Transkription

Wiedeburg, Heinrich: Eine Christliche Leichpredigt. Gehalten bey der Begräbniß/ Der ... Frawen Marthae Elisabethae von Eltz/ Geboren von Helmstadt Des ... Herrn Johan Eberhards Sohn zu Eltz ... Ehelichen HaußEhre : Welche Denn 19. Augusti ... entschlaffen/ unnd dero Leichnamb den folgenden 24. in der Newen Heinrichstätischen Kirchen ... ist gesetzet worden.
[Inhaltsverzeichnis]
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Eine Christliche Leichpredigt.
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Gehalten bey der Begräbniß Der Woledlen / Viel Ehr- vnd Tugendreichen Frawen MARTHAE ELISABETHAE von Eltz / Geboren von Helmstadt Des Woledlen Gestrengen vnd Vesten Herrn IOHAN Eberhards Sohn zu Eltz / Fürstlichen Braunschweigischen geheimb den Rahts vnd Vice Cantzlers Ehelichen Hauß Ehre Welche Denn 19. Augusti vmb 3. Vhr Nachmittags in Christo sanfft vnd selig entschlaffen / vnnd dero Leichnamb den folgenden 24. in der Newen Heinrichstätischen Kirchen in sein Ruhekämmerlein Christlichem Adelichem Gebrauch nach ist gesetzet worden.
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Durch Henricum VVideburgium D. Predigern vnd General Superintendenten daselbst zu Wolffenbüttel.
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Gedruckt / Durch Eliam Holwein / Braunschw: Buchdrucker daselbst / Im Jahr 1624.
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Cum Jesu Christo
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TEXTVS.
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Ierem. 31. v. 20.
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ISt nicht Ephraim mein thewrer Sohn / vnd mein trawtes Kind? Den̅ ich dencke noch wol dran / was ich jhm geredt habe / Darvmb bricht mir mein Hertz gegen jhm / daß ich mich sein erbarmen mus / spricht der HERR.

Erklärung.
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GEliebte vnd Außerwehlte in Christo JEsu / Wen̅ S. Paulus schreibet Rom. c. 15. v. 4. Was zuvor geschrieben ist / daß ist vns zur Lehre geschrieben / auff das wir durch Gedult vnd Trost der Schrifft Hoffnung haben / so zeiget er vns vier grosse mängel / so vns allen im Hertzen tieff eingewurtzelt stecken / vnnd mannigmal mehr als gut ist / herfürbrechen vnd sich sehen lassen / so lang wir hie vielem Jammer vnd Elend vnter
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worffen seyn / vnd dagegen bewehrte köstliche Remedia vnd Gegenmittel / ja viererley Krafft vnd Tugengenden in vnd an GOttes Wort / damit wir solchen mängeln begegnen vnd abhelffen / vnd also durch die gnade Gottes diese elende mühselige Walfahrt schliessen / vnd selig durch das Thränenthal wallen vnd hindurch kommen können. Denn eins nach dem andern mit wenigem anzudeuten / so sein wir durch die Sünde in solche Blindheit vnd Finsterniß gerahten / das wir von Natur Thoren seyn / die da sagen es ist kein Gott / wie David von allen Menschen / die ohn Wie der geburth vnd Ernewrung des Heiligen Geistes seyn / redet Ps. 14. v. 1. Auch von S. Paulo von allen Menschen / wie sie von Natur geartet seyn / erkläret vnd außgelegt wird Rom. 3. Ja ohne Gott sein in der Welt Ephes. 2. v. 12. Vnd demnach entfrembdet von dem Leben das auß GOtt ist / durch die Vnwissenheit so in vns ist durch die Blindheit vnsers Hertzens Ephes. 4. v. 18. Ja wen vns schon lang davon geprediget vnd gesungen wird / von den Geheimnissen nichts vernehmen / wie S. Paulus klärlich lehret 1. Cor. 2. Der natürliche Mensch vernimpt nichts vom Geist Gottes / Es ist jhme eine Thorheit / vnd kan es nicht erkennen / denn es muß Geistlich gerichtet seyn: Was thut aber dagegen das heilige Wort GOttes? Das ist vns zur Lehr geschrieben sagt S. Paulus / das wir da finden vnnd dadurch langen Erkentniß
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des Heils Luc. 1. v. 78. Das Liecht / daß da scheinet in einem tunckeln Ort / bis der Tag anbreche vnd der Morgenstern auffgehe in vnseren Hertzen 2. Pet. 1. v. 10. Deme demnach der liebe David den herrlichen Ruhm gibt Ps. 19. v. 9. Das Zeugniß des HErrn ist gewiß / vnd macht die albern weise v. 11. Die Gebot des HErrn sind lauter vnd erleuchten die Augen / vnd Ps. 119. v. 99. HErr du machest mich mit deinem Gebot weiser / den meine Feinde sind v. 106. Dein Wort ist meines Fusses leuchte / vnd ein Liecht auff meinem wege. Vernunfft ist auch ein Liecht / vnd ein schönes Liecht / sagt hiervber der Herr Lutherus Tom. 8. Jenes. p. 319. Aber den Weg / vnd den Fuß / der da sol auß den Sünden / vnd auß dem Todt gehen / zur Gerechtigkeit vnd zum Leben / kan es nicht weisen noch treffen / sondern bleibt im Finsterniß / gleich wie vnser Vnßlet vnd Wachsliechter nicht erleuchten den Himmel / auch die Erden nicht / sondern die engen Winckel in Heussern / die Sonne aber erleuchtet Himmel vnd Erden vnd alles. Also ist Gottes Wort auch die rechte Sonne / die vns den ewigen Tag gibt zu leben vnnd frölich zu seyn. Fürs ander weil dis zeitliche Leben vmb der Sünden willen so vielem Creutz vnd Elende vnterworffen ist / daß auch die frommen allerdings darüber klagen / als Jacob für dem König Pharaone Gen. 47. v. 9. Die zeit meiner arth ist hundert vnnd dreyssig
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Jahr / weinig vnd böse ist die zeit meines Lebens / vnd langet nicht an die zeit meiner Väter in jhrer Walfart vnd Moses Ps. 90. v. 11. Vnser Leben weret siebenzig Jahr / vnd wens köstlich gewesen ist / so ists mühe vnd arbeit gewesen / vnd Job. c. 14. v. 1. Der Mensche vom Weibe geboren / lebt kurtze zeit / vnd ist voll Vnruhe vnd c. 7. v. 1. Muß nicht der Mensch jmmer im Streit lebe̅ / vnd seine Tage sind wie eines Taglöhners? Vnd David Ps. 34. v. 20. Der Gerechte muß viel leiden / so wil auch für allen dingen die Christliche gedult noth sein / auff das wir den willen Gottes thun / vnd die Verheissung empfahen / wie geschrieben stehet Heb. 10. v. 39. Wenn aber Gott der HErr die seinigen wunderlich führet / wie vns David erkennen heisset Ps. 4. v. 4. So kan sich abermal die Natur vnd der natürlich Mensch drin nicht schicken / sondern wird entweder gar zu kleinlaut vnd zaghafft / das seine Seele begehret erhangen zu seyn / vnd verflucht den Tag / darin er geboren ist / wie auch die grossen Heiligen Gottes / als Hiob vnd Jeremia wiederfahren / wann sie den natürlichen vnd fleischlichen Gedancken zuweit gehöret vn̅ nachgehenget / oder wird gar zu hart frech vnd sicher / wie sich dorten die Gottlosen in Israel verlauten lassen beym Propheten Malechia c. 3. v. 14. Es ist vmb sonst das man Gott dienet / vnd was nutzet es / das wir seine Gebot halten / vnd hart leben für dem HErrn Zebaoth führen? Darumb preisen wir die
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Verächter / den die Gottlosen nehmen zu / sie versuchen Gott / vnd gehet jhnen alles wol hinauß: Darumb mus abermal das heilige Wort Gottes / als ein köstlicher Edler lebendigmachende Saame das beste bey vns thun / vnd verschaffen / das die liebe Gedult in vnsern Hertzen entspriesse vnd auffgehe / das wir nemblich den Väterlichen willen Gottes in allem was vns begegnet / erkennen / belieben / vnnd mit David sagen 2. Sam. 15. v. 25 26. Werde ich Gnade finden für dem HErrn / so wird er mich wieder holen / vnnd die Lade Gottes sehe̅ lassen / vnd sein Hauß. Spricht er aber also / ich habe nicht lust zu dir / sihe / hie bin ich / er machs mit mir / wie es jhm wolgefellet. Vnd mit dem HErrn Christo / der vns ein Fürbilde gelassen / daß wir sollen nachfolgen seinen Fustapffen 1. Pet. v. 2. Mein Vater ists nicht müglich / das dieser Kelch von mir gehe / ich trincke jhn den / so geschehe dein Wille. Matth. 26. v. 42. Ja / wen sein gnediger wille so an vns geschehen / jhm dasür von hertzen Lob vnd Danck sagen / wie Hiob gethan hat c. 1. v. 21. Der HErr hats gegeben / der HErr hats genommen / der Name des HErrn sey gelobet / vnnd vns auch dessen eine gewaltige Vrsach gezeiget hat c. 2. v. 10. Haben wir gutes empfangen von GOtt / vnd solten das böse nicht auch annehmen? Das ist ein köstlich ding / so gedültig seyn / vnd auff die hülffe des HErrn hoffen / sagt der Prophet Jerem / Thren. 8. v. 26.
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Fürs Dritte bleibts in vnserm Christenthumb dabey noch nicht / daß wir nur so eusserlich mit mannigfaltigem Creutz vnd Leyden gepresset vnd gedrucket werden / sondern es kommen dazu jnnerliche Beschwernissen vnnd Anfechtungen / allenthalben sein wir in Trübsal / außwendig Streit / inwendig Forcht / sagt S. Paulus 2. Cor. 7. v. 5. Denn da stürtzet der ewige Gott vnd Vater die seinigen in solche tieffe Anfechtungen / das sie mit David winselen vnnd weheklagen Ps. 130. v. 1. Aus der Tieffen ruffe ich zu dir / vnd Ps. 116. v. 3. Stricke des Todes hatten mich vmbfangen / vnnd Angst der Hellen hatten mich troffen / ich kam in Jammer vnd Noth. Er der HErr selbst stellet sich so gar anders gegen sie / daß Hiob klagt c. 30. v. 21. Du bist mir verwandelt in einen grawsamen / vnd zeigest deinen Gram an mir mit der stercke deiner Hand / vnd Jacob in seinem harten Kampff nicht anders sehen vnd spüren kunte / den̅ er hette es mit sothanem Feinde zu thun / der jhm nach Leib vnd Leben / ja Seel vnd Seeligkeit stunde Gen. 32. Ist demnach da kein kräfftiger vnd bestendiger Trost / ja ein solcher Trost / der Himmel vnd Erden weit vbertreffe / so gehets an ein schrecke̅ / wie David von seiner Person bekennet Ps. 30. v. 8. HErr da du dein Antlitz verbargest / erschrack ich / ja Vnmuth vnd Verzagen bleibet nicht auß / da der vom heiligen Geist reichlich fürgezeigter Trost nicht bald gesucht ins Hertze gefasset
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wird. Wer jhn aber finden wil / der mus sich mit dem frommen Assaph (Ps. 73. v. 17.) fleissig halten znm Heiligthumb Gottes / daß ist / zu seinem heiligen Wort / da findet er jhn so heuffig vnd trefflich / so köstlich starck vnd bewerth / daß es David Ps. 23. vergleichet einem frischen Wasser / dabey vnsere Seele so erquicket vnd gestercket / so frölich vnd mutig gemachet werden / daß wir hindurch kommen können / auch durch den finstern Thal aller Anfechtungen vnd es eitel Frewde achten / wen wir in mancherley Anfechtung fallen Jacob. 1. v. 2. Den̅ die Befehl des HErrn sind richtig / vnd erfrewen das Hertz Ps. 19. v. 10. Ja davon lebt man / vnd das leben meines Geistes stehet gar in dem selbigen sagt davon Hiskias auß eigener Erfahrung Esa. 38. v. 16. Vnd sonderlich auch David Ps. 119. v. 93. HErr wo dein Gesetz nicht mein Trost gewest were / so were ich vergangen in meinem Elend. Ich wil deinen Befehl nimmermehr vergessen / denn du erquickest mich damit. Das ist ein grosses vnd fürtreffliches / daß kan doch ja kein ander Buch / Lehre noch Wort / sagt der Herr Lutherus hierüber (Tom. 8. p. 318.) daß es in Nöhten / Angst vnnd Elend stercken / ja vnter den Teuffeln / vnd in der Hellen tröste / ohn allein dis Buch / daß vns Gottes Wort lehret / vnd darin GOtt selbst mit vns redet / wie ein Mensch mit seinem Freunde. Andere Lehre mögen reich / mechtig / ehrlich machen / vnd dis leben hoch heben / aber
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wen Noth vnnd Todt daher stürmen / flichen sie / als die Trewlosen Schelmen / mit aller jhrer Ehre / Güter / Macht / Freundschafft vnd lassen schentlich vnd verrähterlich stecken / denn sie wissen nichts / können nichts / thun nichts in Göttlichen ewigen Sachen. Aber Gottes Wort ist ein so reicher Brunquel alles Trostes / daß Paulus sagt 2. Cor. 1. v. 3. &c. Gelobet sey Gott vnd der Vater vnsers HErrn Jesu Christi / der Vater der Barmhertzigkeit / vnd Gott alles Trostes / der vns tröstet in all vnserem Trübsal / das wir auch trösten können / die da sind in allerley Trübsal mit dem Trost / damit wir getröstet werden / den gleich wie wir des Leydens Christi viel haben / also werden wir auch reichlich getröstet durch Christum. Zum Vierden / wenn schon alles vberwunden / oder sonsten kein Creutz oder Anfechtung die zeit vnsers lebens zu befahren were / so ist dennoch ein einiger Feind / der gewißlich in die lenge nicht aussen bleibet / nemblich der bittere Todt / der reist offt vnser oder der vnserigen leben vnversehens abe wie ein Weberfade̅ / legt vns dahin in seinen Staub in die finstere Erden / daß es sich für aller Welt lest ansehen / es sey nun gar auß / es werde ein Ewiges Scheiden seyn / wir werden nun nicht mehr sehen den HErrn / ja den HErren im Lande der Lebendigen / wie der König Hiskias in seinen Todtbette winselte wie ein Kranch vnnd Schwalbe / vnnd girret wie ein Taube Esa. 38. v. 11.
