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Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Bedancken und
Erinnerungen über allerhand auserlesene Juristische Händel.
Halle im Magdeburgischen, 1725. Zu finden in der Rengerischen Buchhandlung.
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Vorrede.
ICh kan leicht vorher sehen, daß bey Lesung dieses vierdten Theils nicht wenigen
lieb seyn werde, die in denen ersten dreyen Händeln referirte ausführliche
Umstände der dabey vorgekommenen Gelegenheit, und der erfolgten Suiten zu lesen;
aber auch viele mit mir deswegen nicht zufrieden seyn, andre auch mich gar für
tollkühn achten dürfften, daß ich solche Dinge drucken liesse; wieder andere
mich für faul ausschreyen möchten, daß ich meine schon bißher und zum theil offt
gedruckte Schrifften in diese Juristische Händel mit einmischete, und also den
Leser, der was neues erwartete, betröge, u. s. w. Ich verhoffe aber, es werden
diese Praejudicia, wo nicht bey allen, doch bey denen meisten wieder wegfallen,
wenn sie die ersten beyden Händel nur selbst ein wenig mit Bedacht werden haben
durchlesen, indem ich daselbst an unterschiedenen Orten solche Umstände
erwehnet, durch welche dergleichen Praejudicia gar leicht mögen beantwortet
werden.
Vorjetzo wegen des ersten Handels noch etwas zu gedencken, so ist es zwar an dem,
daß mein daselbst befindliches Responsum alsobald zu W. und in eben der
Druckerey und mit solchen Littern, wie das Responsum des andern Handels
gedrucket worden; es ist aber doch nicht so be
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kannt
worden, als das andere, weil man wenig Exemplare davon drucken lassen, auch
Serenissimus dieselbe in seiner eigenen Verwahrung gehabt. Dahero es auch
vielleicht geschehen, daß diejenige, die das andere Responsum angepacket, dieses
erste, als welches ihnen nicht bekannt, unangetastet gelassen. Nachdem ich aber,
als der erste Handel allbereit gedruckt war, bey dem Autore des neubestellten
Agentens sonst etwas nachschlage, befinde ich unversehens, daß derselbe in der
vierdten Depeche der andern Function num. 242. allbereit An. 1706. von diesen
meinen Responso eine Abschrifft erhalten, und dasselbe zu widerlegen intendiret.
Ob er nun wohl dieses nach seiner Gewohnheit mit guter Bescheidenheit gethan; so
befinde ich doch deswegen nicht nöthig, seine Objectiones zu beantworten, weiln
er 1. pag. 276. den Statum Controversiae geändert, und die von mir daselbst
formirten zwey Fragen theils gantz anders, theils mit Zusetzung oder Aenderung
der Umstände, nach seinen eigenen Gefallen proponiret, 2. von der Beantwortung
der ersten Frage, wie ich selbige formiret, gäntzlich abstrahiret, und was ich
in denen ersten 17. numeris deswegen gemeldet, übergehet und unbeantwortet läst;
da doch vieles, so ich daselbst behaupten wollen, auf gewisse Maaß auch eine
Vorbereitung der von mir formirten andern Frage und deren Beantwortung ist. 3.
Weil er, was diese andere, aber von ihn auch sehr geänderte Frage betrifft, zwar
dasjenige, was ich a numero 18. biß zum Ende gemeldet, beydrucken lassen, und
auf jeden Numerum seine Antwort beygesetzet, aber mehrerntheils die gemeine
gegenseitige Doctrin nur wiederhohlet, und vielfältige petitiones principii
begehet, da doch viele darwider movirte Dubia ihre gehörige Replicas würden
gefunden haben, wenn er die ersten 17. numeros meines Responsi mit hätte
beydrucken lassen. 4. Weil er mir hin und wieder in seiner Beantwortung einen
Sinn angedichtet, an den ich doch nicht gedacht habe; und der nunmehro aus dem,
was ich anjetzo §. 4. p. 21. sequentibus hinzugesetzt, gäntzlich hinweg fället.
Und damit ich nur einige wenige Exempel von dem, was ich bißhero erinnert,
anführe; so praesupponiret er durchgehends, daß einer, der von der Lutherischen
Religion zur Catholischen übertrete, nothwendig müste verdammet werden. Wovon
doch die Haupt-Frage war, und welches gleichfalls zum voraus supponiret, daß man
in der Catholischen
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Religion nicht seelig werden könne,
dessen Gegentheil aber in Beantwortung der ersten Frage von mir sattsam gezeiget
worden, auch der Autor selbst pag. 276. solches gestehet. Ich finde auch bey
dieser petitione principii nichts, das der Autor zu Vertheydigung desselben
angeführet, als daß er soviel zu verstehen giebt, wie er dafür halte, daß zwar
ein gebohrner Catholicke wohl könne seelig werden, aber ein übertretender
Lutheraner nicht, weil er ein Heuchler sey. Aber auch dieses Vorgeben ist eine
neue petitio principii, und zeiget der Autor gnugsam, daß er keinen deutlichen
Concept von dem, was eigentlich ein Heuchler sey, habe. Hiernechst dichtet er
mir p. 279. einen falschen Sinn an, wenn er supponiret, als hätte ich die
Religion als ein Etats-Mittel angesehen, item ich hätte
einen solchen Menschen supponiret, der in seinen
Gewissen überzeugt wäre, daß er in der geänderten Religion nicht seelig werden
könne. Er irret pag. 281. sehr, wenn er den guten Nicodemum für einen falschen
Heuchler hält, da doch der Heyland ihm dieses Laster nicht, wie dem gemeinen
Hauffen der Pharisäer vorgerückt, auch die übrige Conduite des ehrlichen
Nicodemi, davon der H. Johannes meldet, genugsam bezeuget, daß er nichts weniger
als ein Pharisäischer Heuchler gewesen. Und gewiß diejenigen, die mit dem
Aussatz der orthodoxen Ketzermacherey inficiret sind, haben vielmehr Ursach sich
selbst zu prüffen, ob sie nicht selbst mit einer Pharisäischen Heucheley
angestecket sind, ohnerachtet sie meynen, sie thäten GOtt einen Dienst daran.
Solchergestalt fällt ex hactenus dictis auch von sich selbst weg, wenn der Autor
p. 282. den Ubertritt zur Päbstlichen Religion deswegen für verdammlich hält,
weil er contra conscientiam sündigte, ingleichen wenn er
wider meinen 20. num. (pag. 17. dieses vierdten Theils) wiederum nur schlechtweg
p. 284. contradiciret, es müsse allerdings das dictum: non
sunt facienda mala, ut inde eveniat bonum, auf gegenwärtige Frage appliciret werden, weil die Aenderung der Religion
sowohl contra conscientiam als das stehlen wäre, und
also nicht pro adiaphoro gehalten werden könne, von
welchen doch die von mir allegirten dicta redeten; item p. 289. wenn man Catholisch würde, verleugnete man
Christum deswegen, weil die Papisten lehreten, haeretico non esse servandam
fidem, und weil diese Religion denen hohen Häuptern nachtheilig sey, ja wohl gar
selbige in Bann thue.
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Wenn er ferner p. 291. für gleichgültig
hält, ob ein Lutheraner seine Religion abschwöre, oder ob er ohne Abschwörung zu
der Catholischen trete, hat er wohl selbst gesehen, daß man dieses assertum vor
einen defectum judicii ansehen möchte, und dannenhero diesen Mangel mit einen
Pflästergen überkleiben wollen, wenn er darzu gesetzt, daß er durch das in der
That geschehene übertreten nichts anders verstehe, als die erste Religion vor
unrecht in seinen Hertzen erkennen, und in der That also derselben absagen,
wobey er aber nicht gemercket, daß durch diesen von ihm privata autoritate
formirten Verstand gäntzlich von der Frage abgegangen werde, indem ich ja
deutlich genug von einer Person rede, die die erste Religion in ihren Hertzen
nicht für unrecht erkennet. Dergleichen handgreifliche Sophisterey ist es auch,
wenn er p. 295. mein assertum, daß Lutherus nie in Willens gehabt, sich von der
Catholischen Kirche abzusondern, und eine getrennete Kirche zu stifften, wenn
ihm der Pabst nicht aus der Catholischen Kirche gestossen hätte, dadurch
widerlegen will, wenn er schreibet: Lutherus hätte sich ungerne von der
Römischen Kirche wollen trennen lassen, wenn sie nur ihre Irrthümer hätte
ablegen und sich nicht wider die Wahrheit auflehnen wollen: und doch abermahl
absque judicio immediate darzu setzt: Da aber die Römische Kirche sich dessen
weigerte, ihn darzu als ein Ketzer verfolgte und in den Bann that, wurde er
gantz anderer Meynung. Und eben so ist es auch endlich damit beschaffen, wenn er
p. 297. auf mein Gleichniß von zwey Medicis antwortet, ein Lutherischer Theologus wäre zu consideriren
als ein Medicus, der seiner Curen versichert wäre, ein
Papistischer aber als ein Medicus, der mit gefährlichen
Medicinen umgehe: gleich als ob ein Catholischer
sich nicht so wohl von der Richtigkeit seiner Curen versichere, und des
Lutheraners Curen für gefährlich hielte; als der Lutheraner die seinigen. Aber
genug hiervon.
So ist mir auch noch ferner, nachdem dieser erste Handel allbereit gedrucket war,
von einen guten Freunde eine dieses jetzige Jahr gedruckte Schrifft von 3. Bogen
zugeschicket worden, in welcher der Editor, der sich Christianum Irenophilum
nennet, 6. Beantwortungen derer zwey Fragen, wie sie andern vorgeleget worden,
publiciret. Gleichwie ich nun dem Freunde, so mir selbige zugeschickt, für die
Communication dieser Schrifft,
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und daß er mir zugleich die
Autores von diesen 6. Bedencken melden wollen, gebührenden Danck abstatte. Also
wird er hinwiederum in Durchlesung derer Responsorum, die ich diesen meinen
ersten Handel beydrucken lassen, gar bald erkennen, daß man ihn die Responsa
nicht gelieffert, wie sie von denen Autoribus, die er mir gemeldet, verfertiget
worden, sonderlich das erste und dritte in seinen Abdruck. Jedoch ist mir recht
lieb gewesen, das 6. Responsum zu lesen, welches seinen Bericht nach, ein sehr
berühmter aber bereits auch verstorbener Politicus und Mathematicus gemacht
haben soll, wiewohl es mir auch vorkommet, als wenn es nicht vvllkommen sey,
indem weder ein rechter Eingang, noch Beschluß dabey zu finden: jedoch ist auch
bekannt, daß besagter berühmter Mann gewohnet gewesen, auch in seinen andern
Schrifften, aus allerhand Ursachen, seine Meynung nicht deutlich vorzustellen,
und so zu reden nicht recht an der Klinge zu fechten; sondern dieselbe also
einzurichten, daß man dieselben guten Theils errathen müssen.
Weil denn die nunmehro publicirten vier Theile einen vollkommenen Band ausmachen,
und ich von neuen verhindert werde, daß ich nicht versprechen kan, den fünfften
Theil künfftige Oster-Messe zu publiciren; Als werde wohl das instehende halbe
Jahr ein wenig pausiren. Ich werde mich aber dennoch befleißigen, geliebts GOtt,
zwischen hier und Ostern, den allbereit ausgearbeiteten Anfang von dem Versuch
der Historie des Streits zwischen der Obrigkeit und dem Priesterthum wegen des
Kirchen-Rechts, dessen summarischen Inhalt in §. X. des andern Handels p. 193.
seq. ich hier gemeldet, drucken zu lassen.
Ich will mich auch bemühen, meine allbereit in summa entworffene und in der
Vorrede des andern Theils zu communiciren versprochene Gedancken über den ersten
Handel des andern Theils diesen Winter in Ordnung zu bringen, damit selbige so
dann bey Publicirung des fünfften Theils, so GOtt will, erscheinen können,
zumahln da ich nunmehro theils von hohen Patronen, theils von guten Freunden
glaubwürdige Nachricht erhalten, wer eigentlich der wahrr Autor von demselben
Bedencken wegen Verbesserung des Justitien-Wesens, item in welchen Jahre, und
auf wessen Veranlassung selbiges geschrieben worden.
Was aber meine auch zu Ende der Vorrede des andern Theils erwehnte, aber nicht
versprochene Gedancken über das Braunschweigische Be
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dencken von Einrichtung des juris circa sacra betrifft, weiß ich nicht, ob
dieselbe sobald zu Stande kommen möchten. Indessen hat besagtes Bedencken §.
IIX. unter andern eines anno 1604. in der Stadt Braunschweig entstandenen
Aufruhrs und Blutbades erwehnet, welches mehrentheils durch den damahligen
Coadjutor M. Johann Kaufmann verursachet worden. Es hat zwar der Herr Rethmeyer
in seiner Braunschweigischen Kirchen-Historie Part. IV. cap. 4. sich
vorgenommen, die Umstände dieses Aufruhrs historice zu erzehlen, man wird aber
ein viel grösseres Licht und eine gantz andere Einsicht in diese Historie
bekommen, wenn man mit dieser allzupartheyischen Erzehlung conferiren will, was
schon für 100. Jahren Hertzog Heinrich Julius in dem grossen Werck des
ausführlichen wahrhafftigen Historischen Berichts in andern Haupt-Theile part.
3. cap. 6. p. 2318. biß p. 2532. von diesen Blutbade gemeldet, und durch die
daselbst befindliche Documenta dargethan, und hernach anno 1608. in dem Examine
Illustri über des Raths zu Braunschweig intitulirte kurtze Abfertigung
&c. quaest. 19. p. 551. biß 568. daraus etwas kürtzer zusammen gefasset,
und wiederhohlet, welches allerdings wohl meritirt, gelesen und gegen die
Rethmeyerische Erzehlung gehalten zu werden. Nachdem auch damahln in dieser
Sache unterschiedene Responsa Theologica eingehohlet worden, die der Herr
Rethmeyer ebenmäßig beydrucken zu lassen Bedencken gehabt, und die Herr D. Joh.
Philipp Odelem zu Braunschweig mir offeriret, ich aber solche laut meiner
Vorrede über den dritten Theil der Juristischen Händel ihn selbst zu ediren
gebethen; und er auch diese Edition nunmehro für etlichen Wochen, unter den
Titel: Reliquiae Papo-Caesariae Romanae in disciplina Ecclesiastica apud
Lutheranos in teutscher Sprache nebst seiner Vorrede herausgegeben; Als werden
dieselbe nunmehro nicht alleine die Historie von offtgedachten Blut-Bade,
sondern auch dasjenige, was in dieses vierdten Theils andern und dritten Handel
wegen des Bindeschlüssels von mir erwehnet worden, in vielen Stücken erläutern,
weswegen ich besagtes Werckgen dem unpartheyischen Leser hiermit bestens
recommendire. Halle den 23. September 1721.
|| [ID00009]
§. I.
ES ist schon vor 15. Jahren ein Bedencken über(Gelegenheit und Praeliminar-Erinnerungen wegen
dieses und folgenden Handels.) die Frage: wie weit ein Prediger gegen
seinen Landes-Herren, welcher zugleich Summus Episcopus mit ist, sich des
Bindeschlüssels bedienen könne; zu drey oder viermahlen zu Wolfenbüttel,
anfänglich ohne, hernach aber mit Beysetzung meines Nahmens und des Orts
gedruckt worden, wider welches hernach unterschiedene bittere auch grobe und
hanbüchene Schrifften sind verfertiget worden, denen allen ich aber doch, so
viel ich mich erinnere, gar nichts geantwortet, welches von etlichen sowohl
Freunden als Feinden, die die hierbey zu wissen nöthige Umstände nicht gewust,
mir sehr ungleich ausgedeutet werden wollen, wannenhero ich nicht unbillig mich
befahre, daß, wenn ich dieselbe nicht noch bey meinen Leben meldete, nach meinen
Todte die Nachkommen dieserwegen ein ungleiches Urtheil in vielen Stücken von
mir fällen dörfften. Weswegen ich mich entschlossen theils zu meiner
Vertheydigung, theils zur Unterweisung vieler curiösen Gemüther, wie auch zum
Unterricht derer, die von denen hiebey vorkommenden Fragen für sich selbst
keinen Schluß fassen können,
|| [2]
in diesen und den
folgenden Handel die Sache, wie alles zugegangen, ehrlich und aufrichtig, iedoch
mit gehöriger Behutsamkeit zu erzehlen, und so dann dem Leser das Judicium davon
nach seinen Gefallen zu überlassen. Daß ich dabey gehöriger Behutsamkeit
gedacht, ist die Ursache, weil die Erzehlung dieser Sache nicht mich alleine und
meine Adversarios angehet, sondern bey diesen Handel auch andre, zum theils sehr
hohe Fürstliche Personen, theils aber vornehme und berühmte Theologi und
Politici entweder ratione facti, oder ratione consilii mit interessiret sind.
Derowegen will es sich wohl nicht schicken, daß ich wie öffters bey dem ersten
Handel des dritten Theils geschehen, die hierbey sonst interessirten Personen
mit Nahmen nenne, sondern ich werde dieses Temperaments mich bedienen, daß ich
die Sache dergestalt vorstelle, daß eines Theils die Personen, so gerne hierbey
verdeckt bleiben wolten, nicht Ursache haben möchten sich zu beschweren als wenn
ich sie entdeckt hätte; andern Theils aber der begierige Leser hier und dar,
wiewohl eine etwas ungewisse, aber doch nicht unnützliche Anzeige bekommen möge,
vermöge welcher er dasjenige, was er von denen Personen etwa genauer zu wissen
begehret, ohne sonderbahre Mühe erfahren könne. Denn Anfangs und zur Zeit des
von mir ausgestelleten Bedenckens, wurden diese Sachen, wie in allen dergleichen
vorkommenden Affairen zu geschehen pfleget, in geheim tractiret. Nunmehro aber
sind sie, wie gleichfalls mit andern dergleichen Dingen es beschaffen ist,
theils Reichskündig, theils Landkündig; theils vielen in dieser und jener Stadt
noch lebenden Hof-Bedienten und Gelehrten bewust; ja es ist zu vermuthen, daß
nach wenigen Zeiten nach Art und Beschaffenheit aller dergleichen Geschichte
noch mehrere und auch mir itzo unbewuste Umstände werden entdeckt werden.
(Praeliminar-Umstände des
gegenwärtigen ersten Handels.)
§. II. Die erste Occasion, die zu dem gedachten Responso Gelegenheit gegeben, hat
so unterschiedene und viele Umstände die sich dabey befinden, daß ich vor
rathsam halte, mit selbiger den gantzen gegenwärtigen ersten Handel anzufüllen,
und alsdenn erst in folgenden Handel die Sache von Bindeschlüssel vorzunehmen.
In Augusto Anno 1705. vertraute mir ein hoher und vornehmer Staats-Minister, daß
ein auswärtiger Weltberühmter und mächtiger Reichs-Fürst seinen Theologis zwey
Fragen (wie solche unten §. IX. und folgenden zum öfftern werden zu lesen seyn)
vorgeleget, die dahin zieleten, ob Lutherische Personen, wenn sie Catholisch
würden, könten seelig werden, und von jeden von ihnen seine Gedancken zu wissen
begehret, und weil nun er der Staats-
|| [3]
Minister
jüngsthin Gelegenheit gehabt, mit Seiner Hochfürstlichen Durchlauchtigkeit
selbst zu sprechen, so wäre unter andern auch ihm Commission gegeben worden,
mich zu sondiren, ob ich nicht auch meine Gedancken hiervon schrifftlich
eröffnen wolte; zumahlen da Seine eigene Politische Räthe mehrentheils besagte
zwey Fragen bejaheten; obgleich einige mit selbigen entweder nicht einstimmeten,
oder doch mit der Sprache nicht recht heraus wolten. Nachdem ich nun hierauf
geantwortet, daß ich zwar schuldig wäre, S. Hochfürstlichen Durlauchtigkeit in
allen billigen Sachen so viel in meinen Vermögen zu dienen; aber theils nicht
wüste: ob ich mich dieses zu thun wegen etlicher Umstände unterstehen dürffte,
theils aber auch anderer Umstände halber Bedencklichkeit hätte; Er der
Staats-Minister aber mich versicherte, daß ich des ersten halben nichts zu
befahren hätte; gabe ich diese Resolution von mir, daß ich zwar meine Gedancken
überhaupt von denen zwey Fragen zu geben gesonnen sey, jedoch aber gern sähe,
daß die in der andern Frage enthaltene special-Umstände von der Printzeßin, der
Göttlichen Providenz u. s. w. ausgelassen werden möchten. Und als mir dieses
eingewilliget wurde, und der Minister mir so dann die nachfolgende Frage: Ob
iemand nach Anführung der Gründe, so in denen Christlichen Religionen angewiesen
werden, von der Evangelisch-Lutherischen zur Catholischen, oder vice versa übertretend, dadurch die Seeligkeit
verliehre? mit eigener Hand aufgesetzt, zuschickte, machte ich mich so bald
darüber und verfertigte bey Endigung des Augusti mein Responsum, übergab ihm
solches vorhero zur Perlustration, und ob er hierbey etwas zu erinnern hätte,
(wie die Nota a. bey dem Anfang des Responsi diesen Umstand mit mehrern
erleutern wird) überließ ihm auch, durch seine Bedienten das Responsum mundiren
zu lassen, und ohne meine fernere Einmischung selbiges an gehörigen Ort zu
überschicken; wie ich mir denn auch über dieses hierbey ausdunge, daß ich meinen
Nahmen nicht unterschreiben, auch in der Ausarbeitung mich also aufführen
dörffte, als ob ich ein Braunschweigischer Unterthaner oder Bedienter wäre (wie
die Nota b. abermahls erwehnet) und daß endlich dieses mein Responsum nicht etwa
in Druck publiciret werden möchte: in übrigen könte ich wohl leiden, daß mein
Responsum denen Politicis und Theologis, die in dieser Sache gleichfalls ihre
Meinungen gegeben, communiciret würde, jedoch bäte ich mir gleichfalls aus, daß
ich auch von denen ihrigen Abschrifft bekäme.
|| [4]
(Mein Responsum und dessen Inhalt.)
§. III. Mein Responsum war unter dem Titul: Kurtze und einfältige Beantwortung
der Frage: Ob jemand &c. (wie selbige nur itzo ausführlich erzehlet
worden) folgender Gestalt eingerichtet, und um mehrerer Deutlichkeit willen in
gewisse Numeros eingetheilet und mit Marginalibus versehen.
(Resolution der Frage in zwey unterschiedene Fragen.)
I. Die vorgelegte Frage hält eigentlich zwey unterschiedene Fragen in sich: 1) Ob
ein Mensch in beyden Religionen (oder wenn die Frage von einen Lutheraner
vorgeleget wird: Ob ein Mensch in der Catholischen Religion) könne seelig
werden? 2) Ob auch derjenige seelig werden könne, der von einer Religion zur
andern übergehet, sonderlich aber der von der Lutherischen Religion zur
Catholischen tritt?
(Erörterung derselben entweder nach denen Gründen des
Christenthums oder nach denen Zeugnüssen der Lehrer. Die Catholischen wollen
nicht zugeben, daß jemand in der Evangelischen Religion könne seelig werden. Und
warum solches geschehe.)
II. Beyde Fragen können erörtert werden entweder nach denen Gründen der
Christlichen Religion, oder nach denen Zeugnüssen derer Lehrer von beyden
Religionen. Es ist mir lieb, daß man in der Frage die Erörterung derselben nach
der ersten Art von mir begehret. Denn was die andre Art betrifft, ist es denen
so die Welt gesehen haben, zur Gnüge bekant, (In meinen
ersten concept waren die itzo hier befindlichen Worte kürtzer und also
gesetzt: Denn was die andre Art betrifft, ist es bekant, daß die
Catholischen Lehrer durchaus nicht zugeben wollen, daß iemand in der
Evangelischen Lehre, es sey die Lutherische, oder die Keformirte könne
seelig werden. Nachdem ich aber die ersten Bogen davon dem oben erwehnten
Etats-Minister zugeschickt, erhielte von selbigen ich folgende Erinnerung:
P. P. Der gegebenen Erlaubnüß zu folgen nehme die Freyheit zu erinnern, ob
nicht die Erörterung der Frage etwas verdeckter zu machen, weiln gleich
Anfangs gesaget wird, daß die Catholische die Protestanten verdammen. Es muß
allen Eltern sehr anstößig seyn, wo sie posito casu Kinder haben, so Kömisch
gesinnet wären, von denenselben verdammet würden. Zwar wird bey dieser Art,
von Catholischen Lehrern nur gemeldet, solte man solche in genere setzen,
würde es fast das Ansehen gewinnen, daß indistincte die Lehre es mitbrächte,
nennet man aber die Zeloten, oder die indiscrete alleine, so wird die
Folgerey leidlich, nemlich daß die Kinder die Eltern nicht verdammen,
weswegen auch bey Abschwehrung der Keligion, da Standes-Personen darzu
kommen, die dispensatio bey den Kömisch-Catholischen so weit Platz gefunden,
daß sie die Keligion, worans sie treten, zu verdammen nicht genöthiget
werden; da sonsten nothwendig erfolgen müste, daß die übertretende Person
schon zur Gnüge Catholisch erzogen oder unterwiesen wäre, oder aber, daß aus
lauterem Interesse und Eitelkeit die Ubertretung geschehe. Ich habe auch mit
vielen Kömischen Lehrern des Punckts der Verdamnüß halben gesprochen,
welche, wenn sie der Protestanten Lehre eigentlich kennen, solche von aller
Verdamnüß frey sprechen, diejenigen aber, so den traditionibus ihrer Lehrer
allein folgen, wollen keine Seeligkeit einigen Protestanten beylegen. Ich
kan versichern, daß in Franckreich millionen Zähren von
Päbstlich-gesinneten, selbst Geistlichen vergossen worden, wie die
persecution angegangen, denn wie viele ihrer Jansennitisch gesinnet, ist
fast unglaublich. Dahero man gesehen, daß währender allergrösten Verfolgung
viele Catholische die Hugenottische Keligion, ja selbst Priester,
angenommen, und sich haben dragonisiren und vermauren lassen. Ob nun schon
der Pabst den Jansenismum, welcher sonst bey Theils seiner Vorfahren
geduldet worden, verdammet hat, qu. ob solches absque Concilio gelte? weilen
dieses über den Pabst von vielen gehalten wird. Bitte die Erinnerungen nicht
ungleich zu deuten, und so viel es thunlich den articulum zu moderiren,
übrigens zu glauben, daß &c. D. d. 2. Sept. 1705. Wegen dieser
Erinnerung nun habe ich mein responsum auf solche Weise geändert, wie es
allhier gegenwärtig zu befinden.) daß was die Catholischen betrifft,
zwar nicht alleine
|| [5]
viele von denen Politicis, sondern
auch von denen Geistlichen selbst, wenn sie unsre Lehre kennen und genaue
Wissenschafft darvon eingezogen haben, so viel man aus ihren Discursen vernehmen
kan uns nicht verdammen: daß man aber davon in denen gedruckten Schrifften
Catholischer Scribenten nichts findet, noch daraus anführen kan, ist die
Ursache, weil man gemeiniglich unzeitige Eyfferer aus ihnen erwehlet, die die zu
drückenden Bücher censiren müssen, und also keine andre Sentiments leiden, als
die da hinaus lauffen, daß niemand in der Evangelischen Lehre, es sey die
Lutherische oder die Reformirte könne seelig werden. Wir wissen auch wohl, was
die Ursach sey; die diese Leute hierzu antreibet. Nemlich ihr eigenes Interesse,
Reichthum und Autorität, dem viel abgehen würde, wenn sie ihre Zuhörer glauben
liessen, daß man ausser der Lehre, die sie dem Volck vorsagen, die Seeligkeit
erlangen könne.
III. Bey dieser Bewandnüß nun wäre es nicht zu verwundern,(Die Evangelischen Lehrer brauchen mehrere
Bescheidenheit. Was mit Henrico IV. dem König in
Franckreich paßiret.) wenn die Lehrer unserer Lutherischen und andrer
Evangelischer Kirchen denen Catholischen Lehrern gleiches mit gleichen
vergölten, und hinwiederum mit eben den Eyffer als jene, denen Catholischen die
Seeligkeit absprächen. Aber sie haben sich schon vor langer Zeit viel
vernünfftiger und bescheidener aufgeführet. Es ist bekant, daß Heinrich der
vierdte König in Franckreich, der der Protestirenden Religion zugethan war, als
er sahe, daß er das Königreich nicht wohl behaupten könte, wenn er nicht die
Catholische Religion annähme; so wohl die Catholischen: ob er nicht bey der
Evangelischen? als die Evangelischen Theologos gefragt: ob er nicht bey der
Catholischen Religion könne seelig werden? Da denn jene mit Nein, diese aber mit
Ja, die Frage beantwortet. Wiewohl man
|| [6]
diese
Bescheidenheit der Evangelischen Theologen sehr gemißbrauchet, indem die
Catholischen den König daraus beredet, es sey der Evangelischen selbst eigenen
Geständnüß nach sicherer, daß der König Catholisch würde, als daß er Evangelisch
bliebe, weil die Catholische Religion der Seeligkeit halber beyder Partheyen
Vota, die Evangelische aber nur eines auf ihrer Seite hätte.
(Jedoch nicht alle, auch nicht allenthalben. Wie man sich
hierbey zu verhalten habe.)
IV. Jedoch sind unsere Theologi auch Menschen, die dann und wann durch
dergleichen Begegnungen der Catholischen zu einen gleichen Eyffer wider die, so
der Catholischen Religion zugethan sind, verfahren, und ihnen die Seeligkeit
absprechen. Weshalben eine vernünfftige Person sich nicht alsofort daran zu
stossen hat, wenn sie dergleichen Discurse von ihnen führen höret. Zumahlen bey
etlichen auch andre menschliche Affecten hierbey mit zu würcken anfangen, und
sie ja, nach Anleitung der heiligen Schrifft, selbst ihren Schatz in irdischen
Gefässen tragen. Hierbey ist nichts bessers zu thun, als daß man bey dergleichen
vorfallenden Discursen weder dieselben sich zu einen Haß gegen die, so sie
fürbringen, noch zu einen übereilten Beyfall bringen lasse; sondern zuförderst
die Sache nach denen Gründen des Christenthums examinire, und derjenigen, so da
widersprechen, ihre Meinungen mit dem Mantel der Christlichen Liebe bedecke,
sich aber dieselbe nicht irren lasse.
(Welches auch in dieser Beantwortung geschehen soll. I)
Beweiß aus könne seelig)
V. Ich will in meiner Beantwortung nach Anleitung der mir vorgelegten Frage mich
gleicher Methode bedienen, und nach den Gründen des Christenthums darthun, daß
ein Mensch in der Catholischen Religion gar wohl könne seelig werden; wiewohl es
mir auch doch hernach nicht an Beyfall Christlicher Lutherischer Theologen
fehlen soll.
den Gründen des Christenthums, daß ein Catholischer in seiner Religion wohl
werden.
(Die Catholischen haben in ihren Catechismo alle die
Hauptstück der heiligen Christlichen Lehre, die die Lutheraner haben.)
VI. Die Gründe des Christenthums sind nach denen Evangelischen Bekäntnissen die
nach denen Regeln gesunder Vernunfft erklährte heilige Schrifften des alten und
neuen Bundes, woraus die Hauptstücken nach denen heiligen zehen Geboten, dem
Glauben, dem Vater Unser, und denen Sacramenten in dem Catechismo auch denen
Einfältigen pflegen vorgetragen zu werden. Nun lehren aber die Catholischen in
ihren Catechismo die H. zehen Gebot, die GOtt Mose auf den Berg Sinai gegeben.
Sie lehren den Glauben nach den Apostolischen Glaubens-Bekäntnüß. Sie lehren das
Vater Unser. Sie lehren das Sacrament der H. Tauffe, und des H. Abendmahls, und
setzen in beyden Sacra
|| [7]
menten zum Grunde die Worte
unseres Heylandes in welchen er die H. Tauffe und das H. Abendmahl eingesetzet.
VII. Sie bekennen sich nicht alleine zu dem Apostolischen
Glaubens-Bekäntniß,(Die Catholischen bekennen sich
zu dem Symbolo Apostolico, Nicaeno & Athanasiano wie wir, und
verdammen mit uns die in denen 4. allgemeinen Conciliis verdam̅ten Ketzer-Worinnen sie von uns abgehen das sind nicht Grund-Articul des
Christlichen Glaubens, sondern Neben-Articul.) sondern sie glauben
auch das Nicänische Symbolum, und das Symbolum des heiligen Athanasii, das sich
anfänget: Wer da will seelig werden, der muß für allen Dingen den Christlichen
Glauben haben u. s. w. Sie setzen zum Grunde ihres Glaubens die vier ersten
allgemeinen Concilia, das Nicaenische, das Constantinopolitanische, das
Ephesinische, und Chalcedonische, und verdammen mit uns die Irrthümer der
Ketzer, des Arrii, Macedonii, Nestorii und Eutychis.
IIX. Es ist wahr, daß sie andre Lehren führen als wir, in etlichen
Neben-Artickeln, als von der Anruffung der Heiligen, von guten Wercken, von
Fegefeuer, von mehreren Sacramenten, als wir bekennen, ingleichen von der
Auslegung der Worte Christi, die er bey der Einsetzung des Heil. Nachtmahls
gebrauchet. Gleichwie aber unsere Lutherische Theologi dißfalls einen
Unterschied zu machen pflegen, unter denen Grund-Artickeln des Christlichen
Glaubens, und unter etlichen andern Neben-Artickeln, die zum Grunde eben nicht
gehören, auch die Irrthümer den Grund nicht umstossen, wohin die itztbesagten
Articul zu rechnen sind, in denen die Catholischen von unserer Lehre abgehen,
wie solches der um unsere (Warum ich allhier, und
folgends zu mehrern mahlen mich angestellet, als ob ich ein
Braunschweigischer Unterthaner oder Bedienter wäre, davon ist schon oben §.
II. Meldung geschehen.) Braunschweigische Kirchen hochverdiente
Theologus D. Fridr. Ulrich Calixtus seel. in einen in lateinischer Sprache
geschriebenen Tractat von Ketzereyen weitleufftig ausgeführet hat; Also weiset
es die gesunde Vernunfft, daß man in Beurtheilung der Seeligkeit eines
Catholischen Christen nicht so wohl auf solche Neben-Articul, als auf die
Grund-Articul reflectiren müsse, von welchen schon §. 6. & 7. erwiesen
ist, daß die Catholischen in selben mit uns einstimmen.
IX. Ob auch wohl die Catholischen in diesen Neben-Articuln irren,(Absichten der Catholischen bey diesen Artickeln auf ein
gutes Leben des abergläubi-) so ist es doch bekant, daß die
Catholischen Lehrer sich meistentheils dieser Irrthümer bedienen, das
abergläubische gemeine und guten Theils freche Volck dadurch in Zaum zu halten,
und durch die Furcht für dem Fegefeuer ingleichen durch die Anruffung der
Heiligen, und durch die Lehre von mehrern Sacramenten und guten Wercken für
vielen Schand und Lastern zu verwahren und zu einen Christlichen Wandel
anzutreiben. Und
|| [8]
(schen Volcks und Verweisung auf das eintzige Verdienst
Christi beym Absterben.) ist hingegen bey ihnen nichts ungewöhnliches,
sondern auch von unsern Theologis vielfältig angemerckt worden, daß sie, wenn es
zum Sterben kömmt, die ihrigen eintzig und allein auf das Verdienst unsers
Heylandes JEsu Christi, als welches der Grund und Eckstein unsers Christlichen
Glaubens ist, zu verweisen, und daß sie darauf sterben sollen, zu vermahnen
pflegen. Wiewohl sie auch zuweilen in ihren Schrifften selbst die Leute auf das
Verdienst Christi zu verweisen pflegen, worvon ein schöner locus aus einen
Catholischen Regismundo Grim beym Dedekenno in Consiliis Titul. I. Sect. 3. n.
12. f. 71. angeführet ist.
(Es mag ein Catholischer Christ von diesen Neben-Artickeln
wohl eine andre Meinung im Hertzen hegen.)
X. Zum wenigsten ist es einen Catholischen Christen nie verwehret, daß wenn er
nur obige Grund-Artickel, die die Catholischen mit uns gemein haben, aufrichtig
glaubet, er wegen der andern Neben-Artickel in seinen Hertzen eine Meinung
führen könne, wie er wolle. Und weil ein Leye mit seiner eigenen Seeligkeit
genung zu thun hat, und sich um andere zu bekümmern nicht nöthig findet; als
darf er sich eben kein Gewissen drüber machen, wenn er mit diesen seinen
Meinungen in der Stille bleiben muß, und sich grosser Gefahr zu besorgen hat,
wenn er in einen unzeitigen Eyffer, andre zu bekehren, dazu er doch nicht
beruffen ist, die andern in ihren Glauben irre machen wolte.
(In dem Artickel von Abendmahl sind die Catholischen mit
denen Lutherische in Grunde einig, und betrifft der Streit nur einen
Reben-Artickel.)
XI. Die Auslegung der Worte Christi bey Einsetzung des Heil. Abendmahls
belangende, so glauben die Catholischen mit uns, daß der Gebrauch des heiligen
Nachtmahls zu Vergebung unserer Sünden und zur Stärckung in wahren Glauben
nöthig sey, und daß wir in demselben den wahren Leib und das wahre Blut JEsu
Christi mündlich geniessen, welches abermahls der Grund des Christlichen
Glaubens in diesen Artickul ist. Die Art und Weise, wie solches geschehe und
zugehe, ist nach aller Christen Geständnüß ein Geheimnüß, das die Vernunfft zu
begreiffen nicht fähig ist. Und wenn dannenhero die Catholischen lehren, es sey
das Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi wesentlich verwandelt, die
unserigen aber in Gegentheile mit bessern Grunde behaupten, daß das Brot und
Wein nicht verwandelt sey, sondern daß wir, in, mit und unter dem Brot und Wein
den wahren Leib und Blut mündlich geniessen, ist es offenbahr, daß sodann der
Streit, so zwischen beyden Religionen ist, zu denen Neben-Artickuln gerechnet
werden müsse, wegen welcher eine Parthey die andre, sonderlich die einfältige,
zu verdammen keine Ursach hat.
(Welches auch aus der, bey den)
XII. Dieser Satz wird dadurch noch deutlicher behauptet, daß beyderseits Lehrer
darinnen einig sind, es mache der Glaube von der Art u. Weise, wie es im
Abendmahl zugehe, für sich keine̅ Menschen seelig, sondern
|| [9]
es komme alles auf die würdige Geniessung an,
dergestalt, daß, wenn sowohl(Religionen gemeinen Lehre
von der würdigen Geniessung behauptet wird.) einer, der die
Catholische, als einer der die Lutherische Auslegung glaubet, das heilige
Nachtmahl unwürdig empfähet, er diese heilige Speise nicht zu seiner Seeligkeit,
sondern zum Gericht und Verdammnüß geniesse. Hieraus folget nun offenbahr, daß
in Gegentheil derjenige, so sich in wahren Glauben an das Verdienst Christi
rechtschaffen vorbereitet, und einen würdigen Gast bey diesen gesegneten Tisch
abgiebet, er sey nun Catholisch oder Lutherisch das H. Nachtmahl zu seiner
Seeligkeit geniesse, ob gleich diese beyde von der Art und Weise, wie es zugehe,
unterschiedene auch widrige, und, nach beyder Theile wechselsweisen
Beschuldigung, irrige Gedancken hegen.
XIII. Es verdienet hierbey wohl beobachtet zu werden, was(Ingleichen aus Lutheri Bekäntnüß von Abendmahl.)
Lutherus selbst in grossen Bekäntniß von Abendmahl, da er von der Auslegung der
Reformirten redet, schreibet (Im andern Wittenb. Theil am 216. Blat) Mein lieber
HErr JEsu Christe, es hat sich der Hader über deinen Worten im Abendmahl
erhoben. Etliche wollen daß Sie anders sollen verstanden werden, denn Sie
lauten: Aber indem Sie mich nichts gewisses lehren, u. s. w. So bin ich blieben
auf deinen Text wie die Worte lauten. Ist etwas finster drinne, so hastu es
wollen finster haben: Denn du hast keine andre Erklärung darüber gegeben, noch
zu geben befohlen, u. s. w. Wäre nun eine Finsternüß drinnen: so wirstu mir es
wohl zu gute halten, daß ichs nicht treffe; wie du denen Aposteln zu gute
hieltest, daß sie dich nicht verstunden in vielen Stücken; als da du von deinen
Leiden und Aufferstehen verkündigtest, und Sie doch die Worte, wie Sie lauten,
behielten, und nicht anderst machten, wie auch deine liebe Mutter nicht
verstunde, da du zu Ihr sagtest: Ich muß seyn in dem das meines Vaters ist, und
Sie doch ein fältiglich die Worte in Ihren Hertzen behielte, und nicht andre
draus machte: Also bin ich auch in diesen deinen Worten blieben, das ist mein
Leib, und habe mir keine andre draus machen wollen, noch machen lassen, sondern
Dir befohlen und heimgestellt, ob etwas finster drinnen wäre, und Sie behalten,
wie Sie lauten, sonderlich weil ich nicht finde, daß Sie NB. wieder einigen
Artickel des Glaubens streben. Biß hieher Lutherus. Allwo er dreyerley zu
verstehen giebt I. daß der Streit von der Auslegung der Worte Christi
keineswegens die Glaubens-Artickel angehe, in Worten daß Sie
|| [10]
wieder einigen Artickel des Glaubens streben. II. Daß ein jeder
seiner Meynung gewiß seyn solle und der einfältige Glaube der beste sey, in
Worten: So bin blieben u. s. w. III. Daß GOtt niemand verdamme, wenn er gleich
aus Einfalt die Worte Christi oder der heiligen Schrift nicht recht verstehe,
sondern irrig auslege in Worten: So wirst du mirs wohl zu gut halten, u. s. w.
Und wie ohnedem die Meinung unserer Lutherischen Kirchen in dem Artickel von
Abendmahl der Meinung der Catholischen näher kömmt als der Auslegung der
Reformirten, in deren Ansehung Lutherus dieses geschrieben; Also kan man keine
Ursache finden, warum ein Catholischer Christ sich nicht eben dieser Worte
bedienen könne, die Lutherus gebraucht. Und solches um so viel desto mehr, weil
keine einige von denen dreyen Partheyen die Worte Christi umzustossen trachtet,
sondern alle dreye die Worte: Das ist mein Leib, (mein Blut) zum Grunde setzen,
und alle dreye in Verstande etwas darzu setzen oder deutlicher zu sagen, etwas,
so mit Worten nicht ausgedruckt ist, darunter verstehen; Die Catholischen: Das
ist mein Leib (nach der Verwandelung) Wir Lutheraner: Das ist mein Leib (nach
der leiblichen Gemeinschaft in, mit, und unter dem Brot) und endlich die
Reformirten: Das ist mein Leib (nach der Geistlichen Gemeinschafft.)
(II.) Zeugnüsse derer Protestirenden Theologen, daß die
Catholischen seelig werden können: und mit was für Unterscheid dieselben
anzusehen.)
XIV. Derowegen ist auch nunmehro nicht zu verwundern, daß ob wohl, als obgedacht,
unter denen Theologen der Protestirenden Religionen sich hier und dar welche
gefunden, die ihren Eyffer wider das Pabstthum mit vollen Affecten sehen lassen,
dennoch dieselben, und wenn sie auch in hefftigsten Affect gewesen, sich nie
unterstanden, allen Catholischen die Seeligkeit abzusprechen, oder zu behaupten,
daß man in der Catholischen Religion nicht seelig werden könne. So viel unsere
Lutherische Kirche betrifft, ist bekant, wie, nachdem unsere Braunschweigischen
Theologen sonderlich aber die um unsere Kirche wohl verdienten Männer die beyden
Calixti, Vater und Sohn, sich aus Liebe zur Einigkeit bemühet, die Trennung der
Christlichen Kirchen in Heil. Römischen Reich durch ihre vernünfftige und
gottseelige Consilia zu heilen; etliche Theologi in Sachsen, die zu dem
vortreflichen Georgio Calixto einen Privat-Haß trugen, aus Antrieb dieses ihres
Hasses wider diese seine friedfertige Rathschläge in einen unzeitigen Eyffer
entbrant, und die übrigen Theologos in Sachsen durch ihre Autorität wider den
seeligen Mann aufgefrischet, auch dannenhero ihre Schrifften mit vieler
Bitterkeit wider die Catholische Religions-Verwandte angefüllt. Nichts
destoweniger aber werden auch diese bey ihren grösten Eyffer nicht alle
|| [11]
Catholische verdammen; und ist dergestalt nur dieser
Unterscheid unter denen Friedfertigen und eyffrenden Theologen, daß jene auch an
der Catholischen Lehrer Seeligkeit nicht zweiflen; diese aber, ob sie wohl die
Catholischen Lehrer verdammen, dennoch die Zuhörer von dieser Verdammung
deutlich ausnehmen. Es meritiren beyderseits Zeugnisse wohl, daß sie hier, wie
sie selbst lauten, angefühtet werden.
XV. D. Georgii Calixti Worte aus seiner Betrachtung und Urtheil(Zeugnüsse D. Georgii Calixti.) von Colloquio so
zu Tyoren gehalten werden sollen, sind folgende: Warum ich alle diejenigc,
welche nach empfangener Tauffe einen GOtt Schöpfer Himmels und der Erden, Vater,
Sohn und H. Geist ehren, und anbeten, und gläuben, daß der Sohn von einer
Jungfrau gebohren und Mensch worden, habe uns durch sein Leiden und Sterben von
Sünden und der Sünden Straffen erlöset, sey von den Todten auferstanden, gen
Himmel gefahren, herrsche daselbst, und werde von dannen wiederkommen, die
Todtenaufzuwecken, und alle Menschen zu richten; warum, sage ich, ich diese alle
vor Reichsgenossen GOttes und Christi halte, ist anderswo von mir dargethan
worden. Daß aber diejenigen also gläuben, welche heut zu Tage Papisten,
Lutheraner und Caivinisten, (will mich anitzo dieser üblichen Nahmen
gebrauchen,) genennet werden, ist bekannt, und ausser allen Streit. Draus
folget, daß dieser Glaube die Seeligkeit ihnen zu erlangen genung sey, und daß
sie, wenn sie nur nicht nach dem Fleisch sondern nach dem Geist wandeln, seelig
werden. Ferner sagt er: Es scheinet, daß der Grund der Seeligkeit, so ferne er
in den Glaubens-Artickeln zur Erleuchtung des menschlichen Verstandes gehöret,
bey einen jeden Theil unter diesen dreyen unverletzt behalten sey.
XVI. Ob nun wohl die Sächsischen Theologi in ihren consensu(Derer Sächstschen Theologen.) repetito fidei vere
Lutheranae disfalls mit D. Calixto nicht einig sind, so haben sie sich doch
folgender Gestalt erklähret Puncto primo & 2. in Consiliis
Wittebergensibus fol. 928. seq. Wir bekennen und lehren, daß die Christliche
Lutherische Kirche sey die wahre Kirche GOttes, darinnen das Evangelium recht
gelehret und die Sacramenta recht ausgetheilet werden. Wir bekennen und lehren,
daß unsere Meinung nicht sey, daß hiermit die Personen, so aus Einfalt irren,
und die Wahrheit des Göttlichen Worts nicht lästern, vielweniger gantze Kirchen,
in oder ausserhalb des
|| [12]
Heil. Reichs Teutscher Nation
gemeinet, sondern daß allein damit die falschen und verführerischen Lehren und
derselben halßstarrige Lehrer und Lästerer (als der Papisten und Calvinisten)
alleine verworffen werden. Eine gleiche Erklärung ist auch zu finden in denen
Consiliis Dedekenni unter dem Titul von H. Predig-Amt num. 34. f. 863. in einem
Lateinischen Judicio D. Friderici Balduini uber die Frage: Ob man diejenigen,
die in der Religion nicht mit uns einig sind, verdammen könne: da er gleich
falls unter denen Zuhörern, und Lehrern, einen Unterscheid macht, auch sich
dißfalls auf die Formulam Concordiae selbst beziehet. Ein anderes Judicium der
Theologischen Facultät zu Leipzig ist in eben denselbigen Consiliis Dedekenni p.
1089. unter den Titul von Religions-Streiten n. 2. zu lesen über die Frage: Ob
man sich bey einer jeglichen Religion, der wahren Kirchen rühmen, und wann man
nur erbarlich darinnen lebet, darinnen seelig werden könne: Sie schreiben also:
So viel nun erstlich betrift, welche Religions-Verwandten die rechte wahre
Kirche seyn, so ist unleugbar, daß den Unchristen, Jüden und Heyden, keinesweges
dieser Titul könne zugeleget werden, alldieweil sie GOttes Wort nicht haben. u.
s. w. Was aber der Christen Religion belanget, so haben zwar dieselbe alle
GOttes Wort, aber eines Theils setzen hinzu ihre Traditiones und Menschen-Tand,
oder verfälschen das mit ihren Aberwitze. Derhalben so kan von denselben nicht
schlechter Dinge, sondern nur NB. etlicher massen gesagt werden, daß sie die
wahre Kirche Christi sey, nemlich, so ferne sie noch den Mahlschatz ihres
Bräutigams Christi JEsu behält, und durch dasjenige, was sie noch unverfälschet
hat, Christo ihrem HErrn wieder gebähret. Ezech. 16. v. 20. Cap. 23. v. 7. und
er sie nicht gäntzlich repudiiret und von sich stösset. Dannenhero auch unter
ihnen und den Heydnischen Hauffen noch der Unterscheid ist, daß diese ausser der
Kirchen GOttes seyn, jene aber zum Volcke GOttes und Ergäntzung der Catholischen
oder allgemeinen Kirchen gehörig. Denn ob sie gleich GOttes Wort verfälschen, ja
auch theils den Grund des Glaubens umstossen, so wird doch GOttes Wort noch in
ihren Gemeinen gehandelt und angezogen, auch von etlichen standhafften
Bekennern, so dann von andern einfältigen Christen, der rechte Verstand des
Göttlichen Worts, welches nicht leer wiederkömmt, Es. 55. vers. 10. dargethan,
und aufgenommen, und durch andrer
|| [13]
rechtgläubigen
Kirchen gesunde Schriften, welche ihnen zu lesen zukommen, vertheydiget: So
ferne aber solche Kirchen von den Haupt-Artickeln und Grunde des Glaubens
abweichen, seynd sie falsch und irrig, und gehet NB. mit allen, so solchem
Irrthum beypflichten, nicht anders, als wenn Spreu und Hülsen mit und neben den
edlen Weitzen in die Scheuren gesammlet wird.
XVII. Absonderlich aber dienet denenjenigen, die in der mir vorgelegten(Des Märckischen Theologi D. Bergii.) Frage
unterrichtet seyn wollen, zu lesen, was der berühmte Märckische Theologus D.
Johann Bergius, in der Apostolischen Regul, wie man die Religions-Sachen recht
richten solle, von dieser Materie im 10. und 12. Cap. geschrieben, davon das
zehende die Frage abhandelt: Ob und wie ferne die Protestirende Kirchen befuget
oder schuldig seyn, die genannten Römisch-Catholischen in ihrer Lehr und
Gottesdienst zu richten, oder sich von ihnen abzusondern Das zwölfte aber
beantwortet die Frage: Ob und wie ferne wir die Personen in Religions-Sachen
richten oder verdammen mögen Und obwohl beyde Capitel verdienen gantz gelesen
zu werden; so sind doch etliche Worte darinnen enthalten, die dasjenige, was
oben behauptet worden, gar zu deutlich bekräfftigen, daß sie wohl verdienen
hieher gesetzt zu werden. Aus dem 10. cap. p. 112. seqq. Es ist zuförderst wohl
zu erwegen: wie ferne sich die Protestirenden Kirchen
von der heutigen Römischen getrennet. Weil sie ja nicht in allen Stücken der
Christlichen Lehre oder Gottesdienstes von einander abgetreten, sondern noch in
vielen hohen und wichtigen Puncten, die man beyderseits aus dem Worte GOttes
einhelliglich bekennet, vereiniget blieben. Denn man bekennet sich ja zu beyden
Theilen zu dem gantzen allgemeinen Apostolischen Glaubens-Symbolo, darauf wir auch allerseits zu Christen getaufft werden. Man
behält auch zu beyden Theilen die zehen Gebot und das Gebet des HErrn. u. s. w.
Und wiewohl sie zu den H. Sacramenten, die der HErr selbst eingesetzt, viel
andre menschliche Ceremonien hinzu gethan, so bekennen wir doch, daß sie die
rechte Tauffe als das nötigste Sacrament so weit behalten, daß wir die von ihnen
Getauffte, wie auch sie die unserigen nicht begehren umzutauffen. Uber das
erkennen sie auch neben uns die gantze H. Schrifft Alten und Neuen Testaments
für das ungezweifelte Wort GOttes, dessen Meinung auch noch in vielen heylsamen
Lehren, ja ich darf sagen NB. in dem meisten zwischen uns und ihnen un
|| [14]
streitig ist. Ja auch in den alten Kirchen-Symbolis der ersten und vornehmsten Concilien, die wir beyderseits vor schrifftmäßig erkennen, und in summa in allen denen Stücken ihrer Lehr und Gottes
dienstes, die recht ungezweifelt Alt-Catholisch seyn, darinnen bleiben wir noch
mit ihnen, wider alle andere irrige Sectir er
vereiniget. Derhalben so können und begehren wir sie darinnen nicht zu richten,
sondern müssen vielmehr aus solchen zu beyden Theilen ungezweifelten Gründen NB.
von aller übrigen streitigen Lehre richten und urtheilen. Und wann wir nur
alleine bey denselben ohne andern Gewissens-Zwang möchten gelassen und geduldet
werden, so hätten wir auch nicht Ursache NB. uns von ihnen, oder sie von uns zu
trennen und abzusondern. Wir würden auch in demselben gnugsam alles finden NB.
was uns zur Seeligkeit heilsam und nöthig ist. u. s. w. Aus den 12. Cap. p. 139.
sind diese Worte für andern merckwürdig. Was die Päbstl. anlanget: Gleich wie
zweyerley Lehr und Gottes dienst unter ihnen geführet wird, nemlich eines Theils
die recht Alt-Cathol. Apostol. Lehre, darin̅en sie mit uns, und
wir mit ihnen übereinstim̅en; andern Theils die neue Päbstl. Lehre
und Ceremonien, die sie in denen letztern Seculis ausser
und wider Gottes Wort hinzu gethan; Also sind auch zweyerley Leute unter ihnen.
Etliche die sich in ihren Christenthum alleine und ja vornemlich halten an den
ungezweifelten allgemeinen Apost. Glauben, darauf sie neben uns getaufft seyn,
also daß sie allein in JEsu Christo dem Gecreutzigten als ihren einigen Mittler
und Heyland ihre Seeligkeit suchen; auch solchen ihren Glauben mit der That in
Christlicher Liebe und gottseeligen Wandel erweisen. Welche demnach auch uns,
die wir in solchen allgemeinen seeligmachenden Glauben, der durch die Liebe
thätig ist, mit ihnen in Geist vereiniget seyn, nicht als Ketzer verdammen,
vielweniger feindseeliger Weise verfolgen werden, es wäre dann aus lauter
Unwissenheit weil sie von unserer Lehr und Glauben keinen rechten Bericht haben.
Wie solten dann wir dieselben verdammen? Vielmehr haben wir Ursach, solche
Catholischen für recht Evangel. Christen und nicht für Päbstliche zu halten,
weil sie nicht auf eigen Verdienst und Gnugthuung oder auf andre Päbstliche
Zusätze und Hülf-Mittel, sondern allein auf die lautere Gnade GOttes, und das
theure Verdienst unsers HErrn JEsu Christi ihre Seeligkeit gründen. u. s. w. Und
ob zwar solche Leute darneben auch etlichen irrigen Meynungen anhangen so können
sie
|| [15]
deßwegen doch nicht verdam̅et oder
für Unevangelische geachtet werden, weil sie dennoch den eigentlichen Trost und
Hoffnung ihrer Seeligkeit nicht auf solche irrige Lehren, nicht auf Verdienst
und Anruffung der Heiligen, nicht auf Seel-Messen, nicht auf Ablaß, nicht auf
Closter-Orden und anders dergleichen, sondern allein auf die lautere Gnade und
Barmhertzigkeit Gottes in JEsu Christo dem Gecreutzigten gesetzet haben. Ob man
auch einwenden wolte, daß sie dennoch zur Messe gehen, die wir für abgöttisch
halten und demnach alle solche Leute als eitel Abgötter verdammen müssen. So
mögen wir antworten, daß solche Leute zur Meß gehen, in der Einfalt ihres
Hertzens, auf den alten einfältigen Glauben der Worte Christi im heil.
Abendmahl, davon auch noch die heutigen Päbstlichen so weit mit uns einig seyn
müssen, daß es sey sacrificium commemorativum, ein Gedächtniß des Opfers Christi
am Creutz und die geistl. Speise unserer Seelen u. s. w. Ob auch schon in den
Ceremonien der Messe von der ersten Einsetzung des HErrn Christi sehr abgewichen
und viel menschliche, theils abergläubische, theils abgöttische darzu gethan; so
können doch nicht bald alle diejenigen für verdammete Abgötter gehalten werden,
die zu denen Zeiten und Orten, da man des HErren Nachtmahl nicht anders haben
kan, den gemeinen Messen, um desjenigen willen, was noch an der Einsetzung des
HErren darinnen übrig, in ihrer Einfalt zu dem Ende beywohnen, daß sie des
Leibes und Blutes Christi zur Speise ihrer Seelen geniessen möchten; Gleichwie
sie auch der H. Tauffe, ungeachtet der vielfältigen abergl. menschlichen
Ceremonien, die man dazu gethan, zu Abwaschung ihrer Sünden gebrauchet: Welche
auch, ob sie schon für dem geheiligten Brot und Wein niederknien, doch die
eigentl. Anbetung und Vertrauen ihres Hertzens nicht auf Brot und Wein, sondern
auf Christum selbst zur Rechten des Vaters im Him̅el richten: Des
wegen sie noch viel weniger für Abgötterey zu halten, als da sie etwa für
gemahlten oder geschnizten Crucifixen nied erknien den HErrn Christum in Him̅el dafür anzubeten.
XIIX. Nachdem also bißhero zum voraus sattsam behauptet(Bey der II. Frage: Ob eine Lutherische Person ihrer Seeligkeit)
worden, daß die Catholischen in ihrer Religion, wenn sie einfältig glauben, und
Christlich leben, gar wohl können seelig werden; wird es auch nicht unschwer
seyn, die andre Frage zu beantworten: Ob dann auch Z.E. eine Lutherische Person
ihrer Seeligkeit verlustig werde, wenn sie zur
|| [16]
(verlustig werde, wenn sie zu der Catholischen
übertritt? Lieget alles an der Intention der Person so solches
thut.) Catholischen übertrete? denn wenn der Grund einmahl geleget worden,
daß man in beyden Religionen seelig werden könne, und daß also es keine Sünde
sey, sich zur Catholischen Religion zu bekennen; geben sich die übrigen
Umstände, diese Frage mit Nein zu beantworten, von sich selbsten an die Hand.
Das gantze Moment kömmt auf den Endzweck an, den die Person hat, die von uns zu
denen Catholischen übergehet. Geschiehet solches aus Heucheley, und
verdammlichen Absehen auf Augen-Lust, Fleisches-Lust, und hoffärtiges Leben,
oder wohl gar aus Begierde, der durch grobe Missethaten allbereit wohlverdienten
Straffe zu entfliehen; so hat eine solche Person, daferne sie nicht wahre Buße
thut, sich so wenig zu getrösten in der Catholischen Religion ihre Seeligkeit zu
finden; Als einer zu hoffen hat, der von denen Catholischen zu uns übertrit, und
bey seinen Ubertritt gleichmäßige Intention führet. Man kan in beyden Religionen
verdammet werden, wenn man nur den Glauben in Gehirne, nicht aber in Hertzen
hat, und wenn man durch ein unheiliges und unchristliches Leben und Wandel
bezeiget, daß man den Nahmen eines Christen nur als eine Masque gebrauche. Also
kan man auch in beyden Religionen seelig werden, wenn man bey dem Christlichen
Apostolischen Glaubens-Bekäntnüß, das in beyden Religionen zum Grunde geleget
wird, ein tugendsames und Christliches Leben führet, massen der Heyland selbst
bekennet, daß nicht die HErr HErr sager das Himmelreich ererben sollen, sondern
die den Willen thun des Vaters in Himmel; welches auch in der Catholischen
Religion geschehen kan; wenn derjenige, so zu der Catholische Religion
übergehet, eine gute und Christliche oder auch nur unschuldige Intention hat,
warum er solches thut.
(Unterschiedene Fälle, nach welchen auch diejenigen, so die
Warheit der Evangelischen Religion erkennen, ohne Verletzung der Seeligkeit zu
der Catholischen)
XIX. Dergleichen unschuldige und gute Intentiones aber können vielerley seyn, und
zwar so vielerley Arten in der Welt vorkommen können, andern oder sich selbst
was gutes zu thun, darzu man durch das Recht der Natur oder Christlichen Liebe
angetrieben wird. Dannenhero ist nicht alleine der eintzige Fall zu setzen, wenn
eine Person die in unserer Religion gebohren und erzogen, aber nicht gründlich
darinnen informiret worden, von Catholischen Lehrern dahin gebracht würde, daß
sie die Catholische Lehre in allen als wahrhafft, und die unsere für irrig
hielte; sondern es finden sich auch unterschiedene Umstände, nach welchen
diejenigen, die von unserer Lutherischen Lehre wohl informiret sind, und die
Lehre der Catholischen in denen Stücken, da sie mit uns nicht einig seyn, für
irrig erkennen, wenn sie dem unerachtet zu denen Catholischen übergehen solten,
nicht zu tadeln wären, als ob sie etwas unrechtes
|| [17]
und
unverdammliches gethan hätten. Also könte zum Exempel eine Lutherische(Religion übergehen können.) Privat-Person, wenn
sie eine Catholische Person heyrathete, oder auch ohne Verheyrathung, bey
Ubertretung zu der Catholischen Religion die Intention haben, ihrer Blösse und
äussersten Dürfftigkeit damit zu statten zu kommen; durch das Vermögen des
reichen Catholischen Ehegatten ihren armen Lutherischen Brüdern und Freunden in
ihrer Noth beyzuspringen; armen nothleydenden Christen und Predigern dasselbige
zuzuwenden; den Catholischen Ehegatten selbst, nach der Erinnerung Pauli 1. Cor.
7. zu heiligen und mit ihren guten Vorstellungen und Wandel seelig zu machen;
ihren Vaterland ersprießliche Dienste zu leisten, oder es für Krieg und andrer
Verfolgung zu bewahren. Bey Fürstlichen Personen können dergleichen Fälle und
Umstände um so viel desto mehr vorkommen, ie mehrere Gelegenheit ihnen ihre
Gewalt und Macht giebt andern Menschen zu schaden oder gutes zu thun. Und ist
kein Zweiffel daß z. E. Heinricus IV. von dem bald Anfangs §. 3. Meldung
geschehen, denen Protestirenden in Franckreich mehrere und nützlichere Dienste
thun können, da er mit Changirung der Religion das Königreich mainteniret, als
wenn er mit fernerer Widersetzlichkeit und Bleibung bey der protestirenden
Religion dasselbige hätte quittiren müssen.
XX. Wolte man auch gleich darwider einstreuen: Man müsse(Beweiß, daß der Einwurf, man müße nichts Böses thun,
wenn gleich etwas Gutes draus erfolgen könne, sich hieher nicht
schicke.) aber gleichwohl nichts Böses thun, wenn schon etwas Gutes draus
erfolgen könne, denn sonst würde vergönnet seyn das Leder zu stehlen und die
Schuhe um GOttes Willen hinzugeben; So ist doch aus Beantwortung der ersten
Frage offenbahr daß dieser Einwurf auf gegenwärtigen Fall sich nicht schicke;
Stehlen ist ohnstreitig unrecht und verdammlich: aber in der Catholischen
Religion zu leben ist nichts verdammliches, wie oben bewiesen worden. Und was
wolte man sich hiermit lange aufhalten und das Gewissen ohne Ursach ängstigen
lassen. Ist nicht die Jüdische und Christliche Religion mehr von einander
entfernet, als die Catholische und Lutherische? Wuste nicht Paulus dieses alles
wohl? Verdammte er nicht selbst den Gewissens-Zwang, vermöge welches die Jüden
die neuen Christen dahin halten wolten, daß sie sich müsten beschneiden lassen?
Lehrte er nicht, man solte, wenn man bey einen Heyden zu Gaste wäre, kein
Götzen-Opffer essen, wenn sich ein schwacher Bruder dran ärgerte? Rom. XIV.
vers. 15. I. Corinth. 8. vers. 10. 11. und doch ließ er Timotheum beschneiden;
er aß Götzen-Opffer, und lehrete auch, daß, der es ässe oder nicht ässe, darum
nicht besser oder weniger seyn würde d. c. 8. v. 8. Ja er giebt in den Ursachen,
die er desfalls anführet, uns eine schöne Lehre,
|| [18]
wie
man solches auf gegenwärtigen Fall zu appliciren habe: Den Jüden, sagt er, I.
Cor. 9. v. 20. 21. 22. bin ich worden, als ein Jüde, auf daß ich die Jüden
gewinne; denen die unter dem Gesetz sind (das waren die Jüden) bin ich worden
als unter dem Gesetz (ich habe mich angestellet, als ob ich ein Jüde wäre) auf
daß ich die, so unter dem Gesetz sind (das ist die Jüden) gewinne. Denen die
ohne Gesetz sind (denen Heyden) bin ich als ohne Gesetz worden (ich habe mich
bey ihnen angestellet, als ob ich kein Jude, sondern ein Heyde wäre) auf daß ich
die so ohne Gesetz sind, gewinne: den Schwachen bin ich worden, als ein
Schwacher, auf daß ich die Schwachen gewinne. Ich bin jederman allerley worden,
auf daß ich allenthalben ja etliche seelig mache. Ist es hierinne nicht deutlich
genung enthalten, daß ein Christ, als der gleichfalls nicht mehr unter dem
Mosaischen Gesetz lebet, wenn er anders eine Christliche und gute Intention hat,
die Catholischen zu gewinnen, auch denen Catholischen als ein Catholischer
werden könne, und den Unterscheid der Religions-Ceremonien sich darvon nicht
abhalten lassen, noch dieselben als ein unrechtes und verbotenes Mittel ansehen
solle.
(Daß man in Ubertretung zu denen Catholischen Christum
nicht verläugne.)
XXI. Solte aber sich noch ferner hierbey jemand ein Gewissen machen wollen aus
dem Spruch unseres Heylandes Luc. XII. v. 8. 9. Wer mich bekennet für den
Menschen, den wird auch des Menschen Sohn bekennen für den Engeln GOttes: wer
mich aber verläugnet für den Menschen, der wird verläugnet werden für den Engeln
GOttes, u. s. w. der kan dasselbige hinwiederum leichtlich befriedigen, wenn er
erweget, daß dieser Spruch sich gleichfalls nicht auf gegenwärtigen Fall
schicke. Denn weil, wie bey der ersten Frage angeführet worden, in der
Catholischen Religion Christus und seine heilige Sacramenta anzutreffen sind,
wie solte man sagen können, daß man Christum verläugne, wenn man zu der
Catholischen Religion trete. Zugeschweigen daß die Verläugnung Christi und des
Glaubens an ihm gantz in was anders, als in den euserlichen Ceremonien des
Gottesdiensts, bestehe, wie es denn die heilige Schrifft neues Bundes selbst
deutlich genung erklähret, wenn sie an unterschiedenen Orten lehret, daß
dergleichen Verläugnung geschehe: Wenn man die Seinen, sonderlich seine
Haußgenossen nicht versorget, I. Tim. V. v. 8. Wenn man in Ungedult wider das
von GOtt aufgelegte Leiden murret, II. Tim. 2. v. 12. Wenn man geitzig,
ruhmräthig, hoffärtig, den Eltern ungehorsam, und anckbar, wohllüstig, und sonst
lasterhafft ist.
|| [19]
1. Tim. 3. v. 2. 3. 4. 5. indem man
hierdurch mit den Wercken GOtt verläugnet und damit GOtt zum Greuel wird Tit. I.
v. 16. wenn man mit einem Wort gottlose ist und die Gnade Gottes auf Muthwillen
ziehet. Jud. v. 4. Nun ist aber in der Catholischen Religion nichts enthalten,
daß ein dergleichen gottloses Leben lehrete, oder zu selbigen antriebe.
Derowegen muß man dieses überhaupt mercken, wenn etliche unnütze Eyfferer mit
dem obigen und dergleichen andern mehr Sprüchen aus heiliger Göttlicher
Schrifft, die von den Heyden und von Abfall zum Heydenthum reden; einfältige
friedfertige Gewissen irre machen wollen, daß dieselben keinesweges auf die drey
in heiligen Römischen Reich geduldete Religionen appliciret werden können; weil
in keiner von denenselben Christus weder der Bekäntniß nach geläugnet, noch
etwas gelehret wird, das zu der thätlichen Verläugnung Christi, das ist, zu
einen unchristlichen Leben und Wandel Anlaß geben könte: wie solches in den
Heydenthum beydes geschicht, als darinnen Christus mündlich verläugnet wird und
auch zu allen Zeiten solche Dinge von ihren Göttern gelehret und geglaubet
worden, dadurch die armen Heyden zu allen Schand und Lastern angetrieben, und
die allbereit darinnen gesteckt, in denenselben mehr und mehr gestärcket worden,
wie solches die heiligen Kirchen-Väter Tertullianus, Athenagoras, Arnobius,
Lactantius, Augustinus, in ihren für die Christliche Religion oder wider die
Heyden herausgegebenen Schrifften aufs deutlichste dargethan und erwiesen.
XXII. So sind auch die Catholischen so bescheiden, daß wenn(Zumahlen wenn man die vorige Religion nicht abschweren
und das H. Abendmahl hingegen in beyderley Gestalt geniessen darf.)
sie sehen, daß jemand sonst nicht ungeneigt ist zu ihrer Religion zu treten, sie
nicht von jeden eben verlangen, daß er seine vorige Religion abschweren solle,
sondern zu frieden sind, wenn er in der That zu der ihrigen tritt, sich darinnen
als ein andrer Catholischer Christ im äusserlichen aufführet, und durch
unnöthiges disputiren und streiten keine Irrungen zu erwecken sich angelegen
seyn lässet. Wie sie dann auch zum öfftern denenjenigen, die in ihrer Religion
leben wollen, und sich daran gestossen, daß man denen Leyen in der Communion den
Kelch entziehet, darinnen gefugt, daß man dispensiret und ihnen das heilige
Nachtmahl unter beyderley Gestalt zu reichen vergönnet.
XXIII. Wiewohl auch, und wenn schon eine dergleichen Dispensation((Wiewohl sich auch ein Christe kein Gewissen zu
machen) nicht erfolgte, sich dennoch ein Christe hierüber kein Gewissen zu
machen Ursach hätte: Indem auch bey uns Evangelischen gelehret wird, daß
derjenige, so das Abendmahl auch gar nicht habhafft werden kan, an seiner
|| [20]
(hätte wenn ihm gleich das Nachtmahl nur unter einer
Gestalt gereichet würde.)) Seelen Seeligkeit nicht zu zweiflen hat,
wenn nur die Schuld nicht an ihm lieget, daß er dasselbige verachtet, und da man
es ihm zu reichen bereit ist, dennoch nicht annehmen will. In dergleichen Fällen
aber, wo die Schuld nicht an demjenigen liegt, der das heilige Abendmahl gerne
hätte, und kan es doch gar nicht (oder nicht anders als nur in einerley Gestalt)
erlangen, pflegen unsere Evangelische Lehrer die angefochtenen Personen mit dem
dicto Augustini zu trösten, Crede & manducasti. Wenn du gläubest, so ist
es so gut als wenn du das heilige Nachtmahl genossen hättest.
(Sintemahl Lutherus selbsten sich nie von der
Catholische̅ Kirche würde getrennet haben, wenn man ihn nicht
mit Gewalt davon gestossen hätte.)
XXIV. Solte aber einen, aus obspecificirten guten Absichten zu denen Catholischen
übertretenden Christen die Abschwerung seiner Religion nachgelassen und der
Gebrauch des heiligen Nachtmahls zugelassen werden, so hätte er sich
destoweniger in seinem Gewissen zu beunruhigen Ursach, je mehr er in Betrachtung
zöge, was oben §. 17. aus D. Bergio angeführet worden, daß wenn wir bey dem
allgemeinen Christlichen Glauben ohne Gewissens-Zwang möchten gelassen werden,
wir Evangelische nicht Ursache hätten uns von denen Catholischen zu trennen. Und
zwar so kömmt dieser Betrachtung billig als ein wichtiger Grund zu statten, daß
unser seeliger Lutherus nie in Willens gehabt, sich von der Catholischen Kirchen
abzusondern, und eine neue Kirche zu stifften, als er wider den Ablaß zu
disputiren angefangen; sondern mit Worten und Wercken sattsam bezeuget, daß er
alles versucht, was zu Verhinderung einer Trennung und Absonderung nur dienlich
gewesen; wenn man ihn und die Seinigen nur dulden wollen, und nicht an
Catholischer Seiten ausgestossen und excommuniciret hätte. Wie solches noch
unlängst der seel. Herr D. Spener in Rettung der Evangelischen Kirchen wider M.
Graben cap. 2. §. 78. biß 89. p. 154. sq. stattlich ausgeführet, und sind
sonderlich die Worte Lutheri aus einem Briefe, den er an den Pabst geschrieben,
merckwürdig: Nun allerheiligster Vater, ich bezeuge für GOtt und allen seinen
Creaturen, daß ich nie Willens gewest, noch heutiges Tages bin, daß ich mir mit
Ernst hätte fürgesetzt, der Römischen Kirchen und Euer Heiligkeit auf einerley
Weise anzugreiffen, oder mit irgend einer List etwas abzubrechen. Ja ich bekenne
frey, daß dieser Kirchen-Gewalt über alles sey, und ihr nichts weder im Himmel
noch auf Erden könne fürgezogen werden, denn allein JEsus Christus der HErr über
alles. Dero halben wolle Euer Heiligkeit bösen falschen Lästermäulern nicht
Glauben geben, die von Luthero anders sagen, oder ihm auflegen, u. s. w. Zu
|| [21]
dem will ich durch eine öffentliche Schrift den Pöbel
vermahnen, daraus sie verstehen und bewegt werden, die Römische Kirche mit Ernst
zu ehren, und der unnützen Plauderer Thum-Kühnheit ihr nicht zumessen, auch
meiner Schärffe nicht folgen, u. s. w. Da nun unser seeliger Lutherus gerne in
der Catholischen Kirche blieben wäre, wenn man ihn nicht mit Gewalt daraus
verstossen hätte: Wie solte ein Lutheraner Ursach haben, an seiner Seeligkeit zu
zweiffeln, wenn man ihn mit dergleichen Indulgenz, davon obgemeldet worden, in
die Catholische Kirche wieder aufnimmt.
XXV. Man darf sich aber hierbey nicht wundern, daß ich zu(Warum bey Beantwortung dieser Frage kein Theologisches
Zeugnüß angeführet worden, auch denen Herren Theologis nicht zuzumuthen sey
dieselbe zu bejahen.) Bestärckung meiner Antwort auf die andre Frage
nicht auch Zeugnüsse andrer gelehrter Männer, wie bey der ersten Frage, anführe.
Denn ob wohl unter denen Politicis viele sind, die auch diese Wahrheit erkennen,
so haben doch dieselben keine Gelegenheit darvon zu schreiben. Von denen Herren
Theologis aber glaube ich auch gewiß, daß ihrer nicht wenig seyn, die die
Wahrheit dieser Beantwortung auch gleichfalls erkennen und nichts darwider zu
sagen haben. Daß sie aber davon schreiben solten, ist ihnen wahrhafftig von
klugen Leuten nicht zuzumuthen. Man bilde sich ein, daß an einem Ort zwey Medici
wären, die aus unterschiedenen und theils widrigen Principiis curireten, und
beyderseits gute Euren thäten. Es ist kein Zweiffel, daß sie, wenn sie
vernünfftig seyn, in Privat-Discursen von einander alles gute reden werden. Wer
wolte aber einen von ihnen zumuthen, daß er in Schrifften, und zwar mit
Rationibus, auf die Frage: Ob der Patiente, der sich bißhero von ihm curiren
lassen, und sich bey dessen Curen nicht übel befunden, nunmehro wenn er von ihme
ab- und zu dem andern träte, auch mit Grunde eine baldige Genesung zu hoffen
hätte? mit Ja antworten solle. Es sind viel Dinge in der Welt, die an sich
selbsten gut oder indifferent seyn, die sich aber doch nicht für jederman
schicken, daß sie von ihnen vertheidiget werden. Und ist dannenhero genung, daß
aus der Decision der ersten Frage bißhero deutlich dargethan worden, aus was
Ursachen ein Lutherischer Christ, der aus guten Absichten zur Catholischen
Religion übertritt, an seiner Seelen Seeligkeit nicht zu zweiffeln habe.
§. IV. Ehe ich noch weiter gehe, anzumercken, was ferner nach(Nöthige Anmerckungen von einer andern) diesen
verfertigten Responso in facto erfolget, will sehr nöthig seyn, diese kurtze
Erinnerung zu thun, daß man aus dieser meiner Beantwortung der mir damahls
fürgelegten Frage bey Leibe mir nicht imputiren möchte; als wenn ich den
Ubergang von der Lutherischen zur Catholischen Religion,
|| [22]
(Frage, ob dergleichen Ubergang zu rathen.) er
möge nun von Privat-Personen oder von Hohen Fürstlichen Personen, so wohl
männliches als weibliches Geschlechts geschehen, gerathen und approbiret hätte,
oder vor indifferent hielte. Denn das ist eine gantz andere Frage, indem
unzehlich viel Dinge seyn, die dem Menschen nicht an der Seeligkeit zu hindern
aber deswegen doch nicht eben zu preisen und für andern zu recommendiren, oder
indistincte allen Menschen zu rathen sind; Als z. E. Tage-Löhner Arbeit,
Betteln, Hungern, Schul-Arbeit, Schulfüchserey, Universitäts-Collegia halten,
Jagen, Reiten, Fechten, Springen, Tantzen, Ball spielen, Kauffmannschafft
treiben, die Bet-Stunden besuchen, Autores Satyricos oder Polemicos &
maxime Calovianos, oder Mysticos & Böhmysticos lesen und dergleichen
unzehlig mehr. Ich glaube nicht, daß einer der diese Dinge thut dadurch die
Seeligkeit verliehre; aber deshalben rathe ich es keinen, daß er eines von
diesen Dingen thue, ich mißrathe es ihm auch nicht, daß er es unterlasse. Also
wird man mir nicht übel nehmen, daß ich keinen Lutheraner rathe Catholisch zu
werden, ja ich rathe auch nach meinem wenigen Verstand keinem Catholischen, daß
er Lutherisch werden solle. Aber auch diese Assertion muß mir nicht, wie
insgemein von denen Pedantisch-Gelehrten zu geschehen pflegt, anderwerts
verdrehet werden; als wenn ich diejenigen tadelte, die von der Lutherischen
Religion zur Catholischen, oder von der Catholischen sich zur Lutherischen
gewendet, oder sich darzu wenden oder ihre Religion sonst changiren wolten. Alle
Consilia und Rathschläge gründen sich auf viele veränderliche, oder nicht bey
allen Menschen sich auf gleiche Weise befindliche Umstände; und mag dannenhero
ein Gelehrter in solchen Fällen wohl anderer Meinung von eines andern Thun und
Lassen, ob er es vor nützlich und wohl gethan halte, seyn, ohne daß er deshalb
den, so es thut, tadele oder verachte: eben wie ein Rath nicht Ursache hat den
andern, der in seinem Voto nicht seiner, sondern einer gantz andern Meynung ist,
als seinen Feind oder Widerwärtigen anzusehen. Daß aber leider! unter denen
Gelehrten diese beyderley bißher angemerckte Confusiones fast überall noch
herrschen, ist nicht denen so genannten Politicis oder Hofleuten zuzuschreiben,
sondern denen uhralten Schulfüchsereyen, nicht etwa der niedrigen, sondern der
hohen Schulen und Universitäten. Und damit nicht jemand meynen möge, als
stichelte ich hiermit auf die drey andern Facultäten, will ich mich offenhertzig
erklähren, daß ich denenselben hiemit lediglich überlasse, daß sie selbst in
ihren Busen greiffen und fühlen, ob sie noch dergleichen Unarten an sich haben;
(denn meines Erachtens sind dieselbe sehr handgreiflich) von
|| [23]
meiner Facultät aber scheue ich nicht zu bekennen, daß dieselben
von dem Jure Canonico, und dessen unzeitigen Admiratoribus herrühren.
§. V. Und obwohl die Application dieser Anmerckungen auf die(Absonderlich Privat-Personen und Gelehrten.)
Frage von Veränderung der Religionen, und meine Meinung von derselben, einen
eigenen Tractat erforderte, will ich doch allhier so kurtz als möglich ist meine
Gedancken offenhertzig entdecken, damit man mich nicht beschuldige, als hätte
ich in diesen Stücken gefährliche Lehren, und wolte mit der Sprache nicht
heraus. Betrachte ich anfänglich eine Privat Person, und unter denenselben in
specie einen Gelehrten oder Juristen; so ist es wohl an dem, er kan durch diese
Changirung, es sey nun von und zu was für einer Religion es wolle, Reichthum und
Ehre erlangen, (denn wollüstiger Dinge halber geschehen dergleichen
Veränderungen wohl sehr selten.) Aber er kan auch gar leichte in Verachtung und
Armuth dadurch gerathen. Diejenigen von derer Religion er abtritt, sehen ihn an,
und ruffen ihn aus, als einen Apostatam; und die zu derer Religion er übertritt,
geben ihn zwar in Anfang gute Wort, und thun grosse Versprechungen, aber wenn er
einmahl übergetreten ist, muß er zum öfftern auf gantz sclavische Weise nach der
etwa des Orts herrschender Clerisey ihrer Pfeiffe tantzen / und darf nicht
einmahl drüber muxen, damit ihn nicht jederman auslache. Es ist wohl an dem, daß
diese Anmerckung nicht universel sey, sondern sich hier und dar Exempel finden,
da solches nicht geschehen. Aber es ist genung, daß diese Exempel rar seyn, und
gleichwie das Römische Recht lehret, quod de iis, quae semel aut bis fiunt, non
fiant leges, aut non fieri debeant, also ist ausgemacht, daß man die politischen
Rathschläge gleichergestalt nach dem, was mehrentheils zu geschehen pfleget,
einzurichten hat. Hat aber ein Gelehrter einmahl diesen Fehler begangen, und ist
übergetreten, und es ergehet ihn hernach nicht nach Wunsch, so muß er sich ja
wohl hüten, daß er nicht noch eine grössere Thorheit begehe, und von der neu
angenommenen Religion wieder zu der alten trete, die er einmahl verlassen hat,
wenn man ihm auch gleich noch so grosse Versprechen thäte, sondern er dencke
alle Augenblick an den bekanten Vers: Fistula dulce canit, volucrem dum decipit
auceps. Wer noch einige Scrupel über diese Anmerckung bey sich befindet, der kan
so gut seyn, und den Lebens-Lauf des bekannten und berühmten Marci Antonii de
Dominis ein paar Tage wohl und reiflich überlegen und betrachten.
|| [24]
(Oder Fürstlichen Regenten.)
§. VI. Was Fürsten und Regenten betrifft, so habe ich bey derselben Ubertretung
von einer Religion zur andern diese Dubia. Sind sie Catholisch; so reissen sie
sich zwar durch ihre Changirung, das unerträgliche Päbstische Joch von Halse; es
ist aber eine andere Frage, die ein jeder unpartheyischer Leser selbst
beantworten mag, ob sie bey dieser Changirung nicht unter das Joch der ohne
Pabst das Kirchen-Regiment exercirenden Clerisey fallen dörfften, und also
gewärtig seyn müssen, daß sie nicht etwan eines Bauren oder Handwerckmanns-Sohn,
der das Volck auf seiner Seite hat, und einen Gern-Past agiret, viel ärger und
gröber (jedoch alles unter den Schein der Beförderung Göttlicher Ehre und seines
independirenden geistlichen Amts) tractiren werde, als nimmermehr ein nur ein
wenig gescheider Pabst) der doch an sich gleichfalls zu Rom und in Italien ein
ansehnlicher und gewaltiger Fürst ist) einen Catholischen weltlichen Fürsten
zuthun sich leichtlich unterstanden. Vielmehr, wenn ein solcher Catholischer
Fürst und Regent sonsten mit Klugheit und Weißheit von GOtt begabet ist, auch
sonsten in Macht, Autorität und Ansehen stehet, und die Münche (in lata
acceptione, ut etiam comprehendantur Domini Jesuitae) nicht über sich herrschen
läßt, sondern mit gleich-gesinneten Catholischen Ministern versehen ist, so hat
er sich nicht leichte zu besorgen, daß ihm der Pabst und seine Geistliche
Leibgarde schaden, oder einen Eingrif in sein Regiment thun werde. Was einen
Evangelischen Fürsten belangt, so mag es wohl seyn, daß er irraisonabler Weise
von einigen seines Cleri tractiret werden kan; und also unter dem Vorwand, daß
wenn er ja vexiret seyn, er sich doch lieber von einen in gantz Europa so hoch
venerirten Pabst, als von einen geringen und sonst ohne des Volcks Beystand
ohnmächtigen Clerico vexiren lassen wolte, eine Reitzung bey sich befindet, sich
zur Catholischen Religion zu begeben; aber er wird bald vermögend seyn, diese
Reitzung zu unterdrücken, wenn er bedenckt, daß er (zumahlen itzo, da hin und
wieder die gesunde und vernünfftige Lehre von dem Recht Evangelischer Fürsten in
Kirchen-Sachen unter denen Protestirenden bekanter wird, und mehr und mehr
Eingang findet,) viel geschickter seyn werde sein Ansehen und Regiment durch
behutsame, aber hertzhaffte Consilia in der protestirenden Kirche wider den
etwan sich blicken lassenden, aber noch nicht eingewurtzelten Clericalischen
Dominat nachdrücklich zu behaupten, als wenn er sich zu einer Religion begeben
wolte, in welcher der Päbstliche Dominat viel zu feste eingewurtzelt ist, als
daß er denselben zu heben vermögend seyn solle. Gesetzt auch, er liesse sich
|| [25]
durch etliche Exempel bereden, daß zum wenigsten so
lange er lebte ihn der Pabst und sein Anhang seinen Willen lassen und nicht
sclavisch tractiren werde; so hat er doch auch zu bedencken, ob wohl
vernünfftiger Weise zu hoffen sey, daß nach seinen Todte das Päbstische Joch
nicht seine Successores, oder doch zum wenigsten das arme Land und die
Unterthanen betreffen werde.
§. VII. Was drittens Fürstliche Personen weibliches Geschlechts(Oder Fürstliche Printzessinnen.) betrifft, und
zwar die sich an Fürsten von anderer Religion zu verheyrathen gesonnen sind, da
dürfften wohl die bisherigen Anmerckungen nicht zulänglich seyn, sondern es
würden wohl noch andere Umstände dabey beobachtet werden müssen. Wenn beyde
Religionen in dem Lande, das der Fürste beherrschet, ohne dem toleriret werden,
und in schwange gehen, zumahlen wo die von der Religion des Regenten
dissentirende Unterthanen die gröste oder doch eine grosse Parthey ausmachen, da
würde sich wohl schwerlich eine Ursache finden, warum man der Fürstin rathen
solte, ihre Religion zu verlassen, und die Religion ihres Fürstlichen Gemahls
anzunehmen, vielmehr dörfften sich viele Gelegenheiten ereignen, daß wenn auch
die Fürstin bey ihrer Religion verbleibet, die einmahl an selbigen Ort
eingeführte mutua tolerantia dieser beyden unterschiedenen Religionen immer mehr
und mehr befestiget und ein gutes Vornehmen zwischen der Geistlichkeit
beyderseits Religionen gestifftet werden könte: daferne aber die Religion des
Fürsten in seinen Landen die Religion, in welcher die Fürstin erzogen,
unterzudrücken gewohnet wäre, ist leichte zu begreiffen, daß alsdenn die Braut,
wenn man ihr gleich nicht zumuthete, zu der dominirenden Religion überzutreten,
nebst ihrer Geistlichkeit grosse Verfolgung und Unglück sich zu befahren haben
würde, wenn sie nicht zu der Religion des Fürsten überträte, und also würde sie
auch in diesen Stück klüger handeln, wenn sie, daferne sie ja auf der Heyrath
bestünde, sich bey Zeiten zu des Regenten Religion bequemte.
§. IIX. Dieses sind so meine einfältige Gedancken von denen vornehmsten(Praeliminar-Erinnerungen von
denen folgenden Theologischen Responsis.) Fällen die Religions-Enderung betreffend,
deswegen ich aber mit niemand zu zancken gesonnen bin, sondern das bekante
Sprich-Wort beobachten werde: De gustibus non esse disputandum. Wiederum auf das
oben gemeldete Responsum zu kommen, wurde selbiges nicht alleine von S.
Hochfürstl. Durchlauchtigkeit gnädigst aufgenommen, sondern ich erhielt auch
Copeyen von denen Responsis die gar unterschiedene und berühmte Theologi unserer
Kirchen in dieser Sache gegeben hatten. Und ob wohl etliche davon mit mir in
keinen Stücken einig waren, ich auch
|| [26]
besage dessen,
was ich zu Ende meines Responsi angeführet hatte, mich keines einigen versahe,
der die vorgelegte Fragen, sonderlich aber die letzte, hätte bejahen sollen; so
befande ich doch über Vermuthen, daß etliche unter denenselben, und zwar die
stärckste Parthey in Vertheydigung der Meynung, die ich auch behauptet, mir
vorgegangen, unerachtet sie weder von mir noch ich von ihnen gewust. Weil nun
mein Responsum schon damahls zu W. wiewohl ohne Beysetzung meines Nahmens zwar
mandatu Serenissimi aber doch, wie ich berichtet worden, auf Einrathen etlicher
von denen Herren Theologis, die eben das defendiret, meiner oben gemeldeten
Deprecation unerachtet gedruckt worden; Als wird es ihnen verhoffentlich auch
nicht zuwider seyn, daß ich dem curieusen Leser allhier auch die ihrigen
mittheile, zumahlen da einige davon; (als man ihnen falsche und erdichtete
Responsa andichtete, und unter Beysetzung ihres Nahmens drucken liesse) in ihrer
Vertheydigung bezeiget, daß sie wohl könten geschehen lassen, daß ihre ächte
Responsa publiciret würden. Denen andren, die disfalls von uns dissentiret, wird
es ohnedem nicht zuwider, sondern vielmehr lieb seyn, daß der Leser auch von
ihren Responsis Nachricht bekomme. Damit ich aber auch in diesen Stück keiner
Parthey verdrießlich falle, will ich mich dieser Behutsamkeit bedienen, daß ich
allhier die Nahmen und Officia derer Herren Autorum absque praejudicio
eruditionis & ordinis nach Ordnung des A. B. C. und zwar in Ansehen
ihrer Zunahmen, auch nur mit denen Anfangs-Buchstaben specificire, hernach aber
ihre Responsa selbst nach Ordnung der Zeit, wenn sie selbige verfertiget, ohne
einige fernere Andeutung derer Herren Autorum dem Leser mittheile, und dessen
Judicio und Fleiß überlasse die Herren Autores, von welchen ohnedem der gröste
Theil bereits verstorben ist, zu errathen oder an gehörigen Orte zu erforschen.
Es sind zusammen zehen Responsa, die Herren Autores davon sind folgende. 1) C.
H. B. S. G. G. 2) C. C. S. Z. 3) I. F. P. H. 4) H. V. D. H. P. H. 5) I. B. N. P.
H. 6) A. R. P. L. 7) I. H. S. P. H. 8) A. S. 9) F. W. P. H. 10) C. T. W. P. H.
(Das erste Theologische Responsum.)
§. IX. Das erste Responsum (so viel nunmehro die Ordnung der Zeit nach betrifft)
war datiret d. 8. Augusti 1705. und war in selbigen die erste Frage mit
Unterscheid, die andre aber schlechterdings negative beantwortet. Der Herr Autor
hatte in übrigen die Gabe eines deutlichen und angenehmen styli nicht, wie das
nunmehro folgende Responsum selbst zeigen wird.
(Beantwortung der)
Auf die mir den 8. hujus gnädigster Verordnung gemäß communicirte Anfragungen
soll in unterthänigster Andienung dem im geringen
|| [27]
Maaß
mir beywohnenden Begriff nach unverhalten. Und zwar da (1)(ersten Frage mit Unterscheid.) gefraget wird: Ob
nicht ein jeder Mensch es lebe derselbe bey denen Lutherischen oder bey denen
Catholischen wann er Christum nach dem geoffenbahrten Wort, für das Mittel der
Seeligkeit hält, dessen Verdienst und Gerechtigkeit durch den wahren Glauben
ergreiffet, und ihn appliciret, das ewige Leben
erlange? So erachte in unterthänigster Unmaßgeblichkeit, daß freylich der
inwendige Glaubens-Ergriff des H. Verdienstes Christi den Menschen für GOttes
Gericht rechtfertige; Doch solchergestalt, daß sothaner Ergriff mit der
Thätlichkeit des Glaubens aus und in Christo vergesellschaftet seyn müsse.
Zuförderst will das Christliche Religions-und Glaubens-Wesen, wie nach Fügung
Göttlicher Providence in menschlichen Societäten und Christlichen Gemeinden, so
nach denen Satzungen GOttes und CHristi auch in äusserlichen unbefleckten Wesen
und Gottesdiensten sich geführet wissen. Dahin denn ohnzweiffentlich mit gehöret
die reineste (so viel in dieser Unvollkommenheit müglich ist) und unbefleckteste
Kirche, darinn man seinem GOtt den unbefleckten heiligen Dienst hier auf Erden,
biß man zu der Gesellschafft der vollkommenen Geister in der triumphirenden
Kirche hinan komme, halte. Da ist nun zwar kein Zweiffel, der gütige GOtt werde
mit denen Heerden und derer armen Schaaffen, die auf keine andere Weyde geführet
sind, väterliche Gedult tragen; solten aber diejenigen Lämmer, welche er in
seinen Busen getragen, dieselbe zu den frischen Wassern und grünen Auen des
Lebens geführet, vorsetziglich auf die Moräste oder dürre Hayden lauffen, da
hätte es wohl eine andere Aussicht. Die Catholische Kirche demnach betreffend,
so kan nicht geläugnet werden, daß der Eckstein Zions und der Grund der
Seeligkeit darinn nicht gantz aufgehoben sey: Doch ists offenbahr, daß auf
diesen Grundstein viel Heu und Stoppeln aufgebauet; das Feuer aber wirds
verzehren, und wo man ein Gebäude von Perlen und Edelgesteinen haben kan, wer
wolte des andern? Immittelst ist das ohne Zweiffel, GOTT dulte Heu und Stoppeln
an Gebäuden, die nicht anderst aus Mangel und Schwachheit erbauet, jedennoch,
wie solte er ihm gefallen lassen, daß man die Perlen, die er mit göttlicher
Sorgfalt an sein heiliges Gebäude gesetzet, ausreiste und Stoppeln an ihre
Stelle setzte? Oder auch, wer wolte aus einen Fürstlichen saubern Pallast in
eine unrendliche Bauer-Hütte ziehen? Und wann dieses in himmlischen Sachen
geschehen würde, dürffte es zweiffels frey dem heiligen reinen GOtt nicht
sonderlich gefallen. Diesemnach ermesse, meinem geringen Begriff nach, nicht
irraisonable zu
|| [28]
seyn, einen fleißigen Unterscheid zu
machen, unter denen Leuten, welche denen Catholischen Communionen einverleibet
seyn. Sind sie darinn erzogen und haben keine bessere Information gehabt, so
hoffe zu der überschwenglichen Barmhertzigkeit GOttes, sie werde, wenn solche
Leute anders sich an das Heyl der Welt im Glauben, Christlichen Wandel und Buße
halten, die übrige Fehler übersehen. Zweifle hingegen gar sehr, ob ein
Christen-Mensch, der in der Evangelischen Religion erzogen, und die Fehler der
Catholischen Kirche eingesehen, jedennoch vorsetzlich aus dem reinen Schooß
seiner Mutter in die befleckte Arme einer widrigen Gemeinde fället, für GOtt
entschuldiget seyn könne. Und von solcher Consideration würde auch nicht
eximiret seyn können, ein gebohrner Catholicke, welcher entweder aus Reisen in
Evangelischen Ländern, oder durch andere Occasionen, der gütigen Hand GOttes zu
einem höhern Licht aus der Finsternüß des Pabstthums eluctiret seyn würde.
Diesemnach würde auf erstgesetzte Frage zu antworten seyn, daß zwar diejenige,
so wohl bey Lutherischen als Catholischen, die Christum für ihren Heyland
erkennen, und andey ein gottseeliges Leben in Christlicher Einfalt, ohne
Einsehung derer Papistischen Irrungen führen, das ewige Leben erlangen;
diejenigen hingegen, welche unter denen Catholischen Christum nach dem
geoffenbahrten Worte, als das eintzige Mittel der Seeligkeit halten und
erkennen, jedennoch die wider solches Erkäntnüß lauffende Irrsalen nebst andern
gefährlichen abusen vermittelst Zugesellung zu gemeinen Catholischen Hauffen
mitmachen, oder wenigstens simulando approbiren, daß sothane Leute wider ihre
Conscience zum wenigsten hypocritisch und scandalens handeln, auch folglich,
weiln der Glaube durch die aufrichtige ungefälschte Liebe gegen GOtt und den
Nächsten thätig seyn muß, dem Schiffbruch der Seele gefährlich nahe treten.
(Verneinung dër andern Frage.)
Obgesetzten Gründen nach würde auf die andere Anfrage: Ob dann nicht eine
Lutherische Printzeßin, welcher eine Heyrath mit einem Catholischen König, unter
der Condition, daß sie sich zu selbiger Religion begebe,
proponiret worden, sich dazu salvâ aternâ salute resolviren können und zwar um so viel mehr, wann
darbey die Göttliche Providence zu spühren, und mithin
die Wohlfarth des gemeinen Wesens und ihres eigenen Hauses befördert werden
kann zu unterthänigster Antwort angefüget werden müssen: Daß es allerdings an
dem, daß die Wohlfarth des gemeinen Wesens auch eigenen hohen Hauses in hohe
Consideration zu ziehen, zuförderst da die Göttliche Providence dabey zu
spühren; jedennoch alldieweiln
|| [29]
hierunter aeterna
salus, wie gar Christ-Fürstlich conditioniret wird, angeführten Rationibus nach,
nicht nur an Seiten höchstgemeldter Luther. Princessen, utpote in sinn
Evangelicae Ecclesiae natae, educatae meliusque adeo informatae, sondern auch
dero hohen theuresten Posterité, als welche, posito casu, nothwendig denen
Catholischer Kirchen führenden Maximes nach in deroselben gefährliche
Verfehlungen verfallen müste, versiret, diesemnächst sothane
Religions-Veränderung eine grosse Beäugung in Evangelischer Kirche zum
gefährlichen Nachfall, auch wohl zu Unterdrückung Evangelischer Gemeinden,
causiren dürffte, also möchte es anscheinen, es dürffte so gestallte Verehligung
in tieffste Gewissens-Consideration gezogen werden müssen. Was übrigens der
klügste unter denen Königen, der sonst Gott-erleuchtete Salomon ihm und seinem
Hause dadurch, daß er von ausländischen Weibern (& sic & in
simili passu) sein Hertz lassen neigen fremden Göttern nach, nebst dem Tempel,
zu bauen Chames und Moloch eine Höhe, für einen Unfall auf seine Königliche
Posterité gebracht, nicht minder was bis auf den heutigen Tag für eine Fatalité
auf gewisse Familien stehe, diesemnechst was die Changirung der Religion eines
Reformirten Printzens um der irrdischen Crone willen gethan, in Fortpflantzung
Catholischen Eyffers auf die Cron-Erben mit Unterdrückung derer anders
gesinneten, liegt ex sacra & profana Historia zu hellem Tage, da denn
wohl zu vermuthen, die Verantwortung sothaner bedencklichen Consequencen,
dürffte hauptsächlich auf die Autores und Consultores ankommen. Ich habe dieses,
weiln in mediis occupationibus officii begriffen, rudi plane Minerva zu
unterthänigster baldigster Expedirung deproperiren müssen, mich beziehend auf
beygehendes geringfügiges Responsum auf Anfrage eines vornehmen Ministri in
simili casu, in unterthänigster Bitte, alles in Gnaden aufzunehmen.
§. X. Das andere Responsum war den 13. Augusti datirt. (Das andere Theologische Responsum.) Die Behutsamkeit und Einschränckungen, derer
sich der Herr Autor bey Beantwortung der andern Frage bedienet, setzen eines
Theils einen unpartheyischen Leser in Zweiffel, ob dieselbe nicht vielmehr in
der That vor eine Verneinung, als Bejahung der Frage zu halten sey; anders
Theils aber bekräfftigen sie dasjenige, was ich in meinen Responso zu Ende
desselben angeführet, (warum einen Lutherischen auch sonst bescheidenen Theologo
nicht wohl zuzumuthen sey, daß er diese Frage bejahe,) welches zugleich auch den
Herrn Autorem entschuldiget, warum er
|| [30]
seine Meynung
wegen der andern Frage nicht so offenhertzig, als wegen der ersten, von sich
gesagt. Das Responsum lautet also:
(Vortrag der zweyen Fragen.)
Als es unsern Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn gnädigst beliebet, von mir zu
begehren, meine in göttlichen und in andern öffentlichen Schrifften gegründete
Gedancken solchermassen von einigen Fragen auszufertigen, wie ich dieselben
jederzeit zu verantworten mir getrauete; so habe bald unter Anruffung des
allerhöchsten GOttes, solche vorgelegte zwei folgende Fragen, als viel es meine
übrige nothwendige Amts-Geschäffte damahls leiden wollen, zu erwegen
fürgenommen, deren erste also lautet: Ob nicht ein jeder Mensch, es lebe
derselbe bey den Lutherischen oder Catholischen, wenn er Christum nach den
geoffenbahrren Worten für das Mittel der Seeligkeit hält, dessen Verdienst und
Gerechtigkeit durch den wahren Glauben ergreifft und ihm appliciret, das ewige Leben erlange? Die zweyte Frage aber folgender
massen entworffen war: Ob denn nicht eine Lutherische Printzeßin, welcher eine
Heyrath mit einem Catholischen Könige unter der Condition, daß sie sich zu selbiger Religion begebe, proponiret worden, sich darzu salvâ aeternâ salute
resolviren könne, und zwar um so mehr, wenn dabey die Göttliche Providenz zu spühren, und mithin die Wohlfarth des
gemeinen Wesens und ihres eigenen Hauses befördert werden kan? Welche Fragen
solchergestalt abgefasset zu seyn scheinen, daß wo die eine bejahet und
festgestellet werde, die andere daher auch als wahr und festgestellet folgen
solle.
(Warum es scheine daß die erste zu verneinen sey.)
Nun ists an dem, daß zwar viele in der Lutherischen Kirche derer Catholischen
Lehr-Sätze also angesehen haben, als wenn einer bey der Catholischen Religion
unmöglich Christum nach dem geoffenbahrten Worte GOttes für das eintzige Mittel
der Seeligkeit halten könne, indem sie die Verdienste der Heiligen, und
dergleichen, dem Verdienste Christi beyzufügen sich nicht entblöden, nach
welcher angestellten scharffen Censur dann die erste Frage an sich umsonst seyn
würde, wie es umsonst wäre, von dem Socinianismo zu fragen: Ob man Christum bey
ihnen noch jetzo für unsern Fürsprecher halten könne, oder derselbe bey ihnen
dafür gehalten werden möge, indem man weiß, daß solches mit ihren Lehr-Sätz-n
nicht bestehen kan.
(Die Bejahung dersel-)
Jedennoch muß man gleichwohl für dem allsehenden GOtt, der da laut des achten
Geboths nicht will, daß wir unsern Nechsten und dessen
|| [31]
Worte übelhandeln gestehen, daß vorangeregte Censur gar zu hart sey, (ben, und derer Beweiß aus klaren Worten Catholischer
Lehrer.) ja man muß vielmehr bekennen, daß in der Catholischen Kirche
allerdings Christus nach dem geoffenbarten Worte für das eintzige Mittel der
Seeligkeit gelehret werde, auch darinn dafür gehalten und geglaubet werden
könne, wie auch noch in diesem 1705ten Jahre Fr. Dionys. Werlensis Provinciae
Colonienfis Cappucinus, in seinem Buche unter dem Titul: Der eintzige Mittler
zwischen GOtt und den Menschen, der Mensch Christus JEsus, solches rechtschaffen
ausgeführet, und noch einige Jahre vorhero in seinen Catholischen Ehren-Retter
1698. mit einer grossen Menge Zeugnüssen 50. unterschiedlicher Catholischer
Scribenten befestiget hat, unter welchen des Alphonsi Tostati eines gelehrten
Spanischen Bischoffs Worte: Durch niemand, denn nur allein durch Christum und
dessen Blut kan man ins Himmelreich kommen, fast gäntzlich mit denen Worten
erster Frage übereinstimmen; die ihnen vorgeworffene Vorbitte, oder wie man zu
reden pfleget, Ehre der Heiligen aber, wo sie zum Nachtheil Christi zu geschehen
ihnen beygemessen wird, eine angedichtete Blame sey, massen es mit derselben
eine gantz andere Bewandnüß hat, und die Heiligen dem Verdienste Christi von
ihnen gar nicht an die Seite gesetzet werden. Wie Fr. Dion. Werlens. in seinen
erst angeführten Tractat p. 13. §. 14. lehret, wenn er schreibet: Daß nur allein
Christus unmittelbar und durch sich selber bey dem allerhöchsten GOtt für uns
bitte und spräche etc. Und §. 15. Daß alle Engel und Heiligen, gleichwie sie
GOtt nicht durch sich selber gefallen, uns nicht de
condigno verdienet haben, oder verdienen können, also auch mit nichten
durch sich selber und durch ihre eigene Verdienste, sondern nur allein durch
Christum und dessen theure Verdienste für uns bitten und erhöret werden. Wenn
nun dieses fest gesetzet ist, daß bey den Catholischen nach dem geoffenbarten
Worte Christus für das eintzige Mittel der Seeligkeit gehalten werde, und bey
ihnen gehalten werden könne, wie sie es ja selbsten aus Heil. Schrifft und zwar
aus der I. Tim. II. 5. Joh. II. 12. Esai. LIII. behaupten, so wolte daher auch
folgen, daß die erste Frage mit Ja zu beantworten, daß nemlich ein jeder bey den
Catholischen, wenn er Christum nach dem geoffenbahrten Wort GOttes für das
Mittel der Seeligkeit hält, dessen Verdienste und Gerechtigkeit durch den wahren
Glauben ergreiffet, und darinnen beständig biß an sein Ende verharret, das ewige
Leben erlange. Joh. III. 16. Cap. XVII. 3. Act. X. 43.
Wo aber die folgende und 2te Frage daher deduciret und beiahet wer
|| [32]
den(Bey der an-)
(dern Frage Einwurff wegen des dritten
Artickels.) soll, müssen noch erst (jetzo nicht zu gedencken, daß ob wohl
der Glaube an Christum der Haupt-Grund unserer Seeligkeit sey, wir dannoch nicht
weniger an die übrige Glaubens-Lehren auch des 3ten Articuls, als an diesen
verbunden seyn, wovon aber Bellarminus vormahls selbst angezeiget, daß in dreyen
Glaubens-Lehren des dritten Articuls als von der Christlichen Kirche, Gemeine
der Heiligen, und Vergebung der Sünden unsere und die Catholische Kirche
einander contradicirten) vorhero noch zwey Umstände wohl zu Gemüthe gezogen, und
was dabey sich ereignet, abgelehnet werden.
(Dabey in acht zu nehmende Cautel, wegen des Abendmahls.)
Der erste Umstand ist, weiln nach der 2. Thess. 3, 2. der Glaube nicht jedermanns
Ding, und nicht bloß in einem menschlichen Gedancken bestehen muß, wie solches
Lutherus aus dem Joh. I, 13. in seiner Vorrede über die Epistel an die Römer,
und auch in seinem Commentario über das 8. Cap. Genes. wie auch in einer Predigt
1573. zu Wittenberg gehalten, vortreflich ausführet, sondern eine göttliche
Krafft und Licht ist, welches in eines bußfertigen Hertzen entzündet wird,
welches dann dieses mit sich führet, daß man einen Greuel habe, an dem, was GOtt
mißfällig ist, und nach der Lehre Esaiae 1. mit der That und Warheit solches
abzulegen oder zu fliehen geflissen sey, wo aber ein solcher Sinn sich nicht
findet, man sich nach Act. 7. zum Glauben untüchtig machen könne, ob gleich
sonst laut Actor. 17. GOtt jedermann fürhält den Glauben, und Christus laut Joh.
1. gerne alle Menschen erleuchten will, und aber bey der Catholischen Lehre noch
einiges sich ereignet, welches GOtt sehr mißfällig und dahero abzuthun sehr
nöthig, dessen sich aber würcklich theilhafftig zu machen höchst
Seelen-schädlich ist, unter welches die Austheilung des H. Abendmahls unter
einerley Gestalt wohl zu rechnen seyn würde, massen dasselbe schlechterdings
nach den Worten der Einsetzung Christi unter beyderley Gestalt zu nehmen ist;
Als hätte eine solche Princesse, wo sie zur Catholischen Religion sich begeben
wolte, ihr die Geniessung des H. Abendmahls sub utraque zu praeserviren, welches
denn wohl zu erhalten seyn wird, indem es bey den Catholischen wohl mehrern
schon zugestanden ist, und der Bischoff von Tina unter Päbstlicher Vollmacht
vormahls allen zustehen wolte; Da denn inzwischen einer Dame der würckliche
Genuß solcher beyderley Gestalten, unter welchen es der HERR eingesetzt hat,
genug seyn mag, und hingegen denen Doctoribus es auszumachen, überzulassen
hätte: Ob aus Nothwendigkeit der Einsetzung Christi, oder Dispensation des
Pabsts solches geschehen müsse.
|| [33]
Der andre Umstand ist dieser, daß, obwohl einer, der in der Catholischen(Ingleichen wegen Besuchung der Messe.) Religion
lebet und erzogen worden, mit vorgesetzter ersten Frage, in dem er aus Furcht
oder andern Ursachen zu uns nicht übertreten kan, sein Gewissen beruhigen
möchte, es jedennoch einen Lutherischen, der da weiß, daß unsere Evangelische
Kirche in vielen Stücken reiner ist, als die Catholische, sehr bedencklich
fallen muß, von einer reinern zu einer unreinern Kirche sich zu begeben, die
Messe aber noch Unreinigkeiten mit sich führet, ob sie gleich in der Wahrheit
nicht so greulich auszuruffen, wie es von einigen der unserigen geschehen ist,
wenn sie deswegen, als wann man Catholischer Seiten von derselben einen Wahn des
Verdienstes hätte, und dieselbe ausgäbe, daß darinn der Leib und Blut Christi
solchermassen dem himmlischen Vater aufs neue aufgeopffert würde, daß es ein
iterirtes Sühn-Opffer sey, und also zur Schmach des Versöhn-Opffers Christi
gereiche, ein gotteslästerliches Meß-Opfer nennen, da doch ja dero einer
ausdrücklich gestehet; Es sey ferne vom Glauben, daß das Meß-Opffer
solchermassen versöhnlich sey, wie das Opffer Christi am Creutz, denn dieses sey
alleine verdienstlich zur Sünden-Vergebung und Gnaden-Erlangung, das Meß-Opffer
aber sey nur ein Instrumentum, dadurch gleichwie durch die Sacramenta und
Glauben Christi Verdienst unser werde. Und P. Gottfried Sittarz S. I. in seinem
Tridentinischen Glaubens-Bekäntnüß p. 156. schreibet: Wir erkennen ein eintziges
Versöhnungs-Opffer am Creutz, und dasselbe über und über genugsam für das Heyl
der gantzen Welt. Ebr. 9. & 10. Das Meß-Opffer aber halten wir nur
allein als eine von Christo Matth. 26. befohlene Erinnerung und Application des Creutz-Opffers, dadurch gleichwie durch
andere Sacramenten, wie auch durch den Glauben, Hofnung, Liebe etc. der Werth
des am Creutz vergossenen Blutes uns zu Theil wird. Wenn aber gleichwohl noch
ein und andre grobe Schlacken, e. g. daß es den Verstorbenen zu statten komme,
noch mit unterlauffen, als hätte eine von unserer zu der Catholischen Religion
zu übergehende Printzeßin, wenn bloß aus solcher Absicht Messe gelesen würde,
sich derselben zu entziehen, sonsten aber denenselben nur als Beth-Stunden,
darinn die eigene und allgemeine Noth dem gütigen GOtt vorzutragen beyzuwohnen,
welches moderate Catholische derselben auch werden zustehen müssen, wo es ihre
ernstliche Meynung ist, wenn sie schreiben: Daß, was im Meß-Opffer von Vorbitte
geschehe per modum Suffragii ausgerichtet werde.
Wie dann auch überall dahin zu sorgen wäre, da von einem moderaten(Und überhaupt wegen Bey-) Theologo die Lehren und
Meynungen Römischer Kirchen der
|| [34]
(bringung der Catholischen, und Verschwerung der
Lutherischen Religion.) Printzeßin nicht nur beygebracht, sondern auch
davon ein Aufsatz gemachet werde, welchen ein moderater Theologus Lutherischen
Religion sehen dörffte, massen die Erfahrung zeiget, wie fast unerträglich die
Schmeichler des Päbstlichen Stuhls oder sonst unerfahrne Leute die Lehr-Sätze
Catholischer Religion zu proponiren pflegen. Wenn auch einer Evangelischen
Printzeßin sehr hart seyn würde, en general die Lutherische Religion und die so
derselben zugethan sind, und zugethan gewesen, abzuschweren, wäre zu
Conservirung dero Gewissen, dahin die Sache zu disponiren, daß dieselbe mit der
Abschwerung verschonet bliebe und absolutionem ab haeresi zu begehren nicht
genöthiget würde.
(Nöthige Prüfung der vorgeschützten Göttlichen Providenz
und zu publicirende Declaration zu Hebung alles Aergernüsses.)
Betreffend die zu Motiven in der zweyten Frage angeführte Anmerckungen 1) wann
dabey die Göttliche Providence zu spühren, so wird schon sonder Zweiffel bald
Anfangs dabey geforschet worden seyn, ob nicht etwa auch eine Prüfung darunter
verborgen, massen manchmahl der allweise GOtt dieses oder jenes zur Prüfung
meynet, was wir bloßhin seiner Providence, wodurch er uns zu was gewisses leiten
wolle, ausdeuten, wie solches an denjenigen, was zwischen den Gibeoniten und
Josua geschehen, zu ersehen ist. 2) Daß die Wohlfarth des gemeinen Wesens und
eigenen Hauses dadurch befördert werde; so ist insonderheit dieses letztere um
nach ein und andern Römischen Ceremonien sich zu bequemen, wohl vor dem schon in
dergleichen Absichten in Consideration gezogen, wann aber darinn mit der
Bedingung von gewissenhafften Theologis gerathen worden, daß doch das daher zu
vermuthende Aergernüß durch eine Declaration oder dergleichen, so viel möglich,
abgelehnet würde; so würde noch so viel mehr in diesem Casu es wohl die
Nothdurfft erfordern, weiln die meisten unter unsern Lehrern so wohl für sich
selbst ein gar zu übles Concept von der Römisch-Catholischen Lehre ihnen machen,
als auch ihren Gemeinden beybringen, daß zu Ablehnung eines zu befürchtenden
Aergernüsses, dessen sonst sowohl die Printzeßin als andere hohe Personen, die
mit dieser Sache umgehen, eine Ursach werden möchten, ein und andere
Declaration, oder dergleichen denen Unterthanen und unsern Glaubens-Genossen
durch den Druck oder sonsten fürgeleget und bekannt gemachet werde, wodurch zu
effectuiren wäre, daß weder diese Bekäntnüß zur Catholischen Religion gar zu
greulich angesehen, weder auch hierdurch solchen Exempel indifferent
nachzufolgen, niemand Anlaß gegeben werde.
(Sehr eingeschränckte Beja-)
Welcher Umstände Consideration, wie auch andere Vorsichtigkeiten, die denen, so
um diese Affaire genauere Kundschafft haben, sich
|| [35]
unter Göttlicher Direction sattsam praesentiren werden, absonderlich,
weilen(hung der andern Frage.) viele
Controversien zwischen vorbenannten beyden Religionen auf einen Wortstreit
auslauffen, oder sonst nach Erleiterung der streitenden Quaestionen in sich
selbst verschwinden, der eigentliche wahre Glaubens-Grund in beyderley Kirchen
feste stehet, dieser Sachen, als ferne der doch getreue GOtt mir dieselbe
einsehen lassen, ein solches Ansehen geben möge: daß salvâ aeternâ salute eine
Lutherische Printzeßin zu der proponirten Heyrath mit Annehmung der Catholischen
Religion sich resolviren könne.
§. XI. Das dritte, vierte und fünffte Responsum waren zwar nicht(Das dritte Responsum.)
datiret; Aber der Freund der auf gnädigsten Befehl mir selbige zuschickte,
versicherte mich, daß selbige entweder noch in Augusto 1705. oder in Anfang des
Septembris eingeschickt worden. Und zwar soviel das dritte betrifft, werden sich
diejenigen, denen der Herr Autor desselbigen bekannt ist, nun nicht verwundern,
daß er in Bejahung der andern Frage etwas treuster gewesen, als der Herr Autor
des andern Responsi, weil er wegen unterschiedener Auslegungen allerhand Oerter
der H. Schrifft die so genannten Herren Orthodoxen schon einige Jahr her auf dem
Halse gehabt, und absonderlich mit dem Herrn Autore des ersten Theologischen
Responsi in streitigen Schrifft-Wechsel gerathen war, und also sich nicht eben
für einen neuen Streit sehr zu fürchten Ursach hatte.
Kurtze Antwort auf zwey fürgelegte Fragen, 1) ob nicht ein jeder(Die zwey Fragen.) Mensch, es lebe derselbe in der
Lutherischen oder Catholischen Religion, wenn er JEsum Christum für das Mittel
der Seeligkeit hält, dessen Verdienst und Gerechtigkeit durch den rechten
Glauben ergreifft und ihm appliciret, die ewige Seeligkeit erlange? 2) Ob denn
nicht eine Lutherische Printzeßin, wenn derselben eine Heyrath mit einem
Catholischen Printzen, unter der Condition, daß sie zu dessen Religion trete,
angetragen würde, sich ohne Verlust ihrer Seeligkeit darzu resolviren könne,
bevorab, wenn aus denen dabey sich ereignenden Umständen die Göttl. Providence
zu spühren?
Obgleich dieser Zeiten mißlich, Gedancken von der Religion jemanden(Bejahung der ersten.) zu communiciren, weil die
Vermessenheit zu lästern und Verwegenheit zu Sclaven der Schul-Meynungen zu
machen mehr als jemahls Freyheit genommen; Dennoch weil die H. Schrifft in aller
Händen, ist jedes Gewissen ungefesselt, zu sehen und zu begreiffen, was dieselbe
vom Wege zum Leben sage. Nachdem also alle Schrifften Neuen Testaments den Weg
zur Seeligkeit in solcher Kürtze und Einfalt mit allen Nachdruck fassen, daß aus
Christi und aller Apostel Mund und Feder es heisset: Busse thun und dem
Evangelio glauben, vom Bösen ablas
|| [36]
sen, oder
Gutes thun und an Christum glauben, oder in eben dem Verstande, Glauben, Lieben
und Hoffen: glauben, daß um Christi willen unsere Sünde vergeben werden sollen,
GOtt und den Nächsten lieben, und das gnädigst zugesagte ewige Leben getrost
abwarten; als ist solcher kurtze und vollkommene Inhalt der Kern und Marck des
gantzen Christenthums. Wer selbiges von Hertzen fasset, auch münd- und thätlich
bekennet, sey Lutherisch oder Catholisch, ist GOtt angenehm, und des ewigen
Lebens theilhafftig. Nachdem so dann der Fürwitz der Menschen absonderlich
Gelehrten in allerhand Religionen durch die Menge der Zeit und Musse
tausenderley Neben-Fragen auf die Bahn gebracht, auch so gar, um Unordnungen zu
verhüten, vielfältige Neben-Lehren fürgeschrieben, sind alle solche Fragen,
Sätze und Gewohnheiten nicht anders als veränderliche Neben-Sachen anzusehen,
welche sich nach Orten, Zeiten und Begebnüssen, nach der Weißheit der Fürsteher
und Regenten ändern lassen, weil die Einfalt der Leute unter der Menge des
Volcks mit Ordnung und Ceremonien nothwendig will geleitet und zum Guten
gebracht werden. Können derohalben alle solche Ubungen und Gewohnheiten
gehalten, verwandelt, oder abgethan werden, wie es die Nothdurfft der Zeit und
Besserung der Leute beym Gebrauch uud Mißbrauch, in welcher Religion es wolle,
erfordert, weil sie der Seeligkeit an sich nichts abnoch zutragen. Welcherley
Zu- oder Neben-Satz von Lehr- und Ceremonien in allerhand Religionen
Christlichen Nahmens überflüßig zu finden, wie niemand verständiger und
gescheider in Abrede seyn kan. Dannenhero an dem Exempel Christi und der Apostel
selbst zu sehen, wie sie den euserlichen Gottesdienst so gar der Juden ihrer
Zeiten als ein Neben-Werck mit observiret, ob sie gleich den Verderb und
Mißbrauch vor Augen sahen, gnug, daß ihr Hertz gut, und im Gebrauch der
hergebrachten Ceremonien sie aufrichtige Intention hatten. Sie giengen in den
Jüdischen Tempel, sie beteten darinn, sie opfferten darinn, so lange sie darinn
geduldet worden. Das Leben und Wandel der Juden tadelten sie, und suchten es zu
bessern, übrige Ceremonien liessen sie, ausser den Mißbrauch, paßiren. So ist
bekandt und unläugbar, wie fast alle Patres, von derer meisten man gleichwohl
die Seeligkeit vermuthet, ausser, daß sie in dem obigen Grund des Glaubens
einig, eine grosse Anzahl Neben-Fragen, Lehren, Ceremonien gehabt und gehalten,
mit welchen deren Zuhörer, als mit ihren Bischöffen, in gleicher Hofnung der
Seeligkeit alles beybehalten. Würde unmenschlich zu gedencken seyn, keine Seelen
würden in so viel hundert Jahren, Zeit solcher Väter und
|| [37]
Bischöffe, seyn seelig worden, welche ausser dem eigentlichen Grund des
Glaubens so viel und manniche aus Juden und Heyden hergehohlte Ceremonien und
Neben-Lehren gesühret. Welcherley, als Schatten am Leibe, oder Mackel an der
Sonnen, an denen, deren Hertz aufrichtig, GOtt übersiehet. Absonderlich weil
jederley Art der Religion, von Ceremonien und Lehre, seyn welche wollen, ausser
dem einfältigen Grunde, welcher beständig, immer zum Mißbrauch durch die Länge
der Zeit ausschlägt, daß keine Religion den Mißbrauch von sich ablehnen kan.
Welchem dann Beyfall giebt bekanntes altes auch hiesiger Landen Lehrer
merckliches Gutachten, daß, wer aufrichtig nach dem Apostolischen Symbolo seinen
Glauben richte, sey in welcher Religion es wolle, wohl fahre. Aus welchem allen
die Beantwortung der ersten Frage zur Gnüge erhellet, daß ohne Beysorge, ein
jeder Mensch, er lebe unter Lutherischer oder Catholischer Religion, wenn er
JEsum Christum für das Mittel der Seeligkeit hält; dessen Verdienst und
Gerechtigkeit durch den rechten Glauben ergreifft und ihm appliciret, die ewige
Seeligkeit erlange.
Welches so dann ferner die andere Frage ohnschwer erleutert,(Auch ungekünstelte und deutliche Bejahung der
andern.) daß eine Lutherische Printzeßin, bey gemeldten Umständen nach
abgesehener Göttlicher Providenz in eine angetragene Heyrath mit einem
Catholischen Printzen, ohne Verlust ihrer Seeligkeit unter Veränderung des
Religion Nahmens, gar wohl consentiren könne. Weil schon im vorigen dargethan,
daß, ausgesetzt der vielen Neben- und Schul-Fragen, wann der Grund des Glaubens
beybehalten werde, in jeder Religions-Forme GOtt die Seinigen zur Seeligkeit
bringe, nun aber Unchristlich zu läugnen, daß die Catholische nicht Christen
seyn, also den Grund der Seeligkeit Christum nicht hätten. Weil sie dann eben
den Grund haben, Buße und Glauben an Christum, oder Glaube, Liebe und Hoffnung,
so kan das Stoppelwerck der Schul-Fragen, Schul-Sätze und Ceremonien, welches
auf allen Seiten in allen Religionen jedes nach seiner Art herrschet, die
Göttliche Providenz nicht hemmen, noch eine solche Vermählung hindern, weil
absonderlich eine solche Printzeßin wegen der Schul-Sätze sich nicht zu
bekümmern hat, und an den einfältigen kurtzen Grund des Glaubens, der Liebe und
Hoffnung sich getrost halten kan. Vielmehr würde ohnbedächtlich, will nicht
sagen, ohnchristlich seyn, GOttes heiligen und verborgenen Rath, welchen er
durch solche angezeigte Wege hinkünfftig nach vielen Jahren, zu allgemeinen
Wohlseyn vieler Länder und Reiche, auch gantz Europa Ruh und Flor nach seiner
ewigen Weisheit auszuführen entschlossen, durch
|| [38]
den
Schein unnöthiger Schul-Fragen, darauf GOtt nicht siehet, hintertreiben, und, zu
unwiederbringlichen Schaden, aufheben und zernichten. Hingegen möchte in aller
Demuth und Attention GOttes von fern gezeigte Regierung und für die Nachwelt
treueste Vorsorge, sorgfältigst zu befordern und zu begleiten seyn. Weil bewust,
wie eine weise und bedachtsame Printzeßin viel tausend Gutes durch Glimpf bey
einem grossen Herrn zu unsäglich grossen Heyl offtmahls geschafft. Deshalben
nicht mit unser Vernunfft vielweniger dem Maaß der Schul-Lehre GOttes Augen und
Hände zu binden, seine göttliche und heilige Providenz zu zertrennen. Welcher,
nach seiner unerforschlichen unendlichen Weisheit, wissen wird, einer solchen
Printzeßin, welche er zu solchem Printzen führet, Hertz und Gemüth zu lencken,
daß sie, des Grundes des Glaubens gewiß, durch übriges Ceremoniel von GOtt nicht
abgehe, auch, so irgend einst was anhängen möchte, nach seiner unermeßlichen
Güte, an solcher theuren Seele, so sie GOtt fürchtet und liebet, Väterlich zu
übersehen, wie er in Wahrheit an allen Gläubigen, seyn wo sie wollen in aller
Religion unsäglich vieles, so wohl an Lehr als Leben, übersehen und Väterlich zu
gut halten muß.
(Das vierte Responsum.)
§. XII. Das vierte Responsum bejahete beyde vorgelegte Fragen, und ob schon bey
Beantwortung der andern einige Monita mit eingeflossen, so bezeuget doch die
übrige Schreibart, daß der Herr Autor für denen Dissentientibus sich eben nicht
gefürchtet.
(Bejahung der ersten Frage.)
Als Ihro Hochfürstliche Durchlauchtigkeit unser gnädigster Fürst und Herr
gnädigst befohlen, daß über beyde nachgesetzte Fragen ein jedes Membrum
Facultatis seine Meynung besonders abfassen, und dem Decano zustellen solle,
habe solchem gnädigsten Befehl zu unterthänigster Folge auch ich, nach
andächtigem Gebet zu GOtt, diese Frage in der Furcht GOttes erwogen, und ist bey
der ersten Frage: Ob nicht ein jeder Mensch, es lebe derselbe in der
Lutherischen oder Catholischen Religion, wenn er JEsum Christum für das Mittel
der Seeligkeit hält, dessen Verdienst und Gerechtigkeit durch den rechten
Glauben ergreifft, und ihme appliciret, die ewige
Seeligkeit erlange? Meine in GOttes Wort gegründete Meynung diese: Daß ein jeder
Mensch, es lebe derselbe in der Lutherischen oder Catholischen Religion, wann er
eintzig und allein auf das vollgültige Verdienst JEsu Christi in fester
Zuversicht baut und vertraut, das ist, Christi Verdienst und Gerechtigkeit durch
den rechten Glauben ergreiffet und ihme appliciret, auch in solchen Glauben biß
ans Ende beharret,
|| [39]
die ewige Seeligkeit erlange. Denn
1) versichert uns dessen unser Heuland, wenn er bey dem Evangelisten Joh. am VI.
47. spricht: Warlich, warlich ich sage euch, wer an mich gläubet, der hat das
ewige Leben. 2) Ist ein jeder Mensch, der den rechten und durch die Liebe
thätigen Glauben in seinen Hertzen hat, durch solchen Glauben ein Kind GOttes,
nach der Lehre des Apostels Pauli Gal. III. 26. Ist er nun ein Kind GOttes, so
ist er auch ein Erbe und Mit-Erbe JEsu Christi. 3) Sind alle Menschen, die den
wahren und durch die Liebe thätigen Glauben haben, so lange sie den Glauben an
JEsum Christum behalten, durch solchen Glauben in Christo JEsu; an denen aber
die da sind in Christo JEsu, ist nichts, das sie verdamme. Wie uns dessen
abermahl der H. Paulus versichert Rom. VIII. 1. 4) Haben alle Menschen, die
Christi Verdienst und Gerechtigkeit durch den rechten Glauben ergreiffen, und
ihnen appliciren, sie seyn an welchem Ort, oder unter welcher streitenden
Parthey sie wollen, durch den Glauben das geistliche Leben und Wesen eines
wahren Gliedes an dem Leibe JEsu Christi, und sind also durch den Glauben wahre
und geistlich lebende Glieder des Leibes Christi. 5) Da sich auch gleich bey der
Religion, darinn sie leben, einige Irrthümer und Mißbräuche finden, sind doch
diejenigen, davon die aufgegebene Frage und darauf gerichtete Antwort redet, von
Haupt- und solchen Irrthümern befreyet, die den Grund des Glaubens umstossen,
und da sie aus Mangel besserer Information und aus Unwissenheit andern
Irrthümern beypflichten, sind dieselben für Mängel und Gebrechen, aber an ihnen
keine Sünde wider das Gewissen, dadurch ein solcher Mensch aus der Gnade GOttes
gesetzet, und von der ewigen Seeligkeit ausgeschlossen würde.
Bey der andern Frage: Ob denn nicht eine Lutherische(Ingleichen der andern.) Printzeßin, wenn derselben eine Heyrath mit
einem Catholischen Printzen, unter der Condition, daß
sie zu dessen Religion trete, angetragen würde, sich ohne Verlust ihrer
Seeligkeit darzu resolviren könne, bevorab, wenn aus den
sich dabey ereignenden Umständen die Göttliche Providenz
zu verspühren? Gehet meine in GOttes Wort gleichfalls gegründete Meynung dahin,
daß eine solche Printzeßin zufoderst den Grund der ewigen Seeligkeit von andern
Religions-Fragen wohl zu unterscheiden wisse, damit sie die wahre Glaubens-Lehre
in denen Stücken, die allen Menschen zur Seeligkeit nöthig, rein, lauter und
unverfälscht bewahre, und sich daran biß an das Ende ihres Lebens mit
einfältigen Hertzen halte. Als nun auch unter
|| [40]
der
Catholischen Religion, durch die Gnade GOttes, noch allemahl einige erhalten
worden, und noch jetzo erhalten werden, welche, ob sie wohl in öffentlicher
Ubung von Irrthümern, Mängel und Gebrechen nicht befreyet, doch aber die rechte
Glaubens-Lehre behalten, und seelig worden; wie nicht nur Georg. Calixtus contra
Buscherum, und an andern Orten, ingleichen Joh. Musaeus in tractatu de Ecclesia,
in seiner Vertheydigung wider Keddium, auch andere Lutherische Lehrer
weitläufftig ausgeführet, sondern auch Lutherus selbst gestehet, so kan man auch
nicht allen und jeden, die zu solcher Religion treten, bloßhin und ohne allen
Unterscheid die ewige Seeligkeit absprechen. Es haben aber solche Personen sich
wohl in acht zu nehmen, daß sie bey der Einfältigkeit des Glaubens bleiben, und
keinen einigen Irrthum wider besser Wissen und Gewissen beypflichten, denn
solches wäre eine Sünde wider das Gewissen, und könnte ohne Brandmahl ihres
Gewissens und augenscheinliche Gefahr der Seeligkeit nicht geschehen; weil eine
jede Sünde wider das Gewissen den Sünder, so lange er darinn beharret, aus dem
Stande der Gnaden setzet, und ausschliesset von der Hoffnung, die ewige
Seeligkeit zu erlangen. Als auch aus denen sich ereignenden Umständen die
Göttliche Providenz zu verspühren, wird eine Lutherische Printzeßin destomehr
Ursach finden, ihr Gewissen wohl zu untersuchen, wie weit solches so wohl wegen
der Göttlichen Wahrheit, als derselben entgegen stehenden Irrthümern überzeuget.
(Das fünfte Responsum.)
§. XIII. Das fünffte Responsum bejahete zwar gleichfalls beyde Fragen, setzte
aber doch um mehrerer Deutlichkeit willen bey Beantwortung der andern Frage
einige Erinnerungen oder Bedingungen bey, und sonderlich diese, daß diese
Bejahung der andern Frage nicht auf alle und jede Glieder unserer Kirchen zu
extendiren wäre.
(Bejahung der ersten Frage.)
Auf die zwey gnädigst vorgelegte Fragen antworte ich in der Furcht GOttes, und
tiesster Unterthänigkeit, und zwar auf die erste mit Ja: denn gleichwie Lutherus
im grossen Catechismo in Erklärung des andern Articuls des Apostolischen
Glaubens-Bekäntnüsses §. Aber diese einzele Stücke, saget: Auch stehet das
gantze Evangelium, so wir predigen, darauf, daß man diesen Artickul wohl fasse,
als an dem all unser Heyl und Seeligkeit liegt; Also schreibet der fromme und
nunmehro bey GOtt ruhende Abt zu Huysburg in praefat. in compendium. Veronianum
gar recht und in Wahrheit also: Credit & credidit, docet &
docuit semper Ecclesia Catholica, neminem sunquam ab
origine mundi salvatum esse, aut salvatum iri, quam per unum
|| [41]
illum mediatorem Dei & hominum, hominem Jesum Christum, nec
esse aliud nomen sub coelo datum hominibus, in quo oporteat nos salvari, Act. 4. 2. canitque de eo Ecclesia universa in
Nativitate Domini: Testatur hoc praesens dies, currens per
anni circulum, quod solus e sinu Patris mundi salus advenerit. Qui
solus, inquit concilium Tridentinum sess. 25. de Invocat. Sanctor. noster
redemtor & salvator est. vid. Philanton. P. Dionysii Wert. p. 88.
& p. 108. Welchem können beygefüget werden, ejusdem P. Dionysii
eintziger Mittler zwischen GOtt und den Menschen, item via pacis, und
Catholischer Ehren-Retter, wie anch Catechismus Romanus (Editus Parisiis 1568.)
p. 18. und Catechismus D. Petri Canisii, der so wohl absonderlich zum öfftern
gedruckt worden, als in der Mayntzischen Agenda de Anno 1599. sich befindet, und
pro libro quasi symbolico gehalten wird. Wer nun JEsum Christum für das Mittel
der Seeligkeit hält, und dessen Verdienst und Gerechtigkeit durch den rechten
Glauben ergreifft, und auf sich appliciret, das ist, nach den Hauptstücken der
Christlichen Religion einfältig glaubt, Christlich lebet, andächtig betet, und
bußfertig die Absolution und das heilige Abendmahl empfängt, der hat, wie ihr
und unser Catechismus lehret, die Mittel der Seeligkeit, und kan also durch
GOttes Gnade bey ihnen so wohl als bey uns seelig werden. Und das besagte
gründet sich auf diesen Satz oder Thesin, daß der Grund des Glaubens von den
Catholischen unverrückt und unzerstört gelassen werde, wie solches der weyland
berühmte und von Calovio unter die reinen Lehrer unserer Kirchen gerechnete
Theologus zu Altdorff, Professor J. C. Dürrius in seinen Send-Schreiben an den
damahligen Pro-Cancellarium Universitatis Altorffinae und vördersten Consulenten
der Nürnbergischen Republique, welches in Joh. Fabricii consideratione
controversiarum p. 463. am ersten gedruckt worden, gründlich und weitläufftig
ausgeführet hat; woraus ich dann diesen Schluß mache, und halte dafür, daß er
unwiedersprechlich seyn und bleiben werde: In welcher Kirche man kan seelig
werden, dieselbe muß nothwendig den Grund des Glaubens behalten, Ratio: Weil die
allergeringste Verletzung des Grundes des Glaubens an der Seeligkeit hindert.
Nun aber in der Catholischen Kirchen kan man seelig werden, Praefat. in Formul.
Concord. §. Ad condemnationes. J. Saubert. in Epit. Exam. Philippi Melanchth. p.
98. Joach. Hildebrand in Theol. dogmat. 841. Ergo.
Auf die andere Frage antworte ich mit Ja, wann die Printzeßin(Auch der andern, jedoch unter) 1) so weit
informiret ist, daß die Streitigkeiten, die zwischen uns und
|| [42]
(fünf Bedingungen.) den Catholischen sind, nicht
den Grund des Glaubens und der Seeligkeit, sondern Neben-Dinge betreffen. 2)
Sich in solche Streitigkeiten nicht einläst, und die Dissentirende derowegen
nicht verdammet, sondern bey der heilsamen Einfalt des kleinen Catechismi
bleibet. 3) Bey gemachtem Unterscheid der Christlichen Lehre, die zur Seeligkeit
nöthig, und der Streit-Fragen, die zur Seeligkeit nicht nöthig sind, erweget und
gedencket, daß sie nicht abfalle von Christo, sondern von einer particulairen
Christlichen Kirche zu einer andern particulairen Christlichen Kirche trete, und
nicht weniger dorten, als hier, Christo dienen könne, wie dann unsere seelige
Vorfahren in der Vorrede über die Augspurgische Confession §. 1. von sich, als
den Protestanten, und Catholischen sagen: wir alle sind und streiten unter einem
Christo. 4) Nach der Mariage mit dem Catholischen Printzen nicht selbst strebt,
sondern dieselbe ihr angetragen wird, und sie also daraus GOttes Providenz und
heilige Schickung erkennet, und sich in dessen Willen, als des HErrn Magd,
demüthig ergiebt. 5) Insonderheit sich keine Scruples machet, wenn sie etwan
nicht gleich im Anfange der Vermählung die Communion unter beyderley Gestalt von
dem Römischen Stuhl erhält, sondern gedencket, daß nicht sie daran Schuld habe,
und diejenige, welche mit bußfertigen Hertzen im wahren Glauben zum Tisch des
HErrn gehen, ob sie schon nur das geseegnete Brodt, gleichwohl das gantze
Sacrament, und also Christi Leib und Blut, Krafft der Einsetzung des HErrn,
empfangen und geniessen. D. Joachim Hildebrand in Theol. dogmat. p. 839.
Confess. Wurtemb. c. de Eucharistia §. quod autem ad Eucharistiae usum attinet.
Wiewohl zu hoffen, daß sie die Dispensation der Empfahung unter beyderley
Gestalt erlangen könne. Concil. Trid. sess. 21. in Append. can. 4. de Commun.
sub utraque specie p. 206. Sarpius in Histor. Concil. Trident. 939. Cotonus in
Institut. Catholica 691. Marcellus in sap. pacif. 184. Wallenburchii Tom. II. p.
37. August. Gilbon de Burgo 306. Pencini nel Paragone dogmatico cap. 25. p. 539.
Wenn sie die Conditiones erfüllet, welche im Concilio Tridentino verfasset, und
hernach absonderlich im Druck gebracht, und beym Chemnitio in Exam. Concilii
Trident. P. II. p. 332. und Georg. Calixto in Append. ad Cassandri Dialogum de
Commun. sub utraque specie pag. 40. zu lesen sind. Gleicherweise wird ihr auch
die Freyheit, die H. Schrifft in ihrer Mutter- oder einer andern Sprache, nach
einer in der Römischen Kirchen passirlichen Edition, zu lesen, wenn es nach der
|| [43]
in dem Concil. Trident. vorgeschriebenen Art
gesuchet wird, leichtlich gegegeben werden.
Doch was hier gesaget worden in Respect einer Printzeßin, und(Nebst noch einer angehängten Erinnerung.) in
Absicht auf die ausgedruckte wichtige Umstände, dasselbe ist keinesweges zu
ziehen auf andere, oder gar alle und jede Glieder unserer der Augspurgischen
Confession zugethanen Kirche, gleich als wenn einem jeden deswegen solte frey
stehen von uns zu den Catholischen zu treten: Denn sind die Personen und die
Umstände ungleich, so ist auch ein ander Urtheil darüber zu fassen. Es ist aber
zu wünschen, daß (Besage der Worte der Augspurgischen Confession §. 1.) wie wir
alle unter einem Christo sind und streiten, also auch alle in einer
Gemeinschafft, Kirche und Einigkeit leben mögen. Dis verleyhe GOTT der
himmlische Vater, durch JEsum Christum den Friedens-Fürsten, in Krafft des H.
Geistes, Amen!
§. XIV. Das sechste Responsum war datirt H. d. 17. Sept.(Das sechste Responsum.)
1705. und beantwortete die erste Frage mit Unterscheid, daß zwar ein
Lutherischer aber keinesweges ein Catholischer in seiner Religion seelig werden
könne; woraus von sich selbst folget, daß nach dieser Beantwortung auch die
andre Frage schlechterdings von dem Autore verneinet werden müssen.
Beyde Fragen handeln von der ewigen Seeligkeit und ihrer Erlangung.(Gegeneinanderhaltung der zwey Fragen.) Die erste
siehet auf die Mittel derselben, die andere auf ein Werck, ob solches die
Erlangung hindere? Die erste will wissen, ob es genug sey, an JEsum Christum
glauben? Die andere, ob die Verlassung der Evangelischen Lehre und Kirche mit
den wahren Glauben an JEsum Christum bestehe, und ohne Verlust der Seeligkeit
geschehen könne? Die erste fordert eine gantz genaue Unterscheidung
(Distinction) und behutsame Einschränckung, (Limitation) der andern kan man
durch eine gerade Antwort ein Genüge thun.
Damit auf die erste in unterthänigstem Gehorsam aus GOttes(Acht zu Beantwortung der ersten Frage
vorauszusetzende Lehr-Stücke.) Wort nach bestem Wissen und Gewissen
von mir geantwortet werde, so setze ich anfänglich etliche Lehr-Stücke, die in
der H. Schrifft ausdrücklich stehen, von uns allen angenommen und geglaubet
werden. Wenn man solche in der Furcht GOttes nechst andächtigem Gebethe erweget,
wird man bald sehen, wie die Antwort beschaffen seyn müsse. 1) GOtt allein ist
es, der uns wiedergebähret oder bekehret, gerecht und seelig machet, Jer. 31. v.
18. Rom. 8. v. 33. 2. Tim. 4. v. 8. 2) Die Mittel, durch welche uns GOtt
wiedergebähret, oder bekehret, gerecht und seelig ma
|| [44]
chet, heissen die Mittel der Seeligkeit und rühren allein von GOtt her
1. Cor. 1. v. 21. 3) Diese Mittel der Seeligkeit sind das Göttliche Wort. Jacob.
1. v. 2. die heiligen Gnaden-Siegel (Sacramenta) Marc. 16. v. 16. 1. Joh. 5. v.
6. 8. der Glaube an JEsum Christum den HErrn Joh. 3. v. 16. Rom. 3. v. 28. die
Gnade GOttes Eph. 2. v. 8. und das Verdienst JEsu Christi unsers HErrn Act. 4.
v. 12. 4) Diese Mittel der Seeligkeit müssen von einem jeden, welcher gerecht
und seelig werden will, nach dem Willen GOttes, durch dessen gnädige Würckung
angenommen, und gebrauchet werden. 2. Cor. 6. v. 14. 15. Gal. 1. v. 6. 7. c. 3.
v. 1. 2. 3. c. 5. v. 7. 8. 9. 10. 2. Tim. 1. v. 13. 14. 5) Diese Mittel der
ewigen Seeligkeit sind vollkömmlich zulänglich, und nothwendig zur ewigen
Seeligkeit. Joh. 5. v. 24. cap. 12. v. 48. 50. 2. Tim. 3. v. 16. 17. 6) Zu
diesen Mitteln der Seeligkeit darf nichts gesetzet, nichts von ihnen
weggenommen, nichts an ihnen geändert werden. Gal. 1. v. 8. 9. Matth. 18. v. 8.
