einer Glut-Pfanne / welche sie vorn / an einem Stabe / tragen. Wie hievon beym Della Valle, Tavernier / Ricaut / und Thomas Schmied / umständlichere Nachricht zu lesen.
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Hiebey steht aber zu erinnern / daß die gerühmte Eingezogenheit und Unschuld im Marschieren / durch ihre eigene Länder / gemeiniglich / nach deß de Revva Bericht / einen Absatz gewinnt / wenn sie / sonderlich die Janitscharen / an die Hütten der Christen gelangen: sintemal sie dieselbe gern ausrauben / oder / aufs Wenigste / das Beste heraus nehmen: dawider der arme Christ kein Wort reden darff. Wiewol dieses mehrentheils / von solchen Christlichen Bauren / zu verstehen / so in der Türckey wohnen. Als nun Solimann / nach seiner Wiederkehr / ersterzehlten Schlags / drauete / wie er denen kommen wolte / die da wieder umsattlen würden; gab König Johannes zu verstehen / wie so gar ein schlechtes Hertz er zum Irini / und zum Ertz-Bischof / hätte; weil er wuste / sie würden schwerlich treu bleiben; weßwegen sie seiner Gnade nicht werth wären: ließ Solimannus diese schöne Antwort / so man / von einem barbarischen Fürsten / wol nicht vermutet hätte / wie eine wolriechende Lehr-Blume / fallen: Mein Freund! kan euch auch / in diesem Leben / grössere Ehre und Wolständigkeit begegnen / als wann ihr / durch Clementz / eine unsterbliche Glori erwerbt; hingegen eure Widerwärtigen einen ewigen Schand-Flecken ihrer Undanckbarkeit und schmählichen Untreu / auf die Nachkommen verpflantzen? 36 Hiernächst suchte Solimannus Constantinopel; König Johannes aber / durch den abgefertigten Laski / beym Könige Ferdinand / einen Stillstand: welchen dieser auch / auf ein Jahr lang / verwilligte; damit indessen von Frieden gehandelt würde. Inzwischen wird deß Venetianischen Hertzogs Bastard / Ludwig Gritti / zur Vergeltung seiner / für den vertriebenen Johannes beym Solimann eingelegten / Recommendation / nicht allein zum Palatin / sondern auch zum Gubernatorn deß Königreichs / erklärt: ohnangesehen der grössere Theil der Kron-Senatorn solches sehr widerriehten. Diese Erklärung hatte er nicht allein seinem eigenem / sondern auch deß Laski / als seines Freunds / gutem Mundstück zu dancken. Durch die Zunge kan man erhaben / und gestürtzt werden. Welches Letzte auch dem Gritti zuletzt würcklich widerfahren. Er ward auch gleichwol nur deßblossen Namens solcher hohen Würden würdig / und nur vom Könige Johannes / durch ein offentliches Ausschreiben / dafür ausgeruffen: denn die meisten Stände wolten das Königliche Decret nicht bekräfftigen. Also zog Gritti nach Constantinopel / voll Unmuts und Rachgier. Damit viel Dinges / so bißhero erzehlet worden / nicht durch Ausbleibung weiteren Erfolgs / unvollkommen und gestümmelt verbleibe; will ich hiernechst überhaupt / und gantz kurtz / den weiteren Verlauff der Solimannischen Kriegs Zügen in Ungarn / vollends ausführen.
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Zu Preßburg ward / bald hernach / ein Friede / auf diese Bedingunge / ingerichtet. Daß Johannes / Zeit seines Lebens / das Königreich beherrschen / nach seinem Tode aber Ferdinandus / oder einer aus seinen Söhnen / ihm / in der Ungaris. Kron / folgen solte: hinterlieffe aber König Johannes einen leiblichen Sohn / solte König Ferdinand / oder dessen Erbe / demselben alle Schlösser seines Vatters / samt dem Fürstenthum Siebenbürgen / abtreten. Mit diesem Frieden war Solimannus / weil er hinter ihm geschlossen / gar nicht zu frieden. Doch gab König Johannes nicht viel darauf: sintemal der Schluß vermochte / Ferdinand solte dem Johann / wider seinen gewesten Patron / Solimann / auf allen Fall / Hülffe schicken. Dann derselbe hatte sich / mit einem Kriegs-Heer / wiederum aufgemacht / an den Moldauern sich zu rächen: derwegen man besorgte / er dörffte weiter zusprechen / in Siebenbürgen und Ungarn. Allein Johannes ließ sich bald / durch Solimanns scharffen Verweis und Bedrohungen / umschrecken / zu andern Gedancken. Nechstdem that Suldan Solimann / als ein Krieg-süchtiger Fürst / mit starcker Hand / den fünfften Zug (Anno. 1532.) in Ungarn: nicht so fehr wegen deß / vor 2. Jahren / vor Wien erlittenen Einbusses / als auf Anreitzung Königs Francisci in Franckreich: welcher ihn auch / über zehen Jahre hernach / abermal aufgebracht. Johannes (nicht der / von welchem der HErr Christus rühmt / man würde kein Rohr an ihm finden / das der Wind hin und her wehete) hatte nun auch schon wiederum das Röcklein umgekehrt / und belägerte Gran: weil der Ertz-Bischof wieder war von ihm abgefallen. Dafür auch der Gritti mit etlich tausend Türcken ruckte / und die gantze Belagerung commandirte; doch nichts anders dafür / als vergebliche Mühe / und manchen tapffren Türcken zu Bodem richtete. Indessen marschirte Solimann / mit seiner Armee / durch lauter abwegige Oerter. Welchen Fehler alle Scribenten der heimlichen Anstifftung seines Groß-Viziers / deß Ibrahims / als welcher dem Käyser Carl dem Fünften solches zu Gefallen gethan haben soll / zu rechnen. Und hat mans fast greifflich hieraus abnehmen können / daß er die Armee / welche bey weitem so strack nicht war im Felde / als wie in der Trompeten deß Gerüchts / in unterschiedliche Hauffen zerrissen / daher ihre zertheilten Kräffte desto geringere Würckungen haben thun können: Imgleichen daraus / daß er nur etliche wenig Feld-Stücklein mit sich führte. Er leitete / oder verleitete vielmehr den Suldan / durch das Steyrische Schnee-Gebirge / und manche andre unwegsame Oerter: Darüber Roß und Mann muste von Kräfften kommen: In Meinung / (wie man gäntzlich dafür hält) dem Römischen Käyser / mit welchem er einen geheimen Verstand soll gehabt haben / ein abgemattetes schwaches Kriegs-Heer vorzuwerssen. Und darum war es schier kein so grosses Wunder / daß allerdings das schlecht-befestigte Städtlein / Güntz / sich der Türckischen Haupt-Armee so rit [190] terlich erwehrte. Daselbst führte das Obgebiet Niclas Juresith / und hatte / obgleich mehr nicht / in allem / als achthundert Köpffe / an Mannschafft / darunter nur 200. Soldaten / die übrige eitel Land-Leute waren / bey sich / dennoch gleichwol so viel Muts / daß er dem stoltzen Soldan die Aufgabe eines so unwehrhafften Platzes versagen durffte. Die Türcken machten zwar / mit Minen / eine weite Lucken in der Mauer: Aber der Commendant ließ dieselbe bald / durch eifrige Arbeit / wovon auch die Weiber nicht frey waren / wieder verbauen / mit inwendig aufgeworffenen Bollwercken von Erde / Brettern / Bäumen / und dergleichen Materialien. Endlich warff der Feind ein so geraumes Stuck der Mauren zu Boden / daß er mit hellen Hauffen einbrechen kunte. Juresith stellete ihm seine Soldaten entgegen. Darüber erhub sich ein sehr blutiges und zweiffelhafftes Gefecht; wobey doch gleichwol zuletzt die Janitscharen / mit ihrer Menge / vorzudringen schienen / und sichs also ansehn ließ / als würden sie mit Gewalt durchbrechen. Weßwegen etliche Bürger von der Mauren flohen / in die Stadt / und überall den Schrecken ausbreiteten / ob wäre der Feind schon in der Stadt / und alles auf der Mauren erschlagen. Diß erweckte / unter den Weibern / Knaben / und alten Leuten / die allesämtlich an einem Ort verschlossen waren / ein mächtiges und wildes Geschrey. Welches die Türcken mißverständlich aufgenommen / für einen frischen Entsatz der Bestrittenen / und derwegen bestürtzt stillgehalten. Solches gab den Soldaten wiederum ein Hertz / also / daß sie / von Frischem / auf sie los gingen / und den Feind über Hals und Kopff hinab stiessen. Man wolte sagen / die Türcken hätten vorgegeben / es wäre ihnen nicht anders vorgekommen / als käme ein hoch-ansehnlicher Ritter in gläntzendem Küriß / mit einem frischen Entsatz-Hauffen / vom Schloß heraus geritten: Weßwegen sie auch / durch keinen Prügel / noch Sebel / sich mehr treiben lassen wollen / zum neuen Anlauff. Dannoch haben sie / mit angebrochener Morgenröte / noch eins wieder angesetzt / und nichts destoweniger nur ihre Niderlage / von den entgegenfliegenden Schlangen- und Musquet-Kugeln / abgeholt. Hierauf ist der tapfre Iuresith / nach gestellten Geiseln / zum Groß-Vizier / ins Lager gefordert / und von demselben garehrlich empfangen worden. Dieser begehrte / er solte nur / zur Bezeugung / daß sich das Städtlein unter das Ottomannische Joch hätte gedemütigt / eingehen / daß ein Theil der Leib-Soldaten deß Suldans hineingelassen würde / um nur ein paar Maal / auf der Mauren / Alla! Alla! GOtt! GOtt! zu schreyen. Wobey er ihm zugleich andeutete / der Suldan hette / auf seine Fürbitte / ihm die Stadt / verehrt. Weil aber Juresith auch dieses nicht bewilligen wolte / sondern vorwendete / es wären viel Teutsche und Spanische Kriegs-Leute in der Stadt / die wider die Türcken hefftig erbittert / und solches nicht gestatten würden: ward man endlich beyderseits hierauf einhällig / daß nur ein und andrer Türckischer Fußgänger [191] von dem Käyserlichen Leib-Regiment hinein kommen solte / zum Zeichen der Ergebung unter Ottomannische Protection. Diesen ward vergönnt / auf die Mauren zu steigen: Da sie / ihrer Gewonheit nach / GOtt! GOtt! GOtt! schryen / und hernach ein rotes Fähnlein / darein weisse Arabische Littern gestickt waren / allda aufsteckten. Womit sie wiederum hinaus gegangen / und das Erbfeindliche Heer abgezogen / Bemeldte Fahn hat man hernach in der Stadt-Kirchen aufgehenckt / zur Gedächtniß einer so wunderbaren Göttlichen Errettung.
Nach solchem Verlauff mit dem Städtlein Güntz und desselbigen Befreyung von Feindlicher Gefahr / wendete sich Solimannus / mit seinem Kriegs-Heer / nach der Steyermarck und Kärnten / zog dem Muhr-Strom zu / ließ die Donau zur rechten Hand ligen; und sich damit in Verdacht / als hätte er das Hertz verlohren / für der Teutschen Macht Käysers Caroli V. von welcher Ansehnlichkeit und Tapfferkeit das Gerücht voraus marschirte / zu stehen / und mit derselben auf einen rechten Haupt-Streich anzubinden. Die Zeit bestetigte solches auch gar bald. Denn nachdem vor ihm erschollen / daß selbiger Glorwürdigster Käyser / in eigner Person mit grosser Heers-Krafft / und vielen ertz-versuchten Helden und Ritters-Leuten / näher ruckte; hat er seinen Zorn / über das unbewehrte arme Land / ausgeschüttet / alles / was er angetroffen / verheert / seinen Zug endlich neben der Stadt Grätz hingenommen / ist die Muhr gepassirt / folgends / vermittelst einer eiligst geschlagenen Brucken / über die Trav / und also / mit nicht geringer Beschämung seiner Schnarcherey und Hochmuts / wider heimgelangt. Doch hat er überall viel Zeichen seiner Grausamkeit hinterlassen / und die Fußstapffen seines Heim-Zugs mit vielem Christen-Blut genetzt; überdas auch mehr / denn dreyssig tausend Christen / mit in die rauhe und unbarmhertzige Dienstbarkeit hinweggeführt. Dagegen begehrte der Käyser / ihm nicht nachzurücken; wie sehr auch sein Herr Bruder / Ferdinand / darum bat: Sondern ging / mit dem besten Kern deß Heers / wieder zurück / und begab sich in Italien / bald hernach auch wider in Spannien. Also begnügte er sich / an dem Ruhm / daß ein so hochmütiger und mächtiger Tyrann / für Ihm / gewichen: Welches Ruhms auch die Federn aller Scribenten voll sind. Es ging doch gleichwoldem Solimann diese seine Verwüstung so gar ungenossen nicht hin. Er büste nicht allein / von seiner Haupt-Armade / an Kranckheiten / viel Volcks ein; sondern auch den gantzen verlornen Hauffen (oder die fliegende Armee) so er voraus / unterm Cassan Beg / gecommandirt hatte / gegen Lintz zu / um das gantze Oesterreich / mit Asche / Blut / und Threnen / zu besprengen / Güter und Menschen zu rauben; von welchen Raube er / der Suldan selbst / den fünfften Theil zog.
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Besagter Cassan theilte seine / ihm untergebene / fünffzehen / oder / wie andre wollen / sechzehen tausend Pferde (etliche dupliren die Zahl / und machen gar / wiewol fälschlich / dreyssig tausend daraus) in drey Hauffen; um das Land / zwischen der Donau und dem Gebirge / desto hurtiger durchzustreiffen. Jedoch verritten sich die Partheyen nicht allzuweit voneinander: Damit sie / im Nothfall / einander entsetzen könnten / und für einen Mann stehn. Darob erhub sich / im Lande / sonderlich in den Dörffern / grosser Jammer / Schrecken / Flehen und Fliehen / wiewol vielmals ohne Entfliehen: Dann ihrer viele flohen ihrem Unglück in de Rachen. Also fiel eine grosse Menge Weibs- und Manns-Bilder / allerley Alters / jämmerlich durchs Schwert / und den Blut-Stürtzern in die Hände. Viel gefangene Weiber und Männer wurden / mit Ketten / oder Stricken / an die Pferde gebunden / und damit gezwungen nachzulauffen / oder sich schleiffen zu lassen. Die wütende Barbarn haben auch manche Häuser / darinn viel Kinder gewesen / ohne alle Barmhertzigkeit / angezündt / und samt der schreyenden Unschuld / grausamst verbrannt. Daher auf viel Meilwegs das Land / in lauter Jammer / gleichsam begraben ward. Nachdem nun diese Christen-Würger weit hinauf / gegen Lintz / gestreifft / biß an die Ens / und überall das Land / was von ihrem Huf-Schlage betroffen worden / in voller Ruin lag / die Dörffer ausgebrandt / die Einwohner / entweder in den Tod / oder in die Sclaverey / gestürtzt waren; zog Cassan Beg / mit vielem Raub an Gut / und Gefangenen wiederum zuruck / in Meynung / den Suldan Solimann / unter der Neu-Stadt / wider anzutreffen / nicht wissend / daß derselbe / mit der Haupt-Armee / sich allbereit hätte aus dem Staube gemacht. Aber man fuhr ihm gewaltig durch den Sinn. Denn Pfaltzgraf Friedrich / als Generalissimus deß Römischen Reichs / hatte allbereit zuvor / von dem Königlichen Feld-Marschall / Johann Cazianer / alle Kundschafften eingenommen / welcher Gegenden diese streiffende Raub-Rotten vermutlich ihren Durchbruch suchen würden: Weßwegen er ungesäumt seinen Vettern / Marggrafen Joachim von Brandenburg / mit etlich Tausenden zu Roß und Fuß / den Türcken nachzugehen / beordret / auch selber von Laxenburg / biß gen Lewersdorff / gerückt; und gleichfalls unterschiedliche andre hohe Officirer / ihnen nachgecommandirt; als den Grafen Wolff von Montfort / mit funffzehen hundert Reutern; Marggrafen Joachim von Brandenburg / den Jüngern / nebst dem Obersten Conrad von Bömelberg / mit vier Fähnlein Knechten; Grafen Ludwig von Ladron / Königlichen Obristen / mit neun Fähnlein / samt denen Spanniern / so zu Wien gelegen; imgleichen die fünff Fähnlein / so bißhero in der Neu-Stadt gelegen. Diese Truppen / welche Ordre hatten / dem Feinde schleunigst nachzueilen / verlegten demselben / hin und wider / die besten Pässe / und umsetzten ihn dermassen / daß er / ohn eine scharffe Rechenschafft / schwerlich kunte entwischen. Und damit er sich desto unbesorgter / aus seinem Vortheil / nemlich aus dem Gebirge / [193] hervor / nahe ans ebne Feld / begeben möchte; hat der Pfaltzgraf etliche Tage über / mit seinem Völckern ein wenig gemach gethan / und die genaue Beobachtung dieses barbarischen Raub-Gesindes / unter dem Schatten einer angemasten Unachtsamkeit / oder Furchtsamkeit / versteckt; unterdessen doch / nebst den Marggrafen / Joachim / überall möglichste Kundschafft angestellt / und also den Marsch deß raubrischen Mord-Gesinds aufs allerbeste geobservirt. So bald er aber erfahren / daß der eine streiffende Hauffe sich / ungefähr eine Meil-Wegs von dem Lager / in den Marckt zum Bodenstein / gelagert: Hat er gleich Kriegs-Raht gehalten / und / am 14. Sept. (1532.) um sechs Uhren / gegen Nacht / den Philipp / Herrn zu Oberstein / wie auch den Sebastian Schertlin / mit neun Fähnlein Knechten / samt den Hülff-Völckern deß Reichs / ausgecommandirt / deß Feindes Lager zu besichtigen / und / wofern es sich schicken wolte / demselben einzufallen: Doch also / daß sie die Stunde deß Einfalls ihm / dem Pfaltzgrafen / zeitlich andeuten lassen / und dabey die Sache dahin richten solten / daß sie den Feind seinem Kriegs-Volck in die Hände jagten. Diesen Anschlag begünstigte das Glück. Denn die Ausgecommandirte überfielen den Feind gegen bestimmte Tags-Zeit / hieben bey die Tausend nieder / und brachten die andern zur Flucht. Vor solchem Angriff aber / liessen sie dem Pfaltzgrafen wissen / daß sie anfallen wolten: Daraus urtheilte dieser / der Feind würde seinen Zug auf Leuersdorff nehmen; machte sich derhalben / am 19. Sept. vor Tage / auf / mit zwey tausend Kürissirern / und zwölff tausend Fuß-Knechten / und setzte sich damit / unter dem Gebirge bey Leuersdorff / woselbst man den feindlichen Durchbruch vermutete: Welche Vermutung auch nicht fehlete. Denn wie es ungefähr um sieben Uhr auf den Tag war; brach der andre Türcken-Hauffe / welchen Cassan Beg selbst führte / bey dem Starnberger-Thal / heraus / und stieß / wiewol ungern / auf den Pfaltzgrafen: Der seiner / in guter Ordnung wartete. Dieser schenckte ihnen / zum Ersten / einen unfreundlichen Morgen-Gruß / aus dem Geschütz: Dagegen ihrer viele sich so tieff bücken musten / daß sie sich nimmer wider aufrichten kunten / sondern zur Höllen sancken. Dessen erschracken die übrigen gewaltig: Und damit dergleichen tödtliche Grüsser sie nicht auch treffen möchten; nahmen sie gleich die Flucht nach dem Gebirge zu; musten dennoch eine ziemliche Anzahl / dem Schwert zur Speise / hinterlassen. Denn der Pfaltzgraf henckte die Renn-Fahnen deß Reichs / samt den Schützen / und denen / ihnen zugegebenen / Husaren / wie auch etliche hundert Musquetirer / behend an sich; und setzte ihnen damit nach / biß in die vier Meil-Wegs. Unter solchem Nachjagen stiessen ungefähr zu ihnen die voraus gecommandirte Reuter deß Catzianers / samt Herrn Hanns Ungnad / dem Land-Hauptmann in Steyer; daher der Feind desto stärcker angegriffen ward. Wie es nun weiter abgelauffen sey / wollen wir zu forderst / aus dem Isthuanfio / vernehmen. Dieser berichtet / der Cassan / nachdem er / bey Starenberg / [194] die Pfaltzgräfliche Truppen vor sich gesunden / samt dem Geschütz / wovon er / erst-erzehlter massen / so übel geputzt / und in die Flucht geschlagen worden / habe zuforderst / um desto freyer und unverhinderter zu fechten / die grausame Ordre gegeben / daß man mehr als vier Tausend Gefangene / beyderley Geschlechts / solte niedersebeln; demnechst aber die Völcker in zween Hauffen getheilt / und den einen seinem Collegen / dem Peruis Beg, zu führen / untergeben: Welcher doch kein bessers Glück / als er selber / gehabt / sondern / mit seinem Heer / von den Spanniern und Teutschen erschlagen worden: Er selbst / der Cassan / habe um Mitternacht / seinen Zug fortgesetzt / und deß Morgens frühe / als die aufgehende Sonne / den dicken Nebel / so aus den nechsten Pfühlen und Morästen hervorgestiegen / durch ihre warme Strahlen vertrieben / gleich wargenommen / daß der Pfaltzgraf / mit geordneten Heer-Spitzen ihm vorwartete. Worauf er denn gleich / wie ich vor berichtet habe / mit Stücken complimentirt / und flüchtig gemacht worden / zu grossem Verlust der Seinigen: Sintemal derselben nicht allein viele / durch den Canon-Blitz / aus dem Sattel geschlagen; sondern auch die übrigen / aus Furcht und Schrecken / in die nechste Morast-Pfützen gerahten / und Theils / samt den Pferden / darinn versuncken / Theils / nach Absteigung von den Pferden und Wegwerffung ihrer Schilden / mit flüchtigem Fuß zu entrinnen sich bemüht / dennoch aber / denen nachsetzenden Pfaltzgräfischen / herhalten / und / wie im Garn befangene Thiere / sterben müssen / biß auf etliche Wenige / so entflohen. Cassan / ihr General / hat lieber / unter den Sterbenden seyn / als den Teutschen lebendig in die Hände kommen wollen; deßwegen auch vortrefflich-tapffer gefochten / biß ihn die Kürissirer / wiewol nicht ungerochen / zu Boden gefället. Seine / aus einem Geyer-Flügel formirte / mit Gold und Edelgestein bezierte / Feder / so sich / bey anspielendem Winde / herumzudrehen pflag / ist dem Käyser / vom Pfaltzgrafen / offerirt und damit sein Tod versichert worden. Nachdem die übrige Türcken gesehen / daß ihr General / und der grössere Theil ihrer Lantz-Genossen entweder von dem Schwert der Teutschen / oder in dem Morast / umgekommen; haben sie desselben Obristen Leutenant / den Osman Aga / zu ihrem Führer gewählt / der sie / zu dem Suldanischen Haupt-Lager / dessen Heimzug ihnen unbewust war / bringen solte. Diesen seynd / deß andern Tags / Obrister / Ludwig Ladron / mit seinem Teutschen Regiment zu Fuß / und Marggraf Joachim von Brandenburg / mit zwey Tausend Kürissirern / entgegen kommen / und ihrer leicht Meister worden: weil ihre Pferde / von langem Hunger / und Marschiren / Krafftlos gewest / und kaum mehr stehen können; sie selbst auch / die so übel / nunmehr-berittene Reuter / ihrer gewöhnlichen Lantzen ermangeln musten / als die ihnen / bey so weitem Umschweiff / durch Pusch und Gebürge / hie und da an den Bäumen / zerbrochen und zertrümmert waren / und derhalben nun / wie das Vieh / geschlachtet wurden.
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Als die Ladronische und Marggräflich-Brandenburgische Völcker sich ihres barbarischen Bluts gnugsam erfättigt hatten; sam̅lete sich der zerstreute und flüchtige Uberrest wiederum / bey dem Gefilde / zwischen denen Städtlein Baden und Draiskirchen: Und da er nunmehr / nach Uberstrebung vieler Mühseligkeit und Gefahr / die Sicherheit gewonnen zu haben vermeynte / solchem nach die Rosse auf die Gras-Weide führte; wurden sie / von dem Cazianer / als Commendanten der Stadt Wien / wie auch Grafen Niclas von Thurn / imgleichen von Grafen Wolff von Montfort / und dem Gregor von Losenstein / mit drey tausend Reutern / unversehens überfallen / und allenthalben erwürgt. Ein Theil unter ihnen fiel im Gewehr und fechtender Faust: Ein Theil versuchte / auf seinen / zur Arbeit / und geringem Futter / gewöhnten Pferden / zu entfliehen. Aber diese Letzte flohen nur in ihr Verderben: Dann die Ungarische Husaren / als ihre rechte Barbirer / kamen ihnen unvermutlich / mit ihren krummen Scheermessern / den Sebeln / über die Hauben / und setzten in sie / mit hefftiger Furi / aus einem Hinterhalt; indem / von vornen / die Gebrüder / Paul und Peter Baquitz / von hinten zu aber Valentin Türck / Balthasar Banfi / Frantz Niari / samt andern Officirern mit der leichten Reuterey / auf sie los giengen. In diesem Streit / hat der Paul Baquitz insonderheit seine Tapfferkeit blicken lassen: Indem er den Obersten der Feinde / nemlich den Osman Aga / welchen er / an der Feder / und übrigen Mundirung / von fernen erkant / mit einer Lantzen vom Pferde gerant / und mit einem langen Sattel-Dolchen geschwind erstochen / auch hierauf demselben so wol seine / von Gold und Edelgestein schimmrende / Waffen / als sein / mit Gold und Silber prächtig-geschmücktes / Pferd / abgenommen. Vom Valentin Türck / und den andern Ungarischen Kriegs-Befehlhabern / wurden die Uberbleibsel dieses / drey- oder viermal getrenneten und geschlagenen Türcken-Heers vollends aufgerieben / und zwar so vollkömmlich / daß / aus funffzehen tausend / kein einiger davon kam / der seinem Volck hätte die Zeitung bringen können / wie es den übrigen wäre ergangen: Ausbenommen diejenige / so von den Ungarn gefänglich angenom̅en / und nach langem Verhafft / von den Ihrigen / geranzionirt worden. Wobey dieses insonderheit Isthuanfius für denckwürdig achtet / daß schier alle Soldaten aus unterschiedlichen Völckern / so dem Käyserlichen Heer-Lager zugezogen / dieser Ehre und Victori theilhafft worden / und derselben wol genossen. 37 Nechst dieser Isthuanfischen Erzehlung / fahre ich weiter fort / in der unterbrochenen Megiserianischen Beschreibung / daraus ich die erste / von dieser Türckischen Niederlage entliehen; und heffte dieselbe darum bey an / weil sie / an den Umständen / und der Ordnung / von deß Isthuanfii seiner / in vielen Stücken / unterschieden / oder vermehrt befunden wird.
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Laut derselben seynd / nach Ankunfft der Cazianerischen Reuterey / bey die acht tausend Türcken / und was weiter hinein ins Gebirge entrunnen / oder von dannen heraus getrachtet / durch Marggrafen Joachim / welcher den Paß an der Leita verwahrete / erlegt worden. Wobey sowol die Türckische Haupt-Fahn / als der General Cassan / verloren gangen; dieser aber / mit einem grossen eisernen Faust-Hammer lange gefochten / damit seine Reuter möchten Platz gewinnen / davon zu kommen. Derselbige hat / wie dieser Author / Megiserus / in seiner Kärnterischen Chronic / berichtet / den vorgedachten güldnen Geyer-Flügel / auf einem verguldten Helm / geführt; an welchem Flügel / eine schöne Straussen-Feder gehangen. (Jovius nennet es plumei veli mappulam ein Tüchlein von einem Federnem Fähnlein / welches mit dem Winde gespielt / und sagt / der Geyer-Flügel sey in einer güldnen Scheide gesteckt / das ist / mit Gold unter eingefast gewesen.) Mitlerzeit (schreibt Megiserus) haben zwo Rotten / hinter Wien / an der Steyrischen Seiten hinauf nach St. Pölten gestreifft / und viel Schadens gethan: Die auch noch ungleich mehr Bluts vergossen hätten / dafern nicht das Volck vor seiner Ankunfft / mehrentheils wäre davon geflohen: Angemerckt / der Paul Waquitz durch eine Feuer-Losung / es gewarnet / daß der Feind im Anzuge wäre. Wieder selbige Truppen / hat man neun tausend Italiäner und Spannier / von denen / so damals um Krems gelegen / ausgeschickt: Welche aber den Feind / um eine gantze Nacht / nicht erreichen mögen. Indem ist der Türck / (nemlich der Suldan) mit dem gantzen Heer / gen Grätz kommen / und hat / nicht weit von dannen / sein Lager geschlagen sc. Wie solcher sein Zug dem Cazianer verkundschafftet worden / hat derselben gebeten / man möchte ihm tausend Pferde / von den Reichs-Völckern / zugeben; auch sonst vierhundert Oesterreichische / nebst etlichen Steyrischen Reutern / an sich gezogen; überdas auch noch zwey Fähnlein Knechte / und den Paul Waquitz mit seinem Husarischen Truppen; biß er sich ungefähr drey tausend Mann starck befunden. Womit er dem Türcken nachgezogen; doch demselben nicht füglich beykommen mögen; sondern / neben seinem Lager / in der Nacht / Grätz erreicht. Von dannen hatte sich der Waquitz / mit seinen Husaren / und etlichen Cräinern / als mit dem Herrn / Georg von Aursberg / und dem Reichenberger / ingeheim hinaus gemacht / und einem hohen / mit Holtz bewachsenen / Berg / da er nicht leichtlich mochte gesehen werden / und unter welchem das Türckische Kriegs-Heer vorüber ziehen muste / eingenommen. Wie nun der stärckste Hauffe vorbey / und allein der Nachzug / darinn / nach Türckischer Gewonheit / das streitbarste Volck marschirt / noch hinterstellig war: Theilte er seine Leute / ließ die / so am leichtesten beritten / zu ersthinab- und einfallen. Was diese / in der Eile erwischten / das muste den Schopff quittiren / und in die Erde beissen. Die übrige aber / welche keinen so leichten Ritt thun kunten / schickte er hintennach: [197] um die jenige vollends caput zu machen / so von den Vor-Truppen nur beschädigt worden. Solcher Gestalt hat er / durch Göttlichen Beystand / etliche hundert erwürgt / ist auch endlich selbst / an den Obersten Bassa / in einen Kampff gerahten / hat ihn unters Pferd gebracht / und / weil er sich nicht gefangen geben wollen / getödtet / ihm seinen gantz grauen Kopff genommen / und selbigen hinein gen Grätz gebracht. Derselbige Bassa soll dem Solimann so lieb gewesen seyn / daß die Gefangene gesagt / er würde weinen / wenn er es hörte / und lieber zwantzig tausend Mann verlohren haben. Gedachter Bakitsch Paul hat auch / bey solchem Anfall deß Nachzugs / viel köstliche Türcken-Bündte / gelbe Sättel / und Zäume mit Edelgesteinen geziert / überkommen. Seine Husaren seynd gleichfalls / mit reicher Beute beglückt; doch etliche auch erschlagen / und viele verwundet worden. Wenn diesem Megiserischen Bericht sicher zu trauen; so müste vielleicht Isthuanfius geirrt haben / indem er diese Handlung deß Paul Waquitz / zu der Action gerechnet / so mit denen eingehalten und wider zum Stande gebrachten Türcken / von deß Cassans fliegenden Armee / vorgegangen: Sintemal dieser Einfall deß Waquitz auf den Nachzug der Solimannischen Haupt-Armee / wie die Umstände dieser letzten Beschreibung anzeigen / geschehn / und der Bassa / welchen der Waquitz erlegt hat / allem Anblick nach / eben der jenige Osmann Aga seyn müste / von welchen Isthuanfius redet. Jedoch kan ich nicht gut dafür sprechen / daß nicht eben so leicht / und noch wol leichter / hierinn der Megiserus betrogen worden. Denn es beglaubt nicht allein eben sowol Jovius / daß der Waquitz Paul / in den Uberrest deß vom Pfaltzgrafen geschlagenen / und sich dennoch wiederum von Neuem wehrenden Türcken-Hauffens / von einem Berge herab eingefallen: Sondern es will auch fast der Vermutung entgegen lauten / daß der Waquitsch sich erkühnt haben solte / dem Solimann in seinen Nachzug einzubrechen: Sintemal dieser ohne Zweiffel viel stärcker gewest / als daß er ihn nicht leicht solte zuruck getrieben haben. Ich lasse es aber endlich im Mittel beruhen / welcher Relation hierinn am meisten zu glauben sey: Zumal wenn ich bedencke / daß Isthuanfii und Jovii Bericht / in dieser Beschreibung / nur gleichsam / für einen zu achten: Weil jener / den Seinigen aus dem Jovio genommen / und darnach mehrentheils (wenig Umstände ausgestellt) eingerichtet hat. Zudem beschreibt hernach Megiserus noch erst eine Rencontre, so der Cazianer / mit dem flüchtigen Hauffen / welchen Jovius und Isthuanfius meinen / gehabt. So kan es endlich auch noch wol möglich seyn / mit einem leichten Truppen einer starcken Armee vortheilhafft in den Nachzug zufallen: Derhalben mag vielleicht Megiserus noch wol Recht haben. Dieser meldet auch nicht nur von einem Treffen / sondern von zweyen / so der Pfaltzgraf mit denen Türckischen Raub-Hauffen / gethan haben soll: Wie bald hiernechst angezeiget wird. Denn ich sein übriges hiemit hinzu thue.