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Wer da den auff Christum nur gehoffet hat in dieser Welt / daß ist / in seinem Reich nur das sichtbare vnd zeitliche / das jrrdische vnd Vergengliche gesucht / bey dem mus ja das Lachen thewer werden / es treffe jhn selbst / oder die seinigen / der Todt mus jhm nicht weniger als dem Heidnischen Aristoteli fürkommen / als omnium terribilium terribilissimum, als daß aller grausameste vnd erschrecklichste vnter allen grausame̅ vnnd erschrecklichen dingen / ja noch viel mehr jhm / denn dem Heiden / alldieweil er mehr davon wissen mnß / was der Todt für ein Stachel habe / nemblich die Sünde / vnd was die Sünde für ein Krafft vnnd Nach druck habe / nemblich das Gesetze Gottes (1. Cor. 15. v. 57.) davon der HErr Christus selbsten saget Matth. cap. 5. v. 18. Ich sage euch warlich / bis daß Himmel vnd Erden zergehe / wird nicht zergehen der kleinest Buchstabe / noch ein Titul vom Gesetz bis daß es alles geschehe. Aber halten wir vns dann abermahl an Gottes Wort / so können wir recht erkennen / welches da sey die hoffnung vnsers Beruffes / vnnd der reichthumb des herrlichen Erbes Gottes an seinen heiligen Ephes. 1. v. 18. Vnd demnach nicht allein bey dem Absterben der vnserigen eine Christliche Mittelstrasse im trawren treffen nach Pauli Vermahnung / als die wir hoffnung haben vnd gleuben / das wie Jesus gestorben vnd aufferstanden ist / also werde auch GOtt die / da entschlaffen sind durch JEsum mit jhm
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führen 1. Thes. 4. v. 14. Sondern wen auch nach Gottes Väterlichem willen die reige an vnskömpt / denn Todt mit frewdigen Augen ansehen / ja mit frölichem Hertzen wilkommen heissen / vnnd mit Paulo sagen Phil. 1. v. 21. Christus ist mein Leben / Sterben ist mein Gewinn. Vnd v. 23. Ich habe lust abzuscheiden vnnd bey Christo zu seyn / welches auch viel besser were. Vnd in Summa / mehr Gedult / mehr Hoffnung vnnd Trost finden wir in der Schrifft / als in vnd an vns / ja in der weiten Welt Creutz vnd Elend. Davon ist Gottes Wort so reich / daß vnsere Hertzen nicht gnug sein alles zu fassen / wie das Oelkrüglein der armen Witwen durch den Propheten Elisaeum so reichlich gesegnet ward / daß es mehr Oele von sich herausser flössete / denn Gefäß fürhanden waren 2. Reg. 4. Ja es ist offt ein Sprüchlein / ein Wörtlein / daß mehr trösten kan / den alles Vnfal / alle Teuffel / vnd Todt anfechten vnnd betrüben können. Gottes Brünlein hat ja Wasser die fülle Ps. 76. v. 10. Eine solche fülle / daß wir sie nicht erschöpffen mögen / wen̅ wir auch alle Tag vnnd Stunde / ja alle Augenblick / Lehre / Gedult / Hoffnung vnd Trost herausser schöpffeten. Denn Gott / der da mit vns redet vnd handelt / nennet sich selbsten die lebendige Quelle Jerem. 2. v. 13. welche freilich / wie Gott selbsten eine vnerschöpffliche vnd vnendliche Lebensquelle sein mus / dessen sich
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auch David von hertzen getröstet vnnd erfrewet Ps. 36. v. 9. 10. HERR du trenckest sie mit Wollust / als mit einem Strom. Denn bey dir ist die lebendige Quelle / vnnd in deinem Liecht sehen wir das Liecht. Das nun alle fromme hertzen / die sich vmb den schaden Josephs (der nun zu diesen gefehrlichen zeiten sehr böse worden) bekümmeren / zu diesen lebendigen Trost Brunnen hinzu treten / Lehr / Gedult / Trost vnd Hoffnung herausser schöpffen vnnd einnehmen / ist zumalen hoch vonnöhten / Aber ein newe vnverhoffte vnd vnvermutete Vrsache gibt vns in die Hende / die Adeliche Leiche / so E. L. noch jetzo da für Augen stehet. Ach vnverhütete vnd vnvermutete Pfeile die gehen scharff vnd tieff / ja frische vnd vnversehene Wunden thun schmertzlich wehe / sonderlich wen sie / gleich wie hie geschicht / ans Hertze gehen / vnnd wie man im Sprichwort aus der Erfahrung / ja Gottes Wort nicht vngemes sagt / daß halbe Hertze auß dem Leibe hinweg gerissen ist / ehe den mans recht gewar worden. Demnach wollen wir nun auch im Namen Gottes hinzutreten bey das auß dem Propheten Jeremia fürgelesene vnd gezeigte Lehr vnd Trost Bächlein / vnd vernehmen was vns da an Lehr / Gedult / Trost vnd Hoffnung gezeigt / vnd da wirs fassen / reichlich eingeflösset werde / vnnd zwar das nicht allein darumb / dieweil es an jhm selber werth / daß jhm ein jeder
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Christen Mensch andechtig nachsinne / sondern auch darumb / dieweil es die numehr in Christo selige Fraw Vice Cantzelerinne in jhrer grössesten Schwachheit zum krefftigen Krafftwasser / vnd in jhrem Todt zum sanffte̅ weichen Heuptküssen gebraucht / darauff sie seliglich / so zu sagen / geruhet vnd eingeschlaffen / ja aus anleitung eines guten vnnd Christlichen Trawms (die den bey frommen Menschen die mit guten Gedancken den Tag zu bringen / nicht allerdings zu verachten / wen sie Schrifftmessig seyn / wie dann dieser freilich gewesen / da jhr dieser Spruch auff einer Todtenleich ist für Augen gestellet worden) etzliche zeithero zum Memorial jhrer sterblichkeit / vnd zu versüssung der Bitterigkeit des Todes im Hertzen vnd im Munde geführet hat. Denn wie vol jhr Hertz von diesem Trostspruch gewesen / hat sich an jhrem ende trefflich hören lassen nach den Worten Christi Matth. 12. v. 34. Wes daß Hertze vol ist / des gehet der Mund vber. Bey abhandelung dieses edlen Sprüchleins aber wollen wir nicht alles zusammen suchen / was wol auß den Vmbstenden des Textes nützlich könte erinnert werden / sondern am aller meisten / vnd so viel müglich wollen wir sehen vnd gehen auff vnser Intent vnd Fürnehmen / deßhalben wir jetzo hie im Klaghauß des HErrn zu sammen kommen seyn. Als 1. wollen wir vernehmen / wofür der Ewige vnd Allmechtige Gott alle fromme vnnd Bußfertige
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Leute erken̅e / nen̅e vnd halte / Es sein seine thewre vnd trawte Kinder / Söhne vnd Töchter / vnnd mit was Väterlicher Liebe vnnd Trew er denselben alle wege zu gethan sey. 2. Woher sie den solche grosse Ehre vnnd Würde / solchen Himlischen Adel haben. 3. Wie sich dann fromme Kinder Gottes hinwieder gegen einen so reichen / mechtigen / getrewen Vater bezeigen vnd verhalten sollen. Der Allmechtige ewige GOtt vnd Vater / der vns auß lauter Gnaden in seinem eigenen vnd eingeborne̅ Sohn JEsu Christo / zu seinen lieben Kindern vnd Erben adoptirt vnd angenommen / verleihe vns dazu seinen Kindlichen Gnaden Geist / vmb desselben seines lieben Sohns willen / Amen.

Erster Theil.
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DAs nun vnser Gott ein getrewer Gott sey / vnd niemand vber sein Vermügen lasse versucht werden 1. Cor. 10. v. 13. sondern im Zorn wen Trübsal da ist / an seine Barmhertzigkeit gedencke Habac. 3. v. 2. Nicht ewiglich verstosse / sondern betrübe wol / erbarme sich aber wieder nach seiner grossen Barmhertzigkeit Thren. 3. v. 31. daß hat er Augenscheinlich bewiesen an Ephraim / das ist / an dem Königreich Israel / welches hie vnd an etzlichen anderen Orten Ephraim genant wird / darumb / daß sel
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biges Königreich in dem Stam̅ Ephraim das erste Haupt / den ersten Konig gehabt hat. Denn dasselbe (wie auch folgendes daß Königreich Juda / welches hiervnter auch wolkan mit verstanden vnd begriffen werden) hatte der starcke eiffriger GOtt im Himmel wegen jhres beharrlichen Vnwesens / da sie seine Boten spotteten / sein Wort verachteten vnd die Propheten äffeten / wie 2. Chron. 36. 16. geschrieben stehet / vbel zu reissen vnd zu stören / vnd jhrer viel / ja so zusagen / den Kern / die edlesten vnd besten auß dem Lande hinweg führen lassen. Aber dennoch hat er seine Gnadenhand nicht allerdings abgezogen / noch seine Barmhertzigkeit gantz vnd gar abgewendet / sondern auch mitten in jhrer Dienstbarkeit vnd Gefengniß seine lieben Propheten erwecket vnnd gesand / die nicht weniger wegen der Gedemütigten vnd Bußfertigen getröstet / als wegen der Halstarrigen vnd Verstocketen gestraffet vnnd ferner gedrewet haben / nemblich sie sollen nur Gedult haben / sich bessern vnd zu frieden geben / so wol der HErr seinen auß gerechtem Gericht gefasten Zorn vnnd Grim bald fallen lassen / jhr Gefengniß enden vnd wenden / vnd so wieder in jhr liebes Vaterland bringen vnd einsetzen / daß es wieder sol gehen an ein fröliches bawen vnd pflantzen / an ein paucken vnnd tantzen / daran sol nicht hinderlich sein weder jhr Elend vnnd Ohnmacht / noch der Feinde Hochmuth vn̅ Gewalt / den̅ er der HErr / der Israel zer
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strewet hat / der wolle es auch wieder samlen / vnd jhrer hüten wie ein Hirte seiner Herde / er wolle auß dem Lande der Mitter nacht bringen / vnd samlen auß den enden der Erden / beyde Blinde / Lahme / Schwangere vnd Kindbetterin / vnnd so / in Summa davon zu reden / jhr Trawren in Frewde verkehren / sie trösten vnnd erfrewen nach jhrem Betrübniß / wie der Prophete Jeremias in vorgehenden Worten davon redet vnd prediget. Dieweil aber das ein grosses war / vnd zwar ein grösseres / denn jhre betrübten Hertzen in solchem Betruck wol fassen / gleuben vnnd hoffen könten / wie der 126. Psalm davon weissaget / Wenn der HErr die Gefangene Zion erlösen wird / so werden wir sein wie die Träwmende / daß ist / die Frewde wird so groß sein / das wir sie kaum gleuben werden / vnnd wird vns gleich sein als träwmet es vns / vnnd were nicht war / so lesset er jhnen / sie in Gedult zu erhalten / vnd im Glauben vnd Hoffnung zu stercken / eins vnd ander zu Gemühte führen / welches alles geliebter kürtze halber hie nicht mag erzehlet vnd specificirt werden / Sonderlich aber steigt er hie gleichsamb selber auff / vnd ziehet / so zu sagen / sein Väterliches Hertz aus seinem Leibe herfür / vnd zeigets für Augen wie es auch jetzo / da er Ephraim so hart gestrafft vnd heimgesucht / gegen dasselbe gesinnet sey / vnd von eitel Göttlicher Liebe lödere vnd bren̅e / Ist nicht Ephraim mein thewer Sohn / vnd mein trawtes Kind? Denn ich dencke
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noch wol dran / was ich jhm geredt habe / darvmb bricht mir mein Hertze gegen jhm / daß ich mich sein erbarmen mus / spricht der HErr / wil so viel erinneren / eben so wenig als sie es die leiblichen Väter würden vber jhr Hertze bringen können / das sie solten ewig Zorn vber jhre natürliche Kinder halten / vnd jrgend ohn alles erbarmen in einem gestrengen vnd beschwerlichen Zuchthauß verschmachten lassen / wenn sie auff ein grobes versehen / demütige Kindliche Abbitte theten / vnnd Gehorsamb nebenst gewisser Besserung zu sagten / eben so wenig / ja noch weniger künne ers thun / denn seine Liebe sey allewege reiner vnd bestendiger / ja fewriger vnd brünstiger den Mensche Liebe. Dazu liegen auch ja einem jeden seine gnedige vnd thewre Zusagen für Augen / wie es mit seinem Straffen vnnd heimsuchen bewand vnnd gethan sey / Emendatorias esse magis, quam interfectorias, wie Augustinus redet / mehr gemeint vnnd gerichtet zur Besserung den zum Verderbe̅ / sintemal er ja selber gesagt Ps. 89 v. 33. &c. So sie meine Ordnung entheiligen vnd meine Gebot nicht halten / so wil ich jhre Sünde mit der Ruhten heimsuchen / vnnd jhre Missethat mit plagen / Aber meine Gnade wil ich nicht von jhm wenden / vnd meine Warheit nicht lassen feilen / Ich wil meinen Bund nicht entheiligen / vnd nicht enderen / was auß meinem Munde gegangen ist: Vnd durch seinen trewen Diener Mosen ankünden lassen Deut. 0. v. 2. &c.
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Wenn du in dein Hertz gehest / wo du vnter den Heiden bist / da dich der HErr dein GOtt hin verstossen hat / vnd bekerest dich zu dem HErrn deinem GOtt / daß du seiner Stimm gehorchest / du vnd deine Kinder von gantzem Hertzen / vnd von gantzer Seele / so wird der HErr dein GOtt deine Gefengniß wenden / vnd sich deiner erbarmen / vnd wird dich wieder versamlen aus allen Völckern / dahin dich der HErr dein Gott verstrewet hat. Wenn du bis an der Himmel ende verstossen werest / so wird doch der HErr dein Gott von dannen samlen / vnd dich von dannen holen / vnnd wird dich in das Land bringen / das deine Väter besessen haben / vnd wirst es einnehmen / vnnd wird dir gutes thun / vnd dich mehren vber deine Väter &c. (Vide & Levit. 26.) An diese vnd dergleichen Verheissung / die er außgeredt habe / gedencke er noch wol / wie sie den darauß zu vernehmen / daß er sie durch seine Propheten nicht allein lasse fleissig repetirn vnd wiederholen / sondern auch so genawe auff gegenwertige Händel appliciren, das auch die Zeit vnd Jahre schon beramet / wie lange jhre Gefängniß weren solle / vnd wolle derselben auch als ein warhaffter Gott / der nicht ist wie ein Mensch / das er Lüge / oder ein Menschenkind das jhm etwas gerewe Num. 23. v. 19. In ewigkeit nicht vergessen. Dazu / wenn schone sothane trostreiche Verheissung nicht geschehen / so rüre jhm doch die paterna die Väterliche liebeglut so sein
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Hertze / daß es ehe im Leibe muste zerbersten / zu brechen / vnnd in der heissen liebe sich selbsten ersticken / denn das er sich seiner armen Bußfertigen Kinder nicht erbarmen vnd in allen Gnaden annehmen solte. So redet allhie der ewiger vnwandelbarer GOtt im Himmel / nicht als wen er etwas vergessen künne / daran er hernach wieder gedencke / oder als wen er ein Hertz habe / das jhm ersticken vnd brechen wolle / sondern wie ein Vater mit seinen kleinen Kindern redet nach der Art vnd Maß / wie sie es verstehen können / so thut vnser Vater im Himmel auch / der lesset sich mit seiner Sprach vnd Rede zu vns herunter / vnd redet so mit vns / wie wirs seine vnmündige Kinder vnd Abcdarii am besten verstehen / vnd vns am leichtesten vnd tieffesten einbilde̅ vnd fassen können. Redet also / wie die lieben alten hievon schreiben humano affectu, sagt Salvianus nach Menschlicher weise / muß aber / wenn wir mit dem Celso (denen origines artig wiederleget) nicht in grobe Irrthumb von der Gottheit vnd Göttlichem wesen geraten wollen das ist / nach Göttlicher art vnd weise wie es dem Geistlichen Göttlichen wesen zu stehen kan / verstanden vnd gegleubet werden. Vnd dieses ist die einfeltige Meinung der Worte. Die rechte Hauptlehre / die wir hie mercken vnnd behalten wollen / ist diese / was sich Gottes Volck die Christliche Kirche / vnd ein jeder frommer Bußferti