9. 7) Diese Mittel der Seeligkeit müssen nicht nur sonderlich, sondern auch
öffentlich gebrauchet werden. Joh. 12. v. 42. 43. Act. 13. v. 4. 6. v. 30. 31.
32. 8) Diese Mittel der Seeligkeit sind öffentlich zu bekennen. Rom. 10. v. 4.
Matth. 10. v. 32. 33.
(Applicitung derselben auf die erste Frage.)
Hierauf ist bey der ersten Frage, welche also lautet: Ob nicht ein jeder Mensch,
es lebe derselbe in der Lutherischen oder Catholischen Religion, wenn er JEsum
Christum für das Mittel der Seeligkeit hält, dessen Verdienst und Gerechtigkeit
durch den rechten Glauben ergreifft, und ihm appliciret,
die ewige Seeligkeit erlange? Wohl zu behertzigen, daß zwar JEsus Christus
allerdings unser Erlöser und Mittel der Seeligkeit sey, und die, so sein
Verdienst und Gerechtigkeit durch den Glauben ergreiffen und ihnen appliciren,
die ewige Seeligkeit erlangen; aber dabey wohl zugesehen werden müsse, ob sie,
indem sie sich des Glaubens rühmen, und vor gläubig halten, den rechten Glauben
haben, JEsum Christum den HErrn nach GOttes Willen und durch rechten Glauben
ergreiffen und ihnen appliciren. Denn es meynen ja leyder! viele, sie halten
JEsum Christum vor das Mittel der Seeligkeit, sie ergreiffen und appliciren
ihnen dessen Verdienst und Gerechtigkeit durch den rechten Glauben, und werden
also die ewige Seeligkeit erlangen; da sie doch ohne Glauben sind, und nichts
weniger thun, als JEsum Christum für das Mittel der Seeligkeit halten, sein
Verdienst und Gerechtigkeit ergreiffen, und ihnen appliciren. Dieses ist leicht
zu erkennen, wenn man erweget, daß der rechte Glaube nicht nur JEsum Christum
ergreiffet, und ihn dem Menschen,
|| [45]
in welchen er ist,
appliciret oder zueignet, sondern auch durch die Liebe so wohl gegen GOtt als
gegen den Nechsten nach Vermögen und aufrichtig in allen Dingen den Willen
GOttes thut, insonderheit welches zu diesen Würckungen des Glaubens von GOtt in
seinem Wort ausdrücklich erfodert wird, die Mittel der Seeligkeit nach GOttes
Willen sonderlich und öffentlich gebrauchet, dieselben vor die einigen wahren
und göttlichen Mittel der Seeligkeit hält, und die, so dieselben durch Zusatz,
Abnahme oder Zerstümmelung und Verdrehung ändern, verwirfft und meidet. Diese
Würckungen des Glaubens sind also geartet und vereiniget, daß keine ohne die
andere ist. Wo die Ergreiffung und Zueignung JEsu Christi ist, da ist auch die
thätige Ubung durch Liebe und andere Tugenden gegen GOtt und den Nechsten, die
Bekäntnüß der Mittel der Seeligkeit, der sonderliche und öffentliche Gebrauch
derselben, die Verwerffung und Vermeidung derer, die sie durch Zusatz, Abnahme,
Verdrehung oder Zerstümmelung verändern. Hinwiederum wo die thätige Ubung des
Glaubens durch die Liebe und andere Tugenden gegen GOtt und dem Nechsten, die
Bekäntnüß der Mittel der Seeligkeit, der sonderliche und öffentliche Gebrauch
derselben, die Verwerffung und Vermeidung derer, die sie durch Zusatz, Abnahme,
Verdrehung oder Zerstümmelung verändern, ist und gefunden wird, da ist auch die
wahre Ergreiffung und Zueignung JEsu Christi, und also verhält sichs im
Gegentheil wo eins nicht ist, da ist das andre nicht. Wenn nun ein Mensch durch
den Glauben an JEsum Christum die ewige Seeligkeit erlangen will, so muß er alle
diese Würckungen des Glaubens an JEsum Christum haben, das ist, er muß JEsum
Christum für das Mittel der Seeligkeit halten, dessen Verdienst und Gehorsam
ergreiffen, und ihm zueignen, er muß GOtt und seinen Nechsten lieben, die Mittel
der Seeligkeit bekennen, gebrauchen, und die Verkehrer derselben verwerffen, und
meiden. Er erlanget zwar allein darum, dieweil er an JEsum Christum glaubet, das
ist, dessen Gerechtigkeit und Verdienst ergreiffet, und ihm zueignet, die ewige
Seeligkeit, denn Christus allein hat uns erlöset und mit dem Vater versöhnet,
jedoch wenn er nicht zugleich die thätige Ubung durch die Liebe und Tugenden
hat, und insonderheit die Mittel der Seeligkeit nicht bekennet, nicht nach der
Göttlichen Einsetzung gebrauchet, noch sich von den Verkehrern derselben
absondert, vielmehr zu ihnen wendet, so hat er, (ob er gleich meynet und saget,
er habe den Glauben, er halte Christum vor das Mittel der Seeligkeit, er
ergreiffe dessen Verdienst und Gerechtigkeit, und rechne ihm solche zu,) doch
weder
|| [46]
Glauben noch Verdienst und Gerechtigkeit JEsu
Christi, sondern es ist Heucheley mit ihm, ja er hindert sich durch seine
falsche Einbildung selbst, bringet sich um die ewige Seeligkeit, und fähret, ach
GOtt verhüte es! in die ewige Schmertzen. Sintemahl er wider GOtt und dessen
heilige Ordnung gesündiget, das Göttliche Wort verachtrt, den falschen Propheten
anhänget, ein anders und verkehrtes Evangelium hat, und wider sein Gewissen
handelt. Solte ein solcher seelig werden und leben? Nein er wird nicht seelig
werden, er wird nicht leben. Wo kein Glaube ist, da ist JEsus nicht, wo JEsus
nicht ist, da ist die ewige Seeligkeit nicht.
(Und was in Ansehung derselben für ein grosser Unterscheid
zwischen denen Lutheranern und Catholischen sey.)
In Betrachtung dessen ist zwischen einem Lutheraner und einem Papisten, oder
sogenanten Catholischen, ein grosser Unterscheid. Ein Lutheraner, der JEsum
Christum für das Mittel der Seeligkeit hält, dessen Verdienst und Gerechtigkeit
durch den rechten Glauben ergreifft, und ihm appliciret, erlanget die ewige
Seeligkeit. Denn er hat die andern Würckungen des Glaubens, allermassen er
zugleich die einigen, wahren, reinen und Göttlichen Mittel der ewigen Seeligkeit
bekennet, dieselben sonderlich und öffentlich nach dem Willen GOttes gebrauchet,
diejenigen, die die Mittel der Seeligkeit durch Zusatz, Abnahme, Verdrehung oder
Zerstümmelung ändern, verwirfft und vermeidet, und sich also nicht selbst
hindert. Er wird zwar alleine durch die gläubige Ergreiffung und Zueignung JEsu
Christi gerecht, aber durch die thätige Ubung des Glaubens, durch die Liebe und
Tugenden, insonderheit durch die Bekäntnüß der Mittel der Seeligkeit durch den
öffentlichen Gebrauch, durch die Verwerffung und Vermeidung derer, die die
Mittel der Seeligkeit verkehren, zeiget er, daß er sich nicht an der Seeligkeit
hindere, daß er nach Vermögen den Willen GOttes thue, daß er den wahren Glauben
an JEsum Christum habe, daß die geschehene Ergreiffung und Zueignung JEsu
Christi eine wahre und gläubige Ergreiffung und Zueignung sey, und man von ihr
nach und aus GOttes Worte versichert sey, und sagen könne, daß er nach GOttes
Willen gläube, lebe und durch den Glauber seelig zu werden, in wahrem Gehorsam
suche und sich bemühe. Dieses geschiehet von dem Papisten nicht, denn er hat die
Mittel der Seeligkeit nicht reine, sondern die er hat, sind verändert,
verfälscht, verdrehet und zerstümmelt. Er gebrauchet sie nicht nach GOttes
Willen, sondern nach den Menschen-Satzungen, vor welchen GOtt einen Greuel hat;
und kan nicht sagen, daß er den rechten Glauben habe, durch solchen die
Gerechtigkeit JEsu ergreiffe, und ihm zueigne, viel weniger kan er sagen, daß er
die ewige Seeligkeit erlange. Wo aber
|| [47]
der rechte
Glaube nicht ist, wo die Gerechtigkeit JEsu nicht ergriffen, noch appliciret
wird, da wird die Seeligkeit nicht erlanget.
Daher ist meine unterthänigste wahrhafftige und in GOttes(Beantwortung der ersten Frage, daß zwar ein Lutheraner,
aber keinesweges ein Catholischer seelig werden könne.) Wort
gegründete Antwort auf die erste Frage, daß zwar ein in Lutherischer Religion
lebender, wenn er JEsum Christum für das Mittel der Seeligkeit hält, dessen
Verdienst und Gerechtigkeit durch den rechten Glauben ergreifft und ihm
appliciret, die ewige Seeligkeit erlange, ein anderer in so genannter
Catholischer Religion lebender aber, ob er gleich JEsum Christum für das Mittel
der Seeligkeit hält, dessen Verdienst und Gerechtigkeit seinen Gedancken nach
ergreifft, und ihm appliciret, doch die ewige Seeligkeit nicht erlanget, denn er
setzet, wie schon ist gemeldet worden, die guten Wercke zu dem Verdienst JEsu,
und will nicht durch JEsum allein, sondern durch seine eigne Wercke und JEsu
Verdienst zugleich gerecht und seelig seyn, hat ein zerstümmelt?Abendmahl, und
lässet ihm das Blut JEsu zu dessen Verachtung mit seiner Einwilligung entziehen,
hält sich an die Menschen-Satzungen, und klaget das Wort GOttes der
Unvollkommenheit an, wodurch er zeiget, daß er weder Christum JEsum noch den
Glauben an ihm habe. Es gehet ihm wie den Galatern, welche die Wercke des
Gesetzes zu dem Verdienst JEsu thaten, und indem sie JEsum für das Mittel der
Seeligkeit hielten, dessen Verdienst und Gerechtigkeit durch den rechten Glauben
ihrer Meynung nach ergriffen, ihnen applicirten, gerecht werden wolten, deswegen
von Paulo gar harte Worte in 1. Cap. v. 6. 7. 8. c. 3. v. 1. c. 5. v. 4. hören
musten.
Die andere Frage ist: Ob dann nicht eine Lutherische Printzeßin,(Verneinung der andern Frage, nebst Anführung sieben
unterschiedener Ursachen.) wenn derselben eine Heyrath mit einem
Catholischen Printzen, unter Condition, daß sie zu
dessen Religion trete, angetragen würde, sich ohne Verlust ihrer Seeligkeit dazu
resolviren könne, bevorab, wenn aus denen dabey sich
ereignenden Umständen die Göttliche Providenz zu
spühren? Auf diese gebe ich zur unterthänigsten und in GOttes Wort gegründeten
Antwort, daß höchstgedachte Printzeßin darzu, nemlich, daß sie zu des
Catholischen Printzen Religion trete, ohne Verlust ihrer Seeligkeit sich nicht
resolviren könne. Die Ursachen, die mich zu diesen Schlusse treiben, sind
mancherley, a.) Ist die Papistische oder so genannte Catholische Religion in
vielen Lehr-Sätzen gerade wider die H. Schrifft, das ist, wider GOtt, und also
falsch, wie aus den libris Symbolicis und Corpore Julio doctrinae zu sehen ist.
Was allhier etliche einwenden, es komme die Papistische Religion mit der
Evangelischen in fundamento fidei überein, und sey daher mit
|| [48]
der heiligen Schrifft so wohl als die Evangelische einstimmig,
solches haben sie noch nicht erwiesen, werden es auch nimmermehr erweisen
können. Die Papisten selbst gestehen, daß wir Evangelische nnd sie in fundamento
fidei unterschieden, und wieder einander seynd. Wer kan sich aber von der
Religion, die auf GOttes Wort gegründet, und die rechte ist, zu der, welche
wider GOttes Wort und falsch ist, ohne Verlust seiner Seeligkeit wenden? b.) Ist
wohl zu erwegen, daß diese Printzeßin in ihrer Lutherischen Lehre getreulich
unterrichtet worden? und dieselbe wohl gefasset, auch in ihren Hertzen
überzeuget ist, daß die Papistische Religion in GOttes Wort nicht gegründet,
sondern wider dieselbe sey, und der Mensch, so sich zu solcher wendet, sich vom
Lichte zur Fürsternüß, von Christo zu Belial, von der Wahrheit zur Falschheit
wende. Würde sie sich nun resolviren, zu der Catholischen Religion zu treten, so
würde sie wider ihr erleuchtetes und jetzo gutes Gewissen es thun, und ein
anders gläuben, GOTT dem HErrn anders dienen, auf eine andere Art, als GOTT
geordnet, und ihr Gewissen saget, die ewige Seeligkeit erlangen wollen; welche
Sünde je grösser seyn würde, wie mehr ihr wohlgegründetes Gewissen dawider reden
und seyn würde. c.) Wird sie sich hierdurch, wenn sie wider ihr Gewissen
abtritt, und sündiget, um den wahren Glauben an JEsum Christum und um den Heil.
Geist bringen: wo aber der Heil. Geist ausgewichen ist, da schwebet man im
Stande des Zorns, und verliehret die ewige Seeligkeit. d.) Will unser Heyland,
daß wir das Geistliche und Ewige dem Leiblichen und Zeitlichen vorziehen und bey
denselben verbleiben sollen. Es ist zu überlegen, was er beym Matth. 10. v. 33.
37. 38. 39. Luc. 14. v. 26. Joh. 12. v. 25. hievon redet. Solte nun um dieser
Vermählung willen diese Evangelische Printzeßin sich zur Catholischen Religion
resolviren, so ziehet sie das Zeitliche und Leibliche dem Ewigen und Geistlichen
vor, zum wenigsten scheinet es, als thue sie es, und wird daher leiden müssen,
daß solches von ihr geredet und geurtheilet werde. e.) Ist bekannt, daß der
Widerwärtige, von welchem Paulus an die Thess. 2. Epist. c. 2. v. 3. 4. 5. 6. 7.
etc. und das Thier, von welchem Johannes in seiner Offenbahrung handelt, der
Pabst sey, wie durch unsere Lehre zur Gnüge bisher erwiesen worden, der Pabst
aber ist das Haupt der Papistischen Kirche, und wer in in solcher ist, muß vor
ihn, sein Thun und Greuel bethen, ihn, sein Thun und seine Greuel lieben, ihn,
sein Thun und seine Greuel ehren. Tritt nun jemand von der Evangelischen Kirchen
ab, und begiebet sich zu der Papistischen, so tritt er zu dem, der der wi
|| [49]
derwärtige GOttes, und das verdammte Thier ist;
er betet vor dem, der der Widerwärtige wider GOtt, und das böse Thier ist, und
will, daß das sündliche und verhaste Verfahren desselben geseegnet sey, und wohl
von statten gehe; er liebet den, der GOtt zuwider ist, und das Thier, und stehet
bey ihm wider GOtt, er ehret denselbigen Widerwärtigen und das Thier, ist ihm
unterthan und folget ihm, welches GOtt dem HErrn nicht gefallen kan. f.) Hat
diese Lutherische Printzessin bißher in der Kirche aus den öffentlichen Gebete
nicht allein GOTT dem HErrn mit gedancket, daß er sein heilig Wort und den
reinen Gottesdienst erhalten, sondern auch mit gebetet, daß den Rotten und
Aergernüssen gewehret, insonderheit, daß er das Durchlauchtige Hauß bey der
erkannten und bekannten Wahrheit des H. Evangelii in Gnaden erhalten und
beschirmen wolle. Dieses Danck- und Bitt- Gebet ist ihr von Hertzen gangen,
tritt sie hingegen ab von der Evangelischen Religion, und wendet sich zu der
Catholischen, so widerruffet sie dadurch dasselbe, oder scheinet es zu
widerruffen, dieweil sie sich zu einem solchen Hauffen wendet, welcher unsern
Gottesdienst verdammet, unser Gebet verlachet, und die Erklährung des Göttlichen
Worts vor keine erkannte und bekannte Wahrheit des H. Evangelii, sondern vor
Irrthum und Menschen-Gedancken hält. g.) Endlich wird in der Frage der
Göttlichen Providenz gedacht, daß es schiene, wenn man die sich hervorthuende
Umstände erweget, es sey dem allmächtigen GOtt solche Heyrath und der daher
rührende Abtritt von der Lutherischen Religion zur Papistischen nicht zuwider.
Wobey erinnert wird, daß diese Umstände den Schluß nicht deutlich zu erkennen
geben. Sie kommen entweder mit GOttes Wort überein, oder kommen nicht damit
überein. Kommen sie damit überein, so werden sie deutlich an die Hand geben, daß
diese Vermählung der Printzeßin an ihrer Seele werde schädlich seyn. Denn die
Providenz GOttes ist nicht wider sein Wort. Kommen sie nicht überein, so sind
sie vor eine Verführung zu halten, dadurch GOtt zulässet, daß der Glaube
geprüffet werde, und man sich selbst erkennen solle, daß dadurch das Hertz auf
den geistlichen Kampf-Platz geführet und zu erkennen gegeben wird, wie sichs im
Kampffe werde halten? Ob es bey dem Tauff-Bunde werde bleiben und JEsu zu Ehren
das Geistliche und Ewige, dem Zeitlichen und Leiblichen vorziehen wolle. Wohl
dem, der hier aushält! wohl dem, der hier bestehet! dieser kan mit Paulo sagen:
Ich habe einen guten Kampff gekämpffet, ich habe Glauben gehalten, ich habe den
Lauff vollendet, hinfort ist mir beygeleget die Crone der
|| [50]
Gerechtigkeit, welche mir der HErr an jenem Tag, der gerechte
Richter, geben wird, nicht mir aber allein, sondern auch allen, die seine
Erscheinung lieb haben. 2. Tim. 4. v. 7. 8.
(Beschluß dieses Responsi durch ein Gebet.)
O gnädiger GOtt, der du uns durch Christum, deinen lieben Sohn erlöset, und durch
den Heiligen Geist zu deinen Erben in Himmel beruffen, und wiedergebohren hast,
erfülle die Hertzen, welche dieses wichtige Werck angehet, und die es unter
Händen haben, mit Weisheit, Liebe und kindlicher Furcht gegen dich, daß sie nach
deinen heiligen Willen schliessen und wählen, und niemand sich dabey versündige,
sondern deine Ehre gesuchet werde, und die Durchlauchtigste Printzeßin samt den
gantzen Hochfürstlichen Hause jedes zu deiner und seiner Zeit, wenn sie alt und
Lebens satt sind, nach vielen Jahren, wie sie jetzo in der Einigkeit des
Glaubens beysammen sind, wiederum zusammen kommen, und die ewige Seeligkeit
erlangen mögen! Amen. Dieses was hieher und aufgesetzet, und auf die
vorhergegangene Fragen in unterthänigsten Gehorsam geantwortet worden ist,
kommet mit dem wahren und reinen Worte GOttes überein.
(Das siebende Responsum.)
§. XV. Das siebende Responsum war datirt H. den 20. Septembr 1705. und
beantwortete die erste Frage mit Unterscheid, daß zwar ein in der Catholischen
Religion lebender seelig werden könne, wenn er denen Catholischen Irrthümern ex
ignorantia invincibili anhange, nicht aber wenn seine ignorantia vincibilis sey.
Die andre Frage verneinte es schlechterdings.
(Bey der ersten Frage wird ein Unterscheid gemacht unter
denen, die de nen Catholischen Irrthümern ex ignorantia in vincibili &
vincibili anhangen.)
Es haben Eure Hochfürstliche Durchlauchtigkeit unserer Theologischen Facultät
zwey Fragen gnädigst vorgetragen, mit dem gnädigsten Befehl, daß ein jeder unter
uns seine gegründete Meynung absonders abfassen, und dem Decano verschlossen
zustellen solle. Welchem gnädigsten Befehl zu unterthänigster Folge habe auch
ich solche Fragen in der Furcht des HErrn und nach der von GOtt mir
dargereichten Gnade erwogen. Was nun die erste Frage: Ob nicht ein jeder Mensch,
es lebe derselbe in der Lutherischen oder Catholischen Religion, wenn er JEsum
Christum für das Mittel der Seeligkeit hält, dessen Verdienst und Gerechtigkeit
durch den rechten Glauben ergreiffet, und ihm appliciret, die ewige Seeligkeit erlange? Betrifft, so ist freylich ein
wahrer Glaube, der das Verdienst und Gerechtigkeit JEsu Christi ergreiffet und
ihm dergestalt zueignet, daß ein Mensch mit dem Apostel aus glaubiger Zuversicht
sagen könne: Der Sohn GOttes hat mich geliebet, und sich selbst für mich
|| [51]
(in den Todt) dargegeben, Gal. 2, 20. (Und: Christus
ist kommen in die Welt, die Sünder, unter welchen ich der fürnehmste bin, seelig
zu machen: mir ist Barmhertzigkeit wiederfahren, und: Christus JEsus hat an mir
erzeiget alle Gedult zum Exempel denen, die an ihn gläuben zum ewigen Leben, 1.
Tim. 1, 15. 16.) an Seiten des Menschen das einige Mittel zur Seeligkeit: Denn
es ist kein anderer Nahme denen Menschen gegeben, darinn sie sollen seelig
werden, als in dem Nahmen JEsu, Actor. 4, 12. durch einen solchen Glauben wird
der Mensch für GOTT gerecht, Actor. 13. v. 39. Rom. 3. v. 26. 28. c. 4. v. 5.
17. 24. 25. c. 5. v. 1. c. 10. v. 4. 6. 10. Gal. 2. v. 16. cap. 2. v. 6. ja ein
Kind GOttes, Gal. 2. v. 26. und also ein Erbe der Seeligkeit, Joh. 3. v. 16. 17.
Actor. 10. v. 43 c. 15. v. 11. Rom. 8. v. 17. Ephes. 2. v. 8. 1. Petr. 1. v. 9.
Conf. Luc. 8. v. 12. Es begreifft aber der Glaube an Christum alle dasjenige in
sich, was in dem Symbolo Apostolico, wie solches von der Christlichen Kirche in
ihren Confessionibus verstanden worden, enthalten ist. Weil nun kein Zweiffel
ist, es werden einige in der Römischen Kirche seyn, die einen solchen Glauben,
wie er in dem Apostolischen Glaubens-Bekäntnüß verfasset ist, an Christum den
eingebohrnen Sohn vom Vater in ihren Hertzen behalten, an den Grund des Glaubens
hangen, sich auch derer Irrthümer, die in der Römisch-Catholischen Kirche im
Schwange gehen, und welche in derselben dem Grunde des Glaubens beygefüget
werden, entweder wider ihr besser Wissen und Gewissen, nicht theilhafftig
machen, oder da sie darein verfallen wären, solches ex insuperabili &
invincibili ignorantia, quae saltem ex parte talis sit, geschehen wäre, hätte
man die gute Hoffnung, der HErr werde ihnen Barmhertzigkeit wiederfahren lassen,
weil sie es unwissend thun, und dahero seine Gnade an ihnen desto reicher seyn
lassen. 1. Tim. 1. v. 13. 14. Gestalt denn auch der HErr JEsus seinen
himmlischen Vater für seine Feinde gebeten, daß er ihnen ihre Sünde vergeben
möchte, weil sie nicht wüsten, was sie thäten, Luc. 23. v. 34. Actor. 3. v. 17.
hingegen hat derjenige, qui in Ecclesia Pontificia non ex ignorantia invincibili
einen errorem heget, sondern dessen error & ignorantia etiam in hoc
subjecto vincibilis ist, einer solchen Gelindigkeit und AEquität bey GOTT sich
nicht zu getrösten, ignorantia enim vincibilis, praesertim si sit juris, non
excusat, sed facit, ut hujusmodi error & factum ad spontaneum magis
accedat. Da es denn heisset, der Knecht, der seines Herrn Willen weiß, und thut
nicht nach seinen Willen, wird viel Streiche leiden müssen, Luc. 12. v. 47. und
wem
|| [52]
viel gegeben ist, bey dem wird man viel suchen,
und wem viel befohlen ist, von dem wird man viel fodern, ibid. v. 48.
(Und die andre Frage schlechterdings mit Nein beantwortet.)
Bey der andern Frage: Ob denn nicht eine Lutherische Printzeßin, wenn derselben
eine Heyrath mit einem Catholischen Printzen, unter der Condition, daß sie zu dessen Religion trete, angetragen würde, sich
ohne Verlust ihrer Seeligkeit dazu resolviren könne,
bevorab, wenn aus denen dabey sich ereignenden Umständen die Göttliche Providenz zu sehen? Ist wohl zu distinguiren, inter
Ecclesiam essentialiter & accidentaliter veram & puram. Ecclesia
vera ex verae Ecclesiae notis agnoscitur. Ecclesia pura est, quae nullum
errorem, ne non fundamentalem quidem, fidei fundamento addit. Quae vero Ecclesia
sive unum sive plures errores fidei fundamento superaddit, est impura. Et hujus
impuritatis dantur gradus, pro multitudine eorum, quae fidei fundamento per
modum stipularum 1. Corinth. III. 12. superadduntur. Atque sic Ecclesia impura
nunc magis impura est, nunc minus. Wenn man nun die sogenannte Evangelische
Kirche und deren Religion gegen die Römisch-Catholische Kirche und deren
Religion hält, so findet sich, daß Religio Lutherana, si non per omnia pura,
jedennoch multo purior sey, als die Römisch-Catholische, allermassen unter denen
Christlichen Religionen keine mehr irriges dem fundamento fidei hinzusetzet, als
eben diese. Wenn nun gefraget wird: 1) Ob eine Lutherische Printzeßin mit reinen
und guten Gewissen zu der Römisch-Catholischen Religion treten könne? 2) Ob
dieselbe sothane Printzeßin in Absicht einer mit einem Catholischen Printzen zu
treffenden Heyrath solch Changement ihrer Religion mit reinem und gutem Gewissen
unternehmen könne? So wird nothwendig dahin müssen geschlossen werden, daß man
mit reinem und gutem Gewissen von der sogenannten Lutherischen oder
Evangelischen Religion tanquam a puriori zu der Päbstischen Rel igion nicht
treten könne, nicht als wenn in der Päbstischen Religion der Grund des Glaubens
nicht mehr zu finden, und also gantz aufgehoben wäre, einfolglich in derselben
kein Mensch seelig werde, sondern weil die Päbstische Religion dem Grunde des
Glaubens viel Menschen-Satzungen und irrige Lehren beygefüget, als da ist e. g.
invocatio sanctorum, welche sie zwar nur compellationem nennen, in ihren Büchern
aber dergestalt beschreiben, daß sie einer GOTT allein zukommenden Anruffung
nicht ungleich ist: adoratio hostiae consecratae tam in missa, quam extra
eandem; meritum bonorum operum de condigno,
|| [53]
communio
sub una, welche die Pontificii rigide exigiren, oder da sie jemanden die
communionem sub utraque verstatten solten, solches nichts anderst, als sub
durissimis conditionibus zulassen, und dergleichen mehr, welche irrige Dinge
derjenige, der zum Pabstthum tritt, wider sein besser Wissen und Gewissen
annehmen, denenselben beypflichten, auch sothane Dinge wider sein Gewissen in
praxi exerciren muß. Nun muß ja ein rechtschaffener Christe sich üben, nicht nur
den wahren Glauben, sondern auch nebst dem Glauben ein reines und gutes Gewissen
zu behalten, daß er keine Wunde in dasselbe schlage, noch ein Brandmahl darein
bekomme. 1. Tim. 1. v. 2. Allermassen diejenigen, welche sothanes gute Gewissen
hintansetzen, auch am Glauben Schiffbruch leiden, 1. Tim. 1. v. 19. Ja es hat
ein Christe sich zu üben, daß er habe ein unverletztes Gewissen allenthalben
beyde gegen GOtt und den Menschen. Actor. 24. v. 16. und ihn also sein eigen
Hertz nicht verdamme, 1. Joh. 3. v. 21. sondern vielmehr sein Ruhm sey, das
Zeugnüß seines guten Gewissens. 2. Cor. 1. v. 13. Wer nun von der Lutherischen
Religion zu der Päbstlichen übertritt, und die Errores annimmt, auch nach
denselben einher gehet, handelt wider sein besser Wissen und Gewissen, und
begehet also eine Todt-Sünde; allermassen quicquid conscientia, praesertim
recta, jubet vel prohibet, id sub ratione legis divinae jubet, vel prohibet. Qui
igitur contra conscientiam agit, ille hoc agit, ut Deum offendat, atque ita non
potest non gratia divina excidere. Hujusmodi igitur hominem propriae
cogitationes (propria conscientia) accusant atque damnant. Rom. 2. v. 15. Und ob
man gleich sich nur eusserlich anstellen wolte, als wenn man dergleichen
Irrthümer annehme, da man doch dieselbe im Hertzen improbiret, so würde nichts
destoweniger solche Simulatio zu einem Aergernüß gedeyhen; Dannhauer ad Decal.
pag. 397. wofür demnach ein Christe sich wohl fürzusehen hat. Ob nun gleich zu
solchem Changement der Religion eine ansehnliche Heyrath, und durch dieselbe so
wohl für diese hohe Printzeßin, als dero gantzes hohe Hauß eine sonderbahre
hoffende Fortun Anlaß geben möchte, bevor ab da auch sothaner Heyrath aus denen
dabey sich ereignenden Umständen die Göttliche Providenz sich möchte blicken
lassen. So ist doch ein gutes und freudiges Gewissen und die Gnade bey GOtt
allen Zeitlichen und Irrdischen vorzuziehen; allermassen auch der Apostel alle
das Zeitliche für gering ja für nichts achtet, nur daß er Christum gewinne und
Theil an demselben habe auch behalte. Phil. 3. v. 8. Und da die übrigen Apostel
zu Christo sprachen: Siehe wir haben alles verlassen, und sind dir nachgefolget,
was
|| [54]
wird nns dafür? Bekamen sie zur Antwort: Wer
verlässet Häuser oder Bruder, oder Schwester, oder Vater, oder Mutter, oder
Weib, oder Kind, oder Aecker um meines Nahmens willen, der wird es hundertfältig
nehmen, und das ewige Leben ererben. Matth. 19. v. 27. 28. 29. Und der HERR
spricht: Wer Vater und Mutter mehr liebet, denn mich, der ist mein nicht werth,
kan auch mein Jünger nicht seyn. Matth. 10. v. 37. Luc. 14. v. 26. Es seyn auch
offtmahlen diejenigen Dinge, welche sonst der Göttlichen Providenz Anzeigungen
zu seyn pflegen, als eine Prüf- und Bewährung anzusehen, ob auch das Hertz das
Zeitliche dem Ewigen wolle vorziehen. Denn der HErr prüffet die Gerechten,
Psalm. 10, 6. und ihr Hertz, Psalm. 17. 3. Prov. 17, 3. 1. Thess. 2, 4. er
prüffet und versuchet sie, Psalm. 26, 2. daß er ihr Hertz, und wie sie es
meynen, erfahre, Psalm. 139, 23. bey welchem Zustande GOtt inständig anzuruffen,
daß er uns durch seinen H. Geist in alle Wahrheit leiten, Joh. 17, 3. und
darinnen heiligen, Joh. 17, 17. dabey beständig erhalten, auch die da stehen,
nicht fallen lassen wolle.
(Beschluß und angehengter Wunsch.)
Der Höchste lasse alle in diesem Casu vorfallende Deliberationes zu seines
Göttlichen Nahmens Ehre, und zu derer Interessenten Gloire, zeitlicher und
ewiger Wohlfarth ausschlagen und gedeyhen, um des Verdienstes Christi willen.
Gleichwie ich nun meine Meynung wegen derer gnädigst vorgelegten zweyen Fragen
nach meinen Pflichten und Christlichen Gewissen, unterthänigst geöffnet habe,
also zweifle ich nicht, es werde dieselbe von Ew. Hochfürstlich
Durchlauchtigkeit gnädigst aufgenommen werden. Dieselbe Göttlicher Obhut zu
allem Hochfürstlichen Wohlergehen, langen Leben, und fernerer glücklicher
Regierung unterthänigst empfehlende verharre Zeit Lebens etc.
(Unvorgreifliches Gutachten.)
§. XVI. Vorstehende beyde Responsa, nemlich das sechste und siebende waren dem
Herrn Autori des fünfften Responsi gegeben worden, sein Gutachten darüber zu
eröffnen, der dann auch solches folgender massen gethan hatte, daß er bey einen
jeden, so wohl bey der ersten als andern Frage kürtzlich vorstellete, was nach
seiner Meynung von denen Herren Autoribus entweder unbewiesen als wahrhafftig
wäre bejahet und also damit eine petitio principii begangen worden, oder was
denen Catholischen von ihnen ohne Grund, und fälschlich imputiret würde.
(Uber das sechste Responsum)
Unvorgreifliches Gutachten auf D. W. Rationes bey der
ersten Frage: Daß die Catholische Religion keinen rechten Glauben habe, und die
Mittel der Seeligkeit nicht rein habe, son
|| [55]
dern
dieselbe verändere, verfälsche, verdrehe und verstümmelt,(bey der ersten Frage.) ist zu probiren, und also
eine petitio principii. Denn wenn sie den kleinen Catechismum mit uns gemein
haben, und die Mittel der Seeligkeit darinnen begriffen sind, wie nicht zu
läugnen, so erhellet daraus das Widerspiel, so viel das Fundament des Glaubens
betrifft. In specie aber, setzen sie die guten Wercke nicht zu den Verdienst
Christi, als wenn sie demselben gleichgültig wären. Denn das Concil. Trident.
sagt ausdrücklich, daß die guten Wercke, so aus den Glauben fliessen, sich in
den unendlichen Verdienst Christi gründen, dergestalt, daß wenn Christi
Verdienst nicht wäre, die guten Wercke kein Verdienst haben könnten. Es ist auch
nicht so, daß sie nicht durch JEsum allein, sondern durch ihre eigene Wercke und
das Verdienst Christi zugleich gerecht und seelig werden wollen. Denn was die
Rechtfertigung anlanget ist zu distinguiren inter justificationem primam
& secundam: Zu jener erfordern sie keine gute Wercke, sondern glauben,
daß sie geschehe durch die mit dem Glauben ergriffene Zureichung des Verdienstes
Christi, zu dieser aber erfordern sie die guten Wercke, weil sie dafür halten,
der Mensch, der da wolle gerechtfertiget werden von seinen Sünden, müsse nicht
allein den Glauben, sondern auch einen würcklich thätigen Glauben haben. Und wir
bekennen auch, daß der Glaube, in dessen Ansehung der Mensch gerechtfertiget
wird, nicht ein todter, sondern ein lebendiger Glaube seyn müsse; Es laufft aber
endlich auf eine Subtilität hinaus, darüber sich die Gelehrten in den Schulen
zancken mögen, zur Seeligkeit hilfft dieser Streit nicht, und kommen die
Catholicken in der Haupt-Lehre der Rechtfertigung mit uns überein, wie Calixtus
und andere gar wohl angemercket haben. Was aber die Seeligkeit betrifft, so
wollen sie nicht durch eigene Wercke und das Verdienst Christi zugleich,
dieselbe erlangen, sondern allein durch das Verdienst Christi, wie dann die
Sterbende auf dasselbe gewiesen werden, und jederzeit gewiesen worden sind. Sie
reden auch nicht von ihren eigenen Wercken, wenn sie den Wercken ein Verdienst
Christi zuschreiben, gleich als wann dieselbe durch natürliche Kräffte und ohne
Gnade GOttes und dem Heiligen Geist geschehen könnten, sondern sie reden von
solchen Wercken, die durch GOttes Gnade und Krafft des Heil. Geistes geschehen,
und Früchte des Glaubens sind, und was sie ihnen vom Verdienst zulegen, dadurch
wollen sie die Gnade GOttes und Christi Verdienst nicht verringern, sondern
vielmehr erhöhen, preisen und verherrlichen, weil das Verdienst der Wercke aus
sol
|| [56]
cher Quelle hervorquillet. Wir
werffen ihnen zwar vor, daß sie ein zerstümmelt Abendmahl hätten, sie aber
können dis nicht begreiffen, und gleichwie sie erkennen, daß Christus das
Abendmahl unter beyderley Gestalt eingesetzet, also meynen sie, daß sie
gleichwohl mit dem geseegneten Brodt, Christi Leib und Blut, weil Christi Leib
nicht ein todter Leib, sondern ein beseelter Leib ist, empfahen und solches
bekennen auch einige der unserigen, und insonderheit die Würtembergische
Bekäntnüß, und bleibet der Endzweck des heiligen Abendmahls bey ihnen sowohl,
als bey uns unverruckt, daß sie nemlich das heilige Abendmahl zum Gedächtnüß des
bittern Leidens und Sterbens JEsu Christi empfahen. Sie halten sich nicht an
Menschen-Satzungen, sondern an Göttliche und Apostolische Satzungen, wenn sie
lehren, daß die Traditiones der Heil. Schrifft müssen gleich gehalten werden:
denn sie verstehen solches von Christi und der Apostel-Lehren, die nicht
beschrieben sind. Und daß dieses nicht unrecht seye, müssen die Unsrige bekennen
mit Mart. Chemnitio, und fragt sichs hernach, ob dis oder jenes eine divina oder
apostolica sey? Es klaget auch die Römische Kirche das Wort GOttes keiner
Unvollkommenheit an, sondern bekennet mit uns, daß es vollkommen sey zum Glauben
und Christlichen Wandel, wie bey denen Herren Walenburgiis zu sehen.
(Und bey der andern Frage.)
Bey der andern Frage 1.) ist noch in quaestione, ob die Catholischen mit den
Evangelischen im Grunde des Glaubens nicht übereinkommen. Sie haben ja mit uns
einerley Catechismum, wenn wir vom kleinen Catechismo reden. 2.) Nachdem der
Unterrichter ist, nachdem ist auch der Unterricht; wenn andrer Leute Meynung
ungleich vorgetragen wird, so kan es gar leichtlich das Ansehen haben, als
streite es wider das Wort GOttes, zum Exempel dessen kan man nehmen die Lehre
vom Verdienst der Wercke, wovon oben geredet worden. Denn wie die Unverständige
dieselbe vortragen, streitet sie in alle Wege wider GOttes Wort, aber nicht,
wenn sie nach der Wahrheit proponiret wird, denn sonst würde die Apologia der Augspurgischen Confession, die auch vom Verdienst der Wercke redet, und dasselbe
bejahet, gleichfalls wider GOttes Wort streiten. 3.) Es isi sehr hart geredet,
von Christo zu Belial treten, wenn eine hohe Person aus sonderbahren wichtigen
Ursachen von einer particulairen Christlichen Kirche zur andern schreitet, weil
ja in der Römischen Kirche Christus nicht verjaget, oder verläugnet, sondern als
der einige Heyland den Leuten vorgestellet und recommendiret wird. 4.) Wird
zugegeben, wenn
|| [57]
sie wider ihr Gewissen hinüber gienge.
Bey den Geistlichen und Ewigen kan auch wohl ein Respect auf das Zeitliche, so
fern GOttes Ehre und des Nechsten Wohlfarth dadurch nicht beleidiget wird,
gesetzet werden. 5.) Daß der Pabst der Anti-Christ, und
das Thier in der Offenbahrung seye, darzu gehöret ein grosser Beweiß. Es sind
dis noch verborgene Sachen. Unterdessen ists am besten, daß ein jeder durch
wahren Christlichen Wandel sich selbst vor dem Anti-Christ bewahre. 6.) Die
Aergernüß sind gegebene oder genommene, kluge und gottesfürchtige ärgern sich
nicht leichtlich, sondern wissen alles zum besten zu kehren. Und das
Durchlauchtige Haus wird doch bey der erkannten und bekannten Wahrheit des
Evangelii bleiben. GOtt sey gedanckt, daß wir das Evangelium von der
Gnadenreichen Vergebung der Sünden, so den Bußfertigen und Gläubigen
wiederfähret, mit den andern 2. Christlichen Religionen gemein haben.
Auf D. N. Rationes bey der ersten Frage. Es fraget sich ob dasjenige,(Uber das siebende Responsum bey der ersten
Frage.) was sie besser wissen können, und sollen, den Grund des Glaubens
betreffe, oder nicht. Betrifft es nicht den Grund des Glaubens, wie der Autor
selbst gestehet, so kan es ja nicht hindern, daß man nicht vermittelst der
Haupt-Stücke des Glaubens, durch GOttes Gnade dort, wie hier, seelig werde.
Auf die andere Frage. Von den irrigen Lehren, um solche(Bey der andern Frage.) recht zu erkennen, ob sie also beschaffen
seyen, wie man sie insgemein unter uns vorgiebt, muß man lesen den Catechismum
Romanum, des Bischoffs de Meaux l’ Exposition de la Doctrine de l’ Eglise
Catholique, und andere, insonderheit auch das Concilium Tridentinum selbst. Da
wird sichs finden, daß invocatio sanctorum nicht anders
sey, als nuda compellatio oder petitio intercessionis, auch nicht einmahl
gebothen seye: daß nicht hostia oder species panis,
sondern Christus von ihnen adoriret werde. Daß das
Concilium Tridentinum gar nicht rede de merito bonorum operum
de condigno, sondern bloß de merito operum verè tali. Ein anders aber
ist verum, ein anders condignum. Dieses läugnen die Scotisten, deren viel 1000.
sind in der Römischen Kirchen, und also können wirs mit ihnen auch läugnen. Communio sub una ist etwas: aber kan ein Mensch seelig
werden, der gar nicht das Abendmahl gebrauchet, im übrigen aber recht glaubet
und Christlich lebet, so kan auch derjenige seelig werden, der die communionem
sub una empfängt, und es nicht ändern kan. Und daß sie wider ihr besser Wissen
und Gewissen handeln würde, ist auch in quae
|| [58]
stione, und muß probiret werden, wird aber nicht probiret werden können.
(Das achte Theologische Responsum.)
§. XVIII. Das achte Responsum war datirt H. d. 21. Septembr. 1705. in welchen der
sonst berühmte und gelehrte Herr Autor ohne Einmischung einiger Scholastischen
und Methaphysischen Terminorum seine Meynung über die vorgelegten zwey Fragen,
auch ohne andern Aufhebens, kurtz und deutlich eröfnet, und die erste Frage ohne
Bedingung bejahet, bey Bejahung der andern aber vier Bedingungen voraus gesetzt,
und nachhero diese Bejahung durch fünf gleichfalls kurtze und deutliche Rationes
decidendi oder Argumenta beweisen wollen; auch zu Ende noch einige kurtze
Ampliationes hinzugesetzt.
(Bejahung der ersten Frage ohne Bedingung.)
Auf die beyden gnädigst vorgelegte Fragen sind meine unterthänigste Antworten
ohne weitläufftiges pro und contra disputiren, wie folget: 1) Ob nicht ein jeder
Mensch, es lebe derselbe in der Lutherischen oder Catholischen Religion, wenn er
JEsum Christum für das Mittel der Seeligkeit hält, dessen Verdienst und
Gerechtigkeit durch den rechten Glauben ergreiffet und ihme appliciret, die ewige Seeligkeit erlange: Diese Frage kan nicht
anderst, als mit Ja beantwortet werden, weil GOtt seinen Sohn JEsum Christum als
das eintzige Mittel denen Menschen zur Seeligkeit gegeben und gesetzet, auch auf
Seiten der Menschen nichts anders verlanget, als den rechten Glauben, dessen
Vollkommenheit darinnen bestehet, daß Christi Verdienst und Gerechtigkeit
ergriffen, und den Menschen appliciret werde. Wer nun das von GOtt gesetzte
Mittel in seinem Hertzen dafür hält, demselben nichts entgegen, oder an die
Seite setzet, sondern dieses allein mit rechten Glauben ergreiffet und sich
appliciret, auch biß an sein Ende auf solche Weise, nebenst einen Christlichen
Wandel, behält, dem kan die ewige Seeligkeit nicht abgesprochen werden, er lebe
gleich in der Lutherischen oder Catholischen Religion. Denn beyde Kirchen (ob
sie gleich in schismate stehen,) sind Glieder der allgemeinen Kirche, ausser
welcher kein Heyl noch Seeligkeit ordentlich zu gewarten, haben kein ander von
GOtt gesetztes Mittel zur Seeligkeit, als Christum, und setzen auch ob Seiten
der Menschen nichts anders, als die mit wahren Glauben geschehene Ergreiffung
und Applicirung des Verdienstes und Gerechtigkeit JEsu Christi. Wo nun gleiche
Mittel zur Seeligkeit, und gleiche Anwendung derselben, da ist auch gleiche
Seeligkeit zu erlangen.
|| [59]
2) Ob dann nicht eine Lutherische Printzeßin, wenn(Wie
auch der andern, aber unter vier Bedingungen.) deroselben eine Heyrath
mit einem Catholischen Printzen, unter der Condition,
daß sie zu dessen Religion trete, angetragen würde, sich ohne Verlust ihrer
Seeligkeit dazu resolviren könne, bevorab, wenn aus
denen dabey sich ereignenden Umständen die Göttliche Providenz zu spühren: Auf diese Frage ist zu antworten, daß wenn eine
Lutherische Printzeßin 1) die heilsame Erkänntnüß hat von denen nothwendigen
Stücken des Christenthums; 2) sich völlig unterrichten lässet, daß in beyden
Religionen diese nothwendige Stücke einerley seyn, die andern Lehren aber, so in
der Catholischen Religion sich finden möchten, gar nicht zu denen nothwendigen
Stücken des Christenthums gehören, und über das eine moderate und vernünfftige
Erklärung admittiren; 3) niemahlen nichts wissentlich anzunehmen gedencket, so
denen nothwendigen Stücken des Christenthums zuwider ist, und 4) dabey durch
GOttes Beystand biß an ihr Ende zu bleiben sich entschliesset: So kan sie sich
ohne Verlust ihrer Seeligkeit zu einer Heyrath unter obiger Condition
resolviren. Denn sie gehet 1) von einer Particulair-Kirchen zu der andern,
welche die nothwendige Stücke des Christenthums mit der andern gemein hat, wie
solches von vielen allbereits zur Gnüge ausgeführet. 2) Hält sie JEsum Christum
auch in selbiger Kirchen vor das eintzige Mittel der Seeligkeit. 3) Kan und muß
sie auch, nach dieser Kirchen Vorschrifft, Christi Verdienst und Gerechtigkeit
mit wahrem Glauben ergreiffen und sich appliciren. 4) Darf sie andere Lehren
derselbigen Kirchen nicht glauben, als ob sie zur Seeligkeit nothwendig wären.
5) Kommt noch darzu, daß sonderliche Umstände sich ereignen, daraus die
Göttliche Providenz sowohl de praesenti als auch de futuro zu spühren,
allermassen dadurch der Kirchen und dem Vaterlande viel Gutes zu hoffen stünde.
Weil nun bey diesen allen sich nichts findet, daß den Verlust der Seeligkeit
könnte zu wegen bringen, sondern vielmehr alle Mittel zur Seeligkeit zu gelangen
beybehalten werden, so bleibt es dabey, daß eine Evangelische Printzeßin zu
einer solchen Heyrath sich wohl resolviren könne. Solte endlich neben der
Verschonung einer öffentlichen und solennen Abschwerung, die Communion sub
utraque vor eine solche Printzeßin, wie sie andern allbereit gegönnet, zu
erhalten seyn, so würde dero Gemüth noch weniger auch in das künfftige anstößig
und zweiffelhafftig können gemachet werden, zugeschweigen daß unsere Kirche
solche Concession als etwas grosses ansehen könnte.
|| [60]
(Das neunte Responsum, nebst
etlichen nöthigen Anmerckungen von selbigen,)
§. XIIX. So kurtz nun das achte Responfum ist, desto länger ist nunmehro das
neunte, welches mir erst nach Erhaltung der vorstehenden Responsorum
communiciret wurde, als wenn es erst nach diesen eingelauffen wäre. Wenn ich
aber meine Gedancken drüber sagen soll, so wolte ich vielmehr dafür halten, daß
es wo nicht das erste, doch eines mit von denen ersten gewesen sey, und daß eben
deswegen der Herr Autor bey Ausstellung desselbigen sich so grosser
Weitläufftigkeit als einer nöthigen Behutsamkeit bedienet. So bestärcket mich
auch dieser Umstand in dieser meiner Vermuthung, weil dem Herrn Autori nur eine
Frage vorgeleget worden, da doch bey allen denen andern Responsis zwey Fragen zu
befinden waren, unter welchen die in dem gegenwärtigen Responso beantwortete
Frage die andre war; es ist auch der bey denen andern Responsis befindliche
Umstand von der sonderbahren Göttlichen Providenz bey der andern Frage, in der
dem gegenwärtigen Responso vorgesetzten Frage nicht zu befinden, und demnach
nicht unwahrscheinlich, daß eben von diesen Responso hernach Gelegenheit
genommen worden aus einer Frage zwey zu machen, und dieselben etwas
umständlicher zu formiren. (Jedoch wird diese Vermuthung wieder etwas
zweiffelhafft durch dasjenige was der Autor beym Anfang der Beantwortung der
dritten Special-Frage erinnert.) Was das Responsum selbst betrifft, so hat der
Herr Autor dabey folgende Behutsamkeit gebraucht. Zuförderst erinnert er zum
Voraus, daß man bey Beantwortung der Frage sich für zweyerley Extremis hüten
müsse, nemlich daß man eines Theils in Theologischen Streitigkeiten sich nicht
zu hefftig und zu hitzig, andern Theils aber auch nicht gar zu laulich und zu
gelinde aufführen müsse; hernach setzte er gleichfalls noch 18. Theses zum
Voraus, als gewisse Grundsätze, vermittelst welcher man die zweyerley
unterschiedene Bedeutungen der Kirche, nicht weniger die Eintheilungen der
Kirche in eine sichtbare und unsichtbahre, wahre und falsche, reine und unreine,
allgemeine und absonderliche Kirche wohl verstehen und begreiffen, und sich
disfalls für aller Confusion hüten müsse. Nachhero resolvirt er die ihm
vorgelegte eine in fünff unterschiedene Fragen und beantwortet dieselben auch
unterschiedlich. Bey der 1. will er behaupten daß die ietzige Römische Kirche
nicht mehr das Apocalyptische Babel und ein Reich des Anti-Christs sey, weil
nemlich nach der Weissagung in der Offenbahrung Johannis c. 16. vers. 19. durch
den Westphälischen Friede aus der grossen Stadt Babel drey Theile (nemlich die
Catholische, Lutherische und Reformirte Religion) worden, und also Babel
gefallen, auch nach dem 18. Capitel das
|| [61]
gantze Babel
als ein Felsen ins Meer gestürtzt und unsichtbar gemacht worden. Bey der 2.
Frage will er behaupten daß die heutige Römische Kirche den Glaubens-Grund gantz
behalte. Die 3. Frage von der Seeligkeit derjenigen, die in einer falschen
Kirche sterben, setzt er etliche Distinctionen zum Voraus, nach welchen er die
Frage theils bejahet, theils verneinet. Die 4. Frage von den Ubertritt einer
Protestirenden Printzeßin bejahet er unter gewissen Bedingungen und antwortet
zugleich auf die Einwürffe, wie er dann auch bey der 5. Frage acht neue
Bedingungen vorträgt, unter welchen dieser Ubertritt geschehen könne, auch
denenselben zum Beschluß noch etliche Erinnerungen anhänget. Gleichwie ich nun
von diesen allen das Untheil dem unpartheyischen Leser überlasse; also habe
ich meines wenigen Orts dabey nur noch dieses wenige melden wollen, daß ich
gerne gestehe, daß des Herrn Autoris Beantwortung der ersten Frage den Horizont
meines Verstandes gar sehr übersteige, und ich diese sonderbahre und
unvermuthete Auslegung der Offenbahrung Johannis gantz nicht begreiffe. Und
obschon der Herr Autor zu Behauptung dieses seines Satzes einen förmlichen
Syllogismum vorgebracht; so kan ich doch nicht läugnen, daß ich bey demselben so
wohl was propositionem majorem und minorem, als auch was die conclusion selbst
betrifft, und daß bey selbiger der status controversiae mercklich mutiret
worden, gar vieles zu erinnern hätte, wenn mein gegenwärtiges Vorhaben zuliesse
selbiges hier weiter auszuführen. Zugeschweigen, daß ich mich nicht unbillig
befahre, daß der Herr Autor durch die Beantwortung dieser ersten Frage so wohl
bey denen Protestirenden als bey denen Catholischen (aus vielen Ursachen die ich
dem Nachdencken des Lesers überlasse) wenig Danck verdienen dörffte. Dem sey
aber nun wie ihm wolle, so will ich die vermuthlich erweckte Begierde des Lesers
das Responsum selbst zu lesen nicht länger auffhalten.
In Betrachtung der vielerley Motiven, die auf beyden Seiten(Nöthige Behutsamkeit, damit man bey Beantwortung der
Frage nicht in zwey gefährliche Extrema verfalle.) vorfallen über die
Frage: Ob einer Durchlauchtigen Evangelischen Printzeßin ein Transitus oder Ubertritt zur Römischen Kirchen wegen einer Vermählung
mit einem Catholischen Könige ohn Gefahr ihrer Seeligkeit erlaubet sey: So muß
bekennen, daß es eine hochwichtige und zum Theil gefährliche Frage sey, und auf
welche in der Furcht des HErrn zu antworten, man alle Affecten, sowohl auf der
einen Seiten Hitze, Zorn, Eyffer und alle praeconceptas opiniones, als auf der
andern Seite alle Furcht und Kleinmüthigkeit, oder auch verhoffende hohe
Menschen Gunst und Gnade gantz und gar bey
|| [62]
Seite
setzen müsse. Denn, wie bekannt, so stehen viele von den Theologis unserer
Kirchen in der Meynung, daß man noch heut zu Tag die Religions-Streitigkeiten
eben so hefftig und hitzig tractiren müsse, als zu den Zeiten Lutheri, und auch
nach dessen Tod fast ein gantz Seculum geschehen, da die Evangelische Religion
nicht allein die eyfrigste Contradictiones von der Römischen Kirchen, sondern
auch die gröste Leib und Lebens-Gefahr und den fast vermeidlichen Zwang zum
Rückfall zu besorgen hatte. Alleine nachdem durch den bekannten Friedens-Schluß
im vorigen Seculo alle diese Momenta und Motiva Formalia gehoben, so werden
moderate Theologi unserer Kirche nicht finden, wie man weiter Ursach haben solte
mit solchen hefftigen Invectiven und höchst erbitterten und vergälleten
Expressionen wider die Römisch-Catholische Kirche (die man vielmehr mit
Sanfftmuth und Bescheidenheit an sich zu ziehen billig nachsinnen müste) zu
verfahren, absonderlich da, wie hernach erwiesen werden soll, weder die itzig
Römisch-Catholische Kirche das Apocalyptische Babel, noch der Pabst ein
Anti-Christ weiter kan genennet werden. Dannenhero auch wohl zu wünschen gewesen
wäre, daß bey oberwehnten damahligen Friedens-Schluß die hefftigsten
Expressiones, so in unsern Libris Symbolicis enthalten, (und auf welche
Expressiones, nicht aber allein auf die Lehren, viel von unsern Theologis
geschworen zu haben ihnen einbilden) einiger massen mit Vorwissen der
Evangelischen Theologorum zum Theil wären corrigiret worden. Solche obbenahmte
Theologi, wie sie jetzo beschrieben, sind bey der Antwort auf diese Frage gar zu
hitzig, und gewiß hitziger, als Lutherus selbst seyn würde, so er jetzo noch im
Leben wäre. Die andere Art derer Theologorum, so diesen entgegen gesetzet
werden, sind gar zu gelinde und weich, halten die Combinationes der Religionen,
ja gar den Transitum von einer Religion zur andern, so gar leicht und geringe,
daß man fast daraus schliessen möchte, daß solches aus Menschlicher Furcht oder
aus Respect und Absehen auf Gnade und Huld der Hohen in der Welt lediglich
geschehe. Man hat ja das klare göttliche Wort vor Augen, und siehet ein
jedweder, der nicht gar blind seyn will, was nach dem Buchstaben desselben vor
ein Unterscheid sey unter allen, auch in specie unter denen im Römischen Reich
verstatteten 3. Religionen. Dahero ich der Meynung bin, daß man in Beantwortung
der Frage mediâ viâ gehen müsse, und daß man in allem nach besten Wissen und
Gewissen verfahre, und dabey so wenig auf Menschen-Gunst sehe, als mehr man
dabey GOtt anzuruffen hat: Erhalte unser Hertz bey dem einigen, daß wir deinen
|| [63]
Nahmen fürchten, ja heiliger Vater heilige uns in
deiner Wahrheit, dein Wort ist die Wahrheit.
Diesemnach so achtet man, bey vorgelegter Frage höchstnöthig zu(Hochstnöthige Praesupposita von unterschiedener
Bedeutung der Kirche, ingleichen von der sichtbaren und unsichtbaren wahren
und falschen Kirche etc.) seyn, einige Grund-Sätze darauf man sich zu
beziehen, vorher aus heiliger Schrifft zu befestigen. I.) Ecclesia ist ein Wort,
dessen Bedeutung man in einer Definition nicht vorstellen kan, sondern wo man
vernehmlich reden will, muß man vorgängig und vorerst 2. Definitiones setzen.
(1.) Ecclesia ist das Häuflein derer, die in rechten lebendigen Glauben mit
Christo ihren Haupt vereiniget sind. (2.) Ecclesia ist eine Versammlung, darinn
man aus GOttes Wort den Weg zur Seeligkeit lehret, und Sacramenta austheilet.
II.) Daß nun keine Irrung in der Rede entstehe, indem man von der Ecclesia nach
der ersten Bedeutung viel anders zu sprechen hat, als nach der andern, so
bedinge zuförderst, daß ich heissen werde die Ecclesiam nach der ersten
Definition die Gemeine des HErrn, sonst die Gemeine der Heiligen. Nach der
andern aber die Kirche des HErrn, sonst die sichtbare Versammlung. III.) Die
Gemeine des HErrn vergleicht der H. Geist .) mit einem
Bau, daran Christus der Eckstein ist. Eph. 2. 1. Pet. 2. .) Mit einem Leibe und dessen gesammten Gliedern, deren Haupt Christus.
.) Mit dem Reben, die in ihren Weinstock Christo
hangen, Joh. 15. .) Mit einer Braut, die dem HErrn, als
ihren Bräutigam, vertrauet ist. Eph. 5. .) Mit einem
Schaf-Stall, darinnen alle Schafe die Stimme des Hirten JEsu Christi erkennen
und derselben folgen, eines fremden Stimme aber nicht kennen. Joh. 10. IV.) Die
Gemeine des HErrn hat etliche Eigenschafften die der Kirche nach der ersten
Definition nicht zukommen. .) Man kan ausser ihr nicht
seelig werden. Non habet Deum in coelis Patrem, qui non habet Ecclesiam in
terris matrem. .) Sie ist gantz ohne Flecken und
Runtzeln, und wird Christo als eine reine Jungfrau zugeführet. Ephes. 5. vers.
27. .) Sie kan nicht vom Glauben abfallen, oder in einen
Irrthum gerathen, der den Grund des Glaubens umstösset, auch kan keine zur
Seeligkeit nöthige Lehre in ihr untergehen. .) Diese
ists, die im Symbolo heisset: Una sancta Catholica. Mehr als eine findet sich
nicht in der gantzen Welt, darum hat man auch nicht nöthig, sie durch gewisse
Notas von andern abzukennen. .) Sie begreifft mit in
sich alle rechtgetauffte Kinder, die sich nicht verführen lassen, ja auch alle,
die im Glauben an Christum schon gestorben sind, daher man diese allein in
militantem & triumphantem distinguiren kan. .)
Es ist nicht möglich, daß ein Jahr hingehe, so lange Menschen leben,
|| [64]
darinn diese Gemeine könne aufhören, und keine Glieder
mehr behalten, die Pforten der Höllen sollen sie nicht überwältigen. Math. 16.
Alle diese Dinge werden von den Jesuiten auf die Kirche nach der andern
Definition, sonderlich auf die Römische Kirche gezogen, daraus man denn
wunderliche Consequentien machet, die keinen Grund haben. V.) Die Gemeine des
HErrn ist bisweilen sichtbar, sonderlich zur Zeit der Märtyrer, und
allenthalben, wo die Christen durch ungeheuchelte und beständige heilige Wercke
ihren Glauben darthun. Ob nun gleich der grosse Schein der Andacht in den
Heuchlern dieses ungewis machet, so finden sich doch viele Proben, die ein
Heuchler nicht aushält; also das rechte Christen sich daran einander wohl
erkennen mögen. Paulus merckte es ihnen bald ab, ob sie das Ihrige suchten, oder
das was Christi ist. Phil. 2. v. 21. VI.) Sie ist aber unsichtbar .) partialiter, weil viel Gläubige vorhanden, die man nicht
davor ansiehet, und von denen es heisset: der HErr kennet die Seinen. 2. Tim. 2.
.) Bißweilen auch totaliter, als wenn (1.) alle
Zeugen Christi verjaget sind, und die Welt darüber triumphiret Apocal. 11. v.
10. (2.) Wenn GOttes Wort theuer wird, und man die Bibel unter die Banck
stecket, 1. Sam. 3. v. 1. (3.) Wenn Elias von den 7000. Heiligen niemand kennet.
Rom. 11. v. 4. VII.) Es ist die Gemeine des HErrn nicht ohne allen Fehlern,
obschon kein Sauerteig mit ihr vermenget, oder grobe Sünden-Mackel und Flecken
sich bey ihr befinden. Denn .) der Geist ist willig,
aber das Fleisch ist schwach. Matth. 26. .) Die 5.
klugen Jungfrauen werden auch schläffrig und schlummern ein. Matth. 25. .) Zu Christi Zeiten war die Gemeine mehr unter den
Schwachen, die des Artztes bedurfften, als unter den Starcken. Marc. 2. v. 17.
.) Die Erfahrung giebts, daß viele Glieder
schläffrig sind zum Gebet und langsam GOttes Wort zu lernen. IIX.) Wenn die
Gemeine des HErrn ihre rechte Weyde haben soll, muß sie nicht nur durch tägliche
Buße immerfort sich von solchen Fehlern reinigen, sondern auch sich zu einer
sichtbaren Kirche sammlen. .) Rom. 10. v. 14. erfordert
Paulus zum Glauben das angehörte Wort und die beruffenen Prediger, die man sonst
nirgends findet, als in der sichtbahren Versammlung. .)
In diesen alleine sind die Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer,
an welche Christus die Glieder seines Leibes gewiesen hat. Eph. 4. v. 11. 12.
.) Dieses sind die Haußhalter über GOttes
Geheimnüsse 1. Cor. 4. v. 1. ohne welche die Glieder Christi kein Leben haben.
Joh. 6. .) In der sichtbaren Versammlung ist die
Menschen-Fischerey angelegt, die uns in Christi Reich bringet. Marc. 1. vers. 1.
Luc. 5. vers. 10. IX.) Diese Grün
|| [65]
de aber können
nicht weiter, als auf den ordentlichen Weg extendiret werden. Denn man hat
Exempel, daß auch Glieder der Gemeine sich zu keiner sichtbaren Versammlung
gehalten, wenn sie wichtige Verhinderung gehabt, als .)
Der verkauffte Joseph in Egypten, .) die fromme Naëmi in
Buch Ruth. c. 1. .) David unter den Philistern. .) Sadrach, Mesach und Abednego, Dan. 3. Solche Glieder muß
man denn ansehen, als ob sie in Exilio lebten. X.) Die Kirche aber des HErren
wird verglichen .) mit einem Hause darinn man Gefässe zu
Ehren und zu Unehren, 2. Tim. 2. .) mit einem Netze,
darinn man gute und böse Fische gefangen, Matth. 13. v. 47. .) mit einem Acker, darauf Unkraut unter den Weitzen wächset,
ibid. v. 24. .) oder da das Land hie und da zutreten,
steinig und voll Dornen ist, Luc. 8. .) mit einer
Tennen, darauf Weitzen und Spreu ist zusammen getroschen. Matth. 3. v. 12. XI.)
Man theilt die Kirche in veram & falsam, jene ist pura oder impura,
diese ist positive oder privative falsa. .) Falsa, die
etwas unrechtes lehret, welches dem Glauben zuwider, oder mit den Sacramenten
recht umgehet. .) Impura, die im Glaubens-Grund nichts
umstösset, aber wichtige Irrthümer, die GOtt sehr zuwider sind, aufbringet.
.) Vera & pura, die keinen Irrthum heget,
der an der Seeligkeit leicht hindern kan, ob sie gleich sonst wohl ihre Fehler
hat. .) Positive falsa, die den Glaubens-Grund
vollständig behält, aber durch einen Zusatz wichtige Puncta davon wieder
verdunckelt. .) Privative falsa, die gar etwas
abschaffen will, von dem was zum Glaubens-Grund gehöret, und solches offenbahr
leugnet und lästert. XII.) Diese Kirche des HErrn muß eigentlich sichtbar seyn,
und wo sie es nicht ist, so ist sie gar untergangen. Sonst könnte Christus nicht
sagen: Sage es der Gemeine, das ist, der Kirche. Matth. 18. v. 17. Hie bemühen
sich die Römisch-gesinnete zu behaupten, daß auch die Gemeine nach der ersten
Definition, welche nicht untergehen kan, immer im sichtbaren Stande bleibe,
dagegen wir aus dem, was Thess. 5. & 6. erwiesen, behaupten, .) daß die Gemeine des HErrn heilig bleibe, wenn schon gar
keine Eoclesia vera unter den sichtbaren Versammlungen übrig wäre. .) Daß sie bleiben könne, wenn schon alle sichtbare
Versammlungen untergiengen. Denn was in der 8ten Thesi dagegen erwiesen,
extendiret sich nicht auf die causas necessitatis. .)
Daß die Gemeine des HErrn an dem Orte, da die sichtbare Versammlung impura, aber
doch vera ist, nicht Ursache habe, eine andere Versammlnng und sichtbare Kirche
zu suchen, es wäre denn daß es ohne Aergernüß und Anstoß sich gar wohl
|| [66]
fügte, eine bessere zu finden. .) Daß sie auch in Ecclesia positive falsa, wenn es die Noth erfodert, sich
könne weyden, und durch deren Ministerium im Leibe Christi erbauen lassen.
XIII.) Die Beneficia, so der sichtbaren Versammlung anvertrauet worden, sind
.) ein sonderlicher Nachdruck des Wortes, so
darinnen geprediget wird, daß es nicht leer kan wieder kommen, Esai. 58. v. 11.
.) Eigene Gaben der Kirchen-Diener mit reichlichem
göttlichen Seegen zu trösten, ermahnen, warnen, unterrichten, etc. welche durch
Hand-Auflegung der Prediger fortgepflantzet werden. 1. Tim. 5. v. 22. .) Der Bind- und Löse-Schlüssel Joh. 20. v. 23. .) Die Sacramenta des HErrn. 1. Cor. 3. v. 1. .) Daß fromme Christen in den Gebeth der gantzen Gemeine
eingeschlossen sind, Act. 12. v. 5. .) Die Handreichung
der Glieder Christi mit ihren geistlichen Gaben einander zu erbauen, 1. Cor. 12.
v. 12. Denn so wohl die sichtbare Versammlung, als auch die Gemeine nach der
ersten Definition werden in H. Schrifft mit den Gliedern eines Leibes
verglichen; doch die Gemeine auf eine viel nähere Art, als die Kirche, diese
aber auf eine eclatantere Weise als jene. Nach der einen Art hat Christus so
viel Leiber als wahre Kirchen sind, die nicht einander sich subordiniren; nach
der andern eigentlichen Art aber nur einen Leib. Nach jener kennen die Glieder
einander; nach dieser Art aber ist die Kindschafft meist verborgen. .) Der Beystand, den man schwachen Gliedern schuldig ist, als
daß Verarmete nicht ohne Speise, Tranck und Kleider gelassen werden, den
Fehlenden mit sanfftmüthigen Geist aufzuhelffen, der Krancken zu pflegen und sie
zu erquicken, dieser und dergleichen Dinge muß ein jeder entbehren, der ein
Glied der Gemeine Christi seyn will, und sich zu keiner sichtbaren Kirche hält.
Wer aber ohne dringende Noth sich von diesen Beneficiis sondert, ist nicht
einmahl werth, daß er sich unter die Gemeine Christi rechne, und ist untüchtig
desselben Glied zu heissen. XIV.) Eine Ecclesia privative falsa darf sich diese
Beneficia nicht anmassen; dergleichen war zu Christi Zeiten die Samaritanische,
davon hieß es Joh. 4. Ihr wisset nicht, was ihr anbetet. Wer sich zu ihrem Coetu
bekennet, der ziehet an fremden Joch mit den Ungläubigen. 1. Cor. 6. Also muß
man privative falsas Ecclesias wohl abzukennen wissen, damit man sich von ihnen
sondere. .) Dieses sind die, welche einen nöthigen
Glaubens-Punct ausmustern, und dem widersprechen, als wenn Cerinthus saget:
Christus sey nicht der wahre GOtt; denn auch .) die
unter die nöthige Glaubens-Puncte eine Lehre setzen, so den Grund des Glaubens
niederreisset, als wenn jemand schon alle Glau
|| [67]
bens-Puncte behielte, und in seinem Catechismo daneben setzte, es seye
auch zur Seeligkeit nöthig, den Mahometh anzubethen. So wäre die Kirche, die es
mit ihm hielte, auch privative falsa, denn er hätte das erste und andere Gebot,
so auch ein nöthiger Punct ist, der gantzen Glaubens-Lehre gantz verkehret.
.) Wenn die Römische Kirche es unumgänglich zur
Seeligkeit erfordern wolte, die Heiligen anzubethen, so würde sie auch privative
falsa. XV.) Positive falsa ist eine Kirche, wenn sie von den Puncten, die in der
Glaubens-Lehre zur Seeligkeit nöthig sind, keines ausmustert, wie schon droben
erinnert, und doch unnütze und vergebliche Lehren untermenget. .) Im 1. Cor. 3. v. 13. bauen einige auf den rechten
Glaubens-Grund solche Lehren, die im Feuer der Anfechtung und der Läuterung des
Heiligen Geistes ausbrennen, und über welche die irrig unterrichteten Schaden
leiden. .) Es kan seyn, daß sie gar in den Catechismum
unnütze Dinge setzen, als zum Exempel, die Läutung der getaufften Glocken
verjage den Teuffel. .) Oder daß sie auch Dinge
hineinsetzen, die den Glaubens-Grund ruiniren, (als daß man solle die Heiligen
in Nöthen anruffen) wenn nur zur Erhaltung des Glaubens-Grundes einige
Moderation gebrauchet wird, als (1.) daß diese Anruffung gar keine Anbetung seyn
solte, sondern eine solche Ersuchung, wie wir Lebenden offt einander sagen, er
möge vor uns beten, wie auch Paulus selbst gethan. Rom. 15. v. 30. (2.) Daß die
Anruffung vor nützlich, daraus aber nicht für nothwendig zur Seeligkeit ausge
geben werde. (3.) Daß das Niederknien vor einen Heiligen nicht and ers als eine
eusserliche Ehrbezeugung und Reverence, bey Anruffung des wahren GOttes aber ein
Zeichen der innerlichen Anbetung sey. Obschon die Entschuldigungen so viel nicht
ausmachen, daß die Lehre vor GOtt nicht solte sündlich seyn, so vermögen sie
doch so viel, daß sie einem, der in seiner Einfalt bey diese Lehre gebracht ist,
und sonsten im Grunde des Glaubens alles, was zur Seeligkeit nöthig, gefasset,
solchen Glaubens-Grund nicht wieder aus der Seelen reissen, wie sonst geschehen
würde, wenn er sich unterrichten liesse, dasjenige heilig zu achten, was sein
Gewissen offenbahr wider das erste Geboth befindet, daß man neben GOtt müste
andere Götter haben und anbeten. .) Wenn auch Dinge in
den Catechismum gesetzet würden, die den Grund der Glaubens-Lehre umwerffen
können, aber nicht anders, als durch eine weitgesuchte Consequence, die von
Einfältigen so gleich nicht begriffen wird, so wird wiederum die Ecclesia nur
positive falsa, aber nicht privative. Denn es ist genung den Grund des Glaubens
zu behalten, wenn alles, was dazu gehöret, in den
|| [68]
Catechismum gesetzet wird, und nichts darzu kommt, welches denselben hernach
umstosse, vornehmlicher Weise. Geschicht es unvernehmlich durch einige
Consequentien, als wenn jemand lehren wolte, Christo hätten keine Wunden wehe
gethan, so muß man hoffen, das Haupt-Bekänntnüß der Lehre werde festere Wurtzeln
schlagen, als einige Consequentien, die aus falschen Neben-Lehren einschleichen
möchten. Durch den Grund des Glaubens verstehen wir itzo die Lehre von allen 5.
Haupt-Stücken des Catechismi, die 10. Gebot nicht ausgeschlossen. Denn obschon
der Glaube selbst nur ein Haupt-Stück ist, so ist doch die Lehre vom Glauben so
beschaffen, daß sie sich durch alle Haupt-Stücke erstrecket. Catechismum nennen
wir aber itzo kürtzlich ein jedes Büchlein, darinn man alle Lehren, die man zur
Seeligkeit nöthig achtet, verfasset hat, und alle übrige Theologische Lehren
davon abgesondert, daß sonst nichts darinn stehe, als was nöthig ist zur
Seeligkeit zu wissen. So heist denn eine Lehre in den Catechismum setzen nichts
anders, als dieselbe zur Seeligkeit nöthig ausgeben. XVI.) Eine Ecclesia die
zwar allerley unrichtige Dinge öffentlich lehret, aber doch den Catechismum
damit nicht verkehret, sondern denselben im Stande läßt, wie er seyn muß, die
bleibet Ecclesia vera. .) Sind ihre Irrthümer von
geringer Wichtigkeit, so kan sie auch pura heissen, denn eine perfecta pura
findet sich wohl an keinem Orte. Als wenn eine Eeclesia etwan lehrete, daß noch
itzt bisweilen gute Engel abfielen, oder daß Maria nach Christi Geburth einem
Mann ehlich beygewohnet, sonst aber in allen den Catechismum unverkehrt liesse.
.) Sind es Irrthümer die etwas mehr auf sich haben,
so machen sie Ecclesiam impuram, als wenn eine Ecclesia lehrete, Maria hätte
keine Erb-Sünde gehabt, oder die Kinder der Heyden, die vor dem Gebrauch der
Vernunfft abgeschieden, würden ordentlicher Weise ohne Christo doch seelig, oder
ihnen könnte ohne Tauffe, extra Ecclesiam, Christi Erlösung zu gute kommen.
Dieses würde geben Ecclesias impuras. XVII.) Endlich theilt man die Kirche des
HErrn in universalem & particularem. Die universalis ist ein Begriff
aller Particular-Kirchen, in welchen die Glaubens-Lehre von allen 5.
Haupt-Stücken des gantzen Catechismi also verbleibet, daß sie ein jedweder
einfältiger Christ daraus vollständig fassen kan, so viel ihn zu seiner
Seeligkeit nöthig ist, zu wissen. Dieselbe ist dannenhero fast immer zum Theil
vera zum Theil falsa, zum Theil pura oder impura, die privative falsa aber
gehöret gar nicht drunter, dergleichen zu unsern Zeiten ist die Socinianische
Ecclesia, weil kein fundamentum fidei drinn bleibet. Unter denen Particularibus
aber sind et
|| [69]
liche verae, falsae, purae oder
impurae. Die sich nun rühmen will, daß sie pura und vera sey, muß folgende
Eigenschafften an sich haben, vornehmlich aber die 2. ersten drunter nothwendig
behaupten können, daß sie (1.) GOttes Wort rein und lauter lehre, (2.) die
Sacramenta nach Christi Einsetzung recht austheile, und denn folgends (3.) ihr
Creutz gedultig über sich nehme. (4.) Andre nicht mit der Force, sondern mit der
Sanfftmuth und heiligen Exempeln an sich locke. (5.) Mit Bescheidenheit annehme,
was andre, die von ihr abstimmen, auf sie zu sprechen haben, und den scandalis
tam datis quam acceptis nach Möglichkeit abhelffe. Welche drey letztern wir doch
nicht Eigenschafften proprie loquendo nennen wollen. XIIX.) Alle Ecclesiae,
die zur Universali gehören, behalten die Th. 13. angeführte Beneficia, sie mögen
seyn verae oder falsae, purae oder impurae. Wir wollen zwar die Ecclesias
impuras und positive falsas ihrer schweren Verantwortung nicht entheben, die sie
vor GOtt haben, der verkehrten Wahrheit halber. Dessen ungeachtet können wir
ihnen dasjenige Recht nicht absprechen, welche ihnen die H. Schrifft annoch
beyleget, daß solche Kirchen wahre Glieder der Gemeine Christi zeugen können.
.) Auf Mosis Stuhl sitzen die Schrifftgelehrten und
Pharisäer Matth. 23. v. 2. seq. .) Die Würckung des
Göttl. Worts und der Sacramenten hat ihre Krafft nicht von denen, die es
vortragen, oder austheilen, sondern von dem, der sie hat darzu eingesetzet, daß
sie zur Seeligkeit würcken sollen. .) Wenn man Holtz,
Heu, Stoppeln und andere Dinge auf den rechten Glaubens-Grund bauet, welche die
Leuterung durch das geistliche Feuer der Versuchung nicht aushalten, wird doch
derselbe seelig, in welchen die Stoppeln ausgebrant sind. 1. Cor. 3. Ergo kan
ihn die Kirche, darinn solch Unkraut mit aufgangen, seelig machen, weil sie den
Grund behalten hat. .) Durch die falsche Kirche unter
Ahab wurden 7000. rechte Glieder der Gemeine GOttes erzeuget und geweydet. Rom.
11. v. 4. .) Die rechten Schafe Christi kennen (per
gustum spiritus S. in einer innerlichen unbegreiflichen Prüfung) was die rechte
Weyde ist, und welche die Stimme des rechten Hirten sey oder nicht. Joh. 10. Und
solches ohne einigen Enthusiasmum, bloß durch eine rührende Krafft, die der
reine Saame des Worts erweiset, indem die Spreu in ihnen nicht hafften will.
Aus bisher erwiesenen Fundamenten ist nun die Prüffung der(Eintheilung der Haupt-Frage in 5. besondere Fragen.
1)) auf beyden Seiten vorfallenden Motiven anzustellen, über den
vorgelegten Casum vom Ubertritt einer Durchlauchtigen Person zur Römischen
Kirchen. Welche, damit sie in richtiger Ordnung beleuchtet werden,
|| [70]
(Ob die Römische Kirche annoch Babel und
Anti-Christisch sey, welche verneinet wird, mit Erklärung der Offenbahrung
Johannis durch den Münsterischen Frieden.) muß man das gantze Werck in
unterschiedliche Fragen theilen, deren jede besonders zu erörtern, unter denen
ist die erste Frage: Ob die jetzige Römische Kirche annoch sey das apocalyptische Babel, und ein Reich des Antichrists? Die
Negativa davon wird durch diesen Schluß behauptet: Wenn aus der grossen Stadt
drey Theile werden, so geschicht der letzte Fall Babels. Dieses ist geschehen im
Westphälischen Frieden. Ergo. Major stehet so deutlich Apoc. 16. v. 19. daß kein
Vernünfftiger mehr Beweiß begehren kan. Minor ist klar, weil in dem
Münsterischen Frieden drey Religionen, so vormahls unter Babel stunden, sich
gesondert, und gantz Europa nach denselben sich eingetheilet hat. Obs. 1. Man leugnet nicht, daß schon vorher 3.
Religionen gewesen, aber man weiß auch, mit was hefftigen Feindseeligkeiten,
Verketzerungen und Verfolgungen es geschehen, da Babel immer vermeynete, wieder
zum vollkommenen vorigen Stande zu kommen, und die Protestanten dessen sehr in
Sorgen stehen musten, wie oben gemeldet. Obs. 2. So
wurden auch in dem Passauischen Vertrag die Reformirten nicht mit
eingeschlossen, und also keine 3. Religionen bewilliget, wie ausdrücklich der
Prophet haben will. Ja den Lutheranern wurden schon alle Transactiones
umgestossen, und annuliret. So hat Europa zwar nach dieser Theilung lange
gerungen, aber vor besagter Zeit es darzu nicht bringen können. Obs. 3. Im andern Fall wird das gantze Babel als ein
Felsen ins Meer gestürtzet, und unsichtbar gemachet. Apoc. 18. Ergo was in
Römischer Kirche nachher geblieben, kan zu dem Babel weiter nicht gerechnet
werden. Obs. 4. Es sind aber in ihr vergangen
nachfolgende Antichristische Characteres. ) Die Erhebung
des Pabsts über alle Obrigkeitliche Gewalt. Denn die grossen Flatterien und
Tituls, so ihm die Jesuiten noch beylegen, importiren in der That nichts.
Prophetische Gesichter sehen auf etwas reales. ) Die
praetendirte Submissiones von hohen Häuptern, davon nach Carolo V. und Francisco
I. keine rechte Exempel vorhanden. ) Die angemaßte
Gewalt, Souveraine Potentaten durch den Bann-Donner von Land und Leuten zu
verjagen, als da war die geweihete Rose und dergleichen, in grosse Obligation zu
setzen. Man würde es vor eine ungeräumte Prostitution achten, wenn der jetzige
Clemens dergleichen versuchen solte. Vielmehr muß er alle seine politische
Klugheit hervorsuchen, daß er nur bey den Potentaten, die über die Beherrschung
des Spanischen Reichs disputiren, in Credit bleiben und deren Ungnade nicht auf
sich laden möge. ) Viel andere fast herbe Praetensiones
an hocherwehnte Sou
|| [71]
veraine Regenten, als 1) da
Carolus V. wie beym Sleidano zu lesen, von ihm die Einwilligung hohlen müssen,
das Kayserthum anzunehmen. 2) Daß dieselben mit grossen Depensen und Geschencken
zu Rom oder sonst in Italien erscheinen müssen, die Crönung vom Pabst zu hohlen,
welche doch nur zu dem Ende erdacht ist, eine eingebildete Submission daraus zu
erzwingen, wie in dem Exempel Coelestini mit dem Kayser Henrico VI. zu ersehen.
3) Die praetendirten juramenta fidelitatis bey Inaugurirung der Souverainen
Häupter. Denn obschon Muretus etliche mahl im Nahmen derselben dem Pabst die
Ceremonien prächtig genug in seinen Orationibus gemacht, so ist doch solches nur
vor die lange Weile, und es kan Durchlauchtigen Helden gleich viel thun, mit was
vor Expressionen ein Italiäner dem andern flattiret. .)
Die angemassete Gewalt über alle Christliche Gemeinen, wovon itzt kaum Umbra
übrig. .) Die herrlichen Maniern, die Simoney noch zehen
mahl ärger als Simon Magus durch die feilgebothene Indulgentien, und andere nach
Apostolischer Tax verhandelte Gnaden zu exerciren. Obs.
5. Daraus folget: .) Daß man vor Lutheri
Reformation auch in Römischer Kirche GOtt höher zu preisen habe, als die meisten
sich einbilden können. Die Römische Kirche ist dadurch vom Anti-Christ
gesäubert; das Kind der Boßheit ist gantz durch den Geist des Mundes Christi
umbracht, 2. Thess. 2. v. 8. hohe Häupter und die gesamte Kirche von dessen
Tyranney und unerträglichen Joch erlöset. Alle Reiche sind Christi worden. Apoc.
12. v. 1. .) Daß man Ursach hat, viel moderater und
bescheidener von Römischer Kirche zu reden, als vor dem Münsterischen Frieden,
wie droben gemeldet, unerachtet des noch bleibenden Eyffers etlicher Theologen.
Genug daß solche Ubernehmungen von den Politicis bißher nicht in solche
Consideration gezogen worden, als ob sie capable wären die einmahl getroffene
Einigkeit zu choquiren. .) Wie vorhin Römische Bischöffe
gewesen, ehe der Anti-Christ denselben Sitz erlangete, (von welcher Zeit
Baronius selbst schreibet, quod immania monstra sedem B. Petri occuparint) also
kan auch nach solcher Zeit Rom wohl ein sedes Episcopalis bleiben. Obs. 6. Doch folget nicht, daß die Römische Kirche
dadurch orthodoxa geworden, sie kan vielleicht an einigen Orten und in gewissen
Absichten itzo des desperaten Concilii Tridentini wegen magis schismatica und
positive impura seyn, als vor Luthero, da viele Impuritäten sich durch die
Suspiria derer unter dem Babylonischen Joch seuffzenden ausgesäubert haben.
|| [72]
(Beantwortung der 2. Frage, daß die Römische Kirche den
Glaubens-Grund gantz behalte.)
Andere Frage: Ob Ecclesia Romana das fundamentum fidei gantz behalten: Obs. 1. Ob
es schon ist eine Ecclesia positive falsa, wie aus dem vielen unreinen Zusatz zu
ersehen, welcher dem rechten Glauben in der That manchen Eingriff thut, so ist
doch oben ad Thes. XV. schon erwiesen, welcher gestalt die von Römischen Lehren
beygefügte Moderamina (obschon an völliger Conciliation mit dem Glaubens-Grunde
noch ein grosses fehlet) so viel zu wege bringen, daß der bey ihnen völlig
behaltenen Grund-Lehre nichts entgehet, oder aus dem Hertzen derer, die aus
Einfalt solchen Zusatz mit annehmen, so leicht entrissen wird. Obs. 2. Daß sie aber die Grund-Lehre des Catechismi in
der That behalten, erweiset sich. ) Weil in unserm
kleinen Catechismo nichts stehet, welches nicht von verständigen
Römisch-Catholischen recht geheissen wird, ja gar unser Catechismus von Luthero
aus dem Pastthum mit heraus gebracht ist. ) Weil auch
Menzeri Manuale Catholicum eine Zeitlang unter ihnen ist in usu gewesen, und
grossen Applausum gefunden, bis man erfahren, wer der Autor. ) Augustana Confessio setzt im Epilogo der 21. Articul, daß
in denselben unsre Lehre nicht abgehe von dem Glauben Römischer Kirche, so weit
derselbe in öffentlichen Schrifften kund worden, sondern daß nur der Streit sey
über die 7. hernach specificirte Abusus. ) Weil die
meisien unserer Gesänge, das Paradieß-Gärtlein Johann Arnds, und viel andere
geistreiche Bücher von rechtschaffenen Papisten nicht verworffen, sondern
vielmehr sothane Gesänge auch in ihren Kirchen gesungen werden. ) Weil viel Prediger unter ihnen die Streit-Fragen und
Legenden wenig auf die Cantzel bringen, und manche Predigten halten, wodurch
auch Lutherischen Zuhörern das Hertz gerühret, und sehr geistreich erbauet wird.
Und aus solchen ihren Predigten kan gar wohl ein Corpus verae doctrinae
gesammlet werden, daß nichts zurück bleibe, was man zur Seeligkeit wissen muß.
) Weil Bellarminus selbst gezeiget, und die itzige
Praxis es bestätiget, daß im Pabstthum die Sterbende nicht im Vertrauen auf ihre
Wercke, sondern allein auf Christi Verdienst erinnert werden abzuscheiden, aus
welchem D. Seb. Schmidius in seinem überzeugten Pabstthum erweiset, daß die
besten Papisten an ihrem Ende gut Lutherisch sterben, wie auch der Ausgang an
vielen Verfolgern Lutheri, als Carolo V. Henrico Juniore, Georgio Saxone (der
den Seinigen in Todes-Nöthen diese Lehre ernstlich eingeprediget hat, in der
Meynung, man müste es nur den Sterbenden vorsagen) und andern genugsam erwiesen
hat. ) Von allen diesen ist mit Verwunderung nachzulesen
Ger
|| [73]
hardi confessio catholica, welcher
Autor in allen Articuln, auch so gar in den Streit-Fragen gnugsame und deutliche
testimonia veritatis mitten aus den Päbstischen Büchern öffentlich darleget.
.) Endlich so wollen gern die itzigen Papisten fast
in allen streitigen Articuln den statum controversiae viel anders formiren, als
beym Bellarmino und Becano zu finden. Sie suchen in allen die moderatesten
Expressionen, wovon man itzt gantze Bücher, die von ihrer Seite herauskommen,
nachlesen mag. Mentem nostram, sagte einsmahl ein gewisser Pater, in plerisque
non recte percipitis, ut habeatis, contra quod facilius disputetis. Was aber von
solchen nähern Explicationen zu halten sey, ist schon droben Obs. 1. über dieser
Frage vor Augen gestellet. Obs. 3. Aus diesem allen
ziehet man abermahl nachfolgende wichtige Consequentien. .) Daß GOTT durch das Wort, so von einem Römischen Lehrer von tüchtiger
Dexterität geprediget wird, mit seinem Geiste kräfftig sey, und vielleicht
offtmahl durchdringender und mächtiger, als bey andern würcke, damit die
zwischen lauffende Stoppeln ausgebrannt werden, und nur das Silber und Gold zum
Trost der Seelen übrig bleibe. Man erweiset es 1.) aus dem Dicto Matth. 23. v.
2. seq. Auf Mosis Stuhl sitzen sie. Was sie euch sagen, (nehmlich aus dem Mose)
das ihr halten sollet, das haltet. 2.) Paulus freuet sich darüber und ist gerne
zufrieden, auch mit denen die Christum predigen aus Zanck und nicht lauter.
Phil. 1. v. 14. seq. .) Daß auch die andern Beneficia
der sichtbaren Versammlung in Römischer Kirche verbleiben, die Thesi XIII.
erzehlet sind. Den vollen Beweiß dieser Consequence kan man schon droben finden
Thesi XIIX. Es hindert hieran nicht, daß die Römische Kirche sich durch heßliche
Abusus verdorben hat. Der Menschen Unglaube kan GOttes Glauben nicht aufheben.
Rom. 3. v. 3. .) Also subsumiret man aus der Thesi XIII.
daß die von ihren Geistlichen verrichtete Tauffe und gesprochene Absolution eine
volle Krafft habe, daß man die von ihnen zu uns tretende Prediger nicht noch
einmahl ordiniren, so wenig als ihre Kinder noch einmahl tauffen müsse. Sie
verrichteten aber diese Dinge nicht aus einer vom Pabst dependirenden Macht,
sondern als Ministri Ecclesiae universalis. Es hindert nichts, daß man sagen
wolte, wenn dem so wäre, so würden die Anathemata der Römischen Kirchen uns
treffen, denn 1.) der Binde-Schlüssel ist nicht gegeben, gantze Gemeinen,
sondern eintzele Personen, wenn es nöthig ist, damit zu binden, kan also dieser
Mißbrauch nichts schaden denen, die von solchen Bann getroffen werden, denn der
Schlüssel hat weiter keine Krafft, als so fern man
|| [74]
ihn
recht braucht. 2.) Der Binde-Schlüssel ist keinem Lehrer weiter gegeben, als
über dieselben, derer Seelen ihm anvertrauet sind, oder an welchen er sein Amt
zu verrichten hat. Er dienet auch subsidio seines Amtes und nicht, daß er ihn
auch sonst zu einigen andern Interesse brauchen dörffte. 3.) So wie der
Löse-Schlüssel denen nicht hilfft, die nicht capable sind, ihn im Glauben
anzunehmen; also hafftet auch der Binde-Schlüssel nicht an denen, die nicht
durch Trotz, Frevel, verstockte Hertzen, Verachtung und Bespottung des Worts und
der treuen Vermahnung, sich dessen bedürfftig zu machen. .) Es folget auch, daß diejenigen, bey denen im Pabstthum GOttes Wort besagter
massen würcket, daß sie den vollen Glaubens-Grund daraus schöpffen, vid. lit.
.) auch dabey seelig werden, wo sie den Glauben
beständig eingewurtzelt behalten. Rationes sind .) weil
schon aus dem Paulo und andern erwiesen, daß in solchen Kirchen immer etliche
seelig werden. Thesi XIIX. . & . . weil proxime obs. 3. .) erwiesen, daß GOttes Wort seine Würckung in der Römischen
Kirche habe. Diese Würckung aber ist ein unvergänglicher Saame 1. Petr. 1. v.
23. der ewig bleibet, und also diejenigen, die ihn behalten, ewiglich zu GOttes
Kindern gebieret. Jac. 1. v. 18. Eine Pflantze, die unsere Seele kan seelig
machen. ibid. v. 21. Ein Wasser-Brunnen, der ins ewige Leben quillet. Joh. 4. v.
14. .) Wer dieses Wort höret und gläubig draus wird, dem
ist die Seeligkeit zu geschworen. Joh. 5. v. 24. .) Auch
mitten in den verführten Kirchen dräuet Christus denen, die die Tieffe des
Satans nicht erkannt haben, keine andre Last; und obschon conscientia erronea
vor GOtt nicht simpliciter entschuldiget, so ist sie doch nicht capable den
Glauben, der durchs Wort gegeben worden, wieder zu nehmen, welches nur
geschiehet durch opera contra conscientiam, vielmehr verliehren sich die
Schulden, so conscientia erronea auf uns ladet, in der Macht des Glaubens. Also
ist es viel leichter, daß in einer verführten Kirchen, in welcher noch der
Glauben aus GOttes Wort kan gefasset werden, zur Seeligkeit kommen dieselbe,
welche per conscientiam erroneam ihre Abusus mitmachen, als diejenigen, so
conscientiam erroneam nicht haben, und sich doch der Abusuum nicht enthalten.
(Die 3. Frage von der Seeligkeit derjenigen, die in einer
falschen)
Dritte Frage: Ob ein jeder Mensch, welcher im wahren Glauben Christum als das
einige Mittel seiner Seeligkeit ergreifft, auch in einer falschen Kirchen könne
seelig werden: Dis ist die Meynung der ersten von Durchlauchtigster Hand
vorgelegten Frage, auf welche nach vorigen Gründen nunmehr leicht distincte
|| [75]
kan geantwortet werden. Obs.
1. Ist die Ecclesia privative falsa und irrig(Kirche sterben, wird unter allerhand distinctionen theils bejahet, theils
verneinet.) im Fundamento selbst, so kan keiner den Glauben behalten,
der sich zu ihr bekennet, und also auch nicht seelig darinn werden, es wäre
denn, daß er nicht gewust hätte, um die Unrichtigkeiten derselben, wie
vornemlich Thesi XIV. erwiesen. Obs. 2. Ist sie positive
falsa, und man hat ex conscientia erronea theil an ihren Abusibus, so ist am
Ende nächster Frage erwiesen, daß die, in welche der Glaube wahrhafftig
eingewurtzelt, durch eine solche Impurität (die ihnen anklebet, weil sie meynen,
daß es GOtt so erfodere) ihre Seeligkeit nicht verlieren. Doch kan der Abusus so
groß seyn, daß ihn auch conscientia erronea nicht entschuldiget. Also war es ein
Unglaube, da Paulus die Christen ex conscientia erronea verfolgte, und wäre er
nicht erleuchtet, so wäre er drinn verdammet. In so grossen Abusibus nun
verlieret sich der Glaube, denn da könnte man leicht conscientiam erroneam
besser examiniren, wenn man nur seinen eigenen Hertzen Gehör giebt, und den
Eyffer fahren lassen wolte. Obs. 3. Ist aber keine
conscientia erronea vorhanden, sondern die Rede ist von einer Person, welche
gnugsam in den irrigen Lehr-Puncten derselben Kirchen weiß, was die rechte
Wahrheit ist, (oder, welches auf eines hinaus laufft, offenbare Gelegenheit hat
gehabt, es füglich zu lernen) ein solcher muß nothwendig von der verirrten
Kirchen abtreten, sie mag seyn positive oder privative falsa, wo er indessen, da
er in diesem Coetu lebet, nicht das Kleinod des Glaubens verliehren will. Obs. 4. Diese Abtretung aber ist zweyerley, eine
euserliche, da man sich von aller Gemeinschafft wegbegiebet, und eine
innerliche, da man in übrigen Stücken bey einer irrigen Gemeine bleibet, und nur
in denen Sachen, darinn man ihren Irrthum erkennet, sich von ihnen absondert.
Obs. 5. Die euserliche Abtretung wird nicht einmahl
erfodert in einem Coetu, welcher die beneficia Fcclesiae universalis behält, wie
die Römische Kirche ist; es wäre denn, daß sie uns in Römischer Clerisey nicht
gestatten wolten, die innerliche Abtretung zu üben. Obs.
6. Von einer Ecclesia, die nicht mehr die Thesi XIII. erzehlte Beneficia
behält, als da ist die Socinianische, muß man auch eusserlich abtreten, wiewohl
auch hierinn Dispensation statt haben kan, wenn sich so bald kein füglicher Weg
findet, in einem Coetum zu kommen, da man solche Beneficia geniessen kan. Solche
Leute sind, wie oben gemeldet, als im Exilio. Daß aber die eusserliche Abtretung
nicht unumgänglich erfordert werde, ist aus folgenden Exempeln zu ersehen.
.) Die Samariter, so Joh. IV. bekehret wurden, hat
Christus nicht genöthiget zur Jüdischen Kirche zu treten. .)
|| [76]
Die 7000. zu Eliä Zeiten sind nicht eusserlich
von ihrer corrupta Ecclefia abgetreten. .) Nicodemus und
andere Fromme sind unter denen Pharisäern geblieben. .)
Der Syrer, Naeman ließ es beym innerlichen Abtritt von der heydnischen Kirchen
bewenden, welches Elisa approbirte. 2. Reg. 5. v. 17. .)
Christus selbst hat sich von der Jüdischen sehr verdorbenen Kirchen nicht
separiret, sondern ihre Feste mit gehalten. Obs. 7. Hie
objiciret man: So hätte Lutherus sich auch nicht separiren sollen von der
Römischen Kirchen, ob sie schon verdorben. Resp. Man gönnete Luthero nicht den
innerlichen Abtritt von solchen Verderbnüssen zu üben, und andere darauf zu
weisen, sondern man hat ihn mit Gewalt aus der Brüderschafft stossen wollen;
drum muste er in einem neuen Coetu die Jura Ecclesiae universalis, die sie ihm
nicht nehmen kunnten, fortfahren zu üben, wie sich denn um eben folcher Ursach
willen die Apostel von der Jüdischen Kirche sonderten. Actor. 13. v. 46. Obs. 8. Daher ist klar, daß einer in Romana Ecclesia
bleiben kan, wenn ihm nicht verwehret wird, die innerliche Abtretung von allen
Irrthümern, die er an derselben erkennet. Obs. 9. Zu
dieser Abtretung ists nicht genug, daß man einen innerlichen Dissensum habe, und
eusserlich im Werck alles irrige mit mache, diß wäre eine Heucheley. Man muß
sich in der That und mit Ernst enthalten der Dinge, die man vor unheilig
erkennet, wie Naeman, ob er gleich seinem Könige beym Götzen-Dienst aufwartete,
dennoch selbst sich darzu nicht bringen ließ, den Götzen anzubethen. Obs. 10. In denen die den Glauben fassen aus dem Wort,
und die Tieffe des Satans nicht erkennen, geschicht die Abtretung incognito,
indem der H. Geist machet, daß nur die reine Lehre recht bey ihnen hafftet, die
unnützen Stoppeln aber wenig ans Hertz kommen.
(Die 4 Frage von Ubertritt einer Protestirenden Printzessin
wird unter etlichen Bedingungen bejahet, und auf die Einwürffe geantworet.)
Vierte Frage: Ob eine Durchlauchtige Printzeßin, so der Protestantischen Religion
zugethan, wegen Vermählung mit einem Catholischen Könige zur Römischen Kirche
übertreten könne: Obs. 1. Wenn ein solcher Ubertritt
damit gemeynet wird, da man alles will mitmachen, was man im Gewissen für
unrecht hält, so ist keine Ursache so wichtig, daß sie könnte affirmativam
suadiren. Sie sind alle abzuweisen, nicht anders, als wenn der Satan sagte: Dis
alles will ich dir geben, etc. Obs. 2. Aber wir handeln
von dem Ubergang einer Person, die im festen Glauben ihren JEsum gefaßt hat,
und beständig biß an ihr seeliges Ende fassen und behalten will, und also nichts
wissentlich zu begehen gedenckt, daß ihr die Zuversicht dieses Glaubens
|| [77]
rauben könnte. Obs. 3. So ist
nun zwar das sicherste, den Fuß aus der Römisch-Cathonschen Kirche wegzulassen,
in Betrachtung der vielen und schweren Versuchungen und Anfechtungen, welche bey
solchem Eintritt und hernach immer mehr und mehr erfolgen dürfften, welche alle
zu überwinden ein im Glauben an Christum durch die Krafft des Geistes tief
gegründetes standhafftestes Hertz erfodern. Obs. 4.
Jedennoch aber, wenn hochgedachte Printzeßin tüchtig genug, gegen alle solche
Anfälle gegründet und ausgerüstet wäre, möchte auf diesem Fall endlich zu
decidiren seyn, daß wohl Ursachen von solcher Wichtigkeit sich finden können,
welche diesen Tranfitum nicht gar unzuläßig machen dürfften, sonderlich wenn
eine Göttliche Direction da ist, die zum sonderlichen Aufnehmen der wahren
Kirchen und des Vaterlandes menschlichen Ansehen nach hinaus schlagen könnte,
also hat .) David aus Göttlicher Direction sich unter
die Philister, Nami unter die Moabiter und andere Heiligen sonst wohin unter
die Abgöttischen zu Zeiten wohl sich begeben, wobey auch grosse Seelen-Gefahr
gewesen. .) Die Königin Esther hat auf Göttliche
Direction noch ein mehrers mit dem abgöttischen Ahasvero gewaget, ja vorerst gar
als Concubine sich gebrauchen lassen, nicht wissende, ob GOtt sie einmahl zur
Crone befördern würde. .) Und diefelben Exempel
betreffen noch gefährlichere und dubiesere Casus, da der Zeit die Kirche
GOttes an einen gewissen Ort gebunden war, da man jetzo an allen Orten GOtt kan
im Geist und in der Wahrheit anbethen. Man objiciret: die Personen so zum
Exempel angeführet, haben sich nicht dürffen zur fremder Lehre bekennen. Resp.
Auch in unsern Casu wird die übertretende Printzeßin ihr kein fremdes
Glaubens-Bekänntnüß aufdringen lassen, sondern nur anzeigen, daß ihr itziger
Glaube nicht abstimme von dem Bekänntnüß, so in dem Catechismo der uhralten
Catholischen Kirchen enthalten ist. Ihr Bekänntnüß muß nur bloß auf dieser
Kirchen uhralte Catholische und Apostolische Lehre, wie sie noch in Catholischen
Büchern vorhanden ist, restringiret werden, mit nichten aber auf die streitigen
Abusus, und also von Hertzen glauben und bekennen, daß sie noch wie vor NB. in
der Gemeine des HErrn oder in der Gemeinschafft der Heiligen Obs. 2. n. 2.
unverrückt verbleibe; wird aber etwas verdächtiges mit in das Bekänntnüß
eingerücket, davon müssen gefodert werden die moderatesten Erklärungen, die in
der 2. Frage obs. 2. lit. . erwehnet. Man objiciret:
(2.) Einer solle sich ohne Noth nicht in Gefahr der Seelen begeben. Resp. 1.
dieses leugnet man gar nicht, und kan freylich die übertretende Printzeßin,
daferne sie nicht in der allerhei
|| [78]
ligsten
Vorsichtigkeit unter andächtigem Gebet sich befindet, in der
Römisch-Catholischen Kirche auf mancherley Art und Weise in Gefahr der Seelen
lauffen. Allein es kan auch die Sache von solcher Wichtigkeit seyn, daß man in
deren Unterlassung sich gleichfalls ein Gewissen zu machen hätte, und eine
solche Göttliche Führung, wenn man sie recht ansiehet, aequipolliret sie der
necessitati. Resp 2. Die Gefahr der Seelen ist auch in unserer Kirchen groß
genug. Allein je mehr sie vor Augen schwebt, wie gewiß in Spanien, je vielmehr
wird man auch ermuntert werden, dagegen zu beten, und mit fleißiger Ubung
Göttlichen Worts sich zu verwahren. Man objiciret (3.) Ihro Durchlaucht haben
angelobet und sich öffentlich verpflichtet, bey der Evangelischen Wahrheit zu
bleiben. Resp. Behüte GOtt, daß ihr nie in Sinn kommen möge, nur einen Punct
derselben fahren zu lassen, wenn es mit den nöthigen Requisitis, die in nächster
Frage vorzulegen, nur zum Stande kommt, so wird sie wohl ein Membrum der
uhralten Catholischen Kirchen und der Gemeinschafft der Heiligen, als eine
Evangelische Christin bleiben. Objectio 4. die Römische Kirche verflucht und
verketzert die Lutheraner. Resp. Das ist ein blinder Eyffer etlicher hitzigen
Köpffe. Und was können uns ihre Anathemata schaden? wir wollen desto fleißiger
für sie beten.
(Bey der 5. Frage werden acht Bedingungen gesetzt, unter
welchen dieser Ubertrit geschehen könne, nebst einen Anhang etlicher
Erinnerungen.)
Fünffte Frage: Was für Conditiones bey solchem Ubertritt
erfodert werden: Obs. 1. Die Durchlauchtigste Person hat
vor allen Dingen sich zu hüten, daß NB. sie sich zu keiner Abschwerung bringen
lasse, derselben Religion, darinn sie stehet. Sie würde auf gewisse Masse auch
die Religion mit abschweren, dazu sie tritt, weil einerley Glaubens-Gründe in
der Gemeinschafft der Heiligen in beyden, und alles was in unsern kleinern
Catechismo stehet, auch bey ihnen gilt. Obs. 2. Sie
müste auch NB. nothwendigst dahin sehen, daß communio sub utraque specie
beybehalten werde. Ferdinandus I. und Albertus Bavarus haben darinn Dispensation
erlanget vor gantze Nationen, so wäre ja solches vor eine eintzele Person noch
leichter auszuwircken, wie auch Dux Hannov. laudatiss. Joh. Fried. vor sich
erhalten, sonderlich da man itzo keinen morosum senem zum Pabst hat, sondern
einen, der sich mehr als zu wohl in die Zeit schicken kan, und bey dem itzt noch
mehr auszurichten stünde, jeweniger sein Interesse leidet, des Catholischen
Königs Ungunst auf sich zu laden. Obs. 3. Wegen des
Scandali, so noch ein ziemlicher wichtiger Punct ist, so daraus zu besorgen, so
müste solches durch ein von denen Herren Politicis zu ersinnendes Moyen
|| [79]
öffentlich und absonderlich dem gemeinen Mann, der so
gar leicht sich ärgern mag, vorgestellet werden, was vor ein importanter
Unterscheid es sey, daß man hier sagen müsse: Duo cum faciunt idem, non est
idem. Wiewohl doch auch solche scandala magis accepta quam data, indem billig
der gemeine Mann nicht sogleich zufahren und richten solte über Dinge, davon er
die Ursachen nicht penetrirte. Obs. 4. Auch müste vor
allen Dingen die Printzeßin im Gewissen feste seyn, daß ihr dieser Ubertritt an
der Seeligkeit nicht schade, massen der Gerechte seines Glaubens leben muß. Obs. 5. Es müste Ihro Durchlaucht unverwehret bleiben,
mit verständigen und moderaten Theologis unsrer Kirchen Correspondence zu
halten, und in vorfallenden Dubiis sie zu consuliren. Obs.
6. Hochgedachte Durchlauchtige Person müsten, wie auch ohnedem geschiehet,
noch mehr als andere praepariret werden, aus geistreichen Schrifften und Liedern
unsrer Theologorum die im Pabstthum nicht verworffen sind, ihre eigene Andacht
zu erbauen, die Kern und Macht-Sprüche heiliger Schrifft durch fleißige Preces
und Meditationes in die vivam praxin zu bringen, auch die vornehmsten des
Heiligen Geistes Lehr-Sprüche im Gedächtnüß haben. Wenn sie nehmlich solche
Praxin mit etlichen Sprüchen versucht, wird die Maasse des Geistes so zunehmen,
daß ihr ein Licht nach dem andern aufgehen muß, und sie den Mangel eines
Evangelischen Predigers schon vor sich ersetzen könne. Obs.
7. Daneben müste auch ihr die Vergönstigung, wie schon viel andern
geschehen, gelassen werden, die heilige Schrifft in ihrer Mutter-Sprache zu
lesen. Obs. 8. Auch müste bey ihrem Beicht-Bater
bedinget werden, sie mit Streit-Fragen zu verschonen, und nur an die
Catechismus-Milch zu gewöhnen. Zum Exempel, die Anruffung der Heiligen, weil man
sie im Pabstthum gar nicht nothwendig achtet, müste er nicht urgiren gegen eine
hohe Person, die drüber nichts anders als Scrupulos und Anfechtung empfinden
könnte. Obs. 9. Im übrigen so gefährlich auch ietzo das
Werck anzusehen, so herrlich kan vielleicht GOtt, der durch seine so
allerwunderbareste Fügung diese hohe Alliance aufs Tapet gebracht, es mit der
Zeit durch diese kluge, und im Glauben so herrlich fundirte Printzeßin dahin
bringen, daß die sich itzt an ihrem Ubertritt ärgern, hernach noch wohl GOtt
destomehr preisen müssen vor das Gute, das er durch dero hohe Person der Kirchen
zum besten ausgerichtet. Und dergleichen Seegen würde hernach die beste
Versicherung seyn, daß GOtt an ihrem Ubertritt kein Mißfallen hätte, sondern
selbst das Werck dem Evangelio zur Aufnahme also fügen wollen.
|| [80]
Welches denn wider alle Anfechtung ihr zur Vormauer dienen, und in
Freudigkeit des Glaubens dagegen aufrichten würde. Wenn sie nehmlich durch
heiligen Wandel entweder ohne Wort oder mit süsser Einflössung Evangelischen
Trostes dero hohes Gemahl mit der Zeit gewinnen, und ihm ein solches geneigtes
Hertz zur Wahrheit machen könnte, als wohl ehe Oesterreichische Helden
Ferdinandus I. Maximilianus II. und Rudolphus II. geheget, ja selbst Carolus V.
in seiner letzen Einsamkeit. .) Wenn sie als eine kluge
und Glaubens-volle Esther, daß die Spanische Inquisition nachgerade mit Manier
zu lindern, wo nicht gar abzustellen, trachten möchte. Doch würde sie wissen in
der Klugheit der Gerechten vornehmlich zuzusehen, daß alles zu der Zeit gewaget
werde, da es sich am besten schicken will, nichts mit der Force zu verderben,
doch auch nicht so bald zu desperiren, wenn es nicht gleich gelingen will,
sondern alles GOtt desto fleißiger zu befehlen. Sed haec tandem huc non spectant
ex instituto.
(Das zehende Responsum.)
§. XIX. Nachdem also einige Theologische Responsa eingelauffen waren, die über
Vermuthen die beyden vorgelegten Fragen nach Verlangen beantwortet hatten, wolte
man es auch versuchen, ob man ein dergleichen Responsum auch von einen
auswärtigen Theologo erhalten könte. Da man aber sahe, daß bey dem ersten
Versuch dasselbe nicht klappen wolte, und wegen des zu gleicher Zeit
entstandenen neuen Lermens, davon in dem künfftigen Handel ein mehrers wird zu
sagen seyn, man für nöthiger hielte, desselben wegen neue Responsa einzuhohlen,
so bemühete man sich nicht mehr um dergleichen besorget zu seyn. Dieses zehende
Responsum nun beantwortete zwar die erste Frage, daß, obschon nicht alle, doch
viel Papisten seelig würden; aber die andere Frage, um die es an meisten zu thun
war, verneinete es schlechterdings. In übrigen gleichwie dieses Responsum sich
sonst wegen seiner Deutlichkeit und Kürtze auch grossen Ruhms des Herrn Autoris
recommendiret; also ist darbey noch dieses zu mercken, daß die in selbiges
eingerückte 20. Zahlen nicht von dem Herrn Autore des Responsi herrühren,
sondern selbige von einem andern aus gewissen Ursachen hinzugesetzt worden.
(Die erste Frage wird zwar wegen der Seeligkeit vieler,
aber nicht aller Papi-)
Was die zwey vorgelegten Fragen belanget, sind dieselben wohl werth, daß sie
fleißiger untersucht werden, als mit wenigen Worten nicht geschehen kan. Meine
Meynung aber ist von der ersten: Viele unter denen Papisten werden durch den
wahren und lebendigen Glauben an Christum seelig, wie Lutherus selbst gelehret
hat. Aber dieses kan (1.) nicht durchgehends von allen denen gesaget werden, die
Glieder der Römischen
|| [81]
Kirchen sind, und den
abergläubigen Lehren und Satzungen, ingleichen(sten
mit Ja beantwortet.) (2.) der abgöttischen Verehrung Beyfall geben,
und (3.) die Evangelische Wahrheit verwerffen, und bestreiten. Unter andern ist
wider sie, was geschrieben stehet. (4.) Matth. 5, 19. Darnach ist ein
Unterschied zu machen unter denen, die in der Römischen Kirchen gebohren und
erzogen sind, und vielleicht ohne ihre Schuld (5.) ein grösser Licht des
Glaubens sich nicht haben schaffen können, und den andern die mit einem grössern
Licht des Evangelii erleuchtet, (6.) das Geheimnüß der Päbstlichen Boßheit schon
erkannt haben. Diese wenn sie (7.) zu einer sehr verderbten Kirche übergehen,
(8.) gerathen in Seelen-Gefahr: denn sie (9.) thun eben, als die, welche in ein
mit Pest angestecktes Hauß gehen, in Hoffnung, daß sie werden gesund bleiben,
weil die Pest nicht alle Inwohner hat angestecket, oder aufgerieben.
Auf die andre Frage antworte ich mit Nein, denn ich praesupponire(Aber die andre Frage schlechterdings verneinet.)
und setze zuvoraus: a.) Die Römische Kirche sey (10.) das geistliche Babel,
Apoc. 13, 18. wie auch (11.) die alten Papisten nicht leugnen, b.) es sey in
derselben (12.) offenbarer abgöttischer Gottesdienst, als in Italien, Spanien
und Portugall. c.) Die Lehre (13.) vom Glauben, der da rechtfertiget, und vom
Heil. Abendmahl in das Meß-Opffer verändert, und das (14.) Heil. Abendmahl
zerstümmelt, d.) das Haupt derselben Kirche sey der Anti-Christ, (15.) welches
(16.) D. Georg. Calixtus zeiget. (17.) Wenn diese und andre sehr grobe, in der
Lehr und Ubung vorlauffende Irrthume praesupponiret werden, so halte ich davor,
es könne eine in der Evangelischen Lehre unterrichtete Printzeßin mit guten
Gewissen und ohne Gefahr der Seeligkeit zur Römischen Kirche nicht übertreten.
Was von den Merckmahlen sonderbarer Göttlicher Providenz allegiret wird, ist
(18.) noch zweiffelhafftig: denn durch dieselbe wird nicht befördert, (19.) was
seinen geoffenbarten Wort und dem ihm gebührenden Gottesdienst zuwider ist, und
verbothen. Die Leute (20.) legen offt die Gelegenheiten, die zu ihren Nutzen und
Hoheit dienen, für Göttliche und vom Himmel geschickte Gelegenheiten aus.
§. XX. Nemlich es wurde dieses zehende Responsum dem Autori(Anmerckungen über selbiges.) des fünfften
Responsi übergeben und ihm angedeutet, daß er seine Gedancken darüber eröfnen
solte: gleichwie nun aus dem fünfften Responso zu sehen, daß er von dem Autore
des zehenden Responsi gar sehr dissentirte; also hielte er vor nöthig, seine
Erinnerungen wider dieses zehende Responsum, und zum theil Beantwortungen der
darinnen angeführten Rationum in zwantzig kurtze Anmerckungen zu fassen, und
damit er
|| [82]
nicht allemahl nöthig hätte die Worte des
zehenden Responsi, auf welche diese seine Beantwortungen gerichtet waren, zu
wiederhohlen, diese Zahlen auch dem zehenden Responso an gehörigen Orte
einzuverleiben, welcher dannenhero von dem Leser, ehe er die Beantwortung oder
Erinnerung lieset, vorhero muß überlesen und conferiret werden.
(Kurtze Beantwortung der im vorigen Responso gemachten
Dubiorum.)
1) Es kan auch nicht von allen der Unsrigen gesagt werden, daß sie seelig werden.
Und komme solches nicht von der Lehre her, sondern gemeiniglich daher, daß die
Leute der guten und heilsamen Lehre nicht gemäß leben. Werden nun einige unter
den Papisten, wie der Autor gestehet, seelig, so müssen sie eine heilsame und
seeligmachende Lehre haben, und die andern, so nicht seelig werden, haben
solches nicht der Lehre der Römischen Kirche, sondern ihren Unglauben oder
gottlosen und unbußfertigen Leben zuzuschreiben. 2) Die abgöttische Verehrung in
der Römischen Kirche ist noch nicht erwiesen. Es wird der Autor damit auf die
Verehrung der Heiligen und Anbetung des Sacraments zielen, aber es sind fromme
und geschickte Lehrer so wohl unserer als der Reformirten Kirche, die sie von
einer eigentlichen und wahren Abgötterey absolviren. 3) Welche unter denen
Catholischen die Evangelische Wahrheit, deren kurtzer Begriff im kleinen
Catechismo verfertiget ist, verwerffen und bestreiten, und damit ohne Busse
fortfahren biß an ihr Ende, die werden billig verdammet; und die es bey uns
thun, werden auch darüber Kinder der Höllen. Aber was hat die Lehre mit dem zu
thun? diese giebt solche Gottlosigkeit nicht an die Hand. 4) Der Spruch Matth.
5. v. 19. lautet also: Wer nur eines von diesen kleinesten Geboten auflöset und
lehret die Leute also, der wird der kleineste heissen im Himmelreich. Der
Verstand dieses Spruches ist dieser, wie in der Weimarischen Bibel zu sehen: Wer
eines von den vermeinten geringsten Geboten GOttes durch seine Ubertretung nicht
hält, und andre lehret, daß sie auch solche kleinere Gebote zu halten nicht
schuldig seyn, der werde, als ein Widersacher des Gesetzes, aus dem Himmel und
von der ewigen Seeligkeit ausgeschlossen bleiben. Aber wenn man nun die
Application machet auf die Catholische, wie wird man bestehen? Wie wird man
beweisen, daß sie lehren, man soll einige von den Geboten GOttes nicht halten?
Lutherus setzet zwar in der Glossa: Also thut der Papisten Hauff; sagen, diese
Gebot Christi seyen nicht Gebot, sondern Räthe; aber dieses läst sich auch nicht
so bloß und platt hin sagen, sondern ist genauer zu untersuchen: und wenn dieses
geschiehet, müssen die unsrige selbst
|| [83]
gestehen, daß
die Lehre von den Consiliis evangelicis nicht unrecht seye. Vid. Dr. Fabricii
Consid. Var. Controvers. pag. 445. 5.) Das Licht des Evangelii oder des Glaubens
ist nicht grösser bey uns, als bey den Catholischen, dieweil wir mit ihnen ein
Glaubens-Bekäntnüß haben, nehmlich das Apostolische; aber ein grösser Licht
haben wir durch GOttes Gnade in Unterscheidung der Neben-Sachen, welche die
Römische Kirche nach und nach beygefüget hat. 6.) Was man das Geheimnüs der
Päbstlichen Boßheit nennen mag, das ist vielmehr in curia Romana als Ecclesia
Romana zu finden, und bestehet in Vergrösserung der Päbstlichen Autorität und
Gewalt. Aber damit haben die Kinder der Römischen Kirchen nichts zu thun,
sondern sie halten sich an ihren Catechismum, und lernen daraus, wie sie
glauben, leben, beten, hoffen und GOttes Wohlthaten, durch Christum erzeuget,
sich zueignen und geniessen sollen: gleichwie es die Unterthanen nicht angehet,
und sie an ihren Christenthum nicht gehindert werden, wenn an einem oder andern
Hofe unverantwortliche Staats-Streiche, die Macht und Gewalt des Monarchen oder
Regenten zu vergrössern, geführet werden. 7. 8.) Wer zu einer in der Substanz
verderbten und der heilsamen Lehre beraubten Kirche, als wie die Heydnische und
Jüdische ist, übergehet, geräth freylich in Seelen Gefahr; item derjenige, der
wider sein Gewissen zur Päbstlichen übergehet, das ist, der dafür hält, es sey
nicht recht, und doch dawider thut: aber dis stehet noch zu beweisen, ob auch
von demjenigen dergleichen zu halten, der von streitigen Lehr-Puncten besser
informiret ist, und erkennet, daß dieselbe den Grund des Glaubens nicht
umstossen, auch sich versichert, daß er hierunter GOttes Finger spühre, und viel
Gutes daselbst zu schaffen hoffet, und sich vornimmt. 9.) Wenn dieses Gleichnüß
von einen mit der Pest angesteckten Hause solte angehen, so müste der
Catholischen Lehre an und für sich selbst verdammlich seyn. Ist sie aber also
beschaffen, wie kommts, daß gleichwohl viele unter ihnen, wie der Autor oben
bekennet, seelig werden. 10.) Man muß nicht praesupponiren, sondern probiren,
und fein kräfftig und unwidersprechlich probiren, daß die Römische Kirche seye
das Geistliche Babel. Apoc. 13, 18. Es ist wohl darinnen ein geistlich Babel in
Ansehung derjenigen, die ärgerlich und unchristlich leben, aber dergleichen
finden sich auch in andern Christlichen Kirchen, auch in der Unsrigen; es sind
auch Unordnungen und Mißbräuche darinnen; aber es wird über dergleichen Dinge
auch in andern Kirchen geprediget, geschrieben und geklaget. Die Kirchen-Väter
wenn sie auf die Erklärung besagten Spruchs kommen,
|| [84]
sagen nichts von der Römischen Kirche; und stehet zu untersuchen, ob nicht
vielmehr das Judenthum, so sich dem HErrn Christo und seiner heiligen Lehre
widersetzte, zu verstehen sey. 11.) Die alten Papisten haben diesen Spruch
appliciret auf das ärgerliche Leben ihrer vielen in der Römischen Kirchen, aber
nicht auf die Lehre derselben, so fern sie in der H. Schrifft verfasset, und im
Catechismo, als einem kurtzen Begriff, vorgetragen ist. 12.) Besiehe die 2.)
Anmerckung. Also muß man auch dieses nicht praesupponiren, sondern probiren.
13.) Die Catholischen erfodern sowohl als wir den Glauben zur Rechtfertigung und
Loßzehlung von den Sünden: und schreibet D. AEgid. Hunnius in praefat. ad
Quaest. & Respons. de Ecclesia: Articulus de
justificatione sub Papatu integer servatus est. Tom. 1. p. 1254. 14.)
Hierinn hat zwar die Päbstliche Geistlichkeit geirret und irret noch; aber was
können die andern Glieder der Römischen Kirche davor? Unterdessen bleiben doch
bey ihnen die Worte der Einsetzung, und können sie den Nutzen haben des H.
Abendmahls, daß sie es gebrauchen zu Stärckung ihres Glaubens, zur Besserung
ihres Lebens und zum Gedächtnüß des bittren Leidens und Sterbens JEsu Christi.
15.) Daß der Pabst der Anti-Christ sey, ist wahr, ist auch nicht wahr, wie D.
Fabricius ausgeführet, pag. 574. Amoenitat. Theolog. Ein jeder, der Christo mit
der Lehre oder mit dem Leben widerstrebet, ist ein Anti-Christ, das ist ein
Widersacher Christi. Was bekümmern wir uns um andre? Lasset uns in unsern
eigenen Busen greiffen und uns selbst prüffen. 16.) D. Calixtus giebt es zu, von
gottlosen Päbsten, aber nicht von allen Päbsten. Er nimmt aus den damahls
regierenden löblichen Pabst Urbanum IIX. und andre seines gleichen. 17.) Diese
Praesupposita sind noch nicht richtig, sondern bedürffen eines guten Beweises.
18.) Die Ehen werden im Himmel gemacht, nach dem alten Sprichwort; kommt nun der
Antrag ohngefehr, so schreibe man es nicht unbillig der Göttlichen Providenz zu,
und ist nicht nöthig darüber zu zweiflen. 19.) Es muß erstlich bewiesen werden,
daß dieses dem geoffenbarten Wort GOttes, und dem ihm gebührenden Dienst zuwider
sey. 20.) Offt, aber nicht allemahl. Und wann solches offt geschicht, ergo auch
hier? dieses ist auch noch zu beweisen.
(Summarischer Inhalt eines Spenerischen)
§. XXI. Gleichwie es aber insgemein zu geschehen pfleget, daß wo die Theologi
unter sich nicht einig sind, eine jede Parthie gar leichte bey Hofe sowohl
einige von denen Fürstlichen Personen, als von denen Hof-Ministris und
Bedienten, so wohl männlichen als weiblichen Geschlechts zu Vertheydigern,
Verfechtern und Anhängern bekömmt, und also die
|| [85]
widerwärtigen capita Ecclesiastica nach dem Stylo der Canonisten auch(Bedenckens über eine an ihn ergangene gleichmässige
Frage.) widriger brachiorum secularium sich bedienen. Also gienge es
auch hier. Weil nun der Herr D. Spener schon Anno 1702. in dem vierten Theil
seiner Theologischen gedruckten Bedencken Artic. 3. Sect. 6. pag. 351. seq. eine
gleicherweise an ihn gethane Frage an einen hohen Ort: Wann in die Catholische
Kirche geheyrathet werden solte, und unfehlbar ein Abfall von unserer Religion
geschehen müste, ob noch Hofnung der Seeligkeit vor dieselbe Person übrig sey:
Mit Nein beantwortet hatte; als schickten diejenigen, die sich unterstunden,
wider den damahligen Durchlauchtigsten Herrn Quaerentem sich gar eines so
genannten Binde-Schlüssels zu bedienen, (davon bey folgenden Handel mehrere
Umstände vorkommmen werden) einer andern Fürstlichen Person, von der ihnen
bewust war, daß sie auf des nunmehro seeligen Speners Schrifften viel zu halten
pflegte, dieses gedruckte Bedencken zu, und vermeynten dadurch dieselbe
gäntzlich auf ihre Seite zu bringen, und von dem Durchlauchtigsten Herrn
Quaerente abspenstig zu machen. Dieweil aber diese Spenerische Bedencken
allbereit in sehr vielen Händen sind, und der curiöse Leser derselben gar
leichtlich habhafft werden kan; als wird es nicht nöthig seyn, dasselbige
ausführlich allhier mit beydrucken zu lassen, sondern ich will nur anitzo den
kurtzen Inhalt des Spenerischen Bedenckens, jedoch bona fide, hieher setzen.
Anfänglich, weil Spenero die Frage wie fie kurtz vorher gemeldet worden, etwas
dunckel schiene, und er solcher gestalt für bedencklich hielte dieselbe so
platterdings mit Nein zu beantworten, formirte er dieselbe auf folgende Weise:
Ob ein dergleichen Abfall eine wahrhafftig verdammliche Sünde sey, dadurch sich
eine solche Person ihrer Seeligkeit in solchen Stande verlustig mache? Welche
Frage er so dann mit Ja (und folglich in der That die Frage wie sie an ihn
abgegangen und dem Bedencken vorhergesetzt ist, mit Nein) beantwortete. Zu
Behauptung dieser seiner Bejahung führete er folgende sieben Gründe an. 1.) Wäre
dergleichen Umtritt zu der Päbstlichen Religion eine offenbahre Verleugnung
Christi und seiner erkannten Wahrheit, davon unser Heyland ein hartes aber
gewißlich wahrhafftes Urtheil Matth. X. v. 32. 33. und Lucae IX. v. 26.
ingleichen Marc. IIX. v. 38. gesprochen. Zumahlen da vornehmlich die Wahrheit
des Artickels von der Rechtfertigung von der Papistischen Religion sehr
gekräncket werde. &c. 2.) Sey es eine solche Sünde, welche bey
denenjenigen, die vorhin in ihrer wahren Evangelischen Religion gründlich
unterrichtet wären, offenbahr wider das Ge
|| [86]
wissen
gehe, welcherley Art Sünden insgemein den Verlust Göttlicher Gnade mit sich
brächten. 3.) Könne man bey Untersuchung der Ursache, warum eine dergleichen
Heyrath geschehen möchte, keine andre finden, als die Liebe zur Ehre dieser
Welt, und weltlichen Hoheit, und müste man also den Spruch wohl bedencken: Was
hülffe es dem Menschen, wo er die gantze Welt gewinne, und nähme doch Schaden an
seiner Seele, oder was kan der Mensch geben, damit er seine Seele wieder löse:
4) Weil dadurch das bey der ersten Zulassung zu der heiligen Communion und
Confirmation gewöhnlich gethane Versprechen und Gelübde gebrochen würde; daß man
nehmlich bey der einmahl erkannten und bekannten Wahrheit, und bey der wahren
Evangelischen Kirchen verharren, und sich davon durchaus nichts abwendig machen
lassen wolle. 5.) Weil dadurch nicht allein manche schwache unter uns und einer
solchen Person nahe Anverwandte, sondern auch die Papisten selbst sehr geärgert,
und diese letzten damit nicht nur in ihren Irrthum gestärcket würden, sondern
auch dadurch Anlaß bekämen andre zum Abfall zu verleiten. 6.) Weil es mit dem
Abfall zu der Päbstischen Kirchen grössere und mehrere Gefahr habe, als zu
einigen andern irrigen Religionen, indem darinne der Mensch der Sünden 2.
Thessal. 2. anzutreffen sey; weil darinnen Abgötterey getrieben würde; weil dero
gantze Verfassung und Regiment einmahl das GOtt dem HErrn so höchstverhaßte
Babel sey. Offenb. Joh. cap. XVII. v. 9. 18. &c. Und obwohl einige zu
weilen vor ihren Abfall capitulirten, dieses oder jenes nicht zu glauben, und
auch damit angenommen würden, so stäcke doch darunter nichts als Betrug, und
wäre sothane Ausnahme nichts als ein leeres Spiegelfechten, die Leute damit zu
fangen, weil doch insgemein bey der gewöhnlichen professione fidei, die Römische
Kirche für eine Mutter und Meisterin aller andern Kirchen, der Pabst für Christi
Statthalter erkennet, die Lehre des Tridentinischen Concilii angenommen, und
alle demselben widrige Lehre als Irrthum und Ketzerey verdammt, verworffen, und
verflucht werden müsten, &c. Ob schon sonsten GOtt seinen Saamen in
Pabstthum noch übrig habe, und GOtt darinnen viele einfältige kräfftiglich
erhalte; ja auch eine und andre Gelehrte, als einen Brand aus dem Feuer errette,
und durch einige rechtschaffene Seelen mitten im Pabstthum bey andern etwas
Gutes pflantze, damit nicht gar alles in demselben wie Sodoma und Gomorra würde,
welches geschehen müste, wo alle rechtschaffene Seelen, davon ausgiengen,
&c. 7.) Weil es nunmehro ohne das je länger je gefährlicher werde, in
der Römischen Kirche
|| [87]
zu seyn. Wobey abermahls erinnert
wird, daß es nach der Offenbahrung Johannis 1. Capit. unwidersprechlich sey, daß
dem Römischen Babel ein schreckliches Gericht vorstehe, etc.
§. XXII. Damit nun durch dieses Spenerische Bedencken die(Eines andern Theologi Gutachten
über das Spenerische Bedencken.) andre Parthey nicht irre gemacht
werden möchte, wurde dem Autori des oben §. X. angeführten andern Theologischen
Responsi gnädigst aufgetragen, in der Furcht GOttes und Liebe die Gründe des
Spenerischen Bedenckens zu erwegen, und seine Gedancken davon zu eröffnen; der
dann auch solches mit geziemender Bescheidenheit dergestalt verrichtete, daß er
sich zu erweisen angelegen seyn liesse, wie der Spenerische Haupt-Satz des
ersten Arguments, als wenn durch den Ubertritt zur Römischen Kirche Christus
verleugnet würde, sehr zweiffelhafft sey, insonderheit was ihre Lehre von der
Rechtfertigung, und von guten Wercken, ingleichen von den Päbstlichen
Indulgentien beträffe, bey welcher Gelegenheit er auch zugleich seine Meynung
entdeckte, was bey dem Evangelisten Luca in 9. Capitel dadurch, wenn man sich
der Wort Christi schäme, verstanden würde. So dann beantwortete er gleichfalls
das andre Argument von der Sünde wider das Gewissen, und in specie die
Einwürffe, von Betrug und Spiegelfechten der Römischen Kirchen, von der neuen
Glaubens-Bekänntnüß der übertretenden, und von der Göttlichen Beybehaltung
etlicher in der Römischen Kirchen auferzogenen Seelen, damit durch selbige etwas
Gutes gestifftet würde, (die der seelige Spener bey seinen 6. Argument
angeführet hatte,) und fassete endlich seine übrige Beantwortungen des dritten
Arguments von der Liebe zur Ehre der Welt, ingleichen des vierten, von der
Gelübt bey der Confirmation, des fünfften, von Aergernüß, des sechsten von
grösserer Gefahr bey der Römischen Religion, item von Babel und Anti-Christ, und
endlich des siebenden, daß es heute bey der Römischen Kirche noch gefährlicher
aussehe, desto kürtzer: wie solches alles aus dem folgenden Gutachten selbst mit
mehrern abzunehmen ist.
Ob zwar wohl die Veneration und Hochachtung, die ich billig(Vorbedingung des Autoris, Zweiffelhafftigkeit des
Spenerischen Haupt-Satzes.) für solche theure Lehrer unsrer
Evangelischen Kirche trage, welche dero lebendigen Glauben rechtschaffen thätig
zu erweisen, so wohl in dero Schrifften als selbst führenden Wandel ihnen höchst
haben angelegen seyn lassen, mich zurück halten solte, dero heilige und
gottseelige in Schriften abgefassete Gedancken zu examiniren, absonderlich da
sie schon längst auch den Nahmen grundgelehrter Leute ihnen zuwege gebracht
haben, und dannenhero des Herrn D. Speners seel. Bedencken, (dessen
|| [88]
Schrifften Zeit währenden meinem Amt ich sonderlich
hoch zu achten Ursach gefunden) zu beurtheilen in einer so wichtigen Sache, wie
jetzo von mir erheischet wird, mich gar nicht unternehmen solte, so habe dennoch
eines theils durch dessen sehr gepriesene Demuth, vermöge welcher er gar nicht
gewolt, daß man auf seine Worte und Particulier-Meynung schweren solte, andern
Theils durch die Liebe, damit ich den jetzo Anfragenden verbunden bin, mich
ziemlich bewegen lassen, nach Göttlicher Schrifft und nach der in der Sache
selbst gegründeten Wahrheit vorberührten Herrn D. Speners Gründe, damit er zu
behaupten meynet, daß eine Verehligung in die Catholische Kirche mit Annehmung
derselben Religion ein Abfall von der Christlichen Religion und eine
verdammliche Sünde sey, vermittelst Göttlicher Gnade zu beleuchten. Worinn ich
denn von der gelahrten Welt desto ehender Dispensation zu erlangen hoffe, jemehr
es glaublich scheinet, daß der Herr Spener ohne die Sache zu umschräncken, diese
harte Sentenz zu sprechen, durch eine solche Hypothesin bewogen worden, die er
zwar bey ihm fest gestellet, dennoch aber unter den Theologen noch sehr
disputiret wird, wie es in den folgenden mit mehrern wird angeführet werden.
(Nehmlich beym 1. Argument, daß durch den Ubertritt
Christus verleugnet werde.)
Damit denn nun ordentlich angezeiget werden möge, von was Wichtigkeit dessen
Gründe seyn, will ich bey der von ihm gemachten Ordnung bleiben, und einen
jeglichen von ihm angeführten Grund etwas eigentlicher untersuchen, da denn
dessen erstes Argument, womit er solchen Zutritt zu der Catholischen Religion
schlechterdings eine Tod-Sünde zu seyn behaupten will, dieser ist, weiln, wie er
schreibet, in dergleichen Umtritt zu der Päbstlichen Religion eine offenbahre
Verleugnung Christi und seiner erkannten Wahrheit ist, welches zu beweisen, die
Worte Christi Matth. 10. v. 32. 33. angeführet werden: Wer mich bekennet vor den
Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater, wer mich aber
verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen für meinem himmlischen
Vater. Wenn man auf eine disputirliche Art die Sache vorzunehmen hätte, wüste
man wohl, wie verfahren werden müste, weiln aber nur Discurs-weiß davon geredet
werden soll, ist stracks Anfangs zu bemercken, daß dieser Spruch: Wer mich
bekennet &c. sich auf solchen Fall nicht appliciren lasse, auch darauf
nicht gedeutet werden könne, wie es denn auch ja Herr Spener mit nicht dem
geringsten Wort beweiset, daß bey der Ubertretung zu der Catho
|| [89]
lischen Religion ein Abfall von dem
Christenthum oder eine Verleugnung Christi geschehe.
Denn ob er wohl schreibet, daß der Articul von der Rechtfertigung(Und insonderheit in der Lehre von der
Rechtfertigung.) in der Papistischen Religion sehr gekräncket werde, so
wissen wir doch, daß unser Seits ihnen hierinn viel imputiret werde, welches sie
aber nicht gestehen wollen. Das meiste, welches man den Römischen Schuld giebt,
als wenn sie darinn den Articul von der Rechtfertigung kräncken, kommt auf diese
drey Punckten an: 1) als wenn die Rechtfertigung nicht in einer gläubigen
Ergreiffung Christi und seines theuresten Verdienstes, sondern in einer
Eingiessung gratiae habitualis bestünde. 2) Daß demnach die gute Wercke bey der
Rechtfertigung mit in Consideration gezogen würden. 3.) Daß auch durch
Päbstliche Indulgentien Vergebung der Sünden erlanget werden könne. Denn was
wegen der Gewißheit der Vergebung der Sünden und Rechtfertigung über die
wahrhafftig Bußfertige bißhero disputiret worden, ist so beschaffen, daß, wo man
nur einer des andern Erklärung hören will, man wohl darinnen ruhig seyn kan. Nun
aber gestehen ja verschiedene Catholische, wie auch unser Gerhardus in seiner
confessione catholica angeführet, daß was das 1) betrifft, den Gläubigen Christi
Gerechtigkeit und Gehorsam zugerechnet werde, und also die wesentliche Art der
Rechtfertigung nicht bestehe in einer infusione gratiae justificantis, und wie
wir zu reden pflegen, sanctificantis, sondern allein in der Gerechtigkeit
Christi, welche denen Bußfertigen zugerechnet wird, und um deswillen die Sünden
vergeben werden. Wie denn auch Dionysius Werlensis in Via pacis p. 374. §. 15.
deswegen sich dieser Worte vernehmen lässet: Es betriegen sich die Protestanten,
wenn sie den Catholischen beymessen, als wenn sie dafür hielten, daß um einer
inwohnenden Gerechtigkeit, Reue und Liebe, und nicht um Christi willen wir
gerecht würden, und Vergebung der Sünden erhielten Massen ja Cardinalis Hosius
Concilii Tridentini Praeses folgendes Bekänntnüß thut: Dieses ist allein Christo
zuzuschreiben, Christus ist allein, welcher die Sünde tilget, der allein eine
Genugthuung für unsre Sünde ist. Und die Walenburgici schreiben, daß keiner
unter den Catholischen sey, welcher eine andere verdienstliche Ursache der
Sünden Vergebung erkenne, als nur allein Christum. Wenn aber das Concilium
Tridentinum Sess. V I. Can. 9. leugnet, daß der Ungerechte allein durch den
Glauben gerecht werde, so geschiehet nur solches in dem Verstande, unter welchen
gemey
|| [90]
net wird, als wenn nichts anders,
nehmlich keine Neue, kein neuer Vorsatz erfodert werde.
(In specie von guten Wercken.)
Betreffend das 2) als wenn die guten Wercke bey der Rechtfertigung in
Consideration gezogen und der Mensch durch die Wercke gerecht würde, so wissen
ja die Catholische nicht genugsam dagegen zu protestiren, wenn ihnen beygemessen
wird, als wenn sie auch durch gute Wercke gerecht und seelig würden, wie denn
solches von der Römischen Kirche abzulehnen, vorangezogener Dionysius Werlensis in seiner Viapacis aus allen Ordens-Leuthen
etzliche, wie auch aus der gemeinen Catholischen Kirchen verschiedene, ja zu
allen Uberfluß einige Gottfeelige Frauens-Leuthe anführet, die das
verdienstliche der Werck zur Rechtfertigung verwerffen, und schreibet anbey
ferner ausdrücklich p. 305. in fine; daß das Pharisäische Vertrauen auf gute
Wercke ein verdammlicher Irrthum sey. Diese gantze Lehre, und was davon die
Papisten halten, wird mehr erleutert werden, wenn ich anführe Michaels, eines
vormahligen Weyhe-Bischoffs zu Mentz Worte, die er in seinen
Cathechismus-Predigten 1542. zu Mentz drucken lassen: Es wäre eine grosse
Abgötterey wo ein Mensch sich selbst in solcher Pelagianischer Hoffarth erhübe, daß er dafür hielte, seine eigene
Frömmigkeit und gute Wercke möchten ihn seelig machen, und hielte es ein Werck
seiner Kräffte und nicht göttlicher Gnade, fromm seyn und Seeligkeit erlangen,
so doch alle Schrifft das Wiederspiel lehret, und die Wahrheit, daß uns GOttes
Gnade und Barmhertzigkeit durch Christum seelig mache und nicht unsere
Gerechtigkeit Rom. 3. Tit. 3. 1. Joh. 2. GOtt ist nicht
ungerecht, daß er guter Wercke vergessen könne, doch so verdienen unsere Wercke
keinen Ruhm, sondern wir müssen alle solche Belohnung lassen GOttes Gnade und
Gutthat seyn, und von uns selbst nicht höher rühmen, denn Luc. 17. wir sind unnütze Knechte. Zwar pfleget man den Indicem
expurgator. Roman. wie auch Indicem expurgatorium Hispan. zu allegiren, und auf
dieselbe sich zu beruffen, daß gleichwohl darinnen befohlen worden, daß man aus
den Fragen, die man an die Sterbende habe zu thun pflegen, wie auch è
sacerdotali Romano dieses habe wegthun müssen: Glaubestu, daß du nicht aus
eigenen Verdienst der Wercke &c. seelig werdest. Denn hieraus sey
gnugsam zu sehen, daß man das einige Verdienst der Wercke nicht mehr von der
Rechtfertigung ausschliessen, sondern mit hinzu ziehen wollen. Allein man muß
nicht aus allen Worten und Ver
|| [91]
ordnungen einem
stracks consequentias affingiren, sondern erst gleichwohl dero Erklärung hören,
warum solches geschehen sey, nehmlich es sey, wie Dionysius Werlensis in Via
pacis c. 1. Art. 3. §. 5. p. 50. anzeiget, nicht deswegen geschehen, daß man
glauben wollte, daß der Mensch aus eigenen Kräfften und Verdiensten ohne die
Krafft und Verdienste Christi seelig werde, sondern nur zu einer cautela und Vorsichtigkeit, damit nicht ein Unwissender
darüber dahin verfiele zu glauben, daß die guten Wercke gar nicht nöthig zur
Seeligkeit, auch gar kein Verdienst hätten, sondern er zur Seeligkeit praedefliniret, und also auf keinerley Weise vordammet
werden könne.
Das 3.) aber, als wenn durch Päbstliche indulgentien Vergebung(Ingleichen von Päbstlichen. Indulgentien.) der
Sünden zu erlangen sey, ist so beschaffen, daß zwar Päbstlicher Seite deßfalls
wohl zu einer Zeit ein Mißbrauch vorgangen, so gar, daß auch zu Bonifacii IX.