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Weil diß (schreibt er) um Grätz geschehen / hat der Bischoff von Laibach / mit etlichem Regenten / (soll vielleicht Regimentern heissen) zu Wien / und wenig Spanniern / die eine streiffende Rotte / davon oben Meldung geschehen / (von welcher nemlich dieser Author oben gesagt / daß sie hinter Wien nach St. Pölken / gestreifft 38) etliche tausend starck / angetroffen. Woselbst die Spannier mit ihnen zu scharmiziren angefangen / aber grossen Schaden genommen / und ihrer bey funfftzig geblieben / die andre wieder zuruck gezogen / und um Hülffe geschrien. (Hievon wird hernach ein ausführlicher Bericht erfolgen.) Darauf hat man Marggrafen Joachim / mit den Reutern deß Sächsischen Kräyses / denen etliche Böhmen und Husaren / auch etliche Fähnlein Knechte / nach gefolget / jenseit der Neu-Stadt geschickt. Deß andren Tages / ist der Obrist (wodurch vermutlich der Pfaltzgraf / als General Obrister / gemeynt wird) mit allen hinterstelligen Reutern / und Knechten / biß auf sechs Fähnlein / gefolgt / und bey Leuersdorff / ungefähr sechs Meilen von Wien / das Lager geschlagen worden. Inzwischen empfängt auch der Cazianer / welcher mit den Seinigen / von Grätz / wider nach der Neu-Stadt gezogen war / Kundschafft / daß jetztgemeldter Türcken-Hauffe / auf Grätz / zu dem Heer-Lager / gedencke. Weil ihm aber wol bewust / daß sie nicht / so unbesprochen / dahin zugelangen vermöchten / indem alle Wege und Päß verhauen waren; sondern nohtwendig / durch eben denselbigen Weg / welchen er genommen hätte / ziehen und derhalben unumgänglich auf ihn stossen müsten: ruckte er / in gerüsteter Ordnung fort / ihnen entgegen. Und da er nahe an sie gekom̅en war; gingen ihnen die Husaren in die Seiten. Unterdessen kamen die andern mit ihnen zum Streich / und wurden sie also / von unterschiedlichen Orten / so scharff / angegriffen / daß ihrer drey tausend erwürgt / die übrige aber zerstreuet / und von den Bauren eintzeler Weise / erschlagen worden; solchem nach / ihrer Wenige / oder wol gar keiner davon gekommen. Gleich denselbigen Tag / hat der Pfaltzgraf die andre Rotte / so sieben tausend starck war / und sich gegen Ungarn gewendet hatte / mit einer Armee von zwantzig tausend Mann / bey dem Schloß Emtzfeld / angetroffen / und wie sie aus einem Walde herausgezogen / und ungefähr noch zween Aecker weit von unserer Armee gewest / das Geschütz unter sie gehen lassen. Darüber seynd sie zur Seiten hinaus geprellt / auch ihrer etliche wider in den Wald geflohen. Gleichwol hat GOtt Gnade gegeben / daß ihnen der Fahne genommen / und ihrer / diß Orts / in vier tausend sitzen blieben. Die übrigen seynd gleich / auf den Marggrafen / Joachim / geflohen: Da ihrer dann auch / über tausend / umgekommen / zum [199] Theil auch / auf den Bäumen / darauf sie von den Pferden / gestiegen waren / erschossen worden / und der Rest / unter die Discretion der erbitterten Bauren / gerahten. (Wiewol ich sehr in Zweifel stehe / ob Megiserus allhie nicht / aus einem / Zwey-Treffen / mache / und dieses letzte Pfaltzgräfliche eben das jenige sey / welches er schon vorhin Anfangs / bey Leuersdorff / oder Leopoldsdorff / unter dem Gebirge / beschrieben.) Man hat ihnen auch / wie er ferner meldet / bey fünffhunder Christen / Weiber und Kinder / welche mehrentheils beschädigt gewest / und über drey tausend Pferde / samt vielem Plunder / abgedrungen. Sie haben sich aber männlich und hart gewehrt / auch die Spiesse und Schwerter der Unfrigen / wenn sie schon ihnen im Keibe gesteckt / ergriffen / zerbrochen / und damit die Pferde gestochen / wodurch viel gute Rosse dem Cazianer / dem Matthias von Schulenburg und andern / verderbt worden. Sonst seynd von unsern Leuten / nicht über zehen / todt geblieben: Doch viele verwundet: ausgesetzt obberührte Spannier. 39 Da nun Suldan Solimann / durch das blosse Gerücht deß Römisch-Käyserlichem Anzugs / wie ein reissendes Thier durch den Geruch deß Jägers / aus Ungarn wider zuruck getrieben worden; gieng Gritti im Jahr 1534. wiederum / mit 2000. Reuslern / und tausend Fuß-Knechten / nach Ungarn / und ließ den Siebenbürgischen Land-Pfleger Cibacum / der ihm Ehren halben / ohn Besorgung einiges Ubels / entgegen kam / wider gegebenes Geleit / erwürgen. Hierauf zogen deß Cibaci nechste Freunde / und andre Siebenbürgische Herren / eiligst einige Völcker zusammen / und belagerten ihn in der Stadt Medgyes (oder Medwesch) welche Stadt sie endlich auch einließ. Da wurden seine Türcken allesämtlich nidergemacht; Gritti aber / nebst seinen beyden Kindern / gefangen / und zugleich nunmehr der weitschweiffende Hochmut dieses ehrsüchtigen Bastards gehefftet. Er war / von Constantinopel / ausgezogen / Ungarn / als ein Reichs-Gubernator / dem Könige Johann zum Nachtheil / zu regieren / das ist / zu verderben / unter dem Schein dasselbe in einen sicheren Stand zu setzen; und wuste nicht / daß er selber dem Verderben entgegen eilete. Einer aus den Siebenbürgischen Herren / Namens Mailath, ließ ihm / gleich deß andern Morgens frühe / die Arme abhauen; hernach / um den Mittag / die Füsse; und zu Abends / den Kopff. Die Siebenbürgische Herren / und Freunde deß Cibaci tauchten ihre Kleider in sein Blut / zur Gedächtniß der geübten Rache. Seine zween Söhne unter welchen der ältere / zum reichen Priesterthum zu Erla / bestimmt war / überantwortete man den Moldauern / welche alle beyde ums Leben gebracht. Da empfing die Welt ein Schau- und Lehr-Spiel / was die Aufwieglung deß allgemeinen Christen-Feinds endlich für einen Lohn zu [200] hoffen habe. Wiewol derselbe denen / welche allhie nicht davor bezahlt werden / dort desto schwerer und unendlich bevorsteht. Im Jahr 1530. ist auf Vermittlung Käysers Caroli / abermal ein Vergleich getroffen: Dabey etliche Gespannschafften dem Erben deß Johannis übergeben worden. Welche nachmals / in Siebenbürgischer Gewalt verblieben; daher auch die Siebenbürgische Fürsten angefangen / sich deß Titels der Herren über einige Theile von Ungarn anzumassen; da Siebenbürgen vor dem sonst ein Stuck von dem Königreich Ungarn / und dem Könige unterworffen war. Nach solchem Friedens-Schluß / beschloß König Johannes eine Heyrath / mit Königs Sigismundi in Pohlen Tochter / Isabella / und nachdem ihm dieselbe einen Sohn geboren / gleich darauf sein Leben / im 53. Jahr seines Alters. Hierauf setzten etliche Ungarische Herren / wider den Vergleich / welchen König Ferdinand / mit dem Johannes getroffen hatte / dem Säuglinge / gleich bey seiner Tauffe / die Krone auf / und gaben ihm den Zunamen Stephani / zum Gedächtniß deß alten und heiligen Königs Stephani: Dem aber dieser gar nicht nachgeartet: Weswegen man ihn nur ins gemein hernach Johannes genannt. Ferdinand wolte hierauf seinem Recht gemäß / das Reich für sich einnehmen / bemächtigte sich unterschiedlicher Oerter / und belägerte Ofen. Darum rieff die darinn befindliche Königliche Witwe den Groß-Türcken um Hülffe an. Welcher den Bassa Mahomet voraus schickte; der den General Rogendorff auf- und davon wegschlug. Solimannus folgte nach / ließ seine Mord-Engel / die Tartarn / voraus gehen / und das Land um Gran / Neutra und Weissenburg / erbärmlich zurichten. Eine grosse Menge Gefangenen / so ihm die Befehlhaber verehrt hatten / muste man vor seinen Augen / nidersebeln. Nachmals begehrte er / unterm Vormand der Vormundschafft / die König in solte ihm ihren Sohn / als seinen Pfleg-Sohn / heraus ins Lager schicken. Welches sie / nach langem Zweifel / endlich zugab / auf die schöne Worte deß Obersten Bassa über die Chiaussen: Welcher sagte / sie solte sich keines Widrigen befahren; der Suldan verlangte nur / den Kleinen zu sehen und zu küssen. Es begleiteten denselben viel fürnehme Ungarische Herren. Das Kind ward / vom Suldan / gantz leutselig empfangen / auch die Warterinn desselben / von seiner eigenen Hand / mit etlichen guldnen Pfenningen / beschenckt. So ließ er auch die Ungarische Herren stattlich tractiren (Ofen war noch wol eine Malzeit werth!) unterdessen aber / durch den General der Janitscharen / die Stadt mit Listeinnehmen; und schickte die Königin / samt ihrem Sohn / nach Siebenbürgen / welches er ihnen zueignete. Seit dem ist Ofen Türckisch. Wiewol nunmehr gehoffet wird / daß es bald unser sey. Lacus / der sich hernach auf Ferdinandi Seiten gewendet / ist von demselben zum Solimann / gen Constantinopel / abgefertigt; aber daselbst ins Gefängnis gestossen: Und nachdem er / wider erledigt / in Pohlen reisete / starb er / von dem [201] langsamen Gifft / welches ihm die Türcken / in Milch / hatten beygebracht; zu billiger Danckbarkeit und Vergeltung / daß er / durch seinen verfluchten Raht / ihnen das grösseste Stück deß Königreichs Ungarn / in ihren Gewalt gespielt hatte.
König Ferdinand / der damals / von seinem so mächtigem Herrn Brudern / Carolo / keinen Beystand erhalten kunte; weil derselbe / mit der Unruhe in Teutschland / gar zu sehr beunmüssiget war; versuchte / beym Soliman̅o / eine Friedens-Handlung; ward aber gar zu unbillig und hochmütig beantwortet. Unterdessen wütete das böse Thier / ohne erklecklichen Widerstand / immer fort / und schlug seine scharffe Klauen je länger je tieffer ins Reich. Eine Stadt ging / nach der andern / fort: Und die Gefangene Soldaten wurden grausam tractirt. Zu Stuhlweissenburg ließ er 500. tapffre Männer ausschneiden / ihnen auch das Haar glatt wegscheren / und sie hernach durch Griechenland zerstreuen / zum Gezeugniß seiner Victorien. Die übrige Uberwundene musten / auf einer Ebne / unfern von besagter Stadt / zusammen kommen / mit gemachter Hoffnung / als wolte er sie daselbst in seinen Schutz aufnehmen. Als sie nun allda / in ihrer gewöhnlichen Kleid- und Rüstung / erschienen; beschauete er sie eine Weile / und sonderte etliche der Stärcksten daraus: die übrigen ließ er Theils niederhauen; Theils den Pfeilen / zum Ziel stellen; sonderlich seinen beyden Söhnen: Welche certiren musten / wer den Gauren (oder ungläubigen Hunden) die tieffste Wunden könte geben. Nach vielem Blutstürtzen / verwilligte er (im Jahr 1547.) einen fünffjährigen Stillstand. Im Jahr 1552. begab sich die Königliche Wittiwe der Kron: welche hierauf / zu Preßburg / dem Ferdinand / nebst Siebenbürgen / und Nider-Ungarn / überlassen ward. Wiewol Solimann solches übel empfunden / und deßwegen wiederum Siebenbürgen / mit seinen Waffen / heimgesucht. Weßwegen Ferdinandus dem Tyrannen seinen Willen thun / und dem Fürsten Johann Siegmund Siebenbürgen wider abtretten muste. Darnach erfolgte ein achtjähriger Friede. Indessen ließ Käyser Ferdinand seinen Sohn / Maximilian / den König in Böhmen / zu Franckfurt zum Römischen Könige krönen: Auf welchen Krönungs-Tag Bußbequius / mit einem Türckischen Dragoman / anlangte: der dem Käyser ein Stillstands-Patent überlieferte. Bald darauf ward Maximilianus zu Preßburg / zum Ungarischen Könige / gekrönet; wie auch / nechst-folgenden Tags / dessen Gemahlin / die Königin Maria / zu einer Königin in Ungarn: Deren man eine eigne und besondre Kron aufs Haupt / die alte Ungarische Kron aber auf ihre rechte Schulter / setzte: Gleich als wolte man damit andeuten / sie würde ihrem Gemahl / dem Könige / die Last der Regierung helffen tragen. Merckwürdig ist / daß ein Türckischer ertzverwegener Rittmeister / Namens Caralicocy, als ihm ein Ungarischer Han [202] delsmann erzehlete / wie König Maximilian / nebst andren Ceremonien / bey seiner Krönung / das blosse Schwert gegen die 4. Theile der Welt geschwungen / aus Spott / wiewol im Rausch seinen Kopff / mit einem leinen Tuch / verbunden; und als die / so ihm begegneten / fragten / warum er den Band um den Kopff trüge / possirlich geantwortet / der neue König in Ungarn hätte ihn verwundet. Womit aber der Spötter ihm selber sein Unglück geweissagt. Denn er ist nachmals / von einem Rittmeister Maximiliani / Namens Valentin / im Zweykampfs / getödtet. Unlang hernach / nemlich im Jahr 1564 ward Käyser Ferdinand / mit der Unsterblichkeit / befriedigt. Darauf bechrte Suldan Solimann den nunmehr Röm. Käyser Maximilian / mit einem Beklag-Schreiben / darinn er / nebst Bezeugung seines Mitleidens / wünschte / der Allerhöchste wolte die Stele deß Verstorbenen / nechst Erlassung aller Sünden / in sein ewiges Paradeiß versetzen. Hiebey versprach er auch den Frieden zu unterhalten; doch nach den Bedingungen / darauf er wärt geschlossen: Nemlich / daß man ihm die Geschencke senden solte. Hiernechst erregte der unruhige Fürst in Siebenbürgen / Johann Sigismund / einen neuen Krieg; belagert und eroberte etliche Städte. Weßwegen der Käyserliche Feld-Marschall / Lazarus von Schwendi hinein ruckte / und Tockay / nebst andern Plätzen / (im Jahr 1565) wegnahm. Darum / gleichwie die Siebenbürger bißhero / indem Käyser Maximilian sich so wenig zu einem Kriege mit behöriger Ausrüstung / als zu der Ursach deß Kriegs / nemlich deß unverhofften Fried-Bruchs / versehen hatte / den Kopff sehr hoch getragen: also liessen sie nunmehr / da sie den Käyser recht in den Sattel gebracht / und so manchen Haupt-Ort verlohren / die Flügel hencken. Nichts destoweniger gefiel dem Käyser / um zu verhüten / daß Solimannus seine Drohungen nicht / durch einen neuen Einbruch / bestetigte / vermittelst dieser Vorschläge / mit ihnen den Frieden wiederum zu ergäntzen: Erstlich daß dem Johann Sigismund Siebenbürgen verbleiben; aber / nach seinem Erb-losen Tode / wiederum auf den Käyser / und dessen Erben / einen Ruck-Fall thun sollte: Die Landschafft Bihar / und Waradein / solte er / Lebens-Zeit / behalten; hingegen das Munkatzische Gebiet / nebst Hust / und denen Saltz-Gruben / samt dem gantzen Marmarusio / alsofort dem Käyser wieder überlassen: Deß Königlichen Titels solte er sich enthalten / und andre fürnehme Titeln / so der Käyser ihm geben würde / [203] führen: Deß Käysers Schwester / Johanna / welche ihm schon offt bißhero zugesagt worden / solte er zur Gemahlin bekommen. Aber dieses Friedens-Band war kaum geschlungen / als es gleich wiederum zerrissen wurde. Weßwegen die Türckische Auxiliar-Völcker ihre feindliche Handlungen fortsetzten / und das Castell Cruppa / so in Croatien / zwischen Novigrad und Cammergrad / an dem Fluß-Huna gelegen / belägerten. Die darinn ligende Besatzung wehrte sich tapffer: Und dem Feinde begunte es an Pulver und Bley zu gebrechen. Doch schaffte er hiezu endlich Raht / und ließ / theils durch Schmiede / theils durch die Zigeiner / viel eiserne Kugeln machen / imgleichen viel / am Ufer der Una gelesene runde Steine mit Bley überziehen / und beschoß also den Ort von Neuem hefftig. Der zwar um Entsatz / aber vergeblich / anhielt. Indem also die / nahe dabey stehende / Christliche Armee / Schwachheit halben / weil der offt darum begrüste von Auersberg keine Verstärckungs-Truppen schickte / auf die Türcken loßzugehen sich nicht getraute / wurden endlich die Türcken / durch Feuer-Einwerffen Meister / und alle die im Schloß befindlich / samt Weib und Kindern / zusehens deß Christlichen Kriegs-Heers / nidergesebelt. Isthuanfius wirfft die Schuld auf besagten von Auersberg: Welchen aber Megiserus / in der Kärnterischen Chronic / eutschuldigt. Hingegen überfiel / kurtz hernach / der von Erdöde die Türcken / und schlug mit einem geringen Hauffen / ihrer siebenzehen tausend in die Flucht. Hiedurch ward endlich Solimannus wiederum mit ins Spiel gezogen. Doch ließ er Anfangs dem Siebenbürg. nur einige Auxiliar-Völcker noch zu Hülffe gehen. Weil aber Käyser Maximilian Tockay dem Siebenbürger nicht wieder abtreten wolte / auch etliche Jahr hero das gewöhnliche Present aus geblieben war: kündigte er dem Käyser wiederum den Krieg an / nachdem er denselben / in einem / zu Pferde gehaltenem / Kriegs-Raht / hatte beschlossen; dergleichen zu Roß gemachte Schlüsse nicht kunten geändert werden. Er gieng abermal persönlich zu Felde / nahm verschiedene Oerter weg / und belägerte endlich den gewaltig-festen Ort / Sigeth: Da der Tod diese Geissel der Christenheit hinweg nahm: Denn er starb daselbst / im Lager: Wiewol dieser feste Ort dennoch / durch Feuer / überwältigt worden / als man schrieb 1566. Mit seinem Nachfolger / Selim / hat Maximilianus einen Stillstand / auf acht Jahre / getroffen.
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Weil nun / seit Solimanns Zeiten / die Käyserliche Ansitz-Stadt Wien / von keinem Feinde / weiter angegriffen worden (denn den Anschlag / welchen / im Jahr 1619 der Graf von Thurn / wider sie vorgehabt / achte ich für keine Belägerung) sondern / im verwichenen 1683. Jahr aller erst / Mahomet der Vierdte / durch seinen Groß-Vizier / sich wiederum gar scharff an sie erkühnet hat: lege ich / bey gemeldtem acht-jährigen Stillstande / meine Feder hiemit nider / und lasse die beygedruckte / durch einen Andren verfertigte / ausführliche Beschreibung von der jüngsten Belägerung / reden.

Etliche / in Eil bemerckte / Druck-Fehler.
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PAg. 4. z. 8. infra f. allgemeine l. ungemeine. Pag. 6. z. 5. f. lautete l. lautet. Pag. 9. z. 10. f. Hernolai l. Hermolai. Pag. 185. z. 5. f. Irini l. Pereni. (NB. Pag. 183. und seqq. sind etliche Sätze versetzt: Und soll der Satz Pag. 185. wie übel und ungehalten sc. nebst allen folgenden Sätzen oder Paragraphis, biß zu dem Pag. 188. §. Als nun Solimann unmittelbar folgen nach der zwantzigsten Zeilen / Pag. 183. Aber nach der 7. Zeilen Pag. 188. soll allerest folgen der zweyte §. Pag. 183. welcher anhebt mit der ein und zwantzigsten Zeil / Indessen setzte Suldan Solimann sc. und so lieset man sort biß zu dem §. Wie übel und ungehalten Pag. 185. Hernach folgt Pag. 188. der zweyte Paragraphus. Als nun Solimann sc. und so gehn hernach die übrige Sätze alle nacheinander richtig fort.) Pag. 185. z. 5. lesch aus das Wort Lauffen. Pag. 189. z. 1. f. Bedingunge l. Bedingungen. Die übrige Fehler beliebe der geneigte Leser selbst zu ersetzen. Folget nun hiernechst die neueste Türckische Belägerung im Jahr 1683. samt dem denckwürdigen Entsatze / durch M. M. S. beschrieben.
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I. N. D.

Ausführ- und gründliche Erzählung
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dessen / was sich vor würklicher Belagerung der Käiserlichen Haupt- und Residenz-Stadt Wienn in Oesterreich / Im Jahr Christi M. DC. LXXXIII. zugetragen. SO bald in dem Käiserlichen Läger vor Neuhäusel sichere Kundschafft eingelauffen / daß der Türkische Groß-Vezier / Mustapha Bassa / mit seiner völligen / in hundert und sechzig tausend streitbarer und bewehrter Mannschafft bestehenden Armee / von Ofen / mit schleunigem Anzug sich immer weiter heraufwärts näherte; sind Ihro Hoch-Fürstl. Durchl. der Herr Herzog von Lothringen / nach aufgehobener Neuhäußler Belagerung / demselben die Spitze zu bieten / mit der Käiserlichen Macht / ihme eilend entgegen gezogen: Verstärkten zuvorderst die Besatzungen zu Comorra und Raab / damit solche / auf den Fall einer vermuthlichen Belagerung des Erbfeinds / zu tapferm Widerstand möchten gewachsen seyn; und bedeckten einer Seits mit der Käiserlichen Armee die Vestung Raab / nach bästem Vermögen. Konten aber dannoch / aus Mangel genugsamer Mannschaft / nicht verwehren / daß nicht die Türken / welche sich nunmehr mit grosser Heeres-Kraft jenseits des Wassers Raab gesetzt / und mit dem Säbel in der Hand ein und andere avancirte Posten zu erobern versuchten / über solchen Fluß einige Brücken geschlagen hätten / darüber die meisten Bassen mit fliegenden Fahnen den freyen Paß in die Insel (in welcher sie mit Feuer und Schwerdt grausam gewütet) gefunden. In dem nun beede gegeneinander ligende Armeen / nicht weniger feindselige / als wachtsame Augen auf einander hatten / detachirte der Feind endlich ein Corpo von etlich tausend Mord-brennenden Tartarn / welches gegen Oesterreich avancirend / zu St. Gothard über die zu ihrem grossen Vortheil unabgeworffene Brücke gegangen / hernach durch die in etwas seichtere Raabnitz geschwommen / zwischen Stein am Anger / Güns und Oedenburg fortgeschlichen / letzlich aber auf den Neusiedler See plötzlich zugestürmet und eingefallen / alle umligende Flecken / [2] Dörffer / Schlösser / und Mauren-lose Städtlein in Brand gesteckt / und jämmerlich verwüstet / auch viel tausend Christen theils niedergesäbelt / theils aber in elende Dienstbarkeit fortgeschleppet. Dessen dann Ihro Hoch-Fürstl. Durchl. der Herr Herzog von Lothringen / eilfertigst benachrichtiget / sich / in nicht geringer Gefahr / vom Erbfeind umringet und eingeschlossen zu werden / befande; derohalben am rathsamsten zu seyn erachtet / durch den Morast daselbsten durchzudringen / und sich mit der Cavalleria gegen Altenburg zuruck zu ziehen / die Infanterie aber / samt der Artigleria, in die kleine Schütt / an ermeldter Vestung Raab zu übersetzen / von dannen solche / einer sichern Nachfolg / jenseit der Donau / über Preßburg / durch das Markfeld / auf Wienn zu / sich würde bedienen können / welches auch also geschehen. Weilen aber der Groß-Vezier / solche Retirada der Käiserlichen / vor eine zaghaftige Flucht auslegte / wurde in gehaltenem Türkischen Kriegs-Rath geschlossen / die Plocquade der Vestung Raab einzustellen / hingegen der Käiserlichen Armee / auf dem Huefschlag nachzusetzen; wie er dann / solches zu bewerkstelligen / ein starkes Detachement Tartarn und Türken commandirt, welche denen Käiserlichen den 7. Juli st. n. unweit Petronell und Regelsbronn / ganz unversehens / mit schröcklichem Geschrey / in die Arriereguarde einfallen müssen / welche auch / weil einige nicht Stand gehalten / dieselbe mehr in Confusion / als Schaden gebracht / also zwar / daß auf Käiserlicher Seiten / neben dem Verlust der Bagage / und Nidermachung des Trosses / nicht über funfzig Mann geblieben / unter welchen der tapfere Prinz Julius Ludwig von Savoyen / Obrister über ein Regiment Dragoner / und Herzog von Areschott / in blühendem Alter drauf gegangen; und wäre ausser Zweiffel die Niderlag grösser gewesen / wofern nicht bey dieser Action / Ihro Hoch-Fürstl. Durchl. Ludwig Wilhelm / Marggraf von Baden sc. als General Feld-Marschall Leutenant sich so trefflich gehalten / und etliche allbereits getrennte und zerstreuete Regimenter / wiederum in Ordnung und zu dem Stand gebracht hätte. Wiewolen sie samtlich weder poussirt noch blessirt worden wären / wann sie wegen des grossen Raubs sich nicht selber getrennet / und die weichende Trouppen die andern über den Hauffen geworffen hätten; wodurch die samtliche Cavalleria gezwungen worden / unerachtet daß etliche Regimenter sich recht tapfer gehalten / und wol gethan hätten / noch selbige Nacht bis Vischa am End zu rücken. Unterdessen aber hatte die geflügelte Fama, durch unterschiedliche flüchtige Personen / in der Käiserlichen Residenz-Stadt Wienn einen unglaublichen Schrecken / Bestürzung und Wehklagen erreget / in dem dieselbe / den mit der Cavallerie vorüber gegangenen Scharmützel / nicht allein über alle massen vergrösserten / sondern auch die gänzliche Ruin der Infanterie und Artiglerie, fälschlich aus sprengeten / bis gegen Abend / ermeldten Tags / Herr General Graf Caprara / Ihro Käiserl. Majestät den zimlich-gefährlichen Zustand Dero Armee gründlich eröffnete / und sich bey Zeit in Sicherheit zu begeben erinnerte. Zu welchem Ende dann [3] ohne Verzögerung der Weg jenseit der Donau auf Linz erwählet / und in möglichster Eile / was zu Beschleunigung Dero Abreise nothwendig erachtet / zusammen gepacket wurde; also daß beede Käiserliche Majestäten / nebenst der Jungen Käilichen Herrschafft / dem Frauenzimmer / und ganzen Hofstab / Abends um 8. Uhr / durch das Burg-Thor / über die Donau-Brücken / auf Corneuburg / daselbsten Nachtlager zu halten / sich hinweg begeben: Nachdem vorhero sowol die Regiments-Verfassung / als Kriegs-Anstalten / mit allergnädigster Vorsorge versehen worden. Darauf dann / bey der Burgerschaft und dem Pöbel / die Forcht sich dergestalt vermehret / daß nach solcher Abreise jederman alle seine Gedanken allein auf die Flucht gewendet; und zwar mit solchem Getümmel und Unordnung / daß es das Ansehen gewonnen / als wann gar niemand der Stadt sich mehr anzunehmen / sondern man dieselbe dem Feind zu einem wolzugerichteten Quartir einzuraumen / und zu überlassen gesonnen wäre. Kutschen und Pferde rasselten auf allen Gassen: Wägen und Kärren waren in Wienn niemal weniger und theurer zu bekommen / und höher gehalten / als damal; Ja manche vornehme Dam / fuhr mit ihren Kindern sanffter auf einem sal. ven. Dungwagen / als vorher in einer Chesen. Die schönsten Häuser wurden von den Inwohnern verlassen / angefüllet mit vortrefflichem Hausraht und Mobilien / Wein / Frucht / und allem Uberfluß: Nur das kostbarste von Gold und Silber wurde zusammen gerafft / und manche Wägen also überladen / daß sie kaum / ohne zerbrochene Räder / über die Brucken passiren / und hernach / was nun anzufangen / oder wohin sie sich wenden solten / sich nicht besinnen konten. Wie dann nicht wenig von denen / so sich mit der Flucht zu lang verweilet / denen blutdürstigen Tartarn zur Beute worden. Und zwar / wer die damalige Beschaffenheit der Käiserlichen Residenz-Vestung Wienn vernünfftig überlegte / konte diese Flucht weder widerrathen / noch mißbilligen / sondern unschwer ermessen / daß dieselbe einer so grossen feindlichen Macht zu genugsamen Widerstand nicht gewachsen / im Gegentheil mit Mannschaft / Proviant und Kriegs-Rüstung gar schlecht versehen sey; allermassen über die Ordinari-Stadt-Guarnison / so etwan in zwölfhundert Mann bestunde / mehr nicht / als tausend Käisersteinische Fußknechte sich darin̅en befanden: Uber das die Stadt-Gräben noch nicht durgehends ausgeschoben / die Contrascarpen noch nicht verfertiget / vielweniger mit Pallisaden besetzt / auch die Stadt weder mit Fachinen noch Schanz-Körben / noch hochnothwendigen Abschnitten versehen / sondern schier aller / auch unentbehrlichsten Defensions-Mitteln / entblösset ware. Nach Abzug Ihrer Käiserlichen Majestät / sahe man nicht allein fast das ganze Viertel unter Wiener Wald / im Rauch aufgehen / sondern auch zu Nacht noch zwey unterschiedliche Feuersbrunsten nacheinander / deren die erste zu Vischa am End / die andere zu Schwöchat sich ereignet; welche denen / zu Wienn hinterbliebenen Innwohnern / den Rest ihrer Hoffnung vollend darnider geschlagen; [4] indem sie dem erschollenen Gerüchte / als ob die Mord-brennende Tartaren solche Städtlein angestecket / allzu leichtglaubigen Beyfall ertheilet / und dannenhero besorget hatten / daß deroselben Herannäherung und grausamer Einfall / ihnen eben dergleichen Unglück mitbringen würde. Dannoch ist solche Consternation merklich verringert worden / als sie Den 8. Julii / in aller Frühe / und ferner den ganzen Tag über / die Käiserliche Cavallerie über die Donau-Brücken / mit klingendem Spiel / in schönster Ordnung / an der Stadt-Mauer vorbey / in die Insel Tabor marchiren / und sich daselbsten niderlassen sahen: Um den Abend aber Herrn General / Grasen von Stahrenberg / Käiserlichen declarirten Stadt-Obersten Excellenz / (welche sich von dero etwas langsam herauf rückenden Infanterie und Artiglerie, eilfertigst auf Wienn erhoben) ansichtig wurden / welche beneben etliche Officirer mitbrachten / und das Commando würklich antraten: alsobald alle Posten besichtigten / auch sonsten hin und wieder möglichste Anstalt machten. Ob nun gleich diesen Tag / wegen Mangel aller Zugehör / an denen Batterien wenig gearbeitet werden können; so wurde doch mit Setzung der Pallisaden / in denen Contrascarpen, der Anfang gemacht: wobey Herr Andreas von Liebenberg / als damaliger Burgermeister / sich samt der ganzen Burgerschaft eingefunden / und mit Führung etlicher Schieb-Truhen voller Erden / mit eigenem Exempel / dieselbige selbst angefrischet / sintemal die Bauren meistentheils durchgegangen waren. Indessen hatten zwey Regimenter zu Pferd die Bereitschaft von der Contrascarpen. In der Frühe aber waren das Dünnewaldische und Stirumische Regiment über die grosse Brücken gerücket / Ihro Käiserlichen Majestät March zu bedecken. Die Parola war: S. LEOPOLD und Wienn. Den 9. gelangten zuruck in Wienn glücklichst und erfreulichst an der geheime Rath und General / Ihr Excellenz Herr Caspar Zdenko, Graf von Cappliers / als Ihro Käiserlicher Majestät gevollmächtiger Primarius, und geheimer Deputirter / sc. dessen hochvernünftigen Direction / und der valeureusen meritirten Conduite Ihrer Excellenz des Herrn Stadt-Obersten Herrn Ernst Rüdigers / Grafen von Stahrenberg / sc. die Einrichtung / und hernach folgende Erhaltung der Stadt / nach GOtt / allein zuzuschreiben; so haben sich auch noch mehr Officir von der Käiserlichen Artigleria heut eingefunden. Die unmenschlichen Tartaren aber liessen ihre Brand-Fackeln von ferne / durch unzählich-erweckte Feuers-Brunsten / an denen Ungarischen Grenzen / erschröcklich leuchten; wodurch nicht allein sehr viel Dörffer / Märkte / Schlösser / veste Plätze / Städtlein und Städte / sondern so gar wider alle Krigs-Raison, die lieben Feld-Früchte verzehret worden. Ja es frassen auch diese Mord-Flammen rings herum in Oesterreich / bis an die Neustadt / dergestalt um sich / daß blos die Eisenstatt / Oedenburg und Güns / so sich vor Tökelische Schutzverwandten ausgegeben / verschonet blieben: Die übrige Oerter aber sämtlich im Rauch aufgiengen. [5] Nach Mittag entstunde in der Stadt ein Alarm / als brennete der Feind schon bis an den Wienner-Berg / dahero alsbald etliche Trouppen / auf unterschiedliche Wege / commandiret wurden / zu recognosciren / was es für eine Beschaffenheit hätte? alle aber befunden / daß der Alarm falsch war. Wurde also diesen Tag über / mit Setzung der Pallisaden / in den Contrascarpen, starck fortgearbeitet / und ein guter Theil derselben versichert. Hingegen hatte abermal eine unglaubliche Menge Volk aus Wienn die Flucht genommen. Den 10. Julii / nach abgeführter Käiserlicher Schatz-Kammer / wurden die noch übrige Kauffmanns-Diener und Handwerks-Burse / auf das Rathhaus beruffen / und ihnen vorgetragen / daß sie / wegen der annahenden Türken-Gefahr nicht ausweichen / sondern das Vatterland defendiren helffen solten; weil ohne das wegen allbereit auf allen Pässen gemachter Anstalt / ohnmüglich durchzukommen wäre. Nachmittag ist / mit dreissig Mann auf der Kärndter-Pastey / eine Bettung zu den Stücken zu arbeiten angefangen worden; sonsten aber Zeitung eingelanget / daß Herr Obrist Thewizi, neben den Herrn Obrist-Leutenant Häußlern / eine Parthey Tartaren geschlagen habe: Und wurde über diß bekräfftiget / daß der Feind von Raab ab / und geraden Weg nach Wien marchire. Dahero / neben denen Soldaten und Arbeits-Leuten / die Burger würklich zu schanzen angefangen. Wobey zugleich die nähesten Häuser und Gärten an der Stadt abgebrochen worden. Die Parola war: St. Nicola und Leitha. Den 11. Julii sahe man / mit herzlicher Erbärmde / verschiedene Feuersbrunsten / welche von denen Tartarischen Furien / einen Tag über den andern angestecket wurden: massen diese Feuer-speyende höllische Drachen / sich der Käiserlichen Residenz plötzlich / je mehr und mehr näherten / und keines Fleckens / keines zierlichen und anmutigen Gartens / noch Lust-Hauses schoneten; sondern alles / was disfeits der Donau / bis an Closter Neuburg gelegen / nichts ausgenommen / in die Aschen legten: Was von Menschen und Viehe nicht nach Wienn entronnen / entweder nidersäbelten / oder in ewige Dienstbarkeit hinweg schleppeten: Ja auch diejenige / welche sich in unwegsame Hölzer und Schlupff-Winkel geflüchtet / mit Spür-Hunden aufsuchten. Welches Elend dann eben so wenig mit Gedanken zu erreichen / als der unglaubliche Schaden / und unaussprechliche Verlust mit der Feder zu beschreiben / mögliche fället. Diesen Morgen kamen in aller Frühe / von der Käiserlichen Infanterie, tausend Mann; auf dem Wasser aber tausend halbe Carthaunen-Kugeln anhero. Mit Abbrechung der Häuser und Gärten / wurde je länger je weiter fortgefahren; auch auf der Biber- und Burg-Pastey / die Bettungen zu den Stücken zu machen angefangen. Abends gieng die Verordnung / die Schiffe / bey Closter-Neuburg an der Donau / zu einer Schiff-Brücke zusammen zu führen. Alles Brenn- und Bau-Holz / Pfähle / Torft / und anderes / was in grosser Menge / vor dem neuen Thor an der Do [6] nau / auf der G'stetten / und unter den Färbern vorhanden war / gab man in die Rappuse. Die Parola war: S. Bernhard und Preßlau. Den 12. fielen die Tartarn zu St. Marx ein / machten nider / was sie antraffen / und musten auch die steinerne Altäre über ihre Crudelität weinen. Nächst an der Stadt wurde Schwöchat / Pellndorff / Laa / Inzersdorff und andere Oerter mehr in Brand gestecket / also / daß auch etliche Mordbrenner / bis an die (alte) Favoritta sich erkühnet / und die schwarze Nacht / diesen durchteuffelten feurigen Männern / ein helles Zeugnus über das andere / ihrer Unmenschlichkeit halber / abstatten muste. Herr General Schulz / war diesen Tag mit ungefehr sieben tausend Mann / bis zwey Meil jenseit der Donau anmarchiret. Etliche commandirte Mannschaft aber / von der Käiserlichen Infanterie, gar an die Stadt / und theils in die Contrascarpen eingerückt. Es musten nunmehr / über die obermeldte Schanzgräber und Arbeits-Leute / auch die Geistlichen und Ordens-Männer / zu dem Schanzen sich bequemen; und wurde aus Befehl Ihrer Excellenz Herrn General von Stahrenberg / eine Specification übergeben alles dessen / was annoch an Munition / zu bevorstehender Belagerung / nothwendig wäre: welche von denen Käiserlichen geheimen Deputirten nach Hof abgeschicket worden. Nachmittag arrivirten von Crems tausend Centner Pulver. Die Parola war: St. Vincenz und Praag. Den 13. frühe / sahe man den Feind in grosser Anzahl / nach der Länge / den Wiener-Berg / von St. Marx her / bis Schönbrunn / Hiezing / Penzing / Hernals / und der Orten / anmarchiren / alles in Brand stecken / bis er endlich auch in Molsdorff kommen / und solches angezündet. Zwischen zehen und eilff Uhr / kam er noch stärker / also / daß gegen ein Uhr / vom Laaerhölzel an / bis gegen dem Hunds-Thurn zu / mit der Fronte gegen der Stadt / sich viel tausend an der Höhe gesetzt / und daselbsten stehen verblieben; bis man von der Kärndter-Pastey / Praun- und Wasser-Kunst / mit Stucken unter sie gespielet / und sich zuruck zu ziehen gezwungen. Woraus dann Ihro Excellenz / Herr General Graf von Stahrenberg / nunmehro unfehlbar versichert wurde / daß der Feind eine eigentliche Belagerung vorzunehmen gesinnet seye. Derohalben alle zehen Vorstädte / Kyrchen / Klöster / Lust-Gärten und Paläste / schleunig anzuzünden / Befehl ergehen lassen; welches Feuer bis andern Tags / und zwar also gebrennet / daß die Stadt selbsten bey dieser Brunst in grosse Gefahr gerathen: Weilen zu selbiger Zeit nicht allein der Wind theils Orten / sonderlich bey dem Käiserlichen Bau-Stadel / gegen der Stadt gegangen / sondern auch daselbsten das Zimmerholz / bis an die Pallisaden / angelegt gewesen. Mit was betrübten Augen nun / nicht allein die Interessirten / sondern auch alle andere rechtschaffene Patrioten / dieses allzu kostbare Feuerwerk angeschauet / wird denen jenigen zu beurtheilen anheim gestellet / welche durch Feuer-Schäden etwan auch verunglücket worden. Es war auch bereits an dem / daß auch die Leopoldstadt / ein Vorbild der in Flammen stehenden [7] Stadt Troja oder Rom solte vorstellen / wann nicht der daselbst vorhandene stattliche Vorrath an Munition / welche vorher in die Stadt Wienn zu flüchten die Nothdurfft erforderte / deroselben noch eine kurze Schonungs-Frist erhalten hätte. Wiewol wenig Tag hernach die Türken diese Verzögerung / mit grossem Wucher herein gebracht / und diese schöne Stadt / welche im Umkreis der Stadt Wienn wenig nachgegeben / in einen wüsten Aschen-Hauffen verkehret. Inzwischen wurde die Käiserliche Cavallerie, rings an die Contrascarpen, auch in die Wege und Strassen / welche in die Vorstädte / und zur Stadt gehen / auf die Wacht gestellet; da dann zuweilen kleine Scharmützel / zwischen ihnen und denen verirrten Türken vorgiengen; welche auch zween Aufforderungs-Brieffe fallen lassen / so zwar dem Herrn Stadt-Commendanten eingehändiget / aber zu beantworten vor unwürdig gehalten worden. Eben diesen Tag kame die ganze Infanterie, samt der Artigleria, mit grossem Frolocken der Burgerschaft / an der Brücken an / deren ein guter Theil / noch selbigen Abend / in die Contrascarpen gelegt wurde. Die Lista aber der Regimenter / so Zeit währender Belägerung in Wienn gelegen / ist diese: Ganze Regimenter: Halbe Regimenter: Und das Lothringische Regiment zu Pferd. Wiewol von diesen Regimentern keines complet in der Stadt angelanget / sondern hin und wieder von denselbigen in die sechs tausend Mann / entweder vor dem Feind in Scharmützeln geblieben / oder gequetschet worden / oder an Krankheiten allbereit darauf gegangen waren; also zwar / daß effectivè über zehen tausend Mann zu würklicher Gegenwehr nicht in der Vestung anwesend und Capable waren / über welche Ihro Hoch-Gräfliche Gnaden des Herrn Genral Stahrenbergs Excellenz das Commando führeten. Deren Lieutenant über die völlige Besatzung der Stadt Wienn / sonsten aber General Wachtmeister und Oberster über ein Regiment zu Pferd / Herr Wilhelm Anton / Graf von Daun / gewesen. Ferner Herr Marquis Obizzi, Obrist Wachtmeister über die Stadt-Guarnison: So dann der [8] andere General Wachtmeister Herr Johann Graf von Sereni; dessen Regiment aber damal zu Zathmar / des Feindes Vorhaben zu beobachten / sich aufgehalten. Diese hohe Officir allesamt haben sich untereinander sehr wol verstanden / und andern zur Eintracht und gutem Vernehmen / durch rühmliches Exempel-Licht / vorgeleuchtet. Ob nun gleich die meisten von Adel und Stands-Personen / mit ihren bästen Mobilien / sich bey erschollenem Alarm / aus der Stadt anders wohin / in Sicherheit begeben; so haben danoch viel Grosse / aus Liebe zum Vatterland / freywillig bey der Stadt / Gut und Blut wagen und aufsetzen wollen. Unter welchen vornemlich Herr Graf von Trautmannsdorf / Herr Johann Carl / Graf von Fünfkyrchen / Nider-Oesterreichischer Land-Capitain: Herr Gottfried / Graf von Salaburg / Obrist-Lieutenant: Herr Heinrich Friedrich / Freyherr von Kielmannsegg / welcher die drey erste Tag der Belagerung / auf der Burg-Pastey / beständig Wacht gehalten / und mit achtzig Wildschützen dem Feind daselbsten merklichen Schaden zugefüget / auch einen und andern vornehmen Türken / unerachtet solche über dreyhundert Schritt von der Pastey / pravirten / mit eigenem Feuer-Rohr niedergebüchst. Uber diese befande sich ferner anwesend Herr Graf Vignancourt: Herr Matthäus Colalto / Graf von St. Michael / ein Venetianer / welcher mit klugen Anschlägen / dem Herrn Stadt-Commendanten tapfer beygestanden: Herr Ernst Sigmund von Zetteritz / vornehmen Geschlechtes aus Schlesien: Herr Cornelius von Rumlingen / Obrister: Herr Franciscus Sigmund Roßtauscher von Reithofen aus Mähren / weiland General-Adjutant und Obrist Wachtmeister / bey dem Schulzischen Regiment sc. die samtlich in die Wette gekämpfet / welcher mit Treue und Tapferkeit dem andern den Vorzug oder Sieges-Kranz möge zweiffelhaftig machen? Die Burgerschaft und Innwohner waren in acht Fahnen oder Compagnien eingetheilet / und parirten ihrem Capitain / Herrn Johann Andreas Liebenberger / Burgermeistern / und dessen Capitain-Lieutenant / Herrn Daniel Foky / Ober-Cämmerern / bestunden insgesamt aus zweytausend dreyhundert zwey und achtzig Männern. Nach diesen liesse sich noch eine sonderbare freywillige Compagnie anführen / von dreyhundert fünff und dreissig Köpffen. Denen folgte die Rotte der Bäcker / zweyhundert und sechs Mann stark. Die Fleischhacker stellten gleichfalls eine eigene Compagnie / bestehend aus zweyhundert und dreissig Männern. Die Schuhemacher erschienen ebenmässig / in einer sonderlichen Compagnie / in deren vierhundert Mann gezählet wurden. Hieher sind auch zu rechnen / die so genannte befreyte Niderlager / oder vornehme Handelsleut / aus deren verschlossenen Gewölbern die Krämer ihre Waaren an sich kauffen / und täglich feil haben / welche auch eine Compagnie von zweyhundert sechs und funfzig Mann / auf eigenen Kosten / mit gezogenen Feuer-Röhren versehen / aufgerichtet und unterhalten.