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ger Christe für seine eigene Person zu dem lieben Gott gutes zuver sehen vnnd zu getrösten habe? Alles was sich Kinder zu jhren natürlichen Eltern / Vater vnnd Mutter zu getrösten haben. Denn hie endecket er selber den Abgrund seines Hertzens / was da für Zuneigung vnnd Liebe gegen vns gefunden werde? Vater vnd Mutter liebe. Ist nicht Eprhaim mein thewrer Sohn / vnd mein trawtes Kind? Wer wolte dis Vater Hertze nicht gerne mit Verwunderung anschawen / vnd der brünstigen Liebe / so darinnen stecket / nicht gerne zum fleissigsten nachdencken! Da S. Paulus in seinen Ketten vnd Banden zu Rohm seiner lieben Gemeine / zu Epheso etwas grosses / hohes vnd wichtiges wünschen wil / da wünschet er jhnen vnter andern Geistlichen Gaben vnnd Wolthaten Gottes / auch diese / als eine besondere / daß sie mit allen Heiligen begreiffen mögen / welches da sey die Breite vnd Lenge / die Tieffe vnnd die Höhe / nemblich der liebe vnnd Gnade GOttes Ephes. 3. v. 18. Vnd da mans recht warnimpt / müssens die frommen auch allerdings an den Creaturen erkennen vnd bekennen / daß Gottes Liebe höher sey den der Himmel / tieffer den alle Abgründe des Meers / breiter den der Erdboden / lenger den der Abend vom Morgen. Denn alles was GOtt jemals erschaffen hat / von vnterst an / bis zu oberst auß / daran haben wir zu sehen vnd Handgreifflich gleichsamb zu fühlen / mit was freundlichem vnnd liebreichem Hertzen vns
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der Schöper zu gethan sein müsse. Aber dieses gehet weit vber alle solche breite / hoch vber alle solche hohe / tieff vber alle solche tieffe / lang vber alle solche lenge / jn es ist eine vnendliche höhe / tieffe lenge vnd breite / vber alle höhe / tieffe / lenge vnd breite / daß er sich vnseren Vater heisset / vnnd vns seine Kinder / ja seine thewre Söhne vnd trawte Kinder / daran er seine delitias, seine Lust vnd Frewde hat / wie es nach dem Hebreischen lautet? Freylich mag Syrach wol sagen c. 2. v. 21. Seine Barmhertzigkeit sey so groß / als er selber ist / daß ist / vnermeßlich / vnendlich / vnergründlich / vnerforschlich / vnbegreifflich vnd vnaußsprechlich. Daher auch S. Johanne̅s / da er 1. Ep. c. 3. hievon redet vnd schreibet / vnd der gantzen Christlichen Kirchen wol einbilden wil / da setzet er ein grosses vnd gewaltiges Nota benè hinzu / vnd saget: Sehet welch eine Liebe hat vns der Vater erzeiget / daß wir sollen GOttes Kinder heissen / Sehet spricht er / vnnd heist vns damit Augen vnd Hertzen so weit auffthun als wir jmmer künnen / zu gleich erinnerend / es werde dennoch vnmüglich sein nach der Würde vnd Gebühr recht zu behertzigen / was es für eine Liebe sey / die vns der Vater darinnen bezeiget / daß wir sollen Gottes Kinder heissen. Tobias so wol der junge c. 8. v. 5. als der alte c. 2. v. 18. pranget damit / das sie Kinder der heiligen waren / vnd warteten auff ein Leben / welches GOtt geben wird / denen so im Glauben starck vnd fest bleiben
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für jhm / Als ein hohe vnd für trefflich Gnad vn̅ Wolthat wirds gerühmet / daß sich Gott der HErr in einem gewissen vnnd starcken Bund gegen Abrahams Samen dahin erkläret / Sie sollen sein Eigenthumb sein für allen Völckern / sein Priesterliches Königreich / vnd sein heiliges Volck Exod. 19. v. 6. Als ein Wunder fast wirds erzehlet / das der HErr mit Mose geredt von Angesicht zu Angesicht / wie ein Man mit seinem Freunde Exod. 33. v. 11. Item das Abraham ein Freund Gottes genennet wird Judith. c. 8. v. 22. Jacob. 2. v. 23. Ja Gott selbsten jhnen seinen Geliebten heisset Esa. 41. v. 8. Wie viel mehr sollen wir vns de̅ darüber in höhester Hertzensfrewde verwundern / das vns hie GOtt / der allewege redet die Warheit / vnnd wie es jhm vmbs Hertze ist / nennet seine thewre Söhne vnnd Töchter / seine trawte Kinder? Hette der liebe Gott dem betrübten Ephraim vnd allen Bußfertigen Hertzen / sein geneigtes Gemühte besser insinuiren vnd deutlicher fürbilden / ja grösser vnnd herrlicher machen können / er würde es nicht gelassen haben. So gerne sihet vnd hat ers / daß wir seine Liebe erken̅en / vnd darauff wieder alles trawen vnd bawen / vnd sagen wie davon die Gleubigen bete̅ Esa. 64. v. 16. Bistu doch vnser Vater? Du HErr bist vnser Vater vnd vnser Erlöser / von alters her ist das dein Name. Ja dencket ein frommes vnd nach denckern Hertze / Es stehen die tröstliche Wort vnnd Nahmen hie von
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Ephraim / nun bin ich weder Ephraim / noch Ephraims Nachkommen / wie kan ich mich den dessen annemen vnd gleuben / daß ich GOttes thewrer Sohn / thewre Tochter vnnd trawetes Kind sey? Aber / jhr meine Geliebten in Christo / daß können wir sehr wol thun / vnd zwar mit einem hertzlichen starcken Vertrawen / denn wir sein nicht mehr Gäste vnd Frembdlinge / sondern Bürger mit den Heiligen vnnd GOttes Haußgenossen / erbawet auff den Grund der Propheten vnd Apostel / da JEsus Christus der Eckstein ist / sagt S. Paulus Ephes. 2. v. 19. Wer demnach des Glaubens Abrahae ist / der ist Abrahams Kind Gal. 3. v. 7. Derowegen ob wol sonderlich im Alten Testament stehet vom Israel Deut. 14. v. 1. Ihr seyd Kinder des HErrn ewres Gottes. Vnd auch hie Jerem. 31. v. 19. Der HERR sagt: Ich bin Israels Vater / so ist Ephraim mein erst geborner Sohn / so kan gleichwol / nach dem der Zaun / so dazwischen war / abgebrochen vnnd weggethan ist durch Christum Ephes. 2. v. 13. Kein Mensch davon außgeschlossen werden / der nur mit Israel gleubet / vnd mit Ephraim Busse thut. Denn so stehet davon geschrieben beym Propheten Hosea / c. 2. vnd wird auff den Himlischen Beruff der Heyden verstanden vnnd erkläret von S. Paulo Rom. 9. v. 25. 26. Ich wil das mein Volck heissen / daß nicht mein Volck war / vnd meine Liebe / die nicht meine Liebe war. Vnd sol
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geschehen an dem Ort / da zu jhnen gesagt ward / jhr seyd nicht mein Volck / sollen sie Kinder des Lebendigen Gottes genennet werden. Dahero auch S. Paulus abermal schreibet Gal. 3. v. 27. Ihr seyd alle Gottes Kinder / durch den Glauben an Christo JEsu. Denn wie viel ewer getaufft sind / die haben Christum JEsum angezogen. Hie ist kein Jude noch Grieche / hie ist kein Knecht noch Freyer / hie ist kein Man noch Weib / denn jhr seyd allzumal einer in Christo JEsu. Wer demnach nur gleubt vnnd from ist / der gehöret gewis vnnd warhafft mit vnter die Zahl der Kinder Gottes / vnd ist nicht weniger / sondern eben so wol als Ephraim sein thewrer Sohn vnnd sein trawtes Kind. Vnd das wir solches wissen / ja von Hertzen gleuben / kan vns auff vielfaltige art vnd weise dienen vnd zustatten kommen / als nicht allein zur stetwerenden Ermahnung / daß wir vns in vnserm Leben vnd Wandel nicht als Kinder der Welt / sondern als Kinder Gottes bezeige̅ / davon beym Dritten Theil sol mit mehrem gehandelt werden / sondern auch / davon wir hie reden wollen. 1. Dazu das vnser Vertrawen wachse vnnd groß werde in GOttseliger Erwegung. 2. Was für Vaterliche Sorge vnd Wolthaten in diesem gewaltigen Vaters Nhamen verborgen stecke. Von beyden mit wenigem vnd einfeltig. Das Erste betreffent / so dencke ein jeder in seinem eigenen vnd Andechtigen Hertzen / ob nicht billich vn
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ser Glaube wachsen vnnd vnser Hertze groß werden sol / wenn wir hie hören / daß der liebe Gott gleichsamb aus dem Himmel vns zurüfft vnd sagt / Er sey vnser Vater / vnnd wir seine thewre vnnd trawte Kinder? Junge Leute / die nicht Kinder haben / die künnen das allerdings nicht verstehen / wie auch Agesilaus seiner Hoff Junckeren einem / da er jhn vngefehr betraff / daß er mit seinem jungen Herrlein auß Väterlicher Lust auffn Stecken ritte / wol erinnerte. Denn da zog er / so zu sagen / seinen Pitschier oder Finger Rinck vom Daumen / druckte jhm den auff den Mund vnd sagte: . Das ist / Schweig vnd las deinen Mund jetzo versiegelt sein wegen meines Kinderspiels / wenn du aber auch ein Vater sein wirst / so magstu es nachsagen / aber nur denen die auch Väter sein vnd Kinder haben. (Vide AElianum variar. Hist. lib. 12. c. 15.) Dennoch aber sinnen sie den Sachen billich nach / so gut vnd viel als sie jmmer künnen / sonderlich wen sie entweder selbsten sehen / wie Eltern die Kinder so hertzlich lieben / oder solche Exempel in Heiliger vnd anderen Profanschrifften lesen. Jacob der heiliger Ertzvater mus trawen seinen Sohn Joseph hertzlich lieb gehabt haben. Denn es stehet davon geschrieben Gen. 37. v. 7. Israel hatte Joseph lieber / denn alle seine Kinder. Vnd lies sich auch sehen / da er den blutigen bunten Rock sahe / vnd nicht
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anders gedencken kunte / dann ein reissend Thier hette jhn zurissen vnd gefressen / Denn da zureiß er seine Kleider vnd leget einen Sack vmb seine Lenden / vnd trug Leyde vmb jhn lange zeit. Vnnd ob wol all seine Söhne vnd Töchter aufftraten / daß sie jhn trösteten / so wolte er sich doch nicht tröste̅ lassen / sondern sprach: Ich werde mit Leyd hinunter fahren in die Gruben zu meinem Sohn. Gen. 37. v. 34. 35. Ja gegen die vorige zeit / da er doch mannig Vngewitter außgestanden hatte / war er für Leyd vnd Bekümmerniß gleichsamb lebendig Todt. Denn da er hernach höret daß sein Sohn Joseph lebte / vnd ein gewaltiger ProRex oder Lands Vater in Egypten were / sahe dazu die Wagen die jhm Joseph gesand hatte jhn zu führen / da meldet der Text / der Geist Jacobs jhres Vaters sey wieder lebendig worden / vnd das er für Frewden gesagt: Ich habe gnug / daß mein Sohn Joseph noch lebet / Ich wil hin vnnd jhn sehen / weil er noch lebet. Absalom hatte seinem Vater dem David manniges Hertzeleid vervrsachet / Aber dennoch da er im Auffruhr erstochen war / da rürte die natürliche Liebe jhm dermassen das Vaterhertze / daß er die Hende rang / bitterlichen weinete / vnd diese Jammerklage führete / Mein Sohn Absalom / mein Sohn / mein Sohn Absalom / wolt GOtt / Ich müst für dich sterben / O Absalom / mein Sohn / mein Sohn. 2. Sam. 18. v. 33. Wie thete auch die Mutter des jungen Tobiae /
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da er sich auff Befehl seines Vatern zur Reise gen Rages in Meden fertig gemacht hatte / da fieng sie an zu weinen / vnd sprach zu jhrem Man. Denn Trost vnsers alters hastu vns genommen vnd weggeschickt / Ich wolt / daß das Gelt nie gewesen were / darumb du jhn weggeschickt hast. Wir weren wol zufrieden gewest mit vnser Armuth / daß were ein groß Reichthum / daß vnser Sohn bey vns were. Tob. 5. v. 24. Da er aber wegen seines Ehe vnd Ehrenwercks vber die zeit auff gehalten ward / da gings bey beyden / bey Vater vnd Mutter an ein trawren vnd weinen / sonderlich die Mutter wolte sich nicht trösten lassen / lieff alle Tage hinaus / vnnd sahe auff alle Strassen da er herkommen solte / ob sie jhn etwa ersehe / führete daneben ein erbärmliches weheklagen: Ach mein Sohn / Ach mein Sohn / warumb habe̅ wir dich lassen wandern / vnser einige Frewde / vnser einiger Trost in vnserm alter / vnser Hertz vnd vnser Erbe. Wir hetten Schatzes genug gehabt / wenn wir dich nicht hetten hinweg gelassen. Sothane vnnd natürliche Liebe hat Gott selbsten den Hertzen der Elteren eingepflantzet / vnd auch noch nach dem Fall erhalten / vnter anderen ohn zweiffel auch zu dem ende / daß wir sein Vatershertze daran so viel besser zuerkennen / vnd so viel bestendiger zu gleuben haben. Denn jenes ist gegen dieses nur wie ein Schatte̅ gege̅ die helle liechte Sonne / wie ein tröpfflein Wassers gegen das Meer /
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wie ein Körnlein gegen dem Sand am Meer / ja gegen Himmel vnd Erden. Denn was ist Christi Meinung anders / wenn er sagt Matth. 23. v. 8. Ihr sollet niemand Vater heissen auff Erden / denn einer ist ewer Vater der im Himmel ist / denn diese / daß niemand in der Welt zufinden vnnd zu nennen sey / der den Vaters Namen mit solchem recht vnd fuge führe / vnd so in der That beweise / vnd demnach so viel zutrawen / denn diesem einigen vnd rechten Vater im Himmel. Den bey Menschen leufft allzeit etwas Menschliches mitvnter / offter feilets an dem Willen / noch offter an dem Wissen / was den Kindern zum gedeilichsten sey / viel mangelts anch an dem Vermügen / das sie nicht künnen rahten vnd thaten / solte jhnen auch sonsten das Hertz zerschmeltzen. Aber an diesem einigen Vater ists alles volkommen Himlisch vnd Göttlich. Vnd dahero nennet jhnen S. Paulus allen frommen zum mechtigen Trost einen Vater der Barmhertzigkeit 2. Cor. 1. v. 3. Ja den rechten Vater vber alles / was da Kinder heisset / im Himmel vnd auff Erden / daß ist / wie es nach der Hauptsprache lautet / einen solchen Vater / von dem alle Väterliche liebe / so in so viel tausent Vater vnd Mutterhertze gepflantzet ist / ein Vhrsprung vnd Anfang habe / vnd demnach ein vnaußgründlicher ein vnaußschöpfflicher Abgrund vnd Brunquel aller Vater vnnd Mutterliebe sein muß / vnd kein zweiffel / wenn die Welt noch tau
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sentmahl grösser / vnd der Väter vnnd Muttere nech tausentmahl mehr / vnd alle Väter vnd Mutterliebe noch tausentmahl brünstiger vnd grösser were / diese Göttliche Vaterliebe würde dennoch in ewigkeit nicht erschöpffet werden / Es würde dennoch eine vnendliche Liebe sein vnd bleiben müssen / wie der ewige Gott selbsten. Denn Gott ist die Liebe sagt S. Johannes 1. Ep. 4. v. 8. Dahero / da dorten die Geistliche Zion in jhrem Elende alles Vertrawen wolt fallen lassen / vnd sich verlauten lies / Der HErr hat mich verlassen / der HErr hat mein vergessen / da wil der Himlischer Vater eben hiemit jhrem Glauben wieder auff die Bein helffen / Er habe ja Vater vnud Mutterhertze / derowegen sey solches vnmüglich. Kan auch ein Weib jhres Kindleins vergessen / sagt er / das sie sich nicht erbarme vber den Sohn jhres Leibes? Vnnd ob sie desselben vergesse / So wil ich doch dein nicht vergesseu / Sihe in die Hende hab ich dich gezeichnet. Wer das gleuben kan / der kan auch allenthalben getrost seyn / vnd daran allein genug haben / daß er an Gott einen Vater hat / wie er selbsten dorten zu Paulo sagt 2. Cor. 12. v. 9. Laß dir an meiner Gnade genügen. Denn diese Vater Gnade vnd Liebe ist vns viel besser als Himmel vnd Erden / daß wir mit Assaph billich in den schwersten Anfechtungen sagen Ps. 73. v. 25. 26. Wenn Ich nur dich habe / HErr mein Vater / so frage Ich nichts nach Himmel vnnd Erden / wenn mir