Zeiten deshalber der Bind- und Löse-Schlüssel gar nicht geachtet, und auch
dieses Mißbrauchs halber Luthero zu reformiren Gelegenheit gegeben wurde. Allein
es ist doch solches der gantzen Römischen Kirchen eben so wenig zu imputiren,
als unserer Evangelischen Kirche zu imputiren ist, wenn ein Ober- oder
Generalissimus Superintendens aus Geitz und andrer übler conduite in seiner
Gemeine etwas duldet, oder in einer gantzen provinz deshalber conniviret, und
viel böses deswegen einreisset. Wenn dechalben in dem Tridentinischen Concilio
ausdrücklich angezeiget worden, daß indulgentien nichts anders seyn, als die
Macht und Gewalt, die Christus der Kirchen und insonderheit dem Predig-Amt
gegeben, Sünde nicht allein quoad culpam & poenam aeternam, sondern auch
der zeitlichen Straffe nach zu erlassen und zu behalten, welches auch in unsern
Kirchen gelehret wird: ferner auch Catholischer Seiten zugestanden wird, daß der
modus, indulgentien auszutheilen, ad disciplinam gehöre, nicht aber dadurch eine
Rechtfertigung geschehe, sondern dem Gerechtfertigten nur verliehen werde: So
ist ja dahero genugsam zu ersehen, daß eine eigentliche Rechtfertigung durch
indulgentien nicht gesuchet werde. Unterdessen wäre doch zu wünschen, daß man es
Römischer Seite wieder auf die alte Gewohnheit der alten Kirchen in diesen Stück
kommen, die neuerlichen Meynungen aber von einen Kirchen-Schatz schwinden, und
von deren application auf die Verstorbene abliesse, so würde alle disputation in
diesem Fall leicht können gehoben werden.
|| [92]
(Schluß, daß in dem Ubertritt kein Abfall von Christo sey.)
Wann demnach nun inzwischen die Rechtfertigung eines armen Sünders für GOtt durch
das eintzige Verdienst Christi bey der Römischen Kirche in salvo bleibet,
welches ja der Haupt-Grund des Christenthums ist, so ist dahero klar und
offenbar, daß aller und jeder Ubertritt zur Catholischen Religion, wo man dabey
in acht nimmt, was in acht zu nehmen in einigen reiflichen Uberlegungen
angezeiget worden, kein Abfall und keine Verleugnung Christi sey, und also der
Spruch Christi Matth. 10. darauff nicht könne gedeutet werden, wie denn auch der
context selber zeiget, daß er auf die ziele, die Christi Lehre und der Apostel
Predigten gar nicht wollten annehmen, welches ja überhaupt, wie Herr Spener
selbst gestehen muß, von der Catholischen Kirche nicht kan gesaget werden.
(Was bey dem Luca heisse, sich der Worte Christi schämen.)
Zwar will Herr D. Spener durch das 9. Cap. Lucae erklären, was vor ein verleugnen
Matth. 10. verstanden werde, und daher deduciren, daß das Verleugnen
insonderheit auf Christi Worte gehe, und solcher Meynung nach, alle die Christum
verleugnen, welche, ob sie schon seinem Wort nicht feind sind, dennoch solches
nicht so viel wehrt achten, daß man um desselbigen Willen einiges Ungemach
leide, oder einen zeitlichen Vortheil aus der Acht lasse. Allein wo wir das
vorhergehende bey dem Matth. 10. ansehen, so erkläret es sich von selbsten, was
für ein verleugnen verstanden werde, nehmlich ein solch verleugnen, da man
Christum für den Mittler unserer Seeligkeit nicht achten will, welches aber, wie
schon oben deduciret, von den Catholischen nicht gesaget werden kan, sondern nur
zu hart bißhero ihnen imputiret worden ist, oh sie wohl biß heute kräfftig
dawieder protestiren. Sollte aber Herr D. Spener, damit die controvers, die
wegen der göttlichen Schrifft, dero Autorität, Vollkommenheit und Deutlichkeit,
wie auch deren Freyheit zu lesen, zwischen ihnen und uns geführet wird,
anstechen wollen, so ist das eine solche Sache, welche durch eine redliche
explication und Aenderung dessen, was man einseitig sich angemasset, mit GOttes
Hülff auszumachen stehet, und einer Dame, welcher lectio & scrutatio
scripturae überlassen wird, nicht hinderlich seyn kan; und wenn dann dieselbe
bey der Bekänntnüß zu der Catholischen Religion bleibet bey einerley Glauben,
den sie vorher gehabt, auch das weltliche interesse nicht lässet ihren primarium
scopum oder vornehmsten Zweck seyn, sondern göttliche direction, darinn
forschet, erkennet und folget, so kan solches, da sie in gremio der allgemeinen
Kirche bleibet, der Römischen Mißbräuche sich nicht theilhafftig
|| [93]
machet, auch dieselbe nicht approbiret, bey ihr kein
Abfall von der Religion und Verleugnung Christi und seiner Worte seyn, und dabey
vorgehen, oder dero Zutritt also genennet werden, eben so wenig als Herr D.
Spener ihm selbst oder einem Prediger einen Abfall oder Verleugnung Christi und
seiner Worte imputiren wird, obgleich in den Verfall der Evangelischen Kirche,
worzu wir uns bekennen, sich solche Dinge finden, die ein Priester dulden muß,
welche sonst den Grund des Glaubens und der H. Sacramenten gar hefftig berühren,
wenn nehmlich von so mannichen Prediger der Glaube so krafftloß zur Heiligung
geprediget, und die Sacramente so liederlich denen Leuthen zu ihren opere operato hingereichet werden, ja von manchen noch
sorgfältigen Prediger zu seiner grossen Beänstigung hingereichet werden müssen.
Der 2. Grund, welchen der seelige Herr D. Spener anführet, ist(Beantwortung des 2. arguments von der Sünde wieder das
Gewissen.) dieser, daß die Bekänntnüs zu der Catholischen Religion, wo
man vorher in unserer Lehre gründlich unterrichtet ist, eine Sünde wieder das
Gewissen sey, welcherley Sünde insgemein den Verlust göttlicher Gnade nach sich
ziehe. Welcher Grund zwar in solchen Fall an einer zu denen Catholischen
übergehenden Person seine Krafft erhielte, wenn sie im geringsten von dem, was
eigentliche und insonderheit nothwendige Glaubens-Lehren sind, sie auch als
solche vorher erkannt hat, abwiche, oder etwas, was solchen wahren
Glaubens-Grund umstösset oder schwächet, annähme. Wann uns aber ja genugsam
bekannt, in was consideration die Lehre von der infallibilität des Pabsts bey
denen grossen Herrn sey, diejenige Prinzeßin auch, welche mit ihrer Heyrath an
einen Catholischen Herrn zu solcher Religion übergehet, den Grund dero vorher
gefasseten Glaubens-Lehren beständig bewahret, unsere Evangelische Lehre und
deren Bekenner nicht als ketzerisch abschwehret, das heilige Abendmahl unter
beyderley Gestalt behält, und was noch von Schlacken bey der Messe sich finden
möchte, sich nicht theilhafftig machet; so kan auch derselben dieser Grund nicht
treffen, und sie einer Sünde wieder das Gewissen in diesem Stücke nicht
beschuldiget werden.
Es wendet zwar der Herr D. Spener gegen solchen Vorbehalt(Und der Spenerischen Einwürffe a.) von Betrug.)
und Vorsichtigkeit bey Annehmung der Catholischen Religion ein, daß, wenn man ja
Catholischer Seiten in solchen Fällen dispensirte, es doch nur ein Betrug und
Spiegelfechten sey, die Leute damit zu fangen, und man nichts anders damit
wolle, als auf eine Zeit lang einiges an einem
|| [94]
erdulden. Allein da man in bürgerlichen Contracten denen Catholischen gleichwohl
noch trauet, deucht mich, daß man in einem getroffenen Vergleich, der die Seele
angehet, ihnen nicht alle Treue absprechen solle, wie es denn ja ohnedem der
Christlichen Liebe entgegen ist, auf den Nächsten zu argwohnen, da er noch biß
dato dazu keine Gelegenheit giebet.
(b.) Von der neuen Glaubens-Bekänntnüsse.)
Es scheinet aber, es habe auch hiergegen Herr D. Spener einzuwenden, daß man ohne
Grund solches nicht argwohne, massen, was in denen dispensationibus gegeben,
solches in der allgemeinen professione fidei wieder genommen werde. Ich antworte
aber hierauf aus einigen concessis des Herrn D. Speners selbsten, wenn er in
einem andern Bedencken dieses 7. Cap. seiner theologischen Brieffe Art. 1. sect.
32. p. 151. also schreibet: Ich weiß, daß viele Leuthe in ihrer Römischen Communion der Wahrheit gemäße Gedancken haben, und
zuweiln ohngescheut sich heraus lassen, und darauf ein Exempel anführet, daß ein
großer Pater Generalis einer berühmten Societät in Rom einen Lutherischen
Doctorem beym Abschied embarassirt und gesagt, daß er von allen denen, welche
von Hertzen an Christum gläubten, und ihm mit Ernst dieneten, die Hoffnung der
Seeligkeit habe, und also auch ihn in der Seeligkeit zu sehen hoffe. Von
welcherley moderaten Leuthen bey den Catholischen seeliger Herr D. Spener in
unsern vorhabenden seinen Bedencken pag. 361. schreibet, daß, wenn sie gleich
von ihrer Kirche nicht ausgiengen, und noch einige Irrthümer nicht kenneten, so
bewahre doch GOtt dero Seele, daß es ihnen nicht schaden möge, woraus
folgendergestalt gegen Herrn D. Spenern mit allem Fug geantwortet werden mag,
können unter denen Catholischen, die zu ihrer allgemeinen professionem fidei
sich auch bekennen, doch einige seyn, die dem ohngeachtet doch andere
Christliche Gedancken führen, und für sich Reservata haben, die etwa mit den
eusserlichen Worten solcher Profession nicht überein kommen, und man auch sonst
am Päbstlichen Hoffe nicht dulden möchte, warum kan denn auch nicht eine zu
ihnen übergehende Printzeßin gewisse Reservata haben.
(c.) Von gebohrnen Catholicken.)
Spricht Herr D. Spener, ja GOtt hat dorten Ursache, solche Leuthe unter dem
Pabstthum zu behalten, daß sie noch einiges gutesstifften? Ey warum will man
dann in diesem Fall solches Gute der Direction GOttes abschneiden, da vielleicht
durch eine Printzeßin, die in der Evangelischen Kirchen erzogen, an solchen
fernen Orte zum wenigsten die
|| [95]
Gemüther tractabler
gemachet werden möchten, uns zu ertragen, ja dieselbe gar noch wohl einige grobe
Schlacken abzulegen durch göttliche Gnade Gelegenheit geben könnte.
Der 3. Grund ist, daß man zeitliche Hoheit und Ehre, die(Antwort auf das 3. Argument von der Liebe zur Ehre der
Welt.) bey solchen Verehligungen die Ursachen wären, nicht solte mit
Gefahr des Verlustes eines unwiederbringlichen Guten kauffen. Es ist aber schon
in dem vorhergehenden auch damit in unserm Casu dieser Grund umgeworffen, weil
man in dieser Bekenntnüß zur Catholischen Religion nichts von wahrhafftigen
Glauben vergiebet oder verlässet, auch zu keinen falschen Dingen, so den
Glaubens-Grund kräncken, sich bekennet. Ob aber in hoc casu die weltliche Hoheit
die vornehmste Absicht sey, will zum wenigsten daher nicht hoffen, weiln man
sich mehrmahlen erkläret, man wolle es der Direction GOttes überlassen, dessen
Spuhren man hierinn schon vielfältig gesehen habe. Würden aber zeitliche
Absichten in unsern Casu die meisten Bewegungen seyn, so müste ich selber
gestehen, daß es um die Seele ein gefährliches Ansehen gewinnen würde.
Der 4. Grund ist von der Zusage und Gelübde unserer(Auf
das 4. Argument von den Gelübde bey der Confirmation.) Kinder, so bey
dero Confirmation geschiehet, hergenommen. Weil aber aus
unsern Kirchen-Ordnungen bekannt, daß bey der Confinmation nichts anders
zugesaget werde, als was in der Tauffe die Tauff-Zeugen in des Kindes Nahmen
schon zugesaget haben, solches aber auch bey der Tauffe der Catholischen
gleichfalls versprochen wird, nehmlich Glauben und gut Gewissen zu bewahren, dem
Teuffel aber und seinen Wercken abzusagen, so erhellet ja daraus, daß durch die
Begebung zur Catholischen Religion observatis observandis, in welcher eben das
zugesaget und angelobet wird, was unsere Kinder bey dero Confirmation angeloben
und zusagen, nichts wider solchen Verspruch gehandelt werde.
Zum fünfften Grund machet der seelige Herr D. Spener das Aergernüß, (Auf das 5. von Aergernüß.) das aus sothaner
Annehmung der Catholischen Religion entstehen möchte, welches denn auch
allerdings in Consideration zu ziehen ist. Weil aber in denen gegebenen
Bedencken, was unsern Casum betrifft, dargegen Verfassung gemachet worden; als
wird, wofern man solches beobachtet, auch dieser Grund von selbsten hinfallen.
Und obwohl in demjenigen, was zum 6. Grunde angeführet worden, (Auf das 6. von grösserer Gefahr bey der
Catholischen) vielerley weitläufftig herbey gezogen ist, so soll doch
allem Ansehen nach vis argumenti darinn bestehen, daß es bey der Catholischen
|| [96]
(Religion, ingleichen von Babel und
Anti-Christ.) Religion mehr Gefahr habe, als bey andern. Ob es nun zwar an
der Gefahr darinn nicht mangeln möchte, so finden wir doch unter unsern
Evangelischen Lehrern verschiedene, welche die Reformirte Religion noch viel
gefährlicher angesehen, massen nicht allein D. Hoë anno 1620. von Dreßden
ausdrücklich geschrieben: daß wohl 99. Punckte wären, darinn die Reformirten mit
den Türcken und Arrianern übereinstimmeten, sondern auch nach ihm ein Prediger
in Meissen sich öffentlich vernehmen lassen, daß 200. greuliche Ketzereyen die
Reformirte zu beschuldigen wären. Woraus denn zum wenigsten dieses zu ersehen,
daß solcheriey Gedancken gegen eine Religion in vielen Dingen wohl mehr von
denen Imputationen und von denen wieder eine Religion aus vorgefasten Meynungen
entsprossenen Wiedersinn als aus der Sache selbst herrühre, sonderlich aber
übernimmt Herr D. Spener allhier, zu urgiren, daß der Pabst sey der 2. Thess. 2.
geweissagete und beschriebene Anti-Christ, welche Meynung allem Ansehen nach
auch der gantze Grund des abgefasseten Responsi ist. Allein, da er nicht sattsam
genug erweiset, daß Babylon die Römische Kirche und der Anti-Christ der Pabst
selbst sey, die Patres und sehr viel andre Doctores hingegen einen gantz andern
Sinn hier demonstriren, als kan dieses kein fester Grund seyn, und seine Thesin
nicht sattsam erweisen.
(Auf das 7. daß es heute noch gefährlicher in der Römischen
Kirche aussehe.)
Womit auch zugleich der 7. Grund hinfällt, als wovon die wahre Meynung noch erst
recht gründlich muß deduciret werden, obwohl nicht zu leugnen ist, daß vor dem
einige Päbste sich nicht anders als Anti-Christen erwiesen, wie auch wohl
mancher Ober- oder Generalissimus Superintendens unter uns sich nicht viel
besser erweiset. Coccejus, welcher sonst damit umgehet, daß er den Römischen
Pabst den Anti-Christ zu seyn beweise, darf doch nicht insgemein die Römische
Babylon nennen, sondern schreibet in seinem Tractat de Ecclesia &
Babylone §. 94. welcher in seinem Tom. 7. zu finden, vielmehr also: Ich nenne
nicht schlechterdings die Römische Kirche Babylon, sondern alle Bischöffe, alle
Priester und Doctores, welche die Wahrheit der
Gerechtigkeit GOttes und des Reichs Christi nicht lehren, wie man denn ja
vielfältig auch auf unsern Cantzeln höret, daß aller gottlose Hauffe auch unter
den Lutherischen Babylon genennet werde.
(Beschluß.)
Man hätte zwar hier Gelegenheit, die Materie von Babylon und Anti-Christo
weitläufftiger auszuführen, weil aber das vorhergehende schon über Vermuthen in
viele Blätter angewachsen, will solches auf eine andere Zeit verschieben, massen
bey gegenwärtiger Erweisung, daß
|| [97]
Herrn D. Speners
vorhabendes Bedencken nicht bündig genug behauptet sey, die angeführte Argumenta
auch denselben keine Krafft geben, uns jetzo auch genug seyn kan, angezeiget zu
haben, daß Herrn Speners Asserta: die Römische Kirche und Pabst sey in ihrer
Succession Babylon und der Anti-Christ, nicht bewiesen habe, hingegen aber man
viel andere Doctores anführen könne, welche von dieser Materia einen gantz
andern Sinn behaupten. Hoffe inzwischen, daß dasjenige, was allhie bey seeligen
Herrn D. Speners angeführten Gründen angemercket worden, von solcher
Deutlichkeit sey, woher genugsam zu schliessen, daß mit denselben noch nicht
bewiesen worden, daß eine limitirte Bekänntnüß zu der Catholischen Kirche eine
verdammliche Sünde sey.
§. XXIII. Ehe ich diesen Handel beschliesse und zum folgenden(Einwurff, daß dieser erste Handel nicht Juristisch
sondern Theologisch sey.) schreite, dünckt mir
nöthig zu seyn, auf einen Einwurff zu antworten, den ich deutlich vorher sehen
kan, daß mir denselbigen meine Widerwärtige entweder heimlich oder öffentlich
machen dörfften. Was will daraus werden? werden sie sagen, daß Thomasius
offenbahr Theologische Controversien, die von der ewigen Seeligkeit handeln, vor
Juristische Händel ausgiebet, und in diesen Theile voransetzt; auch sein in der
Frage von Erlangung der ewigen Seeligkeit oder Gefahr dieselbe zu verliehren,
ertheiltes Bedencken anitzo publiciret, als wenn es unter die Juristischen
Händel gehöre, u. s. w. Hier werden nun dergleichen Herren Opponenten nicht übel
nehmen; daß weil unter denenselben noch viele seyn dörfften, die entweder
wissentlich oder unwissentlich von denen groben Reliquiis des politischen
Pabstthums eingenommen, und die ihren gesuchten Dominat wiederstehende Juristen
und Politicos als gottlose und gefährliche Leute nicht nur bey dem gemeinen
Mann, sondern auch an Höfen bey denen Regenten selbst anzugeben gewohnet sind;
ich anfänglich denenselben nach ihren Meriten und aus ihren so hochgehaltenen
Papentzenden Principiis antworte; hernach aber will ich denen von ihnen
verführten sonst guthertzigen und vernünfftigen Gemüthern auch durch
vernünfftige und bescheidene Ursachen und Erklährungen genug thun.
§. XXIV. Ich will anfänglich zu der ersten Classe meiner nicht(Beantwortung desselben aus Lancelotto, daß die Doctores juris)
gar zu guten Gönner zum wenigsten das Vertrauen haben, daß weil sie ja zum
Grunde ihrer Objection den aus den Pabstthum herrührenden Unterscheid der vier
Universitäts Facultäten legen; sie mir auch erlauben werden, daß ich mich wider
sie auch derselben bediene, und zu meiner Vertheydigung vorbringe, daß weil ich
nicht alleine zum Doctore Juris utriusque creiret worden und alle uhralte jura
& privilegia Doctorum
|| [98]
(Canonici so wohl Theologi als Juristen seyn.) juris utriusque
bekommen; sondern auch itzo absonderlich Professor juris Canonici bin, mir eo
ipso als Doctori & Professori juris Canonici so wohl als denen Theologis
zu stehe, über Fragen, die die ewige Seeligkeit betreffen, Responsa zu
ertheilen. Denn nach denen Principiis der Canonisten, in welchen ihnen auch die
Theologi in Pabstthum anitzo nicht wiedersprechen, hat zwar das Jus civile zum
Endzweck die zeitliche Ruhe in diesen Leben; aber das Canonische Recht hat eine
viel viel edlere Absicht, denn es trachtet nach der Ruhe eines Menschen, so
ferne er ein Christe ist und nach der ewigen Seeligkeit ringet, und macht uns zu
Himmels Bürgern und zu GOttes Freunden, gleich wie geschrieben stehet: Wir haben
hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünfftige suchen wir. (Hebr. XIII.
14.) Das Päbstische Recht begreifft dannenhero aller andren Rechte ihre
Endzwecke in sich, aber dergestalt, daß es nichts destoweniger den Verlust der
ewigen Seeligkeit nicht verhenget. Derowegen eignet sich das Canonische Recht
alles dasjenige billig zu, was so wohl zu eines jedweden Menschen ewiger
Seeligkeit gehöret, als was zur Glückseeligkeit der streitenden Kirche erfordert
wird. Und ob wohl hievon die heilige Theologie auch etwas und zwar gar vieles
bekommen hat, so folget doch daraus keinesweges, daß alles dieses dem
Canonischen Recht nicht eigenthümlich zugehören solte. Denn es gehöret zwar
denen Theologis über diese Dinge zu speculiren und drüber zu disputiren; aber
die Entscheidung aller dieser disputirten Streitigkeiten gehöret für die Väter
und Autores des Canonischen Rechts, nemlich die Römischen Päbste und die
heiligen Concilia. Derowegen kan keiner ein ächter Doctor und Professor des
Canonischen Rechts seyn, der nicht sowohl die Theologie als das bürgerliche
Recht wohl verstehet. Denn bald steigt ein Doctor juris Canonici als ein anderer
Moses mit dem Theologo auf den Berg, und betrachtet daselbst des Herrn und
lebendigen GOttes Ehre: bald steigt er mit dem Juristen wieder herab in das
Lager, und sorget für die zeitliche Wohlfahrt des Volcks u. s. w. Der Leser muß
nicht gedencken daß ich bey Vorbringung dieser Dinge Spötterey oder Schertz
treibe, sondern alles das, was ich bißhero angeführet, sind des berühmten
Canonisten Lancelotti eigene Worte, die in seinen Discurs de comparationc juris
Pontificii & Caesarei p. m. 1054. 1058. und 1064. alle zu befinden. So
sind auch Desselii erotemata juris Canonici bekannt genung, in deren Anhang
alsbald zu lesen ist, daß das Jus Canonicum die Beförderung der ewigen
Seeligkeit zu seinen Endzweck habe. Ja es dörffte mir endlich, und wenn man
|| [99]
des Lancelotti Autorität nicht etwa passiren lassen
wolte, auch an Lutherischen und zwar sehr berühmten Juristen nicht mangeln, die
da behaupten wollen, daß auch das Jus Civile die ewige Seeligkeit zum Endzweck
habe, und ich also nach derer ihrer Meynung sowohl tanquam Doctor Juris Civilis
als Juris Canonici Responsa über Fragen, die die ewige Seeligkeit angehen, zu
ertheilen, und selbige unter denen Juristischen Händeln zu publiciren befugt
sey. (Siehe Titii Probe des Geistlichen Rechts lib. 1. c. 2. §. 10. p. 27.) Zum
wenigsten werden doch Lutherische Theologi mit denen Juristen nicht härter
verfahren, als die Römischen Theologi, die doch sonst gewiß sehr vigilant auf
ihren Sprenckel sind, und sich von keiner andern Facultät gerne einen Eingriff
thun lassen.
§. XXV. Ich muß aber ehe ich noch weiter gehe, nun auch fürbringen, (Neuer Einwurff aus dem Hostiensi, daß die Theologi vortrefliche
Rosse, die Legisten aber Esel, und die Canonisten Maul-Esel wären.) was etwa meine
Gegenpart wider den Discurs des vorigen §. repliciren möchte. Sie werden
vielleicht sagen, daß ich zu selbigen Anlaß genommen aus Lesung dessen, was bey
dem Autore Differentiarum juris Civilis & Canonici (der bey Schilters
Institutionibus Juris Canonici angedruckt ist) und zwar in dessen Thesi I. §. 7.
circa finem zu besinden: ich hätte aber das Beste ausgelassen, was eben daselbst
aus dem Hostiensi angeführet worden, daß ein Canoniste mit einem Maul-Esel zu
vergleichen sey: denn gleichwie dieser ein Mischmasch von einen Pferd und Esel
sey; also sey auch ein Canoniste ein Mischmasch von einen Theologo und Legisten
oder Juristen. Und hieraus wäre leicht zu begreiffen, warum ich mit dem
Phantasten den Lancelotto alleine aufgezogen kommen, der ein Schulfuchs und
Pedante gewesen, auch wie bekant, als selbst ein Canonist, und Autor
Institutionum Juris Canonici in propria causa kein Zeugnüß ablegen könne:
Hostiensis hingegen wäre ein kluger Politicus und Cardinal, ja in beyderley
Rechten so berühmt gewesen, daß man ihm (wie Pancirollus de claris legum
interpretibus angemerckt) gar Juris utriusque Monarcham genennet. Aber dieses
berühmten Römischen Scribentens Passage hätte mir nicht angestanden, weil er
nicht undeutlich darinnen die Juristen als Esel, und die Canonisten als
Maul-Esel tractiret hätte. Man dörffe also ihrer Seits anders nichts thun, als
daß man, wenn ich mit meinen Dicentes aus dem vorigen §. fertig wäre, ohne sich
deswegen mit mir weiter einzulassen, nur die besagte Passage des Hostiensis
vorläse, und nach gemachten tieffen Reverenz mit einer lächlenden Mine mir den
Rücken zukehrete.
|| [100]
(Welcher gleichfalls bescheiden abgewiesen wird.)
§. XXVI. Meine Widerpart siehet, daß ich offenhertzig mit ihnen handele, und in
Vorbringung ihrer Replic meiner in geringsten nicht geschonet; aber nun folget
auch meine gleichfalls offenhertzige Duplic. 1.) Ist es wahr, ich habe aus
Lesung besagtes Autoris differentiarum juris Civilis & Canonici
Gelegenheit genommen die Meynung des Lancelotti etwas weitläufftiger und
umständlicher zu proponiren, und den dabey stehenden Locum des Hostiensis mit
Fleiß ausgelassen, aber nicht sowohl um der Juristen, als derer Evangelischen
Herren Theologorum willen. 2.) Denn in der That oder in der Haupt-Assertion
selbst ist er mit Lancelotto einig, daß ein Canoniste beydes ein Theologus und
Juriste zugleich seyn müsse, und er also so wohl Theologica tractiren könne als
ein Theologus, (welches auch über dieses ein reformirter Theologus Samuel
Maresius erkennet, indem er Th. 24. dissert. de Jure Canonico gar deutlich
bejahet, daß das Studium des Canonischen Rechts mehr Theologisch als Juristisch
sey.) Ja Hostiensis ist selber ein Canonist, sowohl als ein Legiste gewesen. Nur
das Gleichnüß ist etwas plump, welche Plumpheit aber nicht so wohl dem
Hostiensi, als denen damahligen Theologis zuzuschreiben, ob ich wohl den
Hostiensem nicht bey der Hand habe, auch die Sache nicht tanti ist, daß ich ihn
deshalben bey andern borgen solle. 3.) Jedoch kömmt mir die Sache also nicht
unwahrscheinlich für: Es ist aus der Historie bekant, daß in zwölfften Seculo
anfänglich nur zwey Facultäten auf Universitäten waren, die Theologische und
Philosophische: gegen die Mitte dieses Seculi kamen die Legisten auf und fiengen
an aus den Justinianeischen Recht die Kayserlichen Jura wider den Pabst, dem die
Theologi anhiengen, zu vertheydigen, und bekamen deswegen von denen Kaysern eine
eigene Facultät und grosse Privilegia. Wiewohl nun diese Vertheydigung der
Kayserlichen Rechte nach dem Elend der damahligen Zeiten schlecht genung war,
(dergestalt, daß auch die denen Legisten bald von dem Pabst entgegen gesetzte
Canonisten binnen wenigen Zeiten ein Hertz und eine Seele und in Doctores Juris
utriusque verwandelt wurden,) so verdroß doch dieses die damahligen des Pabsts
Parthey (wiewohl eben so ungeschickt) haltenden Theologos, und gleichwie sie
ohnedem gewohnet waren, alle Leyen, (inclusive Könige, Fürsten und ihre
Bedienten) für Idioten und wohl gar für Hunde zu halten; also ist auch nicht zu
verwundern, daß sie die Legisten für Esel ausgescholten; sich aber ich weiß
nicht unter was für Gründen mit Pferden verglichen. Ob nun wohl die Canonisten
anfänglich so wohl als die Theologi des Pabsts Parthey gehalten,
|| [101]
so ist doch leicht zu vermuthen, daß es denen
Theologis nicht gefallen, daß der Pabst sie nicht für sufficient gehalten, denen
Legisten zu begegnen, sondern die Canonisten als eine neue Facultät eingesetzt,
und daß sie dannenhero diesen dann und wann vorgeworffen, daß sie nur Juristen
wären, und sich also in Theologische Händel nicht mischen solten, der Hostiensis
aber der mitten in 13. seculo floriret, da die Canonisten und Legisten sich zu
vereinigen angefangen, aus einen sinnreichen Schertz sie mit diesen Gleichnüß
von Maul-Esel kurtz und gut abweisen wollen. Daß ich mich aber 4.) in vorigen
Paragrapho dieses Gleichnüsses nicht bedienet, ist deswegen geschehen, weil ich
meine Gegen-Parthey nicht schimpffen wollen, wenn ich sie mit Pferden vergliche.
Denn gleichwie ich sie für so bescheiden halte, daß sie uns Juristen weder mit
Maul-Thieren noch Eseln vergleichen werden; also wolte ich auch gleichergestalt
diese Grobheit nicht begehen, daß ich Evangelische Theologos, sie mögen nun
sonsten von menschlichen Schwachheiten nicht befreyet seyn, wie sie wolten, mit
unvernünfftigen Pferden vergleichen solte; vielmehr halte ich gäntzlich dafür,
daß wir darinnen einig sind, was David sagt: Seyd nicht wie Roß und Mäuler
(vielweniger wie Esel) die nicht verständig sind. u. s. w.
§. XXVII. Ich wende mich dannenhero zu der andern Classe guthertziger(Noch eine andre vernünfftige Antwort auf den ersten
Einwurff.) und vernünfftiger Gemüther (vide supra §. XXIII. in fine)
und antworte denenselben mit Beyseit-setzung aller Reliquien des politischen
Pabstthums: daß freylich auf Universitäten bey denen Protestirenden der
Theologischen Facultät die Auslegung der zur Seeligkeit gehörigen
Glaubens-Artickel aus heiliger Schrifft hauptsächlich und für andern Facultäten
auf der Catheder zustehe; dieweil aber doch noch viele Reliquien des Pabstthums
auch auf unsern Universitäten, in unsern Consistoriis und geistlichen Gerichten
verhanden, die insgemein unter dem Praetext der Beförderung der Ehre GOttes und
der Menschen Seeligkeit nach dem Exempel des politischen Pabstthums pflegen
verdeckt zu werden, so ist zwar allen redlichen Theologis Danck zu sagen, wenn
sie diese Larven entdecken; aber weil es offte sich zuträgt, daß solches nicht
geschiehet, oder, daß die Theologi in diesen Stücke nicht einig sind; so kan man
auch protestirenden Juristen nicht verwehren, daß sie in solchen Streitigkeiten
von der Seeligkeit und vorgewendeten Ehre GOttes, als Juristen ihre Responsa
ertheilen, und in geistlichen Gerichten ihre freyen vota geben, und nicht als
blosse Jaherren derer Theologorum da sitzen, und dannenhero sich um das Studium
der ächten vernünfftigen und friedfer
|| [102]
tigen
Theologie bekümmern, wovon Herr D. Pertsch in seinem Tractat von Recht der
Beichtstühle und zwar in dem Vorbericht von der Juristen Studio in der
Theologie, ausführlich gehandelt. (Siehe auch oben in ersten Theil den XIX.
Handel §. 4. seq. p. 211. seq.) zu geschweigen daß allbereit oben §. IIX.
ingleichen §. I. erinnert worden, daß mein Responsum ohne meinen Willen und
wider mein Bitten publiciret worden, und daß dieser Handel mit dem folgenden
andern Handel (der unstreitig für uns Juristen mit gehöret) gar sehr verknüpfft
und verbunden sey, weswegen ich auch nunmehro ohne ferneren Auffenthalt mich zu
demselben wende.
II. Handel. Von Laster der beleidigten hohen Obrigkeit, wenn Evangelische
Priester derselben die Absolution und das Abendmahl zu versagen sich
unterfangen.
§. I.
(Warum das Responsum über diesen
Handel bißher nicht völlig in Druk publiciret worden.)
OBwohl das zu diesen Handel gehörige, und allbereit zu vielen mahlen gedruckte
Responsum, wie allbereit oben gedacht, einen andern Titul führet, nemlich eines
Bedenckens über die Frage wie weit ein Prediger gegen seinen Landes-Herren,
welcher zugleich summus Episcopus mit ist, sich des
Bindeschlüssels bedienen könne; so habe ich doch vor nöthig erachtet, den Titel
dieses Handels ein wenig deutlicher einzurichten, und dabey zu erinnern, daß das
bißher gedruckte Responsum nicht complet und vollkommen sey, indem mir damahls
zwey unterschiedene, aber doch mit einander verknüpffte Fragen vorgeleget, und
deswegen eine ausführliche species facti nebst unterschiedenen Beylagen
zugeschickt worden, auf welche beyde ich auch zugleich in einen Responso
geantwortet. Nachdem aber dem Durchlauchtigsten Herrn Quaerenten wegen vieler
Ursachen, (davon etwan in folgenden Handel etwas mehrers zu gedencken seyn
dörffte) nicht rathsam schiene, damahln auch die von mir geschehene Beantwortung
der andern Frage, vielweniger die speciem facti nebst denen Beylagen mit
beydrücken zu lassen:
|| [103]
diese Ursachen aber nunmehro
nicht in Wege liegen, als will ich hiermit beydes die speciem facti als das
gantze Responsum dem geneigten Leser vor Augen stellen.
§. II. Nachdem von so unterschiedenen Orten über die in ersten(Vorleufftige Erinnerung wegen der bey diesen Handel
verborgenen Intriguen.) Handel vorgetragenen
Fragen Responsa waren eingehohlet worden, und bey denenselben die Meynungen sehr
unterschiedlich und widrig gefallen waren, konte es nicht fehlen, es musten
daraus einige Weiterungen entstehen, zumahlen so wohl Politici als Theologi
(andere höhere Personen zu geschweigen) wegen des Zwecks obiger Fragen uneinig
waren, und die eine Parthey denselben zu fördern, die andre aber solchen auf
alle Weise zu hindern sich angelegen seyn liesse. Gleichwie aber es an allen
Orten (so wohl bey Protestirenden als Catholischen, so wohl ausser dem Hoffe in
kleinen und grossen Städten und Dörffern, als bey Hoffe, so wohl bey Ungelehrten
als Gelehrten) es zu geschehen pfleget, daß die schlauen und listigen hinter der
Scene verborgen bleiben und sich mere passive verhalten, und indessen an ihre
statt andre Einfältige, und zwar mit eingebildeter Weißheit begabte, aber dabey
mit wenig judicio versehene Menschen unter ihrer geheimen Direction agiren
lassen; also geschahe es auch damahls. Weßhalb noch in eben denselben 1705. Jahr
und zwar in Monath October und gegen dessen Ende mir die Erzehlung etlicher der
vornehmsten Umbstände von dieser intrigue, oder eine species facti nebst
angehengten zweyen Fragen zugeschickt und ein Responsum darüber zu geben
gnädigst begehret wurde.
Nachdem an einen Catholischen Hoffe unter andern teutschen Printzeßinnen, (Ausführliche Umbstände derselben nebst angehengten zwey
Fragen.) welche zu der Heyrath mit dem König in S. in Vorschlag
kommen, auch besondere Reflexion auf die Printzeßin E. S. gemacht worden, und
man solches dero Herrn Groß-Vatern Durchlauchtigkeit kund gethan, daneben aber
sondiret, ob gedachte Printzeßin bey erfolgender Heyrath sich denen
Römisch-Catholischen sacris conformiren, und höchstgedacht des Herrn Hertzogen
Durchlauchtigkeit hierunter nicht zu wider seyn wollten, weiln ohne dergleichen
Religions-Veränderung die Heyrath ihren Fortgang nicht würde erreichen können,
indem es wieder die politischen Maximen des Hoffes lieffe, daß die aus selbigen
gebohrne Printzen sich an andere als der Catholischen Religion zugethane
Printzessinnen verheyratheten; so haben des Herrn Hertzogs Durchlauchtigkeit,
weiln sie in ihren Gewissen persuadiret, daß dergleichen Aenderung der Religion
an sich selbst nicht böse, dieselbe auch darinn so vielmehr confirmiret worden,
als ihro wissend gewesen, das verschiedene andere grosse
|| [104]
Herren, so theils der Evangelisch Lutherischen, theils der
Reformirten Religion zugethan, dergleichen Heyrath vor ihre resp. Kinder oder
niecen gar emsig negotiiret, auch was die Aenderung der Religion betrifft,
darinn keine difficultät würden gemachet haben, überdieß auch in verschiedenen
deshalb von Lutherischen Theologis gemachten Responsis Beyfall gefunden, der
Printzeßn, wie auch dero Fürstlichen Eltern von allen oberzehlten part geben,
und nachdem sie bey denenselben eben keine repugnance gefunden, der Sache in so
weit ihren Lauff gelassen, daß sie ihres hohen Orts derselben keine Hinderung
geben wollen, zumahl da sie davor halten müssen, daß, da diese Heyrath ihro zu
einer Zeit proponiret worden, da so viel grosse Herren von beyderseits
Evangelischen Religionen selbige wiewohl vergebens ambiret, GOtt, als dessen
Wege wunderbar, sich derselben etwan gebrauchen möchte, um ihro eine zeithero
durch viele Fatalitäten gedrucktes Hauß wiederum empor zu bringen, es sich auch
wohl fügen könnte, daß dieses mit der Zeit ein Mittel sey, wodurch die in denen
O. Landen der Evangelischen Religion wegen gedruckte Unterthanen einsten eine
mehrere Gewissens Freyheit erlangen könnten. Weiln aber diese Heyrath so fort
nicht zum Schluß kommen, sondern annoch auf der Ungewißheit beruhet, so haben
des Herrn Hertzogs Durchlauchtigkeit nöthig befunden, die gantze Sache zu
menagiren, welches auch in soweit reusfiret, daß ungeachtet verschiedene am
Hoffe davon Nachricht erlanget, selbige es dennoch geheim gehalten, und sich
nicht getrauet, es weiter public zu machen; als aber der Hoff-Prediger und
Hoff-Caplan davon Nachricht erhalten, haben sie nicht allein die Printzeßin gar
eyffrig zu sprechen gesucht, sondern auch in ihren Predigten scharff gegen die
Catholischen loß gezogen, was die Veränderung der Religion vor eine böse Sache
sey, und wie übel diejenigen thäten, so andre dazu persuadirten, weitleufftig
vorgestellet, dieser letztern consilia mit Ahitophels Rathschlägen verglichen,
und ob sie wohl endlich noch so viel Bescheidenheit gehabt, daß sie des
Hertzogs, der Printzessin, und anderer hohen Interessenten Nahmen nicht
genennet, so haben sie doch die Sache dergestalt deutlich beschrieben, daß nicht
allein diejenigen, so von der vorseyenden Heyrath Wissenschafft gehabt, leicht
gemercket, wer darunter gemeynet, sondern auch andern, so noch nichts davon
gewust, supçon und Anlaß zu weiterer Nachforschung gegeben, und nachdem gedachte
Predigten continuiret, die Sache gegen das Absehen in wenig Zeit public gemachet
worden. Als nun des Herrn Hertzogs Durchlauchtigkeit leicht urtheilen können,
daß der Hoff-Predi
|| [105]
ger bey erfolgter entrevüe
mit der Printzeßin, die zwischen denen Catholischen und Lutherischen waltende
Controversen vornehmen, und Ihro dieselben vorlegen würde, Ihro aber bewust, daß
gedachter Hoff-Prediger kein sonderlich talent habe, dergleichen schwere Sachen
dergestalt zu expliciren, daß eine Dame von so zarten Alter selbige begreiffen
könne, sondern sich etwann zu solchen Ende einiger terminorum aus der
Metaphysique (als deren er sich in seinen Predigten zum öfftern bedienet, und
dadurch manche klare Sache obscur machet) gebrauchen möchte, und dadurch die
Printzeßin nur confundiren würde, so haben Seine Durchlauchtigkeit gedachten
beyden Predigern, indem sie gleichsam mit Gewalt die Printzeßin sprechen wollen,
sagen lassen: daß sie diese Aenderung der Religion, wenn sie noch ihren Fortgang
erreichen solte, vor keine böse Sache an sich selbst hielten, auch hierunter den
Beyfall verschiedener Theologorum vor sich hätten, und fänden demnach Seine
Durchlauchtigkeit aus diesen und andern bewegenden Ursachen nicht rathsam, sie
mit der Printzeßin reden zu lassen, und möchten sie dannenhero dieselbige nicht
irre machen, wiedrigenfalls sie andere ihnen unbeliebige Verordnungen würden
veranstalten müssen. Hierauf haben gedachte Prediger Seiner Hochfürstlichen
Durchl. beygehendes Schreiben sub N. 1. durch einen ihrer Bedienten zu
geschicket, woraus Ihro Durchlauchtigkeit mit Verwunderung ersehen, daß nicht
alleine viele Facta darinnen praemittiret, so der Wahrheit nicht gemäß seyn,
sondern auch in fine annectiret gewesen, daß gedachte Prediger Communication der
obenangezogenen Responsorum verlanget, um selbige zu examiniren, und darnach
sich so denn in ihren Amts-Verrichtungen als Predigen, absolviren und
communiciren, zu verhalten. Seine Durchlauchtigkeit haben ihnen durch eben
selbigen Bedienten, welcher Ihro das itzt angezogene Scriptum überlieffert,
sogleich bedeuten lassen, auch damit selbiger es nicht etwann unrecht einnehmen
möchte, mit eigener Hand pro adjuvanda memoria aufgezeichnet: daß es 1) nicht
practicable sey, daß sie die Printzeßin sprechen könten, 2) sey es noch zur Zeit
zu früh, ihnen die in Händen habende Consilia Theologorum zu communiciren, doch
sollte ihnen das vom seeligen F. U. Calixto in simili casu aufgesetzte Responsum
geschicket werden, wie auch geschehen laut Anlage N. 2. 3.) Haben Seine
Durchlauchtigkeit eine Explication von denen Predigern verlanget, was sie unter
denen in ihrer Schrifft oben angezogenen Worten wegen des Binde-Schlüssels
eigentlich verstünden. Man hätte nun geglaubet, daß hieran die Prediger Anlaß
nehmen solten, ihre Con
|| [106]
duite inskünfftige etwas
genauer zu überlegen, und sich bey der Sache dergestalt zu betragen, damit sie
des gegen ihren Landes-Herrn schuldigen Respects nicht vergessen, noch auch
dessen Jura, so ihm als summo Episcopo (wovor sie ihm in der Beylage N. 1.
selbst erkennen müssen) zuständig, in Zweiffel ziehen solten; allein wie wenig
man in der von denen Predigern geschöpfsten guten Hoffnung reussiret, zeiget ihr
an Serenissimum anderweit abgelassenes Schreiben sub N. 3. Gleichwie nun Seine
Durchlauchtigkeit diese Treustigkeit nicht wenig befremdet vorkommen, und sie
billig Bedencken gehabt, ihnen Predigern zu verstatten, auswärtiger Theologorum,
welche sie nach ihren Belieben choisiren wollen, consilia einzuhohlen, wie sie
sich gegen Seiner Durchlauchtigkeit höchste Person selbst des Binde-Schlüssels
gebrauchen sollten, da sie doch dieselbe vor ihren summum Episcopum erkennen,
und sich also billig auch erinnern sollen, daß sie den Binde-Schlüssel, als
einen Theil des Juris Episcopalis von höchstgedacht Seiner Durchlauchtigkeit
gehabt, und ohne Dero oder des von Ihro geordneten Consistorii Bewilligung,
desselbigen sich auch gegen keinen particulier eigenmächtig gebrauchen sollen,
so haben sie in dero Conseil anliegende Resolution N. 4. abfassen und selbige
denen Predigern auslieffern lassen, welchen zwar sonderlich ein und andere
darinn enthaltene und dero Conduite angehende Expressiones nicht gefallen, und
dahero selbige zu ändern verlanget, als man aber dabey Bedencken gehabt, so
haben auch sie sich damit begnügen müssen. Nun haben zwar Zeit diesen
offtgemeldte Prediger nichts weiter schrifftliches eingeben, alleines gehet kaum
eine Predigt vorbey, da sie nicht entweder diese Sache berühren, oder des Herrn
Hertzogs Durchlauchtigkeit per indirectum anzapffen, welches wenn es gleich den
ungestandenen Fall erlaubet wäre, sie die Prediger dennoch darinn eine
unzuläßige Conduite führen, daß sie dergleichen Dinge itzo auf die Cantzel
bringen, da sie doch wissen, daß höchstgedacht Seine Durchlauchtigkeit in S.
sich befindet, und also vergewissert sind, daß dieselbe in die Kirchen, wo sie
predigen, nicht kommt, und also vorhero wissen daß auch ihre Predigten en egard
Seiner Durchlauchtigkeit den etwa von ihnen darunter gesuchten Zweck nicht
erhalten mögen, sondern nur die übrigen Zuhörer, als welche doch diese Sache
nichts touchiret, unruhig machen; ja es gewinnet das Ansehen, als wenn auch
andere Prediger im Lande von ihnen hierinn ein Exempel nehmen wollten: es ist
demnach die Frage: 1.) Wie weit ein Prediger gegen seinen Landes-Herrn, welcher
zugleich summus Episcopus mit ist, sich
|| [107]
des
Binde-Schlüssels gebrauchen könne und dürffe? 2.) Wie und welchergestalt des
Herrn Hertzogs Durchlauchtigkeit als ein Christlicher Regente gegen seinen
Hof-Prediger und Hof-Caplan zu verfahren befugt, zumahl wenn selbige ihre
bißhero geführte Conduite continuiren solten?
§. III. Nachdem sich auch die vorstehende species facti auf vier(Erste Beylage zu voriger specie
facti.) Beylagen bezogen, als folgen dieselben nunmehro, und
bestand die erste in einen sehr scheinheiligen Schreiben das vorhergemeldete
zwey Prediger sub dato 1. Sept. 1705. Serenissimo überschickten, und welches von
Anfang zu Ende, unter den Praetext der göttlichen Ehre und der Seelen Heyl zu
befördern mit starcken Reliquien des politischen Pabstthums angefüllet, wiewohl
die Autores desselben in so weit in etwas zu entschuldigen waren, weil sie es
aus ihren Consiliis Wittebergensibus, Dedekenni. und dergleichen, oder von ihren
Professoribus Academicis nicht anders gelernet hatten.
Von denen, die in Ew. Hochfürstlichen Durchl. hohen Nahmen(Scheinheiliger aber mit Brocken des politischen
Pabstthums angefüllter Brieff der beyden Prediger.) mit uns wegen der,
der Durchlauchtigsten Printzeßin proponirter Heyrath mit einem
Römisch-Catholischen Könige, und der dahey conditionirter Religions-Ender- und
Verleugnung handlen und reden müssen, haben wir, wie mit unterthänigsten
Respect, also auch mit grosser Betrübnüß unserer Seelen verstanden, daß Ew.
Hochfürstl. Durchlauchtigkeit von verschiedenen vornehmen Theologis darinn
Beyfall haben sollen, daß sich höchst vorgemeldte Printzeßin um sothaner Heyrath
willen salva conscientia & salute aeterna zu der Römischen Religion wohl
begeben könne, und daß wir Prediger und Seelensorger darwider unser Amt an die
liebe Printzeßin nicht thun sollen noch können, indem uns aller access zu
derselben gewehret, und angedeutet ist, wir solten sie nicht irre machen, so
lieb uns wäre schärffere Verordnungen zu vermeiden, und als wir uns hierinn
nicht finden könnten, dieweil wir die theure Seele nicht irre zu machen,
sondern, da sie irre gemacht seyn möchte, Amt- und Gewissens-mäßig suchen im
Glauben zu stärcken, wormit wir nicht wie Ubelthäter einige Straffe, sondern als
treue Diener völlige Approbation und Assistenz, wie von allen Liebhabern der
Wahrheit, also besonders von unserer Evangelischen Obrigkeit meritiren: und
demnach des dem Allerhöchsten und nechst ihm Ew. Hochfürstlicher Durchl.
schuldigen auch theuer beschwornen Gehorsams eingedenck, diese Seele zu retten
trachteten, und uns dazu bey denen nechsten hohen Angehörigen, hey welchen sich
mehr hochgedachter Printzeßin
|| [108]
Durchlaucht aufhalten,
unterthäniglich anmeldeten, sind wir zum Theil abgewiesen, zum Theil mit der
Antwort abgefertiget etc. Ew. Hoch fürstliche Durchl. als Groß-Herr-Vater hätten
alle Macht alleine, und wolten alle besorgete Sünde und Verantwortung auf sich
nehmen. Welches alles wir mit jenem Knechte Luc. 14, 21. unsern Herrn, der uns
gesandt hat, mit betrübten Hertzen und thränenden Augen geklaget, und ihn um des
Willen, der alle unsere Sünde auf sich genommen, gebethen haben, daß er solche
in GOttes Wort nicht gegründete, noch von den Aposteln bey Bekehrung der
Völcker, wohl aber von Römischen Meß-Priestern und Missionarien frequentirte
Praxin und Methode die Protestanten zu ihrer Religion zu bereden, weder Ew.
Hochfürstlichen Durchl. noch andern, die etwa auf solchen Trieb-Sand fremder
Verantwortunge und menschlicher Meynung bauen möchten, zurechnen, sondern
gnädiglich verzeihen, und sie auf den Grund der Apostel und Propheten, da JEsus
Christus der Eckstein ist, befestigen wolle! Denn so Petrus die Christen nicht
so sehr auf seine Erfahrunge, Offenbar- und Erscheinunge auf dem H. Berge,
sondern vielmehr auf das beschriebene Prophetische Wort gebauet hat, sagend: Wir
haben ein fester (firmiorem sermonem) Prophetisches Wort, und ihr thut wohl, daß
ihr darauf achtet, 2. Pet. 1, 9. vielweniger mag man auf jemandes Opinion und
Verantwortung, und, wie man sagt, auf eines andern Füssen sicher und feste
stehen; da man nicht wissen kan, ob der, wenn gleich dem Scheine nach,
heiligster und weisester Theologus werde seelig oder verdammet werden. Daß aber
Evangelische und zwar verschiedene vornehme Theologi diese Opinion hegen, es
könne eine in Evangelischer Wahrheit aus GOttes Wort gründlich unterrichtete und
vor 1 1 / 2 Jahren unter dem Gebet und Anruffung GOttes nach beweglichst
abgelegten öffentlichen Glaubens-Bekänntnüß mit vielen Thränen darinne
confirmirte Printzeßin ex causis secularibus, salva conscientia aeternaque
salute davon zu dem aus GOttes Wort irrig erkannt- und bekannten Pabstthum
abtreten, das befremdet uns so vielmehr, als weniger uns noch zur Zeit ein
einiger (wollen nicht sagen, vornehmer) Theologus unserer Kirchen, wie moderat
er auch mag gerühmet werden, in scriptis bekannt ist, der so sentiret. Nicht zu
gedencken, daß wir durch GOttes Gnade in unserer Evangelischen Lutherischen
Kirche dergleichen Exempel von einer also abgefallenen Printzeßin, so viel uns
wissend ist, nicht haben, und ob wir schon ein und das andere hätten, würde dem
Gewissen damit nicht gerathen, weil alle Exempel den Reguln unterworffen sind,
und also in moralibus keine
|| [109]
Regel machen; doch würde
es diesen Abfall, den GOtt verhüten wolle, exaggeriren, als der bey uns sine
exemplo ist, und wie wir es in GOttes Wort an Nadab, Abihu, Usa, u. a. m.
finden, daß das erste Sünden-Exempel in einer gewissen Sünden-Art offt vor
andern exemplariter bestraffet ist, dahero desto mehr Unseegens und Straffe zu
fürchten ist, daß dergleichen Theologi und Suasores grössere Schuld und Sünde
haben würden. Weil wir aber, gnädigster Fürst und Herr, unsere Seele und
Gewissen dabey mit GOit zu retten gedencken, und unsern theuer beschwornen
Pflichten nach, nichts dessen zu unterlassen, was mit Vermahnen, bitten, flehen,
und warnen, mit straffen und binden unsers hohen, göttlichen und von GOTT allein
dependirenden Amtes ist: So gelanget an Ew. Hochfürstliche Durchl. als unsern
wie von Gnade und Recht hochberühmten, also auch von dem Eyffer für die
Lauterkeit der Evangelischen Lehre aus dero Glaubens-Bekänntnüß und Edict
weltbekannten gnädigsten Fürsten und Herrn und SUMMUM EPISCOPUM derjenigen
Kirchen, die von Babel ausgegangen sind, unsere durch GOtt weh- und demüthigste
Bitte, 1.) Uns als Diener Christi und Haußhalter über GOttes Geheimnüsse in
dieser hochangelegenen Lehr-Heyls-Religions- und Gewissens-Sache zu hören, daß
GOtt Ew. Durchl. auch höre! Dero hohe Obrigkeitliche Gnaden-Hand, Schutz und
Beystand unserm Amte und der Sache, so GOttes ist, nicht zu versagen, noch uns
zu wehren, das von unserer Heerde und Hut getrennte Schäflein zu suchen und auf
die rechte Weyde zu führen, auch 2.) der obgedachten verschiedenen vornehmen
Theologorum Responsa uns gnädigst zu communiciren, auf daß mit Conferirung ihrer singulairen
Opinion mit der gemeinen Lehre unsrer Kirche und
Kirchen-Lehrer, und Untersuchung beyderseits gebrauchten Argumenten, die
Wahrheit, die wir allemahl zu weichen und zu folgen erböthig, und schuldig sind,
destomehr befördert und befestiget, GOttes Ehre und das Heyl der Seelen, als der
einige Zweck der wahren Christen, erreichet werde: auch wir wissen mögen, wie
wir, nachdem selbige Responsa gegründet oder nicht seyn
werden, in unsern Amts-Verrichtungen, als predigen, absolviren, communiciren,
uns zu halten haben, wie es Ew. Hochfürstlichen Durchl. samt übrigen hohen
Interessirten, auch uns unwürdigen Dienern GOttes vor diesem unser aller HErrn,
vor der reinern Kirchen, im Gewissen und in der letzten Todes-Stunde
unverweißlich ist. Ew. Hochfürstliche Durchl. versichern wir vor dem Richter
aller Welt, daß
|| [110]
wir so treu wir ihm, dem
Allerhöchsten, mit seiner Hülffe zu verbleiben und seine Wahrheit biß in den Tod
zu vertheidigen gedencken, so getreu auch Ew. Hochfürstlichen Durchl. als unserm
gnädigsten Landes-Vater und Herrn ohne Heucheley in göttlicher Wahrheit und
unterthänigster Devotion entschlossen sind zu beharren und zu sterben etc.
(Andre Beylage.)
§. IV. Die andre Beylage ware eine kurtze Beantwortung auf zehen Fragen, die alle
darauf abzieleten: ob man in der Catholischen Religion, sonderlich wenn man
dahin ab oder übertrete seelig werden könte, die der kurtz vorher verstorbene D.
Friedrich Ulrich Calixtus solte verfertiget haben, welche man zweiffels ohne
deswegen denen beyden Predigern communicirte, damit dieselbe nicht Gelegenheit
nehmen solten, durch Communication eines Responsi, das in dieser Sache andre
damahls noch lebende Theologi gegeben, denselben auf den Hals zu fallen und sie
bey andern zu diffamiren.
(F. U. Calixti Beantwortung 10. Fragen, von der Seeligkeit
in der Catholischen Religion.)
1.) Quaestio. Ob die Römisch-Catholische Kirche eine wahre Christliche Kirche
sey, und man darinn seelig werden könne Rs. affirmative ad utrumque
quaestionis membrum. Die hierinn gezehlende Evangelische Theologi werden in der
Beylage sub Lit. A. allegiret (aber diese Beylage ist nicht mehr vorhanden) daß
die Römisch-Catholische Kirche eine wahre Christliche Kirche sey, in welcher man
könne seelig werden, solches haben auch einige Evangelische Theologi erkannt und
bekannt. Als nehmlich der seelige D. Georg Calixtus in Respons. ad Celsiss.
Hassiae Landgravium Ernestum, und D. Henr. Höpfner ein Sächsischer auf der
Universität Leipzig herühmter Theologus. Und wenn die Römische-Catholische
Kirche in der That und Wahrheit keine wahre Kirche solte gewesen seyn, so müste
nothwendig daraus folgen, daß in vielen Seculis vor den Zeiten der Reformation
keine wahre Christliche Kirche in der gantzen werthen Christenheit gewesen wäre.
2.) Ob die Römisch-Catholische Kirche ein Theil der Catholischen oder allgemeinen
Kirche seye Rs. affirmative, diese affirmatio aber fliesset aus der Antwort
auf die erste Frage: denn so ferne die Römisch-Catholische Kirche eine wahre
Christliche Kirche ist, darinn man seelig werden kan, so muß sie ohnfehlbar
universalis oder Catholicae Ecclesiae pars seyn, quia extra hanc Ecclesiam nulla
est salus.
3.) Ob die Irrthümer der Römisch-Catholischen Kirche den Grund des Glaubens
umstossen Rs. negative. Rationes negandi yide sub Lit. C. (diese Beylage ist
auch nicht vorhanden) die Ab
|| [111]
lehnung der
Beschuldigung, daß die in die Römische Kirche eingeschlichene Jerthümer den
Grund der Seeligkeit umstossen, gründet sich auf vorhergesetzte Fundamenta und
substernirte Hypotheses. Denn wenn sie eine wahre Christliche Kirche ist, so
müssen derselben Errores den Grund des Glaubens nicht umstossen, weil sie sonst
keine rechte Christliche Kirche bleiben würde. Denn obschon eine wahre
Christliche Kirche nicht alle Irrthümer excludiret, so excludiret sie dennoch
die Irrthümer, welche der Beschaffenheit, daß sie den Grund des Glaubens und die
anhangende Seeligkeit sollten umstossen.
4.) Ob die in der Römisch-Catholischen Kirche Sterbende auf das Verdienst ihrer
eigenen Wercke, oder auf das Verdienst Christi verwiesen werden Resp. Allhier
findet sich ein mercklicher Unterscheid inter doctrinam & praxin, wenn
man auf das erste reflectiret, so wäre negative zu antworten, in praxi aber
findet sichs gantz anders, und die insgemein so beschaffen, daß man in deren
Absicht die negativam in eine affirmativam verwandlen muß.
5.) Ob man Wallfahrten gehen, Fasttäge halten, sich mit dem Creutz zeichnen, das
Weyhwasser nehmen, und andere dergleichen bey ihnen übliche Ceremonien
verrichten könne Resp. distincte: wenn sie pur indifferent, die man thun oder
lassen könne, gehalten werden; so schaden sie der Seeligkeit nicht,
höchstschädlich aber sind sie, wenn solchen Ceremonien vis meriti, daß die
Seeligkeit damit zu verdienen stehe, solle tribuiret und zugeeignet werden.
6.) Ob die Priester der Römisch-Catholischen Kirche einen Beichtenden recht absolviren Resp. Ja. Die Pontisicii statuiren, daß
die Priester potestate judiciali, die unsrige, daß sie potestate ministeriali
absolviren. Aus jenem folget, daß sie als judices, von den Sünden der Menschen
weder ein Judicium fällen, noch proportionirte Satisfactiones canonicas
injungiren könten, wenn die Sünden mit allen ihren circumstantien ihnen nicht
solten kund gethan werden.
7.) Ob eine Evangelische Printzeßin aus hochwichtigen und der gantzen
Christenheit zum Vortheil kom̅enden Ursachen sich mit einem
Römisch-Catholischen Herrn auf diese Weise ehelich versprechen könne, daß sie
von ihrer zu seiner Religion, weil sonst die Mariage
nicht geschehen könnte, tretten wolle Rs. Hierauf kan man nicht gleich mit ja
oder nein antworten, denn es ist nicht zu rathen, daß ein der Evangelischen
Religion zugethanes Haupt von einer reinern Kirche zu einer unreinern
schlechterdinge treten sollte. Es
|| [112]
könnten aber die
ins Mittel gestellte hochwichtige und der gantzen Christenheit zu Vortheil
kommende Ursachen, einem solchen Rathgeber endlich zu statten kommen,
allermassen alle actiones humanae oder alles menschliche Beginnen und
Unternehmen in Dei gloriam & proximi commodum dirigiret werden müssen;
nun gereichet auch dasjenige, wodurch des Nechsten Wohlfahrt befördert wird, zu
GOttes Ehre. Wäre man dann versichert, die von einer hohen Person geschehene
Annehmung des Römisch-Catholischen Glaubens, nicht zu eines, sondern viel
millionen Menschen, ja der gantzen Christenheit Vortheil und Nutzen gereichen
würde, so könnte die Christliche Intention ein so grosses Heyl zu stifften und
zu befördern, einen solchen Consulenten von aller Blame retten, und er selbst
sein Gewissen dadurch befreyen, daß GOttes Ehre unfehlbar befördert werde, wenn
durch den Verlust eines so precieusen Kleinods aus der Crone der Evangelischen
Kirche, eben diese Kirche einen fürtrefflichen Schutz und Schirm wieder
bißherige harte Proceduren gewinnen würde; bevorab, wenn man der sichern
Hoffnung leben sollte, daß durch ein solches extraordinaires Mittel eine Bahn
zur Christlichen Toleranz der Evangelischen Kirche im gantzen H.
Römischen-Ungarischen- und mehrern Reichen könte geleget werden.
8.) Ob sie nicht an ihrer Seeligkeit periclitire, wenn
sie eine Religion annimmt, die sie nicht für wahr hält Rs. sie periclitiret
nicht, falls sie nicht wieder besser Wissen und Gewissen dasjenige, was sie für
wahr hält, als unwahr schilt, und die Wahrheit geflissen verbirgt, und derselben
widerspricht.
9.) Ob die in der Römischen Kirche das Abendmahl zu Trost ihrer Seelen, und zu
dem Ende, um deswillen es eingesetzet worden, empfangen, indem sie den
gesegneten Kelch nicht empfangen, noch durch die Dispensation des Pabsts empfangen können Rs. affirmative. Denn der
Endzweck und die Würckung des H. Abendmahls ist die Erinnerung oder Erneuerung
des Gedächtnüsses und dann die Zueignung des Leidens und Sterbens Christi zu
Stärckung unsers Glaubens. Dieser keines wird durch die Beraubung des Kelchs
aufgehoben, sondern bleiben beyde in ihren vigor und Stand, weil nicht durch die
Niessung des Kelchs sondern durch den Glauben wir den Verdienst des Leidens und
Sterbens Christi uns appliciren. Vide lit. H. (aber diese Beylage ist auch nicht
vorhanden.)
10.) Ob eine zur Römisch-Catholischen Religion tretende hohe Person das
Glaubens-Bekänntnüß derselben Kirche
|| [113]
thun und
beschweren könne, indem sie sich solchergestalt erklären muß, die Ohren-Beicht,
das Feg-Feuer, die Anruffung der Heiligen, 7. Sacramenten, die Infallibilität des Römischen Pabsts etc. zu gläuben
Rs. Eine andere Bewandnüß hat es mit dem Glauben, eine andere mit der Praxi,
oder Ausübung, der Glaube ist vor Menschen Augen verborgen, was man aber
practiciret oder thut, solches ist anderer Menschen Wissenschafft und Urtheil
unterworffen; die Ohren-Beicht und Erzehlung aller Sünden ist zwar zur
Seeligkeit nicht nöthig, doch auch nicht schädlich. Und ist unter den Papisten
die gemeine Sage, daß man den Pfaffen ein mehrers nicht, als er wissen soll,
sagen müste. Das Feg-Feuer hält sich indifferenter, wer es gläubt, leidet an der
Seeligkeit so wenig Schaden, als der, welcher es nicht gläubet. Die Anruffung
der Heiligen ist zwar vergeblich, jedennoch lieget darunter keine Idololatrie
verborgen, wenn sie nur nicht um etwas, welches GOtt allein geben kan,
angeruffen werden. Der Streit von der Zahl der Sacramenten laufft auf einen
Wort-Streit hinaus. Die Infallibilität des Pabsts ist
wohl eines von denen Dingen, welche im Pabstthum hervorleuchten; allein ich habe
ihrer viel in Italien gekannt, welche dieselbe nicht glaubten.
§. V. Die beyden Prediger hatten obige andre Beylage, und die(Dritte Beylage.) eigenhändige Hochfürstliche
Resolution nicht so bald erhalten, so wurden sie noch muthiger und vermeyneten,
man fange an, sich etwas für sie zu fürchten; also brachen sie nun alsbald in
einen neuen Schreiben sub dato 4. Septembris 1705. aus, in welchen sie denn ihre
Intention eröffneten, die bißhero in unserer Lutherischen Kirchen leider
überbliebene plumpe und handgreifliche Reliquien des politischen Pabstthums
unter den so genannten Binde-Schlüssel an ihren Fürsten auszuüben, zuförderst
aber, um denen Unverständigen eine blaue Dunst vorzumachen, den Beyfall vieler
andern ihnen gleichenden Gern-Päbste, (davon damahls noch alles allenthalben
voll gribbelte und wibbelte) vorher einzuhohlen.
Ew. Hochfürstliche Durchlauchtigkeit auf unser unterthänigstes(Anderer Brieff der beyden Prediger, darinnen sie more
Papizante, mit der) zweyfaches Petitum
den 2. Septembr. mit eigener Hand abgefassete Resolution ist uns folgendes als
gestriges Tages worden, daraus wir mit unterthänigstem Respect ablesend
vernommen, daß uns quoad 1) der betrübte Bescheid werde gegeben: Es sey solch
unser Begehren (die Printzeßin zu sprechen, und mit GOttes Wort zu stärcken)
impracticable. Ob wir nun zwar unsers geringen Orts nicht finden können, wie und
warum das impracticable sey, was weder naturaliter noch vielweni
|| [114]
ger
(Thüre ins Haus fallen.) moraliter unmöglich
sondern vielmehr heilig, gerecht und hochnöthig ist, nehmlich ein von unser
Heerde verirretes Schäflein suchen, so müssen wir es doch, weil wir wider die
äuserliche Macht und Gewalt nichts mehr können, als seuffzen und bethen, GOtt in
Christlicher Gedult anheimstellen, und ihn bitten, daß Er Ew. Durchl. die
schwere Sünde zu erkennen gebe. Quoad 2) wird uns zur Resolution ertheilet: Es
sey solches (daß uns die Responsa der vornehmen Theologorum communiciret werden)
noch zur Zeit zu früh; doch könne uns des seeligen Calixti Gutachten
communiciret werden, der ein berühmter, Christlicher und gewissenhaffter
Theologus gewesen, und gar sanfftmüthige Gedancken hiervon gefähret. Wir dancken
für die gnädigste Communication dieses Calixtinischen Responfi unterthänigst,
bedauren aber dabey, daß wir die übrigen gar nicht, dieses des Calixti Responsum
aber nicht gantz, sondern verstücket zu sehen bekommen, da alle Beylagen fehlen,
darinn die Probationes, Limitationes, Restrictiones, Conditiones &
Observationes, daran am meisten gelegen ist, enthalten sind. In dem uns gnädigst
communicirten sind keine gewissen vergnügende Argumenta, keine Allegata aus denen Confessionibus
Ecclesiasticis, noch auch aus der heiligen Schrifft, und dergleichen
hieher gehörende Fundamenta, sondern Privat-Meynungen und blosse Dicentes
einiger Italiäner, welche die Infallibilität des Pabsts nicht glauben, und
derer, die da sagen, man müsse dem Pfaffen in der Ohren-Beichte nicht mehr
offenbahren, als sie wissen solten: welches wohl ein profanes Gemüth zu Tage leget, aber keinen bündigen Schluß und Einfluß auf
die Frage giebt: Ob ein Evangelischer mit gutem Gewissen Päbstisch werden könne,
und was er in der Päbstischen Kirche gläuben und thun müsse? wozu warlich mehr
gehöret, als eines und des andern privat-Meynung, daß wir nicht sagen, der
Welschen Atheisten Spötterey, welche eines so wenig gläuben, als das andere. Die
übrigen Rationes sind so beschaffen, daß man, wenn dieses Responsum aus dem
Winckel der bißherigen Verborgenheit dereinst möchte ans Licht geführet werden,
kaum glauben wird, daß es eines so berühmten Christlichen und Gewissenhafften
Theologi Werck sey, welches wir in kurtzen, ob GOtt
will, gründlich darthun, und Calixtum ex Calixto, aliisque Calixto nec scientia
nec conscientia inferioribus Theologis verlegen wollen. Vorleuffig beziehen wir
uns auf das, von der Frau A. Hochfürstlichen Durchlauchtigkeit noch habendes
Responsum des seeligen Speneri, der ein recht
Grund
|| [115]
gelehrter, frommer, moderater, und
Gewissenhaffter Theologus gewesen, und mit so grossem Eyffer als Sanfftmuth den
Abfall einer hohen Person zum Pabstthum um einer Heyrath willen, als eine
verdammliche Sünde, ja aller Sünde und Greuel im Pabstthum Ursache wiederrathen,
und dabey die Schrifft und andere Gründe also angeführet hat, daß Ew.
Hochfürstliche Durchlauchtigkeit bey Vergleichung des Calixtinischen mit dem
Spenerischen Responso gewißlich dieses viel besser mit GOttes Wort und sonst
gegründet, einfolglich gewissenhaffter finden werden. D. Calixtus selbst lehret
viel anders in denen durch den öffentlichen Druck publicirten Schrifften, als
dieses schrifftliche Responsum will, das seinen Nahmen führet. Er hat anno 1658.
seines seeligen Vaters Orationes von dem Römischen Pabst, daß der der
Anti-Christ sey, drucken lassen, da Vater und Sohn darinne eines sind: man solle
die Leuthe vermahnen, daß sie sich (dieß sind Worte des Sohnes Frid. Ulrici in
der Praefation) dem Pabst nicht unterwürffig machen, und die ihm unterworffen
sind, sollen sein Joch abwerffen, und (wie des Vaters Georgii von seinem Sohn
approbirte Worte lauten) daß keiner, der Christum lieb hat, unter dem
Anti-Christ seyn, noch einige Religions-Gemeinschafft mit dem Pabst haben könne,
sondern falls er als ein Maul-Christ nicht bloß mit dem Munde Christum bekennen,
und verdammet werden wolle, müsse er lieber an das Ende der Welt gehen, als
ichtswas in Glaubens-Sachen mit ihm gemein haben. Item in append. 2. ad Ernestum
Landgravium p. m. 57. seq. giebt er zwar zu, daß die Römische Kirche in so weit
ein Theil der wahren allgemeinen Kirche sey, als einige darinn gebohrne und
erzogene um ihrer unüberwindlichster Unwissenheit willen per meram ignorantiam,
quam excutere nequeunt, nach dem Zustand der Leute, Zeiten und Oerter vor GOtt
Gnade finden mögen; wem es aber besser wissend sey, der könne solchen irrigen
Wesen ohne Verletzung des Gewissens und ohne Verlust der Gnade GOttes nicht
beypflichten. Ew. Hochfürstlichen Durchlauchtigkeit hochvernünfftiger
Dijudicatur überlassen wir unterthäniglich, wie dieß gedruckte mit dem
geschriebenen Calixtinischen Consilio überein komme? und welches von beyden, ob
das im öffentlichen Druck so viele Jahre bekannt gewesenes von der Kirchen vor
bekannt angenommenes und wohl bewehrtes, oder das ans Licht noch zur Zeit nicht
getrettene, noch mit einigen erheblichen und trifftigen Gründen beglaubetes, non
pro mundi gloria similive regula transeunte, sed pro conscientia &
salute aeterna salvanda das sicherste, und von dem, dem sein Heyl und
|| [116]
Christenthum ein Ernst ist, zu praeferiren sey? und
ob es nicht, nach den Calixtinischen Principiis selbst vor unrecht und schwere
Sünde zu halten, wenn man sein Kind aus der reinen in eine unreine Kirche gehen
lässet, obgleich diese eine Christliche Kirche ist? sintemahl sie nicht eine
wahre Kirche ist, (der Schul-Wörter, da es heisset, sie sey zwar entitative aber
nicht moraliter vera Ecclefia, enthalten wir uns mit Fleiß) in Ansehung der
falschen Lehre des Pabsts, Cleri und aller derer, die dem Römischen Pabst und
Clero in dem, was sie irrig erkennen, anhangen, wie die thun, die zu der
Römischen Kirchen von uns um Ehre und zeitlicher Dinge willen übergehen, quia
per fidem in esse membrorum Ecclesiae constituimur, so können die welche vom
Glauben abtretten, und anhangen den verführischen Geistern, zur wahren Kirchen,
die wir im dritten Haupt-Articul bekennen, nicht gerechnet werden, sondern die
Römische Kirche ist eine wahre Kirche in Ansehung 1.) der getaufften Kinder 2.)
der Märtyrer und Zeugen der Wahrheit vor denen blutigen Inquisitions und
dergleichen (nicht von den sanfftmüthigen Geist Christi sondern von den
grausamen Lügen- und Mord-Geist) dirigirten Gerichten, 3.) in Ansehung der
Einfältigen, die es nicht besser wissen, auch keine Gelegenheit haben hinter dem
Betrug und Irrthum zu kommen, 4.) derer die im verborgenen die Päbstische Greuel
befeufftzen, doch nicht Muths genug haben, Blut und Gut daran zu wagen, und
obwohl diese vor dem Creutz Christi fliehen, welches auch eine Art der
Verleugnung Christi ist, wie Paulus lehret, wenn er das Dulden und Verleugnen
einander entgegen setzet 2. Tim. 2, 12. dulden wir, so werden wir mit herrschen,
verleugnen wir, so wird er uns auch verleugnen; so möchte doch noch manchem, wie
dem verleugnenden Petro, Barmhertzigkeit wiederfahren. Obgleich nicht zu leugnen
ist, daß die 2. letzten Classen, wie nicht ohne Hoffnung, also auch nicht ohne
Gefahr ihrer Seeligkeit seyn. Aber welche Hoffnung bleibet denen, die, nachdem
sie einmahl erleuchtet sind, muthwillens abfallen? so wir muthwillig sündigen,
nachdem wir die Erkänntnüß der Wahrheit empfangen haben, haben wir förder kein
ander Opffer mehr vor die Sünde Hebr. 10, 26. Wie kan sich darauf, daß noch
einige in der Römischen Kirche erzogene seelig werden, in derer Ansehung diese
Kirche für eine wahre Kirche gehalten wird, einer von uns vermessen, die Gefahr
lieben, GOtt versuchen, die Kirche ärgern, und eine wahrhafftige Abgötterey
begehen, indem er GOtt und sein Wort nicht über alles, sondern die Welt und
Lügen über jene liebet.
|| [117]
Alldieweil wir nun gnädigster Fürst und Herr, dem, was wir also aus GOttes Wort
überzeuget sind, auch lehren und predigen, ipso facto nicht contradiciren
können, noch bey Verlust unserer Seeligkeit dürffen, und noch zur Zeit in dem
elenden und recht als aus dem Stegreiff abgefasseten Responso ein anderes nicht gefunden haben: so werden Ew. Hochfürstliche
Durchlauchtigkeit nach Dero hocherleuchtetem Verstande gnädigst erkennen, daß
wir bey Administration des H. Abendmahls uns fremder
Sünde nicht theilhafftig machen können, sondern vielmehr gnädigst zu frieden
seyn, (damit wir um so viel mehr vor der Welt von dem Verdacht eines unzeitigen
Eyffers und Eigensinnes vor GOtt aber vom bösen Gewissen uns befreyen mögen) daß
wir diese hochwichtige das Heyl so vieler Seelen concernirende Sache etwa folgendergestalt mit einigen Theologischen
Facultäten und Collegiis communiciren: Ob Constantinus,
ein Evangelischer Landes-Herr, könne würdiglich communiciren, non obstante praxi & opinione ista, nach welcher er haben
will, daß seine Neptis um einer Heyrath willen, von der
aus GOttes Wort gründlich erkannter und vor 1 3/4. Jahren bey solenner Confirmation unter und mit Anruffung
des Nahmen GOttes beweglichst bekannter Wahrheit, zu der Römischen Kirche
übertretten soll, dawider er weder schrifftmäßige Remonstrationes der Lehrer, noch ihr und der b. E. Bitten und Thränen
achtet, sondern vielmehr sagt, er wolle alle von jenen besorgte Sünde und
Verantwortung auf sich nehmen. 2.) Wie sich des Constantini Prediger sonderlich bey der Communion
und Absolution auch öffentlichen Elenchi halber zu verhalten haben welches Ew. Durchlauchtigkeit zu
gnädigst verlangter Explication, das, was wir von dem Binde-Schlüssel gedacht,
nicht verhalten sollen, GOtt von Hertzen bittende, daß er sich über Ew.
Durchlauchtigkeit die liebe Printzeße und uns, die wir inter sacrum &
saxum stecken, und dieß leiden müssen, damit wir jenes, so viel an uns ist,
retten, in Gnaden erbarmen, seine Hand von uns nicht abziehen, noch uns
verlassen wolle, sondern unsere Hertzen neigen zu ihm, daß wir wandeln in allen
seinen Wegen. Die wir also beharren &c.
§. VI. Aber die guten Herrn machten damit ihre Sache nur(Die vierte und letzte Beylage.) schlimmer. Weil
des Serenissimi Gnade und Güte männiglich bekant war, meineten sie, sie wolten
einen Ludovicum Pium, der sich von
|| [118]
der Clerisey auf
dem Maul trumpen liesse, oder einen Henricum Sanctum, der sich bereden ließ, der
Teuffel wäre in Jägers Gestalt aus seiner Gemahlin Kammer herausgangen, an ihrer
Durchl. finden. Sie wurden aber nicht wenig bestürtzt, als sie so unvermuthet
folgendes den 10. Septemb. 1705. datirtes Rescript erhielten. Und ist wohl
leichtlich zu vermuthen, daß ihnen dieses nicht alleine eben so empfindlich war,
als wenn ungezogene Kinder unversehens von ihren Herrn Praeceptor auf die Finger
geklopfft werden, sondern auch daß sie leicht vorher sehen konten, daß es
hierbey nicht bleiben dörffte. Das Rescript lautete also:
(Rescript das denen Predigern ihren Unfug vor Augen legt.)
Der Durchlauchtigste Fürst und Herr, etc. etc. haben nicht ohne Befremdung
ersehen, was bey ihnen dero Hoff-Prediger und Hoff-Caplan in einer gewissen,
untern 4ten hujus eingelangten mit verschiedenen taxativen und dem Ihro
schuldigen Respect zuwiederlauffenden expressionen angefülleten Schrifft
vorstellen wollen; gleichwie nun höchstgedacht Ihro Durchl. denenselben
zuförderst ihren Unfug hierdurch ernstlich verweisen lassen, und so viel den
Inhalt sothaner Schrifft betrifft, keinesweges gestatten können, daß über die
darinn aufgeführte Frage, bevorab bey denen mit eingemischten unerfindlichen
Umständen, auswärtiger Theologorum judicium eingehohlet werde; also lassen sie
denenselben bey Vermeidung Dero Ungnad und anderer unbeliebiger Verordnung
hiermit anbefehlen, sich dessen gäntzlich zu enthalten, und über die erwehnte
Frage zu Ihrer Durchl. Verunglimpffung und Verkleinerung sich in keine
Communication oder Schrifft-Wechselung mit jemanden einzulassen, gestalt dann
Ihre Durchl, nachdemmahlen sie wahrgenommen, daß die bemeldte Prediger ihnen
dabey einen Zweiffel in ihren Gewissen machen, sie auf etwas, so sie nach
selbigem unverantwortlich zu seyn vermeynen, keinesweges zu ziehen gemeynet
seyn, auch solchemnach wegen Erwehlung eines andern Confessionarii nechstens
Ihre Entschliessung fassen werden, und es also der Erörterung sothaner Frage zu
Beruhigung mehrgemeldter Prediger ihrer Conscienz nicht bedürffen wird; wobey
sie dann dieselbe hierdurch ferner erinnnern lassen, auch bey ihren Predigten
(um so vielmehr, da die zu dieser Vorstellung Anlaß gegebene Sache noch zur Zeit
auf der Ungewißheit beruhet, Ihro Durchlaucht auch vorhin allschon declariret,
daß ob sie zwar der göttlichen Schickung darunter ihren Lauff lassen, Ihres Orts
aber dieselbe nicht befördern würden) gehörige Moderation zu gebrauchen, und so
wenig dadurch, als durch weitere schrifftliche Vorstellung Ihre Durchl. zu
beunruhigen, mit der ernstlichen Bedeutung, daß,
|| [119]
wofern sie vermeynen solten, sich hierinn nicht überwinden zu können, Ihre
Durchl. wiewohl mit dero Leidwesen sich werden gemüßiget befinden, auch was
deroselben Bedienung und Amt bey der Fürstlichen Hof-Capelle betrifft, auf eine
Veränderung bedacht zu seyn, welches sie also denenselben hiemit zur Resolution
ertheilen lassen wollen. Uhrkundlich etc. Unter Ihro Durchl. eigenhändigen
Unterschrifft und beygedruckten Fürstlichen Geheimden Cantzley-Secrets.
§. VII. Ich machte mich nach Erhaltung der speciei Facti alsbald(Mein ausführliches Responsum.) darüber, und verfertigte bey meiner ordentlichen Arbeit
zwischen den 1. und 14. Novembris folgendes Responsum, welches nicht alleine
darinnen von dem damahls gedruckten Responso differiret, daß, wie schon oben §.
1. gemeldet, das völlige Responsum auf alle beyde Fragen und der darzu gehörige
Eingang darinnen enthalten, sondern auch, daß andere Passagen (wann z. E.
etliche allegirte Autores daselbst vergessen, oder durch Auslassung etlicher
Zeilen der Sensus ware undeutlich gemachet worden) allhier emendiret zu
befinden, wie der Leser alsbald sehen wird, wenn er in dem damahls gedruckten
Responso z. E. p. 3. 4. 144. und 164. circa finem mit gegenwärtigen Responso
zusammen zuhalten belieben wird. Und weil im übrigen bey dem damahls gedruckten
Responso keine summarische Marginalia zu befinden, sondern nur in genere wo die
rationes dubitandi & decidendi, ingleichen die responsiones ad rationes
dubitandi anfiengen, bemercket ware; als habe auch diesen Mangel allhier
suppliret, und kurtze Summarien durch und durch am Rand beydrucken lassen, damit
der Leser in einer kurtzen Zeit den Inhalt des gantzen, nach Beschaffenheit der
Sache ziemlich weitläufftigen Responsi, zum Voraus lesen und verstehen möge.
Als mir eine species Facti nebst Beylagen sub n. 1. 2. 3. 4. und(Eingang.) zweyen unterschiedenen Fragen
zugesendet, und mein rechtliches Bedencken hierüber begehret worden; demnach
erachte ich nach fleißiger Uberlegung und Erwegung aller in der Specie Facti und
deren Beylagen angeführten Umständen folgende Beantwortung, denen Regeln
gesunder Vernunfft, auch GOttes Wort und denen Gründen darauf das unschätzbahre
Kleinod des Juris circa sacra Protestirender Fürsten und Stände gegründet ist,
augenscheinlich und handgreiflich gemäß zu seyn. Die erste Frage ist: Wie weit
ein Prediger gegen seinen Landes-Herren,(Die 1. Frage.
Zweifel für das Recht des Binde-Schlüssels.) welcher zugleich summus Episcopus mit ist, sich des Binde-Schlüssels
bedienen könne Hier will es nun bald Anfangs das Anesehen gewinnen, als ob
ein Prediger befugt sey auch gegen seinen Landes-
|| [120]
Herrn, ohnerachtet derselbe zugleich summus Episcopus ist, des
Binde-Schlüssels, nach dem Trieb seines Gewissens sich zu bedienen, absonderlich
aber in solchen Fällen, da derselbe etwas begehet, das zum Praejudiz der wahren
Evangelischen Lutherischen Religion gereichet, und dem Padstthum favorisiret,
und zwar aus folgenden Ursachen. ((1.) Weil das
Geistliche Amt der Prediger von GOtt allein.) Denn 1) führen die
Prediger nicht ohne Ursach in ihren Schreiben (in der Beylage N. 1.) an, daß ihr
in vermahnen, bitten, flehen, warnen, straffen und binden bestehendes Amt ein
hohes, Göttliches, und von GOtt allein dependirendes Amt sey, sintemahl diese
Lehre fast durchgehends von denen Evangelischen Lehrern beyderley Protestirender
Religion, so wohl Theologis als Juristen angenommen und gelehret wird, daß das
Predig-Amt von Christo selbsten unmittelbahr eingesetzt sey das Wort GOttes zu
predigen, die heiligen Sacramenta zu administriren und das Amt der Schlüssel
sich zu bedienen, in welchen Amt und dessen Gebrauch sie die Prediger alleine
von ihren Haupt Christo und von keinen (Nicht aber von
weltlicher Obrigkeit dependiret.) Menschen auch nicht von weltlicher
Obrigkeit dependireten und also auch die weltliche Obrigkeit ihnen in dem
Gebrauch dieses ihres Amts nichts zu befehlen hätte, sondern wie die Apostel
vermögend gewesen aus dem Befehl Christi das Wort GOttes und das heilige
Evangelium auch wider der weltlichen Obrigkeit willen zu lehren und
auszubreiten, also hätten auch heut zu Tage die Diener des Worts vermöge
derselben unmittelbaren Einsetzung des H. Predig-Amts, insgesamt, und der
Geringe sowohl als der Fürnehme, Macht, ja sie wären solches in ihren Gewissen
zu thun verbunden, nach der ihnen von Christo fürgeschriebenen Regel ihr Amt zu
verrichten, und sich dißfalls an den Befehl der Menschen, wenn er ihren Amt
Einhält thun wolte, nicht zu kehren, noch ihre Gewissen (Sondern diese intuitu potestatis internae nur pro
brachio seculari zu achten wäre.) binden zu lassen. Es wäre zwar die
weltliche Obrigkeit befugt ihr Obrigkeitliches Amt auch in Beschützung der
ersten Taffel auszuüben, aber solches gienge nicht weiter als nur die wahre
Lehre zu beschützen, und dasjenige was treue Lehrer und Prediger in ihren
Synodis oder Conventen die Religion betreffend geschlossen hätten zu exequiren
und diesen Schlüssen beyzustehen nicht aber selbige zu corrigiren, oder ihnen zu
widerstehen. Hierzu hätte sich bald Anfangs der löbliche Kayser Constantinus
Magnus bequemet, indem er gegen die Geistlichen sich ausdrücklich erkläret, daß
ihme in euserlichen Dingen nur das Bischöffliche Amt zukomme, in der Kirche aber
gebührete es nur denen Herren Geistlichen alleine. Ob auch wohl die
Protestirenden Fürsten vorgäben, daß ihnen Vermöge des Religions-Friedens und
Friedens-Schlüsse, das Jus E
|| [121]
piscopale zustehe,
so stehe doch erstlich dahin, ob solches wahr sey; und wenn es wahr seyn solle,
stehe es dahin, ob es recht sey; und wann es recht seyn solle, wäre es nicht
anders als cum distinctione inter potestatem externam & internam, wie
dieselbe itzo erklähret worden zu verstehen, oder aber auf diese Weise, daß
denen Protestirenden Fürsten von dem Jure Episcopali zwar jura jurisdictionis
& legis Dioecesanae ac dignitatis Episcopalis zustünden, aber nicht jura
ordinis, indem es auch offenbahr, daß die protestirende Fürsten deßhalb auch
weder Predigten noch die Sacramenta administrireten, noch das Amt der Schlüssel
exercireten. Derowegen wären treue Lehrer und Prediger zwar der weltlichen
Obrigkeit unterworffen was ihre Güter, ihren Leib und Person anlangete, aber in
Betreffung ihres Amts, dörfften sie niemand als GOtt Rede und Rechenschafft
geben. Consilia Theologica Wittebergensia Part. 2. f. 129.
seq. Dedekenni Consilia Theologica Part. 1. f. 663.
item fol. 822. item fol. 851. b. Part. 2. f. 1. Carpz. Jurisp. Eccles. lib. 1. def. 1. n. 13. item defin. 4.
Mich. Havemannus de Jure Episcopali tit. 3. & 4.
qui plures pro ea sententia ibi citat ICtos. Gisb. Voetius Polit. Eccles. Part. 1. lib. 1. Tract. 2. potissimum c. 1. n. 4. p. 122.
seq. c. 2. n. 4. p. 131. cap. 3. p. 149. usque ad p. 182. Johannes
Broun in Confutatione Libertino Erastianae sententiae
Lamberti Velthusii de ministerio, regimine, & disciplina
Ecclesiastica.
Unter diesen itzo angeführten Scribenten meritiren sonderlich etliche(Nach dem Zeugnüß der Theolog. Facultät zu
Wittenberg.) Oerter, daß sie zu Bekräfftigung dieser ersten rationis
dubitandi etwas deutlicher angeführet werden, damit desto heller erscheine, daß
ich denen Autoribus in dem kurtzen Extract und Begriff derselben nichts
angedichtet. Also schreibet nun die Theologische Facultät zu Wittenberg anno
1638. in Consil. Wittenb. d. Part. 2. f. 129. seq. Es
kan von keinen rechten verständigen Christen geleugnet werden, daß regnum Politicum und dieser Welt unterschieden sey a regno Christi in his terris, hoc est ab Ecclesia, daß
auch Christus das Haupt seiner Kirchen dieselben unterschiedlich zu führen und
zu regieren und durchaus nicht zu confundiren haben
wolle. &c. Sintemahl gleichwie Christus, die Aposteln und Doctores primitiva Ecclesiae der weltlichen Obrigkeit
nicht haben wollen vorgreiffen; also haben sie auch gewolt, daß man dem Kayser
und weltlicher Obrigkeit nicht geben soll, was GOttes ist, und seiner Kirchen
zugehöret &c. Also will auch GOtt der HErr, die weltliche Obrigkeit und
Personen sollen den Geistlichen ihr Amt nicht eingreif
|| [122]
fen als Saul &c. Usia,
&c. und Usa &c. gethan. &c. Also
kan auch gantz nicht probiret werden wenn in unserer
Reformirren Evangelischen Kirchen, da wir das Päbstische Joch von uns geworffen,
Magistratus Politicus wolte similem tyrannidem üben und was der gantzen Kirche gehöret, allein zu
sich reissen, die Jura, quae sunt totius Ecclesiae, und
caetera Membra Ecclesiae, und fürnemlich die
geistliches Standes, ausschliessen. Nun aber ist das Jus
Episcopale, wie der Nahme mit sich bringt, Jus
Ecclesiasticum, als das so genennet wird, von dem, was eigentlich zu
der Kirchen gehört. Denn ja alleine Ecclesia ut talis
und nicht Respublica mundana, ut ab Ecclesia distincta est,
habet Episcopos. Uber das auch alles, was ad Jus
Episcopale gehöret, oder dahin motis
controversiis muß gezogen und daraus decidiret
werden, seyn res Ecclesiae, als die Bischöffe und
Prediger zu erwehlen, zu vociren, zu confirmiren, auf dieselbe fleißige Aufsicht haben, ob sie in ihren Amt
fleißig oder unfleißig sind, ob sie GOttes Wortrein lehren, und die hochwürdigen
Sacramenta nach Christi Einsetzung recht administriren,
ob sie ein gottseeliges oder ärgerliches Leben führen, davon nach GOttes Wort
judiciren, dem straffwürdigen poenam dictiren, ab officio suspendiren, oder
garremoviren, und andre an ihre statt ordnen und
setzen. Es gehöret auch darzu die gantze disciplina
Ecclesiastica welche aber nicht reipublicae
mundanae, sondern alleine Ecclesiae verae tertia
nota gehalten wird &c. Wenn nun dem also ist, als ist es unmöglich,
daß das Jus. Episcopale henge, oder per suam naturam hengen könne an dem Jure Politico
& territorii, denn es ja gantz ein ander Recht, von diesen
abgesondert, also gar, daß es auch ohne dasselbe bestehen und exerciret werden könne. Ja sprichstu, es ist aber nunmehro durch den
Religion-Frieden also geordnet in unsern Kirchen. Erstlich ist die Frage ob dem
also sey. Es befindet sich gleichwohl nicht weder in Passauischen Vertrage, noch
in dem Religion-Frieden, darnach wenn es auch gleich also geschehen wäre, fragt
sichs weiter obs recht sey und ob es Magistratus
Christianus mit guten Gewissen acceptiren könne
oder solle.
(Ingleichen Matthaei Judicis.)
Auf gleichen Schlag raisoniret das Responsum Matthaei Judicis so beym Dedekenno
dicta Parte I. sub titulo von heiligen Predig-Amt
num. 24. f. 821. seq. zu finden ist. Die Kirchen
Diener sind mit ihren Haab und Gütern, euserlichen weltlichen Handlungen
|| [123]
auch ihren Leib und Leben der Obrigkeit unterworffen,
und werden von derselben, wenn sie sich wohl halten, belohnet, thun sie aber
böses, gestrafft. Aber über ihr Gewissen, Glauben, Lehre und Bekäntnüß, auch
ihres Beruffs Verrichtungen lassen sie der Obrigkeit keine Gewalt, und sich
nicht vorschreiben, was und wie sie in ihren Amt handeln sollen, sondern sehen
allein auf GOtt, der über die Gewissen herrschet, und wie es mit austheilen der
Sacramenten, und dem Kirchen-Regiment solle gehalten werden, in seinem
ausgedruckten Worte befohlen. Hingegen ist die weltliche Obrigkeit mit ihren
Gewissen und Seelen dem Predig-Amt unterworffen, und ist schuldig, von demselben
GOttes Wort zu hören und anzunehmen, sich den Kirchen Satzungen zu unterwerffen,
die Sacramenta von ihnen zu empfahen, ein gottseelig Leben zu führen, andern mit
guten Exempel für zu gehen und Aergernüß zu verhüten. Nicht weniger auch Christo
Platz zu geben, der Kirchen Ausbreitung zu befördern und Nachtheil zu hindern.
Zum dritten wird auch nicht unangenehm seyn aus eben diesen(Und Tilemanni Heshusii.) Dedekenno d. l. num. 29. f. 851. folgende Worte aus einem Judicio
Tilemanni Heshusii anzuführen. Man weiß aus GOttes Wort, daß sich die
Herrschafft und Gewalt der weltlichen Regenten noch keines Menschen so weit
nicht strecke, daß er möge seines Verstands und Gefallens das Predigamt, so
alleine von Christo JEsu gestifftet, einziehen, einspannen, und auch erweitern.
Denn der Sohn GOttes gestehet keinen Regenten einiges Gebots oder Verbots in
seinen geistlichen Reiche etc. Denn da Christus sagt: Gebet dem Kayser, was des
Kaysers ist, und GOtte was GOttes ist, verbeut er dem Kayser und allen Regenten,
daß sie dem lieben GOtte in sein geistlich Reich als in eine fremde Herrschafft
keinen Eingriff thun sollen, sondern das gehen lassen, wie es GOtt verordnet
etc. Gnade GOtt dem armen HErrn Christo, wenn die Juristen, deren sich wenig um GOttes Wort bekümmern, und Hofleute, die
offte ihren Catechismum nicht gelernet haben, sollen Decreta und Beschlüsse machen, wie man die Sünde straffen, falsche Lehre
widerlegen, die reine Wahrheit erklähren, und die armen Sünder gen Himmel führen
und weisen solle. Vielmehr haben wir Prediger den Befehl von GOtt, daß wir das
Amt des Evangelii nach
|| [124]
GOttes Wortführen, und keinen
Menschen weder hohes noch niedern Standes ansehen sollen etc.
((II) Absonderlich was das Straf-Amt der Prediger betrifft.)
Da nun das Predigamt der weltlichen Obrigkeit in Ansehen ihres Predigamts
überhaupt nicht unterworffen ist nach der Meynung die bißhero angeführet worden,
so folget auch (II) von sich selbst aus solcher hypothesi, daß absonderlich so
viel das Strafamt betrifft, solches eintzig und alleine dem Ministerio und
dessen Gewissen zu überlassen sey, und sich die weltliche Obrigkeit nicht drein
zu mischen noch den Predigern dißfalls etwas einzureden habe, zumahl da in
diesen Strafamteben das Kirchen Regiment hauptsächlich bestehet, dessen sich das
Predigamt, wie nur vorher gemeldet, für der weltlichen Obrigkeit anmasset.
Dannenhero sagt Matthaeus Judex an oben angezogenen Orte beym Dedekenno d. P. I. f. 821. Der Kirchen-Diener Beruff ist etc.
darnach die Sünden und Sündiger straffen, verdammen, und so es die Nothdurfft
erfordert, auch mit Mund und der Feder excommuniciren,
nicht alleine so wider die erste Tafel sündigen, sondern auch die Ubertretter
der andern Taffel. Von diesen allen haben die Kirchen-Diener Gottes
ausdrücklichen Befehl, und dürffen nicht warten noch acht geben auf einiges
Menschen, er sey Obrigkeit oder Unterthan, Geheiß oder Ansehen &c.
Massen denn aus diesen Fundament besagter Matthaeus Judex d.
l. N. 25. & 26. a fol. 821. biß 827. in
zweyen Responsis ausführlich deduciret, daß die Herrschafft eines Orts mit guten
Gewissen denen Gelehrten sonderlich aber denen Theologen nicht verbieten könne
in ihren Lande ohne ihr Gutheissen oder Censur ihre
Schrifften drucken zu lassen, indem die Inspection über die Buchdruckereyen zu
dem Richter-Amt über die Lehre gehöre, welche Christus seiner Kirchen anbefohlen
habe, und sich also die Obrigkeit derselben nicht allein anmassen könne, sondern
da sie solches thäte, wider das siebende Gebot, du solt nicht stehlen, sich
schwerlich versündigte, und zum Kirchen-Diebe würde, wider ihr Amt handelte, den
Unterscheid des geistlichen und weltlichen Standes auffhübe, indem GOtt denen
Kirchen-Lehrern nie befohlen hätte, nichts zu lehren oder zu publiciren, es sey
denn von der Obrigkeit approbiret worden, ja vielmehr die Propheten und Apostel
denen Satzungen der weltlichen Obrigkeit zuwider die Wahrheit öffentlich
gelehret und geprediget hätten. Dannenhero sey offenbahr, daß die Politici, die
sich unterstünden, denen Predigern den Druck ohne ihre vorhergehende Censur zu
verbieten, ein neues weltliches Pabstthum einführeten, und eine greuliche
Tyranney über der Chri
|| [125]
sten Freyheit ausübeten,
zum Praejudiz der wahren Religion, und zum Nachtheil der Kirchen und der lieben
Posterität, in ein fremdes Amt griffen, auch zeitliche, geistliche und ewige
Straffe sich auf den Halß ladeten; ja es wären auch nicht einmahl die
Buchdrucker schuldig, dergleichen Befehlen solcher Tyrannen zu gehorchen, weil
sie vermöge ihres Tauff-Bundes GOtt dem HErrn mit Eydes-Pflicht verpflichtet
wären, daß sie wolten nach ihren eusersten Vermögen die Ehre GOttes befördern
und die göttliche Wahrheit ausbreiten helffen, von welcher Pflicht sich die
Buchdrucker weder durch solche gottlose Edicta und
Tyrannische Herren, noch auch von Teuffel selbst, nicht könten loßmachen lassen,
massen denn die Obrigkeiten mit dergleichen Edictis sich nicht als Diener
GOttes, sondern als Diener des leidigen Teuffels aufführten. Und wenn auch
gleich die Buchdrucker, da sie dergleichen Befehlen nicht gehorcheten, an Leib
und Gut deshalben gestrafft werden solten, so solten sie doch bereit seyn dieses
alles viel lieber auszustehen, und die weltliche Obrigkeit zu erzürnen, als daß
sie denen Edictis gehorcheten, und solchergestalt sich GOtt den HErrn zum Feinde
macheten und dessen schwere Straffen sich über den Halß zögen: zumahl da die
Widersetzlichkeit wider der Obrigkeit Befehl nicht für einen Ungehorsam, sondern
nur für einen untadelhafften Gebrauch geistlicher Freyheit zu halten wäre. Aus
eben diesen Fundament haben Johannes Gerhardus, Leonhardus Hutterus, Tilemannus
Heshusius, Abraham Taurerus, und etliche andre Churfürstliche Sächsische
allesamt aber orthodoxe Lutherische und mehrentheils sehr berühmte Theologi beym
Dedekenno d. Part. I. Consil. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. a
fol. 827. biß 862. in denen daselbst
befindlichen Responsis ausgeführet, daß das Predig-Amt nicht schuldig sey, durch
Obrigkeitliche Befehle sich den Mund stopffen zu lassen, daß sie nicht nach dem
Befehl GOttes in ihren Predigten wider die Papisten, Calvinisten und andre
irrige Lehrer auf das schärfste mit ihren Straff-Amt sondern fein säuberlich und
ohne dieselben auf der Cantzel mit ihren rechten wohlverdienten Nahmen zu
nennen, verfahren solten, welche Loca insgesamt zu excerpiren allhier zu
weitläufftig fallen wolte, zumahl sie insgesamt wohl meritiren nebst denen
vorigen, woraus man einige Excerpta verfertiget von jedermann mit guten Bedacht
gantz und gar gelesen zu werden, und daraus zu erkennen, wie eyfrig diese
vornehme Leute sich angelassen seyn lassen die Autorität des H. Predig-Amts zu
vertheydigen, und denen Fürsten und Politicis, die ihnen
hierinnen auch nur in geringsten und so zu sagen einen
|| [126]
Haarbreit Abbruch oder Eingriff thun wollen, den Text rechtschaffen und
allenthalben mit Allegirung der heiligen Schrifft zu lesen und ihnen die Hölle
heiß zu machen. Wie denn für andren gar schön zu lesen ist das 29. Responsum, allwo D. Tilemannus Heshusius
weitläufftig ausgeführet, daß ob wohl damahlen auf einen Creyß-Tage zu Lüneburg
von denen Fürsten und Ständen des Niedersächsischen Creysses verglichen worden
durch ein Mandat denen Predigern den Gebrauch des Elenchi wider die Reformirten zu untersagen; dennoch dieser Creyß-Schluß,
als der wider die Regul des göttlichen Worts sey, nicht zu attendiren wäre, weil
man bey Abfassung desselbigen nur allein Juristen und Hof-Räthe, nicht aber, als
wohl geschehen sollen, erfahrne treue Lehrer und Theologos gebrauchet hätte.
Zugeschweigen derer Schrifften die Anno 1666. als die bekannten Edicta wegen des
Elenchi nominalis zu Berlin publiciret worden von der Theologischen Facultät zu
Wittenberg durch D. Abraham Calovium, und zu derer Vertheydigung von andern
verfertitiget worden.
((III) Und insonderheit in Gebrauch des Binde-Schlüssels.)
Zum (III) ist es ferner augenscheinlich und handgreiflich, daß wenn das
Predig-Amt erstlich in ihren Amt überhaupt, und hernach auch in genere in ihren
Straf-Amt keineswegen der weltlichen Obrigkeit Befehle zu respectiren schuldig
ist, sondern dißfalls alleine von Christo dependiret, und keine Dependenz der
weltlichen Obrigkeit zugestehet, es auch nothwendig in Gebrauch des
Binde-Schlüssels, nemlich der Excommunication, und Ausschliessung von Abendmahl,
als welche ohnstreitig ein nothwendig Stücke des H. Predig-Amts, und
insonderheit des Straf-Amts ist, eben so independent von der weltlichen
Obrigkeit und deren Befehlen seyn müste. Und dieses um so viel destomehr, da die
heilige Schrifft deutlich lehret, daß der Binde-Schlüssel von unsern Heyland
Christo beym Matthaeo cap. 16. v. 19. Was ihr auf Erden binden werdet, soll auch
in Himmel gebunden seyn, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch in Himmel
loß seyn. Und beym Johanne c. 20. v. 23. Welchen ihr die Sünde erlasset denen
sind sie erlassen, und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten,
eingesetzet, und dessen Verwaltung nicht denen Bischöffen alleine sondern allen
treuen Lehrern und Predigern, wenn sie auf für der Welt noch so verächtlich und
niedrig angesehen seyn als ein höchstnöthiges Stück ihres geistlichen Amts
anvertrauet worden. Dedekenn. Consil. Theol. Part. I. f.
890. Zieglerus de Episcopis libro 3. cap. 10. §.
10. Idem ad Institutiones Lancelotti, lib. 4. tit. 13.
§. 16. p. 1031. Idem de
|| [127]
Superint. c. 17. §. 8. Samuel Stryke in notis ad Brunnemanni Jus Ecclesiasticum p. 243. dergestalt daß
dieses Amt der Schlüssel nnd dessen Würckung eben so kräfftig ist als wenn
solches von Christo selbst exerciret und getrieben würde, und also die Prediger,
wenn sie dasselbige brauchen, nicht nur die Vergebung der Sünden und deren
Behaltung denen Beichtenden bußfertigen oder unbußfertigen Sündern ankündigen,
sondern auch den Binde- und Löse-Schlüssel wahrhafftig und würcklich appliciren
Ziegl. de Episc. d. l. 3. c. 10. §. 8. 9. der
Binde-Schlüssel auch deshalben desto nöthiger ist, damit derselbe diejenigen
Laster bestraffen möge, die sonsten von der weltlichen Obrigkeit nicht pflegen
bestraffet, sondern ihnen allenthalben durch die Finger gesehen zu werden.
Brunnem. Jur. Eccles. lib. 1. c. 6. membr. 9. §. 2. Es
hat schon der seelige Lutherus Tom. 8. Witteberg. in Joel. p.
404. gelehret, daß so ein Pfarrer weiß, daß die Sünde öffentlich Stadt
oder Landrüchtig ist, er schuldig sey, daß er solche Leute zum Sacrament des
wahren Leibes und Blutes nicht lasse. Brunnem. d. l. §.
3. Und ob wohl Evangelische Fürsten und Consistoria die Jurisdictionem
Episcopalem haben und exerciren, so bleibet doch durch dieselbe der
Binde-Schlüssel des Predig-Amts billig ungekränckt, weil er ad jura ordinis
nicht aber ad ea quae sunt jurisdictionis zu referiren ist. Brunnem. d. l. §. 5. 6. Stryke in annot. p.
243. Ziegl. ad Lancel. p. 360. Es geschiehet
auch dem Juri Episcopali und der weltlichen Obrigkeit durch die
Excommunicationes und Kirchen-Censuren kein Praejudiz, indem dieselbe bey denen
Evangelischen nur auf den innerlichen Menschen gehen, nicht aber den euserlichen
Menschen weder an Leibe noch an Ehre und Guth und andern Juribus angreiffen, wie
etwan sonst bey denen Papisten zu geschehen pfleget. Gisb. Voet. Polit. Eccles. P. 1. l. 1. Tr. 2. c. 3. p. 163.
Dannenhero wenn ein Prediger weiß oder gewiß glaubet, daß einer unwürdig sey,
und dennoch von der weltlichen Obrigkeit oder dem Consistorio ihm anbefohlen
wird denselben zum Abendmahl zu lassen, von dem er doch weiß daß er in dem
Vorsatz zusündigen beharre, und also der Prediger zwischen Thür und Angel
steckt, daß er sich eines Theils befürchten muß, er werde das H. Sacrament
verunreinigen, wenn er solchen Befehle gehorche, andern Theils aber sich zu
befahren hat, wenn er solches nicht thue, daß er als ein ungehorsamer und
hartnäckigter Mensch werde bestrafft werden, so ist er doch schuldig, sich eher
von seinem Amte absetzen zu lassen, als dem Befehl zu gehorchen, inmassen den
auch der H. Chrysostomus in gleichen Fall sich verlauten lassen, er wolle viel
lieber tausendmahl sterben, als einen solchen unwürdigen Men
|| [128]
schen das H. Abendmahl reichen. Brunnem. d. l. l. 2. c. 3. §. 12. Stryke in notis ad
Brunnem. d. p. 243.
((IV.) Auch wider Könige und Fürsten.)
Da nun (IV.) denen Predigern der Binde-Schlüssel gegeben ist, daß sie denselben
ohne Ansehen der Person wider alle ihre Zuhörer, die da unwürdig sind, zur
heiligen Communion zu gelassen zu werden, zu gebrauchen, auch in ihren Gewissen
solches wegen des göttlichen Befehls zu thun verbunden sind, und aber Könige und
Fürsten ja alle weltliche Obrigkeit sich des Beichtstuhls so wohl als die
Unterthanen bedienet, auch ohnstreitig unter diejenige mit gehören, die der
Seelen Sorge des Predig-Amts anvertrauet sind, so will auch nunmehro von sich
selbst folgen, daß Könige und Fürsten, so wohl als andre Sünder der Kirchen
Disciplin unterworffen sind, wie denn auch alsbald in der alten Christlichen
Kirchen die allerhöchsten Häupter, die keine Oberbotmäßigkeit einiges Mensehen
auf dieser Welt über sich erkennet, ihr Haupt und Nacken unter dieses heilige
Joch gebeuget, und sich demselben williglich unterworffen, massen denn aus der
Kirchen-Historie bekant, was dißfalls der H. Ambrosius mit dem grossen Kayser
Theodosio vorgenommen. Brunnem. d. l. 1. c. 6. membro 9. §.
2. Voetius de Polit. Eccles. Part. 3. lib. 4. Tract.
2. c. 4. probl. 9. p. 851. & Tract. 3. c. 3. p. 907.
(Wo nicht mit dem grossen,) Zwar sind nicht alle
der harten Meynung beygethan, daß die Könige und Fürsten mit den grossen
Kirchen-Bann oder excommunicatione majore beleget werden können. Stryke ad Brunnem. p. 242. wie etwan Voetius auch dieses d. Part. 3. lib. 4. Tr. 2. c. 4. probl. 9. mit
unterschiedenen Rationibus zu behaupten sich unterstanden, der auch anderswo
ausdrücklich bejahet, daß wenn die Könige und Fürsten oder andre weltliche
Obrigkeit die Schlüsse der Kirchen und Synodorum nicht approbiren, und
vermittelst ihrer weltlichen Macht dieselbe nicht bekräfftigen und exequiren
wolten, sie alsdenn mit guten Fug von der Kirchen zu Apostatis oder Abtrünnigen
erklähret, für Feinde der Religion gehalten, und als die Heyden und Zöllner
geachtet werden könnten, wie es ehedessen auch mit denen Kaysern Juliano,
Valente, Constante, und andern Arrianern also gehalten worden. Voetius d. l. Part. 1. l. 1. Tract. 2. c. 3.
(Doch zum wenigsten mit dem kleinen
Kirchen-Bann.) p. 163. Jedennoch aber sind
unsere Theologi und JCti, die diese Frage ausdrücklich berühret haben, darinnen
einstimmig, daß die excommunicatio minor oder die Ausschliessung von heiligen
Abendmahl und Versagung der Absolution von denen Predigern auch gegen Könige und
Fürsten gar wohl könne ausgeübet werden. Hülsem. de corrept.
Fraterna p. 302. Dannhauer Theol. Conscient. Part.
2. Spec. Dial. 3. p. 113 1. seq.
|| [129]
Ziegl. ad Lancell. lib. 4. tit.
13. §. 1. p. 1015. Idem de Episc. lib. 3. c. 11. §.
72. p. 621. Grotius de jure summ. potest. circa
sacra c. 9. §. 18.
Daß aber (V.) absonderlich in dem Falle, wenn ein Fürst etwas((V) Zumahl wenn der Fürst dem Pabstthum
favorisiret.) begehet, das zum Praejudiz der
wahren Lutherischen Religion gereichet und dem Pabstthum favorisiret, ein Prediger mit diesen kleinern Kirchen-Bann wider ihn
verfahren könne, ist daraus nicht unschwer zu behaupten; daß das Pabstthum eine
der greulichsten Ketzereyen ist und der Pabst von unsern Lehrern vor den
Anti-Christ gehalten wird. Da nun sonsten ordentlich niemand mit den
Kirchen-Bann beleget werden kan, der nicht unter des Bischoffs Dioeces oder des
Predigers Parochie ist, so ist doch eine Ausnahme zu machen von denen Ketzern,
als welche von allen Predigern auch ausser ihren Dioeces und Parochie
excommuniciret werden mögen, zumahlen wenn diejenigen, denen der Bann
hauptsächlich zukömmt, ihnen durch die Finger sehen und ihr Amt nicht gebührend
verrichten. Hülsem. de corrept. Fraterna a p. 255. ad p.
259.
Und ob wohl (VI.) auch unsere Theologen selbst rathen daß sich((VI.) Jedoch wenn es füglich geschehen kan.)
Prediger hüten sollen, damit sie nicht mit unzeitigen Eyffer durch den Bann
ansehnlicher Leute, absonderlich aber der Könige und Fürsten, der Kirche selbst
mehr Schaden zu fügen als Vortheil bringen; so geben sie doch deutlich zu
verstehen daß diese Erinnerung nicht de regulis justitiae oder von dem, was
Prediger zu thun befugt seyn, handele, als wovon in der vorgelegten Frage
eigentlich gehandelt wird, sondern de regulis prudentiae, oder was sich füglich
und geschicklich thun und practiciren lasse. Hülsemann. d. l.
a p. 274. ad p. 308.
Diesen allen aber ungeachtet halte ich dafür in der gesunden Vernunfft(Ein Prediger kan seinen Fürsten nicht von Gebrauch des
Heil. Abendmahls ausschliessen.) und heiligen Schrifft gegründet zu
seyn, daß kein Evangelischer Prediger befugt sey, einen Evangelischen Fürsten,
geschweige denn seinen eigenen Fürsten dessen Unterthan er ist, von dem Gebrauch
des heiligen Abendmahls auszuschliessen und ihn die Absolution zu versagen, und
zwar dieses aus folgenden trifftigen Ursachen. Denn (1.) ist ausgemacht und
gantz deutlich zu erweisen, daß der so genannte Kirchen-Bann oder
Excommunication entweder eine pur lautere weltliche und bürgerliche Straffe((1.) Weil der Kirchen-Bann mehr eine weltliche als
geistliche Bestrafung ist.) sey, oder doch zum wenigsten mit einer
weltlichen und bürgerlichen Straffe, zumahl in solchen Staaten, die aus lauter
Christen bestehen, dergestalt verknüfft sey, daß die geistliche Bestraffung von
der mitverknüpfften weltlichen Straffe nicht mag abgesondert werden, und ihre
Würckungen für sich haben ohne die weltliche Bestraffung mit zu wür
|| [130]
cken. (Ursprung und
Beschaffenheit dieser Strafe bey denen Heyden.) Denn der Kirchen-Bann
ist eine uhralte und so wohl bey denen Heyden und Jüden vor und nach dem
entstandenen Christenthum übliche Straffe. Von denen Druyden oder von denen
Priestern der alten Gallorum hat schon Julius Caesar lib. 6.
de Bello Gallico angemercket, daß, wenn entweder eintzele Personen oder
das Volck ihren Schlüssen nicht gehorchen wollen, sie solches in den
Kirchen-Bann gethan hätten, und dieses bey ihnen eine der aller schweresten
Straffe gewesen wäre, indem die Gebanneten für die ärgsten Atheisten und
Bösewichte wären gehalten worden; mit welchen kein Mensche umbgegangen wäre,
sondern für ihnen und für ihrer Anrede geflohen hätte, damit sie nicht von ihnen
angesteckt würden und Ungelegenheit sich über den Halß zögen; ja es wäre solchen
ausgebannten kein Recht wiederfahren, sondern wären Rechtloß geachtet auch zu
keinen Ehren-Aemtern gelassen worden. Steph. Forcatulus in
Feudorum jura cap. 10. §. 14. Seldenus de Synedriis
Ebraeorum lib. 1. c. 10. p. 285. Was von denen Gebräuchen der Griechen
und Römer und andrer heydnischen Völcker hieher kan angeführet werden, hat
besagter Seldenus d. l. p. 274. seq. mit Fleiß zusammen
getragen und deduciret.
(Bey den Jüden vor und zeitwährender Babylonischen
Gefängnüß.)
Die Jüden betreffend, sind zwar etliche Gelehrte der Meynung gewesen, daß der bey
ihnen gebräuchliche Kirchen-Bann eine durch Mosen auf GOttes Befehl eingesetzte
Straffe gewesen sey, Krafft welcher die Ausgebanneten unter andern auch aus dem
Tempel gestossen und ihnen den Gottesdienst zu besuchen nicht zugelassen worden.
Es hat aber vorgerühmter Seldenus d. l. de Synedriis
Ebraeorum lib. 1. cap. 7. juncto cap. 11. & 12. mit grosser
Arbeit und Judicio bewiesen, daß dieser Jüdische Kirchen-Bann nicht älter sey
als die Babylonische Gefängnüß, (p. 97. 98.) und
dannenhero weder aus GOttes Befehl (p. 83. j. c. 11.
& 12.) noch von Mose gestifftet, sondern aus dieser Gelegenheit
entsprungen sey, (p. 99.) weil die Jüden in der
Babylonischen Gefängnüß keine Jurisdiction über die Ihrigen exerciren dürffen,
sondern unter Babylonischen Heydnischen Richtern gestanden; hätten sie sich
unter einander vereiniget und verglichen, ihr Volck desto besser in Zaum zu
halten, und ihren Aeltesten und Vorstehern einige Autorität zu conserviren, daß
der Kirchen-Bann bey ihnen an statt der mangelnden Jurisdiction eingeführet
werden solte. Weil nun dieses gantze Werck auf Pactis und Vereinigung beruhet,
und die Ausgebanneten der Straffe des Bannes sich gutwillig unterworffen, und
also vielmahls bey denen Heydnischen Richtern darüber geklaget, hätten auch die
Heyden, als der Jüden damahlige Obrigkeit, ihnen durch die Fin
|| [131]
ger gesehen, und diesen Kirchen-Bann gedultet.
Nach der Babylonischen(Und ferner nach
derselben.) Gefängnüß, (p. 100.) hätten die Jüden
zwar diesen Kirchen-Bann nicht mehr von nöthen gehabt, indem sie nach erhaltener
Freyheit nebst dem exercitio andrer Regalien auch das Regale Jurisdictionis
& puniendi invitos wider bekommen; es wäre aber nichts desto minder
derselbe als eine allbereit eingewurtzelte Gewohnheit gleichfalls beybehalten
worden, und sey dieser Kirchen-Bann nicht darinnen bestanden, daß für andern die
Priester die übrigen Jüden damit beleget hätten, oder (p.
128. 131. seq.) daß die Ausgebanneten wären aus dem Tempel und von
Gottesdienst gestossen worden, sondern es hätte aus gewissen von ihm
specisicirten Ursachen theils ein Mensch sich selbst, theils sowohl
Privat-Personen als das Jüdische Consistorium andre Sünder in Bann thun können,
und sey dieser Bann fürnemlich zweyerley Arten gewesen, der kleinere und grosse.
(p. 74.) Bey jenen wäre der Ausgebannete nur für
infam gehalten worden, dergestalt daß ihm keiner von seiner Gemeine oder Kirche
ausser sein Weib und Kinder binnen 4. Ellen zu nahe kommen und bey ihm sitzen
dörffen. Wenn nun (p. 77.) der Ausgebannete sich
bekehret und bey denen, bey welchen es gestanden ihm von den Kirchen-Bann zu
absolviren binnen 30. Tagen die Absolution gesucht hätte, wäre er von dieser
infamia befreyet, und in seinen vorigen Stand wieder gesetzet worden; wenn aber
solches nicht geschehen, wäre der vorige kleinere Bann nochmahls widerhohlet,
und noch 30. Tage auf seine Bekehrung gewartet worden. Wenn er aber noch ferner
halßstarrig blieben, und sich nicht accommodiren und Besserung versprechen
wollen, wäre man zum grossen Kirchen-Bann geschritten und hätte unter
Trompeten-Schall, auch mit andern Solennitäten ihn dergestalt excommuniciret,
daß er von aller Menschen Umbgang ausgeschlossen (ausser daß man etliche
verordnet, die ihm Speiß und Tranck wiewohl sehr kümmerlich gereichet hätten)
auch nach Gelegenheit der Umstände sein Vermögen ihm weggenommen und zum
Gottesdienst gewiedmet worden, daß dannenhero dieser grössere Bann in vielen
Stücken der interdictioni aquae & ignis der Römer nicht ungleich
gewesen. (p. 78.) Wie nun auch bey diesen grössern Bann
das Absehen gewesen, die Halsstarrigen zahm zu machen, und sie zur Busse
anzutreiben, daß sie sich accommodiren und die Absolution (von welcher Seldenus
p. 120. seq. handelt) suchen sollen; also hätte man dieser Intention desto
besseren Nachdruck zu geben auch eingeführet, daß diejenigen, so in den kleinen
und grossen Bann ohne Absolution verstorben, nicht solten betrauret noch
ehrlicher Weise begraben,
|| [132]
sondern ein Steinhauffen,
oder ein grosser Stein zur Schande ihnen auf ihr Grab geleget werden.
(Bey denen Christen.)
Wie nun aus diesen allen erhellet, daß sowohl der grosse als kleine Bann bey
denen Jüden keine Geistliche und den innerlichen Menschen angehende Straffe
gewesen, so wenig als der Heydnischen Römer ihre aquae & ignis
interdictio, oder die bey allen Völckern gebräuchliche notae infamiam inurentes.
Conf. Pufend. de habitu relig §. 27. auch die von Seldeno de Jure Naturae
& Gentium secund. disc. Hebr. lib. 4. c. 8. specificirte 24. Ursachen,
weshalb man in Kirchen-Bann gethan werden kunte, sattsam anzeigen, daß wegen
bürgerlicher Händel in gemeinen Leben und Wandel, und die Autorität ihrer
Rabbinen und Aeltesten zu erhalten die Verbannung vorgenommen worden; also ist
nunmehro anch das Wesen des Christlichen Kirchen-Banns desto leichter zu
verstehen, zumahl da die Christen ihren Kirchen-Bann so viel den ersten Ursprung
betrifft nirgends anders her haben als von den Jüden. Dieses aber desto besser
zu begreiffen ist es nöthig, daß man den Zustand des Christlichen Kirchen-Banns
auf dreyerley Weise betrachte; was es nemlich mit demselben erstlich unter
Christo und denen Aposteln, zum andern nach der Apostel Todte biß auf die Zeiten
des Kaysers Constantini, und drittens von dieses Kaysers Zeiten an für eine
Gestalt mit dem Christlichen Banne gehabt.
(Und zwar bey diesen letzten erstlich zu denen Zeiten
Christi, und der Apostel.)
Erstlich was die Zeiten Christi und seiner Apostel betrifft, so ist zu
praesupponiren, daß wie Christus nicht gekommen ist das Jüdische Gesetze
aufzuheben sondern vielmehr zu erfüllen, auch weder er noch seine Apostel
befohlen daß die ersten Christen sich von denen Jüden und Jüdischen Ceremonien
absondenn solten, sondern vielmehr Christus und die Apostel selbst, jedoch nicht
mehr aus Zwang und Jochs weise die Jüdischen Ceremonien beobachtet und
gebrauchet; also auch nach CHristi Himmelfahrt solchergestalt continuiret
worden, zumahlen da in denen ersten 7. Jahren nach der Himmelfahrt sich niemand
als Jüden oder Proselyten zu der Christlichen Religion bekennet und in derselben
aufgenommen, auch damahlen die Christen insgemein noch nicht mit ihren eigenen
Christen Nahmen sondern mit dem gemeinen Nahmen der Jüden genennet, diese Jüden
aber in ungläubige, und Gläubige zum Unterschied eingetheilet worden. Da nun in
der gantzen heiligen Schrifft nicht zu finden, daß Christns oder seine Apostel
wegen des Jüdischen Bannes etwas neues verordnet hätten; gleichwohl aber so wohl
aus denen Episteln Pauli als sonsten aus der Kirchen-Historie erhellet, daß die
ersten Chri
|| [133]
sten unter denen Aposteln, ja auch
die Apostel selbst entweder des Kirchen-Bannes sich bedienet, oder doch davon
als von einer gewöhnlichen Sache geredet, so ist daraus genugsam abzusehen, daß
dieser Kirchen-Bann derer ersten Christen, es sey nun der grosse oder der
kleine, kein andrer Bann als der vorhererzehlte Jüdische Bann sey, auch keine
andre qualitäten und Beschaffenheiten habe als der Jüdische Bann gehabt, nemlich
daß er weder die Verbanneten von dem Gottesdienst und Gebrauch des H. Abendmahls
ausgeschlossen habe, (wie solches fürnehmlich aus dem Exempel Judä zu sehen, der
bey dem Gebrauch des H. Nachtmahls gewesen) noch auch das Verbannen denen
Aposteln oder Bischöffen und Kirchen-Vorstehern alleine zukommen sey.
Gleichergestalt ist auch was die Absolution von dem Banne betrifft es bey denen
vorherigen Jüdischen Gebräuchen unverruckt geblieben. Als auch nachhero die
Heyden durch Paulum mit grössern Hauffen zum Christenthum bekehret worden, hat
man nichts destoweniger continuiret, die unter diesen Christen zu denen man
getretten, noch üblichen Ceremonien jedoch unter mehrerer Freyheit als vor
Christi Zukunfft mit zu machen, und wird nirgends gelesen, daß auch von der Zeit
an, so lange die Apostel gelebet in der Materie von Bann und der dahin gehörigen
Absolution auch nur das geringste geändert worden, daß eine Alteration in den
vorigen Jüdischen Bann, oder einen mercklichen Unterscheid unter jenen und dem
Christlichen Bann zu verursachen oder zu würcken fähig gewesen. Wie dieses alles
abermahls von Seldeno de Synedriis d. lib. 1. cap. 8. integro
& cap. 13. p. 340. seq. item a p. 349. ad p. 366. nach allen
hier kürtzlich bemerckten Umständen weitläufftiger ausgeführet und
augenscheinlich bewiesen worden.
Ferner was den Zustand der Christen, nach dem Absterben der(Und zum andern von dar biß zu denen Zeiten des Kaysers
Constantini.) Apostel biß zu denen Zeiten des Kaysers Constantini
anlanget, ist vorhero zu mercken, daß weil zu selbiger Zeit der Tempel zu
Jerusalem, darinnen bißhero so wohl die unter der Juden Nahmen annoch
begriffenen Christen, als auch die unglaubigen Juden zusammen kommen waren, von
Tito zerstöret worden, und der unglaubigen Juden Haß wider die Christen, auch
dieser wider jene, aus vielen Ursachen täglich mehr und mehr zu genommen,
zumahlen da bey denen Verfolgungen der Christen zuweilen denen unglaubigen Juden
ihr Gottesdienst und Gebräuche ungekränckt gelassen worden, und hiernächst die
Jüden die Christen vieler schandbaren Laster fälschlich beschuldigten; es anders
nicht ablauffen können, als daß die zwischen denen Juden und Christen bißherige
Gemeinschafft der Rechte, Sitten und Gebräuche sich immer
|| [134]
mehr und mehr verringert, und folglich auch die biß dahin, auch
unter denen Christen, üblich gewesene Jüdische Excommunication unterschiedene
Alterationes, so wohl was die Personen, die andre in Bann thaten, als die Art
und Weise des Bannes selbst, und die Absolution von dem Bann betrifft. Und
wiewohl man die eigentliche Zeit, da diese Alterationes vorgangen, nicht melden
kan, so hat sich doch solches fürnehmlich zu denen Zeiten Irenaei, Tertulliani
und Origenis geäussert: denn anfänglich hat man angefangen, denen
Excommunicirten auch die heilige Versammlungen und den Gebrauch des Abendmahls
zu untersagen, und die Concepte von dem grossen und kleinen Bann, dergestalt zu
ändern, daß wenn man jemand bloß von denen GOttes-Häusern und Gebrauch des
Nachtmahls ausschlosse, so wurde dieses der kleine Bann genennet; bey dem
größern aber wurde ihn überdieses auch alle Gemeinschafft mit andern Christen
verboten, und die Leute durch gewisse Formuln dem Satan übergeben, und zwar
nicht alleine wegen schandbarer Laster, sondern auch wenn man in andern Dingen,
es sey, was es wolle, den Befehl der Kirchen Vorsteher nicht respectirte, und
hierinnen sich hartnäckigt erwiese. Und weil die Christen unter denen Heyden
sich keiner weltlichen Jurisdiction offenbahr anmassen durfften, und doch
gleichwohl diesen Bann unter sich selbst wie ehe dessen die Jüden in der
Bahylonischen Gefängnüß durch eigene Verpflichtungen an statt der weltlichen
Todesstraffe gebrauchten, fiengen sie an den Kirchenbann zum Unterscheid der
Todesstraffe gladium spiritualem zu nennen, welche Benennung denn mit der
capitis diminutione maxima & media der Römer, die mors civilis genennet
wurde, ziemlich überein kame, wie denn auch die Würckungen von beyden grosse
Verwandschafft mit einander hatten. Hiernechst fingen auch die Vorsteher der
Kirchen um selbige Zeiten an sich des Verbannens alleine anzumassen, und
schlossen die andern, die sonst bey denen Jüden zugelassen waren, davon aus. Man
finge auch an, der Sache ein grösseres Ansehen und Nachdruck zu geben, die
übrigen Christen zu bereden, als wenn der Bann von GOtt in alten Testament wäre
anbefohlen, und von Christo und denen Aposteln in Neuen Testament solches Gebot
wäre erneuret worden, unerachtet gar deutlich dargethan werden kan, daß man, als
unten in der Beantwortung auf die Rationes dubitandi soll deutlicher angemerckt
werden, die Dicta der heiligen Schrifft mercklich verdrehet, und kan durch viele
unwiderlegliche Argumenta remonstriret werden, daß auch viele heilige und fromme
Leute selber Zeit dafür ge
|| [135]
halten und behauptet,
daß diese Veränderungen der bißher üblichen Excommunication eben so wohl für ein
Menschen-Werck zu achten sey, als die vorige Excommunication gewesen. Endlich
machte man auch bey der Absolution, die bißher nach der alten Art des Bannes
keinen, der sich zu ändern und bessern versprochen, versaget ward, neue
Difficultäten, und mit vielen damahls ersonnenen Graden der Busse denen
Verbanneten das Leben blutsauer, wodurch aber diese Verbannung wegen der
vielfältigen dabey von neuen mit unterlauffenden Beschimpffungen derer
Verbanneten die Würckungen einer wahrhafftigen weltlichen Straffe immer mehr und
mehr bekam. Seldeuus d. loco cap. 9. integro & cap.
13. p. 144. seq.
Da nun endlich unter der Regierung Constantini Magni die(Drittens von denen Zeiten an des Kaysers Constantini,
sonderlich schon in vierten und fünfften Seculo.) Christen anfiengen
von ihren Verfolgungen befreyet zu werden, und den Kayser selbst zum
Rückenhalter bekamen, ist leichtlich zu erachten daß der Kirchen-Bann wie wir
denselben bißhero beschrieben, auch selbst zu dem höchsten Gipffel seiner Gewalt
und Macht gestiegen: wiewohl, als leichtlich zu erachten, dieses nicht auf
einmahl, sondern von Seculo zu Seculo nach und nach geschehen. Kürtzlich und
nach Anleitung gegenwärtigen Responsi nur summarisch von der Sache zu reden,
bestand die Aufnahme und das Wachsthum des Kirchen-Banns darinnen. Erstlich
häufften sich die Solennitäten bey dem Kirchen-Bann. An statt daß die Jüden mit
Trompeten-Schall die Verbannung thaten, fieng man an bey denen Christen
(Seldenus c. 10. p. 212.) solches bey angezündeten
Lichten und Lampen und bey Läutung der Glocken zu thun: man brauchte so wohl bey
dem grossen als kleinen Bann sich gewisser Formuln, (p.
210.) die mehrentheils so pralericht und gotteslästerlich eingerichtet
waren, als wenn die Clerisey nach ihren Gutdüncken GOtt selbst und die heiligen
Engel in ihrer Bothmäßigkeit hätten und ihnen befehlen könten, was sie nur
wolten, und zwar dieses alles mit Anziehung zermarterter und radebrechter
Sprüche aus heiliger Schrifft, durch welche die Clerisey das arme Volck von
kleinesten biß zum grösten bereden wolte, auch würcklich beredete, daß ihnen
unter den Schein einer geistlichen Gewalt die Macht gegeben sey, auf weltliche
Weise en souverain und dergestalt zu tyrannisiren, daß kein Mensche darwieder
muxen dörffte. Man fieng schon in vierten und fünfften Seculo an auch
Kayserliche und Königliche Personen als den Kayser Arcadium und seine Gemahlin
Eudoxiam zu excommuniciren, (p. 211.) auch die Todten
nicht zu verschonen, (p. 215. seq.) man thate Mäuse,
Ratten, Heuschrecken, Raupen, Elstern und andre Vögel,
|| [136]
auch unbeseelte Dinge, als geschriebene Bücher, in Bann. Man fieng an (p. 216. seq.) damit man nebst der so genannten
geistlichen auch alle weltliche Gewalt unter desto heiligern Schein an sich
ziehen möchte, den Kirchen-Bann auch in denen allerdings und unstreitig
weltlichen Händeln zu brauchen. Man verwahrte die praetendirten Jura der
Clerisey mit grossen Eyffer, daß ja kein weltlicher zugelassen würde (p. 218. seq.) die Straffe des Kirchen-Bannes auszuüben,
sondern dieses geistliche Schwert, das das weltliche schon ziemlich stumpff
gemachet hatte, allein in den Händen der Clerisey bliebe. Und daß man auch von
dieser als Haupt erkennet würde, massete sich der Pabst das Souveraine recht an,
in Sachen des Kirchen-Bannes nach seinen Gefallen zu verfahren, nachdem vorher
in 5ten Seculo (p. 219.) sich auch nur ein schlechter
Münch unterstanden hatte, Kayser Theodosium den jüngern mit erwünschten Success
in Bann zu thun, mehrentheils aber das Bann-Recht hernach als das edelste Stücke
jurisdictionis Ecclesiasticae betrachtet wurde. Und wenn man gleich (p. 220. seq.) aus denenselben Zeiten genungsame Leges
und andere Documenta anführen kan, daß die Excommunicationes auch durch
weltliche, als Kayser und Könige, geschehen sey; so pfleget man doch dergleichen
Documenta dergestalt auszulegen, daß dieses alles von der weltlichen Obrigkeit
bloß als Executoribus geschehen, die denen Schlüsseln der Clerisey dadurch nur
hülfliche Hand geboten hätten. Man schriebe dem Kirchen-Bann, der, als
obgedacht, seinen Ursprung nach nichts als eine weltliche Straffe war, immer
mehr und mehr Würckungen einer weltlichen Straffe zu, dergestalt daß man ihn
auch der Todes-Straffe gleich achtete. (p. 222.)
Augustinus Quaest. 39. super Deuteron. Hoc nunc agit,
inquit, in Ecclesia Excommunicatio, quod agebat tunc
(tempore legis Mosaicae) interfectio. Dannenhero ware
leicht zu behaupten, daß weil mit dem Todt alle Jura aufhören, also auch der
verbannete Mensch alle seine Rechte und Gerechtigkeiten verlöhre, da denn
hernach (p. 223.) die Conclusion von sich selbst
folgete, daß auch die verbanneten Könige und Kayser so gut als Abgesetzete
anzusehen wären. Und wurde also die praetendirte geistliche Bestraffung, die
nach dem Vorgeben der Herren Geistlichen nur geistliche Würckungen nach sich
ziehen solte, in der That zu einen Abgrund gemacht, der alle weltliche Rechte
der Christen und alle menschliche Actiones wegfrasse, und verschlunge. Damit
aber sowohl Herr als Knecht verblendet wurde (p. 225.)
den hierunter steckenden augenscheinlichen Betrug nicht zu sehen, loge man ihnen
viel von falschen und erdichteten Wundern vor, indem man die Leute beredere als
ob der
|| [137]
Cörper eines in den Kirchen-Bann gestorbenen
Menschens nicht eher hätte verbrennen können, als biß er von dem Clero die
Absolution erhalten hätte. Seldenus d. l. c. 10. qui
hactenus dicta latius probat & demonstrat, oder als ob von einen in Bann
gethanen auch die Hunde kein Stücke Fleisch ässen, wie man von Ludovico Bavaro
fabuliret. Histor. Bilder-Saal. dritt. Theil p. 639.
Wie nun aus dieser biß anhero erzehlten Historie von Ursprung(Auch Päbstische Scribenten haben erkant, daß unter dem
Kirchen-Bann eine weltliche Straffe versteckt sey.) und Fortgang des
Kirchen-Banns sattsam erhellet, daß derselbige in der That eine weltliche,
obwohl unter der Larve eines geistlichen Nahmens versteckte Straffe zu allen
Zeiten gewesen; also haben auch die Päbstischen Scribenten keine Scheu getragen
zugestehen, daß das Amt der Schlüssel oder der Kirchen-Bann in Ansehen GOttes
nichts hülffe, sondern bloß seine Würckung thäte in Ansehen der Menschen. Apol.
Aug. Confess. tit. de poenitentia p. 164. Ziegl. ad Lancel. lib. 4. tit. 12. §. ult. p. 1013. Es ist auch
dahero nach denen Canonischen Rechte Excommunicatio sowohl major & minor
und die Absolution von dem Bann von ihnen nicht ad jura ordinis, sondern
Jurisdictionis propriae referiret worden. Lancelott. lib. 1.
instit. tit. 9. §. 9. Ziegl. ad eund. lib. 2. tit.
5. §. 10. p. 358. Und pflegen auch Lutherische ICti dasselbige nicht zu
verneinen: Brunnem. Jur. Eccles. l. 1. c. 6. memby. 12. §.
4. obwohl andre solches nicht gestehen wollen, sondern einen Unterscheid
unter der grössern und kleinern Excommunication zu machen pflegen, und die erste
zwar für eine weltliche Straffe passiren lassen, die andre aber, das ist die
schlechte Abhaltung von Abendmahl, für jura ordinis und ein pures geistliches
Werck(Irrthum der Smalcaldischen Artickel, daß nur
der grosse nicht aber der kleine Kirchen-Bann eine weltliche Straffe
sey.) ausgeben, worzu sie zweiffels ohne durch die Lehre derer, so die
Articulos Smalcaldicos verfertiget, verleitet worden, indem daselbst art. 9. Artic. Smalcald. p. 333.
folgende Thesis gelesen wird. Wir halten dafür, daß der grosse Kirchen-Bann, wie
ihn der Pabst nennet eine pur lautere bürgerliche Straffe sey. Der andre aber,
den der Pabst den kleinen Bann nennet, ist der wahre Christliche Bann, welcher
die offenbahren und hartnäckigten Sünder nicht zum Abendmahl und Communion der Kirchen zulässet, biß sie sich bessern und
die Laster meiden. Und sollen die Kirchen Diener diese geistliche Straffe und
Bann mit den weltlichen nicht vermischen. Ob nun wohl in diesen Worten nicht
undeutlich asseriret wird daß die Versagung der Absolution und Ausschliessung
von Abendmahl für keine weltliche Straffe zu achten, so hätte man doch, wenn man
sich das Praejudicium menschlicher Autorität nicht allzugeschwinde hätte
ein
|| [138]
nehmen lassen, gar bald sehen können
daß man ohne Verletzung des Respects, den man sonsten denen Autoribus
Articulorum Smalcaldicorum sich schuldig zu seyn erachtet, dieses Assertum unter
die menschlichen Fehler gantz füglich rechnen können.
(Welcher durch neun kurtze und deutliche Rationes bewiesen
wird.)
Denn 1.) hatten die Autores damahls nich so viel subsidia Historiae
Ecclesiasticae, die wahre Beschaffenheit derer Kirchen-Sachen einzusehen, als
hernach immer mehr und mehr zum Vorschein kommen; 2.) ist bekannt daß aus eben
dieser Ursache man kurtz vorher in Apologia Augustanae Confessionis ad artic. de Poenitentia p. 167. den Sauerteig der
Scholastischen Schul-Lehrer als ob die Absolution ein eigentlich so genanntes
Sacrament wäre, unter die ungesäuerten guten Lehren gemischet hatte, da man doch
hernach in beyden Catechismis diesen Irrthum Georg. Calixtus de praecipuis Christ. relig. capit. disp. 8. th. 31. Johann. Ad.
Scherzer System. Theol. loco 13. p. 10. (der zwar nicht
eben unter die Haupt Irrthümer zu rechnen ist, daß man deßwegen ein Gezäncke
anfangen solte, Calixtus d. l. th. 30. Corpus Julium tit. von Sacramenten in gemein circa
finem) wieder ausgelassen und verbessert. 3.) Nennen die Autores
Articulorum Smalcaldicorum, Artic. Smalcald. tit. de
potestate & jurisdictione Episcoporum ab initio p. 152. & p.
354. versic. Constat Jurisdictionem illam die Macht die Leute von
Abendmahl abzuhalten, die sie für keine weltliche Bestraffung halten wollen, gar
vielmahl eine Jurisdiction, und contradistinguiren sie also gantz offenbahr
denen rebus ordinis seu vere spiritualibus, dafür sie doch an ersten Orte die
Excommunicationem minorem ausgeben wollen, und ist sonderlich notabel, daß sie
von der Macht, die Leute von Abendmahl abzuhalten, (die sie daselbst begehren,
daß man sie allen Kirchen-Dienern einreumen solle,) kurtz vorher setzen, daß es
eine Tyranney sey, daß die geistlichen in Pabstthum nach ihren Gefallen und ohne
Gerichts-Proceß die Leute verdammet und excommuniciret, oder von Abendmahl
abgehalten hätten. (denn hievon reden antecedentia & consequentia) Ist
es nun um die kleinere Excommunication also bewand, so ist es ein weltlich Ding,
denn wahrhafftig geistliche Dinge und der Gerichts-Proceß sind zwey Dinge die
sich in eine Classe nicht combiniren lassen. Ja es haben die Autores Articulorum
Smalcaldicorum nicht anders von dem Kirchen-Banne als de re jurisdictionis reden
können, nachdem vorher die Augspurgische Confessio selbst (Aug. Confess. de potestate Eccles. vers. Cum igitur de jurisdictione
Episcoporum. p. 39.) dieses Amt der Schlüssel mit deutlichen Worten ad
res jurisdictionis referirt hatte. 4.) Disputiren
|| [139]
eben die Autores Articulorum Smalcaldicorum an einen andern Ort gar schön wider
die Lehre der Papisten von der Gnugthuung und Ablaß, und gebrauchen sich unter
andern dieser Worte. Man hat die Lehre von Ablaß übel verstanden wenn man
vorgegeben, daß dadurch die Seelen aus dem Feg-Feuer liberiret werden sollen. Denn das Amt der Schlüssel erstreckt nur seine
Gewalt auf Erden zu binden und zu lösen. Artic. Smalcald. tit. de Confessione & Satisfact. p. 199. Denn wenn dieses
Argument was schliessen soll, so muß auch drauß folgen, daß die Absolution nicht
von der Hölle befreye, und folglich der Binde-Schlüssel auch nicht den Himmel
zu, die Hölle aber aufschliesse, sondern nur auf Erden als eine weltliche
Straffe, die es auch nichts anders ist, operire. 5.) Haben sich auch die
Lutherischen Theologi, die doch eminenter &
tales heissen wollen, in diesen Lehr-Punct wenig an die Autorität der
Articulorum Smalcaldicorum gekehret sondern & verbis & factis
demselbigen vielfältig widersprochen. Facultas Theologica Rostochiensis beym
Dedekenno in Consil. Theol. P. I. tit. von Heil.
Predig-Amt n. 17. f. 892. approbirte eine von einem
Consistorio geschehene Excommunicationem majorem und improbirt die Appellation
des Excommunicirten an die weltliche Obrigkeit, und folglich müssen sie auch
nothwendig dafür gehalten haben, daß diese excommunicatio major keine pur
lautere weltliche Straffe sey contra assertionem Articulorum Smalcaldicorum. Die
Theologische Facultät zu Wittenberg in Consil. Witteb. Part.
2. von Kirchen- und Ministerial-Sachen f. 6. wünschet, daß der grosse Kirchen-Bann wieder
eingeführet werde, und nennet die kleinere Excommunication mit deutlichen Worten
Umbram einen Schatten excommunicationis majoris. Woraus abermahls offenbar, daß
sie wider die Lehre der Articulorum Smalcaldicorum den grössern Kirchen-Bann für
keine mercivilem poenam, der für die Kirchen-Diener nicht gehöre, gehalten
haben. Da nun denenjenigen, die doch die Articulos Smalcaldicos für einen librum
Symbolicum halten, und darauf geschworen haben, freystehet von denenselben und
zwar in einer Lehre, da die Articuli Smalcaldici handgreiflich Raison haben,
abzuweichen; so werden JCti und Politici, zumahl wenn selbige auf die Articulos
Smalcaldicos als einen Librum Symbolicum nie geschworen haben, vielmehr befugt
seyn, in einer Sache, darinnen Articuli Smalcaldici geirret haben, von ihnen
modeste zu dissentiren, nemlich in den Punct daß der kleinere Bann keine
weltliche Straffe seyn solle. 6.) Haben Wittebergenses in so weit
|| [140]
recht, daß excommunicatio minor nur umbra
excommunicationis majoris sey. Da aber die excommunicatio major als der Cörper,
ut recte Articuli Smalcaldici asserunt, was weltliches ist, muß nothwendig der
Schatten oder die Reliquien darvon auch was weltliches seyn. Denn von weltlichen
Dingen kan man nicht sagen, daß sie einen geistlichen Schatten oder Reliquias
haben. 7.) Die Excommunication überhaupt so ferne sie a majore & minore
abstrahiret est exclusio a communione oder eine Ausschliessung von Abendmahl.