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Weilen aber noch eine zimliche Anzahl Käiserlicher Hof-Canzley- und Kammer-Bedienten vorhanden war / und sich nicht wol schicken wolte / bey so gefährlichem Zustand des gemeinen Wesens / dieselbe allein solten still sitzen: als wurden sie / von dem Nider-Oesterreichischen Buchhalter / Herrn Wolffgang Reuschel von Reuschelsberg / ermahnet / durch Beschützung des Vatterlands / gleich allen andern / auch Ehre einzulegen; welches dann von vielen / mit solchem Gehorsam / angenommen worden / daß sich vier Compagnien / jede zu zweyhundert und vierzig Mann gerechnet / unter ihrem selbst-erkohrnen / und vom Herrn Stadt-Commendanten confirmirten Obrist-Wachtmeister / Herrn Maximilian Grafen von Trautmannsdorff / gestellet / denen dann das Ravellin beym Stuben-Thor zu beschützen anvertrauet worden. Nun war noch übrig die hochlöbliche Universität / welche aus Studiosis, und andern unter dero Scepter gehörigen / drey Compagnien / jede zu 236. Mann / aufgerichtet / und solche dem Freyherrn von Welz / als Obrist-Lieutenant / und dessen zugeordneten Obrist-Wachtmeistern Herrn Paul de Sorbeit, der verwittibten Käiserl. Majest. Leib-Medico, untergeben. Welche dann entweder auf der Pastey neben dem rothen Thor / oder auf denen zwischen dem Ziegel-Schänzel und neuen Thor gelegenen Ravellinen / oder auch auf denen zwischen dem Kärndter- und Stuben-Thor befindlichen Ravellinen / ihre großmütige Tapferkeit mit solcher Treu und Eifer erwiesen / daß die Pallas selber an diesen ihren so wolgerathenen Söhnen das höchste Vergnügen geschöpffet / nicht wissend / ob solche mit der Lanzen / oder mit der Feder / einen schönern Lorbeer-Kranz / und unsterblichen Nach-Ruhm erworben? Daß also in allem nicht über 16000. in 17000. Mann würkliche Dienst geleistet / zu deren Verpflegung dero verwittibten Käis. Majest. Obrist Stallmeister Fürst von Schwarzenberg / neben Ihro Hochgräfl. Gnaden von Kollonitsch / Ungarischen Kammer-Praesidenten / und Bischoff zu der Neustatt / preißwürdigste Liberalität und Munificenz stattlichen Vorschub geleistet. Da inzwischen Herr Hoff-Cammer-Rath Bellekamp auch nicht gefeyret / möglichste Mittel aufzubringen und herbey zu schaffen / welche in dieser Noth mögten zulänglich seyn. Zu welchem Ende auch die 2. übrige geheime Käiserliche Deputirte / als Ihr. Excellenz Herr Land-Marrschall Herr Graf von Mollärt / und der Nieder-Oesterreichische Regiments-Canzler Herr Hartmann / allen Beytrag eiferigst erzeiget. Sonsten aber haben sich Zeit währender Belagerung / über die Militz / und zu den Waffen Untüchtige / innerhalb der Stadt auf die 60000. Menschen befunden / auch eben so viel / oder noch mehr / nach Ihrer Käiserlichen Majestät Abzug hinweg gewichen. Die Parola war: St. Andre und Warschau. Und gieng nunmehr an
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Die Würkliche Belagerung der Prinzessin aller Europäischen Städten / Wienn / Und deroselben grimmigste Hetzung und grausamste Verletzung / Durch die Türkische Tiegerthier und Tartarische Leoparden.
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Kaum war der 14. Julius angebrochen / da sahe man die ganze feindliche Heeres-Krafft / wie eine Wasser-Fluth alle Gegenden der Stadt Wienn von allen Seiten überschwemmen / und von dem Laaer-Hölzlein an / gegen dem Hunds-Thurn / Gumpendorff / Oberkling / Spirkenbigel / bis an die Donau das Lager schlagen / dessen Gezelte nicht zu zählen waren. Wie er dann noch selbige Nacht / von dem Croaten-Dörffel an / gegen und ober dem rothen Hof / posto gefasset: woran ihn die Belägerte wenig hindern konten; sintemal diesen Tag ihrer Seits auf denen Pasteyen noch nicht die geringste Bereitschaft verfertiget gewesen / allermassen nicht ein einiger Schanz-Korb / und mehr nicht als zehen Stück droben gestanden. Wie dann auch keine einige Batterie noch Einschnitt gemacht war; So aber auf Befehl Ihrer Excellenz Herrn General von Stahrenberg / durch eifrigstes Bemühen / mit jedermänniglichs Verwundern / auf das schleunigste in das Werk gericht worden. Hingegen waren dem Feind zu so schneller Avancirung / die von denen abgebrannten Vorstädten stehend gebliebene Mauren sehr dienstlich / weilen dieselbe ihm gleichsam vor eine Brustwehr dienen konten / daß ihme mit Stücken unmöglich war beyzukommen. Der Groß-Vezier postirte sein Gezelt über S. Ulrich / das Schotten-Thor zu occupiren / und begriff dasselbe einen solchen Umfang oder Bezirk in sich / als Warschau oder Lemberg mit denen Stadtmauren in sich fassen mag / ward auch mit aller ersinnlichsten Bequemlichkeit versehen / so gar / daß auch an Badstuben / Gärten / Fontainen / herumlauffenden Meer-Katzen / Caninichen / freyfliegenden Papageyen sc. im geringsten kein Mangel gewesen. Der Janitscharen Aga lagerte sich unter S. Ulrich / gegen dem Burg-Thor. Der Kara Mechmet Bassa, mit einigen Tartarn / und denen Fürsten aus Wallachey und Moldau occupirte den Platz gegen der Rossau. Die andern Bassen aber die Posten beym Kärndter- und Stuben-Thoren / also / daß Wienn von 5. Seiten be [11] lagert / und an vier Orten würklich attaquirt wurde. Die Janitscharen machten die Approchen beym Burg-Thor; der Groß-Vezier / mit denen Seemenen, approchirten beym Schotten-Thor; und beym Kärndter- und Stuben-Thor operirten die übrigen Bassen. Gegen Abend entstund eine schröckliche Feuers-Brunst in der Stadt im Schottenhof / wodurch selbige ganze Abtey / samt der Kyrchen und allen Glocken / auch die angränzende Gräfliche Auerspergische / Palfische und Traunische Paläste / mit unschätzbarem Schaden verbronnen: Und ist beneben die gröste Gefahr gewesen / daß nicht auch das Feuer / so schon würklich die Rinnen im Wirthshaus zun drey Haacken entzündet / in das nächst daran stossende Käiserliche Arsenal und Zeughaus kommen mögte. Wie dann selbiges schon die Läden desselbigen von hinten zu ergriffen hatte: dadurch dann wegen der grossen sich darinnen befindenden Quantität des Pulvers / ein guter Theil der Stadt hätte zersprenget werden / und im Rauch aufgehen können: wofern nicht zuvorderst die Göttliche Allmacht dem Wind sich zu wenden gebotten / und Herr General Wachtmeister Graf Sereni die Thür des Arsenals eigenhändig aufgehauen hätte / dadurch man Wasser zum Löschen herboy gebracht / und zu einem recht denkwürdigen Wunder die augenscheinliche entsetzliche Gefahr sorgfältigst abgewendet. Ob nun zwar die Vorstädte / absonderlich die Rossau / und selbige Gegend / annoch in starkem Brand stunden / wodurch das Feuer leichtlich in erwehnten Schottenhof hätte mögen kommen seyn; so ist doch glaublicher / ja unzweiffelhaftig / allen Umständen nach / daß es ein von Mordbrennern eingelegtes Feuer gewesen seye / indem man nicht allein an unterschiedlichen Orten alldorten Pulver / Kugeln / und andern Brenn-Zeug gefunden / sondern auch ein junger Mensch von 16. Jahren / in Weiber-Kleider verkappt / erhaschet worden / welcher einen brennenden Lunten in die Stallung des Schottenhofs solle geworffen / und also dieses grosse Unglück angestifftet haben. Wie dann derselbe alsobald von dem rasenden Pöbel angepackt / und in Stücken zerhackt worden; weßwegen Ihr Excellenz der Hochgräfliche Herr Commendant auf den eigentlichen Grund der Warheit nicht penetriren können / ob dieser Mensch der rechte Urheber / und zwar aus Anstifften des Feinds / gewesen / oder nicht? Sintemal nicht wenig daran zweiffelten / darvor haltend / es mögte vielleicht diese Brunst durch Verwahrlosung der Stall-Knecht selbsten entstanden seyn. Doch / zu Begütigung der entrüsteten Burgerschaft / wurden einige / so im Verdacht gewesen / eingezogen / denen solche gefängliche Haft mehr zu ihrer Sicherheit / als Schaden / ausgeschlagen / indem der Pöfel auch noch den folgenden Tag noch unterschiedliche dergleichen verdächtige Personen / nach gefastem geringen Argwohn / tod / oder Arm und Bein entzwey schluge / unter welchen auch der unglückselige Tanau (al. Thanon) war / welcher bis auf den Peter-Freudhof sich muste schleppen / und schinden lassen. Unterdessen liessen Ihro Hochgräfliche Excellenz / Herr Stadt-Commendant / [12] offentlich ausblasen / daß innerhalb zwey Stunden alle Schindel-Dächer bey Leib- und Lebens-Straffe abgebrochen werden sollen. Gleichwie aber der Feind diese Nacht seine Trenchées würcklich eröfnet / und solche folgenden Tag hindurch verbässert hatte; also unterliesse der Hochgräfliche Herr Commendant auch nicht / innerhalb der Stadt allentbalben auf das schleunigste arbeiten zu lassen: zuvorderst die Contrascarpen mit Pallisaden völlig zu schliessen / und gegen den obern Fallen bey dem Wasser mit Abschnitten / wie auch die Contrascarpen / und den Graben gegen die Seiten der feindlichen Approchen mit Abschnitten / Caponirn / und gehörigen Communicationen / an denen attaquirten Posten zu versehen: wobey die Burgerschaft mit emsiger Arbeit sich sehr eiferig erwiesen. Abends um 9. Uhr beschossen die Türken die Stadt zum ersten mal / und giengen die Kugeln / deren eine 32. Pfund gewogen / durch die neue Burg. Die erste Bombe / so herein geworffen worden / fande man im Grünkranz zwar zersprungen / klaubte solche wieder zusammen / und nachdem sie solenniter geweihet worden / schickte man dieselbe dem Feind wieder hinaus. Die Parola war: S. Carl und Augspurg. Den 15. vor Tags hat der Feind die gestern aufgeworffene Trenchées, gegen dem Reickowitzischen Garten zu / erlängert / auch mit zwey Linien nahender geruckt / also / daß er bis auf die 30. Schritt nahend an dem Angle Saillant der Contrascarpe / vor dem Ravellin des Burg-Thors kommen / und den ganzen Tag hindurch seine Approchen (zu welchen Anfangs viel gefangene Christen helffen musten /) continuirt, und erweitert. Auch von drey Orten (welche er nachmals alle aneinder gehänget / und eine einige Batterie daraus gemacht / welche von dem Croaten-Dörffel angefangen / und hinter dem Kalchschmidischen Garten sich erst geendet /) mit Stucken gespielet / doch denen Pasteyen und der Mauer wenig Schaden gethan. Von den Belagerten hingegen wurden diesen Tag die Batterien auf der Löwel-Kärndter- und Burg-Pastey / zimlich verfertiget / welen der Feind seine Batterien allein / und zwar am meisten gegen der Löwel-Ravellin / und Burg-Pastey gerichtet / dahin geschossen / und aus Feuermörsern daraus gespielet. Indem man auch / und zwar nicht ohne Grund / leichtlich muhtmassen kunte / daß durch Miniren und Untergraben diesen ermeldten Orten vom Feind am heftigsten zugesetzt werden dörffte / fieng man an nach Contra-Minirern zu fragen / deren aber dieses mal kein einiger in der ganzen Stadt anwesend war / sondern sich / nicht weiß ich aus wessen Fahrlässigkeit / sämtlich an solchen Orten aufhielten / wo man ihrer viel bässer / als zu Wienn / hätte entbeeren können / bis endlich ein Niederländer und Lothringer sich freywillig zu solcher Arbeit anerbotten; welche aber bey vorgenommener Prob an den Tag gegeben / daß sie entweder wenig gelernet / oder viel müssen vergessen haben. Doch bediente man [13] sich ihrer / mit Zuziehung eines Venetianers / Namens Bartholomaeus Camuecius, und Johann Jacob Hafners / Hauptmanns über die Stadt-Guarnison / nicht ohne mercklichen Nutzen. Ihro Excellenz / Herr Graf von Stahrenberg / Commendant / welcher immerfort / mitten unter denen um ihn herumsausenden Stück- und Musqueten-Kugeln / die Posten und Arbeit emsigst visitirt, und alles aufs genaueste beobachtete / wurde diesen Tag / als er auf den von festen Quater-Stücken erbauten Cavalier des Löwels war / durch einen Carthaunen-Schuß / so das Schilter-Häuslein zersprengt / von einem Stein / nebst andern vier Personen / an dem Haupt gefährlich verletzt / also / daß er etliche Tage zu Haus zu bleiben / und der Medicorum und Wundärzten Cur sich zu untergeben gezwungen worden. Da immittelst Ihr Excellenz / Herr Graf von Capliers, alles das jenige sorgfältigst veranstalteten / was zu Unterhalt der Guarnison / Fortsetzung der Arbeit / zu Beschleunigung und Erleichterung der Defension / vorträglich / und unter der Burgerschaft zu verordnen / auch von jedermann zu leisten die Schuldigkeit erforderte. Von der Cavallerie kam das Dupinische Regiment in die Stadt / und wurde das Canoniren gegen dem Feind sehr scharf getrieben. Auch wurde von den Belagerten ein Ausfall vorgenommen. Die Türken aber wurffen diese Nacht das erste mal aus den Pöllern Granaten herein / aber ohne Effect; versuchten auch mit allem Ernst / obwol vergebens / die Käiserlichen aus denen Contrascarpen zu treiben. In der Rossau musten die Fürsten aus der Wallachey und Moldau / eine Stund oberhalb / und eine Stund unterhalb der Stadt / zwey Brücken über den an der Stadt hinlauffenden Arm der Donau schlagen / und solche mit 6000. ihrer bey sich habenden Mannschaft bewachen / da dann die Türken / weilen die Käiserliche Cavallerie die Insel gestern verlassen hatte / ganz sicher und ungehindert / aus dem Lager in die Insel / und aus der Insel in das Lager hin und her passirten. Die Parola war: S. Franciscus und Nürnberg. Den 16. hatte der Feind in der Nacht / ungehindert der continuirlichen tapfern Gegen-Wehr / mit seinen Approchen stark avancirt, auch unter dem Reickhowitzischen Garten / gegen der Spitze der Burg-Pastey zu / zwey neue Linien gezogen / und dieselbige den Tag über / mit den vorigen Linien zusammen gearbeitet / mit solcher Kunst und Unverdrossenheit / daß die Lauffgräben zwey Elenbogen tieffer waren / als eine gewöhnliche Manns-Länge / und sie also ganz sicher darinnen hin und her wandlen können / unangesehen / daß man so wol mit Musqueten / als Stücken / ihn zu verhindern suchte. Verfertigte auch die Nacht über eine neue Batterie an der Höhe / ober und linker Seiten des rothen Hofs / von welcher er mit 12. Stücken auf die Löwel-Pastey gespielet / und so wol unterschiedliche Stück / als Menschen / zu schanden geschossen. So hatte er auch diesen und vorigen Tag und Nacht Feuer-Kugeln und Granaten immerzu einge [14] worffen / wiewol ohne sonderlichen erfolgten Schaden. Eine und andere zwar war in das neuerbaute Comödien-Haus gefallen / welches / weil es sehr groß / von lauter Holz / mit Oel getränkt und gefirnißt / besorglich bald mögte Feuer fangen / mit höchster Gefahr des angränzenden Käiserlichen Hofs / Augustiner-Klosters und anderer daselbst anstossender Gebäuen. Derowegen man ungesäumt dasselbe abzutragen und einzureissen angefangen / bis durch die Zimmerleut die Stützen dessen abgeseeget / verursachten / daß es vollend selber eingefallen. Davon man hernach die Balken und Raven zu denen Abschnitten bey denen Pasteyen nutzlich angewendet. Neben fortgesetzter Arbeit in den Contrascarpen und Gräben / hatte man auch auf der Löwel- und Mölker-Pastey die Bettungen zu neuen Batterien angefangen / aber erst den zweyten Tag ganz verfertiget. Vornemlich schaffte der Hochgräfliche Herr Commendant vortrefflichen Nutzen mit einer sonderbaren Erfindung / nach deren er so wol in der Contrascarpe / als auch im Stadt-Graben / unterschiedliche Reygen oder Ordnungen von Pallisaden / Pfälen / und langen Dielstecken hintereinander eingraben / und immer einen tieffen holen Graben hinter dem andern aufwerffen lassen / woselbsthin die Käiserliche Soldaten sich in Sicherheit begeben konten; und ob gleich die Türken etwan an einem Ort durchgedrungen wären / sie doch immer eine neue Hindernüs anträffen / welche ihnen die Gelegenheit / weiter durchzubrechen / abschnitte. Massen man Zeit währender Belagerung zum öftern mit höchster Vergnügnung wahr genommen / mit was grossem Verlust die Türken diese Invention eingeweihet. In der Nacht wolten dieselbe die Contrascarpen stürmen / da sie dann / ihrer Gewonheit nach / ein erschröcklich Geschrey machten / wurden aber stattlich repousirt / auch bey vorgenommenem Ausfall in ihre Aprochen Hand- und andere Granaten geworffen: wobey von den Käiserlichen etliche wenige / von dem Feind aber mehrer geblieben und blessirt / auch seine Arbeit in etwas aufgehalten worden. Die Infanterie kriegte diesen Tag ihre ordentliche angewiesene Stelle und Stände auf den Bollwerken. Die Parola war: S. Antonius und Grätz. Den 17. Die Nacht vorher und diesen Tag giengen die Tartarn und Türken bey Erdberg über das Wasser / welches damal sehr klein war / in den Pratter-Wald / und von selbigem / wie auch oberhalb bey Nußdorff / über die neue Brücken durch die Au / in die verlassene Leopoldstadt / nachdem vorher die guten Inwohner / so viel ihnen möglich war / nach Wienn salvirt hatten. Darauf steckten die Tartarischen Furien die Stadt hin und wieder in Brand / dadurch nebst Abbrennung der schönen Carmeliter-Kirchen / viel Millionen Schaden geschehen. Die Türken aber fiengen gleich an sich zu verschanzen / und wurde in diesem Tumult ein gefangen genommener Türk in erbittertem Eifer von den Christen lebendig geschunden. Indessen befand sich die Stadt Wienn durch diese Ubergehung der Leo [15] poldstadt nunmehr völlig eingeschlossen / und aller Correspondenz mit der Cavallerie gänzlich beraubet. Massen dann / wann Ihro Hoch-Fürstl. Durchl. der Hertzog von Lothringen die Insul und Brücken hätten behaupten können / nicht allein die Communication mit Ihro Käyserl. Majest. immer wäre offen gestanden / sondern auch / wie jedermann davor hielte / zu seiner Zeit der Succurs und die benöthigte tägliche Zufuhr aus Böhmen / Schlesien / Mähren und andern Orten des H. Röm. Reichs füglich hätte angelangen können. Indem man aber wegen der Rebellen sich jenseit eines Einfalls zu besorgen hatte / hielten Ihro Durchl. der Herzog von Lothringen vor bässer / Leute in die Stadt zu schaffen / und die vier Brücken über die Aerm der Donau mit seiner übrigen Cavallerie und Infanterie zu defendiren / damit jenes Land in salvo bliebe. Bevor aber die Cavallerie völlig aus der Leopoldstadt gezogen / brungen die Türken und Tartarn mit aller Gewalt auf die Brücken an / und suchten sich deroselben zu bemächtigen; wider welche aber Herr General Schulz auscommandirt wurde / der sich eine lange Zeit recht tapfer / um sie von der Brücken abzutreiben / mit ihnen herum geschlagen / welches doch nicht eher erfolgte / als bis die gröste davon abgeworffen worden. In diesem Scharmützel sind / ohne die Gemeine / der Oberst Leutenant Gersdorff / und Herr Wachtmeister Franciscus, Graf von Trautmannsdorff / beede treffliche Soldaten / geblieben. Herr General Wachtmeister Graf Sereni / welcher in selbiger Gegend auch seine Posten versehen / und sich in etwas verspätet / wäre von den Barbarn allerdings / neben etlich wenigen seiner Gefehrten / niedergemacht worden / wofern er nicht in vollem Gallopp über die Brücken entwischt / und etliche Zwerch-Balken hinter sich hätte abwerffen lassen. Sonsten hat der Feind diesen Tag nichts sonderlichs tentirt, noch an seinen Approchen avancirt, ausser daß er eine neue Batterie hinterseits und lincker Hand des rothen Hofs angefangen / auch mit Canoniren und Bomben-einwerffen sehr stark angehalten / doch ohne sondern Schaden. Hingegen wurde von den Belagerten mit Stücken und Steinhinauswerffen auch nicht gefeyret. Die Nacht hindurch / gegen den 18. hujus, hat er an seinen Approchen beederseits etwas avancirt, und in die Breite erweitert / unangesehen / daß die Belagerten ihn mit Hand-Granaten und anderer Gegen-Wehr / von Anfang bis anher / zimlich incommodirt hatten. Heut wurffe man von der Burg-Pastey die erste Bomben wider den Feind / so ihren Effect merklich gethan / und manchen Türken zu schanden geschmissen; weil man befunden / daß die vorhin ausgeworffene Stein wenig oder gar keinen Schaden / wegen des Feinds bedeckten Approchen, zugefügt. So ist auch Herr Obrist Werner auf diesen Tag in der Stadt angelangt. Die Parola war: St. LEOPOLD und Wienn. Den 18. hat der Feind / seiner Gewonheit nach / früh samt dem Tag etlich mal sein Geschütz / sonderlich das schwerere / doch ohne der Belagerten Schaden / gelöst / und damit so wol / als Granaten-werffen / den Tag hindurch angehalten.
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In der Leopoldstadt langs der Donau / vom Ende Herrn Grafen Bertha Garten an / hat er sich aufwärts / gegen der abgeworffenen Brücken / bis an den güldenen Straussen / und von diesem hinterwarts in der Gassen / gerad vor der Brücken / die Land-Straß mit einer Traversen verarbeitet und verschanzet; auch die Nacht über / ungehindert des starken Feuer- und Granatenwerffens / so auf Seiten der Belagerten geschehen / mit seinen Trenchées gegen beede attaquirte Bollwerk avancirt, auch sich in die Breite erweitert / und eine neue Batterie / unweit des Ravellins des Burg-Thors / unter und linker Seiten des rothen Hofs angefangen; welche ihm aber zu verfertigen / gleich den folgenden Tag darauf / als den 19. von der Burg-Pastey verhindert wurde. Eben diesen Tag kam ein übergelauffener Christ / in der Stadt an / welcher aber wenig zu berichten muste / weilen er erst in Berennung der Stadt war gefangen worden. Die Parola war: S. Peter und Rom. Den 19. früh gieng das Canoniren stärker / als sonsten / an währete aber nicht über zwey Stund; ward auch meistens auf die Käiserliche Burg gerichtet / welche sehr heßlich durchlöchert wurde: auch flogen viel Bomben und Stein in die Stadt. In der Nacht hatte der Erbfeind die Batterie / welche zu verfertigen er sich den Tag zuvor muste verhindern lassen / zur Vollkommenheit gebracht / auch seine Approches gegen beede attaquirte Bollwerk / nemlich die Burg- und Löwel-Pasteyen / mit doppelten Communications-Linien angefangen. Wovon ihn abzuhalten die Käiserlichen einen Ausfall gethan / welchen einer Seits Herr Christoph Samson von Steinbach / Hauptmann des Mannsfeldischen: ander Seits Herr Guido Graf von Stahrenberg / Hauptmann des Stahrenbergischen Regiments / mit guter Courage und Conduite geführet / und neben denen niedergemachten einem Gefangenen eingebracht haben / welcher ausgesagt: Daß der Feind über 100000. Mann Combattanten stark sey / darunter 10000. Janitscharen / 20000. Voluntiers / welche Janitscharen zu werden / als gleichsam Candidati, verlangen; der Uber-Rest Cavallerie wäre; Raab würde annoch mit 20000. Janitscharen durch 2. Bassen bloquirt gehalten / und zweiffle der Groß-Vezier gar nicht / dieses mal Wienn / Raab / und andere Ort noch mehr / zu emportiren. An Fourage / Munition / und Vivers / wäre im Lager kein Mangel / sondern aller Uberfluß / sc. Abends um 6. Uhr entstunde durch vielfältiges feindliches Bomben- und Feuereinwerffen eine Brunst unter dem Land-Haus / gegen dem Buchheimischen Haus über (wo sonsten der Königliche Spanische Ambassadeur sein gewöhnliches Logiament hatte /) in einem Stall / welches nebst dem Buchheimischen Saal / unterschiedlicher grosser Herren Marställe hinweg gefressen. Weilen aber Ihre Hochgräfl. Excellenz / Herr General von Stahrenberg / mit höchster Vorsichtigkeit / auf dergleichen sich begebende Fälle / 250. Mann verordnet / und [17] hin und wieder in den Gassen der Stadt ausgetheilet hatte / ist dieses Feuer bey Zeiten glücklich gedämpffet worden. In der Leopold-Stadt hatte der Feind diese Nacht gänzlich verschanzt / und zwey Batterien aufgeworffen: eine an dem Wasser oberhalb Herrn Grafen von Berkha Garten; die andere überzwerch der Gassen unter dem Schöffstadel: auch die vorige Travers, hinter dem güldenen Straussen über die Gassen / mit 2. Canonen besetzt / und unter dem Thor des güldenen Straussen ein paar Schanz-Körb aufgesetzt / ein Stück dahinter zu stellen / welches aber von dem stetigen daraufschiessen / durch die Käiserlichen trefflich verhindert wurde. Massen dann nicht weniger die vorbemeldte Batterien unter dem Schöffstadel / und ober Herrn Grafen von Berkha Garten / von der Biber-Pastey und Untern-Fallen / gleichmässig stark disputirt und beschossen worden sind. Sonsten sind etliche Souchische Soldaten / gegen einem vornehmen Türken und etwas von Geld / ausgewechselt worden / da dann der Tampour, der sie abgeholt / mit 3. Ducaten vom Groß-Vezier regalirt worden sc. Die Parola war St. Antoni und Padua. Den 20. fienge der Feind abermal / wie gestern / frühe an zu canoniren / womit er auch neben Einwerffung der Bomben / gleichfals den ganzen Tag über angehalten. In der Leopold-Stadt führte er / in die gestriges Tags gebaute Batterien / Stück / und pflanzte Mörser / von welchen hernach so wol Menschen als Häuser grossen Schaden gelitten / wie an dem Fleischmarkt zu sehen. Hingegen haben die Käiserliche auf die Biber-Pastey auch schwere Stück hinauf gebracht / und die Bettungen diesen Tag und Nacht über verfertiget. Nicht weniger erlangten heut durch emsigen Fleiß der Belagerten / unterschiedliche Traversen und Linien auch Caponiers zur Gegenwehr / gegen dem Wasser und Schlagbrücken / ihre Vollkommenheit / welche den Tag und Nacht zuvor angefangen waren. Wurde auch der Eingang zur Brucken / nach dem selbe zum theil schon abgetragen und abgebrandt war / verbauet. Die Batterie / welche der Feind linker Seiten an dem Rothen Hof den Tag zuvor angefangen hatte / vergrösserte er mit einer andern ein wenig beyseits / in der Leimg’stätten / und fieng darauf an gegen dem Löwel zu canoniren; von wannen aus ihme diese Batterie nicht so sehr / wegen Enge und übelen Beschaffenheit der Pastey / als die andere von der Burg-Pasten aus / hat können disputirt und beschossen werden: Dahero absonderlich jene / vornemlich deroselben Cavalier / noch mehrern Schaden als diese / leiden muste. Sonsten wurde den Tag und Nacht hindurch / beederseits mit Bomben und Stein-werffen al’ ordinaire fortgefahre / und thate der Feind damit immer Schaden / welches aber von Seiten der Käiserlichen reichlich erwidert worden. An seinen Approchen hingegen hat er nicht sonders tentirt. In der Stadt wurde offentlich kund gemacht / daß der jenige / welcher über die Donau zu Ihro Hofürstl. Durchl. dem Herzog von Lothringen sich mit Brie [18] fen wagen wolte / von demselben eine gute Verehrung von de Stadt aber hundert Ducaten zu empfangen haben solte / wann er schon keine schriftliche zuruck brächte / sondern man nur durch eine jenseits der Donau in der Höhe aufgesteckte Fackel / der überlieferten Schreiben halber / eine versicherte Losung erblicken liesse; doch hat damal sich niemand gefunden / der sich deswegen hätte angemeldet. Zwey Uberläuffer so bey den Türken gefangen gewesen / berichteten: 1. Daß der Feind wiederum einem grossen Succurs bekommen / und mit denen bey sich habenden Canalien auf 200000. Mann stark sey. 2. Daß Mödling / Baden / und Petersdorff / sich zwar mit Accord ergeben / ihnen aber keine Parola gehalten worden sey / und daß der Feind mit ihnen anders nicht gehandelt / als / was ihme tauglich gefangen genommen / die andere nidergemacht habe. 3. Daß der Türck schon in die 200000. gefangene Christen nacher Türkey verschicket. 4. Daß zwey Fräulein / so sich zwar auf ihr Schloß retiriret / nachgehends aber auf grimmiges Anlauffen des Feindes gedrungen worden / sich zu ergeben / mit diesem Accord: So sie ihme 10000. Gülden reichen würden / er ihnen im geringsten nichts arges widerfahren; sondern auch zu allem Uberfluß / wohin sie verlangten / convoiren lassen wolle: Da aber selbige das äusserste gethan / und nicht allein die verlangte Summa / sondern auch alles Geld / so sie gehabt / dargegeben / ungeachtet alles dessen / gleichwolen wie andere in barbarische Dienstbarkeit weggeführet habe / sc. Die Parola war: St. Johannes und Linz. Den 21. gienge das gewohnliche frühzeitige Canoniren und Einwerffen der Bomben abermal an / und taurte den ganzen Tag fort und fort / wobey man vermerkt / und Ihro Excellenz / Herrn Generaln Grafen von Stahrenberg / hinterbracht / daß der Feind mit mehrern schwerern Stücken / als bis anher / geschossen habe. Aus dem Ort / welchen wann zwey Tag zuvor niemalen vor eine Batterie gehalten / und ihme zu verfertigen bis anhero mit canoniren / von der Burg- und Löwel-Pastey / verhindert worden / begunte er mit anbrechendem Tag Bomben zu werffen / dahero alsobald mit Stucken darauf gespielet / und ihme merkliche Hindernus daran geschehen; also daß er den ganzen Tag weiter nichts werffen können. Auf der obern Löwel-Pastey / hat Herr Obrist Leutenant G'schwind / aus Befehl des Herrn Commendanten / Grafen von Stahrenberg / an statt der grossen Face, grosse Scharten von Holz machen lassen / um die Leute und Stuck bässer zu versichern / weilen der Feind sehr stark darauf geschossen. Ingleichem hat man auch auf der untern Löwel / der Ursachen halber / die Brustmehr durch die Maur durchbrechen / und Schieß-Scharten einschneiden lassen. Diese Nacht ist ein Kundschafter von Ihro Durchl. dem Herzog von Lothringen / durch vier Aerm der Donau / ohnangemerkt der türkischen Schildwachen / so an dem Gestad hin und wider aufgestellt gewesen / mit Schreiben in der Stadt angelangt / darinnen der ungezweifelte Succurs und Entsatz der Stadt versichert worden. Die Guarnison bekam heut einen halben Monatsold / wurde auch sonsten [19] unter der Burgerschaft allgemach alles in eine bässere Ordnung eingerichtet / welche obbemeldter massen in Compagnien eingetheilet / theils zur Aufsicht des Feuers / theils zu der Arbeit vertheilet und angewiesen worden. Ihro Excellenz / dem Herrn General und Commendanten / stellete sich Herr Johann Georg Wilhelm Rueß / welcher deroselben fürohin aller Orten als Adjutant, neben dero Ordinari-Adjutanten / Herrn Hauptmann Kalkreuter / Herrn Hauptmann Heistermann / und Herrn Leutenant Burger / folgen / und alle abgehende Ordre und Befehl / der Burgerschaft überbringen solte. Sonsten sind zwey Moldauer in der Stadt als Ubergänger arrivirt. Uber dem Wasser verbaute sich der Feind immer weiter / und hielt / mit Canoniren und Feur-einwerffen / ernstlich an / obwolen / ausser der Ruin der Häuser / kein sonderlicher Schaden daraus entstanden. In seinen Approchen aber / gegen die zwey attaquirte Bollwerk / als Burg- und Löwel-Pastey / hat er nichts avanciret. Auf Seiten der Belagerten ist dieser Tagen der Capitain Leutenant vom Stahrenbergischen Regiment tod geschossen worden. Die Parola war: St. Philipp und Madrit. Den 22. hat der Feind / wie vorigen Tag / angefangen zu canoniren / und Bomben zu werffen / damit aber nicht lang continuiret / auch die vergangene Nacht nichts avancirt / sondern mehrers als sonsten allenthalben still geblieben. Diesen Tag hat man in der Stadt von dem Käiserlichen Residenten / Herrn Baron von Kunitz / einige Nachricht aus dem Türkischen Lager erhalten / daß ihme der Groß-Vezier grosse Hoffnung mache / die Stadt innerhalb wenig Tagen zu erobern. Welchen Abgeschickten aber die Türken auf dem Rückweg aufgefangen / und nicht wieder zu seinem Herren kommen lassen. Jedoch war derselbe so vorsichtig / daß er die in eine Wachs-Kugel zusammen gerollte Briefe / vor seiner Gefangenschaft / von sich hinweg geworffen. Eben diesen Tag haben die Herrn Studiosi dem Feind etlich und zwanzig Stück Ochsen abgenommen / und in die Stadt gebracht. Aus denen Stücken / welche der Feind den 20. und 21. diß in die Leopold-Stadt gebracht / und an das Gestaad der Donau gegen die Stadt gepflanzet hatte / feurete er diesen Tag gewaltig auf die Wasser-Pastey / woselbten Johannes Corneo, ein vortrefflicher Ingegnieur Dienste leistete / schonete auch weder der Kyrchen / noch anderer Gebäuen / welche in selbiger Refier / auf einer Höhe lagen / und über die Stadt-Maur hervor rageten. Vornemlich gieng dieses Ungewitter über die Nonnen-Clöster / und über die ganze Gegend von der Hoch Brück an / bis zu St. Barbara Gassen / allwo die Mauren und Dächer / durch das beharrliche Canoniren und Bomben-werffen / sehr häßlich zugericht worden / daß die Innwohner nirgend / als in dicken Gewölbern / konnten sicher seyn; welche doch in dessen nicht unterlassen / den höchst-gethrönten GOtt mit bußfertigem Gebet / um Gnade und Abwendung alles Unglücks / demütigst anzuflehen. Wie dann auch [20] hochlobwürdig ist / der Eiffer und Andacht / welche die gesammte Burgerschaft / in Besuchung der Betstunden / so ihnen von denen Herren Geistlichen zu gewieser Zeit von der Canzel angekündet worden / (in dem / auf Befehl des Hochgräflichen Herrn Commendanten / das gewöhnliche Geleut mit den Glocken eingestellt verblieben) hat blicken lassen: In dem sie die barmherzige Majestät GOttes auf den Knien Bußthrenend angeflehet / daß sie diese grausame Zorn-Peitsche genädiglich von ihnen abwenden wolle! Ins Zeughaus / auf der Seiler-Stadt / fiel eine Bombe / und wo GOtt nicht absonderlich hätte verhütet / wäre alles in die Lufft geflogen / massen von solcher schon eine Granat entzündet worden / die aber nachmal in dem Sand erstickt. Die Parola war St. LEOPOLD und Wienn.