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gleich Leib vnd Seel verschmacht / So bistu doch Gott allzeit meines Hertzen Trost vnd mein Theil. Vnd worumb wolte das auch nicht ein jeglicher mit Frewden thun / vnd sich so dieses Vaters vber alles rühmen? Denn er ist ja ein reicher Vater / je mehr er gibt / je mehr er geben kan / mehr kan er geben als wir bedürffen / ja als wir bitten vnd begehren künnen. Er ist ein Himlischer vnd Ewiger Vater / entgehet vns die Erde vnd das zeitliche / so kan er dafür geben den Himmel vnd das Ewige. Er ist ein Allgegenwertiger Vater / so tieff kan keines seiner lieben Kinder verkerckert vnd verstecket seyn / Er ist allwege bey jhm / vnnd so viel mehr vnd mit so viel starckerer Hülffe vnnd Trost / je grösser die Noth ist / nach seiner Warhafften Väterlichen Zusage Ps. 91. v. 15. Ich bin bey jhm in der Noth / Ich wil jhn herausser reissen / vnnd zu Ehren machen / Ich wil jhn settigen mit langem Leben / vnd jhm zeigen mein Heil. Er ist ein Allwissender Vater / so verborgen steckt vns kein Anligen im Hertzen / er sihet vnd weis es / vnd noch viel besserer / denn wirs jhm klagen künnen. Er verstehet vnsere Gedancken von ferne Ps. 139. v. 3. Er ist ein hochweiser Vater / so viel der Himmel höher ist denn die Erde / so sind auch seine wege höher / denn vnsere Wege / vnd seine Gedancken / denn vnser Gedancken. Esa. 55. v. 9. Wenn mans jhm nur zu trawet / vnd sich seiner Gnade getrost vnter gibt / da weiß er Art vnd Weise / Mit
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tel vnd Wege zu finden / auß dem Creutz eitel Frewde / auß dem Leyden eitel Herrligkeit / auß Schmach vnd Schande eitel Ehre / ja auß dem Todt eitel Leben zumachen. Er ist ein Allgütiger Vater / ders nimmer böse meinen kan / dem ehe sein Hertze zu brechen würde / denn das er vns seinen lieben Kindern etwas böses zu handen kommen lassen wolte / wens nicht vnsere eigene hohe Notturfft vnnd ewige Seligkeit erforderte. Er ist ein Allmechtiger Vater / vnnd hat eine Allmechtige vnverkürtzete Hand / damit er alles enderen kan Ps. 77. v. 11. Vnd thun was er wil im Himmel vnd auff Erden / im Meer vnnd in allen Tieffen Ps. 135. v. 6. Vberschwenglich vber alles / daß wir bitten oder verstehen Ephes. 3. v. 20. Wie sein Vatershertz ist / so ist auch sein Vatershand. Was er in seinem Hertzen den seinen zu gutem beschleust / daß kan er auch so effectuiren vnd ins Werck richten / daß den seinen / nemblich denen die GOtt lieben / alle Ding zum besten dienen müssen / Röm c. 8 v. 28. Er ist ein Barmhertziger Vater / vn̅ handelt nicht alßbald nach vnsern Sünden / Sondern erbarmet sich nach seiner grossen Güte. So bald künnen wir arme Kinder / wenn wir vns ein wenig verlauffen vnd zu weit in die Welt vnd jhre böse Lüste verthan haben / nicht wiederkehren / er leufft vns nicht anders / als der Vater dem Verlohrnen Sohn vnter Augen / vnd nimpt vns mit Frewden wieder an / wie der HErr Christus in schö
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nen Gleichnissen vns zu Trost fürbilden wollen Luc. c. 15. Wer wolte demnach zweiffelen / daß ein Kind dieses rechten Vaters viel reicher vnd behertzter / viel frölicher vnd seliger sein künne mitten in Noth vnd Todt / denn ein Gottloses Weltkind in seinem grössesten Reichehumb / Frewd / Ehr vnnd Herrligkeit auff Erden? Das ist / aller Gleubigen Bekentniß / wenn sie singen in jhrem Trosereichen Kirchen Gesang. Weil du mein Gott vnd Vater bist / dein Kind wirstu verlassen nicht / du Väterliches Hertz / Ich bin ein armer Erdenkloß / auff Erden weis ich keinen Trost. Der Reich verlest sich auff sein zeitlich Gut / Ich aber wil dir vertrawen mein Gott / Ob ich gleich werd veracht / so weis Ich vnd gleub festiglich / wer dir vertrawt dem mangelt nicht. Denn fürs Ander mercket schließlich beym ersteu Theil / was wir für Sorge vnd Wolthaten von diesem getrewen Vater im Himmel zu erwarten / ja mit gutem Kinderrecht auff diesen seinen Nahmen zu fordern haben? Alles nemblich was Kinder von jhren Elteren haben / daß haben wir noch mehr wichtiger vnd vberflüssiger von diesem Vater. Als davon etwas gewisses Ewer Liebe zu Christlichen Nachdancken zubenamen / so haben Kinder 1. Von jhren Elteren natürlich Leib vnnd Leben. Aber vielmehr haben wirs von dem Himlischen Vater / wie Job bekennet c. 10. v. 8. 9. 10. HErr deine Hende haben mich gearbei
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tet / vnd gemacht alles was ich vmb vnd vmb bin / du hast mich wie Milch gemolcken / vnd wie Kese lassen gerinnen / du hast mir Haut vnd Fleisch angezogen / mit Beinen vnd Adern hastu mich zu sammen gefüget. Leben vnd Wolthaten hastu an mir gethan / vnd dein Auffsehen bewaret meinen Odem. Wie auch die fromme Maccabeische Mutter 2. Maccab. 7. v. 21. Da sie zu jhren Söhnen sagte. Ich bin ja ewer Mutter / vnd habe euch geboren / Aber das Leben habe ich euch nicht gegeben / noch ewre Gliedmaß also gemacht / Sondern die hat Gott vom Himmel geben / wie der dritte Sohn sagt v. 11. Ja vber daß / da wir von den Elteren nicht mehr haben / denn das natürliche / vnd so von wegen Einwohnender angebornen Sünde vnd bösen Zuneigungen dem zeitlichen vnnd ewigen Todt vnterworffene Leben / da haben wir auß seiner Gnade durch die Wiedergeburth / da wir seine Kinder werden / ein newes Gnadenleben in Christo JEsu / darüber der Todt nicht herschet / Sondern das erst recht angehet / wenn wir durch den Todt hindurch dringen in das ewige Vaterlandt. Denn so sagt der HErr Christus selber Johan. c. 5. v. 24. Warlich / warlich ich sage / wer mein Wort höret / vnd gleubet dem / der mich gesand hat / der hat das ewige Leben / vnd kömpt nicht in das Gerichte / sondern er ist vom Todt zum Leben hindurch gedrungen. Vnd abermal Johan. c. 11. v. 26. Ich bin die Aufferstehung vnnd
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das Leben / wer an mich gleubet der wird leben / ob er gleich stürbe. Vnd wer da lebet vnd gleubet an mich / der wird nimmermehr sterben. 2. Stehet Eltern zu / daß sie die lieben Kinderlein von der Geburth an wol in acht nehmen / sonderlich wen sie zart vnd klein sein / vnnd sich selbst noch nicht versehen künnen / heben vnd tragen / vnd hernacher da sie anfangen zu stehen vnnd zu gehen / fein bey der Hand genglen vnd führen / daß sie so an jhren schwachen Gliedmäßlein nicht muthwillig verletzet vnd beschädiget werden. Wie solches abermahl die Maccabeische Mutter jhrem jüngsten Sohn wuste zu Gemüht zu führen / da sie sagte 2. Maccab. 7. v. 27. Du mein liebes Kind / das Ich neun Monden vnter meinem Hertzen getragen / vnd bey drey Jahr geseuget / vnd mit grosser Mühe aufferzogen habe / Erbarme dich doch vber mich &c. Dis Vaterstück vergisset der Himlische Vater keines weges an vns / sondern beweisets so sorgfeltig / daß auch von vnnd für jhm alle vnsere Haare auff dem Heupt gezehlet sind Matth???. v. 30. Denn er kennet / was für ein Gemecht wir sind / Er gedencket dran das wir Staub sind Ps. 103. v. 14. Hat demnach nicht allein seinen Engeln / denn starcken Helden Befehl gethan / daß sie vns behüten auff allen vnseren wegen / ja so zu sagen / auff den Henden tragen / damit wir vnseren Füß nicht an einen Stein stossen Ps. 91. v. 11. 12. Sondern er selber tregt
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vns / wie ein Hirte die Schässlein in seinem Bosen Es. 40. v. 11. ja Esa. 46. v. 3. 4. Wir werden von jhm im Leibe getragen / vnd ligen jhm in der Mutter / Ja / spricht er / Ich wil tragen biß ins alter / vnnd bis jhr graw werdet / Ich wil es thun / Ich wil heben / vnd tragen / vnnd erretten. Vorauß aber / weil er weis / daß wir noch am Glauben jung vnd schwach / so führet er vns wie die Jugend Ps. 48. v. 15. Beut vns seine rechte Hand / die vns erhalte / wie David auch rühmet Psalm 63. v. 9. Stercket / krefftiget vnd gründet vns 1. Pet. 5. v. 10. Daß er so das gute Werck daß er in vns angefangen hat / volführe bis auff den Tag JEsu Christi / Phil. 1. v. 5. Vnnd wie ein vollkommen Man werden / der da sey in der masse des vollkommenen alters Christi / wie S. Paulus redet Ephes. 4. v. 13. Vnd jhm wie seine gewaltige Himmelsfürsten ohn alles strauchelen vnd fallen in höhester seligkeit ewiglich auff den Dienst warten / vnnd seine Befehl außrichten. 3. Müssen Elteren / so viel jmmer müglich dahin sorgen vnd sehen / daß die lieben Kinder / so lang sie in jhrem Hause vnd Disciplin seyn / nothwendige Nahrung haben / wie wir an Jacob sehen / daß er in der geschwinden Thewrung sehr Väterlichen hierinnen für seine Kinder gesorget hat / Ja Paulus spricht 1. Tim. 5. v. 8. So jemand die seinen / Sonderlich seine Haußgenossen / nicht versorget / der hat den Glau
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ben verleugnet / vnd ist erger / denn ein Heide. Aber des Himlischen Vaters Versorgung gehet vber alle andere / denn er weis waß wir an zeitlichem Auffenthalt bedürffen Matth. 6. v. 33. Vnd wie ers weis so wil ers auch geben / denn er settiget ja alles was da lebet mit Wolgefallen Ps. 145. v. 16. Auch die Vöglein vnter dem Himmel die nicht seen / nicht ernten / noch in die Schewren samlen / wie viel mehr vns / die wir vielmehr sein den sie / wie Christus vns tröstlich erinnert Matth. 6. v. 26. Vnd wie künte es der an Leiblicher Nothturfft wollen mangelen lassen / der vns hie so reichlich versihet an Seelen Nothturfft / mit der lautern vernüfftigen Milch des heiligen Evangelii / wie es Petrus vergleichet 1. Ep. c. 2. v. 2. Mit dem Manna des Leibes vnd Blutes Christi / mit dem köstlichen Lebenswasser des heiligen Geistes / bis wir endlich auß dieser grossen Weltwüsten hingelangen in das rechte Himlische Canaan vnd Vaterland / da wir sollen erstlich recht sat werden / wie sich David frewet Ps. 17. v. 15. Vnd truncken von den reichen Gütern seines Hauses / vnd da er vns trencken wil mit Wollust als mit einem Strom. Ps. 36. 9. 4. Weil auch Elteren / die jmmer das Vermügen durch Gottes Segen haben / allzeit ohn der Kinder Sorgen vnd Gremen dahin sehen / daß jhre Kinder nach jhres Standes vnd Herkommensgebühr mit einem renlichen vnd zierlichen Kleide angethan einher
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gehen / wie Jacob seinem liebsten Sohn dem Joseph einen schönen bunten Rock machen lies / So wird auch vnser Himlischer Vater in diesem stücke seine reiche vnd milde Hand reichlich auffthun. Warumb sorget jhr für die Kleidung? Sagt Christus Matth. c. 6. v. 28. Schawet doch die Lilien auff dem Felde / wie sie wachsen / sie arbeiten nicht / auch spinnen sie nicht. Ich sage euch / daß auch Salomon in aller seine̅r Herrligkeit nicht bekleidet gewesen ist / als derselbigen eines / So denn Gott das Graß auff dem Felde also kleidet / daß doch heut siehet / vnd morgen in den Ofen geworffen wird / solte er das nicht vielmehr euch thun / O jhr kleingleubigen? Ja er wil vns nicht allein geben die natürliche Leibes Kleidung / wie er vns den Leib / der vielmehr ist / gegeben / vnnd seine ersten Kinder Adam vnnd Eva im Paradeiß mit Röcken von Fellen bekleidet vnd angezogen hat Gen. 3. v. 21. Sondern er zeucht vns auch an den HErrn Jesum selbst mit seiner Gerechtigkeit / als einen Rock der Gerechtigkeit vnd Kleid des Heils / daß wir darinnen für seinem Angesicht können getrost einhertreten / vnd sagen auß dem Propheten Esa. 61. v. 10. Ich frewe mich im HErrn / vnnd meine Seele ist frölich in meinem Gott / denn er hat mich angezogen mit Kleidern des Heils / vnd mit dem Rock der Gerechtigkeit gekleidet. Wie eine̅ Brütigam mit Priesterlichem Schmuck gezieret / vnd wie eine Braut in jhrem Schmeide ge
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berdet. Vnd da wir nicht bloß / sondern hiemit vberkleidet befunden werden / sols hiebey noch nicht verbleiben / sondern so sol dis verweßliche auch anziehen das vnverweßliche / vnnd das sterbliche die Vnsterblichkeit / wie S. Paulus schreibet 1. Cor. 15. v. 35. Das ist / vnser sterbliche vnd verweßliche Leiber sollen endlich anziehen vnd erlangen solche Klarheit vnd Himlisches vnsterbliches Liecht / daß sie leuchten wie die Stern / ja die Sonne am Himmel / vnd ehnlich sein dem verklärten Leibe JEsu Christi. Matth. 13. v. 43. Phil. 3. v. 21. 5. Wo Elteren durch GOttes Segen Kinder haben / ist jhnen die Gottselige Aufferziehung zu etwas gutes / GOtt vnnd Menschen erspriesliches / in der Zucht vnd Vermahnung zum HErrn / zum ernstlichensten aufferlegt vnd geboten. Ephes. 6. v. 4. Vnd hats die Gottselige Hanna wol in acht genommen / da sie jhr liebes Samuelichen bald zum Priester Eli geführet 1. Samer. v. 25. Vnd David / da er seinen Sohn Salomon / der jhm im Königreich succediren solte / gethan vnter die Hand vnd in die Disciplin des Propheten Nathan 2. Sam. 12. v. 25. Vnnd hierinnen beweiset der Himlische Vater abermahl sein Vaterhertz / Denn er gibt vns nicht allein das grosse Naturbuch / darinnen wir mit grossen gewaltigen Buchstaben geschrieben finden / daß ein GOtt sey / daß er gegen vns Menschen gütig vnnd Allmechtig
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sey &c. Sondern auch / daß das allerbeste ist / vnnd ohn welche jene natürliche Wissenschafft den Stich nicht halten würde / sondern sich selbst wieder suffociren, dempffen vnd eitel werden / sein heiliges vnd seligmachendes Wort / vnd dabey das Ampt deß Geistes / vnd erleuchtet dadurch vnsere finstere Hertzen / daß wir jhn recht erkennen nach seinem Wesen vnnd Willen / vnnd wissen wie wir jhm dienen sollen / in Heiligkeit vnd Gerechtigkeit / so jhm gefellig ist / bis wir endlich auß dieser Particular-Schul der Christlichen Streitenden Kirchen hinauff kommen in die Academiam vnnd hohe Schule / des Himlischen Jerusalems / da wir jhn sehen sollen wie er ist / vnd anschawen von Angesicht zu Angesicht. 1. Johan. 3. v. 2. 1. Cor. 13. v. 12. 6. Thorheit stecket dem Knaben im Hertzen / aber die Ruhte der Zucht wird sie ferne von jhm treiben / sagt der weise König Salomo Prov. 22. v. 15. Vnd dahero müssen die Elteren bey den Kindern die Zucht-Ruhte nicht zu hoch stecken / oder zu weit legen / sondern nahe bey der Hand haben. Wer seiner Ruhten schonet / der hasset seinen Sohn. Wer jhn aber lieb hat / der züchtiget jhn bald. Prov. 13. v. 24. Züchtige deinen Sohn / so wird er dich ergetzen / vnd wird deiner Seelen sanffte thun / sagt abermahl Salomo Prov. 29. v. 17. Vnnd Hebr. 12. v. 7. stehet geschrieben: Wo ist ein Sohn / den der Vater nicht züchtiget?