Lancelott. Inst. Jur. Canon. lib. 4. tit. 12. §. ult.
Denn es ist oben ausgeführet worden und sonsten ex historia Ecclesiastiaa
offenbar, daß auch diejenigen, so man mit den grossen Kirchen-Bann belegt, von
Abendmahl ausgeschlossen werden, obgleich derselbe über dieses noch weiter
gehet. Wenn nun der grosse Kirchen Bann gantz und gar secundum Articulos
Smalcaldicos poena mere civilis ist, so muß auch die Ausschliessung von
Abendmahl, die bey der kleinen Excommunication übrig bleibet, eine weltliche
Straffe seyn. Denn sonsten hätte der grosse Kirchen-Bann nicht poena mere
civilis, sondern ex poena civili (in Ansehung der gäntzlichen Ausstossung aus
der Gemeine) & spirituali, (in Ansehung der Ausschliessung von
Abendmahl) mixta müssen genennet werden. 8.) Ob wohl der grosse Kirchen-Bann vor
dem zum öfftern ohne Vorhergehung des kleinern gebraucht worden, so ist doch der
kleinere Bann ordentlich als ein Mittel gebraucht worden, den unbußfertigen
Sünder hernach mit dem grössern Kirchen-Bann zu bestraffen. Seldenus de Synedriis lib. 1. c. 7. p. 77. & 78.
Bellarminus adv. Barclaium c. 7. Paparum mos est Principes
primum paterne corripere. Deinde per censuram Ecolesiasticam sacramentorum
communione privare. Deinde subditos eorum a juramento fidelitatis absolvere
eosque regia dignitate privare. Petrus Molinaeus de
poenitentia lib. 8. c. 31, Nun ist aber bekant, quod finis fit norma
mediorum, und wenn also der grosse Bann als finis eine pur weltliche Straffe
ist, so muß auch der kleinere als medium ad finem eine weltliche Straffe seyn.
Wiederum sublato fine tolluntur media. Fället nun der grosse Bann tanquam finis
nach der Lehre articulorum Smalcaldicorum dergestalt weg, daß sich
Kirchen-Diener desselben als einer weltlichen Straffe nicht bedienen sollen, so
können sie auch den kleinern als ein medium nicht ferner brauchen. 9.) So weisen
auch endlich die Attributa und Eigenschafften des kleinern Banns, die die JCti,
(so sich per articulos Smalcaldicos verleiten lassen, denselben pro poena
spirituali zu achten,) einmüthig demselben zueignen, und von denen wir in
folgenden Argumenten abson
|| [141]
derlich handeln
werden, gantz offenbahr, daß die Ausschliessung von Abendmahl eine weltliche
Straffe seyn müsse, wie bey jeden derselben soll gezeiget werden. Voritzo wird
es genung seyn daß wir diesen ersten Haupt-Grund beschliessen. Denn wenn die
Ausschliessung von Abendmahl eine pur lautere weltliche Straffe ist, wie solches
bißhero demonstriret worden, so folget für sich selbst, daß treue Evangelische
Lehrer und Prediger ihre vorgesetzte Landes-Herren und hohe Obrigkeiten, deren
Unterthanen sie sind, von Abendmahl nicht ausschliessen können. Es ist
dannenhero nicht nöthig mehr Worte davon zu machen, weil bisher unter uns noch
keiner noch so unverschämt gewesen, der behaupten wollen, als ob die weltlichen
Straffen für das Predigt-Amt gehöreten; oder als ob Evangelische Prediger der
weltlichen Obrigkeit nicht unterthan wären; oder endlich, als ob die Unterthanen
ihre hohe Landes-Obrigkeit in weltliche Straffe zu ziehen befugt wären. Solte
aber jemand annoch so unverschämt seyn, daß er dergleichen Dinge bejahen wolte,
der wäre nur schlecht hin auf die Augspurgische Confession zu weisen, als
worinnen klar enthalten ist, daß die Kirchen-Gewalt in ein fremd Amt nicht
eindringen, die Reiche der Welt nicht vergeben, der Obrigkeit Gesetze nicht
abschaffen, den schuldigen Gehorsam nicht aufheben, weltliche Gerichte
keinesweges hindern, der Obrigkeit keine Gesetze vorschreiben solle u. s. w.
Aug. Conf. de potest. Eccles. p. 38.
Zum II. haben auch mitten in Pabstthum weltliche Obrigkeit((II) Weltliche Regenten haben auch mitten in Pabstthum
denen Geistlichen die Ausschliessung von Abendmahl nach ihren Gefallen zu
thun verboten.) als Könige und Fürsten der Clerisey nicht nur wegen
des grössern, sondern auch wegen des kleinern Banns oder der Ausschliessung des
Abendmahls zum öfftern einhalt gethan, bey Straffe ihnen verboten, daß sie ohne
ihren Consens und Confirmation niemand von Abendmahl ausschliessen solten, sie
haben die von der Clerisey ausgeschlossenen ohne und wieder der Geistlichen
willen von Banne absolviret. Der Kayser Justinianus hat ausdrücklich allen
Bischöffen und Priestern verboten daß sie niemand von heiligen Abendmahl
ausschliessen solten ehe und bevor die Ursachen warum solches geschehen könne,
genungsam wären untersuchet und bewiesen worden, und wenn sich einer unterstünde
wider dieses Verbot einen Menschen zu excommuniciren, solte der Priester selbst
excommuniciret werden, daß er rechtmäßig diejenige Straffe leide, mit der er
einen andern unrechtmäßiger Weise belegen wollen. Novell.
123. cap. 11. Anno 835. haben die Fränckischen Stände auf dem
Reichs-Tage geschlossen, daß es bey denen weltlichen Fürsten stehen solle, über
die Excommunication zu urtheilen, wenn auch schon die Bischöffe sich widersetzen
sol
|| [142]
ten Goldastus Constit. Imper. Tom. I. f. 188. wie dann ein gleiches unter dem Kayser
Carolo Calvo geschlossen worden. Idem Tom. 3. fol. 272.
Ziegl. de Episcopis lib. 2. c. 11. §. 22. seq. p. 596.
seq. Seldenus de Synedriis lib. 1. c. 10. p. 243.
seq. und hat Seldenus daselbst mehrere Exempel und Constitutiones
angeführet, daß es der Gebrauch mitten in Pabstthum gewesen, (p. 245. seq.) wenn der König einen Excommunicirten an seine Tafel
genommen, daß derselbe von dem Clero auch müssen wieder zum Abendmahl gelassen
werden, und daß also diese Solennität so viel gegolten, als wenn er von denen
Priestern wäre absolvirt worden; ingleichen (p. 248.)
daß in Franckreich kein Königlicher Bedienter ohne des Königs oder
Groß-Hofmeisters Consens hätte in Bann gethan werden dörffen, dergleichen er
auch (p. 249. 250.) von Spanien, Venedig, Ungarn und
Engelland beweiset, daß es daselbst (p. 251. seq.)
allenthalben also gehalten worden. Denn der Mißbrauch des Kirchen-Bannes wäre so
groß worden, daß die weltliche Obrigkeit unmüglich länger darzu stille schweigen
konte, weil die Clerisey mit grossen Aergernüß des gantzen Volcks die Leute auch
um die geringsten Ursachen willen in Bann that, theils wenn sie die Clerisey
nicht gnung respectirten, theils wenn sie auch nur in weltlichen Dingen das
geringste begiengen. Zum Exempel, wenn einer eine Ziege oder Schaf gestohlen
oder todtgeschlagen hatte. Petr. Blefens. epist. 73.
Ziegl. de Episc. d. c. 11. §. 27. Ja man hatte gar in
einen Concilio Anno 588. unter andern wichtigen Kirchen-Sachen auch folgenden
Schluß gemacht, daß wenn ein Weltlicher und Geistlicher einander zu Pferde
begegneten, solte jener diesen mit Hut abziehen freundlich grüssen, und ein
Poßhändgen geben. Wenn aber der Geistliche zu Fuße gienge, und der Weltliche
ritte, solte dieser gleich von Pferde absteigen, und seine gebührende
Schuldigkeit mit aufrichtiger Liebe dem Geistlichen erweisen, und solte
derjenige, der diesen aus den Antrieb des Heiligen Geistes verfasseten Schluß
überträte, von Abendmahl ausgeschlossen und mit dem Kirchen-Bann beleget werden.
Concil. Matiscon. 2. can. 15. apud Caranzam in summa p. 373. Wie nun aus diesen allen zugleich das
erste Argument bekräfftiget wird, daß die weltliche Obrigkeit die Ausschliessung
von Abendmahl nicht als eine geistliche, sondern als eine weltliche Straffe
angesehen, also folget von selbst daraus, daß vielweniger die Bischöffe oder
Priester die Könige selbst von dem Abendmahl auszuschliessen befugt gewesen.
Quod ad jus illud circa Excommunicationem attinet, an Reges ipsi ita ejusdem
legibus soluti habiti, ut alios quoscunque excommunicatos
|| [143]
in absolutorum statum per in sui gratiam aut mensam admissionem
legitime satis redigerent, ipsis interea alias adeo Excommunicationi obnoxiis,
ut inde nec se absolvere possent? Qui horum alterum tunc sentiebat, ut is
alterum item crederet, fatis concoquere quidem nequeo. Seldenus d. c. 10. p. 248. Grotius de imper.
sum. potest. circ. sacra c. 9. §. 20. & 22.
Zum III. wiederum auf die Jura der Protestirenden und Evangelischen((III) Und die protestirenden Fürsten haben jederzeit
wider den Mißbrauch des Kirchen-Bannes denen Predigern Gesetze
vorgeschrieben und ihnen dißfalls Einhalt gethan.) Fürsten in specie
zu kommen, so ist allenthalben bekannt, daß auch diesen nicht mehr als billig
von denen Protestirenden Scribenten, zum wenigsten von denen Politicis, das
Recht zugeschrieben wird, daß sie über die Kirchendiener, wenn sie ihr Amt
mißbrauchen, die Inspection und Bestraffung haben, auch absonderlich wegen des
Kirchen-Banns, Kirchen-Ordnungen machen und ihnen Einhalt thun, auch sie deßhalb
bestraffen können, wie dann auch allenthalben dergleichen Ordnungen vorhanden
und noch täglich in vollen Schwange sind. Woraus dann abermahls folget, daß der
Kirchen-Bann nicht als eine geistliche Straffe sondern als eine weltliche
anzusehen sey auch Protestirende Fürsten von niemand damit beleget werden
können. Zum wenigsten connectiret dieses besser als wenn Reinking. de Regim. Sec. & Eccles. lib. 3. class. 2. cap. 2. n.
31. zwar deutlich schreibet, qnod ad Principum Evangelicorum curam,
propter jus Episcopale & jurisdictionem ordinariam pertineat, ne
Ecclesiastici potestate excommunicandi abutantur & perperam hanc poenam
usurpent; aber dennoch hernach ibid. n. 38. da er vorher
gar recht behauptet, daß die Protestirenden Fürsten allerdings ohne die höchste
Zerrüttung des gemeinen Wesens nicht könten excommuniciret werden, sich
erbärmlich zermartert, wie er diesen wahren Lehr-Satz mit dem gemeinen Irrthum
von der Geistlichkeit des Kirchen-Banns zusammen hengen möge. Es kömmet viel
gescheider heraus, was Ziegler raisonniret, obgleich dann und wann der
offtgedachte alte Irrthum sich mit anhenget. Male, inquit, in
notis ad Lancel. lib. 4. tit. 13. §. 16. p. 1031. ad solum statum
Ecclefiasticum restringitur judicium excommunicationis, cum ad totam Ecclesiam
iftud pertineat, nec ullo modo praeteriri debeat consensus Domini territorialis.
Etsi enim Laicus excommunicare proprie non possit, principi tamen competit
externa potestas, uti circa religionem, ita etiam circa censuram &
disciplinam Ecclesiasticam, ut adeo sine Principis autoritate fieri
excommunicatio hodie non deceat. Noch merckwürdiger ist, was er von dieser
Materie anderwerts anführet. Non
|| [144]
uti clavem
absolventem ipse unus adhibere debet pastor Ecclesiae, ita etiam clavem ligantem
adhibere debet ipse unus, sicubi incorrigibilis aliquis fuerit ex suis
parochianis. Habet quidem unus quisque pastorum & ministrorum Ecclesiae
hanc potestatem, ut ligare possit & retinere peccata, sed illa potestas
non est ab eo solo propria autoritate exercenda &c. Sunt inter ministros
Ecclesiae nonnulli tam protervi, ut potestate clavium in vindictam utantur, sic
ubi a Parochiano uno vel altero levi aliqua injuria affecti vel damnum in re
familiari passi fuerint. Protinus tum insurgunt illi, & vel ex suggestu
mirum in modum & sine modo paratragoediantur, multisque suos, quos sibi
fingunt nonnunquam, adversarios, persequuntur execrationibus, vel etiam, ubi sua
confessi fuerint illi, aut confiteri adhuc velint, peccata, non dimittunt tantum
sine absolutione, sine solatio, sed etiam diras iis dicunt & damnationem
aeternam annunciant. Ziegl. de Superint. c. 17. §. 10.
& 11. Etsi vero Pastores in tali casu ad Superintendentem suum
amandenter &c. Superintendens tamen nec ipse quidem potestatem habet
arcendi aliquem ab usu sacramentorum &c. Hac ratione fibula injecta fuit
infrunitae pastorum licentiae, qui clavium potestate abutuntur & propter
res temporales miseris peccatoribus absolutionem saepenumero denegant ibid. §. 16. & 17. Das letzte und daß auch nicht
einmahl denen Superintendenten zu stehe nach eigenen Gutdüncken jemand von dem
Abendmahl auszuschliessen, noch solches denen Pfarrern die unter ihnen sind, zu
vergönnen, führet er gantz weitläufftig eod. tract. cap. 18.
integro aus, ja er bemerckt gantz wohl, daß auch die Consistoria in
dergleichen Fällen sich nicht übereilen sollen, und meldet d.
c. 18. §. 16. & 17. quod excommunicatio comitantes plerumque
habeat poenas civiles, quas vel augere vel minuere, vel
moderari est summae civilis potestatis &c. Et haec est ratio, quod
excommunicandi exercitium sibi vindicaverit Princeps & inter reservata sua retulerit, neque commune esse
voluerit Consistoriis. Adde Conring. ad Lamp. Part. 1. §.
27. Unter denen Sächsischen Constitutionibus, die Ziegler an besagten Orten
häufig anführet, sind folgende die merckwürdigsten. Denn also ist in der Constitution von beyden Consistoriis
n. 10. §. fin. zu lesen. Desgleichen sollen auch die Consistorialen selbst keines weges Macht haben, den Bann wider jemand
zu erkennen, noch darvon zu absolviren, sondern dißfalls
des Synodi bey unsern Ober-Consistorio Erkäntnüß erwarten und desselben Be
|| [145]
fehlig und Verordnung jederzeit gehorsamlich mit Execution des Bannes oder Absolvirung von demselben nachkommen und solchen nichts zuwider vornehmen.
Noch merckwürdiger aber ist folgende Constitution in Erledigung der Landes-Gravaminum tit. Consistorial-Sachen n. 20. Wenn aber vermöge der Generalien weder
dem Superintendenten noch andern Priestern zukommt, vor
sich und nach ihren eigenen Gütdüncken die Pfarr-Kinder von der heiligen Tauffe,
Absolution und Abendmahl abzuhalten, sondern
vielmehr bey verspürten Sünden und Lastern (nicht aber in ihren Privat-Sachen) die darinnen vorgeschriebene gradus admonitionum zu gebrauchen, und so dann die Sache
auf unserer verordneten Consistorien Ausspruch lediglich
zustellen; so ist unser ernster Wille und Meynung, daß keiner von den
Geistlichen bey Verlust seines Dienstes oder andern hohen Straffe, ohne
gehaltene Verhör und aus unsren Consistorien erfolgten
Erkäntnüssen, eines seiner Pfarr-Kinder von der Tauffe, Beichtstuhl und
Abendmahl stossen, und, da sich einer, eines widrigen anmasset, der gesetzten
Straffe erwarten solle. So hat auch Pufendorffius de habitu
relig. ad rcmp. §. 45. in fine dieses Argument sehr wohl bestätiget.
Quia porro, spricht er, etiam Doctores officium suum negligenter, aut prave
obire, adeoque dissidia & offendicula contra doctrinam a Christo
traditam gignere queunt, Rom. XVI. 17. summorum
imperantium est constituere, qui in Doctores Ecclesiae inspectionem habeant,
eosque, si a limine aberraverint, corrigant, aut coërceant. Etsi, cum isti
quoque inspectores sint homines a peccatis non exemti, curandum sit, ne istorum
potestas nimis sit libera, sed ut & ipsi a reddendis rationibus non sint
immunes & coram Principe & Consistorio in cum finem constituto
conveniri queant, si & ipsi limites officii migrasse & ministro
cuipiam injuriam fecisse arguantur. Ista omnia cum ad bonum ordinem in Ecclesia
faciant, & vero a nemine commodius procurari queant, quem a summis
imperantibus, manifestum est, principes ut primaria membra Ecclesiae istarum
sibi rerum curam recte vindicare. Absonderlich aber derer Braunschweigischen
Kirchen-Ordnungen nicht zu vergessen, so ist in der Anno
1569. zu Wolffenbüttel publicirten
Kirchen-Ordnung sub Titulo: Censur oder Disciplin der Kirchen p. 247.
seq. gleichfalls ausdrücklich constituiret, und anbefohlen, damit bey der
Excommunication nichts unordetztliches auch
|| [146]
nicht
privato judicio, sondern alles besserlich und erbaulich gehandelwerde, daß
darinnen folgende Ordnung gehalten werden solte: nemlich, daß nach vorher
gegangener Privat Vermahnung des Pfarrers, dieser
solches dem Special-Superintendenten berichten, solche
beyde nebst zweyen Kirch-Vätern die ärgerliche Person beschicken solten. Und
wenn auch dieses nicht helffen wolte, solten diese vier letztern solches alles
dem General-Superindententen schrifftlich fürbringen,
derselbe folgends die Handlung an das Consistorium
gelangen lassen; und daselbst solte erstlich, nach gnungsam vorhergegangener
Erkäntnüß und daselbst ausführlicher beschriebenen Proceß die lasterhaffte
Person excommuniciret und von Gebrauch des heiligen
Nachtmahls ausgeschlossen werden. Und ist auf diese vorgeschriebene Ordnung von
denen Predigern in Hertzogthum Braunschweig desto mehr zu reflectiren, weil
dieselbe nicht nur von Hertzog Heinrich Julio, und zwar unter andern auf
Veranlassung, daß die Prediger mit der Kirchen-Disciplin und Auflegung der
öffentlichen Busse allerley Ungleichheit und Unrichtigkeit fürgenommen, und zum
Theil nach ihren eigenen Wohlgefallen bißweilen auch um ihrer Privat-Sachen und
Irrungen willen, so sie oder ihre Angehörige mit den Leuten gehabt, dieselbe von
der heil. Tauffe, Absolution und Nachtmahl Christi abgewiesen, auch öffentlich
von der Cantzel, nicht mit der Schrifft, sondern Ehrenrührigen Schmähe-Worten
nahmhafftig und auf das ärgste ausgemacht, und nach ihren eigenen Gutdüncken mit
der öffentlichen Busse beleget, anno 1593. wieder verneuert, sondern auch diese
Constitution von Hertzog Augusto Anno 1651. der zu Wolffenbüttel gedruckten
Cantzley-Ordnung angehenget worden. Siehe Hertzogs Augusti zu Braunschw. Cantzley-Ordnung p. 769.
seq. Fürstl. Ausschreiben wegen Handhabung der Fürstl. Kirchen-Ordnung und
verordneten Consistorii.
((IV) Und zwar dieses alles von Rechtswegen.)
Gleichwie aber die Ausschliessung von Abendmahl wenn sie zu dem geistlichen von
GOtt und Christo anbefohlnen Amt der Prediger gehörete, welch es sie auch wider
die Fürsten selbst zu exerciren befugt wären, von der weltlichen Obrigkeit nach
der vorher erzehleten Weise durch weltliche Ordnungen und Gesetze nicht hätte
also beschnitten und eingeschräncket werden können, also würde auch IV. dieselbe
noch vielweniger durch die weltliche Christliche und Evangelische hohe
Landes-Obrigkeit können oder dörffen abgeschafft werden, indem bey denen
Evangelischen ausgemacht, daß die Könige und Fürsten keine göttliche Ordnung und
Befehl
|| [147]
so alle Menschen oder auch alle Christen
angehet abschaffen können, oder sich auch solches zu thun jemahls unterstanden
hätten. Nun hat aber Pufendorffius(Nach der Lehre
Pufendorffii.) diese Abschaffung, derer Möglichkeit und Nutzbarkeit
dergestalt dargethan, daß es an besten seyn wird, wenn seine Worte selbsten
hergesetzet werden, zumahl sie hiernechst die bißherigen Argumenta zugleich
bekräfftigen. Quae causa fuerit, sagt er, de habitu relig. §.
47. ut Christiani primitus disciplinam aliquam sancirent, ob licentiam
morum & laxitatem legum civilium inter ethnicos, quo ab hisce morum
sanctimonia distinguerentur, supra expositum est. Ea causa, postquam universae
civitates ipsis cum Principibus sacra Christiana sunt amplexae, hactenus
expiravit, quod non amplius ista morum sanctimonia ad pudorem ethnicis
incutiendum faceret, cum hisce exterminatis jam omnes cives ad parem morum
puritatem contenderent. Enim vero cum post conversionem totius civitatis
haudquaquam cura sanctimoniae remissior esse debeat, jam quaestio surgit: Utrum
praestiterit, disciplinam Ecclesiasticam relinquere eo, quo antea fuit, loco; an
vero non nihil candem alterare, postquam summi imperantes Ecclesiae accesserunt?
ubi posterius utique adserendum videtur, quod non solum illa disciplina tali
modo aut per tales exercita, non sit pars essentialis & perpetua
Christianismi, sed pro tempore introducta ob vitiosas civitatis leges, moresque;
sed &, quia ista facile in abusum trahi, & in genus aliquod
imperii invalescere potest, non sine insigni summorum imperantium praejudicio.
Quod prohibere uti summis imperantibus jus est, velut convulsioni civitatis
ansam praebiturum; ita per eosdem sanctitati morum alia via consuli potest,
suppletis legibus civilibus, ac vitiosis ad tribunal pertractis. Neque enim
apparet, quare contaminati mores non aeque emendari, peccatoresque pudore
suffundi poenis civilibus, quam castigatione Ecclesiastica queant, scandalumque
publice datum aeque per illas quam hanc aboleri. Quodsi aliquis dicat, magis
profici ad sanctimoniam morum per disciplinam Ecclesiasticam, quam poenas
civiles; nam per illam emendari animum, has sustineri posse persistentibus animi
sordibus; ei reponimus, hunc effectum non semper (es wäre nicht zu viel gewesen,
wenn er gleich gesagt hätte: nunquam) obtineri a disciplina Ecclesiastica, cum
& hac quis defungi queat haud correcta animi labe, aut obfirmata in
impudentiam fronte. Et in quibusvis delictis, quae poenis fori humani obnoxia
sunt, expiatio in foro divino per me
|| [148]
dieinam
quaerenda est verbo divino praescriptam, cui ab hoc disciplina Ecclesiastica
haudquaquam annumeratur. Non enim ideo peccata remittuntur, quia quis
disciplinam Ecclefiasticam subiit, sed quia animum per sanguinem Christe fide
adplicitum emendavit. Quodsi tamen expedire videatur, certum genus vitii
castigationi Ecclesiasticae subjici, optimum erit, id definiri a judice civili,
talemque hominem ab hoc ad ministros Ecclesiae remitti ad castigationem
recipiendam. Ut omnino penes Christianos Principes sit definire, quaenam delicta
poenis civilibus, quaenam castigationi Ecclesiasticae subjicienda sint;
& circa haec quoque sibi sententiam reservare, quem gradum castigationis
Ecclesiasticae delinquens fubire debeat; ministris Ecclesiae executionem
demandare. Atque isthoc praecipue circa bannum observandum est, ut nempe ejus
infligendi potestas non relinquatur arbitrio ministrorum Ecclesiae, sed ut ad
hocce nonnisi de sententia summorum imperantium procedi queat. Nam in civitate
meris Christianis constante eundem fere illud effectum cum capitis diminutione
habet, ac hominem inter Christianos infamem, atque intestabilem efficit, eoque
& ad conditionem civilem effectus suos porrigit, de qua statuere in
civitate penes neminem, quam summos imperantes, salvo quidem horum imperio, esse
potest. Die letzten Worte Pufendorffii sind sonderlich wohl zu mercken, weil sie
zugleich die Ursache anzeigen, worum auch der kleinere Kirchen-Bann für eine
weltliche Straffe gehalten werden müsse, indem ja nicht zuläugnen, daß auch
diejenigen denen die Absolution versaget wird, und die bloß von Abendmahl
ausgeschlossen werden, an einen Ort wo lauter Christen wohnen von denen übrigen
insgesamt als unehrlich angesehen werden. Wannenhero es dann nicht nur eine
unzuläßliche That seyn sondern auch eine hohe Bestraffung meritiren würde, wenn
ein Evangelicher Prediger seinen Landes-Herren, obwohl vergebens, dennoch so
viel an ihn ist, durch Ausschliessung von dem Abendmahl unehrlich zu machen sich
unterstehen wolte. Damit aber hierbey des Seel. und um Ausbreitung der Wahrheit
höchst meritirten Barons von Pufendorff etwa noch hier und dar sich befindliche
Feinde nicht excipiren möchten, daß dessen Zeugnüß in rebus Ecclesiasticis nicht
passiret werden könne, sondern man in diesen Fällen rechte Orthodoxos (Und des Lutherischen Theologi D.) zu rathe ziehen
müsse, so kan auch zu Beweisung dieses 4ten Arguments der Beyfall eines
unstreitig orthodoxen und um den Seel Lutherum so wohl als die gantze
Lutherische Kirche wohl verdienten Theo
|| [149]
logi D.
Johannis Matthesii angezogen werden, zumahl solches die Herren(Johannis Matthesii.) Theologi Wittebergenses, die
sonsten nimmer würden zugelassen haben, daß etwas dem Predigamt nachthelliges
ihren operi wäre inseriret worden, für würdig geachtet, daß sie es denen
Consiliis Wittebergensibus Parte 1. num. 13. f. 885.
seq. mit einverleiben lassen. Denn da wohlgedachter D. Matthesius vorher
zwar supponiret, daß es gut wäre, wenn die Kirchen-Zucht zu erhalten der
Kirchen-Bann wieder eingesetzet, und von den Päbstischen Mißbrauch gesäubert
würde, (zu welchen Mißbrauch auch der Mißbrauch der Evangelischen Prediger
gehöret, davon beym vorigen dritten Argument breitere Meldung geschehen) so sey
es doch in diesen thörichten und rasenden Alter der tollen und vollen Welt nicht
zu hoffen, ja auch nicht zu rathen, es diene und nutze uns auch nichts
&c. Wenn Gottsfürchtige, fromme, Christliche Obrigkeit öffentliche
kennliche Ubelthäter und Buben nicht litte, Gottes Lästerer an den Pranger
stellete, und sie also in ihren Amte fortführen und unseumig wären, so thue es
so viel als der Bann. Mit der ersten Kirche habe es eine gantz andre Meinung
gehabt, denn da wäre heydnische Obrigkeit gewesen, die denen Kirchen keine disciplin hätte erhalten helffen, ja da wären viel
öffentliche Sünden begangen worden, die man nicht gestraffet hätte, als Hurerey
Abgötterey u. s. w. derhalben weil die Christliche Kirche des Weltlichen
Schwerts und politischer Macht und Gewalt ermangelt und keinen Rückenhalter
gehabt, wäre es von nöthen gewesen, den Bann zu brauchen, auf daß also das böse
gestrafft und eine erbare Kirchen Zucht und disciplin
mögen erhalten werden. Die weil aber unsere Obrigkeit nun mit in der Kirchen,
und darzu Christlich wäre, könne sie die Prediger des Bannes überheben, wenn sie
sich ihres Amts fleißig annähmen u. s. w. Dieser locus Matthesii kömt cum
doctrina Puffendorffii so genau überein, als wenn dieser denselben in dem oben
excerpirten Orte für Augen gehabt hätte, ja er nutzet uns auch abermahls darzu
daß wir unser erstes haupt Argument damit beweisen, nemlich daß der Kirchen-Bann
quoad originem nicht juris divini, sondern von denen ersten Christen aus Noth an
statt einer weltlichen Straffe gebraucht worden. Denn Matthesius sagt ja
deutlich genung, quod Excommunicatio sit Poena Politica subsidiaria. Ist sie nun
aber subsidiaria, so kan sie auch die weltliche Obrigkeit, wenn sie dieses
subsidii nicht benöthiget ist, wieder abschaffen. Kan sie
|| [150]
aber den Kirchen-Bann gar abschaffen, so würde es absurd seyn zu
statuiren, daß die weltliche hohe Obrigkeit mit demselben beleget werden könne.
((V) Wannenhero auch bey denen Protestirenden von denen
ausaffecten oder sonst unrechtmäßig (auch mit consens des Consistorii) in Bann
gethanen an die weltliche Obrigkeit appelliret wird.)
Es fliesset auch hiernächst V. aus dem, was allbereit beym dritten argument de
Jure Principum inspiciendi acta Ecclesiae, eaque ordinandi & corrigendi
in genere angeführet worden, ein neuer special medius terminus daraus man die
Unförmlichkeit schliessen kan der wieder die hohe Landes-Obrigkeit vorgenommenen
oder auch nur angedroheten Ausschliessung von heiligen Nachtmahl. Denn weil es
per supra dicta gar leicht geschehen kan, daß ein armer unschuldiger Mensch aus
privat affecten von Beichtstuhl weggewiesen, ihm die absolution versaget, und er
also per consequentiam von Gebrauch des Abendmahls ausgeschlossen, und für der
gantzen Gemeine beschimpffet wird, hingegen auch ebenmäßig gar offte sich zu
träget, daß wenn er sich darüber bey andern beschweret, dieselben entweder aus
Partheylichkeit oder Menschen Furcht ihn nicht helffen wollen, als erfordert es
der Ruhestand des gemeinen Wesens, und das Amt Christlicher Regenten, arme
unschuldige zu beschützen, daß dißfalls die Sache gerichtlich erörtert werde,
mithin aber in diesen judiciis eine Ordnung vorhanden sey, damit man, wenn einer
sich auch von judice graviret befindet, an einen höhern appelliren könne. Wie
nun bekant daß im Pabstthum die appellationes von dem untern Clero ad Episcopos,
von Episcopis ad Archiepiscopos, von dar endlich an Pabst in dergleichen Fällen
gegangen; also ist es offenbahr, daß bey Protestirenden Ständen die höchste
provocation an das regierende weltliche Oberhaupt geschehen müsse, welches auch
der kluge und gelahrte Englische König Jacobus wohl angemerckt. Grotius de Jure summarum potestatum circa sacra cap. 9. §. 24.
Diese provocation aber würde umsonst und vergebens seyn, wenn die weltliche hohe
Obrigkeit nicht Macht hätte den unschuldigen nachdrücklich in Schutz zu nehmen,
und die geschehene Ausschliessung zu annulliren, auch die Boßheit des, so sein
Amt gemißbraucht zu bestraffen. Carpz. Jurispr. Eccl. lib. 3.
def. 107. Nun würde aber warhafftig die hohe Landes-Obrigkeit bey denen
Evangelischen übel dran seyn, wenn sie selbst von denen Predigern könte von der
Communion ausgeschlossen werden. Denn wohin sollte sie provociren, da in der
Republique kein höherer ist? Ja sie würde solchergestalt elender dran seyn als
der geringste von ihren Unterthanen, welches auch nur zu gedencken absurd wäre,
indem solchergestalt bey denen Evangelischen alles unter und über würde
geworffen werden, cum tamen Evangelium non aboleat nec turbet
|| [151]
politias. Und ist um so vielmehr zu verwundern, daß Evangelische
Lehrer, sie mögen nun Theologi oder JCti heissen, sich nicht entsehen, den Satz,
daß auch Könige und Fürstenvon Abendmahl ausgeschlossen werden könten, so kühne
in öffentliche Schrifften zu setzen, und auf Universitäten solche Irrthümer als
Evangelische Wahrheiten denen Studenten beyzubringen, da doch schon vor langer
Zeit unter den Pabstthum die Frantzösischen vindices juris Regii aus diesen
Principio geschlossen haben, daß hohe Obrigkeiten in Betracht dieser ihrer
Jurisdiction mit Kirchen-Censuren keines weges beleget werden könnten. Grotius
d. l. §. 26. Damit man auch hierbey nicht etwann
einwerffen möchte, daß in diesen Argumento zuförderst darauf gesehen werden
müsse, was an Evangelisch-Lutherischen Orten in Gebrauch sey; so kömmt demselben
hauptsächlich zu statten, daß in Chur-Sachsen auch von denen Consistoriis an die
weltliche Regierungen die Appellationes pflegen gerichtet zu werden, und ob
gleich das Ober-Consistorium zu Dreßden, weil es zugleich das Amt eines
Ober-Kirchen-Raths praesentiret, in diesen Ansehen keiner Appellation
unterworffen, so ist doch kein Zweiffel, es weiset es auch die tägliche Praxis,
daß wenn unschuldige Leute auch von dem Ober-Consistorio zu Dreßden graviret
werden, sie sich an das Geheimde Raths-Collegium per modum supplicationis, (die
in effectu so viel ist, als wenn dahin appelliret würde) wenden können, auch von
daraus an das Ober-Confistorium gebührende Weisungen und Correctiones abgehen.
Sächsische Kirchen-Ordnung tit. von Ober-Consistorio §. es soll aber doch Carpz. Jurispr. Eccl. lib. 1. def. 12. Titius in der Probe des
geistl. Rechts lib. 1. c. 6. §. 81. & 86.
Ferner so zeiget auch VI. die Natur und Eigenschafften des Kirchen-Banns, ((VI) Weil die Protestirenden Fürsten Jura Episcopalia
haben, und kein Clericus seinen Bischoff mit dem Kirchen-Bann belegen
kau.) daß man weder mit den kleinern noch grössern Excommunication wider
Könige und Fürsten verfahren könne. Es muß allerdings auch in der Kirchen eine
Ordnung seyn, damit alle Confusion als welche allen menschlichen Gesellschafften
zuwider ist, und sie ruiniret, vermieden werde. Es kan ein Geistlicher keinen
höhern Geistlichen der über ihn ist, weder mit dem kleinen noch grossen
Kirchen-Bann belegen, ja er darff nicht einmahl alle Leyen von Abendmahl
ausschliessen, sondern nur diejenigen, die seine Parochianen oder eingepfarrete,
oder wie sie reden, subditi in illa Ecclesia sind, geschweige denn daß er einen
Bischoff, noch vielweniger aber seinen ihn vorgesetzten Bischoff, als der alle
Clericos in seiner Dioeces unter seiner Jurisdiction hat. Ziegl. de Epis. III. 25. von Abendmahl auszuschliessen sich
unterfangen sollte. De
|| [152]
rowegen hat man nicht
alleine in Pabstthum zu allen Zeiten drüber geeiffert, wenn ein Geistlicher
dergleichen Excess begangen, sondern es nehmen auch die Lehrer unserer Kirchen
so wohl Theologi als JCti diese Hypothesin einmüthig an. can.
nullus C, 9. qu. 2. Hincmarus Remensis Epist. cap.
3. Hülsemannus de Correptione fraterna §. 18. pag.
242. seq. ubi notanter dicit, per usurpationem potestatis quamcunque,
sive ordinis dicatur, sive jurisdictionis, in non
subditum omnium schismatum & haeresium prima semina jacta esse,
& latius taxat factum Epiphanii contra Johannem Chrysostomum, ex hoc
fundamento, Ziegl. ad Lancell. II. V. 10. p. 358. 360.
Idem de Episcop. l. 3. c. 11. §. 29. 35. 36. 37. & c.
25. integr. Nun ist aber offenbahr, daß durch die Grund-Gesetze des
Heil. Römischen Reichs die Protestirenden Stände alle Jurisdictionem Episcopalem
erhalten haben, auch dieselbe hernach ihren Consistoriis solche mittheilen, oder
vielmehr durch ihre Consistorial-Räthe dieselbe exerciren lassen, unter diesen
Consistoriis aber alle Prediger ihrer Lande als subditi zustehen und von ihrem
Thun und Lassen, auch so viel ihre functionem ordinis betrifft, Rede und Antwort
zu geben schuldig sind. Heinric. Gebhardi de potestate sive
Regimine Ecclesiastico n. 219. apud Fritsch. in Jure
Eccles. p. 145. Michael Havemannus de jurc Episcop.
tit. 4. §. 4. Ibid. p. 342. Dannenhero auch
vernünfftige Doctores schon öfters behauptet, daß Evangelische Fürsten auf
gewisse Masse und in gebührendem Verstande, könten das Haupt ihrer Kirche
genennet werden. Conring. de autor. & offic. Magistr.
civil. circa sacra th. 136. Ibid. p. 297. Dn.
de Rhez de Jure circa sacra c. 3. n. 3. p. 58. Ja daß
mit Fug und Recht von ihnen gesagt werden könne, sie wären Pabst in ihren
Territorio. Dn. de Rhez d. l. c. 5. n. 18. p. 91. Stryke
dissert. integra de jure Papali principum
(Auch der Fürst kein Parochianus, sondern der
Hof-Prediger eigentlich sein Hauß-Prediger ist.) protestantium. Und möchte man hiernächst wohl fragen von welchen
Prediger denn ein Evangelischer Fürste nach dieser Hypothesi solte vom Abendmahl
abgehalten werden. Gewiß von Stadt und Dorff-Priestern nicht, denn sie pflegen
ohne dem nicht daselbst das H. Nachtmahl zu gebrauchen. Wie wolte aber der
Schloß-oder Hof-Prediger darzu kommen, daß er sich die Macht heraus nehmen
solte, seinen Fürsten als einen Parochianen zu excommuniciren, da er doch keine
Parochie hat, weil die Schloß-Kirche nichts anders als Ecclesia domestica
principis oder des Fürsten Hauß-Kirche ist, welche die ministri principis, die
sonst in Ansehung ihrer Wohnungen in der Stadt anderswo eingepfarret sind, nur
als Diener des Fürstlichen Hauses besuchen, und sich auch in eben diesen regard
derer Sacramenten daselbst bedienen, dannenhero auch in Theologia
|| [153]
Systematica dergleichen Hoff-Kirchen pflegen
Ecclesiae incompletae genemet zu werden. Voëtius Polit.
Eccles. Part I. Tract. 1. l. 1. c. 5. p. 76. Da nun ein Hoff Prediger
so unverschämt seyn solte, daß er gegen seinen Fürsten den Binde-Schlüssel
brauchen oder denselben nur damit betrohen wolte, würde solches eben so
unverschämt ja nach unförmlicher herauskommen, als wenn ein armer Praeceptor,
den ein ehrlicher Bürger angenommen hätte, ihm und seinen Kindern und Gesinde
die Postille zu lesen oder auch aus seinen eigenen Kopffe die Evangelia zu
erklähren sich eines Straff-Amts gegen diesen ehrlichen Mann, der ihn alle
Augenblick die Schippe geben könte, und dem er seine subsistenz zudancken hätte,
unterfangen, ihn hoffmeistern, reprimendiren, und von seinen Weib und Kindern
bey Lesung der Postille absondern wollte; gesetzt auch daß dieser Praeceptor
(wie es nicht eben unmöglich ist) zu dieser function wäre ordiniret worden.
Wolte nun etwann jemand hierbey einwenden, daß dieser Satz,((VII) Noch weniger kan ein Evangelischer Fürst von H.
Abendmahl ausgeschlossen werden, wenn er gleich in faveur der Päbstischen
Religion etwas begienge.) von der Unbefugnüß des Predig-Amts ihre
Principes zu excommuniciren, zwar quoad regulam ihre Richtigkeit habe, aber
doch, wie insgemein alle Reguln, ihre exceptiones leide, und sonderlich eine
Ausnahme davon gemacht werden müsse, wenn ein Evangelischer Fürst etwas begehe,
das der Päbstischen Religion favorisire, und daraus der Lutherischen Religion
ein grosses praejudicium zu wachsen könne, so wäre doch VII. auch hierauff
leichtlich zu antworten; 1) daß diese exceptio mit nichts bewiesen werden könne,
und es eben so absurd sey, an diese exception zu gedencken, als wenn man
deliberiren wolte, ob ein Mensch den die eine Hand abgehauen wäre, doch nicht in
gewissen Fällen damit zugreiffen könte. Was aber etwann oben ex numero V.
rationum dubitandi zu colorirung dieser exception angeführet werden könte,
darauf soll schon unten gebührend geantwortet werden. 2) Da nun diejenigen, so
sich auff diese exception beruffen dörfften, dieselbe zu beweisen unvermögend
sind, darff es uns eben nicht zugemuthet werden das Gegentheil zu beweisen,
indem es genug ist, daß wir die bißher ad nauseam usque demonstrirte Regul für
uns haben. 3) Es kan aber dennoch zum Uberfluß gar leichte gezeiget werden, daß
Evangelische Prediger sich auch sub hoc praetextu, und zwar noch weniger, als
wegen andrer Ursachen, des Binde-Schlüssels contra Principem anmassen können.
Denn ob es wohl an dem ist, daß der Zwiespalt und die Uneinigkeit zwischen denen
Teutschen Reichs-Ständen fast eintzig und alleine denen unterschiedenen
Religionen auch in denen Reichs-
|| [154]
Gesetzen
pfleget zugeschrieben zu werden. R. I. de anno 1516. §. Und erstlich R. I. de
anno 1541. pr. ibi: den beschwerlichen Zwiespalt und Mißverstand so verschiedner
Jahren in den H. R. R. teutscher Nation, unser heiligen Christlichen Religion
halber fürgefallen ist, voraus unter gemeinen Ständen des H. Reichs allerhand
Mißtrauen und ander Unwille erfolgt seyn mag R. I. de anno 1544. §. Und dieweil
aber ibi: Bedencken auch, was schweres Mißtrauen, Trennung und Wiederwillen
solche Spaltung bißhero verursachet. R. I. de anno 1548. §. Und nach dem wir
ibi: daß solcher Zwiespalt eine gewisse Wurtzel und Haupt Ursach ist alles
Ubels, Unglücks, und Unfalls teutscher Nation &c. R. I. de anno 1555. §.
Und als. und es dannenhero scheinen möchte, als ob Evangelische Lehrer auff alle
Art und Weise zu wachen befugt wären, und alle Mittel zu brauchen und
vorzusuchen hätten, damit die Papistische Religion an denen Orten da die
Evangelische Religion alleine floriret, keinen Fuß bekommen, oder sonst der
Lutherischen Religion etwas zum praejudiz gereichen könte; so ist doch
dergleichen consequenz gantz unzulänglich, und würden Evangelische Prediger,
(denen man sonsten ihr Amt die reine Evangelische Lehre mit gebührender
Bescheidenheit und Sanfftmuth nach dem Geist Christi (dessen, und nicht des
Geistes Eliä Kinder sie seyn sollen) vorzutragen gantz nicht disputirlich machen
will), dadurch nur ihre allotrioepiscopiam und Begierde in ein frembd Amt
einzugreiffen zu verstehen geben. Denn es kömt ja auch Principibus cura
religionis zu. Alle Mittel nun, die nach einer weltlichen Gewalt nur schmecken,
als wie per hactenus demonstrata der Kirchen-Bann unstreitig ist, gehören der
weltlichen Obrigkeit zu, denen Predigern aber bleibt das bitten, flehen,
vermahnen, auch straffen (aber ein ohngewaltsames und freundliches straffen,
nach dem dicto: der Gerechte straffe mich freundlich) nur alleine übrig.
Zumahlen da der Zwiespalt und Uneinigkeit der unterschiedenen Religions
Verwandten, nicht der unterschiedenen Religion selbst, auch nicht der weltlichen
Obrigkeit und Politicis, (wie dieses beydes durch das Exempel des Holländischen
Staats klar und handgreifflichen erwiesen wird) sondern denenjenigen in allen
Religionen zuzuschreiben ist, über die ein berühmter und gottseeliger JCtus mit
folgenden Worten klagt. Quamvis huic pestifero ac infanabili discordiae malo
babylonico multas per pacificationes obviam itum fuerit, animi tamen exacerbati
proh dolor! nondum quiescunt, & mutua odia nondum sublata sunt, quin
potius per acerbas con
|| [155]
flictationes &
lochomachias scholasticas hactenus crevere, apud eos maxime, qui magnis suorum
viribus niti videntur. Quae res sane, si efficacissimum remedium non accipit,
non potest non ruinam Reipublicae nostrae ad incitas redactae referre. Ahasv.
Fritsch in Annot. ad Anton. Fabr. de relig. regend. p.
309. So erfordern auch nun schon von langer Zeit(Indem diese Außschliessung wieder die Reichs-Gesetze wäre.) her die
Reichs-Gesetze, daß in dem H. Römischen Reich die Papistische oder Catholische,
Lutherische und Reformirte gleich gedultet, Rel. Friede de ann. 1555. verb. doch sollen alle andre. Instrum. pacis Westphal.
artic. 7. v. ult. und ohne daß eine Parthey die
andre mit Ketzerischen Nahmen und sonsten beschimpffe, ihnen gleiches Recht in
H. R. Reich zu stehe und gelassen werde, auch niemand, er sey wer er wolle,
Geistlicher oder Weltlicher, wieder diese Reichs-Gesetze, weder mit disputiren,
schreiben, rathen, lehren und predigen, es geschehe solches heimlich oder
öffentlich, sich vergreiffen, dieselbe anfechten, in Zweiffel ziehen, oder
solche Lehrsätze die dem Sinne derselben zuwider sind, daraus herzuleiten, sich
unterstehen solle. d. Instrum. pac. artic. 5. §. utriusque
religionis 50. Dannenhero ist dergleichen unzeitigen Zeloten sehr zu
recommendiren, daß sie die Worte eines andern vortreflichen JCti wohl erwegen
und zu Hertzen fassen. Cogitent Theologi, num rerum suarum satagant, qui a
religione (aut ab intentione in causis religionis: nam
est par ratio) Domini territorii diversi, eandem non raro gravioribus, quam par
erat, verbis, proscindere, haereticae nomine efferre, vel damnare non verentur.
Et hinc non raro contingit. ut Dominus, quem commotum reddidere Theologi, vel
exercitium religionis ipsis adimat, aut, si mitius quandoque agat, ministrum ad
talia pronum juste ab officio removeat. Non impedit, quod vulgo jactant, quod
conscientiis laquei non sint injiciendi. Qualis enim est laqueus, si secundum
leges vivere jubearis. Nec secundo obstat, quod pacta cum subditis sint
servanda, quibus in territoriis plerorumque Statuum imperii hoc est annexum,
quod sacra eorum illibata esse debeant, quia non sacris per has leges modus
dicitur, sed tantum, ut secundum leges cultus instituatur, & verbum Dei
doceatur, praecipitur. Damnare vero eos, vel haereticos dicere, qui in Imperio
Romano-Germanico jus sacrorum habent, legibus publicis omnino abominabile
habetur. Non inconcinne itaque omnes Status Imperii illis, qui a Concionibus in
territoriis suis sunt futuri, praescribere possunt, imo tenentur, juxta dictum §. utriusque 50. ne in
|| [156]
vehantur in dissentientes & in Imperio religionis
intuitu receptos. Dn. (Auch die Ketzermacherey eine von
denen gröbsten Brocken des politischen Pabstthums ist.) de Rhez de jure princ. circa sacra cap. 4. n. 7. p. 76.
Derowegen, wenn man Evangelischen Predigern nur dieses einräumen würde, daß sie
um Religions-Sachen oder Ketzerey willen die hohe Landes-Obrigkeit
excommuniciren könte, würde das völlige Pabstthum unter uns einreissen, denn
dadurch hat der Pabst seine Thranney am meisten befestiget, daß er erstlich dem
Volck weiß gemacht, die Ketzerey sey das allerschändlichste Laster, und ärger
als der Teuffel selbst, indem man noch niemahln den Teuffel einen Ketzer
gescholten; und nach dieser persuasion vermittelst der Päbstischen oder
Spanischen Inquisition viel tausend arme unschuldige Seelen zum Feuer verdammt,
und jämmerlich verbrennen lassen; auch unter dem praetext der Ketzerey Könige
und Fürsten excommuniciret hat. Denn da er einmahl das arme Volck durch den
Popantz der Ketzerey hatte zu fürchten gemacht, war er hernach capable alle
ehrliche Leute unter diesen praetext zu verfolgen, indem auch dieses für eine
Ketzerey gehalten wurde, wenn man sich nur des juris Regii annehmen und
behaupten wolte, daß der Pabst die Könige nicht in Bann thun könte, oder auch
nur sonst in geringsten nach des Pabsts und seiner Clerisey Pfeiffe zu tantzen
sich wegerte. Petrus Molinaeus de poenitentia lib. 8. cap.
29. ubi rem plurimis exemplis demonstrat. So werden auch von denen
Orthodoxesten und eyffrigsten Lehrern selbst nicht alle Papisten mit ihrer
Religion für so arge und greuliche Ketzer gehalten, daß man ihrenthalben so ein
Lermen in der Kirche mit excommuniciren und dergleichen wüten machen solte.
(Dieses wird mit einen merckwürdigen casu erläutert bey
welchen die Theologi Wittebergenses den Unfug dergleichen Ketzermacherey
erkennet.)
Es ist der casus sehr merckwürdig, der sich anno 1561. zu Bautzen zugetragen,
daselbst hatte ein Catholischer Closter-Vogt, der in der Päbstischen Religion
erzogen und gebohren war, sonst aber die Lutherischen Kirchen besuchte, auch
daselbst zum öfftern zu Gevattern gestanden, seinem Eheweib nicht verstatten
wollen, daß sie das Nachtmahl unter beyderley Gestalt nehmen solte, und sie
drüber ohne Empfang des Abendmahls sterben lassen, wie er denn selbst beständig
das Abendmahl unter einerley Gestalt in einen Catholischen Kloster gebrauchte.
Die serhalben hatten ihn die Evangelische Prediger zu Bautzen von ihrer Kirche,
daß er daselbst nicht mehr Predigt hören noch zu Gevattern stehen solte,
excommuniciret, der Klostervogt aber hatte dieses, wie billich, als eine
weltliche Befchimpffung angenommen, und es dahin gebracht, daß denen
Evangelischen Predigern so lange ihre accidentia, die
|| [157]
sie aus dem Kloster zufordern hatten, abgeschnitten seyn solten, biß sie den
Klostervogt restituiret, und ihre excommunication wieder aufgehoben hätten.
Dieser Fall, als er der Theologischen Facultät zu Wittenberg fürgetragen worden,
hätte man vermeinen sollen, sie würden der Zeloten Fürnehmen justificiren,
zumahl es gleichwohl ein schreckliches praejudiz der Lutherischen Religion zu
seyn schiene, daß dieser Catholischer Mann seine Evangelische Frau an den
Gebrauch des heil. Nachtmahls gehindert, und sie gleichsam zur Catholischen
durch Brauchung des Nachtmahls sub una überzutretten hätte zwingen wollen, auch
sie so dahin sterben lassen. Alleine Domini Wittebergenses waren gantz andrer
Meinung: Sie antworten ausdrücklich, daß die Evangelischen Prediger mit
Unverstand geeyffert, und zum Nachtheil der Lutherischen Gemein und Kirchen
verfahren hätten. Ja sie gehen noch weiter, und halten dafür, daß dieser
Papiste, weil er sich erklähret daß er in dem Haupt-Articul Christlicher
Religion zu den Symbolis, Apostolico, Nicaeno und Athanasio sich bekenne, (wie
denn solches alle Papisten thun) und sonderlich in Articulo Justificationis mit
unserer Kirchenlehre als in fundamento einig sey, (worinnen auch sehr viel
Papisten heut zu Tage mit uns einig seyn, wie anderwärts ausgeführet worden,)
als wolten sie das übrige von seiner päbstischen Religion für Heu und Stoppeln
halten, (daß er nemlich in so vielen Jahren nicht dahin gebracht werden können,
daß er verstünde, wie die alten Patres Ecclesiae nicht mit denen Papisten,
sondern mit uns und der Augspurgischen Confession einig wären, und daß der
Articul de Sacramento sub una allen denen alten Patribus neu und unbekant sey,)
welches alles der Probe des Feuers der Anfechtung überlassen, nicht aber als
solche Sachen angesehen werden müsten, darüber Evangelische Prediger dergestalt
zu eyffern Ursache hätten. Confil. Witteb. Part. 2. tit.
von Lehr- und Straffamt fol. 101. seq. Es wird
hoffentlich nicht unangenehm seyn, daß man bey Beschluß derer rationum decidendi
diesen casum ein wenig ausführlicher angeführet, weil er mit dem casu, wegen
welches diese erste Frage formiret worden, viele Gemeinschafft zu haben
scheinet, und viele gute Lehren von jenen Fall auff den gegenwärtigen appliciret
werden mögen.
Nunmehro aber wird auf die obangeführten rationes dubitandi(Beantwortung der obigen-Zweiffel und was hierbey
ü-) leicht zu antworten seyn, wenn nur dieses hauptsächlich in acht
genommen wird, weil die Autores daraus man dieselben rationes genommen, guten
Theils gewohnet sind, und gleichsam pro fundamentali
|| [158]
(berhaupt zu beobachten.) & systematica
arte halten alles unter einander zu werffen, und wie etwan die Leguleji und
Rabulae mit dem Corpore juris umgehen, die dicta scripturae mit greulicher
Marter auf falsche und gefährliche Lehren zu appliciren, auch falscher und
sophistischer consequenzen, wenn nur dieselben von andern, die in Autorität
sind, einmahl canonisiret worden, sich allenthalben zu bedienen, und als
Glaubens-Articul darüber zu halten; daß man die untereinander geworffene Dinge
kürtzlich separire, die zermarterten loca scripturae deutlich andeute, die
sophistischen consequenzen handgreiflich weise, und alsdenn dem Leser überlasse,
was er mit der also entlarfften und entblösseten unvernünfftigen, ja dem
Pabstthum nunmehro gleichsehenden Autorität machen wolle.
(Auf den (I) Zweiffel.)
Wenn man nun den nervum der I. Rationis dubitandi ein wenig genauer erwegt, wird
sich befinden, daß diese hauptsächlich darauff hinaus lauffe, das Amt derer
Prediger sey ein Amt, das von der weltlichen Obrigkeit in geringsten nicht
dependire, daß diese ihnen darinnen was fürzuschreiben solte Macht haben,
sondern es dependire von GOtt alleine, weil es Christus unmittelbar eingesetzt
habe. Und pflegt dann hierbey zum öfftern in dieser und andern dergleichen
controversen aus der heiligen Schrifft angeführet zu werden, was dieselbe von
der Macht der Propheten und Apostel lehret, das übrige nimmt man aus denen
Exempeln der ersten Christlichen Kirchen, die man fein weit, und zum wenigsten
bis auf die Zeiten der ersten 5. Seculorum auszudehnen pfleget, und hält sich
dabey an längsten auff, weil man daselbst viel materie antrifft, damit man denen
unverständigen einen Dunst für die Augen (1) Auß der
unmittelbaren Einsetzung des Predig-Amts von Christo folget keines weges,
daß solches nicht auch von Christlicher Obrigkeit dependire. Welches schon
von) machen könne. Nun sey es ferne, daß man dem Predigamt disputirlich
machen wolte, daß es nicht von Christo unmittelbar sey eingesetzet worden.
Alleine dieses kan man in geringsten nicht absehen, wie hieraus folgen wolle,
daß das Predigamt deßhalb gantz independent sey, und daß ihm in Gebrauch
desselben kein Einhalt von Christlicher Obrigkeit geschehen könne. Denn Anfangs
(1) ist gar keine connexion zwischen beyden propositionibus, und hat solches
schon zu seiner Zeit Grotius de jure summarum potestatum
circa sacra c. 4. §. 1. gar schön ausgeführet: Quod non summae
potestates sed Christus ipse Pastorale munus instituit, quod functionis suae
regulas, quantum quidem ad ipsam muneris quasi substantiam attinet, a Christo
accipiunt, non a summis Potestatibus, & quod eatenus Pastores non sunt
summarum Potestatum sed Christi Vicarii: Haec omnia de jure Imperii nihil
deminuere alia
|| [159]
rum rerum exemplis apparebit.
Potestas parentum in liberos, maritorum(Grotio
handgreifflich bewiesen worden.) in conjuges, non ab ullo humano
instituto primitus, sed ab ipso Deo originem & jus suum accepit. Et
tamen summis Imperiis hanc quoque subjici, quanquam illis ipsis imperiis
antiquiorem, quis negaverit? Medica quoque functio a Deo est, autore naturae, ut
pastoralis a Deo autore Gratiae, & regulas exequendi muneris sui
praecipuas a natura atque experientia accipit medicus non a summis Potestatibus,
neque vice summae Potestatis fungitur, cum medicinam facit. Et tamen non
impediunt haeo omnia, quo minus Medica functio subsit summarum potestatum
imperio. De Agricultura, de Mercatura, de caeteris artificiis atque opificiis
eadem est ratio. Quin & is, qui pro tribunali jus dicit, quanquam a
summa potestate munus suum acceperit, ejusque vices obeat, non tamen omnes
judicandi regulas a summa Potestate accipit. Nam Deus ei praecipit, abstinere a
donis eapiendis, nihil per gratiam, nihil odio facere, sublevare pupillos,
& reliquam alienae opis egentium turbam, multaque alia ejusmodi. Ita ut
vel hinc cuivis appareat, quam sit contra vim imperii imbecille argumentum, quod
a divina mandatorum praescriptione ducitur. Quod vero Pastores non tenentur
parere summis potestatibus vetantibus a Deo jussa, aut vetita jubentibus. in eo
quoque nihil est singulare- Nam privato cuivis tantundem est juris, non in
sacris modo sed in aliis quoque rebus. Quin & Judex, qui judicandi
partes a summa potestate mandatas accepit, ab eadem jussus contra aequum
& bonum judicare, non tenetur obedire, imo tenetur non obedire. Quae
manifestum est, non eo venire, quod aut privatus, aut judex subjectus non sit
summis potestatibus, (id enim, nisi amens, nemo dixerit) sed quia &
summae potestates & ipsi Judices ac privati Deo subjacent: pugnantibus
antem imperiis necesse est, ejus Imperium praeferre, qui superior sit altero.
Errant igitur graviter, qui, ut hic paria discriminant, discriminata confundant,
actiones scilicet atque perpessiones. Agere contra legem Dei, aut quae ex lege
Dei agenda sunt, omittere, nec pastori, nec Judici, nec privato licet, neque in
sacris, neque in profanis rebus. Pati vero illata mala, sacrae sive profanae
legis obtentu licet & privato, & Judici, & Pastori, imo
eatenus etiam necesse est pati, ut non liceat aut per vim resistere, aut
quicquam extra ea, quae Deus diserte imperat, contra humanum imperium facere.
|| [160]
(2) Zumahl da unsere Prediger ihr Amt unmittelbar von der
weltlichen Obrigkeit als Unterthanen erlangen.)
2.) Ob schon aus diesen Loco Grotii zur Gnüge erhellet, daß wenn auch gleich
unsere heutigen Prediger ihren Beruff unmittelbar von GOtt hätten, wie ehe
dessen die Apostel, dennoch die praetendirte Independenz von weltlicher
Obrigkeit daraus nicht würde behauptet werden können; So verliehret doch ihr
Schein-Argument noch mehr von seiner eingebildeten Krafft, wenn man erweget, daß
derer heutigen Prediger Vocation zwar ursprünglich und in Ansehung der
Einsetzung des Predig-Amts divina, aber respectu des unmittelbahren Beruffs
menschlich sey, indem sie von Menschen zu einer gewissen Gemeine vociret,
confirmiret, angewiesen und endlich auch ordiniret, auch durch diese Actus
zugleich mit zu Unterthanen der weltlichen Obrigkeit angenommen werden, wenn sie
vorhero dergleichen nicht gewesen. Und ob wohl bekannt, daß viel Theologi in der
Lutherischen Kirchen, so dieses gemerckt, daß die Päbstliche Schul-Lehr de
vocatione immediata divina Cleri hodierni gerne die Studenten und das Volck
bereden wollen; auch diesen Irrthum destomehr Krafft zu geben der weltlichen
Obrigkeit gleichfalls mit der Meinung, quod Deus sit causa non solum originaria
sed & immediata majestatis, geschmeichelt. Hect. Gothofr. Massii interesse Princip. circa relig. Evangel. nebst denen
dahero entstandenen Streitschreifften. So haben sich doch endlich zu unsern
Zeiten auch die sonst sehr eyffrigen und unstreitig orthodox gewesenen Theologi,
dieser absurden Meinung geschämet, und so wohl bey der Wahl weltlicher
Obrigkeit, als bey der Wahl der Prediger, die wehlenden Menschen pro causa
mediata passiren lassen. Joh. Ad. Scherzer System. Theol.
Loc. XXV. de Ecclesia §. 13. n. 2. & loco XXVI. de Magistratu
Politico in Definitione et §. 10.
(Auch 3) die weltliche Obrigkeit ebenmäßig von GOtt
unmittelbar eingesetzet ist.)
3.) Wenn aus der unmittelbahren göttlichen Einsetzung des Predig-Amts einige
Independenz von weltlicher Obrigkeit nothwendig zu schliessen wäre, würde dieses
Argument wider die, so solches brauchen, selbst beweisen, daß auch die Prediger
keine Macht hätten die weltliche Obrigkeit mit ihren geistlichen Bestraffungen
zu belegen. Denn sie lehren ja selbst einmüthig, daß die weltliche Obrigkeit
unmittelbar von GOtt eingesetzet sey. Scherzer d. l. 26. §.
9. & Systematici passim in loco de
Magistratu Politico. Wenn nun der Stand, der von GOtt eingesetzet ist,
keinem andern Stand unterworffen ist, und sich von demselben in seinem Thun und
Lassen darf einreden lassen, so darf auch das Predig-Amt der weltlichen
Obrigkeit nicht einreden. Da sie nun das Letzte nicht wollen zugeben, müssen sie
nothwendig selbst erkennen, daß der Grund, auf den sie dergleichen Schlüsse
bauen, nichts tauge.
|| [161]
4) Ist ja offenbahr, daß, wenn die weltliche Obrigkeit denen(4) Aus der gegen seitigen Meinung wird das gemeine
Wesen zwey köpffigt.) Predigern in denen Sachen so ihres Amts sind,
nichts einreden darff, in einen gemeinen Wesen nothwendig zwey Status
independentes seyn müsten, mithin aber daraus ein zweyköpffigtes unförmliches
Wesen entstehen würde. Denn es glaubet ja jederman und weiß es auch, daß die
Prediger Menschen sind und also ihr Amt mißbrauchen können. Wenn nun die
weltliche Obrigkeit sie darinnen nicht bestraffen darff, sondern, wenn sie
solches verneinen (wie denn ordentlich kein Mensche will unrecht gethan haben)
ihnen ihren Willen lassen muß, so muß nothwendig das Predig-Amt ein Stand seyn
das seinen eigenen Kopff hat, oder gar ist.
Wiewohl diese absurdität noch nicht die gröste ist, sondern es(5) Und die Obrigkeit unter die Füsse des Predig-Amts
getretten.) fliesset 5.) noch eine grössere aus dieser independenz.
Denn sie wollen, daß die weltliche Obrigkeit ihnen, wenn sie bey dem Gebrauch
ihres Amts nach ihren Gewissen thun, nichts einreden solle; und doch wollen sie,
daß die Obrigkeit mit ihren Gewissen dem Predig-Amt soll unterworffen seyn, und
daß das Predig-Amt soll Macht haben, der Obrigkeit, wenn sie das Obrigkeitliche
Amt mißbraucht, einzureden und sie mit der schimpflichen Außschliessung von
Abendmahl zu bestraffen. Dadurch wird aber die weltliche Obrigkeit in der That
mit Füssen getreten, und dem Predig Amt gäntzlich unterworffen, indem kein
regale ist, bey dessen exercitio ein ehrsüchtiger Prediger nicht leicht was zu
tadeln finden, und durch Mißbrauch der heiligen Schrifft mit der weltlichen
Obrigkeit deßwegen eine querelle anfangen, auch leichtlich einen Anhang von
seines gleichen, die ihm beystehen, finden kan, die entweder den Fürsten aus
Furcht des Bannes zwingen, daß er sein Regiment nach ihren Kopffe führen muß,
oder aber er muß gewärtig seyn, daß solche herrschsüchtige Leute unter der Larve
eines göttlichen Eyffers ihn auf den Cantzeln beschimpffen, oder wohl gar die
Land-Stände, samt dem gemeinen Volck wider ihn rege machen.
Und wie bey denen Protestirenden seit der Reformation leider(6) Die praetendirte independenz des Predig-Amts von der
weitlichen Obrigkeit ist der formale Character des Pabstthums. Wie
solches) mehr als zu viel betrübte exempel dieses bekräfftigen; also haben
schon berühmte gelehrte Männer 6) angemercket, daß diese praetendirte
independenz des Predig-Amts von der weltlichen Obrigkeit der formale Character
des Pabstthums sey, und daß die Fürsten, die darinnen dem Clero durch die Finger
gesehen, das Pabstthum mit ihren eigenen Händen haben bauen heissen. Dieses hat
sonderlich ein berühmter und bekanter Christlicher Theologus, der seinen Namen
unter dem Namen Jani Alexandri Ferrarii verborgen in einen so genannten Euclide Catholico gleichsam mathematicè demonstriret,
daß alle Glaubens-Artickul des
|| [162]
(Janus Alexander Ferrarius,) Pabstthums aus einer
einigen definition und einem axiomate herfliessen. Die definitio ist: Ecclesia
est imperium spirituale, sed visibile, quo homines fidem ab uno visibili capite,
Pontifice scilicet Romano (in unsern Pabstthum muß dieses Wort geändert und an
dessen Statt gesetzet werden: ab infinitis spiritualibus sed visibilibus
capitibus: indem man auch dem geringsten Dorffprediger potestatem giebt, den
kleinen Kirchen-Bann zu brauchen, dadurch aber unser Zustand noch elender und
confuser wird) praescriptam prositentur, conformemque ei (nach unserer Zeloten
hypothesi eis) obedientiam praestant. Das axioma lautet
also: Quicquid ad Ecclesiae hujus (id est ad autoritatis & potestatis
Ecclesiasticae) defensionem atque amplificationem facit, id omne & solum
censeri debet verum esse, pium & sanctum. Und wie er hernach gantz artig
beweiset, daß alle übrige Artickel des Pabstthums aus dieser definition und
axiomate als aus einen centro ausfliessen; also lehret er damit, daß Fürsten das
Pabstthum nicht hauptsächlich in denen Artickeln, darüber Theologi mit einander
streiten, sondern in dem Haupt-Artickel de capite Ecclesiae vel de Magistratu
Politico (Ingleichen Hugo Grotius,) suchen müssen.
Hiernächst beschreibet Grotius de jure summarum potestatum
cap. 9. §. 20. gar schöne den Schaden, der daraus entstanden, daß die
Fürsten sich dem Banne gutwillig unterworffen, und zugleich die Ursachen, mit
welchen man die armen Fürsten darzu beredet. An expediat, sagt er, ut Rex hanc
in se Jurisdictionem (spiritualem) patiatur exerceri, disputari solet. Qui
expedire judicant, hac regum submissione multum roboris atque auctoritatis ajunt
accedere Ecclesiasticae disciplinae. Verum est. Neque enim frustra dictum:
Quales in Republica Principes sunt, tales solent esse cives, &
blandissime juberi exemplo. Sed contra affertur: Stare rempublicam autoritate
regentis, &, ut Aristoteles dixit, ex comtemtu multas oriri Statuum
dissolutiones. Certe, si quid illis credimus, qui res Henrici Imperatoris
memoriae tradidere, calamitatis primordium illi fuit, quod cum lacrymabili
afflictione publice, nudis pedibus, in laneis vestibus, hyeme praeter solitum
aspera, apud Canusium spectaculum Angelorum factus (Und
andre viele Gelehrte Männer ausführlich dargethan.) & hominum,
Hildebrandi ludibrium triduo pertulit. Was gleichergestalt dem Ludovico Pio es
geschadet, daß er sich von der Clerisey prostituiren lassen, ist aus der
historie seines Lebens bekant. Wer ein mehrers von dieser materie nemlich von
dem unter dieser der Zeloten Lehre verborgenen Pabstthum lesen will, der wird
überflüßig davon finden bey denen Gelehrten, und um die weltliche
|| [163]
Obrigkeit wohlverdienten Scribenten, die schon für
langer Zeit in eigenen deßwegen verfertigten Schrifften das unter dieser
hypothesi versteckte Pabstthum deutlich entlarffet oder entkleidet haben.
Johannes Utenbogardus in tractatu de Jure supremi magistratus
in Ecclesiasticis. Hugo Grotius in Pietate ordinum
& in de Imperio summarum potestatum circa sacra. Episcopius in dissertationc de jure Magistratus circa sacra. Casp.
Barlaeus in declamatione in Ministros & in alio
scripto cui titulus: Bogermannus
Nic. Vedelius de Episcopatu
Constantini Magni. Anonymus in Grallis seu vere
puerili cothurno sapientiae, quo se jactat apud imperitos Gvilielmus
Apollonius, in centonibus, quos edidit de jure majestatis circa sacra contra
libellum Vedelii de Episc. Const. M. Et in alio simili. cui titulus:
Grallator furens de novo in scenam productus. Gerhardus Johannes
Vossius in dissertatione Epistolica de jure majestatis circa
sacra. Ludovicus Molinaeus in Paraenesi ad
aedificatores imperii in imperio in qua defenduntur jura Magistratus
adversus Mosen Amyraldum & caeteros vindices potestatis
Ecclesiasticae. Idem sub nomine Ludiomaei Colvini in
Papa Ultrajectino seu Mysterio iniquitatis reducto a Gisberto Voëtio, in
opere Politiae Ecclesiasticae. Idem in Jugulo
causae, seu nova, unica, compendiaria & una propemodum periodo
comprehensa ratione, per quam totus doctrinarum Romanensium complexus, de
quibus lis est inter Protesbantes & Pontificios, & una Papa
& ejus imperium funditus evertuntur. Edoardus Stillingfleet in Frenico. Plures alios vide citatos a Gisberto Voëtio
de Politia Eccles. Part. 1. p. 124. seq. Part. 3. lib. 4.
Tract. 1. c. 11. 12. 13. p. 817. seq. & tract. 4. cap. 1. in
fine ubi etiam horum adversarii citantur. Adde Thomam Erastum in explicatione gravissimae quaestionis, utrum
excommunicatio, quatenus religionem intelligentes & amplexantes a
sacramentorum usu propter admissum facinus arcet, mandato nitatur divino, an
excogitata sit ab hominibus. Item Lambertum Velthusium in tractatu de Idololatria & superstitione &
apologiis eidem subjunctis.
Es hat zwar die Gegenpartey der Zeloten sich sehr bemühet, diese(Wie und warum diese Autores von der Gegenparthey
untergedruckt worden.) Autores und ihre Scripta mehrentheils
niederzudrücken, oder als Ketzerisch verdächtig zumachen, hingegen die ihrigen
allenthalben zu preisen und auszubreiten, wie ihnen dann auch solches aus vielen
politischen Ursachen, die hier auszuführen unzeitig ist, geglückt, dergestalt,
daß die defensores der Obrigkeit theils von der Obrigkeit selbst verfolgt
worden, theils aber die allegirten herrlichen Scripta sehr rar und in wenig
bibli
|| [164]
othequen
(Nebst einen vernünfftigen Gegenvorschlag.) zu
finden sind; iedoch sind sie noch nicht gar verlohren gangen, und würde ein
Christlicher Fürst ein löbliches und rühmliches Werck verrichten, wenn er nach
dem Vorgang des Goldasti, der die pro vindicandis Juribus Majestatis contra
sacerdotium in dicksten Pabstthum herausgegebenen Scripta colligirt, und in
dreyen tomis in Folio sub titulo: Monarchia Imperii ediret, diese oballegirten
Schrifften, und so dergleichen noch mehr zu bekommen wären, zusammen suchen, und
conjunctim herausgeben liesse: auch dabey einen gelehrten Mann aufftrüge eine
etwas außführliche historiam controversiae inter Imperium & sacerdotium
zu verfertigen, und darinnen insonderheit die Ursachen zu bemercken, warum so
wohl ehedessen in Pabstthum als auch nach der Reformation die Autores, welche
die jura der hohen Obrigkeit wieder die Clerisey defendiret, unglücklich
gewesen, und entweder der irritirten Clerisey von der weltlichen Obrigkeit
gleichsam zum Raube überlassen, oder wohl gar von den Königen und Fürsten selbst
verfolget worden, dergestalt daß nicht zu verwundern, wenn die weltliche
Obrigkeit nunmehro wenig Gelehrte mehr antreffen kan, die ihre jura zu
defendiren entweder vermögend sind, oder sich solches zu thun grosse Lust haben.
(Erinnerung wegen übler application der Sprüche heiliger
Schrifft.)
Nachdem also die ex institutione divina ministerii übelhergeleitete independenz
desselben ihre Abfertigung bekommen, ist bey dieser ratione prima (ja auch bey
denen folgenden) noch diese sophisterey zu mercken, daß die herrschsüchtigen und
independent seyn wollenden Prediger, wenn sie von ihrem Amt handeln,
gemeiniglich solche dicta aus der heiligen Schrifft anzuführen pflegen, die von
Propheten und Aposteln reden, und sich öffters zur Sache wie eine Faust auf ein
Auge schicken, indem ja offenbahr, und die Theologi in ihren Systematibus selbst
einräumen, daß das Ossicium Apostolicum und officium ministrorum hodiernorum gar
vielfältig, sonderlich aber darinnen differire, daß jenes immediatum,
extraordinarium (dergleichen auch von dem Propheten Amt gesagt werden muß)
& cum amplitudine & obligatione ad omnes gentes eundi item cum
libera potestate a Christo indulta conjunctum, dieses aber mediatum, ordinarium
& ad certam dioecesin cum potestate a legibus humanis moderata
restrictum sey: Scherzer. System. Theol. loc. 25. §. 12.
Daß dannenhero nothwendig die meisten dicta die von Propheten und Aposteln
handeln sine aperto vitio argumentationis a diversis, auf die Prediger nicht
appliciret werden können. Derowegen ist nun ja offenbahr, daß ob wohl zugegeben
wird, es hätten die Apostel Macht gehabt das Evangelium allenthalben auch
|| [165]
wieder den Willen weltlicher Obrigkeit zu predigen,
dennoch dieses ihrer vocationi immediatae, & potestati extraordinariae
ac amplissimae zuzuschreiben sey, und also keinesweges auf unsere Prediger könne
appliciret werden. Endlich was die vielen Exempla aus der Kirchen-Historie
anlangt,(Und unnützer allegirung der exempel aus
der Kirchen-Historie.) mit welchen man die Lehre von der independenz
des ministerii auszuschmücken pfleget, so haben zwar dieselben vor diesen etwas
ja sehr viel gegolten, da man lauter partheyische Kirchen-Historien hatte, auch
die armen Juristen beredet wurden, daß in denen ersten 500. Jahren nach Christi
Geburt in der Kirche alles vortreflich herrlich und rein gewesen, und die
Kirch-Väter selbiger Zeiten denen Aposteln und Evangelisten gleiche Männer
gewesen. Nachdem aber eine geraume Zeit her durch allerhand gelehrte Scripta
dieser für eine unstreitge Warheit gehaltene Irrthum zweiffelhafft gemacht, auch
endlich durch Arnolds Bericht von ersten Christen, item die Ketzer-Historie, das
wahre mysterium iniquitatis gantz entlarvet und entblöset worden, daß nun alle
Leyen wissen oder doch leichte wissen können, wie das Pabstthum alsbald nach der
Apostel Zeiten eingerissen, und unter Constantino schon Mannbar worden; so
wollen die alten dicentes und exempel heut zu Tage bey vernünfftigen Leuten
nicht mehr anschlagen, sondern man beantwortet dieselbe mit zweyen Worten: non
exemplis judicandum sed legibus.
Dieweil also die erste Ratio dubitandi mit sattsamen Gründen(Kurtze Beantwortung des (II) Zweiffels durch Umkehrung
des daraus gemachten Schlusses.) abgelemet worden, ist nun bey der II.
Ratione dubitandi nicht nöthig sich weitleufftig auffzuhalten, indem dieselbige
eintzig und alleine auf die erste rationem dubitandi gegründet ist. Man kehret
vielmehr das Argument nunmehr um, und schliesset in Gegentheil, daß gleichwie
das Ministerium Ecclesiasticum in allen functionibus seines Amts nicht
independens, sondern der hohen Landes-Obrigkeit per latius deducta in ratione decidendi 2. 3. & 4. & in
responsione ad rationem 1. dubitandi Ordnungen und Bestraffung bey
allen dißfalls vorfallenden Mißbräuchen unterworffen ist; also es auch ebener
massen in specie mit dem Straffamt also beschaffen seyn müsse, und dienen
nunmehro die bey der(Nebst Erinnerung wegen der
grossen bißherigen Gedult Evangelischer Fürsten.) ratione dubitandi
secunda angeführten loca Theologorum zu nichts mehr, als daß man sich über die
grosse Gedult der Evangelischen Fürsten und ihrer Ministrorum nicht gnungsam
verwundern kan, daß sie solche gefährliche und ihren höchsten Regalibus höchst
praejudicirliche principia so lange Zeit in die öffentliche Welt hinein
schreiben, und durch den Druck propaliren lassen, auch hierdurch Gelegenheit und
Anlaß gegeben, daß so viel tausend junge unwissende Gemüther auf Universitäten
damit
|| [166]
eingenommen, mithin aber ehr- und zancksüchtige
Prediger in ihren ungerechten Vorhaben gesteiffet worden. Massen denn nicht
leichte ein casus erdacht werden kan, da sich nicht dergleichen Leute auf die
Consilia Wittebergensia, oder des Dedekenni seine compilation gegründet, und
darauff als der Bock auf seine Hörner verlassen haben.
(Antwort auf den (III) Zweiffel. Dessen Praesuppositum
wegen des von Christo eingesetzten Binde-Schlüssels und Juris excommunicandi ist
nicht richtig. Wie solches bereits schon andre ausgeführet als Petrus Molinaeus,
Apologia August. Conf. Georg. Calixtus &c.)
Ob nun aber wohl auch hiermit zugleich die III. ratio dubitandi gäntzlich hinweg
fället, weil selbige ebenmäßig eine conclusion ist, die aus denen beyden ersten
hergeleitet worden; so sind doch auch über dieses hierbey noch einige
Anmerckungen zu machen, indem das darinnen enthaltene praesuppositum, als ob der
Binde-Schlüssel und das jus excommunicandi von Christo anbefohlen und
eingesetzet worden, auch solchergestalt juris divini sey, nicht richtig ist.
Denn gleichwie das Gegentheil allbereit in ratione decidendi prima
hauptsächlich, wie nicht weniger in denen folgenden rationibus decidendi hin und
wieder demonstriret worden; Also kan nunmehro auf die daselbst vorgebrachte
rationes pro sententia contraria leichtlich geanwortet werden. Es hat allbereit
anno 1652. Petrus Molinaeus zu Sedan in Frauckreich einen sehr nützlichen
tractat de Poenitentia & Clavibus publiciret, da er ausführlich von
dieser Materia handelt, und daraus nur etwas weniges soll angeführet werden. Er
supponiret anfänglich d. tractatu de poenitentia lib. 3. cap.
10. 11. 12. 13. daß zwar die Königliche Gewalt von GOtt eingesetzet,
aber die Beichte und derer Siegel, wie die Schuhl-Lehrer reden, von Menschen
erfunden sey, und beweiset das letzte so wohl aus vielen Oertern der heiligen
Schrifft, als auch aus dem Jure Canonico, er antwortet auch auf die dicta
Matthaei cap. 3. v. 2. & 6. item Actorum XIX. v. 18. item Jocobi cap. 5. v.
16. und weiset gantz deutlich, daß daselbst von keinen Beichtstuhl
gehandelt werde. Es dienet zu dessen Erleuterung nicht wenig, was die Apologia
Augustanae confessionis ad articulum de confessione &
satisfactione ab initio p. 181. geschrieben: Adversarii nostri (in
probanda confessione sacramentali) mirifica metamorphosi transformant dicta
scripturae in quaslibet sententias. Und bald darauf: Fortassis & Jacobum
citabit aliquis: Confitemini vicissim delicta. Sed hic
non loquitur de confessione facerdotibus facienda, sed in genere de
reconciliatione fratrum inter se. Jubet enim mutuam esse confessionem. Ferner
erkläret Molinaeus d. l. lib. 4. c. 2. die Meinung der
Papisten, von der richterlichen Gewalt der Priester, die Sünde zu vergeben, und
widerleget selbe ibid. c. 3. mit vielen Gründen
|| [167]
heiliger Schrifft auch andern rationibus, daraus er
zugleich erweisen will, daß die Prediger, wenn sie sich der Vergebung der Sünden
anmasseten, sich über GOtt erhüben, ibid. c. 4. deme
beygefüget werden kan, was der seel. Georg. Calixtus Disp. 8.
de variis Christianae doctrina capitibus n. 9. seq. fast auf gleiche
intention colligiret, daß nemlich die Prediger nicht mehr thäten, als die
Vergebung der Sünden ankündigten, wie wohl Molinaeus ibid. c.
8. & lib. 8. cap. 2. das dictum Christi: welchen ihr die Sünde
erlasset etc. gar nicht von der Vergebung der Sünden oder derer Ankündigung
verstanden haben will. Hiernächst führet er d. l. 4. c. 9.
& 10. testimonia der Päbstler selbst, als Lombardi, Cornelii
Jansenii, Hadriani VI. Papae, item der alten Kirchen-Väter, Irenaei, Novatiani,
Cypriani, Clementis Alexandrini, Hilarii, Theodoreti, Basilii Magni, Ambrosii,
Chrysostomi, Augustini, zu Behauptung seiner Meinung an, und beschließt mit
folgenden nachdrücklichen Worten d. cap. 10. p. 182.
Fuisset olim res horrenda, & prodigio propior, fi Episcopus aut
Presbyter dixisset peccatori poenitenti. Absolvo te a tuis peccatis.
Cohorruissent Christiani, ut ad rem nefandam & impiam. Post peractam
Canonicam poenitentiam peccatores reconciliabantur Ecclesiae, per preces
Episcopi & populi, & per impositionem manuum Episcopi, &
ad communionem Ecclesiae admittebantur. Nec Episcopus dabat poenitenti
absolutionem, nec ei remittebat peccata. Nec post hanc reconciliationem
irrogabat ei poenas satisfactorias corporeas aut pecuniarias. Nec peccator
reconciliatus dabat Confessario stipem in mercedem remissionis peccatorum. Nec
diu est, ex quo haec corruptela invasit Ecclesiam Romanam. Nam in Bibliotheca
patrum habemus officium Romanum, quale usitatum erat tempore Caroli Magni
& Ludovici Pii, ubi habemus formulam verborum, per quae peccator
reconciliabatur Ecclesiae. Deus dimittat tibi omnia peccata, & te
liberet ab omni malo. Precatio est, non vero sententia judicis. In folgenden capite 13. libri 4. p. 191. rechnet er unter die
unreinen Lehren des Concilii Tridentini auch folgenden Artickel. Des Priesters
Worte, wenn er die Sünde vergiebet, sind nicht anders anzunehmen als die Worte
Christi, da er zu dem Gichtbrüchtigen sprach, sey getrost mein Sohn, dir sind
deine Sünde vergeben, und führet deshalb unterschiedene Ursachen an. Er zeiget
gantz deutlich, daß das Sacrament der Busse die fürnehmste Stütze des Pabstthums
sey lib. 4. c. 3. n. 28. mit folgenden Worten. Non debet
esse Sacerdotum & Papae in tuendo hoc sacramen
|| [168]
to magna autoritas. Inde enim ipsis questus &
maximum emolumentum, nec aliud est certius aucupium. Hoc sacramentum est
praecipuum fundamentum Imperii papalis & autoritatis facerdotum. Hic
adversarii litigant non tam pro aris, quam pro focis. Per hoc sacramentum
sacerdotes pernorunt arcana & labes familiarum. Per hoc sacramentum Papa
insultat capitibus Regum & nobilissimarum personarum. Quorum peccata
postquam innotuerunt Papae, indicit eis poenas & mulctas pecuniarias,
per quas Regia Majestas proculcatur & ad pedes Papae abjicitur. Ein
gleiches schreibet er von der excommunication lib. 8. cap.
19. p. 555. Excommunicatio praecipuum est firmamentum Pontificalis
imperii temporalis Hoc telum formidabile est populis & regibus. Ad
fragorem hujus fulminis urbes, regiones, Principes jam ab aliquot seculis
contremiscunt. Per excommunicationes Papa factus est Rex Regum & coronas
Imperatorum & Regum subjecit suae Monarchiae temporali, &
dominia usurpavit in omnia bona terrena &c. wie er denn diese materie in
denen folgenden Capiteln dieses 8. Buchs ferner ausführet. Confer similem locum
Ziegleri de Episcopis lib. 3. cap. 11. §. 67. p. 619. Et
alium adhuc notabiliorem sed prolixiorem, quam ut hic exscribi queat, in
Ludovici Molinaei Papa Ultrajectino p. 4. sequent.
(Beantwortung auf die von Gegentheil allegirten Oerter der
heiligen Schrifft, aus Seldeno.)
Ferner, wie Johannes Seldenus in seinen Buch de Synedriis gantz augenscheinlich
gewiesen, daß der Binde-Schlüssel ein bloßes Menschen Werck sey, und wir
desselben Meinung in ratione prima decidendi summarisch vorgestellet haben; Also
hat er auch auf die dicta der Heil. Schrifft, die man insgemein zu Behauptung
dessen Göttlichen Ursprungs, anführet, sehr ausführlich geantwortet. d. lib. 1. cap. 8. p. 148. seq. & cap. 9. p. 187.
seq. Das fürnehmste hiervon nur zu berühren so antwortet er auf die
dicta: Einen ketzerischen Menschen meide. etc. Mit demselben solt ihr auch nicht
essen etc. Cibum cum ejusmodi non capere, non commisceri, uti &
haereticum vitare, & id genus alia in N. Testamento monita, non magis
mihi videntur Excommunicationem, quo trahi saepius solent, innuere aut spectare,
quam in veteri: Beatus vir, qui non abiit in consilio impiorum &c. aut:
Non sedi cum concilio vanitatis, & cum iniqua gerentibus non introibo
&c. & id genus compluria. Neque enim in his neque in illis quid
continetur, quo Status personae alicujus, ut in excommunicatione per
separationem mutandus, sed tantum peculiaris vitae institutio seu consilium
illi, qui sic non commisceretur, cibum non sume
|| [169]
ret, haereticum vitaret, in concilio ejusmodi non sederet, nec sic
introiret. Auf die Historie von Blutschänder aus der Epistel an die Corithier
antwortet er, daß zwar die letzten Worte des Capitels, Auferte malum illum a
vobis, thut den bösen Menschen von euch, auf die Excominunication gezogen werden
könten, wenn nur nicht in denen ältesten Exemplarien an statt das Neutrum zulesen wäre, und also
so viel bedeutete; leget ab das Böse. Die Ubergebung des Satans, mit der Paulus
den Blutschänder beleget, beweiset er eine wundersame geistliche Würckung
gewesen zu seyn, daß sie also nicht auf die gemelne Jüdische Excommunication
könne gezogen werden, sondern zu der wunderthätigen Krafft der Apostel gehöre.
Er beweiset ferner aus dem Zustand der damahligen Jüdischen Excommunication, daß
secundum regulas bonae interpretationis durch die Schlüssel des Himmelreichs,
die Christus Petro zu geben verspricht, man möge nun das Binden und Lösen
auslegen wie man wolte, der Kirchen-Bann, oder etwas das dem ähnlich sey, keines
weges könne verstanden werden; ja es wäre auch solche Auslegung dem Gleichnüß,
das von denen Schlüsseln hergenommen worden zu wider. Denn man verschlösse zwar
denen die draussen sind die Thüre mit denen Schlüsseln, oder verschlösse die
drinnen sind, daß sie nicht heraus könten, aber man brauchte die Schlüssel nicht
als ein Instrument, andre Leute aus der Thüre hinaus zu stossen; (Claves esse
instrumenta exclusionis & retentionis, non expulsionis) Und weil die
Jüden damahls weder den Gebrauch noch die Macht gehabt, die Heyden und Zöllner
zu excommuniciren, auch die Heyden secundum naturam excommunicationis, vermöge
welches die Gliedmassen der Jüdischen Kirchen allein der Excommunication wären
unterworffen gewesen, kein Objectum excommunicationis debitum gewesen wären; Als
könte ein Blinder greiffen, daß wenn Christus sagte: man solte den, der die
Gemeine nicht hören wolte, für einen Heyden und Zöllner halten, es ohnmöglich
den Verstand haben könte, der ihm in Pabstthum angedichtet worden, als ob es so
viel heisse man solte ihn in Kirchen-Bann thun. Endlich beweiset er auch ex
antiquitatibus Judaicis auf das allerherrlichste, das Binden und Lösen, man möge
es auch nun auslegen wie man wolle, in heiliger Schrifft niemahlen den
Kirchen-Bann bedeuten könne. Wie nun alles dasjenige, was Seldenus von denen
Auslegungen besagter Oerter heiliger Schrifft anmercket und ausführet, nicht aus
subtilen Speculationen hergenommen ist, sondern so zu reden ex sensu communi
herfliesset, und man sich dannenhero bil
|| [170]
lig
lich wundern müssen, wie doch die Gelehrten auch unter denen Protestirenden so
lange Zeit sich die Papistischen Erklärungen haben können verblenden lassen,
auch nach so klahrer Weisung des Betrugs sich so viele finden, die diese
Papistische Auslegungen noch defendiren wollen, wenn man nicht wüste, daß das
Interesse und der Eigennutz allen Menschen die Augen des gesunden Verstandes zu
verblenden pflegte, daß sie wahrhafftig dasjenige nicht sehen, was doch alle
unpartheyische Menschen erkennen; (Johanne
Lightfoot.) Also hat gleichfalls ein Unpartheyischer anderer sehr gelehrter
Mann Johannes Lightfoot in horis hebraicis super
Evangelistas eben dasjenige, was Seldenus intendiret, über die
vorangezogenen Oerter, die aus denen Evangelisten genommen sind, ex
antiquitatibus Judaicis durch viele Beweise dargethan. Sonderlich aber gehöret
hieher, was er ad Matth. c. 16. v. 19. p. 382. & ad
Joh. cap. 20. vers. 23. p. 1142. seq. über das Binden und Lösen, item
die Sünde erlassen und behalten, für Auslegung macht. Ligare & solvere
est agenda prohibere & permittere. Potestas ligandi & solvendi
erat circa articulos legis, altera Joh. 20. v. 23. est circa peccata hominum.
Illa circa doctrinas, haec circa personas, i. e. potestas terrendi rebelles
morte aut plaga aliqua corporali & potestas tradendi Satanae, qua
nequaquam significatur excommunicatio, (Johanne
Benedicto Carpzovio wider Scherzern.) sed divina quaedam &
miraculosa potestas. Ob nun wohl andere als Scherzer System.
Theol. loco 25. pag. 695. dem Lightfoot und Seldeno contradiciren und
diese Auslegungen nicht wollen gelten lassen; so ist es doch an blossen
contradiciren nicht gelegen, zu mahlen nachdem ein sehr berühmter Leipziger
Theologus D. Johannes Benedictus Carpzovius des Lightfooti Werck mit einer
herrlichen Vorrede recommendiret; allwo der lange Locus besagter Vorrede oder
Epistolae dedicatoriae a versic. supprimant, quantum possunt
&c. ad verba: nugator ipse sit omnium
maximus eben auf diese Contradiction des D. Scherzers zielet, wie noch
vielen in Leipzig wird bekand seyn, die da wissen, was damahlen vorgegangen.
Nehmlich es hatte D. Scherzer in dem Systemate Theologico, als es zur selben
Zeit noch in MSC. ware, von der Meynung des Lightfoots gesagt, es wären nugae:
Hierübereyfferte sich Carpzovius, der kurtz vorher dieselbe Meynung auch dem
Volcke in der Predigt recommendiret hatte, daß er in citirten Loco dergestalt
wider Scherzerum loßzog und ihn, Lightfooten zu revangiren, wiederum nugatorem
maximum nennete. Inzwischen ist doch besagter Locus, als der viel vernünfftige
Sachen in sich hält, denenjenigen, die noch denen alten Praejudiciis anhängen,
sehr zu recommendiren.
|| [171]
Ob auch wohl ein neuerer Scribent, Joh. Barthold. Nimeyer in(Anmerckungen über Nimeyers Tractat von der
Kirchen-Disciplin.) tractatu de disciplina Ecclesiastica den gemeinen
Irrthum zu defendiren, auch die bißher erzehlten Explicationes zu refutiren sich
unterstanden, so sind doch bey selbigen nur lauter Contradictiones oder
Petitiones Principii, oder Mutationes Status controversiae an statt gegründeter
und vernünfftiger Rationum anzutreffen. Denn 1) da er dissert. 1. §. 12. & 13. des Seldeni Auslegung von Binden und
Lösen refutiven will, vergißt er die rationes Seldeni aufrichtig anzuführen und
zu beantworten, und hält sich nur an etliche neben Umstände, die Limborch Theol. Christ. lib. 7. c. 18. §. 26. dieser Explication
mit angehängt hatte, und die an sich selbst dem Grund der wahren Auslegung weder
etwas geben noch nehmen. Ferner gestehet er 2) ead. disp. 1.
§. 17. p. 13. daß aus dem Dicto: Haltet ihn vor einen Heyden und
Zöllner, aus oben erzehlter Ursache directo keine Excommunication bewiesen
werden könne; was er aber darbey ibid. & disp. 2. §.
19. p. 50. de probatione indirecta anhänget, ist als eine mera petitio
principii, oder auf das glimpflichste zu reden als ein argumentum tantum
illustrans, non probans anzusehen. 3) Hat er d. exerc. 1.
passim, maxime v. §. 39. p. 27. seq. vieles de clave errante
eingemischt nemlich wenn der Prediger unschuldige Leute in der Beichte bände,
und die Ubelthäter lösete- Wo aber dieser clavis errans in der heiligen Schrifft
oder gesunder Vernunfft gegründet sey hat er nirgends gewiesen, wird auch
solches nimmer thun können, weil clavis errans nicht so gut als ein Dietrich
oder Diebsschlüssel, sondern ein untüchtiger nichtstaugender Schlüssel ist, und
mag dannenhero der Autor zusehen, wie er solches gegen das heilige Predig-Amt
sich zu verantworten getraue, daß er dieselben mit so einen untüchtigen
& in cerebro otiosorum hominum verfertigten Schlüssel beschencket. 4)
Hält er zwar das Anathema Concilii Tridentini wider diejenigen die da fürgäben,
daß die Absolution in der Beichte kein Actus judicalus sey d.
disp. 1. §. 47. p. 32. gantz recht mit unsern Theologis für verwegen;
nichts destoweniger aber schreiber er dem Evangelischen Binde-Schlüssel disp. 2. §. 6. p. 41. vim & potestatem in foro
Ecclesiae externo zu. Ob nun aber potestas fori externi sine actu judiciali
concipiret werden könne, und er also in der That nicht papentze, lasse ich einen
jeden vernünfftigen Juristen beurtheilen, zumahl da er alsbald §. 7. p. 42. mit dürren Worten sagt, quod ligatio
& solutio in foro externo exerceatur potentia jurisdictionis und bald §. 9. p. 43. gestehet,
quod appellatio jurisdictionis in Ecclesia nonnihil recentior sit (das heist auf
gut Deutsch, es ist diese Juris
|| [172]
dictio in
Pastthum auffkommen) neque eandem primis seculis (Ecclesiae Apostolicae) fuisse
usurpatam, mithin aber die Articulos Smalcaldicos die er in kurtz vorhergehenden
§. 8. angezogen hatte, per indirectum reprimendiret. 5.) Gestehet er d. disp. 2. §. 33. p. 59. daß die Jüden in der
Babylonischen Gefängnüß die segregation, (das ist, die excommunication mit Haut
und Haar) erdacht hätten, und stößt damit alles, was er in seinen tractat de
origine divina clavis ligantis gelehret hatte, auf einmahl wieder über den
Hauffen. 6) Will er zwar d. disp. 2. §. 72. & seq. p.
89. seq. die obgedachte Meinung, daß die Ubergebung des Sünders an den
Satan eine Wunderkrafft der Apostel bedeute, refutiren, es sind aber nur
schlechte contradictiones und petitiones principii, was er darwieder
auffbringet. 7) Bemühet er sich sehr disp. 4. §. 67. seq. p.
187. seq. die weltliche Obrigkeit zu bereden daß sie dem Predig. Amt
den grössern Kirchen-Bann wieder einreumen solten. Nachdem er aber wohl
gemerckt, daß ihn die Meinung Lutheri in wege stehe, da er in
artic. Smalcald. tit. de Excommunic. außdrücklich geschrieben, quod
major excommunicatio, quam Papa ita nominat, mere civilis poena sit, non
pertinens ad ministros Ecclesiae, so bemühet er sich den Sinn Lutheri zu
verdrehen, als wenn er nur von Päbstischen Mißbrauch rede, gleich als ob
Lutherus an statt der Worte quam Papa ibi nominat,
gesagt hätte, qua Papa vel Pontificii hactenus usi sunt.
Welche Verdrehung ob sie einen Evangelischen Theologo anstehe ich billig eines
ieden vernünfftigen Menschen Urtheil überlasse, zumahl da er selbst gestehet,
daß dieser grössere Bann, wie er auch bey uns gebräuchlich ist, eine Bürgerliche
Straffe sey. Und möchte ich wohl wissen, was er dann durch denn grössern
Kirchen-Bann verstehe, oder wie derselbe außsehe, den man wieder einführen
solle. Denn der grosse Kirchen-Bann ist in diesen Ansehen nicht sündlich, weil
er eine weltliche Straffe ist, denn sonst könten ihn auch Evangelische Fürsten
nicht brauchen, sondern weil das Predig-Amt sich desselben bedienen, und also in
das Amt der weltlichen Obrigkeit greiffen will.
(Auf was Masse das Pabstthum zwey unterschiedene Dinge
vermischt.)
Bey dieser Bewandnüß aber ist nun ferner nöthig zu erinnern, daß alle diese
bißher erzehlte Unförmligkeiten daher enstanden, weil das Pabstthum, und mit ihm
diejenigen, die der weltlichen Obrigkeit unter dem Schein geistlicher Dinge nach
dem Schwerd greiffen, zwey sehr unterschiedene Dinge mit einander vermischet
haben. Nemlich die Versagung der Absolution, und die Ausschliessung von
Abendmahl. Jenes ist cessatio actus, dieses actus positivus; jenes zwinget
niemand, sondern
|| [173]
es gründet sich auf eigene Freyheit,
und will nur nicht gezwungen seyn, dieses aber will andre Leute binden und
zwingen. Wenn die Beichte von Christo eingesetzt wäre, möchten die Prediger sich
wohl damit entschuldigen, daß sie ja keiner Gewalt sich anmasseten, wenn sie
einen nicht absolvireten, sondern nur dasjenige nicht thäten, was sie nach ihren
Gewissen nicht thun könten, und wenn auch ihr conscientia erronea seyn solte,
solte man sich doch ihrer erbarmen und nicht in sie dringen, daß sie wider ihr
Gewissen handelten. Dieweil aber der Beichtstuhl als vorher gezeiget worden, in
der Kirche wegen guter Ordnung von Menschen erfunden ist, und dabey hergebracht,
daß es sich nicht schicke, einen unabsolvirten zur Beichte zu lassen, hat das
Pabstthum dadurch Gelegenheit genommen, einen eben durch die Versagung der
Absolution von Abendmahl zu stossen, und actum positivum cum negativo zu
cumuliren, auch so dann den praetext des Gewissens zum öfftern zum Deckel der
Boßheit zu gebrauchen, und aus der Versagung der Beichte einen Binde-Schlüssel
und actum jurisdictionis sich zu schmieden. Man kan aber bald erkennen, ob ein
Prediger ex conscientia etiam(Ken̅zeichen eines aus Schwachheit irrenden Predigers,) errante jemand
die Absolution versaget, ohne sich eines Zwanges anzumassen, der wird
bescheidentliche Vorstellung bey seiner Obrigkeit thun, warum er solches nicht
thun könne, er wird bitten und flehen, man solle ihn nicht nöthigen, wider sein
Gewissen etwas zu thun, er wird sich erklähren, daß er denen Befehlen der
Obrigkeit nicht widerstreben wolle, weil er aber wegen seines Gewissens solches
nicht thun könne, wird er demüthig bitten, ihn lieber honeste zu dimittiren u.
s. w. Ist er aber(Und einestrotzigen
Gern-Pabsts.) von denen Principiis des Pabstthums eingenommen, so setzet
er alle Bescheidenheit gegen die Obrigkeit beyseit, er fraget dieselbe nicht,
was zu thun sey, sondern er trotzet auf sein Amt und Binde Schlüssel, er fängt
ab executione an, er trotzet, daß er sich lieber 1000mahl wolle absetzen lassen,
als der Obrigkeit Befehlen gehorchen, er macht auff der Cantzel das Volck wieder
die Obrigkeit rege, und schilt auff die Obrigkeitlichen Befehle und
Verordnungen, sonderlich aber wenn man ihn seines Amts erlassen will: oder wenn
er ja es so grob nicht macht, so sucht er doch mit ausgekünstelten Seuffzen und
Klagen, und dabey gemißbrauchten Oertern der heiligen Schrifft das Volck wieder
die Herrschafft zu erregen, welches, wie es hämischer als das erste ist, also
ist es auch desto gefährlicher, und straffwürdiger.
|| [174]
(Daß der (VI) Zweiffel keiner fernern Beantwortung brauche.)
Die IV. Ratio dubitandi, als die eigentlich von der Excommunication grosser
Herren selbst handelt, braucht nunmehro keines weitern Widerlegens, nachdem man
in rationibus decidendi sattsam bewiesen, daß die weltliche Obrigkeit weder mit
den grössern noch kleinern Kirchen-Bann belegt werden könne: Und weil die 4.
Ratio dubitandi auf die drey vorhergehenden sich stützet, als fället sie
nunmehro, nachdem diese 3. Stützen ruiniret worden, von sich selbst über den
Hauffen. (Das Exempel des Käysers Theodosii ist die
Hauptstütze der Päbste.) Das Exempel des Käysers Theodosii muß sich von
denen Gern-Päbsten sehr leiden und herhalten, denn es ist nicht leicht ein
einiger, auch noch so geringer, der einen Pabst in Leibe hat, der nicht damit
aufgezogen käme, und dieses Exempel grossen Herren recommendirte, daß sie fein
dem Käyser Theodosio nachfolgen, und sich von denen lieben Herren solten
excommuniciren lassen. Wenn aber ein verständiger Mensch dieses Compliment
lieset, gemahnet es ihn nicht anders, als wenn er den Pabst selbst und zwar ein
recht Original von eiuem Pabste den Sixtum V. vor sich hätte, der mit eben
dergleichen Compliment dem König in Franckreich Henrico III. das Gewissen rühren
wolte: Theodosius Imperator Augustus, spricht er in einer an die Cardinäle
gehaltenen Oration wider den König in Franckreich Henricum III. ob caedem
Thessalonicensium a sancto Ambrosio Mediolanensi ab Ecclesiae liminibus repulsus
& exclusus fuit, & ille humiliter obedivit, & Theodosius
quidem non erat vilis persona vel plebeja, sed vir magnus & insignis,
& erat clarissimus imperator, qui multas de tyrannide victorias, sed
divinitus paratas reportaverat, de quo & Claudianus tamen, etsi
gentilis, cecinit;
O nimium dilecte Deo, cui militat aether, Et conjurati veniunt ad classica venti. Erat Theodosius Imperator Universi orbis, non unius vel alterius regni, veluti Rex Franciae; sed obtinebat universum Imperium, & omnia illius regna talia habebat. Habebat enim & Galliam, seu Franciam, & Hispaniam, Hungariam, Dalmatiam, Graeciam, Asiam cum tot Regnis & Provinciis, Syriam, AEgyptum, & Africam, itaque non unius regni Rex erat, sed multa tenebat regna, & imperia, & nihilominus lachrymis & magno dolore animi facinus & peccatum suum confessus, poenitentiam a S. Ambrosio suscepit, & ingenti cum humilitate peregit, paratissimum se exhibens ad mandatum non Papae, sed Archi-Episcopi tantum, ac ita in Ecclesia & ad sacramenta admissus fuit, &c. Quo factum est, ut Deus illi deinde semper assisteret, & faveret, ac praeterea, cum
|| [175]
ipsi succederent & filii
& nepotes, Imperatores Augustus relinqueret. Si igitur ad mandatum
Episcopi non vilis aut humilis aliqua persona, sed tantus Imperator humillime
paruit & obedivit, poenitentiam suscepit, implevitque, quanto magis
& alii id Reges sacere debent. Gregorio Leti nella
vita di Sisto V. Parte II. Libro V. pag. 371. Sind nun das Compliment
dieses Pabsts und das Compliment der heutigen Theologen von Theodosio nicht
einander so ähnlich als ein Ey den andern wohl zu seyn pfleget, und solten
grosse Herren nun nicht einmahl mercken was darhinter stecket? Gewiß, hätte
Theodosius den Ambrosium fein in Arrest nehmen lassen, und mit harter
Bestraffung seiner unverschämten Frechheit seine Autorität besser mainteniret,
so hätten hernach die Päbste nicht so leichte böse Exempel von diesen kühnen
Vornehmen genommen, und wären viel Zerrüttungen des Staats nachgeblieben. Der
sonst dem Ambrosio ziemlich zugethane(Falsche
Beschuldigungen des Theodosii wiederleget aus Melanchtone.) Philippus
Melanchton, ob er schon diese excommunication piam severitatem nennet in Chron. Carionis lib. 3. de Theodosio, entschuldiget
doch an eben den Orte den Theodosium wegen der That, deßhalb ihn Ambrofius
excommuniciret hatte, mit sehr nachdrücklichen und nachdencklichen Worten, und
refutiret diejenigen, die da falsche Ursachen angeben, des Ambrosii Fredel desto
eher damit zu beschönen. Denn man gibt insgemein vor, Theodosius habe deßhalb so
viel von dem Volck zu Thessalonica umbringen lassen, weil sie liederliche
Schmähe-Worte wieder ihn ausgegossen, oder eine ihm oder seiner Gemahlin
aufgerichtete Ehrenseule niedergerissen hätten, welches doch ungegründet ist.
Ein Fuhrmann der zu denen Circensischen Spielen gebraucht wurde, hatte einen
jungen Menschen geraubet, feine unflätige Lust an ihn zu büssen. Diesen hatte
der Käyserliche Obriste lassen gefangen nehmen. Das Volck aber suchte die
Loßlassung dieses Bösewichts, und als der Obriste nicht drein geheelen wolte,
fieng das Volck einen Tumult an, darinnen nicht allein der Obriste, sondern auch
etliche andre Obrigkeitliche Personen umgebracht, gesteinigt, und zu grossen
Despect der Käyserlichen Autorität und gemeiner Zucht dero todte Cörper mit
vieler Beschimpffung durch die Stadt geschleppet wurden. Nun war hier eine
dreyfache Mißhandlung fürhanden: 1) daß sie so ein Bubenstück des Fuhrmanns
nicht hatten wollen straffen lassen; 2) daß sie dieser schändlichen That zu
Behuff einen Tumult angefangen; 3) daß sie so viele vornehme Kayserliche
Bediente so jämmerlich ermordet. Da nun wegen solcher wichtigen Ursachen der
Kayser in rechtmäßigen Zorn entbrant ware, muß
|| [176]
man
nicht meinen, daß er als ein Tyranne gesündiget habe, sagt Philippus d. l. die um keiner oder geringer Ursachen willen grosse
Grausamkeit ausüben, obschon in modo verstossen war.
Denn bey grossen Leuten, wie Theodosius war, entbrennet
der Eyffer die Ubelthaten zu straffen sehr hefftig. (Was von Ambrosii Facto zu halten.) Das Factum Ambrosii selbst
betreffend, hat ein vornehmer Theologus und itzo Professor primarius zu Leipzig
D. Adam Rechenberg Volum Dissert. Historico-Politic. Part. 2.
Dissert. 10. die hauptsächlich de excommunicatione Theodosii handelt
§. 17. gar herrlich ausgeführet, daß Ambrosius mit
dieser excommunication wieder seine Gebühr gehandelt, weil es denen Priestern
nicht zustehe, sich über die Könige und Fürsten, deren Unterthanen sie sind, zu
Richtern aufzuwerffen, und sie als (Woher die Unserigen
die Gegentheilige Meynung zu vertheydigen verfallen.) wenn sie ihre
Unterthanen wären zu bestraffen, oder zu discipliniren. Daß aber endlich bey der
4ten ratione dubitandi consensus variorum Dd. de excommunicatione minore erga
Principes ex hypothesi Evangelicorum exercenda angeführet worden, ist nicht zu
verwundern, theils weil es propter deficiens studium antiquitatis Ecclesiasticae
nicht wohl anders seyn können, theils weil die Scribenten gewohnet seyn, immer
einer den andern auszuschreiben. Quoad verba (Hülsemanns Ansehen und Eigenschafften.) diserta ist wohl der in
ratione dubitandi 4. allegirte Hülseman der erste, der die Sache so hin
geschrieben, auf diesen beziehet sich hernach Danhauer; auf beyde Stryke, (auch
Ziegler und andre) und auf alle drey der oben citirte neuere Scribente D.
Niemeyer de disciplina Ecclesiastica disp. 2. §. 30.
(wie wohl dieser auch auf die gantz Papistische Sentenz des Gisberti Voëtii, die
allbereit oben in dicta ratione dubitandi quarta beschrieben worden, auch auf
den Papisten Du Pin sich beruffet.) Was aber D. Hülseman für einen Feuergeist
gehabt, davon weiß die Braunschweigische Kirche intuitu controversiae Calixtinae
gnung zu sagen. Es ist zwar unter denen Scribenten, die das jus excommunicandi
principes excommunicatione minore statuiren, auch Grotius mit gezehlet worden
in dicta ratione dubitandi 4. wenn man aber Grotii
locum eigentlich ansiehet, so redet er nicht de excommunicatione minore, sondern
de simplici negatione absolutionis, unter welcher und unter der exclusione a
coena ein grosser Unterschied ist, wie oben in responsione ad
rationem dubitandi tertiam deutlich gezeiget worden.
(Kurtze Beantwortung des (V))
Die V. Ratio dubitandi, daß nemlich Evangelische Prediger sonderlich in diesen
Fall Principes excommuniciren könten, wenn es das Interesse religionis
Evangelicae beträffe, und etwann zum Vortheil
|| [177]
des
Pabstthums a Principe was verhänget würde, findet ihre refutation in dem was
oben in ratione decidendi 7. ausführlich gelehret
worden, daß es also hier keines ferneren erinnerns bedarff, zumahl da des dabey
allegirten Hülsemanni Lehre de excommunicatione extra Parochiam in nichts als
pure Päbstischen doctrinis gegründet ist. Und eben dieses ist auch(Und (VI) Zweiffels.) quoad rationem dubitandi VI.
zu bemercken. Denn was der dabey allegirte Hülsemann abermahls lehret, daß man
zwar Principes de jure excommuniciren könne, aber dabey ratione facti caute
verfahren und, wenn Gefahr fürhanden, etwas nachgeben müsse, das lehren auch
alle Papisten, und ist diese cautel billich inter cauteles Jesuiticas zu
rechnen. Bey dieser Bewandnüß nun ist bey dieser ersten Frage nichts mehr übrig,
als daß man dieselbe nunmehro in GOttes Nahmen beschliesse, und zu Abhandlung
der andern Frage schreite.
Die andre Frage ist: Wie und welchergestalt des Herrn(Die II. Frage.) Hertzogs Durchl. als ein Christlicher Regente gegen
seinen Hof-Prediger und Hoff-Cappellan zu verfahren
befugt, zumahl wenn selbige ihre bißherige Conduite
continuiren solten? Diese Frage desto(Summarische
Vorstellung von der Prediger bißherigen Conduite.) deutlicher zu
beantworten, muß erstlich, aus der specie facti kürtzlich vor Augen gestellet
werden, worinnen ihre bißherige conduite bestanden. 1) Haben beyde die
Printzeßin eyffrigst zu sprechen gesucht, u. in ihren Predigten scharff gegen
die Catholischen loß gezogen, was die Veränderung der Religion vor eine böse
Sache sey, und wie übel diejenige thäten, so andre darzu persuadirten,
weitläufftig vorgestellt, und dieser letztern Consilia mit Ahitophels
Rathschlägen verglichen. 2) Haben sie zwar die Fürstlichen Personen dabey nicht
genennet, aber doch die Sache dergestallt getrieben, daß die, so um die
Geheimnüß gewust, leicht mercken können, wer drunter gemeinet sey, andre aber
dem Geheimnüß nachzuforschen durch die continuirung dergleichen Predigten
Verdacht und Anlaß bekommen, dasselbige zu erforschen. 3) Als S. Hochfürstl.
Durchl. ihnen schrifftliche, iedoch glimpfliche, und zum Uberfluß mit sehr
vernünfftigen rationibus angefüllete Andeutung thun lassen, von dieser gleichsam
forcirter Besuchung der Princeßin abzustehen, haben sie in der Schrifft sub. n.
1. die von Seiner Hochfürstl. Durchl. gebrauchte phrasin, die Princeßin nicht
irre zu macheu scoptice und hönisch beantwortet, 4) viele in facto ungegründete,
und S. Hochfürstl. Durchl. höchst touchirende Umstände der Sache angedichtet. 5)
S. Hochfürstl. Durchl. beschuldiget, als ob sie eine in GOttes Wort nicht
gegründete noch von den Aposteln bey Bekehrung der Völcker, wohl aber von
Römi
|| [178]
schen Meß-Priestern und
Missionariis frequentirte praxin und methode, die Protestanten zu ihrer Religion
zu bereden, brauchten. 6) Sie mit Nadab, Abihu, Usa u. s. w. verglichen. 7.)
Sich eines von GOtt allein dependirenden Amts gerühmt, und sich solches
zugeschrieben. 8) Communication derer responsorum, die S. Hochfürstl Durchl. für
sich zu haben gemeldet, begehret, damit sie dieselbe examiniren, und prüffen
könten, wie weit sie sich in dieser Sache mit Predigen, absolviren und
communiciren zu verhalten hätten. 9) Ferner in dem andern Schreiben sub n. 3. S.
Hochfürstl. Durchl. einer schweren Sünde beschuldiget, als die da äusserlich
Macht und Gewalt an ihnen brauchten. daß sie das von ihrer Herrde verirrete
Schäflein nicht suchen dürfften. 10) Das ihnen a Serenissimo communicirte
responsum Calixtinum per omnia praedicamenta durchgezogen, und cum Serenissimo
darüber zu disputiren sich unterfangen. 11) Und S. Hochfürstl. Durchl. zu
gemuthet, zufrieden zu seyn, daß sie mit einigen Theologischen Facultäten und
Collegiis communicirten, und sich über der admission S. Hochfürstl. Durchl. ad
S. Coenam auch wegen des öffentlichen Elenchi belehren liessen. 12) Nach der ex
Senatu sanctiori ihnen darauff gegebenen Weisung fortgefahren diese Sache zu
berühren, und S. Hochfl. Durchl. per indirectum anzuzapffen, damit die Zuhörer
unruhig zu machen, und andern Predigern dadurch böse Exempel zu geben.
(Unreine Quellen aus welchen die Schein-Ursachen diese
Conduite zu vertheydigen, herzunehmen.)
Nun ist hierbey anfänglich kein Zweiffel daß, wie man allbereit aus denen
Beylagen sub n. 1. & 3. selbst siehet, die beyden Prediger sich
persuadiren, auch ohnstreitig werden andere persuadiren wollen, daß sie in
dieser bösen Sache noch recht überley haben, und anstatt, daß sie sich einer
Straffe würdig achten solten, wenn ihnen selbst diese Frage solte vorgeleget
werden, vielmehr S. Hochfürstl. Durchl. für höchst straffwürdig erkennen würden,
auch gar leichtlich von andern Theologischen Facultäten oder Collegiis darinnen
dörfften Beyfall finden. Denn wie diese Leute und die ihres gleichen sind, mehr
in denen Consiliis Wittebergensibus & Dedekenni, als in den reinen und
lauteren Wort GOttes studiren, und auch die Gottlosesten und absurdesten
Meinungen, die sie in jenen häufig finden, wenn sie nur das von dem Seel.
Luthero vorlängst geprophezeyte Affter-Pabstthum stercken, viel höher achten,
als Unsers Heylandes Christi und seiner heiligen Apostel Lehre; Also werden sie
darinnen wohl tausend absurde und unchristliche, dabey aber mit verfälscheten
Sprüchen der heiligen Schrifft und dem Schein eines gottseeligen Eyffers
angefürnißte rationes finden, ihre böse Sache damit zu
|| [179]
beschönen, dergestalt daß es einem vernünfftigen und unpartheyischen JCto
schwer fället, dieselbe eben genau zu errathen. Gleichwohl aber ist kein
Zweiffel, sondern sehr vermuthlich, daß sie über die bey der ersten Frage
allbereit angezogene und widerlegte Rationes dubitandi sich etwann auch der
folgenden bedienen dörfften.
I. Wird ihnen der Locus Hülsemanni vortreflich anstehen, da((1) Die von Hülsemanno angeführten Sprüche der heiligen
Schrifft.) er de corrept. Fraterna §. 17. n. 353.
p. 331. also schreibet. Multo minus adigi poterit (Pastor) ad
Palinodiam ob Elenchum vel Epanorthosin individui unius vel alterius, si
existant illa crimina & vera sunt, a quibus Pastor etiam publice unam
vel plures denominat & flagellat. Deinde si post adhibitos gradus illud
facit. Non magis inquam injuriarum conveniri poterit, quam Jesaias, qui
Principes & cives suos facit fures & socios furum Jes. 1. Frivolum enim est, Epanorthoses hasce nominales
& personales ad facta Heroica restringere, & communi Pastorum
officio Elenchtico in Theoricis, Epanorthotico in moralibus vitiis hanc
facultatem derogare. Quum nimis apertum & manifestum sit Apostoli
praeceptum 1. Tim. V. Peccantes coram omnibus argue, ut
caeteri timeant, & exempla de nominetenus excommunicatis nimis sint
luculenta. Legantur Chrysostomi invectivae in Gainam, in Eatropium, ejusque
Commentarii in illud: argue
Tit. 1. 13. & in II. Cor.
XIII, 10. Ne utar potestate mea . Ubi adverbium
hoc non solum de excommunicatione sive praecisione a coetu, sed de praecedanea
quoque distincta & nominali correctione singulorum exponit, idque
exemplis Nathanis nominetenus corripientis Davidem, Eliae, nominetenus Achabum,
Jeremiae & Johannis Baptistae publice & de nomine castigantium
Jechoniam, Sal um, Zedekiam, & Herodem Reges demonstrat &c. II.
Kömmt ihnen hauptsächlich((II) Eben desselben rares
Brocardicum.) das Brocardicum zu statten, das besaater Hülsemann d. l. n. 75. p. 339. ad marginem drücken lassen. De
correptione ex cathedra non praesumitur dotus, quia fit in loco judicii. III.
Werden sie auch freylich((III) Sehr notabler Ort aus
dem Dedekenno.) sich auf ihren Dedekennum Part. 1.
fol. 897. num. 27. beruffen: Ob das Straff-Amt gegen die Obrigkeit sey
ein Crimen laesae majestatis? Mit nichten. Höre mein
lieber Christ, und bedencke es fein bey dir selbst. Ists nicht eine grosse
Majestät die dich strafft, nemlich GOtt der heilige Geist. Deine Prediger oder
dein Seelsorger, der dich strafft, ist zwar für der Welt in armer elender
sündiger Mensch, und geringschätzige Person. A
|| [180]
ber derselbe ists nicht, der dich Principaliter,
insonderheit und eigentlich für seine Person strafft, sondern der H. Geist ists,
der dich straffet, der mit dir durch deinen Prediger redet. Der Prediger thut
nichts mehr dazu, denn daß er dem Heil. Geiste seine Zunge, Hand und Mund
leihet, wenn er dir GOttes Wort prediget, und die H. Sacramenta reichet, der H.
Geist aber ists, der das Wort redet und führet. Bedencke, ob du elender Mensch
nicht ein crimen laesae majestatis divinae committirest,
und dich an der hohen göttlichen Majestät GOttes des H. Geistes vergreiffest,
wenn du so aufgeblasen, stoltz und vermessen bist, und des H. Geistes Straffe
nicht leiden willst. Zu deme, wenn die Prediger die Obrigkeit straffen, so
verwerffen und verdammen sie nicht das Amt der Obrigkeit an ihm selbst, sondern
sie straffen die Sünde an der Obrigkeit, und den Mißbrauch des Amts.
(Dreyfache Beantwortung des (I) Zweiffels.)
Wann dann nicht undienlich seyn wird diesen Schein Rationibus für allen Dingen
abzuhelffen, so ist auf die I. leichtlich zu antworten: 1) Daß die Exempel der
Propheten und Apostel auf Papistische Weise auf das Amt unserer heutigen
Prediger appliciret werden, per latius dicta in responsione
ad quaestionis primae rationem dubitandi primam. 2) Ist das Dictum des
Apostels: peceantes coram omnibus argue von Hülsemannen gantz unrecht appliciret
worden, als ob der Apostel befohlen hätte, daß man die Sünder öffentlich
prostituiren solte. Denn ob wohl unser seel. Lutherus selbst darinnen gefehlet,
wenn er den Ort des Apostels übersetzet: Die da sündigen, straffe für allen, so
hat doch Hülsemann dieses nicht aus Unwissenheit sondern wieder sein besseres
Wissen und Gewissen gethan, indem er in eben dem Tractat §.
12. n. 272. p. 128. seq. sich selbst widerleget, wenn er schreibet:
Publieum peccatum, quod Pastoraliter arguendum est, ipse sie descripsit
Apostolus 1. Tim. V, 20. Peccantes coram omnibus argue. Etsi non nesciam, illud
coram omnibus a quibusdam referri ad solum
praedicatum: argue coram omnibus. Sed versus antecedens
ostendit, subjectum propositionis non posse de occultis delictis intelligi. Und
also muß es verdeutscht werden: Die da für allen oder öffentlich sündigen, die
bestraffe. Nehmlich gebührend, und nicht mit öffentlicher Beschimpffung. Die
fälsche Erklährung gründet sich auf Papistische Principia wie denn die Papisten
auch einen andern Locum des Alten Testaments Levitici 19. v.
17. also verfälschet haben. Vulgata
|| [181]
quidem
in illo Levitici habet: Publice argue eum. Sed nec in
origine, nec in versione aliqua alia vetustiori respondet ibi
publice &c. Et irrepsisse non dubito hic publice ex eo, quod ante tempus vulgatae versionis
opinio inoleverat de jurisdictione, quam Ecclesiasticam nuncupant, legitima,
eaque, ut jure Evangelico fundata, qua publice in jus vocando peccatores citra
commonitionum temperamenta praescripta eos pudore suffundentes coarguebant.
Seldenus de Synedriis p. 194. 3) Setzen wir billig des
Hülsemanns loco einen schönen locum ex Hugone Grotio de
imperio sum. potest. circa sacra c. 9.(Sonderlich ex Hugone Grotio)
§. 19. p. 127. seq. entgegen, zumahl da daraus erhellet,
wie unförmlich Hülsemann das Exempel Rathans und Johannis des Täuffers
angezogen. Wir wollen nur das vornehmste daraus excerpiren. Injuriam faciunt
Evangelio, qui Clavium nomen tribunitiis concionibus obtendunt, &
summarum Potestatum facta ambiguae interpretationis, aut parum, aut certe aliis
minus nota (schicket sich überaus schöne auf gegenwärtige Frage) quanta possunt
acerbitate traducunt palam, idque apud plebem, quam talibus factis mederi nec
jus nec fas est, cum interim more humani ingenii, sponte infensa potentibus
pessima de iis libenter audiat & facile credat. Unde necessarium est,
seditiones sequi, aut, quod seditionis proximum est, contemptum summi Imperii.
Neque enim frustra a sapientissimo Scriptore Tacito dictum, ambiguos de Principe sermones, quaeque alia turbamenta vulgi. Atqui
multum distant. Evangelii praedicatio & clavium usus. Praedicatio
Evangelii cum ad omnes fiat, ita attemperanda est, ut omnibus prosit, satisque
habet, de personis silere, de vitiis loqui. Pessimus est mos, suggestum in
scenam vertere, & dulcissimam Evangelii vocem in comoediam veterem. Ipsi
veteres Romani rem indignam putarunt, si quis crimen audiret eo loco, quo
refellendi copia non fuit, ut nos docet Gicero. Sed praecipue summarum
potestatum, magistratuumque non vitam tantum, sed & famam Deus
sacrosanctam, & suae legis edicto quasi asylo quodam munitam esse
voluit. Quid enim aliud illud sibi vult: Principi populi ne maledicito. Exod. 22. 28. &c. Non omittendus hic Toletani
concilii Canon: Sed & hoc pro pestilentiosis hominum moribus salubri
deliberatione censemus, ne quis in Principem maledicta congerat. Scriptum est
enim a Legislatore: Principi populi tui ne maledicito: Quod si quis fecerit,
excommunicatione Ecclesiastica plectatur &c. Gravissime peccarat Saul,
& Samuel
|| [182]
iram divinam Prophetica severitate
ei denunciaverat: rogatus tamen a Saule, ut coram Senioribus populi &
Israële honore ipsum afficeret, atque adeo ipsum assectaretur, non recusat.
Davidem adulterii & homicidii reum non apud populum accusat Nathan, sed
ipsum accedit. Quod a Baptista quoque in monendo Herode observatum credi par est
&c.
(Des (II) der Lehr-Stuhl ist kein Richter-Stuhl.)
Was die II. Rationem dubitandi betrifft, kan man sich nicht genung verwundern,
quo pudore Hülsemann das so hinschreiben können, daß er die Cantzel, wenn sie
bey dergleichen Schmähung nach dem itzigen Loco Hugonis Grotii zu einem Theatro
in einer Comoedie verbotener Weise gemacht wird, pro loco judicii will ausgeben,
die doch niemahls, und wenn auch GOttes Wort lauter und rein darauf geprediget
wird, ein Richter-Stuhl sondern ein Lehr-Stuhl ist. Und dienen solche Dinge zu
nichts mehr, als daß man sich nur verräth, was man so gerne seyn wolte, und was
der Pabst mit dergleichen Brocardicis sich zuwege gebracht hat. Zugeschweigen,
daß dieses Brocardicum durch nichts anders von ihm erwiesen wird, als daß er
einen Locum aus dem bekanten Juristen Covarruvia anführet, in welchen dieser
davon handelt, wenn jemand von andern etwas schimpfliches in loco judicii gesagt
hätte, daß man so dann animum injuriandi nicht so leichtlich praesumiren könne.
Wie nun aus diesen Loco gemeltes Brocardicum könne geschlossen werden, wird wohl
niemand vernünfftiges finden können.
(Des (III) Anmerckung vieler darinnen verborgenen elenden
Sophistereyen.)
Bey der III. Ratione dubitandi ist zwar kein Zweiffel, daß der H Geist die Zunge
und den Mund eines treuen Lehrers und Predigers auch wenn er sein Straff-Amt
recht übet, als Instrumenta brauche. Gleichwie aber die daselbst formirte Frage
de crimine laesae majestatis den Mißbrauch des Straff-Amts praesupponiret; Also
kan von diesen Fall nicht ohne offenbahre GOttes-Lästerung gesaget werden; daß
GOtt der heilige Geist diesen Mißbrauch selbst begehe, und des Predigers Mund
und Zunge als Instrumenta darzu gebrauche. Die letzte Ausflucht, daß der
Prediger nicht daß Amt der Obrigkeit, sondern den Mißbrauch desselbigen
bestraffe, ist sehr elend ausgesonnen. Jedoch kan die weltliche Obrigkeit
hierbey nicht besser thun, als daß sie sich der gemeinen Rechts-Regel: quod
quisque juris in alium statuerit, ut ipse eodem jure utatur bedienen, und wenn
sie einen solchen Injurianten bestrafft, und er gleichwohl sein heiliges Amt
vorzuschützen sich unterstehet, gleichfalls ihm die Antwort, und zwar mit
bessern Fug widerfahren läßt: Man bestraffe sein Amt nicht, sondern den
Mißbrauch desselbigen.
|| [183]
Nachdem dieses also zum Voraus erinnert worden, kan man(Daß die Prediger exemplarisch bestrafft zu werden verdienet.) nun ex
principiis juris auf die vorgelegte Frage nicht ohnschwer antworten, daß die
zwey Prediger quaestionis an S. Hochfürstlichen Durchlauchtigkeit sich
schwerlich versündiget, und deßwegen mit einer exemplarischen Straffe
(sonderlich, wenn sie mit diesen Unfug continuiren solten) angesehen werden
können. Denn I. ist es eine hatte injurie, daß sie ihren Landes Herren, den sie
selbst in ihren Schreiben n. 1. für((I) Weil sie ihren
Landes Herren unterschiedlich in Worten beschimpfft.) ihren wie von
Gnade und Recht hochberühmten, also auch von den Eyffer für die Lauterkeit der
Evangelischen Lehre aus Dero Glaubensbekentnüß und Edict weltbekanten Gnädigsten
Fürsten und Herrn, und summum Episcopum derjenigen Kirchen, die von Babel
außgegangen ist, erkennen, in ihren Predigten mit Ahitophel, in dem Schreiben
aber mit Nadab, Abihu, und Usa verglichen, auch dem facto viele falsche und S.
Durchl. höchst touchirende Umstände angedichtet, und selbige beschuldiget, daß
sie unrechte Gewalt an ihnen, auch die praxin der Römischen Meß-Priester und
Missionarien die Leute zu bekehren brauchten. Zum II. kömt es ihnen nicht zu,
daß sie sich in geheime Sachen und arcana((II) Weil
sie arcana domus propalirt.) domus gemischet, dieselben auf der
Cantzel propaliret, oder doch andre denenselben nachzuforschen grosse Anlaß
gegeben, sondern sie haben hiermit gleichfalls nicht wenig pecciret, in ein
fremdes Amt gegriffen, und schwere Straffe verdienet. Zum III. ist es auch ein
nicht geringes((III) Weil sie unter nichtigen Praetex
jura patriae potestatis angegriffen.) Verbrechen; daß S. Hochfürstl.
Durchl. sie in Dero und Dero Hochfürstl. Herrn Sohns Durchl. hohes jus patriae
potestatis unter dem nichtigen Schein, ein ihrer Weyde anvertrautes irriges
Schäflein zu suchen, einen Eingriff gethan, und der Princeßin Durchl. gleichsam
par force sprechen wollen. Da sie sich doch hätten bescheiden sollen, daß das
Gleichnüß von dem ihrer Weyde anvertraueten Schäflein sich für sie gantz nicht
schicke, indem, als bey Abhandlung der ersten Frage in
ratione decidendi 6. gezeiget worden, weder S. Hochfürstl. Durchl. noch
Dero Hochfürstl. Kinder pro parochianis (von denen man sonst diese Redens-Art
braucht) zu halten; und sie kein andres und weiteres Recht zu diesen Schäflein
haben, als so viel ihnen darüber von S. Hochfürstl. Durchl. eingeräumet ist, die
selbiges, nach befinden, allezeit ändern und limitiren kan. Hingegen aber ist
das jus patriae potestatis vielmehr ein solches Recht, welches S. Hochfürstl.
Durchl. von niemand als GOtt verliehen worden.
|| [184]
((IV) Weil sie durch ihre praerendirte independenz die hohe
Obrigkeit beleydiget, und darinnen fortgefahren.)
Zum IV. ist die gerühmte independenz, und daß sie vorgeben, es dependire ihr Amt
alleine von GOtt, und sie sich dadurch der Bothmäßigkeit und Gehorsam, den sie
S. Hochfürstl. Durchl. auch in Ansehen des Amts selbsten schuldig sind,
entziehen wollen, eine Mißhandlung wieder die hohe Obrigkeit, zumahlen da
dieselbe dadurch vergrössert wird, daß sie, die Prediger, durch ihre conduite
deutlich genung gewiesen, daß dieses ihr Vorgeben nicht nur in blossen Worten
oder einer ruhmräthigen jactanz bestehe; sondern daß sie auch in der That
bißhero gezeiget, wie sie nicht gesonnen sind S. Hochfürstl. Durchl. Befehlen in
so genannten Amts-Sachen ferner zu gehorchen, sondern unter dem praetext dieses
ihres independent gerühmten Amts alles nach ihren Gefallen thun, ja ein ihnen
nimmer zu kommendes Amt an S. Hochfürstl. Durchl. höchsten Person selbst mit
Dero nicht geringen Beschimpfung außüben wollen, inmassen sie weder der
Gnädigsten Weisung, die S. Hochfürstl. Durchl. selbst ihnen gethan, noch der
Weisung Dero hochpreißlichen Geheimten Raths Collegii Gehöre gegeben, sondern
vielmehr die gegebenen resolutiones, und das denenselben aus Gnaden beygelegte
responsum, scoptice durchgezogen und durchhechelt, und mit S. Hochfürstl.
Durchl. darüber zu disputiren sich unterfangen, und nach wie vor in ihren
stachlichten Predigten mit grossen Aergernüß des Volcks auch dadurch
verursachter Auffwigelung andrer fortzufahren, welches höchststraffbare
Begünstigungen seyn, die nicht nur in GOttes Worte, daß man den Fürsten seines
Volcks nicht fluchen oder ihn beschimpffen solle, außdrücklich verbothen,
sondern auch durch allgemeine Teutsche Rechte und Reichs-Abschiede absonderlich
denen Predigern solches untersaget worden R. Absch. de anno 1530. §. Wir haben,
verbis. Die Prediger sollen sich mit ihren Predigen unsern Abschied gemäß
halten, und fürnehmlich in ihren Predigen vermeiden und unterlassen, was zu
Bewegung des gemeinen Mannes wieder die Obrigkeit, oder die Christen Menschen in
Irrungen führen, oder gegen einander zu verhetzen dienen oder Ursache geben
möchte. Und insonderheit sollen sie sich der redmassen, so etliche bißanhero zu
thun sich nicht geschämet; daß man das Evangelium und das heilige Wort GOttes
verdrucken und vertilgen wolle, enthalten; nicht nach eigenen Willen, Nutzen,
Neid, Hoffart oder zu Verführung der unverständigen gemeinen Leyen predigen, und
was disputirliche Sachen, sich dasselbige zu predigen, und zu lehren, darzu
stumpfirens, schmähens und lästerns sich enthalten
|| [185]
sollen. Welcher Locus deßwegen etwas ausführlicher allegiret worden, weil er
sich überaus wohl zu dem in gegenwärtiger Frage proponirten Casu schicket,
gleichsam als wenn er darzu in specie gemacht wäre.
V. Da denen 2. Predigern wohl bewust seyn sollen, was wegen((V) Weil sie Serenissimum nicht undeutlich bedrohet von
Abendmahl auszuschliessen.) des Mißbrauchs der Kirchen-Disciplin auch
gegen arme und geringe Leute in denen Braunschweigischen Kirchen-Ordnungen und
Edictis (die oben ratione decidendi 3. quaest. 1.
breiteren Inhalts angeführet worden) denen Predigern ernstlich anbefohlen sey;
auch, wenn sie nur ihre Bibel fleißiger lesen, oder den Sensum communem lieber,
als etliche aufrührische Bücher consuliren wollen, leichtlich hätten mit Händen
greiffen können, daß die Lehre de licentia excommunicandi Principes eine der
vornehmsten Lehren sey, darauff sich der von ihnen so offt ausgeschriene
Anti-Christ als auf eine seiner mächtigsten Stützen gründet, und die zu nichts
als Aufruhr, Unruhe und Aergernüß anzurichten geschickt ist; haben sie sich
nichts destoweniger ihren Hochmuth sich verleiten lassen, daß sie in denen
Beylagen sub n. 1. & 3. zu zweyen unterschiedenen mahlen ihren von Gnad
und Recht so hochberühmten, und weltbekanten gnädigsten Fürsten und summum
Episcopum mit den Kirchen-Bann und Ausschliessung von Abendmahl mit sehr
deutlichen Expressionen zu bedrohen sich unterfangen, auch dergestalt sich
erklähret, und solche Expressiones gebraucht, daraus ein jedweder vernünfftiger
Mensch unstreitig schliessen können, daß sie die Absolution Sr. Hochfürstl.
Durchl. gewiß versagen und also so viel an ihnen bereit seyn würden, diese
Bedrohung in der That auszuüben, mithin aber, nach ihrer eigenen Art zu
schreiben, eine in GOttes Wort nicht gegründete noch von Aposteln bey Bekehrung
der Völcker, wohl aber von Römischen Meß-Priestern und Missionariis frequentirte Praxin und Methode
die Leute zu bekehren einführen wollen. Und wenn sie ja die Rationes die bey
Abhandlung der ersten Quaestion vorkommen nicht hätten bedencken wollen, sondern
auch allenfalls denen Predigern zustünde, auf gewisse weise ihre Ober-Herren zu
excommuniciren, quod tamen absurdissimum esse satis fuit demonstratum; so hätten
sie doch bedencken sollen, daß auch nach der Natur der Excommunication
dergleichen fälschlich praesupponirte Licenz, auf gegenwärtigen Fall nicht könne
appliciret werden, indem zur Excommunication solche Delicta erfordert werden,
die offenbahr seyn, oder durch vorhergegangene rechtmäßige gerichtliche
Untersuchung wahr zu seyn befunden worden, dergestalt daß ad excommunicationem
nicht genug ist, wenn der Prediger gleich für sich etwas gewiß weiß, wenn nicht
|| [186]
auch die Sache der Gemeine bekant ist. Brunnem.
Jur. Eccles. lib. 1. c. VI. memb. 4. §. 10. Carpz.
Jurispr. Eccles. l. 2. def. 284. 285. Ziegl. de Episc. l. 3. c. 11. §. 45. p. 608. Nun aber ist in
gegenwärtigen Fall das Factum an sich selbst 1.) nicht gewiß, immassen sie viel
falsche Umstände angedichtet, 2.) so ferne es eingeräumet wird, ist es keine
Mißhandlung, indem deßhalb S. Hochfürstl. Durchl. vieler gelehrten Evangelischen
Männer, so wohl Theologorum als JCtorum responsa in Händen haben; zum wenigsten
macht dieser Beyfall 3.) das Factum zweiffelhafft und also beschaffen, daß es
die Prediger nicht pro notorie injusto ausgeben können, ob sie gleich mit ihren
praeconceptis opinionibus dasselbige dafür halten. 4.) Ist es auch ein Factum
arcanum ac paucis cognitum. Derowegen gehören die zwey Prediger unter die Classe
dererjenigen über die Grotius in dem in responsione ad
rationem dubitandi primam excerpirten Loco klaget, quod summarum
potestatum facta ambiguae interpretationis aut parum, aut certe aliis minus
nota, quanta possint acerbitate apud plebem palam traducant. Oder wenn ihnen
Grotius etwann nicht orthodox genung seyn solte, so können sie sich in dem
schönen Loco des seel. Chemnitii bespiegeln. Verbi ministri, inprimis autem
illi, qui ferventioris sunt ingenii, saepenumero hac in parte peccant. Si quis
auditorum apud ipsos de peccato deferatur, protinus in suggestum convolant,
& nulla praeeunte privata admonitione, licet delinquentem non nominent,
sic tamen verbis depingunt, ut ab omnibus digitis monstrari, ac dici possit, hic
est. Aut, si quis ipsos offendit, atque postea ad confessionem accedit, indignis
modis ab ipsis accipitur, & saepenumero ob caprinam lanam ab absolutione
& communione arcetur, nullo praeeunte arbitrorum judicio, nulla
superiorum cognitione. Tales pastores olim Deo gravem reddituri sunt rationem.
Neque enim ipsi Domini sunt sacramentorum sed ministri, & claves regni
coelorum tam lingans, quam solvens ita sunt ipsis concreditae, non, ut pro suo
arbitrio iis abutantur, sed ut juxta praescriptum Christi fingulas eas
applicent. Martin. Chemnitius Harmon. Evang. cap. 92. pag.
1745.
((VI) Und dißfalls selbigen fremden Theologis als Richtern
unterwerffen wollen.)
VI. Hätten sich die Prediger bescheiden sollen, daß weil ihnen vermöge der oben
angeführten Braunschweigischen Kirchen-Ordnungen oblieget, bey vorhabender
Excommunicirung eines Privati solches nicht für sich zu thun, sondern an die
Superiores und das Consistorium deßhalber zu berichten und derer Verordnung
gewärtig zu seyn, diese Behutsamkeit desto mehr von nöthen gewesen wäre, da die
Sache ihren
|| [187]
Landes-Fürsten selbst angehet. Hätten sie
gemeinet, daß sie mit guten Gewissen zu der Sache nicht stille schweigen könten,
warum haben sie nicht bey dem Consistorio Rath gesucht? Warum haben sie alles
nach ihren eigenen Kopffe gethan? Ja endlich wie können sie verantworten, daß
sie sich unterstanden S. Hochfürstl. Durchl. Theologische Facultäten und
Collegia disfalls zu Richtern fürzuschlagen, und solchergestalt dem papistischen
Clero nachzuahmen, der eben dadurch der weltlichen Bothmässigkeit sich entzogen,
weil er ein eigenes Caput extra Rempublicam agnosciret? Man mercket zwar wohl
daß die zwey Prediger in ihren andern Schreiben, da sie genöthiget gewesen zu
sagen, was sie durch den Gebrauch des Bindeschlüssels in ersten Schreiben
verstünden, ihre böse Sache zu beschönen gemeldet, sie hätten gemeinet, sich nur
bey Theologischen Facultäten informiren zu lassen, ob sie den Bindeschlüssel zu
brauchen hätten. Aber wie ohne dem alle Umstände weisen, daß sie schon
beschlossen S. Hochsürstl. Durchl. nicht zu absolviren, und dieses nur ein
blosser Praetext gewesen, unter welchen sie die Sache mit zweydeutiger Antwort
aufhalten, in der That aber ihren Zweck erhalten können; also haben sie durch
diese Beschönigung ihre Sache nicht besser sondern schlimmer gemacht, weil der
höchsten Autorität eines Fürsten nicht weher geschehen kan, als, wenn
Unterthanen, denen er etwas befielet, ihm unter diesen Praetext den Gehorsam
versagen, daß sie andre erst consuliren wolten, ob sie zu gehorchen schuldig
wären.
VII. Wie nun dieses alles böse und ärgerliche Thaten seyn;((VII) Welches alles als bißher unerhört nach ihren
eigenen Ausspruch mit scharffer Straffe beleget zu werden verdienet.)