Den 23. früh / wie auch die Nacht zuvor / hat der Feind / mit Canoniren / und Bomben einwerffen / feine gewöhnliche Contenance gehalten / damit aber gleich aufgehöret / und den ganzen Tag hindurch still gewesen; also daß man des Feinds Absehen nicht wissen kunte / bis er Abends um sieben Uhr / unversehens zwey Minen / an beeden Spitzen seiner Attaques, an denen Angles Saillants der Brustwehr der Contrascarpen, vor der Löwel- und Burg-Pasteyen / springen lassen / und darauf an beeden Orten in denen Contrascarpen / zum drittenmal gestürmet / allezeit aber von den Belagerten / mit Musqueten und Sensen mannhaft abgetrieben worden / also zwar / daß er nicht eine Hand breit avancirt / sondern grossen augenscheinlichen Verlust erleiden müssen / wiewol auch von den Käiserlichen 10. Soldaten verschüttet worden. Zu Merring / beym rothen Thurn / practicirten sich zwey Türken in die Stadt / welche man aber Hand-vest gemacht. So gieng auch ein Corporal von der Stadt Guardi über. In dem über diß der Feind grössere Stuck auf Schiffen in die Leopold-Stadt hinüber bringen wollen / sind ihme von denen Burgern / welche das Juden-Schänzlein defendirten / zwey Stuck / und ein Feuer-Mörser / zu Grund geschossen worden; dannoch konte ihme solche Uberbringung zu Nußdorff und Erdberg nicht vermehret werden. Die Nacht hindurch / ist er mit seiner Ordinari Contenance gangen / hat auch immerfort seine Approchen in die Seiten / bey denen attaquirten Bollwerken erweitert / um selbige recht einzuschliessen / und zu umfangen. Die Parola war: St. Peter und Rom. Den 24. hat der Feind à ordinaire, mit unaufhörlichem Canoniren / Granaten- und Steinwerffen / sich erzeiget. Gegen Mittag / ist Ihro Excellenz / Herrn Commendanten / ein Alarm für Ohren kommen / als wann der Feind in der man Möhrung / bey dem rothen Thurn / am der Brücken minirte. Dahero Ihro Excellenz als welche von empfangener Beschädigung / nicht zu viel ausgehen durfften / den Herrn Baron von Welz / als seinen Eydam / und Herrn Obrist von Rümlingen / welche damal eben die Mittag-Mahlzeit mit Ihro genossen / um die Gewißheit zu erforschen / dahin abgeschickt / und eh solche zurück kommen / ungeachtet dero eige [21] nen Unbäslichkeit / zu Pferd sich dahin begeben / aber auf genaue Obsicht befunden / daß es deß sal. ven. Wasen-Meisters Handlanger seyen / welche einige Todten-Aeser abdeckten / und demnach nur ein falscher Wahn / und Terror panicus etlicher Burger gewesen / welche den Feind schon zu hören vermeinten / als ob er in ihren Kellern minirte. Sonsten hat man vermerkt / daß er die Contrascarpen, auf Seiten beeder attaquirten Bollwerken / minire / und ihme deswegen entgegen gearbeitet. Den Tag über / wie auch die Nacht / ist er stiller als sonsten gewesen. Merkwürdig / daß heutigen Tag / Abends um 5. Uhr / als die Leute in St. Stephans Kyrchen / bey der Predig in grosser Menge versammlet waren / eine Struck-Kugel / bey einem Kyrchen-Fenster / etliche Stücker Stein herunter gerissen / und durch das Fenstern hindurch / an den gegenüber stehenden Pfeiler geflogen / so dann mit grosser Gewalt herunter gefallen; und doch weder von der Kugel / noch von denen zerschmetterten mitfallenden Steinen / einiger Mensch verletzt worden. Die Parola war: St. Antoni und Padua. Den 25. hat der Feind gewöhnlicher massen zu canoniren / und Bomben einzuwerffen / angefangen / dessen aber ziemlich bald müd worden / sondern den Tag hindurch zimlich still gewesen. Ohne daß er von Seiten der Leopold-Stadt mit Bomben-werffen fortgefahren. Abends gegen 5. Uhr / liessen die Türken in ihren Lauffgräben / ihre Pfeiffen / Schellen / und / Glöcklein erschallen / concertirten auch / nach ihrer barbarischen Gewonheit / mit abscheulichem Geheul / dazwischen: Daraus man abgenommen / daß sie ein sonderbares Fest begiengen. Nachdem aber die Käiserliche Infanterie, welche kaum 10. Schuhe von ihnen in dem Graben an der Contrascarpen sich aufhielte / solches vernommen / luden sie die Türken gar höhnisch auf ein Tänzlein ein. Wie dann alsobald darauf es an Lufftspringen nicht gemangelt: Sintemal die Türken eine neue Mine / in der Contrascarpen vor der Face, des Ravellins / am Burg-Thor / auf welcher er immer fort seine Approchen avanciret / unter den Pallisaden / springen liessen / durchwelche neben 200. der Ihrigen / etliche Pallisaden mit Grund und Boden / samt 10. Käiserlichen Soldaten / in die Lufft geflogen. Worauf ein hiziger Scharmützel erfolgt / der eine ganze Stund gewähret / weilen die Türken Hauffenweis / zu der durch die Mine gemachte Lucken / auf die Contrascarpen hinein zu dringen / sich unterfangen: Durch ritterlichen Widerstand aber der Belagerten / zum drittenmal / mannhaft zurück geschlagen / und die gesprengte Pallisaden alsobald wieder ersetzt wurden. Ja es haben sich die Käiserliche gar in des Feinds erste Lini logirt / wobey Herr Hauptmann Schwemnitz / vom Stahrenbergischen Regiment / todt geblieben; Herr Guido / Graf von Stahrenberg / wie auch Herr Rümpler Ober-Ingenieur blessirt / und nach dieser Rencontre, Herr Obrist Leutenant Walterer / vom Würtembergischen Regiment todt geschossen worden. In dem es sich aber auf Seiten der Käiserlichen zu ziemlicher Confusion ließ ansehen / schickte Herr General Wachtmeister Graf Sereni / welcher diesen Tag in denen attaquirten Posten Dienst that / [22] hundert frische Männer zu Hülffe / welche mit Hand-Granaten vielen Türken die Köpff herunter schlugen / die hernach auf die Pallisaden / und Pfähle auf der äusseren Contrascarpen, dem Feind vor die Augen gesteckt wurden / dabey er sich errinnern möchte / daß die Vestungen der Christen / nicht mit Pfeiffen / Glöcklein / und Schellen / wie etwann die Mauren zu Jericho / vielweniger durch barbarisches Geheul / erobert werden / sondern hierzu seye eine grössere Tapferkeit / als bey den Türken befindlich / vonnöthen. Ihro Excellenz / Herr General Graf von Stahrenberg / welche eben zu derselbigen Zeit die Abschnitt / Caponiren, und andere Arbeit in dem Graben / und Vorposten / dero Emsigkeit nach visitirten / sind durch einen Stein an der Hand / auf das neue verletz worden. Die Nacht hindurch hat der Feind nichts avancirt / sondern allein seine Approchen etwas erweitert. Den 26. früh / hat sich der Feind mit Canoniren und Bomben-werffen al’ordinario hören lassen; damit aber den Tag hindurch weniger als sonsten continuiret; also daß die in der Stadt besorget / er werde etwan wiederum eine Mine springen / und darauf stürmen lassen. Fieng auch heute an wiederum in dem Garten vor dem rothen Hof / und dem dabey stehenden Ziegel-Ofen zu bauen / von dar gegen der Löwel- und Burg-Pastey zu canoniren; welche aber zu verfertigen / ihme von bemeldten Orten äusserst verwehret wurde. Nachmittag gegen 5. Uhr / haben die Belagerten eine Mine ausser der Contrascarpen vor der Face deß Ravellins des Burg-Thors gehen lassen / welche aber ohne den verhofften Effect abgangen / und drey Arbeiter verschütt. So gerieth auch der jenige Bot / welchen oberzählter massen / Ihro Hochfürstl. Durchl. der Herzog von Lothringen / mit Briefen an den Hochgräfl. Herrn Commendanten geschickt hatte / auf seiner Ruckreise / durch Verkundschaftung / in der Türken Hände / welches daher abzunehmen / weilen der Feind / die mit Zifern verfertigte Antwort / an einem Pfeil / wiederum in das Ravellin vor dem Burgthor / geschossen / mit angehängten etlichen Lateinischen Linien dieses Innhalts: Hiemit schicken sie / die an den Herzog vergebens gestellte Schreiben / zurücke / weilen der elende Zustand der Stadt Wienn albereit Weltkündig / und eine Straff des gerechten GOttes sey / welcher die Treubrüchigkeit der meineidigen Christen straffen wolle / indem sie den Accord nicht gehalten / und dem Türkischen Käiser zu diesem Krieg genöthiget haben. Welches aber von dem Heldenmüthigen Herrn General Stahrenberg / mit nichts anders / als heftigem Canoniren beantwortet worden. Nachmittag zwischen 4. und 5. Uhr / stürmete der Feind die Contrascarpe sehr stark / und sind wirklich zehen Mann über die Pallisaden hineingesprungen / so von denen Käiserlichen gleich erlegt / und noch halb lebendig geschunden / die übrigen aber wiederum zuruck geschlagen worden. Die Nacht hindurch vermerkte man eine schier ungewöhnliche Stille / und sind Ihro Durchl. der Herzog von Lothringen von denen Brücken abwärts marchirt. Die Parola war: St. Philipp und Madrit.
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Den 27. canonirte der Feind den ganzen Tag hindurch weniger als sonsten / und hatte man vor dem Einwerffen der Bomben zimliche Ruh. Gegen vier Uhr aber / hat er in dem Angle Saillant der Contrascarpen vor der Burg-Pastey / wo er voriges mal schon / den 23. dieses / die Mine springen lassen / gestürmet / bekam aber gut Stösse / und wurde tapfer abgetrieben. Da dann Herr Carl Burkhard von Gallenfels / Obrist Wachtmeister unter dem Mannsfeldischen Regiment / sich trefflich wol gehalten aber in der Blüthe seiner Jahren / von einem giftigen Pfeil getroffen / gleich gestorben. Die übrige haben mit so erhitztem Muth gefochten / daß Herr General Wachtmeister / Graf Sereni / weder den Pfeil / der ihm in seine rechte Schulter gefahren / noch die Wunde gefühlet / bis ihme von Antonio Adelberto de la Gatte, einem Leutenant des Souchischen Regiments / solches angezeiget worden / worüber derselbe ihme den Pfeil heraus ziehen müssen. Damal wurde auch des Souchischen Regiments Obrist Wachtmeister / Franciscus Christoph Montenelli / verwundet; nachdem er aber wiederum restituirt / empfieng er von dem Herzog von Würtemberg die Obrist-Lieutenants-Charge. Sonsten iste diese Nacht von den Käiserlichen eine zimliche Anzahl gemeiner Fuß-Knechte drauf gangen. Es wurde diesen Tag kundt gemacht / daß die übrige Innwohner der Stadt / was Stands oder Condition sie immer seyn möchten / wofern solche zu den Waffen tüchtig / und bisher weder bey gemeiner Stadt / noch bey der Militz / noch bey der Universität / in die Rolle eingezeichnet worden / sich nunmehr aus ihren Schlupflöchern einfinden / und aus dem Burgerlichen Zeughaus mit Gewehr versehen lassen / auch so bald sie das gewöhnliche Sturmzeichen / mit allen Glocken der Stadt / geben höreten / auf dem neuen Markt erscheinen sollen. Die Parola war: St. Johannes und Crembs. Den 28. flogen aus der Leopold-Stadt viel Bomben in die Stadt / sonderlich auf den Löwel / davon eine unfern des Thors / in ein Haus / zum güldnen Wolff genannt / mit solchem Krachen und Praßlen gefallen / daß der gröste Theil des Ziegeldachs dadurch zerschlagen / und die Stücker in allen Gassen / nicht ohne Verletzung der Vorüberwandelnden / herum gesprenget wurden. Um diese Zeit haben auch viel / von den Türken und Tartarn gefangene Christen / ihren Vortheil ersehen / und sich in die Stadt geflüchtet / denen allen die Türken die Haar vom Kopff geschoren / und sie nach ihrer Mode gekleidet / darinnen sie dann auch auf gezogen kommen. Im übrigen begunnte er von der neuen Batterie bey den Ziegel-Oefen / welche er den 26. zu bauen vor genommen / gegen dem Löwel zu canoniren / und etwas stärker als die Tage zuvor / absonderlich mit Bomben-werffen anzuhalten. So gieng diesen Tag ein Reuter / der vorgehends gefangen worden / herüber / wufte aber wenig zu referiren. In der Nacht verbässerte der Feind nach Gewonheit seine Approchen, erweiterte solche in beeden Seiten gegen der Contrascarpen, und avancirte längst derselben. Die Parola war: St. Maria und Loreto.
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Den 29. das Canoniren von einer neuen Batterie / an dem Graben des rothen Hofs linker Hand / welche der Feind / den Tag und Nacht zuvor / von Schanz-Körben aufgericht / gieng zwar an / aber ohne lange Continuation; wie er dann auch von andern Orten seiner Batterien damit inngehalten. Hingegen wurde mit Bomben-werffen etwas mehrers fortgefahren. Nachmittag zwischen 4. und 5. Uhr / hat er an dem Angle Saillant der Contrascarpen, vor dem Ravellin des Burg-Thors / eine Mine mit guter Wirkung springen lassen / wodurch er in die 15. dreyfache Pallisaden ruinirt / auf 20. Käiserliche Soldaten verschüttet / und wol 50. blessirte: Hat aber / weder Sturm / noch sonst etwas / vorgenommen. Die Belagerten hingegen / fiengen gleich wiederum an / die Pallisaden zu setzen / und bey Nacht dieselbe widerum völlig zu versichern; in welcher der Feind zwar zimlich still / jedoch seine Linien immerfort erweitert / und bässer zu versichern gesucht. Die Parola war: St. Carl und Brüssel. Den 30. hat der Feind früh von der neuen Batterie in dem Garten des rothen Hofs / welche er den 26. zu bauen angefangen / zu verfertigen / aber bis dahero / von der Burg-Pastey aus / mit Stucken verhindert wurde / das erste mal gegen gedachte Burg-Pastey / von dem Ziegel-Ofen gegen dem Löwel / was mehrers zu canoniren angehalten / damit aber bald wieder nachgelassen / weiln von der Burg-Pasten so wol / als von der Löwel / und dessen linker Courtine (allwohin den 25. dieses drey Stuck gesetzt worden) dahin geschossen / dadurch ihme das Canoniren verhindert wurde. Doch hat er der Löwel-Pastey jederzeit stärker zugesetzt / und ist derselbigen überlegen gewest / weilen der Situs dieser gar eng / und sonsten / Stuck dahin zu setzen / mangelhaft ist. Nachmittag hat er eine Mine in dem Angle Saillant der Contrascarpen vor der Burg-Pastey springen lassen / welche aber ohne sondern Schaden der Käiserlichen / indem nur drey Mann geblieben / abgeloffen ist. Gegen Abend um 8. Uhr / liessen die Belagerten daselbsten auch eine Mine springen / durch welche in 200. vom Feind verdorben. Wobey sich ferner ereignet / daß der Feind eine Bomben auf die Burg-Pastey / eben an einen Käiserlichen Pöller geworffen / und in dem sie gesprungen / denselben auch angezündet; wobey Herr Obrist Leutenant G'schwind stunde / und beobachtete / daß die Bombe in des Feinds Approche gefallen / und alldorten guten Effect gethan. Die Nacht über ist an Seiten des Feinds nicht viel geschossen / oder sonderliches verrichtet worden; und weil die Blessirten täglich zunahmen / als verordnete Herr Burgermeister von Liebenberg / daß jedes Haushalten einen Strohsack hergeben muste / die Blessirten darauf zu legen / welche hin und wieder in die Klöster verlegt / und daselbsten wol bedient und verpflegt wurden. Man sahe auch auf dem Stephans-Thurn / daß viel Schiffe mit Soldaten / auf der grossen Donau / die Brücken passirten / welches ein gutes Omen war. Bisher hatte der Feind sich auch bemühet / die Donau abzugraben / damit selbige nicht in die Stadt lauffen / sondern deroselben Arm austrücknen solte; weilen [25] aber solches nicht allerdings angehen wollen / hat er diese Nacht Schiffe an die Schlagbrücke gehängt / und darauf Flöß anrinnen lassen / in Willens / weilen bey dem rothen Thurn / die Fortification am schwächsten / alldorten Sturm zu lauffen. Die Parola war: St. Paulus und Grätz. Den 31. früh gegen 7. Uhr hat der Feind von seiner Batterie / in dem Garten des Rothen Hofs / gegen der Burg-Pastey / etwas stärker zu schiessen angefangen / und gleich anfangs daselbsten zwey Lavetten ruiniret / nicht zweifflend; es werde bey ihme auch nicht ohne Schaden abgegange̅ seyn: Indeme diesen und den vorigen Tage Haupt-gute Schüsse dahin geschehen / und er bald hernach mit zwey Stucken weniger als Anfangs geschossen / auch den Tag über nicht viel weiters mit Schiessen angehalten: Unter andern aber wiederum eine Bomben auf die Burg-Pastey eingeworffen / welche einen Pöller entzündet / und die geladene Bomben hinaus geworffen / wobey / wie auch den vorigen Tag / Herr Obrist-Lieutenant G'schwind in gröster Gefahr gewesen: Indem er jedesmal nähst bey denen nidergefallenen Bomben gestanden. Ihro Excellenz / Herr General von Stahrenberg / haben den ganzen Nachmittag auf der Kärndter-Pastey mit Trompeten und Paucken / dem Feind zu Trutz / herrlichst musiciren lassen / auf welche auch nach dero Vermerkung / der Feind gleich stark canoniren lassen / damit aber nichts effectuirt. Die Nacht hindurch hat der Feind die Käiserlichen immerzu allarmirt / und in stätem Feuer gehalten / in deme er in dem Graben vor dem attaquirten Ravellin zu kommen suchte. Diesen Tag wurde Herr Obrist Werner blessirt / in der Nacht aber hat Herr Obrist-Leutenant G'schwind / aus Befehl Ihro Excellenz / Herrn General von Stahrenberg / alle Stuck von dem obern Löwel ab; und drey davon in die Courtinen linker Hand des Löwels / (allwo vorhin schon drey andere stunden /) die andern in den untern Löwel führen lassen: Weil die Stuck daselbst nicht allein des Feindes Stücken zu viel exponirt waren / und man nicht dafür versichert werden konte; sondern auch / wegen Höhe des Posto, des Feindes Batterien nicht wol rasiren können. Die Parola war: St. LEOPOLD und Wienn. Augustus. DEn 1. Augusti ist der Feind den ganzen Tag über mit Canoniren und Bomben-einwerffen zimlich still gewesen / hat auch die Nacht über / nichts sonderliches vorgenommen; ausser daß er einmal versuchte die Pallisaden der Contrascarpen vor dem Angle Saillant anzuzünden und einzureissen / wobey aber sehr unfreundlich empfangen worden. Die Nacht zuvor und diesen Tag über hat er angefangen an der Burg-Pastey über die Pallisaden Erden zu werffen / wie auch an dem Ravelin vorm Burg-Thor; und mit diesem Modo, seine Approchen und Linien zu avanciren / ist gleich Anfang und bishero umgegangen; Wobey von den Käiserlichen immerfort des Terrain muthig disputirt / ihme auch niemals überlassen wurde / er habe dann dieselbige durch Untergrabung der Erden / [26] den Fuß zu weichen gezwungen. Zwischen 8. und 9. Uhr schlug abermal eine Stuck-Kugel in die St. Stephans-Kirchen unter der Sonntags-Predigt / fast auf obbeschriebene Art und Weise: Wurde aber unter etlich 1000. Anwesenden nur ein einiges Weib an den Füssen über beschädiget. Die Parola war: St. LEOPOLD und Wienn. Den 2. Augusti donnerte der Erbfeind in aller frühe grausam auf die Cappuciner-Kirchen / warff auch aus einem Pöller eine Feur-Kugel durch das Kirchen-Dach in ein Gewölb / worüber das erschrockene Volk von der Beicht / so gut es gekont / die Flucht genommen; bald aber / als man verstanden / daß kein fernerer Schaden daraus erfolgt / bey ihrer Andacht sich wiederum eingefunden. Sonsten verhielt sich der Feind more solito, versuchte allein über die Pallisaden zu kommen / zu welchem Ende er viel Erden an den Ort des vorigen Tags darüber eingeworffen. Abends zwischen 7. und 8. Uhr liessen die Belagerte in den Contrascarpen gleich an dem Angle Saillants, vor der Face der Burg-Pastey / eine Mine / mit zimlichem guten Effect springen / absonderlich da zugleich von ihnen auch Bomben darzu geworffen worden / dadurch dem Feind merklicher Schaden geschehen. Die Nach hindurch suchte er abermal sich der Pallisaden zu bemächtigen. Eodem hat der Feind zu Nuß-Dorff und Closter Neuburg (derer Orten er sich längsten bemächtiget) alle Schiff und Flöß los gemacht / und herunter auf den Schlag-Brücken Arm geländet / und rinnen lassen / welche sich auch an denen Jochbäumen der Schlag-Brücken so hart und häuffig gestossen / daß man ganz sicher darüber gehen können. Weilen nun dieses zweiffels frey zu seinem grossen Vortheil angesehen / und zu besorgen war / der Feind möchte eine Brücke herüber machen / als haben die Wiennerische Schiffer und Fischer / so Herr N. Burger / Leutenant und Adjutant unter dem Stahrenbergischen Regiment / aus Befehl Ihrer Excellenz / des Herrn General Stahrenbergs / commandirt / etliche Nacht stark daran gearbeitet / solche entweder zu durchbohren und zu versenken / oder zu verbrennen / oder aber abzuledigen / und in den / zwischen den obern Fallen und dem neuen Thor / gegen dem Arsenal lauffenden Canal zu über führen. Wie sie dann die Nacht hindurch 10. bis 12. Schiff hinweg gebracht; als aber der Feind solches vermerket / hat er aus der Leopold-Stadt Feur auf sie gegeben / also daß zwey aus denen Schiff-Leuten geblieben. Die Parola war: St. Franciscus und Florenz. Den 3. gegen Tag / gelangte eine Käiserliche Parthey / von 30. Pferden / welche die Nacht zuvor ausgegangen war / mit einer guten Beute von 50. bis 60. Stuck Vieh wieder zuruck / davon der halbe Theil den Armen / und kranken Soldaten zugeeignet wurde; die andere Helffte aber denen Partheygängern zur Recompens geblieben. Sonsten hat der Feind früh / und den Tag über / weniger / als die Tage zuvor / canonirt; massen es schon etlich Tag vorher das Ansehen gehabt / und auch heut mehrmals vermerkt worden / daß der Feind nicht viel Vorraths an den Kugeln habe / in dem er nicht allein die aus der Stadt hinaus geschos [27] sene Kugeln / sondern auch sonsten Degen-Knöpff / und allerley anders zerhacktes Eisen und Stein herein geschossen. In der Nacht gegen zehen Uhr / hat der Feind die Angle Saillants der Contrascarpen, vor dem Ravellin des Burg-Thors / wiederum attaquirt, emportirt, und sich in die Conttascarpen logirt; welche / ob es ihm zwar eine gute Weile disputirt wurde / also daß er das vierte mal daraus geschlagen / zuruck weichen müssen / endlich ihme doch hat müssen überlassen werden. Und ist bey dieser Action Herr Obrist Leutenant Kotlinsky / vom Stahrenbergischen Regiment / Herr Hauptmann Lornee / und ein Fendrich von eben diesem Regiment tod geblieben / Herr Hauptmann Kotlinsky aber blessirt worden. Den Feind sahe man sein Langer verändern / und theils abbrennen / auch viel Trouppen wiederum eben diesen Weg marchiren / den sie hervor kommen waren. So starb auch diesen Tag / mit allgemeinem grossen Bethauren / Herr Obrist Lieutenant Rümpler aus Meissen / der vortreffliche Ingenieur / theils an seiner Blessur / theils schlecht observirten Diaet. Welcher schon Anno 1676. vor Philippsburg stattliche Proben seiner Wissenschafft erwiesen / und dannenhero bey Ihro Hoch-Fürstl. Durchl. Prinz Hermann / Marggrafen zu Baden / sich dergestalten insinuiret / daß dieselbe ihr nach Wienn beschrieben / und in Käiserliche Bestallung aufnehmen lassen. Demnach auch noch bis dato, sich einige / zum fechten capable Personen / hin und wieder in Schlupff-Winkel verkrochen / und ihre Namen nicht aufschreiben lassen; als wurden dieselbe nochmal / durch offentlichen Trommelschlag / und zwar bey Straffe in das Fenster aufgehängt zu werden / zu den Waffen beruffen / welche sie nach überstandener Belagerung wieder weg legen / und nach Belieben ihrer Freyheit pflegen möchten. Darüber sich ihrer sehr viel angemeldet / derer jeglicher drey Reichsthaler auf die Hand empfangen / und mit Brod und Wein / gleich den andern / versehen wurde. Massen aus Freygebigkeit Ihro Hoch-Fürstlichen Gnaden von Schwarzenberg / wie auch aus Gutthätigkeit der Ordens-Leute und vermöglichen Bürger / keinem Soldaten / wer der auch seyn möchte / es niemal an Wein gemangelt. So hatten Ihro Hochgräfl. Excellenz / der Herr General Stahrenberg / mit Beyhülffe der Stadt-Obrigkeit / diese Anstalt gemacht; daß die Geistlichen und Ordens-Leute / Burger und Innwohner / zu Unterhaltung und Erfrischung der Soldaten / allezeit den hundertesten Eimer Wein auslieffern solten / welches auch ohne einige Widerspenstigkeit geschehen. Nicht weniger musten der abwesenden Käiserlichen Ministren / und anderer grossen Herren wolgespickte Weinkeller / ihre milde Hand aufthun / auch die Paläste und stattliche Gebäue / zu Bewirthung der Officir sich bequemen. Die Parola war: St. Carl und Madrit. Den 4. frühe hat man auf Käiserlicher Seiten gleich angefangen / dem Feind sein Logiament in der Contrascarpen zu ruiniren; wie man dann samt dem Tag / von allen Orten / da es geschehen konte / die Stücke dahin spielen lassen: Es sind ihme auch die Pallisaden angestecket und abgebrennet worden / also daß er den gan [28] zen Tag nichts avanciren können. Doch mit canoniren eben so wenig / als die Belagerten / gefeyret / wiewol ohne sonderlichen der Stadt zugefügten Schaden. Den Abend gegen sieben Uhr / liessen die Belagerten gegen der Löwel zwey Minen / mit sonders gutem Effect / gehen / durch welche von den Türken viel verschüttet / und in die Lufft gesprenget worden. Diesen Tag ist ein Polack herüber gelauffen / welcher ausgesaget: Daß unsere den Tag zuvor mit dem Feind / welcher 2000. Mann zu recognosciren ausgeschicket / getroffen / und derselben über tausend erleget hätten; übrigens aber die ganze succurrirende Armee / in der Gegend Laxenburg / und oberhalb Closter Neuburg stehe. Oberhalb deß Wiennerwalds wäre auch ein Corpo von den Käiserlichen / welches eben diesen Tag dem Feind tausend Wägen Fourage abgenommen / und alles dabey in die Flucht geschlagen: Es wäre der Feind nicht Willens / mehr lang vor Wienn zu bleiben / und hätte schon zwey Bassa / darunter einer aus Natolia sey / verloren. Der Groß-Vezier liesse sich alle drey Tag / in einer mit eisernen Platten beschlagenen Senften / in die Approchen tragen / sc. Die Nacht hindurch / setzte der Feind abermal an der Contrascarpen des Ravelins vor dem Burg-Thor / allwo er sich den dritten zuvor postiret / sehr stark an / avancirte aber ganz nichts; wie er dann auch zwischen ein und zwey Uhr / an dem Angle Saillant der Contrascarpen der Burg-Pasteyen / einen Anfall gethan / weiters aber nicht / als bis an die Pallisaden sich zu logiren vermocht. Mit anbrechendem Tag / hat man vermerkt / daß der Feind in den Reickowitzischen Garten just gegen der rechten Face der Burg-Pastey / eine Batterie zu bauen angefangen / so ihme aber von den Belagerten stark beschossen worden. Die Parola war: St. Erasmus und Olmitz. Den 5. unterließ der Feind nicht / mitten unter dem ernstlichen Canoniren / und Granaten-werffen der Käiserlichen / unverdrossen zu arbeiten; massen dann / ungeacht des beschehenen tapfersten Widerstands / sie endlich aus der äussersten Contrascarpen, den Grund über die andere Reihen / der von den Belagerten gesetzten Pallisaden / in den tieffern Graben des Ravelins geworffen; in Hoffnung / selbigen Graben der Contrascarpen gleich zu machen / damit auf ebenem Wege ihnen das Stürmen desto bässer von statten gehen möchte: Allein war sich nicht weniger zu verwundern über die Mannhaftigkeit der Käiserlichen Soldaten / welche durch die Gegenwart des Helden-mütigen Herrn Commendanten / (der auch die geringsten Musquetirer / mit höchster Leutseligkeit / als Brüder angesprochen /) aufgemuntert / mit unverzagter Tapferkeit den Feind auf das schärfste abgetrieben haben. Sonsten hat derselbe weniger / als die Täge zuvor / canonirt. Man sahe heut / daß die Stuck aus dem Lager geführet wurden / muthmaßlich gegen die Käiserliche Armee / welche / daß sie in der Gegend Closter Neuburg stünde / von einem Türken / so etliche von der Frey-Compagnie / worüber Herr Ambrosius Frank Hauptmann war / heut / in einem Ausfall / in der Unger-Gassen / gefangen bekommen / und in die Stadt gebracht / mit eben denen Umständen / wie der den gestri [29] gen Tag übergeloffene Polack gemeldet hatte / bekräfftiget worden. Gegen fünf Uhr Nachmittag / ist unser Seits eine Mine in der Contrascarpen, vor der Burg-Pastey gesprenget worden / aber mit gar schlechtem Effect. Die Nach hindurch hat der Feind nichts sonderliches vorgenommen; ausser daß man mit dem Tag gemerket / daß er sich in unsere Minen logirt / auch ander Orten / durch saponiren und miniren / in den Graben zu kommen versucht habe. Mit anbrechendem Tag hat man seine Trouppen immer in Bereitschaft gesehen. Den 6. liessen Ihro Hochgräfl. Gnaden / Herr General Graf von Stahrenberg / dero Ligerstatt / mit anbrechendem Tag / vor dem Vorhof der Käiserlichen Burg / wo sonsten die Käiserliche Leib-Wacht sich aufzuhalten pfleget / zubereiten; damit dero Excellenz auf vorfallende Begebenbeiten / alsobald zur Hand seyn möchten. Im übrigen hat der Feind noch in der Nacht stark angefangen zu canoniren / und Bomben einzuwerffen / damit aber bald wiederum aufgehöret / auch den Tag hindurch ganz still gewesen. Nachts zwischen 9. und 10. Uhr / hat er in der Contrascarpen vor dem Ravellin des Burg-Thors / allwo er vorhin schon postirt gewesen / versucht in den Graben zu kommen / und in dem er daselbst Alarm gemacht / auch mit Einwerffung Sand- und Woll-Säck den Versuch gethan / hat er in der Contrascarpen vor dem Löwel eine Mine gesprengt / und eben durch gleiche Mittel vermeint in den Graben zu kommen: Der Alarm war groß / und die Confusion unter den Belagerten nicht gering / dahero viel blesirt / und Herr Obrist-Leutenant Leßlie / (nachdem er vorhero Ihro Hochgräfl. Excellenz / Herrn General Stahrenberg / auf dem Ravellin etwas / worüber er geweinet / vertrauet) an seiner Blessur gestorben. Bey diesem allem aber wurde der Feind dannoch verhindert in den Graben zu kommen / und senkte sich derselbe an beeden Orten in der Contrascarpe, bis auf die Helfte. Herr General Wachtmeister Graf von Taun / und Herr Obrist Souches, waren diesen Abend und den Tag darauf in diesen Posten. Man sahe heut die Käiserliche Armee in Gezelten von St. Stephans-Thurn über der Donau an dem Gestad / gegen die grössere Insel über / deren Brücke neulich Herr General Schulz abgeworffen hatte. Weilen nun die Moldauer und Wallachen solche Brücken zu ergänzen geschäftig waren / und allbereit wiederum zwey Joch gebauet hatten: Empfiengen Herr Donatus Heißler / Obrist-Leutenant über ein Tragoner-Regiment / und Herr Obrist-Leutenant Graf Archinto, neben Herr Peter Ricciardi, Obristen über ein Regiment Croaten / von Ihro Hoch-Fürstl. Durchl. Herrn Herzog von Lothringen Befehl / die fernere Ergänzung der Brucken zu verhindern. Welche dann alsobald aus denen gepflanzten Stucken / und an das Gestad verordneten Musquetirern / auf die Arbeitende tapfer Feuer geben lassen / wodurch sie von fernerm Bau beharrlichst abgehalten worden. Sonsten haben Herr Heißler / und Herr Graf Archinto, aus Begierde zu erforschen / was doch der Feind jenseits des Wassers in seinem Läger vorhabe? sich zu dieser Zeit einer recht heroischen That unterfangen: Indem sie war gewaff [30] net / doch zu Fuß in einen Fischer-Nachen / neben noch zweyen Soldaten / sich begeben / und durch einen Fischer / der gleichfalls noch einen Cammeraden bey sich gehabt / bey stiller Nacht / auf die Seiten des vesten Landes / welches der Feind innen hatte / übersetzen liessen. Dem Schiffmann ward befohlen / sich am Gestad in das Gebüsch zu verstecken / und das Schifflein zu beobachten; den andern nahmen sie mit sich auf die Ebentheur. Als nun noch nicht weit fortpassirt waren / legten Herr Obrist-Leutenant Heißler sich auf die Erden nider / zu horchen / ob er etwas vom Feind spüren möchte? Merkte auch alsbald aus dem Murmeln und Geschrey / daß eine grosse Anzahl Türken in dieser Gegend herbey nahete: Derowegen das rathsamste erachtet wurde / bey Zeit sich zuruck zu begeben. Als sie nun wiederum an dem Gestad angelangt / war weder Schifflein noch Schiffmann mehr vorhanden; wusten auch nicht / ob derselbe vielleicht in die Klauen des Feinds gerathen / oder aus Forcht sich an die andere Seite des Gestads geflüchtet habe? Bis endlich der mitgenommene Schiffmann ihnen die Bestürzung in etwas benommen / sie aufmunternd / daß sie ein Herz fassen / und ihme unerschrocken nach / folgen sollen; weilen ihm ein sicherer Furth durch den Donau-Strom bewust sey / durch welchen er sie also zu führen getraue / daß keiner sich keines Schadens zu befahren hätte. Worüber sie ihm ungesäumt in nasser Ordnung nachfolgeten. Bald stunden sie still / bald schwamen sie / bald blieben sie bestecken / bald verzagten sie / bald schöpften sie wieder einen Muth / unterdessen gieng ihnen das Wasser / wo es am allerseichtesten war / bis unter die Arm. Doch sind sie endlich der Gefahr befreiet / glücklich hinüber kommen / konten aber den entflohenen Schiffmann nirgend antreffen / dessen Trinkgeld sehr schlecht dörffte gewesen seyn. Unterdessen lief die Donau hernach dergestalt an / daß die Brücke / welche von den Türken / zwischen der Stadt und Nuß-Dorff / oberhalb war geschlagen worden / zertrümmerte; allein die Türken führeten alsobald etliche Flöß wider den Strom / damit sie dieselbige schleunig wieder flicken könten: Wie dann solches gleich die folgende Nacht geschehen. Die Parola war: St. Antoni und Padua.