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Wenn ein Knecht etwas vngeschickts handelt / da thut ein Hauß Vater wol ein Auge zu / schonet sein selbst / vnd gedencket jhn mit der langen Ruhte / vnd wenn er nicht wil gutes thun / mit der Thür / wie man sagt / für den Hindern zu schlagen / Aber sihet er am lieben Kinde etwas vngereimtes / da thut er in der Warheit die Augen nicht zu / sondern weit auff / gedencket auch an keine lange Ruhte / Sondern zu nehest da er sie hingesteckt / da ergreifft er sie / vnd steupet darauff / vnnd zwar so viel ehe vnd mehr / so viel mehr vnnd besser Hoffnung etwas gutes zu ziehen er gefasset vnd geschöpffet hat. Dahero auch daß ware / ja Christliche Sprichwort entstanden / daß man sagt. Je mehr Kinder im Hause / je mehr Ruhten / je lieber Kinder / je scherffer Ruhten. Wer selber durch den Segen Gottes Kinder hat / der wirds am allerbesten verstehen. Dieweil demnach auch die Widergeborne / Gleubige vnd Ernewerte Kinder Gottes des Himlischen Vaters / auch noch böses Fleisch an sich haben / so da gelüstet wieder den Geist Gal. 5. v. 17. Vnd sehen ein ander Gesetz in jhren Gliedern / daß da wiederstreitet dem Gesetz in jhrem Gemüte / vnnd nimpt sie gefangen vnter der Sünden Gesetz / wie S. Paulus jämmerlich von jhm selbsten klaget Rom. 7. v. 24. Vnnd dannenhero nicht allein zum Guten / als zum Wort Gottes / zum Gebet / zur Buß vnd einem Bußsertigen Gottseligen Leben kalt / faul vnd verdrossen /
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sondern auch zum bösen viel zu geneigt vn̅ willig seyn / so muß abermahl vnser lieber Vater im Himmel vnser seiner lieben Kinder bestes wissen / vnd seine Zucht-Ruhten zur Hand haben / vnd damit zu zeiten auff vns zu schlagen / damit wir nicht gar in die Welt vertiefft / vnnd die Sünde in vnserm sterblichen Leibe herschen lassen. So wir vns selber richteten / so würden wir nicht gerichtet / Wenn wir aber gerichtet werden / so werden wir von dem HErrn ge züchtiget / auff das wir nicht sampt der Welt verdamt werden / stehet geschrieben 1. Cor. 11. v. 31. Wenn Ephraim oder Israel vnbendig wird / wil sich nicht mehr ziehen lassen mit guten Worten / Ist wie ein geil Kalb / so muß Assur Gottes Ruhte seyn / vnd seine Hand seines Grimmes stecken Esa. 10. v. 5. Wenn aber der HErr sein Werck außgerichtet hat v. 12. Das ist / Ephraim ist gewitziget / schlecht sich auff die Hüffte vnd thut Busse / so leget er die Ruthe wieder hin oder bricht sie entzwey / daß ist / sucht heim die Frucht des hochmütigen Königs zu Assyrien / vnnd die Pracht seiner hoffertigen Augen Esa. 10. v. 13. Es bricht jhm das Vaterhertz / daß er sich sein erbarmen muß. Vnd ist also in warheit kein geringschetziges Ding vmb das liebe Creutz-Rühtlein / sondern es ist / so zu sagen der Kinder Gottes jhr Heiligthumb / dessen die GOttlosen vnnd die Heucheler als Bastarte nicht einmal werth seyn. Wo der Allweise GOTT sihet / daß aller Rath an einem
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Menschen verlohren ist / da lesset er sie frey gehen / wie Schafe / daß sie geschlachtet werden / wie der Propheta Jeremias sagt c. 12. v. 3. Aber das thut er bey seinen lieben Kinderen nicht / die helt er fleissig vnter der Ruhte / auff das sie in der Buß / im Gebet vnd in warer Andacht zu seinem Heiligen Wort erhalten werden mügen. Darumb wir auch billich eitele Väterliche Liebe vnnd Göttliche Wolthaten an vnserem Creutz erkennen vnnd rühmen sollen. Denn wie der weise König Salomon sagt Prov. 3. v. 12. Welchen der HErr lieb hat / den straffet er / vnd hat Wolgefallen an jhm / wie ein Vater am Sohn. Sonderlich seins fürtreffliche Wort vnd Erinnerungen / so hierauß geführet werden vom Heiligen Geist Hebr. 12. v. 5. &c. Mein Sohn achte nicht gering die Züchtigung des HErrn / vnnd verzage nicht / wenn du von jhm gestraffet wirst / denn welchen der HErr lieb hat / den züchtiget er / Er steupet einen jeglichen Sohn / den er auffnimpt. So jhr die Züchtigung erduldet / so erbeut sich euch GOtt als Kindern. Denn wo ist ein Sohn / den der Vater nicht züchtiget? Seid jhr aber ohn Züchtigung / welcher sie alle sind theilhafftig worden / so seid jhr Bastarte / vnd nicht Kinder. 7. Elteren haben leise Ohren / vnnd hören bald / wen jhre Kinder schreyen vnd weinen / lauffen in grosser Eile hinzu / zu sehen ob vnd was dem lieben Kinde anlige vnd zu kommen sey. Wischen jhm da die Thrä
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nen abe / nehmens in den Schoß / vnd sprechen jhm tröstlich zu / bis es wieder gestillet werde. Bitten auch die Kinder vmb etwas / daß jhnen nicht schädlich / sondern dienlich / so geben sie es jhnen willig vnd von Hertzen gerne / Ists aber jhnen nicht dienlich / sondern schädlich / als ein scharffes spitziges Messer / so schlagen sie jhm damit auff die Finger / oder machens heis das sie sich daran verbrennen / vnd geben jhnen wol an dessen stad einen schönen wolschmeckenden Opffel. Ach wie kein trewer Vater ist im Himmel vnnd auff Erden / denn vnser Himlischer Vater / so beweiset hierinnen auch keiner seine Väterliche Trewe vnd Liebe so wol vnd bestendig / als er. Denn wen̅ seine liebe Kinder schreyen vnd ruffen / da hat er so leise Ohren / daß er auch allerdings Mosen kan ruffen hören / da er doch nur seufftzet für dem roten Meer Exod. 14. v. 15. Er wendet sich zum Gebet der Verlassenen / vnd verschmehet jhr Gebet nicht Ps. 102. v. 18. Ja selber spricht er beym Propheten Esa. 56. v. 24. Ehe sie ruffen / wil ich andworten / wenn sie noch reden / wil ich hören. Bitten sie vmb etwas / daß seinen Ehren nicht nachtheilig vnnd jhnen selbst an jhrer ewigen Wolfarth nicht schädlich oder hinderlich / da ist er viel williger vnd bereiter zu geben / als wir andechtig vnd fewrig zu bitten. Denn so spricht ja Christus Johan. 16. v. 24. Warlich / warlich ich sage euch / so jhr den Vater etwas bitten werdet in meinem Nahmen / so
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wird ers euch geben. Vnd abermal Luc. c. 11. v. 11. Wo bittet vnter euch ein Sohn den Vater vmbs Brod / der jhm ein Stein dafür biete? Oder so er vmb einen Fisch bittet / der jhm eine Schlange für den Fisch biete? Oder so er vmb ein Ey bittet / der jhm ein Scorpion dafür biete? So denn jhr die jhr arg seid / künnet ewern Kindern gute Gaben geben / vielmehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben / denen die jhn bitten. Welche treffliche Worte fast eben dahin lauten / was der alte Kirchenlehrer Chrysostomus (Homil. 24. in Matthaeum. p. 238.) wol observirt vnd geschrieben hat / wenn die Philostorgia / oder die Elteren Liebe gehalten vnd verglichen werde / gegen die Gottes Liebe / so er zu seinen Kindern tregt / so sey jene so viel niedriger vnd geringer / daß sie in solcher Vergleichung fast für eine Boßheit künne angesehen werden. Gehets jhnen auch wie David klaget Ps. 6. v. 7. Ich schwemme mein Bette die gantze Nacht / vnnd netze mit meinen Thränen mein Lager / so verachtet er traun solche Thränen nicht / sondern er zehlet sie / vnd fasset sie in einen Sack Ps. 56. v. 9. Er spricht ein tröstliches Noli flere, weine nicht zu auß dem Evangelischen lebendigen Trost / wie der weinenden Witwen zu Naim Luc. 7. v. 13. Vnd nach dem heulen vnd weinen vberschüttet er sie mit Frewden Tob. 3. v. 22. Solte es auch nicht ehe geschehen / bis daß er im Himmel abwischen wird alle Thränen
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von jhren Augen Apoc. 7. v. 17. Vnnd sie selber gegenwertig trösten / wie einen seine Mutter tröstet. Esa. 66. v. 13. 8. Alles was die Elteren durch Gottes Segen erlangt vnd erworben / an Hauß vnd Hoff / an Haab vnd Güter / an Gold dud Silber &c. Daß gehöret alles den Kindern als natürlichen Erben zu / dergestalt das sie auch bey Lebzeiten des Vaters auff gewisse maß Domini für Herrn des Gutes im Rechten gehalten werden (Vite Ritter hus. Comment in Salvian p. 427.) Ja von dem heiligen Geist selbst auch alßdann / wenn sie noch vnter den Vormunden vnnd Pflegern seyn / außtrücklich Herrn aller Güter genennet werden Gal. 4. v. 1. Das also kein zweiffel / Kind schafft vnnd Erbschafft gehören vnaufflößlich zu sammen / Gottes vnd der Natur wegen (Ratio naturalis quasi lex quaedam tacita addicit liberis bona parentum. l. 7. Cum ratio ff. de bon. damnatorum) vielmehr können wir demnach hie die feste Hoffnunghaben / ja auß behertzter Zuversicht mit dem heiligen Apostel Paulv sagen Rom. 8. v. 7. Sind wir Kinder / so sind wir auch Erben / nemblich GOttes Erben / vnnd Mit Erben Christi / so wir anders mitleiden / auff das wir auch mit zur Herrligkeit erhaben werden. Denn damit tröstet er die frommen ins gemein Gal. 4. v. 6. Vnd knüpffet die Kindschafft vnd die Erbschasst GOttes vnaufflößlich beysammen: Weil jhr den Kinder seyd /
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hat Gott gesand den Geist seines Sohns in ewre hertzen / der schreyet Abba lieber Vater. Also ist hie nun kein Knecht mehr / sondern eitel Kinder. Sinds aber Kinder / so sinds auch Erben Gottes durch Christum. Denn der ist der Mittler des Newen Testaments / auff das durch den Todt / so geschehen ist zur Erlösung von den Vbertretungen / die / so da beruffen sind / daß verheissene ewige Erbe empfahen / stehet geschrieben Heb. 9. v. 15. Daß aber dieses Erbe etwas Ewiges / etwas Göttliches / vnd vber alle maß wichtiges / vnd herrliches müsse seyn / geben alsbald die Worte an jhnen selber / das Gottes Kinder sollen auch sein GOttes Erben. S. Petrus nennets ein vnvergengliches / vnbeflecktes / vnd vnverwelckliches Erbe / daß behalten wird im Himmel / denen / die auß GOttes Macht durch den Glauben bewaret werden zur Seligkeit. 1. c. 1. v. 5. Ists aber ein vnvergengliches Erbe / so muß es in ewigkeit nicht abnehmen / viel weniger ein ende nehmen / Ists ein vnbeflecktes Erbe / so muß da ja kein Mangel kein Trawrigkeit vnd Schmertzen ja auch keine Sünde / daher alles Vbel entspringet mehr gesehen vnd gehöret werden / alß dadurchs nicht wenig würde beflecket werden / wie dis Leben deßhalben heist ein elend jämmerlich Leben Syr. 40. Der Tod wird nicht mehr seyn / noch Leyd / noch Geschrey / noch Schmertzen wird mehr seyn / stehet Apoc. 18. v. 8. Ists auch ein vnverwelckliches Erbe / so muß es ja in
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ewigkeit in seiner allerbesten vnd höchsten allerlie blichsten blüet bleiben / vnd wir sein nimmermehr sat vnd vberdrüssig werden. Vnd in Summa / ob zwar S. Paulus entzucket gewesen biß in den dritten Himmel / in das Paradeiß / vnd gehöret vnaußsprechliche wort / die niemand sagen kan / 2. Cor. 11. v. 4. So schreibet er dennoch von diesem Erbe / vnd was Gott bereitet habe denen die jhn lieben / aus dem Propheten Esa. Cap. 64. v. 4. Es habe kein Auge gesehen / kein Ohr gehöret / vnd sey in keines Menschen Hertze kommen. Vnd nennet die Herrligkeit die wir davon haben werden / eine ewige vnd vber alle maß wichtige Herrligkeit / 2. Cor. 4. v. 17. Wie Petrus eine ewige Gottes Herrligkeit in Christo Jesu / 1. c. 5. v. 10. Vnd die Frewde / damit wir vns dar ob frewen werden / 1. c. 1. v. 9. eine vnaußsprechliche vnd herrliche Frewde. Die Krone die wir als Siegsfürsten vber Sünde / Todt / Teuffel / Welt vnnd Helle auff vnserm Häupte tragen werden / heist eine Kron der Gerechtigkeit / 2. Tim. 4. v. 8. des Lebens / Jacob. 1. v. 12. Eine vnverwelckliche Kron der Ehren / 1. Pet. 5. v. 4. Das Land / da wir diß Erbe einnehmen sollen / heist ein Land der Lebendigen / Psal. 142. v. 6. Das Reich das wir ererben vnd besitzen sollen heist Gottes himlisches Reich / 2. Tim. 4. v. 8. so den gesegneten des Vaters von anbegin der Welt ist bereitet worden / Matth. 25. v. 34. Das Hauß darinnen wir als haußgenossen Gottes
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wohnen sollen / heist des Vaters Hauß darinnen viel Wohnung seyn / Johan. 14. v. 2. Ein Hauß das nicht mit Händen gemacht ist / das ewig ist im Himmel / 2. Cor. 5. v. 1. Die Stadt darinnen wir als Bürger ein ewiges bleiben haben sollen / heist das Jerusalem so droben ist / Gal. 4. v. 26. Eine Stadt die einen grund hat / welcher Bawmeister vnnd Schöpffer Gott ist / Heb. 11. v. 10. Eine Stadt des Lebendigen Gottes / vnd das himlische Jerusalem / Heb. 12. v 22. Welches Apoc. 21. & 22. so beschrieben vnd fürgemahlet wird / das wir billich nicht weniger von diesem himlischen Jerusalem singen vnd sagen / wie dorten die gefangene Jüden zu Babel von dem jrrdischen Jerusalem / Psal. 137. v. 5. 6. Vergesse ich dein Jerusalem / so werde meiner Rechten vergessen / meine Zunge müsse an meinem gaumen kleben / wo ich dein nicht gedencke / wo ich nicht Jerusalem lasse meine höchste frewde seyn: Denn da der heilige Apostel Paulus seinen lieben Ephesern etwas sonderliches an Geistlichen Gaben von dem lieben Gott erbitten wil / da setzt er: Er gedencke jhrer in seinem Gebet / das der Gott vnsers HErrn Jesu Christi / der Vater der Herrligkeit / jhnen gebe den Geist der Weißheit vnd offenbahrung / zu seiner selbst erkentniß / vnd erleuchtete Augen jhres verstäudniß / das sie erkennen mögen welcher da sey der Reichthumb seines herrlichen Erbes an seinen heiligen / Ephes. 1. v. 17. 18. So gar viel ist dran gelegen / das
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wir fleissig behertzigen / was wir für ein grosses Erbe von so reichem Vater zuererben haben / ja das wir allen müglichen fleiß anwenden / das wirs erlangen / ob wirs zwar allhier nicht begreiffen / viel weniger außreden können. Tam magna enim sunt Vitae illius bona, ut non possint mensurari; tam multa, ut non possint nmuerari, tain copiosa, ut non possint te terminari, tam pretiosa, ut non possint aestiniari (Bonaventura l. 7. Comp. c. 31. ex Bernhardo) Denn desselben Lebens vnnd Erbes Güter seyn so groß / das sie nicht können ermessen werden / so viele / das sie nicht können gezehlet werden / so vberflüssig / das sie nicht können geendet werden / so edel vnd köstlich / das sie nicht können geschetzet werden. Freylich so edel vnd köstlich / als Gottes Blut vnd Todt / damit diß Erbe wider erwerben worden / so groß vnd herrlich als der ewige allerhöchste vnendlicher Gott selbsten ist. Denn was er dorten zum Aaron sagt Deut. 18. v. 20. Ich bin dein theil vnd dein Erbgut / das können alle fromme Christen auff sich deuten vnd ziehen mit festem vnd starcken Glauben / denn der HErr Jesus / der sie geliebet vnd gewaschen von den Sünden mit seinem Blut / hat sie alle zu Priestern gemacht für Gott seinem Vater / Apoc. 1. v. 6. Vnd was sie hie gläuben / das wird sich endlich gewiß in der that vnd warheit finden / wenn sie zu dem völligen seligen besitz gelangen werden / Vnd Gott vnd seinen lieben Sohn Jesum Chri
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stum sehen wie er ist / 1. Joh. 3. v. 2. Von Angesichte zu Angesichte / 1. Cor. 13. v. 12. Vnd dadurch eine solche gemeinschafft mit Gott entstehen wird / das er wird alles in allen seyn / 1. Cor. 15. v. 28. Wer dieser gestalt gläubt / vnd offter (wie wirs billig nimmer in vergessen stellen sollen) von grund des hertzen erweget vnd betrachtet / das er ein trawtes Kind Gottes sey / vnd Gott sein so lieber vnd rechtschaffener Vater / da kan solcher Glaube vnd Gottselige Glaubensgedancken ohn sonderbaren herrlichen nutzen vnd frücht nicht abgehen / sondern 1. werden sie jhn gewaltiglich erhalten vnd stärcken in der Gottseligkeit / das er sich nicht mehr dieser Welt gleich stelle / oder den Weltkindern / sondern wie er ist von newen gebohren / vnd so Gottes Kind worden / sich verendere durch die vernewerung seines sinnes / auff das er prüfen möge welches da sey der gute / der wolgefellige / vnd der vollkommene Gottes Wille / Rom. 12. v. 2. Denn stehet es vbel / ja bringt den zeitlichen vnd ewigen Fluch vber Kinder / wenn sie frommen Eltern jhre Liebe / Sorge / Mühe vnd Arbeit mit vndanck vnd vngehorsam vergelten / wie viel mehr wird das hie geschehen / wenn es Gottes Kinder so machen / das er klagen vnd sagen muß: Höret jhr Himmel / vnd Erde nim zu Ohren / denn der HErr redet. Ich habe Kinder aufferzogen vnd erhöhet / vnd sie sind von mir abgefallen / etc. Esa. 1. v. 2. Vnd abermal Malach. c. 1. v. 6.