Also hat S. Hochfürstl. Durchl. solche billig dergestalt anzusehen, damit durch
unterlassene Anthung derselben nicht übel ärger werde, und nicht nur ihnen
selbst, sondern auch allen Evangelischen Potenzen ein unwiederbringlicher
Schaden an ihren höchsten regali circa sacra zu wachsen möge. Denn wie der
Schade, so aus solchen Nachsehen zu entstehen pfleget ex Grotio de imperio summar. potest. circa sacra cap. 9. §. 20.
allbereit oben ad quaest. 1. in respons. ad rat. dub.
primam mit mehrerern Umständen dargethan worden; Also ist hierbey nicht zu
vergessen, daß der Princeps schuldig ist, ohnerachtet der Sophistereyen, damit
Hülsemann diese wahre Meynung bestreitet de corrept. fraterna
p. 324. seq. n. 339. seq. denen Privat-Personen, welche in ihren
Predigten von denen Predigern geschmähet worden, den processum injuriarum zu
öffnen, auch die schmähende Prediger deshalb zu bestraffen und dem Klagenden
Satisfaction zu schaffen, Carpz. Jurispr. Consist. lib. 3.
def. 98. Joh. Georg. Simon peculiari hac de re
disputatione; solchergestalt aber derselbe krafft seines
|| [188]
Amts noch vielmehr dahin zu sehen verbunden ist, daß
durch dergleichen aufrührische und S. Höchste Person beschimpfliche Predigten
kein Tumult und Aufstand in dem gemeinen Wesen erreget werde; Carpz. d. l. 3. def. 102. Und hat nach der zwey Prediger
eigenen Ausspruch bey gegenwärtigen casu Serenissimus princeps mehr auf
Handhabung der Gerechtigkeit als auf Erweisung der Barmhertzigkeit zu
reflectiren, indem sie in ihren Schreiben sub n. 1. melden, daß die delicta, quae sine exemplo sunt, enormitatem criminis
exaggerirten, und man aus GOttes Wort und denen Exempeln an Nadab, Abihu, Usa, u. s. w. zu lernen habe, daß das
erste Sünden-Exempel auch für andern exemplariter zu
bestraffen sey. Nun ist aber ihre Begünstigung, und daß sie sich Serenissimo
dergestalt ohne Ursach widersetzt, und ihn mit der Excommunication, so viel an
ihnen gewesen, belegen wollen, das erste Sünden-Exempel unter Protestirenden
Fürsten, indem man sonsten seit der Reformation nicht gehöret, daß sich ein
Lutherischer Prediger unterstanden hätte, dergleichen Frevel vorzunehmen, und
haben sie also mit diesen Worten, mit welchen sie Seine Hochfürstliche
Durchlauchtigkeit zu beschimpffen bedacht, sich selbst das Urtheil gesprochen.
((IIX) Beantwortung der pro mitigatione poenae etwa
vorzubringenden Ursachen.)
IIX. Zwar möchte dieses eintzige für sie angeführet werden dörffen, daß die armen
Leute nicht so wohl dolo als ignorantia und zwar invincibili gesündiget hätten,
indem sie von Jugend auf nichts anders als die Lehren de jure excommunicandi
principes iisque in rebus ad officium Pastorum pertinentibus obedientiam
denegandi, in ihren Hülsemanno, Dedekenno Consiliis Wittebergensibus nicht
anders gelernet, auch vielleicht von ihren Praeceptoribus vivis nicht anders
gehöret, und daß nach dem bekannten Juristischen brocardico, etiam fatua causa
excuset a dolo; zugeschweigen daß sie auch Prediger und also in honorem
ministerii mit schimpflicher Straffe zu verschonen wären, ne plebs contemtui
habeat Pastores Ecclesiae, si videat eos ut Laicos puniri secundum communem Dd. opinionem, zumahlen da ohne dem in Kayserlichen
Rechten versehen wäre; daß grosse Herren auch die Schmähungen ihrer Unterthanen,
wie viel mehr aber der Prediger in keine Consideration zu ziehen hätten. Si
namque maledictum ex levitate processerit, contemnendum, si ex insania,
miseratione dignissimum, si ab injuria, remittendum est sive condonandum l. un. C. si quis Imp. maledix. Carpzov. Pr. Crim. P. I. p. 41. n. 114. seq. Alleine gleichwie
noch in Zweiffel stehet, ob der canon de excusatione doli nicht inter brocardica
fatua zu rechnen sey; und ob
|| [189]
die beyden Prediger sich
solcher lahmen und fatuarum causarum excusandi zu bedienen, sich nicht selbst
schämen möchten, inmassen ihnen ja bekant, daß sie sich für Leute achten, die da
tüchtig seyn, andren, den Weg zur himmlischen Weißheit, und zugleich, wie sie
sich für allen Verführern und Abwegen hüten sollen, zu weisen, und also gar
unförmlich seyn würde, wenn sie sich damit entschuldigen wolten, daß sie von
andren verführet worden, zumahlen da sie a Serenissimo und dessen
hochpreißlichen Geheimbden Raths-Collegio genugsam ihres Irrweges erinnert
worden; Also ist wohl zu bedencken, daß eben der praetendirte honor ministerii
und die dahin reflectirende Gelindheit der Bestraffung ein Papistischer
Staats-Streich ist, und zwar einer von denen vornehmsten, indem der Pabst damit
zuwege gebracht, daß die Clerici, wenn sie auch die grösten Bubenstücken
begangen, mit einer gar gelinden Straffe angesehen, da hingegen die Leyen, wenn
sie auch nur einen Clericum krum angesehen, mit denen allerhärtesten und
grausamsten Straffen sind beleget worden: dahero ist es billig unter die
Reliquien des Pabstthums zu rechnen, daß, da das ministerium in abstracto
nirgends existiret, sondern ein ens merae cogitationis ist; denen ministris
Ecclesiae aber realiter existentibus samt und sonders es vielmehr lieb und
angenehm seyn, und sie dazu helffen solten, daß, wenn jemand aus ihnen etwas
verbräche, er desto schärffer gestrafft würde, denn da würde jederman erkennen,
daß sie nach der Lehre Pauli (die sie sonst mit unrecht, als bey der ersten
Frage gezeiget worden, auf die Excommunication deuten wollen:) bereit wären, die
unter den Schutz ihres Ordens sich verbergen wollende Missethäter mit einen
Christlichen Eyffer von sich zu thun 1. Cor. V. v. ult.
nicht aber sich durch dergleichen sub praetextu honoris ministerialis ersonnene
Räncke frembder Sünden theilhafftig zu machen. Alleine es meritiret dieses eine
weitläufftigere Deduction, als vor itzo der Scopus gegenwärtigen Responsi
zuläßt. Das Jus Justinianeum de eo qui principi maledixerit, schickt sich auf
gegenwärtigen Casum deßwegen nicht, weil der Text nur de verbis ore prolatis zu
verstehen, nicht aber de injuria scripta, als bey welcher ein grösserer Vorsatz
und animus magis deliberatus praesupponiret wird, und pflegen in diesen Fall
eine tapffere Geld-Busse oder Gefängnüß-Straffe, oder auch wohl nach Gelegenheit
der Umstände fustigatio & quidem gravior denen Laicis zuerkannt zu
werden. Carpz. c. l. d. n. 121. 122. In übrigen aber
dörfte das Jus Justinianeum denen beyden Predigern ziemlich schwer fallen, wenn
nach dessen Verordnung in Novell. 123. c. 11. sie mit
dem grössern
|| [190]
Kirchen-Bann beleget werden solten,
zumahlen das Jus Canonicum und der oben in responsione ad
rationem dubitandi 1. hujus quaestionis secundae & ibi ex scripto
loco Grotii excerpirte Canon Concilii Tholosani eben diese Straffe
denenjenigen, die die weltliche hohe Obrigkeit schmähen, dictiret.
((IX) Schluß, daß Serenissimus befugt sey, die 2. Prediger
entweder mit Gefängnüß oder Landes-Verweisung zu bestraffen.)
IX. Ob auch wohl sonsten bey Ausfertigung derer Responsorum Juridicorum
hauptsächlich dahin zu sehen, was in praxi bräuchlich ist, indem die Responsa
nicht ex regulis prudentiae Legislatoriae sondern Judicialis abgefasset, und
jura recepta ad casus propositos appliciret werden sollen, wenn gleich die
recipirten Jura einer Emendation von nöthen hätten; unter denen Protestirenden
aber durchgehends annoch ex reliquiis Papatus übrig blieben, und als etwas
sonderlich kluges behalten worden, daß die Prediger zu Ehren des H. Ministerii
nicht so wie die Weltlichen zu bestraffen wären, sondern mit gelinderer
Bestraffung angesehen werden müsten, dannenhero dann die Absetzung auch in denen
gröbern Mißhandlungen fast für die gröste Straffe gehalten, auch bey Erkäntnüß
derselben nachdrücklich pfleget erinnert zu werden, daß man ja zu derselben
nicht schreite wenn die Sache nicht vorher genau untersuchet, auch der
Delinquens vorhero eine Erinnerung und Warnung a superioribus bekommen hätte,
sonst aber in andern Fällen könte man die Prediger nur mit einer Geld-Busse und
leidlichen Priester-Gehorsam, Suspension, oder Translocation bestraffen, Carpz.
Jurispr. Eccles. lib. 3. def. 109. usque ad d. 118.
Stryke ad Brunnem. lib. 2. c. 19. §. 3. p. 754. So ist
doch in gegenwärtigen Fall auch zu betrachten, daß man allhier mit keiner
Unter-Obrigkeit zu thun hat, die ad leges humanas gebunden ist, sondern daß ein
Fürst des Reichs der cum superioritate Territoriali alle Regalia hat, auch
zugleich die Gewalt habe ad statuendum exemplum die Delinquenten mit einer sonst
ohngewöhnlichen Straffe zubelegen. §. 6. Inst. de J. N. G.
& C. Derohalben ist nun leichte bey dieser Frage der Schluß zu
machen, daß S. Hochfürstl. Durchl. wohl befugt sey, wegen der obspecificirten
Begünstigung Dero Hof-Prediger und Hof-Capellan nach ihren Gefallen (zumahl da
sie die ersten seyn, die ihren Landes-Fürsten in Bann thun wollen) auch
schärffer als sonst gewöhnlich mit langer Gefängniß oder Landes-Verweisung zu
bestraffen.
((X) Oder dieselbe abzusetzen.)
X. Daferne aber S. Hochfürstl. Durchl. gesonnen sind nach deren bißhero
gewöhnlichen Bestraffungen sich zu richten, sind sie wohl befugt beyde zu
removiren und abzusetzen, zumahlen da die Admonitiones theils schon testante
specie facti vorhergegangen; theils auch was von derer
|| [191]
selben Nothwendigkeit die Dd. zu erinnern pflegen, solche
Verbrechen betrifft, da der Prediger sich nur an denen Zuhörern, nicht aber an
Principe selbst versündiget. Stryke d. l.
XI. Daferne aber endlich S. Hochfürstl. Durchl. auch bey der((XI) Oder mit einer Geldbusse zu bestraffen und zu
translociren,) gewöhnlichen Straffe einen Mittelweg treffen, und
propter exemplum statuendum die Sache nicht gar ungeahntet hingehen lassen,
dabey aber aus weltbekanter und angebohrner Mildigkeit denen zwey Predigern
Gnade für Recht widerfahren lassen wolten, wären dieselbe wohl befugt, beyden
Predigern eine ziemliche Geld-Busse nach ihren Vermögen zu dictiren, und sie auf
eine Poenitenz-Pfarre zu translociren, ob dieses vielleicht ein Mitiel seyn
möchte, daß sie in sich giengen, die Thorheit ihres Hochmuths, der sie itzo
unter der Larve des Eyffers für GOttes Ehre plaget, erkenneten und wahrhaffte
Busse thäten, welches ihnen der Verfasser dieses Responsi von Hertzen will
angewünschet haben.
§. IIX. Von diesen Responso nun, fielen, wie von allen dergleichen(Allerhand Urtheile von diesen Responso. Erzehlung etlicher die gar favorable geschienen.)
alte verborgene Wahrheiten entdeckenden Schrifften, unterschiedene Iudicia pro
& contra. Serenissimus quaerens hatte solches mit grosser Attention
durchlesen, und bey denen angeführten Rationibus dubitandi mercklichen Verdruß
bezeiget, und sich dabey gar sehr gewundert, daß vormahls grosse Herren nebst
ihren Ministris denen unruhigen Theologis so viel nachgegeben, daß sie solch
Zeug in den Tag hinein schreiben dürffen; Es hatte Ihrer Durchl. aber dabey
sonderlich gefallen, daß ich originem excommunicationis minoris, und wie es
damit in denen ersten Seculis gehalten worden, deduciret, und hatte dabey
gesagt, es wäre eben, wenn sie in dem Responso läsen, als wenn sie sich eine
Passage aus Arnolds Ketzer-Historie vorlesen liessen. Man hatte auch dieses mein
Responsum auf Begehren dem Herrn Autori des 5. Theologischen bey vorigen Handel
§. 13. referirten Responsi nach H. zu lesen geschickt; der dann in einen
Schreiben von 20. Sept. gebeten hatte, weil er von dem Responso wegen vieler
Verhinderungen nicht mehr als zwey Lagen lesen können, daß er dasselbe bis auf
die nächste Post behalten dürffe: Besagte zwey Lagen hätten ein grosses
Vergnügen bey ihn erweckt, indem der Autor denen, die nicht über das Volck
herrschen solten, aber doch über dasselbige, ja gar über die Herren selbst
herrschen wolten, so nachdrücklich und ungescheuet aufgetrumpffet hätte. Bey
Zurücksendung des Responsi den 24. Nov. 1705. schriebe derselbe abermahls, daß
er selbiges mit grossen Vergnügen und nicht ohne Nutzen gelesen, und wäre es
gut, wenn es an dem Ort, wo der Autor wäre,
|| [192]
gedruckt
würde, damit er es selbst corrigiren könnte: Es solte sich auch keiner, als er
selbst besser zur Ausarbeitung der von ihm (allhier p. 164.) gewünschten
Beschreibung Historiae controversiae inter Imperium & sacerdotium
schicken, denn ihm wären diese Streiche am besten bekannt, und weil er die
Scripta hätte, welche zur Vertheydigung der hohen Obrigkeitlichen Autorität
dieneten, und die er (allhier p. 163.) gerne möchte zusammen gedruckt wissen, so
könte er solches gleichfalls verrichten, oder anordnen, und würde es an hohen
Häuptern, deren Ehr und Ansehen dadurch erhalten und befördert werde, nicht
mangeln, zum Verlag eine Beyhülffe zu thun: Dieses wurde mir durch einen
Minister, der dieser gantzen Sache halber mit mir correspondiren muste, nunmehr
aber verstorben ist, zugeschrieben, und dabey von selbigen Erwehnung gethan, daß
es schade wäre, daß dieses so wohl ausgearbeitete Responsum nicht gedruckt
werden solte, so viel nemlich primam quaestionem anlangete, damit mehrere davon
profitiren könten.
(Derer eigentlicher Sensus
mysticus.)
§. IX. Ich verstand diese Complimente wohl was sie nach dem gewöhnlichen
Hoff-Stilo sagen wolten. Den einen Punct betreffend, war es so viel gesagt, daß
es eine penible und verdrießliche auch gefährliche Arbeit wäre, die historiam
controversiae inter imperium & sacerdotium aufzusetzen, und daß dazu
sich nicht leichte weder ein Politicus noch Theologus gebrauchen lassen werde,
sondern daß ich mich selbst darüber machen und die Autores die die Jura
Principum in Ecclesiasticis gebührend defendirt, zusammen drücken lassen möchte;
aber daß sich nicht leicht ein Verleger in Teutschland dazu finden würde, auch
schwerlich zu hoffen wäre, daß dieses Werck dadurch befördert werden solte, wenn
man an grosser Herren Höffen erst eine Beyhülffe zum Verlag ausbetteln wolte.
Den andern Punct anbelangend, ware es so viel gesagt, daß gleichwie man mein in
vorigen Handel verfertigtes Responsum meiner Deprecation unerachtet hatte
drücken lassen; also auch das gegenwärtige Responsum, so viel die erste Frage
betrifft, ehe ich es mich versehen würde, werde gedruckt werden; wenn ich aber
disponiret werden könte, daß ich es selbst allhier drücken liese, würde es desto
besser für alle diejenigen seyn, die bey dem Inhalt des Responsi ein Interesse
hätten, für mich aber desto schlimmer seyn, indem die Gegenpart alsdann mir
ohnstreitig auf den Hals fallen, und also ich genöthiget werden würde,
rechtschaffen zu kämpffen und zu fechten, sie aber bey diesen allen hinter der
Scene in verborgenen würden zusehen, und sich mere passive verhalten können.
|| [193]
§. X. Gleichwie ich mir nun das Compliment wegen des ersten(Kurtzer Inhalt des Anfangs von einen Versuch der
Historie des Streits zwischen der Obrigkeit und dem Priesterthum wegen des
Kirchen-Rechts.) Puncts von der historie der controvers inter Imperium
& sacerdotium leichte vorher propheceyet hatte; Also urgirte ich auch
dieselbe nicht weiter, sondern setzte mir selbst vor, zu gelegener Zeit dieselbe
vor die Hand zu nehmen, und solche etwan in lectionibus publicis zu tractiren,
wie ich mich denn auch für ein paar Jahren darüber gemacht, und in denen
Sommer-Lectionibus eine dergleichen Historie entworffen und erklähret, auch zwar
mit denen vornehmsten und mühesamsten Puncten zu Stande kommen, aber doch das
gantze Werck nicht völlig absolviren können. Es bestehet dasjenige, was ich
davon entworffen in 12. Capiteln. Das 1. handelt von einen warhafftigen und
deutlichen concept einer gesunden und vollkommenen Republique, nemlich in
Einigkeit der Gemüther und Abwendung, daß die Republique nicht zweyköpfigt
werde. Das 2. Capitel handelt von der Quelle des falschen concepts und dessen
Fortgange: wie der Ursprung des falschen concepts schon in ersten und andern
Seculo bey denen Patribus, denen Philosophis und Rabbinen, oder bey Heyden,
Juden und Christen gesucht werden müsse. Z. E. was die Ehe, den Ursprung der
Republiquen bey denen Patriarchen, die Eintheilung der Mosaischen Gesetze, die
Vermischung der Jüdischen Theocratie mit dem Zustand Christlicher Republiquen,
der Propheten mit den Kirchen-Dienern, des Geists Eliä und Christi, beträffe u.
s. w. Das 3. Capitel entwirfft die falschen Hauptlehren der Christlichen
Clerisey, durch welche selbe in denen ersten acht Seculis sich den Weg gebahnet,
denen Königen und Fürsten zum Häupten zu wachsen, und wie ihre Macht von Seculo
zu Seculo zugenommen. In dem vierten Capitel werden unterschiedliche nöthige
Erinnerungen von dem eigentlichen Statu controversiae, und von dem Ursprung
dieser Streitigkeit gethan, z. E. von dem grossen Unterscheid zwischen der
Kirchen-Freyheit, und der Einigkeit des Regiments und Priesterthums: von denen
dreyen Hauptstuffen des politischen Pabstthums, von Verdrehung vieler Wörter und
Einführung anderer vielfältigen dem gemeinen Wesen schädlicher Irrthümer durch
das Canonische Recht; von dem gemeinen Irrthum, daß der Ursprung des Streits
zwischen dem Regiment und Priesterthum gemeiniglich erst von Zeiten Kayser
Heinrichs des 4. an gerechnet werde. Worauf dann das 5. Capitel den wahren
Ursprung und Fortgang dieses Streits bis auf die Zeiten Caroli Magni kürtzlich
vorstellet, in Entwerffung unterschiedner Haupt-Irrthümer, die der Kayser
Constantinus Magnus in der praxi des Kirchen-Rechts begangen, und wie in 4. biß
5. Seculo die Bischöfliche Jurisdiction mercklich zugenommen,
|| [194]
auch daraus des Kayf. Theodosii excommunication entsprossen,
ingleichen die Ketzermachereyen und die Mißbräuche der excommunicationen durch
die Kirchväter Hieronymum, Augustinum und Chrysostimum fortgepflantzet worden;
ingleichen daß der wahre Ursprung des Streis zwischen denen Kaysern und der
Clerisey und des denen Kaysern aufgedrungenen Religions-Eydes zu Zeiten des
Kaysers Anastasii zu suchen, ingleichen von dieses Kaysers excommunication und
seltzamen Todes Art, und daß unter demselben die falsche Lehre, als ob das
Kirchen-Recht eine Geistliche Sache sey, befestiget, und hernach von Kayser
Justiniano viel dem Käyserlichen Kirchen-Recht höchst praejudicirliche Dinge in
das Corpus Juris einverleibet worden, und wie hernach in 7. und 8. Seculo der
Streit zwischen dem Regiment und Priesterthum, oder vielmehr zwischen dem
Sacerdotio & Sacerdotio zugenommen. Das 6. Capitel handelt von dem
Zustand des Königlichen Kirchen-Rechts in 9. und 10. Seculo: Wie die
Ungezogenheit der Bischöffe schon unter denen Merovingis in Franckreich
angefangen, und was hernach Pipinus und Carolus Magnus zum praejudiz des
Obrigkeitlichen Kirchen-Rechts begangen; wie dieser Letzte die Bischöfliche
Macht und Gewalt durch öffentliche Gesetze befestiget, und ihre Ehre und
Reichthum über die Gebühr erhoben, auch endlich ein Diener der Clerisey und
ihrer Ketzermachereyen geworden. Warum man unter seinen Sohn dem Ludovico Pio
und dessen Nachfolgern keinen fernern Gebrauch des Obrigkeitlichen
Kirchen-Rechts suchen noch finden könne, auch wie die wahre Lehre von diesen
Kirchen-Recht in 10. Seculo nicht wieder empor kommen mögen, zumahl da die
Käyser und Könige die Vertheydiger ihrer Rechte entweder selbst gestrafft, oder
doch der Clerisey zum Raube überlassen; wobey deutlich gewiesen wird, daß
diejenigen sich sehr verirren, die sich und andern einbilden wollen, als ob die
drey Ottones das Obrigkeitliche Kirchen-Recht vortreflich vertheydiget hätten.
Was das 11. Seculum betrifft, wird in 7. Capitel vorgestellet, daß Gesselius
irre, wenn er behaupten will, daß Kayser Heinrich der dritte der letzte gewesen
sey, der die Obrigkeitliche Macht wieder die Römischen Päbste ungekräncket
erhalten habe; Ferner wird daselbst von dem Concilio unter diesen Käyser wieder
die Simoniacos gehandelt, und wie der Käyser unter den Schein einer
Kirchen-Busse von der Clerisey jämmerlich sey zerpeitschet worden; Was für
Händel zu Rom wegen der electionum Simoniacarum vorgangen; item von denen
unnützen Zänckereyen der Scholastischen Theologie, und von dem Ursprung der
Spaltung zwischen der Morgen- und Abend-Ländischen Kirche; Ferner, daß die wahre
Ursache des Streits Henrici
|| [195]
IV. mit dem Pabst die
rebellion der ansehnlichsten teutschen Bischöffe gewesen sey; nebst andern neuen
Erfindungen, als z. E. der cruciaten, des so genanten criminis Simoniaci, durch
welche das Käyserl. Kirchen Recht geschwächt worden, dergestalt daß es
solchergestalt unmöglich gewesen, daß die Käyser die Wahl der Römischen Päbste
behalten können; und daß hievon die Haupt-Ursache nicht so wohl den Päbsten als
etlichen Teutschen Bischöffen zu zuschreiben sey, obschon die Käyser hierdurch
nicht so viel als die Teutsche Clerisey selbst verlohren; nebst angehengten
Urtheil von des Petri Damiani, und Waltrami Schrifften bey dem Goldasto. Das 8.
Capitel stellet den Zustand des Häyserl. Kirchen-Rechts in 12. und 13. Seculo
vor. Nemlich wie aus vielen Ursachen in 12. Seculo die Macht der Clerisey
gewachsen, und die Käyserliche Macht geschwächet worden: Was von des Bernhardi
scriptis bey dem Goldasto zu halten sey: Von Politischen Ketzern, z. E. denen
Arnoldisten, und wie die Käyser selbst die Vertheydiger ihrer Rechte verfolgen
helffen: Wie die Clericalische tyranney in 13. Seculo zugenommen; Was von denen
Vertheydigern der Käyserlichen Rechte, so Spanheim anführet, zu halten,
absonderlich von der Epistel Petri Cassiodori, und der Frantzösischen Sanctione
Pragmatica; Von denen Episteln des Pabst Innocentii III; Von Rudolphi de Columna
tractat de translatione Imperii. Das 9. Capitel handelt von 14. Seculo; Wie in
selben die Obrigkeitlichen Kirchen-Rechte in Franckreich unter Philippo Pulchro,
in Teutschland unter Henrico VII. und in Engeland unter Eduardo secundo ferner
abgenommen; und daß der Käyser Ludovicus Bavarus wenig oder nichts tüchtiges zu
Befestigung derselben vorgenommen, und man solchergestalt billich Ursache habe,
Kayser Carln den IV. und seinen Sohn Wenzeslaum zu entschuldigen, daß sie alles
gehen lassen, wie es gegangen; Von denen falschen auf denen Academien
herrschenden Grundlehren, die die Vertheydiger der Käyserlichen Rechte als
warhafftig supponiret; nemlich von der geistlichen Macht der Clerisey und der
weltlichen Macht der Könige; welche in denen extracten der Schrifften der
Autorum dieses Seculi, die Goldastus colligirt, nemlich AEgidii de Roma,
Johannis de Parisiis, Marsilii Patavini, Gvilhelmi Occami, Michaelis Caesenatis,
Johannis de Gauduno, Richardi Archi-Episcopi Armachani, Rogerii Chonoe Nili
Archi Episcopi Thessalonicensis, Rudolphi Prellaei, Philothei Achillini,
Magistri Jordani, Francisci Petrarchae, und anderer kürtzlich jedoch deutlich
angewiesen werden. Das 10. Capitel beschreibet den armseeli
|| [196]
gen Zustand des Königlichen Kirchen-Rechts in 15. Seculo;
Wie nemlich zwar ihrer viele gewünscht, daß diesen Elend von denen Käysern durch
Concilia abgeholffen würde, aber daß kluge Leute vorher gesehen, daß dieser
Wunsch vergebens sey, theils wegen der damahls herrschenden absurden
Academischen Lehren, theils wegen der grossen superstition der Politicorum, und
daß dannenhero der Käyser Rupertus, der diesen Rath die Clerisey zu emendiren
nicht gefolget, viel klüger gehandelt habe, als seine beyden Nachfolger
Sigismuudus und Fridericus III. unter welchen das Costnitzische und Baselische
concilium gehalten worden, massen dann nach vorhergesetzten kurtzen Anmerckungen
von dem elenden Außgang des Concilii zu Pisa, und von der ungemeinen
Unverschamheit der daselbst versamleten Väter, etwas ausführlicher dargethan
wird, was für erbärmliche Thorheiten auf diesen beyden Conciliis vorgenommen
worden, und daß die Patres in dem Concilio zu Costnitz die weltliche Obrigkeit
nicht als Häupter, sondern als blosse Arme oder Brachia Secularia angesehen, und
daß die Bekehrung und Ausbesserung der Clerisey dadurch mehr gehindert als
verbessert, auch durch selbige dem weltlichen Kirchen-Recht von neuen geschadet
worden; ingleichen daß der Haupt-Zweck der Clerisey in diesen Seculo gewesen,
das Volck in denen allerunvernünfftigsten Aberglauben zu stärcken, und selbiges
nicht anders als unverständige Rosse und Maulthiere zu regieren; worbey zugleich
gewiesen wird, daß in diesen Seculo in Franckreich weder durch Ludovici IX. noch
Caroli IX. sanctiones pragmaticas die Königliche Kirchen-Rechte, sondern
vielmehr die Macht der Clerisey befestiget worden. Das 11. Capitel betrachtet
die in diesen 15. Seculo publicirten Scripta, die von Goldasto und andern
ausgegeben werden, als wenn durch selbige das Obrigkeitliche Kirchen-Recht
vertheidiget worden wäre, nemlich Johannis Hussi, Barlaami, Johannis Gersonis,
Antonii de Rosellis, Gregorii de Heimburg, Wesselii Gröningensis, Theodorica a
Niem, Pauli Angli, AEneae Sylvii, Jacobi de Paradiso, Pici Mirandulae und
andere, und zeiget kürtzlich, daß durch selbige nichts weniger als solches
geschehen. In dem 12. Capitel ist zwar ein Anfang von dem Zustand in 16. Seculo
gemacht, und darinnen sonderlich wieder Richerium vorgestellet worden, daß weder
das Concilium Lateranense noch des Königs in Franckreich Francisci concordata
mit dem Pabst die Königliche Macht in Kirchen-Sachen wieder empor gebracht,
sondern ihr vielmehr Schaden zu gefüget, ich habe es aber wegen der vorher nicht
vermutheten so vielen Schwürigkeiten
|| [197]
damahlen nicht
weiter bringen können, sondern es hierbey lassen müssen.
§. XI. Wegen des Abdrucks meines responsi über die erste Frage(Die Publication des Bedenckens,
unerachtet der mit Anführung vieler Ursachen geschehenen deprecirung.) sahe ich zwar wohl vorher, daß meine
Abmahnung, dasselbige nicht zu thun, bey denen die darzu gerathen wenig Eingang
finden würde; und daß ich es meines Orts endlich geschehen lassen müste,
zumahlen ich darinnen nach meinen Gewissen versichert war, daß ich in selbigen
nichts unrechtes oder unvernünfftiges gesetzet und behauptet hatte, auch daß
darinnen nichts enthalten wäre, welches der heil. göttlichen Schrifft, wenn nur
selbige vernünfftig und nicht Pharisäisch oder Rabbinisch ausgeleget wird,
zuwieder seyn solle. Aber ich konte doch auch zugleich leicht begreiffen, daß
weil die reliquiae Papatus biß dahin auch in denen Protestirenden Kirchen gar
sehr geherrschet hatten, und durch die Consilia Wittenbergensia, Dedekenni und
andere dergleichen Schrifften fast überall waren befestiget worden, auch viele
Theologi und JCti solche Schrifften GOttes Worte, (zwar nicht mit Worten, aber
doch in der That) gleich achteten; es unfehlbar geschehen würde, daß die
Eyfferer mir auf dem Halß fahren und Schmäheschrifften wieder mich drücken
lassen würden. Wenn ich nun dieselben beantwortete, würde ich dadurch bey
partheyischen Lesern doch keine Erkäntnüß erwecken, noch mir dadurch Friede
schaffen: indem so dann das Wespen-Nest vielmehr rege gemacht, und ich bald hie
von diesen, bald da von einen andern würde angepackt werden, und unter dieser
legion nothwendig unterliegen müssen. Beantwortete ich aber dieselbe nicht,
würde es nicht alleine heissen, ich getrauete mir nicht meine Irrthümer zu
defendiren, und wäre von meinen Adversariis in ein Boxhorn gejagt worden;
sondern es würden auch diejenige, die solches zu publiciren angegeben, auch etwa
gelobet hätten, keine Ehre mit solcher publication einlegen, weil man ihnen so
dann besagte Gegenschrifften öffters vor die Augen legen und sie fragen würde,
wenn dann dieselbigen würden beantwortet werden. Dieweil ich mir aber aus bald
zu meldenden Ursachen feste vorgenommen hatte, denen wieder das responsum etwa
zu publicirenden Schrifften nicht zu antworten; Als berichtete ich dieses
beyzeiten an den Freund, mit dem ich dieser Sache halber correspondirte, und
vermeinte dadurch die publication desselbigen zu hindern; Aber ich bekam nichts
destoweniger, ehe ich es mich versahe, ein exemplar von dem Abdruck
zugeschicket, und dabey die Entschuldigung, daß es mir keinen Verdruß machen
würde, weil ja mein Nahme nicht wäre dabey gesetzet worden.
|| [198]
Ich antwortete aber, daß diese praecaution mir wenig helffen
würde, zumahlen ich versichert wäre, daß nach dem damahligen Zustande bey Hoffe
es kein Geheimnüß seyn könte, daß ich Autor von dem Responso sey, und mir
dannenhero indifferent würde gewesen seyn, wenn gleich mein Nahme wäre dabey
gesetzt worden; Wie dann auch nachmahls diejenigen, die das responsum zu drucken
gerathen hatten, nicht säumeten, bey der andern und folgenden Auflagen desselben
meinen Nahmen vorsetzen zu lassen.
(Die erste wieder das Bedencken publicite Schmäheschrifft eines sich selbst verrathenden Anonymi.)
§. XII. Was ich nun vermuthet und vorhergefehen hatte, wurde gar bald ins Werck
gesetzt. Denn kurtz darauf Anno 1706. kame eine Schmähe-Schrifft an das Licht,
derer Titel zwar scheinheilig genung war: Kurtze in der heil. Schrifft und denen
Evangelischen Kirchen-Symbolis begründete Antwort auf
das in letzterer Braunschweigischer Winter-Messe durch den Druck publicirte Bedencken über die Frage: Wie weit ein
Prediger etc. aber die Schrifft selbst war durch und durch mit bitteren und
pharisäischen Schmähungen angefüllet: denn bald sagte der Autor p. 9. die
Türcken wären nicht so unverschämt und verkehrt, als der Autor des Bedenckens, bald schrieb er p. 12.
13. man könne denjenigen, der so frech der Evangelischen Lutherischen
Kirche ins Angesicht wiederspräche, und gleichwohl denen andern beyden der
Römisch-Catholischen und Reformirten sich nicht conformirte, dißfalls für keinen Lutherischen,
noch auch vor einen Reformirten oder Römisch-Catholischen halten, sondern er
möge sich zu seinen von ihm allegirten und gerühmten,
von der gantzen Kirchen aber und von allen in Römischen Reich geduldeten Theilen
derselben verworffenen Thoma Erasto verfügen und ein
vierdtes ausmachen, derer Thomasianer oder Erastianer. Und wenn der Autor ein offenbahrer Feind unserer Evangelischen Kirche
wäre, möchte es weniger ungereimt und schädlich seyn, als daß er, wie es
scheine, für ein Mitglied der Evangelischen Kirche wolle gehalten seyn. Bald
beschuldigte er mich p. 39. ich schnaubete wie ein
anderer Saul mit Morden und Dräuen wieder die Jünger des Herren. Bald schwatzte
er von Atheisten und Atheistischen principiis p. 45.
& p. 92. Bald nennete er mich p. 71. einen Calumnianten der Evangelischen Prediger; Bald p. 83. einen Prediger-Feind
u. s. w. Der Hauptzweck dieser Schrifft gienge dahin, daß der Autor behaupten
wolte: der Ge
|| [199]
brauch des Binde-Schlüssels sey
keine weltliche Straffe; und da dieses seiner Meinung nach geschehen, bemühete
er sich, meine Rationes decidendi, oder wie er sie nennet Scheingründe zu
wiederlegen, und die Unerhebligkeit meiner Responsionum ad rationes dubitandi
vorzustellen. Der Autor hatte sich zwar nicht genennet, aber es wiese es die
gantze Schreibarth, daß es niemand anders als einer und zwar der vornehmste von
denen beyden Predigern, die diesen Papentzenden Handel angefangen hatten,
gewesen.
§ XIII. Und mit diesen Manne mich recht einzulassen, funde ich(Warum dieselbe nicht beantwortet worden. Etliche Specimina von den elenden Zustand dieser
Schrifft.) mich über die Hauptursache, wegen welcher ich mir vorgenommen
hatte, damahls keinen der mein Responsum anfechten würde, zu antworten, (davon
in folgenden §. 19. ein mehreres) noch viel absonderliche raisons, daß ich
leicht vermuthen konnte, es würde mir keiner, der nur ein wenig vernünfftig
wäre, solches verdencken, denn der arme Mann hatte sich in dieser Antwort so
sophistisch und miserable bezeiget, daß ich gewiß versichert war, es würde ein
iedweder, auch nur ein wenig unpartheyischer Leser mit Händen greiffen, daß der
Autor darinnen recht als ein Trunckener und von einem Ort zum andern taumelnder
Mensch sich durch und durch aufgeführet, ob er wohl durchgehends syllogistice zu
disputiren und seine Wissenschafft in der Zanckkunst, ingleichen in der orthodoxen heiligen Metaphysic seines gleichen Liebhabern
derselben hatte zu verstehen geben wollen, daß ich dannenhero in demjenigen
bestärcket wurde, was oben §. 2. p. 105. in der Specie facti von ihm angeführet
ist, daß er der terminorum Metaphysicorum sich zum öfftern in seinen Predigten
bedienet, und dadurch manche klare Sache obscur gemacht. Ich will dannenhero nur
etliche wenige specimina aus seiner Antwort excerpiren, damit der Leser sehen
könne, daß ich nicht aus Affecten wieder den Autorem allhier gefchrieben.
§. XIV. (I) Der Beweiß den er in 1. Cap. führet, daß der Bindeschlüssel((I) Miserabler Beweiß, daß der
Bindeschlüssel keine weltliche Straffe sey.) keine weltliche Straffe
sey, sind nichts als merae petitiones principii und die in meinen Bedencken
schon hin und wieder wiederleget waren. Das Haupt-Argument ist folgendes p. 4.
Was der liebste Heyland dem Himmelreich zueignet, das gehöret denen weltlichen
Reichen nicht zu: Denn die Dinge die him̅lisch und die weltlich
sind, lassen sich (mit dem Autore zu reden) in eine Classe nicht combiniren. Nun
eigenet aber der Heyland den Bindeschlüssel dem Himmelreich zu Matth. 19, 16. Darum gehöret er nicht den weltlichen
Reichen einfolglich ist es keine weltliche Straffe: Denn was nicht weltlich
|| [200]
ist, kan auch keine weltliche Straffe seyn. Wer mein
Responsum gelesen hat, wird darinnen gar vieles finden, was ich daraus nehmen
können, den Autorem zu überzeigen, daß er genuinum statum controversiae mutirt,
und den Binde-Schlüssel der heil. Schrifft mit dem Papistischen Dietrich
vermischt hätte, und daß es mir dannenhero, wenn ich auch syllogistice dem
Autori hätte antworten wollen, an responsionibus formalibus so wohl ad Majorem
als Minorem und zwar auf Lutherische Art per distinguo,
applico, limito gantz nicht würde gemangelt haben; ja daß, wann ich meine alte
dialectische Gauckeltasche hätte vorsuchen wollen, selbige mir die schönste
Gelegenheit würde an die Hand gegeben haben, dem Autori folgende Nuß
aufzuknacken, wieder vorzulegen. Wer dasjenige, was der liebe Heyland zu dem
heiligen Petro absonderlich gesagt, auf die heutigen Evangelischen Prediger (die
doch so bescheiden sind, daß sie sich nicht wie der Pabst pro successoribus
Petri ausgeben,) oder doch zum wenigsten auf sich appliciret; der hat noch mehr
als einen Gern-Pabst in Leibe, und den müssen weltliche Fürsten als einen
ungemeinen Anti-Christ consideriren, und sich äuserst vor ihn hüten. Atqui der
Autor &c. Ergo u. s. w.
((II) Falsche und erdichtete Anführungen der Worte aus
meinen Bedencken.)
§. XV. (II.) Was die Beantwortungen auf meine rationes decidendi und die replicas
auf meine Wiederlegung der rationum dubitandi betrifft, wird der Leseser
befinden daß er meine Worte nicht ordentlich und aufrichtig angeführet, sondern
(nach seinen Stylo p. 35.) hier und dar herumgewühlet, um etwas zufinden,
darwieder er sein unzeitiges Gewäsche anbringen könte. Er allegiret zwar öffters
bey Anführung meiner Worte die paginas aus meinen gedruckten Bedencken; Aber zum
öfftern führet er selbige an, ohne zu melden wo sie zubefinden: Wo dieses letzte
geschehen, darff sich der Leser gewiß versichern, daß er es deßwegen gethan,
weil die Verfälschung oder sonst verstümmelte Anführung meiner Worte gar zu
mercklich und handgreiflich gewesen wäre, die er daselbst begangen; Aber er hat
auch solche Streiche gar öffters an denen Orten, wo er die paginas citiret,
vorgenommen; und sich doch dabey eingebildet, daß hoc non obstante ihn iederman
für einen Jünger des HErrn, dafür er sich zum öfftern in dem Scartecgen
ausgiebt, werde passiren lassen. Nur ein paar Exempel anzuführen, so verfälscht
er gleich bey Anfang des 2. Capitels p. 13. mein p. 63. des Bedenckens
befindliche Worte: Denn da ich geschrieben hatte, man hätte damahls als die
Articuli Smalcaldici geschrieben worden, nicht so viel subsidia historiae
Ecclesiasticae die wahre Beschaffenheit der Kirchen-
|| [201]
Sachen einzusehen gehabt, als hernach immer mehr und mehr zum
Vorschein kommen; verdrehet er meine Worte und setzet hin, ich hätte
geschrieben, man hätte damahls die Subsidia &c. nicht gehabt, damit er
desto bessere Gelegenheit haben könte, wider mich das hundertste in das tausende
zu mengen und hin zu schreiben. Und damit ihn der Leser nicht bald Anfangs auf
den fahlen Pferde ertappen möge, hat er bey diesen Worten keine Paginam
allegirt. Aber das andere Exempel ist noch safftiger da er p. 43. aus der pag.
105. meines Bedenckens etliche daselbst befindliche Worte zwar cum allegatione
paginae ansühret, aber alsbald etwas salsches anflicket, wenn er als wenn es
meine fernere Worte daselbst wären, also continuiret: item als könne man sich nicht genung verwundern über die grosse Gedult der
Evangelischen Fürsten und ihrer Ministrorum, daß sie
solche gefährliche und ihren höchsten Regalibus höchst
praejudicirliche Principia
so lange Zeit in die Welt hinein schreiben, und durch den Druck propaliren lassen; auch hierdurch Gelegenheit und Anlaß
gegeben, daß so viel tausend junge, unwissende Gemüther auf Universitäten damit eingenommen, mithin aber Ehr-und zancksüchtige
Prediger in ihren ungerechten Vorhaben gesteiffetworden, massen denn nicht
leicht ein Casus erdacht werden könne, da sich nicht
dergleichen Leute auf die Consilia Wittenbergensia oder
des Dedekenni seine Compilation
gegründet, und darauf als der Bock auf seine Hörner verlassen hätten: Da doch
diese Wort gar nicht in besagter pag. 105. sondern weit hinden p. 152. 153. zu
befinden, und den guten Herrn verdriessen mochte, daß auch dergleichen
Sentiment, laut dem was ich oben §. 8. angeführet, a Serenissimo und deroselben
Staatsministris, nach Lesung und Erwegung meines Responsi etwa mochte seyn
geführet worden. Gewiß, wenn ich solche Streiche gemacht und mich doch dabey für
einen Jünger des HErrn ausgegeben hätte, würde ich mich nicht haben müssen
verdriessen lassen, wenn mich so dann der Autor mit dem Stief-Jünger des Herrn,
nemlich mit dem Verräther Judas verglichen hätte.
§. XVI. (III) Daß ich auch dem Leser ein Exempel gebe, wie((III) Unvernünfftig angebrachte Methaphysische Grillen.) ungeschickt der Autor seine
Methaphysische Grillen wider mich angebracht habe, so betrachte er nur
folgendes. Ich hatte p. 107. meines Bedenckens gesetzt, es zeige es die Natur
und Eigenschafft des Kirchen-Banns, daß man weder mit der kleinern noch grössern
Excommunication wider Könige und Fürsten verfahren könne, indem in der Kirche
|| [202]
um der Ordnung willen ein Geistlicher keinen
höhern Geistlichen, auch nicht einmahl seine eingepfarrte Leyen mit dem Bann
belegen könne, geschweige denn daß er seinen vorgesetzten Bischoff von Abendmahl
auszuschliessen sich unterfangen solte: u. s. w. Was replicirt nun unser
vortreflicher Methaphysicus hier wieder? Er sagt sehr dreiste p. 46. Hie redet
der Autor ungeräumt, wenn er das Argument von der FORMA und Beschaffenheit des
Kirchen-Bannes, welche darinnen bestehet, daß einer als ein faul Glied von dem
geistlichen Leibe abgeschnitten wird, nehmen will, und dabey auf das OBIECTUM und andre Dinge verfällt, welche die NATUR dieser Handlung nicht ausmachen: Aber ein jeder,
der nur prima elementa der heiligen Methaphysic gehöret hat, siehet gar
deutlich, daß der arme Socius seine Methaphysic nicht recht gelernet, indem ein
grosser Unterscheid zwischen der Natur und Form,
zwischen den Eigenschafften und Beschaffenheiten eines Dinges ist, und daß
derjenige sehr ungereimt denjenigen der von dem ersten redet beschuldige, daß er
ungereimt die Form und das Objectum eines Dinges vermischet. Was wolte der Autor demjenigen
antworten, dem er etwa eine gute Lehre gegeben; Er solle sich für der Heucheley
hüten, weil nach derselben Natur und Eigenschafften sie den Menschen verführte,
daß er nicht alleine gegen sich selbst, sondern auch gegen alle Menschen,
absonderlich aber gegen die Gewaltigen an Hoffe, und fürnemlich diejenigen, so
weiblichen Geschlechts wären, heuchelte, etc. wenn dieser an statt daß er ihn
für die gute Lehre dancken solte; ihn anführe wie die - - - den Bettelsack: Er
der Autor rede sehr ungereimt, weil er die Methaphysic nicht verstünde, sondern
die Form und das Objectum der
Heucheley so unverantwortlich confundirt hätte, welches noch von keinen Jünger
des HErrn geschehen wäre? etc.
((IV) Entlarvter Pharisäischer Hochmuth.)
§. XVII. (IV) Damit es ferner nicht an einen Exempel des Pharisäischen Hochmuths
mangele, mit welchen der Autor sich hin und wieder in dieser seiner Schrifft
prostituiret, so ist selbiges sonderlich p. 47. und seq. zu finden. Ich hatte in
Bedencken p. 112. gesagt, daß wenn ein Hoff-Prediger so
unverschämt seyn solte, daß er seinen Fürsten nur mit den Bindeschlüssel
bedrohen wolte, würde solches eben so unverschämt, ja noch unförmlicher heraus
kommen, als wenn ein armer Praeceptor, den ein ehrlicher
Bürger angenommen hätte, ihm und seinen Kindern und Gesinde die Postille zu
lesen, oder auch aus seinen eigenen Kopffe die Evangelia zu erklähren, sich
eines Straff-Amts gegen diesen ehrli
|| [203]
chen Mann
der ihm alle Augenblick die Schippe geben könte, und dem er seine Subsistenz zu
daneken hätte, unterfangen, ihn hofmeistern, reprimendiren, und von seinen Weib
und Kindern bey Lesung der Postille absondern wolte, gesetzt auch, daß dieser
Praeceptor (wie es nicht eben unmöglich wäre,) zu dieser Function wäre ordiniret
worden. u. s. w. Ob nun wohl nach den Regeln der gesunden Vernunfft bekant, daß
die Gleichnüsse nicht extra tertium comparationis extendiret werden dürfften,
auch mein Gegner vermuthlich in diesen Ansehen die Vergleichung eines Fürsten
mit einen ehrlichen Bürger passiren lässet, ja gar nicht undeutlich p. 52. zu verstehen giebt, ich hätte besser gethan, wenn
ich an statt des ehrlichen Bürgers einen gottlosen Mann gesetzt hätte; so wütet
er doch p. 47. seq. in etlichen Blättern auf das erbärmlichste, daß ich mich
unterstanden hätte, ihn als einen Hof-Prediger mit einen armen Praeceptor der
von dem ehrlichen Mann seine Subsistenz hätte zu vergleichen, und gleichsam ein
Crimen laesae Majestatis Concionatoris Aulici zu begehen, und wirfft daselbst
bald mit Lese-Bengeln, bald mit Küchen-Jungen um sich, da ich doch jederzeit
mich würde entsehen haben, einen Hoff-Prediger mit Lese-Bengeln und
Küchen-Jungen zu vergleichen: Wer wolte sich nun enthalten können, daß er bey
Lesung dieser Worte sich über den Pharisäischen Hochmuth des armen Mannes nicht
erbarmete? und noch mehr Mittleyden mit demselben hätte, da er sich wider alle
Principia juris Ecclesiastici non Papizantis aus eben den Hochmuth unterstanden,
seinen Fürsten p. 50. nicht undeutlich unter die
Eingepfarrten oder Parochianos zu rechnen.
§. XIIX. (V) Endlich will ich noch ein Exempel von des Mannes((V) Gantz unvernünfftig angebrachte Distinction unter Straffe und Artzney.) Unwissenheit in der
Morale und Politic mit kurtzen vorstellen. Ich hatte p. 135. seq. meines
Bedenckens gesetzt. Wenn aus der unmittelbahren göttlichen Einsetzung des
Predig-Amts einige Independenz von weltlicher Obrigkeit nothwendig zu schliessen
wäre, würde dieses Argument wider die, so solches brauchen, selbst beweisen, daß
auch die Prediger keine Macht hätten, die weltliche Obrigkeit mit ihren
geistlichen Bestraffungen zu belegen; Denn sie lehreten ja selbst einmüthig, daß
die weltliche Obrigkeit unmittelbahr von GOtt eingesetzet sey. etc. Diesen
meinen Schluß bemühet sich nun der Autor p. 59. seq. weitläufftig zu
wiederlegen, jedoch dienet voritzo zu meinen Zweck nur seine erste Antwort, wenn
er d. p. 59. also schreibet: Concedo totum argumentum.
Der Bindeschlüssel ist eine Artzeney und keine eigentliche Straffe, weniger eine
weltliche Straffe, man mag es heissen Consilium
|| [204]
theologicum, suspensionem, excommunicationem minorem,
oder Binden, so ist es allewege auf des Menschen Seeligkeit angesehen, wie die
Versagung der Geneß-Mittel bey böser Diaet des Patienten
nicht eine Straffe sondern liebreiche Vorsorge vor die Gesundheit des Krancken,
und ein Hülffmittel zur Besserung ist. u. s. w. Nun will ich zwar eben nicht
weitläufftig urgiren, daß der Autor sehr ungereimt den Bindeschlüssel in der
einen Zeile bald für eine Artzeney, bald in der andern für eine Versagung der
Artzeney und in der dritten wiederum die Versagung der Artzeney, für eine
Artzeney und Hülffsmittel ausgiebt; sondern ich will nur bey dem bleiben, daß er
die eigentlichen Straffen, und die moralischen Artzeneyen einander entgegen
gesetzt. Hat denn der arme Mann nie gehöret, daß in moralibus &
politicis alle eigentliche Straffen moralische Artzeneyen seyn sollen, und
deßhalben auch poenae medicinales genennet werden? Ich glaube ja, wenn er nur an
das Exempel eines Praeceptoris, der seinen ungezogenen Lesebengeln, (daß ich
mich seiner Red-Art bediene) einen Schilling giebt, gedacht hätte; würde er
erkant haben, daß zwar ein Schilling eine eigentliche Straffe sey, unerachtet
der Praeceptor dabey intendirt oder doch intendiren soll, daß dieser Schilling
zugleich eine moralische Artzney und ein Hülffsmittel zu des Knaben Besserung
seyn solle, und ihn deßhalben vermahnet, er solle künfftig dergleichen Dinge,
worum er gestrafft worden, nicht mehr thun.
(Haupt-Ursache, worum ich mir vorgenommen, denen die wider
das Bedencken geschrieben, damahls nicht zu antworten.)
§. XIX. Wer hätte mir nun wohl zumuthen wollen, daß ich damahls mit Ausmistung
dieses Augiae stabuli hätte die edle Zeit verderben sollen, indem die gantze
Schrifft die in 6. Bogen und 94. Paginis bestand, mit dergleichen armseeligen
Dingen angefüllet war. Jedoch wenn sie auch nicht so unvernünfftig und Affecten
voll concipiret worden wäre, so bestand doch die Ursache meines damahligen
Vorsatzes, mich damahls mit niemand wegen Vertheydigung dieses Bedenckens in
Schrifften einzulassen, hauptsächlich darinnen, weil ich wohl erkannte, daß alle
meine Gegner auf denen Universitäten, viel grobe Reliquien des Politischen
Pabstthums zum Grunde ihrer Wissenschafft bona fide geleget hatten, und sich
feste beredeten, daß nemlich die Lehren der Canonisten von geistlichen Personen,
von geistlichen Dingen, von geistlichen Gerichten, von geistlichen
Proceß-Sachen, von geistlichen Lastern, von geistlichen Straffen, nicht alleine
in der gesunden Vernunfft sondern auch in heiliger Schrifft sich gründeten,
unerachtet sie gantz unvernünfftig, und die Auslegung der Canonisten der
heiligen Schrifft gantz
|| [205]
zu wider ware, auch die
Canonisten dabey nichts anders intendiret hatten, als mit diesen ihren
Grundsatzungen der weltlichen Obrigkeit ihre Regalia zu rauben, und selbige zu
blossen brachiis secularibus zu machen. Ehe nun dieses Geheimnüß klar und
deutlich entdeckt wäre, glaubte ich gantz vergebens und umsonst zu seyn, mit
denen Gegnern wegen der daraus hergeleiteten Schlüsse oder Conclusionum zu
streiten. Derowegen war ich schon damahls bedacht, wie ich etwa nach göttlichen
Willen dermahleins diese sechs Grundseulen des Politischen Pabstthums, nach dem
Vermögen das GOtt verleyhen würde, (auch mit Hülffe anderer gelehrter Männer,
die vor mir in dieser Intention hin und wieder in Erkäntnüß dieser und jener
Päbstischen Reliquien waren vorgegangen) über den Hauffen schmeissen möchte;
Welches ich auch hernach als ich Professor juris Canonici worden, in meinen
Notis variorum ad Lancelottum gethan, und dadurch, vielen jungen Leuten
Gelegenheit gegeben dieser Wahrheit weiter nachzudencken, und dieselbe
weitläufftiger auszuführen, wie dann z. E. ein ungeanter Autor, der sich unter
dem Nahmen Davidis Mansueti de S. Germanis verborgen, Anno 1717. in einen
Prodromo Commentationis Academicae de Abusu Brachii secularis in foris
Protestantium, und in eben selbigen Jahre der Herr Consistorial-Rath Reinhard zu
Dreßden, in seinen Meditationibus de Jure Principum Germaniae, cumprimis
Saxoniae, circa sacra ante tempora Reformationis exercito, und endlich vor
weniger Zeit Herr D. Pertsch in seinen lateinischen Tractat von Laster der
Simonie, und in zweyen Teutschen, von Recht der Beicht-Stühle, und von Recht des
Kirchen-Bannes, solches zur gnüge gethan.
§. XX. Und eben dieses ware auch die Haupt-Ursache, worum ich mich(Sebast. Edzardi neue Schrifft
wider das Bedencken, Etliche Specimina von den straf
baren Injurien die Edzardi
in dieser infamen Schrifft wider ehr-) mit dem
Hamburgischen Professore Sebastiano Edzardi nicht eingelassen, als dieser in
folgenden 1707. Jahre eine andere Schrifft publicirte, deren Titul war:
Vertheydigung der Christlichen Lehre von Bindeschlüssel wider das unchristliche
Bedencken D. Christiani Thomasii, nebst einen
gründlichen Beweiß, daß der Abfall zum Pabstthum die ewige Verdamnüß nach sich
ziehe. Zu geschweigen daß diese Schrifft durch und durch das armselige
Geschmiere seines Vorgängers nur wiederhohlete, oder es noch unvernünfftiger und
gröber machte, als jener. Denn da jener seine Affecten allenthalben hatte
blicken lassen, wütete und tobete Edzardi als ein rasender oder würcklich
besessener Mensch; und stieß die grausamsten Injurien und offenbahren Lügen
wider mich aus: davon ich nur etliche wenige Loca als Specimina anführen will.
|| [206]
(liche Leute ausgestossen.) Alsbald p. 1. fängt er
den §. 2. also an. Der wegen seiner Epicurischen und Atheistischen Schwermerey so sehr beruffene Christianus Thomasius hat neulicher Zeit den
Evangelischen Potentaten auch einen Fuchsschwantz verkauffen wollen. Gegen das
Ende des 9. §. p. 28. setzet er; Derowegen sind Thomasius nnd alle diejenigen, welche den Binde-Schlüssel gegen souveraine Herrn nicht exerciret
haben wollen, offenbahre Antinomer und Gesetz-Stürmer,
weit ärger als die Gemeine Antinomer gewesen. Der Locus
§. 11. p. 32. ist noch safftiger. Das wird auch wohl zum wenigsten eine
Neben-Ursache seyn, (nemlich: damit der Atheisterey Thür und Thor geöffnet
werde) daß Thomasius mit seinen unchristlichen Bedencken
herfür gebrochen. Denn obgleich dieser böse Mensch den Nahmen eines Atheisten
nicht haben will, so finden sich doch in seinen Schrifften solche Hypotheses, aus denen man sein Atheistisch Gemüthe
leichtlich abnehmen kan. Wie er sein Gelächter mit dem ewigen Leben treibt, ist
in der Impietate sortis Fanaticae observ. 14.
Sonnen-klar gezeiget worden. Und hat noch in nächstverwichenen Jahr 1705. ein
rechtschaffener frommer und gelehrter Mann über Thomasii
Atheistisches Gifft also geseufzet:
Ein längst verlohrner Sohn, der alles Gut verprasset, Was an Religion an Ehr, und Nahmen ist, Der hasset was man liebt, und liebet was man hasset, Der Hohn für Wasser säufft, und Spott für Träbern frißt, Lacht alle Lehren aus, dreht und verkehrt die Bibel, Ist wohl ein Ismael und rechtes Kirchen-Ubel.
Gespenster glaubt er nicht, auch keinen Bund der Hexen! Welch Atheistisch Gifft, das er hierunter hegt! Er ist ein Höllen-Huhn, das itzo erst will käcksen, Biß daß es nach und nach die Eyer hingelegt, Den Sadducäer Geist von neuen auszubrüten, Ach dafür woll uns doch der liebe GOtt behüten. In 16. §. p. 66. fähret er fort: Es geschiehet daran gar recht und billig, wann die Obrigkeit ärgerliche, schädliche und verführische Bücher verbietet, und wäre zu wünschen, daß auch Thomasii nichtswürdiges liederliches Geschmier, samt andern Atheistischen und Pietistischen Schand-Chartequen nirgends zu fin
|| [207]
den wären. Er entsahe sich auch nicht, einen berühmten Theologum, den
ich in meinen Bedencken, da ich von des Ambrosii excommunication des Käysers
Theodosii gehandelt, citirt hatte, mit eben so groben Schmähe-Worten als mich zu
tractiren, als von welchen er §. 24. p. 137. schreibet: Was der Leipziger Novatus von Ambrosii
excommunication halte, oder nicht halte, daran lieget gar wenig: und möchte
es ihm vielleicht zu seiner Seelen Heyl ersprießlich seyn, wenn man ihn in
Leipzig so lange aus dem Beichtstuhl und von heiligen Abendmahl abhielte, bis er
seine Pietistische und Terministische Schwermereyen
erkennet und bereuet. Ob nun wohl dergleichen öffentliche Beschimpffungen nach
allen Rechten empfindliche Leibes-Straffe meritireten; so begnüget sich doch ein
Christliches Gemüth, das sich bemühet, die Mittelstrasse zwischen der
Ruchlosigkeit und Scheinheiligkeit zu beobachten, daß es seinen Lästerern von
Hertzen vergiebet, und da ohne dem dieselben bey der gantzen vernünfftigen Welt
durch ihre infame Schreibart sich ipso jure selbst infamiren, sich daran genung
seyn lässet, und achtet es sich vielmehr für eine Ehre, von solchen Edzardischen
Gemüthern geschändet zu seyn; ja es würde es für eine injurie aufnehmen, wenn
ein solcher Edzardi sich unterfangen solte, es zu loben und zu rühmen. Und eben
dieses auch von mir zu bezeigen, habe ich obbesagte Schmähungen des Edzardi
völlig hieher drücken lassen, damit, wenn etwa die Edzardische Schmähe-Schrifft
verlohren gehen solte, die posterität daraus erkennen möge, was für ein Zustand
damahls in der guten Stadt Hamburg gewesen, und daß man solche infame
injurianten als Professores darinnen dulden müssen, weil sie sich auf den Pöbel,
und ihres gleichen aufrührige Demagogos verlassen. Daferne aber einem
unpartheyischen Leser eine Begierde ankommen solte zu lesen, was von dieses
Edzardi infamen Schreibart in gantzen Reich gehalten worden, der kan nur z. E.
des neubestellten Agenten erste fonction p. 832. seq. und in der andern function
p. 253. seq. item 814. seq. auffschlagen. Denn was itzo mit ihm passirt, ist
ohne dem iedermann aus denen Zeitungen bekant.
§. XXI. Und wenn auch gleich von etlichen unpartheyischen Gemüthern(Etliche Anmerckungen von D.
Pertschens, Thomae E-) damals nicht ohne
Ursache gewünschet worden, daß mein Bedencken wegen des Bindeschlüssels wieder
die neuen Einwürffe dieser beyden adversariorum in einen und andern Puncte etwas
deutlicher erleutert worden wäre; so wird es doch itzo nicht mehr nöthig seyn,
theils weil alle diese puncte, die etwan damahlen eine mehrere Erklährung und
|| [208]
(rasti, Ludoici Molinaei,
und Johannis Seldeni hieher gehörigen
Schrifften.) Unterricht von nöthen gehabt hätten, nunmehro in denen
besagten Notis verhoffentlich überflüßig erklähret seyn, und man nur in indice
unter denen hieher gehörigen Titeln deßwegen aufschlagen und die daselbst
angeführten Loca mit gehöriger Attention durchlesen kan; theils weil Herr D.
Pertsch in seiner ausführlichen Abhandelung von Recht des Kirchen-Banns
durchgehends dasjenige, was ich in diesen meinen Bedencken kurtz zusammen
gefast, ausführlicher erklähret, und mit nöthigen Anmerckungen auch Allegatis
anderer Gelehrten mit gehörigen Fleiß und Arbeit auch guten Judicio illustriret
hat, wie solches aus dem kurtzen Inhalt der 13. Capiteln seines gantzen Wercks
in etwas abzunehmen ist. Denn er handelt daselbst (1) von Ursprung des
Kirchen-Banns; (2) Von dem Bann der Christen zu der Apostel Zeiten; (3) Von dem
Bann, der nachmahls unter den Christen eingeführet worden; (4) Von dem Bann da
Christliche Obrigkeit gewesen. (5) Wer in den Bann gethan werden könne; (6) Wer
in den Bann thun und wie die Verbannung geschehe; (7) Von dem Bann wider Könige,
Fürsten, und Landes-Herren; (8) Von der Würckung des Bannes; (9) Wie man den
Bann aufschieben, und davon loß kommen könne; (10) Von denen Interdictis (11)
Von dem Bann unter denen Protestirenden; (12) Was von dem Bann eigentlich
zuhalten sey; und endlich (13) von dem Recht der weltlichen Obrigkeit bey dem
Kirchen-Bann. Absonderlich aber hat er in 7. cap. §. 6. seq. p. 233. seq. sich
angelegen seyn lassen Edzardi seine Meynung vorzustellen, und die Meinige wieder
ihn und seine Schmähung zu defendiren, hernach aber §. 10. ad finem p. 241. seq.
seine Repliquen wieder meine Einwürffe zu wiederlegen. Dieweil auch der erste
Autor sich hauptsächlich vorgenommen hatte, zu beweisen, daß der Bann keine
weltliche Straffe, sondern eine Artzney sey, kan man zu desto mehrerer
Erleuterung dessen, was ich allbereit oben §. 14. & 18. deßwegen
angemercket, dasjenige beyfügen, was Hr. D. Pertsch hievon in 12. Capitel §. 8.
seq. p. 367. seq. ferner gemeldet hat, zumahl aus dessen gantzen Wercke
erhellet, daß ihm das Scriptum des Anonymi nicht bekannt gewesen, und daß dieser
die irrige Meynung von dem Unterscheid der Straffe und der Artzeney etlichen
auch sonst berühmten JCtis abgeborget habe, wiewohl ich wündschete, daß er §. 9.
lit. d. p. 370. etwas deutlicher den Ort angezeiget hätte, wo der sonst
vortrefliche JCtus Zieglerus diese ungegründete Distinction unter einer Straffe,
und einer Artzeney gelehret und approbiret habe. Hiernechst weil des Thomae
Erasti und Ludovici Molinaei Schrifften sehr rar sind, und der Ano
|| [209]
nymus daher Gelegenheit genommen, von
Thomasianern und Erastianern als Ketzern zu sprechen (vide supra §. 12) wird
nicht undienlich seyn, dasjenige zu lesen, was Hr. D. Pertsch von Erasto in 11.
Capitel §. 3. & 4. p. 337. seq. und von Ludovico Molinaeo §. 5. p. 343.
seq. meldet, dem aber noch zu mehrerer Erleiterung beygefüget werden kan, was
ich von diesen beyden und ihren Schrifften in notis ad Huberum de jure Civitatis
p. 166. biß 172. und p. 211. biß 216. mit mehrern Umständen gemeldet. Endlich
ist auch der berühmte Engeländer Seldenus nicht zu vergessen, indem dieser einer
von denen ersten gewesen, der in seinen gelehrten Werck de Synedriis Hebraeorum
ausfürlich gewiesen, daß der Bann iederzeit nichts weniger als eine geistliche
Straffe gewesen sey; und hat dannehero Hr. D. Pertsch wohl gethan, daß er zu
Behauptung seines Vorhabens den Seldenum in seinen gantzen Tractat hin und
wieder zum öfftern allegiret, wie aus dem andern Register der Autorum sub voce
Seldenus zu sehen ist. Dieweil er aber doch in 11. Capitel §. 6. nota a) p. 346.
sehr wohl erinnert, daß Seldenus den Mangel gehabt, daß er diese seine Meinung
und Lehren von dem Kirchen-Bann nicht mit mehrerer Deutligkeit und Ordnung
fürgetragen, und ich aus eben dieser Ursache mich beflissen, in besagten Notis
ad Huberum p. 217. biß 220. diese Undeutligkeit und Unordnung, so viel mir
damahls möglich gewesen, in eine deutlichere Ordnung zu bringen, und die dahin
gehörigen loca Seldeni allezeit an gebührenden Orte zu allegiren, so dörffte
auch ein Unpartheyischer Leser von der Meinung des Seldeni ein grösseres Licht
bekommen, wenn er die besagten Excerpta mit einiger attention durchzugehen
belieben wird.
III. Handel. Kluge Behutsamkeit Evangel. Fürsten in Bestraffung derer durch
die Papentzenden Lehren der Universitäten eingenommenen, obschon gröblich sich
vergehenden Prediger.
§. I.
GLeichwie die Menschen insgemein so geartet sind, daß fast ein jeder(Praeliminar-Ursachen
warum) der aus allzugrosser selbst Liebe sich beredet, daß er in allen
seinen Thun und Lassen Recht überley habe, und ihm von andern
|| [210]
(Evangelische Fürsten dergleichen Behutsamkeit
benöthiget sind.) Unrecht geschehe; Also ist auch in denen Republiquen,
sie mögen nun von einer Regiments forme seyn, wie sie wollen, gar gewöhnlich,
daß nicht nur die Regenten über die Unterthanen, sondern auch diese über jene
sich öffters beklagen, und daß von denen Unterthanen der Adeliche, Bürger- und
Bauerstand in stets währender aemulation leben; absonderlich aber, was die
Monarchische Republiquen betrifft, daß Könige, Fürsten und Herren es ihren
Unterthanen selten recht machen können, und sich dannenhero wohl in acht
zunehmen haben, damit sie diesen alle occasionen zu revoltiren benehmen mögen.
Denn ob wohl dergleichen revoltirungen ordentlich vor Laster und Crimina laesae
Majestatis (sive eminenter ita dicta, sive analoga) pflegen gehalten zu werden,
und dannenhero die Furcht für harter Bestraffung die Unterthanen zu mehrern
mahlen von Empörungen billich abhalten solte; so wird doch diese Furcht zum
öfftern verringert, weil unterschiedene Anmerckungen dabey vorzukommen pflegen,
vermöge welcher sich so dann die Unterthanen von dem imputirten Laster
beleydigter Majestät zu befreyen suchen; als wenn z. E. der Staat nicht absolut
Monarchisch, sondern gemischt ist, oder wenn bey Antretung des Regiments die
Könige und Fürsten mit ihren Unterthanen gewisse special pacta treffen, und sie
hernach von diesen beschuldiget werden, daß sie dieselben nicht gehalten, und
also die Unterthanen wohl befugt wären, ihre durch solche Pacta erlangete Rechte
auch mit Gewalt zu vertheydigen. Absonderlich aber pfleget bey dergleichen
Wiederwärtigkeit die Religion als eine Rechtfertigung der innerlichen Unruhen
gebraucht zu werden, zu mahlen da nach denen Regeln gesunder Vernunfft
unstreitig ist, daß der Obrigkeit nicht zustehe, die Unterthanen vermittelst
eines Gewissen-Zwangs zur Religion zu zwingen, wenn nur dieser Gewissens-Zwang
vernünfftig ausgeleget, und das Wort Religion nicht gemißbraucht, und zum Deckel
der Boßheit unterleget wird. Ob nun wohl dieser Mißbrauch ursprünglich aus dem
Päbstischen oder Canonischen Recht herzuleiten, so ist doch auch nicht zu
leugnen, daß viele reliquien dieses Mißbrauchs noch hin und wieder unter uns
verblieben, und in denen Wittenbergischen und von Dedekenno gesamleten Consiliis
Theologicis hier und dar welche zu finden, in welchen dieser Mißbrauch
anzutreffen, und die Obrigkeiten, wenn sie ihre unstreitige jura circa sacra
exerciren wollen, nicht undeutlich bedrohet werden, daß wenn sie diese ihre jura
ausüben würden, alsdann die Stände dieses nicht leiden sondern als einen
Gewissens-Zwang aufnehmen würden. Weßwegen es auch Serenissimo nicht zu
verdencken war, daß er bey dem in vorigen casu erzehlten Handel behutsam
verfuhr.
|| [211]
§. II. Und ob ich wohl selbst in der mir zugeschickten specie facti(Meine eigene deßhalb bey vorigen Handel geschehene
Erinnerungen.) war befraget worden, was Seine Hochfürstliche
Durchlauchtigkeit vermöge ihres juris circa sacra zu thun befugt wäre; ich auch
mein Responsum nach dieser Frage eingerichtet, und bey Beantwortung derselben
Num. 8. p. 188. gemeldet hatte; daß die beyden wiederspenstige Prediger de jure
keine Mitigation der wohlverdienten Bestraffung praetendiren könten; so
unterliese ich doch nicht gegen Dero damahls noch lebenden nunmehro aber
verstorbenen Etatsminister, bey Uberschickung des Responsi, die mehr gedachte
Anmerckung zu erinnern, und dabey zu melden, daß, wenn gleich die beyden
Prediger (die durch die offtgedachte Responsa Theologica verleitet worden ihre
ungeziemte Thaten zu begehen,) dieses zwar nicht pro ignorantia invincibili
ausgeben und sich damit entschuldigen könten, so wäre doch gleichfalls denen
Protestirenden Fürsten in etwas zu imputiren, daß sie bißhero gedultet, und
darzu stille geschwiegen, daß so viele Jahre her solche Papistische Brocken auf
ihren Universitäten öffentlich wären gelehret, und von denen ihnen unterthänigen
Bücher-Censoribus, in öffentlichen Schrifften auszubreiten, wäre zugelassen
worden; und daß dannenhero diese Betrachtung nicht gäntzlich aus der Acht zu
lassen wäre, wenn die Frage entstünde, ob die Straffe nach der Strenge der
allgemeinen Rechte exequiret, oder Gnade für Recht ergehen solte.
§. III. Gleichwie aber Seiner Hochfürstl. Durchlauchtigkeit(Suite der vorigen
Handels.) Gemüthe ohnedem mehr zur Güte als Schärffe geneigt ware, also
wird nunmehro die Suite dieses Handels, und was nach der an mich überschickten
specie facti und ergangenen zwey Fragen in dieser Sache weiter erfolget von Dero
Gütigkeit, und wie die beyden Prediger dieselbe gemißbraucht, mit mehrern
zeigen, zumahl, da dieselben, was darinnen ferner fürgegangen, selbst in einer
specie facti aufgesetzt, und ich mich selbiger aufrichtig bedienen werde, ausser
daß ich einen und anderen Umstand, so in derselben verschwiegen oder nicht so
deutlich und ausführlich beschrieben worden, aus denenjenigen Piecen, so mir von
meinen damahligen Correspondenten communiciret worden, gleichfalls unpartheyisch
zu suppliren, auch hier und dar meine unmaßgebliche Gedancken mit unterzumischen
mir vorbehalte.
§. IV. Der Prediger species facti kömmt mit der allbereit bey(Supplementi etlicher zur specie facti des) vorigen Handel §. 2.
befindlichen specie facti überein, ausser daß sie noch ferner melden, wie den 4.
Augusti 1705. Serenissimus durch einen vornehmen Staats-Minister denen beyden
Predigern gleichfalls
|| [212]
(vorigen Handels gehörigen Umständen.) die zwey
Fragen, über welche bey dem ersten Handel allbereit anderer Theologorum ihre
Responsa communiciret worden, zur Beantwortung zustellen lassen; und daß sie
dieselbe dergestalt beantwortet hätten, daß sie die erste Frage positis ponendis
bejahet, die andre aber verneinet: Indessen wäre die Princeßin mit einer nahen
Anverwandtin verreiset, damit sie desto mehr von der Prediger Anspruch gesichert
wäre; es hätte sich aber der Hoff-Prediger einen Brieff in beweglichen Terminis
an sie zu bringen bemühet, und ihr denselben den 11. Augusti da sie auf der
Rückreise begriffen gewesen, zugeschickt, der aber von der Anverwandtin
intercipiret und Serenissimo eingehändiget worden. Weil nun der Hoff-Prediger
gesehen, daß er mit diesen primo admonitionis gradu nichts ausgerichtet, hätte
er seinen Collegen, den Hoff-Diaconum zum Gehülffen requiriret, die sich dann
beyde, den andern Gradum zu versuchen den 12. Augusti bey beyden unterthänigst
anmelden lassen, es wäre ihnen aber abgeschlagen und heraus gesaget worden, daß
sie beyde schon ausgekleidet wären, und wolten sie es denen Predigern schon
wissen lassen, wenn es ihnen würde gelegen seyn, und sie wiederkommen solten;
darauf wäre der Hoff-Diaconus nach Hause gangen, und in willens gewesen sein
Responsum über die zwey Fragen an der Princeßin Hochfürstliche nahe Anverwandtin
zu schicken: Weil ihm aber eben D. Speneri Responsum Pari.
IV. seiner Bedencken in die Hände gefallen, und er sich erinnert, wie
hoch Selbige dieses seeligen Theologi ungefärbte Gottesfurcht, Gelahrsamkeit,
Theologische Prudence, und Moderation gerühmet, hätte er an statt seines eigenen
Responsi ihr dieses zugeschicket, welches sie auch biß Laurentii Messe bey sich
behalten. (Wodurch dasjenige erleutert wird, was allbereit oben in ersten Handel
§. 21. 22. p. 84. seq. wegen dieses Spenerischen Responsi gemeldet, und
angeführet worden.) Biß hieher gehen die Supplementa der in vorigen andern
Handel allbereit erzehlten speciei facti. Folget nun was noch nachdem an die
beyden Prediger ergangenen ernstlichen Befehl, von 10. Sept. der §. 6. des
andern Handels p. 117. seq. in der 4. Beylage zu befinden, erfolget.
(Neue Widerspänstigkeit der Prediger und Ver-)
§. V. Nemlich es liessen die beyden Prediger an 17. September 1705. ein
Antwort-Schreiben wie sie es nennen, an das Geheimde Raths-Collegium abgehen,
und bathen, es möchte dieses sie die Prediger mit unverdienten Reprochen
verschonen, und ihnen ihren Unfug zeigen. Sie bekamen aber an 25. September zur
Antwort: Es wäre das Geheimbde Raths-Collegium weder gehalten, noch gemeinet,
sich mit de
|| [213]
nen Predigern in Disputation über
eine resolution einzulassen, die ihre(stossung der
angetragenen Gnade.) Durchlauchtigkeit selbst unterschrieben, und mit
dem Geheimbten Siegel bestätiget hätte. An 28. October schickten ihre
Durchlauchtigkeit einen Dero Bedienten an beyde Prediger separatim, mit dem
Antrage, da sie sich beyde ein Gewissen machten zu bevorstehender Communion, so
möchten sie doch ihrer Durchlauchtigkeit rathen, wie es am besten anzufangen,
oder selbst ein Temperament vorschlagen. An statt aber daß die beyden Prediger
dieses ungemeine, und mehr als zu gnädige Begehren Serenissimi mit
unterthänigsten Danck hätten erkennen, oder mit gehöriger submission und Prudenz
wieder beantworten sollen; so verfielen sie dem unerachtet doch wieder in ihre
vorige Unbescheidenheit, indem der Hoff-Prediger dem Abgeordneten mündlich
antwortete; er könte bey dieser Sache keinen andern Rath geben, als er allbereit
in seinen Schreiben (das in vorigen Handel als die dritte Beylage der speciei
facti §. 5. p. 113. seq. zu lesen ist) gethan hätte: Der Hoff-Diaconus aber
schrieb in einen Billet an den Abgeordneten: Er wüste anders nicht zu rathen,
als daß Ihre Durchlauchtigkeit die in Händen habende responsa affirmativa
& negativa gegen einander hielten, und die darinnen angeführten
fundamenta unter andächtigen Gebet erwegten, so würde dann der GOtt der Wahrheit
deroselben schon die Warheit zu erkennen geben: So aber wegen
allzutieffhafftender vorgefasten Meinung Princeps sich noch nicht völlig
überzeugt halten solte, hätte selbiger solches mit unpartheyischen Theologis zu
communiciren, und die Communion lieber eine Zeitlang zu differiren, als
derselben mit zweiffelhafften und irrigen Gewissen zu gebrauchen.
§. VI. Nun kan ich zwar nicht gewiß versichern, ob allhier die(Etliche Anmerckungen und Erläuterungen darüber.)
species facti von dem, was denen Predigern auf Serenissimi Befehl angesaget
worden, alle nöthige Umstände erzehlet, sondern ich solte vielmehr meinen, daß
der Sensus des Vortrags dieser gewesen, daß weil sie sich ein Gewissen machten,
Principi, der gesonnen wäre mit ehesten der Communion sich zu bedienen, dieselbe
zureichen; und aber Princeps so viel möglich ihrer hierbey gerne verschonen, und
auf das glimpflichste und gnädigste mit ihnen verfahren wolte; als möchten sie
selbst ein Mittel vorschlagen, damit ein solch temperament getroffen werden
möchte, daß eines theils S. Durchlauchtigkeit an der Communion nicht gehindert,
andern theils aber auch ihrer geschonet werden könne, daß Serenissimus nicht
bewogen würde, die sonst bereit angedeutete intention (vide supra p. 117.) an
ihnen zu exequiren; Dem sey aber nun wie ihm
|| [214]
wolle,
so zeiget doch die von denen beyden Predigern gegebene Antwort, daß sie diese
unverdiente Gnaden-Bezeigung, da es noch Zeit war, nicht angenommen, sondern
vielmehr durch ihre Antwort von sich gestossen, und Se. Durchlauchtigkeit
dadurch nothwendig mehr und mehr wider sie irritiret. Es würde aber doch dieses
alles verhoffentlich nicht geschehen seyn, wenn die Prediger sich nicht auf eine
nachdrückliche Assistenz in dem Lehr-Wehr- und Nehrstande versehen hätten, davon
die mir nicht unbekanten Particular-Umstände zu entdecken theils nicht eben
nöthig, theils auch sonst aus vielen Ursachen bedencklich ist.
(Was bey Erwehlung eines andern Beicht-Vaters vorgegangen.)
§. VII. Diese Zuversicht stärckte sie in ihren Vorhaben dergestalt, daß sie den
25. October in ihren Predigten wieder ziemlich fcharffe und nachdenckliche Worte
gebraucht, wiewohl dieselben doch so eingerichtet gewesen, daß diejenigen, so
vorhin nicht von der Sache gewust, nicht eben so deutlich mercken können, worauf
sie gezielet. Ja sie wurden noch zu mehrerer Hartnäckigkeit angereitzet, als sie
erfuhren, daß, da einer von der Fürstlichen Familie auf einem seiner Landgüter
communiciren wollen, der dasige Prediger, es sey nun aus Einfalt, oder aus
Furcht, oder aus Dedekennischer Orthodoxie, dieses zu thun difficultiret, ja daß
ein anderer Prediger, bey welchen Serenissimus selbst gleichsam ad interim
confitiren wollen, gleichfalls zuvorher gewisse Pacta aufzurichten praetendiret.
Aber sie machten damit nur Ubel ärger, und forcirten gleichsam S. Hochfürstl.
Durchlauchtigkeit, daß sie den Abt S. zu sich kommen liessen, und ihm anzeigten,
daß sie in der Schloß-Kirchen nebst ihren Fürstlichen Kindern bey ihm consitiren
wolten, daferne er nicht darüber einen Scrupel hätte; nachdem nun dieser sich
dazu gutwillig erklähret, und nur verlanget, daß deßhalb aus dem Consistorio ein
Rescript an ihn ergehen möchte, so ist solches so bald den 28. October
bewerckstelliget und selbiges dem Abt insinuiret worden. Das Rescript lautet
also: Nach dem wir aus bewegenden Ursachen gnädigst resolviret, euch zu unsern Beicht-Vater zu erwehlen; und uns deßfalls
nechst künftigen Sonnabends und Son̅tags, auch ferner, so offt wir
es nöthig finden werden, eures Amts zu bedienen; so haben wir euch solches
hiemit gnädigst eröffnen wollen, und habt ihr euch zu solchem Ende in unserer
Schloß-Capelle zu gewöhnlicher Zeit anzufinden, auch gefast zu halten, daß ihr
Sonntags, wenn wir communiciren, die Meß-Predigt
verrichtet, und die Sacra ferner administriret, und kön̅et ihr einen derer ordinirten Collegiaten aus dem
Kloster Riddagshausen mit euch
|| [215]
bringen der euch vor
dem Altar, bey Austheilung des hochwürdigen Sacraments assistiren möge. Ihr vollbringet hieran unsern gnädigsten Willen; und
wir feynde etc. Es hat auch Serenissimus am 1. November den Hoff-Prediger seines
geführten Beicht-Vater Amts erlassen, und so wohl ihm als dem Hoff-Capellan, von
dem an den Abt ergangenen Consistorial Rescript Copey geschickt, auch ihnen
beyden bedeuten lassen, daß sie an den Sonntage, da Serenissimus mit seiner
Familie communiciren würde, nicht in die Schloß-Kirchen kommen, und auch des
Sonnabends vorher, in ansehen der übrigen Gemeine, sich des Beichtstuhls
enthalten solten, worauf der Hoff-Prediger wieder sagen lassen, er wünschte, daß
das heilige Werck, so wohl denen Administrirenden als Communicirenden zu ihrer
Seelen Heyl und Seeligkeit gereichen möchte, wie dann auch den Sonntag drauf in
der Schloß-Kirche der Actus Communionis öffentlich verrichtet worden, und dabey
der Apt Vormittags, ein Conventual von R. Nachmittags geprediget, auch diese
beyde, die übrigen Sacra administriret.
§. IIX. Was nun zu thun? es ware freylich nicht rathsam,(Dem die beyden Prediger einen sehr anzüglichen locum ex Dedekenno zu schicken.) daß sich die
beyden Prediger dem jussui Principis directo wiedersetzten, also machte sich der
Hoff-Prediger an den Confessionarium, schickte noch vor der Communion demselben
Dedekenni Consilia zu, und zeichnete darinnen etliche vorhergehende und
nachfolgende Responsa, sonderlich aber einen locum, durch welchen er ihn
überzeugen wolte, daß ein Prediger eine grosse Sünde begehe, wenn er eines
andern Predigers Beichtkind ohne vorhergehende Rückfrage annähme, zumahl wenn
dieser das Beichtkind aus Ursachen nicht zur Communion lassen wolte. Es ist
dieses Responsum in dem ersten Theil der Consiliorum Dedekenni p. 775. seq. der
Jenischen Edition 1671. Num. 12. zu befinden, und hat selbiges D. Simon Pauli an
6. Aprilis 1588. aufgesetzet, und meritiret selbiges wohl, daß ein curieuser
Leser es mit Bedacht durchlese und erwege; denn er wird befinden, daß darinnen
so viel anzügliche und injurieuse Worte, so wohl wieder das Beichtkind als den
neuen Beichtvater, auch andre Papentzende reliquien enthalten, daß man sich über
die grosse Blindheit und Kühnheit des Hoffpredigers nicht genugsam würde
verwundern können, wenn man nicht bedächte, daß damahlen die allermeisten
Lutherischen Theologi und Juristen die Consilia Dedekenni & similia der
heiligen Schrifft non QVATENVS sed QVIA gleichgehalten hätten. Dieweil aber der
neue Beichtvater entweder in die
|| [216]
sen Punct
anderer Meinung war, oder bedachte, daß das Responsum von eingepfarrten
Beichtkindern, nicht aber von denen Landes-Fürsten redete; als schickte er
dieses Buch alsbald wieder zurücke, und ließ dem Hoffprediger zur Antwort
melden, er hätte die Sache allbereit genau überleget, und finde bey itzigen casu
kein Bedencken, er hätte auch des Dedekenni Consilia bereits für 40. Jahren
gelesen, daß dannenhero der Hoffprediger gar wohl der Mühe überhoben seyn
können, ihm selbige zuzuschicken. Der berühmte Leibnitz war auch zu selbiger
Zeit des Orts gewesen, und hatte gegen einen guten Freund erwehnet, es würde zu
Hanover einem Prediger übel bekommen, wenn er sich unterfangen solte, auch nur
einem eingepfarreten Pfarrkinde absque praescitu & jussu Consistorii den
Beichtstuhl und die Absolution zu versagen.
(Und in einer Schrift mit ihnen zu zancken aber vergeblich
ausfordern.)
§. IX. Nichts destoweniger wolten die beyden Prediger den neuen Confessionarium
so geschwinde nicht ex lite lassen, sondern nachdem dieser den ersten actum
dieses seines neuen Amts verrichtet hatte, schrieben sie an 6. November 1705.
folgenden Brieff: P. P. Die dem Herrn Abt Communicirte
und bey den Dedekenno befindliche Responsa von Absolvir- und Communicirung fremder Beicht- und Pfarrkinder sind mit so guten und
schrifftmäßigen Gründen verwahret, daß uns wundert, daß er sagen lassen, er
hätte solches schon vor 40. Jahren gewust, und gleichwohl demselben zuwieder
gehandelt, und wie man vermeint, sich selbst in hoc puncto
gerechtfertiget, uns aber beschuldiget hat. Wenn nun
entweder er oder wir irren, keiner aber in Irrthum beharren muß: So bitten wir
dienstlich, er wolle uns die Brüderliche Liebe erweisen, und, da er einige
trifftigere Gründe, als die sind, die er mit uns und wir mit ihm von unsern Theologen aus GOttes Wort gelernet haben, in contrarium zu haben vermeinen solte, selbige uns
großgünstig communiciren, als die wir bereit sind, der
Warheit, wenn sie auf seiner Seite ist zu weichen, oder bey derselben, wie wir
sie aus GOttes Wort und unserer Theologen Schrifften
gefasset haben, mit GOttes Hülffe zustehen und zu beharren. Wie nun dis unser
Verlangen und Verfahren billig und Christlich ist, also versehen wir uns
gleichmäßiger Antwort und beharren nebst Empfehlung unser aller und der gantzen
Evangelischen Kirchen in den starcken Gnaden Schutz GOttes unsers Hochgel. Hrn.
Abts und resp. Hrn. Collegen
willig
|| [217]
ster Diener und Vorbitter etc.
Der Apt war gleich selbiges Tages an der Taffel bey S. Durchl. zu S. und empfing
diesen Brief mitten unter dem Essen. Nach vollendeter Taffel zeigte er selbigen
Serenissimo, welcher ihm befahl, daß er denen beyden Predigern solte wissen
lassen, welchergestalt S. Durchl. ihm expresse verbothen, daß er sich mit ihnen
in keine Schrifft-Wechselung einlassen solte, welches dieser auch alsbald
bewerckstelligte.
§. X. An den folgenden Sonntag als den 8. November und den(Neuer Unfug derselben, in ihren Predigten.) 22.
Sonntag post Trinitatis wurde denen beyden Predigern das Predigen nebst andern
Verrichtungen wieder erlaubet. An statt daß sie nun in Predigten sich hätten
behutsam und vernünfftig aufführen sollen, hatte ihnen der Verlust der
Beicht-Pfennige alle Scham benommen, dergestalt, daß der Hof-Prediger in der
Vormittags, und der Capellan in der Nachmittags-Predigt, sich beyde öffentlich
über die grausamen Verfolgungen beklagten, so sie itzo leiden müsten, welche der
Gemeine wohl bekant seyn würden: Es solte aber die Gemeine nicht glauben, daß
sie hier als Ubelthäter stünden, oder daß sie als Allotrio-Episcopi andern ins
Amt gefallen wären. Der Hof-Prediger führte über dieses das Exempel von König
Joas an, der ein gottseeliger König gewesen wäre, so lange der Hohepriester
Jojada gelebt hätte etc. Alles dieses stellete er so erbärmlich vor, daß wie es
in dergleichen Fällen gemeiniglich zu geschehen pfleget, viel Weibes-Personen
von dem gemeinen Volck ihre heissen Zähren vergossen.
§. XI. Ob nun wohl dieses alles dergestalt beschaffen war, daß(Und Widersetzlichkeit, wider des Serenissimi Verordnung.) S. Durchl. nicht zu verdencken
gewesen wären, wenn sie alsbald mit der Schärffe wider die Prediger verfahren
hätte, so war doch Dero Gedult auch hiebey so groß, daß sie nur resolvirten, den
folgenden Sonntag drauf, als den 15. November oder den 23. Sonntag nach
Trinitatis in der Schloß-Kirche die Predigt zu hören, und verordneten darauff,
daß zwey Conventualen aus R. denselben Sonntag predigen solten, liessen aber
drey Tage zuvor dem Hoff-Prediger und Hoff-Capellan zu wissen thun, daß sie
nicht möchten auf die Predigt studiren, weil sie deßhalb schon Verordnung
gethan, die dann nichts anders antworteten, als daß es schon gut wäre. Als aber
des Sonntags der eine Conventual in die Sacristey kame, fande er die beyden
Prediger drinnen, und da er ihnen vermeldete, wie er die Collecte absingen
solte, antworteten diese, daß ihnen davon nichts wäre gemeldet, sondern ihnen
nur angesaget worden, daß zwey Conventualen desselbigen Tages zu
|| [218]
predigen beordert wären, fragten auch den
Conventualen, ob es Serenissimus selbst befohlen? Da nun dieser meldete, es sey
ihm zwar solches nicht immediate a Principe befohlen, es hätte ihm aber der Apt
auf Serenissimi Befehl solches zu thun geheissen, antworteten jene, daß sie
nicht gewohnet wären, auf dem Schlosse von Apte Befehle anzunehmen, und würden
sie nicht zugeben, daß er, der Conventual vor dem Altar absänge, weil dieses
sonst eine species suspensionis vel remotionis, wovon sie nichts wüsten, seyn
möchte. Da aber diesen unerachtet, der Conventual fortgehen und absingen wolte,
lief der Capellan vor ihm zur Thür hinaus und sunge ab, der Hof-Prediger aber
stellete sich vor die Thür.
(Kluge Moderation desselbigen, und
denen Predigern gethane gnädige Vorschläge.)
§. XII. Ob nun wohl auch diese neue Widersetzlichkeit Serenissimum hätte
antreiben können, beyde Prediger biß zu Austrag der Sache alsbald zu
suspendiren; so war doch auch noch damahls dessen Langmuth so groß, daß er sich
theils die Intercessiones etlicher Personen für die hartnäckigten Prediger,
theils die Remonstrationes etlicher auch nunmehro verstorbenen Minister, als
wenn die Suspension eine Species poenae wäre, die man ihnen nicht eher als biß
sie vorher genungsam gehöret worden (ob gleich ihre Widersetzlichkeit notorisch
war) auflegen könte, bewegen liesse, nur anzubefehlen, daß den folgenden Sonntag
als den 22. November zwey andere predigen solten, und denen beyden Predigern
anzudeuten, daß sie selbigen Sonntag weder predigen noch die Collecte absingen
solten. Die von ihren heimlichen Patronis allbereit instruirete Prediger
übergaben den Tag drauff als den 23. November eine Supplique, in welcher sie
baten, Serenissimus möchte ihnen gnädigst erlauben, daß sie ihr Amt selbst
verrichten möchten, und nicht in allen, wie bißher geschehen, ab executione
contra nec auditos, nec convictos verfahren, und als S. Durchl. über dieses
Petitum etliche seiner Ministrorum, die er vor heimliche Patronos der Prediger
hielte, a part vernahm, hat der eine sich nicht gescheuet, offenbahr vor die
Prediger sich zu declariren, und zu sagen, daß S. Durchl. dieselben bey ihren
Bedienungen lassen, und was etwa vorgegangen aus Generosität pardoniren müste;
der andre aber hatte sich nur in so weit herausgelassen, man müste sie zum
wenigsten hören und ihnen den Weg Rechtens eröffnen, auch nicht ab executione
aut poena suspensionis anfangen. Andre aber, die von des Dedekenni Consiliis so
nicht eingenommen waren, und die die Fürstlichen jura circa sacra ohne
Vorurtheil der Päbstischen Rechte etwas tieffer einsahen, schlugen Principi
fol
|| [219]
gendes temperament für. Es wurden
nemlich die beyden Prediger den 24. November für das geheime Raths-Collegium
gefordert, und daselbst mündlich angezeiget, daß ihnen bekant seyn würde, was
zeithero passiret. Nun wäre zwar Serenissimus gesonnen, daß, wenn sie auf ihren
Begehren verharren würden, auch den gerinsten Schein einer Ungerechtigkeit bey
seinen Unterthanen zu meiden, sie zu hören, und deßhalb eine Commission an zu
ordnen: Nachdem aber ihr Unfug offenbahr und keine weitläufftige Untersuchung
bedürffe, auch S. Durchlauchtigkeit feste beschlossen hätten, sich ihrer Dienste
ferner nicht zu bedienen, indem sie mit ihren bißherigen Verfahren dieselbe
dergestalt geärgert, daß alles Vertrauen, so selbige vorher gegen sie gehabt,
erloschen wäre, auch man kein vernünfftig Mittel sähe, wie solches, (die Sache
möge auch lauffen, wie sie wolte) wieder in vorigen Stand zu bringen wäre, sie
sich auch babey versichern könten, daß man ihnen keine muthwillige und
unvernünfftige Aufhaltung der Justitz verstatten, sondern die Sache kurtz und
gut außmachen würde. Dannenhero möchten sie wohl bedencken, ob es nicht vor sie
selbst rathsamer sey, daß sie diejenigen Diensie im Lande, worzu Ihre
Durchlauchtigkeit etwa zu disponiren seyn möchten, daß sie ihnen selbige
accordirten, gutwillig acceptirten, als den Weg Rechtens erwehlten, indem sie
wahrscheinlich bey demselben ihren Zweck nicht erreichen würden. Wannenhero sie
dißfals ihre resolution von sich geben solten.
§. XIII. So wenig nun die beyden Prediger sich dieser ungemein(Dieser ihre confusion, und
gebetene auch erhaltene Frist.) klugen und zwar sehr Gnädigen aber
doch in ihren Kram nicht dienenden Proposition versehen hatten; so confus wurden
sie auch bey derselben Vortrag. Sie wolten sich zwar entschuldigen, daß sie ja
Serenissimo administrationem Sacrae Coenae nicht simpliciter denegiret sondern
nur verlanget hätten, daß ihnen erlaubet seyn möchte, zu Beruhigung ihres
eigenen Gewissens ein und des andern Collegii Theologici Consilium über die
Sache einzuholen, und hofften dannenhero, daß Ihre Durchlauchtigkeit überzeiget
werden solte: daß sie in der Haupt-Sache geirret hätten, und sich so dann das
Vertrauen zu ihnen schon gäntzlich wiederfinden würde; Aber auf die ihnen
vorgeschlagene Wahl, und begehrte Erklährung über dieselbe wolten sie sich ex
tempore nicht einlassen, sondern baten deßwegen einige Tage Bedenckzeit, die
ihnen auch gar Gnädig bewilliget wurde.
|| [220]
(Etliche differente Umstände, derer
sie in ihrer Erzehlung erwehnen.)
§. XIV. Ich habe bißher dasjenige was in Consilio Sanctiori vorgegangen, nach
referirung des damahls mit mir correspondirenden Ministri erzehlet: Dieweil aber
die von denen Predigern aufgesetzte species facti vermuthlich in nicht weniger
Personen ihren Händen ist, und selbige in einen und andern Umständen die Sache
anders zubeschreiben scheinet; als will ich auch solches hierbey unpartheyisch
melden. Sie schreiben, daß den 8. Nov. als den 22. post Trinit. ihnen das
Predigen nebst andern Verrichtungen wieder erlaubet, den folgenden 23. und 24.
post Trinit. aber durch den Gerichts-Pedellen das erste wieder verboten und
andre auffgestellet worden, dergestallt, daß sie sich genöthiget befunden, sich
dieser wegen in einer Schrifft den 23. November zu beklagen und zu bitten, man
möchte ihnen ihr Amt selbst zu verrichten Gnädigst erlauben, und nicht in allen
contra nec auditos nec convictos verfahren: Sie wären aber an statt der
Erhöhrung den 24. Nov. für den Geheimbden-Rath gefordert, ihnen daselbst die
Cantzel auff ewig verboten, und ihnen zwey Wege vorgeschlagen worden, entweder
anderweitige honorable Beförderungen anzunehmen, oder es
wolten Ihre Durchl. ein geistlich Gericht, convociren und daselbst ihre Sache
untersuchen lassen; wiewohl sie zu dem ersten modo in Gnaden geneigter wären.
Als nun die Prediger sich über dergleichen illegalen
Verfahren billich beklagt hätten, nemlich daß man den Proceß ab executione
anfieng, sie in ihren Amt so schimpffte und bestraffte, da sie doch nicht
einmahl wüsten, noch ihnen gezeiget worden, was sie begangen hätten, hätten sie
doch keine andre resolution bekommen können, als daß Ihre Durchlauchtigkeit es
also befohlen, indeß so solten sie auf die vorgelegten zwey Wege antworten,
welches sie auch den 30. Novembris schrifftlich gethan. etc.
(Unmaßgebliche Gedancken darüber.)
§. XV. Nun weiset dasjenige, was oben §. 10. 11. angeführet worden, daß die
Prediger viele Umbstände, die an den 8. 15. und 22. Novembris vorgegangen,
ausgelassen, weil sie wohl sahen, daß selbige bey dem Leser keine ihnen
favorable Gedancken erregen dürfften. Was aber ihre relation von dem, was den
24. November passiret, anlanget, so wird ein jeder leicht begreiffen können, daß
ihnen damahls, nicht so gleich positive die Cantzel auf
ewig verboten worden, weil dergleichen einen Effer bezeigendes Verbot, mit dem
angehengten und vielmehr aus Gnaden herfliessenden Vorschlag der zweyen Wege gar
nicht connectiret. Ob schon nicht zu leugnen, daß die ihnen gethane pro.
position per indirectum ihnen andeutete, daß wohl nichts anders er
|| [221]
folgen dörffte. So ist auch das erste membrum
des Vorschlags, daß sie anderweitig honor able
Beförderung anzunehmen erwehlen solten, wohl mit Fleiß dunckel und zweydeutig
von ihnen referiret worden; indem damahls noch nicht resolviret war, sie ausser
Landes zu dimittiren, und ob wohl die nach dem vorigen paragrapho 12. dißfalls
mit auf das tapet gebrachte dimission den concept mit einschlosse, daß sie salvo
honore der Prediger geschehen solte; so begreifft doch ein ieder leichte, daß
die vorgeschlagene translocation vielmehr per indirectum mit dem Titul einer
Poenitenz-Pfarre, als mit dem praedicat einer anderweitigen honorablen
Beförderung beleget werden könte. Endlich kan ich mir nicht einbilden, daß die
armen Leute in eine so gar grosse ungehobelte rusticität verfallen seyn solten,
vor dem gesamten Geheimbden Raths-Collegio von illegalitäten, und andern dergleichen groben
Dingen zu schwatzen, ich kan auch nicht glauben, daß wenn solches geschehen
wäre, nicht zum wenigsten die beyden Prediger solten mit Arrest seyn beleget
worden. Jedoch sind dieses meine unmaßgebliche Gedancken, und stehet dem Leser
frey, zu glauben, was er will.
§. XVI. Vielleicht wird etwas zu dem Urtheil, ob der Prediger(Der Prediger schriftliche Antwort auf die gethanen
Vorschläge.) ihr Aufsatz unpartheyisch und aufrichtig verfertiget
worden, contribuiren, wenn man dasjenige, was sie von ihrer den 25. Novemb.
geschehenen Antwort melden, gegen ihre gantze Schrifft halten wird. Sie melden
daß derselben Einhalt darinnen bestanden, daß sie ante omnia restitutionem in
integrum gebethen, alsdann wolten sie sich auf die gethanen Vorschläge gewissens
vergnüglich erklähren. Aus diesen Worten wird iedermann meinen, daß sie in dem
Schreiben noch keine Erklährung auf die gethanen Vorschläge gethan: wenn man
aber das Schreiben selbst betrachtet, wird man darinnen finden, daß sie zwar
solches nicht deutlich und gleich zu gethan, aber doch indirecte nicht
undeutlich das letzte und eine Proceßmäßige Hörung gewehlet. Das Schreiben
lautet folgender massen. Als Ew. Excell. uns am nechst vergangenen Dienstage die
Sperrung der Cantzel andeuteten, (nachdem selbige schon 2. Sonntage vorher uns
verboten gewesen) und zweyerley Wege vorstelleten, entweder anderweite honorable
Beförderung anzunehmen, oder vermittelst Untersuchung der Sache (darinn wir
gleichwohl nicht anders, als wie Evangelische Prediger unsern theuer
beschwohrnen Pflichten gemäß wieder das einreissende Pabstthum und Aergernüs uns
bezeiget, und darob viele Angst und Leyden biß auf diese Stund
|| [222]
gehabt haben) von einem formirenden geistlichen Gerichte Urtheil
und Recht zu erwarten; haben wir darauf in der Furcht des HErrn, und mit
Anruffung seines Nahmens die Sache erwogen, und befunden, daß (wo dem Recht und
Gewissen soll nachgegangen werden) noch zur Zeit dieser keines von uns erwehlet
werden könne: Allermassen es einer fernern Untersuchung, und eines von uns armen
Predigern mit einem mächtigen Fürsten und Herrn zu führenden Processes nicht
brauchet, so ferne wir von unsern Hoff-Predig-Amt rechtmäßig solten entsetzet
seyn; da wir aber unrechtmäßiger Weise entsetzet sind, wie mögen wir uns denn
(biß lange wir unser Predig-Amt und rechtmäßigen Beruff de jure noch haben) auf
eine noch zur Zeit nicht wissende anderweite Vocation oder Beförderung
determiniren? dannenhero ist unsere nochmahlige wie unterthänigst demüthigste,
also gerechteste Bitte, daß wir zuvor in integrum restituiret werden, weil ja
bekanten Rechtens ist, quod ejectis & spoliatis, antequam ad causam
vocentur, omnia sint redintegranda, ita ut ante restitutionem ejectus vel
spoliatus non cogatur respondere. Gausa 3. q. 1. c. 1. seq. & in fine,
Lancell. Instit. Jur. Can. l. 3. tit. 10. 2) Weil auch Göttlichen und
menschlichen Rechten gemäß ist, daß niemand (nahmentlich kein Prediger 1. Tim.
V. 19.) verdammet und bestraffet werde, ehe er überzeuget, vielmehr gehöret ist,
Joh. 7. 51. Act. 25. 16. 3.) daß man den Process wieder Lehrer und Prediger
wegen ihres Straff- und Predig-Amts willen nicht befugt sey ab executione
anzufahen, und was der Ursachen mehr seyn, welche besage des Anschlusses sub A.
& B. von Christlichen JCtis und Theologis dißfalls angeführet werden.
Solten nun diese jura (wie ja billich ist) auch uns zu statten kommen, und wir
quoad restitutionem in integrum gnädigst erhöret werden, könte und würde, ob
GOtt will, eine Gewissen-vergnügliche Erklährung erfolgen. Wir bitten hierbey
unterthäniglich, daß alles, was in dieser wichtigen Gewissens-Sache je
vorgestellet ist, und wir ietzo und inskünfftige münd- oder schrifftlich noch
ferner vorzutragen genothdränget werden, so, wie es gemeynet ist, angenommen und
gedeutet werden möge, als die wir keines Menschen, am allerwenigsten unserer
hohen Obrigkeit (GOtt weiß es) Verunglimpffung, sondern lediglich die Ehre
GOttes, das Beste seiner Evangelischen Kirche, und vieler auch unserer eigenen
Seelen-Seeligkeit (so viel uns durch GOttes Gnade möglich ist) zu suchen
gemeinet sind, feyerlichst protestirende gegen alle wiedrige interpretationes,
und Deutung. Wir beharren in unterthänigster Erwartung gnädiger und gerechter
restitution (dazu Ew. Excellences bey S. Hochfürstl.
|| [223]
Durchl. unserm gnädigsten Fürsten uud Herrn, Dero besten Wissen und Gewissen
nach zu cooperiren gehorsamst gebeten werden) und nebst Empfehlung GOttes zu
Abwendung alles Unheils von gnädigster Herrschafft und dem gantzen Lande etc.
§. XVII. Die beyden Beylagen sub A. & B. begreiffen nichts als(Zwey Beylagen mit Papentzenden Allegatis.) Loca Autorum und Allegata. Die sub litera A.
hatte folgende. Brunnem. de Jur. Eccles. lib. 2. c. 19. §. 5.
& 6. prohibitionem suggesti habet pro specie suspensionis de
qua inter alia ita judicat: Si consul a consulatu non est
suspendendus durante inquisitione vel accusatione, cur ministri Christi
deterioris debent esse conditionis. Strykius ad h.
l. Sola accusatio vel inculpatio si ad suspensionem ab officio fufficeret,
unicuique pro calumniantium libidine immineret suspensio, unde non male
monuit Nic. Papa Can. sciscitant 5. in fine causa 15. qu. 8. quando dicit: priusquam audias, ne judicaveris quenquam
&c. Ubi etiam, quod taliter suspenso a tali sententia appellare fas sit,
adducit Mev. part. 1. D. 191. n. 7. Carpz. lib. 1. Jurispr. Eccles. def. 70. n. 4. Quis non videt
interdictionem vel prohibitionem sug gesti importare suspensionem pastoris
ab officio, si non ipsam depositionem vel remotionem. Quod autem
magistratus solus non habeat potestatem removendi ministrum Ecclesiae autoritate
B. Luth. Tom. 8. Jen. germ. fol. 107. & seq.
contra illos fulminantis, qui sibi hanc potestatem arrogant, asserit &
probat Fritschius Tract. 3. Jur. Eccl. Tit. 12. ex
Avemanno. Titulus hujus Epist. Lutheri est: Daß ein Seelsorger, so GOttes Wort
rein lehret, und ein ehrbar unsträflich Leben führet, darum seines Amtes nicht
soll entsetzet werden, wenn etliche Gewaltige einen Gram auf ihn werffen, daß er
öffentliche Laster, doch insgemein, wie er von Amts wegen schuldig, hart
straffet. Da er unter andern diese Worte führet: Ihr seyd nicht Herren über das
Predig-Amt und Pfarrherren, habt sie nicht gestifftet, sondern alleine GOttes
Sohn, und wie sie ferner über die massen hart lauten. Item: Es leidet kein
Hauß-Vater, daß man ihm seine unschuldige Diener wieder seinen Willen entsetzet,
und ihm in seiner Haußhaltung einen andern an seine statt ordnete. Ja es leidet
kein Hirten-Jung ein krumm Wort von einen fremden Herrn. Aber GOttes Diener, der
soll und muß jedermans Höddel seyn, und alles von jederman leiden, dagegen man
nichts von ihm auch nicht GOttes Wort selbsten leiden will. So urtheilet er auch
davon Tom. V. Jen. germ. fol.
|| [224]
327. in der treuen
Vermahnung an einen Pfarrhern, daß er zu unbilligen Absetzen eines Predigers
nicht stillschweigen, noch zu eines andern Eindringen an seine Statt willigen
soll; woselbst er gar hart redet. Theologi Witteberg. p. 2. Cons. p. m. 93. 191.
194. Gesetzt, daß sie die Jura Episcopalia hätten, so
hätten sie doch in der Sache, indem sie dieselbe selbst betrifft, ihre eigene
Richter nicht seyn sollen. Es hätten die Puncta müssen
erörtert werden, eure Antwort gebührend angeführet, und ihr einiger Calumnien müssen ordentlich überführet werden, und
alsdenn NB. andere erst darüber zu erkennen gehabt, ob ihr damit die Uhrlaubung
verdienet. Wie man aber in propria causa judiciret, auch
euch nicht einige Puncta specifice vorgehalten,
vielweniger euch darübe vernommen, und de facto
zugefahren, Euch die Cantzel verbothen, kan solches anders nicht, denn ein
verdächtiges unbilliges procediren geachtet werden. So
kan ohne dies niemand nach seinen eigenen Willen mit Lehrern und Predigern
verfahren, und sie von ihrem Dienste ohne sattsame Ursache, vielweniger wegen
heimliches Hasses, oder daß man ihre Straf-Predigten nicht vertragen kan,
absetzen, weil sie dieses Amt nicht von Menschen, sondern von GOtt haben, und da
sie GOtt in seinem Worte nicht verdammet, da sie wider GOttes Wort nicht
gelehret, noch wider seine Gesetz ärgerlich gelebet, so kan man sie auch nicht
verdammen. Theol. Rostoch. ap. Dedek. Vol. 1. conf. f. m. 724. und andere fol.
851. 853. 1035. die unter andern schreiben: Daß es irrig und falsch sey, daß man
sagt, Obrigkeit hat Macht zu beruffen, darum hat sie auch Macht zu enturlauben.
So doch Obrigkeit nur die Prediger abzusetzen hat, welche falscher Lehre oder
ärgerlichen Lebens überzeuget sind. Woselbst auch einige schreckliche Exempel
der Straffe derer angeführet sind, so dawider gethan. In nova Appendice hor.
Cons. werden p. 519. seq. 540. mehr Theologi allegiret, die alle hiermit einig,
daß sie mit dem Caus. 2. q. 1. c. 18. allegirten Augustino sagen: Quis sibi
utrumque audeat assumere, ut cuiquam ipse sit & accusator &
judex, und daß die gemeine weltlichen Rechte vermögen, quod ab executione
processus inchoandus non sit leg. un. C. de prohib. sequest. pec. V. oportet
enim, und daß die Suspensio bey denen Predigern eine solche Straffe sey, die auf
grobe ärgerliche und unverantwortliche Sünde folget, welche an einen Pa
|| [225]
store nicht kan verübet werden, ehe und bevor
die causa von dem gesammten Consistorio oder Presbyterio cognosciret, verhöret
und decidiret worden. etc. etc. Die andre sub B. brachte andre allegata auf die
Bahn. Cap. Praeceptum caus. 2. q. 2. ex Zepherino. Praeceptum
est in antiquis statutis, ejectos atque suis rebus exspoliatos Ecclesias
proprias recipere, & demum, si quis eos juste accusare voluerit,
aequo periculo facere, judices esse decernendos Episcopos recta sapientes
& in Ecclesiam convenientes, ubi testes essent singulorum, qui
oppressi videbantur, nec prius eos respondere, quam omnia sua eis &
Ecclesiis eorum legibus integerrime restituantur. C. in scripturis
caus. & qu. iisdem ex Eusebio. In scripturis vestris
reperimus quosdam Episcopis vestris in partibus a propriis ovibus accusatos,
aliquos videlicet ex suspicione & aliquos ex certa ratione Et
idcirco quosdam suis rebus esse exspoliatos, quosdam vero a propria sede
depulsos, quos sciatis, nec ad Synodum comprovincialem nec ad generalem
posse convocari, nec in aliquo judicari, antequam cuncta, quae eis ablata
sunt, legibus potestati eorum redintegrentur. D. Gerh. loc. de Minist.
Eccles. sect. 16. §. 174. Quemadmodum vocatio ministrorum ad
totam Ecclesiam, ita quoque remotio pertinet, ideo probari nequit illorum
pseudo-Politicorum opinio, qui ad jura regalia magistratus remotionem
ministrorum pertinere censent, ita ut pro lubitu possint mutare
Ecclesiastica ministeria, & prioribus ministris loco motis vel in
exilium pulsis, alios substituere, quod
Lutherus appellat. Tom. 6. germ. Jem fol. 376. Et ex
libello Jenae 1602. edito, cujus tit. von Beruff und Enturlaubung der Prediger,
wie fern die weltliche Obrigkeit Macht habe, dieselbe ihres Amtes zu entsetzen,
nöthiger Bericht aus GOttes Wort und fürtreflicher Lehrer Bedencken, als D.
Lutheri, Philippi, der Theologorum zu Leipzig D. Brentii, D. Mörlini, D.
Heshusii, D. Sim. Pauli, D. Mart. Chemn. Ministerii Gryphsw. & vicinarum
Ecclesiarum in Pomerania &c. allegat dictus Gerhardus haec verba: Vicissim quemadmodum legitima vocatio debet fieri juxta leges
divinitus praescriptas, ita quoque legitima ministri remotio. Ut enim jus
vocandi principaliter ad solum Deum pertinet, etiam in mediata vocatione,
ita quoque jus removendi, etiam in mediata remotione. 1. Sam. 2. v. 30.
Loquens locutus sum de ministerio tuo, ut ministrares in conspectu meo usque in
sempiternum, nunc autem absit hoc me, dicit Dominus. Et Ose 4. v. 6. Quia tu
scientiam repulisti & oblitus es legis Dei tui, repellam ego te, ne
sacerdotio fungaris mihi. Ut autem vocatio, ita quoque
remotio sit
|| [226]
per media, videlicet per legitimum Ecclesiae judicium divinae
voluntati conformandum. Divina voluntas haec est, quod minister Ecclesiae
debeat verbum Dei sincere docere, & inculpatae vitae exemplo
auditoribus praeire. Ergo quando minister Ecclesiae vel in haeresin incidit,
vel enormibus delictis scandalum praebet, ac facit, ut nomen Dei
blasphemetur, tunc Ecclesia habet potestatem removendi. Vid. etiam D.
Danh. in lib. consc. aperto p. 1. p. 917. seq. Dunte in decis. cas. consc. cap.
17. sect. 2. quaest. 18. Wenn nun die Obrigkeit oder das Volck in einer Stadt
zufähret, und ihren Prediger absetzet, thut es ungütlich und wieder GOttes Wort,
denn es stehet allen dreyen Ständen zu. Und wenn sie gleich erhebliche Ursachen
hätten, ihn abzusetzen, so muß man doch darinne ordentlich verfahren, nach S. Pauli Geboth keine Klage aufnehmen, ausser zweyer
oder dreyer Zeugen Munde, muß auch nicht zu gleich in eigener Sache part und Richter seyn. Und ist derohalben vonnöthen, daß
ein Lehrer vor der weltlichen Obrigkeit und dem Volck verklaget werde, und die
Sache von einem wahrhafftigen Bischoff (oder Superitendenten) oder zu gleich von
vielen verhöret werde. Und ziemet sich nicht Klägern, daß sie Beklagten aus
eigner habender Gewalt entsetzen.
(Einige Anmerckungen über dieselben.)
§. XIIX. Man siehet aus obiger Schrifft und denen Beylagen, daß bey denen
Predigern die aus denen bißherigen reliquiis Pseudopoliticis von jugend auf
eingesogene praejudicia bey ihnen so tieffe Wurtzel gefasset hatten, daß sie
allerdings sich beredeten, sie thäten GOtt einen Dienst daran, daß sie dieselbe
auf das äuserste vertheidigten, und wurden die arme Leute dadurch noch mehr
sicher gemacht, da sie sahen, daß ihre geheimen Patroni ihnen mit denen
attestatis berühmter Juristen und schönen textibus Juris Canonici unter die Arme
griffen. Denn obwohl der seelige Lutherus das Jus Canonicum zu Wittenberg cum
summa solennitate verbrannt hatte, so hielten sie doch für ungereimt zu seyn,
die ihnen suppedidirten loca ex Jure Canonico weg zu lassen, weil sie
vermeineten, daß ihnen dieselben vortreflich zu statten kämen. Ob aber ihre
Patroni auffrichtig an ihnen gehandelt und die loca ex JCtis bona fide
excerpitet hatten, will ich itzo eben nicht untersuchen. Zum wenigsten ist das
gewiß, daß der in der Beylage sub A. excerpirte locus ex Carpzovii Jurispr.
Eccles. lib. 1. def. 70. sehr hämisch und mala fide excerpiret ist, weil
Carpzovius daselbst gantz
|| [227]
deutlich von Patronis
redet, qui jura Episcopalia non habent, und sich dabey erklähret, daß sein
Assertum auf den Episecopum nicht extendiret werden solte, indem dieser
allerdings das Jus ex gravi causa destituendi hätte; wannenhero dieser Locus auf
gegenwärtigen casum gantz nicht appliciret werden konte. Daß man aber die
Prediger beredet hatte, in ihrer Antwort sich der exceptionis spolii zu
bedienen, das war wohl ein sehr plumper und Rabulistischer Streich, durch
welchen der Prediger Sache unmöglich verbessert werden konte, sondern nothwendig
verschlimmert, und straffbarer gemacht wurde, wie aus folgenden mit mehrern
erhellen wird.
§. XIX. Da nun der Karren von ihnen so weit in Koth geführet(Nöthige Behutsamkeit wegen zweyer Dubiorum, der Prediger Coërcirung bes
treffend.) wurde, daß kein ander Mittel ad defendenda jura Principis
circa sacra übrig war, als daß ein Exempel an ihnen statuiret würde, wenn auch
gleich Serenissimus nicht nach dem strengen Recht mit ihnen verführe, so kamen
doch in Ansehen der dabey zu gebrauchenden Behutsamkeit neue Dubia vor, die auf
beyden Seiten Rationes für sich zu haben schienen. Denn 1) war die Frage, ob sie
translociret, oder ausser Landes dimittiret werden solten. Das erste Mittel
schiene deßwegen am sichersten zu seyn, daß sie so dann unter Fürstlicher
Bothmäßigkeit blieben, und man ihren pruritum distamandi mit Nachdruck Einhalt
würde thun können. Das andere aber schiene deßhalben in Consideration zu ziehen
zu seyn; weil die Prediger, wenn sie gleich ausser Landes wären, dennoch viel
Ursachen würden zu überlegen haben, die sie von schrifftlichen Diffamationen
abhalten möchten: die mündlichen aber wären ausser Landes nicht so gefährlich,
als wenn dieselbigen im Lande ausgestreuet, und durch ihre heimliche Patronos
secundiret würden. 2) Ob Serenissimus schuldig wäre ihnen eine Untersuchung der
Sache zu concediren, oder ob selbige nicht alsbald ihres bißherigen Dienstes
erlassen werden könten. Das erste Mittel recommendirte sich dadurch, damit der
ihnen anhangenden Parthey alle Gelegenheit benommen würde, ferner zu weheklagen,
daß man Prediger ohngehört bestrafft hätte. Das andere aber hatte diese Rationes
für sich, daß ihre Begünstigungen keine Untersuchung brauchten, indem man sie
aus ihren eigenhändigen Schrifften derselben convinciren konte, und weil
Principes Imperii gemeiniglich in allen Bestallungen ihrer so wohl geistlichen
als weltlichen Bedienten entweder sich expresse reservirten, daß wenn einer oder
der andre dererselben ihnen nicht länger anständig seyn solle, sie alsdann ohne
Allegirung einiger Ursachen selbige ihrer Dienste erlassen könten, oder
|| [228]
doch dieser Reservatio ihnen in denen Bestallungen
tacite reserviret bleiben müste, in Ansehen auch denen Bedienten auf ihrer Seite
frey bliebe, auf solche masse ihre Dimission zu suchen. Dannenhero wurde endlich
dieses Temperament getroffen, daß zwar denen Predigern eine Untersuchung der
Sache vergönnet, aber dabey in acht genommen werden solte, daß alle protractio
administrationis justitiae vermieden bliebe.
(Verordnung einer Commission wegen
der Prediger Unfug.)
§. XX. Derowegen wurden 12. Personen zu dieser extraordinairen Commission
verordnet, nemlich 6. Politici und 6. Theologi, und ergienge an selbige
folgendes Rescript, den 6. Decemb. 1705. Von GOttes Gnaden Wir etc. Uhrkunden
hiermit und fügen zu wissen, als wir aus erheblichen uns darzu treibenden
Ursachen resolviret, zu Untersuchung des einige zeithero von unsern
Hoff-Prediger und Hoff-Capelan unternommenen Verfahrens ein sörmliches Judicium
Ecclesiasticum zu veranlassen, zu dem Ende auch zwölff Deputirte ernennet haben.
So geben wir denenselben aus Landes-Fürstlicher und Ober-Bischöflicher Autorität
und Gewalt, nebst Erlassung, so viel diese Sache betrifft, derjenigen Pflichten,
womit sie uns verwandt seyn, Krafft dieses völlige Macht und Freyheit, daß sie
sich mit dem ehesten auf unserer Consistorial-Stuben zusammen thun, eine speciem
facti mit allen Umständen aus denen vorhandenen Brieffen und Nachrichtungen
formiren, ernannte beyde Prediger citiren, selbige darüber ohne Zulassung
weitläufftiger Schrifften mit ihrer mündlichen Verantwortung und Exculpation
genugsam hören, so dann die Sache in allen ihren Circumstantien nach denen
beschriebenen geist- und weltlichen Rechten, vornehmlich aber nach denen in
unserer Kirchen-Ordnung aller und jeden Predigern gegebenen Gesetzen, und ob und
welchergestalt obgedachte Prediger ihr Amt so wohl circa rem ipsam als circa
modum agendi mißbrauchet, mit Fleiß und Attention examiniren, und darauf nach
dieser Sachen in allen deren Umständen befundenen Bewandnüß ein Conclusum, wie
nehmlich mehrerwehnte Prediger wegen ihres Verfahrens von Rechts wegen
anzusehen, per majora ausfinden, und dasselbe in vim sententiae unter
eigenhändigen Subscriptionen und Unsern Fürstlichen Consistorial-Siegel
publiciren mögen und sollen. etc.
(Hierzu nöthige Excerpta ex Actis.)
§. XXI. An 8. December, da die Herren Deputati ihre erste Zusammenkunfft hielten,
wurde daselbst zuforderst beschlossen, daß die beyden Prediger citiret werden
solten auf den 11. Decembr. zu erscheinen, indessen aber wurde von denen übrigen
einem derer Herren Deputatorum aufgetragen, aus denen bißher ergangenen Actis
eine kurtze spe
|| [229]
ciem facti aufzusetzen, und die
vornehmsten Momenta daraus zu excerpiren, und selbige dem Herrn Praesidi noch
selbigen Tages einzuhändigen. Wie ungern nun dieser ehrliche Mann an diese
Commission gegangen, und wie behutsam er dabey verfahren, zeiget sein
beykommender noch am 8. December concipirter Aufsatz. Nachdem Serenissimus zu
Untersuchung des eine zeithero von dero Hof-Prediger und Hof-Caplan
unternommenen Verfahrens ein förmliches Judicium Ecclesiasticum veranlasset,
hierzu unter andern auf mich mit reflectiret, obgedachtes geistliche Gericht
aber bey der heutiges Tages zu erst gehaltenen Session resolviret, aus denen
hißhero ergangenen Actis eine speciem facti extrahiren zu lassen, so hätte ich
wohl wünschen mögen, daß, indem ich niemahln die Ambition gehabt, ein Membrum
des Consistorii zu werden, meines gnädigsten Herrn Durchl. mich von dieser
Commission, da eigentlich die Sache ihrer Natur nach vor das Consistorium
gehöret, hätten gnädigst dispensiren, und die übrigen Herren Mit-Commissarii als
meine hochgeneigtesten Patroni mit der aufgetragenen Arbeit mich gütigst
verschonen mögen, weil ich aber in keinen von beyden Sachen zu reussiren
vermocht, so habe ich aus denen mir zugestellten Actis dasjenige nach Anleitung
Serenissimi gnädigsten Rescripts vom 6. dieses extrahiret, worinn ich vermeyne,
daß die gedachten Prediger ihr Amt so wohl circa rem ipsam, als circa modum
agendi gemißbrauchet, und worauf in sententionando zu reflectiren seyn wird. 1)
Findet sich, daß die Prediger in dem Serenissimo zugeschickten Briefe vom 1.
Sept. a. c. S. Durchl. beschuldiget, als ob sie eine in GOttes Wort nicht
gegründete, noch von den Aposteln bey Bekehrung der Völcker, wohl aber von
Römischen Meß-Priestern nnd Missionariis frequentirte Praxin und Methode die
Protestanten zu ihrer Religion zu bereden, brauchten. 2) Appliciren sie auf S.
Durchl. das Exempel von Nadab, Abihu, Usa, u. s. w. 3) Praetendiren sie, daß ihr
Amt von GOtt alleine sey. 4) Haben die beede Prediger in eben selben Schreiben
Communication derer Responsorum, die S. Durchl. für sich zu haben gemeldet,
begehret, damit sie dieselbe examiniren könten, wie weit sie sich in der
bekannten vorhabenden Sache mit predigen, absolviren und communiciren zu
verhalten hätten. 5) In dem bey den Actis befindlichen Schreiben, welches die
beeden Prediger den 4. Sept. a. c. an meines gnädigsten Herrn Durchl. abgelassen
imputiren sie deroselben, daß sie äusserliche Macht und Gewalt an ihnen
gebraucht, daß sie das von ihrer Heerde verirrete Schäflein nicht suchen
|| [230]
dürfften. 6) Praetendiren die Prediger in eben diesen
Schreiben, daß Ihro Durchl. zustehen möchten, daß sie mit einigen Theologischen
Facultäten und Collegiis communiciren, und sich über der Admission Ihro Durchl.
ad S. Coenam auch wegen des öffentlichen Elenchi belehren lassen möchten. 7) Zu
welchem Ende sie denn die erste Fragen folgendergestalt eingerichtet: Ob
Constantinus, ein Evangelischer Landes-Herr könne würdiglich communiciren, non
obstante praxi & opinione ista, nach welcher er haben will, daß seine
Neptis um einer Heyrath willen von der aus GOttes Wort gründlich erkannten und
vor ein und dreyviertel Jahren bey solenner Confirmation unter und mit Anruffung
des Nahmens GOttes beweglichst bekannter Wahrheit zu der Römischen Kirchen
übertreten soll, dawieder er weder schrifftmäßige Remonstrationes der Lehrer
achtet, sondern vielmehr saget, er wolle alle von jenen besorgte Sünde und
Verantwortung auf sich nehmen. Woraus dann erhellet, daß beede Prediger S.
Durchl. einer verübten Gewalt in Glaubens-Sachen beygemessen, und ihro zumuthen
dörffen, daß sie als Summus Episcopus auswärtiger Theologorum judicio ihre
Actiones unterwerffen sollen. 8) Als ihro Durchl. den Herrn Abt zu ihren
Confessionario erwehlet, haben die Prediger den Dedekennum dem Herrn Abt zu
geschicket, darinn den sub num. 5. befindlichen Locum gezeichnet, und selbigen
also auf ihro Durcht. appliciret. 9) Wie der Herr Abt sich mit denen Predigern
darüber zu communiciren Bedencken getragen, haben sie in einen Schreiben an
denselben von 6. Nov. a. c. ihm imputiret, daß er sich
gerechtfertiget, dadurch sie denn genugsam gezeiget, daß sie die geschehene
Verordnung wegen der Communion, so durch den Herrn Abt verrichtet worden,
improbiret, und sich also gegen ihren summum Episcopum abermahls aufgelehnet.
10) Wie nun endlich ihro Durchl. als Dero die Jura Papalia in ihren Landen
ohnstreitig zustehen, und sie von Administrirung derselbigen niemand, als GOtt
dem Obersten-Richter allein Rechenschafft zu geben schuldig sind, aus bewegenden
Ursachen, sonderlich aber wegen der von denen beeden Predigern zum öfftern in
ihren Predigten gebrauchten anzüglichen Expressionen, 2. Sonntage nach einander,
andere vor dieselben in der Schloß-Kirchen predigen lassen, so haben sie nicht
alleine, in nachdrücklichen Terminis sich beschweret, sondern es haben auch 11)
beede Prediger, als Ihro Durchl. durch die Herren Geheimde Räthe ihnen anzeigen
lassen, daß sie sich der Cantzel biß auf weitere Anzeige enthalten möchten, ein
anderweites Schreiben unter den 28. Nov. abgehen lassen,
|| [231]
darinnen verlanget, daß man ihnen das Predigen wieder verstatten,
und sie in solchergestalt in integrum restituiren möchte, weilen nach denen
gemeinen Rechts-Regeln spoliatus ante omnia müsse restituiret werden, woraus
denn klar erhellet, daß gedachte Prediger sich pro spoliatis halten, und daraus
nothwendig folgen muß, daß sie Serenissimi wegen Untersagung der Cantzel
gemachte Verordnung als ein spolium, Ihro Durchl. aber, der doch ihr summus
Episcopus, pro spoliatore ausehen. 12.) In der bey selbigen Schreiben
befindlichen Beylage sub lit. A. & B. sind verschiedene passagen aus dem
Jure Canonico so wohl, als aus andern Dd. allegiret, welche nicht allein
incongrue von denen beeden Predigern angeführet worden, sondern es ist auch aus
etlichen allerdings zuschliessen, daß gedachte Prediger Ihro Durchl. das völlige
exercitium jurium papalium in ihrem Lande, welches Ihro doch per. §. 48. art. V.
Inst. Pac. Westph. zustehet, streitig machen wollen. Dieses ist nun dasjenige,
welches ich aus denen mir gegebenen Actis extrahiret habe, und worauf ich der
Meynung bin, daß in Abfassung der Sentenz hauptsächlich zu reflectiren seyn
werde. Es sind zwar noch zwey puncta übrig, wovon man in denen Actis auch einige
Nachricht findet, und welche von nicht geringer Wichtigkeit seyn, als die
obenangeführten, nehmlich die eine Zeitheto von denen Predigern geführte
conduite in ihren Predigten, als auch da sie Ihro Durchl. von Gebrauch des
Abendmahls abgehalten; weiln aber diese Puncte accurat zu überlegen, zuförderst
nöthig seyn will, daß eine exacte Untersuchung deshalb angestellet werde, so hab
ich nicht examiniren können, wie weit die Prediger darinn so wohl circa rem
ipsam als circa modum agendi ihr Amt gemißbrauchet. Ich überlasse immittelst
denen Herren Mit-Commissariis, als meinen resp. hochgeneigten Patronen, Gönnern
und Freunden, dero bekannten hohen dexterität nach, diese facti speciem mit
Fleiß zu erwegen, selbige mit denen mir zugestellten und hiebeygehenden Actis zu
conferiren, auch dero eigenen Gefallen nach davon zu retranchiren, und hinzu
zusetzen, was sie nöthig erachten; Ja es würde mir eine besondere faveur
geschehen, wenn jemand derer Herren Con-Commissarien sich die Mühe geben, und
selbst eine speciem facti entwerfen wolte, da ich denn versichere, daß ich mit
allem plaisir die meinige gerne zurücknehmen würde. Bey ieden excerpirten
Umständen derer anstößigen factorum hatte der Herr Concipient die numeros
actorum allegiret, woraus er die 12. notablesten puncte excerpiret, die ich aber
zu allegiren, vor unnöthig gehalten, weil allbereit in vorigen davon
|| [232]
genungsame Nachricht ertheilet worden, als von dem
puncto 1. 2. 3. und 4. in andern Handel §. 3. p. 107.
Von dem puncto 5. 6. 7. eben daselbst in 5. paragrapho p.
113. Von dem 8. puncto in diesem Handel p. 8. Von
9. puncto in §. 9. Von 10. in §. 11.
12. und endlich von 11. und 12. puncto in §.
16.
(Neun gravamina potiora wieder die
Prediger.)
§. XXII. Der Herr Praeses Commissionis communicirte verstehende speciem facti
denen Herren Commissariis, und verfertigte aus denenselben und denen Actis
folgende gravamina potiora, darüber die Prediger vernommen werden solten. I. Daß
Ihro Durchl. von ihnen beschuldiget worden, als wolten dieselben ihre Neptem, die Prinzeßin zur Römisch-Catholischen Religion
zwingen, eben wie die Römischen Missionarii die Protestanten gezwungen; Und daß dieselbe keine
schrifftmäßige remonstration der Lehrer etc. achtet. Da
doch Ihre Durchl. zu verschiedenen mahlen declariren
lassen, daß sie die Heyrath (worzu doch noch zur Zeit wenig apparence) der göttlichen direction
überlassen, derselben auch nicht wiederstreben, sondern allenfalls die Sache zu
der Prinzeßin freywilligen Entschliessung stellen wolten. II. Daß die Prediger
Ihre Durchl. eines solchen Irrthums im Glauben beschuldigen, wodurch sie sich
zum Gebrauch des heiligen Abendmahls ohnfähig gemachet, und dero Behuff die bey
dem Dedekenno befindliche quaestion: Ob derjenige, welcher im Irrthum des Glaubens steckete, und
deswegen vom Beichtstuhl und heil. Abendmahl abgewiesen worden, sich zu einem
andern confessionario wenden, und von demselben
angenommen werden könte, auf Ihro Durchl. appliciret. Da
doch Ihre Durchl. mit andern Theologis und Politicis nur dieser Meynung wären, daß die Pontificii mit denen Augspurgischen Confessions-Verwandten einerley Grund des Glaubens hätten, und dahero
derjenige, welcher in der Römischen Kirche einfältig glaubte und Christlich
lebte, darinnen wohl könte seelig werden. III. Daß die Prediger sich nicht
entsehen, darum Ihro Durchl. von der Beicht und heil. Abendmahl de facto abzuhalten, und. IV. Solche ihre enixam intentionem banni minoris um so mehr dadurch
bestätiget, daß sie den von Ihro Durchl. anderweit erwehlten Confessionarium von solcher Verrichtung, als von einer verdammlichen
Sünde, so wohl schrifftlich, als auch durch Zusendung eines Buches zu dehortiren getrachtet. V. Daß sie
|| [233]
hierinn mit Violirung der Kirchen-Ordnung
und ohne vorher des geordneten Consistorii Meynung
einzuhohlen, ohngebührlich verfahren, und wider ihren Landes-Fürsten dasjenige
verübet, was wider den geringsten Unterthanen ohne Vorbewust und Verordnungen
der Superintendenten oder des Consistorii nicht vorzunehmen ist. VI. Daß sie so wohl durch dieses
Verfahren, als daß sie die Comparation mit Nadab, Abihu, und Usa
gebrauchet, ihren Landes-Fürsten, welchen sie doch für dem Volcke zu ehren und
hoch zu achten schuldig, zu öffentlicher Verachtung exponiret, und die Unterthanen in ihrer Devotion
irre gemachet. VII. Daß die Prediger, nachdem ihre Durchl. sie bedeuten lassen,
daß bey jetzigen Zustand der Sachen die Schloß-Predigten pro
tempore durch andere versehen werden solten, solches für ein Spolium und Ihre Durchl. pro
spoliatore halten wollen. VIII. Daß die Prediger bey sothanen ihren
Verfahren gar nicht erwogen, daß Ihre Durchl. das absolute Oberhaupt der Evangelischen Kirchen in Dero Fürstenthum und
Landen seye, davon sie ihre Dependenz und äusserlichen
Beruff haben, und daß Ihro Durchl. ob sie zwar das Straff-Amt des H. Geistes
erkennen, dennoch aber dieser Prediger vermeinten Bann gar nicht unterworffen.
IX. Daß dannenhero bey so gestalter Bewandnüß sie, die Prediger, an Ihrer
Durchl. Landes-Fürst- und Ober-Bischöflichen Amt und höchsten Respect sich strafbarlich vergriffen, und zu nicht geringen Aergernüß
Anlaß gegeben haben.
§. XXIII. Den 11. Decemb. kamen die 12. Herren Commissarii(Bey Eröfnung der Commission
geschehene Proposition.) in der
Consistorial-Stube zusammen, und that der Herr Praeses folgende Proposition an
selbige: Es würden dieselbe die speciem facti, der beyden Hoff-Prediger Sache
betreffend, gesehen haben: Weil aber in derselben verschiedene Momenta sich
befänden, welche probationem per testes erforderten, Ihre Durchl. aber keine
Weitläufftigkeit und Auffenthalt bey dieser Sache verstatten wolten, so hätte
man die potiora capita lassen aus der specie facti ziehen, und weil dieselben
allermeist mit der beyden Prediger ihren eigenhändigen Brieffen zu verificiren
wären, so würde dadurch, und wenn die Untersuchung alleine darauff gerichtet
würde, viel Zeit gewonnen, und diese summarische Untersuchung auf das kürtzeste
können expediret, auch die Prediger über die Gravamina potiora (die zugleich
verlesen wurden) vernommen werden, und weil man leicht vorher sehen könte, daß
sie sich wohl nicht in continenti drauff
|| [234]
würden
mündlich vernehmen lassen, sondern daß sie spatium deliberandi bitten würden,
als dürffte wohl nöthig seyn, daß man ihnen selbige verstattete, aber dabey eine
kurtze Frist setzete.
(Conduite und merckwürdige Cautelen der Prediger für der Commission.)
§. XXIV. Als nun die andere Commissarii bey diesen Vortrag nichts weiter zu
erinnern hatten, wurden die beyden Prediger hinein gefordert, da denn der
Hoff-Prediger bald Anfangs seine Christliche und Apostolische Demuth dadurch
bezeigen wolte, daß er mit stachlichten Reden sich beschwerete, daß man einen
Stuhl für ihn nur vor die Taffel, und nicht an dieselbige gesetzet hätte. Da
aber von dem Herren Praeside diese Thorheit kurtz und vernünfftig abgelehnet,
und auch ihnen in einer kurtzen Proposition die Absicht dieser Commission
eröffnet wie nicht weniger die 9. Gravamina potiora vorgelesen wurden,
antworteten die Prediger: Sie wolten verhoffen, daß ihnen die 9. Puncta zu ihrer
Verantwortung würden communiciret werden, und weil ihnen doch in der Geheimen
Raths-Stube jüngsten wäre gesagt worden, daß ihnen alle Beneficia juris
verstattet seyn solten, so müsten sie (1) berichten, daß, falls sie in diesem
Judicio Ecclesiastico einige Worte und Expressiones gebrauchen würden, die etwan
von einem und andern ihnen möchten, als injurieus oder sonst übel gemeinet,
ausgedeutet werden, sie sich so fort anfangs darwider feyerlichst verwahrten,
und vor GOtt bezeugten, daß mit allen und jeden nichts anders als veritas
& causa justitiae abgezielet und intendiret würde, wie sie denn auch
gleichfalls bäthen, daß wenn sie, als die des Rechtens nicht völlig erfahren,
auch in einen solchen Processu itzo befangen wären, da sie schwerlich eines
Advocaten oder Consulenten würden habhafft werden können, einige favores juris
praeteriren solten, dieselbigen ihnen als Predigern ex officio möchten suppliret
und ersetzet werden. (2) Daß sie quod hanc causam nicht als einiger Menschen
Knechte, sondern als Christi Diener, denen auch die Höchsten in der Welt, quoad
officia Spiritus sancti zu folgen Krafft göttlichen Worts verbunden wären,
angesehen, und judiciret werden möchten, wie sie denn vor dieses mahl
Weitläufftigkeit zu vermeiden, unsere Theologos und Casuisten nicht anziehen,
sondern brevitatis studio alleine den Christlichen Politicum von Seckendorff in
seinen Fürsten Staat Part. II. cap. 11. §. 8. & cap. 13. §. 1. allegiren
wolten, woselbst er ausdrücklich statuirte, daß das Predig-Amt, wie es in der
Lehre des Worts GOttes und Austheilung der heiligen Sacramente bestünde, ein
Werck sey, so nicht von weltlicher Obrigkeit, sondern von GOtt allein geordnet,
und dannenhero die Kir
|| [235]
chen-Diener als
GOttes-Diener, und in solchen ihren Hauptwerck der menschlichen Bothmäßigkeit
von rechtswegen nicht unterworffen wären, ob sie gleich darüber leyden müsten,
und sich dawieder als Geduldige nicht setzen könten. (3) Weil sie auch in diesen
ihren Hoch-Obrigkeitlich angeordneten Judicio Ecclesiastico einige fänden,
wieder welche sie ihre in Rechten gegründete exceptiones hätten, und denn ihrer
Durchl. gnädigste intention, wie die Worte lauteten, ohn zweiffel seyn würden,
auch in diesen Stück sie nach gemeinen geistlichen und weltlichen Rechten zu
judiciren; so würde vor der Hand wieder einige salva eorum existimatione
excipiret, weil dieselbe als partiales, ja als zum Theil ihre adversarios sich
in dieser Religions und Gewissens Sache allbereit bezeiget hätten, theils mit
solchen Responsis, dergleichen weder sie, noch alle diejenige, welche sie
dieserwegen befraget hätten, bey einigen unserer Evangelischen Theologorum, so
viel derer in öffentlichen Druck bekant wären, finden, und daß jene mit diesen
überein kämen, sehen können, sondern es solten ihrer Adversariorum Responsa so
wohl denenselbigen, als unsern libris symbolicis (worauf sie doch ihren
Pflichten gemäß, ihre Lehr und Predigten fundiret hätten) ex diametro, wie ihnen
gesagt worden, zu wieder seyn, wie sie denn selbige, ob sie schon darum
angehalten hätten, noch nie zu Gesichte bekommen können: theils aber hätten sie
sich ipso facto als ihre adversarios bezeuget, nicht allein was die
Hochfürstliche Communion beträffe (wobey ich zwar meines Orts nicht weiß, ob sie
die Wegnehmung des sancti denarii, oder, daß der Abt Serenissimum zum Abendmahl
admittiret hatte, oder beydes verstehen) sondern auch was andre casus
concernirte, unter welchen (um geliebter Kürtze willen) nur ietzo dieser von dem
Abt anzuführen wäre, daß wie einsten der N. N. Gärtner, der Römisch Catholischer
Religion gewesen, von ihm dem Herrn Abt besuchet worden, und er demselben so
fort das heilige Abendmahl unter der Bedingung gegeben, daß derselbe Mensch dem
unerachtet, wenn er gesund würde, bey seiner Catholischen Religion bleiben
möchte, da dann die Sache so fort an Seine Hochfürstl. Durchl. von einigen
Römischen Catholischen gebracht, und unterthänigst gebeten worden, daß weil
dieser Gärtner das Abendmahl von dem Pater zu Dorstedt verlangte, S. Durchl.
darinnen gnädigst consentiren möchten, welches er der Hoff-Prediger aber vor
seine Wenigkeit damals, da er eben die Gnade gehabt, bey Ihrer Durchl. zu seyn,
depreciret, daß nemlich dem Pater solches nicht möchte verstattet werden, weil
sonst in der Stadt bey den Evangeli
|| [236]
schen
Christen ein groß Argerniß entstehen würde; wie er dann auch darauf mit
gnädigster Erlaubnüß, und mit Zuziehung seines gegenwärtigen Collegen sofort zu
demselben Patienten gangen, um ihn bey der Evangelischen Religion zu erhalten,
der aber ihnen und vielen andern das vorgesagt: der Abt hätte ihm versprochen,
er solte Catholisch bleiben, welches denn eine Praxis wäre, darinnen, der sie
hätte, für ihren Antagonisten und Wiedersprecher gehalten werden müste. (4) Was
sonst das Gerüchte von einen und andern beglaubigte, daß derselbe sie allbereit
in publico Ecclesiae coetu als Ubelthäter und Ubertretter der Kirchen-Ordnung
zum voraus condemnirt, und etwa diese oder dergleichen Worte gebraucht hätte:
die Leute hätten wider die Kirchen-Ordnung gehandelt. Man müste es sich zwar
nicht befremden lassen, wenn einem Prediger Hosianna,
nachgehends aber das Crucifige zugeruffen würde;
aber'man müste auch zu dem Crucifige keine Ursach geben,
und da man bey andern sich Raths erholen solte, nicht hinein plumpen, daß man
sich hernach nicht hinter den Ohren kratzte, oder, wie es sonst solte gelautet
haben, nicht mit blutigen Köpffen davon gienge; so wären sie zwar nicht
gesonnen, bey ihrer guten, Gewissen, und gerechten Sache, sich in so weit daran
zu kehren, daß sie iemand dieser wegen mit Führung des Beweises actioniren oder
besprechen wolten, sondern sie wolten nur, weil ein und das andre, was sie
angeführet, von ihnen selbst nicht würde können geleugnet werden, erinnern daß
sich mehr und mehr finden dörffte, das vor dieses mahl auch billich zu hören
seyn würde, und bäten also, daß ihrer viere von denen Theologis und einer von
denen Politicis a votando abstrahiren möchten, als wieder welche sie das
juramentum perhorrescentiae in so wichtigen, ihre fam nicht allein, sondern auch
das gantze Evangelische Predig Amt und Kirche concernirenden Sachen, abzugelegen
erböthig wären. Sie bäthen auch (5) daß da Einhalts des Gnädigsten Commissarii
nach denen bekanten Rechten und dasiger observanz gemäß, mit ihnen verfahren
werden solte, auch dißfalls demselbigen nachgelebet werden möchte, daß, wenn sie
ihre Verantwortung gethan, die Sache auf eine unpartheyische und von ihnen nicht
eximirte Universität, und Theologische Facultät geschicket würde, weil diese
controyers pro materia mere Theologica zu halten wäre. (6) Et ultimo, daß sie
auch ante omnia, als hactenus non auditi, nec convicti, nach allen, wie sie
nicht anders wüsten, geist- und weltlichen Rechten, möchten restituiret werden,
wie sie denn hiermit
|| [237]
schlüßlich gantz demüthigst
durch GOtt und Christum gebeten haben wolten, dieser Religions und Gewissens
Sache sich also anzunehmen, und bey Ihrer Durchl. solche Christliche Vorstellung
zu thun, wie es ihnen, die ihre Richter seyn würden, allerseits vor GOtt, in
Gewissen, und vor der Christlichen Evangelischen Kirchen, unverweißlich und
rühmlich seyn möchte. Da nun der Hoff-Prediger dieses vorgebracht hatte, fing
der Caplan an zufragen, was doch diese Sache für einen Zweck eventualiter haben
solte, wenn sie ihre gerechte Sache würden justificiret haben, auch da der
Praeses antwortete, daß diese Frage noch zu frühzeitig wäre, und würde sich
solches, wenn sie erst geantwortet, schon geben; mit seinen dubio folgender
gestalt continuirte, er vernähme ja, daß ihre Dienste bereits so gut als
vergeben seyn solten, also würde es ja seinen effect, wenn sie unschuldig
befunden worden (i. e. wie ichs verstehe, wenn gleich die Acten an die von ihnen
nicht eximirten Theologischen Facultäten wären verschickt worden,) nicht haben
können. Worauf dann auch der Abt demjenigen was der Hoff-Prediger wegen des
Römisch-Catholischen Gärtners ihm vorgerückt, wiedersprochen, und die Prediger
so dann ihren Abtritt genommen.