Der 7. früh Morgens canonirte der Feind wiederum überaus stark / hörte aber damit bald auf / und tentirte weiter nichts / als daß er an den alten Orten der Contrascarpen sich einzusenken und zu erweitern suchte. Den Tag über haben die Käiserliche ihnen alle Schanz-Körb und Sande-Säck hinweg genommen / welche er daselbst sonderlich vor dem Löwel gesetzt hatte. Nachmittag gegen 5. Uhr / ließ er / unweit der gestrigen gesprengten Mine / eine andere springen / um sich die Contrascarpen, und den Weg in den Graben / mehrers zu eröffnen / hat aber nicht so guten Effect / als die den vorigen Tag gethan. Die Nacht hindurch ist der Feind ganz still gewesen / auch in seinen Arbeiten nicht viel movirt. Ihro Excellenz / Herr General von Stahrenberg / wurde anheut genöthiget / an einem sehr gefährlichen Durchbruch oder Ruhr sich ins Bett zu begeben. Die Parola war: St. Johannes und Linz.
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Den 8. früh / hat der Feind angefangen / von der neuen Batterie / bey dem Reickowizischen Garten / mit drey Stücken scharf herein zu spielen; damit aber nicht lang angehalten / weilen schon fünf Stuck gegen ihm auf der Burg-Pastey in Bereitschaft gestanden / und eben so scharf auf ihn Feuer geben. Nachmittag hat er in der Angle Saillants der Contrascarpen vor der Burg-Pastey / eine Mine springen lassen / aber ohne sondern Effect: Auch dabey weiter nichts movirt oder avancirt. Die Nacht hindurch ist er sehr still gewesen / auch nirgends avancirt / ausser in der Contrascarpen vor dem Ravellin des Burg-Thors / versicherte er sich etwas mehrers / und arbeitete aus allen Kräfften / indem derselbe im Graben des Ravelins / wie auch im Stadt-Graben / Erden auswurffen / und minirten / wozu er / durch seine Zappen und Gallerien / wol gelangen konte; ließ sich auch weder durch die auf ihn losgebrannte Stück / noch geworffene Hand-Granaten davon abschrecken. Indem er von oben mit Balken und Blöcken sich dawider mächtig bedeckte. Und ließ sich ansehen / wann die Türken die Gräben genugsam würden ausgehölet haben / daß es alsdann dem Ravelin selbsten gelten werde. Dannenhero die auf demselben gepflanzte Stuck zuruck in die Stadt / und auf die Stadt-Mauren zu bringen / die Nothdurft erheischte; an deren Stelle eine genugsame Anzahl Schützen mit Doppelhacken ausgerüstet / dem Feind Abbruch zu thun / daselbsten postiret wurden. Nachts um zehen Uhr fielen / mit Bewilligung Ihro Hoch-Gräflichen Excellenz / Herr General Stahrenbergs / (welche nunmehr an der unflätigen Ruhr sich zu Bette halten musten) dreyhundert Soldaten hinaus / vor dem Ravelin des Burg-Thors / unter der Anführung Herrn General Wachtmeisters / Grafen von Taun / und Herrn Obrist Souches / um dem Feind seine Arbeit im Graben daselbst zu ruiniren: Welches dann dergestalten gelungen / daß sie / ungeachtet der scharfen Gegenwehr der Türken / ihre Gallerien in Brand gesteckt / und den Feind hinaus gejaget / wiewol auch von den Käiserlichen nicht wenig geblieben / und viel beschädiget worden. Die Parola war: St. LEOPOLD und Wienn. Den 9. war der Feind ganz still / ausser daß etliche wenige Schüsse geschehen / und nur etliche wenige Bomben eingeworffen wurden: Doch suchte derselbe mit ganzer Macht / durch unabläßliches Graben / den in gestrigem Ausfall erlittenen Schaden wiederum zu ersetzen / und sich aller Orten zu versichern. Gegen drey Uhr Nachtmittag / hat er gegen die Löwel-Pastey / in der Contrascarpen linker Hand / gegen dem attaquirten Ravelin zu / eine Minen gehen lassen / durch welche fünf Soldaten / neben etlichen Pallisaden / in die Lufft gesprungen; worauf sie in dem Graben sehr stark Sturm geloffen / sich aber bey befindender Resistenz der so häuffig abgeschossenen Kartätschen / welche gar viel von den Türken zu Schanden gemacht / gleich wieder zuruck gezogen / und weiter nichts vorgenommen. Auf den Abend gegen sechs Uhr / haben die Belagerten einen Ausfall gethan / die feindliche Arbeit in dem Graben zu ruiniren / welches auch geschehen; aber mit Verlust etlich und dreissig todter und blessirter: Doch sind auch vom Feind viel erlegt / und in [32] die zwanzig Mann / so in ihren Gallerien und Gräben gearbeitet / mit Erden bedecket worden; unerachtet dessen / hat sich der Feind über Nacht gleich wieder darein logiret. Herr Gregrowiz, weiland Leutenant unter Heisterischen Regiment / (welcher vor diesem von den Türken gefangen worden / nunmehr aber wiederum zu den Christen übergangen war /) wurde diese Nacht um zehen Uhr in türkischen Kleidern / von Ihro Hochgräfl. Excellenz / Herrn General Capliers / und Herrn General von Stahrenberg / mit Briefen zu Ihro Durchl. Herrn Herzog von Lothringen geschickt / mit diesem Beding: Daß / wann er über die Donau / auf die andere Seiten des vesten Landes / sicher angelangt wäre / er / auf der Höhe des Bisembergs / ein Feuerzeichen geben / mit Versicherung / daß er die erste Compagnie / so vacant würde / bey seiner Wiederkunft erlangen solte. Worauf man bis auf den 13. Augusti waren müssen. Die Parola war: St. Thomas und Aquin. Den 10. fieng der Feind etwas mehr / als den Tag zuvor / an zu canoniren / und Bomben zu werffen / womit er aber nicht lang angehalten. Um Mittag hat er in der Contrascarpen vor der Spitz des Löwels eine Mine springen lassen / dadurch zwar drey Käiserliche Soldaten in Lufft geflogen / aber ohne einige Verletzung / eben auf den Platz / wo sie zuvor gestanden waren / wiederum herunter gefallen; und als man sie gefragt / wie sie sich befinden? ob ihnen einiger Schaden begegnet? Antworteten sie: Es fehle ihnen nichts / ausser daß heftig dürsteten. Von den Türken aber sahe man durch diese Mine ihrer viel in der Lufft Capriolen scheiden; weilen das Lauff-Feuer / wegen übler Verwahrung des Riegels / seinen Weg zurück / wo es Lufft fande / genommen / und auf die Türken selber los gebrochen. Dannoch höreten sie nicht auf zu graben / wurde auch beederseits mit scharffem Canoniren fortgefahren. Die Belagerten fiengen heut an / aus zwey grossen Pöllern / theils Feuer-Ballen / theils sehr schwere Steine / kreutzweis in des Feindes Lauffgräben zu werffen / nicht ohne desselben merklichen Schaden. Nachmittag hat sich auf der Burg-Pastey folgende Denkwürdigkeit zugetragen: Es hat der Feind / einer auf dem Posto stehenden Quartir-Schlangen / die Helffte der Mündung abgeschossen / selbige angezündet und los gebrannt / eben als der Büchsenmeister hinten auf der Lavetten stunde / und also mit dem Stuck zurück fiele / ohne die geringste seine Verletzung. Eine Sache / so nicht leicht zu glauben wäre / wann solches nicht von Herrn Obrist Leutenant G'schwind / neben mehr als hundert Personen / könte bezeuget werden. Ein Student / welcher einen Türken für die Stirn geschossen / und nachdeme er nidergefallen / denselben mit einem langen Hacken über die Pallisaden hinein gezogen hatte / hieb ihme den Kopf ab / steckte solchen auf eine Stangen / und truge denselben in der Stadt herum; nachdem er zuvor des Türken Magen aufgeschnitten / in welchem er sechs Ducaten beysammen eingewickelt gefunden / und heraus genommen. Sonsten wurde diesen Tag / ein Jung / von ungefähr sechzehen Jahren / so zum Feind durch die Pallisaden gehen wollen / und vorher schon bey demsel [33] ben gewesen / ergriffen / und in Verhaft genommen / welcher in der ersten Verhör bekennet / daß ihn sein Herr / so ein Wasserbrenner auf dem Kohlmarkt wäre / hinweg gejaget; daher er nicht gewust / wohin er gehen solle / demnach ganz desperater Weis zum Türken hinüber gangen. Der Türkhabe ihm alsobald / wie er ihn bekommen / viel Geld versprochen / wann er wiederum in die Stadt herein gehen wolle / zu sehen: Wie man mit Munition in den Zeug-Häusern versorgt? wie viel noch Stücke im Vorrath? und wie viel auf jeder Pastey oder Ravelin stehen? auch wie viel zu Grund geschossen? was und wie viel Officir und Gemeine schon umkommen? wie stark man in der Stadt noch sey? auch was für Regimenter hierinnen ligen? wohin die Käiserlichen Minen gehen? und ob man mit Proviant noch wol versehen sey? Diesem allen nun habe er in der Stadt fleissigst nachgeforscht / und wiederum hinüber gehen wollen / dem Türken alles / um das ihme verheissene Geld / was er gehöret und gesehen / zu relationiren. Auf weitere Befragung aber: Ob er das von sich selbsten gethan? oder ob ihm jemand dazu Gelegenheit gegeben? hat er ein für allemal bekennet: Er habe es für sich allein gethan. Die Parola war: St. Augustin / und Wienn. Den 11. hat der Feind etwas mehrers / als den Tag zuvor / angefangen zu canoniren / aber bald nachgelassen. Um Mittag ließ er in der Contrascarpe vor dem Löwel eine Mine springen / und Abends gegen 6. Uhr / eben daselbst noch eine andere / aber ohne einigen erfolgten Schaden / nur daß solche ihme die Erd en geöffnet; hat aber dabey weiter nichts vorgenommen. Die Nacht über ist er mehrers als etliche Nächt vorher / im Feuer gelegen; doch dabey an seiner Arbeit nicht viel avancirt / ausser in dem Graben vor dem Ravelin / allwo er sich etwas erweitert. Herr General Wachtmeister / Graf von Taun / machte Anstalt zu einem Ausfall / welchen Ihro Hochfürstl. Durchl. Herr Georg Friederich / Herzog zu Würtemberg selbsten / um die Zeit / wann Tag und Nacht sich scheidet / recht Löwenmüthig angeführet / und dem Feind (welcher durch eine von den Käiserlichen gesprengte Mine / und hefftiges Donnern der mit kleinen Kugeln / Steinen und Kartätschen geladenen Stücke / dergestalt erschreckt / daß er bis in seinen dritten untersten breiten Lauff-Graben geflohen) nebst des Souchischen Regiments Leutenant / Herrn Baron von Polheim / äusserst verfolgt / und denselben gleichsam mit einem Platzregen von Hand-Granaten bedecket. Wiewol dieser Ausfall die Belagerten gleichwol auf die 40. Mann gekostet / welche theils geblieben / theils gequetscht worden. Die Parola war: St. Bernhard und Crems. Den 12. verhielt sich der Feind / den ganzen Tag über / mit Canoniren und Bomben werffen / wie den Tag zuvor. Mittags zwischen 12. und 1. Uhr / liesse er eine Mine am Burg-Ravelin springen / wodurch die vordere Spitzen oder Eck / bis an den rechten Abschnitt gesprengt / und die halbe Stadt erschüttert worden; worauf er gleich stark gestürmet / so zwar / daß ihrer viel mit Leitern / auf das Ravelin ankommen / welche man aber daselbsten mit Stucken und Kartätschen so un [34] sauber empfangen / daß nach zweystündigem scharffem Gefecht / wenig davon zurück kamen. Wie dann auch die Schützen / welche eben damal auf die Ecke der Burg-Pastey commandirt waren / ihnen nicht geringen Schaden zugefüget. Auf Seiten der Belagerten sind ungefähr in die 100. Mann darauf gegangen / und blessirt worden / von den Türken aber zum wenigsten 200. geblieben. Herr General Wachtmeister / Johann Graf Sereni / und Herr Obrist Brigadier / Herr Graf von Scherfenberg / welche diese Posten defendirten / legten damals sonders grosse Ehre ein / indem Herr Graf von Taun / wegen abermaliger anhaltender Ruhr / sich zu Bette enthalten muste. Gedachte Spitze des Ravelins aber wurde von den Käiserlichen / innerhalb drey Stunden / mit Pallisaden / Woll- und Sand-Säcken wiederum versetzt und bevestiget. Bald darauf hat der Feind eine andere Mine / unweit des Ravelins / bey Anfang der Face der Burg-Pastey / in der Contrascarpen springen lassen / aber ohne Schaden der Belagerten / dabey aber nichts ferner versucht. Die Nacht über war man beederseits still / und avancirte der Feind in seiner Arbeit nicht sonders. Die Guarnison bekam diesen Tag wiederum einen halben Monat-Sold. Weilen aber zwey Soldaten / wider die Käiserliche Bezahlung / so doch dieser Zeit gar richtig ausgefolget worden / höchst straffmässig und meineidig geredet / und Ihro Käiserlichen Majestät hohe Officir / dadurch höchstschimpfflich injurirt / als musten solche aus Befehl Ihro Excellenz / Herrn General Grafen von Stahrenberg / um das Leben spielen / also daß der Verlustigte auf der Freyung erschossen werden solte. Die Parola war: St. Ignatius und Insprugg. Den 13. früh / und den ganzen Tag hindurch / ließ der Feind mit starkem Canoniren / und Bomben-einwerffen sich gewaltig hören und sehen / unterminirte auch das Burg-Ravelin je länger je hefftiger. So ward das disseits ligende Wein-Gabürg / sowol an Frucht / als an den Wein-Stöcken selber / so weit man sehen konte / gänzlich ruinirt / bis auf zwey oder drey kleine Flecken / so an dem Ochsengries ligen / welche aber diesen Tag gleichfalls von den Barbaren die Verwüstung erdulten musten. Mit Ihro Hochgräflichen Excellenz / Herren Stadt-Commendanten / ließ es sich zu erwünschter Bässerung an. Hingegen sturben am Durchbruch und rothen Ruhr / welche sowol den Adel als Pöbel angegriffen / täglich bis in 20. ja 30. Personen / worunter viel treffliche Threnen-würdige Leute gewesen. Indem man aber gerne in das Käiserliche Läger sichere Kundschaft abgefertiget hätte / aber niemand zu solcher Commission sich offerirte / wurde Herr Burgermeister von Liebenberg benachrichtiget / daß vor der Zeit der Belagerung in der Leopold-Stadt einer gewohnet / Namens Georg Franz Koltschitzky / aus dem Königlichen Polnischen Freystädtlein Sambor gebürtig / welcher ehbevor in Diensten der Orientalischen Compagnie für einen Dollmetscher sich habe gebrauchen lassen / und der Türkischen Sprache und Sitten trefflich kündig / anjetzo aber in der Stadt Wienn / und zwar unter der / von Herrn Hauptmann Ambrosio Franken / wi [35] der den Erbfeind neuaufgerichteten Frey-Compagnie sich befinde / hat derselbige / auf beschehene Vorforderung / und Darlegung einer sattsamen Vergeltung / sich willig erbotten / die von der in Wienn anwesenden hohen Generalität ihme eingehändigte Briefe / und ausgefertigten Paß / in Gefertschaft seines der Türkischen Sprach gleichfalls erfahrnen Dieners / in türkischer Kleidung / an Ihro Hochfürstliche Durchleucht / Herrn Herzog von Lothringen / zu überbringen. Wie dann beede Nachts / zwischen 10. und 11. Unr / von des Preis-würdigsten Hochgräflichen Herrn Commendantens Adjutanten / durch das Schotten-Thor bis zu den Pallisaden hinaus begleitet / ihren Weg weiter fortgesetzet: Von dero Reise und Verrichtung unten ein mehrers zu berichten vorfallen wird. Indessen tummelten sich die Türken mit graben abermal sehr eiferig / daß sie auch durch das beharrliche Canoniren aus der Stadt / sich nicht abschrecken lassen; sondern avancirten mit der Arbeit so weit / daß sie gegen Abend um 8. Uhr eine neue Mine / durch welche sie das ergänzte Eck am Ravelin zu sprengen verhofft / anzündeten / wiewol zu ihrem selbst eigenen Schaden: Wobey sie es dann vor diß mal bewenden liessen. Sonsten ist heut auf der Burg-Pastey eine feindliche Bombe in das Mundloch einer halben Carthaunen gefallen / gesprungen / und dieselbe los gezündet. Die Nacht über ist nichts passirt / dann daß ein starkes Wetter mit Donner und Blitzen / nebst erfolgtem grossen Platzregen / den Feind an seinem graben verhindert / und theils seiner Approchen einfällig gemacht. Die Parola war: St. Peter und Rom. Den 14. hielt der Feind mit Schiessen und Steinwerffen / nicht viel weniger / als den vorigen Tag / an / obwol ohne sondern Schaden; verletzte abermal eine Stückmündung auf der Burg-Pastey / und brennete solches los. Nachmittag gegen 6. Uhr / ließ er in der Contrascarpen vor dem Burg-Thor / langs der rechten Face eine Mine / aber zu seinem eigenen grossen Schaden / gehen / ohne das geringste weiter vorzunehmen; ausser daß er weit ärger / als Maulwürff und Dächse / sich je länger je tieffer vergraben / und die Lauff-Gräben 9. Schuhe tieff ausgehölet / auch mit Brettern / Tielen / und Holzwerk bedeckt / dadurch die Arbeiter wol beschützt / ihre Arbeit allenthalben verbässern und erweitern konten. In der Nacht wurde von dem ausgeschickten Räzen Herr Koltschitzky / abgeredeter massen das Losungs-Feuer zu Stämmersdorff gebrennet / zur Vergewiserung / daß selbiger glücklich hinüber kommen sey. Die Parola war: St. Augustin und Insprugg. Den 15. hat der Feind das Früh- und den Tag über gelinder / als die zwey zuruckgelegte Täge / verübte Schiessen / mit Bomben und Stein-einwerffen / reichlich ersetzt / mit zimlicher Incommodirung der Belagerten. Vormittag gegen 9. Uhr sprang eine feindliche Mine vor der Burg-Pastey in der Contrascarpe, aber mit geringem Effect. In der Nacht hat er sich in den Graben vor der Löwel-Pastey eingearbeitet / auch an dem Ravelin auf die Berme logirt / sich auch der Orten zimlich fest gesetzt / und weit avancirt. Inmittels unterliessen Ihro Excellenz / [36] Herr General von Stahrenberg / nicht / das attaquirte Ravelin / wie auch das andere zwischen der Löwel- und Mölker-Pastey / ingleichem die Burg-Pastey und den Löwel / mit immer erhöheten Abschnitten zu verwahren. Man versahe auch die Courtinen Creutzweis zu Defendirung der Faces der Burg- und Löwel-Pastey / wie auch dero Abschnitt in den Ravelinen mit vielfachen Abschnitten / Pallisaden / Blöcken und Pfälen; besetzte dieselbe wie auch alle Flanques mit Stucken / wodurch dem Feind in das künftige aller Anlauff verhindert; hingegen ihme von denen Käiserlichen auf allerhand Weise und Weg Schaden zugefüget werden möchte. Die Parola war: St. Antoni / und Padua. Den 16. wurde früh / und den ganzen Tag über / stark canonirt / auch die Belagerten mit Bomben und Stein-werffen zimlich geängstiget. Und weiln der Feind etlich Tag zuruck / wenig mit Stucken geschossen / heut aber wieder stark angefangen; auch den Tag zuvor beobachtet worden / daß viel Wägen und beladene Cameel / in sein Lager kommen waren: Als war zu muthmassen / daß vorige Täge Munition gemangelt / und er solche diesen Tag bekommen habe. Ingleichen avancirte seine Arbeit diesen Tag allenthalben / bis man Abends gegen 5. Uhr / in die 200. Mann starck ausgefallen / und ihme seine Arbeit von dem Löwel in dem Graben ganz ruinirt und eben gemacht / wobey auf Käiserlicher Seiten mehr nicht als drey Mann gemisset / und fünf beschädiget wurden / und war dieser der glücklichste Ausfall unter allen / so bisher beschehen. Herr General Wachtmeister Graf Sereni / und Herr Obrist Graf von Scherfenberg / haben sich hiebey tapfer gehalten / und wol comportirt / auch jeder eine Wunden von Steinen / so aus Feuer-Mörsern geworffen worden / davon getragen. Herr Ferdinand Gotschalk Heistermann / neu erwählter Hauptmann über das Stahrenbergische Regiment / ließ bey solcher Action seine Courage auch rühmlich sehen / in dem er sich mit einem Türken in ein Duell eingelassen / demselben seinen Säbel aus der Hand gewunden / ihme den Kopff abgehauen / und solchen auf einen Pfahl gesteckt. Den blutigen kostbaren Säbel aber seinem damal noch an der Ruhr ligenden Herrn General / zum Praesent überreichet / welches demselben sehr angenehm gewesen; Sintemal aus dieser tapfern That / dieses neuen Officirs guter Verdienst / augenscheinlich hervor geleuchtet. Abends um 7. Uhr / liessen die Käiserlichen ein Fornello, in denen attaquirten Ravelinen / zu dero Avantage springen; wodurch zwar der Feind solchen Posto eine Weil zu verlassen gezwungen wurde / sich aber doch bald wiederum in das alte Ort / auf die Berme postirt / und die Nacht über eingearbeitet hat. Gegen 10. Uhr in der Nacht / versuchte der Feind wiederum / den Graben vor dem Löwel zu emportiren / und wagte einen hitzigen Anfall; wurde aber nach einem halbstündigen Gefecht widerum zurück getrieben / so gar / daß ihme seine Schanz-Körb / Woll- und Grund-Säcke / die er daselbst gehabt / und auch in den Graben zu Bedeckung und Fortsetzung seiner Arbeit gebracht / theils hinweggenommen / theils in Brand gesteckt worden: Worauf er sich widerum in seine alte [37] Winkel bey dem Ravelin verkrochen. Sonsten ist diese Nacht über nichts mehr vorgangen / weiln der eingefallene Regen den Scharmützel abgebrochen. Da es doch sonsten Zeit-währender Belägerung selten geregnet / in dem die dicke Wolken / durch das continuirliche Schiessen / sich überal musten zertheilen lassen. Diesen Tag wolten zwey Böswichter / einer vom Beckischen Regiment / der andere von der Stadt-Besatzung / durch die äussere Pallisaden / in der Leopold-Stadt zum Feind überschwimmen / welche aber von der Wacht auf freier That / als sie schon in einem Schiff gesessen / ertappt / und alsbald in Arrest geführet worden. In der Burg-Pastey ist eine verborgene / bis dato unbewuste Stiegen / durch unsere Ingenieurs im miniren / mit 66. Staffel / so von lauter schönen Quaterstücken ausgemauret / gefunden worden; zu was Ende aber solche dahin gemacht / ist nicht bekandt. Viel vermeinten / es sey ein heimlicher Ausgang / darum man auch fleissig nachgesucht / auf den Grund zu kommen. Abends um 7. Uhr / wagte der Feind abermal einen hefftigen Sturm / vermeinend / seinen vorigen Posto wiederum zu erobern: Es war aber zu allem Glück an dem Ort / da sie angeloffen / ein Fornello von den Belagerten verfertiget / welches in währendem Sturm glücklich gesprenget worden / dadurch viel Türken in die Lufft gesprenget und verschüttet wurden; unter andern zwey Vornehme / in schönen saubern Kleidern / so mit Pistolen aus dem Graben auf die Pastey / nach den Käiserlichen Soldaten geschossen. In der Nacht um 11. Uhr / kam der Feind abermal stark angeloffen / des Vorsatzes / in den Graden zu gelangen / allda sich zu postiren / und hat über 300. Woll-Säck / nebst vielen Schanz-Körben in den Graben gebracht. Es ist aber Herr Obrist Beck / welcher diese Nacht commandirt ware / nach eingezogenen Bericht also bald / und zwar nur mit 50. Mann hinaus gefallen / den Feind wiederum glücklich aus dem Graben geschlagen / über 100. deren erlegt / die mehrste vorgemeldte Woll-Säck und Schanz-Körbe zur Beut in die Stadt herein gebracht / die übrige aber in Brand gesteckt / also daß der Feind nichts hat avanciren können. Ihro Excellenz / Herr Commendant / haben jedwedern von diesen 50. Mann / wovon nur vier umkommen / weilen sie sich so wol gehalten / einen Reichsthaler zum Recompens gegeben. Unerachtet aber aller dieser so standhaften Gegenwehr / hat sich der Feind nach Mitternacht an den vorigen Ort in den Graben / woraus er nun zum drittenmal war hinausgeschlagen worden / wiederum postirt / und verarbeitet. Eben diesen Tag ist Herr Adam Loth / Käiserlicher Schran-Beisitzer / und Hauptmann über eine Compagnie Burger / auf der Burg-Pastey durch ein Deschinken-Kugel tod geschossen worden. Die Parola war St. LEOPOLD und Wienn. Den 17. hat der Feind mit Canoniren und Bomben-werffen / früh und den ganzen Tag über / ernstlich angehalten. Gegen der linken Face des Löwels / eröffnete er heut in seinen Trenchées, unweit der Contrascarpen, eine Batterie / auf drey Stücke; durste sich aber nicht lang hören lassen / weilen die vier ganze Carthaunen / welche / zwischen dem Löwel und Burg-Pastey / in der Courtine in Be [38] reitschaft stunden / ihne bald verstummen heissen. Gegen 9. Uhr Vormittag / geschahe / in dem Graben vor dem Löwel / abermal ein Ausfall / aber ohne Frucht / in deme die Käiserlichen / wegen überhandnehmender Menge der Türken / sich retiriren müssen. Auf den Abend gegen 7. und 8. Uhr / hat der Feind / in dem attaquirten Ravelin / wiederum eine kleine Mine springen lassen / und ist darauf angelauffen; nach verspürter mannhafter Resistenz aber / wieder zuruck gewichen. Wobey ihnen / von den Käiserlichen 2. Stuck / und ein Feuer-Mörser vernagelt worden. In diesem Sturm gerieth ein gemeiner Käiserlicher Fuß-Knecht mit einem Türken in einen Zwey-Kampff / und nach langem Ringen / nam er demselben sein Schäffelin / und haute ihm den Kopff ab / visitirte seine Ranzen / fande darinnen ein schmutziges Regenmäntelein / in welchem Geld vernehet war / steckte solches in seine Hosen / bis nach der Rencontre, er wieder in die Stadt gekommen / und ein leinen Büntelein aufgeschnitten / da er dann 100. Cremnitzer Ducaten in specie, eines Schlags heraus gelanget: Worüber er vor Freuden fast ausser sich selbst entzuckt / und gleichsam / ob er nicht gescheid sey / in der ganzen Stadt bestürtzt herum gelauffen / bald still gestanden / sich verwundert / und vor Freuden die Händ in einander geklatscht / sich einbildend / als wann er der glückseligste Mensch in der ganzen Welt wäre / weilen er eine solche Summa Gelds erobert hätte. Wer ihme begegnet / und seiner Abendtheur verständigt worden / wünschte ihm Glück / und frischte die andere Soldaten zu gleichmässigem Wolverhalten an / damit dergleichen göldner Regen auch ihnen in den Schos fallen möchte. Diesen Tag kamen die beede ausgeschickte Rätzen / Herr Georg Franz Koltschitzky / und dessen Diener aus dem Käiserlichen Lager / mit hochverlangter Vergewieserung des unfehlbaren Entsatzes / von Ihro Hochfürstlichen Durchleucht Herzogen von Lothringen / wiederum an / dessen Losungs-Zeichen von St. Stephans Thurn / durch in die Höhe steigende Raggeten gegeben wurde / zu mehrer Versicherung aber / machte man Mittags um 12. Uhr daselbsten einen grossen / finstern / schwarzen Rauch. Diese erzählten / daß nach dem sie neulich den 13. dieses aus der Stadt gelassen worden / und durch die Wäringer Vorstadt / neben dem neuen Lazareth vorbey gegangen / haben sie sich schon an dem Türkischen Läger befunden: Weilen aber ein grosser Regen und Ungewitter eingefallen / haben sie beede sich zwischen zweyen feindlichen Lägern niedergesetzt / und der frölichen Morgenröthe erwartet. So bald solche angebrochen / sahen sie beede aller Orten die unzähliche Mänge der türkischen Gezelt / welche den Koltschitzky zweiffelnd machten / welchen Weg er durch zu kommen suchen solte? Doch denen häuffig bey ihnen hin- und her reitend- und gehenden Türken allen Argwohn zu benehmen / hätte er wiewol vom Regen durch und durch befeuchtet / in Türkischer Sprach ein lustiges Liedlein gesungen / und damit auf eines vornehmen Aga Gezelt getroffen / welcher ihn zu sich geruffen / und wegen seiner nassen Kleider bemitleidende / gefragt: Woher er käme? Wem er dienete? Und wo er hinaus wolte? Worauf Koltschitzky ihme ganz bedachtsam geantwor [39] tet / mit vermelden: Er wolte etwas von Weinbeeren und andern Früchten einsamlen. Worüber der Aga ihme den türkischen Chawe-Trunk reichen lassen / beneben treuherziger Warnung: Er solte sich nicht zu weil wagen / damit er der Christen nicht in die Hände käme. Nach überstandenem diesem ersten Examin seyen sie freywillig über Berg und Thal / durch die Wein-Gärten und Gebüsche herum geirret / hätten Trauben und Pfirsich abgebrochen / bis an den neuen Galen- oder Josephs-Berg / da ihnen etliche türkische Troppen aufgestossen / von welchen sie sich aber auf die linke Hand gewendet / damit sie von ihnen nicht angehalten würden. Endlich seyen sie gegen das Dörffel Calenberg über / in einer Baumreichen Insel / Leute gewahr worden / jedoch nicht wissen können / ob es Freunde oder Feinde seyen? Endlich aber an etlichen Weibern / die in der Donau gewaschen / erkennet / daß es Christen wären; welche aber / so bald sie ihn ersehen / tapfer auf ihn Feuer gegeben hätten. Worauf er ihnen gewunken und geruffen / er sey ein Christ / käme von Wienn / sie solten ihn übersetzen: Sie aber hätten ihme geantwortet: Er solle sich nur ein wenig aufwärts begeben / und alldorten über das Gestad / welches zwar zimlich hoch / zum Wasser hinunter lassen / als solches geschehen / haben sie ihn in einem kleinen Schifflein abgeholt / und samt dem Diener hinüber geführet. So bald er in die Insel kommen / seye der Richter von Nußdorff mit seinen dahin geflüchteten Nachbarn zugegen gewesen / welcher über der türkischen Kleidung etwas gestutzt / doch ganz höflich gefragt / ob sie nicht etwas schrifftliches aus Wienn fürzuzeigen hätten? Worauf Herr Koltschitzky ihme den von Ihro Hochgräflichen Excellenz / Herrn General Capliers / ertheilten Paß / vorgewiesen. Hierauf haben sie ihme Freunden-voll alle Ehre und guten Willen erzeiget / alsobald ein Schifflein herbey geschafft / und ihne folgends / bis zu dem Christlichen Läger / hinüber geführet. So bald er nun den Donau-Fluß zuruck gelegt / hätten sie oberhalb der Brücken auf das Christliche Lager getroffen / und seyen zu Herrn Obrist Heißlern gebracht worden; welchem er seine Verrichtung entdeckt / und die bey sich habende Brieffe gezeigt / der ihn und seinen Diener mit Pferden versorgt / und also weiter in Ihro Herzoglichen Durchleuchtigkeit Läger / so an der March zwischen Anger und Stillfrid gestanden / bringen lassen: Allwo sie genädigst empfangen / und bis zu ihrer Wiederabfertigung gar wol gehalten worden. Nach genommener gehorsamster Beurlaubung / und empfangener Versicherung eines unfehlbaren Gnaden-Recompenses, wären sie durch den vorigen Weg / nicht ohne grosse Gefahr verrathen zu seyn / endlich durch die Pallisaden bey dem Schotten-Thor / und also zu Wienn ohn einige Verletzung wieder angelanget. Woselbsten Herr Koltschitzky / bey der hohen Käiserlichen Generalität / seine Verrichtung / so wol schrifftals mündlich / unterthänig abgelegt / sc. Die Parola war: St. Dominicus und Neustadt. Den 18. weilen der Feind des hefftigen Canonirens müd / als hat er heut etwas wenigers / als die zuruck gelegte Täge / angehalten. Morgens früh versuchten [40] die Belagerten einen Ausfall auf die Spitze des ganz zerschellten Ravelins / um die daselbst sitzende Türken hinaus zu jagen: Welches aber mißlungen / ausser daß sie einen Gefangenen eingebracht / welcher ausgesagt: Daß auf Türkischer Seiten in währender dieser Belägerung über 11000. worunter 2. vornehme Bassa / schon umkommen / und wol in die 10000. krank und beschädiget darnieder liegen. Nachmittag um 5. Uhr / liessen die Türken abermal eine Mine an der Spitzen des attaquirten Burg-Ravelins springen / durch welche sie den Boden weiter aufgesprenget / und alsobald mit grosser Furia in 4000. zu stürmen angefangen; fasseten auch / in Mitte des Ravelins am Abschnitt / Posto, allwo sie viel Woll-Säck und Schanz-Körb angebracht / auch zwölff Fähnlein aufgesteckt / und sich schon Elen tieff verschanzt hatten. Allein die Käiserlichen Granatirer hielten sich / nebenst allen übrigen / so tapfer / daß der Feind / nach zwey stündigem blutigem Gefecht / mit Hinterlassung bey 400. Todten / wiederum abzuziehen gezwungen worden: Da hingegen / auf Seiten der Käiserlichen / mehr nicht / als 7. beschädiget / und 13. todt geblieben; die andere aber als grimmige Löwen den Feind angefallen. Vornemlich aber hat Herr Graf von Scherfenberg / bey dieser Gelegenheit / seine Tapferkeit abermal vortrefflich erwiesen / deme Herr Obrist Dupini (welcher samt seinen Reutern dißmal zu Fuß ausgefallen gewesen / weilen ihnen zu Pferd etwas rühmliches zu praestiren bisher die Gelegenheit gemangelt) an der Seiten erschossen worden. Wie dann auch der Rittmeister de Chauville nicht wäre umkommen / wann er sich geschonet / und nicht in die gröste Gefahr / großmüthig gewaget hätte. Herr Baron d' Asti hat ebenmässig grosse Ehre aus diesem scharffen Scharmützel zurück getragen. Ingleichen soll von den Herren Niderlagern nicht verschwiegen werden / daß sie aus denen Burg-Fenstern / allwohin Ihr Excellenz / Herr General von Stahrenberg / sie kurz zuvor commandiret / dem Feind / mit gezogenen Röhren und Doppelhacken / grossen Abbruch gethan. Es war auch von gedachter Mine der Ravelin-Graben / allwo der Feind Posto gefasset / und sich an den Ravelin gesetzt gehabt / völlig mit Erden angeschüttet; also daß der Feind ganz eben hin- und wieder gehen können; aus Befehl aber des Hochgräflichen Herrn Commendanten / und Herrn Obristen Sereni / durch angewendten Fleiß der dahin commandirten / die Nacht hindurch meistens wiederum ausgeraumet worden / in deren sie auch den Feind zimlich incommodirt, und zu avanciren abgehalten haben. Die Parola war: St. Carl und Neapol.