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Ein Sohn sol seinen Vater ehren / vnd ein Knecht seinen Herrn. Bin ich nu Vater / wo ist meine Ehre? Bin ich HErr / wo fürcht man mich spricht der HErr Zebaoth. Ach das sol ja billig von vns nicht gesagt noch geklagt werden / sondern wie Gott seinen Vaters Namen so an vns beweiset zeitlich vnd ewig / das ers nicht besser vnd reichlicher thun könte / so sollen wir auch hinwider den Kinder / Sohn vnd Tochter Namen in allen stücken / so Kindern eigenen vnd wol anstehen / vnd darnach beim dritten Theil kürtzlich erzehlet werden sollen / rechtschaffen in der that vnd warheit beweisen. Eine schande ists ja / eine schande vber alle schande / das die Kinder dieser Welt klüger vnd fleissiger seyn sollen / denn die Kinder des Liechts in jhrem Geschlechte / derowegen wenn Gottes Kinder sehen / wie sichs die Weltkinder vmb das zeitliche vnd nichtige in dieser Welt / vmb fleisches lust / Augen lust / vnd hoffertiges leben / wie Johannes die Welt Liebe zertheilet / 1. c. 2. v. 16. so sawer werden lassen / so sollen sie bald in sich gehen / vnd in schamrothen hertzen gedencken: Ach du mein Gott vnd Vater / was thut doch die Welt vmb das / davon sie fast nichts hat / als ein hauffen vergeblicher vnruhe / vnd endlich das ewige verderben / den ewigen Todt zum lohn / vnd ich / den du zu deinem lieben Kind vnd Erben angenommen / vnd auff viel tausenterley art / nicht allein so hoch vnd tewr als alle Creaturen / sondern auch das ewige Him
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melreich / ja du vnendlicher Gott selbsten werth bist / zu deiner Liebe vnd gehorsam verpflichtet gemacht hast / bin darinnen seithero so kalt vnd faul / ja so treg vnd verdrossen gewesen / daher ich doch mehr zu hoffen habe / denn aller gläubigen hertzeu hie fassen können? Aber habe doch gedult mit meinen schwachheiten vnd gebrechen / wie ein Vater mit seinem Kinde / vnd regiere mich so mit deinem gewissen freimütigem Geiste / das ich der Welt gar absagen vnd mich selbst verleugnen / vnd dir allein so mit Leib / Seel vn̅ Geiste ergeben müge / das gleicher massen wie du an mir / wie ein Vater am Sohn wilt haben deine Liebe / Wolgefallen / Ehr / Frewde vnd ruhe / also hinwider auch ich an dir allein haben vnd behalten müge meine Liebe / meine Lust / meine Frewde vnd ruhe / Ehr vnd herrligkeit / Reichthumb vnd höchstes Gut / denn das allein kan vnd muß mir seyn eine ewige Lust / Frewde vnd Ruhe / Ehr / Herrligkeit / Reichthumb vnd Schatz vnd alles ewige / wenn ich gleich von aller Welt gehasset / verachtet / verfluchet / verfolget / vnd vmb alles ja vmb Leib vnd Leben gebracht würde / Ach ja HErr wenn ich nur dich habe / so frage ich nichts nach Himmel vnd Erde / wenn mir gleich Leib vnd Seel verschmacht / so bistu doch Gott allezeit meines hertzen trost vnd mein theil. 2. Werden sie jhn gewaltiglich trösten können in allerley Trübsal / ja mitten im Todt. Wenn fromme
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Kinder kranck seyn / oder sonsten in gefahr kommen / so seyn sie wol zu frieden / wenn sie nur jhre liebe Eltern vmb sich sehen / vnd von denselben trost / wartung vnd pflege haben / das thut jhnen so wol / das sie mannigmal der Kranckheit vnd der gefahr nichts achten. Viel mehr sol das hie seyn / da wir einen so allwissenden / Allmächtigen That Vater bey vns haben / von dem wir hierinnen billig rühmen vnd sagen / wie David Psal. 48. v. 11. Gott wie dein Nahm ist / so ist auch dein Ruhm biß an der Welt ende. Denn diesen seinen so trostreichen Vaters Namen beweiset er an vns zu allerzeit an allen orten / vnd in allerley nöthen. Ja wie eine Mutter mehr siehet nach dem kleinen vnd Krancken als nach dem grossen vnd starcken Kinde / vnd jenes sorglicher wartet vnd pfleget / denn dieses / so machet es der himlischer Vater auch. Der HErr ist nahe bey denen die zubrochens Hertzens sind / vnd hilfft denen die zuschlagen Gemüth haben. Der Gerechte muß viel leyden / aber der HErr hilfft jhm aus dem allen / Psal. 34. v. 19. 20. Ich sehe an den Elenden / vnd der zubrochens Geistes ist / vnnd der sich fürchtet für meinem Zorn / sagt Gott selber / Esa. 66. v. 2. Vnd sonderlich seine rechte Centners wort für alle betrübte Hertzen / die er führet / Psal. 91. v. 15. Ich bin bey jhm in der noth / ich wil jhn heraus reissen / vnd zu ehren machen / Ich wil jhn settigen mit langem leben / vnd zeigen mein Heil. Auff solche vnd dergleichen
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verheissung kan ein Gottes Kind sagen mit David / Psal. 13. v. 16. Ich hoffe darauff das du so gnädig bist / vnd mein Hertz frewet sich das du so gerne hilffest. Vnd wers auch thut / vnd alles / was jhm zukommet / so von Gottes Hand annimmet / das er das feste vertrawen behelt / es komme von Vaters Hand / vnd sey demnach eben so vnmüglich / dz es könne böse gemeinet seyn / denn das er nicht solte Vater / ja der allerbeste vnd bestendigste Vater seyn / ob ers schon mit seinen fünff sinnen nicht begreiffen mag / Der wirds gewißlich erfahren vnd bekennen / ja seinem Vater dafür dancken / wie fromme Kinder jhren lieben Eltern mannigmahl im Alter noch dancksagen / wenn sie in der Kindheit streng vnd hart von jhnen gehalten seyn. Denn alle züchtigung / wenn sie da ist / düncket sie vns nicht Frewde / sondern Trawrigkeit seyn. Aber darnach wird sie geben eine friedsame frucht der Gerechkeit / denen / die dadurch geübet sind / stehet geschrieben Hebr. 12. v. 11. Wenn er auch zu seiner von dem lieben Vater bestimbten zeit kommet für den finstern thal des Todes / so fürchtet er kein vnglück / sondern viel mehr helt er sterben für ein gewin / vnd wandelt mit frewden hindurch / in der gewissen hoffnung / das da aller erst mit jhm als mit einem Kinde Gottes alles müsse gut werden. Von hertzen gerne gesegnet er diese Welt / das er gelangen möge zum Himmelreich in seines Vaters Hauß / darin nach Christi verheissung
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viele Wohnung seyn / froh ist er / das er endigen mag das elende / jämmerliche / nichtige / flüchtige Sündenleben / vnd dagegen anfangen das ewige heilige / selige Frewdenleben. Froh ist er / wenn erhingerucket wird aus dem leben vnter den Sünden / ja guten freunden / die jhm hie lieb vnd werth gewesen seyn / das er hinkomme in das leben vnter den heiligen Engeln / vnd da viel mehr selige Freunde biß auff Adam wider finde / den er hie im Jammerthal hinterlassen muß. Frewden voll muß er werden / wenn er hie verlassen mag sein Haab vnd Gut / sein Ehr vnd herrligkeit / auff das er dorten bey seinem Vater im Himmel vnd lieben Bruder Jesu Christo vberkomme die ewige Kron der Ehren / vnd den vberschwenglichen Reichthumb des herrlichen Erbes / an stat des Glaubens / das gegenwertige anschawen / an stat der hoffnung den thätlichen besitz. Deßhalben ist er getrost mit S. Paulo / vnd hat viel mehr lust ausser dem leibe zu wallen / vnd daheim zu seyn bey dem HErrn.

Ander Theil.
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AVs diesem nun / was allen Kindern Gottes zur erinnerung vnd zum trost beim ersten Theil weitleufftig ist geredt vnd gehandelt worden / dencket nicht vnbillig ein jedes frommes Christhertz / das alles ist ja zumahlen herrlich / rühmlich vnd tröstlich / Aber woher haben wir solchen hohen / himlischen
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Adel / das wir Gottes Kinder seyn vnd heissen / vnd das gewiß vnd ohnfeilbar draus folgen muß / Gesellen der heiligen Engel / Brüder Christi / Gottes Erben / Christi Miterben / woher kan man dessen allen eine gewißheit erschöpffen / eine solche gewißheit / darauff man so wol Christlich leben / als endlich selig vnd frölich sterben könne? Das ist nun freilich der frage vnd Antwort wol werth. Denn von Natur vnd Geburt seyn wirs nicht / sondern Kinder des Zorns / Ephes. 2. v. 3. Knechte der Sünden / Rom. 6. v. 17. Kinder des Teuffels / 1. Joh. 3. v. 10. Wie from vnd Gottselig die Eltern auch seyn mügen / so zeugen sie dennoch Kinder nicht nach Gottes / sondern nach dem sündlichen Adamsbilde / Gen. 5. v. 3. Aus sündlichem Samen in Sünden / Psalm. 51. v. 6. Vnd demnach fleisch vom fleisch / Johan. 3. v. 6. Kan dazu von Eltern nicht / wie Haab vnd Güter / Hauß vnd Hoff / im Testament vermacht vnd hinterlassen werden / Denn der Gerechte lebet seines (vnd nicht der Eltern) Glaubens / Habac. c. 2. v. 4. Käyser vnd Könige können Fürsten / Graven / Ritter / vnd dergleichen grosse Leute machen / vnd grosse Ehr / als praemia virtutis ertheilen / wie billig vnd nützlich / Aber Gottes Kinder können sie nicht machen / welches doch der grösseste vnd reicheste Ehren vnd Trost Name im Himmel vnd auff Erden ist / sondern wie vnsere Kinder von vns den Elteren Kinder seyn vnd heissen / so gehets so viel
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mehr zu vnter Gottes Kindern / daß sie das seyn vnd heissen haben sie allein von jhrem Vater im Himmel / vnd wenn das nicht were / würde er auch kein safft noch krafft in sich haben. Wie sie aber von jhm zu Kindern gemacht werden / davon können vns vnsere Prophetische wort feine Schrifftmessige Gedancken an die hand geben / sonderlich wenn wir erwegen die worte / so von Gott in der heiligen Sprache gebraucht werden. Denn da nennet Gott Ephraim / das ist / einen jeden gläubigen frommen Menschen seinen Ieled, das ist / sein gebohrnes Kind. 2. Seinen Ben jakkir, das ist / seinen tewren Sohn / der jhm viel gekostet / den er vmb ein grosses erkauffen vnd erwerben müssen. Vnd daraus haben wir zuerkennen / das die Kinder Gottes gebohren werden / nicht aber von dem Geblüt / noch von dem willen des fleisches / noch von dem willen eines Mannes / sondern von Gott / Joh. 1. v. 13. Nicht Natürlich / sondern Geistlich / durch seine heilige Mittel / aus dem Wasser vnd dem heiligen Geist / Johan. 3. v. 5. Nicht aus vergenglichem / sondern aus vnvergenglichem Samen / nemlich aus dem lebendigen Wort Gottes / das da ewiglich bleibet / 1. Pet. 1. v. 23. Dieweil vns aber hierinnen ein gewaltiges im wege liegt / nemlich die Sünde / vnd deshalben das gerechte Gerichte Gottes / der Fluch des Gesetzes / ewiger Todt vnd Verdamniß / so kommet auch der thewre kosten darzu / das vns Gott vnd sonderlich
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sein lieber Sohn Jesus Christus wol mag tewre Kinder nennen. Denn wo mit ist der Gerechtigkeit Gottes abtracht geschehen? Wo mit seyn wir erlöset? Thewr seyn wir erkaufft / 1. Cor. 6. v. 19. Nemlich nicht mit Silber oder Gold / sondern mit dem thewren Blute Christi / als eines vnschüldigen / vnd vnbefleckten Lammes / 1. Pet. 1. v. 19. Deme seyn wir sawer worden / vnd thewerer gestanden / denn kein Kind seiner Mutter thun mag / wie das seine Wehen vnd schmertzen außweisen / die jhn im Oelgarten / an der Marter seule / am Holtz des Creutzes so geengstiget vnd geprestet haben / das er blutigen Schweiß schwitzet / das er die die weemütige jammerklage führet / mein Gott / mein Gott / warnmb hastu mich verlassen / dahero ers auch theils zur warnung für dem grewlichen grewel der Sünde / theils zum Trost / vns selbsten zu Gemüthe führet Esa. 43. v. 25. Ja mir hastu Arbeit gemacht in deinen Sünden / vnd hast mir mühe gemacht in deinen Missethaten / Ich / Ich tilge deine vbertretung vmb meinen willen / vnd gedencke deiner Sünde nicht. Vnd ist dasselbe freylich mehr wahr / als wir begreiffen vnd gläuben können. Denn er wird nicht nur ein Menschen Kind / auff das wir wider werden Gottes Kinder / sondern er wird auch ein Fluch für vns / auff das der Segen wider vnter vns käme / Gal. 3. v 13. Er wird für vns zur Sünde / (das ist / zum Sündopffer) gemacht / auff das wir würden in jhm die Ge
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rechtigkeit die für Gott gilt / 2. Cor. 5. v. 20. Er wird eine kleine zeit von Gott seinem himlischen Vater verlassen / auff das wir wider angenommen würden. Wie thewer demnach diese Kindschafft ist / so gewiß ist sie auch / wenn wir vns nur mit wahrem Glauben halten an den eingebohrnen vnd eigenen Sohn Gottes Jesum Christum. Wie viel jhn auffnehmen / denen giebt er macht Gottes Kinder zu werden / die an seinem Namen gläuben / Johan. 1. v. 12. Wer da gläubet / das Jesus sey der Christ / der ist von Gott gebohren / 1. Joh. 5. v. 1. Ja er der Vater selbst hat vns verordnet zur Kindschafft gegen jhm selbst durch Jesum Christ / nach dem wolgefallen seines willens / zu lob seiner herrlichen Gnade / durch welche er vns hat angenehm gemacht in dem Geliebten / Ephes. 1. v. 6. Daher haben wir diesen so hohen vnd himlischen Adel / vnd seyn dessen auch daher so gewiß / das wir drauff wieder Sünde / Todt / Teuffel / Welt vnd Helle künlich zutrotzen haben. Denn kan auch Gott der Vater seinen lieben Sohn Jesum Christum vnseren HErrn verleugnen / oder für seinen Sohn nicht erkennen? Eben so wenig kan ers bey vns auch thun / wenn wir denselben nur annehmen vnd an jhn gläuben. Kan er seinen Sohn auch hassen / oder nicht lieben? Eben so wenig kan ers vns auch thun. Er muß vns lieben / Er muß sich vnser erbarmen / wie er hie sagt in den Prophetischen worten / es würde jhm ehe das Hertze
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zubrechen / vnd für heisser Liebe ersticken / denn das er vns verlassen solte. Kan er auch seinen eigenen vnd einigen Sohn aus dem Himmelreich verweisen? Eben so wenig kan ers vns auch thun. Daß war des andächtigen Bernhardi höchster trost in seiner Anfechtung: Fateor non sum dignus ego, nec propriis possum meritis regnum obtinere coelorum: Caeterum duplici jure illud obtinens Dominus meus, haereditate scilicet patris & merito passionis. altero ipse contentus, alterum mihi donat, ex cujus dono jure illud mihi vendicans non confundor. Das ist: Ich muß bekennen / des Himmelreichs bin ich nicht werth / kans auch mit meinen eigenen Wercken nicht verdienen. Aber mein HErr vnd Seligmacher hats mit zweifachen Rechte / Nemlich als ein Erbe von Vater / vnd als ein verdientes vnd erworbenes Gut. Mit jenem lesset er sich genügen / diß schencket er mir / deshalben fodere ichs von rechtswegen / vnd werde nicht zuschanden. Freilich können wirs von rechtswegen fordern / nicht allein dieses / sondern alles was der Sohn zu fördern hat / nur allein das er allein ein gebohrner natürlicher Sohn ist / wir aber Wiedergeborne / adoptirte vnd angenommene Kinder / inmassen S. Paulus guter massen zeuget / wenn er schreibet Rom. 8. v. 32. Ist Gott für vns / wer mag wieder vns seyn? Welcher auch seines eigen Sohns nicht verschonet / sondern hat jhn für vns alle dahin gegeben / wie solte er vns
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mit jhm nicht alles schencken? Wer demnach den Sohn hat / der hat alles in vnd mit dem Sohn / vnd ja behertzter wir das gläuben vnd sehen / ja lieber es dem Vater vnd dem Sohn ist. Denn damit wir ja mügen auff gewissen Füssen gehen / vnd hiebey eine gewisse starcke zuversicht haben / so sendet er vns nicht allein hernieder den statlichen Brieff der heiligen Schrifft / darinnen er sein Vaterhertze vnd vnser Kinder Recht mannigfaltig gleichsam mit Sonnenstralen beschrieben hat / sondern sihe er schencket vns auch seinen heiligen Geist / nicht einen Knechtlichen Geist / das wir vns abermahl fürchten müsten / sondern einen Kindlichen Geist / durch welchen wir ruffen Abba lieber Vater / der zeugniß giebt vnserm Geist / das wir Gottes Kinder sind / Rom. 8. v. 15. Ja weil vns an diesem Zeugniß so viel gelegen / das wirs billig auff Erden nennen vnser Himmelreich / so gibt er vns dasselbe alsbald in der heiligen Tauffe / vnd nennet vns ehe Gottes Kinder / denn wir Gott können vnsern Vater heissen / denn die Tauffe heist ja ein Bad der Wiedergeburt (da wir Gottes Kinder werden) vnd ernewerung des heiligen Geistes? Tit. 3. v. 5. Vnd weil wir leyder viel zu viel straucheln vnd außtreten / so widerholet er dasselbe in den Evangelischen verheissen / vnd einem jeden für seine Person zum mächtigen Trost in der heiligen Absolution / Sey getrost mein Sohn / meine Tochter / dir sind deine Sünde verge
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ben / Ja er bestetigets im hochwirdigen Abendmahl mit der waren gemeinschafft des Leibes vnd Blutes Jesu Christi vnter dem gesegneten Brot vnd Wein / vnnd versiegelts vnd verpfendets selber mit seiner Gnadenreichen Einwohnung. Vnd da sich die selige zeit vnd stunde vnserer Erlösung herzu nahet / vnd offt so weit mit vns komnet / das wir nicht mehr sehen / nicht mehr hören / nicht mehr reden / so vertrit er vns inwendig mit vnaußsprechlichen seufftzen / vnd schreyet da gen Himmel Abba lieber Vater: Wenn betens vnd schreyens am allermeisten von nöthen ist / biß endlich die vnsterbliche gläubige Seele von vnd aus der jrrdischen Hütten des Leibes erlöset / selbst hingelanget in das himlische Paradeiß / vnd gegenwertig in höchster Frewd vnd Seligkeit das siehet vnd besitzet / das sie hie auff des heiligen Geistes zeugniß / versiegelung vnd verpfendung gegläubet vnd gehoffet hatte. So lieb vnd werth demnach einem jeden ist der grosse Trostname / das vns Gott selbsten seine thewre Söhne / vnd trawte Kinder nennet / so lieb vnd werth lasse er jhm auch seyn seine Wiedergeburt / da er zum Kind Gottes auff vnd angenommen / Item die Zeugnis des heiligen Geistes / sampt den Siegeln vnnd Brieffen im wort vnd Sacramenten / vnd so bestendigen fleiß wende er auch an / das er sich zu aller zeit an allen orten vnd in allem thun vnd lassen wie ein Kind
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Gottes verhalte / so kans nicht fehlen / der lieber Vater im Himmel wil das gute / das er in jhm angefangen / stärcken / gründen vnd vollbereiten / biß er des Glaubens ende erlange / das ist der Seelen Seligkeit.

Dritter Theil.