§. XXV. Nachdem solches geschehen, trug der Herr Praeses vor, (Was ferner bey der Commission
passiret.) daß man gehöret, was die beyden Prediger bereits
weitläufftig recessiret hätten, und würde nun wohl nöthig seyn, daß sie ihre
Antwort über die Gravamina kürtzlich und schrifftlich ad acta gäben, denn sonst
würden sie es zu weitläufftig machen, und würde nur ein Scandalum geben. Da auch
dieses von allen Herren Commissariis beliebet wurde, that der Herr Praeses denen
wieder eingeruffenen Predigern diesen Vortrag: Es wäre, wie sie selbsten
gesehen, alles fleißig ad protocollum genommen worden, man möchte aber wünschen,
daß sie sich mehr der Kürtze befliessen hätten. Weil nun das mündliche
recessiren zu weitläufftig fallen würde, so möchten sie doch von solchen
allotriis und zu weitläufftigen Historien künfftig abstrahiren. Man wolle ihnen
die gravamina hiermit schrifftlich communiciren, und möchten sie ihre Antwort ie
eher ie lieber schrifftlich darüber abfassen. Worauf der Hoff-Prediger
antwortete: Sie wolten ihre schrifftliche Antwort, iedoch salvis
protestationibus praecedentibus einbringen, und bäthen nochmahlen, daß man zuvor
ihren exceptionibus abhelffen möchte. Inzwischen wolten sie pro informatione
dieses Collegii ihre Antwort, so viel möglich, kürtzlich abfassen, und bäthen
nochmahls sich diese Sache auf das beste lassen recommendirt zu seyn. Den aber
der Herr Praeses nochmahls erinnerte, daß sie ihre Antwort so bald möglich,
verrichteten, sonst,
|| [238]
wenn sie sich dessen weigerten,
und vorerst wegen ihrer praeliminar exception gesprochen haben wolten, würden
die Herren Commissarii genöthiget werden, selbiges an Ihre Durchl. zu referiren.
Nach der Prediger Abtritt bathe der Politicus, wieder den dieselbe protestirt
hatten, den Herrn Praesidem und die andern, daß sie bey Ihrer Durchl. es möchten
helffen in die Wege richten, daß er künfftig mit dieser Commission verschonet
werden möchte, massen er so fort anfangs selbige depreciret, aber wieder seinen
Willen hätte übernehmen müssen. Deßgleichen thäte nauch die vier Herren
Geistlichen, wieder welche excipiret werden wollen, darauf der Herr Praeses
erwehnete, wie er zweiffelte, daß Ihre Durchl. diejenigen, die sie hierzu
einmahl erwehlet, dieserhalb dimittiren würden. Er selbst und wohl die übrigen
alle wären auch gerne damit verschonet gewesen, und würde wohl keiner darnach
groß Verlangen getragen haben.
(Conferirung der bißher erzehlten
Umstände, mit der gegentheiligen specie facti.)
§. XXVI. Was ich bißher von dieser Commission gemeldet, habe ich aus dem darüber
gehaltenen protocoll gezogen, welches der Herr Praeses mir damahlen jussu
Serenissimi zuschickte. Daß nun darinnen nichts registriret worden, was nicht
auf seiten der Prediger würcklich vorgegangen, wird durch die von ihnen selbst
verfertigte speciem facti zimlich erläutert, als in welcher sie selbst folgendes
setzen: Als die Prediger in termino erschienen, wurden ihnen 9. gravamina
vorgeleget, und auff den 14. zu beantworten extradiret. Worauff die Prediger
etliche exceptiones fürbrachten. (1) Sie nicht als blosse Unterthanen der
weltlichen Obrigkeit, sondern vornemlich als Knechte GOttes, und ihr Amt als
GOttes Amt anzusehen, auch selbst auf nichts, als GOttes Ehre und Wahrheit der
reinen Evangelischen Kirchen zu reflectiren. (2) Restitutionem in integrum,
sintemahl sie nach allen Rechten sich nicht eher einzulassen schuldig wären. (3)
Weil sie des Processes unerfahren, ihnen nichts, quod forsan contra modum
processus, zu imputiren, vielmehr ex officio judiciali zu suppliren, so ihnen
ein beneficium juris irgends wo könte zu statten kommen. (4) Ihren Worten keine
übele und andere Deutung, als sie intendirten, zu geben, mit Bezeigung für GOtt,
daß sie nichts animo injuriandi vorbringen wolten. (5) Wenn die Sache ad
sententionandum reiff wäre, selbige tanquam rem mere Theologicam an eine nicht
excipirte Theologische Facultät zuschicken. (6) Daß a notando möchten
praecludiret werden, und sie solenniter protestireten wieder einige dieses
geistlichen Collegii, nemlich wieder den Abt. S. wieder F. und noch zwey
|| [239]
andre Theologos, und einen Politicum, welche sich
theils durch ihre widrige Responsa, theils durch andre passionirte gegebene
Sentiments sehr partialisch gemacht, daß sie kein Bedencken hätten wider selbige
das Juramentum perhorrescentiae abzuschweren.
§. XXVII. Wenn man nun besagtes Protocoll gegen diese ihre(Anmerckung wegen der Allotriorum, und dem wahren Ursprung artis
Rabulisticae.) eigene speciem facti hält, kan man dem Herren
Praesidi eben nicht verdencken, daß er die Prediger vermahnet, künfftig von
dergleichen Allotriis zu abstiniren; wiewohl dieses Wort den Hof-Capellan über
die massen ärgerte, dergestalt, daß, da er kurtz darauf am Chiragra danieder
lag, die meisten die Kranckheit diesen Aergernüß zu schrieben. Der berühmte
Ziegler hat sonst viel de arte rabulistica geschrieben, davon ich in notis ad
Lancelottum einen kurtzen Extract gemacht, aber ich weiß doch nicht, ob er diese
Anmerckung recht ansgeführet, woher die erste Rabulisterey entstanden. Denn ob
wohl kein Zweiffel ist, daß dieses Vitium denen Pseudo JCtis pfleget
zugeschrieben zu werden, so fürchte ich doch, daß, was in specie das
Rabulistische Geschmiere und Aufhaltung mit impertinentibus rebus, belanget,
vielleicht ursprünglich der Philosophiae & Theologiae Scholasticae möge
zu zuschreiben seyn, und hernach von diesen auf die Canonisten, von dar auf die
Legisten, und endlich auf die Practicos in Foro fortgepflantzet worden. Indessen
wundert mich, daß, da die Canonisten alles zu rebus Spiritualibus machen, auch
von delictis Spiritualibus viel zu disputiren pflegen; Sie nicht auch in jure
Canonico von Stultitiis Spiritualibus, als z. E. der arte rabulistica viel
Redens machen, dazu ihnen doch Erasmi Encomium Moriae trefliche Locos hätte
suppeditiren können, ja damit das gantze Jus Canonicum durch und durch
angefüllet ist. Bey dieser Bewandnüß aber muß man die beyden Prediger in etwas
wegen der ihnen vorgeworffenen Allotriorum excusiren, weil sie dergleichen nicht
allein in denen Theologischen Consiliis zu lesen gewohnet waren, sondern auch,
weil sie sich bey Vertheydigung ihrer Händel gar fleißig des Juris Canonici
bedienten, wie allbereit oben §. XVI. gedacht worden, und aus folgenden noch
weiter erhellen wird.
§. XXIIX. Die von denen Predigern auffgesetzte Species facti(Ingleichen wegen des was die gegentheilige Species facti referiret.) erzehlet die
Continuation dieser Affaire folgendergestalt: daß bald nach gehaltener Session
beyde Prediger zu dem Praeside deputationis gegangen, mit Bitte, er wolle ihnen
doch nicht, wie es in judicio das Ansehen gewinnen wollen, (es scheint, daß sie
hier die vorgeworffene Allotria verstehen, und sie dieselbe noch nicht verdauen
können,) dasjenige
|| [240]
Ubel deuten, was sie zu Behuf
ihrer Nothdurfft unumgänglich vorbringen müsten; sie hätten auch von selbigen
die Versicherung empfangen, es solte ihnen alle Justiz wiederfahren, und solten
in diesen Judicio deputato keine Nullitäten gemacht werden, sie möchten nur auf
die gesetzte Zeit ihre Verantwortung auf die Gravamina einbringen. Nun will ich
wohl glauben, daß der Herr Praeses dasjenige, so allhier von Wiederfahrung der
Justiz und von Vermeydung der Nullitäten gemeldet worden, gesagt haben möchte,
aber ich halte dabey gäntzlich dafür, daß er an statt der Verantwortung, des
Worts Beantwortung sich bedienet, indem der Zweck der Gravaminum dahin gienge,
auch dieselben also eingerichtet waren, daß sie die Prediger auf selbige
zuförderst categorisch antworten solten, ob sie das in jeden Gravamine
enthaltene Factum geständig wären oder nicht, und dabey ihrem Gebrauch nach
keine Allotria einbringen, auch nicht ihre Facta zu vertheydigen bemühet seyn
solten, ob ihnen gleich dadurch nicht abgeschnitten wäre, dasjenige, das etwann
hier und dar zu ihrer Entschuldigung dienen möchte, kurtz und vernünfftig mit
beyzubringen etc. Daß aber der Herr Praeses hierbey gedacht haben solte, wie der
Hof-Prediger in seiner specie facti erwähnet, daß die excipirten Membra auch
künfftig praecludiret werden solten, kan ich mir gantz nicht einbilden, theils
weil solches zu versprechen in des Herren Praesidis Arbitrio nicht stunde,
theils weil er auch bey männiglich für einen klugen Mann gehalten wurde, von dem
dergleichen Antwort nicht zu praesumiren; theils weil dieser Umstand in der von
dem Hof-Caplan aufgesetzten specie facti nicht zu befinden ist. Ob aber in
übrigen die Prediger die übrigen Erinnerungen des Herren Praesidis wegen
Einrichtung ihrer Beantwortung in acht genommen oder nicht, wird nunmehro ihr
Scriptum selbst zeigen.
(Antwort der Prediger.)
§. XXIX. Diese übergaben sie auf die gesetzte Zeit nemlich den 14. Decembris
Mittags um 11. Uhr, und kan daraus ihr Naturell sehr deutlich und handgreiflich
erkant werden. Wie uns Salvis tamen per omnia exceptionibus nostris ad
protocollum dictatis & legitimis petitis, den 11. Dec. die Gravamina zu
unserer Verantwortung übergeben sind, so haben wir selbe in dem angesetzten
Termino dieses 14. ejusd. einbringen und folgendergestalt Puncts weise
beantworten sollen.
(Auf das erste Gravamon von Vergleichung Serenissimi)
Quoad I. Als wir etc. Und darauf ihre Durchl. von sothaner Ubernehmung der Sünden
unter der Ration dehortirten, daß solches in Religions-Sachen nicht denen
Aposteln, sondern denen Römischen Meß-Priestern gewöhnlich, als welche die
Protestanten zu ihrer Reli
|| [241]
gion damit zu bereden
pflegen, daß sie alle Verantwortung auf sich(mit denen
Römischen Missionariis.) nehmen, liesse es Ihro Durchl. auch in den
folgenden 2. Sept. uns gegebenen gnädigsten Antworts-Schreiben dabey, und
schrieben mit eigener hohen Hand, sie hielten es für keine Sünde, ihr Kind aus
einer Christlichen Kirche in die andere gehen zu lassen, daß wir völlig und
darinnen gestärcket sind, daß wir diesen Umstand bey der Frage: ob Ihro Durchl.
stante ipsa opinione & praxi das heilige Abendmahl würdig geniessen
würden, ausdrücken müssen, wie denn, wenn wir bedeutet wären, daß Ihro Durchl.
dieser Meynung gar nicht gewesen, oder nicht mehr wären, wir GOtt dem
Allerhöchsten mit Freuden würden gedancket, und solchen Umstand gerne zurück
gelassen haben. So unrecht aber als dieses Wort bereden, daraus in diesen
Gravamine zwingen gemachet ist, eben so unglücklich etc. Da Ihro Durchl.
declariren lassen, daß sie die Heyrath der göttlichen Direction überlassen, und
zu der Prinzeßin freywilliger Entschliessung stellen wollten: haben wir unsere
Responsa und Dehortationes nicht auf selbige Heyrath, sondern auf den
derselbigen anhängigen Abgang und Ubergang von der reinen zu der unreinen
Kirchen gerichtet, und Inhalts der uns vorgelegten zwey Fragen, nach Erheischung
unsers Amts, Gewissens und Eydes gezeiget, daß eine in Evangelischer Wahrheit
wieder alle Päbstische Irrthümer vortreflich informirte, und ohnlängst
solenniter mit Anruffung des Nahmens GOttes unter vielen Thränen confirmirte
Prinzeßin, die Wahrheit mit den Irrthümern salva salute aeterna um eine Heyrath,
ja aller Welt willen nicht verwechseln könne. Und so jemand der dißfalls einige
leib- oder geistliche Macht und Autorität hat, anders reden oder hierzu
schweigen würde, wäre er causa moralis solches Abfalls, davon Paulus sagt Rom.
I, 32. quod faciens & consentiens eadem poena sint digni. Wider welches
Unheil nachdem uns Ihro Durchl. gar scharff verboten, die Prinzeßin nicht zu
sprechen, etc. Wir mit Bitten und Flehen, und gründlichen Remonstrationen
vigiliret, und als Christliche Seelen-Wächter, von deren Hand GOtt das durch sie
verwahrlosete Blut fodern will, Ezech. 33. uns bey allem dem, daß uns in diesen
und andern Gravaminibus zur Sünde gemachet worden, aufgeführet haben.
Ad 2) Nachdem wir den 10. Sept. die Resolution erhalten, daß(Auf das audere Gravamen, von der Beschuldigung, daß
Serenissi-) Ihro Durchl. uns nicht auf etwas zu ziehen gedächten, das
wir vermeynten wider unser Gewissen zu seyn, sondern unsers Gewissens zu
schonen, dero Entschliessung wegen Erwehlung eines andern Beicht-Vaters ehester
Zeit fassen wolten, hätten wir wohl gehoffet, es würde der darzu erwehlte
|| [242]
(mus sich zum Gebrauch des H. Abendmahls unfähig
gemacht, und von der Applicirung des responsi bey dem Dedekenno auf Ihre
Durchl.) Abt mit uns, oder wenigstens dem bis daherigen Confessionario
in einem so wichtigen Gewissens-Negotio sich Christ-brüderlich besprochen, ja ex
sua (quanquam erronea) hypothesi, da er meinet, daß wir es hätten dem
Consistorio anzeigen müssen, demselben Consistorio, ohne dessen Vorbewust und
Verordnung kein Prediger eines andern Beicht-Kind, quacunque etiam de causa,
annehmen darff, wissend gemacht haben, bevorab da nicht allein Ihro Durchl. die
von selbst von unsern Amt dißfalls sich zu enthalten resolvirten, sondern auch
andere Hoch-Fürstliche Personen von ihm angenommen sind. Da man aber sahe, daß
er nostratium responsa Theologica entweder nicht wissen, oder nicht achten, und
etwa andere bessere Gründe in contrarium haben müste, die wir ja gerne und
ambabus würden angenommen haben, als die wir auch grosser Herren Gnade, nach der
Gnade GOttes und einen guten Gewissen für ein grosses Glück halten, so ist ihm
der Dedekennus und aus demfelben nicht nur in diesem Gravamine berührte, sondern
auch andere die übrige Fürstliche Communicanten angehende Fragen communiciret,
da zu unserer schlechter Erbauung keine andere Antwort, als diese folgete, er
hätte solches schon vor 40. Jahren gewust, da wir nun über 8. Tage in einen
Billet um die brüderliche Liebe bathen, uns eines bessern, wo er könnte und
wüste, zu bedeuten, wir wolten gerne, daß das an einer Seiten nothwendig
hafftende Unrecht erkennet, und der Wahrheit statt gegeben würde, war keine
andere, als diese Antwort: es wäre von Ihro Durchl. befohlen, uns nichts zu
antworten. Weil aber die beym Dedekenno befindliche Responsa und Fundamenta
unser Gewissen noch beständig überzeugen, und dawieder nichts erhebliches
vorkommen ist, so müsten wir freylich dafür halten, daß selbige wie andere, also
auch einen Fürstlichen Confessionarium angehen, weil daselbst nicht allein von
den Irrthümern in der Lehre, sondern auch von Sünden im Leben die Rede ist,
welcherley Irrthum und Sünde beyde in dem Abfall zum Pabstthum zusammen kommen,
und ist gantz unstreitig, daß wie es eine schwere Sünde ist, von dem HErrn
Christo zu dem Anti-Christ (mit dem Corpore Julio und andern Theologis laut
Beylage sub lit. E. zu reden) (Apologia Aug. Conf. in
Corpore Julio p. 420. Sie (Pontificii) richten öffentlich Anti-Christische
Lehre und Reich an. Denn das Reich Anti-Christi ist eigentlich solch neu
GOttes-Dienst durch Menschen ertichtet. Daniel im andern Cap. mahlet das
Reich Anti-Christi also ab, daß er anzeiget, daß solcher neuer GOttes-Dienst
von Menschen erfunden, werde die Politia und das rechte Wesen des
Anti-Christischen Reichs seyn &c. Et pag. 529. Es bleibet in der
Welt solche Abgötterey so lange der Anti-Christ regieret und bleibet; Denn
wie in Israel ein falscher Gottes-Dienst ward angeordnet mit Baal, also hat
der Anti-Christ in der Kirchen auch einen falschen Gottes-Dienst aus dem
Nachtniahl Christi gemachet, und doch wie GOtt unter Israel und Juda dennoch
seine Kirche, das ist, etliche Heilige behalten hat, also hat GOtt seine
Kirche, das ist, etliche Heilige untern Pabstthum dennoch erhalten, daß die
Christliche Kirche nicht gantz untergangen ist. Wiewohl nun der Anti-Christ
mit seinem falschen Gottes-Dienst zum Theil bleiben wird, biß daß Christus
der HErr öffentlich kommen und richten wird, so sollen doch alle Christen
verwarnet seyn, sich zu hüten für solche Abgötterey. In artic. Smalc. vid.
pag. 581. 586. 587. 628. &c. Quicunque amat Christum, cum
Anti-Christo, Papa, societatem nullam contrahat, contractam ocyus solvat,
& ultra Sauromatas & Indos se proripiat potius &c.
G. Calixtus in Orat. de Papa Anti-Christo &c.) zu gehen, also
auch der
|| [243]
eine Todt-Sünd begehe, welcher solcher Sünde
nicht, da er kan, steuret, sondern vielmehr denen wehret, die das Amt des
heiligen Geistes führen, und eine Seele in der Lehre Christi wieder die
Antichristischen Irrthümer stärcken wollen, welches wir, wo wir das denen
gedräuete Wehe, welche Licht Finsternüs und vice versa nennen, nicht auf uns
laden wollen, für eine recht grosse Sünde halten müssen; Und obgleich Ihre
Durchl. mit einigen Politicis und Theologis der Meynung seyn, daß die Pontificii
mit denen Augspurgischen Confessions-Verwandten einerley Glaubens-Grund haben,
so haben doch alle, die auch dieser Meynung sind, dafür gehalten, daß dem
ungeachtet, ohne Verlust der Seeligkeit niemand den geringsten Papistischen
Irrthum, wenn gleich unter tausend Bedingungen, besage Beylage sub lit. C. N. 1.
beypflichten könne (D. Georgius Calixtus im 2.
Appendice ad Landgr. Hass. p. 143. Ob wir gleich die Päbstische Kirche des
Nahmens der Kirche nicht gar berauben, so sagen und erkennen wir doch, daß
sie von vielen Aberglauben, Mißbräuchen und Befleckungen fast überschwemmet,
von der Apostolischen Kirche weit abgetretten, und gewaltig verunreiniget
sey. Woraus denn weiter folget, daß niemand, der es begreiffet und
verstehet, oder es zu begreiffen und zu verstehen Gelegenheit hat, mit
verwahreten Gewissen und ohne Beleidigung GOttes des Stiffters und Schützers
der Reinigkeit von der reinen Kirchen zu dieser unreinen Päbstlichen sich
bekennen könne. D. Spen. in 4. Theil der geistlichen Bedencken Art. 3. Sect.
6. beantwortet die Frage: Ob bey dem Abfall einer Hohen Person von unserer
zur Catholischen Kirchen derselben nach GOttes Wort noch einige Hoffnung der
Seeligkeit übrig bleibe mit Rein; und beweisets aus GOttes Wort mit
unumstößlichen Gründen. Unser corpus doctrinae thut desgleichen, da es das
Pabstthum erkennet für das Reich des Auti-Christs, eine Kirche, die solche
Irrthümer heget, die den Grund des Glaubens umstoffen, das gantze Evangelium
unterdrücken etc. Worauff wir Eydlich verpflichtet, nicht anders zu lehren,
welches auch in dem anno 92. publicirten Edict sub finem bey harter Straffe
anbefohlen, NB. alle Glaubens-Lehre nach Anweisung desselben so heimlich als
öffentlich zr. lehren. D. Frid. Ulr. Calixtus Disp. de adorat. hostiae §.
75. Faciamus persuasum esse aliquem, & credere omnia, quae apud
Fontificios traduntur, satis recte se habere, in uno tamen usque adeo magni
ponderis & momenti haesitet, atque de ejus veritate dubitet. Quamdiu
ille dubitaverit, tamdiu illaesa conscientia illud probare, vel a Religione,
in qua natus & educatus fuerit, transire non potest ad illam, ad
quam non patet aditus, nec admittitur prius, quam professus fuerit, se hoc
quoque dogma, de cujus veritate ambigit, ut verum & in scriptura
fundatum amplecti & probare. Neque enim licet cum mille
exceptionibus esse Pontificium. Omnes potius aliunde transeuntes ad eos
fidei professionem facere jubentur, & quidem juxta ductum Concilii
Tridentini, quod cuncta iniquitatis mysteria continet. Quotquot igitur
Concilium Tridentinum subscriptione sua probant, probare tenentur omnia in
universum improba figmenta, quae illud in sinu fovet, ne minimo quidem
excepto. Quod qui illaesa conscientia facturos sibi pollicentur, oppido
falluntur, imo exitium sibi struunt. Womit alle Evangelische Lutherische
Theologi, so viel durch Schrifften bekant sind, völlig eins und leicht viele
Stellen könten angeführet werden, wo uns nicht die anbefohlene Kürtze
abhielte.) und bleibet es (besage Beylage sub. lit. F.) eine
|| [244]
schwere und verdammliche Sünde, wenn man einer
falschen Religion beypflichtet, und sagt, daß man dabey seine Seeligkeit finden
könne; (Jean de Espagne in den Anmerckungen über den
Glauben cap. 4. Ob es genug sey, daß man darum einer Religion zugethan sey,
wenn man sagt, daß man daselbst seine Seeligkeit finden könne? Wenn eine
Religion in Streit gezogen wird, so ist die gantze Frage, welche die meiste
thun, nur bloß und allein, ob man darinnen nicht könne seelig werden? Sie
achten nicht, ob gleich in ihrer Religion einige falsche Lehren seyn, wenn
sie nur, sagen sie, ihre Seeligkeit dabey schaffen können. Nun will ich
jetzo nicht sagen, ob sie in ihren vorgefasten Wahn wohl gegründet seyn,
indem sie vermeynen, daß sie können seelig werden in einer falschen
Religion, von der sie wissen, daß falsche Lehren darinnen enthalten seyn.
Aber den Fall gesetzt, daß ein solches Verbrechen die Seeligkeit nicht
hindere, so will doch gewiß die Ehre und Liebe, die wir dem Urheber unsers
Heyls und Seeligkeit schuldig sind, solche nicht leiden, als welcher einen
Abscheu hat an allem dem, was in Sachen, so seinen Dienst betreffen, falsch
erfunden wird. Es ist eine erschreckliche Verachtung GOttes und eine
graufame Undanckbarkeit, wenn man damit wohl zu frieden ist, daß GOtt
verunehret werde, nicht allein von andern, sondern auch von uns selbst,
daferne wir nur dabey seelig werden; Zu dem, ist denn kein andrer Weg zum
Himmel zu gelangen? und da mir GOtt die Wahrheit, die zur Seeligkeit leitet,
zeiget, warum solt ich denn vielmehr begehren seelig zu werden, in der
Bekäntnüß der Lügen, da ich doch dazu gelangen kan, in der Erkäntnüs der
Wahrheit? Wenn man die Wahrheit darum nicht annehmen will, weil man die
Seeligkeit eben sowohl in der Lügen zu finden vermeynet, so ist solches
alleine genug, den Menschen der Seeligkeit unfähig zu machen.) Aber
wir dieses Orts finden in dem von allen unsern Theologen be
|| [245]
schwornen Corpore Julio, daß der dissensus inter
Pontificios & Protestantes fundamentalis sey, laut Beylage sub lit. G.
(Apolog. A. C. in corpore Julio p. 326. viele
articul bey unsern Wiedersachern (denen Pabisten) stossen den rechten Grund
nieder, das Erkäntnüs Christi und den Glauben, denn sie verwerffen und
verdammen, den hohen grösten Articul, da wir sagen, daß wir alleine durch
den Glauben ohne alle Wercke, Vergebung der Sünden durch Christum erlangen;
Pag. 376. Eine solche schädliche Lehre führen die Wiedersacher, nehmlich
eine solche Lehre, dadurch das gantze Evangelium wird weg gethan, Christus
unterdrücket, die Leuthe in Hertzeleyd und Quaal der Gewissen, endlich, wenn
Anfechtung kommen, in Verzweiffelung geführet. Pag. 416. Das heisset
öffentlich mit des Teuffels Lehre das Evangelium unterdrücken; Denn die H.
Schrifft und Paulus nennen solche Satzungen denn erst rechte Teuffels
Lehren, wenn man sie dafür rühmet, daß sie sollen dienen, dadurch Vergebung
der Sünden zu erlangen, da sind sie stracks wieder Christum, wieder das
Evangelium, wie Feuer und Wasser wieder einander sind. Vid. quoque pag. 420
&c.) Woraus dieser Schluß zu machen: welche Kirche solche
Lehre hat, die den rechten Grund niederstösset, das gantze Evangelium und
Christum unterdrucket, eine solche Teuffels Lehre, die stracks wieder Christum
und das Evangelium ist, wie Feuer und Wasser wieder einander seyn etc. Dieselbe
Kirche hat Grundstürzende Irrthümer. Nun hat die Römische Kirche besage des
Corporis Julii l. c. solche Lehre. E. hat sie Grundstürtzende Irrthümer. Hier
muß nothwendig ex duobus contradictoriis eines falsch und unrecht seyn, entweder
ihro Durchl. Verordnung und der nach selbiger von allen Theologen geleistete Eyd
auf diese Lehre, daß die Römische Kirche verdammliche Irrthümer habe, oder die
Meynung und praxis, daß man zu solcher Kirchen ex causis secularibus wohl gehen
könne. Wir als redliche Theologi, die nach der Rede des D. Lutheri nicht Mum Mum
spielen und Brey im Maule haben sollen, können nicht anders sagen, als daß das
erste recht, und das letzte unrecht sey; denn so das letzte recht, wäre es ein
entsetzlicher Mißbrauch des göttlichen Nahmens, die Candidatos auf alle in
corpore Julio befindliche Glaubens-Lehren zu beeydigen, daß weil sie solches dem
Worte GOttes gemäß finden, auch noch solchen Corpore in allen lehren wollen,
welches stante hac hypothesi
|| [246]
nichts anders wäre, als
alle Prediger im Lande beeydigen zu lehren wieder GOttes Wort.
(Auf das dritte und vierte gravamen, daß sie Ihre Durchl.
von der Beicht und Abendmahl de facto abgehalten, und ihre intentionem banni
minoris durch das, was sie mit dem neuen Confessionario vorgenommen, bestätiget
hätten.)
Ad 3. & 4. daß wir proprio ausu & judicio Ihro Durchl.
excommunieiret, und enixam intentionem banni minoris gehabt haben solten, findet
sich auch darinn viel anders, da wir geschrieben: Ihro Durchl. würde zu frieden
seyn, zu beyderseits Gewissens verhoffentlich Beruhigung, daß wir mit einigen
Theologischen Facultäten und Collegiis die Sache sub peregrino schemate
communicireten: ob Ihro Durchl. würdig communiciren würden, und wie die Prediger
sich zu verhalten? das heisset ja consilium Theologicum und nicht excommunicatio
oder bannus. Da aber solches nicht angenommen, sondern geantwortet wurde, es
brauchte der Erörterung dieser Frage nicht, weil man unsers Gewissens schonen,
und unsers Amts sich enthalten wolte, haben wir Gehorsam erwiesen. Es will zwar
die intentio minoris banni daher scheinbar gemachet werden, daß wir den
anderweit erwehleten Confessionarium schrifftlich und durch Zuschickung eines
Buchs von seiner Verrichtung als einer verdammlichen Sünde dehortiret haben
sollen. Allein wie könten wir ihn schrifftlich von seiner Verrichtung, die er am
Sonnabend und Sonntag gehabt, den folgenden Freytag dehortiren? Man siehet wohl,
daß dieß Schreiben, wie auch die Sendung des Dedekenni nach dem klaren
Buchstaben unseres Schreibens zu dem Ende geschehen, daß das an einer Seiten
nothwendig hafftende Unrecht, und die Wahrheit erkant werde, und ist gewißlich
unseres Orts noch, wie damahls gewesen, enixa intentio non banni sed veritatis
& salutis animarum, biß auf den Bann und excommunication ist die Sache
nicht kommen, biß lange wir in gradibus admonitionis stunden, und daselbst
Inhalts mehrhöchstgedachter Hochfürstlicher Resolution abbrechen müssen. Wir
beziehen uns hier auch auf die Beylage sub lit. D. n. 3.(D. Frid. UIr. Calíxtus Disp. de confessione &
absolutione §. 102. Ad minorem excommunicationem videtur referri posse in
Ecclesiis nostris receptus & nostratibus verbi Divini ministris
frequentatus mos, indignos ad participationem Eucharistiae non admittendi,
sed ad tempus, donec resipiscant & emendentur, arcendi. In horum
facile descenderemus sententiam, nisi ei verae & proprie sic dictae
excommunicationis essentiale requisitum repugnaret. Haec enim si non
Episcopi totiusque Ecclesiae vel Episcopum & Ecclesiam
repraesentantis judicii, sed NB. Privato unius hominis
committatur arbitrio, non est legitima vera & proprie sic
dicta excommunicatio. Mos autem iste, indignos arcendi privato unius hominis
arbitrio, dum committatur, sequitur, morem illum
|| [247]
arcendi indignos non esse legitimam excommunicationem, si hoc, non potest
idem esse, quod excommunicatio minor, siquidem illa est legitima, vera ac
proprie sic dicta excommunicatio, quae non nisi circumstantia &
gradu differt a majore. Mallem igitur morem privato unius arbitrio arcendi
indignos suspensionem ad tempus vocare. Et §. 103. Discrepat actus
suspendendi a minore excommunicatione etiam in eo, quod excommunicatio etiam
minor publice & solenniter fiat, suspendendi actus privatim. Item §.
105. vocat hac censura notatos abstentos cum Cypriano, & pergit:
Debet etiam ipsa illa abstentio, quam arbitrio verbi ministri etiam apud nos
committi diximus, NB. suaderi potius, quam imperari: debent talia remedia
manu prudentis de salute abstenti solliciti Medici applicata, consilium
potius quam decretoriam sententiam sapere. Quis vero ita suadentem, ita
amice abstentos monentem & adhortantem excommunicasse eos dixerit.
Hugo Grotius de imp. sum. potest. circa sacra cap. 9. §. 8. p. m. 119. seq.
Quo jure igitur pastor homini manifeste flagitioso annunciat, alienissimum
esse ipsum a divina gratia, eodem jure eidem baptismus non exhibet, quippe
signum remissionis peccatorum; aut si baptizatus est, Eucharistiam ut signum
communionis cum Christo. Non est enim ei signum applicandum, cui res signata
non convenit, nec danda margarita porcis, sed ut in Ecclesiis proclamari a
Diacono solebat . Imo non tantum contra veritatem,
sed & contra charitatem esset, , sacrae
Coenae participem facere. . In his ergo cum pastor
suum duntaxat actum suspendat, non in actus alienos jus ullum dominii
exerceat, apparet, haec ipsa ad libertatis usum non ad jurisdictionis
exercitium pertinere. Simile in medico afpicitur,
qui Hydropico adfidens aquam poscenti nocituram porrigere recusat. Aut in
viro gravi, qui profligatae vitae hominem dedignatur salutare: & in
his, qui lepra aut alio contaminante morbo infectos defugiunt. Et hi quidem
actus pastorum sunt proprii, ad eos veniamus, quos cum Ecclesia habent
communes. Jer. Taylor. in Ductore dubitantium p. 5. c. IV. Reg. V. §. 10.
Wenn ein Fürst ärgerlich und böse sey, ob ihm das H. Abendmahl von einem
Prediger oder Bischoff zu versagen? Da ist nun kein Zweiffel, daß ein
Bischoff solches thun könne, sondern daß er es auch in gewissen Fällen thun
müsse. Nolite fanctum dare canibus, saget-Christus. Allein dies ist nicht
ein Werck der Jurisdiction, Bestraffung oder Zwanges; sondern der Liebe
gegen dem Fürsten und der Pflicht des Bischoffs. Es ist eben, als wenn ein
Medicus einem Wassersüchtigen abschlägt, zu trincken zugeben; er mag es
immerhin nehmen, wenn er muthwillig sterben will, wenn ihm aber der andere
in Uberreichung dessen seinen Dienst versaget, so ist er liebreich und
freundlich, nicht aber will er über ihn herrschen, und ihm unrecht thun Denn
was durch ein göttlich Recht in der Kirchen ist, kan so wohl auf dem, der
auf dem Throne, als auf dem, der auf den Misthauffen sitzet, applicitet
werden. Doch aber muß die Verweigerung allein durch Vermahnung und
Vergewisserung, durch Furcht und Evangelische Ankündigung, durch Erinnerung
seiner Unfähigkeit zu communiciren, und der Gefahr, wenn ers thäte,
geschehen. Diesem stimmen gleichfalls bey Voëtius Polit. Eccles. Tr. 2. c.
3. p. 845. Dedek. Cons. Tom. I. L. de Coena Sect. 7. num. 1. seq. Bald. lib.
4. c. 9. 1. In Pastorali Lutheri Mencelli p. 291. Facultas Wittebergensis
& Lipsiensis, welche anbefohlner Kürtze wegen nicht hersetzen
wollen.)
|| [248]
(Auf das fünffte Gravamen, daß sie hierdurch die
Kirchen-Ordnung ungebührlich violiret.)
Ad 5) die Kirchen-Ordnungen haben wir nicht violiret, weil (1) in derselben von
dem Verhalten eines Predigers in casu quaestionis nichts determiniret ist,
sondern biß in den andern Theil (der aber nie zum Vorschein kommen) besage cap.
19. §. 8. verspahret, dahero wir uns in hoc passu an GOttes Wort und unserer
Theologorum und JCtorum consiliis lediglich halten müssen, welcher etliche sub
lit. C. n. 2. und lit. H. allegiret seyn;(D. Joh. Ger
h. loco de peccat. c. 18. §. 89. De participatione peccatorum alienorum,
fundamenta hujus doctrinae extant 1. Tim. 5. v. 22. ne communices peccatis
alienis. Eph. 5. v. 7. nolite fieri participes eorum, vers. 11. nolite
communicare operibus infructuosis tenebrarum, sed redarguite. Rom. I. vers.
ult. Qui talia non solum faciunt, sed etiam facientibus consentiunt. (Da die
Approbation fremder Sünden als ein sonderlicher schwerer Gradus der
Ubertretung angeführet wird) 2. Joh. V, 11. Qui dicit seductoribus ave,
communicat operibus eorum malignis. (Ave ist der Liebes-Kuß, dadurch die
Gläubigen bezeugeten, die Einigkeit des Glaubens und die Gemeinschafft der
Kirchen) Apoc. 18. v. 4. Exite ab ea (Roma, quae re est Babylon in mysterio)
populus meus, ne participes sitis delictorum ejus, quod fit vel committendo,
cum peccati alieni vel autores sumus, vel adjutores, idque vel consensu
& approbatione, cum ea, quae ab aliis fiunt, approbamus suffragio
Act. 8. v. 1. (2) Vel consilio, cum mali perpetrandi autores sumus, ac
consultatores 2. Sam. 16. v. 23. (3) Vel jussione & mandato Ex. 1.
v. 16. (4) Vel excusatione ac defensione. Es. 5. v. 20. (5) Vel quacunque
criminis ac commodi participatione. Omittendo, cum officium nostrum, quo
peccata reprehendi ac puniri debent, aut negligimus, quod fit intempestivo
silentio conniventia. &c. Nun folget lit.
ist nicht, wenn Prediger der Obrigkeit Sünde straffen, sondern wenn sie das
Kayserliche Pabstthum exerciren, denen Predigern die Cantzel verbieten, sie
enturlauben &c. Prediger haben den General-Befehl, alle ihre
Pfarr-Kinder, hoch und niedrige, ihres Amts zu erinnern, zu regieren mit dem
Bind- und Löse-Schlüssel, da ist kein Unterscheid zwischen Herrn und Knecht,
man findet keine Limitation, daß man allein der privat- und gemeinen Leuthe
Sünde straffen solte, und nicht der vornehmen, sondern der göttliche Befehl
lautet ingemein &c. Pag. 169. Man sagt: Die Ehre der Obrigkeit wird
dadurch verkleinert und verringert bey den Unterthanen, und wird damit wohl
Ursache gegeben zum Aufruhr. Pf. Das sind alle Politische Feigen-Blätter,
consilia humana & carnalia wider GOttes Wort &c. Die
Personen und die Güter der Diener GOttes sind unter der Obrigkeit, aber in
Betrachtung ihres Amtes erkennen sie keinen Herrn ohne Christum, dessen
Legaten sie sind 2. Cor. 5, 20. und den H Geist, dessen Amt sie führen.
Seckend. Fürstenstaat 2. Th. C. XI. §. 7. Denen verordneten Kirchen-Dienern
kömmt zu, das Amt der Schlüssel mit Ertheilung der Zurückbehaltung der H.
Absolution Capit. 13. §. 1. Die Kirchen-Diener sind als GOttes-Diener, und
in solchem ihren Hauptwercke der Menschen Bothmäßigkeit nicht unterworffen
&c. Balduin. l. 4. cas. consc. cap. 12. cas. 13. Reges subditi sunt
Episcopis in spiritualibus, Episcopi Regibus in temporalibus. Sub
Episcoporum autem nomine intelliguntur, omnes clerici. Cap. 7. cas. 2. §. 4.
seq. Ubi inter alia: Magistratus non est praescribere ministris Ecclesiae,
quid docere, quid refutare, quando loqui, quando facere debeant; nam ut
Ambrosius ad Imperatorem Theodosium dixit lib. 5. Epist. 29. Neque imperiale
est, libertatem docendi denegare, neque sacerdotale, quid sentias, non
docere. Georg. Konig in cas. consc. p. 744. seq. Hoc perpetuo sibi constat,
nihil cum bona conscientia posse imponi, quod ab altero bona cum conscientia
non possit suscipi, in quibus imperatori nullam obedientiam debemus, in
illis etiam inobedientiae non possumus accusari, quia prohibet major
potestas, nempe divina, quam etiam imperatori in omnibus praeferre debemus:
comminatur enim transgessoribus non carcerem aut amissionem tantum
temporalis vitae, sed ipsam gehennam & amissionem vitae aeternae. p.
825. dicit, quod Principes sint oves in templo, sed in palatio pastores. p.
788. Des Herrn Lutheri Spruch ist der Chur-Fürstlichen
General-Kirchen-Ordnung einverleibet: Es unehren das Sacramente nicht
allein, die es unwürdig nehmen, sondern die es auch unwürdig geben. Es ist
zu mercken das Exempel Chrysostomi, welcher da sagte: Er wolte sich lieber
mit glüenden Zangen zerreissen lassen, als unwürdig zu communiciren Strykius
ad Brunnem. lib. 1. c. 6. m. 9. §. 2. dicit, quod si princeps monitis
& precibus ministrorum Ecclesiae acquiescere nolit, si suo potius
officio cedere, quam saucia conscientia eidem praeesse debeant
&c.) (2) giebet auch unsere Kirchen-
|| [249]
Ordnung allen und jeden Predigern die Macht c. 25. §. 5. da die Worte
zu einen jeglichen ordinirten Prediger also lauten: Auf diese eure Zusage wollen
wir euch an Gottesstatt nach uhralten Christlichen Gebrauch das heil. Predig-Amt
befehlen, und euch Macht gegeben haben, GOttes Wort rein und lauter zu predigen,
die heil. Sacramente zu administriren, auch Sünde zu lösen und NB. zu binden;
wie ihr solches dermahleins NB. an den grossen und gestrengen Gerichts-Tage JEsu
Christi zu verantworten getrauet, da solche Verrichtungen allen und jeden
Predigern Krafft ihrer Vocation und Ordination committiret werden, die mere
pastoralia und keiner menschlichen Macht und Autorität unterworffen sind, qualia
sunt praedicatio verbi divini, legitima sacramentorum administratio, &
potestas utriusque clavis, und wäre das Binden sowohl als das Lösen nicht dem
Judicio des Predigers quoad administrationem & exercitium überlassen, so
käme es
|| [250]
nicht auf seine, sondern der Obrigkeit
Verantwortung an, es kommt aber auf des ordinirten Predigers Verantwortung, dem
gesagt ist, ihr solt lösen und binden, wie ihr es an den grossen und gestrengen
Gerichts-Tage JEsu Christi euch zu verantworten getrauet. (3) Was cap. 22.
unserer Kirchen-Ordnung stehet, handelt in rubro & nigro von solchen
Sünden, welche der Kirchen-Busse unterworffen, wie dann auch daselbst die
Abweisung NB. von der Tauff und Abendmahl zusammen stehen, daher selbiges Cap.
von niemand, der Ihro Durchl. in solchen Stande zu seyn nicht judiciret, wider
uns nicht mag gebrauchet werden; Aber (4) posito nequaquam concesso, man könnte
etwas unter einigen Schein und Ausdehnung aus selbigen 22. cap. auf den
quaestionirten Casum ziehen, so wird man doch finden, daß was sub finem §. 2.
stehet, von uns nicht aus der acht gelassen sey, denn wie wir in denen ersten
gradibus admonitionis stunden, und um Erlaubnüß, an einige Theologische Collegia
(wovon die Consistoria nicht ausgeschlossen sind) die zwey Fragen vor des hohen
Communicanten und der Prediger Verhalten gelangen zu lassen, unterthänigst
baten; funden wir, was wir vor und unter dem Gebrauch itztbesagter Graduum
wohlerwogen hatten, daß Ihro Durchl. ungnädig nehmen möchten, wenn sie vor dero
Consistorium von uns gleichsam verklaget würden, bevorab da sie uns sagen
lassen, sie wolten, daß man die Sache geheim hielte; daß wir ja ohne expresse
gnädigste Erlaubnüß in ein öffentliches Judicium nicht schreiben dürfften: was
wir nicht ex ignorantia multo minus ex malitia, sondern mit gutem Vorbedacht
dißfalls unterlassen haben, das sagen wir, funden wir, als wir um Erlaubnüß
baten, mit einigen Facultäten und Collegiis zu communiciren, nemlich Ihro
Durchl. mißfallen, indem sie uns die Resolution gaben, wir solten zu dero
Verunglimpffung und Verkleinerung mit niemande communiciren, weil es der
Erörterung dieser Frage nicht bedürffte: So daß, wenn wir es dem Consistorio
vorgetragen hätten, so hätten wir entweder damit gesündiget, daß wir die ersten
Gradus admonitionis nicht gebrauchet, oder daß wir, da wir sie gebrauchten, und
weiter gehen wolten, (so uns aber verboten wurde) wieder solch Verbot gehandelt,
wie können wir denn nun, da wir gehörige Behutsam- und Vorsichtigkeit
gebrauchet, Sünder seyn? Also (5) gesetzet, die Kirchen-Ordnung gebe in den
quaestionirten Casu deutliche Masse als sie nicht thut, so war doch derselben
durch eine speciale Verordnung, Resolutiion, und Verboth hic & nunc
derogiret. Daß bey diesem Gravamine gesaget ist, es würde wider den geringsten
Unterthanen ohne Vorbewust und Verordnung des Consistorii also nicht verfahren,
findet sich
|| [251]
nach der gemeinen Lehre unserer Theologen
in praxi gantz anders, da clavis ligans & suspensio ohne Vorbewust des
Consistorii gebrauchet, vielmehr, wie von uns geschehen, ein Consilium
Theologicum dem Communicaturo, bey dem man die Communion bedencklich findet,
suppeditiret und derselbe ersuchet wird, des Confessionarii Gewissens zu
verschonen; Daß wir dessen, was härter ist, nicht gedencken, als daß, vor
kurtzer Zeit die hiesige N. weil sie mit ihrem Manne eine unfriedliche Ehe
besitzet, von ihren Beicht-Vater, ohne Vorbewust des Consistorii, vor welchen
doch die Sache rechtshängig und unentschieden ist, so gar in der Kirchen von
Beicht-Stuhl abgewiesen ist, so doch der Mann admittiret seyn soll.
Ad 6) Wenn der Herr Referent die in unserer Schrifft von 1. Sept.(Auf das sechste gravamen, von der comparation zwischen
ihrer Durchl. und Nadab, A ihu. Usa, &c.) gebrauchte Worte
besser eingesehen hätte, würde er uns nicht beschuldiget haben, daß wir die
comparation von Nadab, Abihu und Usu auf Ihro Durchl. gemachet hätten; als die
dahin gehen, weil der Abfall der Princessin (den GOtt verhüten wolle!) in
unserer Evangelischen Kirche, so viel uns wissend, sine exemplo ist, und sie
darinn die erste seyn würde, so besorgte man daher destomehr Unseegens und
Straffe, weil man finde, daß die ersten Exempel in einer gewissen Sünden Art
mercklig gestraffet, wie an Nadab und Abihu, Usa und andern zu sehen, welche in
einer gewissen, ob schon für Menschen geringe scheinender Sünden Art die ersten
gewesen und mercklich gestraffet sind. Haben wir denn nun Ihro Durchl. mit
Nadab, Abihu und Usa verglichen? in welchen tertio comparationis? Man ist dieses
Orts wohl übel dran, wenn bey Anführung eines Biblischen Spruchs oder Exempels
solche applicatores sich finden, und ihre application dem Prediger imputiret,
und als ein grosses Verbrechen angerechnet wird, so gar, daß in diesen gravamine
uns schuld gegeben wird, wir hätten mit dieser comparation des Nadabs
&c. unsern Landes-Fürsten zur öffentlichen Verachtung exponiret, und die
Unterthanen in ihrer devotion irre gemacht. Du gerechter GOtt, wenn ein solches
Befchuldigen genug ist, so können wir bey unserer gerechtesten Sache unmöglich
unschuldig bleiben; Die Schrifften sind ja verschlossen in Serenissuni Cabinet
geschicket, und versireten wir damahls in terminis privatae admonitionis, woher
kan denn NB. offentliche Verachtung kommen? den Nathan kan man ja nicht
beschuldigen (wir bitten, nicht abermahl extra tertium eine ungütige
interpretation zu machen) daß er seinen König der öffentlichen Verachtung
exponiret, und die Unterthanen irre gemachet, als er zu ihm sagte, du bist der
Mann des Todes. Wir sagen mit Grunde der Wahrheit, wir, unsere Worte und
Schrifften machen niemand in seiner devotion irre, und ist die Sache durch
ungütige Deu
|| [252]
tunge unserer Schrifften und Worte,
und die darauff conta nos nec convictos nec auditos erfolgte execution fast
aller Orten bekant worden, derer gedruckten und unter die Leute ausgekommenen
Streit-Schrifften, und verschiedener Theologischer Gutachten nicht zu gedencken.
Wir werden, wie wir allezeit gethan, noch ferner mit der Hülffe des
Allerhöchsten, wo und so lange uns GOtt bey dem Prediger-Amt haben will, mit
allem Fleiß uns bemühen, daß die Unterthanen, so unsere Zuhörer sind, zuförderst
bey der devotion gegen GOtt in Meidung aller falschen, bevorab Anti-Christischen
Lehre und alles gottlosen Wesens, diesen nechst in der devotion gegen die ihnen
von GOtt vorgesetzten Obrigkeit, in Annehmung, Abtragung, Erduldung und
Verrichtung des, was dem Leib, Güter und alles, womit sie nach GOttes Wort und
Willen unter menschlicher Ordnung sind, angehet, Christlich und gewissenhafft
erhalten werden.
(Auf das siebende gravamen wegen der opponiten exceptionis
spolii.)
Ad 7) Da wir auch, nachdem uns die Cantzel nicht ad tempus sondern simpliciter
verboten, und gesaget war, Ihro Durchl. könten uns nicht wieder auf die Cantzel
lassen, das beneficium juris ergriffen, und restitutionem, ehe und bevor uns der
angedreuete process formiret wurde, demüthigst baten, da haben wir, um den Grund
solcher Bitte zu zeigen, die Conones und jura angeführet, welche wollen, quod
exspoliati & ejecti, oder wie man sie sonst nennet, ante omnia &
quoad omnia müssen restituiret werden, antequam ad causam vocati sint. Nun
hatten wir wohl nicht gedacht, daß solche unschuldige in foro & jure
übliche Wörter uns zur Sünde und dahin solten gedeutet werden, als hielten wir
Ihro Durchl. vor einen Spoliatorem und Räuber. Wir haben die Worte also
verstanden, uns auch also von feinen Juristen e. g. Joh. Calvino in lexico
jurid. voce spoliare, sagen lassen, es heisse hier spoliatus so viel, als einer
der seines Rechts, Amts etc. entsetzet ist, wie von Ihrer Durchl. wir armen
Prediger unsers Amts, und dessen, was darinn das potius ist, davon wir
denominiret werden unstreitig entsetzet sind. Wenn es eine solche schlimme
Deutung haben soll, als in diesem gravamine gemachet ist, mögen es die Jura und
Juristen, Carpzov, Ziegler, Lancellotus, Brunnem. Stryk. Schilter &c.
und nicht wir verantworten, wir können sie nicht anders allegiren, als sie
beschrieben sind, und sind darinn wohl entschuldiget; als die wir das argument a
casibus & conjugatis nicht unser machen, weiln wir in der Schule
gelernet, daß selbiges offt gar stumpff sey, als wenn man schliessen wolte, die
Menschen werden von GOtt dieser oder jener Gnade, dieses oder jenes Amtes, ihres
Lebens oder Güther beraubet, Ergo, ist GOtt ein Räuber. Behüte uns GOtt für
solchen consequentien!
|| [253]
Ad 8) Ob wir wohl unserer unterthänigsten devotion gemäß, mit(Auf das achte Gravamen, wegen Wiedersetzlichkeit wieder
das Oberhaupt der Kirchen in dem Fürstenthum.) unsern Güthern,
Personen, Leib und Leben unter Ihro Durchl. Gewalt und jurisdiction uns zu seyn
erkennen, und in allen, was nicht wieder GOtt, das Amt des Heil. Geistes
(welches wir nicht nur Krafft des äusserlichen Beruffs, von den vornehmsten
Obrigkeitlichen, sondern auch übrigen Kirchen-Ständen und der gantzen Kirchen
haben) und wieder unser aus GOttes Wort unterrichtetes Gewissen ist, unsere
schuldigste Unterthänigkeit und Gehorsam erkennen, und dem göttlichen charactern
und hohen Stand, Macht und Gewalt, so Ihro Durchl. von Gottes Gnaden haben, mit
unterthänigsten respect veneriren, so getrauen wir uns doch, so ferne das, was
man redet, reden soll, als GOttes Wort, mit dem Herrn Referenten nicht zu
behaupten, daß Ihro Durchl. das höchste und absolute Oberhaupt der Kirchen
dieser Lande sey; als welcher Titul Christo JEsu allein gegeben wird, der das
höchste und absolute Oberhaupt, wie der Universal-also auch der
Particular-Kirchen: und weiß die heilige Schrifft so wenig, als unsere
Theologische Schulen von einigen sichtbaren, sondern nur von einigen
unsichtbaren geistlichen absoluten und höchsten Oberhaupt, von welchen die
Glieder seines geistlichen Leibes den Einfluß der Gnaden und geistlichen Gaben
empfangen. Ihro Durchl. hat GOtt als seines Reiches Amtmann, Nutritorem
Ecclesiae & custodem utriusque tabulae geordnet: Ein solcher grosser
Herr aber ist doch bey der Absolution, Communion, und allen göttlichen
Kirchen-Ordnungen und Heils Gütern JEsu Christi, als ein anderer Gläubiger, wie
geringer condition er seyn mag, vid. Beylage sub lit. H.(Diese ist allbereit oben ad punctum 5. mit angeführet
und beygedruckt worden.) und also in casu quaestionis, wie ein anderer
Communicante zu consideriren, da es heisset, hier ist kein Knecht noch Freyer,
sie sind alle einer in Christo JEsu, und Jacobi 2. v. 1. seq. Haltet es nicht
dafür, lieben Brüder, daß der Glauben an JEsum Christum Ansehen der Person leide
etc. Ihro Durchl. werden gewiß selbst erkennen, daß sie unter dem geraden
Scepter des Reiches Christi, unter der von Christo JEsu selbst geordneten Macht
des Predigamts, des Binde- und Löse-Schlüssels, und also von dero Seel-Sorgern,
die es treulich mit ihrer Seeligkeit meinen, für unwürdigen Gebrauch des heil.
Abendmahls so wohl als dero Unterthanen zu warnen, und zu bewahren seyn, und da
wir dieses gethan, so haben wir wieder Ihro Durchl. Oberbischöfliches Amt und
hohen Respect keines weges handeln können, weil wir dißfalls nichts nicht als
Diener einiges Menschen, sondern Christi
|| [254]
und GOttes
und als Haußhalter über seine Geheimnüs zu halten sind 1. Cor. 4. vid. Beylage
sub lit. H. Was hier abermahl von den Bann repetiret wird, ist schon
beantwortet, und wird aus dieser Schrifft und denen Beylagen sich ausfindig
machen; daß und was für ein Unterscheid zwischen Binden und Bann thun sey.
(Auf das Neunte gravamen wegen des aus vorigen deducirten
strafbaren Verbrechens, und gegebenen Aergernüsses.)
Ad 9) Da in nechstvorhergehenden das erste membrum dieses gravaminis allbereit
beantwortet, setzet man dem andern von dem uns vermeyntlich imputirten Aergernüs
des heiligen Bernhardi Worte billich entgegen in Cant. 2. Cum corripiuntur
vitia, & inde scandalum oritur, ipse sibi scandali causa est, qui fecit,
quod argui debeat, non ille, qui arguit, & S. Chrysostomus ostendit
pluribus Homiliis in 1. Tim. p. m. 510. non a correptione sed ejus omissione
oriri scandalum. Wie nun aus obigen ein unpartheyischer zur Genüge erkennen
wird, daß wir nichts wieder die Pflicht, damit wir zuförderst als Prediger GOtt
dem HErrn, dem nechst der hohen Obrigkeit als Unterthanen und Diener verwandt
sind, gehandelt haben. Also wollen wir nochmahln um alles das, was den 11. Dec.
allbereits gebeten und ad protocollum recessiret ist, wie es am kräfftigsten und
bündigsten geschehen mag, gebethen und nobile Illustrissimi Judicii officium
imploriret haben, die wir verharren etc.
(Erinnerung wegen der opponirten
exceptionis Spolii.)
§. XXX. Nun überlasse ich billich dem unpartheyischen Leser was er von dieser
Antwort der Prediger zu judiciren gemeinet sey. Und will meines Orts nur noch
dieses erinnern, warum ich hin und wieder etliche Worte, sonderlich bald
Anfangs, ausgelassen und mit einem etc. bezeichnet, weil nehmlch darinnen
etlicher Personen nahmentlich gedacht worden, die ich wegen vieler Ursachen zu
melden Bedencken getragen, auch ohne dem derer Benennung zur Hauptsache wenig
oder nichts beyträget. (Gedancken über des Salomons
Absetzung des Abjathars.) Hiernächst wird mir
doch erlaubet seyn, meine wenige Gedancken wegen der Beantwortung des 7.
gravaminis von der opponirten exceptione spolii kurtz und unmaßgeblich zu
entdecken. Ich wolte was drum geben, daß die Prediger das Gleichniß oder die
instanz mit unsern HErrn GOtt weggelassen und nicht mit so grosser
Scheinheiligkeit vorgebracht hätten, indem es sich gantz und gar nicht hieher
reumet, es wäre denn, daß sie behaupten wollen, daß ein Mensch dem allerhöchsten
GOtt exceptionem spolii zu opponiren befugt sey, welche Gotteslästerung ich
ihnen doch nicht zutraue. Ich halte in übrigen meines Orts dafür, daß die von
ihnen in gegenwärtigen casu opponirte exceptio spolii eins von denen grösten
Verbrechen sey, das sie in dieser affaire begangen. Aus dem jure Canonico mit
ihnen zu disputiren, achte ich
|| [255]
gantz unnöthig zu
seyn, sondern ich wünschte, daß, da sie ohnedem sonsten gewohnet gewesen, ihrer
Sache aus denen Exempeln der Jüdischen Republique ein Färbgen anzustreichen; sie
das Jus Canonicum hätten fahren lassen, und vielmehr auf das Exempel des
Abjathars einige Reflexion gemacht hätten. Zu diesen sprach der König Salomon:
Er solte auf seinen Acker gehen, denn er sey ein Mann des Todes, und verstieß
also den Abjathar, daß er nicht muste Priester des HErren seyn. 1. Reg. II, 26.
27. Es war ein grosses Glück für den König Salomon, daß damahls kein Jus
Canonicum bey denen Jüden im Gebrauch war, und ich glaube, es würde Abjathar ein
grosses von seinen Vermögen darum gegeben haben, wenn er das Jus Canonicum, den
Dedekennum, die Consilia Wittenbergensia, den Dunte, Taylor, absonderlich aber
des Königs Casus conscientiae bey der Hand gehabt, und daraus dem König Salomon
hätte opponiren können, daß er wider einen Priester neque auditum, neque
convictum nicht ab executione anfangen könnte, daß ihm exceptio Spolii zu
statten käme, daß er ihm zulassen müste, seine Nothdurfft schrifftlich &
cum allegatis legum & Doctorum einzubringen, und daß, wenn er genungsam
gehöret worden, die Acta an eine unpartheyische und von ihm nicht eximirte
Theologische Facultät verschicket werden müsten, weil es eine Materia pure
Theologica wäre &c. Ich überlasse hierbey denenjenigen Theologis, die da
statuiren, daß damahls zu Abel eine mit 4. Facultäten besetzte Universität
floriret hätte, die Sorge, wie sie einen einfältigen Leyen das Dubium zu
benehmen sich getrauen, wie es doch immermehr möglich gewesen, daß Abjathar
nicht zum wenigsten von dem König Salomo praetendiret, daß er erst von der
Theologischen Facultät zu Abel ein Responsum über seine Person einhohlen lassen
solte. u. d. g. Zum wenigsten giebt dieses ein sonderbahres Nachdencken, daß, da
der sonst sehr scharffsinnige Schuppius in seinen Regenten-Spiegel nicht leicht
eine Gelegenheit unterlässet, der Priester ihre Jura zu vertheydigen, und der
Obrigkeit ihre Pflicht einzuschärffen, er dennoch in seinen Anmerckungen über
besagtes andre Capitel des ersten Buchs der Könige dieser Absetzung des
Abjathars nicht mit einem Worte erwehnet, sondern dieselbe mit einem gäntzlichen
Stillschweigen übergangen habe.
§. XXXI. Ich muß mich aber wieder zu der von denen Predigern(Ungleiche Relation von dem
denen Predigern hierauf) aufgesetzten specie facti wenden, zumahlen da
selbige von ihnen an viele ihnen gleichgesinnete Freunde geschickt worden, und
also vermuthlich noch in vieler Menschen Händen ist. Sie beklagen sich darknnen,
daß der Herr Praeses ihre Schrifft zu sich genommen, selbige extrajudicialiter
erbrochen, durchlesen, und nachdem er sie einem andern Ministro deputato
überrei
|| [256]
chet, (zugeschickten Decreto remotionis.) sie auch
denen übrigen Herren Assessoribus zuschicken, sey er geschwinde ad Serenissimum
nach S. gefahren, allwo der neue Confessionarius auch gewesen, und da wäre noch
selbigen Tages denen beyden Predigern, durch den Gerichts-Pedellen ein Decretum
remotionis zu S. datiret, insinuiret worden, ehe noch jemand von denen übrigen
Herren Deputatis der Prediger Defensions-Schrifft gelesen, wielweniger sein
Votum darüber gegeben hätte. Nach der Remotion aber und nach der Introduction
der neuen Prediger und also erst post festum, wären dennoch die Acta und
Rescripta an alle Membra judicii Ecclesiastici, auch an die Excipirten ergangen,
ihre Vota über die vorher unerhört, und unüberführt und dennoch abgesetzte
Hof-Prediger, einzuschicken.
(Als welches nur ein Decretum
dimissionis war.)
§. XXXII. Nun ist kein Zweiffel, daß diese Relation bey vielen auch sonst
unpartheyischen Lesern allerhand nachtheilige Gedancken erwecket habe; Aber
gleich wie es sonst heisset, quod minima facti circumstantia jus variet; Also
werden auch verhoffentlich alle dergleichen Gedancken wegfallen, wenn ich den
wahren Inhalt des Fürstl. Decreti, wie mir dasselbige von meinen damahligen
Herrn Correspondenten eröffnet worden, kürtzlich beysetze. Nemlich, daß, weil
ihre Fürstl. Durchl. nöthig befunden, bey ihrer Schloß-Capelle einige
Veränderung zu treffen, so hätten sie ihnen solches hiemit notificiren, und
ihnen ihre Dimission ertheilen wollen. So viel aber ihr bißheriges übeles
Verfahren beträffe, würde das hiezu verordnete geistliche Gerichte fernere
Verfügung thun. Denn die Dimission derer Prediger war S. Durchl. auch ohne
rechtliche Erkäntnüß zu thun ohnedem befugt, und darzu war auch die angeordnete
Commission nicht destinirt per dicta §. XIX. & XX. Eine andre und von
der vorigen gantz unterschiedene Frage aber war, wie die Prediger wegen ihres
bißherigen üblen Verfahrens anzusehen wären, und diese gehörete eigentlich für
die Commission, und konte also auch nach der Dimission der Prediger von selbiger
decidiret werden.
(Ungleiche Relation von der Predigt
des bisherigen Confessionarii.)
§. XXXIII. Eben so ist es auch mit der Einsetzung der neuen Prediger beschaffen.
Die gegenseitige facti species beschreibet solche abermahls sehr partheyisch.
Nemlich es wären den folgenden Sonntag drauf zwey neue Hof-Diaconi von
offterwehnten Abt der Schloß-Gemeine vorgestellet worden, und wäre dessen
Introductions-Sermon voller ärgerlichen Expressionen wider die vorigen Prediger,
und voller Unwahrheit und dem Straf-Amt des H. Geistes höchst nachtheiligen
Hypothesibus angefüllet gewesen, nur dadurch diese illegale (wie sie schreiben)
remotion vor der dadurch höchstgeärgerten Hof-Gemeine zu justificiren. Weil aber
diese Feigenblätter
|| [257]
die allzuöffentliche Blösse nicht
decken wollen, sondern jederman in der Stadt über diesen unerhörten Modum
procedendi wie nicht weniger über seine Unbeständigkeit erschrocken, indem sein
vor zweyen Jahren in seinen Predigten geführter Jahrgang contra Papatum mit
seinen nunmehrigen Responso & hypothesibus gantz nicht überein stimmet;
So sey er in seiner Kirchen auf den drauf folgenden Neuen Jahrs-Tag wieder
aufgetreten, und hätte das bisher passirte mit grosser Bemühung defendiret,
beyde vorige Hof-Prediger beschuldiget, daß sie hätten Rebellion anrichten, und
die Unterthanen in ihrer Devotion irre machen wollen; dadurch wären sie nun ein
Fluch und Scheusaal der Stadt, des Landes und der gantzen Welt worden. Darauf
hätte er auch die Pastores an denen übrigen Kirchen acerrime perstringiret, daß
dieselbe wider ihn und diese Sache bißhero mit Unverstand ja Gotteslästerlich
geeyffert hätten, da doch vielmehr er der Abt von denen Predigten des Pastoris
zu S. Trinitatis nahmentlich und Gotteslästerlich geredet hätte. In Summa Er
habe so hefftig und unchristlich excedirt, daß auch Princeps deßhalb bewogen
worden, dergleichen ferneres Unternehmen durch eine scharffe Verordnung sub dato
d. 4. Januarii 1706. Inhalt zu thun.
§. XXXIV. Nun will ich zwar den Abt keinesweges in allen(Gegen welche eine anderwärtige Relation vorgestellet wird, so wohl von dessen gehaltener
Predigt.) seinem Thun und Lassen vertheydigen; noch die von seinen
Predigten angeführte Umstände insgesammt verneinen: Daß aber die zwey
dimittirten Prediger dieselbe ihren Gebrauch nach nicht alle gemeldet, und die
Excesse derer Leute von ihrer Parthey verschwiegen, wird nunmehro dasjenige
zeigen, was mir damahls von meinen Herrn Correspondenten gemeldet worden. Daß
den 20. December Serenissimus in der Schloß-Kirche zwey neue Diaconos durch den
Abt introduciren lassen, welcher dieselben bey der Introduction treflich
vermahnet und angewiesen, wie sie sich in ihrem Amte verhalten solten: nemlich
daß sie müsten ihr Amt nach der heiligen Schrifft und der Kirchen-Ordnung
verrichten, wieder selbige nichts begehen, die Gradus admonitionis fleißig in
acht nehmen, allenfalls dem Consistorio die Sache vermelden, und nicht nach
ihren eigenen Kopffe verfahren. Es meinte wohl mancher, er könne frey und ohne
Bedencken dasjenige thun, was Moses, Christus, die Propheten und Apostel gethan
hätten; Allein das gienge nicht an; denn die Propheten und Apostel hätten
vocationem DEI immediatam gehabt, sie aber nicht. Und was würde daraus werden,
wenn man die Sünder mit der Peitsche aus der
|| [258]
Kirche
jagen wolte, wie Christus gethan, oder eine Tauffe einführen, wie Johannes, oder
einen Sünder gleich tödten und durchstechen, wie Moses und Paulus gethan? Darum
hiesse es, facta heroica non esse imitanda, sed admiranda: ferner hätten sie die
neuen Prediger Serenissimum als ihren Obristen Bischoff zu veneriren, und den
ihm schuldigen Respect zu geben, damit ihnen nicht widerfahren dürffte, was vor
wenig Tagen geschehen. Er müsse aber auch hierbey nomine & jussu
Serenissimi tanquam Summi Episcopi anzeigen, daß selbe nicht gemeinet, Ihnen ihr
Straf-Amt zu nehmen, zu verringern, oder zu verwehren, gegen die papistische und
andere irrige Religionen zu predigen, vielweniger befugt seyn solten, denen
Leuten Polster unter zu legen: Sondern sie könten und solten ihr Straf-Amt
gebührend brauchen, es müste aber geschehen cum prudentia justorum, oder in der
Klugheit der Gerechten. In übrigen aber mochte der Abt wohl freylich auf die
Ungezogenheit und Ungeschlachtheit auch Scheinheiligkeit vieler Geistlichen
geredet haben, weil mir zugleich berichtet wurde, daß wenn ein Politicus sich
unterstehen wolte, dergleichen verdrießliche Wahrheiten zu sagen, er
vermuthlich, wo nicht gar für einen Atheisten, jedoch für einen formalen Ketzer
nach denen Principiis Consiliorum Dedekenni &c. würde ausgeruffen
werden.
(Als auch von der Predigt seines Adersarii.)
§. XXXV. Was ferner von dem Abt und dessen Excessen gegen andre Priester §. 33.
aus der specie facti gemeldet worden, bekömmt gleichfalls ein gantz ander
Ansehen, wenn man auch der andern Parthey Excesse dagegen hält, mit denen es, so
viel das vornehmste betrifft, diese Bewandnüß hat. Ein gewisser Prediger, der
mit dem Hof-Prediger nahe befreundet war, hatte am andern Weyhnachts Feyertage
occasione des Evangelii von Stephano geprediget, man steinige zwar an ihren Ort
die Prediger nicht; allein man jage sie ungehört, und ungeurtheilt davon. Er
wisse zwar wohl, daß dieses was er sage vielen nicht recht seyn werde, und daß
er deßhalb vor das Consistorium würde gefordert werden; Aber sein Gewissen
(zumahlen da selbiges sich versichert hielte, daß es sich auff geheime Brachia
secularia verlassen könnte) obligire ihn, es zu sagen. Eben derselbe hatte in
der Predigt gesagt: Wenn er gleich das gantze Jahr das wahre Lutherthum und
falsche Pabstthum (wie der Abt gethan) seinen Zuhörern vorpredigte, und hernach
auf ein andermahl sagte, daß seine Zuhörer auf gewisse Bedingungen könten
Catholisch werden, so hätten sie seinen ersten Predigten nicht zu glauben. Da
nun dem Abt dieses sehr nahe gangen, ist er
|| [259]
in 14.
Tagen drauff auf die Cantzrl kommen, hat sich sehr beklaget, daß man ihm Schuld
gäbe, als wolte er Catholisch werden, wie denn solches obgedachter Prediger,
(den er mit Nahmen genennet,) in einer offentlichen Predigt gesaget hätte, hat
darauf seine confessionem fidei her recitiret, und sehr beweglich dabey
geweinet. Der andre hatte drauf des Nachmittags in seiner Kirche contra gesagt.
Seine Zuhörer möchten sich nicht dran kehren, wenn gleich einer oder der andre
bey dem, was er vorgäbe, bitterlich weinete. Das wären öffters Crocodils
Thränen. An ihren Früchten müste man sie erkennen: Welches denn freylich
Serenissimum veranlasset, daß er allen und jeden Predigern andeuten lassen, daß
keiner gegen den andern sich anzüglich erzeigen solle, oder er solle so fort ab
officio suspendirt und dann cassiret werden. Welches Decret wie es an sich
selbst höchst vernünfftig und dergestalt billig ist, daß auch der Prediger ihre
species facti besage §. 33. in fine nichts dabey zu erinnern gefunden; Also mag
nunmehro ein unpartheyischer Leser urtheilen, welche Parthey eigentlich zu
Abfassung desselbigen Ursache gegeben.
§. XXXVI. Wie diese Sache endlich abgelauffen, davon kan(Ende dieses Handels.) ich keine völlige Nachricht
geben, sondern nur dieses berichten, daß Seine Durchl. bey Anfang des 1706.
Jahrs denen 12. Membris der offtgedachten Commission andeuten lassen, daß Sie
Ihre Vota in der beyden dimittirten Prediger Sache mit ehesten einschicken
solten, welches dann bey einem und dem andern ein nachdencklich Achselzucken
verursacht, wie wohl mir ein guter Freund dabey berichtet, er glaube festiglich,
daß denen beyden Predigern wegen ihres Unfugs deßfalls nichts weiter
wiederfahren dürffte. Nun finde ich zwar in meiner damahligen Correspondentz,
daß die beyden Prediger auff den 23. Februarii ad audiendam sententiam wären
citiret worden; wie aber dieselbige gelautet, kan ich nicht melden, weil meine
schrifftliche Correspondentz wegen dieser Sache nicht ferner continuiret worden,
auch die species facti der beyden Prediger biß dahin sich nicht erstrecket. Was
mir aber für mündliche Nachricht davon ertheilet wurde, kan ich gleichfalls
nicht berichten, indem ich dieselbe nicht aufnotiret, und längst vergessen. So
viel weiß ich mich wohl zu entsinnen, daß beyde dimittirten Prediger, und wo mir
recht ist, auch der dritte, dessen in §. praeced. gedacht worden, kurtz darauff
anderwärtige Vocationes ausser Landes erhalten. Anjetzo dürfften wohl wenig von
denen bey
|| [260]
dieser Affaire interessirten Haupt
Personen, wie auch von denen deputirten Herren Commissariis mehr am Leben seyn.
(Erläuterung dieses Handels durch unterschiedene andere Responsa.)
§. XXXVII. Dieses eintzige will ich noch zum Beschluß dieses Handels anmercken,
daß gleich wie daraus gnungsam abzunehmen, was massen Anno 1705. so wohl
Theologi als Politici noch von denen in denen offt allegirten Consiliis
Theologicis propagirten reliquien des politischen Pabstthums und juris Canonici
eingenommen waren; Also Zeithero dieselbe bey denen Lutherischen Facultäten nach
und nach immer mehr und mehr abzunehmen pflegen. Denn da für etlichen Jahren der
Onolzbachische General-Superintendens und Ober-Hoffprediger durch eben solche
Papentzende Principia sich verleiten lassen, der gnädigen Erlassung von seinen
Beicht-Vater Amt sich zuwieder setzen, trotziger weise die Ursachen derselben zu
begehren, und auf eine aus fremden Theologis bestehende Commission zu dringen;
ist er dadurch immer weiter und weiter verführet worden, daß er sich selbst
muthwilliger weise in das gröste Elend gestürtzt, wie solches die in vorigen
Jahr deßhalb publicirte gründliche Nachricht mit mehrern-besagt, in welcher
zugleich zu befinden, daß nicht allein Unsere, sondern auch die Jenische so wohl
Theologische als Juristische Facultät, ingleichen die Helmstädtische
Theologische Facultät nach Anleitung des in besagter Nachricht p. 14. seq.
befindlichen Registers mit mehrern ausgeführet, daß ein Evangelischer
Lutherischer Reichs-Fürst seinen Beicht-Vater eigenen Gefallens mit oder ohne
Anzeigung derer Ursachen ändern könne, dabey zugleich mit deduciret worden, daß
deßfalls zwischen einen Evangelischen Reichs-Fürsten, und gemeinen Parochiano
ein grosser Unterscheid zu machen sey; ingleichen was so wohl ein Evangelischer
Reichs-Fürst als der unter seiner Jurisdiction stehende Geistliche bey des
letztern Remotion zu beobachten habe? item welcher massen einen Geistlichen
zukomme das Straff-Amt zu üben, und wie weit die weltliche Obrigkeit hierinnen
Einhalt thun könne? Ferner: wie weit der weltlichen Obrigkeit Jurisdiction über
die Diener des göttlichen Worts, so wohl, wenn sie einer Gemeine vorgestellet,
als in der Obrigkeit special Diensten sind, sich erstrecke? Wie weit die
Praesumtio pro probitate Ministrorum Ecclesiae reiche? Ja wie ferne die
Handlungen der Apostel sich auf die heutigen Kirchendiener appliciren lassen?
und endlich: Wie weit die Beschimpffung, so denen Kirchendienern wiederfähret,
die Ehre GOttes verletze? Wenn nun ja wegen des, was in dem andern und dritten
Handel bißhero angeführet worden, bey ei
|| [261]
nen und
den andern noch etwa einige dubia übrig bleiben solten, zweiffle ich nicht, es
werden selbige durch die d. p. 14. & 15. allegirten loca zimlich
gehoben, und besagte bißherige assertiones mercklich erleutert werden.
§. I.
DIe bißherigen drey ersten Händel sind etwas weitläufftig gerathen,(Voranmerckung.) und erfordern dannenhero eine
Abwechselung mit kürtzern. Es fällt mir hierbey gleich ein Responsum unter die
Hände, da ich albereit Anno 1693. über drey Fragen einen Codicill betreffend
consuliret worden. Denn ob ich gleich zu keiner Arbeit von Natur weniger
Belieben trage als zu allegationibus legum & Dd. oder zu mühsamer Weise
zusammen gesuchten, oder quasi per pennae vomitum hingeschmierten rationibus; so
würde ich doch davon keinen Mangel gehabt haben, auch extra Facultäten Arbeit
genung zu bekommen; wann ich solches nicht bey zeiten depreciret hätte, oder
noch deprecirte. (Conf. des II. Theils III. Handel §. 6. p. 116.) Es ist zwar
ein ehrliches Stücke Geld bey denen Responsis privatis zu verdienen. Aber was
Geld? Das Geld bleibt in der Welt. Und es ist keinen gelehrten Mann kein
grösserer Verdruß, als wenn er eine Arbeit thun muß, davon er nach seinen
Naturell einen Eckel hat. Sed haec transeant. Das Responsum davon ich schreibe
war von mir in October Anno 1693. allhier in Halle verfertiget worden, und weils
eben keine weitleufftige oder verwirrete Umstände betrifft, will ich selbiges
ohne fernern Umgang und Beschluß hieher setzen.
§. II. Als mir des Weyland Hochgebohrnen Herrn Haro Burchard(Das Responsum selbst.)
Freyherrn zu Gödens etc. letzter Wille in einen geschriebenen Testament und
dabey befindlichen Codicill nebst dreyen unterschiedenen Fragen, zugesendet und
meine rechtliche Meinung darüber begehret worden, demnach spreche ich nach
fleißiger Verlesung und Erwegung desselben vor recht.
Hat Hochgedachter Herr Baron zu Gödens Anno 1682. ein(
Species facti.
) solenne Testament in Gegenwart acht Zeugen zu Embden in Ostfrieß
|| [262]
land verfertiget und darinnen unter andern
alle seine Mobilia und Moventia seiner Frau Schwester Frauen Julianen
Catharinen, verwittibten Freyfrauen von Büren, doch dergestalt legiret, daß Sie
dieselbe nur Zeit ihres Wittwenstandes und Lebens, aufs beste nutzen, nach ihrer
Verheyrathung oder Todt aber auf die Besitzer der Herrschafft Gödens etc. als
perpetuum fideicommissum transferiren, auch kein
Besitzer dieser Mobilien die Sachen quae servando servari possunt, alieniren
solle, zu dem Ende Er denn auch anbefohlen, daß alsobald nach seinen Absterben
drey gleichlautende förmliche Inventaria aufgerichtet,
und davon eines dem einen Herrn Bruder Frantz Heinrich, das andre der Frau von
Büren selbst, das dritte der andren Frau Schwester Frauen Hedwig Orianen
verheyratheten Frey-Frau von Knyphausen eingehändiget werden solte. Hat ferner
der Herr Testator Anno 1686. in Hamburg auf obgedachtes Testaments Rücken von
aussen folgendes Codocill zwar eigenhändig aber ohne
Zeugen geschrieben und unterschrieben, worinnen er verordnet: daß, ob er wohl in
dem Testament von allen seinen Mobilien und Moventien auf gewisse Weise und
Masse disponiret, er dennoch aus erheblichen Ursachen alle seine bey seinen
tödtlichen Abgang verhandene Barschafften, Mobilien und Moventien erwehnter Frau
von Büren Erb- und Eigenthümlich ohne limitation oder
restitution legiret und vermachet haben wolle;
jedoch obgedachte seine Frau Schwester ersuchende, und vermöge ihm jeder Zeit
zugetragenen Affection inständig bittende, solche Barschafften Mobilien und
Moventien hinwiederum an den künfftigen Successoren, absonderlich aber an seines
Herrn Bruders Frantz Heinrich ältesten Sohn zu verlassen, massen er gar nicht
zweiffele, es werde sein obgedachter Herr Bruder und die Seinigen sie, seine
Frau Schwester, dergestalt begegnen, daß sie solches zu thun Ursache habe. Und
solle dieses dergestalt bündig und kräfftig seyn, als wenn es von Wort zu Wort
obgesetzten seinem Testament inseriret wäre.
(I. Frage von der Gültigkeit des Codicills.)
Weßhalb zu erst diese Frage entstehet? Ob das in dorso
testamenti geschriebene Codicill absque signatura
Testium de jure bestehen könne oder nicht: Ob nun wohl wieder dieses
Codicill angeführet werden möchte, daß zu einen jeden letzten Willen zum
wenigsten fünff Zeugen erfordert werden, l. ult. §. ult. C.
de Codicill. und die Doctores einhellig diese disposition auch de
codicillis verstehen, wannenhero dem ersten Ansehen nach obberührtes Codicill
als zu recht unbeständig in Ermangelung der Zeugen scheinen möchte. Dieweil aber
|| [263]
dennoch auch die Doctores darinnen einig, daß
zweyerley Codicillen seyn, ab intestato, & testamento confirmati. Dd.
communiter ad Instit. Pand. & C. de Codicillis
& corum Jure, und bewehrter Rechtslehrer Meynung nach die
Dispositio l. ult. §. ult. C. de Codicillis nur de
Codicillis ab intestato factis zu verstehen ist, nicht aber de Codicillis
testamento confirmatis, ut quibus sustinendis sufficit ipsius testamenti
sollennitas arg. l. 77. de hered. instit. l. 10. de condit.
instit. Vinnius in notis ad §. ult. Instit. de
Codicillis & tales Codicilli vires capiunt ex testamento ab
eoque pendent l. 3. §. ult. l. 7. pr. & §. 1. ff. de
jure Codicill. und diese Meynung auch so weit in der gesunden Vernunfft
gegründet ist, weil bey denen Codicillis ab intestato zum öfftern ein Testator
einen Aufsatz eigenhändig verfertiget, aber solchen hernach zu vollziehen
anstehet, und man also nach seinen Todt, wenn nicht die solennitas der Zeugen
dabey in acht genommen worden, nicht wissen mag, ob solches sein neuster Wille
gewesen sey oder nicht, welches alles in denen Codicillis testamento confirmatis
nicht zu befahren, obgedachter des Herrn Barons von Gödens Codicill aber
allerdings pro Codicillo testamento confirmato gehalten werden muß, in Betracht
er selbiges in testamenti dorso geschrieben, und also gleichsam zum parte
testamenti gemacht, auch diese Art derjenigen nicht ungleich ist, wenn bey denen
Römern etwas in, ima cera geschrieben worden, de quo modo
vide §. 3. & ibi Dd. Inst. de pupill. substit. hiernächst der
Herr Baron in dem Testament selbsten §. 12. in fine verbis: mit Vorbehalt des
hiervon an einen oder andern von mir nachgehends vermachten Legaten, Ususfructus und Verordnungen ad pias causas, die künfftigen Codicillos ausdrücklich
confirmiret hat, dergleichen Confirmation denen Rechten gemäß per l. 6. §. 2. l. 8. in pr. de Jure Codicill. l. ult. de fideicom.
libert. So ist auch obgedachtes Codicill ohnerachtet kein Zeuge dasselbe
unterschrieben, allerdings vor zu recht beständig erhalten.
Auf die andre Frage: Ob die Frey-Frau von Büren ein Inventarium(II. Frage: Von Edirung eines
Inventarii.) dessen, was sie von ihren verstorbenen Herrn Bruder in
besagten Codicill bekommen, zu ediren schuldig sey oder nicht: spreche ich vor Recht. Ob wohl der Herr
Testator in dem Testament verordnet, daß nach seinem Todte von seinen der Frau
von Büren vermachten Mobilien ein dreyfaches Inventarium aufgerichtet werden
solte, auch dieses in dem Codicill mit ausdrücklichen Worten ihr nicht erlassen,
vielmehr daselbst angehenget, daß in übrigen dem Testa
|| [264]
ment nichts derogiret sondern er
alles vest und unverbrüchlich observiret und executiret haben wolle; Dieweil aber dennoch besagte
Verordnung de consectione inventarii mit ausdrücklichen Worten in favorem derer
geschehen, denen die Frau von Büren nach ihren Tode oder Verheyrathung diese
mobilia per fideicommissum restituiren sollen, dieses Onus fideicommissi aber in
dem Codicill durch die Worte: eigenthümlich, ohne Limitation oder Restitution, offenbahrlich
aufgehoben worden; auch obschon in dem Codicill die Frau legataria gebeten
worden, besagte Mobilia dem Herrn Baron Frantz Henrich und dessen Herrn Sohn zu
überlassen, und dergleichen Worte sonst Zweiffels frey ad verba sideicommissi zu
referiren wären, dennoch nicht alleine das vorhergehende, daß er ihr die
Mobilien ohne Restitution legire, als auch, daß er verhoffe man werde sich gegen
sie so verhalten, daß sie NB. solches zu thun Ursache
habe, gar deutlich bezeugen, daß der Seelige Herr Testator sie anders nicht als
verba simplicis commendationis gebrauchen wollen, und
dergleichen zu thun in keinen Rechten irgends verboten ist, bey dieser Bewandnüß
aber die in Codicill angehengte Clausul de valore reliquorum in testamento
hieher nicht gezogen werden mag, zumahl nunmehro niemand weiter einen Anspruch
und Interesse an diese Mobilia hat, & exceptio tua non interest opponi
potest cuilibet agenti, ferner da etwan, der Herr Paron Frantz Heinrich von
Gödens oder dessen Herr Sohn dieses Inventarium von der Frau von Bürens fordern
wolten, sich dieselbe nicht unbillig zu befahren haben würden, daß sie dadurch
der Frau von Büren solchergestalt begegneten, daß die Condition der
Recommendation unter welche der Herr Testator sie recommendiret, wegfiele; So
erscheinet daraus allenthalben so viel: daß die Frey-Frau von Büren ein
Inventarium dessen was sie in dem Codicill erhalten zu ediren nicht schuldig
sey.
(III. Frage: Ob von dem Legato testiret werden könne?)
Auf die dritte und letzte Frage. Ob und wie weit die Frau von Büren von diesem
Legato inter fratrem & sororem und derer beyden liberis & sic
inter heredes ab intestato testiren könne? spreche ich vor Recht. Obgleich wenn
das Testament durch das Codicill nicht geändert worden, solches in diesen Fall
klare masse giebt, wer die Mobilia nach ihren Todte haben solle; auch wenn die
dem Codicill beygefügte Recommendation pro fideicommisso zu achten wäre,
gleichergestalt aus demselben diese Frage beantwortet werden müste: Dieweil aber
|| [265]
dennoch, als bey der andern Frage gemeldet, die
Mobilia in dem Codicill ihr pure und ohne einig fideicommiss legiret worden; und
in dergleichen Fällen, einem Legatario frey stehet de rebus legatis so wohl
inter vivos als per ultimam voluntatem zu disponiren. So mag auch die Frey-Frau
von Büren nach Belieben mit denen durch das Codicill erhaltenen Mobilien
schalten und walten, dieselbe bey Leben verschencken und verkauffen, auch in
ultima voluntate solche an ihre Anverwandte oder Fremde und extraneos vermachen;
Sie wolte denn aus Liebe denen in Codicillo recommendirten Personen hierinnen
einen Vorzug gönnen, oder wären sonst andere pacta familiae vorhanden, die ihr
dißfalls was hierinnen zu thun wäre, auf andere Weise vorschrieben. Alles von
Rechts wegen. Zu Uhrkund mit Unterschrifft meines Nahmens und Unterdruckung
meines gewöhnlichen Petschaffts bekräfftiget.
§. I.
DIe Partheyen, die Responsa einhohlen wollen, thun meines Erachtens(Vor-Erinnerung.) viel klüger, wenn sie kurtze nnd
deutliche Rationes begehren, als wenn sie selbige mit vielen Allegatis und
anderen unnöthigen Weitläufftigkeiten spicken lassen. Solchergestalt wurde von
mir in Anfang des 1694. Jahres in Februario begehret, ein kurtzes Responsum über
fünf Fragen zu urtheilen: Ja die Quaerentes hatten auch dergleichen bey dem
Seeligen Herrn Geheimden Rath Stryken gethan, wie ich von ihm nachhero erfahren.
Und wird dannenhero dem Leser nicht verdrießlich seyn, wenn ich beyde Responsa
hier beyfüge. Und ob wohl das Responsum Strykianum etliche Tage eher als das
Meinige verfertiget worden, so erfodert doch die Deutlichkeit, daß ich das
Meinige zu erst communicire, weil in dem Strykiano gar keine Species Facti
praemittiret ist.
§. II. Als mir fünf unterschiedene Fragen nebst etlichen Beylagen(Mein Responsum.)
zugesendet, und meine rechtliche Meynung darauf kürtzlich zu thun begehret
worden; Demnach erachte ich darauf vor Recht. Hat Johann Eide Faust in einem
Testament seiner Tochter Sohn Johann Fausten
|| [266]
zum
Erben eingesetzet, und wenn derselbe ohne eheliche Leibes-Erben versterben
solte, ihme seines, des Testatoris, Bruders Anverwandten substituiret. (Species facti.) Hat
besagter Johann Faust nebst seinen Vormündern nach des Testatoris Tode sich mit
denen übrigen Erben in gewissen Puncten verglichen, und fordern nunmehro nach
besagtes Johann Fausts Todte die ihme substituirten dessen Erbschafft von dessen
hinterlassenen Halb-Bruder, welcher aber diese geschehene Substitution
impugniret, oder, da dieselbige ja in vim fideicommissi resolviret werden solte,
Johann Fausts materna & paterna & ex haereditate aviae percepta
atque post mortem testatoris de novo acquisita von der Erbschafft zu separiren,
auch von der übrigen massa duplicem quartam praetendiren, (I. Frage.) und entstehet dannenhero die erste
Frage: Ob Johann Eide Fausts Testament nicht auf ein Fideicommissum gezogen werden könne: Auf welche allerdings mit Ja zu
antworten, weil in dem Testament §. und dieses soll also etc. die Clausula
codicillaris ausdrücklich (II. Frage.) enthalten.
Auf die II. Frage: Ob Johann Faust quartam Trebellianicam
deduciren könne: erachte ich vor Recht. Ob wohl wieder ihn angeführet
wird, daß er kein beständiges Inventarium gehabt, auch solches aus dem Anfang
des Vergleichs ausdrücklich verstanden worden, über dieses auch er die
Erbschafft gezwungen restituiret. Dieweil aber dennoch dieses letzte gar keine
Rationem dubitandi machen kan; so viel aber das erste betrifft, wohl zu
consideriren, daß im besagten Vergleich von des Testatoris Bruder dem Heredi
Johann Fausten und dessen Vormündern dieser Neglectus mit erlassen worden;
anderer Umstände, und absonderlich desjenigen, daß zuforderst dahin zusehen, ob
nicht an dem Loco quaestionis per juratam specificationem der Defectus neglecti
Inventarii suppliret zu werden pflege, anitzo zugeschweigen; So möchte auch
Johann Faustens Trebellianicam zu deduciren (III.
Frage.) allerdings befuget seyn. Auf die III. Frage: Ob denn, wenn pars adversa Trebellianicam zöge, nicht zuförderst von
der gantzen massa bonorum die 51. Jück, so bereits der
fideicommissarius Krafft des Vergleichs in Händen
hat; wie nicht weniger die 51. Jück, so perpetuirlich
der studirenden Jugend beygeleget werden, welches aus
dem Contract gleichfalls erhellet, abzuziehen wären:
erachte ich vor Recht: Daß die Frage allerdings zu bejahen, weil von denen
Legatis ad pias causas so wenig als von demjenigen, was pro parte haereditatis
restituendae nicht geachtet werden kan, keine Tre
|| [267]
bellianica abzuziehen. Auf die IV. Frage: Ob pars
adversa, als(IV. Frage.) Johann
Faustens halb Bruder ultra Trebellianicam auch dotem, ja gar duplicem quartam
praetendiren könne: erachtet ich vor Recht: Ob wohl angeführet wird,
daß dieser Halb-Bruder den Testatorem Johann Eide Faust nicht mit einem
Bluts-Tropffen angehe; Dieweil aber dennoch Johann Faust also des Testatoris ex
filia nepos das Jus detractionis duplicis quartae gehabt, ingleichen aus dem
Testament, §. und ob wohl meine instituirten Erben etc.
zu sehen, daß der Testator Johann Fausts Mutter ihren dotem mit seiner
Verlassenschafft vermischet, solchergestalt aber Johann Faust in casu
restitutionis macht gehabt, die bona materna von der Großväterlichen
Verlassenschafft zu separiren, so hat er auch ratione utriusque dieses sein
Recht auf seinen(V. Frage.) Halb-Bruder jure
haereditario transferiret. Auf die V. und letzte Frage: Quando dies cedat, ob, wenn pars adversa
quartam ziehe, denn nicht vorhero die Schulden müsten abgezogen werden, als
welche Johann Faust, laut Contracts über sich zu
bezahlen genommen: erachte ich vor Recht, daß dieselbe mit Ja zu beantworten,
weil keine quarta deduciret werden kan, ehe man die Schulden davon abgezogen.
Halle 6. Februarii 1694.
§. III. Das Responsum des Herrn Strykii lautete also:(Responsum Strykii.) Demnach über solgende
5. Fragen, als 1. Ob Johann Eide Faustens Testament nicht könne auf ein
fideicommissum gezogen werden? 2. Ob haeres Trebellianicam deduciren könne (1)
da er kein beständiges Inventarium gemachet, (2) quia coactus restituit? 3.
Gesetzt, daß pars adversa Trebellianicam zöge, ob denn nicht zu förderst
abzuziehen von der gantzen Massa bonorum die 51. Jück, so der fideicommissarius
bereits in Händen hat, so auch die 51. Jück, so perpetuirlich der studirenden
Jugend beygeleget worden, wie aus dem Contract erhellet? 4. Ob pars adversa, als
nun des haeredis defuncti (qui erat testatoris ex filia nepos) sein Halb-Bruder,
der den Testatorem nicht mit einem Bluts-Troffen berühret, ultra Trebellianicam,
dotem, ja gar duplicem quartam praetendiren könne? 5. Quando dies cedat, daß ob
schon pars adversa quartam ziehe, ob denn nicht vorhero die Schulden müssen
abgezogen werden, als welche haeres laut Contracts über sich zu bezahlen
genommen? Meine Rechtliche Meinung mit wenig Worten zuertheilen verlanget
worden, so berichte hiermit auf die 1. Frage, daß
|| [268]
das
Testament und die darinnen geschehene substitutio allerdings propter annexam
clausulam codicillarem als ein fideicommissum bestehen könne. Auf die 2. Frage
vermelde: Daß ob non confectum Inventarium juxta communiorem Dd. sententiam die
Trebellianica verlohren werde; jedoch weil der institutus haeres annoch in
minorennitate verstorben, und das quadriennium petendae restitutionis noch nicht
vorbey, wird dessen nachgelassenen Erben ex persona defuncti die restitutio in
integrum zustatten kommen müssen. Die andere Ration aber, so bey dieser Frage
angeführet, quia coactus restituit, ist in Rechtten nicht gegründet, als
daselbst nicht die coacta restitutio, sondern die coacta haereditatis aditio die
amissionem Trebellianicae mit sich führet. Die 3. Frage betreffend ist zwar, so
viel dasjenige belanget, was ad Studia vermachet, ausser Zweiffel, daß davon
keine Trebellianica abgezogen werden könne, weil es ein Legatum ad pias causas
ist; was aber die übrigen 51. Jück, welche der fideicommissarius bereits in
Händen hat, betrifft, scheinet zwar, daß, weil solche aus der Erbschafft
herrühren, darauf in computanda quarta Trebellianica reflectiret werden müsse;
Weil aber dennoch der haeres fideicommissarius diese 51. Jück per modum
transactionis, & ita titulo oneroso per actum inter vivos an sich
gebracht; so können solche Aecker pro parte haereditatis restituen. dae ferner
nicht geachtet werden, sondern die Trebellianica ist von denen übrigen Gütern
allererst zu deduciren. Auf die 4. Frage bin ich der Meinung, daß obgleich der
Halb-Bruder respectu Testatoris pro extraneo zuachten, weil er aber dennoch des
verstorbenen haeres ab intestato ist, und gleich wohl der defunctus
fideicommisso gravatus facultatem detrahendi duplicem quartam denen in Foro
üblichen Rechten nach allerdings gehabt, so hat der Defunctus solches jus
detrahendi duplicem quartam auf solchen seinen Halb-Bruder transferiret, dotem
aber absonderlich zu fordern ist in Rechten nirgends gegründet. Die 5.
betreffend ist an sich gewiß, quod dies legitimae cedat a tempore mortis avi,
dies vero Trebellianicae a tempore purificati fideicommissi, nemlich bey
Absterben des Instituirten Erben. Sonsten aber kan weder legitima, noch
Trebellianica gerechnet werden, bevor die hinterlassenen Schulden von der Massa
haereditaria abgezogen. Halle den 1. Febr. 1694.
|| [269]
§. IV. Es wird unter obigen beyden Responsis keine grosse Differentz(Etliche Neben Erinnerungen.) vorkommen, ausser,
daß in responso ad quaestionem 2. nicht einerley ratio decidendi gebraucht
worden, und daß in quaest. 4. ratione dotis ich anderer Meinung gewesen. Davon
die Beurtheilung dem Leser überlassen wird. Sonst ist noch dieses ratione
methodi zu erinnern, daß ich nach Art derer Collegiorum Lipsiensium bey jeder
Frage auch alsbald die dahin gehörige Antwort angehängt. Mein Seeliger Herr
Antecessor aber war gewohnet die Fragen alle nach einander vorher zusammen
zusetzen, und nachhero erst die Beantwortung einer jeden Frage anzufügen. Nun
ist zwar methodus arbitraria, und ich halte nicht viel davon, wenn man ratione
methodi mit andern streitete, jedoch glaube ich auch, daß bey der ersten Methode
es dem Leser viel leichter ist, den Sinn und Meinung des Responsi zu
begreiffen.
VI. Handel. Grobe Brocken des politischen Pabstthums unter Evangelischen
Predigern in puncto der Ketzermacherey.
§. I.
VOn den groben Brocken des politischen Pabstthums in unseren(Vor-Erinnerung.) Kirchen überhaupt ist schon oben
in andern Handel ein mehrers erinnert worden. Was die Ketzermacherey in specie
betrifft, wurden Anno 1698. in dergleichen casibus zwey Responsa von mir
verlanget das eine betraff M. Johann George Bösen Diaconum zu Sorau, den der
Senior des Ministerii in der Herrschafft Sorau mit Gewalt zum Ketzer machen
wolte, welches Responsum ich auch in Monat December desselben Jahrs verfertiget,
und ist selbiges nebst andern zu des M. Bösens affaire gehörigen Responsis und
Schrifften schon anno 1700. in der Rengerischen Buchhandlung publiciret worden.
Das andere war schon vorher in April besagten Jahrs auf Bitte Herrn Schillings
eines damahligen Studiosi Theologiae aus Pöseneck ertheilet, und weil dasselbige
meines Wissens noch nicht gedruckt worden, will ich selbiges hier mittheilen,
zumahlen da dassel
|| [270]
be einen casum von einer so
brutalen Ketzermacherey betrifft; daß wenn GOtt die Evangelische Kirche wieder
die bißherigen Nachstellungen biß auf unsere Posterität ferner beschützt, und
derselben, wie bißher geschehen, die Erkäntnüß des politischen Pabstthums, immer
mehr und mehr wird zu erkennen geben, besagte unsere Posterität sich kaum wird
einbilden können, wie es doch damahlen nur möglich gewesen sey, daß unter, ich
will nicht sagen, gottseelig seyn wollenden, sondern nur unter vernünfftigen,
und zwar gelehrt vernünfftigen Lutheranern solche unvernünfftige Dinge unter dem
Schein des Christenthums und Beförderung Göttlicher Ehre vorgenommen worden.
(Das Responsum selbst.)
§. II. Ich will mich mit Erzehlung der hierbey vorkommenden Umstände zum voraus
nicht länger aufhalten, zumahl da selbige aus der der ersten Frage praemittirten
facti specie genungsam mögen abgenommen werden, auch sonsten das nunmehro
folgende Responsum selbst an sich ziemlich ausführlich noch hier und dar
derselben gedencket. (Eingang.) Als derselbe mir
eine weitläufftige Speciem Facti und Apologie, wie auch verschiedene Extracte
aus denen wieder dessen Vater, Johann Nicolaus Schillingen, einen Bortenwircker
zu Pöseneck, und dessen Bruder Johann George Schillingen, einen Bortenwircker
Gesellen, so wohl vor dem Rath zu besagten Pöseneck, als auch dem Herren
Superintendenten zu Saalfeld, ingleichen dem Consistorio zu Altenburg, und denen
darnächst aus demselben und sonst verordneten Commissariis ergangenen Actis und
4. unterschiedenen Fragen zugeschicket, und sich des Rechten darüber zu belehren
gebethen, demnach erachte ich Christianus Thomasius, beyder Rechten Doctor,
Chur-Brandenburgischer Rath und Professor Juris Ordinarius auf
Chur-Brandenburgischer Friedrichs Universität zu Halle nach fleißiger Verlesung
und Erwegung derselben denen Rechten gemäß und zwar anfänglich auf die erste
Frage zu erkennen seyn.
(Erzehlung der Geschicht.)
Ist der itzige Professor Linguarum Orientalium und Pastor bey der Glauchischen
Gemeinde, Herr M. August Hermann Francke, A. 1690. von Erffurth aus nach
Rudolstadt und Saalfeld gereiset, und da er in die nächst dabey gelegene Stadt
Pöseneck gekommen, ist er alda bey dessen Vater, Johann Nicolaus Schillingen,
abgetreten und über Nacht geblieben, indessen aber die Zeit mit Christlichen
Gesprächen, und gottseeliger Erbauung zugebracht, es hat auch derselbe, damit er
allen Argwohn vermeiden möchte, den Herrn Adjunctum zu ermeldetem Pößneck in
seinem eigenen Hause besuchet, der Herr Diaconus aber ist zu ihm
|| [271]
in dessen Vaters Behausung gekommen und hat sich mit
ihm allda unterredet, worauf gedachter Herr M. Francke so gleich folgenden Tages
wiederum nach Erffurth zurück gereiset. Hat der Herr Adjunctus zu Pößneck
solchen des Herrn M. Francken beschehenen Zuspruch an das Fürstl. Sächs. gesamte
Consistorium zu Altenburg berichtet, und um Information gebethen, wie er sich
verhalten solle, wenn etwa ersagter Herr M. Francke wiederum nacher Pößneck
kommen möchte, worauf so fort dessen Vater in bemeldetes Consistorium citiret
und als er erschienen, wegen dieses Zuspruchs, ingleichen wegen M. Franckens
seiner Person und Lehre scharff befraget worden. Ist dessen Vater nach der Zeit
mit desselben Schwestern einige mahle in den Weyhnachts- und Pfingst-Feyertagen
nach Erffurth, auch hiernächst nach Halle gereiset, und an beyden Orthen denen
in öffentlicher Gemeinde von Herrn D. Breithaupten, Professore Theologiae auf
hiesiger Universität zu Halle, und Herrn Professor Francken gehaltenen Predigten
und Catechisationibus beygewohnet, welches die Herren Prediger zu Pößneck sehr
übel aufgenommen, und ob gleich dessen Vater, Bruder und Schwestern nicht minder
auch dem Gottesdienst zu Pößneck, wenn sie daheime gewesen nach wie vor eine
zeitlang beygewohnet, und sich zur Beichte und Abendmahl gehalten, haben es doch
besagte Herren Prediger dahin gebracht, daß durch ihr continuirliches Anlauffen,
das Hochfürstl. Sächs. Consistorium zu Altenburg endlich einen Bericht an Ihro
Hochfürstl. Durchl. zu Saalfeldt abgestattet, und durch speciöse Vorstellung
grosser Religions-Gefahr, besagte Ihro Hochfürstl. Durchl. dergestalt
eingenommen, daß selbe dem gedachten Consistorio befohlen, die Sache zu
untersuchen, worauf das Consistorium auch gewisse Commissarios deputiret, und
durch dieselbe eine formale Inquisition, zu welcher bereits vorhero von dem Rath
zu Pößneck, durch Abhörung unterschiedlicher Zeugen der Anfang gemachet gewesen,
wider dessen Vater und Bruder, wie auch noch einige andere Personen wegen
Verdachts irriger Lehre anstellen lassen; welche Commission denn auch würcklich
ihren Fortgang gewonnen und es will derselbe anfänglich berichtet seyn: Ob
dessen Vater und(I. Frage. Ob die That Inquisitions
würdig.) Bruder mit solchen beständigen und zulänglichen Indiciis wegen verdächtiger Lehre und Glaubens graviret gewesen, daß eine Inquisition oder andere Commissarische
Untersuchung wider sie de jurc statt gehabt, und
angestellet werden können:
Ob nun wohl der Rechts-Lehrer Meynung dahin gehet, daß, wei
|| [272]
len nicht möglich ist eine allgemeine Regel vorzuschreiben,
nach welcher an allen und jeden Delictis die Indicia abgemessen werden könnten,
ob sie ad inquisitionem hinlänglich seyn, oder nicht, dannenhero solches dem
Arbitrio judicis zu überlassen sey, ut is pro ratione circumstantiarum, criminis
qualitate & personarum delinquentium sorte ac conditione aestimet atque
definiat, quaenam indicia ad specialem inquisitionem sint sufficientia, Prosp.
Farinac. Prax. Crim. lib. 1. (Beschuldigungen der Denuncirten.) tit. 1. qu. 1. n.
45. und aber in gegenwärtigen Fall nach derer Herren Prediger zu
Pößneck vielfältigen Berichten an das Hochfürstl. Altenburgische Consistorium,
so in denen ergangenen Consistorial - Acten befindlich, dessen Vater und Bruder
nicht nur mit dergleichen Leuthen, so wegen der Religion verdächtig, vielfältig
umgegangen, sie beherberget und hernach das Geleit aus der Stadt gegeben,
sondern auch unterschiedliche Bürger aus der Stadt an sich gehänget, mit
denselben und öffters dazu gekommenen Fremden zusammen gekommen, verdächtige
Conventicula, sonderlich des Abends und bis in die späte Nacht gehalten, und
dabey das Ministerium und den öffentlichen Gottesdienst zu Pößneck, nebst der
Beichte und Abendmahl, verachtet haben sollen, daß also besagte Herren Prediger
nicht ohne Ursach befürchtet zu haben scheinen, es möchte aus dergleichen Wesen,
ihren Querelen nach, eine Haeresis, sehisma oder doch zum wenigsten grosse
Turbae in der Kirchen entstehen, dergestalt, daß in kurtzem weder Obrigkeit auf
dem Regenten-Stuel, noch sie, die Prediger, auf den Cantzeln sicher seyn würden;
wozu kommt, daß dessen Vater, ob ihm gleich von dem Hochfürstl. Consistorio zu
Altenburg alles Ernstes untersaget worden, sich Herrn M. Franckens biß zu
Ausführung seiner Unschuld gäntzlich zu enthalten, derselbe dennoch solches
Verboths unerachtet nach Erfurth und hernach auch nach Halle gezogen, sich zu
Herr M. Francken gehalten, ihn predigen gehöret und darnächst gegen jedermann
sehr gerühmet, da doch oftbesagter Herr M. Francke nach dem gemeinen Geschrey
wegen irriger Lehre sehr verdächtig gewesen wäre, auch deshalb von Erffurth
fortgeschaffet worden, quibus omnibus concurrentibus es das Ansehen gewinnet,
daß gnugsame Indicia verhanden gewesen, weshalb eine Commission ad inquirendum
ex arbitrio Judicis veranlasset werden können, cum per vulgata ex consortio cum
suspectis & de heterodoxia inculpatis familiari aliquis ipse quoque se
suspectum de heterodoxia reddat, in fernerer Betrachtung, daß da auf Commission
des
|| [273]
Hochfürstl. Altenburgischen Consistorii der Rath
zu Pößneck per modum inquisitionis generalis einige Zeugen summariter abgehöret,
Test. 7. Wilhelm Klopfleisch deponiret, daß dessen Vater gegen ihn, den Zeugen,
ausdrücklich gesaget, er wäre ein Pietist, auch die andern Zeugen ihm darinnen
adminiculiret, daß sie de rumore & sama communi, daß nemlich dessen
Vater ein Pietist wäre, ausgesaget, woraus es scheinet, quod ex hisce Testium
depositionibus de corpore delicti, quod hic heterodoxia aliqua praetenditur,
satis constiterit, & propterea judex legitime ad inquisitionem ipsam
specialem procedere potuerit, bey welcher Special-Inquisition denn so wohl
dessen Vater als Bruder beyderseits ad Art. 24. gestanden, daß sie Jacob Böhmens
Buch, der Weg zu Christo genannt, gelesen, und dadurch sich dem Ansehen nach
noch weit mehr verdächtig gemacht, indem Jaeob Böhme mit seinen Schrifften von
vielen Lutherischen Theologen als ein Heterodoxus verworffen worden,
consequenter derjenige, der selne Schrifften mit Hochhaltung lieset, nach der
Herrn Prediger zu Pößneck Meynung, dafür gehalten wird, daß er sich seiner
Irrthümer mit theilhafftig mache.
Dennoch aber und dieweil bey Anstellung eines jeden
Special-Inquisition-Processes(Handgreislicher
Beweiß, daß alhier keine Missethat vorhanden.) vor allen Dingen
erfordert wird, daß ein Crimen verhanden und bereits ausgeübet sey, um welches
Willen solche Special-Inquisition soll vorgenommen werden, angesehen sonsten die
Inquisition wider eine ertichtete Chimaeram gerichtet wird, und folgends
dieselbe ipso jure null und nichtig ist, weßhalb in der peinlichen
Hals-Gerichts-Ordnung Art. 6. erfordert wird, daß
derjenige, so von der Obrigkeit soll angenommen werden, durch gemeinen Leumuth
einer Ubelthat berüchtiget, oder durch andere glaubwürdige Anzeigunge deshalb
verdächtig und argwöhnig sey, & primum Requisitum inquisitionis legitime
formandae est apparentia delicti, ut de ipso facto, an scilicet quispiam
delictum commiserit, ante omnia constet, Jul. Clar. lib. 5.
sentent. §. ult. quaest. 4. in pr. & quaest. 5. Nic. Reusner
lib. 1. Decis. 24. n. 12. dergleichen Crimen aber
allhier in totis Actis nicht zu erfinden, indem eines theils von mir anderswo
ausgeführet worden, daß die so genannte Ketzerey und heterodoxie für kein Laster
zu achten, weshalben nach GOttes Wort oder auch gesunder Vernunfft eine
Inquisition angestellet werden könne; anderes theils aber (und weil dieses
Responsum vielleicht denen unter Händen kommen möchte, die an besagter Wahrheit
keinen Geschmack finden dörfften;) gesetzt auch
|| [274]
daß
haeresis ein crimen inquisitione dignum sey, dennoch aus denen Acten so viel
erhellet, daß dessen Vater anfänglich bloß darum vor das Consistorium zu
Altenburg gestellet worden, weil Herr M. Francke bey demselben abgetreten und
übernachtet, auch nachdem dessen Vater, auf die vorgelegte gantz ungewöhnliche
Fragen: Was besagter Herr M. Francke bey ihme gewolt und gemacht, item, was Er
vor Discourse geführet, und ob Er nicht gesaget; daß man bey zugestossenem
Hauß-Creutze nicht traurig seyn solle, etc. gerade, als wenn dieses was
heterodoxes und ketzerisches wäre, geantwortet, v. Art. Consist. f. 97. besagtes
Consistorium demselben seinem Vater in einem an den Rath zu Pößneck am 10ten
Mart. 1691. und Act. Senat. fol. 6. befindlichen Rescripto das Gezeugniß geben
müssen, daß aus seiner Antwort nichts verdächtiges abzunehmen gewesen, item in
dem so genannten Acten mäßigen Bericht vom 10ten Oct. 93. es hätte sich bey
dessen Vater, Bruder und andern kein Haupt-Irrthum befunden, dergleichen Zeugnüß
auch der Diaconus zu Pößneck selbst, Herr Biedermann, welcher sonsten einer von
den Denuncianten mit ist, vor dessen Vater in Actis Superintendentis f. 182.
abgeleget, da Er diese sonderliche Worte gegen dem Herrn Superintendenten zu
Saalfeld geführet: Wenn Er bey seinem Gewissen und Pflichten sagen und bezeugen
solte, müste er gestehen, daß Johann Nicolaus Schilling, der Bortenwircker rein
und richtig in der Lehre, und gottseelig im Leben und Wandel sich befinde, nur
wolte Er in etlichen adiaphoris (als z. E. Tantzen, Spielen, Schertzen, etc.)
gar zu singular seyn, item, Er sehe und mercke nicht die geringste irrige Lehre
an dem Schilling, dem Bortenwircker, er wäre aber halsstarrig, ja der Herr
Adjunctus, so doch zum allerersten die Sache ans Consistorium gebracht, bekennet
in Act. Consist. f. 78. Er wisse den Bortenwircker noch zur Zeit nicht anders,
als in der Lehre und Christenthum vor rein zu schätzen, wozu komt das herrliche
Testimonium ermeldeten Herren Superintendentis in Act. Superint. f. 39.
& 40. allwo Er referiret, daß der ermeldete Herr Adjunctus zu Pößneck
zwar den Bortenwircker als ein verirretes Schaaf, das auf unrechten Wege gienge,
ja als einen von dem Turbae in Religione zu besorgen, angäbe, jedoch aber hinzu
thut, es wäre aus des Bortenwirckers Bekänntniß klärlich zu sehen, daß der Herr
Adjunctus unrechte Meynung habe, und fürchte, was nicht zu fürchten sey, allwo
Er noch ferner diesen Wunsch: O wenn
|| [275]
Wie viel solcher
Schismaticorum hätten, wie wenig würde die weltliche
Obrigkeit zu straffen haben, wie freudig wolten Wir Prediger Unser Amt
verrichten, etc. hinzusetzet, aus welchem allen und noch andern, so ex Actis
könte angezogen werden, zur Gnüge erscheinet, daß ipsis judicibus &
ipsis denunciantibus, Adjuncto, Diacono Pösneccensi confitentibus bey dessen
Vater keine heterodoxie, folglich auch kein Crimen, ob quod ad inquisitionem
properare potuisset Judex, zu finden gewesen, zumahlen da derselbe laut des
Herrn Adjuncti eigenen Schreiben Act. Consist. p. 179. sich zu der Lutherischen
Religion von Hertzen bekennet hat: hiernächst dessen Vater nicht graviren
können, daß Er, ob ihn gleich das Consistorium davon abgemahnet, dennoch mit
Herren M. Francken umgegangen, nacher Erffurth und Halle gereiset und seine
Predigten bey öffentlicher Versammlung gehöret, auch wohl privatim ihm
zugesprochen, angesehen besagter Herr M. Francke in einem öffentlichen Lehr-Amt
bey einer Lutherischen Gemeinde in Erffurth und bey Halle gestanden, zu deren
Seelsorge Er, nachdem Er aus Leipzig nebst andern die Frömmigkeit inculcirenden
Leuten wegen vieler Verfolgung weggezogen, beruffen worden, wodurch man gnugsam
bezeuget hat, daß ihme, Herrn M. Francken keine heterodoxie jemahls in Leipzig
oder sonst anderswo erwiesen, und also so wenig die Herren Prediger zu Pößneck,
als auch das Hochfürstl. Consistorium denselben mit bestande Rechtens
beschuldigen können, daß Er irriger Lehre wegen verdächtig wäre, oder
Schwärmereyen ausgebreitet hätte, zumahlen da derselbe bey seiner Anwesenheit zu
Pößneck mit beyden Herren Predigern gesprochen, und der Herr Adjunctus f. 77.
Act. Consist. bekennet, daß ihm Herr M. Franckens Discours wohlgefallen, auch
der Herr Adjunctus f. 75. gestehet, Er habe keine Schwermerey von ihm vermercken
können, weil Er die media salutis nicht annulliret, sondern Wort, Predigamt,
Sacramenta und Absolution in ihrer von GOtt habenden Krafft erkand, hiernächst
der Herr Superintendens in Actis Superint. f. 3. Herr M. Francken für einen
wahren Lehrer und Diener GOttes erkand, welches zwar, wie auch das gute
Gezeugniß, so besagter Herr Superintendens dessen Vater vorangeführter massen
gegeben, das Consistorium in ihrem Acten mäßigen Bericht nicht billigen, sondern
viel lieber um des willen den Herrn Superintendenten auch wohl zugleich mit
suspect machen wollen, aber dadurch eben der Concipient solches Berichts gar zu
deutlich seine Partheylichkeit, gegen die Herren
|| [276]
Prediger und Abgewogenheit gegen dessen Vater, Bruder und übrige verdächtig
gemachte Leuthe an den Tag gegeben, da im Gegentheil Ihro Hochfürstl. Durchl. zu
Sachsen-Saalfeld selbst in Dero Rescript an das Consistorium zu Altenburg vom
14ten Dec. 92. in Act. Consist. f. 301. seqq. Herrn M. Francken und andern, so
man gern als Irrige bey der Kirchen schwartz machen wolle, das Gezeugnüß
gegeben, daß Ihro Hochfürstl. Durchl. die mit dem so beruffenen Pietismo
angeschuldigte Lehrer bis auf die Stunde in der Evangelisch-Lutherischen Kirchen
unsträflich lehren uud leben sähen, und ob gleich besagter Herr M. Francke
hernach zu Erfurth seines Dienstes erlassen worden, dennoch darauf noch bey
weiten nicht folget, daß Er irrig in der Lehre gewesen, bevorab da Er so fort
darauf von Sr. Churfürl. Durchl. zu Brandenburg auf hiesiger Universität zum
Professore ordinario, auch bey der Lutherischen Gemeinde zu Glaucha alhie vor
Halle zum öffentlichen Lehrer bestellet worden, Er auch in solchen functionibus
biß diese Stunde annoch rühmlichst stehet, andere verdächtige Leuthe aber die
Herren Prediger zu Pößneck anzugeben, und warum sie verdächtig wären zu erweisen
nicht vermocht, indem wieder diejenige, so sie ausser den Seinigen angegeben,
eben nur derselbe Argwohn ist, weil Sie nemlich mit Herrn M. Francken
umgegangen: ferner dessen Vater und Bruder deshalb nicht in inquisition gezogen
werden können, daß dessen Vater sich des einen Zeugen Aussage nach für einen
Pietisten ausgegeben, auch die übrigen Zeugen deponiret, daß das gemeine Gerücht
wäre, ob seyen die Seinigen dem Pietisino ergeben, sintemahl daraus noch lange
kein crimen, in quod inquiri posset, erfolget, alldieweilen bereits mehr, als zu
viel bekannt, daß durch das Wort Pietist und Pietisinus, nicht eine gewisse Art
einer Ketzerey oder heterodoxie angezeiget, sondern dasselbe gebraucht wird,
diejenigen unter den Lutheranern, so ihnen ihr Christenthum einen rechten Ernst
seyn lassen wollen, damit auszuhönen, und sie sarcastice damit, quasi minime pii
essent, zubelegen, dahero es denn gar wohl zu glauben, was der Herr Diaconus zu
Pößneck in einem Schreiben an den Herrn Superintendenten zu Saalfeld Act.
Consist. f. 74. meldet, daß Er die definitionem formalem des Pietismi damahlen
noch nicht gewust, wiewohl zugleich daraus sein vergalletes Gemüthe gnugsam
zuersehen, daß Er nicht gewust, was Pietismus, und folglich auch nicht, was
Pietisten wären, und Er dennoch nach der Zeugen Assage in Actis Commis
|| [277]
sor. fol. 12. etliche mahl wider die Pietisten
geprediget, und also wieder dasjenige, so Er doch nicht gewust, was es seye, mit
grossem Ungrunde geeiffert, wiewohl auch dessen Vater in bemeldeten Actis
Commiss. fol. 74. ad Art. 9. eydlich ausgesaget, daß ihm dergleichen Worte: Er
seye ein Pietist, niemahlen in Sinn gekommen, vielweniger Er dieselbe gegen den
angeführten Zeugen geredet habe: So viel aber die angegebene Conventicula
anlanget, der Herr Adjunctus zu Pößneck, als der principal Urheber dieser
gantzen Sache, in seinem am 8ten Aug. und 8ten Sept. 1692. an das Altenburgische
Consistorium abgelassenen Schreiben davon nichts weiter melden kan, als daß in
denselbigen die verdächtig gehaltene Leuthe mit einander in der Bibel läsen,
sängen, auf die Knie fielen und mit einander betheten, welches ja warhafftig,
wenn es sich auch alles nach des ersagten Herrn Adjuncti Bericht verhalten, so
wenig eine Ketzerey, als ein indicium einer Ketzerey seyn kan, wenn sonst die
Herren Prediger zu Pößneck sich nicht offenbahr verdächtig machen wollen, daß
Sie nach Art der jetzigen Papisten in Franckreich wieder diejenigen Leuthe, so
ihr Gebet mit einander zu GOtt verrichten durch Gefängniß, Bannisirung aus dem
Lande, ja endlich gar durch Feuer und Schwerd, als wider Ketzer und Ungläubige
gerne verfahren wolten, wenn Sie nur dörfften, wobey annoch eines theils bey dem
Schreiben von 8. Sept. zu mercken, daß die zween frembde Persohnen, so zu
Schillings conventiculis gekommen seyn sollen, des Herrn Superintendenten zu
Saalfeld Söhne gewesen, anders theils aber besagter Herr Adjunctus sein Vorgeben
de Conventiculis in dem Schreiben vom 8ten Aug. durch die damahls angefügte
Beylage sub A. sehr schlecht erwiesen, indem in solcher Beylage nichts mehr
attestiret worden, als daß bey dessen Vater ein fremder Mann in einem schwartzen
Rock, welcher wie ein Schulmeister ausgesehen, am Tische gesessen, ingleichen
auch ein Leinweber, so man den Pietisten nenne, der Bortenwircker aber (dessen
Vater) in der Stuben hin- und hergegangen, und nichts gesagt habe, woraus zu
sehen, daß denen Herren Predigern zu Pößneck alle Leuthe, Sie mögen seyn
gewesen, wer sie gewolt, wenn Sie zu dessen Vater eingetreten, so gleich
verdächtig geworden, auch wenn etwa 2. oder drey Leuthe zu sammen gekommen,
solches ihnen so fort verdächtige Conventicula heissen müssen, wobey ferner wohl
zu beobachten, daß nachdem die Commission und Inquisition durch eydliche
Abhörung unterschiedlicher Zeugen auch ge
|| [278]
nauer
Examinirung dessen Vaters und Bruders bereits zu Ende gebracht gewesen, dennoch
auch damahlen die Herren Consistoriales in ihrem so genandten Acten mäßigen
Bericht vom 10ten Octobr. 93. von diesen so gefährlich ausgeschrienen
Conventiculis nichts weiter zu melden gewust, als daß dessen Vater mit den
Seinigen, wozu zuweilen auch einige Nachtbahrn und Frembde gekommen, in
denselben die Heilige Schrifft gelefen, Sprüche zur Betrachtung daraus
vorgenommen, gesungen und gebethet, wobey zwar abermahl der Herr Concipient des
Berichts, wiewohl zu höchster Prostitution der Evangelischen Religion und zu
Kränckung der durch selbe erlangten Christlichen Freyheit, zuschreiben sich
nicht entblödet, daß dessen Vater und die Seinigen sich durch solche Ubungen
verdächtig gemachet, und daß dieses eine neue und bishero in der Lutherischen
Kirchen ungewöhnliche Art, sich mit einander in der Gottseeligkeit zu üben,
gewesen, daraus allerley Aergernis, Verdacht, Zanck und Unruhe in der Kirchen
GOttes erfolget, & paulo post: es seye diese Art in der Gottseeligkeit
sich zu üben von keiner Nothwendigkeit und von GOtt nicht befohlen, ja, wenn es
gleich recht wäre, so wäre es doch nicht nützlich und diene der Kirchen GOttes
nicht zum Frieden und zur Besserung, welches gewiß solche assertiones sind, die
so leicht jemand Männern, die zu Judicibus Ecclesiasticis inter Evangelicos
gesetzet seyn, nicht zutrauen würde, wenn sie nicht von Wort zu Wort in
angezogenen derer Herren Consistorialium Altenburgensium Bericht zu lesen wären:
Uber dieses wegen der von denen Herren Ministerialibus zu Pößneck angegebenen
Verachtung des Ministerii, öffentlichen GOttes-Dienstes, Beicht und Abendmahls
zu mercken ist, daß dessen Vater und Bruder solche Verachtung niemahlen von sich
spüren lassen, sondern auch nachhero, da Herr Prof. Francke bey ihnen und sie
hinwieder zu Erffurt gewesen, dennoch jederzeit dem öffentlichen Gottesdienste
(Allerhand Unfug der denuncirenden
Ketzermacher.) beygewohnet, auch sich zur Beicht und Abendmahl eingefunden,
biß endlich die Herren Prediger nicht länger an sich zu halten vermocht, sondern
nachdem sie erstlich privatim, weiß nicht zu welcher Irrthümer und Sünden
Erkäntnis die Seinigen zwingen, diese aber ihnen darinn nicht nach ihrem Willen
folgen wollen, auch hernach in öffentlichen Kirchen-Versamlungen ihren Zorn und
Haß wieder dieselbe ausgeschüttet, laut der Zeugen Aussage Act. Commiss. fol.
12. wieder die Pietisten und Neulinge scharff geprediget, und die Seinigen
dergestalt beschrieben, daß je
|| [279]
dermann solches
auf sie gedacht, v. in specie Test. 2. ad Art. 3. cit. loc. dahero es denn
ferner geschehen, daß die Seinigen ein Hohn und Gelächter der gantzen
Pößneckischen Gemeinde geworden, auch bey solchen Umständen wenig Erbauung und
Trost aus der Herren Ministerialien Predigten zu holen gewust, und da auch
endlich bemeldete Herren Ministerialen, so offt dessen Vater und Bruder sich zur
Beichte eingefunden, mit allerhand wunderlichen ungewöhnlichen Fragen an sie
gesetzt, und ihnen Dinge zugemuthet, so sie salva conscientia einzugehen nicht
vermocht, daß sie nemlich ihre Fehler, (welche bloß darinn bestanden, daß sie
mit Herrn Prof. Francken bekannt geworden, und hernach in der Gottseeligkeit
sich zu üben angefangen) erkennen solten, ja gar dessen Vater, da er einsmahls
schon im Beichtstuhl gesessen, von Quackern vorgesaget, es dahero geschehen, daß
dessen Vater und Bruder endlich wider ihren Willen gezwungen worden, nicht
allein nicht mehr bey den Herrn Ministerialen zu Pößneck sich zur Beichte
einzufinden, sondern auch denenselben zu Rettung ihrer Unschuld die Wahrheit
unter die Augen zu sagen, aus welchem allen aber noch lange nicht folget, daß
dessen Vater und Bruder das Heil. Ministerium, öffentlichen Gottesdienst, Beicht
und Abendmahl verachtet, weilen sie ja an andern Lutherischen Orten dem
öffentlichen Gottesdienst beygewohnet, sich zur Veicht und Abendmahl
eingefunden, auch fromme rechtschaffene Prediger sehr lieb und werth gehalten,
folglich nicht das Ministerium verworffen, sondern nur zu denen Herren
Pößneckischen Ministerialibus ihrer schlecht bezeigten Gewogenheit wegen kein
Vertrauen haben, folglich auch weder dem Pößneckischen Gottesdienst, weil die
Herren Ministeriales stets wider sie geprediget, beywohnen, noch von ihnen die
Absolution und Mittheilung des Abendmahls begehren können, welches alles sie
sonst in hohem Werth gehalten und andächtig veneriret, dannenhero aus diesen
Umständen und denen gesamten Acten vielmehr deutlich zu spüren, daß der Herren
Prediger zu Pößneck grosse und vielfältige querelen nur bloß dahin angesehen
gewesen, wie sie durch Hülffe des Brachii secularis ihre Autorität und
Herrschafft über die Gewissen ihrer Zuhörer rechtschaffen befestigen möchten,
welche Autorität leicht einen nicht geringen Anstoß leiden könte, wenn die
Zuhörer selbst sich in GOttes Worte zu üben, und auch auf ihrer Prediger Leben
und Wandel Achtung zu geben anfangen wolten, daß sie ingleichen das grosse
Geschrey von verborgenen Gifft, besorgenden Haeresibus, Schismatibus und Turbis
so wohl in dem Regier-als als auch in dem Lehr-Stand
|| [280]
nur bloß zu dem Ende erfunden, daß ihre Blösse, die Sie dessen ohnerachtet
dennoch so gar sehr durch und durch in der gantzen Sache gezeiget, nicht
offenbahr werden möchte: endlich so viel Jacob Böhmens Schrifften anlanget,
dessen Vater und Bruder davon nichts mehr, als das eintzige Buch, der Weg zu
Christo genannt, gelesen zu haben eydlich erhalten, überdem Jacob Böhme von
frommen und bescheidenen Lutherischen Theologis pro heterodoxo nicht gehalten
wird, auch daraus, wenn jemand Seine Schrifften gleich gelesen hat und dieselbe
dennoch als ketzerisch nicht verwerffen noch verdammen will, kein Indicium
heterodoxiae aut haereseos hergenommen werden kan, wie dann, als vor einigen
Jahren ein Nadler zu Regenspurg, Lorentz Sebold, eben das vorhin erwehnte Buch
Jacob Böhmens, der Weg zu Christo genannt, bey sich gehabt und es gelobet, und
die Ministeriales zu besagtem Regenspurg gleichfalls dahero einen Verdacht
wieder Seboldten geschöpffet, ihn Obrigkeitlich besprochen, auch alles seines
dawider beschehenen Einwendens unerachtet es endlich dahin gebracht, daß er aus
der Stadt Regenspurg verfestet worden, das Hochpreißliche Kayserliche
Cammer-Gericht zu Wetzlar dennoch nicht allein Anno 1693. den 3. Februar.
ermeldetem Sebolden ein freyes und sicheres Geleit ertheilet, sondern auch
darauf ferner am 17ten Septemb. 1694. Mandatum cassatorium &
inhibitorium transgressionum tolerantiae & juris Augustanae confessioni
dati, simul ac restitutorium & ad sacram Coenam admissorium sine
clausula erkannt, wie solche des ersagten Hochpreißl. Cammer-Gerichts
gerechteste Mandata auch an unterschiedlichen Orthen durch öffentlichen Druck
publiciret worden, wobey noch letzlich anzufügen, daß es zwar an dem, quod
arbitrio judicis circa dijudicanda indicia ad inquisitionem sufficientia multum
relictum sit, allein daß es doch auch wahr bleibe, quod tale arbitrium semper
intelligatur concessum non liberum & absolutum, sed jure &
ratione regulatum & quod ob id Judex jus & aequitatem juri
naturae proximam servare debeat Menoch. de A. J. Q. lib. 1.
qu. 77. n. 1. und ihm also nicht frey stehet nach dem Trieb seiner
Affecten dasjenige für zureichende Indicia auszugeben, was in der That von
andern unpartheyischen Leuthen nimmermehr dafür gehalten werden kan; So
erscheinet daraus allenthalben so viel, daß dessen Vater und Bruder wegen
verdächtiger Lehre und Glaubens mit beständigen und hinlänglichen Indiciis nicht
graviret ge
|| [281]
wesen, und dannenhero auch wider
dieselbe eine Inquisition oder Commissarische Untersuchung mit Bestande Rechtens
nicht statt gehabt.
Auf die andere Frage erachte ich vor Recht: Haben die von dem(II. Frage. Von Verdacht und ungewöhnlichen Verfahren
derer Judicum inquirentium.) Consistorio zu Altenburg aus desselben
Mittel verordnete Herren Commissarii dessen Vater, Bruder und andere von denen
Herren Ministerialibus zu Pößneck als verdächtig angegebene Leuthe, ehe und
bevor sie über die abgefaßte Inquisitional-Articul vernommen worden, mit einem
scharffen Eyde beleget, des Inhalts, daß sie, die Inquisiten, auf diejenigen
Fragen und Puncta, worüber sie würden vernommen werden, nichts als die reine
Wahrheit sagen, auch nichts anders reden wolten, als wie sie es in ihrem Hertzen
für wahr hielten, und es will derselbe ferner berichtet seyn, ob nicht, wenn
auch gleich sonst dergleichen Untersuchung statt gefunden hätte, dennoch das
Hochfürstl. Consistorium zu Altenburg, und bemeldete
dessen Herren Deputirte mit Abdringung solches harten
Eydes auch sonst gebrauchten Modo procedendi wider die
Rechte gehandelt, und sich allenthalben so erzeiget, daß sie vor partheyisch
billig zu halten und sich fernerer Cognition in dieser
wichtigen Sache zu entschlagen schuldig?
Ob nun wohl für das Consistorium und dessen abgeordnete(Schein-Entschuldigungen derselben.) Herren Commissarios angeführet
werden möchte, daß alles und jedes, so sie vorgenommen, auf specialen Befehl
Ihro Hochfürstl. Durchl. zu Sachsen-Saalfeldt beschehen, als welche deshalb
unterm Dato Saalfeldt den 29. Maji 1693. in Act. Consist. pag. 357. seqq. an
besagtes Consistorium ein gnädigstes und ernstliches Rescript abgehen lassen,
und darinn verordnet, daß das Consistorium etliche aus ihrem Mittel zu
Untersuchung dieser Sachen deputiren solte; Hiernächst in Actis Commissorialibus
fol. 24. b. in der daselbst befindlichen Registratur die Herren Commissarii
angeführet, daß sie deshalb die beschuldigte Leuthe mit dem Eyde zu belegen
bewogen worden, weilen dergleichen Leuthe beredet wären, daß sie wohl mit gutem
Gewissen, insonderheit was ihre irrige Meynungen beträffe, ein anders sagen, ein
anders aber im Hertzen dencken dürfften, dahero es scheinet, daß die Herren
Commissarii auf vorher bekommene gleichfalls dahin gerichtete Instruction vom
Altenburgischen Consistorio nicht unrecht gethan, daß sie dessen Vater, Bruder
und andere als verdächtig angegebene Personen ante responsionem ad Articulos mit
einem Eyde beleget, sondern vielmehr eine sonderliche Prudentz darinn erwiesen
zu haben scheinen, weil sonsten ih
|| [282]
rer Meynung
nach die Inquisiten mit ihrer simulirten Antwort jus & justitiam
eludiren und folglich die Intention Ihro Hochfürstl. Durchl. zu Saalfeld, so
diese Sache gerne einmahl gehoben wissen wollen, zu nichte machen würden,
welches quovis modo zu verhüten das Consistorium und die Herren Commissarii
gehalten gewesen.
(Papistische Art, die Denunciatos über die Artickel eydlich
abzuhören.)
Dennoch aber und dieweil es wider alle Regeln eines vernünfftigen
Inquisitions-Processus auch die allgemeine Observantz aller wohlbestellten
Gerichte in Teutschland anlauffet, einen Inquisiten dahin zu zwingen, daß er
vermittelst eines abgestatteten Cörperlichen Eydes auf die ihm vorgehaltene
Inquisitional-Articul seine Antwort abgeben muß, welches zwar in Italien nach
Zeugniß etlicher Rechts-Lehrer sonderlich aber in denen Geistlichen von Pabst
angeordneten Inquisition-Gerichten eingeführet, in Teutschland aber von allen
vernünfftigen JCtis und Judicibus billig verworffen und widerstritten worden,
Brunnem. Proc. inquis. Cap. 8. Membr. 1. n. 77.
Dannenhero auch der Sächsische JCtus Carpzovius in Prax.
Crim. quaest. 113. n. 42. nachdrücklich erinnert, quod ejusmodi
imperiti Judices, qui Reos sub juramento interdum respondere faciunt,
reprehensione severa digni sint, & quod Judices ab hoc enormi excessu
abstinere debeant, si non reprehensionem & imprudentiae maculam
incurrere velint, (Beantwortung der
Schein-Entschuldigungen.) und ob gleich Ihro Hochfürstl. Durchl. zu
Saalfeld unterm 29ten Maji 1693. an das Consistorium rescribiret und demselben
wegen etlicher in Glaubens-Sachen verdächtigen Personen zu Pößneck fleißige und
genaue Untersuchung anzustellen befohlen, dennoch solcher hohe Befehlich, wie
dessen Worte deutlich besagen, auf einem von besagtem Consistorio zu Altenburg
eingeschickten Bericht sich gründet, überdem Ihro Hochfürstl. Durchl. in
ermeldeten Rescripto, nicht eine eydliche Abhörung der verdächtigen Personen
veranlasset, sondern dero Wille nur dahin gegangen, daß die als verdächtig
angegebene Personen genau examiniret und nach Befinden durch die bewerthesten
Gründe des göttlichen Wortes und Christlichen allein seeligmachenden Glaubens
wider auf den rechten Weg gebracht werden, auf den Fall aber, da einer oder der
andere auf seiner falschen und irrigen Meynung beharren würde, das Consistorium
sein Gutachten, wie diesem Werck aus dem Grund abzuhelffen seyn möchte,
entwerffen und zu fernern Verordnung einsenden solte, von welcher
Hochfürstlichen Verordnung das Consistorium in dem am 13ten Jun. 93. darauff an
den Consistorial-Rath D. B. und Secre
|| [283]
tarium J.
J. abgelassenen Commissorio gäntzlich abgewichen, und diesen Commissariis, die
verdächtigen Personen über gewisse Articul eydlich abzuhören, Gewalt ertheilet,
wobey denn die Herren Commissarii auch nicht gefeyret, sondern es so fort bey
angefangener Commission ins Werck gesetzet, darnächst denen verdächtig
gehaltenen Leuthen dergleichen hohe, spitzige, impertinente und schwere Fragen
vorgelegt, die grössesten theils gar nicht zur Sache gehöret, und überhaupt wohl
jemand, der viele Jahre im studiren zugebracht, gnug hätten können zu schaffen
geben, wenn er sie der gestalt beantworten wollen, daß Ubelgesinnete nicht auf
einigerley Weise, entweder aus einer Redens-Arth, oder auch aus einem einfachen
Wort, (welches nicht nach der Scholastischen Weißheit von ungelehrten
Handwercks-Leuthen eben genau abgemessen gewesen,) etwas verdächtiges heraus
klauben mögen, wiewohl dessen Vater und Bruder in ihrer gethanen Antwort
dergestalt zulänglich sich erkläret, daß ohne offenbahren Affecten daraus etwas
heterodoxes und der Evangelischen Lehre zuwiederlauffendes nicht erzwungen
werden können, so daß auch, wie bey der ersten Frage bereits angeführet, das
Consistorium in dem darnechst abgestatteten Acten-mäßigen Bericht zugestehen
müssen, daß an dessen Vater und Bruder sich kein Haupt-Irrthum befunden: ferner
die in Actis Commissorial. fol. 246. angezogene Ration, daß die beschuldigte
Leuthe beredet wären, daß sie wohl mit gutem Gewissen ein anders sagen, ein
anders aber im Hertzen dencken dürfften, und daß dahero die Herren Commissarii
gnugsam Ursach zu haben vermeinet, selbige Leuthe vor ihrer Antwort ad
Articulos, insonderheit was ihre irrige Meinungen beträffe, mit einem Eyde zu
belegen, eine solche Beschuldigung ist, welche in totis Actis wieder alle
angegebene Personen niemahls allegiret, vielweniger erwiesen worden, dannenhero
die Herren Commissarii, als welche vor Richter in dieser Sache sich geriret,
sich billig entsehen sollen, dergleichen unerwiesene inculpationes so
ungescheuet in die Acten als eine ausgemachte Warheit zu setzen, und wegen
derselben quasi ob causam maxime praegnantem von der Regul aller vernünfftigen
Rechte und Process-Ordnungen zu recediren, welches aber die Herren Commissarii
und durch diese das Consistorium zu Altenburg vermöge ob allegirten Commissorii
nicht, sondern vielmehr das Gegentheil gethan; auch hiernächst dieselbe bey
währender(Andre Partheyligkeiten derer
Commissarien.) Commission sonst allerhand Partheylichkeiten von sich
spüren lassen, und unterschiedliche illegalitaeten begangen, indem sie die
Herren Prediger
|| [284]
von Anfang biß zum Ende in allen
Stücken entschuldiget und gerechtfertiget, dessen Vater und Bruder hergegen
alles verwiesen, und unter andern gesagt: was sie sich wol einbildeten, daß sie
den Herren Predigern wolten vorschreiben, welches eben so absurd wäre, als wenn
die Herren Prediger ihnen im Bandmachen was vorschreiben wolten, worunter doch
gar keine connexion ist: nicht weniger, wenn die seinigen bey Beantwortung der
Fragen von einem und andern die rechten Umstände erzehlen wollen, die Herren
Commissarii ihnen zu reden verwehret und gesagt, daß sie nur auf die Fragen
antworten solten, welche Fragen doch nicht also eingerichtet gewesen, daß daraus
alle Umstände hätten können ersehen werden; ingleichen, da die Herren
Commissarii alles dasjenige, so die Herren Prediger gethan, extenuiret, was aber
dessen Vater und Bruder verrichtet, sehr groß gemachet, wozu komt, daß ob gleich
die Herren Prediger in praesentia Dnn. Commissariorum dessen Vater und Bruder
mit harten und ehrenrührigen Worten angegriffen, da in specie der Herr Diaconus
zu dessen Bruder gesaget: Es müsse ihm das gelbe vom Schnabel gewischet werden,
und der Hr. Adjunctus: Er rede dasjenige, so er geredet, nicht als ein ehrlicher
Kerl; dennoch die Herren Commissarii ihnen kaum mit einem Worte Einhalt gethan,
ausser daß der Hr. Commissarius J. auf die letztere Wort gesagt, man heisse
einen nicht flugs einen Schelm, er der Hr. Adjunctus müsse es beweisen, wobey
doch aber wenig Ernst gebrauchet worden, endlich auch in denen gehaltenen
Registraturen selbst sich ein grosser Mangel findet, indem zuweilen etwas
ausgelassen, so doch von den Seinigen vorgebracht und ad cohaerentiam rei
aufzuschreiben nöthig gewesen, zuweilen aber an statt der von dessen Bruder
gegebenen negativischen Antwort, per Vocem Nein, die affirmativa per Ja
aufgeschrieben worden, wie solches alles in der mir übersandten specie facti a
§. 73. ad §. 79. inclus. weitläufftig ausgeführet ist: So erscheinet daraus
gantz klärlich, daß besagtes Consistorium so wohl, als dessen deputirte
Commissarii, welche Membra Consistorii gewesen, sich nicht als Richtere, sondern
als eine Gegen-Parthey allenthalben in dieser Sachen aufgeführet, und daß
dannenhero dasselbe sich in dieser so wichtigen Sache aller ferneren cognition
zu enthalten schuldig sey.
(III. Frage Von Absolvirung der Denuncirten und Be-)
Auf die dritte Frage erachte ich vor Recht: Will derselbe berichtet seyn, ob
nicht quoad merita causae aus den Acten und der von demselben für Seinen Vater und sämbtliche Angehörigen
übergebenen Apologie allenthalben so viel zu befinden,
daß die
|| [285]
Seinigen von aller Inquisition auch quoad omnes expensas zu
entbinden,(straffung der Denuncianten.)
hergegen die Herren Prediger zu Pößneck wegen ihrer ungegründeten Denunciation und Diffamation
denen Seinigen, wenn Sie es begehrten, nebst gebührlicher Satisfaction alle verursachte Schimpff, Schäden und Unkosten zu
erstatten schuldig, auch hiernächst wegen ihres so lange Jahre her gegebenen
Aergernisses und Ungehorsams gegen ihren Landes-Fürsten und vorgesetzten Ephorum, den Herren Superintendenten zu Saalfeld, nach den Rechten vor straffällig zu achten,
und was vor eine Art der Bestraffung Sie verdienet?