Den 19. hat der Feind wiederum wenig canonirt, ja nicht ein einiges schweres Stück gelöset. Da hingegen die Käiserlichen früh gegen 7. Uhr / die Mine in der Spitze des Ravelins / allwo der Feind den vorigen Tag sich postirt gehabt / springen lassen / und dadurch denselbigen völlig abgetrieben. Dabey der Türken in die hundert verschütt und in die Lufft gesprengt / auch zwey der ihrigen Fähnlein bedecket worden; eines aber / so ein Musquetirer von dem Souchischen Regiment bey einem Ort schon in Handen gehabt / an dem andern Ort aber ein Türk / und al [41] so miteinander lang gerungen: Wurde endlich gedachter Musquetirer von den Unserigen selber / so auf den Türken schiessen wollen / an den Kinbacken getroffen / daß also der Türk durch diesen unglückseligen Schuß das dritte Fähnlein salviret. Herr Hauptmann von Hoch-Eck ist / in währender dieser Action / geblieben. Vormittag um 10. Uhr / haben die Scherfenbergischen einen Ausfall 14. Mann stark gethan / und den Türken vor der Nasen / ohne daß einiger Schuß auf sie geschehen wäre / 32. Stück Ochsen hinweg genommen / und in die Stadt getrieben. Nachmittag um vier Uhr / sind Ihro Excellenz / Herr General von Stahrenberg / wiederum zum erstenmal ausgegangen / und alle gefährliche Posten visitirt. Abends warff der Feind viel Bomben herein / und schoß sehr zornig auf den Landhauser Thurn: Wie dann diesen und zwey Tag zurück / des Feindes Bomben / die Käiserliche Stück und Pöller / auf verschiedenen Posten / viermal angezündet. Die Parola war: St. Joachim und Würzburg. Den 20. hat der Feind stärker als vorhero angefangen zu canoniren / und Bomben einzuwerffen; auch den ganzen Tag über / mit den letzten / nach seiner Gewonheit angehalten. Gegen der Mölker-Pastey / und dero Courtinen gegen dem Löwel zu / hat er eine neue Batterie auf drey Stück / unweit der Contrascarpen, in seine Trenche gebauet / und daraus geschossen: Welches aber einzustellen / vermittelst der Stücke / so auf der Mölker-Pastey gestanden / befördert worden. Um 8. Uhr Vormittag / ließ er wiederum eine Mine am Burg-Ravelin springen / dadurch zwar von den Käiserlichen 13. Mann verschüttet worden / aber nur zwey Personen davon geblieben; die übrige 11. wiederum ganz frisch und unbeschädiget hervor gekrochen: Der Türken aber / weilen ihrer Seits die Mine gar übel gerathen / wol über 40. bis 50. Mann zu schanden gemachet worden. Diesen Tag sind zwey Christen / so der Feind bey der Schwöchat gefangen genommen / in saubern türkischen Kleidern herüber gangen; welche aber / weilen sie continuirlich in einem Zelt verwacht gewesen / von dem Feind nichts sonderliches berichten können. Herr Obrist Leutenant Schenk / von dem Käisersteinischen Regiment / wurde heut auf der Biber-Pastey durch einen Schuß blessirt: Herr Hauptmann Hiller aber blieb gar todt. Von des Grafen von Herberstein Garten / und aufwärts / fieng der Feind sich mehr und mehr an zu verbauen / hielt auch gegen Abend mit Schiessen und Bomben-einwerffen sehr stark an. Nachts gegen 10. Uhr / wurde des Koltschitzky Diener / mit Briefen abermal / zu Ihro Hochfürstliche Durchleucht / dem Herzog von Lothringen abgefertiget. Die Parola war: St. Ignatius und Closter Neuburg. Den 21. Aug. schickte der Feind aus seinen Carthaunen und Feuer-Mörsern denen zu Wienn seinen barbarischen Morgen-Gruß: Zum Frühstuck aber / ließ er um 8. Uhr gegen dem Löwel über eine kleine Mine springen / ohne sich ferner zu einem Sturm zu erkühnen; sondern fuhr fort in dem Stadt-Graben seine Lauff-Gräben zu erweitern. Sonsten sind 18. Mann von der frey Compagnia hinaus [42] gangen / die sich auf der Widen / bey dem grünen Baum / verborgen gehalten: Als aber zwey Janitscharen geritten kommen / und Brennholz aufladen wollen / wurden sie von den Unsrigen plötzlich überfallen. Doch hat einer davon sich mit der Flucht zu Fuß salvirt / der andere aber / so sich zur Wehr gesetzt / ist nebst denen zwey Pferden / und einem alten achzig-jährigen Christen-Weib / (so der Feind / bey klein Mariazell / gefangen genommen / nun aber zu den unsrigen geloffen / und gebetten / sie mit in die Stadt zu nehmen /) hereingebracht worden; welcher dem Hochgräfl. Herrn Commendanten / von des türkischen Lagers Zustand / unterschiedliches eröffnet: Der hingegen ihne von empfangnem Musqueten-Schuß zu curiren / und seiner wol zu pflegen / genädig anbefohlen. Das Weib aber wuste von dem Feind ganz nichts zu berichten / als daß sie zum öftern unter ihnen seye verkaufft worden / und hätte zwar erstlich viel Geld gegolten; das letzte mal aber / weilen der Feind aller Orten derer eine grosse Quantität bekommen / habe man sie um vier Käiser-Groschen angeschlagen: Und weilen man ihrer so wenig geachtet / daß man sie gar nicht zu verwachen gewürdiget / als habe sie guten Vortheil gehabt herein zu gehen. Die / den 28. Juli / auf der Freyung / zum sal. ven. Unflath zubereitete Gruben / ist man genöthiget worden / zu einer Todten-Gruft zu gebrauchen / wegen Mänge der Todten / so meistens an der rothen Ruhr gestorben / daß täglich schon bis 40. in dem Todten-Zettel einkamen. Eben daselbsten wurden auch an vier Hauffen fleissig Kohlen gebrennt / den Mangel des Pulvers zu verhüten. Nachmittag gegen 6. Uhr / hat der Feind wiederum am vorigen Ort / gegen dem Löwel über / in der Contrascarpen, ein Fornell gesprengt; dabey aber weiter nichts gewagt / als dadurch gesucht eine Oeffnung zu machen / und sich im Graben zu verarbeiten; auch uneracht / daß viel Bomben von den Käiserlichen entgegen geworffen wurden / dannoch mit seiner Arbeit merklich avancirt. Abends um 7. Uhr / sind Ihro Excellenz / Herr General von Stahrenberg / wie gewöhnlich / alle Posten zu visitiren / ausgegangen; auch gleich an der Katz / und nachgehends an der Löwel-Pastey / in Präsenz Ihrer / alle Stücke auf des Feinds seinen / an dem Ziegel-Ofen herüber machenden Kessel / lösen lassen: Welche dann dergestalt operirten / daß Ihro Excellenz darob ein stattsames Genügen gehabt / und den Büchsen-Meistern / ihres angewandten Fleisses halber / ein Trinkgeld gegeben. Diesen Abend arrivirte ein trunckener Uberläuffer / welcher unter andern ausgesaget: Daß der Feind / gegen den 27. dieses / etwas namhaftes auszurichten Willens sey. So ist auch heut abermal eine feindliche Bombe / auf ein Käiserliches Stuck gefallen / so solches / doch ohne Schaden los gebrennt. Die Parola war: St. Ludwig und Paris. Den 22. früh / und den Tag über / hörete man das gewöhnliche feindliche Canoniren und Bomben-einwerffen / welches aber von der Stadt aus / wie sonsten allezeit / unfreundlich genug beantwortet wurde. Zwischen 10. und 11. Uhr / liessen die Belagerten eine Mine vor dem Burg-Ravelin gehen / so ihren Effect dergestalt gethan / daß man damit gar wol zu Frieden gewesen; sintemal die da [43] selbst gestandene Türken / so nicht mit gesprenget / oder bedecket worden / sich zu ruck salviren müssen / daß sie auch so gar ihre an dem Ravelin machende Mine / bis auf 5. Mann verlassen. Und als solches ein Fourir vom Beckischen Regiment ersehen / sprang er alsbalb in ihre Gräben / und gieng folgends in ihre Mine / darinnen er gemeldte 5. Männer Gewehr-los angetroffen / und einen mit einer Fisic todt geschossen; den andern / so sich mit einer Grab-Schauffel zu Wehr gesetzt / vor den Kopff gestossen / daß er zur Erden gesunken / welchen er dann mit einem Strick an den Füssen gefässelt / und eine Zeitlang heraus geschleppt. Weilen er sich aber noch sehr gewehret / ist dem Fourir von des gefangenen Fuß blos der Cisma in den Händen geblieben; mit welchem er heraus gesprungen / und einem Corporal von dem Käisersteinischen Regiment / so mit 20. Mann alldort commandiret gewesen / solchen gezeigt / und um Assistenz ersucht: Welcher es ihme aber abgeschlagen / mit vermelden / daß er nicht hinein gehen wolle. Worauf auch der Seinigen einer die Musqueten weggeworffen / sagend: Daß er sich nicht dahin commandiren lasse. Worauf der Fourier weggehen wollen / sich aber erinnert / daß er seine Fisic in des Feindes Mine gelassen; derohalben wieder zuruck gegangen / und selbe abgeholet. Nach diesem auch den Cisma zu Ihro Excellenz / Herrn General von Stahrenberg / gebracht / und solches angezeigt; worüber der Corporal und Musquetirer eingezogen / und dem Kriegs-Rath übergeben worden. In der Nacht um 8. Uhr / hat der Feind / an dem gesprengten vordern Eck des Burg-Ravelins / unsere Pallisaden angezündt; so aber durch die Soldaten / welche das Wasser in Hüten zugetragen / gleich wiederum gedämpft / und stracks darauf von unsern schon vorhero hierzu commadirten Völkern ein Ausfall vollzogen worden / welcher den Feind / der sich unter unsere Pallisaden postiren wollen / glücklich abgetrieben. Um 11. Uhr ist von denen Belagerten nochmalen ein Ausfall gethan worden / und zwar eben an vorigem Ort; wobey sich die Soldaten so wol gehalten / daß sie nicht allein von dem Feind viel erlegt / sondern ihn auch aus seinen Gräben getrieben: Davon sie zween würklich bedeckt und zugezogen / auch acht Türken-Köpff und Rundtätschen herein gebracht haben. Und unerachtet Herr General Wachtmeister Graf Sereni / so zugegen war / wegen Hereinbringung zweyer blessirter Türken / welche die Käiserlichen Soldaten bekommen hatten / vor einen jedwedern eine gute Discretion zu geben versprochen; so sind dannoch dieselbe so begierig gewesen / daß sie selbige draussen lebendig geschunden / und nicht in die Stadt gebracht haben. Herr Guido / Graf von Stahrenberg / und Herr Hauptmann Reckha / waren bey dieser Action sehr allart, und führten das Volk frisch an; wovon in diesem Scharmützel mehr nicht / als 6. geblieben / gar viel aber blessirt worden. Diesen Tag kam der Diener des Koltschitzky zuruck / mit erfreulicher Versicherung / des hochverlangten / je mehr und mehr herzu rückenden Succurs, nebst der Relation: Daß der Töckel??? bey Preßburg / von denen Käiserlichen und Polacken geschlagen worden. Worüber in denen Kyrchen zu Wienn eine Danksagung geschehen / auch zum Zeichen der glück [44] lichen Zuruckkunft des Rätzen / 6. Raggeten von St. Stephans-Thurn / Nachts um 9. Uhr / in die Höhe gestiegen. Indessen continuirten die Todten-Zettel täglich bis auf 20. in 30. Personen / die theils an der Ruhr / theils sonsten gestorben; worunter auch die Geistliche / Ordens-Leut / Käiserliche Räthe / Hof-Kriegs- und Gemeiner Stadt Bediente / auch Universitäts-Glieder / mit hingerissen wurden. Dann weilen man des continuirlichen gesalzenen Rind-Fleisches zu essen nicht gewohnet war / und die meisten an den Fast-Tägen alles Zugemüses / und Gebacknes von schönem Meel entrathen musten; hat / nach dem warscheinlichen Urtheil der Verständigen / die Ruhr dannenher entspringen müssen. So wurde auch das Brod und andere Victualien von Tag zu Tag theurer / daß einige arme Leut vor Hunger verschmachteten / das Kazen-fangen aber niemanden mehr vor disreputirlich gehalten wurde. Die Gassen waren mit verwundeten und kranken Leuten angefüllet / und erregten die todten Pferd einen unleidentlichen Gestank: Derowegen jederman den allmächtigen GOtt um schleunige Rettung herzlich angeflehet. Man sahe auch / daß die jenige Käiserliche Völker / welche sich jenseit der Donau die Brücken zu bewahren / gelagert hatten / solche abgebrannt und verlassen; hingegen ihre Zelt zusammen packten / und muthmäßlich zur Käiserlichen Armee um den Entsatz zu verstärken / sich hinauf gezogen. Von der Höhe der Burg- und Löwel-Pastey / fiengen die Käiserlichen an mit Bech- und Schwefel gefüllte Gefäß und Geschirr in den untersten Graben zu werffen; worauf / zu Erhaltung des Feuers / unabläßlich eine Menge Brennholz folgte: Damit das Feuer im Graben so wol brennen als leuchten / und also den Feind von Untergrabung der Spitzen abhalten sollte; welches dann auch so glücklich von statten gegangen / daß derselbe seine Minen an die Seiten richten müssen. In der Nacht lieffen sie abermal ganz wütig an / um auf dem Ravelin bässern Posto zu fassen; wurden aber unter anhaltendem Regen / mit denen zubereiteten sonderbaren Sensen / dergestalt empfangen / daß sie bald zurücke kehren musten. Die Parola war: St. Georg und Preßburg. Den 23. setzte der Feind sein mühseliges Graben / an dem attaquirten Ravelin / ungeacht des immerwährenden Canonirens / so von den Pasteyen auf ihn geschehen / eiferigst fort; ließ sich im übrigen / mit schädlichem Bomben-einwerffen sowol / als mit schröcklichen Canoniren / zuvorderst aus denen Stücken / so er auf die Batterie in der Contrascarpen verdeckter Weis gebracht hatte / dergestalt hören / daß nur auf der untern Löwel-Pastey allein 28. Stuck-Kugeln / ohne was er anderswo geschossen / gefunden worden: Worunter ganze / und die meiste dreyviertel Carthaunen gewesen. Von der Frey-Compagnia sind abermal 17. Mann hinausgefallen / so um den Mittag einen Renegaten / der ganz trunken gewesen / samt einem gesattelten Pferd und Türcken-Kopf / herein gebracht / doch wuste der Renegat wenig Wichtiges zu erzählen. Unterdessen ließ der Feind eine neue / zur linken Seiten des so oft erschütterten Burg-Ravelins / verfertigte Mine springen / [45] um dadurch sich die Bahn zu eröffnen / und der Schanz-Gräber zu verschonen / welche diesen Grund gar langsam mit Schauffeln hätten auswerffen müssen. In der Stadt aber wurden aus Befehl Ihro Hochgräflichen Excellenz / Herrn Generals von Stahrenberg / alle Stadt-ohne das Stuben-Thor / gesperret / und auf das bäste verpollwerket; ingleichem alle Gassen an der Löwel-Pastey / mit Vorzieh-Ketten versehen / auch denen hinterlassenen Käiserlichen Trabanten gebotten / in dem Burg-Keller zu wachen / und alle Stunden Runden zu gehen / um zu erforschen / ob nicht etwan (wie ein Gerücht war ausgesprenget worden) der Feind durch miniren daselbsten in die Stadt zu brechen sich unterfienge? Massen auch in der ganzen Stadt / in allen Kellern / dergleichen vorsichtige Anstalt war gemacht worden. Gegen Abend haben die Käiserlichen abermal einen Gefangenen eingebracht: Der Feind aber avancirte die Nacht hindurch / in dem Graben gegen der Burg-Pastey über / aus allen Kräften. Die Parola war: St. Johannes und Frankfurth. Den 24. Nunmehr begunnte der Erb-Feind / über das ungewöhnliche Canoniren / neben vielen Bomben / auch Feuer-Kugeln einzuwerffen; und hat man den Feind morgens in aller früh / bey 3. bis 4000. stark / mehr und mehr über die Donau setzen / die Pferd aber an den Zügeln / neben den Schiffen herführen sehen: Worauf er um 9. Uhr angefangen zu brennen / und sind in wenig Stunden / Langenenzersdorf / Jedleser / Stämersdorf / Eypeltau / Kageram / und der Orten / in die Aschen gelegt worden. Wäre auch gewiß das ganze Marchfeld drauf gangen / wann nicht zu allem Glück die auf Crembs marchirende Polacken / die vom Brand rauchende Schlösser und Dörffer in acht genommen / und Hauffen-weis auf die türkische Mordbrenner los gegangen wären / und dem Feind zeitlich vorgebogen hätten: Als nun derselbige gesehen / und vermerkt / daß die Polacken an Macht ihm weit überlegen / ist er alsobald flüchtig zuruck gewichen. Weilen aber die Brucke vorher von den Lothringischen abgebrannt worden / und der Feind nicht mehr als zwey Schiff bey sich gehabt / sind etliche in der Furie in dieselbe gesessen / und herüber gefahren; die andere aber setzten in die Donau / des Vorsatzes durchzuschwimmen / weilen aber selbiger Arm ziemlich groß / sind die wenigsten durchkommen / sondern die mehrsten ersoffen. Bey dieser Action haben die Polen dem Feind 25. Standarten / nebst 2. Paar Paucken / und andere grosse Beut abgenommen. Die Käiserlichen kamen auf eine feindliche / bey dem Löwel gemachte / höchstgefährliche Mine / brachten aber nichts davon als Schauffeln und Hacken; in dem die Türkischen Bestien, den Possen merkend / das Pulver selbst hinweggenommen. Nachts gegen 9. Uhr suchte der Feind abermal in den Graben zu kommen / und lieff mit grosser Unsinnigkeit auf das Burg-Ravelin los; wie er dann würklich mit Paucken und Pfeiffen droben gewesen / und sich allda postiren wollen: Es haben aber die Käiserlichen nicht allein in währendem zwey stündigem Gefecht und Sturm / viel vom Feind erlegt / sonderlich mit Granaten / Kartätschen / Musqueten / und Sensen denselben dergestalt abgetrieben / daß weder Paucken [46] noch Pfeiffen ihn ferner gelüstet / er auch im Graben nichts ferner avanciren können. Die Parola war: St. Nicola und Stockerau. Den 25. canonirte der Feind weniger als zuvor / und feurte gar nichts; ersetzte aber solchen seinen Unfleiß mit eingeworffenen Bomben und Steinen. Die Käiserlichen besetzten über der Donau den vorigen Posto wiederum / und canonirten den ganzen Tag hindurch stark auf den Feind in die Au herüber / in gleichem auch der Feind zu ihnen hinüber: Und wurde demselben abermal von den Belagerten eine Mine ausgenommen; hingegen Herr Max Stuckhauptmann / auf der langen Wand / mit einer Deschinken-Kugel tod geschossen: Um drey Uhr nach Mittag resolvirte man einen Ausfall auf den Graben der Löwel-Pastey / welchen zu führen das Commando dreyen rechtschaffenen Cavalliren aufgetragen worden / nemlich Herrn Christian Trauers / und Herrn Johann Hennemann / beeden Hauptmännern unter dem Souchischen Regiment / und Herrn Capitain Lieutenant Simoni / vom Beckischen Regiment. Welche als sie mit 300. Mann durch die heimliche Ausfäll hinaus waren / blieben Ihro Hochfürstliche Durchleucht / Herzog Georg Friderich von Würtemberg / neben dem Herrn General Wachtmeister / Graf Sereni / unten stehen. Bald aber vermerkte der Herr Herzog von Würtemberg / daß die ausgefallene Noth litten / und bate den Herrn Grafen Sereni um Hülff; welcher auch alsobald 100. Mann bestimmte / welche zu führen der unverzagte Würtembergische Held sich selber anerbotten. Obwolen nun Herr General Wachtmeister / Graf Sereni / dafür hielte: Daß solche Verrichtung einem Hauptmann bässer als einem Obersten zukäme; war dannoch die Begierde zum fechten bey Ihro Durchleucht so groß / daß Herr General Wachtmeister solches endlich geschehen lassen. Da hätte man sehen sollen / mit was vor recht Fürstlicher Großmütigkeit derselbe auf den Feind los gegangen / die Ermüdete abgelöset / und den Scharmützel erneuert habe. Weilen aber eben damal unweit davon Herr Graf Souches einen andern Ausfall vornemen lassen / begunten die auf beeden Seiten bedrangte Türken das Hasen-Panier aufzuwerffen: Welche aber der tapffere Prinz / bis in die Laufgräben ausser der Contrascarpen, und nähst dabey neuaufgeworffene Batterie verfolgte und verjagte / die mehrste Gräben wiederum zufüllte; auch / wann man mit eisernen Stefften versehen gewesen wäre / die drey auf der Batterie stehende Stucke gar füglich hätte vernageln können. In währender Action wurde vom Feind ein Mine am Abschnitt der Contrascarpen gesprengt / welche genugsame Ungelegenheit verursachte. Der Durchleüchtigste Würtembergische Prinz war in äusserster Gefahr / und muste an einer schmerzhaften Wunden / welche er durch einen Pfeil / im rechten Fuß / unter der Hüft empfangen / sich etliche Wochen zu Haus patientiren. Ein Hochgräflicher Stahrenbergischer Trompeter floge über 5. Klaffter hoch in die Lufft / brach im herabfallen ein Bein / kam aber mit dem Leben davo; dessen hingegen vier verschüttete Soldaten beraubt wurden. In dem Treffen sind ungefähr auf 200. Gemeine von Käiser [47] lichen / nebst Herrn Baron Saffelitzky / Hauptmann unter dem Käisersteinischen Regiment / und Herr Baron von Feilbruck / Hauptmann unter dem Neuburgischen Regiment / darauf gangen. In dem Ravelin wurde abermal eine feindliche Mine entdeckt. Die Nacht über passirte nichts sonderliches / ausser daß man nach 9. Uhr / an dem heitern Himmel per viam lacteam, überzwerchs einen langen schwarzen Balken oder Trabem über des Feindes Lager gesehen / so aber gegen 12. Uhr sich allgemach wiederum verlohren. Die Parola war: St. Johann und Preßburg. Den 26. früh um 7. Uhr hat der Feind am Burg-Ravelin / gleich nacheinander zwey Minen springen lassen / wodurch aber unserer Seits schlechter Schaden geschehen; ausser daß rechter Seits des Ravelins ein Stuck Mauer mitgesprungen / und der Feind darauf sehr stark gestürmet: Weilen er aber in währendem Sturm / zu beeden Seiten des Ravelins / sich sehr blos geben müssen / haben die Belagerten mit Kartätschen / Doppelhacken und Musqueten / scharpff darunter gespielt / und über hundert deren erlegt / und zuruck geschlagen. Doch sind von uns nicht viel eingebüsst worden / ausser daß feindlichen Canon-Schuß / fünff auf der Burg-Pastey stehenden Soldaten / die Köpfe auf einmal hinweg gemähet. Herr Obrist Souches wurde an der linken Hand blessirt / und hat selbiger neben Herren Obrist von Scherfenberg / abermalen seine Conduite und Brauoure überflüssig bewiesen. Worauf der Feind gleichwol nachgehends in seiner gesprengten Mine / uneracht man so viel möglich ihme solches zu verhindern gesucht / sich zu verbauen angefangen / und seine Arbeit höchsten Fleisses fortgesetzet; auch den ganzen Tag hindurch die Stadt hart beschossen / viel Bomben / Stein und Feuer-Kugeln eingeworffen / und wurde Herr Stuckhauptmann Gemagne / in dem Graben am Löwel / mit einer Deschinken-Kugel todt geschossen; ingleichem der Proviantmeister vom Stahrenbergischen Regiment. Und obwol noch einige grosse Noth an Proviant in der Stadt nicht gewesen / wurden doch alle Katzen von den Soldaten / an statt des Wildbrets aufgezehret / und eine unter ihnen für 24. auch 30. Kreutzer verkaufft; ingleichem viel Esel geschlachtet / und das Pfund Fleisch unter den Regimentern für 6. Kreutzer / das Rindfleisch aber allenthalben für 12. auch 15. Kreutzer ausgehackt. Nachmittag ist wiederum ein Ausfall aus der Stadt geschehen / durch welchen der Feind glücklich aus dem Graben gejagt / zween von seinen Gräben eingezogen / auch viel von demselben erlegt worden. Abends um 7. Uhr ließ der Feind / am Burg-Ravelin / abermal eine Mine springen; weilen nun durch solche ein grosses Stuck am Ravelin gesprungen / ist er darauf ganz rasend angeloffen: Jedoch fande er so tapferen Widerstand / daß nach einem halbstündigen Gefecht er sich müssen abweisen lassen. Die Nacht hindurch continuirte er mit Canoniren und Bomben-werffen sehr stark / so wol als bey Tag; worinnen aber demselben von den Belagerten jederzeit dergestalten begegnet worden / daß er sich leichtlich können einbilden / daß weder an Munition / noch [48] erfahrnen Büchsenmeistern in Wienn / noch kein Mangel vorhanden. Sonsten beobachtete man diesen Tag durch Perspectiv / daß aus dem türkischen Lager eine starke Anzahl beladener Cameel / in Begleitung vieler Squadronen türkischer Reuter / auf Preßburg zugetrieben wurde / welche muthmäßlich die / denen Christen bisher geraubte fette Beuten / in Sicherheit zu bringen / voran gehen solten. Die Nacht hindurch avancirte der Feind weiter nicht / als seine Mine ihm Gelegenheit gewiesen / darinnen er sich gleich verbaut. Die Parola war: St. Jacob und Crembs. Den 27. früh / und den ganzen Tag hindurch / canonirte der Feind wenig; hingegen aber / mit Bomben und Stein-werffen / nach Gewonheit angehalten. Morgens gegen 7. Uhr geschahe von den Käiserlichen ein Ausfall in 200. Mann stark / in den Graben vor der Burg-Bastey / auf den Feind / so am Ravelin stark arbeitete. Es schiene aber / als ob derselbe sich dessen versehen hätte / in dem seine Kessel am Ravelin / und Gräben vor der Burg-Pastey / mit Volck häuffig besetzt / auch alle in würklichem Anschlag waren; und sobald sich die Käiserlichen aus dem heimlichen Ausfall blos herfür begeben / gab der Feind so wol aus denen Gräben / als gedachtem Kessel / ein sehr starckes Salve auf sie / dadurch gleich einige der unsern blessirt / auch gar todt geschossen worden. Weilen aber unsere auf mehr gedachten Kessel einen / in welchem in die 100. Türken waren / mit Kartätschen / Doppelhacken und Musqueten / stark und continuirlich Feuer gaben / daß keiner sich heroben dorffte blicken lassen / weniger heraus steigen / auch unablässig nebst etlich Bomben / viel Hand-Granaten einwurffen; wurde endlich der Kessel von denen unsrigen / so ausgefallen mit des Feindes eigenen Grabschauffeln / gar zugedeckt / und also die jenige so darinnen nicht todt geschossen / oder von Bomben und Granaten umkommen / lebendig begraben: Daß also muthmäßlich in diesem Ausfall vom Feind über 200. Mann erlegt / dem Feind aber seine Arbeit also verderbt worden / daß er wol wieder drey Tag vonnöthen hatte dieselbige in vorigen Stand zu bringen. Wiewol nach Zuruckweichung der Ausgefallenen / die Türken alsobald wiederum an die Arbeit geloffen / und damit fortgefahren: Beederseits hat es blutige Köpffe gegeben. Auf Seiten des Feinds blieb ein gar vornehmer / dessen Leichnam aus dem Graben zu holen / sich andere über eine Stund lang / mit grossem Verlust / eiferigst bemühet. Auf Käiserlicher Seiten aber starb den folgenden Tag Herr Baron Spindler / Fendrich bey dem Souchischen Regiment / von einem dißinal empfangenen Schuß / 15. Gemeine blieben todt / und in die 20. wurden blessirt. Nachmittag gegen 5. Uhr hat der Feind zwo Minen springen lassen eine linker Seiten gegen dem attaquirten Ravelin; die andere in der Contrascarpen, vor der rechten Face der Burg-Pastey. Auf die erste kam er gleich angeloffen / weil solche den Graben zimlich gefüllet / auch den einen Abschnitt und 12. Soldaten bedeckt hatte / davon drey wieder los gegraben worden: Es wurden aber die Stürmende glücklich repoussirt / wobey sich Herr Obrist Scherfenberg wiederum trefflich wol eingefunde̅. An der andern hat er weiter nichts gericht / [49] als ein paar Mann beschädiget / und zu sich in seine Approchen gezogen / darüber aber etliche Mann der Seinigen verlohren. Heut hat er wieder angefangen seine Bett-Stunde mit Schiessen zu halten / welches er schon in die drey Wochen unterlassen; und zwar stärker / als sonsten: Dahero dann die Belagerten zimlich alart stunden. Vormittag um zehen Uhr wurden die zween ausgerissene Uberläuffer [vid. die 16. hujus,] auf den neuen Markt / durch den Strang hingericht / und beede an einen Galgen gehenkt; Dem jungen Spionen aber / unter dem Galgen / der Kopff abgeschlagen. Dieser hatte in seinem Examine mächtig fallirt, und über obiges (den 10. dieses) vorgeben: Sein Vatter sey von hiesiger Stadt-Guardi, lige aber / samt seiner Mutter / bey den Türken gefangen / und müsse in deroselben Approchen arbeiten seine Mutter aber müste Woll-Säck machen: Er sey schon zum dritten mal hierinn gewesen / und dieses mal sey er bey N. 2. herein kommen. Auf fernere Befragung / ob er sich dann vor dem Feind nicht förchte? Sagte er nein: Sie kenneten ihn schon / daß ihn sein Vatter herein schickte / zu sehen / wie es hierinnen zugieng? Wie wol er ihnen niemal nichts anders hätte ausgesagt / dann daß die Stadt schon stark beschossen wäre. Worauf Ihro Hochgräfliche Excellenz / Herr General Graf von Stahrenberg / befohlen / ihn in das Burger-Spital zu bringen / und alldorten zu verwahren. In währendem Hinführen aber / ist ihme seine leibliche Mutter begegnet / welche niemal bey dem Feind gefangen gewesen / auch der Zeit gar keinen Mann hatte: Diese berichtete alsobald / daß der Bub ein schlimmer / durchtriebener Schelm / und schon vor vier Wochen von ihr hinweg geloffen / auch 8. Tag ausgeblieben wäre / ohne daß sie gewust / wo er sich aufhalte; jetzt aber seye er wiederum 14. Tag von ihr hinweg gewesen. Worauf man ihn gütlich befragt / wo er dann diese Zeit über gestecket? Antwortete er / bey dem Feind. Was er da bey dem Feind gethan / weilen weder sein Vatter noch seine Mutter / wie er vorgegeben / bey dem Feind in Verhaft seyen? Bekannte er freywillig / er wäre vor lange Weil mit einem andern Buben hinaus gegangen; man hätte ihn aber gleich wiederum herein geschickt / er solle sehen / wie es hierinnen zugehe? So habe er hierinnen gehört: 1. Daß vier Stuck von denen Unsrigen zu Schanden geschossen wären: 2. Daß wir grossen Mangel am Pulver litten: Wie auch 3. daß die Bäcker wenig Semmel bachten; und daß. 4 Commis-Brod so schwarz gebacken würde / daß viel Soldaten davon erkrankten: 5. Daß sie auch keinen rechten Lust zum Fechten mehr hätten / und dergleichen mehr. Dieses habe er dem Feind hinaus gesagt. Als man aber diese / des Buben seine Aussag / Ihro Excellenz / Herrn General von Stahrenberg / beygebracht / haben sie alsobalden über so viel befundene Indicia befohlen / man solle selben dem Stadt-Gericht übergeben / die sollen ihn auf das genaueste examiniren. 1. Wie er wisse / was N. 2. sey oder bedeute? 2. Wo er erfahren / daß uns vier Stuck zu Schanden geschoffen worden? 3. Von wem er wisse / wegen Semmel und Commis-Brod / oder [50] daß die Soldaten keinen Lust mehr zum Fechten hätten? 4. Wer ihme gesagt / daß wir an Pulver Mangel leiden? sc. Da er dann anfänglich auf einen Reit-Knecht bekannte: Nachdem aber derselbe auch gleich in Verhaft genommen / hat selbiger anders nichts gesagt: Als daß er den Jungen / Zeit seines Lebens / niemals gesehen / weniger mit ihme etwas zu thun gehabt. Der Jung aber laugnete wiederum alles / was er vorher wider sich selbst / und den Reit-Knecht gestanden / vermeldend / er habe es aus einer puren Forcht gethan. Auf noch schärfere Befragung aber bekennete er auf einen Schneider / daß er ihm angelernet / und darzu Anlaß geben hätte; auf dessen Citirung aber sich dergleichen nichts befunden / sondern der Jung hatte vermeint / daß ermeldter Schneider indessen vielleicht gestorben wäre / und er sich mit ihm ausreden wolte / und bekannte wie vorhero: Daß er mit einem andern Jungen hinaus gegangen / und draussen in einem Wäldlein viel Türken und gefangene Christen angetroffen: Den andern Jungen hätten sie alldorten behalten / ihn aber hättens um ein Brod herein geschickt / und daß er sehen solte / wie es in einem und andern hierinnen zugehe? worüber er dem Feind auch obermeldte Relation gethan. Seine Mutter / so zugegen gewesen / hielt zwar innständig an / weil er ein gar schlimmer Vogel / daß man ihn mit einem guten Schilling / wozu sie selber helffen wolte / abstraffen solte; allein es lieff nach dem Kriegs-Recht schärfer ab / als sie ihr eingebildet / in dem es diesen jungen Verräther den Kopff gekostet. Gegen Nacht stiegen bey 40. Raggeten von St. Stephans Thurn in die Höhe / Dero Hochfürstlichen Durchleucht / Herzog von Lothringen / zur Losung / daß man des Entsatzes in der Stadt mit Schmerzen erwarte. Die Parola war: St. MARIA und Laa.