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WEils nun an dem / das wir der Kindschafft Gottes so gewiß / vnd der himlische Vater alle Vaterliebe so vberflüssig an vns beweiset / so müssen wir auch die gegengebühr wol behertzigen. Denn wie Gott an sein des Vaters seiten bethewret / Es wolle jhm das Hertze zubrechen / da er sich vnser nicht erbarmen / oder Vaterliebe beweisen solte / so solte es billig an vnser der Kinder seiten auch so seyn / ehe solte vns das hertz im Leibe zubrechen / denn das wir vns anders als gehorsame Kinder gegen jhm bezeigen wolten. Was ist aber hie der Kinder gebühr? Weitleufftig kunte hiervon auch gehandelt werden / Aber wir haben vns schon zu lang auffgehalten / zu ferneren Christlichen nachdancken sol ewer liebe nur die kurtze Summam mercken / vnd mit zu hause nehmen. 1. Kinder wissen zwar / das Väterliche Erbe ist jhre / sie dürfften darumb nicht dienen / wie vmb ein lohn / sondern es gehöret jhnen zu von Natur vnd Geburt. Aber dennoch müssen sie den Eltern gehorsam seyn / sie fürchten vnd ehren. Also ob wol Gottes
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Kinder wissen / das ewige vnbefleckte Erbe im Himmel ist jhre / vnd dürffens mit jhren Wercken nicht allererst verdienen / ist auch vnmüglich / wenn auch schon ein jeder alle Wercke aller Heiligen thun künte / so müssen sie dennoch Gott jhren Vater von hertzen ehren / lieben / fürchten / vnd jhm gehorsam seyn. Denn die das nicht thun / die sind schandflecken vnd nicht seine Kinder / Deut. 32. v. 5. 2. Kinder müssen zu jhren Eltern ein Kindliches vertrawen tragen / nicht allein wenn sie Rosen lachen / sondern auch wenn sie nach der Ruthen greiffen / nicht allein wenn sie Essen vnd Trincken geben / sondern auch wenn sie arbeiten heissen. Viel mehr müssen solches Gottes Kinder allewege haben vnd behalten / denn / wie wir gehöret haben / vbers hertze kan ers nicht bringen / das ers böse meinen solte. Drumb sollen sie ja billig mit Hiob sagen c. 10. v. 13. HErr wiewol du solches in deinem Hertzen verbirgest / so weiß ich doch / das du es gedenckest. Vnd abermahl c. 2. v. 10. Haben wir guts empfangen von Gott / vnd solten das böse nicht auch annehmen? 3. Den Rechabitern wirds zumahlen löblich nachgesagt / vnd herrlich von Gott belohnet / das sie die wort jhres Vaters Jonadab so hoch gehalten / vnd auff sein Gebot des Weins gar enthalten haben / Jer. 35. Besseren vnd grösseren ruhm können Gottes Kinder auch nicht erlangen / als wenn sie auff sein Wort
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vnd Gebot viel geben. Wer mich liebet / der wird mein Wort halten / sagt Christus selbst / Johan. 14. Vnd David bittet drumb / Psal. 119. v. 38. HErr laß deinen Knecht deine Gebot festiglich für dein Wort halten / das ich dich fürchte. Stehe / ich begehre deiner befehle / erquicke mich mit deiner Gerechtigkeit. 4. Frommen Eltern müssen die Kinder in der Gottseligkeit vnd andern Christlichen Tugenden fein nacharten / vnd da das geschiehet / ists ein solcher wolstand / das Syrach sagt c. 30. v. ??? etc. Wenn einer sein Kind zeucht / das verdreust seinen Feind / vnd erfrewet seine Freunde. Denn wo sein Vater stirbt / da ists / als wer er nicht gestorben / denn er hat seines gleichen hinter sich gelassen. Aber viel mehr müssen das die Kinder Gottes thun / darumb / das sie den allerheiligsten zum Vater haben / Inmassen vns der HErr Christus erinnern wil / wenn er sagt Luc. 6. v. 36. Seid Barmhertzig / wie auch ewer Vater Barmhertzig ist. Vnd Matth. 5. v. 47. Ihr solt vollkommen seyn / gleich wie ewer Vater im Himmel vollkommen ist. Wie auch S. Petrus 1. Pet. 1. v. 13. Begürtet die lenden ewers Gemüthes / seid nüchtern / vnd setzet ewre hoffnung gantz auff die Gnade / die euch angeboten wird / durch die offenbahrung Jesu Christi / als gehorsame Kinder / vnd stellet euch nicht gleich wie vorhin / da jhr in vnwissenheit nach den lüsten lebetet / sondern nach dem / der euch beruffen hat / vnd heilig ist / seid auch jhr
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heilig / in alle ewrem Wandel / denn es stehet geschrieben: Ihr solt heilig seyn / denn ich bin heilig. Vnd S. Johannes führet eben diese vermahnung 1. Epist. c. 3. v. 3. Denn da er vns zu gemüthe geführet / das wir Kinder Gottes seyn / vnd was wir davon für grosse herrligkeit haben sollen / Nemlich wir sollen Gott sehen wie er ist / vnd jhme gleich seyn / da setzet er hinzu ein jeglicher der solche hoffnung hat zu jhm / der reiniget sich / gleich wie er auch rein ist. 5. Herrn Kinder führen viele andere Gedancken / Sitten / Geberde / Rede vnd Worte / haben auch zu viel grösseren dingen lust vnd liebe / denn armer Bawren Kinder. Also müssen auch des Allmächtigen Gottes Kinder viele andere Gedancken / Sitten / Geberde / Rede vnd Worte führen / auch zu viel grösseren dingen lust vnd liebe tragen / denn jrrdische fleischliche Weltkinder. Weltkinder Gedancken / lust vnd liebe seyn nur jrrdisch / fleischlich vnd Weltlich / vnd wie sie nur mit dem hertzen hengen an der Welt / vnd dem jrrdischen / so seyn auch jhre worte vnd Geberde / da sie von hertzen grund reden vnd handeln wollen / jhr thun vnd beginnen jrrdisch / fleischlich / vnd Weltlich / wie davon nachgelesen werden kan das ander Capittel der Weißheit / vnd vnter andern der 49. Psalm. Aber dazu müssen sich die Kinder Gottes bey jhrer grossen Demuth viel zu hoch vnd herrlich halten. Magnos magna decent sagt das alte Sprichwort: Grosse Leu
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te müssen allezeit etwas grosses fürhaben / also müssen auch Gottes Kinder Göttlich gesinnet seyn / Göttliche vnd Geistliche worte vnd Geberde führen / auff Göttliche vnd ewige himlische dinge sich mit allem ernst begeben / wie von dem Enoch Gen. 5. v. 24. gerümet wird / das er ein Göttlich Leben geführet habe / vnnd deßhalben von Gott hinweg genommen / vnd nicht mehr gesehen worden sey. Ein Adler / wenn er siehet / das etliche vnter den Jungen nicht frey ohn allen verdruß der Augen in die helle Sonne sehen / vnd jhre Stralen ertragen können / so helt er sie für vnrichtig vnd stost sie zum Nest heraus. Also gehets auch hie zu / welche da nicht Geistliche vnd himlische hertzen haben / die seyn nicht recht Gottes Kinder / sagen sie es zwar mit worten / so verleugnen sie es doch mit Wercken. Denn nicht die sind Gottes Kinder / welche die Welt / vnd jhres fleisches lust vnd begierde treibet / sondern welche der Geist Gottes treibet / Rom. c. 8. v. 14. Vnd Johannes erinnert sehr wol 1. c. 3. v. 9. 10. Wer aus Gott gebohren ist / der thut nicht Sünde / denn sein Same bleibet bey jhm / vnd kan nicht sündigen / denn er ist von Gott gebohren. Daran wirds offenbahr / welche die Kinder Gottes / vnd die Kinder des Teuffels sind. Wer nicht recht thut / der ist nicht von Gott / vnd wer nicht seinen Bruder lieb hat. Derowegen mag ein jeder in sich gehen / vnd sein hertz examinieren / sein thun vnd lassen / damit er sich
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mit dem euserlichen Namen nicht betriege / sonderlich nehme er in acht die trewhertzige warnung Johannis an alle Kinder Gottes / 1. c. 2. v. 15. 16. Habt nicht lieb die Welt / noch was in der Welt ist. So jemand die Welt lieb hat / in dem ist nicht die Liebe des Vaters. Denn alles was in der Welt ist (Nemlich des fleisches lust / Augenlust vnd hoffertiges Leben) ist nicht vom Vater sondern von der Welt / vnd die Welt vergehet mit jhrer lust. Wer aber den willen Gottes thut der bleibet in ewigkeit. 6. Ob Kinder wol wissen / wie hertzlich gern die liebe Eltern sie der natürlichen billigkeit nach mit Essen vnd Trincken / wie auch mit notturfftiger Kleidung nach Standes gebühr versorgen / so müssen sie jhnen dennoch ein gut wort drumb geben / vnd wenn sie gessen / oder ein newes Kleidichen angezogen haben / jhnen demütig die hand gehen / vnd grossen danck sagen. Also ob vnser lieber Vater im Himmel weiß was wir an Leib vnd Seele bedürffen / auch viel geneigter vnd bereiter ist zu geben als wir seyn zu nemen vnd zu empfahen / so müssen wir jhn doch drumb bitten vnd anruffen / vnd da wirs empfangen / von grund des hertzen dancksagen / denn das ist ja sein ernster will vnd befehl Psal. 50. v. 15. Ruffe mich an in der noth / so wil ich dich erretten / so soltu mich preisen. Es ist auch vnser eigen notturfft vnd bestes / damit wir nemlich allewege bedencken vnd bekennen mügen / woher wir alles
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haben / Nemlich alle gute Gabe / vnd alle vollkommene Gabe komme von oben herab / von dem Vater des Liechts / wie S. Jacobus schreibet c. 2. v. 16. Darumb sollen wir auch vnsere Hertzen vnd Seelen jmmerda hiezu auffmuntern mit dem König vnd Propheten David / Psal. 103. v. 1. 2. 3. Lobe den HErrn meine Seele / vnd was in mir ist seinen heiligen Namen. Lobe den HErrn meine Seele / vnd vergiß nicht / was er dir guts gethan hat. Der dir alle deine Sünde vergibt / vnd heilet alle deine gebrechen. Der dein Leben vom verderben erlöset / der dich krönet mit Gnad vnd Barmhertzigkeit. 7. Wo fromme Kinder in einem Hause beysammen seyn / da müssen sie sich auch fein Brüderlich vnd Schwesterlich lieben vnd vertragen. Also müssen Gottes Kinder auch thun / alldieweil sie alle einen Vater haben im Himmel / einen Bruder Jesum Christum erhöhet zur Rechten des Vaters / eine Geistliche Mutter die Christliche Kirche / einen Samen draus sie gezeuget / einen heiligen Geist / der zeugniß giebt jhrem Geist / das sie Gottes Kinder seyn / vnd endlich ein ewiges Vaters hauß / da Frewde die fülle vnd liebliches wesen zu seiner Rechten jmmer vnd ewiglich. Ein Erbe das vns behalten wird im Himmel. Haben wir nicht alle einen Vater? Hat vns nicht ein Gott geschaffen? Warumb verachten wir denn einer den andern / vnd entheiligen den Bund mit vnseren Vä
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tern gemacht? sagt der Prophet Malach. c. 2. v. 10. Vnd S. Paulus thut eine schöne vermanung Eph. 5. v. 1. 2. Seid Gottes nachfolger / als die lieben Kinder / vnd wandelt in der Liebe / gleich wie Christus vns hat geliebet / vnd sich selbst gegeben für vns / zur Gabe vnd Opffer / Gott zu einem süssen geruch. Vnd woran man solche Brüderliche Liebe vnd vertragsamigkeit nicht verspüret / den kan man auch für Gottes Kind nicht achten / wer nicht recht thut / der ist nicht von Gott / vnd wer nicht seinen Bruder lieb hat / sagt S. Johannes 1. c. 3. v. 10. sondern für einen Todtschläger / wie er sagt am selben ort v. 15. Wer seinen Bruder nicht liebet der bleibet im Todt. Der seinen Bruder hasset / der ist ein Todtschläger. Vnd jhr wisset / das ein Todtschläger hat nicht das ewige Leben bey jhm bleibend. Vnd führet dahero eine schöne ermahnung v. 18. Meine Kinderlein / lasset vns nicht lieben mit worten / noch mit der Zungen / sondern mit der that vnd der warheit. Vnd warumb wolten das die lieben Kinder Gottes nicht eins gegen den andern thun / seyn sie es doch nach dem Exempel jhres himlischen Vaters / vnd lieben Bruders Jesu Christi zu thun schüldig gegen jhre Feinde? Liebet ewre Feinde / segnet die euch fluchen / thut wol dener die euch hassen / bittet für die / so euch beleidigen / vnd verfolgen / auff das jhr Kinder seid ewers Vaters im Himmel / sagt der HErr Christus Matth. 5. v. 43.