Ob nun wohl eines theils es scheinen möchte, daß zum wenigsten(Scheingründe für die Denuncianten.) dessen Vater
und Angehörigen die auf den Inquisitions Process verwandte Unkosten zu erstatten
schuldig wären, quoniam in dubio Magistratus per calumniam inquisitionem
instituisse non praesumitur, adeoque nonnunquam se inquisitos quosdam absolutos
quidem a crimine imputato, nihilominus tamen in refusionem expensarum
condemnatos fuisse testatur Brunnem. Proc. inquis. c. 9. n.
2. andern theils aber für die Herren Prediger angeführet werden könte,
daß dieselbe alles dasjenige, so sie gethan, Amtshalben verrichtet hätten, wie
sie sich denn durchgehends in Actis darauf beruffen, daß ihre Denuntiation nur
dahin angesehen gewesen, damit sie nicht allein alle besorgende Unruhe und
turbas in der Pößneckischen Gemeine, und sonst in der gantzen Lutherischen
Kirchen verhüten, sondern auch dessen Vater und Anverwandte selbst vor aller
irrigen Lehre und Verführung bewahren, oder, da sie bereits darin gerathen, sie
dieselbe wiederum herausreissen, und also ihrer Seelen Wohlfarth befordern
möchten: ferner denenselben zu statten zu kommen scheinet, daß der Herr
Adjunctus zu Pößneck in Act. Consist. p. 77. vorgiebet, er habe die Sache nicht
so fort cum praeteritione Dni. Superintendentis Salfeldensis an das Consistorium
gebracht, sondern er habe nur an den Herrn General-Superintendenten zu Altenburg
privatissime berichtet, daß Herr M. Francke zu Pößneck gewesen, dieser aber habe
es dem Consistorio vorgetragen, und obwohl darnächst Ihro Hochfürstl. Durchl. zu
Saalfeld dem Superintendenti Salfeldensi die Untersuchung der Sachen demandiret,
dieser auch denen Herren Predigern pendente causa von allem Schmähen auf den
Cantzeln abzustehen untersaget, dennoch die Sache bereits einmahl an dem
Consi
|| [286]
storio anhängig gemacht gewesen,
und selbiges ihnen wieder die einschleichende Irrthümer auf der Cantzel zu
predigen anbefohlen, dahero ihnen nichts straffbahres beyzumessen, hergegen aber
dessen Vater und Bruder bemeldete Herren Prediger dem Ansehen nach mit
unterschiedlichen injurieusen Reden angegriffen, indem sie dieselbe nicht vor
wahre Lehrer erkennen wollen, sondern sie vor falsche Propheten ausgeruffen, ja
dessen Vater den Herrn Adjunctum gar für einen Wieder-Christ gescholten, wie
dessen querelen in Act. Consist. f. 334. ausweisen, woraus zu folgen scheinet,
daß nicht die Herren Prediger, sondern vielmehr dessen Vater und Bruder der
Schärffe nach zu bestraffen, und diese jenen gehörige satisfaction zu geben
schuldig seyn.
(Beantwortung derselben.)
Dieweil aber dennoch die Rechts-Lehrer bey der assertion, quod inquisitus, licet
quoad causam principalem a poena absolvatur, nihilominus ad expensarum
refusionem condemnari possit ac debeat, allezeit supponiren, inquisitum factis
indecoris, improbis, suspectis & scandalosis majoris delicti
suspicionem, adeoque causam inquisitionis praebuisse, & haec facta
probata esse. Brunnem. Proc. inquis. c. 9. n. 2. &
6. sonst aber und in dessen Ermangelung communis & in jure ac
aequitate fundata sententia DD. ist, daß ein Reus, wenn er auch das juramentum
purgationis einiger wider ihn verhandenen praesumtionum halber abstatten müssen,
dennoch nicht allein quoad causam principalem, sondern auch quoad expensas
& alia accidentia gäntzlich zu absolviren sey, Idem dict. c. & n. 6. & in Proc. civ. c. 23. n. 38.
Carpzov. Prax. Crim. quaest. 116. n. 77. &
Autores ibi allegati. und dann droben bey der ersten
Frage aus denen mir zugesandten Extractis Actorum auch von demselben
verfertigten weitläufftigen Apologie der Länge nach an- und ausgeführet, daß
dessen Vater und Bruder gar kein solch factum improbum, indecorum, suspectum
& scandalosum, quod majoris delicti suspicionem praebuisset, beygemessen
oder erwiesen werden könne, sondern das gantze Verbrechen darin von Anfang
bestanden, daß Herr Prof. Francke bey dessen Vater eingekehret, und die Seinigen
darnach ein frömmer Leben angefangen, auch zuweilen, wiewohl selten, besagten
Herrn M. Francken Predigten zu hören, nach Erfurth und Halle gereiset: andern
theils hergegen aus denen Rechten bekannt ist, quod etiam verbi Minister officio
suo abutens, seu officium suum tanquam tegumentum pravorum suorum affe
|| [287]
ctuum praetendens, injuriam inferre, &
consequenter etiam injuriarum conveniri possit, Rec. Imp. de
A. 1530. §. 55. Hahn. ad Wesenb. de injur. n.
5. und aus demjenigen, so bey besagter ersten Frage mit mehrern
ausgeführet, überall gantz klährlich erscheinet, daß die Herren Prediger zu
Pößneck weder Unruhe und turbas in ihrer Gemeine oder der gantzen Lutherischen
Kirchen, noch auch Verführung durch irrige Lehre an dessen Vater und Bruder mit
Grunde der Wahrheit zu besorgen gehabt, und da dessen Vater und Bruder nach dem
eigenen unverwerflichen Zeugnüß so wohl der Herren Prediger selbst, als auch des
Herren Superintendenten zu Saalfeldt, nicht minder auch des gesammten
Consistorii zu Altenburg, wie bey jetzterwehnten ersten Frage erwiesen, kein
Irrthum oder Verführung in Lehre und Leben beygemessen werden können, die Herren
Prediger auch nicht nöthig gehabt, daß sie es sich so sauer werden lassen,
dessen Vater und Bruder aus einigem schädlichen Irrthum, qui non erat in rerum
natura, heraus zureissen, vielmehr dessen Vater, da die Herren Prediger ein so
groß Wesen von den gehaltenen Bethstunden, so sie Conventicula genennet,
gemachet, sich gegen den Herrn Diaconum erbothen, er wolle ihm seinen
Hauß-Schlüssel zustellen, damit er öffters und unverhofft in sein Hauß kommen,
und was vorgienge, wahrnehmen könte, v. Act. Superint. fol. 135. welches
Erbiethen aber der Herr Diaconus nicht angenommen, und demnach aus dem gantzen
Verlauff öffentlich zu Tage lieget, daß alles dasjenige, so die Herren Prediger
in(Papentzende Thaten der Denuncianten.)
dieser Sache von Anfang biß hieher vorgenommen, aus blossem Neid und Haß theils
gegen den Herrn Prof. Francken, weil er in ihrer Dioeces mit ihren Zuhörern von
GOttes Wort und dem wahren Wandel der rechtschaffenen Christen sich unterredet,
theils gegen dessen Vater und übrige Angehörige, weil sie besagten Herrn Prof.
Francken geliebet, und gerühmet, daß sie durch seine Reden auf einen bessern
Wandel geführet worden, hergeflossen, nach welchen verderbten Affecten die
Herren Prediger durch und durch in Actis sich selbst so lebendig abgemahlet, daß
ein Tertius, so unpartheyisch ist, sich zum höchsten darüber verwundern muß,
weil alles An- und Vorbringen der Herren Prediger nur dahin gehet, wie sie eine
recht Päbstische Gewalt über die Gewissen ihnen zu wege bringen möchten,
dannenhero auch der Herr Diaconus in einem Schreiben vom 26. Jan. 91. sich nicht
gescheuet in Act. Consist. fol. 75. zu setzen, daß Herr M. Francke, wenn er ihre
Zu
|| [288]
hörer informiren wolle, ausser seinem
Sprenckel gekommen, aus welchem vergalleten Gemüth auch ferner die
allerbittersten Reden gegen dessen Vater, Bruder auch andere Leute, so sich der
Frömmigkeit befliessen, so wohl in Privat-Unterredungen, als absonderlich bey
öffentlicher Kirchen-Versammlung entsprungen, daß sie mit dem Nahmen der
falschen Propheten, (nach des Herrn Adjuncti eigenem Geständniß in Actis
Superint. p. 20.) Pietisten, Enthusiasten, Quacker, stinckenden Wiedehopffen,
unpflätigen Schweine, Lotterbuben, und andern deren derselbe in der verfertigten
Apologie fol. 80. quaest. 12. etliche neuntzig erzehlet, beleget worden, wobey
sonderlich wohl zu mercken ist, daß da Anno 1692. der Herr Adjunctus nach seiner
Methode alle Sonntage aus den Evangeliis einen Baum vorgestellet, und einsmahls
dessen Vater zu ihm gangen, und admissionem ad S. coenam gesuchet, auch endlich
wiewohl mit grosser Mühe dieselbe erhalten, und dabey der Herr Adjunctus ihm
unterschiedliches Anmuthen gewesen, so er salva conscientia nicht einwilligen
können, besagter Herr Adjunctus darauff den Zorn sich dergestalt einnehmen
lassen, daß er dessen Vater gedrohet, er wolle nächstkünfftig den Stinckbaum
vorstellen, welches er denn auch darauff am 7ten August. besagten Jahres, da
dessen Vater zum Abendmahl gegangen, würcklich verrichtet, und denselben nebst
den Seinigen vor der Gemeine recht stinckend gemachet, v. spec. facti §. 39.
nicht weniger von eben besagten Herrn Adjuncti erbitterten Gemüth seine in Act.
Commistor. fol. 134. übergebene so genannte nöthige Verantwortung durch und
durch zeuget, als welche mit den grausamsten Läster-Worten angefüllet ist, und
der Herr Adjunctus, wiewohl auff eine lächerliche Art, dessen Vater und
Angehörige zu Ubertretern aller Gebote GOttes machen wollen, wenn er in specie
als ein peccatum contra secundum praeceptum, daß dessen Vater sich stets auf den
allwissenden GOTT bezöge, und als ein peccatum contra sextum praeceptum, daß
dessen Schwester meyne, Christus seye ihr Bräutigam, und wolle nicht vom
Ehestand hören, angeführet, dergleichen Exempla unzähliche so wohl von dem Herrn
Adjuncto, als auch dem Herrn Diacono anzuziehen wären, wenn nicht allbereit
derselbe in specie facti und der Apologie sich weitläufftig ex Actis colligiret:
hiernächst die Acta auch notorium machen, daß, da bey dem Herrn Superintendenten
zu Saalfeldt, als welcher über Pößneck die Inspection mit hat, die erste
Instantz gewesen, und also die Herren Prediger zu Pöß
|| [289]
neck die Sache zu erst an ihn sollen gelangen lassen, sie dennoch
demselben niemahlen etwas davon berichtet, sondern sich gleich an den Herrn
General-Superintendenten zu Altenburg gewendet, und diesem, zugleich aber auch
dem Consistorio, als dessen Membrum er ist, eröffnet, daß Herr M. Franck in
Pößneck gewesen, wobey es gleichviel ist, es mag privatissime, privatim oder
publice geschehen seyn, indem es doch wahr bleibet, daß die Herren Prediger den
Herrn Superintendenten zu Saalfeld, (von welchem sie vielleicht vermuthet, daß
er nicht so fort ihre ketzermacherische Intention secundiren möchte,)
vorbeygangen, und ihm weder ab initio, noch hernach das geringste von der Sachen
hinterbracht, und ob gleich endlich Ihro Hochfl. Durchl. zu Saalfeld per
speciale Rescriptum in Actis Superintend. fol. 1. dem Herrn Superintendenten die
Untersuchung dieser Sache anbefohlen, wobey es folgends in Rescripto ad senatum
Poesneccensem, Act. Senat. fol. 27. nochmahls gelassen worden, hiernächst auch
besagter Herr Superintendens zu Saalfeld, nachdem einige von denen verdächtig
gehaltenen Leuten sich über derer Herren Prediger continuirliche Schmähungen auf
der Cantzel beschwehret, ihnen biß zu Untersuchung der Sachen mit solchen
Schmähungen inne zu halten angedeutet, Act. Superint. f. 91. & 94. Sie
dennoch solches alles im geringsten nicht geachtet, sondern wohl gar den Herrn
Superintendenten selbst verdächtig machen wollen, wie denn der Herr Adjunctus
nicht lang nach dem ersten Verboth des Herrn Superintendenten Act. Consist. f.
141. an den Cantzley Actuarium zu Altenburg schreibet, es scheine, als bekämen
die Pietisten Rückhalter; hierbey aber denen Herren Predigern nicht zu statten
kommen mag, daß sie von sich angezogen, es wäre ihnen von dem Consistorio
anbefohlen worden, wider die einschleichende Irrthümer zu predigen, weil sie
solche Consistorial-Befehliche durch ihre continuirliche Querelen und falsche
Auflagen selbst extorquiret, wiewohl auch das Consistorium sie dabey erinnert,
alles vorhero wohl zu untersuchen, und wenn sie rechten Grund hätten, alsdann
erst, jedoch mit guter Behutsamkeit in abmahnen und straffen fortzufahren, uti
sonant verba Mandati in Actis Senat. fol. 49. b. sub lit. C. wozu sie aber ihre
Affecten nicht kommen lassen: im gegentheil dasjenige, so die Herren Prediger
tanquam injurias ipsis illatas anziehen, pro injuriis nicht aufgenommen werden
kan, indem die Herren Prediger ingleichen das Consi
|| [290]
storium per juramentum, ut in quaest. 2. deductum fuit, injustissime
extortum dessen Vater und Bruder gleichsam mit der grössesten Gewalt forciret,
daß sie um ihre gerechte Sache zu retten, dasjenige endlich heraus sagen müssen,
wovon sie sonsten wohl geschwiegen hätten, wenn sie nur vor denen Herren
Predigern hätte Friede haben können, da sie nemlich die Herren Prediger für
rechtschaffene Seelen-Hirten erkennen sollen, und ihnen doch ex fructibus eorum
das contrarium bekannt gewesen, dannenhero sie nicht in dolo versiret, quo
cessante, etiam injuria facta dici nequit, l. 3. §. 1. 3. 4.
l. 44. ff. de injur. So erscheinet daraus allenthalben so viel, daß die
Seinigen von aller Inquisition gäntzlich, auch quoad omnes expensas, zu
entbinden, hergegen die Herren Prediger zu Pößneck wegen ihrer ungegründeten
Denunciation und Diffamation dessen Vater und übrigen Angehörigen gebührliche
Satisfaction zu geben, auch allen verursachten Schimpff, Schäden und Unkosten zu
erstatten schuldig, und werden dieselben hierüber wegen des der gantzen Gemeine
und Kirchen gegebenen vieljährigen Aergernisses und Ungehorsams gegen ihren
Landes-Fürsten und vorgesetzten Ephorum, den Herren Superintendenten zu Saalfeld
mit arbitrar Straffe, so zum wenigsten auf eine jährige Suspension ab officio
cum effectu, (daß sie in währender Zeit auch keine Accidentia genössen,)
ankommen würde, nicht unbillig bestrafft.
(IV. Frage. Von der Nullität so bey Verschickung der Acten
begangen worden.)
Auf die vierdte und letzte Frage erachte ich vor Recht. Hat dessen Vater, Bruder
und Angehörige wider die Theologische und Juristen Facultät zu Jena, wegen
einiger in dergleichen Sachen eine zeithero verspührten Partheylichkeiten auch
anderer Ursachen halben protestiret, es haben aber dessen unerachtet die zuletzt
verordnet gewesene Fürstl. Herren Commissarii die in dieser Sachen ergangene
Acta zum Spruch Rechtens an bemeldete Collegia verschicket, und dessen Vater und
Bruder zur Irrotulation und Transmission der Acten gar nicht einmahl citiret,
und es will derselbe berichtet seyn, ob nicht mit solcher geschehenen
Verschickung der Acten nulliter
verfahren, und dannenhero das Urtheil an dessen Vater und Bruder salvo jure & Processu nicht exequiret werden könne, sondern vielmehr ab
Actis zu removiren sey, und ob nicht inskünfftige
dergleichen Protestation auch wider andere suspecte Collegia zu attendiren,
und wenn ea non attenta neque facta praevia ad irrotulationem
Citatione noch ferner mit Verschickung der Acten verfahren wer
|| [291]
den solte, auch die so
dann erfolgenden sententiae pro vitio Nullitatis
laborantibus zu achten seyn würden?
Ob nun wohl etliche Rechtslehrer der Meinung sind, quod(Scheingründe, diese Nullität zu bemänteln.) protestatio inquisiti
contra unum & alterum Collegium facta attendi non debeat, cum interdum
versutiores inquisiti contra unam & alteram facultatem, a qua forte
abnutivum responsum acceperant, excipere nulla aliqua causa allegata, vel etiam
plura excipere collegia soleant, ut forte transmittantur Acta ad id Collegium, a
quo favorabile responsum acceperant, uti loquitur Brunnem. Proc. inquis. c. 8. Memb. 4. n. 10. qui etiam dicit, consvetudine
observari, quod ad irrotulationem Actorum citari non soleat inquisitus, alleg. loc. n. 11. wie denn auch anderer DD. asserta
dahin gehen, quod ea, quae conscientiae Judicis permittuntur, ipse etiam
partibus non citatis expedire, adeoque & acta partibus non citatis ad
sapientis consilium transmittere possit, Schrader de feud.
Part. 10. Sect. 14. num. 17. ubi hanc DD. dissentientium opinionem
allegat.
Dennoch aber und dieweil regulariter so wohl in Civilibus,(Beantwortung derselben.) als Criminalibus causis
denen Partheyen zugelassen ist, wieder ein und ander Collegium zu excipiren,
Schrader de feud. Part. 10. Sect. 14. n. 19. ubi maximum
numerum Autorum pro hac sententia facientium allegat, Stephani de offic. Jud. l. 5. C. 12. n. 9. 10. Suendendorff. ad Fibigii Process. c. 2 §. XVII. p. 280. wie denn auch
Brunnem. Proc. inquis. c. 8. Membr. 4. n. 10. nicht gäntzlich alle Facultatem
excipiendi contra unum vel alterum Collegium denen inquisiten abschneiden will,
sondern seine Meinung nur dahin gehet, daß solche facultas ad duo vel tria
Collegia möge restringiret werden, daß also wieder mehr, als 2. oder 3.
Facultäten zu excipiren nicht vergönnet werde, womit auch einstimmet Käyser in
der Anweisung zum Inquisition und Achts-Process Cap. 8. §. 9. hiernächst auch derer meisten DD.
Meinung nach keine irrotulatio geschehen soll, nisi partes ad hoc citatae
fuerint. Fibig. in Process. c. 2. §. 17. ibi: partibus ad hoc
specialiter citatis, Schrader & Stephani d.
l. n. 11. wie denn in specie Kayser alleg. loc. §.
8. dieses unter andern auch aus der Gothaischen Gerichts- und Process.
Ordnung und einem Rescripto, so dieses Puncts halben A. 1674. von Altenburg
ergangen, deutlich erweiset, als worinnen decidiret, daß nicht allein die Acten
in gegen
|| [292]
wart des Defensoris versiegelt, sondern
auch demselben die verfaßte Urtheils-Frage zu lesen gegeben werden solle, von
welchem Deciso und Landes Observantz die Herren Commissarii abzugehen nicht
befugt gewesen, im übrigen juris noti, quod ea, quae contra Leges fiant, sint
nulla, l. 5. C. de LL. So erscheinet daraus so viel, daß
mit der Verschickung der wieder dessen Vater und Bruder ergangenen Acten von den
Herren Commissariis nulliter verfahren worden, auch wenn ins künfftige
dergleichen geschehen solte, so dann die erfolgende Sententz eodem nullitatis
vitio Iaboriren würde, und daß dannenhero das von Jena eingeholete Urtheil zur
Execution nicht gebracht werden möge, besondern ab Actis zu removiren, oder doch
zum allerwenigsten dessen Vater und Bruder mit ihrer ferneren Defension dawieder
zu zulassen seyen, alles V. R. W.
(Erinnerung daß nicht die Ketzerey sondern die
Ketzermacherey eine Missethat sey.)
§. III. Ich habe bey Beantwortung der ersten Frage unter andern Erwehnung gethan,
daß ich anderswo ausgeführet hätte wie die Ketzerey kein Laster sey. Denn ich
hatte damahls schon das Jahr vorher Anno 1697. eine eigene Disputation von
dieser Materie gehalten, und mit grosser Behutsamkeit besagte Meinung zu
vertheydigen mich bemühet, indem dieser Haupt Grund des politischen Pabsithums
auch bey denen Unserigen so tieff eingewurtzelt war, daß ich noch nicht rathsam
fande, diese Doctrin so platterdings zu bejahen. Aber die Warheit hat nichts
destoweniger bey vielen durchgedrungen, dergestalt daß Herr D. Titius zu Leipzig
in seiner Anno 1701. publicirten Probe des Geistlichen Rechts nicht allein diese
Doctrin ohne fernere Verdeckung weiter vertheydigte, sondern auch gar an statt
der Ketzerey die orthodoxe Ketzermacherey, oder, wie er
es damahls nur nennete, den Gewissens-Zwang zum Verbrechen und Laster machte,
und ihn die Eyfferer ihres Grißgramens ungeachtet, dennoch nicht hindern konten,
daß er nicht nachhero Professionem publicam erlanget hätte, wie aus dessen
Erklärung einiger in der Probe des Geistlichen Rechts vorkommenden
zweiffelhafften Stellen genungsam abzunehmen. Siehe auch die Noten über den
Lancelottum p. 1970. seq.
|| [293]
§. I.
IN IIX. Handel des andern theils ist ausführlich gehandelt worden(Vorerinnerung.) von der Streitigkeit unter denen
Evangelischen Theologen wegen Zuläßigkeit der Ehe mit des verstorbenen Weibes
Schwester. So ist auch in II. und III. Handel dieses vierten Theils
handgreiflich gezeiget worden, daß der Päpstische Bindeschlüssel ein
vortrefliches scheinheiliges Remedium sey, sich der weltlichen Obrigkeit zu
wiedersetzen. Beydes wird durch gegenwärtigen Handel noch mehr erleutert werden,
der in October des 1719. Jahrs an beyde hiesige Facultäten, die Theologische und
Juristische von Bürgermeister und Rath einer freyen Reichsstadt D. geschicket
wurde, und mit zwey Worten darinnen bestand, daß der Magistrat, ohne sich bey
denen dasigen Predigern Raths zu erhohlen einem Bürger vergönnet hätte, seiner
verstorbenen Frauen Schwester zu heyrathen; die Prediger aber wolten die neuen
Eheleute nicht zur Beicht und Abendmahl lassen, sondern bedienten sich des
sogenannten Bindeschlüssels zwar unmittelbar wieder sie, aber doch zugleich
mittelbahr wieder die Obrigkeit, indem sie auf Befehl ihren Unfug einzustellen
more solito ihr Gewissen vorschützten: Weßhalben a Magistratu Uns zwar keine
Acta zugeschicket wurden, sondern man begehrte nur ein Responsum von Uns.
§. II. Ob nun wohl es überflüßig scheinen möchte das an uns geschehene(Die an Uns ergangene Frage.) Petitum ausführlich
zu communiciren, zumahlen da ohne dem in unsern Responso die Species facti
wiederhohlet worden, so wird doch eines theils die Kürtze desselbigen, andern
theils aber dasjenige, was in dem folgenden §. wird gemeldet werden, mich
entschuldigen, daß ich dasselbige von Wort zu Wort hieher setze. P. P. Ew. Ew.
Hoch-Ehrw. Hoch-Edelgeb. und Gestr. können wir nicht verhalten, was massen dem
in hiesiger Graffschafft wohnenden Schultzen zu C. cum causae
cognitione erlaubet, seiner ohne Kinder verstorbenen Frauen ihre
Schwester zu heyrathen, dieselbe seyn auch darauf copuliret, wie sich aber zugetragen, daß die Frau schwan
|| [294]
ger worden, und diese beyde Eheleute sich
vorgenommen, zum H. Abendmahl zu gehen, haben die Geistliche derjenigen Kirche,
worinnen eingepfarret, dieselbe ad usum sacrae coenae zu
admittiren sich geweigert, und ob wir zwar ihnen
solches anfänglich ohne Poen, nachgehends bey Straffe,
und endlich sub Poena remotionis auferlegt; So weigern
sich doch darunter vor wie nach, vorgebend, es gienge wieder ihr Gewissen, und
könten ihnen das Abendmahl nicht reichen, es wäre dann, daß sich wieder separiren liessen. Wir haben demnach Ew. Ew. Hoch-Ehrw.
und Hoch-Edelgeb. Gestr. rechtliches Bedencken darüber hiermit einhohlen wollen,
da wir Krafft juris Episcopalis & inde dependentis
juris dispensandi darüber dispensiret, daß der
Schultze zu C. seiner verstorbenen Frauen Schwester geheyrathet, die Heyrath
auch durch Priesterliche Copulation vollenzogen, und die
Frau schweren Fusses gehet, ob bey so gestalten Sachen die Prediger der Kirchen,
worin̅en vorgemeldete Eheleute eingepfarret, schuldig und
gehalten seyn, dieselbe ad usum sacrae coenae zu admittiren, und wir auf ausgelassene Bescheider zu
halten befugt seyn oder nicht, und wie gegen dieselbe bey fernerer Weigerung
zuverfahren, dieselbe damit in den Schutz GOttes empfehlen. Geben unter unsern
Secret Insiegel den 18. Sept.
1719. Es ist hierinnen nichts verdruckt, oder ausgelassen; ob schon
vielleicht jemand, der etwan des Meißnischen Stili gewohnet, solches düncken
möchte.
(Worum auf selbige nur von Unserer Facultät, ein Responsum decisium erfolget.)
§. III. Gleichwie es nun nichts seltzames, daß auch in einen Collegio die Vota
nicht allemahl einstimmig seyn; Also muß man sich auch nicht wundern, wenn in
zweyen unterschiedenen Facultäten auf eine Frage unterschiedene Antworten
fallen. Denn die Freyheit muß einen jeden membro Collegii, noch mehr aber einer
jeden Facultät nach ihrem Gewissen billig überlassen werden, jedoch mit dem
Unterscheid, daß in einem Collegio die vota majora überwiegen, in zweyen
Facultäten aber einer jeden ihr conclusum in denen Responsis zu attendiren ist.
Derowegen befrembdete es auch uns nicht, als wir a Pl. Reverenda Facultate
Theologica folgende Resolution erhielten. Weil in so wichtiger Sache keine Acta vorhanden, und in specie
der Prediger ihre Rationes nicht communiciret worden, trägt Facultas Theologica
Bedencken, ein finales Responsum zu geben; hält aber
dafür, wenn die Prediger ihre Rationes negandi vor
|| [295]
sich haben, daß Magistratus
verbunden sey, selbigen mit Grund aus GOttes Wort zu begegnen, oder sie von
andern, nach dem Wort GOttes, wie fern sie gültig oder unzulänglich seyn, examiniren zu lassen, damit, wenn dieses letzte wäre,
die Gewissen vielmehr durch gute Gegengründe überzeuget, als mit einem
Macht-Spruch in der Sache gedrungen werden möge, und bittet Facultas Theologica, diese Responsionem
suspensivam dem Responso Juridico ohnschwer
beyzufügen, oder, wenn man deßfalls Bedencken findet, so wird Facultas Theologica ihr Gutachten besonders von sich stellen. Halle
den 9. Octobr. 1719. Was nun hierauf von Unserer
Facultät geschlossen worden, zeiget folgende Antwort: Die Juristische Facultät trägt gar kein Bedencken,
die Responsionem suspensivam der Löbl. Theologischen Facultät ihrem Responso mit beyzufügen, welches nach dem heutigen Concluso dahin gehet, daß suppositis
in praemissa specic facti circumstantiis, wie man solche an Uns
berichtet, die Prediger schuldig seyn, die Eheleute quaestionis ad usum sacrae Coenae zu admittiren, in Verbleibung dessen wäre der Magistrat wohl befugt, die ihnen gedrohete Straffe der Remotion zu exequiren; Es wolte dann derselbe,
allerhand besorgliche Weiterungen zu vermeiden, vor der Execution annoch versuchen, ob sie nicht praeliminariter durch Dictirung einer oder der
andern nach drücklichen Geld-Straffe die Hartnäckigkeit der Prediger überwünden
könten, daß es so dann der Remotion nicht gebrauchte.
Indessen aber wäre denen Eheleuten quaestionis, wenn sie
solches begehren solten, auch zu vergönnen, daß sie interim bey andern Predigern ausser ihrer Parochic
des Heil. Abendmahls gebrauchen möchten. Welches ich nicht unterlassen sollen,
wiederum zur freundlichen Nachricht zu ertheilen. Halle den 10. Octobr. 1719.
§. IV. Was nun unser Responsum selbst betrifft, so erforderten(Das Responsum selbst.
Eingang,) jetztgemeldte Umstände, daß selbiges mit desto mehrer
Behutsamkeit ausgefertiget würde. Als die Herren einen Bericht nebst zweyen
unterschiedenen Fragen an die hiesige Theologische und Juristische Facultät
geschickt, die Herren Theologi aber laut der Beylage sub A. Bedencken gehabt,
alsobald ein Decisiv Responsum zu geben, sondern ihre responsionem suspensivam
mit zu überschicken gebethen; demnach etc. und zwar anfänglich auf die erste
Frage etc.
|| [296]
(Erzehlung der Geschicht.)
Haben die Herren, als nemlich Bargemeister und Rath der Kayserlichen und des
Römischen Reichs freyen Stadt D. dem in dasiger Graffschafft wohnenden Schultzen
zu C. cum causae cognitione erlaubet, seiner ohne Kinder verstorbenen Frauen
ihre Schwester zu heyrathen, massen auch dieselbe darauf copuliret und die Frau
nunmehro schwanger worden. Als sich aber diese beyde Eheleuthe nachhero
vorgenommen zum heiligen Abendmahl zu gehen, haben die Prediger derjenigen
Kirche, worinnen dieselbe eingepfarret sind, sich geweigert, sie ad usum sacrae
coenae zu admittiren; Und ob wohl die Herren ihnen solches zu thun anfänglich
ohne Straffe, nachgehends aber bey Straffe, und endlich sub poena remotionis
auferleget; So haben sich doch besagte Prediger bißher diesen Praeceptis zu
gehorsamen beständig geweigert, unter dem Vorwand, es gienge diese Zulassung
wider ihr Gewissen, und könnten sie denen beyden (I.
Frage. Ob die dictirte Straffe nicht zur Execution zu
bringen.) Eheleuten, ehe und bevor selbige sich wider separiren liessen,
das heilige Nachtmahl nicht reichen, dannenhero die Herren berichtet seyn
wollen, ob bey so bewandten Umständen dieselben nicht befugt wären, über die
ertheilte Verordnungen zu halten, und die Prediger nicht schuldig wären, die
obgedachten Eheleute ad usum sacrae Coenae zu admittiren
(Vorerinnerung wegen Mangel etlicher Umstände.)
Ob nun wohl wir auch selbst zu förderst hätten wünschen mögen, daß uns die zu
dieser Sache gehörigen Acten oder Registraturen völlig wären mit geschicket
worden, oder wir doch, welches mit wenig Worten hätte geschehen können, wären
etwas deutlicher berichtet worden, ob nicht die beyden Eheleute von einen
Prediger der Parochie, worinnen sie eingepfarret gewesen, oder von einen andern,
und aus was Ursachen, getrauet worden, ingleichen unter was für einer Straffe
Bedrohung die andere an die Prediger ergangene Auflage geschehen, wie nicht
weniger, ob die übrigen Prediger unter Dortmündischer Bothmäßigkeit mit denen
Predigern erwehnter Parochie gleich gesinnet, oder denen Herren mehr Gehorsam zu
leisten geneigt wären; massen uns dieses sonderlich bey Beantwortung der andern
Frage, und sonsten ein grosses Licht würde gegeben (Schein-Ursachen für die Prediger.) haben; Hiernechst wider die Herren
von denen Predigern quaestionis angeführet werden möchte, daß gleichwohl die
meisten berühmten Theologi und JCti von allen dreyen im Römischen Reich
gedulteten (I. Daß die Ehe mit des Weibes
Schwester) Religionen der ernstlichen Meynung wären, daß des verstorbenen
Weibes Schwester in göttlichen Gesetz wo nicht mit ausdrücklichen Worten,
dennoch durch vernünfftige und von reinen Theologis ap
|| [297]
probirte Auslegungen verboten, auch dieses Verbot als ein
allgemeines(von GOtt verboten.) Gesetz (lex
moralis) alle Menschen und nicht das jüdische Volck alleine angienge, und
dannenhero keine weltliche Obrigkeit in Zulassung dergleichen Ehe dispensiren
könne, oder wenn ja solches geschehe, treue Lehrer(II.
Daß Prediger wider die Sacraments-Verächter eyffern müsten.) und
Prediger nothwendig vor den Riß tretten, und dergleichen unchristlichen Beginnen
widerstehen müsten, zumahlen in Ehesachen, und da nach dem Lutherischen kleinen
Catechismo in dem Ehestand das Sacrament JEsu Christi und der Kirchen, seiner
Braut, bezeichnet worden, und ihnen also nach ihrer Pflicht obliege, dergleichen
Sacraments-Verächtern nach Vermögen Widerstand zu thun; Dannenhero die Herren
sich desto weniger über sie beschweren könnten, weil sie biß anhero denenselben
nicht einmahl Active widerstanden, oder sie und die Eheleuthe auf der Cantzel
oder schrifftlich wegen dieses facti bestrafft, sonder sich nur mere(III. Daß sie sich nur mere passive verhalten und nach
ihrem Gewissen gethan.) passive verhalten, und denen Eheleuten das
Heil. Nachtmahl nicht hätten reichen wollen, zu welchen man sie ohne dem nicht
zwingen könnte, weil sie nach ihrem in besagter gemeinen Meynung gegründeten
Gewissen, diese Ehe für eine öffentliche Hurerey hielten, und dieser schwehren
Sünde sich würden theilhafftig machen, wenn sie dieses so öffentliche und
notorische Laster durch die absolution und Reichung des Heil. Nachtmahls ohne
vorhergehende separation, gleichsam approbirten, oder sich doch desselbigen
theilhafftig machten, sondern sie dießfalls GOtt mehr gehorchen müsten, als
denen Menschen; zugeschweigen, daß man ex parte Magistratus durch die ergangne
drey Befehle nulliter verfahren, indem(IV. Daß
Magistratus nulliter verfahren.) man solchergestalt ab executione
angefangen, da man sie doch vorhero hätte genüglich hören, und bey auswärtigen
der reinen Lehre zugethanen Theologischen und Juristischen Facultäten die
Urtheil, jedoch servato debito processus ordine hätte einhohlen, und ihnen ihre
etwa dawider habende remedia suspensiva hätte zulassen sollen; und wenn auch
endlich allenfalls ihr Gewissen in diesem Stück (dessen sie doch vielmehr das
Gegentheil versichert wären) irren solte, dennoch dem Magistrat ex principiis
communibus moralibus bekannt seyn würde, daß man, so lange als man in dem
Irrthum stecke, auch nicht contra conscientiam erroneam ohne offenbahre Sünde
thun könne, und dannenhero dem Magistrat zuförderst obgelegen hätte, die
rationes der Prediger zu beantworten, und hernach die decision dieser controvers
der decision unpartheyischer Collegiorum zu übergeben, zumahlen da diese
|| [298]
controvers ihr eigenes factum beträffe, und sie also
nicht Parthey und Richter zugleich seyn könnten.
(General Justification daß unser Responsnm definitiv sey.)
Dennoch aber und dieweil der Mangel völliger Acten uns nicht hindern kan, von der
vorgelegten Frage unsere definitive Meynung zu entdecken, massen wir die uns
suppeditirte und dießfalls von uns in der specie facti erzehlte Umstände zum
Grunde setzen, und derer Richtigkeit praesupponiren, auch dergleichen decisiv
Responsa sonsten in genere bey allen oder (Beantwortung
der Scheingründe.) doch denen meisten Fällen allenthalben gebräuchlich
sind; Hiernechst die Frage, ob es nach göttlichen alle Menschen angehenden
Rechten vergönnet sey, seines verstorbenen Weibes Schwester zu heyrathen
allbereit seiter sechtzig Jahren und drüber gar vielfältig sonderlich in unserer
Lutherischen (I. Wegen des Verbots von der Ehe mit des
Weibes Schwester.) Kirche zwischen berühmten Theologis und JCtis
weitläufftig und ausführlich in utramque partem disputiret worden, dabey denn
der meiste und berühmteste Theil derselben, oder doch zum wenigsten die
vernünfftigsten und von denen schädlichen praejudiciis autoritatis &
praecipitantiae am meisten entferneten Gründe dahin gegangen, 1.) daß die
Heyrath mit des verstorbenen Weibes Schwester nirgend im Mosaischen Gesetz
ausdrücklich verbothen sey; noch weniger aber 2.) das argument von der
verbothenen Ehe des Brudern Weides auf des Weibes Schwester gnugsam gegründet,
sondern schon von vielen Gelehrten gezeiget worden, daß in Auslegung des
Mosaischen Gesetzes von verbothenen Ehen nicht auf die grade, sondern
schlechterdings auf die daselbst genennete Personen gesehen werden müsse; oder
wenn auch allenfalls des Weibes Schwester propter paritatem gradus unter des
Brudern Weibe begriffen seyn solte, daß dennoch 3.) solche paritas gradus auch
darinnen müsse attendiret werden, daß wie ein Bruder seines Brudern Weib, wenn
der Verstorbene keine Kinder mit ihr gezeuget, per legem Mosaicam nehmen sollen;
also auch ein Mann seines Weibes Schwester zum wenigsten nehmen dürffe, wenn er,
wie im gegenwärtigen Fall geschehen, mit dem Verstorbenen Weibe keine Kinder
gezeuget, oder daß, wenn auch schon die Sache ausgemachet und unzweiffelhafft
wäre, daß Moses mit klaren Worten verbothen hätte, seines verstorbenen Weibes
Schwester zu heyrathen, wenn auch gleich keine Kinder mit derselbigen wären
gezeuget worden, dennoch 4.) das Mosaische Gesetz in allen denen Verbochen, die
die Seiten-Linie, so wohl in der Blut-Freundschafft als Schwägerschafft,
betrifft, die Juden alleine angienge, und die Christen keinesweges verbinde, und
also nicht ad leges morales sondern ad fo
|| [299]
renses
zu rechnen wäre; oder wenn auch gleich die Christen vermittelst dieses Gesetzes
obligiret wären, des Weibes Schwester nicht zu heyrathen, dennoch 5) ob favorem
& honorem matrimonii dergleichen Ehen, wenn sie einmahl geschlossen, und
vollzogen wären, nicht wieder getrennet werden könnten; zugeschweigen, daß schon
Lutherus zu seiner Zeit die Ehe mit des verstorbenen Weibes Schwester für
zuläßlich gehalten; und nunmehro unpartheyische und nicht mehr an denen
Praejudiciis klebende Theologi und JCti die Wahrheit dieser Meynungen desto
begieriger erkenneten, und selbe vertheydigten, jemehr sie nunmehro vermittelst
der durch GOttes Gnade seit 50. Jahren ausgebesserten Morale, ingleichen des
natürlichen Rechts und der Kirchen-Historie, desto weiter in die Tieffe des
politischen Pabstthums,(Heutige̅
Einsicht in die Papistische Reliquien in der Lehre von Ehe-Sachen.)
und in die Grund-Ursachen derer bißherigen gemeinen irrigen Lehren von
Ehe-Sachen eingesehen hätten; daß man nemlich auch die einfältigsten und
ungegründesten Meynungen der so genannten alten Kirch-Väter für Evangelia und
Glaubens-Articul angenommen; daß man noch aus vielen andern politischen Ursachen
nach und nach die Ehe zu einem Sacrament gemachet, und mithin die decisiones
controversiarum matrimonialium alleine für die Clerisey gezogen; daß vermittelst
dieses Streiches man Könige und Fürsten und alle Weltliche Obrigkeiten guten
theils gezwungen, Sclaven des Pabsts und der Clerisey zu seyn; daß obschon
Lutherus in seinem Catechismo allbereit gestanden, daß die Ehe ein weltlich
Geschäffte sey, und dannenhero die Einrichtung derselben ingleichen die
Gesetzgebung wegen dieser Einrichtung, und Dispensirung über diese Gesetze
alleine für die weltliche Obrigkeit gehören sollten, man dennoch unter denen
Lutheranern sehr späte, und nach und nach durch viele Stuffen die Falschheit der
Lehre von dem Sacrament des Ehestandes zu erkennen angefangen, und nachdem man
auch solches genugsam erkannt, dennoch biß zu unsern Zeiten viel irrige
Conclusiones, die hauptsächlich aus der falschen Meynung de sacramento
matrimonii hergeflossen, in unserer Jurisprudentia Ecclesiastica beybehalten, u.
s. w. Vide notas variorum ad Lancellot. Inst. Jur. Canon.
nota 250. ad lib. 2. p. 780-788. Ferner in gegenwärtigen(II. Daß hier keine offenbahre Sünde vorhanden.)
Casu es darauf gantz nicht ankommet, ob die Prediger, die sich der Obrigkeit
widersetzt, schuldig wären, auch ihres Orts zu glauben, daß ein Mann seines
verstorbenen Weibes Schwester heyrathen dörffe, indem man auf Seiten des
Magistrats ihnen dieses niemahlen zugemuthet, sondern ob sie befugt gewesen,
wenn sie auch die alte unge
|| [300]
gründete Meynung
annoch in ihrem Gewissen für wahr gehalten, die neuen praecedente causae
cognitione jussu magistratus getrauete Eheleute vom Gebrauch des Heil.
Nachtmahls zu excludiren; bey dieser Frage aber anfänglich auch diejenige, die
sonst noch heute zu Tage denen Evangelischen Lehrern diese Macht privata
autoritate & absque praecedente jussu magistratus die Sünder von dem
Gebrauch des Heil. Nachtmahls auszuschliessen, einräumen, solches doch
gemeiniglich von offenbahren und notorischen Sündern alleine verstehen, und
dahin restringiren, in gegenwärtigen Casu aber zwar public und notorisch ist,
daß ein Mann seiner verstorbenen Frauen Schwester geheyrathet, aber eben um
deßwegen, daß von so vielen vornehmen Evangelischen Theologis und JCtis
dergleichen Heyrath für zuläßlich gehalten wird, es für keine offenbare und
notorische Sünde mag gehalten werden; hingegen aber unter denen heutigen
Theologis und Juristen auch in diesem Stück (Heutige
Einsicht in die Papistische Reliquien in der Lehre vom
Bindeschlüssel.) die Reliquien des politischen Pabstthums von vielen sind
erkannt worden; und daß nemlich auch diese Lehre, daß die Priester auch die
offenbahren Sünder eigenmächtiger Weise vom Gebrauch des Abendmahls
ausschliessen könnten, aus gantz offenbar irrigen und höchstgefährlichen
papentzenden, ja auf gewisse masse noch mehr als papistischen Principiis ihren
Uhrsprung genommen, und daß daraus nichts anders, als Ungehorsam und
Widersetzlichkeit der Prediger wider ihre rechtmäßige Obrigkeit, und zwar unter
dem Schein sonderbarer Gottesfurcht und Heiligkeit entstanden, weshalben auch
unterschiedene Evangelische Fürsten bewogen worden, allen Predigern dergleichen
eigenmächtige Ausschliessung vom Abendmahl ohne vorhergehenden Consens der
Obrigkeit nachdrücklich zu verbieten, zumahln da man erkannt, daß dieser kleine
Kirchen-Bann in dem Pabsthum den grossen so genanten Kirchen-Bann ausgehecket.
Videantur nota 218. ad. lib. 2. Lancelotti, pag. 758. seq. & ibi citati pag. 765. juncta nota
420. & 424. ad lib. 4. Titius Jurispr. priv.
lib. 9. c. 14. §. 12. seq. p. 1210. seq. His vero praesuppositis
offenbar, daß besagte Prediger zu D. in gegenwärtigem Fall sich ihrer
ordentlichen Obrigkeit und deren an sie ergangenen Befehligen offenbarlich
widersetzt, mithin auch die in rationibus dubitandi für selbige angeführte
Momenta gröstentheils von sich selbst hinfallen, absonderlich aber irrig ist,
wenn man vorgeben wolte, daß in Catechismo Lutheri die Ehe für ein Sacra
|| [301]
ment ausgegeben würde, ob schon Lutherus
gedacht, daß in derselbigen(III. Daß in Lutheri
Catechismo die Ehe für kein Sacrament ausgegeben werde.) das Sacrament
(oder wie es nach dem Grund-Text eigentlich lautet, das Geheimnüß) JEsu Christi
und der Kirche, seiner Braut, bezeichnet worden, als unter welchen beyden
Propositionibus ein grosser Unterscheid ist; ferner was den Vorwand betrifft,
daß die Prediger sich der Obrigkeit nicht actualiter widersetzten, sondern
denegatione hac sacrae coenae sich mere passive verhielten, auch darinnen ein
grober Brocken der Papistischen Clerisey verborgen lieget, immassen die
allgemeinen Reguln der gesunden Vernunfft jedermänniglich überzeugen, daß der
Gehorsam nicht(IV. Papentzendes mere passive
verhalten.) allein das Thun der anbefohlenen, sondern auch die
Unterlassung verbothener Dinge in sich begreiffe, und folglich auch der
Ungehorsam zweyerley sey, einer der in actione verbothener, der andere aber der
in omissione anbefohlener Sachen bestehet, und derowegen die Entschuldigung, daß
man bey dieser letzten Art sich mere passive verhalte, ein offenbahrer
Jesuitischer Streich sey, und unter diesem Praetext alle auch die gröbsten
Laster, als Mord, Diebstahl, Ehebruch u. d. g. wo nicht in der That würden
würcklich begangen, dennoch davon participiret werden, und man allezeit von der
durch diesen Concursum ad delictum wohlverdienten Straffe sich würde loßmachen
können: ferner das Vorgeben, daß bisher a magistratu(V. Nichtiger Vorwand daß Magistratus nulliter verfahren.) nulliter
verfahren und der Process ab executione angefangen worden, und man sie vielmehr
mit ihren Rationibus hören, und dieselbe an unpartheyische Facultäten zu
rechtlichem Verspruch schicken solte, ein gleichmässiger grober und mehr als
papentzender Fechter-Streich ist. Vid. dict. not. 218. p.
762. indem die weltliche Obrigkeit wo nicht um alle doch um die meisten
Jura circa sacra kommen würde, wenn sie bey noch so handgreiflichen Reliquiis
des politischen Pabstthums mit ihren unstreitigen Unterthanen, absonderlich aber
mit ihrem unruhigen ungehorsamen Clero in Zanck-Schrifften, oder unter dem
albernen und auf die Obrigkeit unvernünfftig applicirten Praetext, daß sie nicht
zugleich Richter und Parthey seyn könnten, in Proceß sich einlassen, und die
Consilia derer diesen anhängenden Facultäten von Universitäten einhohlen solten,
wie davon aus denen bekannten Wittenbergischen Consiliis, ingleichen Consiliis
Dedekenni und andern Consiliis gar viele Exempel, (da jemand daran zweiflen
solte,) angeführet werden könnten, zugeschweigen daß fürnemlich die Frage
darinnen bestehet; Ob die Prediger zu D. sich dem(VI.
Eigentlicher Status controversiae.)
Magistrat, als ihrer Obrigkeit, de
facto widersetzet; dieses Fa
|| [302]
ctum aber
per hactenus dicta an sich selbst notorium und offenbar ist; und dem Bericht
nach ante minas remotionis zwey andere Befehle vorher gegangen; endlich der
Vorwand, daß derjenige, der auch in conscientia erronea stecke, dennoch wider
diese Conscienz ohne offenbare Sünde nicht thun könne, gar leicht gehoben werden
kan, wenn solche Menschen alsdann (VII. Recommendirung
des mere passive Verhaltens bey erfolgter Remotion.) sich in so weit
durchgehends mere passive verhalten, und, wenn es anders wahr ist, daß ihr
Gewissen und nicht eine ihnen selbst wohlbewuste Boßheit, ihnen der Obrigkeit zu
willfahren nicht zulassen solte, so dann auch die Remotion gedultig und ohne
Aufwiegelung des gemeinen Volcks und anderer ihres gleichen leiden und annehmen,
als worzu auch selbst ein für die aufwieglerische Meynung sonst portirter
Theologus incliniret, vid. Koenig in Cas. Consc. loc. de
sacra Coena sect. 1. & dict. not. 218. p. 762. massen denn alle
Reguln gesunder Vernunfft, und alle nicht offenbar gottlose Rechte besagen, daß
wenn Obrigkeit und Unterthanen in Gewissens-Sachen streitig sind, und beyde
Partheyen ihr Gewissen vorschützen, beyderseits aber auch einander eines irrigen
Gewissens beschuldigen; so dann die Unterthanen mit ihrem Gewissen der
Obrigkeit, nicht aber diese jenen zu weichen schuldig (Beantwortung der ersten Frage.) sey. So erscheinet daraus
allenthalben, daß die Herren allerdings befugt, über denen an die Prediger
ertheilten Verordnungen zu halten, diese aber ihres bisher geschehenen
Einwendens ungeachtet die Eheleute quaestionis zu dem H.
Abendmahl anbefohlener massen zu admittiren schuldig
sind.
(II. Frage: wie die Sache klüglich anzufangen:)
Auf die andere Frage achten wir vor Recht: wird gefragt: wie denn gegen die
Prediger bey fernerer Weigerung zu verfahren? Ob es nun wohl scheinen möchte,
daß die Beantwortung dieser Frage ohnvonnöthen, indem, wenn die Herren befugt
sind, über ihre bereits ertheilte Verordnungen zu halten; sie auch nothwendig
befugt seyn müsten, die denen Predigern angedrohete Remotion zur Execution zu
bringen; D. a. d. wir nach etwas genauerer Erwegung dafür gehalten, daß diese
Frage nicht so wohl auf die Befügniß oder quid juris? als auf die Nutzbarkeit
des gemeinen Wesens, & quid consilii? ihr (Wenn
bey erfolgter Remotion ein Aufruhr etwa zu befahren?) Absehen richte,
hierbey aber bey denen verschwiegenen mehrern Special-Umständen wir etwan
vermuthen; daß die sich weigrenden Prediger ihre Widersetzlichkeit nicht würden
angefangen, noch dabey bißhero so hartnäckig würden beharret haben, wenn sie
nicht, da es zum Bruch oder Remotion kommen solte, sich einer nachdrücklichen
Assi
|| [303]
stenz vom gemeinen Volck oder von
andern Predigern in oder um die Stadt D. herum etwa zu hoffen hätten, bey diesen
Umständen aber billig zu befahren sey, daß sie bey der würcklichen Absetzung
sich nicht so mere passive verhalten, sondern ihre Anhänger entweder auf
öffentlicher Cantzel, oder doch unter der Hand anfrischen dörfften, und also
hieraus leichtlich ein Aufstand in der Stadt entstehen könnte, der vermögend
wäre, die intendirte remotion entweder gäntzlich zu hintertreiben, oder doch mit
prostitution der Obrigkeit deren execution auf eine geraume Zeit zu hindern,
mithin aber die beyden Eheleute gleichfalls würcklich der Geniessung des H.
Nachtmahls noch eine lange Zeit nach ihrem Muthwillen zu berauben; hingegen aber
dieser Befahrnüß leichtlich begegnet werden kan, wenn eines theils auf ein
Straff-Mittel gedacht wird, das von dem Magistrat selbst ohne sichtbaren(Nemlich durch mere passivische Geld-Bestraffung der
Prediger, und Vergönnung des Gebrauchs des Abendmahls ausser der
Parochie.) Zwang, und wenn er sich dabey nur mere passive verhält, zur
execution gebracht werden mag; andern theils aber denen Eheleuthen verstattet
wird, sich interim des H. Nachtmahls ausser ihrer parochie zu bedienen; und nach
denen Regeln gesunder Vernunfft, auch täglicher Erfahrung kein nachdrücklicher
und alle lasterhaffte Gemüths-Bewegungen, sonderlich aber die, so unter der Ehre
GOttes und Heiligkeit sich verkappen, und mere passive sich verhalten wollen,
dämpffendes Straff-Mittel ist, als wenn man die Ungehorsamen und Widerspenstigen
mit nachdrücklicher Geld-Straffe beleget, und bey noch fernerer continuation des
Ungehorsams die dosin der Geld-Busse verdoppelt, auch in gegenwärtigem casu bey
der execution derselben keine Gewaltthätigkeit vonnöthen ist, sondern der
Magistrat mit Zurückhaltung oder compensirung der denen Predigern sonst zu
zahlenden Besoldungen sich bezahlt machen kan, hierbey auch die Prediger, wenn
dergleichen Geld-Busse vor execution der remotion annoch dictiret würde, sich
nicht beschwehren könnten, daß sie mit der remotion zu geschwinde wären
übereylet oder allzuscharff bestraffet worden; und wenn auch die Geld-Straffe
über Verhoffen nicht durchdringen solte, dennoch die remotion als das letzte
Mittel allezeit noch übrig bleiben würde; So halten wir dafür, daß es bey
obgemeldten Umständen sehr rathsam seyn werde, daß vor execution der remotion denen widerspenstigen
Predigern nochmahl bey Andeutung einer nahmhafften Geld-Straffe anbefohlen
würde, die Eheleuthe quaestionis ad S. Coenam
zuzulassen; und wenn dieses nicht fruch
|| [304]
ten
wolte, alsdenn die vorige Geld-Straffe mit Innbehaltung ihrer Besoldungen sofort
eingetrieben, in der neuen Auflage aber dieselbe verdoppelt, mit dergleichen
neuer Verdoppelung auch, da es nöthig, das dritte mahl continuiret würde, und da auch diese dreyfache Geld-Straffe nicht
durchdringen wolte, als denn die execution der remotion für die Hand genommen, indessen aber denen zwey
Eheleuten, da sie solches verlangen solten, erlaubet würde, ausser der parochie, wo sie ihren Zweck am ersten zu erlangen sich
getraueten, so lange, biß die Prediger der parochie sich
zum Gehorsam bequemeten, sich des Gebrauchs des H. Abendmahls zu bedienen. Alles
von Rechts wegen.
IIX. Handel. Von Gültigkeit eines Testaments, Edirung eines Inventarii, und
dem Vermächtnüß das dem Schreiber des Testaments vermacht worden.
§. I.
(Impertinente formuln der
Testamente.)
DIe Römer waren gewohnet, und zwar aus vernünfftigen Ursachen, ohne hocus pocus
oder klopffechterisches Aufheben ihre Testamenta zu machen, und konte solches
nach Gelegenheit der Umstände in drey oder vier Zeilen bestehen. Nachdem aber
die Papistische Clerisey bey allen menschlichen Händeln, absonderlich aber bey
denen ihnen am meisten eintragenden Testamenten, unter dem Schein einer
sonderlichen GOttes-Furcht oder Beförderung GOttes Ehre, viele andächtige, und
die Canonisten viele andere überflüßige, auch zum theil impertinente formuln
eingeführet; so kan ein vernünfftiger Mann ohne Aergernüß und Betrübnüß fast
kein Testament zu Gesichte bekommen, in welchem nicht dergleichen sottisen
häuffig auzutreffen wären, fürnemlich aber, wenn er gleich anfangs lesen muß,
daß der Herr Testator seine Seele dem lieben GOtt und seinen Leib der Erden
vermacht, und zwar dieses zum öfftern mit vielen weitläufftigen contestationen
und Expressionen.
(Von der Formul daß man)
§. II. Hier muß ich wohl ein wenig innen halten, weil ich leicht vorher sehe, daß
bey Lesung dieser meiner Anmerckung viele von dem
|| [305]
Geschmack der gewöhnlichen Rechtsgelahrheit eingenommene auch sonst(seine Seele GOtt und den Leib der Erden empfehle die
Unser aller Mutter ist.) gute Gemüther, sich vielmehr über mich ärgern
und dencken dörfften: Es müsse doch wohl etwas daran seyn, daß man Thomasio eine
heimliche Atheisterey schuld gegeben, weil er die Gottseeligen Formuln in
Testamenten nicht leiden könte, sondern noch in seinem Alter darüber scoptisire.
Derowegen wird es nöthig seyn, daß ich kürtzlich zeige, wie mir bey der
Anmerckung des vorigen Paragraphi nie in die Gedancken kommen zu scoptisiren,
sondern daß ich solches mit guter Raison gethan, auch hierinnen andre berühmte
JCtos zum Vorgängern gehabt. Denn es hat schon längst vor mir jemand seine
Gedancken hiervon also eröffnet: Es ist Herkommens, spricht er, daß man in
Verfertigung des letzten Willens zuförderst vor seine Seele und Leib sorget: Für
die Seele, indem man dieselbe GOtt befiehlet, und Ihn andächtig anrufft, daß Er
zu seiner Zeit ihm eine seelige Abscheidung der Seele von dem Leibe vergönnen,
und die Seele in seine Hände nehmen wolle; welche Clausul zwar nicht vor überflüßig zu halten, so ferne man den Testator als einen Christen betrachtet, als welchem
oblieget, seine Seele täglich in die Hände seines Heylandes auf das andächtigste
zu empfehlen; aber in Ansehen des Testaments ist dieselbe nichts destoweniger
allerdings überflüßig, und ist dabey zu wünschen, daß diese Formul aus einer wahrhafften Andacht des Testamentmachers, und nicht
aus dem gewöhnlichen Stilo der Notarien herrührete. Es werden viele Dinge in dergleichen menschlichen
Handlungen gar gottseelig gebraucht, welche doch einen Mißbrauch des Namens
GOttes mit sich führen, wenn sie nicht aus Andacht geschehen. Was den Leib
betrifft, so braucht der Testator insgemein die Formul, daß er seinen Leib der allgemeinen Mutter der
Erde befehle. Aber was ist dieses anders, als daß der Testator hiermit bekennet daß er ein irrdischgesinneter Mensch (terrae
filius) gewesen. Denn sonst würde er wohl auch seinen Leib GOtt empfohlen haben,
indem ja der grosse GOtt versprochen, daß er unsere Gebeine bewahren wolle,
damit derer keines verlohren werde. Was hastu nun hier wieder zu sagen?
§. III. Ach spricht du, halt ein, du offenbahrer Spötter, der(Neuer Einwurff unzeitiger Eyfferer.) du selbst in
den angeführten Worten den Nahmen GOttes mißbrauchst, und mit deinem terrae
filio gantz zur Unzeit aufgezogen kömmst. Wol
|| [306]
te
GOtt du läsest fleißig in der Bibel, so würdest du diesen verdamten Schertz
gewiß unterlassen haben. Erinnerst du dich denn nicht mehr, daß du in deiner
Jugend in dem Syrach cap. 40. vers. 1. gelesen: Es ist ein elend jämmerlich Ding
um aller Menschen Leben, von Mutter Leibe an, bis sie in die Erde begraben
werden, die Unser aller Mutter ist. Hältest du denn den Gottseeligen Syrach auch
für einen irrdisch gesinneten Menschen oder terrae filium? Pfui schäme dich ins
Hertze hinein, wenn noch ein Fünckgen Scham bey dir ist. Welcher vernünfftiger
Mensch wolte nun wohl glauben, daß ein berühmter JCtus solche Sottisen solte
geschrieben haben? Und warum verschweigstu seinen Nahmen? Ich bleibe noch dabey,
daß ich alle Studiosos für dir warne, daß sie ja sich hütten auch deine
Juristische Schrifften zu lesen, und an deren Statt sich des Seeligen Herrn
Stryks, als deines Herren Antecessoris seines Usus moderni, auch der Cautelen
bey denen Contracten und Testamenten u. s. w. bedienen, da werden sie solche
gottlose Gedancken nimmer finden, sondern sich vielmehr eine gottseelige
Jurisprudentz angewöhnen.
(Beantwortung desselben.)
§. IV. Nun kömmt die Reyhe wieder an mich. Ich will mich aber bemühen, ohne
Eyffer auf diesen scheinheiligen Eyffer zu antworten: Höre auf mein Freund, und
fahre nicht weiter fort in deinen Lästern, denn sonst wirst du dich für der
gantzen erbaren Welt, und absonderlich für denen Strykianern auf eusserste
prostituiren. Ich habe nichts weniger, auch bey Anführung dieses Orts, gethan,
als geschertzet. Ich halte den Syrach viel höher als du und deines gleichen, und
pflege ihn nebst denen Sprüchen Salomonis meinen Zuhörern fleißig und zwar
dergestalt zu recommendiren, daß sie in diesen beyden Büchern mehr moralische
und politische wahre Weißheit, als in dem gantzen Aristotele, Platone, Seneca,
Epicuro und in allen heydnischen Philosophen antreffen werden. Ja ich bekenne
offenhertzig, daß ich es bey der Formul, wenn man (ausser den Testamenten)
seinen Leib der Erde befiehlet, die Unser aller Mutter ist, mehr mit dem Syrach
als mit dem berühmten JCto halte, aber daß ich doch deßhalben nicht auf ihn
lästern, sondern seine Objection als eine menschliche Schwachheit übersehe, und
es nur in diesem Stück mit ihm halte, daß ich es in den Testamenten eine
unzeitige und mit dem Mißbrauch Göttlichen Nahmens verknüpffte Formul zu seyn
achte, wenn man darinnen seine Seele GOtt und den Leib der Erden zu empfehlen
pfleget. Ich habe
|| [307]
aber besagten JCti gantze Worte
deswegen angeführet, damit man mich keiner Verstümmelung beschuldigen möge. Und
damit ich dir auf einmahl den Mund stopffe, so wisse, daß das, was ich in §. II.
angeführet, nicht meine, sondern meines seeligen Herren Antecessoris eigene und
von mir nur verdeutsche Worte sind, die du insgesamt in denen Cautelis
Testamentariis cap. 2. §. 6. finden wirst.
§. V. Ja ich werde mich dieses berühmten JCti Erinnerungen(Das an Uns geschickte Testament.) bey
gegenwärtigen Handel mehr bedienen, indem bey selbigen noch andere überflüßige,
unnöthige, ja zu weilen wo nicht thörichte, doch sehr unvernünfftige Testaments
formuln vorkommen werden. Nemlich es hatte ein Adeliches Fräulein Anno 1716.
folgendes Testament, welches zu denen an Uns geschickten Fragen Anlaß gegeben
verfertiget. Im Nahmen der unzertrennlichen Dreyeinigkeit. Amen! Demnach ich bey
mir reiflich erwogen, daß nichts gewissers als der zeitliche Todt, die Stunde
aber desselben ungewiß; Als habe ich Fräulein Maria Barbara von A. in
Betrachtung dessen und daß allhier keine bleibende Städte, sondern mein rechtes
und einiges Vaterland im Himmel sey, aus Nachlassung der Rechte, bey guter
Vernunfft, vollkömmlichen Sinnen und wohlbedächtigen Gemüthe mein Testament und
letztern Willen dato wohlbedächtig verordnet, gemachet und beschlossen, wie es
mit meiner sämtlichen Verlassenschafft nach meiner seeligen Friedefarth und
Abschied soll gehalten werden; Anfänglich nun befehle ich meine mit Christi Blut
theuer erkaufte Seele in die treuen Vater-Hände des grossen GOttes, den Leib
aber der Erden, die Unser aller Mutter ist, wohin er nach meinem seeligen
Ableben Christlichem Gebrauch nach und meinem Stande gemäß soll gebracht werden.
Was hiernächst meine zeitliche Verlassenschafft bewegliche und unbewegliche
anbelanget, so verordne in beständiger forma Rechtens, Maaß und Weise, daß
meinem Bruder, Herrn Frantz Heinrich von A. zwey hundert Thaler davon sollen
gereichet werden, desgleichen soll meiner Frau Schwester Tochter, Frau Anna
Sabina von A. gebohrne S. Sechshundert Thaler haben; Ferner ist mein Wille, daß
meiner Frau Schwester Tochter, Frau Maria Catharina von K. gebohrne von W. zwey
hundert Thaler bekomme, sothanes Geld aber ihrem Manne nicht verabfolget,
sondern daferne sie mit Tode abgehen möchte, auf ihre Kinder NB. fallen soll. So
will ich auch, daß meiner Frau Schwester Tochter, Frau Annen Dorotheen von N.
gebohrne
|| [308]
von W. zwey hundert Thaler bezahlet werden
sollen, wie nicht weniger verordne ich funffzig Thaler, Frauen Annen Margarethen
M. zu Z. zwölf Thaler aber der Kirchen desjenigen Orts, wo ich sterben oder
begraben werden möchte. Was so dann von meiner Verlassenschafft, es bestehe
solches worinnen es wolle, übrig bleiben wird, dasselbe alles und jedes, nichts
davon ausgeschlossen, soll Fräulein Eleonora von W. meiner Frau Schwester
Tochter, welche mir jederzeit mit treuer Pflege und Wartung in meiner
kräncklichen Leibes-Constitution an die Hand gegangen, und ich mir auch ferner
dergleichen biß an mein seeliges Ende von ihr verspreche, in Ansehung dessen
alleine vor sich haben und behalten, und damit als ihren Eigenthum umgehen und
gebahren, gestalten ich sie hiermit darzu zu meiner einigen wahren Erbin
honorabili institutionis titulo eingesetzet haben will, ich auch ihr die
Verfertigung eines inventarii, eydlichen Specisication, oder was sonsten von ihr gefodert werden
möchte, expresse erlasse; Und da auch eines oder das
andere von meinen Anverwandten dieser meiner Verordnung zu wider leben, und
damit nicht ersättiget seyn wolten, der oder dieselbe sollen desjenigen, so
ihnen hierinnen bestimmet und vermachet, entsetzet und entnommen, auch höheres
weiter niemanden als obigen, es sey, wer es wolle, was zu geben schuldig seyn.
Im Fall auch diese meine Verordnung nicht als ein zierliches Testament bestehen
möchte, so will ich doch, daß es als ein Codicill, Ubergabe von Todteswegen,
legatum, fideicommissum oder sonsten privilegirte letzte Willens Verordnung sest
und unverbrüchlich gehalten werden soll. Wobey ich mir doch vorbehalte, meinen
letztern Willen nach Gefallen zu ändern, zu vermehren, zu vermindern, oder gar
aufzuheben. Dessen zu Uhrkund, Sicherheit und Beglaubigung habe ich mich auf
alle Blätter dieser Verordnung wissentlich und wohlbedächtig mit eigener Hand
unterzeichnet, auch meinen Vormund, daß er allhier zu Ende neben mir sich mit
unter schrieben und besiegelt, bittlich vermocht, will also meine disposition im
Nahmen GOttes beschlossen haben, die ich die erbethene Testaments-Zeugen ihre
Nahmen dem Testamente beyzufügen bittlichen ersuchet, so geschehen Meckbach (NB.
dieses ist ein ertichteter Nahme) auf dem Lande den 5. November Anno 1716. Das
Fräulein hatte hierbey dieses ihr Testament nicht allein zu Ende desselbigen,
sondern auch bey Ende jeder paginae unterschrieben, auch nach ihr zu Ende des
Testaments des Fräuleins Curator, der ein Doctor Juris war und da
|| [309]
für gehalten wurde, daß er das Testament
aufgesetzet hätte, nach ihm aber fünf dazu erbetene Zeugen ihre Nahmen
unterzeichnet.
§. VI. Gleichwie aber in diesem Testament nicht alleine die allbereit(Erinnerungen 1. wegen der Anruffung Göttlichen
Nahmens.) anfangs gedachte formul von Empfehlung der Seele und des Leibes,
sondern auch andere formuln begriffen waren, von denen der seelige Herr Stryke
seine Gedancken eröffnet, als wird verhoffentlich dem Leser nicht unangenehm
seyn, wenn ich dieselben auch hier mittheile. Es hatte dem Verfasser des
Testaments beliebet, unter andern bald anfangs des Testaments den Nahmen der
unzertrenlichen Dreyeinigkeit anzuruffen. Hiervon raisoniret der Herr Stryke d.
cap. 2. §. V. also. Die überflüßigen Cautelen nennet man
diejenige, die dem Testament nichts geben oder nehmen, man möge sich derselben
bedienen oder nicht. Man trifft aber von denenselben gar viele bald in allen
Testamenten allenthalben an, theils in Anfange, theils im Mittel, theils zu Ende
derselben. Im Anfang erscheinet allezeit die Anruffung des göttlichen Nahmens,
welche zwar der Kayser Maximilianus in der Ordnung der
Notarien de anno 1512. tit. von Testamenten, (es soll hier wohl heissen: in
Anfang besagter Ordnung §. 3. & 4.)
recommendiret, andre aber setzen diese Anruffung zum Uberfluß voraus. Es
wäre zu wünschen, daß auch dieses ohne Mißbrauch des Göttlichen Nahmens
geschähe. Wir schreiben zwar den heiligen Nahmen des Allmächtigen GOttes mit den
Buchstaben so hin, alleine die Andacht, die hierbey seyn solte, ist mehrentheils
davon entfernet, daß es fast rathsamer wäre, wenn dieser Anfang der instrumente und Testamente verboten, als daß dieselbe
nöthig wäre, erfordert würde. Wer hiervon mehr zulesen beliebet, kan sich des
berühmten Struvii dissertation de invocatione nomins divini bedienen, allwo er
diese materie de cautela abundanti hujus invocationis in der 26. thesi p. 123.
seq. weitläufftiger ausgeführet finden wird.
§. VII. Was hernach alsbald von Erinnerung des Todes(2.
Wegen Erinnerung der Sterbligkeit.) in dem Testament gedacht wird,
davon schreibet Strykius also. Nach diesen folget in denen Testamenten eine
weitläufftige Erwehnung der Sterbligkeit, und wird gemeiniglich als eine Ursache
des Testaments die Erinnerung des Propheten angeführet: Bestelle dein Hauß, du
must sterben 2. Reg. c. 20. da doch in diesen Spruch gantz nicht zu befinden,
daß Hiskias auf diese Er
|| [310]
innerung ein Testament gemacht habe, sondern es handelt dieser Spruch
von nichts anders, als daß er alle Haußsorgen bey seite setzen, und sich zu dem
annahenden Tode bereiten solte. Indessen ist allerdings nützlich, daß der, so
ein Testament zu machen gesonnen ist, solches nicht biß an seinen herannahenden
Tod aufschiebe, sondern selbiges noch bey guten Kräfften und Gesundheit
verfertige, damit er nicht bey herannahenden Tode sich um dieses Zeitliche
bekümmern dürffe, sondern alleine für seine Seele sorge trage. Aber es ist doch
deßwegen nicht nöthig, daß er hiervon in dem Testament gedencke.
(3. Von Erwehnung gesunder Vernunft.)
§. IIX. Es folget ferner in dem Testament, daß das Fräulein bey guter Vernunfft,
vollkömmlichen Sinnen und wohlbedachten Gemüthe das Testament verfertiget hätte.
Hiervon meinet Herr Stryke §. 7. daß es überflüßig sey, wenn der Testator bey
dem Anfang des Testaments gedencke, daß er zwar bey schwacher Leibes Constitution jedoch annoch bey gesunder Vernunfft diesen
seinen letzten Willen aufgerichtet. Denn es wäre ohne dem das Testament eines
wahnwitzigen Menschen ungültig, daß also wenn die Beraubung der Vernunfft
bekannt sey, diese clausul dem Testament nichts nutze; Ja wenn auch gleich
vorgegeben werden wolte, daß diese clausul zum wenigsten darzu nütze, daß wenn
hernach etwan von der Vernunfft des Testatoris gezweiffelt würde, durch dieselbe
dieser Zweiffel gehoben werden könnte; so wäre doch dasselbige alles unnütze,
indem auch ohne dieser clausul nach Mevio, Carpzovio, Mantio, ohne dem dafür
gehalten würde, daß ein jeder Testator, auch biß auf die letzte Todtes-Stunde
verständig und vernünfftig gewesen, und daß dannenhero diese praesumtion oder
Vermuthung viel nachdrücklicher und kräfftiger, als die besagte clausul wäre,
indem genugsam bekannt sey, daß dieselbe hauptsächlich aus denen gewöhnlichen
Notariats formuln hergenommen sey, und also gar nichts zur Gültigkeit des
Testaments beytrage, wenn man sich derselben bedienete, oder sie weg liese.
(4. Wegen de. Unterschrift des Curatoris.)
§. IX. Jedoch konte derjenige der das gegenwärtige Testament concipiret hatte,
sich wegen der bißherigen Formuln mit dem gewöhnlichen Schlendrian und dem
bekanten Vers: Ulula cum lupis &c. entschuldigen. Aber der Concipient
hatte bey diesem Testament und denen darauf folgenden Codicillen noch mehr und
zwar gantz ungemeine Sottifen begangen, (die mich nur veranlasset haben von
denen bißheri
|| [311]
gen Cautelis testamenti superfluis
etwas weniges zu praemittiren) daß man sich fast nicht einbilden kan, daß es
möglich sey, daß der Herr Curator des Adelichen Fräuleins als ein Doctor Juris
und berühmter Advocat das Testament und die Codicille concipirt haben solle. So
viel das Testament betrifft, so ist zu Ende desselben die final Clausul wegen
erbethener Unterschrifft des Curatoris nicht alleine
überflüßig, sondern auch sehr impertinent, indem nicht alleine eines
minderjährigen Curator nach Römischen Rechten mit dem Testament und letzten
Willen nichts zu thun hat, geschweige denn ein Curator einer Frauens-Person in
Sachsen. Stryke Caut. Testam. cap. 3. §. 15. & 17. sondern auch ein
Schneider-Geselle begreifft, daß die Curatelen mit denen Testamentern und
Codicillen nichts zu thun haben. Und wundert mich bey diesen Umständen, warum
der Concipient nicht auch die Clausulas rati & grati, indemnitatis sub
hypotheca bonorum, substituendi unum vel plures, & alias consuetas in
das Testament mit eingerückt; denn sie hätten sich eben so schöne in das
Testament geschickt als die erbetene Unterschrifft des Herren Curatoris, nemlich
wie Ingber oder Saltz zu gekochten Pflaumen.
§. X. Es heisset zwar sonst: Superflua non nocent; aber sie können(Antwort auf die Entschuldigung, daß überflüßige Dinge
nicht schaden.) wohl einen Menschen, sonderlich wenn er ein Juriste
seyn will, prostituiren. Jener tumme Notarius schriebe einem 40. Jährigen Manne,
der weder Vater noch Mutter hatte, eine Formul für, der er sich in einer
Handschrifft oder Obligation bedienen solte. In dieser war auch unter denen
Renunciationibus Exceptionum begriffen, daß er denen Exceptionibus SCti
Vellejani & Macedoniani renuncirete. Wer wolte nun hier diese Brutalität
damit entschuldigen, quod superflua non noceant? Ja wenn man gegenwärtiges
Testament und den darüber entstandenen Streit betrachtet, wäre es viel
nützlicher gewesen, wenn der Herr Curator das Testament als Zeuge
unterschrieben, als daß er solches als Curator gethan. Denn man wolte hernach
das Testament anfechten, weil es nur von 5. Zeugen unterschrieben war. Wenn nun
ja die Umstände so beschaffen gewesen wären, daß man nicht leicht noch zwey
Zeugen habhafft werden können, so würde es doch vermuthlich nicht so gar knap
gehalten haben, daß man nicht zum wenigsten noch einen hätte erlangen können;
und da wäre alsdenn mit dem Herrn Curatore die Zahl von sieben Zeugen erfüllet
worden.
|| [312]
(Das erste Codieill.)
§. XI. Aber genung von dem Testament; denn es wird bald neue Anmerckungen bey
denen Codicillen geben. Das erste Codicill war an eben dem Tage, da das
Testament unterschrieben war, verfertiget, auch, und zwar von der Testatricin
unter allen Paginis ingleichen zu Ende des Codicills, von dem Herrn Curatore
aber und eben den vorigen fünf Zeugen, wie sonst gewöhnlich, unterschrieben
worden. Ich Fräulein Maria Barbara von A. unter Anruffung göttlichen Nahmens,
ohne welchen nichts fruchtbarliches ist, verrichtet werden kan, vor mich, meine
Erben und Erbnehmen, gegen männiglich bekenne hiermit, nachdem ich mein
vorherstehend Testament und letzten Willens-Verordnung, wie es meinen in
GOttes Händen stehenden seeligen Ende soll gehalten werden, aufgerichtet, und
mir solchen zu ändern, zu mehren und zu mindern von rechts wegen nicht nur
zugelassen, sondern ich mir auch solches in Testament zu thun ausdrücklich
bedinget, und vorbehalten, nach klärlicher Anzeige seines Buchstabens; So
befinde mich nunmehro, daß ich, weiln ich von meiner Frau Schwester Tochter,
Frau Annen Sabinen von A. viel Liebes und Gutes genossen, ingleichen aus
besondern Triebe und Affection vor Frau Annen Dorotheen von N., so wohl vor die
Frau Hauptmännin Annen Margarethen M. zu Z. welche mir viel Liebe, Treue und
gute Wartung erwiesen, mit Vorbewust meines Kriegischen zu Ende unterschriebenen
Vormunden und guter reiflicher Uberlegung, Berathschlagung, Sinn und Muth, vor
nöthig, mein Testament wegen des ihnen geordneten Vermächtnüsses dahin zu ändern
und aufzuheben, daß die Frau von A. statt der ihr verordneten 600. Thaler, Ein
tausend Gülden Meißnisch, die Frau von N. statt gemachter 200. Thaler
dreyhundert Gülden desgleichen bekommen, und haben soll, meinem bestättigten
Kriegischen Vormund Herrn D. Johann Christoph H. Fürstlichen Hoff-Advocato zu
Altorff (NB. ist auch ein Nomen fictum) Einhundert Reichs-Thaler, Magdalenen
Margarethen, Fräulein zu L. welche mir verschiedene gute Dienste gethan,
funffzig Gulden Meißnisch und funffzig dergleichen Herrn M. B. jüngster Tochter
daselbst, nach meinem Tode aus meiner Verlassenschafft nach dem dreysigsten als
ein Legatum sollen gereichet und zugestellet werden, jedoch soll meine
vorhergehende Wiederruffung und Veränderung neben denen itzigen Legatis
gedachten meinen aufgerichteten Testament in allen andern seinen Clausuln und
Puncten in alle wege unverletzlich, unschädlich und unnachtheilig, sondern
dasselbe
|| [313]
bey seinen Kräfften und Würden biß auf mein
revociren seyn und bleiben, und ob gegenwärtiger Veränderung, Revocirung und
resp. Disposition einigerley fernere Zierlichkeit oder Solennität denen Rechten
nach gehörete, denn allhier zu befinden, will ich dieselbe hiermit in bester
Form Rechtens erfüllet und gebessert haben; Alles treulich ohne Gefährde. Dessen
zu Uhrkund, Sicherheit und Beglaubigung habe ich mich auf alle Blätter dieser
Veränderung, Revocation und Disposition wissentlich und eigentlich
unterzeichnet, auch vorgemeldten meinen Vormund, daß er allhier zu Ende beneben
mir sich unterschrieben und besiegelt, bittlichen vermocht, So geschehen
Meckbach auf dem Lande den 5. November Anno 1716. Ich gebe dieses Codicill so
gut als es mir zugeschicket worden. Ich weiß aber nicht, ob es mir complet
zugeschickt worden, oder ob der Copiste nicht etwas ausgelassen. Denn aus dem
Testament ist oben § IV. zusehen, daß Frauen Annen Margarethen M. zu Z. darinnen
50. Thaler waren legiret worden, und in dem Codicill ist zu sehen, daß die
Testatricin gesonnen gewesen, auch dieser Frauen wegen vieler erwiesenen Liebe,
Treue und guten Wartung ein mehrers zu vermachen; Alleine es wird ihrer in denen
nachfolgenden Worten ferner nicht gedacht, dergestalt daß man nicht sehen kan,
wie hoch dieses Legatum erhöhet worden.
§. XII. Nun ist es freylich etwas bedencklich, und erwecket eine(Anmerckung wegen einer neuen ungeschickten Formul.) Curiosität bey dem Leser, wie es doch
geschehen, daß an einen Tage ein Testament und Codicill von so unterschiedlichen
und veränderlichen Willen der Testatricin verfertiget worden; Alleine ich an
meinem Ort will an statt dieser Curiosität vielmehr den Umstand anmercken: wie
es immer und ewig möglich gewesen, daß der Concipiente des Codicills, so gar
alles Judicii beraubet seyn können, daß er bey Anfang des Codicills nomine der
Fräulein Testatricin sich der Worte: Für meine Erben und Erbnehmen und zu Ende
desselben der Worte: Alles treulich und ohne Gefährde bedienet. Ich entsinne
mich hierbey eines artigen Handels, der sich für etwa viertzig Jahren in Leipzig
zugetragen, da ein junger Studiosus Juris sich dergleichen Formul zwar nicht aus
Tummheit, sondern aus Muthwillen bedienet, da er einem Frantzösischen
Sprachmeister der ihn per Calumniam etwas beschuldiget hatte, für dem Concilio
Academico eine geschriebene Retorfion zustellete, die zwar in übrigen nach denen
gewöhnlichen Formuln der Retorsion eingerichtet war, aber dabey er ebenfalls
sich in Anfang
|| [314]
der ungewöhnlichen Formul: Ich Endes
unterschriebener für mich meine Erben und Erbnehmen; und zu Ende derselben, der
Formul: Alles treulich, sonder Argelist, und Gefährde gebraucht hatte. Er muste
sich aber hinwiederum nicht verdriessen lassen, daß ihm das Officium Academicum
wegen dieses Muthwillens etliche Tage Carcer zur Straffe dictirte.
(Das andere Codicill.)
§. XIII. Es blieb aber auch nicht bey diesen ersten Codicill, sondern es
verfertigte das Fräulein in einem Jahre darauf noch ein anders, welches
ebenmäßig von dem Curatore und denen obigen fünff Zeugen unterschrieben, und mit
eben den vorigen impertinenten Formuln gespickt war, daß also unnöthig seyn
wird, wegen dieses Codicills neue Erinnerungen zu thun. Ich Fräulein Maria
Barbara von A. bekenne für mich, meine Erben und Erbnehmen gegen männiglich,
nachdem ich in hingelegter Zeit eine Testaments-Ordnung und andern privilegirten
letzten Willen, wie es nach meinem seeligen Ableben gehalten werden solle,
aufgerichtet, und den 5. November 1716. eigenhändig unterschrieben, auch solchem
sub eodem dato ein Codicill beygefüget, in beyden aber bey guten Verstande
allezeit zu ändern, zu mehren und zu mindern, mir nicht nur von Rechts wegen
nachgelassen, sondern ich mir auch dergleichen zu thun im Testament expresse
vorbehalten und bedungen habe, und dann ich mir bey so gestalten Sachen
vorgenommen, die in sothanen Testament 1) meinem Herrn Bruder Tit. Herrn Frantz
Heinrich von A. als welcher bereits voritzo und also vor mir verstorben seyn
soll, legirten und geeigneten zwey hundert Thaler, und 2) der Frau Schwester
Tochter, Fräulein Annen Sabinen von A. gebohrnen S. vermachten und legirten 600.
Thaler, und wie selbige in obangezogenen Codicill auf Ein tausend Gülden
Meißnisch erhöhet worden, so wohl auch 3) in der Frau Schwester Tochter Annen
Dorotheen von N. gebohrnen von W. legirten und gewidmeten Zwey hundert Thaler,
wie solche in besagten Codicill auf drey hundert Gülden Meißnisch erhöhet
worden, insgesammt und zwar bey der letztern aus besondern bewegenden Ursachen
und Motiven, vornemlich da sie solches durch ihre unadeliche Aufführung nicht
meritiret, zu widerruffen, aufzuheben, zu unkräfften, zu cassiren und zu tödten;
So cassire, abthue, widerruffe und tödte ich dieselben anitzo und in Krafft
dieses Brieffes also und dergestalt, daß das berührte Legatum der 200. Thaler an
den Herrn Frantz Heinrich von A., die Frau Annen Sabinen von A. legir
|| [315]
ten tausend Gülden Meißnisch nach den Codicill
inclusive der 600. Thaler nach dem Testament, ferner die der Frauen Annen
Dorotheen von N. gebohrnen von W. nach dem Cocidill vermachten 300. Gülden
inclusive der 200. Thaler nach dem Testament gäntzlich aufgehoben seyn und
fallen sollen. Hiernechst will und disponire ich hiermit kräfftiglich, daß
Frauen Marien Catharinen von K. gebohrnen von W. zu L. über die in Testament
legirten 200. Thaler annoch 200. Thaler, als welche ich ihr hiermit ferner
eigene und vermache, jedoch aber auf diese Maase, daß ihrem Manne nichts
verabfolget werde, sondern solche gleich denen ersten 200. Thalern nach ihrem
Tode auch auf ihre Kinder fallen sollen, nach meinem Tode aus meiner
Verlassenschafft nach dem dreysigsten sollen gereichet und zugestellet werden.
Ingleichen ordne und legire ich meinem Curatori Herrn D. Johann Christoph H.
Hoff-Advocato zu Altdorff Krafft dieses auch hiermit 200. Thaler, und will, daß
ihme solche ebenfalls nach meinem Tode aus meiner Verlassenschafft zugestellet
und bezahlet werden sollen, wie ich denn hier auch noch der Kirchen des Orts, wo
ich nach GOtes Willen sterben solte, gleichfals noch 38. Thaler, in Ansehung
dessen, daß mein entseelter Leichnam in selbe geleget werde werden, verordne und
vermache, daß ihr sothanes Geld sammt denen in Testament legirten 12. Thalern
den dreysigsten nach meinem Tode aus meiner Verlassenschafft bezahlet werde.
Jedoch soll meine vorhergehende Wiederruffung und Aufhebung der A. zweyhundert
Thaler, ingleichen derer A. Ein tausend Gülden Meißnisch, und der N. drey
hundert Gülden, wie solche obeingeführet, benebst meinen itzigen legatis, als
der anderweit geeigneten K. zwey hundert Thaler und der meinem Curatori hier
wieder gewiedmeten zwey hundert Thaler, vor die Kirche, Eingangs gedachten
meinen Testament und beygefügten Codicill in allen andern ihren Clausuln,
Puncten und Articuln in alle Wege unverletzlich, unschädlich und unnachtheilig
seyn, vielmehr aber dasselbe ausser solche, bey und in seinen Kräfften und
Würden biß auf mein revociren, so wohl die Fräulein Sabina Eleonora von W. zu
allen übrigen meiner Verlassenschafft wie ich solche mit meinem Munde (wird wohl
Tode heissen sollen) erledigen werde, die einige instituirte wahre Erbin seyn
und verbleiben; Und ob zu gegenwärtiger revocirung und resp. disposition
einigerley fernere Zierlichkeit oder Solennität denen Rechten nach gehörete,
dann allhier zu befinden, will ich dieselbe hiermit in bester Form Rechtens
er
|| [316]
füllet, gebessert und erstattet
haben; Alles getreulich und ohne Gefährde; Zu Uhrkund auch mehrerer Beglaubigung
habe ich mich auf alle Blätter dieser Revocation und Verordnung mit eigener Hand
unterzeichnet, auch vorgemeldten meinen Vormund, daß er allhier zu Ende beneben
mir sich nochmahls unterschrieben und versiegelt hat, bittlich vermocht. So
geschehen zu Meckbach den 4. November Anno 1718.
(Die an Unsgeschickte Fragen.)
§. XIV. Anno 1720. starb das Fräulein, und da schickte einer von ihren Schwester
Söhnen Herr Johann von K. folgende drey Fragen an uns: P. P. Es ist vor etlichen
Wochen Fräulein Maria Barbara von A. in dem Flecken Meckbach verstorben, und hat
Geschwister Kinder, als ihre nähesten Anverwandten nach sich verlassen, hat aber
Anno 1716. den 5ten Nov. ein Testament coram quinque Testibus und mit demselben
eodem die ein Codicill und hernachmahls Anno 1718. den 4. Novembr. ein
anderweites Codicill verfertiget, und ihrer Schwester Tochter Fräulein Sabinen
Eleonoren von W. zur Erbin eingesetzet, etlichen Geschwister Kindern legata
ausgesetzet, zu Ende unterschriebenen K. als der Schwester Sohn übergangen, und
will dieser, weiln er mit jenen in gleichen Grad, auf nachstehende Fragen des
Rechten belehret seyn: Quaest. 1. Ob das Testament ratione
baeredis institutionis beständig, oder ob nicht die praeterirten Freunde gleiches gradus mit der
instituirten Erbin zu gleichen Theilen ab intestato succediren Ratio decidendi pro negativa,
daß es nicht gültig: Ob wohl sonsten bey einem Testamento privilegiato pagano,
wie dieses seyn soll 5. Zeugen genung seyn, so kömt doch hier in Consideration,
daß der Curator das Testament in Altdorff, und nicht, wie falsch vorgegeben
wird, auf den Lande zu Meckbach gemacht, wie denn die Zeugen alle aus Altdorff
und daselbsten wohnhafft, und wenn auch dieses nicht wäre, und es in Meckbach
gemacht worden und die Zeugen mit draussen gewesen, so würden ja in einen
solchen grossen Flecken gar bald noch 2. Zeugen seyn zu bekommen gewesen, zu dem
so ist der Testatricin Curator als ein Doctor Juris laut des Testaments zugegen
gewesen und die solennia verstehen sollen, hiernächst, die Zeugen selbsten
theils Gelehrte und sie solche fragen können. Accedit, daß diese Constitutio
proprie nur die Rusticos und nicht jede und alle, die auf den Lande wohnen,
angehet, und zu statten kömt, da nun die Testatrix peritiores fragen, so wohl in
Altdorff als Meckbach 7.
|| [317]
Zeugen haben können, das
Testamentum vor validum wohl nicht zu achten: Ratio dubitandi pro affirmativa,
daß es gültig. weiln in dem Testamento die Clausula codicillaris, welche den
defectum solennitatum suppliret, obhanden, jedoch ist hierbey in reiffe
Consideration zu ziehen, daß ein falsum begangen, denn das Testament nicht auf
dem Lande zu Meckbach sondern in Altdorff gemacht, und dahero, weiln denen
übergangenen Erben gleiches grads dadurch ein grosses praejudicium zugewachsen,
das Testament samt der inserirten Clausula codicillari, mithin auch die
vermeinten Codicilli, aus welchen auch nicht zu sehen, ob selbe uno &
continuo actu gefertiget, ob dolum & fraudem nul und nichtig, folglich
die praeterirten Freunde gleiches gradus mit der instituirten Erbin ab intestato
succediren. Quaest. 2. Ob die in Testamento inserirte
clausula codicillaris, wenn auch das Testament corruiret, selbe dennoch ein fideicommissum inducire, und die Erben ab
intestato die Trebellianicam abzuziehen befugt, die
instituirte Erbin aber ihnen ein richtig Inventarium oder eydliche Specification heraus zu geben schuldig Ratio dubitandi pro
negativa: 1) Quoniam accessorium sequitur naturam sui principalis, 2) weiln ein
falsum und fraus wie schon gedacht begangen worden, 3) folche nicht einmahl als
ein Codicill bestehen kan, in Erwegung, aus dem Testamento allenthalten so viel
zu ersehen, daß die Testatrix unice testiren und nicht codicilliren wollen,
jenes auch nur Revocationes quoad aliquot legata seynd, und in übrigen
allenthalben bey dem vermeintlichen privilegirten Testamento bleiben soll.
Quaest. 3. Ob der Curator das Legatum der 200. Thlr. behalte, oder nicht vielmehr ins Erbe zu geben
schuldig Ratio dubitandi pro negativa, daß er sie nicht behalte: 1) Weiln der
Curator das Testament selbsten gemacht, dergleichen Legata aber, die sich einer
selbsten adscribiret, pro non adjectis gehalten werden, hiernechst 2) die
Testatrix in ihrer eigenhändigen Subscription davon nichts gedacht. Als ergehet
an Ew. Magnificentzen und Hoch-Edlen Herrl. mein gantz gehorsamstes Bitten, Sie
wollen zuförderst beygelegtes Testamentum sub A. und die Codicillos sub B.
& C. fleißig durchlesen, die Umstände in denen Rationibus absonderlich
wegen des begangenen Falsi, da sie vorgeben, es sey auf dem Lande gemacht,
collegialiter wohl überlegen, und was nur auf einigerley Weise denen
|| [318]
übergangenen zu Nutz kommen könte oder möchte,
aufsuchen, so dann auf die Fragen Dero Rechts-Spruch und qua actione wieder die
instituirte Erbin zu verfahren cum rationibus dubitandi & decidendi
gegen danckbahrliche Bezahlung lassen zukommen.
(Unser Responsum.)
§. XV. Das Responsum, so von Unserer Facultät über obige drey Fragen in Monat
Februar. 1720. ertheilet worden, lautet also. Hat Fräulein Maria Barbara von A.
anno 1716. den 5. November ein Testament zu Meckbach vor 5. Zeugen, und mit
denselben an eben dem Tage ein Codicill, und hernach anno 1718. den 4. November
ein anderweitiges Codicill verfertiget, und ihrer Schwester Tochter darinnen zum
Erben eingesetzt, auch anderen Personen unterschiedene legata vermacht, und es
will derselbe anfangs berichtet seyn: (Bedingte
Bejahung der 1. Frage: daß das Testament gültig sey.) Ob das Testament
zu Recht beständig sey, oder ob nicht die in demselben praeterirten Freunde ab intestato zu succediren befugt wären. Ob nun wohl derselbe vermeinet,
daß das Testament nicht bestehen könne, indem der Curator der Testatricin nicht
auf dem Lande zu Meckbach, wo das Testament und die Codicille datiret sind,
sondern zu Altdorff wohne, das Testament auch daselbst zu Altdorff gemacht, und
das angegebene datum (zu Meckbach auf dem Lande) falsch sey, wie denn auch alle
fünff Zeugen aus Altdorff bürtig und daselbst wohnhafft wären, und wenn es auch
gleich in Meckbach gemachet worden wäre, dennoch in einen solchen grossen
Flecken gar bald noch zwey Zeugen wären zu bekommen gewesen, zumahln da sowohl
die Römischen als Teutschen Reichs Gesetze alsdenn erst die vor fünff Zeugen auf
dem Lande aufgerichtete Testamenta für gültig hielten, wenn keine andere Zeugen
mehr zu bekommen gewesen, zugeschweigen, daß das Privilegium auf dem Lande vor
nur fünff Zeugen Testamenta zu machen, zwar die Bauern, aber mit nichten die
adelichen Personen angehe; im übrigen aber aus dem Testament nicht zu sehen sey,
ob solches uno continuo actu verfertiget worden, da aber dieses nicht geschehen,
das Testament ohne zweiffel pro nullo zu halten wäre. Dieweil aber dennoch so
viel anfänglich die zu letzt erwehnte unitatem & continuitatem actus
betrifft, dieselbe nicht a tempore conceptionis, sondern a tempore propositionis
coram testibus, & subscriptionis testatoris & testium
anzurechnen ist, l. 21. C. de testamentis, und
dannenhero der Gültigkeit des Testaments nicht schaden kan, wenn gleich der
Testatricin Curator das Testament in Altdorff etliche Tage für
|| [139]
der Zeugen Unterschrifft concipiret, und die Testatricin solches
in singulis paginis unterschrieben hätte, wenn nur die Zusammenruffung der
Zeugen, der Vortrag und die Unterschrifft der Testatricin und der Zeugen zu Ende
des Testaments uno actu geschehen; und weil die Praesumtion für jeden Actum
militiret, daß selbiger legitime geschehen, nicht eben de necessitate ist, daß
aller Solennitäten in dem Testament selbst gedacht werde, sondern derjenige, der
darwieder was einzuwenden hat, beweisen muß, daß eine Solennität unterlassen
worden; ferner was die fünff Zeugen betrifft, in gegenwärtigen Fall billig zu
diftinguiren ist, ob das Testament uno actu continuo in Meckbach oder in
Altdorff gemachet worden, und daferne jenes geschehen, der Testatricin nicht
praejudiciren mag, daß sie von Adelichen Stande ist, indem bewährter
Rechts-Lehrer Meynung nach, auch Adelichen Personen, wenn sie ihre Testamenta
auf dem Lande machen, sich der Privilegiorum testamentorum rusticorum bedienen
können, Gothofr. in l. fin. C. de test. Struv. disput. de testam. privil. membr. 5. Stryk, caut, testament. c. 13. §. 4. auch alsdenn die
Praesumtion ihnen so lange zustatten kömmt, daß bey Verfertigung des Testaments
nicht mehr als fünff Zeugen zu bekommen gewesen, biß der Gegentheil das
Contrarium beweiset, Stryk. d. l. §. 9. auf den andern
Fall aber, und da solches Testament in Altdorff gemacht worden wäre, zwar
dasselbe ohnstreitig an und für sich selbst keine Gültigkeit hätte; aber dennoch
propter expressam in testamento clausulam codicillarem, als ein Codicill gelten
müste, welches auch in dem Fall geschehen würde, wenn gleich bewiesen worden
wäre, daß man in vorerwehnten ersten Fall in Meckbach mehr als fünff Zeugen
hätte haben und gebrauchen können. Stryk. d. l. §. 18.
So erscheinet daraus allenthalben so viel, daß daß Testamentum quaestionis
allerdings für beständig zu achten, es könnte dann derselbe erweisen, 1) daß es
nicht uno actu verfertiget, oder 2) daß es nicht zu Meckbach gemachet wäre, oder
3) daß man zu Meckbach mehr als fünff Zeugen haben können; alsdenn würde es in
dem ersten Fall für gantz ungültig zu achten seyn, auf die beyden andern Fälle
aber nur als ein Codicill gelten.
Auf die andere Frage erachten wir vor Recht; will derselbe(Beantwortung der 2. Frage, wegen der Clausulae)
berichtet seyn: Ob die in Testamento inserirte Clausula Codicillaris ein fideicommissum inducire, und die Erben ab
intestato nach abgezogener Trebellianica die übrige
Erbschafft, der instituirten
|| [320]
(Codicillaris und Edirung des Inventarii.) Erbin
restituiren, diese aber ad
computandam Trebellianicam denen Erben ab
intestato ein richtig Inventarium herausgeben
müsse. Ob nun wohl derselbe vermeynet, daß die clausula codicillaris hier gar
nichts nutze, cum 1) accessorium sequatur naturam principalis, und 2) weil mit
der Unterschrifft zu Meckbach ein Falsum begangen worden, auch 3) aus dem
Testament allenthalben so viel zu ersehen, daß Testatrix unice testiren, und
nicht codicilliren wollen; ja 4) nach etlicher Doctorum Meynung in testamento
rustico die clausula codicillaris gar keinen Effect hat. Dieweil aber dennoch
(1) das Brocardicum de accessorio vielfältigen Limitationibus unterworffen, und
z. E. öffters der Sattel und Zeug kostbarer ist, als das Pferd, auch die
Clausula codicillaris eben zu dem Ende erfunden worden, daß, wenn das Principale
nicht gültig seyn würde, es dennoch als ein accessorium gelten solte, l. 29. §. 1. qui test. fac. poss. (2) wenn auch gleich
erwiesen werden solte, daß das Testament nicht zu Meckbach sondern zu Altorf
wäre verfertiget worden, dennoch auch zu Altorff ein Testament das nur 5. Zeugen
hat, praeprimis apposita clausula codicillari, als ein Codicill gültig ist,
zugeschweigen, daß die circumstantia loci & temporis in testamentis, die
nicht von Notarien verfertiget worden, nicht de essentia testamentorum (ausser
so viel das letzte betrifft, in testamento parentum, auth.
quod sine C. de testam. Stryk. de Caut. testam. cap.
10. §. 14.) zu seyn scheinen, sondern nur ad majorem eorum perfectionem
gehören. (3) Vielmehr aus dem Testament und der dabey ausdrücklich in fine
angehangenen Clausula codicillari zu sehen, daß die Testatrix zwar principaliter
aber nicht unice (welches beydes in ratione dubitandi tertia gar zu mercklich
unter einander confundiret werden wollen) testiren, sondern vielmehr ihren
Willen secundario als ein Codicill habe gelten lassen wollen; (4) aber die Lehre
dererjenigen Rechts-Lehrer, welche behaupten, daß auch in testamentis rusticis
clausula codicillaris ihre Würckung habe, in Rechten mehr gegründet und in praxi
recipiret ist, Stryke d. l. c. 13. §. 18. So erscheinet
daraus, daß die heredes ab intestato allerdings der heredi scriptae deducta
Trebellianica die übrige Erbschafft zu restituiren schuldig sind, die
eingesetzte Erbin aber ist sodann verbunden, denen heredibus ab intestato ein
richtiges Inventarium oder eydliche Specification heraus zu geben, ob schon die
Testatrix ihr sonsten dieselbe mit ausdrücklichen Worten erlassen hätte.
|| [321]
Drittens will derselbe berichtet seyn: Ob der Curator
die(Bedingte Antwort auf die 3. Frage, von dem dem
Curatori vermachten Legato.) ihm in denen beyden Codicillis vermachte Legata behalten könne,
oder nicht vielmehr in das Erbe wieder heraus zu geben schuldig sey. Ob nun wohl
sonsten der legatorum favor groß ist, dergestalt, daß wenn auch gantze
Testamenta annulliret werden, dennoch zuweilen die legata &
fideicommissa praestiret werden müssen. Novell. 115. cap. 3.
in fine. Dieweil aber dennoch in denen Gesetzen ausdrücklich versehen,
daß diejenigen Legata, die der, so das Testament geschrieben, für sich
beygesetzet, nicht gelten solten, es wäre denn, daß der Testator mit einer
speciellen deutlichen Schrifft solches legatum wiederhohlet hätte, Strykius & ibi allegatae leges & Doctores citati ad l.
c. 15. §. 8. und aber solches in gegenwärtigen casu nicht geschehen,
auch wir praesupponiren, daß erwiesen werden könne, daß der Curator die beyden
Codicille, darinnen ihme legata vermachet worden, selbsten geschrieben habe; So
ist der Curator auch die empfangenen legata denen das Testament impugnirenden
Erben wieder herauszugeben schuldig. V. R. W.
IX. Handel. Verstand der Chur-Sächsischen Constitution von denen Baufuhren die
die Bauren denen Edelleuten leisten sollen.
§. I.
ES hat die Chur-Sächsische Landes-Ordnung Churfürst Augusti de(Text der Sächsischen Ordnungen von Baudiensten.)
anno 1555. tit. von Baufuhren folgendes verordnet; Als auch der Baufuhren halber
zwischen den Erbherren und deren Unterthanen vielmahls Irrungen fürfallen, und
aber wir so viel Bericht bekommen, daß es bey Regierung unsers Herren Vetters,
Vaters, und Bruders etc. weit über verwährte Zeit mit den Baufuhren, sonderlich
in den Meißnischen und Birgischen Kreisen also gehalten, daß die Unterthanen
ihren Erbherren Baufuhren zu ihren Gebäuden der Rittergüter zu thun und zu
leisten gewiesen worden, dadurch auch, wie vor Au
|| [322]
gen viel stattlicher Rittersitze und Gebäude in Unsern Lande zu
Besserung derselben erbauet und aufgebracht. Demnach setzen, wollen, und
verordnen wir, daß hinführo die Unterthanen in Unsern Landen schuldig seyn
sollen, ihren Erbherren zu denen Gebäuden ihrer Ritter-Güter Baufuhren zu thun.
An welchen Orten auch die Erbherren und ihre Unterthanen hiebevor durch Weisung
und Verträge oder sonst gewisse Maß haben, wie solche Baufuhren geschehen, auch
was denen Unterthanen vor Liefferung dazu gegeben worden ist, dabey soll es auch
nachmahls bleiben und gelassen werden. Wo und an welchen Ort aber die Dinge
ungewiß, und nicht über verwährte Zeit hergebracht, noch durch Unsere Vorfahren
zu geschehen verschafft seyn, und sich die Erbherren und ihre Unterthanen selbst
mit einander der Maß solcher Fuhren, auch der Liefferung nicht verglichen
hätten, oder vergleichen würden, wollen wir auf Ansuchen sie beyderseits nach
Gelegenheit der Gebäude, der Leute Vermögen und Anzahl durch Unsere Regierung
oder Commissarien der Billigkeit nach vergleichen,
entscheiden, und solche Baufuhren mäßigen lassen etc. Hernach anno 1572. hat
eben dieser Churfürst Part. 2. Constit. 42. der Baufrohnen halber von neuem
befohlen: Wenn der Baufrohnen halber Fragen oder Rechtfertigungen in Unsern
Schöppenstühlen einkommen, so sollen sie auf die Fälle, so auf Gewohnheit,
Verträgen, Abschieden und dergleichen stehen, rechtlich, und denenselben gemäß
erkennen. Aber in denen Fällen, derowegen moderation,
Verordnung der Liefferung, oder zu was Gebäuen dieselbe zu gebrauchen, Erklärung
von nöthen ist, sollen sie solche Sachen an Unsere Regierung remittiren, damit wir Innhalts der Landes-Ordnung darüber selbst
Weisung thun lassen.
(Ursprung der Meynung, daß in selbigen denen von Adel die
Baufuhren in Regula)
§. II. Ob nun wohl schon zu seiner Zeit D. Daniel Moller erkannt, daß die
Constitution de anno 1555. mit nichten intendire denen Bauren insgemein oder in
regula die Baufuhren zu denen Gebäuden der Ritter-Güter aufzulegen, und daß eben
deshalb die Constit. 42. Partis 2. verfertiget worden, so hat doch hingegen
Carpzovius in der 1. definition ad d. Constit. 42. das Gegentheil gelehret, daß
der Sinn der ersten Constitution dahin gehe, daß die Bauren regulari
|| [323]
ter die Baufuhren zu denen Adelichen Gebäuden
thun müsten, wenn sie(zugesprochen worden.)
nicht erweisen könten, daß durch Gewohnheit oder Vergleiche ein anders
hergebracht sey. Ja es zeigen auch die Consultationes Constitutionum Saxonicarum
Tom. I. Parte V. Casu 2. & 3. fol. 108. seq. und Tomo II. Parte V.
quaest. 1. & 2. f. 219. seq. daß die Collegia annoch zu Zeiten Churfürst
Augusti die Landes-Constitution de 1555. nach des Carpzovii Meynung verstanden,
und nur wegen anderer Neben-Puncte nicht einig gewesen, ob wohl ein Special.
Rescript des Churfürsten Augusti de Anno 1560. das dict. Tom. I. fol. 109.
angeführet ist, sie ebenmäßig hätte belehren können, daß der Churfürst
keinesweges gesonnen gewesen, die Bauren mit ermeldten Baufrohnen neuerlich, und
wo es nicht hergebracht, zu beschweren. Und weil des Carpzovii Autorität zu
seiner Zeit sehr groß war, ist sich noch weniger zu verwundern, daß diese
Auslegung grössere Autorität als des Churfürstens Augusti Ordnungen und
Constitutiones selbst bekommen. Wannenhero verhoffentlich nicht unangenehm seyn
wird, einen Casum, der für etlichen Jahren dieserhalben klagbar worden, etwas
ausführlicher vorzustellen, zumahlen da hin und wieder eines und das andere
vorkommen wird, das dem Leser Gelegenheit suppeditiren möchte, absonderliche
Observationes von dem Ingenio der Advocaten zu machen, die beyden Partheyen
bedienet gewesen.
§. III. Anno 1715. in April verklagte ein gewisser Edelmann(Klage wegen der Baufrohnen und was ferner biß zum
ersten Urtheil passiret.) seine Unterthanen
kurtz und gut auf folgende Weise, daß ob wohl in der Landes-Ordnung klar
versehen, daß die Unterthanen hiesiger Sächs. Lande ihren Erb-Herren zu denen
Gebäuden ihrer Rittersitze an Wohnhause und andern Baufrohnen zu thun schuldig
wären, so weigerten sich doch seine Unterthanen zu S. die gewöhnlichen
Baudienste, zu dem auf seinen Ritterhoffe daselbst neu aufzuführenden Wohnhause
zu thun. Wann aber nach Erforderung der Sächsischen Constitution keine Verträge,
daß sie von Baudiensten eximiret seyn solten, fürhanden wären, als wäre er zu
klagen genöthiget worden, und bäte sie dazu anzuhalten. Beklagter Advocat
beruffte sich unter andern auf Carpzovium Part. 2. Const. 52. def. 12. quod
operae rusticorum tanquam servitutes personales praescribantur triginta annis,
item daß die Constitutio 52. sich auf Gewohnheit beruffte: Baufrohnen wären ein
Odiosum. Kläger hätte von Beklagten nur jährlich 7. Tage Dienste zu fordern, die
er absonderlich a Principe erhalten: Die ungemessenen
|| [324]
Frohnen müsten sie in das Amt Fr. thun; Sie hätten nicht alleine praescriptionem
tricennalem sondern gar immemorialem für sich: Die Landes-Ordnung sage ja
selbst: wenn an einen Ort es nicht anders hergebracht. Kläger urgirte contra:
Beklagten könten keine Praescription allegiren, weil sie selbst meldeten, daß
man keine Baudienste von ihnen gefordert hätte, und also bliebe Kläger in
regula. Bekl. producirten fol. 41. seq. eine summarische jedoch eydliche Zeugen
Aussage von acht Zeugen: welche aussagten, daß sie alle und jede Frohndienste
nach Fr. in das Amt thun müsten als ungemessene Dienste: der Antecessor des
Klägers hätte einsten nur etliche Feld-Frohndienste, nemlich 7. Tage jährlich a
Principe erhalten: wo es aber herkäme, wüsten sie nicht. Vor ungefähr 40. Jahren
und drüber hätte der damahlige Besitzer einst des Ritter-Guths Wohnhauß, Ställe,
Scheunen, von Grund aus neu auf seine Kosten gebaut, und von denen Unterthanen
keine Bau-Frohndienste weder mit Pferden noch mit der Hand begehrt. Es wären
auch bey Menschen Gedencken keine Bau-Frohndienste daselbst geschehen und
verrichtet worden. So übergaben auch Bekl. ein unbeschwornes Attestatum des
Kornschreibers von Fr. vom 13. Sept. 1714. daß vermöge der bey dem Fürstl. Amt
befindlichen Erbbücher und Frohn-Register die Gemeine zu S. die Dienste so wohl
mit den Pferden als mit der Hand an keinem andern Ort, als in Hochfürstlichen
Amt zu leisten schuldig, massen sie vermöge ob angezogener Uhrkunden verbunden
alle ungemessene Dienste mit den Pferden und mit der Hand (worunter gerechnet
würden alle Jagtdienste so wohl in dasigen als in Q. W. und W. Amte: alle
Baudienste zu Fr. beym Fürstlichen Schloß und denen Amts- und denen Forwergs
Gebäuen, alle Wald-Holtz-Ziegel-Stein- und Kutsch-Fuhren, und dergleichen) wann,
und zu welcher Zeit sie nur dazu verlanget würden, zu verrichten. Uberdiß wären
sie noch gehalten nebst noch einigen dazu verordneten Dörffern alle Baudienste
an die C. Mühle, Brücke, und Wehr oder Damm zu verrichten, alles Schierholtz,
wie auch die Mühlsteine zu bemeldter Mühle mit anzuführen, auch die Strassen von
Fr. biß nach R. an der Saale bessern zu helffen. Sie prodicirten noch serner ein
ander Attestatum von der Gemeine zu B. daß ihr Gerichts-Herr sie auch um Dienste
angesprochen, welches aber von denen Commissariis deßwegen abgeschlagen worden,
weil sie besagte Baudienste auf das Fürstl. Schloß Fr. zu thun schuldig wären,
und sie also selbige nicht an zweyen Orten
|| [325]
zu thun
könten angehalten werden. Es haben aber dabeneben Bekl. litem eventualiter
contestiret, und dabey exceptiones non competentis actionis, possessionis,
libertatis praescriptae, imo immemorialis, & praescriptionis 30. annorum
Jure Electorali competentis, item odiosa esse restringenda; & pro
libertate semper esse pronuntiandum &c. opponirt. Worauf die löbliche
Juristen Facultät zu L. mens. Augusto 1715. erkannt. Dieweil Bekl. auf die
erhobene Klage geantwortet, und daß seine Principalen als Unterthanen zu S. die
gewöhnlichen Baudienste zu dem auf Klägers Ritterhoffe neu aufzuführenden
Wohnhause zu thun sich verweigern, eingeräumet, dabey aber unterschiedliche
Exceptiones vorgeschützt, so ist er solche in Sächsischer Frist zu bescheinigen
schuldig dawider Kl. die Gegen-Bescheinigung etc. vorbehalten wird etc. Es
bleibet aber Beklagten sich des Rotuli fol. 41. seq. dabey zu bedienen
unbenommen. V. R. W.
§. IV. Nach diesen Urtheil übergaben Beklagte nebst dem vorigen(Beklagtens Bescheinigung.) Zeugnüß Rotulo und
denen zweyen allbereit gemeldeten Attestatis noch einen Rotulum, worinnen zwey
neue Zeugen, so nicht von der Gemeine (dergleichen auch dreye unter denen
vorigen acht Zeugen waren) so wohl über die Articul, die von gewissen Factis
handelten, als auch über die illativos eydlich ausgesaget, daß sie dem Amt
ungemessene Baudienste leisten müsten, hingegen aber Klägern und seinen
Vorfahren etliche 40. Jahr mehr nicht als 7. Tage Feldfrohnen geleistet hätten.
Als vor 40. Jahren der damahlige Besitzer das Wohnhauß etc. gebauet, wären von
denen Unterthanen keine Baufrohnen weder mit Pferden, noch der Hand begehret
worden, sondern er habe alles auf seine Kosten gebauet; Ja er habe auch die
Benachtbarte von Adel angesprochen, daß sie ihm Bittfuhren mit thun lassen,
ingleichen sie die Unterthanen daß sie ihm eine Bittfuhre thun möchten, wogegen
er alle Hülffe wieder zu leisten versprochen. Das Dorff S. sey Amt-säßig, und
hätte das Ritter-Guth bloß die Erb-Gerichte, das Amt aber die Ober-Gerichte.
Also gehöreten nun die Frohndienste mehr zu dem Amte, und der, so die
Erb-Gerichte hätte, könte diejenige Gerechtigkeit nicht an sich ziehen, welche
der exercirete, der die Ober-Gerichte hätte, und also sey hier eine
Haupt-Limitation, weil der Kläger ein Vasall von W. und Amt-säßig sey, zumahl da
sie in die 70. Jahr in possessione libertatis wären, und also libertatem
possessionis praescriptam, imo immemorialem für sich
|| [326]
hätten; wie dann auch wahr, daß jederzeit pro libertate zu erkennen wäre, und
also Kläger die Baudienste nicht fordern könte, sondern Beklagte ab. solviret
werden müsten. Ob nun wohl Kläger hierbey Interrogatoria übergeben und gebeten,
gleichfalls über selbige die Zeugen abzuhören, so ist doch dieses Petitum a
Facultate Juridica W. d. 21. April 1716. aberkannt worden, weil man in terminis
einer Bescheinigung und nicht eines ordentlichen Beweises verfirete.
(Klägers Gegenscheinigung.)
§. V. Des Klägers Gegenbescheinigung bestande in 9. Articulis, dabey aber keine
Zeugen angegeben wurden 1) daß er Anno 1715. das Gut S. gekaufft. 2) Daß dieses
ein rechtes wahres Lehn-Guth sey und der Besitzer desselben (nach dem
Lehn-Brieffe) damit, wie auch über Hulde und Schulde, Braun, Blau, Scheltwort,
Blutrunst und Fluß-Wunden zu richten, von der hohen Landes-Obrigkeit beliehen.
3) Daß (vermöge der Landes-Ordnung und der Churfl. Sächß. Constitution) die
Adelichen Unterthanen schuldig wären zu denen Ritter-Guths Gebäuden die
schuldigen Frohnen zu thun. 4) Daß zu S. keine Vergleiche oder Verträge der
Baufrohnen halber verhanden. 5) Daß ob schon die Unterthanen die Jahre her keine
Baudienste geleistet, so wären sie doch auch nicht dazu erfodert worden. 6) Weil
in langer Zeit kein neu Hofgebäude geführet worden (diese 3. Articuli wären
theils negativi theils illativi) 7) daß die Bekl. sich zwar (besage Ihrer
Bescheinigungs-Artickel) darinnen meistens fundirten, weil sie der Fürstlichen
Herrschafft gleich andern unter dem Amt Fr. wohnenden Unterthanen Fröhnen thun
müsten, so wären sie von des Gerichts-Herrn Fröhne befreyet. 8) Weil aber noch
andere Unterthanen (laut Attestatorum) in Amt Fr. sich befänden, die die
Fürstliche Herrschaffts-Frohne und Dienste nach Fr. thun und nichts destoweniger
auch Ihrer Adelichen Herrschafft die gewöhnlichen Baudienste abstatten müsten;
so könten 9) Bekl. in Ermangelung alter Verträge und Vergleiche nicht mehr Recht
als selbige Unterthanen haben.
(JCti L. absolviren die Beklagten
von der Klage.)
§. VI. Bey dem Verfahren über Bescheinigung und Gegenbescheinigung kame wenig
neues vor, als daß Beklagte bey der abermahligen Beruffung auf praescriptionem
30. annorum sich auf Carpzovium bezogen P. 2. Const. 52. def. 12. licet subditi
ad eas praestandas non fuerint requisiti, geschweige denn per immemorialem, weil
nemlich vor 46. Jahren der damahlige Gerichts-Herr keine Dienste an sie begehret
hätte. Sie legten auch fol. 137, ein Attestat
|| [327]
der
Baurengerichte zu W. bey, daß sie ihrem Gerichts Herrn keine Baufuhren thäten,
weil sie ihm nur gemessene Dienste zu leisten schuldig wären, die ungemessenen
aber ins Amt Fr. verrichteten, und wäre also nach unterschiedenen Judicatis vor
sie a Facultate Lipsiensi 1701. & Wittebergensi 1702. gesprochen worden.
Hierauff wurde den 7. Julii 1717. ein a Facultate Juridica L. abgefaßtes Urtheil
publiciret: daß Beklagte dasjenige, so ihnen zu bescheinigen aufferleget, und
sie sich angemasset, gebührend beybracht, und also (compensatis expensis) von
der Klage zu entbinden wären.
§ VII. Die rationes decidendi lauten also: Ob wohl Kläger(Die Rationes decidendt.)
die Landes-Ordnung für sich hat, daß ordentlicher Weise die Unterthanen zu dem
Rittersitz die Baudienste leisten müssen, er auch oder dessen Vorfahren nach dem
Lehn-Brief sub A. fol. 110. mit den Erbgerichten beliehen ist, ingleichen die
Unterthanen zu D. ohngeachtet sie die Baudienste nach Fr. thun, gleichfalls
dieselben ihrer Gerichts-Obrigkeit nach denen Attestatis sub C. und D.
errichten, also daß Beklagte condemniret werden sollen, es das Ansehen gewinnet;
dennoch aber und dieweil aus der Zeugen Aussage ad art. 4. fol. 45. seq.
ingleichen ad art. 7. fol. 85. und dem Attestat fol. 54. zu sehen, daß Beklagte
die Baudienste alleine ins Amt Fr. zu leisten schuldig, in keine Wege aber denen
Besitzern des Ritterguths S., auch die Zeugen ad art. 10. seq. fol. 85.
erhärten, daß über 46. Jahr sie keine Baudienste dahin entrichtet, welchen die
sämtlichen Zeugen ad art. 8. seq. fol. 47. beypflichten, und der vorige Besitzer
die Ritterguths-Gebäude auf seine Kosten alleine aufgeführet, und die
Unterthanen zu S. keine Baudienste dazu gethan, auch über Menschen Gedencken es
nach der Zeugen Aussage nicht anders gehalten worden, Kläger hingegen keinen
Actum vor sich anziehen kan, daß jemahls Baudienste von den Unterthanen auf den
Rittersitz geleistet worden, und was von D. angeführet wird, sich auf
gegenwärtigen Fall nicht ziehen läst, so wohl in dem Attestat fol. 137. das
Wiederspiel in eben dergleichen Fall angezogen ist etc. So ist von uns etc.
§. IIX. Bey Klägers wieder dieses Urtheil eingewendeter(Die JCti W. aber condemniren dieselbe in dem Leuterungs Urtheil.) Leuterung kame
wenig neues vor, ausser daß Kläger urgirte: Die Erforderung der Baudienste wäre
res merae facultatis, contra quam non currat praescriptio: Item bey denen
Baufrohndiensten komme gar in keine confideration, ob der Gerichts-Herr die
blosse Erbgerichte oder auch die Obergerichte habe, weil die Landes-Constitution
in
|| [328]
distincte des Gerichts-Herrns
erwehne, des Kornschreibers Attestatum gelte nicht, weil er nicht zur Justiz
verpflichtet sey, welches auch durch eine Registratur ad marginem bescheiniget
worden. Beklagter urgiret contra, er wisse nicht, was Kläger mit seiner re merae
facultatis haben wolle, als welche sonst a Doctoribus gantz anders beschrieben
würde, und also hieher gantz nicht appliciret werden könte. Das Attestat
betreffend, gehöre diese Sache für den verpflichteten Kornschreiber alleine, als
welcher die Frohnen ausschreibe und anbefehle, und gehe die Sache das
Justitz-Amt gar nicht an. Kläger replicirt; Beklagter habe Carpzovium nicht
recht allegirt d. Part. 2. const 52. def. 12. Denn in fine stehe klar, daß die
Unterthanen erweisen müsten, daß sie zu Leistung der Baudienste wären gefordert
worden, so aber hier nicht geschehen. Res merae facultatis wäre aus der
Constitution zu beweisen, denn es sage dieselbe nicht, daß der Gerichts-Herr
sich die Baudienste leisten lassen solle und müsse, sondern, daß die Unterthanen
solche zu leisten schuldig wären. Die Acta wurden nach W. in die Facultät
geschickt und den 18. Januarii 1718. folgendes Urtheil publicirt; Nunmehr etc.
so viel zu befinden, daß gestalten Sachen nach (und in Ansehung, daß die operae
rusticorum anders nicht, als von der Zeit an, da selbige gefordert und
verweigert worden, praescribiret werden, auch dieses, daß beklagtens Principalen
ins Amt Fr. Baudienste zu thun schuldig, selbige von ihrer Schuldigkeit gegen
Klägern nicht befreyet,) derselbige dasjenige, so ihm zubescheinigen,
auferleget, und er sich angemasset, nicht beygebracht, derowegen ermeldte seine
Principalen von der angestellten Klage nicht zu entbinden, sondern die
libellirten Baudienste zu verrichten verbunden, compensatis expensis.
(Beklagtens Lenterung und Verfahren darüber.)
§. IX. In der Leuterung urgirte Beklagter abermahls die Verba der Landes-Ordnung;
wo nicht ein anders herbracht, seine praescription in praestationibus
personalibus, ingleichen seinen Carpzovium; &c. dem er beyfügte, es
versire pro reis das interesse publicum, Klägers Vorfahr habe nicht alleine
keine Baudienste gefordert, sondern auch denen Beklagten mit baaren Gelde
bezahlt. Kläger excipirte: Beklagter hätte nur sein voriges wiederhohlet, und
das rechte Pflöckgen, nemlich die Rationem decidendi Dominorum W. unberührt
gelassen. Wenn die Bauren deßhalben ihm keine Baudienste zu leisten schuldig
wären, weil sie dem Amt Fr. Dienste thäten, so müsten sie ihm gar keine Dienste
und also auch nicht die 7tägige Feld
|| [329]
dienste
leisten. Exactio servitiorum sey res mere facultatis: Bey Carpzovio wären keine
Extensiones der Landes-Ordnung; er distinguire auch nicht, ob einer Amtsäßig
oder Schrifftsäßig wäre, und inferire diese Distinction nur diversitatem Fori,
sonst hätten sie paria jura & onera. In übrigen heisse es; legem, etsi
duram, ita tamen esse scriptam. Beklagter provicirt in seinem andern Satz ad
Carpz. P. 2. Const. 4. def. . n. 1. seq. item es wäre wegen Länge der Zeit
impossible, daß die Unterthanen erweisen solten, daß ihnen vor 150. Jahren die
Frohnen wären abgefordert worden, und sie contradiciret hätten. Es sey secundum
jus naturae nicht zu glauben, daß Klägers Antecessores die Baufrohnen nicht
gefordert haben würden, wenn sie solche zu fordern befugt gewesen, denn es
hiesse: proximus egomet mihi. Kläger contra: Verba constitutionis: wo nicht ein
anders hergebracht verständen sich, wenn per recessum oder praescriptionem
immemorialem solches geschehen wäre, deren keines erwiesen worden. Beklagter
vermeynet aber, diese Worte wären also zu verstehen, wenn nicht observantia in
contrarium verhanden, daß die Frohnen jemand anders geleistet würden.
§. X. Bey dieser Leuterung fiel noch etwas sonderliches und ungemeines((NB. Chol auf teuts die
Cholic)) vor. Beklagter hatte Klägers
Advocato Choleram oder den Zorn vorgeworffen. Dieses hatte Klägers Advocat als
eine Injurie aufgenommen, als wenn er ihm ironice vorgeworffen, er hätte die
Cholicam gehabt. Beklagter sagte, inter Choleram & Cholicam sey ein
grosser Unterscheid. Klägers Advocate replicirt aber, es müsse Beklagtens
Advocat gewiß nicht wissen daß Cholera auf teutsch die Cholica hiesse, denn
sonst würde er auch dieses nicht vorgebracht haben.
§. XI. Denn 28. Junii 1718. wurde das aus dem Schöppenstuhl(Des Schöppenstuhl zu J. drittes Urtheil, so
wieder um die Bekl. absolvirt, cum rationibus decidendi.) zu J. eingehohlte Urtheil
publicirt: Nunmehr aus denen Acten so viel zu befinden, daß Beklagtens
Principalen die libellirten Baudienste zu verrichten nicht verbunden, sondern es
bey dem am 7. Julii voriges Jahrs eröffneten Urtheil billig verbleibe. Hierwider
appellirte Kläger und bat auf seine Kosten Rationes decidendi einzuhohlen. Judex
willfahrte ihm nicht alleine hierinne, sondern bat auch selbige cum
allegationibus legum & Doctorum zu ertheilen, ob schon die Sache
hauptsächlich die Auslegung einer Sächsischen Constitution betraffe. Diese
erfolgten nun in Augusto folgendergestalt. Ob wohl Klägers
|| [330]
Anwald vor sich anzuführen hat, daß operae rusticorum anders
nicht, als von der Zeit an, da selbige gefordert und verweigert worden,
praescribiret würden, auch Beklagtens Principalen dadurch, daß sie im Amt
Freyburg Baudienste zu thun schuldig, von ihrer Schuldigkeit gegen Klägers
Principalen nicht befreyet, demnach, da Beklagter dasjenige, so ihm zu
bescheinigen obgelegen, nicht beygebracht hätte, seine Principalen von der
angestelten Klage nicht zu entbinden, sondern die libellirte Baufrohnen zu
verrichten verbunden wären. Dieweil aber dennoch ein Bauersmann und
Gerichts-Unterthan gemeinen Rechten nach von allen, also auch von Baufrohnen
befreyet, l. 1. C. ne ruftic. ad ull. obseq. devoc. Carpz. l. 1. Resp. 51. n. 1.
dahero solche nur moribus und jare constitutionum particulari introduciret, auch
das Jus constitutionum in diesen Stück der consuetudini viel überläst. Carpz.
cit. loc. n. 5. insonderheit, daß jemahls Beklagte hätten Baufrohnen verrichtet,
und zumahl wenn die Gerichts-Herren gebauet, dergleichen Frohnen wären verlanget
worden, kein Exempel sich findet, daß also die Gewohnheit disfalls offenbar, und
ist bekannt, wie Privilegia auch per non usum können verlohren werden. Cap. 6.
de privil. Enenkel de privil. l. 3. cap. 15. obiges auch fol. 140. ausgeführet,
und noch mehr fol. 54. zu sehen, darzu durch das aus des Amts Erb-Buche und
Frohn-Register (denen billig zu glauben ist, Carpz. l. 1. resp. 62.) gezogene
Attestat bekräfftiget wird, darinnen ausdrücklich enthalten, daß Beklagte an
keinen andern Ort als in Fürstlichen Amt Frohnen zu leisten schuldig, wo das
Wort keiner oder nullus universaliter negativum ist, quod omnia excludit Menoch.
Cons. 106. n. 246. diesen ferner das Attestat fol. 137. zu hülffe kommt, vermöge
dessen die darinnen benahmte Dörffer ihren Gerichts-Herren keine Baufrohnen
leisten, weil sie solche ins Amt verrichten müssen: Vox quia vero exponitur copulative, cum reddat causam & rationem de
praecedentibus. I. haec actio de calumn. cap. quia propter X. de rescript.
Menoch. Cons. 134. n. 19. Card. Tusch. pract. concl. Tom. 2. lit. D. concl. 352.
dergestalt, wenn gleich operae rusticorum anders nicht, als von der Zeit an, da
sie gefordert und geweigert worden, praescribiret werden, Beklagtens Principalen
doch es nicht zu wider, als die sich auf keine Praescription alleine zu gründen
haben, sondern beygebracht, daß sie an keinen andern Ort als ins Amt Baufrohnen
zu leisten schuldig, ingleichen, wenn schon die Schuldigkeit ins Amt zu frohnen,
von der
|| [331]
Schuldigkeit, auch andere Frohndienste zu
leisten, nicht schlechterdings befreyet, Beklagtens Principalen doch zu statten
kommt, daß andere Dörffer, weil sie ins Amt Baufrohnen thun müssen, eben dahero
dem Gerichts-Herren keine Baufrohnen verrichten; So ist, wie im Urtheil
enthalten, erkannt worden.
§. XII. Bey der Justification der Appellation war sonderlich dieses(Welches in der Appellation von
den Schöppen-Stuhl zu L. bekräfftiget wird.)
als was neues zu notiren, daß Kläger urgirte: Beklagte hätten nicht verstanden,
was ungemessene Dienste wären, indem sie die Baudienste zu einer besondern
Specie gemacht: operas rusticorum negativas nudo non usu non praescribi l. 2. de
usu & usufr. leg. sed ex eo demum die, quo indictae, exactae non
praestitae sint. arg. l. 7. cod. Berger. in Oecon. jur. l. 1. & 2. p.
55. Wernher. P. 1. obs. forens. 76. Er saget öffters; die Baufrohnen ins Amt
wären keine eigentliche Baufrohnen, sondern unter denen ungemessenen Frohnen
begriffen; die Baufrohnen wären ein gantz Special Werck und keinem Amt, sondern
denen Ritter-Gütern verliehen. Er producirte auch einen neuen Rotulum von 3.
Zeugen, über Dinge die Beklagte nie geleugnet, nemlich daß Rei alle ungemessene
Dienste ins Amt leisten müsten, so wohl mit denen Pferden, als mit der Hand,
wenn und wo es wolle, gegen ein gewisses Fröhne-Geld; aber daß sie nichts desto
weniger ihren Gerichts-Herren auch allerhand Dienste thun müsten, etc. Beklagte
aber wolten diesen Rotulum deßwegen nicht passiren lassen, weil er nach einmahl
geführter Gegenbescheinigung nicht zuläßlich wäre. Hierauf folgte nun mense
Januario 1719. ein Urtheil ex Scabinatu L. daß in erster Instanz wohl gesprochen
und übel appelliret, derowegen die Sache an vorigen Richter derselben zu
remittiren.
§. XIII. Kläger leuterte dawieder, urgirete zuförderst, daß keine(Auch unsere Faculcät es nach
Klägers erfolgten Leuterung dabey gelassen.) rationes decidendi
beygefüget worden, item die Landes-Ordnung 1603. daß bey vermengten Baudiensten
die Unterthanen ihren Landes-Fürsten zwo, und ihren Erb-Herrn die dritte Fuhre
thun solten. Wodurch die Beklagten convincirt wären. Er bate darneben die
Rationes bey dem künfftigen Urtheil mit zu begehren. Es habe sich auch Kläger
das Erb-Buch des Amts Fr. aufschlagen lassen, daselbst stehe von S. daß Bernhard
von C. in Dorffe die Erb-Gerichte, das Amt aber die Ober-Gerichte, und in Felde
die Gerichte Oberst- und Niederst, und bey den Leuten Folge, Steuer, Dienst,
Geboth und Verboth habe. Kläger urgirt hierbey, daß allhier gar nichts von
Baudiensten gedacht würde.
|| [332]
die das Amt zu
praetendiren hätte. Beklagter, nachdem er sich erftlich durch ein in Mey 1719.
publicirtes interlocut zur Einlassung auf die Appellation condemniren lassen,
bliebe dabey, daß der Kornschreiber die Frohnen bestellete, und die Erbbücher,
und Register, so dahin gehöreten, unter seiner expedition hätte, so gar, daß
wenn der Justitiarius Vorspan benöthiget wäre, er allererst den Kornschreiber
darum ersuchen müste. Weil Klägern in seinen Lehnbrieffen nur gemessene Dienste
ausgesetzet wären, könte er über dieselben unmöglich ein mehrers praetendiren:
Wem aber alle ungemessene Dienste zustünden, könne auch die Baudienste
praetendiren u. s. w. Als hierauf die Regierung die Acta an unsere Facultät zu
Abfassung eines Urtheils geschickt, dabey aber von selbiger keine Rationes
decidendi begehret, ist das von uns in Novemb. abgefassete Urtheil an 20.
Decembr. 1719. denen Partheyen publiciret worden, in welchen wir das
vorhergehende L. Urtheil. bekräfftiget, und Klägern dazu in die
Leuterungs-Kosten condemniret.
(Klägers neue Appellation.)
§. XIV. An 30. December übergab Kläger eine anderwärtige Appellation, und
beklagte sich, daß keine rationes decidendi beygefüget worden, unerachtet er
selbe begehret. Seine gravamina bestunden darinnen. Das fundament seiner Klage
beruhe auf Const. 52. Parte 2. die hier wieder opponirten exceptiones
consvetudinis in contrarium & possessionis libertatis praescriptae wären
von ihm abgelehnet; die Baudienste wären in der Landes-Ordnung nur denen
Rittergütern und gar nicht denen Aemtern zu den Amts-Gebäuen zu gute geordnet,
sondern da diese ungemessene Dienste ihrer Unterthanen genössen, so möchten sie
dieselben auch zum bauen der Amts-Gebäude und Schlösser brauchen, mithin wäre
hieraus wider Klägern kein Schluß zu machen. Exceptio praescriptionis wäre
dadurch wiederleget, quod operae rusticae solo non usu non amittantur, und sey
ein grosser Unterscheid inter servitutes reales & personales. Die
Baudienste gehöreten zu denen personalibus, als welche nicht eher geleistet
würden, als wenn gebauet würde, wie auch die Landes-Ordnungen selbige auf die
Unterthanen, und nicht auf die Güter gelegt, wenn etwa die Herren Urtheilsfasser
auf die exceptionem praescriptionis zu sehen sich hätten gefallen lassen. Ihm
zwar schiene es, daß sie am meisten auf die erste exception (consvetudinis)
gesehen hätten; aber sie hätten bedencken sollen, daß die Erledigung de anno
1603. die de
|| [333]
nen Aemtern gehörige Dienste nach
proportion der dritten Fuhre gegen zwey modificire. Er könne nicht sehen wie
diesen dubiis abzuhelffen, und warum man ihn gar in die Unkosten condemniret
hätte, und bittet also die rationes decidendi nur zum wenigsten dem Urtheil
previbus inseriren zu lassen (wie oben bey dem Urtheil §. IIX. geschehen.) Sub
dato den 18. Januarii 1720. ließ Regimen ein Schreiben an die Facultät (dessen
concept aber bey denen Acten nicht zu befinden) abgehen, des Inhalts: Kläger
hätte um Einhohlung und Abforderung der rationum decidendi, weil solche
verlangter massen dem Urtheil nicht beygefüget worden, angesucht, weßhalben sie
bäten die verlangten rationes decidendi zu schicken.
§. XV. Wie nun ohne dem Unsere Schuldigkeit solches erforderte,(Ausführliche rationes decidendi
Unsers Urtheils.) also übersendeten wir auch selbe in folgendem
Februario, wie aus dem Beydruck zu sehen, davon der Eingang deßhalb völlig
beygedruckt worden, weil Wir die in dem Schreiben enthaltene etwas zweydeutige
und nachdenckliche Worte, (daß die rationes decidendi dem Urtheil verlangter
massen nicht beygeleget worden) kurtz und gut darinnen zum voraus beantwortet
hatten. Haben dieselbe Uns die in Sachen(Rechtfertigung warum die rationes nicht bey dem Urtheil mit überschicket
worden.) Johann Christian A. Klägers und Appellanten an einen, die
Gemeine zu S. Beklagten und Appellaten andern theils ergangene Acta in zweyen
Voluminibus abermahls zugeschicket, und die rationes decidendi zu dem in dieser
Sache mense Nov. des vorigen Jahrs von Uns gesprochenen Urtheil fol. 80.
Actorum, weil selbige verlangter massen dem angeregten Urtheil damahls nicht
beygefüget worden, begehret. Gleichwie Wir nun nicht würden ermangelt haben, die
rationes alsobald dem Urtheil beyzufügen, wenn die Herren solches in der an Uns
ergangenen und fol. 78. befindlichen Urtheils-Frage verlanget hätten, da aber
solches nicht geschehen, sondern bloß fol. 77. in des Klägers Schluß-Satz in
fine dieses petitum zu befinden, uns solche Unterlassung mit Bestande nicht
vorgerücket werden mag, indem die collegia Juridica in dergleichen Fällen von
Rechts wegen gewohnet sind, mehr auf die rechtlichen Urtheils-Fragen, als auf
petita partium zu sehen; Also haben wir nunmehro dieselben zu überschicken
ferner kein Bedencken gehabt, und bestehen solche darinnen. Ob wohl Kläger,
der(Schein-Ursachen für Klägern.) von denen
Beklagten Baudienste gefordert, vermeynet, daß seine Klage in der Sächsischen
Landes-Ordnung de 1555. tit. von Baufuhren, und in Constitutione Augusti Parte
2. constit 52. gegründet sey,
|| [334]
indem nach jener die
Unterthanen insgesamt in regula solche zu thun angewiesen worden, nach dieser
aber nur diese exception besagter Regul wäre beygefüget worden, wenn durch
gewisse Verträge die Unterthanen von denen Diensten eximiret worden wären,
dergleichen Verträge doch Beklagte nicht anführen könnten, auch selbige die von
ihnen vorgeschützte praescriptionem libertatis nicht erwiesen hätten, indem sie
zwar dargethan, daß sie biß zur Zeit des entstandenen Streits keine Baufuhren
geleistet hätten, aber dieses ihnen im geringsten nicht könnte zu statten
kommen, weil ihre eigene Zeugen insgesamt gar deutlich aussageten, daß die
vorige Besitzer die Baudienste bey Aufferbauung der Güter nicht von ihnen
gefordert, und aber ex jure bekannt, daß operae libertorum nicht praestiret
würden, nisi petantur, l. 22. de op. libert. Frommann
de subditorum opcris §. 35. wannenhero Beklagte die
Libertät von Baudiensten eben deswegen nicht hätten praescribiren können, weil
sie nicht wären gefordert worden, zumahl da die operae rusticorum mehr mit denen
Römischen servitutibus personalibus, (Rechtmässige
Ursachen für Beklagte.) als realibus zu vergleichen wären. Dieweil aber
dennoch der Grund von Klägers Klage in einen puren Ungrunde bestehet, indem die
Landes-Ordnung de anno 1555. gantz nicht intendiret, denen Bauren die Baudienste
in regula aufzulegen, sondern nur von denen drey casibus zu verstehen, wo 1. die
Gerichts-Herren die Baudienste über verwehrte Zeit hergebracht, oder 2. durch
Befehle der Sächsischen Churfürsten zu beschehen verschafft worden, oder 3.
dießfalls Vergleiche mit denen Unterthanen aufgerichtet worden d. tit. versic.
Wo und an welchen Orten aber etc. ut quae explicant verba antecedentia paululum
obscurius posita; anch schon zu seiner Zeit Daniel Mollerus ad Part. 2. Const. 52. n. 1. angemercket, quod falsum sit,
ordinationem provincialem generaliter & indistincte velle subditos
obligatos esse ad materiam aedificiorum convehendam; hiernächst in der
Constitution des Churfürsten Augusti nichts weniger zu befinden, als daß
derjenige, der von dieser Regul eximirt seyn wolte, einen Vergleich vor diese
seine exemtion allegiren müste, indem besagte Constitution vielmehr sagt, daß
die collegia Juridica in denen streitigen quaestionen wegen der Baufrohnen nicht
nur auf die Verträge oder Vergleiche, sondern auch auf Abschiede, Gewohnheiten,
und dergleichen sprechen solten, und solchergestalt nicht allein die Vergleiche,
Abschiede und Gewohnheiten, sondern auch noch andere
|| [335]
Dinge mehr denen Collegiis als Regula, darnach sie sprechen sollen
vorgeschrieben sind, Mollerus d. l. n. 1. & 2.
durch die Gewohnheit aber allhier nichts anders verstanden werden kan, als ob in
streitigen Fällen die Unterthanen die Baufuhren bisher zu thun gewohnt gewesen;
ferner bey diesen offenbaren Sinn der Sächsischen Gesetze wenig oder nichts zur
Sache thut, wenn gleich der sonst berühmte Carpzovius oder ein anderer Juriste
dieselben anders expliciret hätte; Sondern vielmehr solchergestalt von Beklagten
keine Baufuhren mit Recht gefordert werden könnten, wenn sie gleich in ihren
Exceptionibus nichts erwiesen hätten; indem vielmehr Kläger den bißherigen
Gebrauch der Baufrohnen hätte erweisen müssen; Zumahln da ohnedem bekannt, daß
secundum principia juris publici ausser Sachfen die Bauren keine Baufrohnen
ihren Edelleuten ordentlich zu leisten schuldig sind, sondern die Baufrohnen
nebst denen Jagd- und Reise-Frohnen zu denen Herrschaffts-Frohnen gerechnet
werden Titius jur. priv. lib. 8. cap. 3. §. 23. Fritsch.
de pagis cap. 8. §. 2. ab init. & in fine.
conf. Seckendorffs Fürsten-Staat Part. 3. c. 2. p. 339.
und dannenhero um so viel weniger zu praesumiren, daß die Sächfischen
Churfürsten sich dieses ihres zustehenden juris so generaliter und gleichsam
indistincte hätten begeben, oder ihre arme Unterthanen mit doppelten Baudiensten
beschweren wollen; noch weniger aber zu praesumiren, daß sie dergleichen
Baudienste zu Adelichen Gebäuden denen Bauern, die ihren Junckern nur gemessene
Dienste thun, (wie in gegenwärtigen Fall unstreitig ist) hätten zumuthen wollen,
sondern wenn ja die Landes-Ordnung eine Regel hätte constituiren wollen, dennoch
auch dieselbe de objecto regulari operarum rusticarum, nemlich von Bauern, die
ihren Junckern ungemessene Dienste zu thun schuldig, (haec enim regulariter
& in dubio debentur. Stryk. Us. mod. lib. 38. tit. 1.
§. 6.) würden zu verstehen seyn; Endlich Kläger sich destoweniger zu
beklagen Ursach hat, da Beklagte die unter andern ihnen opponirte exceptionem
non competentis actionis zum Uberfluß erwiesen, eo ipso da sie gezeiget, daß die
vorigen Besitzer die Fuhren von ihnen nicht gefordert, und also sie selbe zu
fordern nicht gewohnt gewesen; daß aber solches, Klägers Vorgeben nach, aus
Christlicher Liebe unterlassen worden, einem vernünfftigen Menschen so wenig
glaublich ist, als wenn man vorgeben wolte, Herr Kläger hätte seine itzige Klage
aus Christlicher Liebe gegen seine Bauren angestellet; zumahlen da Beklagte
durch Zeugen fol. 86. b. erwiesen, daß
|| [336]
er sie
würcklich angesprochen, daß sie ihm eine Bittfuhre thun möchten, wogegen er alle
Hülffe wieder zu leisten versprochen; wodurch nicht merum non factum, sed potius
factum juri praetenso contrarium bescheinigt worden, dergleichen kein kluger
Mensch jemahls aus Christlicher Liebe vornehmen wird; bey diesen Umständen aber
ferner zu disputiren unnöthig ist, ob die Baudienste mit der Römer ihren
servitutibus realibus oder personalibus zu vergleichen, und wie weit der text de
operis libertorum auf gegenwärtigen Fall appliciret werden könne; zumahln da
allbereit berühmte JCti gewiesen, daß die operae rusticorum so wohl von
servitutibus realibus als personalibus in vielen differiren, ob sie gleich in
einen und andern tertio mit beyden übereinkommen; conf. Stryk. Us. mod. lib. 38. tit. 1. §. 4. zugeschweigen daß auch
der allegirte Text ohnstreitig nur de operis libertorum communiter praestari
solitis zu verstehen, nicht aber de extraordinariis & insuetis redet,
von wolchen doch hier die Frage ist; Als hat nicht anders, als geschehen, von
uns gesprochen werden mögen.