Den 28. hat der Feind frühe um vier Uhr wiederum angefangen / nebst vielen Bomben-einwerffen / sehr stark zu canoniren; so aber nur eine Stund lang gewähret: Sintemal er durch ein grosses Donner- und Regen-Wetter an der Continuation den ganzen Vormittag verhindert worden. Nachmittag zwischen 4. und 5. Uhr / ließ der Feind rechter Hand / an dem Ravelin / eine Mine gehen / lieff darauf Sturm; wurde aber von denen mit Kartätschen geladenen Stucken übel empfangen / auch durch mannhaffte Resistenz der Musquetirer / glücklich repoussirt / obwolen er sich gleich dazumal vor der Burg-Pastey ganz in den Graben logirt / und dergestalt bedeckt / daß ihm ferner nicht beyzukommen war. In der Abend-Demmerung stiegen abermal eine zimliche Anzahl Raggeten vom St. Stephans-Thurn / welche um Succurs inbrünstig supplicirten. Die Parola war: St. Thomas und Grätz. Den 29. früh war der Feind mit Schiessen zimlich sparsam / hingegen mit Bomben und Stein-werffen desto freygebiger. Zwischen 9. und 10. Uhr / hat er ganz in dem letzten Abschnitt des so lang bisher gemarterten Ravelins / eine Mine springen lassen / und demselben schier den Herz-Stoß gegeben / also die Käiserlichen sich ein wenig zuruck ziehen müssen. Dannoch blieb ihnen noch ein Platz mit [51] Pallisaden besetzt / hinter welchen die Granadirer sich wol halten konten / welche auch den Türken den meisten Schaden zufügten. Weil aber der Feind mit Erdenauswerffen täglich stärker continuirte / auch dieser Tag vor ominos gehalten wurde / (an welchem / als Johannis Enthauptungs-Tag / die Türken gemeiniglich etwas Hauptsächliches vorzunehmen pflegen / anjetzt aber von dem Regenwetter daran verhindert wurden /) als musten / alles was Waffen zu führen tüchtig war / ein wachtsames Aug auf den Feind zu haben / damal in guter Bereitschaft stehen / obwolen von dem Feind keine weitere Entreprise erfolgt. Um 12. Uhr / ließ er eine andere Mine / in der Contrascarpen, vor der rechten Face der Burg-Pastey / gehen; nam aber dabey nichts weiters vor / als daß er seine Descente in dem Graben dergestalt facilitirte / daß 40. ja 50. Mann zugleich sicher hinunter gehen können / wie er dann seine Arbeit allenthalben meisterlich fortgesetzt. Die Parola war: St. Ignatius und Raab. Den 30. wurden die Belagerten diesen Morgen / mit Canoniren / und den ganzen Tag / zimlich gnädig; mit Bomben / Steinen / und Feuer-Kugeln aber desto schärffer gehalten. In der Nacht / hat er an dem attaquirten Ravelin / zu drey unterschiedlichen malen / aber vergebens / angesetzt. Wie sich dann höchstens zu verwundern / daß solch Ravelin / nach so vielfältigem grausamen Stürmen / dannoch so lang behauptet werden können! Herr Obrist Souches that abermal einen Ausfall / welchen aber der Feind nicht erwarten wollen; sondern gleich zuruck gewichen / daß man nach zugedeckten etlichen seiner Gräben / ohne grosses Scharmutziren / wiederum in die Stadt gekehret. Diesen Tag / that Herr Heinrich Friderich / Baron von Kielmannsegg / vor dem Hochgräflichen Herrn Commendanten / die Prob von sonderlichen Hand-Granaten / welche weder aus Metall / noch Eisen / noch dickem Glas / sondern vom Töpffer aus Thon / (welcher mit andern Ingredientien vermischt wird /) gedrehet und gehärtet wurden / deren Effect zum wenigsten den Gläsernen nichts nachgibt. Wie dann Ehrn-ermeldter Herr Baron / auch eine neu-erfundene Pulver-Mühle / unter den gewölbten Wall gerichtet / welche durch Ochsen getrieben wird / nebst andern Werken mehr / welche so wol ewigen Nachruhms / als würklicher allergenädigsten Belohnung würdig wären. Sonsten blieb Herr Hauptmann Kressel / von der Artolleria, von einem Schuß gegen Tag / tod. Die Parola war: St. Thomas und Linz. Den 31. hielt der Feind mit Canoniren / Bomben- und Stein-einwerffen / eben wie gestrigen Tags / an. Um 7. Uhr / flog eine feindliche Bombe in eine Tonne Pulver / so hinter dem Ravelin im Burg-Graben lag / zersprang / und zündete noch etliche Hand-Granaten an / welche in 10. Soldaten blessirten und zu Schanden schlugen. Darauf ließ der Feind gegen Mittag abermal an dem hochbeschädigten Burg-Ravelin / zur rechten Hand / eine Mine gehen / wie auch Nachmittag noch eine andere in der Contrascarpen, vor der Face der Burg-Pastey: Wobey aber sein Absehen auf nichts anders gerichtet gewesen / als sich immer je mehr [52] und mehr den Weg in den Graben zu bereiten / und zu erweitern. Nach Mittag observirte man / daß der Feind beladene Cameel und Wägen aus dem Lager / auch Stücke aus den Approchen, in den Wienner-Wald führte / hörte auch von selbiger Gegend canoniren: Daher man in der Stadt muthmassete / daß es die Vor-Trouppen des hocherwünschten Succurses seyn müssen / deme die Türken sich widersetzten. Zwey Weiber / eine aus Haimburg / die andere von S. Pölten / so der Feind selbiger Orten gefangen bekommen / sind heut herüber geloffen / mit Bericht: Daß unter den Türken stündlich Alarm sey / und daß sie schon drey mal würklich zu Pferd gesessen / auch jetzt dato allezeit die Helfte in Bereitschaft stünde; erzählten auch ferner / daß kein Türk mehr in Wienner-Wald zu fouragiren getraue / weilen derselbe von denen Unfrigen / und zwar meistentheils Bauren sehr stark besetzt / und fast durchgehends verhauet sey. So hätten auch die Jungfrauen / bevorderst aber die jungen Mägdlein / bey den Türken sehr gute Händel / daß deren viel auf keine Erlösung noch Befreyung gedenken oder wünschen; jedoch auch nicht wenig ihre meiste Zeit mit Weinen / Betten / und elenden Seuffzen / heimlich / ja auch wol offentlich zubrächten. Um 12. Uhr haben etliche von unserer Frey-Compagnie einen Ausfall gethan / und am Roßmark in einem Keller etliche Türken angetroffen; denen sie die Zech so theur gemacht / daß sie solche mit ihren eigenen Köpffen bezahlen müssen / wie sie dann zwey abgehauene Türken-Köpffe / zum Warzeichen herein gebracht. Im übrigen trug sichs zu / daß der ausgeschickte Rätz / auf seinem Ruck-Weg einen fouragirenden Türken angetroffen / und mit solchem geredet: Als sich aber der Türk gegen ihm nichts arges versehen / hieb ihm der Rätz mit dem Säbel den Kopff ab / nahm sein Pferd samt der Fourage, und kam also wol beritten / darzu mit guter erfreulicher Zeitung zurück. Es hatte auch vermeinter Christ von Neusidel / an denen Abschnitts-Pallisaden / in der Contrascarpe um Hülff geruffen; als nun ein Mannsfeldischer Granadier ihm die Hand gereicht / und denselben herüber ziehen wollen / hat jener mit dem Säbel nach ihm gehauen / welcher aber nicht faul / sondern ihn alsobald mit einer Hand-Granaten auf den Schedel geschmissen / daß er darüber crepirt: Woraus man geschlossen / daß jener mehr türkisch als Christlich gesinnet / ja vielleicht gar ein Türck gewesen. Die Parola war: St. Georg und Ulm. September. DEn 1. Septembris, war der Feind mit Canoniren zimlich still; mit Bomben- und Stein-einwerffen aber sehr unsinnig / auch / mit Fortsetzung seiner Arbeit / aller Orten sehr geschäftig. Gegen 12. Uhr Mittags / wagten von der Käiserlichen Soldatesca 200. Mann / in den Graben vor der Burg-Pastey / einen Ausfall; welcher aber / weilen man sich in Vernaglung zweyer Carthaunen etwas zu lang verweilet / zimlich übel abgelauffen / in dem nicht viel über hundert wieder herein kommen. Doch wurden des Feinds Pallisaden an zwey Orten mit [53] Feuer angesteckt / welches aber von den Türken / so bald der Ausfall sich zurück gewendet / wiedrum gedämpft worden. Gegen Abend / wie auch die Nacht hindurch / ist der Feind mit seiner Arbeit / über den Stadt-Graben und Contra-Mine des Löwels kommen / und hat daselbsten / wie auch an der Burg-Pastey / angefangen zu miniren / auch sich in dem Löwel längst der Face zu logiren / unangesehen man ihme solches von denen Pasteyen herab / mit Feuer-Bomben- und Steinwerffen zu verhindern / sich ernstlich bemühet hat. Nachmittag fielen in 20. Studenten aus / die dem Feind etlich Stuck Ochsen hinweg / und in die Stadt getrieben. Von St. Stephans-Thurn flogen gegen Nachts abermal viel Raggeten in die Höhe / zur Losung / daß die Inwohner eben so inbrünstige Seuffzer gen Himmel schickten / daß doch der Tag ihrer Erlösung sich eh ist nahen möchte. In der Nacht ließ der vorige Rätz / sich abermal mit Briefen / zu Ihro Hochfürstlichen Durchleucht von Lothringen / ins Käiserliche Haupt-Quartier über schicken. Die Parola war: St. Augustin und Crembs. Den 2. früh um 7. Uhr / fieng der Feind wiederum stärker an zu schiessen / und liesse Vormittag eine Mine an der Burg-Pastey springen / wodurch zwar derselben kein sonderbarer Schaden begegnet / jedoch ihme der Weg zu einer andern Mine / bey dem andern Eck / nach der Pastey zu / eröfnet / durch welche drey Soldaten verschüttet wurden. Worauf die Käiserlichen einen Ausfall gethan / viel vom Feind erlegt / etliche desselbigen Gräben zugedeckt / und ihn zuruck gejaget. Ein Leutenant / so in der Caponare am Löwel commandirt gewesen / dem Feind möglichsten Abbruch zu thun / ist solcher Ordre so liederlich nachkommen / daß er den Feind vor seinen Augen / ohne daß er einen Schuß auf ihn gethan hätte / eine Flanque machen lassen. Als aber solches Ihro Excellenz / Herrn Generaln von Stahrenberg / hinterbracht worden / hat ihme derselbe / aus beeden eines zu erwählen / frey gestellet: nemlich entweder wieder hinaus zu fallen / und dem Feind selbige wiederum zu Schanden zu machen / oder aber er wolte ihn aufhenken lassen. Der Leutenant aber / so noch als ein ehrlicher Soldat thun wolte / fiel mit 20. Mann hinaus / dem Feind sein Werk zu ruiniren / wurde aber gleich todt geschossen / von dem Feind in Stück zerhauen / und seine Mannschaft zuruck gejaget. Die Nacht hindurch hat der Feind seine Arbeit aller Orten im Graben / ungehindert unsers stäten Canonirens / sehr stark avancirt / auch die Caponern der Unsrigen gegen 10. Uhr mit Feuer angesteckt. Mit Canoniren / Bomben- und Stein-werffen / hielt sich derselbige in der gestrigen Continence. Nachmittag um 4. Uhr / als Herr Leutenant G'schwind seine Posto fleissigst visitirte / ist selbiger von einem Stein auf die Schulter am Arm heftig blessirt worden / daß er den Arm lang in einer Schlingen tragen müssen. Das Burg-Ravelin hatte der Feind auf beeden Seiten dergestalt innen / daß die Käiserlichen nur noch den verdeckten Gang / oder (wie theils ihn zu nennen pflegten /) Beeren-Kasten / in der Contrascarpe am Stern besassen / worauf sich 50. Mann halten / und dem Feind Abbruch thun konten. Welchen dann des [54] Stahrenbergischen Regiments Capitain / Herr Heistermann / mit 50. Soldaten / solches die ganze Nacht hindurch / wider alles feindliche Rasen und Toben / ritterlich defendirt / auch die bereits von feindlichen Flammen ergriffene Pallisaden / erhalten: Ohngeacht ihme von Ihro Hochgräflichen Gnaden / Herrn Commendanten / frey gestellt gewesen / im Fall der Feind gar zu grimmig ansetzen würde / sich in der Stille zuruck zu ziehen / und den Gang selber anzustecken. Doch sind von seinen Untergebenen 20. (darunter ein Leutenant und ein Wachtmeister) todt geblieben: Er aber samt den 30. übrigen / bis zur Zeit der gewöhnlichen Ablösung stehen blieben. Abends um 8. Uhr / hat der Feind stärker / als jemal die ganze Belagerung über geschehen / so wol aus Stücken als kleinem Geschütz geschossen. In der Nacht aber sahe man wiederum das Losungs-Feuer brennen / welches denen Belagerten die glückliche Uberkunft des Rätzen / mit den Briefen in dem Käiserlichen Haupt-Quartier / verkündigte. Die Parola war: St. Barbara und Grätz. Den 3. ersetzte der Feind sein weniges Canoniren mit schädlichem Einwurff vieler Bomben und Steinen / wurde aber an seinem Graben und Arbeiten / durch anhaltendem Regen / merklich verhindert. Den Tag über kamen zu unterschiedlichen malen einige gefangene Türken ein / welche in vorgenommenem Examine bekennet: Daß der Feind zwar Munition genug / aber wenig Vorrath an Proviant habe; wie daß auch der Groß-Vezier / (weilen er durch Schreiben vom Groß-Sultan einen ernstlichen Verweis bekommen / um daß er vor Wienn gegangen / und nicht zuvor Raab / und Comorrn eingenommen /) nicht Willens sey / lang mehr allhier zu verbleiben: Zu welcher Ursach auch diese kommen / weilen ihme bisher so viel der Seinigen zn Schanden gemacht worden; sintemal man sicherlich glauben dörffe / daß allein von den Janitscharen über die 10000. Mann geblieben / auch denen übrigen / weilen sie ihme nicht mehr als 50. Tag zu dienen versprochen / solche aber würklich verstrichen / aller Lust zum Fechten vergienge. Die Tartarn hätten sich auch schon separirt / und wären auch schon würklich zwey Bassa / mit ihrer unterhabenden Mannschaft von hier ab- und nach Neuhäusel gangen; versicherten auch / daß / wann der Käiserliche Succurs einen ernstlichen Angriff thun würde / viel Hungarn / Polacken / Moldauer / Wallachen und Gehuldigte / zu demselbigen fallen werden. Von den Dupinischen wagten heut etliche Männer einen Parthey-Gang / in welchem sie dem Feind / mit Beyhülffe der Herren Studenten / 22. Stück Ochsen / samt zwey Pferden und einen Wagen / hinweg genommen / und in die Stadt gebracht; wofür Ihro Excellenz / Herr General Graf von Stahrenberg / ihnen 900. Gulden auszahlen / und selbe vor die kranken und blessirten Soldaten aushacken lassen. Um 1. Uhr Nachmittag / kam ein Türk herüber angestochen / vermeldend / daß ihn zum Uberlauffen nichts anders bewogen / als dieses: Weilen er vorher ein Christ gewesen / und anjetzo wegen unsers Succurs, unter den Türken so grosser Schrecken sey. Um 4. Uhr brachten die Herren Studenten abermal einen gefangnen Türken ein. Sonsten sind so wol vorige Nacht / als heutigen [55] Tag über / die Käiserlichen mit dem Feind in der Linien / an der Burg-Pastey / mit miniren zusammen kommen / und haben sich gegen Mittag / so viel rencontrirt / daß sie ein Loch in des Feinds Mine gemacht / durch welches sie einander mit verbitterten Gesichtern angesehen / und Nachmittag mit einander chargirt haben. Die Soldatesca bekam heut einen halben Monat-Sold. Nachmittag flogen vom Galenberg her 8. Störche über die Stadt / welches man vor ein gut Omen gehalten. Des Abends ward der Feind / durch sein unermüdetes Graben / auf dem Burg-Ravelin / auch an den andern Abschnitt kommen / welchen man von starken Tielen in höchster Eil gemacht / und mit Erden ausgefüllet hatte; den suchten sie abzubrennen / die Käiserlichen aber dämpften solches nach und nach mit Wasser: Da dann die Türken / weil sie kaum 10. Schritt davon waren / mit Steinen stark auf die Käiserliche Soldaten wurffen / welches ihnen aber die Doppelhacken / und gezogene Röhre auf der Burg zeitlich verbotten. Inzwischen wurffen sie Nachmittag schon die Erde über diesen Abschnitt / sprengten auch mit Pulver ein grosses Theil davon übern Hauffen. Das übrige steckten / auf Befehl des Hochgräfllichen Herrn Commendanten / die Käiserliche des Nachts selbsten in den Brand / neben der Blendung und ersten Abschnitt im Graben / und verliessen also das Ravelin völlig / welches zu erobern den Feind so viel Blut und saure Arbeit / so viel lange Wochen her / gekostet; nachdem vorher Herr Hauptmann Müller / vom Mannsfeldischen Regiment / (der sich von Herrn Heistermann vor Gefahr nicht wollen warnen lassen) durch einen Pfeil sein Leben ritterlich darauf beschlossen hatte. Die Parola war: St. Carl und Neapolis. Den 4. war es des Canonirens halber ganz ruhig / hingegen wurden viel Stein und einige Bomben eingeworffen. Vormittag war es Regen-Wetter; Nachmittag aber gegen drey Uhr / ließ der Feind eine Haupt-Mine an der Burg-Pastey springen / davon nicht allein die halbe Stadt erschütterte und erbebete / sondern auch ein grosses Stück von der Stadt- und Pastey-Maur / so zum wenigsten 5. Klaffter austruge / in den Graben gefallen; worauf dann ein grausamer ernstlicher Sturm erfolget / welcher anderthalb Stund gewähret / in welchem sich der Feind darinn an den Fuß logirt. Dannoch geschah demselben nicht allein von Ihro Excellenz / Herrn Grafen von Stahrenberg / wie auch beeden Herrn Herrn Generaln Wachtmeistern / als Herrn Graf Taun / und Herrn Graf Sereni / ingleichem Herrn Obrist Souches / Herrn Obrist Scherfenberg / und andern / eben zu solcher Zeit der gewöhnlichen Ablösung / anwesenden hohen Officiren / ritterlicher Widerstand; sondern es wurden auch die Kartätschen und Canonen nicht gesparet / dadurch dem Feind auch dieses / wie alle andere mal / so oft er gestürmt / der mehrste Schaden widerfahren ist. Die Soldaten unterliessen nicht / alsobald die aufgesprengte Lucken / mit Schranken / Spanischen Reutern / (auf Rädern / welche an statt der Sprüssel gespitzte eiserne Stangen hatten /) Blöcken / Balken / Sand- und Grund-Säcken / wiederum zu verwahren / daß sich der Feind [56] endlich wiederum zuruck ziehen / und bey 500. Mann dahinden lassen müssen: Obwolen auf Käiserlicher Seiten auch 114. verlohren und blessirt wurden. In dem Löwel / wie auch in dem abandonirten Ravelin und Caponirn / setzte der Feind allenthalben seine Arbeit stark fort; dem aber die Käiserlichen in Vermehrung und Verstärkung ihrer Abschnitte in der Emsigkeit nichts nachgegeben. Bey Untergang der Sonnen fiengen die Türken diesen Tag ihrem Gebrauch nach / eh sie ihr Gebet verrichteten / wiederum an zu lösen / welches sie eine Zeit hero / vielleicht zu Ersparung des Pulvers / unterlassen hatten; welches dann die Käiserlichen Canonen tapfer beantworteten. Die Nacht durch arbeiteten sie sehr an einer neuen Batterie / ohnfern der Leinn-Gruben / daß sie auch des folgenden Tags schon Stück darauf führeten. Von St. Stephans-Thurn gaben die abermal häuffig geschossene Raggeten Ihro Hochfürstlichen Durchleucht / dem Herrn Herzog von Lothringen / die Losung / daß der längere Verzug des Entsatzes höchst gefährlich seye / welches auch ein ausgeschickter Kundschaffter / schrifftlich in dem Käiserlichen Läger / bestättigen solte. Die Parola war: St. Dominicus und Straßburg. Den 5. hat der Feind wiederum mit schweren Stucken geschoffen / deren er doch lange Zeit her keines gebraucht / auch mit Bomben- und Stein-einwerffen stark angehalten. Nachmittag gegen 6. Uhr versuchte er in der Minen der Burg-Pastey sich weiter in die Höhe zu logiren; allein die neuverfertigte Abschnitt / und eingesetzte Pallisaden / fertigten ihn mit einer langen Nasen ab; wie dann auch die Käiserliche Soldatesca / mit Sensen / Haacken / und Morgensternen manchen anlauffenden Türken also empfangen / daß er darüber des Umkehrens vergessen. In dem abandonirten Ravelin / und dem Graben daselbsten / wie auch in der Caponire gegen dem Löwel avancirte seine Arbeit gewaltig: Im Lager aber wurden viel 1000. Wacht-Feuer gesehen / weil sie stündlich sich eines Einfalls besorgten. Die Parola war: St. Dominicus und Passau. Den 6. früh / und den Tag über / gieng das feindliche Canoniren / Bomben- und Stein-einwerffen / wie gestrigen Tags / von statten. Nachmittag / gegen ein Uhr / warff der Feind an der Löwel-Pastey die beede Faces durch Minen übern Hauffen / dadurch abermal eine Lucken von 6. Klafftern gesprengt wurde: Derowegen die Käiserliche Soldatesca / alles Schirms beraubt / mit der blossen Brust den wütigen Sturm aushalten muste / welcher aber bald wieder nachgelassen; weilen durch die Mine / die mehr als 24. Schuh dicke Mauer / zu dem Anlauff / nicht bequem war nieder gelegt worden / sondern die aneinander klebende grosse Mauren-Stücker dem Feind unter den Füssen lagen; über das so wol mit Stuck-Kugeln / als Kartätschen und Doppelhaacken / nicht weniger auch von der Mannschaft / tapfere Gegenwehr beschehen: Also daß er dieses mal am Haag abziehen müssen / ob er wol bereits schon zwey Fähnlein aufgestecket hatte. Die Nach über setzte er seine Arbeit / absonderlich in dem Graben vor dem Ravelin / der Courtinen zu / eiferigst fort. Die Belagerten aber vermehrten und verbässerten ihre Ab [57] schnitte und Batterien allenthalben / sonderlich auf der Spanier-Pastey / an der erhöhten Courtinen / im so genannten Paradisgärtel / in der neuen Burg und andern Orten. Des Nachts sahe man von dem Gipfel des Kahlenbergs fünff Raggeten in die Höhe steigen / welches von der Herbeyrückung des Succurses Hoffnung machte. Wie dann auch / von St. Steffans Thurn / wiederum vielschlägige Raggeten gelöset wurden. Die Parola war: S. Jacob und Cöln. Den 7. früh / begunnte der Feind mit schweren Stücken etwas mehrers zu schiessen / welches er dannoch nicht über zwo Stunden getrieben; gegen Mittag und Nachmittag aber mit Canoniren noch mehr / wie auch mit Bomben und Stein-Einwerffen / angehalten. In dem Graben vor der Löwel- und Burg-Pastey / wurden viel Woll-Säcke / Schanz-Körb / und Holzwerk zusammen gebracht / und seine Arbeit den Tag und Nacht hindurch allenthalben / absonderlich in dem Graben vor dem Ravelin / fortgesetzet. Die Käiserliche hinterbliebene Bediente musten heut in die neue Burg hinein (welcher Posto so gefährlich / als die Pastey selbsten gewest / zumalen die ganze Burg von Canonen und Bomben gänzlich durchlöchert) weilen man besorget / der Feind werde mehrers Minen gehen lassen / und darauf Sturm lauffen; wiewol man diesen Tag demselben eine Mine von 13. Tonnen Pulver / unter der Streichwöhr bey der Löwel-Pastey ausgenommen. Gegen Nacht / legten auf dem Stephans-Thurn die steigende Raggeten abermal bey dem Käiserlichen Haupt-Quartier / im Namen der Belagerten / eine Intercession ein / um Beschleunigung des Entsatzes. Die Parola war: S. Paulus. Diesen Tag hielt der Groß-Vezier eine General-Musterung / wie aus nachfolgender Verzeichnus / welche im Türkischen Lager / bey dem Gezelt des Groß-Veziers gefunden / und aus der Türkischen Sprach verdolmetschet worden / zu ersehen. LISTA, Was für Volk sich noch befunden / als die Musterung geschehen unter Wienn / den 18. des edlen Monats Ramesan / das ist / den 7. Septembris / Anno 1683. Num. Ist also unser Kriegsheer noch stark 168000. Mann. Zu merken aber ist / daß diese Summa den Groß-Vezier zu verblenden / und demselben eine Nase zu drehen / erdichtet worden sey / als welcher wegen seines Hochmuths und Tyranney bey seiner ganzen Armee sehr verhasst war; wie man dessen aus sicherer Kundschaft der Röm. Käis. Majest. Agenten / welche schon lange Jahr in der Türkey sich aufgehalten / sattsam benachrichtiget ist. Es wolten aber die Cameraden des Groß-Veziers / oder Bassen / die Summa der Soldaten mit Fleiß vergrössern / damit er sich entschliessen solle / die Ankunft des Käiserlichen Entsatzes / dessen Herbeyruckung ihme wol bewust war / zu erwarten; sie aber hernachmal / Kraft ihres längst abgeredten Anschlags / ihn / als einen verhassten Tyrannen / im Stich lassen möchten. LISTA. Was von unserer Ottomannischen Macht / in der Belägerung vor Wienn / bis den 7. Septembris / geblieben / Anno 1683. (Diese Lista ist gleichfalls in des Groß-Veziers Canzley gefunden worden.) Summa Summarum 48544
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Den 8. Septembris / Morgens früh / gieng es mit Canoniren genädiger her / als gestern. Hingegen wurde mit Stein- und Bomben-Einwerffen den ganzen Tag über scharff genug angehalten / und avancirte des Feinds Arbeit im Graben dergestalt / daß er Nachmittag gegen vier Uhr / an dem Löwel in der Basse Flanque / 2. Fornelli spielen / und darauf das andermal / in zimlich grosser Anzahl Sturm / lauffen ließ; wurde aber zu beeden malen / von denen mit Kartätschen geladenen / und schon in Bereitschaft stehenden Stücken / unsauber empfangen / und durch die Mannschaft / nach zweystündigem Gefecht / und grossem Verlust der Seinigen / abgetrieben. Wobey von der Reuterey Herr Obrist Leutenant Crois Chevallier Gournee / und etliche andere Officier verwundet worden. Vormittag / gegen zehen Uhr / haben die Belagerten in der Burg Pastey / in der Contra-Mine eine Petarden angesetzt / um dadurch des Feindes Mine zu eröffnen / aber ohne Effect. Gegen Mittag und Nachmittag beobachtete man in dem feindlichen Lager eine grosse Confusion / mit Hin- und Herlauffen nach den Approchen / Reiten / Pferd-satteln / und Camel-beladen: Welches / ob es wegen des herannahenden Entsatzes geschehe / man in der Stadt nicht eigentlich wissen konte. Gegen Abend hat der Feind seine Bettstund abermal mit Lösung so wol der Stücke / als kleinen Geschützes / stärker als niemal gehalten / und in der Nacht seine Arbeit gegen der Basse Flanque / und in der Communications-Linie stark fortgesetzt. Und weilen unsere Ingenierer vor gewis berichteten / daß der Feind eine fertige Mine an der Burg-Pastey habe / welche sie würklich hätten hören zuschlagen / auch allem Ansehen nach / weilen de Feind seine Troppen stark zusammen ziehe / nach effectuirter Minen einen General-Sturm vorzunehmen gesonnen: Als liessen Ihro Excellenz / Herr General Graf von Stahrenberg / durch offentlichen Trommel-Ruff / alle Burger und Innwohner / und was nur Waffen regiren vermochte / ernsthaft und treuherzig zusammen bringen / und verlegten selbe in 2. Bereitschaften / eine auf dem Kohlmarkt / bey denen Michaelern; die andere auf die Freyung / wie nicht weniger auch indessen so wo die attaquirte Courtinen / als beede Pasteyen / mit neuen Abschnitten versehen / auch in der Stadt die Häuser und Gassen mit Ketten und Traversen verbollwerken; auch auf die den 6. hujus gemeldte neue Batterien Stücke bringen / um jeder Zeit / und auf allem Fall dem Feind möglichsten Widerstand zu thun. Von S. Stephans-Thurn kriegten Ihro Hochfürstl. Durchl. Herr Herzog von Lotthringen um 9. Uhr die Raggeten-Losung / wegen eilfertiger Beschleunigung des Succurses. Die Nacht hindurch / hat man durch des Feindes Wachten / viel Feuer wargenommen / desgleichen daß er sich sehr häuffig an das Gebürg setzte. Die Parola wer: St. Philipp und Madrit. Den 9. tummelte sich der Feind des Morgens mit Canoniren / Bomben- und Stein-Einwerffen auf die Pasteyen / sonderlich vom Rothenhof auf den Löwel zu. Es marchirten auch viel tausend Türken nach dem Kahlenberg / unserm Entsatz entgegen / allwo sie / wie auch rings auf dem Wiennerberg / tieffe Gräben [62] gemacht / und sich trefflich verschanzt: Sie führeten etliche Feld-Stück mit sich / welche hernachmal den Unsrigen zu theil worden. So wurden auch drey Personen eingezogen / die auf der Donau gefischet hatten / weil man sich einiger Conspiration von ihnen besorgte. Gegen zehen Uhr lieff ein Gefangener herüber / welcher des Feindes grosse Consternation vermeldete. Dessen ungehindert hat der Feind mit Canoniren / Stein- und Bomben-Werffen sehr stark angehalten / auch seine Arbeit und Miniren gegen der Basse Flanque / und Courtinen unaussetzlich fortgesetzt: Auch den Abend mehr und mehr sich an das Gebürg gezogen / und sich in guter Battalien und Bereitschaft gehalten. In der Nacht gegen zehen Uhr / hat sich der Feind der Basse-Flanque / welche zwar Unsere schon mehrentheils verlassen / und eines Theils der Communications-Lini vor der Courtine / nach dreymaliger Ansetzung / bemächtiget; und gleich in die Courtine an dreyen Orten angefangen zu miniren / auch an denen beeden attaquirten und gesprengten Bollwerken / seine Arbeit und Minen fortgesetzt. Diesen Vormittag ist aus des Feinds Lager eine weisse Taube über die Stadt (welche / gleichsam als die Arch Nohä mit grausamen Flutten der äussersten Gefahr umgeben / nichts gewissers / als eine erschröckliche Sündflut / von theurem Christen-Blut / zu gewarten hatte) geflohen / welches man vor ein gutes Omen gehalten. Herr Obrist Leutenant Schenk ist an seinem den 20. dito empfangenen Schuß gestorben: Herr Joh. Andreas von Liebenberg / wol-meritirter Burgermäister gleichfalls heut des zeitlichen Todes verblichen / welchen / nebst seiner Excellenz Herr General Graf von Stahrenberg / die sämtliche Burgerschaft / höchstens betraurten. Nachts wurden wiederum viel Raggeten von St. Stephans-Thurn gelöset. Die Parola war: St. Margaretha und Olmiz. Der 10. früh canonirte der Feind etwas weniger / als gestriges Tags: Hingegen wurde mit Bomben- und Stein-Werffen / auch in der Courtine an 3. Orten stark zu miniren / nicht gefeyret / und die Arbeit aller Orten fleissigst fortgesetzt. Weilen nun abermal die Sprengung einer Mine zu befahren war / zoge man von der Burg-Pastey etliche Stück / auf den Burg-Wall zurück. So wurden auch auf der Pastey / auf der Courtina / beym Löwler-Thor in der Stadt inwendig / bey dem Spannischen Bottschafter / hin und wieder gute Abschnitte gemacht / auch mit Pallisaden und Stücken besetzt / um sich auf das äusserste zu defendiren; weßwegen dann viel Dachstüle und Gesparr abgebrochen wurden / daraus man Pallisaden gemacht: Und war auch bey dem Kriegs-Rath allbereit in Deliberation gezogen / daß man alle eiserne Gitter von den Fenstern hätte abbrechen müssen / die Gassen damit zu verlegen / wann GOtt nicht schleunige Hülff geschickt hätte. In der Nacht / gegen 11. Uhr / hat der Feind an der Burg-Pastey eine Mine springen lassen / rechter Hand der vorigen; aber ohne besondern Effect / ausser daß er sich den Wege zu einer Haupt-Mine facilitirt / welche er gleich angefangen / im übrigen aber seine Arbeit fortgesetzt: Allein ist er in Minirung der ersten duch Ab [63] werffung von daselbst der Bomben / auch 500. pfündiger Mordschläg und steinern Kugeln / in etwas verhindert worden. In der Nach sind abermal viel Raggeten gleich zumal von St. Stephans-Thurn geworffen worden / welche den agonizirenden Zustand der höchstbedrangten Stadt / bey dem Durchleuchtigsten Herrn Generalissimo, beweglichst vorbilden solten. Die Parola war: St. Thomas und Florenz. Den 11. schickte der Feind abermal mit schwerem Geschütz einen entsetzlichen und recht barbarischen Morgen-Gruß / continuirte aber damit nicht über eine Stund / fuhre dannoch fort mit Bomben- und Stein-Werffen die Stadt zu beunruhigen. Es schiene / daß die Türkische wilde Säu / des Wühlens und Grabens etwas müd wären / derowegen man einige Nachlassung verspührte. Nachmittag gieng das Donnern aus den Canonen wieder an / continuirte aber nur per intervalla. Gegen Abend sahe man den Feind gänzlich aus dem Lager gegen dem Gebürg anrücken / und mit allem Volk / so in der Leopoldstadt gewesen / über seine Brücken dahin anmarchiren. Vermerkte auch / daß sich einige Trouppen in dem alten und neuen Gebäu des Kahlenbergs versammelt und avancirt hätten / welches ohne Zweiffel die Vortroppen des Succurses gewesen: Indem man bald hernach die Canonen gegen der Stadt zu / das ist / gegen des Feinds avancirte Trouppen / an dem Fuß des Kahlenbergs hat spielen sehen / und zum öfftern los brennen hören / auch immer mehr und mehr Volk anrücken; da indessen der Feind allezeit mehrers gegen dem Gebürg sich setzte / und zusammen zoge / welches bis in die Nacht (deren Parola war: St. Dominicus und Insprugg) continuirte: Jedoch nicht unterliesse seine Arbeit allenthalben ernstlich zu prosequiren / auch mit Stücken ärger als niemal zu canoniren. Ein Polak / welcher zehen Jahr Türkische Fessel getragen / lieff herüber / welchen als ihn der Feind ersehen / gaben sie sehr stark Feuer auf ihn / wurde doch nur in den Fuß getroffen / berichtend / daß unter den Türken eine unaussprechliche Forcht zu verspühren sey. In der Nacht vernahm man zu Wienn die so sehnlich verlangte Losung / der nunmehr unfehlbar vorhandenen Erlösung / durch den Entsatz der Käiserlichen Alliirten / welche mit Feuer-Zeichen und Raggeten gegeben worden. Was nun solches vor innerliche Freude und Trost bey allen Anwesenden erwecket / kan niemand bässer glauben / weder wer diese neun Wochen über selbsten in diesem Angst-Kerker versperret gewesen / und alles ersinnliche Elend / welches je den Menschen begegnen mag / an seinem eigenem Leibe und Gemüth erfahren und empfunden / auch so manche Lebens-Gefahr ausgestanden / und nunmehr den blutigen Untergang seines Ehgatten / und trauten Kinder / und was sonsten lieb und werth ist / oder in der Welt hoch und theur geschätzt zu werden pfleget / vor Augen gesehen; indem nunmehr über acht tausend Bewehrte gemisset wurden / in allem aber / von den Inwohnern und Soldaten / klein und groß / bis daher theils geblieben / theils sonst gestorben waren 22000. und etlich 100. Menschen: Welches alles nunmehr halb vergessen schiene / durch die würklich herbeynahende
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Siegreiche Entsetzung.