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8. Kinder müssen sich schmiegen vnd biegen / sonderlich wenn die Eltern sawr sehen / vnd wol gar nach der Ruthen greiffen / bald müssen sie zulauffen vnd vmb verzeihung bitten / wie der verlohrne Sohn sagte Luc. 15. v. 21. Vater ich habe gesündiget in den Himmel vnd für dir / ich bin fort nicht mehr werth / das ich dein Sohn heisse / ja wenn Eltern jhres besten halben wollen drauff streichen / so müssen sie gerne vberbucken vnd herhalten. So müssen die Kinder Gottes täglich nach Christi vnterricht beten vnd sagen: Vergib vns vnser schuld / als wir vergeben vnsern schüldigern / sonderlich aber wenn er als ein gerechter Gott vnd Richter seine Zornruthe vber sein Volck gefasset hat / wie vns noch jetzo dieselben vnterschiedlich für Augen schweben / ja gleichsam auff den rücken liegen / so müssen sie nicht sicher dabey seyn / sondern sich schicken / vnd dem HErrn begegnen mit der Buß vnd dem Gebet / wie er selber gerathen vnnd befohlen / Amos c. 4. v. 12. Damit er als ein ewiger Vater sich vnser mit ewiger Gnade wider erbarmen müge / laut seiner tröstlichen verheissung / Esa. 54. v. 8. Vnd da er denn schon jhres besten halben mit einer oder der anderen Ruthe auff sie muß zuschlagen / so müssen sie sich nicht vnschüldig achten / sondern mit dem Propheten Micha sagen c. 7. v. 9. Ich wil des HErrn Zorn tragen / denn ich habe wider jhn gesündiget / in vnd mit dem festen vertrawen / endlich werde er sie wider ans
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Liecht bringen / das sie seine lust sehen an seiner gnade / wie der Prophet sagt am selben ort. Darin hat sich ein alter Kirchvater / als ein rechtschaffenes Kind Gottes / wolgeschickt vnd gesagt: Hic ure, hic seca, hic neca, modo in aeternum parce. Ach mein lieber Gott vnd Vater / hie magstu brennen vnd sengen / zureissen vnd tödten / nur allein das mein dort ewiglich geschonet werde. 9. Kinder müssen sich den Abend von den Eltern gerne lassen ins Bette zu schlaffen legen / einsegnen vnd zudecken. Das müssen Kinder Gottes auch thun: Wenn jhr lieber Vater heute oder morgen / früe oder spat nach dem Menschlichen Alter zu rechnen / zu einem oder andern sagt / wie dorten Esa. 26. v. 26. Gehe hin mein Volck / mein liebes Kind / in eine Kammer / vnd schleus die Thür nach dir zu / verbirge dich ein klein Augenblick / biß der Zorn fürüber gehe / so müssen sie nicht allein gefast vnd bereit / sondern auch darzu von hertzen willig vnd frölich seyn. Denn es ist ja für eine grosse wolthat zurechnen / wie er selber andeutet / vnd der Prophet Esaias zeuget / c. 56. v. 2. Die Gerechten werden weggerafft für dem vnglück / vnd die richtig für sich gewandelt haben / kommen zum friede / ja ruhen in jhren Kammern. 10. Wenn Kinder in der frembde seyn / vnd einen Boten von den Eltern bekommen / sie sollen sich zur stunde auffmachen / vnd heimziehen / ach wie werden
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sie da so hertzen frölich / wenn die Reise vnd Weg auch noch einmahl so verdrießlich vnd beschwerlich were / so machen sie sich dennoch auff in der gewissen hoffnung / bey den Eltern alle mühe vnd arbeit reichlich wider einzubringen. Wo sind nun die Kinder Gottes allhie auff Erden? Sie seyn noch nicht daheim / sondern Pilger vnd Wandersleute / wie David bekennet / Psal. 39. v. 14. Sie haben hie keine bleibende stat / sondern die zukünfftige suchen sie / Heb. 13. v. 14. Wie kommen sie aber heim? Durch den zeitlichen Todt / der bringet jhnen mit seinen vorboten die zeitung vom Himmel: Kompt wider Menschen Kinder / Psalm. 90. v. 4. Derowegen wie schmertzlich vnd beschwerlich auch der Weg durch den finstern Thal des Todes seyn mag / so müssen sie sich gerne vnd frölich auffmachen / vnd mit S. Paulo sagen / 2. Cor. 5. v. 8. Wir sind getrost / vnd haben viel mehr lust ausser dem leibe zu wallen / vnd daheim zu seyn bey dem HErrn. Vnd noch einmal Phil. 1. v. 23. Ich habe lust abzuscheiden / vnd bey Christo zn seyn / welches viel besser were. Freylich viel besser: Denn jhre Seele sind da im Bündlein der Lebendigen bey dem HErrn vnserem Gott / 1. Sam. 25. v. 29. Sie sind da in Gottes Hand / vnd keine qual rühret sie an / Sap. 3. v. 1. Sie seyn in dem frewdenreichen himlischen Paradeiß nicht nur bey / sondern auch mit Christo / Luc. 23. v. 43. Dazu sol demnach ein jeder nicht allein für seine
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eigene Person ein hertzliches verlangen tragen / vnd täglich vmb einen seligen abscheid bitten aus diesem Jammer vnd Thränenthal / sondern auch / wenn die vnseren für vns hinziehen / nicht allein damit von hertzen zufrieden seyn / sondern auch darzu glück wünschen. Denn sie thun einen hochgewünscheten seligen wechsel / vnd bleiben vnverlohren / müssen wir schon jhrer vnd jhrer hülff vnd trostreichen beywohnung ein zeitlang entberen / bey vnserem lieben Vater wollen wir / wenn vnsere heimfahrt bestimmet ist / mit ewiger Frewde vnd Wonne wider zusammen kommen. Darob sol der betrübten Geist wider lebendig werden / wie Jacobs Geist wider lebendig ward / da er gewiß sahe / das sein Sohn Joseph noch lebete / Gen. 45. v. 27. Wie Christus zu seinen lieben Jüngern sagte / da sie von hertzen betrübet wurden vber seinem Leyden vnd Sterben: Hettet jhr mich lieb / so würdet jhr euch frewen / das ich gesagt habe / Ich gehe zum Vater. Also ist kein zweiffel / solten vns vnsere selige fürhingesandte Freunde / an Vater / Mutter / Ehegenossen / vnd Kindern / etc. bey vnserm Trawren wider zureden / sie würden eben so sagen / hettet jhr mich lieb / vnd ewre Liebe were lauter vnd rein ohn menschliche schwachheit / in warheit / jhr würdet euch vber meinem seligen Tod frewen / Denn dadurch bin ich kommen zu meinem allergetrewesten himlischen Vater / erwartet nur mit hertzlichen verlangen der seligen zeit vnnd
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stunde / da jhr auch sollet aus der frembde auffbrechen / vnd in Fried vnd Frewde hernachfahren / da wil ich euch sampt allen heiligen Engeln vnd seligen Außerwehlten auffs freundlichst vnd frölichst wilkommen heissen. 11. Noch grösser wird bey Kindern die Frewde in der frembde / wenn vnverhofft ein lieber Bruder zu jhnen kömpt sampt so viel guten freunden / sie mit frewden heim zu holen. Also ist auch für der Thür der liebe Jüngste Tag / da vnser lieber Bruder vnd Immanuel Jesus Christus sichtbarlich sampt vnseren guten freunden den heiligen Engeln wird zu vns kommen in grosser Göttlicher Herrligkeit vnd Majestät / alle Kinder Gottes von allen vier enden der Welt / heimzuführen in seine ewige Frewd vnd Herrligkeit. Warumb wolten wir vns denn desselben Tages / als eines Tages der völligen ewigen Erlösung von allem Vbel nicht erfrewen? Warumb wolten wir solche erscheinung nicht lieb haben: Sagt doch S. Paulus / das er denen die Kron der Gerechtigkeit an jenem Tage geben werde / 2. Tim. 4. v. 8. Vnd Tit. 2. v. 13. lehret er: Es sey darumb auch erschienen die heilsame Gnade Gottes / das wir sollen warten auff die heffnung vnd erscheinung der Herrligkeit des grossen Gottes vnd vnsers Heylandes Jesu Christi. Ja warten nicht allein / sondern auch eilen zu der Zukunfft des Tages des HErrn / wie S. Petrus sagt 2. c. 3. v. 12. Last vns
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frewen vnd frölich seyn / vnd jhm die Ehre geben / denn die Hochzeit des Lambs ist kommen / sagt die schar der gläubigen / Apoc. 19. v. 7. Nach solcher hertzens frewde die niemand wider von vns nehmen wird / sollen wir vns sehnen mit fewrigem begierd / vnnd nach vnsers eigenen HErrn Jesu Christi vermahnung / nach dem wir die Zeichen vnd vorboten schon hell vnd Augenscheinlich genug gesehen vnd gehöret haben / vnser Häupter getrost empor heben / vnd täglich wünschen vnd beten aus der Offenbahrung Johannis c. 22. v. 16. Veni, Domine Iesu Veni, Kom doch / Kom doch du Richter groß / vnd mache vns aus gnaden loß von allem vbel / Amen. Nun Gott der himlischer Vater der vns aus Gnaden zu seinem hertzlieben Kindern angenommen / Jesus Christus vnser Bruder der an solche Kindschafft zu erwerben / sein Leben gewagt hat / der heilige Geist / der als ein Kindlicher Geist in vnserem hertzen wohnet / vnd zeugnis gibt vnserem Geist / das wir Gottes Kinder seyn / die ewige hochgelobte Dreyfaltigkeit wolle zu diesem vnterricht die Göttliche Gnade verleihen / das wirs wol mügen gefast haben / vnd so behalten / das wirs von hertzen gläuben / vns damit trösten in aller Leibs / Seelen vnd Todesnoth / vnd in allen dingen / im Glauben / im Leben / vnd endlich / wenn Gott wil / im Todt / wie rechtschaffenen Gottes Kindern eigenet vnd gebühret / recht verhal
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ten / biß wir endlich ererben das Reich / so vns von anbegin der Welt bereitet ist / vnd das allerliebreicheste Vater vnd Bruderhertze gegenwertig erkennen / ja ewig loben vnd preisen mügen / Amen / in Christo Jesu / Amen.

PERSONALIA.
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ALso geliebte in Christo / haben wir zu jhrem Ruhekämmerlein gebracht / die Wol Edle / vnd Gottselige Martham Elisabetham, vnsers Hochgeehrten Herrn Vice Cancellarij gewesene / vnd nunmehr in Christo seliglich fürhingesandte Bunds-Gesellin / Hertzenlust vnd Augentrost. Nun ist nicht von nöthen / auch dieses ortes der gebrauch nicht / davon jrgend noch einen newen Sermon vnd Predige zu halten / thut auch nichts zur Seligkeit / Aber weil Gott gleichwol selber vieler heiligen Leute gedechtniß / vns zum Trost vnd nachfolge in seine Bibel setzen lassen / vnd also auch wol leiden kan / ja haben wil / das sie erhalten werde / so wollen wir davon eine kurtze meldung thun. Ihr Ankunfft vnd herkommen in diese Welt betreffend / ist sie Anno 1602. aus einem sehr fürnemen vhralten Adelichen Geschlechte geboren worden, als jhr Vater ist / der Wolledler / Ehrnvester Gestrenger Valentin von Helmstadt gewesener Churpfältzischer Wittiben Hoffmeister / vnd jhre Mutter die Wolledle Vieltugentreiche Helena Maria von Massenbach / die noch an jtzo verhoffentlich / vnd so lang der lieber Gott wil / beym Lebenseyn / vnd in jhrem hertzen wol empfinden werden / was Vater vnd Mutterliebe sey / vnd was Gott hie zuverstehen geben wollen / wenn er sagt: Ist nicht Ephraim mein tewrer Sohn / vnd mein trawtes Kind / wenn sie dieses Tödtlichen / aber seligen hintrits werden berichtet werden. Aber wie auch schon angedeutet / diese natürliche Geburt
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von Adelichen rechtschaffenen Eltern thut zwar etwas in der Welt / das gute Naturen vnd semina Virtutum fortgepflantzet werden / Aber in Gottes Reich thut sie nichts. Gottes Kinder werden wir nicht durch die Geburt von den Eltern / sondern durch die Wiedergeburt aus dem Wasser vnd heiligem Geist. Das haben demnach jhre Gottselige Eltern jhnen wol lassen angelegen seyn / vnd jhr liebes Töchterlein damals nicht allein durch die heilige Tauffe dem HErrn Christo in seine Gnaden Arm getragen / vnd durch jhn in das Himmel Buch der Kinder Gottes lassen mit Namen auffschreiben / sondern auch hiernegst so lang sie biß auff jhre verheyrahtung in jhrem Hause vnd Haußzucht geblieben / alles an jhr gethan / was Elter an Kindern zuthun schuldig seyn / vnd sonderlich zu allen Adelichen / am allermeisten aber zu allen Christlichen Tugenden in der Zucht vnd vermahnung zum HErrn zum fleissigsten aufferzogen / inmassen sich dasselbe auch an jhrem Ende hören lassen / da sie etliche mahl jhrer Eltern in grosser reverentz vnd ehreu gedacht / vnd hochbetawret / das jhre liebe Eltern durch die vnverhoffte Botschafft von jhrem Todt vnd Abscheid so sehr solten betrübet werden. Was jhre Eltern auß jhr gezogen / das hat menniglicher hie dieses ortes in der geringen zeit / so sie hie bey vns gewesen / mit grosser beliebung vermercket / vnd mit sonderlicher lust sich gefrewet mit der seligen Frawen jhrer Demuth / freundligkeit / vnd Tugenthafften holdseligen reden halber kundschafft zu haben vnd vmbzugehen. Wie nun vnser HErr Gott sonderlich dem gehorsam der Kinder seinen Segen verheissen hat / so hat ers auch der seligen Fraw Vice. Cancellarin lassen geniessen / vnd sonderlich in der verheyrahtung / darin warlich hie auff Erden des Menschen halbe Seligkeit bestehet. Denn Anno 1622. den 16. Maij ist sie aus Gottes sonderbahrer schickung / vnd jhrer lieben Elteren willen / rath vnd zuthun verheyrahtet / an vnsern wolgedachten Herrn Vice-Cancellarium, damit sie zwar bißhero gelebet eine kurtze zeit / als zwey
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Jahr / drey Monat vnd drey Tage / aber so wol vnd Christlich / das sie sich dessen an jhrem Ende noch von hertzen getröstet hat. Denn weil damals / da sie mit schwachheit des Leibes vberfallen / jhr lieber Ehe Juncker mit vnserm Gnädigen Fürsten vnd Herrn Amptshalber in Sachen die Gottes Ehr vnd Land vnd Leute betreffen thut / verreiset gewesen / hat sie zwar solches abwesen etlicher massen zu hertzen gezogen / vnd gewünschet auch nunmehr in der Todesnoth / wie allezeit / Liebe vnd Trost von jhm zu haben / Aber dennoch sich bald wider begriffen vnd gesagt: Würde es ja der grosse Ephraims Vater dahin richten / das sie eins den andern hie nicht wider sehen kunten / so hetten sie beyde den Trost zu fassen / das sie eines dem andern niemals mit einem vngeschickten worte begegnet weren / vnd wolte sie deßhalben / wenn Gott wolte / frölich sterben / vnd jhres lieben Ehe Junckern dorten in der ewigen Seligkeit mit frewden erwarten. In wehrendem Ehestande hat sie der liebe Gott fürm Jahr den 16. Julij berathen vnd gesegnet mit einem jungeu Töchterlein. Nun weis man wol / vnd wirds den Groß Eltern das hertze selber sagen / wie es hertze vnd schmertze / wenn entweder die Kinder von den Eltern / oder die Eltern von den Kindern hinweg sollen. Dennoch hat sie sich auch hie wol wider getröstet vnd gesagt: Müste sie schon nunmehr davon / vnd jhr liebes Töchterlein dahintenlassen / so hette es doch einen so getrewen vnd reichen Vater im Himmel / vnd dazu einen so frommen Vater auff Erden / der beydes Vater vnd Mutterstete vertreten wolte vnd künte. Belangend das allerbeste / Nemlich jhr Christenthumb / vnd den grund des Christenthumbs vnd aller waren Gottseligkeit / wird kein Mensch in abreden seyn / der sie gekant / das man ein Christlichen eyfer zum seligmachenden Wirt Gottes / vnd den hoch wirdigen Sacramenten reichlich an jhr verspüret habe. Hoch hat sie offter / vnd noch am Ende betrawret / das sie die geringe zeit / so sie
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hie vnserer Kirchen Gliedmassen gewesen / viel vom gehör Göttliches Wortes abgehalten worden / aus denen erheblichen vrsachen / das bald sie selbst / bald jhr liebes Töchterlein / bald jhr lieber Juncker vbel auffgewesen / vnd sonderlich sie selbsten offter / wie gerne sie es auch versucht / nicht wagen dürffen / sich in die Lufft vnd ins Gottes Hauß zu machen. Dahero auch neben einfallenden Ampts-Reisen jhres Ehe Junckern verursacht worden / das sie sich in der offentlichen Chrstlichen versamblung mit dem hochwirdigen Abendmahl noch zur zeit nicht versorgen können. Was sie aber aus Gottes Wort gelernet vnd behalten / das hat sich bey jhrem Ende mächtig hören lassen. Denn die allerschönsten Trostsprüche aus Gottes Wort / so ich jhr fürgesprochen / vnd damit wir in allem Trübsal vnd voraus in der letzten stunde sollen wol gefast seyn / hat sie selber nicht allein mit jhren formalibus wissen zu erzehlen / sondern auch auff jhre eigene Person / darin denn die rechte Glaubenskunst stehet / so wissen zu appliciren, vnd zu deuten / das ich in warheit mit hertzenslust zugehöret / ja auch noch von jhr etwas gelernet habe / vnter welchen Trostsprüchlein das jetzterklerte vnter den fürnembsten gewesen / das sie viel vnd offter widerholet / damit sie auch endlich / dem so getrewen Vater sich in seine Hände befohlen / vnd eine selige heimfarth gethan hat. Denn weil der rechte Vater im Himmel jhme Macht vorbehalten hat zu geben vnd zu nehmen / Item seine Kinder schlaffen zu legen wenn er wil / so hat er auch nach seinem Väterlichen willen verhengt / das sich (ohn allen zweiffel von etlichen Jahren her) bey jhr ein jnnerlicher gebrüsten angesponnen / vnd so lang geheuffet / biß er endlich zwischen Mitwochen vnd Donnerstag zu Nacht außgebrochen / vnd jhre Leibeskräffte so mercklich vnd schleunig hingenommen / das sie wol gemercket / jhr lieber Vater vom Himmel / deme sie zeit jhres Lebens getrawet vnd gedienet / hiesse sie schlaffen gehen vnd heimkommen. Hat demnach wol getrawret wegen jh
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rer vielgeliebten Eltern vnd Ehe Junckern / das denen so vnplötzlich vnversehene Wunden ins Hertze gerissen würden / vnd gewünschet vnd gebeten / jhren lieben Ehe Herrn lebendig noch einmahl wider zu sprechen / vnd zu guter letzt zu segnen / Aber dennoch allewege jhres himlischen Vaters willen füran gesetzet / Dein Will geschehe wie im Himmel also auch auff Crden. Damit jhr Hertz aber so viel mehr im Glauben möchte gestärcket / vnd in der Kindschafft Gottes verwissert werden / so hat sie das zeugnis des heiligen Geistes jhr ernewern wollen / vnd derowegen mich vnwirdigen Diener am Wort Gottes lassen zu sich fodern / vnd eine schöne betkäntniß vnd Confession gethan / vnd da sie dar auff die fröliche Absolution aus Gottes Wort angehöret / vnd mit dem wahren Leib vnd Blut JEsu Christi versehen / sich jhrem Gott vnd Vater willig ergeben / in gewisser hoffnung / daß sie weder Todt noch leben / ja nichts scheiden künte vnd solte von der Liebe Gottes in Christo Jesu / auch nichts liebers gewünschet / denn auffgelöset zu werden vnnd bey jhrem HErrn Jesu Christo zu seyn. Nun was sie so von hertzen begeret ebeten / das hat jhr der getrewe Vater bald hernach gnediglich fahren lassen / vnd sie wie ein liebes Kind sanfft vnd seliglich in sein Reich zu der ewigen Glori vnd Herrligkeit genommen und / nach der Seele / der Leichnam kan nicht dahinden bleiben / sol am Jüngsten Tag auch hernach vnverweßlich / vnsterblich / herrlich clarificirt vnd ehnlich dem verklärten Leibe Jesu Christi. Ob nun wol dahero / wie ein jeder vernünfftiger leichtlichen ermessen kan / ein schmertzliches trawren entstanden / in jhrer lieben Elteren / vnd sonderlich in jhres hinterlassenen vielgeliebten Ehe Junckern Hauß vnd Hertzen / so müssen sie dennoch zusehen das sie im trawren nicht zu viel thun. Diß Creutz kömpt ja von dem allerliebsten Vater / vnd muß jhnen demnach nicht allein erträglich seyn / sondern auch zum besten gedeyen / vnd gebürt sich auch Kindern gedüldig zu seyn / vnd mit Hiob Danck zusagen: Derr HErr hats gege
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ben / der HErr hats genommen / der Nahme des HErrn sey gelobet. Ihr liebe Tochter / jhr liebe Ehegate ist auch hinkommen eben zu solchem Vater / vnd demnach nicht verlohren / sondern an den ort fürhin gesand / dahin wir auch mit grossem begierd gedencken / vnd ob Gott wil / mit grossen frewden wider Erndten wollen / was wir hie mit heissen Thränen geseet haben. Nun wir andern wollen den lieben Gott von grund des hertzen bitten vnd anruffen / Er wolle die betrübte vnd verwundte Hertzen trösten vnd heilen mit dem gnadenreichen Trost seines heiligen Geistes. Vnd vns andrn vnser sterbligkeit ja wol leren bedencken / vnd also leiten / regieren vnd führen / das wir jhn für vnseren rechten Vater erkennen / vnd solcher grossen Gnade wider alles trösten / vnd wie gehorsame Kinder jhm begegnen vnd dienen / biß wir auch endlich aus diesem Jammerthal zu jhm hingelangen mügen in den ewigen Frewden Saal. Deßhalben lasset vns beten: Vnser Vater der du bist im Himmel / etc.


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