(Noch etliche Erinnerungen.)
§. XVI. Das in Klägers Appellation-Schreiben von neuen vorgebrachte Dubium, daß
die Erledigung de anno 1603. unserer Meynung und Urtheil zuwider wäre, hielten
wir deßwegen für unnöthig zu beantworten, oder auch nur in die Rationes
dubitandi zu bringen, weil besagte Erledigung, und daß die denen Aemtern
gehörige Dienste nach Proportion der dritten Fuhre gegen zwey modifioiret werden
solte, praesupponiret, daß es in der daselbst resolvirten Frage unstreitig sey,
daß die Bauren so wohl dem Amt als dem Erb-Herrn Baufrohnen thun müsten, welches
Praesuppositum aber auf gegenwärtigen Casum, da gefraget wird, ob die Bauren dem
Erb-Herren einige Baufrohnen zu thun schuldig wären, gar nicht zu appliciren
ist. Ich muß hierbey obiter bekennen, daß meines Erachtens, Samuel Lufft in
seinen Repertorio sub titulo Unterthanen num. 53. seq. p. 105. seq. den Sinn von
Churfürst Augusti Verordnungen wegen der Baufuhren, und daß selbige nicht
regulariter sondern nur certo modo & sub certis limitationibus denen
Edellenten zu gesprochen worden, viel besser eingesehen, als der sonst berühmte
Carpzovius, und die Collegia die ihn dißfalls blindlings folgen. Daß wir endlich
den Kläger in die Unkosten condemniret hatten, war deßhalb geschehen, weil
Beklagte allbereit vor unsern Urtheil drey sententias conformes für sich
erhalten, und Kläger nichts neues, das gegründet gewesen wäre, vorgebracht
hatte.
|| [337]
§. I.
ES ist wohl heute in denen Collegiis ausgemacht, daß bey denuncirung(Vorerinnerung.) geringer und liederlicher
Weibes-Personen ordentlich der denuncirten Manns-Person der Reinigungs-Eydt
nicht pflegt zuerkannt zuwerden, wenn nicht andere indicia concurriren, oder sie
sich sonst verdächtig gemacht, wie aber die andern indicia beschaffen seyn
müssen, davon sind die Gelehrten nicht eben einerley Meynung, wie aus folgenden
Handel wird zu sehen seyn.
§. II. Am 7. Jan. 1719. übergab Michael ein lediger Gesell ein Schreiben(Ubereilete Inquisition wieder
einen jungen Menschen.) bey seiner Obrigkeit, wie er gehöret, daß
Maria (die an einen andern Ort sich aufhielte) ihn zum Vater ihres Kindes
angegeben, bate dabey, ihn nicht zu übereilen, sondern mit der defension pro
avertenda inquisitione zu hören, massen er denn auch (damit nicht etwan wieder
Vermuthen ein schimpflicher Arrest wieder ihn decretiret werden möchte, sich
nebst seinen Vater zur Caution offerirete. Den 9. Januarii brachte der Richter
dem Justitiario das Schreiben. Ohnerachtet nun diese Maria den Michael bey dem
Justitiario nicht denunciret
hatte, antwortete dieser doch, wenn der Vater (weil der Sohn ausgetretten) sich
melden würde, solle er mit Bescheide versehen werden. Noch an eben selben Tage
stellete der Vater auf 50. fl. hoch Caution für den Sohn. Den 15. Januarii wurde
folgende Registratur zu denen Acten gebracht, daß der Mariae Curator und Bruder
angezeiget (es ware aber nicht registriret, ob sie citiret worden oder freywillig erschienen, item ob dieses eine denunciation
oder general Inquisition heissen solte,) daß Michael sie
geschwängert, und die Ehe versprochen: iedoch stand darbey: der Herr Amtmann zu
E. der Mariä Obrigkeit habe sie hieher gewiesen. Ihnen wurde zum Bescheid
ertheilet, stuprata solle morgen erscheinen und mit Michaelen Confrontation
erwarten. Den 16. Januarii blieb Maria aus, Michael aber wurde (sofort und
unerachtet seiner vorigen Bitte ihn zuförderst mit der defension pro avertenda zu hören) über 12. Ar
|| [338]
ticulos abgehöret, die er nebst der darinnen enthaltenen
Beschuldigung alle leugnete, und bey den 12. Artickel meldete, daß Maria ihm
selbst erzehlet hätte, daß Gottfried vielmahl bey ihr geschlaffen. Hierauf hat
der Justitiarius ein Schreiben an den Amtmann zu E. geschickt, die Marie zu
sistiren, daß sie mit Michaeln confrontiret werde. Den 30. Januarii übergiebt
Michael ein Schreiben, und bittet 6. Zeugen über 26. Artickel zu vernehmen,
derer Aussage er sich bey seiner Defension bedienen wolle. Den 15. Februarii ist
Maria über ihres Curatoris Anbringen vernommen worden, gestehet (und ist also
auch dieses keine Denunciation auf Seiten der stupratae)
daß sie mit Michael sich öffters fleischlich vermischt, erstlich in seines
Vaters Hause, hernach, da sie in der Pfarre gedienet, in Holtze gegen der Pfarre
über; ferner auch einmahl in der Nacht in Brauhause, daselbst habe Michael auf
sie gewartet, als sie Wasser geholet, immittelst wäre die Thüre in der Pfarre
verschlossen worden. Sie habe vergessen, wie sie wieder in die Pfarre kommen,
(NB. die erste Variation.) ändert sich, und sagt, itzo
besinne sie sich: Sie wäre unter dem Thore hinein gekrochen. (die andere Variation.) Gestehet, daß Gottfried in Kuhstall in der
Pfarre bey ihr gewesen, hätte ihr an die Scham gegriffen, wäre aber nicht zu ihr
ins Bette kommen, und hätte keine Unzucht mit ihr getrieben; aber Michael habe
sie geschwängert in Brauhause, und den Saamen einfliessen lassen. Von daran sey
sie schwanger worden: Sie wisse aber den Tag und die Woche nicht anzugeben, wenn
dieser letzte congressus mit ihr geschehen. (Hier wäre recht gewesen, daß der
Richter zum wenigsten nach dem Monate gefragt hätte.) Es hätte Michael sie dahin
bestellet, und als die Thüre in der Pfarre hinter ihr verschlossen gewesen,
hätte derselbe sie über die Hoffmauer gehoben (NB. die dritte Variation) und ihr zugesagt, daß er sie nehmen wolle. Gestehet ferner,
daß sie mit jungen Kerln aus B. dabey Gottfried mit gewesen, zum Jahrmarck nach
E. gangen 14. Tage vor Michaelis 1717. Item daß sie mit selben allda in
Gasthoffe getantzt, wisse nicht wie lange. Doch wäre es schon Nacht gewesen. Sie
wäre mit Gottfrieden hinausgangen, hätten aber nichts böses gethan. Gottfried
und sie wären von den jungen Leuten drüber braf vexiret worden, als sie wieder
in die Stube kommen, wisse aber nicht mehr, wer es gethan, und worinne das
vexiren bestanden: Sie sey auch mit denen jungen Burschen aus B. von Tantze in
die Garküche zu E. gegangen, und über Nacht darinnen geblieben. Gottfrieds
Hoff
|| [339]
meisters Magd habe zwischen ihr und
Gottfrieden gelegen, der sie aber nicht angegriffen, es hätte auch Gottfried mit
ihr nichts Böfes begangen, und wisse sie von keinen andern als Michaeln; Sie
gehe über die Helffte ihrer Schwangerschafft, und es rege und bewege sich die
Frucht bey ihr. Hierbey wurde registrirt, daß weil Gottfried nicht zu Hause,
sondern abwesend gewesen, als wäre die Verhör und Confrontation mit selbigen
suspendirt, und die stuprata dimittiret worden.
§. III. Den 25. Februarii kam Michael mit einem Schreiben(Fernerer Verlauf nebst dem ersten Urtheil welches dem
Inquisito den Reinigungs-Eyd zuerkennet.)
ein, darinnen er protestirte, daß er so fort ad articulos vernommen worden, bat
ihm die Acta vorzulegen, und zu Einbringung seiner Nothdurfft debitum spatium zu
vergönnen cum appellatione an die Regierung nach A. Den 27. Martii gab er noch
ein ander Schreiben ein, darinnen er sich nochmahls über die Abhörung ad
articulos beschwerete, und meldete zugleich, daß stuprata ihm ausführlich
erzehlet, wie Gottsried Anno 1717. in der Garküche bey ihr geschlaffen,
ingleichen, daß ein anderer, den er benennet, viermahl dergleichen gethan, davon
er mehr Umstände erwehnet, und der stupratae deßhalb das Jurament deferiret,
auch bittet, sie umständlich drüber zu vernehmen, und hernach seinem Advocato
die Acta fürzulegen. Den 2. Maji übergab er seine Defension, und dabey eine
eydliche Zeugen Aussage über die allbereit in vorigen Paragrapho erwehnte und
den 30. Januarii eingegebene 26. Articul, von der stupratae liederlichen Leben,
die aber über diejenigen Umstände, die die stuprata allbereit selbst gestanden,
nicht viel sonderliches aussagten. Er legte auch etliche unbeschworne Attestata
bey, als 1. eines Predigers wegen der Stupratae liederlichen Lebens: 2. derer
Mitbrauer, ingleichen der Gerichte, daß er Michael in Brauhause nie alleine
gewesen, und ausser ihrer Gegenwart die Schlüssel zu dem Brauhause nicht gehabt
hättte. 3. Daß der Stupratae Kind den 22. April getaufft und schlecht weg
Christian genennet worden. 4. Drey Attestata von drey Predigern wegen seines
bißherigen unbescholtenen Lebens und Wandels. Die Acta wurden hierauf nach J.
verschickt, und daselbst a Scabinatu erkannt; daß Michael auf vorhergehende
ernste Verwarnung vor dem Meyneyde und dessen schwerer Straffe, worzu auch ein
Geistlicher zu gebrauchen, sich vermittelst Eydes zu reinigen, daß er mit der
Stuprata sich fleischlich nicht vermischt, noch Unzucht getrieben. Er thue nun
solches oder nicht, so ergienge doch darauf in der Sache, auch der Unkosten
halber ferner was recht sey.
|| [340]
(Welches auch durch ein anderwärtiges cum rationibus eingehohletes Urtheil confirmiret wird.)
§. IV. Michael hielte hierauf wieder um eine neue Defension an, wunderte sich
über das Urtheil, da er doch ausgeführet, daß die Stuprata allenthalben mit
verschiedenen Mannes-Personen Tag und Nacht verdächtig conversiret, dabey ein
liederlich Leben geführet, und in ihrer Aussage variiret hätte: Er hätte
dannenhero vermeynet, daß vielmehr wider Gottfrieden die Inquisition erkannt
werden sollen. In der Defension selbst protestirte er wider die Confrontirung,
und führte daselbst die itzo angeführte Momenta und zwar pro more mit vielem
Latein und Allegatis weitläufftiger aus. Nichts destoweniger wurde von der
Juristen Facultät zu L. in Julio 1719. erkannt, daß Michael vermittelst seiner
Defension etwas, so ihm zu statten kommen möchte, nicht ausgeführet. Derowegen
es bey vorigen Urtheil billig verbliebe. Die Rationes decidendi waren diese. Ob
wohl Stuprata über Inquisitional-Articul nicht vernommen worden, sie auch bey
ihrer Denunciation weder Monath noch Tag, als die
Impraegnation geschehen seyn solt, angegeben, und er also mit seiner Defension nicht gebührend und umständlich genung gehöret
worden, zu dem einer sociae criminis Beschuldigung so schlechterdings ein
Judicium zur specialen Inquisition nicht macht, Inquisit auch dawider
appelliret, und daß also mit dem angestellten Inquisition-Process nicht recht verfahren wäre, folglich, daß auch ein
Juramentum purgatorium nicht erkant werden mögen, scheinen will. D. a. u. d. die
Stuprata in das Amt E. gehöret, sie auch daselbst vernommen worden, und hernach
ihre Aussage allhier gethan, auch umständlich, wo die fleischliche Vermischung
geschehen, angezeiget, und daß sie anfänglich bey Inquisiten Eltern, und hernach
Anno 1718. auf der Pfarre gedienet, und besage des Attestats den 22. Aprilis
dieses Jahres ein Kind gebohren, und es also mit der Zeit zutrifft; auch da Sie
nicht in Abrede seyn kan, daß Sie Gottfried unzüchtig betastet, daraus daß Er
auch mit Ihr fleischliche Unzucht getrieben einigermassen zu vermuthen, und
testis 3. fol. 54. (wie Sie gehöret habe, daß die Thüren in der Pfarre offen
gestanden, und solte die Stuprata des Nachts in dem Brauhause gesteckt, und
alles in der Pfarre offen gelassen haben, und als die Thüren darauf zugemacht
worden, hätte Sie müssen über Nacht draussen bleiben; und Michael Sie aus dem
Brauhause hingeführet, und
|| [341]
über die Mauer gehoben,
daß Sie wieder des Nachts in die Pfarre kommen,) eydlich deponiret, so wohl
Michael, als Er von der Inculpation etwas gehöret, ausgetreten, welches er, wenn
er gantz unschuldig gewesen wäre, zu thun nicht nöthig gehabt; Daher nominatio
sociae criminis, in Ansehung der mit unterlauffenden Umstände zur
SPECIAL-INQUISITION wohl zulänglich gewesen, und deswegen Inquisit das
Juramentum purgatorium abzulegen sich nicht entbrechen mag: So ist wie in dem
Urtheil enthalten, von uns billig erkannt worden.
§. V. Wider dieses Urtheil führte Michael eben keine neue Defension,(Nach fernerer Verschickung aber ward in dem dritten
Urtheil Reus von fernerer Inquisition befreyet.) sondern er gab nur ein Schreiben ein,
in welchem er anführte, es sey ein Ungrund und contra acta, daß das Tempus a
quo, (nemlich der Schwängerung) irgendwo in Actis angegeben worden, und also sey
sententia secundum Suendend. ad Fibig. p. 108. nulla; darzu noch ferner komme,
daß die Rubric des Urtheils auf ihn, die Rationes
decidendi aber auf Gottfrieden giengen, und also vielmehr wider diesen das
Jurament oder Inquisition erkannt werden sollen; er bate dannenhero die Acta auf
seine Kosten in ein ander Collegium zu schicken. Da nun hierauf die Acta an
Unsere Facultät gesendet wurden, sprachen wir in November Anno 1719.
folgendergestalt: Aus denen Acten vielmehr so viel zu befinden, daß wider
Michaeln in Mangelung genungsamer Indicien ferner nichts vorzunehmen, noch
selbiger mit dem Reinigungs-Eyde zu beschweren. Er ist aber nichts destoweniger,
die auf diesen Inquisitions-Proceß ergangene Unkosten nach vorher gegangener
Liquidation und erfolgten Ermäßigung zu bezahlen schuldig. V. R. W.
§. VI. Weil keine Rationes decidendi gefordert wurden,(Anleitung die Rationes decidendi zu
errathen.) haben wir auch keine gegeben, sondern ich überlasse dieselbe
anitzo dem Nachdencken des unpartheyischen Lesers, und bitte nur, selber wolle
diejenigen Passagen, die in dem gegenwärtigen Handel mit andern Littern gedruckt
seyn, ein wenig mit Attention betrachten, so wird er dieselbe gar leicht
errathen können. Daferne sich aber bey solchen Gedancken jemand wundern möchte,
warum wir den Inquisiten nicht auch von denen Unkosten absolviret, der kan nur
daneben bedencken, daß es freylich würde geschehen seyn, wenn die Acta zum
ersten mahl an Uns wären überschicket worden. Nachdem aber der Justitiarius so
glücklich gewesen, daß sein Verfahren von zwey Collegiis approbiret werden
|| [342]
wollen, so hat es wohl nicht anders seyn können, als
daß der Inquisit in die Unkosten condemniret werden müssen.
(Anmerckung wegen Austretung des Inquisiti, ehe etwas wider ihn denunciret
worden.)
§. VII. Ehe ich diesen Handel beschliesse, will ich noch dieses erinnern. Des
Inquisiti Advocate hatte in dessen anderer Defension fol. 87. das Indicium, daß
er ausgetretten auf folgende Weise ablehnen wollen, daß er theils von seinen
alten und pümplichten Eltern, aus allzugrosser, allen Eltern angebohrner Liebe,
die ihren Kindern dem Vermeinen nach vorstehende Gefahr auf dergleichen Art
vorzubeugen intendirten, auf die Seite zu gehen und ihnen auch dißfalls allen
Gehorsam kindlich zu bezeigen, verleitet, theils aber, und hauptsächlich von
seinem vorigen Defensore, unter der Meynung, es wäre
besser extra carcerem als ex
carcere zu respondiren, der Eltern Vorgeben
gebilliget, und angerathen worden. Denn wenn jener unter der Remonstration, daß
bey so bewandten Umständen, und, da Inculpat angesessen genung, zur Incarceration nicht könne geschritten werden, ex
opinione aller Rechtsgelehrten und der täglichen Erfahrung selbst, es abgerathen
hätte, würde er das fol. 1. befindliche Protestation-Schreiben zu verfertigen,
und sonder Noth den Inquisitum vor einen Verwandten desjenigen, der nach dem
gemeinen Sprichwort die Bürste gestohlen, auszugeben, Bedencken getragen haben;
allermassen denn die stuprata selbst darüber wie gantz stutzig worden und fol.
5. 6. anfangs aussen blieben, auch hernach nicht eher als erst besonders auf
vorhergängige Requisition fol. 8. erschienen etc. Es ist nichts seltenes, daß
die Advocaten nicht einerley Meynung haben, und es immer einer besser machen
will als der andere. Ich meines Orts halte dafür, daß der erste Advocat an dem
zu Anfangs erwehnten Schreiben nicht ungeschickt gethan, und daß also der letzte
Advocat keine Ursache gehabt, denselben höhnischer Weise zu beschuldigen, als ob
er damit den Inquisiten zu einen Verwandten desjenigen, der ohne gnungsame
Ursache verneinete, er hätte die Bürste nicht gestohlen, gemacht hätte, sondern
ich glaube vielmehr, daß dieses unzeitige Vorgeben, die Herren JCtos zu L.
verleitet, daß sie diese Exculpation vielmehr für insufficient oder verdächtig
gehalten. Es ist wohl an dem, die Sache ware nicht so beschaffen, daß Michael
nach denen Reguln gemeines Rechtens hätte auch auf vorhergegangene würckliche
Denunciation der stupratae, so fort mit Arrest belegt werden sollen. Aber man
siehet wohl, wie es täglich in dergleichen Fällen gehet, daß ein Richter unter
allerhand Praetexten und Entschuldigungen (dabey
|| [343]
es
ihm an allegatis legum & Dd. nicht mangeln kan, indem nichts so absurd
ist, das nicht von einem Legisten oder Canonisten wäre asseriret worden) ja so
leicht von der captur den Anfang machen kan, als in gegenwärtigen casu von der
special inquisition, unerachtet schon um defension pro avertenda war angehalten
worden; Und dannenhero bin ich der gäntzlichen Meinung, daß des Michaels Advocat
(der vielleicht des judicis propension wohl kennen muste) nichts ungeschicktes
noch denen Rechten nach seinen Clienten praejudicirliches begangen, daß er sich
zur caution erboten, und indessen demselben sich biß zu Annehmung derselben
beyseite zu machen, gerathen. Eine andere Frage ist, ob er die Sache nicht
klüger angreiffen können, als daß er so fort um salvum conductum angehalten,
dabey ich wegen Unwissenheit anderer Umstände weder ja noch nein sagen kan.
Genung ist es, daß er dadurch kein indicium ad inquirendum, vielweniger ad
purgatorium gegeben, zumahlen da die Doctores insgemein statuiren, daß das
indicium fugae purgiret werde, wenn einer freywillig komme und sich stelle, oder
zu stellen gegen caution sich anerbiete; wie vielmehr muß dergleichen
Anerbietung kein indicium machen, wenn noch keine denunciation geschehen
etc.
§. I.
ES will noch ihrer vielen nicht in Kopff, daß ich in einer eigenen davon(Vorerinnerung.) von gehaltenen disputation habe
behaupten wollen, daß das remedium leg. 2. Cod. de Rescind. Venditione nicht
alleine höchst irraisonabel sey, sondern auch den geringsten usum in praxi nicht
habe, noch haben könne. Und weil diesen armen Leuten das praejudicium
autoritatis alles ihr Geblüte eingenommen, so beruffen sie sich auf den Usum
modernum Pandectarum ad tit. de resc. vendit. §. 1. allwo ausdrücklich gesagt
wird, daß die tägliche Erfahrung (man bedencke doch!) offenbahrlich zeige, wie
die Wiederaufhebungen vollzogener Kauffe und anderer Contracte wegen der
Verletzung über die
|| [344]
Helffte wegen ihrer Billigkeit in
praxi recipirt wäre. Und ich kan nicht leugnen, daß so lange ich in der Facultät
bin, wohl kein Jahr hingegangen, da wir nicht Acten hätten bekommen sollen, in
welchen die Klage ex dicta lege 2. angestellet worden: Ja es wird gegenwätiger
casus weisen, daß ich in einen dergleichen Handel (und zwar wie ich versichern
kan, mit aufrichtigen Hertzen und nach meiner warhafftigen Meynung) selbst ein
Urtheil gemacht habe, in welchen gesprochen worden, daß Bekl. auf die Klage sich
einlassen solle, unerachtet eine andere Facultät gantz anders und der gesamten
Klage zuwieder gesprochen hatte. Vielleicht ändere ich mich etwa in meinem alten
Tagen, und bekehre mich, daß ich von denen gefährlichen Neuerungen, die ich nach
vieler ihrer Meinung bißher ausgebreitet, abstehe, und mich wieder in den Schoß
der lieben Antiquität werffe. Ich mach selbst dazu nichts weiter sagen, sondern
überlasse das Urtheil hievon dem Leser, wenn er gegenwärtigen Handel wird
erwogen haben.
(Der Contract, so zu diesem Handel
Anlaß gegeben.)
§. II. Am 6. Januarii 1718. war folgender Contract zwischen denen darinnen
genannten Personen, (derer Nahmen zu verschweigen bey gegenwärtigen Handel ich
keine sonderliche Ursache finde) geschlossen und unterschrieben worden. Heute
unter gesetzten dato sind wohlbedächtig zusammen gekommen Hannß Gaudes, an einem
Theil, als Verkauffer, und Hannß Grausse von Thiemendorff, als künfftiger Eydam
und Kauffer am andern Theil. Nehmlich es verkauffet gedachter Hannß Gaudes sein
gantzes Hauß, Hoff, Scheine, Ställe, Garten, neben Hannß Müllern und Gottfried
Buchmannen innen gelegen, Holtz, Wiesewachs, Feldern, wie es in seinen Rainen
und Steinen im Dorffe Buchheim gelegenen Flur lieget, auch die so genannten
Hayden Felder in Königshöffer Flur gelegen, wie auch das Stück erkauffter Acker
von Hannß Stolbergs Guth vorm Dorffe gelegen, sammt dem Pferde, Schiff und
Geschirr, Rind und Schaaff, Haußrath und männliche Geräthe, wie es gedachter
Hannß Gaudes genutzet und gebrauchet, (aber die Helffte des Viehes, das Pferd
und Geschirr nicht eher zu übergeben, biß nach Verkäuffers Tode) in summa nichts
davon ausgeschlossen, um und vor fünff hundert und zwantzig Gülden, gantzer Erb-
und Kauff-Summa; Nehmlich es verspricht Käuffer, Hannß Grausse, als künfftiger
Eydam zum Angeld dreyhundert und fünff und siebentzig Gülden auf gezeichnete
Schulden zu bezahlen, wie folget, als 100. Gulden etc. etc. Es behält aber der
Verkäuffer Hannß Gaudes, als Schwieger-Vater
|| [345]
die
Helffte des Nutzens von dem verkaufften Guthe und des Viehes, so lange er lebet,
zu gebrauchen, auch alle Beschwehrungen von kleinesten biß zum grösten, ohne den
Hauptbau, solange er lebet, mit abzutragen, es will der Verkäufer 100. Gulden
bey seiner Lebenszeit vorbehalten, wenn er nach Nothdurfft etwas benöthiget,
wenn er nach GOttes Willen solte kranck oder lagerhafftig werden, davon
aufzuheben, was aber übrig bleibt nach seinem Tode, soll dem Eydam, Hannß
Kraussen, und seinem Weibe als Verkäuffers Tochter alleine wieder zufallen. Weil
denn nach des Schwieger-Vaters Tode, die Helffte des Nutzens an den Käuffer
wieder zurück fällt, so soll der Mutter, wenn sie sich nicht an ihres
Schwieger-Sohnes Tische vertragen kan, soll sie zum Auszuge jährlich haben 2.
Scheffel und 2. Viertel Korn, 2. Viertel Gersten, 1. Viertel Weitzen, 1. Viertel
Haber, 1. Maaß Erbsen, 8. Kannen Butter, 2. Schock Käse, 1. Schock Eyer, und ein
Viertel Fäßgen Lein auf sein Feld zu säen, die Mutter giebt den Saamen darzu,
40. Gulden sind der Mutter ausgesetzt, nach Verkäuffers Tode, wenn sie etwas
benöthigt, wenn sie nach GOttes Willen solte kranck oder lagerhafftig werden
nach Nothdurfft davon aufzuheben, was aber in vorgedachten Auszuge und Geld nach
der Mutter Tod übrig bleibet, soll dem Eydam, Hannß Kraussen und seinem Weibe
wieder zufallen. Welchen Kauf-Contract sie alle beyderseits wohlbedächtig
beliebet, und solche ihre Unterredung und Handlung zu Pappier zu bringen, und
denen Hochgräflichen Hoymischen Gerichten zu Buchheim zu übergeben und zu
confirmiren gebeten, so geschehen zu Buchheim den 6. Jan. 1718.
Hannß Gaudes, als Schwieger-Vater und Verkäuffer. Christoph Krausse, als Käuffers Vater. Johann Krausse, als Käuffer. Michael Müller, als der Mutter Vormund. Gottfried Buchmann, als Gerichts-Schöppe. §. III. Zu allem Unglücke für den Käuffer starb dessen Eheweib(Die nachhero von dem Verkäuffer angestellete Klage.) weib als des Verkäuffers Tochter, ehe es sich beyde versahen. Und weil in Ansehen dieser Tochter dieser Contract hauptsächlich war getroffen worden, als reuete den Schwieger-Vater der Contract, und consulirte dannenhero einen Advocaten. Dieser nun mochte sich erkundigen, daß die verkaufften Sachen alle Stunden mehr als 1040. fl. baares Geldes werth wären, und wohl gar in usu moderno finden, daß die actio l. 2. C. de resc. vend. in praxi recipirt sey. Also war
|| [346]
bey ihm kein Zweiffel übrig die Klage auf
dieses Fundament einzurichten: weßhalben er folgendes Libell kurtz und gut
darnach verfertigte, und solches den 31. Jan. 1720. übergab. Ich habe vermöge
des am 6. Jan. 1718. unterschriebenen Aufsatzes mein Hauß, Hoff, Scheune,
Ställe, Garten, Holtz, Wiesewachs, Felder, Hayde-Felder, ein Stück Acker von
Hannß Stollbergs Guth, Pferde, Schiff und Geschirr, Rind-und Schaaf-Vieh,
Haußrath und männliche Geräthe, alles nach Maßgebung nur gedachten Aufsatzes, an
Hannß Kraussen verkaufft. Weil ich nun weit über die Helffte laediret bin, und
deswegen zu klagen genöthiget werde; als gereichet an denselben mein gehorsames
Bitten, den Beklagten nebst mir hochgeneigt vorzuladen, in Entstehung der Güte
zur Antwort anzuhalten und in Rechten auszusprechen, daß Beklagter entweder die
verkauffte Mobilia und Immobilia gegen Erlegung des Kauf-Geldes wieder
abzutreten, oder den rechten Werth nach zu bezahlen schuldig. Worüber und was
sonst hätte gebeten werden können, nobiliss. Dn. jud. off. pro jur. &
just. largiss. adm. humil. implorire und verharre etc.
(Beklagter excipiret, daß Kläger
der Verkürtzung über die Helffte renunciret hätte.)
§. IV. In dem ersten Termin excipirte Beklagter wider die von Klägern gebetene
Einlassung auf die Klage, hauptsächlich, daß Kläger in dem nach Verfertigung des
ersten Aufsatzes in Martio 1718. eingegangenen gerichtlichen Contract, auch der
Exception laesionis ultra dimidium gerichtlich renunciret hätte, und ihm also
die exceptio actionis non competentis zu statten kommen müste. Kläger hingegen
replicirte, daß diese exceptio altioris indaginis wäre, und also erst post litem
contestatam zu untersuchen seyn würde. Denn in dem ersten Contract wäre die
Renunciation dieser Exception nicht enthalten, sondern es wäre selbige nebst
andern Clausuln bey dem Aufsatz des gerichtlichen Contracts von dem Judice nicht
auf Begehren beyder Partheyen, sondern nur nach Gewohnheit eingerückt worden,
wie sich dieses alles post litem contestatam mit mehrern zeigen würde. Beklagter
contra meldete es wäre der von ihm produciret Contract ein in judicio zu
registriren gebetener Aufsatz und keine blosse Ratification und Confirmation des
vorhergeschriebenen Contracts, und meritirte dannenhero plenam fidem. Kläger
aber blieb dabey, der von ihm producirte erste Contract sey das Principal-Werck
und der andre, den Bekl. producirt, sey nur des ersten Accessorium, und gehörete
alles nach der litis contestation.
|| [347]
§. V. Dieweil nun bißher bey diesen Handel auf diesen praeliminar-(Der gerichtliche etwas anders eingerichtete Contract.) oder incident-Punct das meiste
angekommen, als will nöthig seyn, auch diesen gerichtlichen Contract hieher zu
setzen: Vor denen Gräflich-Hoymischen Gerichten melden sich Endes dato Hannß
Gaudes, der Untere, Verkäuffer an einem, und Hannß Krausse von Thiemendorff,
Käuffer am andern Theil, und tragen folgenden Kauff, dessen sie unter sich einig
und schlüßig worden, gebührend vor, und bitten, solchen Gerichts wegen zu
ratificiren. Es verkauffet nehmlich Hannß Gaudes, der Untere, sein Hauß, Hoff,
Scheine, Ställe und Garten, zwischen Hannß Müllern und Gottfried Buchmannen inne
gelegen, mit darzu gehörigen Feldern, Holtz und Wiesewachs, wie solches in
seinen Rainen und Steinen in der Buchheimer Flur befindlich, samt den so
genannten Hayden-Felde in der Königshöffer Flur, und ein von Hannß Stollbergs
Guth darzu gebrachtes vorm Dorff gelegenes Stück Acker, mit Schiff und Geschirr,
Rind-und Schaaff-Vieh, Hauß-Geräthe und Mobilien, auch seine Heergeräths-Stücke,
und was darzu gehöret, gleichwie er solches genutzet und gebrauchet, welches
Hauß und Pertinenzien dem Hause Droyßig zu Lehen gehet, und jährlich auf
Walburgie 4. Gr. 6. Pf. und auf Michaelis 9. Gr 6. Pf. dahin zinset, item auf
Petri Pauli 3. Gr. 4. Pf. und auf Weynachten 3. Gr. 4. Pf. vor die Fröhne
entrichtet, und zur Haasen-Jagd dienet, von Schulden und alten Gefällen frey und
unbeschwehrt, ausser was künfftig an obbeniemten Gefällen und Steuren davon
abzustatten ist, Eingangs genannten Hannß Kraussen, seinen künfftigen Eydam, um
und vor fünff hundert und zwantzig Gülden Meißnischer Wehrung gantzer
Kauff-Summa, welche Käuffer auf folgende Maaß zu bezahlen verspricht,
dreyhundert und fünff und siebentzig Gülden nehmlich soll und will derselbe zum
Angelde erlegen, und damit folgende auf den Güthlein hafftende Schulden
bezahlen: als: 100. fl. etc. etc. Von denen übrigen einhundert fünff und
viertzig Gülden ziehet sich Verkäuffer aus, und reserviret sich einhundert
Gülden, davon die Nothdurfft, wenn er kranck und lagerhafft werden solte, zu
erheben, was aber daran übrig verbleibet, das soll dem Eydam und Käuffern und
seinem Weibe verbleiben. Desgleichen bedinget Verkäuffer und setzet aus vor sein
Weib viertzig Gülden, davon sie nach seinem, Verkäuffers Tode das nöthige davon
nehmen und heben könne, wenn sie kranck und bettlagerhafft werden möchte, und
soll das übrige, was sie davon nicht erhoben, ebenfalls dem Käuffer und seinem
|| [348]
Eheweibe allein verbleiben. Bey diesem Kauff hat
sich auch der Verkäuffer mit Bewilligung Käuffers die Helffte des Nutzens aus
den verkaufften Guthe auf seine Lebenszeit, item von dem vorhandenen Viehe, sich
vorbehalten und ausgezogen, dargegen trägt er auch die Helffte aller
Beschwehrungen von grösten biß zum kleinesten mit bey, ohne dem Haupt-Baue,
welchen der Käuffer allein auf seine Kosten führet, die Helffte vom Viehe, item
des Pferdes, Schiffes und Geschirres, behält sich Verkäuffer ebenfalls ad dies
vitae bevor, desgleichen auch den Gebrauch seiner Heer-Geräths-Stücke, und
geschiehet die Ubergabe dessen an den Käuffer bey seinem Verkäuffers letzten
Ende. Damit aber auch Verkäuffers Eheweib nicht unversorgt gelassen werde, so
soll und will Käuffer, weil mit Verkäuffers Tode der sämtliche Gebrauch und
Nutzen an ihm übergehet, schuldig seyn, die Mutter bey sich im Hause zu
behalten, und Ihr freye Wohnung, warme Stube und Schlaffstelle darinnen gönnen
und geben, ihr auch an seinem Tisch die Kost an Essen und Trincken mit geniessen
lassen, so lange sie leben wird. Solte es aber ihr nicht gefallen, oder mit den
Käuffer sich nicht vertragen können, so soll und will derselbe ihr folgendes
Deputat zu ihren Unterhalt jährlich zu reichen schuldig seyn, nehmlich 21/2.
Scheffel Korn, 2. Viertel Gersten, 1. Viertel Waitzen, 1. Viertel Haber, 1. Maaß
Erbsen, (alles Eisenbergisch Gemäß,) 8. Kannen Butter, 2. Schock Käse, 1. Schock
Eyer; will und soll ihr auch ein Viertels Väßgen Lein auf sein Feld hierzu ohne
Entgeld zurichten, worzu die Mutter den Saamen giebet. Hierauff nun hat
Verkäuffer seinen Abekäuffer das verkauffte Hauß und Grund-Stücke, ausser die
Helffte des Viehes, Pferdes und Geschirr, übergeben, die Lehen daran
aufgelassen, und es demselben zu gewehren versprochen, sich aber, wie schon oben
gemeldet, den Genuß zur Helffte daran reserviret. Nachdem nun die Contrahenten
damit zu frieden zu seyn sich erkläret, und bey diesem Handel unverbrüchlich zu
halten gelobet, auch zu dem Ende allen Rechtlichen Ausflüchten und Behelffen,
dadurch solche entweder angefochten, oder gar umgestossen werden könnte,
insgemein, und insonderheit der laesion oder Verkürtzung
über die Helffte des rechten Werthes abgesaget, und derselben wissentlich sich
begeben, der Käuffer auch absonderlich an Gerichts-Hand versprochen, daß er das
Lehn bessern und nicht schwächen, und der Lehn mit Entrichtung der üblichen
Lehnwahr, auf alle und jede Fälle, richtige Folge thun, und einen Gulden von
jedem hundert zur Schreibe-Ge
|| [349]
bühr, wie auch den
obbemeldten Erbzinß und Frohn-Geld zur bestimmten Zeit entrichten, und den
Jagd-Dienst auf Geheiß verrichten, auch sonst alles andere mehr thun und leisten
wolle, was die Landes-Ordnung und das Herkommen bey den Gerichten zu Buchheim
erfordert, sich auch jederzeit als ein getreuer und gehorsamer Unterthan
bezeigen und verhalten wolle: Als ist solcher Kauff von denen Contrahenten auf
und angenommen, ratificiret, dem Gerichts-Buch einverleibet, und ihnen beglaubte
Abschrifft unter aufgedruckten Gerichts-Siegel und meiner des Gerichtshalters
eigenhändigen Unterschrifft ausgefertiget worden. So geschehen an
Gerichts-Stelle zu Buchheim den 18. Martii 1718.
(L. S.) Christoph Schwabe.
§. VI. Der Augenschein weiset es, daß dieser Contract in der(Erinnerungen über beyde Formuln.) That und Sache
selbst von dem ersten Contract nicht differiret, sondern daß bloß die contenta
des ersten Contracts etwas ordentlicher und deutlicher in diesen letzten waren
vorgebracht, und von denen Worten, Nachdem nun die Contrahenten etc. an, die clausula confirmatoria angehängt worden: Warum
aber eigentlich der Judex es nicht schlechterdings bey dem ersten Contract
gelassen, und demselben die clausulam confirmatoriam angehänget, ob er solches
auf Begehren der Partheyen oder vor sich aus guter intention gethan, und ob die
clausula confirmatoria denen Partheyen verlesen, und von denenselben ware
approbiret worden, das war zweiffelhafft, zumahlen da von beyden Contracten
Gerichtliche Vidimus bey denen Acten zu befinden waren. Denn unter dem von
Klägern producirten Contract hatte Judex unterschrieden: Vorgehende Abschrifft
concordirt mit dem Original
in dem Gerichts-Protocoll fol. 74. de anno 1718. Und
unter den andern Contract, den Beklagter produciret hatte, stunde gleichfalls:
Vorstehende Abschrifft concordirt mit dem
Gerichts-Handels-Buche fol. II. de anno 1718.
§. VII. Das erste in dieser Sache gesprochene Urtheil war aus(Das erste J. Urtheil daß sich
Beklagter einlassen solle.) dem Schöppenstuhl zu J. eingehohlt, und
wurde denen Partheyen den 10. Julii 1720. publicirt. Nemlich: daß Kläger den
geforderten Vorstand der Wiederklage und Unkosten halber auf zwantzig Fl. hoch
und besser als geschehen zu bestellen, hingegen Beklagter übrigen Einwendens
ungeachtet sich auf die Klage sub poena confessi & convicti einzulassen
und zu antworten schuldig. Die Ursachen können ex hactenus di
|| [350]
ctis leichtlich hergenommen werden, und wir würden nach
denenselben selst nicht anders gesprochen haben, wenn die acta damahls an Uns
wären geschickt worden, und mochte auch solches Bekl. Advocat selbst begreiffen,
denn sonsten sehe ich keine Ursache, warum er das Urtheil hätte in rem judicatam
ergehen lassen, und es per leuterationem oder appellationem nicht suspendiret
hätte.
(Was in dem andern Termin von
beyden Theilen vorgebracht worden.)
§. IIX. Dannenhero wird nun ein jeder vernünfftiger Leser vermuthen, es werde die
litis contestation bald erfolgt seyn, und ist ihm nicht zu verdencken, wenn er
etwas begierig wird zu wissen, wie doch der Kläger die libellirte Verletzung
über die Helffte bewiesen, zumahl da die Herren Practici gar sehr über die Art
und Weise des Beweises in dieser Materie überhaupt sehr zu zancken pflegen. Aber
Gedult. Wir sind noch nicht dahin. Der Kläger hielt zwar gar bald um neuen
Termin an, und forderte nochmahls die Einlassung. Des Beklagtens Advocat
hingegen wunderte sich, warum doch die Herren JCti J. nicht auf seine exception
tanquam litis ingressum impedientem reflectiret hätten, wannenhero er selbige
wiederhohlete, den gerichtlichen Contract nochmahls producirte, und dessen
recognition von Klägern begehrte. Kläger erinnerte dagegen, daß dieses Begehren
des Beklagten sehr ungeschickt sey, weil das vorige Urtheil einmahl in rem
judicatam gangen, und ihm in demselben also diese exceptio als litis ingressum
impendiens zugleich mit aberkennet worden. Der Beklagte meldete hingegen, daß
gleichwohl gemeinen Rechten gemäß wäre, daß die exceptiones die durch documenta
guarentigiata in continenti bewiesen werden könten, von der litis contestation
befreyeten, und also zugelassen werden müsten. Jedoch befahrete er sich
zugleich, er möchte etwan pro confesso & convicto gehalten werden, und
contestirte litem, da denn leichtlich zu begreiffen, daß er geleugnet habe, daß
Kläger bey diesen Contract über die Helffte verletzt sey, worauf auch alles hier
ankömt. Dieweil er aber nicht förmlich auf die übrige Worte der Klage litim
contestiret und dieselbe wiederhohlet hatte; Als nahm Kläger daher Gelegenheit,
Beklagten zu beschuldigen, daß er nicht genungsam und gebührend litem
contestiret hätte, und also pro cenfesso & convicto zu halten wäre: der
Beklagte hingegen bate, den Kläger zu condemniren, daß er den allbereit
producirten gerichtlichen Contract sub poena recogniti recognosciren, und weil
er dieses itzo nicht gethan, ihm die Unkosten dieses termins wieder erstatten
solte.
|| [351]
§. IX. Nun rathe ein Rechts-und Proceß-Verständiger Leser einmahl,(Das andere L. Urtheil, das dem vorigen gantz
zuwider.) wie das nunmehro folgende Urtheil gefallen sey. Es wurden die
Acta an die Herren JCtos nach L. verschickt, und das daselbst gesprochene
Urtheil denen Partheyen den 3. October 1720. publiciret. Dieses war nun
folgenden Inhalts. Daß Kläger den geforderten Vorstand der Widerklage und
Unkosten halber zur Nothdurfft bestellet. Würde nun Beklagter den fol. 9.
befindlichen gerichtlich vollzogenen Kauf-Contract von 18. Martii 1718. worinnen
der Verkürtzung über die Helffte absonderlich renunciret worden, nachmahls in
Originali vorlegen, und denselben Kläger, in massen ihm sub poena recogniti zu
thun oblieget, recognosciren, so ist Beklagter auf die erhobene Klage sich
einzulassen nicht schuldig. Weil keine Rationes waren gefordert worden, so waren
auch keine dem Urtheil beygefüget. Ich zweifle aber keinesweges, es würde dem
Herrn Referenten daran so wenig gemangelt haben, als es dem Herrn Referenten des
in vorigen Handel §. IV. angeführten Urtheils daran gemangelt hatte, und kan man
dannenhero die etwan sich regende Curiosität, dieselben etwas umständlicher zu
vernehmen leichtlich stillen, und sich zu frieden geben.
§. X. Man kan sich aber leicht einbilden, daß Kläger dabey nicht(Leuterungs-Gravamina wider
dasselbe, und ferneres Verfahren darüber.) acquiesciret, sondern neue
Leuterung wider besagtes Urtheil werde eingewendet haben. Man kan auch die
Gravamina leichtlich vorher sehen. Das erste Gravamen war, daß die exceptio
renunciatae laesionis ultra dimidium schon in ersten Termin wäre vorgebracht,
aber in dem ersten Urtheil das einmahl Rechts-kräfftig worden, wäre verworffen
worden. Das andre Gravamen war, daß Kläger den ersten Aufsatz allbereit damahls
auch produciret hätte, darinnen keine Renunciation der Laesion enthalten wäre.
Drittens so wäre Klägern die gerichtliche Extension, die der Beklagte procuriret
hätte, niemahls vorgelesen worden, wie er dann auch bate, solches Gerichts wegen
zu attestiren (welches aber, so viel ich mich besinne a judice nicht geschehen.)
Endlich besonne sich Kläger, daß vermuthlich sein voriges Petitum, daß der Bekl.
wegen nicht förmlich geschehener litis contestation pro confesso &
convicto zu halten wäre, wohl nicht attendiret werden dörffte, derowegen bat er
nunmehro, zu erkennen; daß Bekl. dem J. Urtheil gemäß sich einzulassen und zu
antworten schuldig sey, und weil er solches allbereit in vorigen Termin in
eventum gethan, als sey er Kläger nunmehro mit seinem Beweiß zu hören. Beklagten
hingegen wuchse wegen
|| [352]
des letzen Urtheils an seinen
Orte auch der Muth, und ermangelte dannenhero nicht cum allegatis und
brocardicis juris das letzte Urtheil zu vertheydigen, davon ich dem Leser das
Judicium überlasse. Er führete hauptsächlich an, es wäre falsch, daß die
exceptio renunciata laesionis in ersten Urtheil wäre aberkannt worden, weil
selbige so wohl ante als post litem contestatam könne opponiret werden, und
darauf gesprochen werden müste. Dannenhero ließ er dahin gestellet seyn, warum
die Herren J. nicht darauf gesprochen, sondern erst Einlassung auf die Klage
erkannt hätten; alleine daraus folge noch lange nicht, daß die von ihm opponirte
Exceptio aberkannt wäre. Er Beklagter agnoscire den ersten Aufsatz nicht,
bekenne sich auch nicht darzu, sondern er halte sich billich an seinen
Gerichtlichen Kauff. Zu dem sey ein Aufsatz nicht mehr als ein Aufsatz, der die
Contrahenten nicht verbinde, und offt verändert werde, biß das Werck zu einem
richtigen Schluß komme. Es habe Mornacius ad l. 17. Cod. de fide instrum. eine
schöne Beschreibung von dergleichen Aufsätzen und Punctationen gegeben; ja es
wisse ein jeder gemeiner Mann, daß dergleichen Aufsätze nur scripturae
praeparatoriae wären, und keine Instrumenta guarentigiata, dahero wenn
Instrumenta guarentigiata über ein Negotium verhanden wären, so könte man zu
denen Punctationen und Aufsätzen keine Zuflucht nehmen. Er allegirte auch dabey
Strykii cautelas contractuum Sect. 1. cap. 6. §. 1. In übrigen wäre dieses eine
grosse Schmähung gegen das Hochgräfliche Judicium, wenn Kläger vorgäbe, daß ihm
die gerichtliche Extenfion nicht sey vorgelesen worden, und daß er dabey sehr
höhnisch setze, als ob Beklagter wolle dieses zu des Klägers Verantwortung
heimstellen, und inzwischen ihn nur dieses in sein Gewissen zu überlegen geben,
worum er denn den Contract so lange agnosciret, adimplirt, und treulich gehalten
hätte, so lange seine Tochter als des Beklagten Eheweib gelebet hätte, und nun
erst nach ihren Tode ungeräumte Einwürffe dawider machen wolte. Ob er nicht
bedächte, daß es hiesse: quod semel placuit, amplius displicere non potest? In
Summa: Beklagten sey es leyd, daß er bey seiner gerechten Sache von seinen
Schwieger Eltern so verfolget werde, und wolle es GOtt und der Obrigkeit
befehlen, bate dannenhero zu erkennen, daß es cum restitutione expensarum, bey
vorigen L. Urtheil verbleiben möchte. Kläger replicirte. Beklagter könne sich
der Exception renunciatae laesionis ultra dimidium vor itzo weiter nicht
bedienen, weil das J.
|| [353]
Urtheil solche einmahl
aberkannt, dannenhero hätten die Herren L. auf selbige nicht erkennen können,
cum sententia contra rem judicatam sit nulla. Carpz. lib. 3. tit. 10. Resp. 96.
n. 3. Bekl. habe ja die Extenfion des Aufsatzes einmahl unterschrieben, und
müste dannenhero denselben allerdings recognosciren; Ja es müsse sich die
gerichtliche Extension allerdings nach dem Aufsatz richten. Durch das Anführen,
daß die Extension des Kauff-Brieffs ihm Klägern niemahls vorgelesen worden,
würde dem Hochgräflichen Judicio (für welches Kläger allen Respect trüge) keine
Schmähung zugesügt, indem es der Wahrheit gemäß, der Herr Amtmann auch solches
attestiren werde. Endlich könne auch Leuteranten nicht praejudiciren, daß er die
Klage nicht bey seiner Tochter Leben angestellet hätte, weil er allerdings
befugt wäre, solches auch nach ihren Tode zu thun, zumahl da ihm Beklagter alles
Hertzeleyd anthäte.
§. XI. Als nun hierauf die Acta an Unsere Facultät geschickt wurden,(Unserer Facultät
Urtheil.) haben Wir zu Ende des Aprils des itzigen 1721. Jahres
folgendermassen erkannt: Nunmehr aus denen Acten so viel zu befinden, daß Kläger
den fol. 6. befindlichen gerichtlichen Kauf-Contract von 18. Mart. 1718.
worinnen der Verkürtzung der Helffte absonderlich renunciret worden, sub poena
recogniti noch zur Zeit zu recognosciren nicht schuldig, sondern vielmehr
Beklagter nach Anleitung des fol. 21. befindlichen Rechts-kräfftigen Jenaischen
Urtheils auf die Klage sich einzulassen, und zu antworten verbunden, und weil er
solches allbereit fol. 32. b. & 33. in eventum gethan, und die
vorgewendete Verletzung über die Helffte verneinet, als ist Kläger nunmehro den
Grund seiner Klage und besagte Verletzung wie recht zu erweisen schuldig,
dawider Beklagten sein Gegenbeweiß, Eydes-Delation und andere rechtliche
Nothdurfft billig vorbehalten wird, ferner darauf zu beschehen was recht ist. V.
R. W.
§. XII. Wie nun nachhero der Proceß weiter gelauffen und(Ursachen, warum Kläger in gegenwärtigen Handel wohl
schwerlich gewinnen werde.) noch lauffen werde, kan ich nicht
berichten. So viel aber kan ich wohl melden, daß ich nimmermehr glauben noch mir
einbilden kan, daß Kläger in dieser Klage den Proceß gewinnen, und die
vorgeschützte Laesion werde beweisen können, denn wenn gleich die verkaufften
Güter zu Zeit des Contracts noch mehr als einmahl so viel wären werth gewesen,
welches noch nicht ausgemacht ist, so ist doch auch gewiß zu vermuthen, daß
Kläger solches zu Zeit des Contracts wohl gewust ha
|| [354]
be. Nun sind aber die meisten Doctores auch darinnen einig, daß wenn
der Verkäuffer den Preiß gewust, er sich der Klage ex l. 2. C. de rescind. vend.
nicht bedienen könne. Stryke Cautel. Contract. Sect. 2. Cap. 8. §. 28. Zu dem so
ist bekannt, daß auch nach der gemeinen Meynung in contractibus, ubi alea
subest, die exceptio laesionis ultra dimidium nicht statt finde. Nun ist zwar
hier eigentlich keine venditio aleae oder spei vel rei speratae, es kömmt aber
doch dieser Contract dergleichen venditionibus, ubi eventus est incertus, sehr
nahe, indem der Verkäuffer sich Zeit seines Lebens die Helfte des Nutzens von
dem verkaufften Guthe, ingleichen die Helfte des Viehes und Geschirrs
vorbehalten; und nach seinen Tode seiner Hauß-Frauen, auch auf die Zeit ihres
Lebens, gleichfalls ein vieles, das ihr von dem Beklagten gereichet werden
solle, in dem Contract verordnet. u. s. w. Und bey dieser Bewandnüß dürffte wohl
meiner in besagter Disputation und in notis ad tit. Pand. de rescind. vend.
vertheydigten Meynung, daß die actio ex l. 2. C. de resc. vend. in Praxi den
geringsten Nutzen nicht habe, wenn solche recht eingesehen wird, durch diesen
gegenwärtigen Handel wenig oder nichts abgehen, sondern dieselbe vielmehr durch
dieses Exempel bekräfftiget werden, es möge nun mit der in der gerichtlichen
Extension renuncirten Exception laesionis ultra dimidium beschaffen seyn, wie es
wolle.
(Und warum wir nichts destoweniger den Beklagten noch zur
Zeit nicht absolviren können.)
§. XIII. Nun möchte wohl mancher auf die Gedancken gerathen; daß wenn Wir dieser
Meynung wären, Wir sehr übel gethan, daß Wir das erste J. Urtheil bekräfftiget,
und nicht aus diesen Ursachen den Beklagten alsobald schlechterdings von der
Klage absolviret hätten, zumahl, da selbige aus denen von beyden Theilen
angeführten Contracten deutlich zu sehen wären, und von keinen Theil ohne
offenbare Unwahrheit nunmehro geleugnet werden könnten. Wir pflegten ja sonst
über die unseelige Weitläufftigkeit der Processe vielfältig zu klagen, und
hielten doch in gegenwärtigen Handel den Proceß muthwillig selbsten auf. Alleine
es ist leichtlich auf diese Objection zu antworten. Die Collegia Juridica sind
an die Proceß-Ordnungen gebunden, und nicht befugt sub praetextu daß sie
secundum veritatem facti sprächen, Machtsprüche zu thun. Dieses letzte kömmet
nur denen Regenten zu. Wer wolte einen Unterrichter entschuldigen, wenn er in
der Huhren-Sache, die für dem König Salomon um das todte und lebendige Kind
stritten, ein dem Machtspruch des Königs gleichförmliches Urtheil sprechen
|| [355]
wolte? Hätte des Beklagten Advocat, an statt, daß er
sich mit der exceptione renunciatae laesionis ohne Noth aufgehalten, die
exceptionem non competentis actionis aus denen in vorigen Paragrapho gemeldeten
Umständen urgiret, wer weiß ob nicht so wohl die Herren L. oder J. vor uns den
Beklagten von der Klage absolviret hätten? Da aber solches nicht geschehen, kan
auch denen Collegiis, die nicht Advocaten-Stelle vertreten, sondern sich
unpartheyisch in sententionando aufführen müssen, mit Bestande Rechtens nichts
imputiret werden.
I. Handel. Ob ein Lutheraner der Catholisch wird, die Seeligkeit verliehret.
GElegenheit und Praeliminar-Erinnerungen wegen dieses und
folgenden Handels. §. I. p. 1. Praeliminar-Umstände des
gegenwärtigen ersten Handels. §. II. p. 2. Mein Responsum und dessen Inhalt. I. Resolution der Frage in zweyen
unterschiedenen Fragen. II. Erörterung derselben, entweder nach denen Gründen
des Christenthums, oder nach denen Zeugnüssen der Lehrer. Die Catholischen
wollen nicht zugeben, daß jemand in der Evangelischen Religion könne seelig
werden. Und warum solches geschehe. III. Die Evangelischen Lehrer brauchen
mehrere Bescheidenheit. Was mit Henrico IV. dem König in Franckreich passiret.
IV. Jedoch nicht alle, auch nicht allenthalben. Wie man sich hierbey zu
verhalten habe. V. Welches auch in dieser Beantwortung geschehen soll. (1)
Beweiß aus den Gründen des Christenthums, daß ein Catholischer in seiner
Religion wohl könne seelig werden. VI. Die Catholischen haben in ihren
Catechismo alle die Hauptstücken der H. Christl. Lehre, die die Lutheraner
haben. VII. Die Catholischen bekennen sich zu dem Symbolo Apostolico, Nicaeno
& Athanasiano wie Wir, und verdammen mit Uns die in denen 4. allgemeinen
Conciliis verdammten Ketzer. IIX. Worinnen sie von Uns abgehen, das sind nicht
Grund-Artickul des Christlichen Glaubens, sondern Neben-Artickul. IX. Absichten
der
|| [ID00364]
Catholischen bey diesen Articuln auf ein gutes Leben des
aberglaubischen Volcks, und Verweisung auf das eintzige Verdienst Christi beym
Absterben. X. Es mag ein Catholischer Christ von diesen Neben-Artickeln wohl
eine andere Meynung im Hertzen hegen. XI. In dem Artickel von Abendmahl sind die
Catholische von denen Lutheranern in Grunde einig, und betrifft der Streit nur
einen Neben-Artickel. XII. Welches auch aus der beyden Religionen gemeinen Lehre
von der würdigen Geniessung behauptet wird. XIII. Ingleichen aus Lutheri
Bekändnüß von Abendmahl. XIV. (2) Zeugnisse derer Protestirenden Theologen,
daßdie Catholischen feelig werden können, und mit was für Unterscheid dieselbe
anzusehen. XV. Zeugnisse Dr. Georgii Calixti. XVI. Derer Sächsischen Theologen.
XVII. Des Märckischen Theologi D. Bergii. XIIX. Bey der II. Frage: Ob eine
Lutherische Person ihrer Seeligkeit verlustig werde, wenn sie zur Catholischen
übertritt? lieget alles an der Intention der Person, so solches thut. XIX.
Unterschiedene Fälle, nach welchen auch diejenigen, so die Wahrheit der
Evangelischen Religion erkennen, ohne Verletzung der Seeligkeit zu der
Catholischen Religion übergehen können. XX. Beweiß daß der Einwurff, man müsse
nichts Böses thun, wenn gleich etwas Gutes daraus erfolgen könne, sich hieher
nicht schicke. XXI. Daß man in Ubertretung zu denen Catholischen, Christum nicht
verläugne. XXII. Zumahl wenn man die vorige Religion nicht abschwören, und das
H. Abendmahl hingegen in beyderley Gestalt geniessen darf. XXIII. (Wiewohl sich
auch ein Christe kein Gewissen zu machen hätte, wenn ihm gleich das Nachtmahl
nur unter einer Gestalt gereicht würde. XXIV.) Sintemahl Lutherus selbsten sich
nie von der Catholischen Kirchen würde getrennet haben, wenn man ihn nicht mit
Gewalt davon gestossen hätte. XXV. Warum bey Beantwortung dieser Frage kein
Theologisches Zeugnüß angeführet worden, auch denen Herren Theologis nicht zu
zumuthen sey, dieselbe zu bejahen. §. III. p. 4. Nöthige Anmerckungen von einer
andern Frage; Ob dergleichen Ubergang zu rathen §. IV. p. 21. Absonderlich
Privat-Personen und Gelehrten §. V. p. 23. Oder
Fürstlichen Regenten §. VI. p. 24. Oder Fürstl. Princeßinnen §. VII. p.
25. Praeliminar-Erinnerungen von denen folgenden Theologischen Responsis. §. IIX.
p. 25. Das erste Theologische Responsum. Beantwortung der ersten Frage mit Unterscheid. Verneinung
der andern Frage. §. IX. p. 26. Das andere Theologische
Responsum. Vortrag der zwey Fragen, warum es
schei
|| [ID00365]
ne, daß die erste zu verneinen sey. Die
Bejahung derselben und derer Beweiß aus klaren Worten Catholischer Lehrer. Bey
der andern Frage; Einwurff wegen des dritten Artickels: Dabey in acht zunehmende
Cautel wegen des Abendmahls: ingleichen wegen Besuchung der Messe: und überhaupt
wegen Beybringung der Catholischen und Abschwörung der Lutherischen Religion:
Nöthige Prüffung der vorgeschützten Göttlichen Providenz, und zu publicirende
Declaration zu Hebung alles Aergernüsses: Sehr eingeschränckte Bejahung der
andern Frage. §. X. p. 29. Das dritte Responsum. Die
zwey Fragen: Bejahung der ersten. Auch ungekünstelte und deutsche Bejahung der
andern. §. XI. p. 35. Das vierdte Responsum. Bejahung
der ersten Frage. Ingleichen der andern. §. XII. p. 38. Das fünffte Responsum. Bejahung der ersten Frage. Auch der andern,
jedoch unter fünf Bedingungen. Nebst noch einer angehängten Erinnerung. §. XIII.
p. 40. Das sechste Responsum. Gegeneinanderhaltung der
zwey Fragen. Acht zu Beantwortung der ersten Frage voraus zusetzende Lehrstücke.
Applicirung derselben auf die erste Frage. Und was in Ansehung derselben für ein
grosser Unterscheid zwischen denen Lutheranern und Catholischen sey.
Beantwortung der ersten Frage, daß zwar ein Lutheraner, aber keinesweges ein
Catholischer seelig werden könne. Verneinung der andern Frage, nebst Anführung
sieben unterschiedenen Ursachen. Beschluß dieses Responsi durch ein Gebeth. §.
XIV. p. 43. Das siebende Responsum. Bey der ersten Frage
wird ein Unterscheid gemacht, unter denen, die denen Catholischen Irrthümern ex
ignorantia invincibili & vincibili anhangen. Und die andre Frage
schlechterdinges mit Nein beantwortet. Beschluß und angehängter Wunsch. § XV. p.
50. Unvorgreifliches Gutachten: Uber das sechste Responsum bey der ersten Frage;
Und bey der andern Frage: Uber das siebende Responsum bey der ersten Frage: Bey
der andern Frage. §. XVI. p. 54. Das achte Theologische
Responsum. Bejahung der ersten Frage, ohne
Bedingung. Wie auch der andern, aber unter vier Bedingungen. §. XVII. p. 58. Das
neunte Responsum nebst etlichen nöthigen Anmerckungen
von selbigen. Nöthige Behutsamkeit damit man bey Beantwortung der Frage nicht in
zwey gefährliche Extrema verfalle. Höchstnöthige Praesupposita von
unterschiedener Bedeutung der Kirche, ingleichen von der sichtbaren und
unsichtbaren, wahren und falschen Kirche etc. Eintheilung der Haupt-Frage in
fünf besondern Fragen. 1. Ob die Römi
|| [ID00366]
sche Kirche noch
Babel und Antichristisch sey, welches verneinet wird, mit Erklährung der
Offenbahrung Johannis durch den Münsterischen Frieden. Beantwortung der 2.
Frage, daß die Römische Kirche den Glaubens-Grund gantz behalte. Die 3te Frage
von der Seeligkeit derjenigen, die in einer falschen Kirche sterben, wird unter
allerhand Distinctionen theils bejahet, theils verneinet. Die 4. Frage von
Ubertritt einer protestirenden Princeßin wird unter etlichen Bedingungen
bejahet, und auf die Einwürfe geantwortet. Bey der 5. Frage werden acht
Bedingungen gesetzt, unter welchen dieser Ubertritt geschehen könne, nebst einen
Anhang etlicher Erinnerungen §. XIIX. p. 60. Das zehende Responsum. Die erste Frage wird zwar wegen der Seeligkeit vieler, aber
nicht aller Papisten mit ja beantwortet: Aber die andere Frage schlechterdinges
verneinet. §. XIX. p. 80. Anmerckung über selbiges: Kurtze Beantwortung der in
vorigen Responso gemachten Dubiorum. §. XX. p. 81. Summarischer Inhalt eines Spenerischen Bedenckens,
über eine an ihn ergangene gleichmässige Frage. §. XXI. p. 84. Eines andern Theologi Gutachten über das Spenerische Bedencken. Vorbedingung des Autoris. Zeiffelhaftigkeit des
Spenerischen Haupt-Satzes. Nemlich beym 1) Argument, daß durch den Ubertritt
Christus verleugnet werde. Und insonderheit in der Lehre von der Rechtfertigung;
In specie von guten Wercken; Ingleichen von Päbstlichen Indulgentien. Schluß:
daß in dem Ubertritt kein Abfall von Christo sey. Was bey dem Luca heisse, sich
der Worte Christi schämen. Beantwortung des 2) Arguments, von der Sünde wieder
das Gewissen und der Spenerischen Einwürffe, a) von Betrug, b) von den neuen
Glaubens-Bekändnüsse, c) von gebohrnen Catholicken. Antwort auf das 3) Argument
von der Ehre der Welt: Auf das 4) von dem Gelübde bey der Confirmation: Auf das
5) von Aergernüß: Auf das 6) von grösserer Gefahr bey der Catholischen Religion;
Ingleichen von Babel und Antichrist: Auf das 7) daß es heute noch gefährlicher
in der Römischen Kirche aussehe: Beschluß. §. XXII. p. 87. Einwurff daß dieser
erste Handel nicht Juristisch sondern Theologisch sey. §. XXIII. p. 97. Beantwortung desselben aus Lancelotto, daß die Doctores Juris
Canonici so wohl Theologi als Juristen sind. §. XXIV. p. 97. Neuer Einwurff aus den
Hostiensi, daß die Theologi
vortrefliche Rosse, die Legisten aber Esel und die Canonisten Maul-Esel wären. §. XXV. p. 99. Welcher
gleichfalls bescheiden
|| [ID00367]
abgewiesen wird. §. XXVI. p. 101. Noch
eine andere vernünfftige Antwort auf den ersten Einwurff. §. XXVII. p. 101.
II. Handel. Von Laster der beleidigten hohen Obrigkeit, wenn Evangelische
Priester derselben die Absolution und das Abendmahl zu versagen sich
unterfangen.
WArum das Responsum über diesen Handel bißher nicht
völlig in Druck publiciret worden. §. I. p. 102.
Vorläufftige Erinnerung wegen der bey diesen Handel verborgenen Intriguen. Ausführliche Umstände des Handels nebst
angehängten zwey Fragen. §. II. p. 103. Erste Beylage zu voriger Specie facti. Scheinheiliger, aber mit Brocken des
politischen Pabstthums angefülleter Brieff der beyden Prediger. §. III. p. 107.
Andere Beylage. F. U. Calixti Beantwortung 10. Fragen von der Seeligkeit in der
Catholischen Religion. §. IV. p. 110. Dritte Beylage. Andrer Brieff der beyden
Prediger darinnen sie more Papizante mit der Thür ins
Hauß fallen. §. V. p. 113. Die vierdte und letzte Beylage. Rescript, das denen
Predigern ihren Unfug für Augen leget. §. VI. p. 117. Mein ausführliches Responsum. Eingang. Die 1. Frage. Zweiffel für das Recht
des Binde-Schlüssels. (I) Weil das geistliche Amt der Prediger von GOtt allein,
nicht aber von weltlicher Obrigkeit dependire: Sondern diese intuitu potestatis
internae nur pro brachio Seculari zu achten wäre. Nach dem Zeugnüß der
Theologischen Facultät zu Wittenberg, ingleichen Matthaei Judicis und Tilemanni
Heshusii. (II) Absonderlich was das Straff-Amt der Prediger betrifft. (III) Und
insonderheit in Gebrauch des Binde-Schlüssels. (IV) Auch wider Könige und
Fürsten, wo nicht mit dem grossen doch zum wenigsten mit dem kleinen
Kirchen-Bann. (V) Zumahlen wenn der Fürst dem Pabstthum favorisiret. (VI) Jedoch
wenn es füglich geschehen kan. Ein Prediger kan seinen Fürsten nicht von
Gebrauch des Heil. Abendmahls ausschliessen. (1) Weil der Kirchen-Bann mehr eine
weltliche als geistliche Bestraffung ist. Ursprung und Beschaffenheit dieser
Straffe, bey den Heyden: Bey den Juden vor und Zeit währender Babylonischen
Gefängnüß, und ferner nach derselben: Bey denen Chri
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sten: Und zwar bey diesen letzten 1) zu denen Zeiten Christi und der
Apostel und zum 2) von dar biß zu denen Zeiten des Kaysers Constantini, 3) von
denen Zeiten an des Kaysers Constantini sonderlich schon in vierten und fünften
Seculo. Auch Päbstische Scribenten haben erkannt, daß unter dem Kirchen-Bann
eine weltliche Straffe versteckt sey. Irrthum der Smalcaldischen Articul, daß
nur der grosse, nicht aber der kleine Kirchen-Bann eine weltliche Straffe sey.
Welches durch neun kurtze und deutliche Rationes bewiesen wird. (II.) Weltliche
Regenten haben auch mitten im Pabstthum denen Geistl. die Ausschliessung von
Abendmahl nach ihren Gefallen zu thun verbothen. (III.) Und die protestirende
Fürsten haben jederzeit wider den Mißbrauch des Kirchen-Banns denen Predigern
Gesetze vorgeschrieben und ihnen dißfalls Einhalt gethan. (IV.) Und zwar dieses
alles von Rechts wegen, nach der Lehre Pufendorffii, und des Lutherischen
Theologi D. Johannis Mathesii. (V.) Wannenhero auch bey denen Protestirenden von
denen aus Affecten oder sonst unrechtmäßig, (auch mit Consens des Consistorii)
in Bann gethanen, an die weltliche Obrigkeit appelliret wird. (VI.) Weil die
Protestirenden Fürsten Jura Episcopalia haben, und kein Clericus seinen Bischoff
mit den Kirchen-Bann belegen kan; Auch der Fürst kein Parochianus, und der
Hof-Prediger eigentlich sein Hauß-Prediger ist. (VII.) Noch weniger kan ein
Evangelischer Fürste von H. Abendmahl ausgeschlossen werden, wenn er gleich in
faveur der Päbstischen Religion etwas begienge. Indem diese Ausschliessung wider
die Reichs Gesetze wäre. Auch die Ketzermacherey eine von denen gröbsten Brocken
des politischen Pabstthums ist. Dieses wird mit einen merckwürdigen Casu
erläutert, bey welchen die Theologi Wittenbergenses den Unfug dergleichen
Ketzermacherey erkennet. Beantwortung der obigen Zweiffel, und was hierbey
überhaupt zu beobachten. Auf den (1) Zweiffel 1) aus der unmittelbaren
Einsetzung des Predig-Amts von Christo folget keinesweges, daß solches nicht
auch von Christlicher Obrigkeit dependire, welches schon von Grotio
handgreiflich bewiesen worden: 2) Zumahl da unsere Prediger ihr Amt unmittelbar
von der weltlichen Obrigkeit als Unterthanen erlangen. Auch 3) die weltliche
Obrigkeit gleichfalls von GOtt unmittelbar eingesetzet ist. 4) Aus der
gegenseitigen Meynung, wird das gemeine Wesen zweyköpficht, 5) und die Obrigkeit
unter die Füsse des Predig-Amts getreten. 6) Die praetendirte Independenz des
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Predig-Amts von der weltlichen Obrigkeit ist der formale
character des Pabstthums, wie solches Janus Alexander Ferrarius, ingleichen Hugo
Grotius, und andre viele gelehrte Männer ausführlich dargethan. Wie und warum
diese Autores von der Gegen-Parthey untergedruckt wooden. Nebst einem
vernünfftigen Gegenvorschlag. Erinnerung wegen übler Application der Sprüche
heiliger Schrifft, und unnützer allegirung der Exempel aus der Kirchen Historie.
Kurtze Beantwortung des (II.) Zweiffels, durch Umkehrung des daraus gemachten
Schlusses, nebst Erinnerung wegen der grossen bißherigen Gedult Evangelischer
Fürsten. Antwort auf den (III) Zweiffel. Dessen praesuppositum wegen des von
Christo eingesetzten Bindeschlüssels und Juris excommunicandi ist nicht richtig.
Wie solches bereits schon andere ausgeführet, als Petrus Molinaeus (Apol.
August. Confes. Georgius Calixtus &c.) Beantwortung auf die von
Gegentheil angeführten Oerter der Heiligen Schrifften aus Seldeno, Johanne
Lightfoot, Johanne Benedicto Carpzovio wieder Schertzern. Anmerckungen über
Nimeyers Tractat von der Kirchen Disciplin. Auf was masse das Pabstthum zwey
unterschiedene Dinge vermischt: Kennzeichen eines aus Schwachheit irrenden
Predigers, und eines trotzigen Gern-Pabsts. Daß der IV.) Zweiffel keiner fernern
Beantwortung brauche. Das Exempel des Kaysers Theodosii widerleget aus
Melanchthone. Was von Ambrosii facto zuhalten. Woher die unserigen die
gegentheitige Meinung zuvertheydigen verfallen. Hülsemanns Ansehen und
Eigenschafften. Kurtze Beantwortung des (V.) und (VI.) Zweiffels. Die II.)
Frage. Summarische Vorstellung von der Prediger bißherigen conduite. Unreine
Quellen, aus welchen die Schein-Ursachen, diese conduite zu vertheydigen,
herzunehmen (I.) die von Hulsemanno angeführten Sprüche der heiligen Schrifft.
(II.) Eben desselben rares brocardicum. (III). Sehr notabler Ort aus dem
Dedekenno. Dreyfache Beantwortung der (I.) sonderlich ex Hugone Grotio: Der
(II.) der Lehrstuhl ist kein Richterstuhl. Der (III.) Anmerckung vieler darinnen
verborgenen elenden Sophistereyen: Daß die Prediger exemplarisch bestrafft zu
werden verdienet. (I.) Weil sie ihren Landes-Herren unterschiedlich in Worten
beschimpfft. (II.) Weil sie arcana domus propaliret. (III.) Weil sie unter
nichtigen Praetext Jura Patriae Potestatis angegriffen. (IV.) Weil sie durch
ihre praetendirte independenz die hohe Obrigkeit beleydiget und darinnen
fortgefahren. (V.) Weil sie Se
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renissimum nicht
undeutlich bedrohet von Abendmahl auszuschliessen. (VI.) Und disfals selbigen
fremden Theologis als Richtern unterwerffen wollen. (VII.) Welches alles als
bisher unerhört, nach ihren eigenen Ausspruch mit scharffer Straffe beleget
zuwerden verdienet. (IIX.) Beantwortung der pro mitigatione poenae etwa
vorzubringenden Ursachen. (IX.) Schluß, daß Serenissimus befugt sey, die 2.
Prediger entweder mit Gefängnüß oder Landes-Verweisung zubestraffen, (X.) oder
dieselbe abzusetzen; (XI.) oder mit einer Geld-Busse zubestraffen und zu
translociren. §. VII. p. 119. Allerhand Urtheile von diesen responso. Erzehlung etlicher die gar favorable
geschienen. §. IIX. p. 191. Deren eigentlicher sensus
mysticus §. IX. p. 192. Kurtzer Inhalt des Anfangs von einen Versuch
der Historie des Streits zwischen der Obrigkeit und den
Priesterthum wegen des Kirchen Rechts. §. X. p. 193. Die publication des Bedenckens, unerachtet der mit Anführung vieler
Ursachen geschehenen deprecirung. §. XI. p. 197. Die
erste wieder das Bedencken publicirte Schmähschrifft
eines sich selbst verrathenden Anonymi. §. XII. p. 198.
Warum dieselbe nicht beantwortet worden. Etliche specimina von dem Elenden Zustand dieser Schrifft. §. XIII. p. 199. (I.)
Miserabler Beweiß, daß der Bindeschlüssel keine
weltliche Straffe sey. §. XIV. p. 199. (II.) Falsche und erdichtete Anführungen
der Worte aus meinen Bedencken. §. XV. p. 200. (III.) Unvernünfftig angebrachte
Metaphysische Grillen. §. XVI. p. 201. (IV.)
Entlarvter Phariläischer Hochmuth. §. XVII. p. 202. (V.) Gantz unvernünfftig
angebrachte distinction unter Straffe und Artzney. §.
XIIX. p. 203. Haupt-Ursache, warum ich mir vorgenommen, denen, die wider das
Bedencken geschrieben, damahls nicht zu antworten. §. XIX. p. 204. Sebast. Edzardi neue Schrifft wieder das Bedencken.
Etliche Specimina von denen straffbaren injurien, die Edzardi in dieser
infamen Schrifft wider ehrliche Leute ausgestossen.
§. XX. p. 205. Etliche Anmerckungen von Herren D. Pertschens, Thomae Erasti, Ludovici Molinaei, und Johannis
Seldeni hieher gehörigen Schrifften. §. XXI, p. 207.
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III. Handel. Kluge Behutsamkeit Evangelischer Fürsten in Bestraffung derer
durch die Papentzende Lehren der Universitäten eingenommene, ob wohl gröblich
sich vergehender Prediger.
PRaeliminar Ursachen, warum Evangelische Fürsten
dergleichen Behutsamkeit benöthiget sind. §. I. p. 209. Meine eigene deshalb bey
vorigen Handel geschehene Erinnerungen. §. II. p. 211. Svite des vorigen
Handels. §. III. p. 211. Supplementa etlicher zur specie facti des vorigen Handels gehöriger Umstände. §.
IV. p. 211. Neue Widerspenstigkeit der Prediger, und Verstossung der
angetragenen Gnade. §. V. p. 212. Etliche Bemerckungen und Erläuterungen
darüber. §. VI. p. 213. Was bey Erwehlung eines andern Beicht-Vaters
vorgegangen. §. VII. p. 214. Dem die beyden Prediger einen sehr anzüglichen locum ex Dedekenno zuschicken. §. IIX. p. 215. Und in
einer Schrifft, mit ihnen zuzancken, aber vergebens, ausfordern. §. IX. p. 216.
Neuer Unfug derselben in ihren Predigten. §. X. p. 217. Und Widersetzligkeit
wieder des Serenissimi Verordnung §. XI. p. 217. Kluge
moderation Desselbigen, und denen Predigern gethane
gnädige Vorschläge. §. XII. p. 218. Dieser ihre Confusion, auch gebethene und erhaltene Frist. §. XIII. p. 219. Etliche
differente Umstände, derer sie in ihrer Erzehlung
erwehnen. §. XIV. p. 220. Unmaßgebliche Gedancken darüber. §. XV. p. 220. Der
Prediger schrifftliche Antwort auf die gethanen Vorschläge. §. XVI. p. 221. Zwey
Beylagen, mit Papenzenden allegatis. §. XVII. p. 223.
Einige Anmerckungen über dieselben. §. XIIX. p. 226. Nöthige Behutsamkeit, wegen
zweyer dubiorum, der Prediger coërcirung betreffend; §. XIX. p. 227. Verordnung einer Commission wegen der Prediger Unfug §. XX. p. 228. Hierzu nöthige excerpta ex Actis. §. XXI. p. 228. Neun Gravamina potiora wider die Prediger. §. XXII. p. 232.
Bey Eröffnung der Commission geschehene proposition. §. XXIII. p. 233. Conduite und merckwürdige Cau
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telen der Prediger für der Con mission. §. XXIV. p. 234. Was ferner bey der Commission passiret. §. XXV. p. 237. Conferirung der bißher erzehlten Umstände mit der gegentheiligen specie facti. §. XXVI. p. 238. Anmerckung wegen der Allotriorum und dem wahren Ursprung artis Rabulisticae. §. XXVII. p. 239. Ingleichen was die gegentheilige
facti species ferner referiret. §. XXIIX. p. 239. Antwort der Prediger: Auf das 1. gravamen,
von Vergleichung Serenissimi mit denen Römischen Missionariis. Auf das 2.
gravamen, von der Beschuldigung, daß Serenissimus sich zum Gebrauch des H.
Abendmahls unfähig gemacht, und von der applicirung des responsi bey dem
Dedekenno auf ihre Durchl. Auf das 3. und 4. gravamen, daß sie ihre Durchl. von
der Beicht und Abendmahl de facto abgehalten, und ihre intentionem banni
minoris, durch das, was sie mit dem neuen Confessionario vorgenommen,
bestättiget hätten: Auf das 5. gravamen, daß sie dadurch die Kirchen-Ordnung
ungebührlich violiret hätten: Auf das 6. gravamen von der Comparation zwischen
ihrer Duchlauchtigkeit und Nadab, Abihu, Usa &c. Auf das 7. gravamen
wegen der opponirten exceptionis spolii. Auf das 8. gravamen wegen der
Widersetzlichkeit, wieder das Oberhaupt der Kirchen in dem Fürstenthum. Auf das
9. gravamen, wegen des aus dem vorigen deducirten straffbaren Verbrechens, und
gegebenen Aergernüsses. §. XXIX. p. 240. Erinnerung wegen der opponirten exceptionis spolii. Gedancken über
des Salomons Absetzung des Abjathars §. XXX. p. 254.
Ungleiche Relation von dem denen Predigern hierauff
zugeschickten decreto remotionis. §. XXXI. p. 255. Als
welches nur ein Decrctum dimissionis war. §. XXXII. p.
256. Ungleiche relation von der Predigt des bißherigen
Confessionarii. §. XXXIII. p. 256. Gegen welche eine
anderwärtige relation vorgestellet wird, so wohl von
dessen gehaltener Predigt. §. XXXIV. p. 257. Als auch von der Predigt seines Adversarii. §. XXXV. p. 258. Ende dieses Handels. §.
XXXVI. p. 259. Erleuterung dieses Handels durch unterschiedene andere Responsa. §. XXXVII. p. 260.
IV. Handel. Etliche Fragen wegen eines Codicills.
VOranmerckung. §. I. p. 261. Das Responsum selbst.
Species facti. I. Frage von der Gültigkeit des Codicills. II. Frage von
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Edirung eines Inventarii. III. Frage: Ob von den Legato
testiret. werden könne? §. II. p. 161.
V. Handel. Fünff Fragen über ein Fideicommiss.
VOrerinnerung §. I. p. 265. Mein Responsum. §. II. p.
265. Responsum Strykii. §. III. p. 267. Etliche
Nebenerinnerungen §. IV. p. 269.
VI. Handel. Grobe Brocken des politischen Pabstthums unter Evangelischen
Predigern, in puncto der Ketzermacherey.
VOrerinnerung. §. I. p. 269. Das Responsum selbst.
Eingang. Erzehlung der Geschicht. I. Frage: Ob die That Inquisitions würdig?
Beschuldigung der denuncirten. Handgreiflicher Beweiß; Daß alhier keine
Missethat verhanden. Allerhand Unfug der denuncirenden Ketzermacher. II. Frage:
Von Verdacht und ungewöhnlichen Verfahren der Judicum inquirentium.
Schein-Entschuldigungen derselben. Papistische Art, die Denunciatos über die
Artickul eydlich abzuhören. Beantwortung der Schein-Entschuldigungen. Andere
Partheylichkeiten derer Commissarien. III. Frage von Absolvirung der
Denuncirten, und Bestraffung der Denuncianten. Schein-Gründe für die
Denuncianten. Beantwortung derselben. Papentzende Thaten der Denuncianten. IV.
Frage von der Nullität so bey Verschickung der Acten begangen worden.
Schein-Gründe, diese Nullität zu bemänteln. Beantwortung derselben. §. II. p.
270. Erinnerung, daß nicht die Ketzerey, sondern die Ketzermacherey eine
Missethat sey §. III. p. 292.
VII. Handel. Papentzende Widerspenstigkeit etlicher Prediger wider ihre
Obrigkeit.
VOrerinnerung §. I. p. 293. Die an Uns ergangene Frage §. II p. 293. Warum auf
selbige nur von Unserer Facultät ein
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Responsum decisivum erfolget. §. III. p. 294. Das Responsum selbst. Eingang. Erzehlung der Geschicht I.
Frage: Ob die dictirte Straffe nicht zur Execution zu bringen? Vorerinnerung
wegen Mangel etlicher Umstände. Schein-Ursachen für die Prediger I. daß die Ehe
mit des Weibes Schwester von GOtt verbothen. II. Daß Prediger wieder die
Sacraments Verächter eyffern müsten. III. Daß sie sich nur mere passive
verhalten, und nach ihren Gewissen gethan. IV. Daß Magistratus nulliter
verfahren. General justification, daß Unser responsum definitiv sey.
Beantwortung der Schein-Gründe. I. Wegen des Verboths von der Ehe mit des
Eheweibs Schwester. Heutige Einsicht in die Papistische Reliquien in der Lehre
von Ehesachen. II. Daß hier keine offenbahre Sünde verhanden. Heutige Einsicht
in die Papistische Reliquien in der Lehre von Bindeschlüssel. III. Daß in
Luthero Catechismo die Ehe für kein Sacrament ausgegeben werde. IV. Papentzendes
mere passive Verhalten. V. Nichtiger Vorwandt, daß Magistratus nulliter
verfahren. VI. Eigentlicher Status Controversiae. VII. Recommendirung des mere
passive Verhaltens bey erfolgter Remotion. Beantwortung der ersten Frage. II.
Frage: Wie die Sache klüglich anzufangen, wenn bey erfolgter Remotion ein
Aufstand etwan zubefahren? Nemlich durch mere passivische Geldbestraffung der
Prediger, und Vergönnung des Gebrauchs des Abendmahls ausser der Parochie. §.
IV. p. 297.
IIX. Handel. Von Gültigkeit eines Testaments, Edirung eines Inventarii und
Vermächtnüß, das dem Schreiber des Testaments vermacht worden.
IMpertinente formuln der Testamente. §. I. p. 304. Von
der formul, daß man seine Seele GOtt, und den Leib der
Erden empfehle die Unser aller Mutter ist. §. II. p. 304. Neuer Einwurff
unzeitiger Eyfferer. §. III. p. 305. Beantwortung desselben. §. IV. p. 306. Das
an Uns geschickte Testament. §. V. p. 307. Erinnerungen 1. wegen der Anruffung
Göttlichen Nahmens. §. VI. p. 309. 2. Wegen Erinnerung der Sterblichkeit. §.
VII. p. 309. 3. Von Erwehnung gesunder Vernunfft. §. IIX. p. 310. 4. Wegen der
Unterschrifft des Curatoris. §. IX. p. 310. Antwort auf
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die Entschuldigung, daß überflüßige Dinge nicht schaden.
§. X. p. 311. Das erste Codicill. §. XI. p. 312.
Anmerckung wegen einer neuen ungeschickten formul. §.
XII. p. 313. Das andere Codicill. §. XIII. p. 314. Die
an uns geschickte Fragen. §. XIV. p. 316. Unser Responsum. Bedingte Bejahung der 1. Frage: daß das Testament gültig sey.
Beantwortung der 2. Frage wegen der Clausulae Codicillaris und Edirung des
Inventarii. Bedingte Antwort auf die 3. Frage von dem dem Curatori vermachten
legato. §. XV. p. 318.
IX. Handel. Verstand der Chur-Sächsischen Constitution von denen Baudiensten,
die die Bauern denen Edelleuten leisten sollen.
TExt der Sächsischen Ordnungen von Baudiensten. §. I. p. 321. Ursprung der
Meinung, daß in selbigen denen von Adel die Baudienste in Regula zugesprochen worden. §. II. p. 322. Klage wegen der Baufrohnen,
und was ferner bis zum ersten Urtheil passiret. §. III.
p. 323. Beklagtens Bescheinigung. §. IV. p. 325. Klägers Gegenscheinigung. §. V.
p. 326. JCti L. absolviren Beklagte von der Klage. §.
VI. p. 326. Die rationes decidendi. §. VII. p. 327. Die
JCti W. aber condemniren
dieselbe in dem Leuterungs Urtheil. §. IIX. p. 327. Beklagtens Leuterung und
Verfahren drüber. §. IX. p. 328. (NB. Cholera auf
teutsch die Cholica. §. X. p. 329.) Des Schöppenstuhls
zu J. drittes Urtheil so wiederum die Beklagten
absolviret cum rationibus decidendi. §. XI. p. 329.
Welches in der Appellation von dem Schöppenstuhl zu L.
bekräfftiget wird. §. XII. p. 331. Auch Unsere Facultät
nach Klägers erfolgten Leuterung es dabey gelassen. §. XIII. p. 331. Klägers
neue Appellation. §. XIV. p. 332. Ausführliche rationes decidendi Unsers Urtheils. §. XV. p. 333. Noch
etliche Erinnerungen. §. XVI. p. 336.
X. Handel. Daß auf Angeben liederlicher Weibes-Personen nicht leicht der
Reinigungs-Eyd zuerkennen.
VOrerinnerung §. I. p. 337. Ubereilete inquisition wider
einen jungen Menschen. §. II. p. 337. Ferner Verlauff, nebst dem
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ersten Urtheil, welches dem Inquisito
den Reinigungs-Eyd zuerkennet. §. III. p. 339. Welches auch durch ein
anderweitiges cum rationibus eingehohletes Urtheil confirmiret wird. §. IV. p. 340. Nach fernerer
Verschickung aber wird Reus in dem dritten Urtheil von
fernerer Inquisition befreyet. §. V. p. 341. Anleitung
die rationes decidendi zu errathen. §. VI. p. 341.
Anmerckung wegen Austretung des inquisiti, ehe etwas
wider ihn denunciret worden. §. VII. p. 342.
XI. Handel. Ein Exempel von einer angestelleten Klage wegen Verletzung über
die Helffte.
VOrerinnerung §. I. p. 343. Der Contract, so zu diesen
Handel Anlaß gegeben. §. II. p. 344. Die nachhero von dem Verkäuffer angestellte
Klage. §. III. p. 345. Beklagter excipirt, daß Kläger
der Verkürtzung über die Helffte renunciret hätte. §.
IV. p. 346. Der Gerichtliche etwas anders eingerichtete Contract. §. V. p. 347. Erinnerungen über beyde formuln. §. VI. p. 349. Daß erste Urtheil daß sich Beklagter einlassen
solle. §. VII. p. 349. Was in dem andern Termin von beyden Theilen vorgebracht
worden. §. IIX. p. 350. Das andere L. Urtheil das dem vorigen gantz zuwider. §.
IX. p. 351. Leuterungs gravamina wider dasselbige und
ferneres Verfahren darüber. §. X. p. 351, Unserer Facultät Urtheil §. XI. p. 353. Ursachen, warum Kläger in gegenwärtigen
Handel wohl schwerlich gewinnen werde. §. XII. p. 353. Und warum Wir nichts
destoweniger den Beklagten noch zur Zeit nicht absolviren können. §. XIII. p.
354.
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Register über die fürnehmsten Materien der ersten Vier Theile. NB. Die
Römische Ziffer bedeutet den Theil, die Teutsche aber die Paginam.
ABendmahl, ob Unwürdige bey demselben den wahren Leib und Blut Christi geniessen II. 222. wie weit die Catholischen und Lutheraner deswegen differiren? IV. 8. Bedungene Freyheit solches bey Catholicken unter beyderley Gestalt zu geniessen IV. 19. 32. ob man es unter einer Gestalt mit gutem Gewissen nehmen könne? IV. 20. soll der hohen Obrigkeit nicht versaget werden. ib. 102. ob es einem, der seines verstorbenen Weibs Schwester geheyrathet, könne versagt werdeu ib. 294
Ablaß dessen vormahlige und ietzige Beschaffenheit in der Röm. Catholischen Kirche IV. 91
Absolutio wird in der Formula Concordiae ein Sacrament genennet II. 219. IV. 138. soll der hohen Obrigkeit nicht versagt werden IV. 102
Absurditäten, die grösten können durch einige Legisten und Canonisten bestätiget werden IV. 343
Abt wird im Gefängnisse wegen schlechten Tractaments von Podagra befreyet I. 222
Accessorium , an semper sequatur naturam principalis? IV. 320
Acten heimliches Beyschreiben bey Verschickung derselben I. 137. unanständige Urtheile von demselben removiren. ib. 207 Citatio ad irrotulationem bey derselben Verschickung IV. 290
Actio aestimatoria I. 153. ad palinodiam ib. poenalis ib. injuriarum 132. 136
Adeliche Personen sind von denen Stadt-Gerichten eximirt III. 270. sie können sich auf dem Lande der Privilegiorum testamentorum rusticorum bedienen IV. 319
Advocaten ungewissenhaffte und unverständige I. 131. brauchen viel Erfindungen zu Interlocutis II. 10. Beschaffenheit und grosse Menge der Untreuen, Mittel dagegen II. 21. seq. einer so vieler schlimmen Dinge beschuldiget worden III. 281. Einer beschwert sich ohne Grund über die Gerichte III. 284. ob sie wider ihre Clienten zeugen sollen III. 339
Affe wird für ein Gespenst gehalten II. 334
Affecten sind ausser der Application weder böse noch gut II. 31. allerhand der obern wider die untern III. 287. der Geistlichen und Weltlichen wieder einander III. 298
Alcoran dessen Ubersetzung und öffentlicher Druck I. 275
Alter, ein reiffes wird zur Verbesserung des Justitz-Wesens erfordert II. 168
Ampliatio Jurisdictionis ein Mißbrauch bey dem Justitien Wesen II. 18
Andreä, D. Jacobs übles Leben und Schrifften voll ungeheurer Meynungen II. 214
Angeben, ist im Pabstthum zum Werck der Christlichen Liebe gemacht worden I. 106 III. 1
Angeber sind schädliche Leute I. 105. ob man sich allemahl wider sie erholen könne I. 119 falsche I. 207. sollen nicht zum Jurament gelassen werden
Antichrist, ob die Römische Kirche ein Reich des Antichrists sey? IV. 70
Anverwandte solten nicht in so grosser Menge in Judiciis und Rechts-Collegiis beysammen sitzen II. 24
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Appellationen, grosser Mißbrauch derselben II. 11. Mittel dagegen ib. 14. in welchen Fällen sie nicht zu verstatten ib. Determinirung einer summae appellabilis ib. 15. in criminalibus wird in Sachsen keine verstattet III. 289. vom Kirchen-Bann an die weltliche Obrigkeit IV. 150
Applicatio juris ad factum I. 80, üble Applic. der Sprüche Heil. Schrifft IV. 164
Arbitratus tertii II. 29
Arbitrium judicis in Inquisitions-Sachen wie es limitirt werde IV. 280. arbitrium sortis II. 29
Arme, vergnügte sind glückseeliger, als unersättliche Reiche I. 344. derselben Rechte wird offt durch contrarias observantias derogiret II. 5
Arnold, Gottfr. dessen Kirchen und Ketzer-Historie I. 275
Articuli inquisitionales sollen vernünfftig und nicht unordentlich abgefasset werden I. 37. ungeschickter Advocaten übel formirte Artickel II. 154
Atheist, eines gelehrten elender Zustand I. 233 Atheistischer Bücher Confiscirung I. 241. ob die Atheisterey zu bestraffen sey? I. 253 256. worinnen sie bestehe I. 283. D. Pfeiffers Programma zu einem Collegio Anti-Atheistico III. 70
Attestat , ein unförmliches von fürnehmer Hand I. 159
Austretung eines Beschuldigten den man drohet zu denunciren IV. 342
BAbel, das Biblische, ob es die ietzige Römische Catholische Kirche sey? IV. 70
Bann, grosser und kleiner Kirchen-Bann IV. 128. ob derselbe sonderlich wider Fürsten zugebrauchen sey, so dem Pabstthum favorisiren IV. 129. ist mehr eine weltliche als geistliche Straffe ib. 130. die Beschaffenheit desselben bey Heyden und Juden ibid. bey den Christen ib. 132. ist auch von Catholischen weltlichen Potentaten exerciret worden IV. 142. Beschaffenheit desselben bey denen Protestirenden IV. 143. er gehört für die gantze Kirche, insonderheit für die Obrigkeit ib.
Baufuhren der Bauern für die Edelleute nach Sächs. Verordnungen IV. 31. sind sonst ausser Sachsen ordentlich nicht im Gebrauch IV. 335
Baum-Lehr-Art eines Predigers in einem Jahr-Gange IV. 288
Beförderung Göttlicher Ehre wird offt zum Affecten-Deckel mißbraucht III. 92
Befugt seyn, diese Formul ist unterschieden von unbenommen bleiben I. 125. 130. desgleichen ist ein Unterscheid zwischen etwas zu thun befugt seyn und wohl gethan zu seyn I. 133. it. befugt und nützlich seyn III. 340 IV. 302
Begierde nach Ehr und Güthern eine Quelle der Ungerechtigkeit II. 32
Behutsamkeit, nöthige, ehe man Criminal-Processe annimmt I. 2. eines Fürsten bey Bestraffung der Prediger IV. 209
Beicht-Vater, von Erwehlung eines neuen IV. 214
Beschimpfung siehe Schimpf.
Beschuldigung, wenn derselben Falschheit nicht zu praesumiren I. 115. unerwiesene Beschuldigungen müssen nicht pro certis ad acta gebracht werden IV. 283
Besoldung der Prediger kan von der Obrigkeit nicht verringert werden I. 181. die Richter und Advocaten solten Besoldung bekommen II. 26
Beweiß, ob es rathsam solchen einer Klage bald beyzulegen II. 153
Beyschlaff zweyer recht Verlobten vor Priesterl. Copulation I. 365. ob dessen Bestraffung für das Consistorium gehöre II. 366
Bey-Urtheile, Interlocuta, derselben Unfug II. 7
Bilder-Verboth hätte aus den zehen Geboten nicht sollen weggelassen werden II. 220
Binde-Schlüssel, ob er bey den Protestanten contra Summum Episcopum zugebrauchen IV. 119. ob Prediger deswegen unmittelbar von Christo dependiren IV. 126
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ob er wider privatos von den Predigern ohne Vorwissen der Obrigkeit
könne gebraucht werden IV. 294
Bodini Heptaplomeres I. 241
Bösens M. Joh. Georg allerhand Umstände bey seiner Affaire zu Sorau IV. 269
Blut in denen Wunden eines todten Kindes zeuget, daß es sey lebendig gewesen I. 29. 31
Brandwein, dessen Gebrauch und Mißbrauch I. 219. ein Prediger hat sich sehr daran gewöhnet und kommt deswegen von seinem Dienste III. 306
Brief an Dionysium Alexandrinum I. 273
Bruder, warum einer seines verstorbenen Bruders Weib nicht heyrathen dörffe I. 298
Bürgerliche an Reichs-Fürsten verheyrathete Personen haben von gebohrnen Stands-Personen keinen Fürstlichen Rang zugewarten II. 121
Bürgemeister zweyer Beschuldigungen III. 257. einer beschuldiget seinen Actuarium schlimmer Händel III. 263
CAlumnia worinnen sie bestehe I. 115. Juramentum calumniae zu evitiren II. 79
Calumnianten wegen edirter Schrifften I. 333
Canonisten mit Maul-Eseln verglichen IV. 99 wenn und warum sie aufkommen ib. 100
Cantzel ist ein Lehr- und kein Richter-Stuhl IV. 182
Carpzovs des alten Sächs. JCti grosse Autorität IV. 322
Castrate ob er heyrathen und getrauet werden könne II. 156
Casus pro amico werden von einem casus pro diabolo genennet II. 159
Catholische, Röm. Catholische, ob sie die Seeligkeit verliehren, wenn sie Lutherisch werden IV. 3. ob sie alle andere Religions-Verwandten verdammen IV. 5. ob sie in ihrer Religion können seelig werden ib. 10
- - Lehrer bekennen nachdrücklich, Christus sey der Grnnd ihres Glaubens und ihrer Religion IV. 31
Cavalier giebt einem Actuario, der nach seinem eheleiblichen Vater fragte, eine empfindliche Antwort I. 132
Caussae non appellabiles II. 14
Cautelen, die im Druck befindlichen taugen mehrentheils gar nichts II. 80. bey Testamenten IV. 37
Caution , Behutsamkeit dabey, wenn solche Delinquenten stellen I. 228. Interlocuta deswegen II. 9
Ceremonien werden bey Einführung der Reformirten Religion in Brandenburgischen Kirchen abgeschafft II. 245. grosser Tumult deswegen zu Berlin ib. 246. seq.
Chaise und Pferde, ob sie ein gemeiner Handwercks-Mann für sich halten möge III. 291
Cholera soll bey einem Advocato mit Gewalt so viel als Cholica heissen IV. 329
Clausula codicillaris, ob sie allen Testamenten zu statten kommt IV. 317. ob sie in testamentis rusticis einigen Effect habe IV. 320
Codicille , unterschiedene Fragen davon IV. 261 ob ein in dorso testamenti geschriebenes ohne Zeugen bestehen könne? IV. 262. Codicillorum ab intestato & testamento confirmatorum differentia IV. 263. ein ander Codicill ib. 314
Collegia juridica müssen nach der Proceß-Ordnung und nicht nach eignem Gutbefinden sprechen IV. 354
Commissarien, wie man partheyische loß werden soll und andere verlangen soll I. 15. 35. sollen ihre vorgeschriebene Schrancken halten I. 107. Exempel eines sehr unverschämten ibid.
Commission in Sachen der Wolffenbüttelischen Hof-Prediger IV. 232
Comödianten, moralische I. 282. ob sie ad dignitates academicas zu admittiren III. 167 169
Comödien ob sie zuläßig sind, item wer sie besuchen und nicht besuchen möge III. 169. seq.
Compatroni bey Pfarrstellen III. 326
Competentia fori , Interlocuta deßwegen II. 9
Compromissa II. 29
Concilia die vier ersten allgemeinen IV. 7
Concubinatus Disputation davon I. Vorrede ):():( ein unrecht angegebener III. 313
Consilium abeundi bringt keine Beschimpffung I. 258
Consistoria vielerley Irregularitäten in denselben I. 211. ob ein geistlicher oder weltlicher Director darinnen seyn soll II. 259. ib. 268 derselben potestas judicialis II. 365. allerhand Mißbräuche in denselben ib. 366
Contractus inter vivos I. 145. Eydliche Contracte, ob sie abscheulich III. 173. Contractus ubi alea subest IV. 354
Copulatio sacerdotalis gehöret nicht ad essentiam matrimonii III. 315
Corpus delicti muß in Referirung der Acten nicht ausgelassen werden I. 241
Crimen falsi wird einem Notario vorgeworffen III. 274. desgleichen einer Bauer-Wittwe wegen eines Leichen-Steins III. 292
Criminal-Processe wie man sich darzu praepariren soll I. 42
Curatores ob sie sich bey Testamenten und Codicillen klüglich unterschreiben IV. 311. 321
Dänische Gesetze und kurtze Processe II. 164
Delatores oder Denuncianten I. 105. siehe oben Angeber
Denunciatio Evangelica im Pabstthum III. 2
Depositio einer Summa in Casum succumbentiae II. 16
Desertio malitiosa I. 362
Diebstahl ein falsch imputirter III. 295
Dienste der Unterthanen gemessene und ungemessene IV. 324. 335
Directores in Consistoriis wie sie sollen beschaffen seyn II. 368
Dispensatio eines Fürsten, wie weit sich dessen Recht dißfalls erstrecke II. 288
Disputir -Gesetze beym Zeugen-Verhör II. 155
Doctores promoti, ob sie die Attestata wegen der Sectionen todter Cörper beschwören müssen I. 24. allzuhäuffige Anführung derselben in Juristischen Schrifften I. 79. 117 Differunt ratione legum a judice 281
Doctores juris utriusque IV. 99
Duplex quarta , wenn sie kan praetendiret werden IV. 267
EDzardi, Sebastiani unvernünftige Schreib-Art wider wackere Leute etc. IV 205
Ehe warum sie der Pabst zum Sacrament gemacht I. 358. Ehen zwischen Reichs-Fürsten und bürgerlichen Personen II. 107. Ehen, worzu höhern Standes-Damen von geringern Personen beredet werden II. 137 Ehe, eines Geistlichen mit seiner verstorbenen Frauen Schwester, ob sie zuläßig? I. 256 eines andern Manns mit der Frauen Schwester IV. 293. eines Castraten I. 257. ist kein Sacrament II. 265. rechte Grund-Wahrheiten in Ehe-Sachen II. 268. Prätexte die alten Lehren in Ehe-Sachen zu vertheidigen III. 318. Trennung derselben wegen Feiudschafft III 345
Ehescheidungs-Sachen I. 358. wegen Feindschafft III. 343. wegen incurabler und ansteckender Kranckheit III. 352
Ehestifftung eine eigennützige gereicht einer Frauen zu ihren Schaden I. 140. ob sie gültig, wenn eine grosse Ungleichheit darinnen enthalten I. 148
Ehr- und Geld-Geitz der Richter und Advocaten verderben das Justitz-Wesen II. 1
Ehrlichgemachte, ob sie gleiche Freyheit mit Ehrlichgebohrnen zu geniessen III. 187
Ehrlichkeit und Unehre der Leute in bürgerlichen Gesellschafften III. 167
Einbildung, einer starcken gantz ungemeinen und unglaublichen Würckung III. 231
Einschrenckung der Processe, willkührliche zwischen denen Partheyen II. 29
Emigratio ob sie denen Römisch-Catholisch-gewordenen von Evangelischen zu injungiren III. 253
Entretiens sur divers suiets d’ histoire de literature I. 279
Erfahrung ist zur Verbesserung des Justitz-Wesens nöthig II. 168
Erhebung einer geringern Standes-Damen in den Fürstlichen oder Gräflichen Stand ihrer Gemahle II. 125
Erhenckte siehe Gehenckte.
Erinnerung der Sterblichkeit, die man in die
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Testamente einflicket, Gedancken darüber IV. 310
Error circa accidentalia in matrimonialibus III. 341
Espion Turc ein Buch von der Türcken Religion und Sittenlehre I. 479
Exceptio inepti libelli II. 8. 9. ibid. 151. Dilatoriae exceptiones II. 151
Exempel Christi, der Propheten, Apostel u. w. können von den heutigen Predigern nicht alle nachgethan werden IV. 258
Eyd wegen einer Section eines todten Kindes wird depreciret I. 24. Reinigungs-Eyd wird in capitalibus nicht leicht zuerkannt I. 16. 103. in Ehe-Sachen I. 366. in Concubinat-Sachen III. 314. närrische Auslegung des Worts leiblicher Eyd I. 162. für Gefährde, Befreyung davon II. 78. ob er in Inquifitions-Sachen jemanden aufzulegen ehe er über die Inquisitions-Artickel vernommen worden IV. 281
FAtale insinuationis & appellationis I. 167
Feinde von unterschiedenen Gattungen I. 107
Feltmanni Buch de impari matrimonio, was ihn veranlasset dasselbe zu schreiben II. 122
Ferdinandus , Ertz-Hertzog von Oesterreich, dessen Vermählung mit einer bürgerlichen Person II. 131
Fideicommissum fünff Fragen deswegen IV. 265
Formula Concordiae warum sich ein Hällischer Politicus nicht darzu hat bekennen wollen II. 202. ob diejenigen Calvinisch sind, so dieselbe nicht annehmen II. 210
Formuln, impertinente bey Verfertigung der Testamente IV. 304. Eben dergleichen ib. 313
Fragen aus dem Jure publico werden jetzt anders beantwortet, als vor diesem I. 126 169. Fragen sind bey Administration der Justitz nöthig II. 170
Francke, Aug. Hermann, ob der Umgang mit ihm verdächtig mache IV. 275
Freund, Unterscheid zwischen einen rechten und einem Heuchler I. 350
Frohndienste ungemessene IV 324. 335
Fromme, welche Regenten diesen Beynamen bekommen haben III. 325
Furcht für andern ist eine Quelle der Ungerechtigkeit II. 32
Fürsten sind denen legibus poenalibus privatorum nicht unterworffen III. 219
GEbrechen bey dem Justitz-Wesen, acht besondere Classen desselben II. 3
Gegenbeweise verlängern die Processe II. 155
Gegenwart Christi im Abendmahl, vier Gründe Lutheri davon II. 222
Gehenckte sind offt von andern vorher umgebracht und aufgehenckt worden I. 186
Geitz eine Ursach des verderbten Justitz-Wesens II. 2
Geld-Straffe ist ein feines Mittel verkapte Heuchler zur Raison zu bringen IV. 303
Gelehrsamkeit der Juristen, wahre und falsche II. 162
Gelehrte, ob sie Freyheit haben pochende Handwercker aus ihrer Rachbarschafft zu vertreiben III. 359
Gemessene, Bauer- oder Frohn-Dienste IV. 324 335
Gerichte haben kein officium fagum & liberum II. 5. Erb- und Ober- Gerichte IV. 325
Gern-Päbste der trotzigen Kennzeichen IV. 175
Gesetze, in wie weit man davon disputiren könne I. 60. Poenal-Gesetze gehören zu den odiosis I. 61. wer sie geben und interpretiren kan II. 5. das Recht Gesetze zu geben, muß sich ein Regent durchaus nicht nehmen lassen II. 351. das Mosaische in Ansehung lineae collateralis gehet das A. Test. allein an IV. 298
Geständniß, eignes wie es nicht gültig sey, und widerruffen werden könne I. 311
Gewissen Sünde dawider IV. 93. Wenn auf zweyen Seiten irrige Gewissen sind, welches dem andern nachgeben solle IV. 302
Gewohnheiten, alte sind als Gesetze anzusehen II. 126
Gladius spiritualis ist der Kirchen-Bann von Alters her genennet worden IV. 134
Glaubens-Artickel, Grund- und Neben-Artickel IV. 7. Glaubens-Grund IV. 31. 35
Glaubens-Bekäntniß Joh. Sigmunds Churfürstens zu Brandenburg II. 244
Gnade, wer solche einem Delinquenten ertheilen könne? I. 128
GOtt, was die Atheisten für einen Concept von demselben haben I. 254
Gottesfurcht ein Mittel zur Verbesserung des Justitz-Wesens II. 34
Götze Superintendens zu Halberstadt heyrathet seiner verstorbenen Frauen Schwester II. 281
Guaranda , Interlocuta deswegen II. 9
Güte bey Processen, siehe Versuchung der Güte.
HAndelsbuch Beschwörung desselben III. 266
Handlungen aus Unwissenheit gehören nicht zu freywilligen I. 61
Handwercker, ob pochende nahe bey Gelehrten wohnen mögen III. 359
Hannß Sachsens Lob, I. 325. unterschiedene artige Gedichte aus demselben I. 327
Hanrey, wie weit dieses Wort injurire I. 225
Haß gegen eine Parthey, eine Quelle der Ungerechtigkeit beym Justitz-Wesen II. 32. wird unter Collegen offt mit der Larve der Gerechtigkeit bedeckt III. 42. zwischen Gerichten und Advocateu III. 276
Henricus VIII. König in Engell. ließ sich durch seine Räthe von seiner Gemahlin scheiden II. 271
Heuchler, Unterscheid zwischen denselben und einem wahren Freunde I. 350
Hexe, Hexerey, Absolvirung einer ungegründet beschuldigten I. 198. denen Aussagen der Hexen ist nicht zu trauen I. 202. eine treibt, dem Vorgeben nach, achtmahl auf der Spitze des rothen Thurms zu Halle mit dem Teuffel Unzucht II 239. Hexen-Processe recht thum angestellte II. 300. ungegründete III. 22
Heyrath s. Ehe.
Historie, die politische und Kirchen-Historie ist einem Juristen nöthig II. 174. der Schulen und Academien wird noch desideriret II. 176 Requisita zu einer solchen ibid. der Gerichte oder gerichtlichen Processe ib. 177. von der Uneinigkeit zwischen den Facultäten und Scabinis II. 178. von einen Affen-Gespenste II. 334. von einem Cavalier und Actuario I. 132. von einem der eine Ohrfeige bekommen unwissend von wem.
Hoe, Doctor, ob er sich mit 10000 Rthl. bestechen lassen den Pragischen Frieden zu befördern III. 22. dessen harte Beurtheilung der Reformirten Religion IV. 96
Hoffart, Artzney dawider I. 331
Hof-Leben, dessen doppelte Beschaffenheit III. 233. dessen grosse Gefährlichkeit ib. 234
Hoffnung der Urtheils-Fragenmacher gehet offt verlohren I. 131
Höllenfahrt Christi, Lutheri unbeständige und widrige Meynungen davon II. 227
Hülsemann D. ein gewaltiger Feuer-Geist IV. 176
Huren-Sohn auf was Art es eine Injurie sey, wenn einer also genennet wird I. 225
JAcob Böhmens Schrifften, ob derselben Lesen ein Kennzeichen einiger Ketzerey IV. 273. 280
Imperium merum & mixtum I. 125
Indicium fugae, wie es purgiret werde IV. 243
Indulgentien der heutigen Beschaffenheit in der Römisch-Catholischen Kirche IV. 91
Iniurien-Processe sind niemanden zu rathen I. 132. allerhand darzu gehörige Umstände I. 136. mehr dergleichen I. 157. 225. auch Prediger können injuriarum belangt werden, wenn sie gröblich nach Affecten handeln IV. 287
Innungen von derselben Eingriff in die Obrigkeitliche Gewalt I. 182
Inquisitio specialis quando pro nulla habenda I. 111. allerhand nöthige Anmerckungen
|| [ID00383]
deswegen IV. 271. eine unbefugte IV. 337
Insinuatio citationum II. 9
Instrumenta guarentigiata IV. 352. wider einen, der falsche Instrum. verfertiget hat, findet die Special-Inquisition statt III. 274
Intention auf solche ist fürnehmlich bey einer Religions-Veränderung zu sehen IV. 16
Interlocuta , Bey-Urtheile, derselben Unfug II. 7. allerhand Gelegenheiten, so man darzu nimmt ib. 8. Mittel dawieder ib. 9
Interrogatoria ungeschickte II. 154
Inventaria , wenn man schuldig ist solche zu ediren IV. 264
Irrotulatio Actorum kan nicht geschehen, nisi partibus ad hoc citatis IV. 291
Juden, ob sie Christen-Kinder kauffen und umbringen I. 223. ob sie derselben Blut zu allerhand Aberglauben brauchen ib. der alten Juden grosser und kleiner Kirchen-Bann IV. 130
Judicium allerhand Eigenschafften desselben I. 269. wie ein rechtes beschaffen sey II. 166
Julius Caes. Vaninus und dessen fürnehmste Vertheidiger I. 280. 288
Junge, einer zu Wolmirstädt gibt fälschlich vor, er habe einen Pact mit dem Teuffel gemacht I. 205
Jüngste Gerichte, ein Advocat provocirt auf dasselbe und wird gestrafft.
Juramentum purgatorium I. 208. nach dessen Abstattung wird reus von Straff und Unkosten absolviret IV. 268, Jur. Calumniae II. 79. siehe Eyd. (343
Jur . perhorrescentiae III. 332. suppletorium III.
Juristen oder Legisten, wen̅ und warum sie auf Universitäten aufkommen IV. 100. sollen sich auch um Theologica bekümmern IV. 101
Jus aggratiandi est regale majestaticum I. 126. Justinianeum & Longobardicum saltem in subsidium in Imperio Roman. Germanico receptum est II. 122. II. 294. Jus circa sacra, wie es nach der Meynung des Cantzler Schwartzkopffs einzurichten II. 340. Jus Gabellae ob es denen Stadt-Gerichten von Verlassenschafften Adel. Personen zukomme III. 220. Canonicum hat unter den Protestanten viel Irregularitäten erwecket II. 259. Jas Episcopale wiefern es denen Kirchen Patronis eingreiffen könne III. 331. Jus summi Episc. in Ehe-Sachen III. 348. Jus Canonicum, ob es die Seeligkeit der Menschen zum Zweck habe IV. 98
Justinianus Imperat. hat eine Gemahlin von gantz niedrigem Stande gehabt II. 123
Justiz-Collegia solten täglich und nicht alle viertel Jahr einmahl sitzen II. 23, es solten nicht einerley Personen in der ersten und andern Instantz sitzen II. 24. die Beysitzer derselben solten nicht advociren ib. 25. wie viel Personen ohngefehr zu einem zu bestellen wären ib.
Justitz-Wesen, dessen gegenwärtiger Zustand und künfftige Verbesserung II. 1. ib. 23. dessen Ausbesserung ist sehr schwer, obgleich nicht schlechterdings ohnmöglich II. 143
KErtze, Aberglauben wegen einer unter der Predigt auf dem Altar ausgelöschten II. 246
Ketzerey soll nicht gerichtlich bestrafft werden I. 253. ist an sich selbst kein eigentliches Laster IV. 156. ib. 269
Ketzermacherey ist einer von den grösten Brocken des politischen Pabstthums IV. 156 ib. 269
Kind, ein Philosophe will gern wissen, ob das Kind, das seine Frau gebohren, seine sey. I. 132. Proceß wegen der Worte: dieses Kind hat einen andern Vater I. 134. ein Bettler will den Juden eins verkauffen I. 223. Fürstliche mit bürgerlichen Personen erzeugte sind nicht Fürstenmäßig oder Lehensfähig II. 1229. aus allerhand ungleichen Ehen erzeugte III. 197. einem Kinde sind der Eltern Mängel nicht zu imputiren III. 187
Kinder-Mord Defension wegen eines Verdächtigen I. 1. Kennzeichen eines Kinder-Mords aus Caroli V. Peinl. H. G. O. I. 57
Kirchen-Väter haben vielfältig geirret II. 255 Lutheraner sind an dieselben nicht gebunden ibid. ihre Fehler in Ehe-Sachen II. 269. haben nebst dem Glaubens-Grunde unzehlich
|| [ID00384]
viel Neben-Fragen, Ceremonien, Meynungen etc. gehabt IV. 36
Kirchen, Visitationen, derselben Beschaffenheit vor Alters II. 361. Patronat, allerhand Streit-Fragen davon III. 325. in der Römisch-Catholischen Kirche ist der Glaubens Grund nicht gantz aufgehoben IV. 27. der Kirche unterschiedene Bedeutungen IV. 63 die Römisch-Catholische ist eine wahre Kirche IV. 110
Klagen Tüchtigkeit und Untüchtigkeit derselben II. 9.
Klingens D. Melchiors Tractatus methodicus causarum matrimonialium II. 264
Klugheit sich selbst und andern zu rathen II. 172. das gemeine Wesen zu regieren ib. 173
Kobold eine abgeschmackte Scartecke I. Vorrede ):():(2. a.
Koch-Privilegium ob es ad regalia principum gehöre I. 169
Korn-Maaß dessen Verringerung I. 109
Kornschreiber wird vom Closter-Verwalter angegeben I. 109
LAEsio ultra dimidium IV. 343
Lancellottus Anmerckungen darüber I. Vorrede ):():(
Landes-Verweisung in eine Geld-Straffe verwandelt I. 128
Launoii Joh. Tractat von der Königlichen Gewalt in Ehe-Sachen II. 274
Läuse gehexte fliegen zum Fenster hinein I. 199
Leben durch ein unchristliches wird Christus verleugnet IV. 18
Legata die einer, der das Testament concipirt hat, bekommen soll IV. 317. derselben favor ist groß ib. 321
Legitimatio , Interlocuta deswegen II. 9
Legitimirte s. Ehrlich-gemachte.
Lehn-Recht Longobardisches und teutsches, worinnen sie von einander unterschieden sind III. 294
Lehnsfähig, ob es die per consequens matrimonium legitimirte sind III. 211
Lebis notae macula laborantes z. E. Pickelheringe bey Marckschreyern III. 184. legitimirte per subsequens matrimonium III. 210
Liebe einer Person eines andern Geschlechts vermag viel I. 358. Liebe oder Gunst ist eine Quelle der Ungerechtigkeit II. 32
Litigator temerarius, es ist nicht allemahl einer, der den Proceß verliehret II. 165
Litis contestatio, allerhand Ausflüchte dawider IV. 350
Livii Träumerey und Aberglauben I. 281
Logica , die rechte ist einem Studioso Juris allerdings nöthig II. 170
Loos wilkührliches in Proceß-Sachen II. 29
Lufft Samuels Repertorium IV. 336
Lunge, ob man aus derselben Schwimmen und Unterfincken von einem lebendig- oder todt-gebohrnen Kinde urtheilen könne I. 16 26. 70. D. Schreyers ausführliche Untersuchung dieser hypotheseos I. 75. die Meynungen anderer Medicorum hiervon I. 76 Ein Responsum der Medicinischen Facultät zu Franckfurth I. 83. zu Wittenberg I. 90 Experimenta ib.
Lütckemann der General Super. will das Directorium im Consistorio führen und hört doch übel II. 360
Lutheraner, ob ein Catholisch-gewordener die Seeligkeit verliehret IV. 1. 16. etc.
Lutherus hat sich von der Catholischen Kirche nicht getrennet, sondern ist ausgestossen worden IV. 20
MAgdeburgischer Religions-Zustand im Anfange des vorigen Seculi II. 231 vom Anfange der Reformation an II. 238 Erster Lutherischer Administrator ib. 232 Dom-Capitul, wenn es Evangelisch worden ib.
Mahl-Schatz zurück gegebener bey zertrenneten Verlöbnissen bleibt dem Consistorio III. 348
Majestät und Hoheit eines Regenten worinnen sie bestehe III. 340
Maitressen Fürstliche, III. 197 217. ob sie pro personis illustribus zu achten III. 217 unrecht angegebene III. 213
|| [ID00385]
Mandatarius ob einer in criminalibus & matrimonialibus zuzulassen sey III. 337
Mandatum generale , wie weit es gültig III. 327
Manns-Personen, ob sie Weiber-Kleider tragen dörffen.
Matrimonia ad morganaticam wem sie zum besten gereichen II. 124. derselben favor ist mehr pro contrahendo quam dissolvendo III. 341
Mäusemachen eines Mädgens, worinnen es bestanden I. 204
Meditationes Philosophicae de Deo, mundo & homine I. 234. derselben Inhalt I. 253
Menschen dreyerley Arten aus Hannß Sachsen III. 329
Mere passive sich verhalten, was es heisse IV. 301. 302
Mes-alliances oder Ehen zwischen ungleichen Standes-Personen II. 109. seqq.
Messe, Römisch-Catholische, Scrupel deswegen IV. 33
Meyneyd III. 262
Meynungen anderer geschickt zu beurtheilen I. 301
Micillus ein armer Schuster und sein reicher Nachbar aus Hanns Sachsen I. 344
Ministri ihre Beschaffenheit und Pflicht II. 343 ob sie zu bestraffen, wenn sie sich nicht in odiöse Dinge mischen wollen III. 233
Mißbrauch sonst nützlicher Dinge ist höchstgefährlich I. 215
Molleri D. Daniels Meynung von den Baufuhren der Sächsischen Bauern III. 322
Monatliche Gedancken dienen zum Praetext einer Verfolgung III. 4
Muratorii Ludov. Anton. Anecdota graeca I. 244
Musculi D. üble Aufführung II. 213
Mütter, ob sie ihren Stand auf die Kinder fortpflantzen II. 135
NAmen, sehr schändliche, welche von Predigern frommen Leuten aus Affecten gegeben werden IV. 288. die Anruffung des Namens der Heil. Dreyeinigkeit bey Testamenten ist überflüßig IV. 309
Natur- und Völcker-Recht, dessen wahre Grund-Sätze II. 180
Naudaeus , Daniel I. 275
Neben-Artickel der Römisch-Catholischen wie sie gegen den Glaubens-Grunde anzusehen IV. 7
Neid zwischeu Collegen, der mit der Larve der Gerechtigkeit bedeckt wird III. 242
OBer-Haupt, ob ein sichtbares in denen Protestirenden Kirchen sey I. 253
Ober-Gerichte I. 127
Obrigkeit, ob eine Unter-Obrigkeit den Staupenschlag in geringere Straffe verwandeln könne I. 125. wenn sie unmittelbar von GOtt ist, was daraus folget IV. 160. ob wider Hohe von Predigern das öffentliche Straff-Amt und der Bann könne gebraucht werden IV. 249
Observancien bey dem Justitz-Wesen, derselben vielfältige Aenderung I. 4
Oettingisches Gespräch wegen der Ehe mit der Frauen Schwester II. 279
Ohrfeige bekommt einer in der Nacht und weiß nicht von wem, und will doch Revenge suchen I. 153
Operae rusticorum, von welcher Zeit an sie zu ihrem Vortheil favorem haben IV. 330
Opern, ob sie in einer Stadt zu dulden III. 174
Ordnungen der Prediger da einer höher zu seyn praetendiret als der andere, ob sie von GOtt II. 353
Origenes , ob er dem Spinosismo nahe komme? I. 275
Ort und Zeit zu benennen, gehört nicht ad essentiam testamenti, es würde dann von einem Notario gemacht IV. 302
PActa ad morganaticam I. 131
Papier machen lassen, ob es der Licentiaten Dignität nachtheilig sey III. 196
Pabst, dessen Hoheit hat das Imper. Roman. ruiniret II. 354. seine Lehren zu Unterdruckung weltlicher Gewalt werden unter scheinheiligen Praetexten vorgetragen III. 318. daß er der Antichrist sey aus Melanchthon IV. 242
|| [ID00386]
Pabsithum Reliquien desselben bey den Protestirenden I. 359. sonderlich bey der Protestantischen Clerisey IV. 24. dessen formaler Character bey den Protestirenden IV. 161. hat sich bald nach der Apostel Zeiten angefangen IV. 165
Patroni Ecclesiae III. 325
Perjurium III. 286. s. Meyneid.
Pertschens D. von Recht des Kirchen-Banns IV. 208
Philosophie, Sottisen der Gemeinen nachdrücklich vorgestellet III. 8
Philosophie Platonische I. 273. Pythagorische I. 274
Piae causae sunt favorabiles I. 110
Pickelheringe ob sie ad dignitates academicas zu admittiren sind? III. 167
Poena mendacii bey Processen II. 256
Politische Klugheit sich und andern zu rathen 1. Vorr. ):():( c b. worinnen solche nicht, und worinnen sie allerdings zu suchen II. 173
Possessorium summariissimum II. 157
Praedestinatio II. 227. Lutherus ist disfalls in seiner Meynung mit denen andern Reformatoribus einig gewesen II. 228
Praeliminar -Verhör eines Advocaten bey vorstehender Inquisition hat grossen Nutzen I. 18
Praescriptio triginta annorum & immemorialis temporis IV. 326
Praesumtiones bey der Geburth unehlicher Kinder I. 59
Praxis und Theoria soll bey dem Studio Juris conjungiret werden II. 35
Prediger, lassen sich vielfältig zu Denuncianten brauchen I. 105. einer beschimpfet andere in seinen Predigten I. 177. können injuriarum belanget werden I. 178 erwecken oft Aufruhr I. 347. grosse Dürfftigkeit derselben I. 181. Exempel eines sehr ärgerlichen I. 215 seqq. was bey derselben Bestellung zu beobachten II. 346. ob einer wegen versprochener und nicht gehaltener Heyrath removiret werden könne III. 335. eines aus Schwachheit irrenden Ken̅zeichen IV. 173. ob sie wie die Läyen zu bestrafen IV. 198. Behutsamkeit eines Printzen bey Bestraffung papentzender Prediger IV. 209. ob sie können bestrafft oder gar removirt werden, wenn sie jemanden auf Befehl der Obrigkeit nicht zur Beicht und Abendmahl lassen IV. 295. sollen propria autoritate niemanden vom Abendmahl ausfchliessen IV. 300
Prediger-Amt, ob es von GOtt allein, und nicht auch von der weltlichen Obrigkeit dependire IV. 120. Christi Einsetzung desselben hebet die Dependentz von der weltlichen Obrigkeit nicht auf IV. 158. derselben Straf-Amt wie weit es sich erstrecke IV. 124
Predigten der Reformirten, ob sie ein Lutheraner mit guten Gewissen besuchen könne II. 105
Printzeßinnen Fürstliche, ob sie sich an andere Religions-Verwandten verheyrathen können IV. 25. eine Lutherische, ob sie wegen einer Heyrath mit einem Röm. Cathol. Könige Catholisch werden könne IV. 28. 37 39. 41. 47. 52. 59. 76. etc.
Privilegia, alte und neue im Röm. Reich I. 159. Privil. können per non usum verlohren werden IV. 331
Processus tumultuarius I. 112. Inhibitivus in Chur-Sächs. Hof-Gerichten II. 17. ein Zwang-Mittel die Processe zu verkürtzen II. 30. Accusatorius, Inquisitorius II 88. Ein Versuch die langwierigen Processe zu heben, nebst dem Bedencken darüber II. 138. Processus summarii II. 151
Programma ein teutsches zu Leipzig angeschlagenes macht grossen Lermen III. 4
Protestation wegen gewisser Universitäten und Collegien bey Verschickung der Acten IV. 290
Protestirende behalten viel Dinge aus dem Canonischen Rechte, sonderlich in Ehe-Sachen II 268
Providentz göttliche, man soll sich prüfen, wenn man dieselbe vorschützet IV. 33
QUal täten, so von denen erfordert werden, welche das Justitz-Wesen verbeffern wollen II. 59. seqq.
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Zuarta Trebellianica IV. 266
Quellen der Ungerechtigkeit bey dem verderbten Justitz-Wesen II. 33
RAbulisten verleiten ihre Clienten offt zu weitläufftigen Processen I. 131. Original eines recht thummen Rabulisten I. 160. Ursprung der Rabulisterey IV. 239
Räthe grosser Herren, sind an ihr Amt und Pflicht gewiesen II. 343
Räthschläge, unzeitige den Lastern Einhalt zu thun, vermehren dieselben zum öfftern II. 3
Rationes decidendi, ob sie sollen communiciret oder nicht edirt werden II. 7. von Schöppen-Stühlen und Facultäten werden sie nicht zu denen Urtheilen beygefügt, wenn man sie nicht ausdrücklich verlanget IV. 333
Rebuffi , Petri, Buch de Privilegiis Universitatum III. 360. Studiosorum in specie ib. 366 Er hat offt ein Ding besser eingesehen und die alten Sottisen bey dieser Materie durchgezogen ib. 367
Reconventionen, offtmahliger Unfug bey denenselben II. 155
Reden und Schweigen, wie man sich klüglich dabey zu verhalten aus Hanns Sachsen I. 346
Reformirte Religion nimmt Joh. Siegmund Churfürst zu Brandenburg an II. 241
Registraturen, partheyische I. 15. unordentliche, wodurch Zanck, Streit und viel Unheil erwachsen I. 164
Reichs-Städte, ob die Bürger in freyen R. St. glücklicher sind, als die, so unter Monarchischer Regierung leben III. 244
Reinigungs-Eyd in Capital-Sachen I. 16 103. in Ehe-Sachen I. 366. soll auf Angegeben liederlicher Weibs-Personen dem Denuncirten nicht leicht zuerkannt werden IV. 337
Religions-Eyfer ist kein gutes Zeichen, sonderlich bey Politicis und wenn er auf Verfolgung dringet II. 206. die Religion ist das kräfftigste Mittel einen Staat zu regieren II. 340. Henrici IV. Frage an die Catholicken und Reformirten deswegen IV. 5. die Abschwörung seiner vorigen IV. 19
Reliquien, pabstische in Ehe-Sachen bey den Protestirenden II. 275. des politischen Pabstthums bey gesuchter Inquisition wider unschuldige Leute III. 1
Renunciatio propter exceptionem laesionis ultra dimidium IV. 346
Res merae facultatis, contra quam non currit praescriptio IV. 327
Rescripta ob sie allemahl zur Verkürtzung der Processe dienen II. 16. was sie allemahl für eine tacitam clausulam im Munde führen III. 331. ob sie jederzeit pro decretis zu achten ib. 330
Responsa , eingeholte Juristische sollen nicht von den actis removiret werden I. 207. 305. Theologische, wegen zweyer Religions-Fragen, das erste von einem Politico, das übrige von Theologis abgefasset, IV. 1. seqq. die zehen Theologische nach einander. Das erste IV. 26. das zweyte ib. 29. das dritte ib. 35. das vierdte ib. 38. das fünffte ib. 40 das sechste ib. 43. das siebende ib. 50. Gutachten über das sechste und siebende ib. 54. das achte, ib. 58. das neunte ib. 60 das zehende, ib. 80. Reflexion hierüber IV. 82. Speneri Bedencken über eine gleichmäßige Frage ib. 85. eines andern Gutachten darüber ib. 87
Retorsion , ein artiger Handel zwischen einem jungen Studenten und Sprachmeister IV. 313
Richter, dessen Gewogenheit thut bey Processen offt mehr als die Gesetze I. 27. 118. eines Partheylichkeit in Inquisitions-Sachen I. 207. derselben nöthige Vorsichtigkeit in criminalibus I. 228. Unterscheid zwischen einem Judice und Doctore juris I. 281. Straffe der Appellanten, wenn sie jemanden schmähen II. 16. wie die Richter beschaffen seyn sollen II. 20. eines ungerechten Richters dreyfache schwere Bestraffung II. 33. Richter sollen bey Processen nicht nach ihrem Gutdüncken ohne Absicht auf die Gesetze verfahren II. 146. seq. 150
Robbaria seu rapina II. 83
Rusticitas poenam mitigans II. 86
SAchsen- und Schwaben-Spiegel gibt Nachricht von Lehns-Sachen der alten Teutschen II. 298
Salaria s. Besoldungen.
Salomon stieß dem hohen Priester Abjathar von seinem Amte IV. 255
Salvus conductus ob man wegen wörtlicher Beschimpffung einen nöthig habe I. 225
Sarcerius , Erasmus, hat unter denen Protestirenden am ersten von Ehestands-Sachen geschrieben. Der Inhalt seines Buchs II. 263. seqq.
Satyrische Schreibart, man kan dessentwegen keine Inquisition wider jemanden anstellen IV. 252
Scharffrichter dessen Vorstellung vor die Inquisiten I. 130. Scharffrichters Söhne, ob sie, ad dignitates academicas zu admittiren III. 167. Streit deswegen zwischen der Universität Straßburg und dem Regenspurger Collegio medico ib. 185. Ursprung ihrer Verunehrung in Teutschland III. 194
Scheidung der Eheleute von Tisch und Bette. Allerhand nützliche Anmerckungen deswegen I 362
Schieds-Richter, derselben willkührliche Erwehlung beyder Partheyen II. 29
Schillingische Händel zu Pöseneck und vor dem Consistorio zu Altenburg IV. 269
Schimpf, ein ungelehrter will einen ungeschickt rächen und zwar auf eine gantz ungeräumte Art I. 131. wie man sich zu verhalten hät, wenn man von jemanden geschimpft wird und weiß nicht von wem I. 152
Schrecken, wunderbahre Würckungen eines grossen III. 231
Schrifft, von derselben hält der Administrator zu Magdeburg in Halle unter dem praesidio des Hof-Predigers eine Disputation II. 248
Schüler sind insgemein wollüstig II. 84
Schulmeister sind gemeiniglich denen Predigern feind I. 207. ob einer wider seines Pfarrers Willen könne vociret werden III. 329
Schuppii D. Balth. Regenten-Spiegel IV. 255
Schwangerschafft harte Verordnungen wider die verleugnete in der P. H. G. O. I. 2. 16. 57. seq. dieselbe wissen auch Ehe-Weiber offt nicht bis zur Geburth I. 60
Schwedische Rechte und kurtze Processe II. 164
Schweigen und Reden, wie solches klüglich anzustellen sey I. 246
Schwester, ob man des verstorbenen Weibs-Schwester heyrathen dörffe IV. 293. Rationes dubitandi ib. 297. Widerlegung derselben IV. 298. seq. Rationes decidendi ib. 300
- - Mord ein sehr verdächtiger, eingehohltes Urtheil darüber I. 185
Secunda Petri fehlt einem Atheistischen Gelehrten I. 244
Seele dieselbe bey Testamenten GOtt und den Leib der Erden befehlen etc. eine abgeschmackte und unnöthige Formul IV. 305
Seeligkeit der wahre Weg darzu IV. 31. 35. derer so in einer falschen Kirche leben und sterben IV. 74 ob es genug sey seine Religion zuverlassen, wenn man glaubt, man könne in einer andern auch seelig werden IV. 244
Seil-Täntzer und dergleichen Leute, ob sie können medicinae Doctores werden III. 177
Selneccer D. ist in allen seinen verfertigten Schrifften praecipitant und sehr unbeständig gewesen II. 213
Sententiae interlocutoriae, von demselben sind keine Appellationes zu verstatten II. 14
Septiduum Saxonicum II. 153
Servitutes reales und personales IV. 332
Singen lautes hindert die Literatos in der Nachbarschafft, was dabey zuthun III. 364
Sitten-Lehre die ächte ist einem Juristen nützlich und nöthig II. 171
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Soaietas leonina wenn ein Theil das andere zu sehr übervortheilet I. 144. conjugalis an proprie sit societas ibid.
Spenerus D. Phil. Jac. Bedencken wegen Ubergang zur Römisch-Catholischen Religion einer Heyrath halben IV. 85. Reflexion darüber ib. 87
Spinoza , Benedict. ist in Holland geduldet worden I. 243. was er durch GOtt verstanden I. 304. dessen Schrifften sind erst nach seinem Tode publiciret worden ib.
Spolium , spoliatus was es in seinem rechten Verstande sey IV. 252
Sportuln, solten bey denen Gerichten billig abgeschafft werden II. 26
Sprichwort: man muß nichts Böses thun, daß etwas Gutes daraus komme, wird offt unrecht applicirt IV. 17
Staats-Recht des Teutschen Reichs ist einem klugen Juristen nöthig II. 183
Standes-Personen haben nicht nöthig tieffsinnige Studia zu treiben I. 159
Staupenschlag, dessen Verwandelung in eine geringere Straffe, ob sie von einer Unter-Obrigkeit könne erfolgen I. 125
Steck-Brieffe, man muß sich mit allzugeschwinden nicht übereilen I. 15
Stifft Simonis und Judä zu Goslar, ob es ein unmittelbahres freyes Reichs-Stifft sey, und dem Stadt-Magistrat in ihrem Gebiethe keine Jura verstatten dörffte I. 191
Straff-Amt der Prediger, wie es zu moderiren I. 177. mehrere Anmerckungen davon IV. 124. ist der weltlichen Obrigkeit unterworffen IV. 165. ib. 179
Streitigkeiten in Religions-Sachen sind weder zu hitzig noch zu gelinde zu tractiren IV. 61. ob solche unter Juristische Händel gehören IV. 97. zwischen D. Scherzern und D. Carpzoven wegen Lightfoots IV. 170. zwischen Obrigkeiten und der Priesterschafft wegen des Kirchen-Rechts IV. 193. bey Testaments-Sachen IV. 273
Streit-Schrifften von der Ehe mit der Frauen Schwester pro & contra II. 276
Strycke, Geheim. Rath, dessen Responsum in fideicommiss-Sachen IV. 193. de Cautelis Testamentariis IV. 273
Studiosi juris , was sie vor allen Dingen thun sollen, ehe sie ad jus gehen II. 158
Stunde, unterlassene Bemerckung derselben bey Insinuationen I. 165. seqq.
Sünde, wider das Gewissen IV. 93
Suppeditationes an die Inquisiten bey Inquisitions-Processe II. 91
Superintendens Generalissimi, Generales & speciales II. 355
Suspensio ab officio eines Predigers cum effectu worinnen sie bestehe IV. 290
Symbola der ersten Kirche, die Römisch-Catholischen bekennen sich darzu IV. 7.
Synodi , wie es in einem Lande damit zu halten sey II. 367
TAbackschmauchen überflüßiges verkürtzet das Leben I. 220. solches wird durch das Exempel eines jungen sonst fleissigen Stundentens bestätiget ib. 221
Tauffe, ob alle Kinder ohne Unterscheid in derselben wiedergebohren werden II. 221
Temperamente, nützliche Anmerckungen davon I. 295
Territio verbalis ist offt für den Inquisiten dienlicher als der Reinigungs-Eyd I. 103
Testamente denen in dorso ein Codicill ohne adhibirte Zeugen aufgeschrieben wird IV. 262 unterschiedene Testaments-Fragen IV. 304. zu welchen Testament nur fünff Zeugen erfordert werden IV. 316. die nicht uno & continuo actu gemacht werden ib. 318
Testamentum paganum privilegiatum IV. 316
Teuffel dem die Hexen huldigen sollen, ist gar ein junger Teuffel und nur etliche hundert Jahr als I. Vorrede ):():(2. a
Teutsche die alten haben nie aus ihrem Stande geheyrathet II. 121
Theilhafftigmachung fremder Sünden ist offt ein Heuchlerischer Vorwand IV. 248
Theodosius Imperat, wird von Ambrosio excommuniciret IV. 174. worinnen sein Verbrechen bestanden und was sonst davon zu halten ib. 176
Theologi , so die Formulam Concordiae verfasset und derselben portrait II. 213
Theoria soll von einem klugen Juristen mit der praxi beständig conjungiret werden II. 35
Thummermuths Buch: Krumstab schleust niemand aus I. 240
Tortur, eine von den Leipziger Schöppen-Stuhl zuerkante wie sie abgeleinet worden I. 94. eine, so in einen Reinigungs-Eyd verwandelt worden II. 94
Transsubstantiatio , Reliquien davon bey denen Lutheranern II. 218
Trebellianica IV. 268. IV. 317
Tumult wegen Abschaffung der Kirchen-Ceremonien in Berlin I. 247
UBerflüßige Dinge in Juristischen Concepten sind unbefugt und schädlich I. 311
Ubertreter von der Lutherischen zur Catholischen Religion IV. 18
Ubertretung von der Lutherischen zur Catholischen Religion, ob sie zu rathen IV. 22. & vice versa von der Röm. Cathol. zur Lutherischen ib. acht Bedingungen unter welchen einer zur Römisch Catholischen Kirche übergehen kan IV. 79. Christus wird durch solche nicht verleugnet IV. 18
Verdammungen gewisser Lehrer und Meynungen in der Formula Concordiae II. 230
Verlängerung der Processe und Mittel denselben zu begegnen II. 190. seqq.
Verletzung über die Helffte, ob sie zulänglich sey einen Contract aufzuheben IV. 343
Verleugnung Christigeschicht durch ein gottloses Leben IV. 18. 92
Verlöbnisse, wodurch sie wieder aufgehoben werden I. 364. die Lehre davon ist bey den Protestirenden sehr verwirret I. 367. heimliche zu Lutheri Zeiten mit jungen unvorsichtigen Stundenten in Wittenberg II. 260 mit zweyen Personen und Vollziehung des Verlöbnisses mit der letzten III. 335. Aufhebung der Verlöbnisse die durch Betrug erschlichen worden III. 240. derselben Trennung wegen Unversöhnlichkeit, Hasses und Feindschafft III. 345
Vernunfft des Patienten, ob es nöthig, daß die Concipienten eines Testaments derselben Meldung thun IV. 310
Versmacherey ist kein Zeichen eines frölichen und scharffsinnigen Temperaments I. 311
Versuchung der Güte bey Processen II. 27. verlängert offt den Proceß II. 153
Verwirrungen im Jure Ecclesiastico und bey Consistoriis der Protestirenden in Ehe-Sachen II. 259
Vis publica , ausgeübte Gewalt auf öffentlicher Strassen II. 83
Visitationen der Kirchen die vormahligen und letzigen II. 361
Umstand, der geringste ändert in Proceß-Sachen das Recht I. 3. 109. zweiffelhaffte Umstände müssen in favorem des Beklagten ausgeleget werden I. 71
Unchristliches Christenthum eine lesenswürdige Schrifft I. 279
Unehrlichkeit gewisser Profeßionen, die Lehre davon ist sehr schwer III. 167
Ungemessene Frohndienste derer Unterthanen IV. 324. it 335
Ungerechtigkeit in Justitz-Wesen vier Quellen derselben II. 32
Ungleiche Ehen, ob in denselben die Gemahlinnen ihren Herren gleich zu schätzen. Autores die solches bejahen II. 119. gegenseitige Meynungen ib. seqq.
Unwersitäten warum sie vom Pabst sind eingeführet worden III. 362
Unkosten, wer solche in Inquisitions-Sachen erstatten müsse IV. 285. ein mercklicher Umstand wegen zutragender Unkosten IV. 344
Unpartheylichkeit in Ansehung des Justinianeischen und Päbstischen Rechts muß ein Verbesserer des Justitz-Wesens haben II. 181
Unterscheid zwischen einem Judice und Doctore in Ansehung der Gesetze I. 281. zwischen einem rechtschaffenen Freunde und Heuchler I. 349. zwischen Strassenräuberey u. andern
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liederlichen Händeln auf der Strasse II. 35 zwischen mendacio uud
falsiloquio II. 157 zwischen dem kleinen und grossen Kirchen-Bann bey den
Lutheranern IV. 247. zwischen Erb- und Ober-Gerichten IV. 325
Unwissenheit, affectirter fremder vorgefallener Dinge I. 114
Vocatio salutaris an sit universalis II. 228
Vorbitte, für die Todten wird in der Formula Concordiae nicht verbothen II 219
Vorurtheil der Ubereilung macht recht lächerliche Leute II. 136
Urtheile darinnen die Straffe alternative zuerkannt werden I. 128. einige werden male von den Acten removiret, wenn sie judici nicht anständig sind I. 305
Urtheils-Fragen, wie sie vernünfftig zu formiren I. 171. Unfug der allzugeneralen, dabey offt bündigsten Umstände weggelassen werden I. 172
WEib ein listiges bey der Ehestifftung vor ihren Verlöbnisse I. 140
Weiber-Kleider, ob sie in Comödien etc. von Manns-Personen können getragen werden III. 171
Weibes-Personen, liederliche sollen ihres Angebens wegen in puncto sexti nicht leicht zum Reinigungs-Eyde gelassen werden IV. 337
Widerspenstigkeit papentzende der Lutherischen Prediger wider ihre vorgesetzte Obrigkeit IV. 292
Wittenbergischer Catechismus von A. 1571. wird für Calvinisch gehalten II. 233
ZEugen, Intimidirung und Bestechung derselben I. 28. 31. wie weit ein Zeuge in Defensions-Sachen zu attendiren sey I. 69. Disputir-Gesetze eym Zeugen-Verhör II. 155
Zeugnisse der Medicorum, was darzu erfordert wird I. 100. der Protestirenden Theologen, daß die Römisch-Catholischen können seelig werden IV. 10
Zünffte siehe Innungen.
Zungendrescher siehe Rabulisten.
Zünffte-Zwang, Mißbrauch desselben I. 183 ENDE.