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DAnn es brach nunmehr an der zwölffte Tag des Herbstmonats / ein Tag / welcher billich mit güldenen Buchstaben in das Stammbuch der Ewigkeit zu verzeichnen! An welchem gleichwol der Feind / über Gewonheit / auf gut Türkisch zu complimentiren / das ist / canoniren angefangen / auch mit Bomben- und Stein-Einwerffen / bis Nachmittag fortgefahren / auch aller Orten seine Arbeit auf das eifrigste fortgesetzt / also / daß die Belagerte alle Augenblick erwarten musten / daß drey Minen / welche er in der Courtinen angefangen / verfertiget seyn / und springen möchten. Man hörte aber mit beweglichster Herzens-Vergnügung / Sonntag Morgens früh um 2. Uhr / von ferne etliche Losungs-Schüsse / worauf gleich mit anbrechendem Tag ein Käiserliches Regiment zu Fuß auf dem Kahlenberg / hinter einer Blanke / mit dem Feind 2. Stund lang chargirte. Als aber 3. bis 400. Türken / denen Käiserlichen in die Blanke gehen wollen / hat Herr Obrist Heußler / gedachtes Regiment / mit seinen untergebenen Tragonern secundirt / und die Helfte absitzen lassen / welche 2. Regimenter sich dapfer hielten / bis die völlige Käiserliche Armee immer nachruckte / und von dem alten und neuen Schloß des Kahlenbergs sich hervor / und nach dem Berg hinab begabe / also / daß immer eine Trouppe und Battaillion nach der andern anlangte: Sintemal die von denen Türken mit Fleiß zur Verhinderung gemachte tieffe Gräben / nebst denen Hol-Wegen verursachten / daß sie nicht so schnell marchiren / und dem Feind (welcher zwar nirgend keinen rechten Stand hielt / sondern zuweilen durchgieng / zuweilen aber sich setzte / und wieder furios die Käiserlichen ansiele) nachsetzen kunten / wie sie zwar gern gewolt hätten. Indessen doch denselben mit denen auf zweyen Bergen gepflanzten Stücken lang aufhielten / bis sie durch die aufgeworffene Gräben passirt / und gegen Mittag / am Ende des Kahlenbergs / bey Anfang des Wein-Gebürgs zu stehen kommen. Nachdem man nun in der Stadt sahe / daß der völlige Entsatz vorhanden sey / gaben zu Mittag die Schützen auf der Burg eine Salve, über welches die jenige / welche sich in denen Approchen befunden / nicht wissend / worauf es angesehen / gewaltig stutzten; worüber sie noch eine Salve gaben / längst der Burg hinunter / welche die in den Approchen tapfer beantworteten / imgleichen mit Stücken scharf spielten. Nach gegebener dritten Salve, gaben die meiste auf denen Approchen die Flucht / worauf die Soldaten auf den Pasteyen / wie auch die Canonen sich tapfer hören liessen: Und war ein solch Schiessen / daß man vor Dampf nichts sehen können. Um welche Zeit man auch vermerkte / daß des Feindes ganze Macht sich gegen den Kahlenberg gezogen / und in Battaille gestellt hatte / nachdem zuvor von früh an viel Bagage-Wegen und [65] Pferde / neben viel 1000. Menschen / aus dem Lager / gegen der Schwöchat gerücket waren. So bald nun die Käiserliche Armee sich auszubreiten Raum erhalten / stellte sich selbige in rechte Schlacht-Ordnung / immerzu der übrigen aus dem Wald und Gebürg sich hervor ziehenden Trouppen erwartend: Drungen endlich in der schönsten Ordnung / als jemal eine Armee mag gehalten haben / hart an den Feind / und machten ihn so oft weichen / als oft sie an ihn setzten; also zwar / daß selbige immerfort in so gut und geschlossner Ordnung avancirend / den Feind / gegen 4. Uhr Nachmittag / bis an das Lager / in seine Gezelt poussirten / selbigen immer zuruck trieben / und in solche Confusion brachten / daß er sich gänzlich wendete / und die Flucht gabe: In deren auch der Groß-Vezier selbsten nicht der letzte seyn wollen / damit er nicht in die Königliche Polnische Hände geriethe / denen zu entwischen er hohe Zeit gehabt / als welche inzwischen durch den Wald bey Dornbach mit dero Armee (unter welcher sich auch 4000. Preussen befunde / die sich über alle massen wol gehalten) heraus gefallen / den Feind zu umringen; welcher solches vermerkend / haben die jenige / so auf dem Wiennerberg hielten / angefangen das Reiß-aus zu spielen / wurden aber von den Polacken muthig verfolget / dergestalt / daß denen gesamten Käiserlichen Aliirten / durch GOttes gnädige Schickung / nicht nur der Sieg und das Feld / sondern auch alles Proviant / Munition / Stücke und Gezelt / nebst der ganzen Bagage zur Beut geblieben. In währendem Treffen / avancirte Ihro Durchleucht / Herr Marggraf Ludwig von Baden / mit Herrn Obrist Heußlers Tragonern / und dem halben Würtembergischen Regiment zu Fuß / und etlichen andern Trouppen / bis an die Pallisaden der Stadt / verlangend mit Ihro Excellenz / Herrn General Grafen von Stahrenbergs / in der Stadt noch vorhandener Soldatesca / sich zu conjungiren / und die Approchen des Feindes anzufallen; welche bis anhero von demselben meistentheils besetzt verblieben / und daraus bis auf den letzten Augenblick so stark chargirt und canonirt wurde / als wann ihre Armee annoch in ruhigem Stand oder grossen Vortheil stünde: Sie erwarteten aber des Angriffs nicht / sondern / nach dem Unsere / abgeredter Massen / mit Tag und Nacht Scheiden / nach gegebener Losung / von innen und ausser der Stadt / den Ausfall in die Approchen vornahmen; funden sie daselbst keinen Mann mehr. Dann es hatten die Türken solche so künstlich aneinander gehänget / daß sie von allen Seiten / und über zwerch gemachten Lauffgräben / in einer einigen Haupt-Approchen kunten zusammen kommen; wie man sie dann auch gegen Abend allzumal / gleichsam durch einen einigen Gang / gegen dem Garten des Rotenhofs / von den Stadtmauren hat sehen das Hasen-Panir aufwerffen / und durchgehen / dahero die Käiserlichen ohne einigen Widerstand / aller Stücke und Munition / welche sie in den Approchen hatten / sich bemächtigten. Indessen kamen auch die Polacken / welche den Feind nicht weniger / als die Teutschen / weichen machten / völlig in des Feindes Lager / eroberten alles / und machten über die massen groffe Beute; wobey der Troß / wider Raison / etlichen Orten das Pulver [66] angesteckt / allwo es nicht anders anzusehen gewesen / als ob der jüngste Tag erschiene: Sintemal gleichsam ein grosses Erdbeben / Donnern und Blitzen dadurch verursachet worden / welches jedoch sonder weitern Schaden abgeloffen. Die ganze succurrirende Armee war in folgender Ordnung vorsichtigst eingetheilet: Auf dem linken Flügel stunde die Käiserliche Armee unter dem Commando Ihro Durchleuchtigkeit / Herrn Herzogs von Lothringen; das Corpo der Bataillon bestunde von denen gesamten Reichsvölkern / welchen vorstunden beede Churfürsten / aus Bayern und Sachsen / und Ihro Fürstliche Gnaden / Fürst von Waldeck / dieser den Fränkischen / jene / deren selbsteigenen Trouppen. Den rechten Flügel aber hat Ihro Majestät / der König in Polen / mit Dero eigenen Völkern / so sich auf 26000. Mann erstreckten / und etwas von der Käiserlichen Cavallerie und Tragonern / angeführet. Die Bataille was so wol angeordnet / und in das Werk gesetzet / als jemals bey einer Armee möchte gesehen worden seyn. Dann es avancirte kein Theil vor dem andern / sondern die Vordersten erwarteten immer / bis die Hintern sich annäherten / oder die an der Seiten zuruck gebliebene Gleider / gleich stunden. Es war kein General oder Fürst dabey / welcher nicht seine Trouppen selbst vom Haupt à la teste derselben anführte. Der König in Polen that selbst den Angriff / und zeigeten dergleichen nicht weniger beede Churfürsten / als der aus Bayrn und Sachfen / vor Dero Trouppen; Ihro Durchleucht / der Herzog zu Lothringen; Dero Durchleucht Durchleucht / die Marggrafen / Hermann und Ludwig von Baden und Sachsen-Lauenburg; wie auch Ihro Fürstliche Gnaden / Prince de Croy, welche blessirt / und Dero Herr Bruder tod geblieben / vor denen Käiserlichen: Ihro Fürstliche Gnaden von Waldeck aber / neben etlich und dreissig vornehmen Reichs-Fürsten und Stands-Personen / vor den Fränkischen; und alle andere Generalen und Obersten / als die Herren Grafen / Caprara / Lesli / Rabatta / Dünnewald / Balfi / Gondala / Taff; die Herren Baronen / Mercy / Halleweil und Diepenthal / vor dero dero Regimentern / einer dem andern à pari passu. In Summa / ein jeglicher praestirte dasjenige / was von heroischen und höchst-klugen Capitainen zu erwarten / was stand- und mannhafte Soldaten vollziehen sollen. Dann indem die Generalen vor Dero Trouppen / den Angriff thaten / animirte Dero löbliches Exempel / die gemeine Mannschaft so stark / daß solche gleichsam mehr eines eingelegten Kappenzaums sie aufzuhalten / als Sporns / sie anzutreiben / benöthiget war. Und hat man hie lernen können / wie viel die Gegenwart und Anwesenheit der hohen Häupter zur rühmlichen Nachfolge vermöge / und daß Virgilius nicht vergebens geschrieben habe: Urget praesentia Turni. Niemand gedachte zu weichen / alle begehrten zu überwinden. Niemand wurde / durch die bevorstehende Beut / verleitet oder abgehalten; sondern jederman wetteiferte / und war ganz verpicht den Feind anzugreiffen und zu erlegen / also zwar / [67] daß allein verlangt wurde / daß der Feind denjenigen Widerstand gethan hätte / welchen er allen Umständen und Ansehen nach hätte thun können und sollen / um dadurch einen desto glorwürdigern Sieg und allgemeinen Ruhstand der ganzen Christenheit / nebst vollständiger gänzlicher Niederlag des Erbfeinds / zu erwerben. Allein wann man den avantageusen Situm, den der Feind gehabt den Succurs aufzuhalten / erwägen / und sich erinnern will der so schimpflichen Flucht / welche der Feind von Stund an genommen / als er selbst die Unserige zum ersten mal an den Kahlenberg sehr hitzig angegriffen; wird man bekennen müssen / daß GOtt / der grosse Thaten thut / allein Ehre habe eingeleget unter den Heyden / und ihnen den Muth genommen: Hingegen die gesamte Christlichen Generalen / und Dero Armee / mit einem unerschrockenen freudigen Helden-Geist / wie den Josua und Gideon / aus der Höhe angezogen habe. Wurde also diesen Abend / wie auch die ganze Nacht / und den folgenden Tag über / des Feindes Lager geplündert / in welchem solcher Uberfluß / an allen gefunden worden / daß man nur an dem gemünzten Geld / ohne der köstlichen und reichlichen Bagage / des Türkischen Käisers Haupt-Fahne / Roßschweiff / des Veziers Leib-Pferd / mit Rubin und Smaragden besetzte Köcher / kostbare Gezelt und zierliche Galanterien / sc. etliche Millionen erobert hat: Zu geschweigen des Proviantz / Munition / Pöller und Stuck / deren hin und wieder grosse und kleine / über hundert von dem Feind in Stich gelassen worden / und in der Käiserlichen Aliirten / und Königlich-Polnische Hände gerathen. Die Approchen / das Läger und offene Felder waren mit feindlichen Todten-Cörpern bedeckt; die Camel und Maulthier / Rinder und Schaf / so der Feind an der Seiten des Langers beysammen gehabt / wurden den Soldaten in die Rappuse gegeben / von welchen die gefangene Türken Heerd-weise fortgetrieben wurden. Es fanden sich auch derer viel / insonderheit von Renegaten / so weiland freywillig zum Feind übergegangen waren / nunmehr aber wol beritten / und mit prächtigen Kleidern angethan / wiederum bey den Käiserlichen angelangten: welches ein so fremdes / und fast über alle Möglichkeit zu seyn scheinendes Ansehen gemacht / daß den gemeinen Mann in der Stadt / und die Aliirten in dem Lager / ein Schrecken ankommen / inmassen sie ihnen nicht anders einbilden konten / als daß der Feind sich recolligirt, und nun wieder zuruck komme / wiewol sie hernach solcher vergeblichen Forcht wegen sich selber auslachten. Mit dieser frölichen Zeitung nun wurde noch selbigen Abend / Herr Graf von Auersberg / nach Ihrer Käiserlichen Majestät abgeschicket. Indeme aber jederman mit Beut-begierigen Gedanken geschäftig sich erzeigte / ist nicht zu vergessen die löbliche That / womit der Herr Bischoff von der Neustadt / Leopold / Graf von Kollonitsch / sich einen unsterblichen Namen gemacht / indem derselbe / beyläuffig bey 450. Knaben und Mägdlein / darunter sehr viel verwundet / als ein getreuer Vormund sich angenommen: Sintemal deroselben Müttern meistentheils / hin und wieder in dem Türkischen Lager / und auf der Strassen / durch die mörderische Säbel der Barbaren / in Stücken zerhauen [68] herum lagen / aus deren Brüsten theils armselige Waislein / an statt der Muttermilch / laue Blut noch sogen. Diese liessen Ihro Bischoffliche Gnaden / entweder aus eigenem Beutel versorgen / oder verschafften zum wenigsten / daß mildthätige Christliche Matronen / solch ihr Elend und Jammer mit barmherzigen Augen ansahen / und vor dero Wart / Pflege / Genesung und Unterhaltung / sich sorgfältig erwiesen. Welches der höchst-getrohnte Weisen-Vatter im Himmel / ausser Zweiffel / unvergolten nicht lassen wird. Den 13. frühe / wurden Ihre Majestät / der König in Polen / beede Chur-Fürstliche Durchleucht Durchleucht / aus Bayrn und Sachsen / Ihro Durchleucht der Herzog von Lothringen / und alle Generals-Personen / von Ihro Hochgräflichen Excellenz / Herrn General Grafen von Stahrenberg / als Preis-würdigstem Erhalter der Stadt Wienn / in des Feindes Approchen und Gräben der Vestung geführet / um deroselben Zustand und Beschaffenheit in Augenschein zu nehmen: Welche samt- und einhellig nicht allein die vernünftig und valereuse Conduite und Gegenwehr Ihrer Excellenz / Herrn General Grafen von Stahrenberg / sondern auch der ganzen Guarnison Standhaftigkeit / mit Erstaunung rühmeten. Wobey man aller anwesenden Officir Comportement / Valeur und Eifer / wie auch der gemeinen Knechte Muth und Standhaftigkeit / auch der gesamten Burgerschaft und hochlöblichen Universität angewendten Fleiß / Treu und Wolthun / allhier / Weitläuftigkeit halber / nicht vorgenommen haben / sondern allein gedenken will / daß alle / bis auf den letzten Blutstropffen sich zu wehren und beysammen zu bleiben resolvirt, und dasjenige unverweigerlich praestirt haben / was allen generosen und mannhaften Soldaten und aufrichtigen Burgern wol anstehet und geziemet / dadurch sie dann auch billig den jenigen grossen Ruhm erworben / welchen die ganze Welt ihnen willig zusprechen / und in die historische Tafeln der Ewigkeit eingraben wird. Nachdem nun Ihre Königliche Majestät in Polen alles besichtiget / begaben sich Dieselbe / mit einem kleinen Gefolg / mit Ihro Excellenz / Herrn General Grafen von Stahrenberg / in die Stadt / allwo Sie befunden / daß solche sich kaum über fünff Tage mehr hätte halten können. Niemal ist so grosse / in kurzer Zeit gefertigte Arbeit / mit Menschen Augen gesehen worden / wie in Zubereitung der Minen / gewaltige Stein und Felsen durchbrochen / und übern Hauffen geworffen worden. Worauf Ihre Königliche Majestät Sich zu den Herren Augustinern in die Loretha Capell erhoben / um daselbst GOtt dem Allmächtigen für die erhaltene Victori Dank zu sagen / woselbsten Sie eine grosse Menge Leute angetroffen / so sich hinzu gedrungen / Deroselben die Hände / ja Füsse und Kleider zu küssen: Die meisten musten zufrieden seyn / daß sie nur den Rock anrühren konten. Allda hörte man schreyen und ruffen: Ach lasset uns herzu / daß wir die streitbare Hand küssen! Sie liessen ein Triumph- und Jubel-Geschrey bis an die Wolken erschallen / und ob gleich Ihre Königliche Majestät ein demütiges Mißfallen hierüber bezeugten / auch die Teutsche Officir gebetten / daß solches möchte [69] verwehret werden: Dessen dannoch ungeachtet / hat ein grosser Hauff über laut geschrien VIVAT REX! Zu Mittag speiseten Sie / nebst der Kron Unter- und Ober-Feldherren / bey dem Gouverneur / Herrn Grafen von Stahrenberg / und ritten / nach eingenommener Mahlzeit / aus der Stadt in das Lager / wohin Sie / von dem gemeinen Volk / mit höchstem Frolocken und aufgehobenen Händen / durch das Thor hinaus begleitet wurden. Weilen aber die gesamte Armee / wegen des grossen Unflats und Gestanks / in dem Läger des Feindes nicht bleiben kunte / als ruckte dieselbe noch diesen Tag von dannen / und lagerte sich von S. Marx / langs dem Wasser / fast bis über die Vischa am End hinabwerts. Inmitt els machte Ihre Excellenz / Herr General Graf von Stahrenberg / die Anstalt / daß die Munition / Proviant und Stuck des Feindes / deren die meisten durch die Käiserlichen Constabler ruinirt / und zu weiterm Gebrauch untauglich befunden worden / in die Stadt möchten eingebracht werden. Damit nicht durch Unvorsichtigkeit / und Beut-Begierde der Soldaten / (welche / bey Untersuchung des Feindes Wägen / allbereit etlich hundert Centner Pulver in dem Rauch hatten aufgehen lassen /) noch grössere Gefahr und Schaden erfolgete. Sonsten sind diesen Tag alle Edelleute / Soldaten / Burger und anwesende Inwohner / weilen alle Thor / ohne das Stuben-Thor / noch ganz vest verpollwerket waren / durch die vom Erbfeind / an der Burg-Pastey niedergesprengte Mauren / in den Stadtgraben / und von dannen über die Contrascarpe, durch die ruinirte Abschnitt und Pallisaden / in des Feinds Lager hinaus gekrochen und geklettert; allwo sie / was die Soldaten nicht aufgeraumt (deren doch einige nur von Gemeinen bis auf 20 in 30000. Gulden werth Beut gemacht hatten) vollend zusammen geklaubt: Da sie dann sonderlich viel Meel / Schmalz / Reiß / Cave / Kupfer / Ochsen / und dergleichen gefunden / welches so wol die Burger und Fremde / als auch die Soldaten hinein brachten / und verkauften. Und dieses war der gehetzten / verletzten und entsetzten Stadt Wienn Erquickung und Ergötzung. DEn 14. um Mittag / kamen Ihro Käiserl. Majest. persönlich mit einer kleinen Hofstadt auf dem Wasser nach Wienn / allwo bey Betrettung des Landes / und dreymaliger Lösung der Stücke der Stadt / sie von allen Chur- und Fürsten / Generalen / und andern Officierern der Armee und der Stadt / allerunterthänigst empfangen; diese / aber absonderlich Ihro Excellenz / der Herr Graf von Stahrenberg / mit allergenädigster Bezeugung zu dem Hand-Kuß admittirt wurden. Worauf dieselbe durch des Feindes Approchen und Gräben / nach genauer Besichtigung der feindlichen Attaque / zu dem Stubenthor gelangten / unter welchen sich der allhiesige Stadt-Magistrat befande / welcher Ihro Käis. Majest. durch Herrn Daniel Focky / Burgermeister-Amts-Verwaltern / und der Stadt Ober-Kämerer / mit einer gehaltenen kurzen Oration / allerunterthänigst [70] congratusiren und complimentiren lassen: Von dannen sie in die St. Stephans Thum-Kirchen / durch die zu beeden Seiten in zierlichster Ordnung im Gewehr stehende Burgerschaft / begleitet wurden. Nachdem nun daselbsten der Lobgesang des heiligen Ambrosii und Augustini (TE DEUM laudamus) solenniter, unter abermaliger dreyfacher Lösung der Stücke / mit herzlicher Andacht gesungen / und der hohen Göttlichen Majestät / vor diesen herrlichen Sieg / gebührend war Dank gesagt worden / nahm der Herr Bischoff von Wienn Gelegenheit / mit Ihro Käiserl. Majestät zu reden / und Deroselben unterthänigst zu erzählen / welcher Gestalten / als weiland An. Chr. 1529. Solymannus mit 200000. Mann / die Käiserliche Residenz-Stadt Wienn / gleichfalls vergeblich belagert; dannoch auf Ansuchen der Innwohner / des Thurns zu St. Stephan / mit Canoniren verschonet / und verbotten hätte / die daselbst befindliche / aus lauter harten Steinen verfertigte künstliche Bildhauer-Arbeit zu verderben / vor welche Gnad die Wienner / zu stetswährendem Angedenken / auf die Spitzen des Thurns / einen halben Mond samt einem Stern zu stellen / sich anerbotten: Allermassen solches Türkische Wappen / noch auf diesen Tag daselbsten zu sehen wäre. Weilen aber dismal der Feind solchem alten Vertrag zuwider / mit seinen schweren Stücken diesem zierlichen Thurn ganz grausam zugesetzt / und demselben sehr grossen und augenscheinlichen Schaden zugefüget hätte; als wolte er allerunterthänigst um allergnädigste Erlaubnus angesucht haben / daß Er solch heidnisches Wappen herunter reissen / und an statt dessen / das Zeichen des heiligen Creutzes hinauf setzen möchte: Welches nächster Tagen zu bewerkstelligen / Ihro Käiserl. Majestät sich allergenädigst gefallen lassen. Worauf sich Dieselbe wiederum in die alte Erzherzogliche Burg (weilen die neue ganz ruinirt und unbewohnbar) erhoben / und nach ertheilten vielfältigen Audienzen / an die geheime / hinterlassene Herren Herren Deputirten / und andere Officir und Cavalliers / nebst beeden Churfürstl. Durchl. Durchl. aus Bayrn und Sachsen / die Mahlzeit erst gegen 5. Uhr Nachmittag eingenommmen. Hernach denen Königlichen Polnischen Abgesandten / welche Ihro Käiserl. Majestät zu bewillkommen / und wegen verjagten Feindes zu congratuliren / von dem König nach Wienn abgeschickt worden / wie auch etlichen andern / allergenädigste Audienz ertheilt / womit also der ganze Tag bis in die Nacht verzehret worden. Den 15. begaben sich Ihre Käiserl. Majest. alle Völker / so von St. Marx an / bis hinter Oebersdorff / auch die Polnische Armada / so bey Mannswörth / unter der Schwöchat gestanden / dahin / solche zu besehen; zuvörderst aber Ihro Königliche Majestät aus Polen zu bewillkommen. Ehdann aber solches ins Werk gesetzt wurde / gelangte der Königliche Polnische Unter-Canzler / als Abgesandter / in Begleitung einer hochansehnlichen Suite, Polnischer Edelleute / und anderer Grossen / Ihro Käiserlichen Majestät an / welcher bey gehabter Audienz / in einer zierlichen Lateinischen Rede / einen Theil / der von den Türkeneroberten Beut / Ihro Käiserl. Majest. im Namen seines Königs überliefferte. Unter andern war [71] das Türkische Käiserliche Feld-Zeichen / an einer ungefehr 16. Schuh langen / gebrehten / und einer Manns-Faust dicken Stangen hangend; welche oben vergüldet / von künstlich gestickter Bilder-Arbeit funkelte / von deren ein rund Umlauff oder Kreis / bey einer Elen lang herunter hieng / welches die Türken in ihrer Sprach Tugh nennen / auf Teutsch aber einen Roßschweiff bedeutet / weilen es von der Mähne oder langen Hals-Haaren eines Meerpferds gewürket ist. Dieses ist das Zeichen der höchsten Gewalt in den Feldzügen / welches dem Groß-Vezier allenthalben / mit sonderlichen Ceremonien und Ehrerbietung pflegt vorgetragen / um besto höherer Authorität willen / vor seinem Gezelt aufgestecket zu werden. Nachdem Ihre Käiserliche Majestät dem Abgesandten wiederum zierlichst geantwortet / wurde derselbe allergenädigst entlassen: Welcher bald darauf / Ihre Käiserliche Majestät aus dero Gemach / in die Loretha Capell begleitet / und / nach angehörter Meß / sich miteinander zu Pferd gesetzt / und nach dem Lager fortgeritten. Kaum waren sie ein paar Meil fortgereiset / da wurden sie der Chur-Bayrischen Völker ansichtig / vor welchen her Ihro Churfürstl. Durchl. zu Pferd / mit einem blossen von Edelgestein und Perlen köstlich und künstlich versetzten Degen in der rechten Hand / der Ankunft Ihro Käiserl. Majest. erwarteten / und so bald dieselbe bässer hinzu genahet / mit tieffester Ehrerbietung / Dieselbe also anredeten: Sehet / allergenädigster Käiser und Herr! dieses ist der Degen / mit welchem ungefähr vor drey Jahren / Euer Käiserl. Majest. zu alten Oettingen / mich weiland begabet! Was ich nun damal hingegen versprochen / erfülle ich nunmehr. Ich habe ihn gezücket / und will ihn noch ferner / Ihro Käiserl. Majestät zu gehorsamen Dienst / wider deroselben / und der ganzen Christenheit Feinde und Widersacher / zücken. Dessen Ihro Käiserl. Majest. mit leutseligen Minen sich allergenädigst bedankten / und daß solcher Eifer / und Helden-mässige Resolution / Ihnen gar wol gefiele / zu verstehen gaben. Worauf Seine Chur-Fürstl. Durchl. sich der Käiserlichen Suite zugesellet / und nach Besichtigung der Bäyrischen und Reichs-Völker / auf Oebersdorf / bis wohin die Flügel solcher Armeen sich ausbreiteten / sich begeben. Von dannen sie sich auf die rechte hand gewendet / und nach Zurücklegung eines halbstündigen Wegs / über der Schwöchat / bey dem Polnischen Lager / auf einer Ebene / anlangten. So bald nun Ihro Königliche Majestät verstanden / daß Ihro Käiserl. Majest. etwan nur noch ein paar Büchsenschüsse entfernet / eileten Dieselbe / mit dero Königlichen Prinzen / Deroselben zu Pferd entgegen / Dieselbe zu bewillkommen. Beederseits wurden die Häupter entblösset / und die Leiber / bey freundlichem Bewillkomms-Gruß / gebogen und geneiget: Nachdem Sich nun beede Käiserliche / und Königliche Majestäten wiederum bedeckt hatten / wurde in Gegenwart Ihrer Chur-Fürstl. Durchl. aus Bayrn / und anderer hohen Ministern / eine freundliche Unterredung gewechselt / deren Anfang Ihre Käiserl. Majestät machten / sich weitläuffig und höflichst gegen dem König bedankend / Daß Ihr Liebden / samt dero Armee eine so beschwerliche und gefährliche [72] Reise anzutretten / und wider den geschwornen Erb-Feind der ganzen Christenheit / so getreuen Beystand zu leiften / geruhen wollen: Wie dann nächst GOtt / die glückliche Entsetzung der Stadt Wienn / niemand anders / als Ihro Liebden zugeschrieben werden könne. Vor welche nicht allein Er / der Käiser selber / sondern auch die allgemeine Christenheit Ihro Liebden höchlich sich verbunden wüsten / Ihro Liebden aber bey der künftigen Nachwelt einen unsterblichen Ruhm erworben / und Dero Gedächtnus unvergleichlich verewiget hätten. Welches der König höchstbedächtlich also beantwortete: Es gebühre die Ehre dieses wider des grausamen Erbfeind der Christenheit erhaltenen Siegs / niemand anders / als einig und allein dem Drey-Einigen GOTT. Er hätte nichts anders verrichtet / weder was die Pflicht eines Christlichen Fürstens zu Dienst der allgemeinen Christlichen Kirchen / und Wolfarth dero von unrechtmässigen Waffen bedrangten Oberhaupts / erforderte. Was seines Orts geschehenseye / habe man mit willigstem Herzen gethan / und wolle in das künftige höchsten Fleisses dahin trachten / wie se wol Er selber / als auch die Seinige / der Christenheit zum bästen / dergleichen Verrichtungen mehr zu Werk setzen möchten. Wiewol Ihm leid wäre / daß er den flüchtigen Feind nicht auf den Hufschlag alsobald verfolgen können; sintemal seine Armee / durch einen dreytägigen unwegsamen / über Berg und Thal gehenden March (mit Zurucklassung aller Baggage / Fourage / und benöthigter Lebens-Mittel) Tag und Nacht sich dergestalten abgemattet / daß die unumgängliche Nothdurft erheischte / Deroselben diese drey Tag auszuruhen zu verstatten / worauf Sie aber dem Feind alsobald wiederum nachzusetzen entschlossen wären / sc. Nach geendeter dieser vertraulichen Unterredung / welche sich auf eine gute Viertel-Stund erstrecket hatte / wurden beederseits die Häupter wiederum entblösset / und einander frolockend Glück gewünschet; der Königliche Polnische Erb-Prinz aber / nachdem derselbe / auf Besehl seines Herrn Vatters / vor Ihro Käiserl. Majestät sehr tieffe Reverenz gemacht hatte / in Teutschem Habit / von Ihro Käiserl. Majestät zum Hand-Kuß gelassen. Worauf ihre Käiserl. Majestät wiederum zuruck in die Stadt gekehret / Ihre Majestät der König aber noch selben Tag / mit dero unterhabenden völligen Armee / abwärts marchirten. Auf der Ruck-Reise besichtigten Ihre Käiserl. Majestät alle verstörte und verwüstete Dörffer / vornemlich den zwischen Schwöchat und Simmeringen ligenden Lust-Garten / Neugebäu genannt / woselbsten weiland Anno Christi 1529. als die Türken Wienn auch belagerten / dero Käiser Solymann / seine Gezelt geschlagen hatte / nach deren Modell hernach der Römische Käiser Rudolphus / allerglorwürdigster Gedächtnis / einen Garten angerichtet / die Thürne mit Kupfer decken / und als weit weiland die Gezelt von einander gestanden / so weit auch die Thürne von einander setzen lassen. [73] Welches / weil es dem Türken noch diesen Tag bekannt / haben sie dieses Orts / aus Respect gegen ihren Sultan / der daselbsten sein Haupt-Quartier gehabt / mit Feuer verschonet / und solchen zu einem Magazin angewendet: Daraus dann eine unglaubliche Quantität Zwiebackens / und andere Lebens-Mittel / von den Käiserlichen hinweggeführet worden. Die zween übrige Tage / in welchen Ihre Käiserliche Majestät in Wienn verblieben / wurden mit genauer Erkundigung der innerlichen Defension der Stadt zugebracht. Ingleichen hielte man unterschiedliche Berathschlagungen / welcher Gestalten man sich des erhaltenen Siegs bedienen / durch welchen Weg man den Feind verfolgen / und was den Herbst über ferner zu thun oder zu lassen seyn möchte? Ihre Käiserl. Majestät / nachdem Sie Ihro Hochgräfl. Excell. Herrn General Stahrenberg / mit einem vortrefflichen Ring / von hohem Werth / allergenädigst beschenkt / und zum General-Feld Marschall ernennt / gelangten den 19. Septembris / nachdem Sie zu Land durch den Wienner-Wald gereiset / zu Linz glücklich und gesund wiederum an. Welche der HERR der Heerschaaren nebst Dero Königreichen Erblanden / und dem ganzen heiligen Römischen Reich / noch viel künftige / lange gesunde Jahr / wider den Türkischen Bluthund / und alle andere Feinde / wie einen Augapfel im Frieden beschirmen / und mit ewig blühenden Palmen / und unverwelklichen Lorbeer-Kränzen geschmückt / durch die Triumph-Porten der Ewigkeit begleiten wolle! Ihme / dem Allerhöchsten Drey-Einigen GOtt / seye vor diesen herrlichen Sieg / und genädige Errettung seiner hochbeängstigten Christenheit / demütigster / immerwährender Dank gesagt von Ewigkeit zu Ewigkeit Amen!

Specification /
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Was über den so eilends flüchtigen Aufbruch der Türkischen Armee von der Stadt Wienn / aus dem Läger / in die Zeughäuser daselbst überbracht worden / und noch zu überbringen verbleibet.

Verzeichnus /
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Der bey Belagerung der Stadt Wienn / auf die Pasteyen / aus denen Käiserlichen Zeughäuser / aufgeführten Stück / Haubizen und Pöller; als Summa in allem Stück groß und klein 262

Specification
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Der jenigen Stück und Pöller / aus Ihro Käiserl. Majestät Zeughäsern / so in währender Belagerung der Stadt Wienn von dem Feind zerschossen / und theils sonst ruinirt worden. Nemlich Ganze Carthaunen / als acht / so völlig schadhaft / zwey ausgebrennet / und einer der Kopf abgeschnitten / zusammen 11 Item ist die Türkische Carthaun / so schon vorhero im Zeughaus vorhanden gewesen / ausgebrennt. 1 Doppelte-Noth-Schlangen / oder drey Viertel-Carthaunen. 5 Halbe Carthaunen / als 13. ganz schadhafte / und eine ausgebrennt. 14 Ganze Schlangen / darunter 2. schadhafte / eine ausgeschossen / und an einer der Kopf abgeschnitten. 4 Quartier-Schlangen / worunter 13. schadhaft / 9. ausgebrennt / und an vieren die Köpf abgeschnitten. 26 Halbe Schlangen / an welcher der Kopf abgeschnitten. 1 Falkonetten / so schadhaft / darunter an einer der Kopf abgeschnitten. 6 Langes Feld-Schlänglein. 1
|| [76]
Kurze Regiment-Stücklein. 2 Doppeltes Falkonett / an welchem der Kopf abgeschnitten. 1 Hundertpfündiger Pöller. 1 Summa der Stück 72 Pöller 1

LISTA
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Des Kraut und Loths / und dergleichen Materialien mehr / so bey dieser Belägerung aus denen beeden Käiserlichen Zeughäusern hergegeben worden / und aufgegangen sind. Wobey doch die kleinere Neben-Sachen / als Schanffeln / Hacken / Ketten / Piquen / Pantelier / Pulverflaschen und dergleichen / mit Fleiß nicht annotirt worden.

Extract,
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Was aus dem Burgerlichen Zeughaus von Armaturn und Munition ausgeben und gebraucht worden / wie folgt: Erstlichen sind 50. Stück / worunter 8. Haubizen / nicht allein auf die sonsten ordinari burgerliche Pasteyen / sondern auch auf alle nothwendige Posten zur Defension aufgeführt und gepflanzt worden / zu welchen 50. Stücken / auf gute Vorsehung eines Stadt-Raths / eine ganze Compagnia Büchsenmeister 100. Mann / ohne dero zugehörigen Officir / vorhanden gewesen: Welche burgerliche Büchsenmeister / auf Ihro Excellenz / Herrn Generaln Grafen und Herrn von Stahrenberg / und Stadt-Raths Befehl / auf alle nothwendige Posten sich also gebrauchen lassen / daß derer viel die ganze Belagerung niemalen von ihrer Post abgelöset worden. Von welchen 100. Mann / 16. theils gleich todt geblieben; theils also blessirt / daß sie hernach bald zeitliches Todes verblichen / von welchen 50. Stücken 5. ruinirt worden. Folgen die verschossene Stück-Kugeln. Summa 6375 Folgen die Granaten. Summa 4903
|| [78]
Folgen die Cartätschen. Summa 1597 Folgt / was von Eisen / Kugelschrott / und Hage! verbraucht worden zu denen Cartätschen. Summa 352. Cent. 90. ???. Darauf sind nachfolgende Kugeln gegossen worden.

Frolockende ARIA, an den siegreichen Römischen Adler.
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1Valer. Max. l. 7. c. 2.
2Am 44. Blat.
3V. Schol. Illustr. Welseri, in vitam S. Severini fol. 667.
4Eugippius in Vita S. Severini c. 8.
5Idem cap. 3.
6Plinius l. 3. c. 24.
7Sihe deß von Birkens seinen Donau-Strom / am 44. Blat.
8Laonic. Chalcocondil. lib. 8. de Reb. Turcicis fol. m. 261.
9Cuspin. in Maximiliano Fol. DCC XXV.
10Sihe besagten Ehren-Spiegel am 699. Blat.
11Vid. Bonfin. Decad. 3. lib. 9. Rer. Ungar. sub finem.
12Lib. 2. Histor. Pannon. fol. m. 19.
13Vid. Johannis Sambuci Appendix Rerum Hungaricarum Bonfinii, p. 774.
14De Raewa fol. 70.
15Wie Isthuanfius berichtet.
16Istuanf. Lib. XXIV. Historiar. fol. 502.
17Wie dessen / neben andren Megiserus / in seiner Kärnterischen Chronic am 1353. Blat gedenkt.
18Also nennet Isthuanfius diesen Grafen. De Rewa aber macht zwo Personen daraus / setzt / für Petrus Marcius / Petrus / Marcus; und unterscheldet diese Namen / mit dem Scheidungs - Zeichen eines Commatis.
19Jean B. de Recoles, Vienne deux fois assiegée. p. 43.
20Paulus Jovius Lib. 28. Histor. fol. 125.
21Megiserus in der Kärnterischen Chronik am 1355. Blat.
22Ita Simon Schardius in Opere suo Historico.
23Sigm. von Birken / am 50. Blat deß Donau-Stroms.
24Jov. Lib. 30. fol. m. 195.
25Diese sieben Hauptmänner werden von J. B de Rocoles, Mestres de Camp, Feldmarschalls / geheissen / und diese sieben Fähnlein sieben Regimenter. Ich bin aber den Aug-Zeugen hierinn nachgegangen.
26De Rewa Centur. 6. fol. m. 72.
27Jov. Lib. 26. Hist. fol. m. 128.
28Centur. 5. Rerum Hungar. p. 38.
29Daß die Chiaussen dazu solten gebraucht werden / wird man sonst nirgends lesen.
30Er setzt dazu / es sey geschehen am vierdten October (qui fuit quartus Octobris) aber solches muß verdruckt seyn: denn er hat den vorhergeschehenen Ausfall schon am 6. Octob. gesetz.
31Diese dreytägige Stille rechnen andre / vom 12. October an / bis zum Abend deß 14 ten: ausgenommen Jovius / Ortelius / und Leunclavius.
32Isthuafius braucht zwar die Worte longiores illorum spathas: welches eigentlich lange und breite Schwerdter heisst; meinet aber doch allhie damit die Spannische spitzig-zulauffende Schwerdter / und die Rappier / damit. Jovius gedenkt / daß die Teutsche ihnen / mit langen Schlag-Schwerdtern / begegnet: Andre; daß sie / mit Spiessen / ihrer viele erstochen. Ich halte / man habe so wol dis / als andres / gebraucht.
33Die Gezelte wol: sonst aber ist das Lager mit einem grausamen Geschrey aufgebrochen / vermutlich der sterbenden Gefangenen / so der Bluthund guten Theils hat lassen niderhauen.
34P. Jacobus Masenius, lib. 4. Historiar. Caroli V. & Ferdinandi I. p. 174.
35Thom. Schmidius de Morib. ac Institut. Turcar. p. 39. seq.
36Jovius & de Revva.
37Isthuanf. lib. XI. Histor. fol. 183.
38Hiebeyist zu mercken / daß dieser Author die fliegende Armee deß Cazianers in drey Hauffen abtheile / und durch die zwo Rotten allhie die beyde Letzten davon verstehe.
39Megiserus / in der Kärnterischen Chronic.

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